Geschichte Der Kirchlichen Jugendarbeit „Offene „Arbeit“ Jena 1970-1989
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Opposition und Widerstand: Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit „Offene „Arbeit“ Jena 1970-1989 vorgelegt von Henning Pietzsch M.A. aus Berlin Von Fakultät I – Geisteswissenschaften der Technischen Universität Berlin zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Philosophie -Dr. phil.- genehmigte Dissertation Promotionsausschuss: Vorsitzender: Prof. Dr. Werner Dahlheim Berichter: Prof. Dr. Wolfgang Benz Berichter: Priv. Doz. Siegfried Heimann Tag der wissenschaftlichen Aussprache: 11. März 2004 Berlin 2004 D 83 Henning Pietzsch , 1962 in Zeitz geboren, schloss eine Lehre als Installateur ab und leistete 1981/82 seinen Militärdienst. Pietzsch arbeitete bis zu seiner Ausreise 1988 zehn Jahre aktiv in der kirchlichen Jungen Gemeinde mit. Der zweite Bildungsweg ermöglichte ihm ein Studium der Geschichte und Politikwissenschaft, in dessen Anschluss er bis 2001 bei der Robert-Havemann-Gesellschaft Berlin arbeitete. Danach war er Stipendiat der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur Berlin. Henning Pietzsch Gotenstraße 58 10829 Berlin Tel.: 030/78716245 E-Mail: [email protected] Internet: http://hometown.aol.de/hpietzsch/OffeneArbeit.html Wissenschaftliche Betreuer: Prof. Dr. Wolfgang Benz Zentrum für Antisemitismusforschung Technische Universität Berlin Ernst-Reuter-Platz 7 10587 Berlin Prof. Dr. Detlef Pollack Lehrstuhl für Vergleichende Kultursoziologie Europa-Universität-Viadrina Große Scharrnstrasse 59 15230 Frankfurt (Oder) Priv. Doz. Dr. Siegfreid Heimann Otto-Suhr-Institut Ihnestr. 26 12195 Berlin 2 Danksagung: Die vorliegende Arbeit wäre ohne die Anregungen und Hinweise von vielen Menschen kaum durchführbar gewesen. Ich danke sehr Gero Nosper (†)und meiner Mutter. Mein besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Wolfgang Benz von der Technischen Universität Berlin, Herrn Professor Dr. Detlef Pollack von der Viadrina-Universität Frankfurt/Oder sowie Priv. Doz. Dr. Siegfreid Heimann für die wissenschaftliche Betreuung und Begleitung. Die Stiftung Aufarbeitung der SED-Diktatur Berlin ermöglichte die finanzielle Absicherung. Danken möchte ich auch den Mitarbeitern der Robert-Havemann-Gesellschaft Berlin, vor allem Andreas Otto und Tom Sello, sowie Uwe Kulisch vom Thüringer Archiv für Zeitgeschichte Jena. Berlin im September 2003 3 Inhaltsverzeichnis: Einleitung S. 5 1. Die Generation der politischen Sozialisation 1969 – 1976 S. 23 1.1 Die frühen siebziger Jahre – Uwe Koch und der Beginn der Offenen Arbeit S. 29 1.2 Neuer Wind – der Sozialdiakon Thomas Auerbach S. 46 1.2 Die Offene Arbeit zieht Kreise – Verbindungen zur Jenaer Kulturopposition S. 63 1.4 Die Macht der Staatssicherheit - Wirkung und Folgen der Biermann- Ausbürgerung S. 77 2. Die politische Generation 1977 – 1983 S. 98 2.1 Rückzug und Erneuerung - Generationswechsel und neue Konzepte S. 100 2.2 Wendepunkt - der Tod von Matthias Domaschk S. 125 2.3 Offene Arbeit und Jenaer Friedensgemeinschaft S. 149 2.4 Die Kirche, das Ministerium für Staatssicherheit und die Presse in der Bundesrepublik Deutschland S. 220 2.5 „Stasineurose“ und Weißer Kreis - Flucht als letzter Ausweg S. 229 3. Die