UCHBESPRECHUNGEN R4 B

Ein Wort zur Auswahl der Bücher: Einführungen in den Buddhismus Angesichts der unüberschaubaren Masse auch deutsprachiger Publika- 8 Besprechungen von 7 Büchern tionen über den Buddhismus ist es schwierig, eine repräsentative Aus- wahl relevanter Neuerscheinungen zu Im Wintersemester 2000/01 fand am die einzelnen Rezensionen wurde im treffen. Wir haben uns entschieden, Religionswissenschaftlichen Institut Seminar intensiv diskutiert, wobei vor allem solche Werke besprechen zu der Freien Universität Berlin ein Se- naturgemäß nicht alle Meinungsver- lassen, die entweder ganz neu sind, minar mit dem Thema »Rezensionen schiedenheiten ausgeräumt werden neu aufgelegt wurden und damit zu- von Neuerscheinung zum Thema konnten. Als Seminarleiter haben wir mindest aus Sicht der Verlage weiter- Buddhismus« statt. Hauptziel der Ver- uns lediglich bemüht, sachliche, gram- hin als aktuell gelten, oder aber Bü- anstaltung war das Erlernen eines kri- matikalische, orthographische oder cher, die von Studierenden und Leh- tischen Umgangs mit religionswissen- stilistische Mängel zu korrigieren, renden – zu Recht oder zu Unrecht – schaftlich relevanter Literatur, hier am aber nicht, die allgemeine Wertung immer wieder gern aus den Regalen Beispiel von Büchern über den Bud- der Rezensenten zu beeinflussen. Nun gezogen werden. Unsere Hoffnung ist dhismus. Gerade angesichts einer ist in den Geisteswissenschaften die es, daß Studierende wie Lehrende den wahren Flut von Veröffentlichungen Unterscheidung zwischen »falsch« Rezensionen wertvolle Hinweise ent- über den Buddhismus scheint es not- und »richtig« nicht immer so einfach nehmen können, welche Bücher sich wendig, die Spreu vom Weizen zu zu treffen wie vielleicht in der Ma- als Einführungen oder Seminarlektüre trennen, unterscheiden zu lernen, wel- thematik. Im Zweifelsfall haben wir eignen und welche nicht. che Bücher als Primärquellen bzw. uns entschieden, die Meinung der Re- Unser Dank gilt abschließend den buddhistische Erbauungsliteratur zu zensenten auch dann gelten zu lassen, Herausgebern der SPIRITA Online, lesen sind, welche als populäre Bei- wenn wir selbst ihren Auffassungen die die Veröffentlichung über das In- träge zum Bereich »Lebenshilfe und nicht zustimmen konnten. Einige Bei- ternet unterstützt haben. z Esoterik« und welche als wissen- träge können also durchaus der Mei- schaftliche Abhandlungen. Immer nung der Seminarleiter entgegenlau- Dr. Inken Prohl wieder werden Seminarleiter von Stu- fen. Dr. Christoph Kleine dierenden nach geeigneten Einführun- (Seminarleiter) gen gefragt, und immer wieder sehen diese sich in der Situation, zwischen persönlichen wissenschaftlichen Präferenzen und pädagogischen Über- legungen abwägen zu müssen. Nicht Martin Baumann: jedes Buch, das die ungeteilte fachli- Kompaß Buddhismus / Compass che Zustimmung der Lehrenden fin- (Kompaß Weltreligionen / Compass World Religions). det, wird von den Studierenden als be- Hannover: Lutherisches Verlagshaus (LVH) 1999. reichernd und erkenntnisfördernd be- 70 Seiten, dt./engl. Mit vielen farb. Abb., br., 4,90 Euro. trachtet; und umgekehrt finden bei den Studierenden mitunter solche Bücher Unter dem schlichten und für Ver- niert. Zudem mag es verwundern, daß besondere Zustimmung, die wir als wechslungen anfälligen Namen »Bud- Antes und Baumann sich als dezidiert Lehrende bestenfalls unter äußerstem dhismus/Buddhism« veröffentlichte neutrale Religionswissenschaftler in Vorbehalt empfehlen würden. So war das Lutherische Verlagshaus (LVH) das Programm eines ausgesprochen es, wie wir finden, für beide Seiten im Jahr 1999 in der Reihe »Kompaß kirchlichen Verlagshauses einbinden interessant und wichtig zu sehen, wie Weltreligionen / Compass World Reli- ließen. Beides offenbart jedoch den lo- unterschiedlich die Wahrnehmung be- gions« ein kleines Büchlein über die benswerten Ansatz der jüngeren Reli- stimmter Publikationen sein kann, »Trendreligion 2000« (S. 5) aus gionswissenschaft, öffentliche Präsenz wobei die Meinungsunterschiede sich Asien. Herausgeber dieser Reihe, in zu zeigen und sich am Diskurs über durchaus nicht allein auf den jeweili- der auch Bücher über Christentum, Religion in der Gesellschaft auch au- gen Status (Lehrende oder Studie- Judentum, Islam, Hinduismus und ßerhalb der Universitäten zu beteili- rende) zurückführen lassen, sondern Bah’ai erschienen sind, ist der renom- gen, in dem Bemühen, das Feld nicht auch auf individuelle Vorlieben und mierte Religionswissenschaftler Peter ganz den Religionsvertretern (hierzu- Abneigungen. Antes aus Hannover. Mit dem vor lande den Theologen) zu überlassen. Ein zweites wichtiges Lernziel be- kurzem nach Luzern berufenen Reli- Eine Kritik an der Wahl des Buchtitels stand darin, der systematischen und gionswissenschaftler Martin Baumann mag übertrieben erscheinen – geht es kritischen Rezeption der Bücher einen konnte der Herausgeber einen ausge- hier doch auch um Verlagspolitik, verwertbaren »Output« folgen zu las- wiesenen Experten für den Buddhis- Marketing und Reihenkompatibilität –; sen und die Studierenden sich im mus im Westen gewinnen. Gemessen dennoch will ich ein gewisses Unbe- Schreiben kurzer Texte üben zu las- an dem bescheidenen Umfang und hagen an dem im Titel mitschwingen- sen. Das Ergebnis dieser Übungen Anspruch des schmalen Bändchens den Anspruch, über »den Buddhis- liegt hier nun vor, ergänzt durch zwei wirkt die hochkarätige Herausgeber- mus« zu informieren, nicht verhehlen. Rezensionen der Seminarleiter. Über und Autorenschaft fast überdimensio- Der Reihentitel »Kompaß Weltreligio-

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R5 nen« deutet jedoch schon eine bewuß- zwang Baumann zu einer äußerst zentral und maßgebend sei. Da der te Beschränkung an: es geht darum, strengen Themenbeschränkung. Dabei Buddhismus aber eine extrem vielge- den Menschen eine grobe Orientie- bemüht er sich, alle wichtigen The- staltige Religion ist – Autoren wie B. rung in der sich stetig pluralisierenden menbereich wenigstens anzusprechen. Faure (Buddhismus, 1997, S. 6) spre- religiösen Landschaft der modernen Es liegt auf der Hand, daß beim Ver- chen von »vielen Buddhismen« anstatt Industrienationen zu bieten. Rein äu- fassen eines 70seitigen, zweisprachi- von einem Buddhismus –, wäre zu- ßerlich fällt an dem vorliegenden gen und illustrierten Buches im For- mindest ein Hinweis darauf ange- Büchlein auf, daß es, wie alle anderen mat von 11,5 x 16,5 cm, das sich zu- bracht gewesen, daß dieser angeblich in der Reihe, zweisprachig ist. Der dem nicht an ein wissenschaftliches kleinste gemeinsame Nenner aller deutsche Ursprungstext wurde durch- Publikum wendet, Zurückhaltung bei »Buddhismen« nicht unbedingt für gehend in einer zweiten Spalte typo- der Auseinandersetzung mit Proble- alle Buddhisten zentrale Bedeutung graphisch abgesetzt in einer engli- men der Buddhismus-Forschung an- besitzt. Auch finde ich die Überset- schen Übersetzung (von Kabita Rump) gebracht ist. Immerhin gibt Baumann zung »Ethik« (S. 15) für »4ila« (besser wiedergegeben. Durch seine Zwei- zu erkennen, daß die Frage nach den »Sittsamkeit«, »Züchtigkeit«) nicht sprachigkeit schrumpft der Inhalt des Lebensdaten des Buddha noch immer besonders gelungen, trägt sie doch Bandes natürlich noch einmal auf die ungeklärt ist. Ein Hinweis darauf, daß dazu bei, das Klischee von einer Re- Hälfte zusammen; die zahlreichen Ab- die klassische Buddha-Vita (die »vier ligion zu verfestigen, die angeblich bildungen – viele vom Autor selbst fo- Ausfahrten«, Beginn des Asketenle- mehr auf Einsicht und allgemeine tografiert – haben den gleichen Effekt. bens mit 29, Erleuchtung mit 35 etc.) ethische Gesinnung baue, als auf klare Warum der Herausgeber sich dafür dem Bereich der Hagiographie zuzu- Regeln, Gebote und Verbote. Zwar entschied, den Text zweisprachig zu ordnen ist und eher ein religiöses Pro- werden die für Kleriker wie Laien veröffentlichen, bleibt das Geheimnis gramm als »historische Wirklichkeit« geltenden fünf Hauptgebote »nicht zu der Herausgeber. Es ist nicht davon wiederspiegelt, hätte dennoch nicht töten, nicht zu stehlen, unzulässige