Deutschland

A. VARNHORN Ministerpräsident Koch: (Fast) immer ehrlich, (fast) nichts gewusst, (fast) alles aufgeklärt

CDU HESSEN Was wusste Roland Koch? Immer neue Enthüllungen aus dem Hessen-Sumpf: Die Industrie sponserte CDU-Spitzenmann Roland Koch gezielt mit Spenden an einen CDU-Verein. Ermittlungen der Justiz belegen, dass schwarze Kassen bis vor kurzem zum Alltag der Union gehörten.

ussitzen hat er gelernt. Gern beruft chen. In der Wiesbadener Zentrale war, sich der hessische Ministerpräsident das zeigt das Verfahren gegen den früheren ARoland Koch, 41, auf das große Vor- CDU-Chef und andere bild Helmut Kohl, 70, nach dem die Nach- Helfer und Funktionäre der Partei, der welt eines Tages „Straßen und Plätze“ be- lockere Umgang mit Schwarzgeld nicht die nennen werde. Ausnahme, sondern die Regel. Der Untersuchungsausschuss, der den Und Koch, der gelernte Wirtschaftsan- hessischen Schwarzgeldskandal aufklären walt, der zielstrebige, intelligente Macher, soll, will Akten haben? Nicht mit Koch, der schon mit 20 Jahren den CDU-Vorsitz der mauern und verzögern lässt, wie es in seiner Heimatregion nahe er- nur geht. Die Richter, die entscheiden müs- oberte, bekam davon nie etwas mit? sen, ob Koch und seine CDU mit rechts- Seit Monaten lodern die Vorwürfe im- widrigen Methoden an die Macht kamen, mer wieder auf, Koch sei ein Lügner und wollen die Ermittlungen der Staatsanwalt- müsse zurücktreten. Niemand überblickt schaft lesen? Die können lange warten. noch, mit wie vielen Dementis der CDU- Koch hat gute Gründe, das CDU-Kon- Chef ein ums andere Mal zu löschen ver- volut so lange wie möglich unter Verschluss sucht: Er war (fast) immer ehrlich, er hat zu halten. Die Dokumente, Vernehmungs- (fast) nichts gewusst, er konnte doch (fast) protokolle und Zufallsfunde, ein Akten- alle Machenschaften aufklären. berg von 200000 Seiten, werden der hessi- Mit Tremolo in der Stimme hatte er am schen Union noch schwer zu schaffen ma- 14. Januar, als er das Geheimnis der

22 der spiegel 36/2000 DPA Ex-Schatzmeister Prinz Wittgenstein Schwarze Kassen für den Alltag

ahnen, wie rings um ihn das Schwarzgeld schwappte: • Sein früherer Landesgeschäftsführer Siegbert Seitz war offenbar fest in ille- gale Transaktionen eingebunden. • Koch selbst unterschrieb 1998 den ent- Koch-Brief von 1998: „Fühlen Sie sich ausdrücklich ermuntert“ scheidenden Brief, der dem langjähri- gen Schatzmeister Casimir Prinz zu Schweizer Konten lüften musste, in die Ka- seine eigene Verwicklung in die Affäre stol- Sayn-Wittgenstein und dem CDU-Fi- meras gebarmt: „Roland Koch galt bisher pern sollte, bleiben die Liberalen in der nanzberater Horst Weyrauch als Legiti- als ein ehrlicher Mann.“ Sollte sich das än- Regierung. Das hat Landeschefin Ruth mation diente, die Partei weiterhin mit dern, werde er sich „in der Politik nicht Wagner im engsten Kreis schon fest ver- Schwarzgeld zu versorgen. weiter befassen“. sprochen. • Noch im Februar dieses Jahres schrieben Das ist lange her. Auch die Freien De- Doch nach den Ermittlungsergebnissen nervöse CDU-Hauptamtliche ein kom- mokraten, die mit Koch in der Koalition von Kripo und Staatsanwaltschaft ist Koch plettes Kassenbuch neu, um aktuelle vereint sind, haben gelernt, sich in Nach- weniger glaubhaft denn je. Nicht mehr vor- Schwarzgeld-Transaktionen zu verschlei- sicht zu üben – regieren ist stellbar erscheint, wie der ern. Da inszenierte Koch schon seine sa- einfach zu schön. Selbst wenn CDU-Spitzenmann das Kunst- tirereife „brutalstmögliche Aufklärung“. einer der engsten politischen stück fertig gebracht haben Dreister als irgendwo sonst in der Re- Freunde Kochs, Staatskanzlei- soll, nicht zu spüren, nicht zu publik haben die Christdemokraten im tra- chef , über ditionellen Schwarzgeld-Archipel Hessen Geschäftsführer Seitz (1994) (siehe Grafik Seite 24) getrickst, gefälscht und manipuliert. Ob es um ein paar Mark für studentische Aushilfen ging oder um ein paar Millionen für eine Immobilie – die geheimen Quellen sprudelten. Mögen andere CDU-Landesverbände nach den parteiübergreifenden Spendenaffären der siebziger und achtziger Jahre auf halbwegs korrekte Buchführung geachtet haben – die Hessen pflegten die illegalen Traditio- nen, als hätte es nie Prozesse, Strafbefeh- le, Untersuchungsausschüsse und Geset- zesänderungen gegeben. So wucherte ein finanzielles Schatten- reich, das wohl nur sehr wenige in der Par- tei in allen Verästelungen kannten. Die prä- zisen Mechanismen waren zwar, etwa durch die findigen Experten Weyrauch und Wittgenstein, nicht nur nach außen, son-

