Die Entfremdung Zwischen Basis Und Establishment Von Martin Budich Und Thito Scheling
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Die Linksliberalen in den Jahren von 1981-1983 (Teil | ): Die Entfremdung zwischen Basis und Establishment von Martin Budich und Thito scheling Der Versuch, mit den Libenlen Demokra- Radikalen (J ungdemokraten und William stellen, daß es unter den führenden Links- ten einen, wie es Theo Schiller formulier- Borm) lud der lnnenminister G:iste aus liberalen nur William Borm gab, der ihre te, "Quereinstieg in das deutsche Par- der Fraktion und aus dem Bundesvor- strikte Ablehnung des NATO-Beschlusses teiengefüge zu unternehmen", ist geschei- stand, um sich seine Führungsrolle bestä- teilte. Noch wenige Wochen vor dem Par- tert. Die Sammlung sozialliberaler FDP- tigen zu lassen. Die Gäste hatten in keiner teitag konnte Genscher auf dem NRW- Mitglieder und sozialliberaler Wähler hat Phase Einfluß auf sein Handeln. Ein enger Landesparteitag in Münster feststellen, keinen Erfolg gezeitigt. Ein Rückblick Beraterstab und ihn hofierende Journali- daß seine Position zum NATO-Beschluß auch hinter die Kulissen - auf das Wirken sten, die er mit Kabinettswissen versorgte, in der FDP - im Gegensatz zu Schmidts der Sozialliberalen in den vergangenen beeinflußten weitgehend sein Vorgehen. Position in der SPD - völlig unbestritten drei lahren macht deutlich, wie sich aus Das Büro von William Eorm bildete die sei. Nur die Jungdemokraten widerspra- einer fast aussichtslosen Lage aus dem einzige - wenn auch nur mit bescheidenen chen. Sie starteten daraufhin eine Veran- linken Flügel der FDP ein relevanter Fak- Mitteln ausgestattete - funktionierende staltungsoffensive an der Parteibasis. tor entwickelte und wie diese Chance ver- Kommunikationszentrale der Linkslibera- Gleichzeitig aktivierten sie den Personen- spielt wurde. len. i\4it der sich zuspitzenden Diskussion kreis der gelegentlich von William Borm einem Potentielle Kristallisationspunkte für ei- um den NATO Beschluß kam William mit Rundbrief angeschrieben wur- Dieser ne linksliberale Struktur bildeten Ende Borm nicht zulelzt auch durch seine Rol- de. Adressenverteiler war im Zu- sammenhang mit dem Aufruf den der siebziger Jahre Ie als Vorsitzender des Bundesfachaus- "für li' beralen Fortschritt" im Main- - der Pool, eine ursprünglich von lr4ar- schusses für Außenpolitik in die Rolle des Vorfeld des tin Bangemann initiiene Bürogemein- schaft der Iinksliberalen Abgeordneten im Bundestag, - der Sylter Kreis, ein nach dem Sylter Hof in Berlin, wo dieser Kreis zum ersten lvlal ta$e, benannter Cesprächskreis von sozialliberalen Abgeordneten und Vor- standsm itgliedern der Landes- und Bun- desebene, - dasBaum-l\4inisterium - das Büro von William Borm - die lungdemokraten und die von ih- nen aufgebauten Bildungswerke. Der Pool der linksliberalen Bundestags- abgeordneten hat nie funktioniert. Eifer- süchteleien und persönliche Unzulänglich- keiten, wie sie im politischen Raum unter politischen Profis unvorstellbar zu sein scheinen, beherrschten hier eigentlich ständig die Situation. Thilo Schelling und Msrtin Budich beschreiben das Versagen der Linksliberalen Ein auch nur ansatzweise gemeinsames Handeln aller Beteiligten ergab sich höch- Gegenparts zum Partelvorsitzenden Gen- zer Bundesparteitages (1978) entstanden. stens dann, wenn die Parteirechten mit scher. Diesem Adressatenkreis ging nun ein Auf- ihren Dreistigkeiten überzogen. Weder ei Die lungdemokraten hatten mit dem ruf der Jungdemokraten zu, der sich ge- gene lnitiativen, noch ein Minimum an Bundesvorsitzenden - Wechsel von Hanspe- gen den außen- und sicherheitspolitischen Koordination von Einzelaktivitäten konn, ter Knirsch zu Christoph Strässer an Ein- Kurs Genschers wandte. Unterstützt te bewerkstelligt werden. fluß in der FDP erheblich eingebüßt und durch die öffenrliche Diskussion und Der Sylter Kreis. ein von Theo Schiller ihren Arbeitsschwerpunkt in den außer- durch eine Reihe von friedenspolitischen und Helga Schuchardt eingeladener Kreis institutionellen Bereich verlagert. lhr En' Anträgen aus verschiedenen Parteigl ieder- jener, die sich als Linksliberale fühlten, gagement im Friedensbereich (u. a. Mit- ungen (u.a. auch vom Landesverband oder die dienstlich verpflichtet waren, initiierung des Krefelder Appells) zwang Schleswig - Holstein und vom Bundes- teilzunehmen, um andernorts zu vermel- sie in die direkte Auseinandersetzung mit fachausschuß Außenpolitik) zeigte diese den, was die Linksliberalen planten, dege- Genscher. lhr Stellenwert ln Bündnissen lnitiative Wirkung. Das Thema "Friedens- nerierte zum Veteranentreff. Ehemalige hing u.a. auch davon ab, daß sie sich in und Sicherheitspolitik' wurde nachträg- .lungdemokraten, längst ministrabel oder der FDP nicht als irrelevante Randgruppe lich noch zum ersten Schwerpunkt des schon im