se- auszugehen, daß das Buch über den geschadet. Auch die Behauptung, die xuelle Beziehungen zu unterlassen, deutschen Sprachraum hinaus Verbrei- »Reden Buddhas wurden […] münd- nicht zu lügen und keine berauschen- tung finden wird. Vielleicht wollten lich überliefert und 300 bis 400 Jahre den Mittel zu sich zu nehmen« (S. 17) die Verantwortlichen den in Deutsch- später in , später auch in , nachfolgend eben als solche ausge- land lebenden Buddhisten nicht-deut- niedergeschrieben« (S. 11), stellt eine wiesen; mit der Formulierung »Bud- scher Herkunft – die ja auch Gegen- unnötige Verkürzung dar, denn die dhisten versprechen, sich zu bemü- stand der Darstellung sind –, die Mög- Tatsache, daß der erste vollständig er- hen« die Gebote einzuhalten, wird lichkeit geben, das, was hier über ihre haltene Kanon des Buddhismus in Pali aber wiederum suggeriert, es handle Religion gesagt wird, verstehen zu verfaßt wurde, bedeutet nicht not- sich hier lediglich um mehr oder min- können. Ein lobenswerter Ansatz! wendig, daß die ersten Texte in Pali der unverbindliche Empfehlungen. Zum anderen mag die Übersetzung verfaßt wurden.1 Ein unnötiger und Noch deutlicher vertritt der Autor des Textes ins Englische den Zweck etwas peinlicher Fehler ist ebenfalls diese Interpretation der Regeln, die verfolgen, deutsche Leser mit einem auf Seite 11 enthalten: hier wird eine keine Gebote seien, deren Mißachtung englischen Grundvokabular auszustat- Textpassage aus einer Lehrrede des bestraft würde (die Strafe folgt nach ten, das es ihnen ermöglicht, in den Buddha als Illustration in den Text buddhistischer Auffassung automa- Dialog mit Vertretern des Buddhismus eingefügt und als »Tibetischer Ritual- tisch durch das unerbittliche Gesetz unter Migranten einzutreten. Es kann text« vorgestellt. Tatsächlich handelt der Tatvergeltung), sondern um kaum ein Zweifel bestehen, daß sich es sich um eine Passage aus dem Pali- »Selbstverpflichtungen, um deren die Reihe in erster Linie an engagierte Kanon; und auch als Nicht-Indologe Einhaltung man sich bemüht« (S. 40), und offenherzige Christen wendet kann man unschwer erkennen, daß es weiter hinten im Buch. (wohl weniger an Fachleute, wie der sich bei der Schrift nicht um Tibetisch, Im Abschnitt über »Haupttraditionen Klappentext behauptet), die das Ge- sondern um Devanagari handelt. Die- und Verbreitung« skizziert Baumann spräch mit Vertretern anderer Religio- ser Fehler ist insbesondere deshalb in aller Kürze die geographische Aus- nen suchen oder zumindest dazu bereit unverständlich, weil die Passage von breitung des Buddhismus in Asien und sind. Daß es dem Autor dessen unge- H. W. Schumann (Der historische erläutert den Unterschied zwischen achtet darum geht, »in religionswis- Buddha, 1982) übernommen wurde – der »südlichen« und der »nördlichen« senschaftlicher [nicht etwa in theolo- was auch im Bildnachweis angegeben Tradition bzw. zwischen gischer oder missionswissenschaftli- wird –, der sie korrekt beschreibt. (Kleines Fahrzeug) und cher; C. K.] Darstellung zentrale bud- Bei der notgedrungen äußerst knappen (Großes Fahrzeug). Baumann vermei- dhistische Lehrkonzepte und daraus Darstellung des »«, der bud- det den von Mahayana-Buddhisten in sich ergebende Fragen konkreter Le- dhistischen Lehre, hält sich Baumann diffamierender Absicht gebrauchten bensgestaltung und -führung von an die gängige Standardinterpretation, Begriff Hinayana und spricht aus- Buddhisten in Deutschland vorzustel- derzufolge für alle Buddhisten der schließlich von (Lehre der len« (S. 6), macht er bereits im Vor- Glaube an die Leidhaftigkeit des Le- Ordensälteren), der »einzig überdau- wort deutlich. bens, das Gesetz der Tatvergeltung, ernden Schule der Frühzeit des Bud- Der geringe Umfang des Buches die »vier edlen Wahrheiten« usw. dhismus« (S. 18-19). Zwar ist die Ver- meidung des Begriffs Hinayana »poli- tisch korrekt«; für den uneingeweihten 1 Siehe z. B. H. Nakamura, Indian Buddhism, 1989 [1980], S. 24. Leser wäre es aber vielleicht dennoch

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN R6 B interessant gewesen, etwas über ihn zu ihm/ihr kein Gott, Buddha oder ande- Welchen Nutzen haben die vom erfahren, wird er doch von anderen rer Mensch helfen könne (S. 28), ist Buddha gelehrten Einsichten über das immer wieder verwendet. Die in der ein Klischee, das für weite Teile des Leid und dessen Aufhebung im Alltag, Forschung heftig umstrittene Frage Buddhismus nicht zutrifft. in Zeiten von Krankheit und Pflegebe- nach den Ursachen für die Entstehung Interessant ist die Darstellung der un- dürftigkeit? Der Autor zeigt, daß die des Mahayana »um die Zeitenwende« terschiedlichen Rollen, die buddhisti- durch »Reflexion auf die Unpersön- wird vom Autor auf sehr traditionelle sche Laien in Deutschland und in lichkeit menschlicher Daseinsfakto- Weise beantwortet: Kritik am Ordens- Asien einnehmen. Allerdings fehlt mir ren« (S. 49) gewonnene Anschauung leben und an der Abwertung der Laien ein Hinweis darauf, daß tägliche etwa über den Schmerz medizinische in der Soteriologie des älteren Bud- Meditation (wie auch immer definiert) Behandlung nicht ersetzen kann. dhismus werden für die Spaltung in in der Regel in buddhistischen Län- Baumann zufolge sind denn auch viele zwei Fahrzeuge verantwortlich ge- dern Asiens kaum als Laien-Übung Buddhisten und Buddhistinnen in macht (S. 18). Auch hier wäre es wün- betrachtet wird, während westliche Deutschland »in helfenden und ärztli- schenswert gewesen, wenigstens zu Buddhisten in der Meditation das chen Berufen« tätig. Das sozial-kari- erwähnen, daß diese Erklärung sich Zentrum der buddhistischen Religiosi- tative Engagement vieler Anhänger insbesondere auf die Apologetik der tät insgesamt sehen. Relativ breiten des Buddhismus ergebe sich notwen- Mahayana-Anhänger stützt und nicht Raum nimmt die Frage der prakti- dig aus den buddhistischen Postulaten ohne weiteres von der Forschung be- schen Umsetzung des »edlen achtfa- der tätigen Hilfe und des Mitgefühls. stätigt werden kann. Irreführend ist die chen Pfades« im Alltag deutscher Ich hätte mir in diesem Zusammen- Bemerkung, die Mahayana-Buddhi- Buddhisten ein; und ich nehme an, daß hang gewünscht, daß der Autor die sten bezögen sich auch auf den Pali- dies auch ein Thema ist, welches die traditionell große Bedeutung buddhi- Kanon. Gemeint ist natürlich, daß den angesprochene Leserschaft am mei- stischer Spezialisten als »Geistheiler« Nikayas der Theravadin entsprechende sten interessieren dürfte. Ein offenbar (Austreibung von krankmachenden Texte in Sanskrit (hier Agamas ge- vom Autor selbst interviewter deut- Dämonen durch Rezitation von man- nannt), Chinesisch, Tibetisch usw. scher Anhänger des tibetischen Bud- tras etc.) wenigstens erwähnt hätte. auch von Mahayana-Buddhisten prin- dhismus veranschaulicht offen und auf Auch über die »Feste im Lebenszy- zipiell anerkannt werden. Daß es mög- eindrückliche Weise die Schwierig- klus« und die »Feste im Jahreszyklus« lich ist, auf engem Raum auch unbe- keit, dem Ideal der Durchdringung hätte man gern mehr erfahren, sind darfteren Laien zu vermitteln, daß von »Dharmapraxis« und Alltag zu dies doch Themenbereiche, die in der manch »ewige Wahrheit« über den entsprechen (S. 42-43). Unklar bleibt großen Mehrzahl der kaum noch über- Buddhismus alles andere als unum- leider, auf welcher Grundlage die an- schaubaren Einführungen in den Bud- stritten ist, zeigen m. E. die einführen- geblich buddhistischen Regeln zum dhismus fehlen. Leider muß der Autor den Bücher zum Buddhismus Bernard Ehe- und Familienleben beruhen. Die auch in diesen Abschnitten aus Platz- Faures. Ideale, die Baumann hier als buddhi- gründen auf eine Spezifizierung seiner Baumanns Darstellung des Buddhis- stisch charakterisiert, entsprechen in Informationen verzichten, und so fragt mus in Deutschland – das eigentliche allen Punkten dem, was ein moderner, man sich an mancher Stelle: »gilt dies Spezialgebiet des Autors – ist trotz aufgeklärter und politisch korrekter nun für alle Buddhisten oder nur für aller Knappheit erwartungsgemäß in- Mitteleuropäer jederzeit unterschrei- einige, und wenn, um welche?