FOTOS: S. HUSCH / TERZ FOTOS: dern auch intern vor neugierigen Augen CDU-Landesgeschäftsstelle, Akademie-Schild abgeschottet. Doch sicher ist: Weitaus mehr Diskrete Millionen Helfer, als Koch zugeben will, wussten über

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Sonderfonds, von denen man so genau mann angehören, ist durchaus beachtlich. Der HDI habe sich daraufhin entschlos- nicht redet, ganz gut Bescheid. Allein 300000 Mark kamen im vergangenen sen, den damaligen Wiesbadener Opposi- Zwei Schwarzgeldsysteme lassen sich Jahr vom Haftpflichtverband der Deutschen tionsführer zu unterstützen. Koch sei „ein unterscheiden: Industrie (HDI) in Hannover, einem milli- Lichtblick im Umfeld der übrigen politi- • die Schweizer Konten, auf die Wey- ardenschweren Versicherungskonzern. Auch schen Persönlichkeiten“. rauch, Wittgenstein und der damalige die hessischen Unternehmer lassen sich nicht Das Weitere besprach Wieandt mit Joa- hessische CDU-Generalsekretär Kanther lumpen. Die Gaben, die der Verband der chim Lehmann, dem Wirtschaftsbeauf- 1983 über 20 Millionen Mark transferier- Metall- und Elektro-Unternehmen Hessen tragten der hessischen CDU, im feinen ten und die sie bei Bedarf anzapften; e. V. (Hessen Metall) in den neunziger Jah- Schlosshotel Kronberg. Als hauptamtlicher • zwei schwarze Kassen für ren schickte, summieren sich auf Mitarbeiter der Schatzmeisterei sorgte Leh- den Alltag in der Landesge- Die Spur fast zwei Millionen Mark. Be- mann seit den sechziger Jahren dafür, dass schäftsstelle, die eine geführt sonders großzügig zeigte sich die in Wiesbaden die Kassen voll sind. Schatz- als „Spendenkasse CDU der Spenden Hessen Metall im Wahlkampf- meister Wittgenstein ließ ihm regelmäßig Hessen“, die andere als führt jahr 1998 (320000 Mark). Gratifikationen zukommen, etwa im Fe- „SK“ (Sonderkasse). Die Die Spur der Spenden führt bruar 1992 einen Betrag von 32000 Mark wurden unter anderem ge- direkt zum direkt zum amtierenden Minis- „als Honorierung Ihres persönlichen Ein- speist aus großen Bargeld- amtierenden terpräsidenten Koch. Dessen satzes und auch Ihres Fleißes und Ihrer spenden der Süßwarenfirma Karriere wurde offenbar mit Zähigkeit bei unermüdlichem Einsatz, um Ferrero, die der Partei seit Minister- hohen, nicht öffentlichen Sum- Spenden zu bekommen“. Natürlich kam Anfang der achtziger Jahre präsidenten men von Spitzenmanagern der auch dieses Geld von Schweizer Konten. rund eine Million Mark zu- Wirtschaft gefördert. Der CDU-Finanzexperte, erinnert sich kommen ließ – außerhalb der Rech- Die Aussagen des früheren Spitzenban- Wieandt, habe einen Weg aufzeigen sollen, nungslegung. kers Paul Wieandt lassen wenig Raum für wie eine Spende unauffällig und steuermin- Und dann gab es da noch die Hessische Zweifel. In einer CDU-Finanzakte waren dernd an die Partei gehen könne. Gar kein Akademie für politische Bildung. Auf den Fahnder auf dessen Namen gestoßen, da- Problem, habe Lehmann erklärt, es gebe da eingetragenen Verein weist in der Frank- neben der handschriftliche Vermerk: ja die Hessische Akademie für politische Bil- furter Straße in Wiesbaden nur ein Klin- „Über Verband 300“, soll heißen 300000 dung, einen eingetragenen Verein, der ge- gelschild hin. Die anderen Nutzer der Mark. Wieandt, von 1990 bis 1997 Vor- meinnützige Zwecke verfolge und Spen- Gründerzeit-Villa lassen gern blauweiß- standsvorsitzender der Frankfurter BfG- denquittungen fürs Finanzamt ausstellen rote Fahnen flattern, als stolzen Hinweis, Bank, berichtet von gezielten Werbe- könne. Der Sitz der Akademie, wie prak- dass hier die CDU residiert. gesprächen vor der Landtagswahl vom Fe- tisch, sei in der CDU-Landesgeschäftsstelle. Der Etat der diskreten CDU-Akademie, bruar vergangenen Jahres: Die Mitglieder Er, Lehmann, sei Schatzmeister des Vereins. deren Vorstand der hessische Justizminister eines unionsnahen Wirtschaftskreises soll- So kam man ins Geschäft. Nach Rück- (CDU) und der Wiesba- ten zur rechten Zeit etwas für ihre Über- sprache mit dem HDI-Vorstand, dem er als dener CDU-Fraktionschef Norbert Kart- zeugung tun. Berater verbunden ist, wickelte Wieandt