Amt, diskutierten die große Li- abdrängen ließen. lhr verstärktes Engage- Parteitages auf die Tagesordnung gesetzt. nie oder versicherten sich ihrer Haus- ment in der Partei traf mit einer Solidari- Das erste Ziel, die Enttabuisierung der macht. lnsbesondere vor Parteitagen, auf sierung des übrigen linken Parteiflügels Genscher-Position war damit für die Jung- denen Personalentscheidungen anstanden, mit den .lungdemokraten zusammen: Vie- demokraten erreicht. Genscher ließ als erfreute sich dieser Kreis eines regen Be- le erkannten die Auseinandersetzung mit Antwort elnen Leitantrag erstellen. suches. den J ulis sehr früh als Richtungskampf in- Die Wochen vor dem Parteitag brachten Das Baum-l\4inisterium bildete gelegent- nerhalb der Partei. heftige Auseinandersetzungen zwischen lich die Herberge für gemäßigte linksli- lm Vorfeld des Kölner FDP-Bundespar- den Jungdemokraten und der soziallibera- berale Gespräche. Unter Ausschluß der teitages mußten die lungdemokraten fest" len Basis auf der einen Seite und dem so- t9 zialliberalen Establishment auf der ande- Stimmung. Die l\4edienreaktion war ein- dorff am Koalitionswechsel zu hindern", ren Seite. Während den Jungdemokraten deutig: eine Niederlage für Genscher. schlug die Stimmung an der Basis immer warnend vorgehalten wurde, mit einer Den linksliberalen Repräsentanten wur' stärker gegen Genscher um. Viele merk- 'Alles - oder - Nichts - Strategie' (den de noch während des Parteitages klar, daß ten, daß er sich nicht mehr positiv zur so- NATO - Beschluß also kategorisch abzu- sie ihre Führungsrolle ftjr den linken Par- zialliberalen Koalition äußerte und die Ju- lehnen) Genscher ins Messer zu laufen, reiflügel zumindesrens teilweise einge- lis im Stellvertreterkrieg gegen die Jung- weil er durch den vermeintlichen Abstim- büßt hatten. Bei den anderen Parteitags- demokraten unterstützte. mungserfolg bestätigt würde, favorisierten schwerpunkten'Umwelt' und'Drogen' Die linksliberalen Abgeordneten wur- die linksliberalen Abgeordneten einen versuchten einige, wie lngrid Matthäus- den schließlich vom'Sommertheater' völ- Kurs, bei dem die Gleichsetzung beider Maier, durch sehr engagie;te Beiträge lig überspielt. Lambsdorff und Genscher Teile des Doppelbeschlusses verlangt wur- wieder Boden gutzumachen, während sich probten den Koalitionswechsel und trafen de. Doch die Jungdemokraten mußten in Gerhart Baum mit seinen Positionen zum auf weniger Widerstand, als sie erwartet dieser Frage auch d€n Konflikt mit den Umweltpapier und seiner starren Haltung hatten. Nur i\4ischnick hinderte sie letzt- 'Nahestehern' riskieren, sie hätten anson- gegen eine Entkriminalisierung von lich an ihrem Putschversuch. sten in ihrem au ßerparte ilichen Spektrum Haschkonsum völlig von seiner sozialli- Der eilends zusammengetrommelte'Syl- ihre Glaubwürdigkeit verloren. lm übrigen beralen Basis entfernte. ter Kreis' trat zusammen) als gerade alles gab es in den letzten Jahren kein Thema Die Jungdemokraten, insbeondere,der entschieden war. Allerdings war man ent- der Auseinandersetzung, bei dem die Landesverband NRW, der an der Vorbe- schlossen, sich nun besser gegen die Pläne Jungdemokraten vergleichbar kompetent der Rechten zu wappnen. Doch statt die- gegen Genscher auf seinem Fachgebiet se Frage als rein in nerparteiliche Macht- antreten konnten. Ein Symptom für Gen- frage zu erkennen und hierauf vorallem schers argumentative Schwäche war z. 8,, organisatorische Antworten zu geben, daß die Broschüre, die die Position der entschloß sich der Kreis, inhaltliche Pa- Bundesregierung zur "Nachrüstung" er' piere zu entwickeln. Hieraus sollte hervor- klären sollte, drei Mal zurückgezogen wer- gehen, daß eine restriktive Haushaltspoli- den mußte, um durch bessere Argumente tik mit der 5PD erfolgreicher zu bewerk- ersetzt zu werden. stelligen sei als mit der Union. Am Vorabend des Parteitages organi- Von diesem Punkt an gab es zwischen sierten die Jungdemokraten ein Hearing den Jungdemokraten und ihren bisherigen mit prominenten Friedensforschern. Ziel Ansprechpartnern in der Bundestagsfrak- gruppe dieser Veranstaltung waren die so- tion inhaltlich in den entscheidenden Be- zialliberalen F DP-Bu ndestagsabgeord ne- reichen Außenpolitik und Wirtschaftspoli- ten, die sich gern der Entscheidung über tik kaum noch Gemeinsamkeiten. Die den NATO-Beschluß mit der Begründung 'Linken'in der Fraktion standen in diesen entzogen, sie hätten gegenüber Genscher Frage inhaltlich näher bei Genscher und in dessen Ressort "inhaltlich nichts ent- Lanbsdorff als bei ihrer sozialliberalen gegenzusetzen'1. Parteibasis. Der Konsens beschränkte Der zentrdl gelegene Ort Köln ermög- zu diesem Zeitpunkt fast nur noch auf die lichte es den Jungdemokraten, ca. 150 Koal itionspräfenrenz. Gäste für den Parteitag zu mobiiisieren, Der Zustand der Linksliberalen in der die mit großem Beifall die Genscher Kri- FDP