«.3 Et- formativ; allein die völlige Ausblen- ben würde. Ob sich entsprechende was genauer wird Baumann bei der dung der Nazi-Zeit scheint mir erklä- partnerschaftliche und pädagogische Darstellung des Vesakha-Festes (Skt. rungsbedürftig. Ich könnte mir vorstel- Konzepte in den buddhistischen Vai4akha), das von Anhängern des len, daß ich nicht der einzige bin, der Schriften explizit finden, bleibt offen. südlichen Buddhismus zu Vollmond sich dafür interessiert, wie sich deut- Baumanns Anmerkungen zu den Pro- im April oder Mai (nach unserem Ka- sche Buddhisten zum Nationalsozia- blemen buddhistischer Immigranten, lender) zum Andenken an Geburt, Er- lismus und wie sich die Nazi-Führer ihre religiös-kulturelle Sozialisation in leuchtung und »Verlöschen« des zum Buddhismus verhielten. ihrer neuen Umwelt bewahren zu kön- Buddhas gefeiert wird. Auch auf die Im Abschnitt »Lebensgestaltung« un- nen, machen neugierig auf weitere In- traditionellen Feste zur »Regenzeit« terrichtet Baumann die Leserschaft formationen zu diesem Thema; und (), das Neujahrsfest und das an über religiöse Ämter und Funktionen, diese liefert der Autor glücklicher- Voll- und Neumondtagen stattfin- das Leben der Mönche, Nonnen und weise in anderen, an ein akademisches dende -Fest, an dem die Laien. Dabei erweckt er leider den Publikum gerichteten Veröffentli- Mönche traditionell zusammenkom- Eindruck, als wäre der Tagesablauf chungen.2 men, um das »Beichtformular« zu re- buddhistischer Mönche und Nonnen in Im Abschnitt über »Krankheit und zitieren und ihre Vergehen zu beich- jeder Tradition und in jedem Land Pflege« schneidet Baumann ein ten, die Laien sich um Einhaltung der weitgehend gleich, was bekannterma- Thema an, das zweifellos viele am »acht Laiengebote« bemühen, geht ßen nicht der Fall ist. Offenbar orien- Buddhismus Interessierte beschäftigt: Baumann näher ein. Er beschreibt, wie tiert sich Baumanns Darstellung im wesentlichen an der Theravada-Tradi- tion – bzw. an deren Idealen –, was er allerdings nicht deutlich kenntlich 2 Siehe M. Baumann, Migration, Religion, Integration, Marburg 2000. macht. Auch daß jeder Mensch selbst 3 In diesem Zusammenhang sei auf Baumanns Beschreibung buddhistischer Feste in Religionen feiern: Feste und Feiertage religiöser Gemeinschaften in Deutschland, hg. von REMID, Marburg nach Befreiung streben müsse, und 1997, S. 171-187 hingewiesen.

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R7 sich deutsche Buddhisten an ihre Um- gläubigen (icchantika), Andersgläu- der Darstellung jedoch gut getan, gebung anpassen und etwa das Upo- bigen (para-pravadin) und »Häreti- wenn die Aussagen über Glauben und satha-Fest stets auf einen Sonntag le- kern« in der Geschichte des Buddhis- Praxis »der Buddhisten« etwas weni- gen, Texte rezitieren, Vorträge hören mus nicht bloß bedauerliche Einzel- ger allgemein gehalten worden wären. und meditieren. fälle waren, hätte eine Erwähnung ver- So drängt sich – trotz einiger explizi- Im Abschnitt »Wirtschaft und politi- dient. Hinsichtlich des buddhistisch- ter Hinweise auf die Vielgestaltigkeit sches Engagement« wendet sich Bau- christlichen Dialogs weist Baumann des Buddhismus – der Eindruck auf, mann gegen das gängige Klischee ganz richtig auf die Gefahr hin, daß es handle sich bei den Anhängern des vom weltabgewandten Buddhisten die Dialogsituation häufig keinen Buddhismus um eine relativ homo- und bezieht Versuche westlicher Bud- Raum für eine echte Auseinanderset- gene Gruppe, was schlicht und einfach dhisten, in verantwortlicher Weise am zung mit den fundamentalen Unter- nicht der Fall ist. Alles in allem meine Wirtschafts- und Gesellschaftsleben schieden zwischen den beiden großen ich aber, daß der Autor innerhalb des teilzuhaben, auf das fünfte Element Religionen läßt. vorgegebenen Rahmens die schwie- des »achtfachen Pfades«, die Forde- Im Fazit macht der Autor noch einmal rige Aufgabe, interessierte aber lese- rung nach »rechtem Lebenserwerb«. deutlich, welchen Zweck er mit dem faule oder vielbeschäftigte Christen an Er erwähnt »buddhistische Kooperati- Buch verfolgt: Es soll christlich sozia- den Buddhismus heranzuführen, recht ven, vegetarische Restaurants, Gärtne- lisierte Menschen auf ein sinnvolles gut gelöst hat. Baumann nähert sich reien, Naturkostläden und andere Be- Gespräch mit Buddhisten vorbereiten, seinem Gegenstand sachlich und ob- triebe« (S. 61), die bewußt ins Leben in dem vermieden werden sollte, mit jektiv, aber mit unübersehbarer Sym- gerufen wurden, um es Buddhisten zu Fragen an diese heranzutreten, »die pathie. Insbesondere der Abschnitt ermöglichen nach den Idealen ihrer nicht ihre sind« (S. 68). Ob allerdings über den »real existierenden« Bud- Religion einem rechten Lebenserwerb die Frage nach »›Geboten‹ rechten dhismus in Deutschland ist interessant nachzugehen. Zu Recht weist Bau- Verhaltens« zu den unangemessenen und informativ, wogegen manche mann darauf hin, daß derartige Bemü- Fragen gehört, möchte ich nachdrück- Aussagen über den asiatischen Bud- hungen in den traditionell buddhisti- lich bestreiten. dhismus an vielen Punkten zu kli- schen Ländern kaum zu beobachten Resümierend ist festzuhalten, daß es scheehaft ausfallen. Da das Buch ganz sind. Autor, Herausgeber und Verlag gelun- offensichtlich als ein erster Einstieg Dem dialogischen Ansatz des Buches gen ist, ein gut lesbares und angenehm konzipiert ist, hätte eine etwas aus- folgend, endet dieses mit einem Ab- gestaltetes Buch zu publizieren, in führlichere Bibliographie hilfreich schnitt über das »Zusammenleben mit dem einem Laienpublikum eine leicht sein können, die denjenigen, deren Andersgläubigen«. Leider kann es sich verdauliche Einführung in einige Interesse Baumann zu wecken ver- der Autor nicht verkneifen, das frag- Aspekte der Geschichte und Lehre des stand, einen Ausgangspunkt für eine würdige Image des Buddhismus als Buddhismus zu liefern und die Situa- weitere Beschäftigung mit dem Thema einer nicht-missionierenden und tole- tion dieser Religion in Deutschland geboten hätte. z ranten Religion, die den Menschen anschaulich zu skizzieren. Daß wegen lediglich ein Angebot mache, zu stüt- der Kürze des Bändchens viele Fragen Christoph Kleine . Daß missionarischer Eifer und offen bleiben, liegt in der Natur der (Berlin, Leipzig, Marburg) gewaltsame Intoleranz gegenüber Un- Sache. An manchen Punkten hätte es

Dalai trägen zur Einführung in den Bud- »Die vier edlen Wahrheiten.« dhismus, die der in Lon- Die Grundlage buddhistischer Praxis. don im Juli 1996 gehalten hat. Der Frankfurt a. M.: Wolfgang Krüger Verlag 1999. Untertitel »Die Grundlagen des Bud- 155 Seiten (z. Zt. vergriffen). dhismus« gibt bereits Auskunft dar- Taschenbuchausgabe: über, was mit den Vorträgen beab- Frankfurt a. M.: Fischer-Taschenbuch-Verlag 2000. sichtigt wurde, nämlich die Lehrreden 154 Seiten, kt., 7,90 Euro. Buddhas über die Vier Edlen Wahr- heiten, welche vom Dalai Lama als Im Zusammenhang mit der Buddhis- und ist seitdem auch im Westen im- Ausgangspunkt für das Verständnis musrezeption im Westen gibt es wohl mer populärer geworden als Vermitt- des Buddhismus dargestellt werden, kaum eine populärere Gestalt als ler buddhistischer Kultur, vor allem für ein westliches Publikum aufzube- Tenzin Gyatso, den 14. Dalai Lama, des tibetischen , der sich aus reiten und zu erläutern. Somit handelt der in der langen tibetischen Tradition dem indischen Tantrismus entwickel- es sich hierbei nicht primär um eine der Dalai als geistiger und po- te. 1989 erhielt der Dalai Lama für wissenschaftlich differenzierte Ab- litischer Führer die Wiedergeburt des seine Bemühungen um die Rechte des handlung über die verschiedenen Aus- Avalokite4vara verkör- tibetischen Volkes sowie für sein En- prägungen buddhistischer Theorie und pert. Nach seiner Flucht aus Tibet vor gagement für die Menschenrechte den Praxis, sondern vielmehr um ein reli- den chinesischen Besatzern im Jahre Friedensnobelpreis. giös-philosophisches Selbstzeugnis 1959 hat sich der Dalai Lama im nord- Das Buch »Die Vier Edlen Wahrhei- der religiösen Autorität des tibetischen indischen Dharamsala niedergelassen ten« basiert auf einer Reihe von Vor- Buddhismus schlechthin.