Löhr Kiep Lüthje Grau Wittgenstein Weyrauch

Grauer Filz und schwarze Kassen Spenden der „Staatsbürgerlichen Vereinigung“ ab- 1983 Die Spendenaffären der hessischen CDU gewickelt werden. Nach Lüthje wurden diese Trans- aktionen als „Reisen zu Frau Hürlimann oder Frau Der hessische CDU-Generalsekretär Manfred Stirnimann“ umschrieben. Kanther und CDU-Landesschatzmeister Casimir 1967 Prinz zu Sayn-Wittgenstein schaffen rund Der Frankfurter Kaufmann Karl Friedrich Grau 20 Millionen Mark aus dem Vermögen der Der hessische CDU-Landesschatzmeister Walter sammelt bei Prominenten wie Axel Springer Spen- Landespartei auf geheime Schwarzgeldkonten Löhr entwickelt zusammen mit einem Pater der den für als gemeinnützig anerkannte Vereine. Ab- in der Schweiz. Der CDU-Steuerberater Horst Steyler Mission in St. Augustin bei Bonn ein züglich einer Provision von meist zehn Prozent Weyrauch fungiert dabei als Treuhänder. gigantisches illegales Spendensystem. reicht er das Geld an die Union weiter, die ihm auf Von jeder Spendenmark fließen 80 Prozent Anforderung fingierte Rechnungen etwa für seine 1989 schwarz an die Geldgeber zurück, die jedoch „Studiengesellschaft für staatspolitische Öffent- lichkeitsarbeit“ ausstellt. Nach und nach wird das in der Schweiz ge- eine steuerbegünstigte Bescheinigung über den parkte Schwarzgeld an den hessischen CDU- Gesamtbetrag erhalten. Den Rest teilen sich 1981 Landesverband zurückgeführt. Dabei bedienen die Mission und CDU-Mann Löhr. Allein der Seit Anfang der achtziger Jahre spendet der in sich die Finanzjongleure ab 1993 auch der Flick-Konzern spendet so an die ordenseigene Liechtensteiner „Stiftung Zaunkönig“. Zur Tar- „Soverdia“ 12,3 Millionen Mark. Hessen ansässige Süßwarenkonzern Ferrero jähr- lich hohe Beträge an den CDU-Landesverband. nung konstruiert Schatzmeister Wittgenstein Die Gelder, bis 1999 rund eine Million Mark, im Nachhinein ein infames Lügengebäude. 1972 tauchen nie in den Rechenschaftsberichten der Er bezeichnet die Millionenzuflüsse teilweise Laut dem damaligen CDU-Generalbevollmäch- Partei auf. Mit den Zuwendungen des Nutella- als „jüdische Vermächtnisse“. tigten Uwe Lüthje legt dieser gemeinsam mit Herstellers, der dank der Großzügigkeit des CDU- Bundesschatzmeister Walther Leisler Kiep – Bürgermeisters von Stadtallendorf in den neunzi- 1991 was dieser bestreitet – für die Bundespartei ein ger Jahren rund 13 Millionen Mark Zinsen auf die Walther Leisler Kiep wird, in seiner Funktion als Konto in der Schweiz an. Nach einschlägigem Vorauszahlung der Gewerbesteuer spart, füllt die Bundesschatzmeister der CDU, wegen fortge- hessischem Vorbild sollen darüber illegale Hessen-Union ihre schwarzen Kassen auf. setzter Beihilfe zur Steuerhinterziehung zu einer

24 der spiegel 36/2000 drei Spenden über jeweils 150 000 Mark mittels Ver- rechnungsschecks ab. Die Spendenquittungen und die Freistellungsbescheinigungen zwecks Steuerminderung er- hielt Wieandt und reichte sie an den HDI weiter. Die Hessische Akademie für politische Bildung be- stätigte dem Landeskriminal- amt, Geld vom HDI erhalten zu haben. Jeweils 150 000 Mark seien am 10. Juli 1998, am 11. Januar 1999 und am 15. September 1999 eingegangen. Zufall oder nicht: Die Ja- nuarspende kam genau zu der Zeit, als Koch für seine Unter-