Generation der religiösen Bekenntnisse 1984 – 1989 S. 235 3.1 Die Erneuerung der Offenen Arbeit mit Hilfe der Kirche und des Ministeriums für Staatssicherheit S. 239 3.2 Emanzipation und neues Selbstverständnis S. 251 3.3 Die Offene Arbeit zieht aus S. 274 4. Offene Arbeit und die friedliche Revolution 1989/90 S. 294 Dokumente S. 306 Literatur- und Quellenverzeichnis S. 384 Index: Presseartikel zu Jena 1982 – 1989 S. 392 Index: Operative Vorgänge und Operative Personenkontrolle 1970 – 1989 S. 398 Index: Inoffizielle Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit 1970 – 1989 S. 403 4 EINLEITUNG Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit der Geschichte der kirchlichen Jugendarbeit der Offenen Arbeit 1 (OA) in Jena zwischen 1970 und 1989. Am Beispiel der Jungen Gemeinde Stadtmitte 2 wird untersucht, welche Voraussetzungen, Formen und Wirkungen des politischen Widerstandes gegen die DDR-Diktatur abzuleiten sind. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Wechselwirkung zwischen dem Selbstverständnis der Akteure 3 und ihren Aktionen und den repressiven Maßnahmen durch das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und andere staatliche Stellen sowie zwischen Offener Arbeit und Kirche. Die Entstehungs-, Verlaufs- und Wirkungsgeschichte der Jungen Gemeinde Stadtmitte soll herausgearbeitet, die Aktivitäten und Erfahrungen in den verschiedenen generativen Gruppen und ehemaliger Akteure sollen im Vergleich von Selbstzeugnissen, schriftlichen Quellen sowie Akten des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit gegenübergestellt und bewertet werden. Anliegen ist es dabei auch, die repressiven Maßnahmen des Ministeriums für Staatssicherheit gegen die Akteure in ihrer Dimension darzustellen. Ziel ist es weiterhin, die sozialen und strukturellen Voraussetzungen und Bedingungen sowie Organisationsformen der Gruppen der Offenen Arbeit und den Politisierungsprozeß der Akteure sichtbar zu machen. Insgesamt geht es darum, die Lebenswelten der 1 Der Begriff „Offene Arbeit“ (OA) geht aus dem vom Pfarrer Claus-Jürgen Wizisla aus Leipzig im Oktober 1971 bei einer Tagung verschiedenster kirchlicher Jugendarbeiter in Halle das erste Mal öffentlich benutzten Arbeitsbegriff „offene Jugendarbeit“ hervor. Die ersten Jungen Gemeinden mit dem Charakter einer offenen Jugendarbeit entstanden Ende der sechziger Jahre in Rudolstadt, Saalfeld und Zella-Mehlis. 1970 kam Jena hinzu. Erst Ende der siebziger Jahre setzt sich der Begriff „Offene Arbeit“ mit seinen Inhalten als eigenständiger Arbeitszweig der kirchlichen Jugendarbeit im Rahmen der Institution Kirche durch. Vgl. Kirche von Unten Hg.: Wunder gibt es immer wieder - das Chaos ist aufgebraucht, es war die schönste Zeit. Fragmente zur Geschichte der Offenen Arbeit Berlin und der Kirche von Unten, Berlin 1997, S. 17 f. Ehrhart Neubert zählt achtzehn Orte auf, die er der allgemeinen Offenen (Jugend-) Arbeit zuordnet. Mit dieser Ergänzung waren es nach meiner Recherche insgesamt mindestens 22. Vgl. Neubert, Ehrhart: Geschichte der Opposition in der DDR 1949-1989. 2. Aufl., Bonn 1999. S. 966. 