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Diese allgemeiner gehaltene Einfüh- ten folgen Ratschläge für die Anwen- verwendet. Die Auswahl an weiterfüh- rung in das buddhistische Gedanken- dungen des Dharma, die sich eindeutig render Literatur – ausschließlich in gut in ihrer leicht verständlichen und an buddhismusinteressierte Laien deutscher Sprache – zeigt noch einmal erzählerischen Form hat den Charakter wenden, die eine Anleitung zur Praxis deutlich, an welches Publikum das von Erbauungsliteratur. Dabei repro- erhoffen. Buch hauptsächlich gerichtet ist, da duziert der Dalai Lama das Klischee Das Schlußkapitel ist dem Mitgefühl sämtliche angegebenen Werke dem des toleranten, für jedermann hand- als Grundlage für menschliches Glück eher praktisch orientierten Bereich habbaren, offenen und friedfertigen gewidmet. So schließt sich der Kreis »Lebenshilfe« im Zeichen östlicher Buddhismus, den er in seinen Ausfüh- am Ende des Buches wieder, denn Weisheit gewidmet sind. Informan- rungen ausschließlich von der positi- schon zu Beginn betont der Dalai tenberichte sowie Meditationsanlei- ven Seite beleuchtet, ohne auf even- Lama das Streben nach Glück und die tungen finden sich dort, wobei auffal- tuelle Widersprüche zwischen Theorie Vermeidung von Leid als allen leben- lend ist, daß die genannte Literatur und Praxis einzugehen. den Wesen gemeinsame Basis, von ausschließlich aus dem Fischer-Verlag Als religiöser Spezialist seiner eigenen der aus auch der buddhistische Weg oder dem ihm zugehörigen Krüger- tibetisch-buddhistischen Tradition seinen Ausgangspunkt nimmt. Verlag stammt. betont der Dalai Lama an verschiede- Als besonders wirkungsvoll zum Er- Rein optisch sind die »Vier Edlen nen Stellen des Buches immer wieder, reichen dieses Ziels stellt er den Pfad Wahrheiten« durchaus edel aufge- daß er die Meinung der Madhyamika- seiner eigenen Tradition, der des Va- macht und ansprechend gestaltet: an- Schule und deren Lehrmeister Nagar- jrayana, dar: gefangen vom Buchumschlag mit ei- juna vertritt (z. B. Seite 21 zum »Kurz gesagt ist eines der einzigarti- ner das Charisma des Dalai Lama voll Thema »Abhängiges Entstehen«), wo- gen Merkmale der Vereinigung von zur Geltung bringenden schwarz-weiß durch die Beschränkung des Informa- Methode und Weisheit, daß der Portraitaufnahme seines Gesichts, bis tionsgehalts bezüglich verschiedener Übende seine Auffassung von einem hin zum handlichen Format des Bu- Schulen des Buddhismus klar benannt Selbst und von der Welt zuerst durch ches und seinem insgesamt gelunge- wird. das Verständnis der Leerheit korrigiert nen Layout. In der Einleitung geht es um den Sinn und dann in Leerheit auflöst. Diese »Die Vier Edlen Wahrheiten« des von Religion allgemein und die Be- Erkenntnis der Leerheit wird dann Dalai Lama lassen sich durchaus emp- rechtigung religiöser Systeme, die laut […] als die vollkommene Form einer fehlen als eine erste Informations- Dalai Lama alle auf dasselbe abzielen: Meditationsgottheit visualisiert. Als quelle über wichtige Aspekte des »… in Wirklichkeit geht es darum, nächstes denkt der Meditierende über Buddhismus, wenngleich die Religion daß ein Mensch mit negativen Eigen- die nicht-substantielle oder leere Natur in ihrer Komplexität in diesem Werk schaften durch die Herangehensweise dieser Gottheit nach. In einem einzi- nicht berücksichtigt wird. Sicherlich dieser unterschiedlichen Traditionen gen Augenblick der Wahrnehmung bringt es der Vortragscharakter des und Systeme zu einem guten, positi- sind auf diese Weise Methode und Buches mit sich, daß viele wichtige ven Menschen werden kann. Das ist Weisheit gleichzeitig vollständig vor- Bereiche des Themas ausgespart blei- der eigentliche Zweck einer Religion handen: die Visualisation der Gottheit ben: historische Entwicklung und und auch das Ergebnis der Anwen- unter dem gleichzeitigen Verständnis Verbreitung sowie regionale Ausprä- dung von Religion. Schon allein des- der leeren Natur der Gottheit« (S. 115- gungen des Buddhismus in ihrer phi- wegen sollte man andere Religionen 116). losophisch-theoretischen und prak- respektieren« (S. 14-15). Mit den Quellenangaben nimmt es der tisch-gelebten Form bleiben weitge- In den folgenden Kapiteln erklärt der Dalai Lama nicht so genau (z. B. S. hend auf der Strecke. Dafür wird in Dalai Lama die Grundprinzipien des 107, wo er so vage Auskünfte gibt gut verständlicher Form über die Be- Buddhismus anhand der Vier Edlen wie: »In den Schriften wird Befreiung deutung der Vier Edlen Wahrheiten Wahrheiten, beginnend mit der für den durch vier Eigenschaften charakteri- informiert, vor allem aber im Hinblick Buddhismus grundlegenden Einsicht siert.«). Glücklicherweise gibt es An- auf die Praktikabilität des Buddhismus in die »abhängige Natur der Wirklich- merkungen, die erklären worauf seine für ein an der Praxis orientiertes west- keit« (S. 17), die das Entstehen der Ausführungen sich beziehen und ein liches Publikum. z Phänomene in Abhängigkeit von ihren Glossar mit einigen Erklärungen zu eigenen Ursachen und Umständen buddhistischen Fachausdrücken die er Astrid Bornhak meint: »Die Phänomene existieren, (Berlin) aber sie besitzen keine unabhängige, eigenständige Identität« (S. 22-23). Jede einzelne der Vier Edlen Wahrhei- Bernard Faure: Buddhismus. ten wird vom Dalai Lama in mehrere Bergisch Gladbach: BLT 1998. Abschnitte unterteilt, in denen er die 126 Seiten, zahlr. Abb., kt., 6,45 Euro. jeweils wichtigen Aspekte des Kapi- tels erläutert. Nach jeder Ausführung Das nur 126 Seiten starke Bändchen Der geringe Seitenumfang erzwang werden die zentralen Aussagen des des renommierten Buddhismusexper- einerseits eine außerordentlich kom- Kapitels nochmals zusammengefaßt, ten Bernard Faure trägt den irrefüh- pakte, durch informative Farbaufnah- wodurch der Vortragscharakter des renden Titel »Buddhismus«, obwohl men aufgelockerte, Darstellung des Buches deutlich wird. Den Abhand- der Text verschiedene buddhistische Themas, andererseits den Verzicht auf lungen über die Vier Edlen Wahrhei- Richtungen beschreibt. viele Aspekte, wie z. B. Aussagen