schriftenaktion gegen die dop- M. URBAN pelte Staatsbürgerschaft jede Wahlkämpfer Koch*: „Lichtblick im Umfeld der übrigen politischen Persönlichkeiten“ Mark gut gebrauchen konnte. Die höchst strittige Kampagne trug wesent- Der steuerpflichtige Spender zahlte ei- Akademie sei „genau der richtige Zweck“. lich zu seinem Wahlsieg am 7. Februar bei. nen Geldbetrag an eine Empfängerge- Da traf es sich, dass die Spende für den ge- Kennern der illegalen Parteienfinanzie- sellschaft, die aufgrund von Körper- meinnützigen Verein noch von der Steuer rung kommt die Vermischung von Partei schaftssteuerfreistellungsbescheiden ver- abgesetzt werden konnte. und Verein bekannt vor. In einem Bericht meintlich gemeinnützige Zwecke ver- Die Hessen Metall will sich zu den Spen- der nordrhein-westfälischen CDU-Fraktion folgte. Mit Hilfe der für die Spende er- den nicht erklären. Nur so viel: Auf Grund aus dem Jahr 1985 über die „Schattenfi- haltenen Spendenbescheinigung machte der „gesellschaftspolitischen Verantwor- nanzierung politischer Parteien“ handelt der Spender den gezahlten Betrag als ab- tung“ fördere man „Bildungseinrichtungen der damalige Landtagsabgeordnete Kurt zugsfähige Sonderausgaben steuermin- in Hessen“. Lehmann äußert sich nicht und Biedenkopf, heute Ministerpräsident von dernd geltend. Die Empfängergesellschaft verweist an die CDU-Generalsekretärin. Sachsen, vier einschlägige „Methoden“ ab. leitete ihrerseits die erhaltene Geldleis- Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft Eine davon, Ziffer 2, sind „Spenden an ge- tung entweder direkt an eine politische sieht in den Vorgängen rund um die Aka- meinnützige Organisationen“: Partei oder an eine im Ausland gelegene demie noch kein Problem: „Anhaltspunk- Organisation, von wo die Spende „ge- te für einen Missbrauch liegen nicht vor“, waschen“ wieder ins Inland in die Kassen sagt die Leitende Oberstaatsanwältin Hil- einer politischen Partei zurückfloss. degard Becker-Toussaint. Die CDU-Generalsekretärin Otti Gesch- Die Ermittler konzentrieren sich auf das ka bestreitet entschieden, dass die Akade- Verfahren gegen Kanther und fünf weite- mie Teil eines Schwarzgeldsystems gewe- re Beschuldigte. Besonders erstaunlich ist sen sein könnte. Die Spenden der Wirt- der Fall des langjährigen Landesgeschäfts- schaft seien beim Verein angekommen führers Seitz, der den Posten 1991 über- „und dort verblieben“. nahm. Seitz organisierte die Partei nach Kanther Koch Was zwischen Lehmann und Wieandt innen und nach außen. Der Wahlkampf, besprochen wurde, sei nicht so wichtig, der Roland Koch ins Amt trug, ist ganz we- Geldstrafe von 675 000 Mark verurteilt. Wegen Verjährung hebt der Bundesgerichtshof sagt die Generalsekretärin. „Entscheidend sentlich sein Werk. das Urteil eineinhalb Jahre später auf. ist, alles wurde korrekt verbucht.“ Die Seitz wird von Weyrauch, dem wohl bes- Akademie sei keineswegs eine Spenden- ten Kenner der finanziellen CDU-Interna, waschanlage, sondern „eine wichtige Schu- schwer belastet. Der hat sich mittlerweile 1997 lungseinrichtung beispielsweise für unsere zweimal, zuletzt vor zwei Wochen, ver- Mit Schwarzgeldern finanziert die Hessen-CDU Kommunalpolitiker“. Der Verein zahle nehmen lassen. Das Geheimnis der Schweiz eine 158 000 Mark teure Imagekampagne für Miete für Büroräume und einen Schu- sei zwar gewahrt worden, so die Darstellung Roland Koch, der sich als Nachfolger von Manfred lungsraum in der Geschäftsstelle. Zudem, Weyrauchs, aber natürlich hätten „Gene- Kanther profilieren will. so Geschka, habe doch „jede der im Land- ralsekretäre oder Landesgeschäftsführer er- tag vertretenen Parteien ihre Akademie“. ahnen“ können, „dass es irgendwo eine 2000 Doch nicht alle sitzen direkt in der Par- Geldquelle gibt, die im Bedarfsfall für In- Im Januar fliegt, ausgelöst durch Recherchen des teizentrale. Und von Zuwendungen, wie vestitionen und notwendige Ausgaben zur SPIEGEL, das finanzielle Schattenreich der Hessen- sie die CDU-Akademie erhielt, können die Verfügung steht“. Ausdrücklich nennt Wey- Union auf. Kanther und Wittgenstein übernehmen Konkurrenten nur träumen. rauch Seitz, der den „Honigtopf im Süden“ die Verantwortung. Roland Koch, inzwischen Minis- HDI-Sprecher Thomas von Mallinckrodt mindestens gewittert habe. „Ich muss per- terpräsident, verspricht „brutalstmögliche“ Aufklä- bestätigt die 450000-Mark-Spende nicht sönlich davon ausgehen, dass Herrn Seitz rung, verschweigt aber zugleich von ihm gebilligte nur, sondern erläutert auch den Hinter- klar war, dass diese Einnahmen und Aus- Manipulationen im Rechenschaftsbericht. grund: Das Unternehmen habe etwas „für gaben außerhalb des offiziellen Rechen- Ex-Bundesinnenminister Manfred Kanther legt sein Herrn Koch tun“, aber nicht „unfokus- werkes der CDU Hessen laufen.“ Immer Bundestagsmandat nieder, und CDU-Steuerberater siert“ in die Parteikasse zahlen wollen. Die mal wieder habe der Landesgeschäftsführer Horst Weyrauch, eine Schlüsselfigur im Spenden- im Gespräch sogar versucht, ihn über die system, tritt aus der Union aus. Im Juli werden die * Im Februar 1999 mit Unterschriften gegen die doppelte geheime Geldquelle auszuhorchen. Seitz schwarz vereinnahmten Ferrero-Spenden publik. Staatsbürgerschaft. weist diese Darstellung zurück. Er habe von