2 Die Junge Gemeinde Stadtmitte war eine von mehreren Jungen Gemeinden in verschiedenen kirchlichen Sprengeln in Jena. Sie ist als einzige der Offenen Arbeit in Jena zuzuordnen. Wenn nicht ausdrücklich von der Jungen Gemeinde Stadtmitte gesprochen wird, steht die Formulierung „Junge Gemeinde“ stellvertretend allgemein für die Offene Arbeit in der DDR. 3 Ein „Akteur“, der sich in der Jungen Gemeinde Stadtmitte oder deren Umfeld sozial, kulturell und politisch engagierte oder auch nur am Leben der Jungen Gemeinde teilnahm, wurde in der Regel umgangssprachlich als „Mitglied der JG“ bezeichnet. Diese Bezeichnung benutzten die Jugendlichen auch untereinander zur Identifizierung und Abgrenzung, die Kirchengemeinde und das Ministerium für Staatssicherheit zur Umschreibung dieser nicht eingrenzbaren Gruppe. Die Bezeichnung „Mitglied der JG“ mußte nicht mit dem Selbstverständnis des Einzelnen übereinstimmen. Etwa die Hälfte der Jugendlichen der Offenen Arbeit waren eingetragene Mitglieder Evangelischen Kirche. Der Begriff „Akteure“ ersetzt die Bezeichnung „Mitglied der Jungen Gemeinde Stadtmitte“, um eine vereinfachende Vereinheitlichung zu erlangen. 5 verschiedenen „Generationen“ 4 in ihrer Entwicklung und Veränderung darzustellen. Der zu untersuchende Zeitraum bezieht sich unter Einbeziehung relevanter historischer und politischer Ereignisse auf die siebziger und achtziger Jahre. Die Arbeit ist chronologisch und deskriptiv angelegt. Dadurch soll eine inhaltliche Tiefe über Akteure und Ereignisse erreicht werden. Die Untersuchung nähert sich dem Thema auf vier Wegen. Neben themenrelevanter Literatur werden unveröffentlichte und veröffentlichte Quellen des Ministeriums für Staatssicherheit herangezogen. 5 Ein Teil der verwendeten Literatur und Akten des Ministeriums für Staatssicherheit bezieht sich auf Akteure, die bereits bekannte Personen der Zeitgeschichte sind. Bisher resultierte das vorherrschende historische Bild über die Geschichte der Offenen Arbeit im wesentlichen aus den Erfahrungen zentraler Personen der Oppositionsgeschichte, das hauptsächlich durch ihre Aussagen geprägt wurde. Aus diesem Grund legte der Autor darauf Wert, Quellenmaterial aus Akten und von Akteuren in die Arbeit einzubeziehen, das ergänzt oder bisher unveröffentlicht ist. 6 Zeitzeugengespräche erweitern die Literatur und die Quellen. Der Autor führte eine schriftliche Befragung von ehemaligen Akteuren der Offenen Arbeit und deren Umfeld aus Jena mittels Fragebogen durch. In zwei Wellen wurden 218 Fragebögen versandt. Es gab 53 Rücksendungen. Die Rücklaufquote betrug damit 24,3 %. Bei den Adressaten des Fragebogens handelt es sich um keine zufällige Stichprobe. Vielmehr wurden die Akteure gezielt angesprochen. Der wesentliche Teil des Adressenmaterials stammt aus der Adreßdatenbank des Matthias-Domaschk- Archivs Berlin (MDA Berlin). Der Fragebogen beinhaltet einen geschlossenen und einen offenen Frageteil, so daß die Fragen einmal in einem Ankreuzteil knapp zu beantworten waren und zum andern die Akteure in Textform Stellung nehmen konnten. Schwerpunkte der Befragung waren der soziale, familiäre und religiöse Hintergrund der Akteure, der Einstieg und die Motive für ein Interesse an der Jungen Gemeinde, die Aktivitäten in diesem Zusammenhang sowie die Veränderung der politischen oder religiösen Einstellung durch religiöse oder Repressionserfahrungen. Die Antworten der 4 Der Begriff „Generation“ bezieht sich