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über die Entwicklung der Buddhis- Die Unsicherheit der Quellenlage ganda in zwischen den beiden musforschung und jegliche statisti- führt zu folgender Aussage von Ber- Weltkriegen ebenso hin wie auf den schen Angaben zur zahlenmäßigen nard Faure »Es gibt keine Beweise da- Giftgasanschlag der Aum-Shinri-Kyo- und geographischen Verbreitung der für, daß der ursprüngliche Buddhis- Sekte von 1995. Er führt die Rechtfer- Buddhismen. mus so ›rein‹ gewesen ist, wie man es tigung sozialer Diskriminierungen in Die Kompaktheit des Textes bedingt gerne behauptet. Man kann auch sa- Japan an, deren Hintergrund der Kar- die Gefahr, daß wichtige Aussagen gen, daß der ›reine‹ Buddhismus […] magedanke ist und verweist auf den überlesen werden und andere sich dem nichts ist als ein reines Wunschden- Vergleich der Frauen mit Schlangen Leser nicht erschließen. Ein Beispiel ken…« (S. 62). durch Buddha. Faure bietet ein Buch dafür ist Faures Zusammenfassung der Das Buch sollte schon deshalb gelesen zum Lernen, Nachdenken und Über- von ihm zitierten ersten der vier edlen werden, weil der Autor die westliche denken an. z Weisheiten »… Geburt ist Leiden, Vorstellung eines toleranten und ge- Alter ist Leiden, Krankheit ist Leiden, waltfreien Buddhismus zerstört. Faure Christof Exner Sterben ist Leiden … kurz gesagt die weist auf die militaristische Propa- (Berlin) fünf Arten des Festhaltens sind Lei- den.« Die Zusammenfassung lautet: »Bei der ersten Wahrheit geht es um die ›unerträgliche Leichtigkeit des Bernard Faure: Buddhismus Seins‹ oder besser gesagt um die Ab- Bergisch Gladbach: BLT 1998. wesenheit des Seins…« (S. 26). 126 Seiten, teilw. bebildert, kt., 6,45 Euro. Der Text ist trotz seiner Kürze eine wahre Fundgrube zu vielen Fragen, Eine gelungene Einführung in die Thematik Buddhismus die der Leser sich stellt, wie zum Bei- spiel: Handelt es sich beim Buddhis- Bei dem hier rezensierten Buch han- Auseinandersetzung mit lokalen Kul- mus um eine monotheistische oder delt es sich nicht um den gleichnami- turen sowie der staatlichen Macht und polytheistische Religion oder ist er gen Bildband, welcher von Linde Birk dem Standort des Buddhismus in der atheistisch? Werden Götter wiederge- aus dem Französischen übersetzt heutigen Welt nachgehen. Zusätzlich boren? Gibt es Göttinnen? Was folgt wurde und 1998 im Scherz-Verlag er- zu dieser Form wartet das Buch noch aus der Planung einer Tat, was aus ih- schienen ist. Das Buch trägt den mit einem Inhaltsverzeichnis auf, wel- rer Durchführung im Karma? Ist der schlichten Namen »Buddhismus« und ches leider die einzelnen Abschnitts- als Tier Wiedergeborene noch ein wurde von Vera Thielenhaus aus dem überschriften vermissen läßt. Auch ein menschliches Wesen? Wie unterschei- Französischen ins Deutsche übersetzt. Vorwort ist vorhanden, in dem die den sich und ? Es ist der fünfte Band der Domino Zielsetzung des Buches deutlich ge- Wieso finden sich im Buddhismus au- Reihe »Modernes Wissen« des BLT- macht wird. Hiernach folgen dann die ßerordentlich freizügige Darstellungen Verlages. Die einzelnen Bände in der beiden Hauptteile. Im Anhang des Bu- der menschlichen Sexualität? Welche Reihe sind grundsätzlich gleich aufge- ches finden sich ein hilfreiches und Rolle spielen Rituale? Kennt der Bud- baut und befassen sich mit den unter- gut verständliches Glossar und auch dhismus die Beichte? Gibt es heute schiedlichsten Themen wie zum Bei- einige kurze Anmerkungen, die sich noch Neugründungen buddhistischer spiel »Das Gehirn«, »Jesus Christus« allerdings als relativ problematisch Schulen? oder »Europa und die Globalisie- erweisen, da nicht klar ersichtlich ist Der Qualität der Ausführungen steht rung«. Der Verlag bietet in dieser auf welche konkreten Textstellen sie ein Anhang gegenüber, von dem man Reihe eine große Bandbreite an, wobei sich beziehen. Eine sehr gute, über- vermuten kann, daß er nicht vom Au- er jedoch keine abenteuerlichen Expe- sichtliche und weiterführende Litera- tor selbst stammt. Das Glossar könnte rimente macht, sondern bei seiner turliste, die dem geneigten Leser das bei gleicher Seitenzahl umfangreicher Themenauswahl auf renommierte Vertiefen der Erkenntnisse deutlich sein. Die mit Seitenzahl angegebenen Autoren und Wissenschaftler zurück- erleichtern werden, ist hier ebenfalls Anmerkungen sind dort größtenteils greift. zu finden. Am Ende des Buches be- nicht zuzuordnen. Das Register ver- Auch das Buch »Buddhismus« ist in findet sich dann noch ein alphabeti- zichtet auf viele Einträge, z. B. auf der üblichen Form erschienen. So ist sches Register, welches detailliert, Wiedergeburt (Reinkarnation), Gewalt es, nach einem kurzen Vorwort, in aber nicht zu kleinlich, wichtige Be- und Abtreibung. Der Buddhismuslaie zwei Hauptteile untergliedert. Da sind griffe erklärt. Kritisch zum Register wird ohne Kenntnis des Buches nicht zum einen die ›Ausführungen zum anzumerken ist, daß durchaus rele- feststellen können, wo sich Ausfüh- besseren Verständnis‹, die sich mit vante und auch im Text auftauchende rungen zu Vollkommenheit und dem dreifachen Kleinod (Buddha, Begriffe wie zum Beispiel ›Wiederge- Wahrheit im Buch finden lassen, da Dharma, Samgha) befassen und zum burt‹, ›Seele‹ oder ›Gewalt‹ hier keine die Stichworte dazu »Sechs Voll- anderen die ›Anregungen zum Nach- Beachtung finden. kommenheiten« bzw. »Vier edle denken‹, die einen kurzen Einblick in Ich möchte nun noch etwas weiter ins Wahrheiten« und »Zwei Wahrheiten« die Inkarnationen sowie in Philoso- Detail gehen. lauten. Die Literaturangaben beziehen phie und Ritual des Buddhismus ge- Der Buchtitel »Buddhismus« vermit- sich nur auf Bücher über den Bud- ben und die darüber hinaus den Fragen telt den Eindruck, daß es hier um den dhismus, nicht auf buddhistische einer möglichen Universalität des Buddhismus schlechthin geht, was mit Quellentexte. Buddhismus als Heilsreligion, der fortschreitender Lektüre verwirrend

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN R10 B wird, da der durch den Titel entstan- Thematik befaßt hat, teilweise etwas Kritik des Autors in dieses Buch mit dene Eindruck innerhalb des Buches lückenhaft erscheint, doch der An- eingeflossen sind. Faure verbindet und widerlegt wird. Da im Buch selbst der spruch auf Lückenlosigkeit ist in die- vermittelt Wissenschaft und aktive Facettenreichtum möglicher ›Buddhis- ser komprimierten, einführenden Form Teilnahme bzw. aktives Erleben in ei- men‹ beschrieben wird, wäre ein er- sicherlich nicht das oberste Gebot ge- ner angenehmen Ausgewogenheit. klärender Untertitel durchaus empfeh- wesen. Neben der Kritik fließen Originalität lenswert gewesen. Ich komme nun zum Inhalt. Hier ist und Aktualität in das Buch ein. So Der Verlag bewegt sich mit der bereits das Buch sehr informativ und ver- führt der Autor zwar hauptsächlich erwähnten Reihe inhaltlich auf einem schafft einen schnellen und unkom- bekannte Aspekte aus – was für eine seriösen und hohen Niveau, wobei es plizierten Einstieg in das Thema. Einführung sicherlich auch empfeh- sich jedoch um keinen wissenschaftli- Auch wird der Leser an keiner Stelle lenswert ist –, aber auch einige mit Si- chen Verlag handelt. Vielmehr veröf- ›für doof verkauft‹, noch bleibt der cherheit nicht so bekannte Punkte fin- fentlicht der zur Verlagsgruppe Lübbe Autor mit seinen Ausführungen nur an den sich in den Ausführungen wieder. gehörende BLT-Verlag alles nur er- der Oberfläche. Vielmehr vermittelt Auch sind durchaus neue Thesen vor- denkliche. Ja es könnte sogar der Ein- Faure Fachwissen und durchaus auch handen (zum Beispiel bezüglich der druck entstehen, daß sich der Verlag detaillierte Fakten in einer allgemein Ordensregeln für das Kürzen der Fin- das Motto »Hauptsache viel« gewählt verständlichen Sprache, wodurch er gernägel oder für das Verbot des Ge- hat. Neben diesem möglichen Vorbe- eindeutig den Stil des Bildbandes auf- schlechtsverkehrs, S. 57), doch sind halt möchte ich auch behaupten, daß greift und weiterführt. Überhaupt fin- diese teilweise in