der spiegel 36/2000 25 chel, die geschwätzige FDP-Fraktion als „dum- mes Volk“ tituliert ha- ben. Hinterher will er nur „dummes Zeug“ ge- sagt haben. Auch in die- sem Fall konnten die Ste- nografen den exakten Wortlaut nicht mehr re- konstruieren. • 1996 attackierte Boris Rhein, Junge Union Frankfurt, seinen jüdi- schen Parteikollegen Mi- chel Friedman, nachdem der den rechten Flügel der hessischen CDU kri- tisiert hatte. Rhein for- derte Friedman darauf- hin indirekt zum Verlas- sen der Stadt Frankfurt

G. FISCHER / BILDERBERG auf. Eine von der dama- Jemenitische Hauptstadt Sanaa: „Gutes Wort bei den Moslems einlegen“ ligen rot-grünen Par- lamentsmehrheit verab- schiedete Erklärung, die Rheins „skan- dalöse Entgleisung“ zurückwies, wur- de von der CDU-Fraktion boykottiert. Verbale Stahlgewitter Hessische Politiker, nicht nur die Ver- treter der so genannten Stahlhelm- Seit der Spendenaffäre und der CDU-Kampagne Fraktion der CDU, waren auch im Bun- destag für ihre scharfe Zunge berüchtigt. gegen die doppelte Staatsbürgerschaft Der Ober-Grüne Joschka Fischer etwa verrohen im hessischen Landtag die Sitten. herrschte den Bundestagspräsidenten Richard Stücklen 1984 an: „Mit Verlaub, ls Tarek Al-Wazir, 29, 1995 in den Der Eklat war da. Die Sitzung wurde Herr Präsident, Sie sind ein Arschloch.“ hessischen Landtag gewählt wur- unterbrochen, um den Wortlaut zu er- Auch die eiserne Ikone des national- Ade, hatte er das Gefühl, die mitteln. Doch nicht einmal die Parla- konservativen Flügels der hessischen Durchschnittsparlamentarier zu provo- mentsstenografen hatten präzise gehört, CDU, Alfred Dregger, unterhielt seine zieren. Er war grün, jung, Student, elo- was Reif gerufen hatte. Im Protokoll fehlt Zuhörer mit verbalen Stahlgewittern. Es quent und im Besitz von zwei Pässen. der Zwischenruf schlicht. gebe „zu viele Feiglinge in Deutschland“ Der gebürtige Offenbacher hat jemeniti- Die Aufregung illustriert polterte der Rechtsaußen sche Vorfahren. die Zustände im Wiesba- und rief „alle Deutschen“ Mit guter Sacharbeit in Wiesbaden dener Plenum. Seit der auf, „aus dem Schatten Adolf glaubte er, etwaige Vorbehalte zu zer- Spendenaffäre um Minister- Hitlers herauszutreten“ und streuen. An die gelegentlichen Frotzelei- präsident Roland Koch und „normal zu werden“. en gewöhnte er sich. „Na, Al-Wazir“, der unappetitlichen Doppel- Die Debatten im hessi- juxte etwa eine hessische CDU-Politike- passkampagne, die ihn an schen Landtag haben sich auf rin, „wenn die Moslems erst an der die Macht brachte, sind die unterem Niveau eingepegelt. Macht sind, legen Sie ein gutes Wort für Sitten im Landtag verroht, „Lüge“, „Vertuscher“, „Ver- mich ein, nicht?“ die Nerven liegen blank. dreher“ gehören zum un- Als er vergangenen Donnerstag hinter Doch Ausfälle hat es in Hes- gerügten Standardrepertoire dem Rednerpult stand, war es wieder so sen schon immer gegeben. an Zwischenrufen. weit. Mitten in einer aufgeregten Debat- • 1989 wurde der grüne Ab- Al-Wazir macht den skan- te zur CDU-Spendenaffäre in Hessen geordnete Friedrich Karl dalumwölkten Ministerpräsi- hörte Al-Wazir nur das Wort „Sanaa“, Hertle mit dem Zwischen- denten Koch verantwortlich die Hauptstadt des Jemen. An der ruf: „Sie reden wie die Na- für das „vergiftete Klima“ im empörten Reaktion von SPD und Grü- zis“ vom Rednerpult ver- Landtag. Seit der Kampagne nen erkannte er, „dass etwas Schlimmes trieben. Walter Troeltsch gegen die doppelte Staats- passiert sein musste“. (CDU) entschuldigte sich bürgerschaft und den wö- Bis heute ist unklar, was der CDU- später mit dem Hinweis, chentlichen Nachträgen zum Politiker Clemens Reif, 51, ihm tatsäch- die Grünen würden ihn Spendenskandal sei die Stim- lich zugerufen hat. „Geh doch zurück „zur Weißglut“ bringen. mung gekippt. Sein Fazit: „So- nach Sanaa“, hörten die einen. Doch Reif • 1994 soll der damalige Mi- lange in Hessen die Grund- will – inspiriert vom Schlager „Ein nisterpräsident Hans Ei- regeln der politischen Verant- Student aus Uppsala“ – diesen Titel zi- wortung außer Kraft sind, gibt tiert und nur die Ortsnamen ausgetauscht Abgeordnete Al-Wazir, Reif es keine Normalität.“ Christoph Mestmacher haben. „Ein Student aus Uppsala“ S. HUSCH / TERZ FOTOS:

26 der spiegel 36/2000 Deutschland irgendwelchen Konten außerhalb der Buch- Der Brief, sagt Weyrauch, sei „im Ent- können, dass seine Vorgesetzten Millionen führung erst erfahren, als Weyrauch ihn am wurf von Herrn Seitz mit mir besprochen in die Schweiz geschafft hatten. 1. Dezember vergangenen Jahres unter vier worden“ – als „Legitimation zur Weiter- Selbst den Eingeweihten muss es schwer Augen informiert habe. „Alle anderen Be- führung bestimmter Aufgaben“, vor allem gefallen sein, sich im kunstvoll verschach- hauptungen und Spekulationen sind falsch“, in der Schweiz und in Liechtenstein. telten Schwarzgeldsystem zurechtzufinden: sagt Seitz. Koch, der dazu von den Ermittlern be- Das Schweizer Depot und Barspenden aus Auch Koch verwendet sich in seiner fragt wurde, beteuert, ihm sei das über- der Industrie speisten zwei verborgene Zeugenvernehmung vom 10. Mai dieses haupt nicht klar gewesen. Von irgendwel- Kassen in der CDU-Zentrale. Jahres in seiner Dienstvilla ausdrücklich chen CDU-Auslandskonten habe er nichts Auf die kleinere stießen die Ermittler für Seitz. Er könne sich „nach wie vor nicht gewusst „und daher logischerweise mit bei ihrer Durchsuchung im Januar: In der vorstellen“, sein treuer Wahlkampfmana- Wittgenstein nie darüber gesprochen“. „Spendenkasse CDU Hessen“ fanden sich ger sei über die schwarzen Kassen genau Ende der Diskussion. 14360 Mark in kleinen Scheinen. Angeb- informiert gewesen. Er habe ja schließlich Wenn das immer so leicht wäre. Auch lich stammte das Geld von braven Anhän- eng mit ihm zusammengearbeitet. die für die CDU quälende Debatte um gern der Union, die mal einen Hunderter Eben. Es ist wie immer in der Hessen- ihren früheren Finanzreferenten Franz-Jo- oder einen Tausender stifteten. So stand es Union. Irgendwie nix gewusst. sef Reischmann findet jedenfalls in den jedenfalls im Kassenbuch. Weyrauch schildert allerdings eine Be- Weyrauch-Aussagen neue Nahrung. Nur das war gleich zweimal falsch: Die gebenheit, die Koch in weitere Erklärungs- Reischmann hatte nach Weyrauchs Be- 14000 Mark waren der Rest einer 50000- not bringt. rechnungen zwischen 1988 und 1992 rund Mark-Spende, die Prinz Wittgenstein min- Im Januar 1998, als Koch den Landes- 2,2 Millionen Mark aus Partei- und Frak- destens einmal jährlich bei Ferrero in bar vorsitz von Kanther übernahm, war auch tionskassen eingesteckt. Die Parteiführung abholte und in die Geschäftsstelle brachte. Prinz Wittgenstein aus dem Amt geschie- verzichtete dennoch darauf, ihn dem Das Kassenbuch war stümperhaft gefälscht: S. HUSCH / TERZ DPA (li.);DPA ( re.) DARCHINGER F. Koalitionspartner Wagner, Koch, Banker Wieandt (1994), Ex-Finanzreferent Reischmann: In Treue fest den. Der penible Weyrauch fürchtete eine Staatsanwalt zu melden, sie begnügte sich Alle Eintragungen waren in einer Hand- missliche Lage, die Legitimation für Zu- mit seiner Schuldanerkenntnis über eine schrift und erkennbar mit demselben Stift griffe