Nebensätzen ver- viele der Unzulänglichkeiten in der det sich im gesamten Buch ein roter steckt und setzen manchmal eine Form des Buches, aber auch Druck- Faden wieder, der sich unter anderem Kenntnis bereits vorhandener Thesen bzw. Übersetzungsfehler (zum Bei- darin erkennen läßt, daß alle Teilab- voraus, die bei einem Laien nicht im- spiel ›Degon-Sekte‹ anstatt ›Kegon- schnitte deutlich mit dem Titel zu mer gegeben sein wird. Ebenso be- Sekte‹, S. 87) oder die Inkonsistenz in identifizieren sind. Auch trägt die Tat- zieht sich Faure auch auf aktuelle Er- der Schreibweise (mal chinesisch, mal sache, daß alle Abschnitte in sich ge- eignisse – so findet auch die für den japanisch) auf das Konto des Verlages schlossen und alle Unterüberschriften Giftgasanschlag in der Tokyoter U- gehen. Überhaupt wirkt alles, was der logisch nachvollziehbar sind deutlich Bahn verantwortliche Aum-Shinrikyo Verlag zu verantworten hat (zum Bei- zu einer sehr guten Kohärenz bei. So Erwähnung – und schafft damit eine spiel der Anhang) doch recht zusam- sind die wichtigsten Aspekte eingebet- gelungene Mischung aus Wissensauf- mengeschustert. Glücklicherweise tet in einen Gesamtkontext und geben frischung und Wissenserweiterung. wirkt sich das Unvermögen des Verla- einen umfassenden ersten Einblick. Aufgrund der bereits erwähnten Tat- ges kaum auf die inhaltliche Kompe- Der Autor selbst nimmt die Position sache, daß es sich bei dem Buch um tenz von Buch und Autor aus. des informierenden Wissenschaftlers eine komprimierte Einführung han- So ist vom Klappentext zu erfahren, ein. Faures Ausführungen gewinnen delt, ist es verständlich, daß einige daß es sich bei Bernard Faure um ei- durch die Tatsache, daß er für lange Aspekte ausgelassen oder nur ange- nen Fachmann und Experten auf dem Zeit in Japan gelebt hat, deutlich an dacht werden. Hierdurch kann aber Gebiet der Buddhismusforschung han- Glaubwürdigkeit und Authentizität. Er durchaus das Interesse des Lesers, sich delt. Zusätzlich zu seinen zahlreichen beschreibt neutral und sachlich und in- weiter zu informieren, geweckt wer- Publikationen in diesem Bereich un- formiert dabei mit einem wissen- den. Insgesamt ist das Buch einfach zu terrichtet er an der Universität in Stan- schaftlichen Anspruch. Auch äußert er lesen und vermittelt viel (Fach-)wis- ford, Kalifornien im Fach ›Geschichte Kritik bezüglich einiger Lehrmeinun- sen auf eine leicht verständliche und asiatischer Religionen‹. Doch trotz gen, wie zum Beispiel an der immer durch Bebilderungen aufgelockerte seiner Profession ist es ihm gelungen noch häufigen Verwendung des Be- Art. Gerade dadurch vermag es zu fes- eine verständliche Einführung in die griffs ›Hinayana-Buddhismus‹ (klei- seln. Es bleibt aber natürlich auch Thematik zu schreiben. Dadurch rich- nes oder unterlegenes Fahrzeug) für nicht ganz aus, den einen oder anderen tet sich das Buch in dieser gerafften eine der ersten Formen des Buddhis- Satz zweimal zu lesen, da eben nicht Form in erster Linie an ein Laienpub- mus, der für ihn eine negative und nur Begriffe aus der Alltagssprache likum und nicht an ausgewiesene Ex- abwertende Konnotation hat. Als ge- verwendet werden. Etwas schade ist perten. Durch die Anhäufung kompe- eigneter empfiehlt er an dieser Stelle allerdings, daß sich Faure bei der tenter Informationen ist es aber defini- den Begriff ›Nikaya-Buddhismus‹ Verwendung der Begriffe ›Hinayana‹ tiv auch für Fachleute und Wissen- (Buddhismus der Gruppen oder Schu- und ›Nikaya‹ nicht an seine eigene schaftler interessant. len). Auch die Hinweise auf Fehler Kritik hält und hauptsächlich den ne- Insgesamt ist das Taschenbuch sinn- und Vereinfachungen (eine dieser gativ beladenen Begriff ›Hinayana‹ voll aufgebaut und versucht viele in- Vereinfachungen ist zum Beispiel die verwendet. Überhaupt ist die Termino- haltliche Bereiche abzudecken. Im Aufstellung einer klaren zeitlichen logie (zum Beispiel Begriffe wie Ma- Gegensatz zum großen Bildband, der Chronologie der drei großen Bud- gie oder Mythos oder Begriffe aus der eine Einführung in alle Aspekte dar- dhismus – Schulen) machen deutlich, buddhistischen Terminologie), die im stellt, geht Faure hierbei ›nur‹ auf ein- daß es sich bei den Ausführungen Buch verwendet wird bei näherer Be- zelne, für ihn aber wohl auf die wich- Faures nicht nur um eine einfache Re- trachtung etwas problematisch. Für tigsten Teilaspekte ein. So ist es nach- produktion der Vorstellungen und Er- eine Einführung reicht das situative vollziehbar, daß es für jemanden, der fahrungen in einer bestimmten Kultur und allgemeine Verständnis für die sich bereits ausführlicher mit der handelt, sondern auch Fragen und meisten Begriffe sicherlich aus und

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R11 teilweise werden sie auch durch in Faure als Einführung sehr zu empfeh- völlig unzureichend. Die phantastische Klammern eingefügte Ergänzungen len. Es hat sich als gute und kurzwei- Tempelanlage von Borobudur legt eingängiger, doch grundsätzlich wäre lige Bettlektüre herausgestellt, die Zeugnis ab über Religiosität und eine auf den Zusammenhang bezogene durch den Erwerb des z. Zt. Leider Kosmologie um das Jahr 800 n. Chr., Definition wünschenswert. vergriffenen Bildbandes durchaus und Karl-Heinz Golzio schildert in Alles in allem ist das Ziel, das der noch ergänzt werden kann. Mit seinem verständlicher Weise Aufbau, Funk- Autor mit diesem Buch erreichen will erschwinglichen Preis vervollständigt tion und Ikonographie dieses Bau- klar zu erkennen: Er will den Leser sich das Bild eines rundum gelunge- denkmals, dessen Beschreibung im schnell und unkompliziert, auf das nen Werkes, das sowohl Laien, als Kapitel VIII,1. »Die Geschichte des Wesentliche konzentriert und ohne auch Experten ansprechen und zum Buddhismus in Malaysia und auf dem dabei unnötig zu vereinfachen infor- Kauf anregen sollte. z indonesischen Archipel« versteckt ist. mieren und in ein komplexes Thema Da zudem auf einen Wortindex ver- einführen. Und das gelingt ihm vor- Jan Foit zichtet wurde – was ob der Fülle der trefflich. Insgesamt betrachtet ist das (Berlin) Informationen, die der Autor vermit- Buch »Buddhismus« von Bernard telt, allemal beklagenswert ist – ist zügiges Nachschlagen unmöglich. Die Kapitel – gerade die mit ge- schichtlichem Schwerpunkt – sollten Karl-Heinz Golzio: um der Übersichtlichkeit willen mit Wer den Bogen beherrscht. Der Buddhismus. einigen Zwischenüberschriften aufge- München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1997. lockert werden, beispielsweise um 215 Seiten, 12 s/w Abb., 7,62 Euro. verschiedene Epochen besser zu kenn- zeichnen oder Abschnitte über bud- Zuerst ein Blick auf die Umschlagge- Korea, Japan, und so weiter). Die in- dhistische Volksgläubigkeit als solche staltung: »Wer den Bogen beherrscht« nere Gliederung der Kapitel ist jedoch kenntlich zu machen. steht da, Untertitel »Der Buddhis- sehr kurz geraten und etwas verwir- Der unvermeidliche Blick in das Ver- mus«. Im Hintergrund sitzt andächtig rend, da numerisch bezifferte Unter- zeichnis weiterführender Literatur ein meditierender Zen-Mönch. Wie punkte der Gliederung sich mal auf stimmt dagegen schon freundlicher: dieses Titelbild zustande gekommen Ausformungen des Buddhismus be- 39 Titel von 34 Autoren, was für ein ist, muß rätselhaft bleiben. Nicht daß ziehen (»Der Tantrismus«), mal auf nicht explizit als wissenschaftlich ge- es sich bei Karl-Heinz Golzios Buch bestimmte Regionen (»Der Buddhis- kennzeichnetes Werk für mehr als aus- nicht um ein Werk handeln würde, mus in Burma«). Mit in die Gliede- reichend angesehen werden muß. Die welches den Buddhismus beschreibt, rung aufgenommen – wenn auch nicht Auswahl ist teilweise hochkarätig be- aber auf den ersten (und zweiten als numerisch bezifferte Unterpunkte setzt (überflüssig lediglich: Herrigel Blick) sieht es doch so aus, als ob hier – sind neun übersetzte Originaltext- und Suzuki) und ziemlich aktuell. ein weiteres Werk für die Regale schnipsel (zum Beispiel »Die Unend- Ungenügend hingegen ist das Glossar »Lebenshilfe durch Spiritualität« oder lichkeit von Zeit und Raum. Text des mit seinen 25 Einträgen, in denen ähnliche vorliegen würde. Mönches Zong Bing aus dem Jahre selbst die Bezeichnungen der in den Erst die Inhaltszusammenfassung 433«, S. 65), die der Autor nahezu un- Kapiteln erwähnten buddhistischen rückt das Buch ins rechte Licht. Es kommentiert an für ihn passend er- Schulen und Ordensgruppen fehlen, soll »eine fundierte Einführung in Ge- scheinender Stelle einstreut, um das die im Text verwendet werden. Ein schichte und Erscheinungsformen« buddhistische Lehrgebäude zu illu- ausführlicheres Glossar würde hier gut des Buddhismus gegeben werden. Da- strieren. Anstatt diese Texte in die tun und zu einem schnelleren Ver- für ist der Indologe Karl-Heinz Golzio Gliederung aufzunehmen, wäre es ständnis führen. wohl der richtige Mann. Das Verspre- sinnvoller gewesen, sie besser in den Wer sich nicht von der sinnstifteri- chen des Verlages, den Buddhismus Kontext der Kapitel einzuordnen, da schen Titelanmutung und von der als Weltreligion verständlich zu ma- sie in der vorliegenden Form keinerlei zwar immer wieder einigermaßen leb- chen, ist in Anbetracht des Alters und Wirkung entfalten können. haften, oft aber etwas nüchternen, fak- der über Asien hinauswachsenden Be- Das Inhaltsverzeichnis schlägt einen tenorientierten Schilderungsweise des deutung des Buddhismus ein hoher Bogen um den halben Erdball, und die Autors abschrecken läßt, der entdeckt, Anspruch, dem der Autor aber – soviel beiden letzten Kapitel (Buddhismus in daß das Buch eine Fülle geschichtli- sei vorausgeschickt – trotz des ver- Europa und Nordamerika) runden den cher Informationen enthält, angefan- hältnismäßig geringen Umfangs seines Eindruck der zumindest geographi- gen bei den gesellschaftlichen Struktu- Werkes gerecht werden kann. schen Vollständigkeit ab. Kapitel ren zur Lebenszeit des historischen Zuerst ein Blick in das Inhaltsver- über, oder Hinweise auf Themen wie Buddhas in Indien bis zu den politi- zeichnis. An die Einleitung schließen buddhistische Architektur und Kunst, schen Ereignissen in Kambodscha sich zehn Kapitel an, die abgesehen Festtage oder Volksglauben sind im Mitte der 90er Jahre. von den ersten beiden (Kapitel eins: Inhaltsverzeichnis nicht vorhanden, Wo oder wann auch immer der Bud- »Zeittafel der Geschichte des Bud- was nicht heißt, daß der Autor dem dhismus für Menschen relevant war dhismus«, Kapitel zwei: »Buddha, Leser solche zum Verständnis einer bzw. ist, Karl-Heinz Golzio informiert seine Zeit, seine Lehre«) regional be- Religion unerläßlichen Informationen darüber in einigen Zeilen. Der Nutz- zogen sind (Buddhismus in China, vorenthält; nur ihre Präsentation ist wert dieses Ansatzes wird allerdings

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN R12 B durch die Geschwindigkeit relativiert, sche Geschichte chronologisch nach- Seite 92: Der Name des Berges ist mit der bisweilen durch die Jahrhun- zuzeichnen. Diesem Vorsatz folgend Minobu, nicht Minobe; derte gerauscht wird, was natürlich wird auch das Verwobensein buddhi- Seite 103: hoben ist nicht »das Voll- dem Umfang von nur knapp 200 Sei- stischer Lehren mit anderen – teils wi- bringen äußerer Leistungen« durch die ten Text geschuldet ist. Durch die dersprüchlichen – Glaubensvorstellun- Gläubigen, sondern sind vornehmlich kompakte Präsentation der Informa- gen, wie z. B. dem Nat-Kult in Burma vom Buddha erbrachte skillfull means tionen und den kaum durch Absätze, in aller Deutlichkeit ausgeführt. Auch (Michael Pye), zu deutsch »geschickte geschweige denn Zwischenüberschrif- scheut sich der Verfasser nicht, histo- Hilfsmittel«; ten, unterbrochenen Fließtext ist es rische und aktuelle Verfallserschei- Seite 121: Potala leitet sich nicht von bisweilen schwer, Wichtiges in seiner nungen des Buddhismus oder die wie Patala, sondern von Potalaka ab. Bedeutung zu ermessen. Leseprobe: auch immer gearteten Allianzen zwi- Neben dem meiner Ansicht nach – »Der Tradition nach soll König Ral- schen Buddhismus und Nationalismus trotz der Detailkorrekturen – erfüllten pa-chan den buddhistischen Mönchen zu nennen. Der vorurteilsfreie, sachli- besonderen Anspruch, Wissenslücken sehr ergeben gewesen sein, was den che Umgang mit dem Buddhismus in zu schließen (Verlagswerbung), ver- Widerstand adliger Kreise hervorrief, seinen vielfältigen Ausformungen ist blaßt der allgemeingültige Anspruch, die ihn schließlich im Jahre 838 er- sicher eine der großen Stärken des unterhaltsamen Lesegenuß zu bieten, mordeten. Ihm folgte sein älterer Bru- Buches. ein klein wenig. Nur die nicht aus- der Glang-dar-ma auf den Thron (838- Das hohe Maß an Sachlichkeit läßt schließlich an historischer Ereignisab- 842), der die buddhistische Religion allerdings die Spekulation etwas zu folge orientierten Textabschnitte, wie verfolgte, indem er Mönche laisierte kurz kommen. Während andere Auto- beispielsweise die Beschreibung des oder aus Tibet vertrieb und Tempel ren, wie Bernard Faure, in ihren Wer- Klosterlebens im alten Tibet (S.123ff.) und Statuen zerstören ließ. Nach der ken Theoriebildung betreiben und An- oder die des bereits erwähnten Boro- Überlieferung wurde dieser König von sätze liefern, um Gläubigkeit zu inter- budur-Heiligtums auf Java (S. 141ff.), buddhistischen Mönchen ermordet, pretieren, verläßt Karl-Heinz Golzio bieten größeres Lesevergnügen, da was man noch heute in den Klöstern das feste Fundament geschichtlicher unter anderem durch sie die Glau- mit dem sogenannten ›Schwarzhut- Zusammenhänge nicht. benswelt des Buddhismus verständlich Tänzen‹ feiert. Da Mord bekannter- Ebenfalls anzumerken ist die beacht- gemacht werden kann, was Karl-Heinz maßen ja eine der schwersten Verfeh- lich richtige Transkription zahlreicher Golzio auch gelingt. lungen im Buddhismus ist, rechtfertigt Pali- und Sanskrit- und der tibeti- Trotz einiger Kritikpunkte muß das man diese Tat damit, daß der König schen, japanischen und chinesischen Lob überwiegen. Wärmstens empfeh- damit vor weiteren Untaten bewahrt Namen und Wörter. Inhaltlich ist len kann ich das Buch all