aufs Schweizer Geld war damit ent- Million Mark. geschrieben. Ja, räumte Helmut Hehn, fallen. Auch Seitz, schildert Weyrauch, sei Spekulationen der Opposition, ein Mit- stellvertretender Landesgeschäftsführer, besorgt gewesen. Er habe ja gewusst, „dass wisser des Schwarzgeldsystems sei ge- auf Befragen ein, die Kladde sei im Febru- es irgendwo eine Geldquelle gibt, aus der schont worden, wies die CDU stets empört ar dieses Jahres „nachgefertigt“ worden. auf seine Anfrage hin in der Vergangenheit zurück. Schließlich habe man, so Koch, Fester Bestandteil im Finanzwesen der ‚sonstige Einnahmen‘ in das Vermögen des dem Mann „das letzte Hemd ausgezogen“. Union war vor allem die Sonderkasse, in- Landesverbandes geflossen sind“. Also Es blieb trotzdem noch was übrig. Die tern „SK“ genannt. Mit gerade mal 5000 wurde ein Brief organisiert, um die Lücke Ermittler stießen darauf, dass Reischmann Mark wurde sie am 9. August 1992 eröffnet, zu stopfen. Unterzeichnet hat das Schrei- gemäß einer internen Vereinbarung „ein aber schnell schwoll der Strom des ben Roland Koch: Startvermögen von 100000 Mark bis höchs- Schwarzgeldes an. Noch am gleichen Tag, Ich möchte … meine schon im vergange- tens 150000 Mark“ belassen werden sollte. erinnert sich die zuständige Kassiererin, nen Herbst geäußerte Bitte wiederholen, Dazu erklärte Weyrauch, es sei das vor- seien weitere 50 000 Mark eingegangen. dass Sie uns mit Ihrer Erfahrung und dringliche Interesse gewesen, „die Sache Und so ging es weiter: Allein von August Ihren Kontakten auch in Zukunft zur Ver- geräuschlos abzuwickeln, weil erheblicher 1992 bis März 1997 kamen 511000 Mark. fügung stehen. Über konkrete Einzelfälle, politischer Schaden zu befürchten war“. Das Geld stammte hauptsächlich von bei denen ich um Ihre Vermittlung bitte, Die Partei habe Reischmann „aus diesem Weyrauch, der das Bare in Zürich be- hatten wir ja bereits gesprochen. Aber Grund“ den Aufbau einer neuen Existenz schaffte. Prinz Wittgenstein ließ Weyrauch darüber hinaus fühlen Sie sich bitte aus- ermöglichen wollen. Der stellvertretende wissen, wann die Kasse knapp war. Offi- drücklich ermuntert und auch legitimiert, Landesgeschäftsführer habe über „Herr- zielle Buchführung muss in der Landesge- weiterhin den Stellen, die Sie für geeignet schaftswissen“ verfügt und etwa „eine Ah- schäftsstelle eher die Ausnahme gewesen halten, Ihre segensreiche Arbeit nicht von nung gehabt, dass die CDU Hessen außer sein, die Hauptamtlichen in der Frankfur- heute auf morgen zu beenden. Ihre be- dem offiziellen Vermögen noch anderes ter Straße feierten offenbar regelrechte sonderen Kontakte und Verbindungen zu Vermögen hat“. Bargeld-Orgien. Fahrtkosten, Reisekosten, Persönlichkeiten und Institutionen wer- Reischmann selbst erinnert sich präzi- Übernachtungen, Aushilfen und die Haus- den noch lange Zeit schwer ersetzbar sein. ser. Einem Vermerk habe er entnehmen reinigung ebenso wie Benzin, Mietwagen,

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sienamen oder auch den Namen Altana benutzt, um illegale Gelder einzuspei- sen. Das sei aber den Mitarbeitern in der Landesgeschäftsstelle leider nie aufge- fallen. Die großzügigen Gaben des Süßwaren- Herstellers Ferrero aus dem hessischen Stadtallendorf waren dagegen in der Lan- desgeschäftsstelle ein offenes Geheimnis. In den handschriftlichen Spenderlisten ste- hen die Summen, die Prinz Wittgenstein stets in bar entgegennahm, zwar bisweilen nur mit „F“ oder „Fe“ bezeichnet, oft aber ganz offen als „Ferrero“. Von 1981 bis 1999 kamen so 975000 Mark zusammen. Allein im Jahr 1998, als Koch Landesvorsitzender

A. VARNHORN wurde, waren es 140000 Mark. Der hatte Spendenfirma Ferrero: Großzügige Gaben aus Stadtallendorf natürlich, man ahnt es, keine Ahnung. Bei so viel Geld musste die Freund- Einkäufe bei der Metro sowie kleine Gaben trag habe sie nicht erhalten, sagte sie den schaft innig sein: „Sie wissen, wie gerne an die Kreisverbände – die Sonderkasse Ermittlern: „Ich war nervlich bis aufs ich zu Ihnen komme, ob mit oder ohne war für alles gut. Äußerste belastet.“ Kuvert“, schrieb der Prinz im Februar Um notfalls auch Wohltaten an Partei- In ihrer Not, all das Schwarzgeld zu ver- 1997 an den damaligen deutschen Ferrero- freunde tarnen zu können, schafften die buchen, mussten offenbar selbst die Funk- Chef Arthur Kurrle. Und zu Weihnach- CDU-Helfer Falschbelege heran. So muss- tionäre ran. So war es etwa im Dezember ten des darauf folgenden Jahres hatten ten Praktikanten den Erhalt von Summen 1993, als Seitz, Weyrauch und zwei seiner sich Kurrle und Wittgenstein schwer ins bestätigen, die sie gar nicht bekommen hat- Kollegen die Union großzügig mit je 20000 Zeug gelegt, um Manfred Kanther einen ten. Der Kiosk gegenüber stellte schon mal Mark bedachten. neuen Job zu besorgen. Der war nach eine Rechnung über Kekse und Zeitungen Weyrauch hat mittlerweile eingeräumt, der verlorenen Bundestagswahl gerade aus, die übers Jahr gekauft worden seien. dass die insgesamt 80000 Mark tatsächlich seinen Job als Bundesinnenminister los Auch größere Batzen regelte die CDU aus dem Schweizer Depot stammten und geworden. gelegentlich auf dem „SK“-Wege, bei- mit Hilfe fingierter Spenden in legales Ferrero war gern bereit, Kanther als Be- spielsweise eine Rechnung über CDU-Geld umgerubelt wurden. Allerdings, rater unter Vertrag zu nehmen – nur zwei 70 000 Mark der in Solingen ansässigen darauf legt der Wirtschaftsprüfer Wert, Monate seien es gewesen, behauptet das Werbeagentur von Mannstein, die regel- habe niemand die Spendenbescheinigun- Unternehmen. Kanther will zu dem Vor- mäßig CDU-Wahlkämpfe gestaltet. gen für eine Rückerstattung beim Finanz- gang nichts sagen: „Ich gebe überhaupt Die ganz dicken Dinger wurden bar- amt genutzt. keine Auskunft über meine beruflichen Be- geldlos abgewickelt. Hauptamtliche CDU- Auch fremde Spender wurden schon mal ziehungen.“ Leute fischten hohe Rechnungen aus dem benutzt, um Schwarzgeld zu kaschieren – Derzeit ist er vor allem als Anwalt in ei- Geschäftsgang und übergaben sie Wey- etwa das hessische Pharmaunternehmen gener Sache tätig. Wie seine Partei argu- rauch. Der überwies das Geld dann direkt. Altana der Familie Quandt. „Zweckge- mentiert er in Schriftsätzen an die Staats- Ganz wie bei ordentlichen Kaufleuten bunden für Roland Koch“ hatte Altana anwaltschaft, der von Bundestagspräsident galten strenge Regeln, wer wie viel aus dem tatsächlich 100000 Mark gespendet, die am Wolfgang Thierse verhängte Bescheid, die „Honigtopf im Süden“ abzapfen durfte. 20. Januar 1998 auf einem CDU-Konto gut- CDU müsse wegen der verschwiegenen Größere Projekte genehmigte der Prinz geschrieben wurden. Hessen-Gelder 41 Millionen Mark Strafe ohne präzise Kostenvorgabe. So wies er Sechs Tage später wurden mit dem zahlen, sei rechtswidrig. Kein Schaden, etwa Weyrauch 1998 und 1999 an, jeweils handschriftlichen Buchungsvermerk „Al- keine Untreue, heißt sein Kalkül. eine Million Mark aus der Schweiz nach tana“ zwei Barbeträge über 100000 Mark Die Staatsanwaltschaft sieht das anders. Wiesbaden zu schaffen, um die EDV-Aus- und 20000 Mark eingezahlt. Diese Posten Mit einem glatten Freispruch können stattung der Geschäftsstelle sowie Kochs tauchen im Rechenschaftsbericht nicht auf, Kanther und seine Helfer kaum rechnen. aufwendigen Wahlkampf zu finanzieren. denn das Geld hatte Weyrauch bar aus der Für Prinz Wittgenstein wäre es schon das Rechnungen, die im Rahmen solcher Pro- Schweiz mitgebracht und am 23. Januar an zweite Mal, dass er seinen Dienst an der jekte anfielen, gingen direkt an Weyrauch. Lehmann übergeben. Der habe, sagt Ge- Partei büßen muss. Mitte der achtziger Jah- Was in der Ära des Landesvorsitzenden neralsekretärin Geschka, häufiger Phanta- re hatte er wegen illegaler Spendenprakti- Koch nicht durch die offizi- ken einen Strafbefehl über ellen Bücher lief, lässt sich CDU-Politiker Kanther (M.), Koch*: Kein Schaden, keine Untreue? 135000 Mark kassiert. heute kaum noch rekonstru- Dass der Prinz damit ein- ieren. Das vom März 1997 schlägig vorbestraft war, bis Herbst 1999 geführte störte in der Partei keinen. Kassenbuch ist vernichtet. Koch schwärmte noch im Die Buchhalterin hat, ganz Dezember im Landtag: „Ich brav, alle Verantwortung auf gehe davon aus – ich habe sich genommen. Es sei ein- auch überhaupt keinen An- fach eine „Kurzschlusshand- lass zu einer anderen Ver- lung“ gewesen, einen Auf- mutung –, dass Prinz Witt- genstein uneingeschränkt ein integrer Mann ist.“ * Bei der 50-Jahr-Feier der Hessen- Georg Mascolo, CDU am 2. Oktober 1995 mit dem Eh- Dietmar Pieper, Wilfried Voigt renvorsitzenden Alfred Dregger. DPA

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