jenen, die worden sei, die ihn nach seinem Tod kaum eine Hand voll Fehler zu finden. ein Faible für Daten wie der Regie- unweigerlich in die Hölle geführt hät- Seite 70: Nicht Liang-Kaiser Xiao rungszeit von König Phaya Taksin ten« (S. 107/108). Yan, sondern Liang-Kaiser Wudi (Xiao (regierte 1767-1782 in Thonburi, siehe Ob diese und zahllose andere Bege- Yan war sein »bürgerlicher Name«). Seite 169) haben, solche Informatio- benheiten bedeutsam oder nur eine Seite 90: Honen Shonin ist nicht der nen werden zur Genüge geboten. Kurz Fußnote der Geschichte sind, diese posthume Name von Genku (vollstän- gesagt, für den, der an einer sachli- Einschätzung muß man sich bisweilen diger Name: Honen-bo Genku), son- chen Auseinandersetzung mit dem selbst erschließen, ausführliche Kom- dern einer seiner schon zu Lebzeiten Buddhismus interessiert ist, ist Karl- mentierungen legt Karl-Heinz Golzio gebräuchlichen Namen (Honen von Heinz Golzios »Wer den Bogen be- nur selten vor. Honen-bo + shonin, »der Erhabene«). herrscht« eine gute erste Wahl. z Der obige Textauszug zeigt auch, daß Zudem ist die Behauptung, daß Shin- es dem Autor kein Anliegen ist, Kli- ran Shonin sein Hauptschüler gewesen Sigurd Uebel schees wie das von der absoluten Ge- sein soll eine Übername der Eigendar- (Berlin) waltfreiheit buddhistischer Gläubiger stellung der Jodo-shinshu und wohl weiterzuführen, sondern die buddhisti- eine Legende;

Frank Rainer Scheck, Manfred Görgens: es gerechtfertigt sei »spirituelle Ent- Buddhismus – Schnellkurs. wicklungen von 2500 Jahren Dauer in Köln: DuMont Buchverlag 1999. einem Büchlein von nicht einmal 200 192 Seiten, zahlr. Abb., kt., 12,90 Euro. Seiten Umfang zusammenzufassen« (S. 7). Begründet wird dies mit der »buddhistischen Kulturkreises« – er Notwendigkeit eines Verständnisses »Ist es einer Weltreligion angemessen, publizierte u. a. einen Kunst-Reisefüh- »all der sich auftürmenden religiösen in einem ›Schnellkurs‹ vorgestellt zu rer über China – und Manfred Gör- Eindrücke, nicht zuletzt jenen des werden?« gens – Fotograf, Reisebuchautor, Jour- Buddhismus« (S. 7), mit denen der eu- Eigentlich nicht, beantworten sich die nalist und studierter Indologe – pro- ropäische Asienreisende sich konfron- beiden Autoren die Frage am Anfang blematisieren im Vorwort jene publi- tiert sieht. des Vorwortes selbst. Frank Rainer zistische Aufgabe eines Schnellkurses, Bei einem Blick in das Verlagspro- Scheck, bekannt als Kunstkenner des kommen jedoch zu dem Schluß, daß gramm von DuMont, fällt auf, daß der

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»Verlag für Kunst, Kultur und Reise« dem Chan bzw. Zen Aufmerksamkeit einen komprimierten geschichtlichen auch andere Weltreligionen in einem geschenkt wird. Eine Vertiefung der Überblick. Ebenso genügen Glossar, Schnellkurs abhandelt. In der 24,80 »Architektur- und Bildersprache« des Sach-, Orts- und Personenregister den DM-Reihe finden sich neben Schnell- buddhistischen Kulturkreises rundet Ansprüchen eines einführenden Nach- kursen in Architektur, Mode und Mu- das kompakte Gesamtbild ab, gefolgt schlagewerkes. Insgesamt ist es so gut sik auch solche über den Hinduismus, von einem 6 Seiten umfassenden gelungen, die Geschichte des Buddhis- Islam und das Judentum. Das Motto Schwenk über die Geschichte des mus, oder wie Bernard Faure sagen ist: »Bücher, die Spaß machen in ho- Buddhismus im Westen. Die plakati- würde, der »Buddhismen«, als Kultur- her Qualität zu kleinen Preisen. Gut ven Überschriften werden in der geschichte darzustellen, welche im di- und preiswert. Von DuMont eben!«1 Kopfzeile mit Schlagworten und -sät- rekten Wechselverhältnis zu politi- Die 22 ›Schnellkurs‹ Titel im Ver- zen kommentiert, die den Inhalt der schen und gesellschaftlichen Entwick- lagsprogramm zeigen einmal mehr, jeweiligen Seite zusammenfassen und lungen gestanden hat und auch heute wie groß das Bedürfnis nach schnellen dem Leser so eine bessere Orientie- noch steht.3 Einführungen ist, die für jedermann rung ermöglichen. Auch haben sich In der Einleitung wird der Entste- erschwinglich und verständlich sind. die Autoren viel Mühe gegeben, die hungszusammenhang des Buddhismus Daran ist ja auch erst mal nichts ver- Textpassagen adäquat zu bebildern, im wesentlichen als eine notwendige kehrt. Schließlich ist es ja ganz nett wobei der Leser insbesondere von den Erweiterung bzw. Befreiung »der Fes- und gehört zum guten Image eines ausgeprägten Kunstkenntnissen der seln von Traditionen und starren Lehr- Asienreisenden, welcher immer auch Autoren verwöhnt wird. Es ist daher meinungen« (S. 8) der vedischen Reli- einen ›kulturellen Anspruch‹ zu hegen auch auf visueller Ebene gut gelungen, gion erklärt. Diese Religion der Arier pflegt, sich neben den Informationen die Geschichte des Buddhismus einzu- wurde der Bevölkerung aufoktroyiert, über Wechselkurse und Hotelketten fangen. Auf den 192 Hochglanzseiten erklären die Autoren. Die indischen auch ein wenig Allgemeinwissen über wird der Versuch eines anspruchsvol- Völker wurden von den arischen Ein- das Land und seine Leute anzueignen. len und zugleich bunten Layouts, ähn- wanderern unterdrückt und in ein star- Aber bloß nicht zuviel, denn es gibt ja lich dem eines Reiseführers, mit den res Kastensystem gedrängt. Die spiri- so viel zu sehen auf der Welt. Aspekten von Übersichtlichkeit und tuellen Umbrüche werden als Folge In der Flut von Monographien zum Nachschlagewerk, befriedigend umge- neuer kultureller Herausforderungen Thema Buddhismus der letzten zwei setzt. Neben den vielen kommentier- dargestellt, die im Laufe des Vormar- Jahre kann der DuMont-Schnellkurs ten Farbfotos, mindestens einem auf sches der Arier gen Osten und der da- jedoch den Status einer nichterbauli- jeder Seite, wird am Seitenrand immer mit einhergehenden Begegnung mit chen populärwissenschaftlichen Ein- wieder aus den ›heiligen Schriften‹ anderen Kulturen, gegeben waren. führung für sich in Anspruch nehmen und anderen Quellen zitiert. Be- Ebenso bewirkte der Einzug der Perser und ist damit wahrlich eine Besonder- stimmte Aspekte einzelner Kapitel eine solche Öffnung des Orients. Die heit. Ein Blick in die gut gegliederte werden in deutlich markierten Ab- Begegnung mit der ›größer geworde- und äußerst umfangreiche Bibliogra- schnitten vertieft, so z. B. die Frage nen Welt‹ verlangte neue Antworten, phie kann den Rezensenten davon nach »Achtsamkeit und Meditation« welche alte Welterklärungen nicht bie- ausgehen lassen, daß sich die beiden im Zusammenhang mit den Erörterun- ten konnten. Die ›elitäre‹ Philosophie Autoren ausreichend mit dem Thema gen über den Achtfachen Pfad des vedischer Prägung habe also den Mas- auseinandergesetzt haben. Die Gliede- Mönchslebens oder eine ins Detail ge- sen nicht die Botschaft liefern können, rung orientiert sich am historischen hende kritische Beschreibung des die im Zuge der Neukonstituierung der Verlauf der Entwicklung und Ausbrei- »Mönchslebens auf Sri Lanka« im Ka- wirtschaftlichen und sozialen Ordnung tung der »Buddhismen«. Angefangen pitel über das Hinayana, in welchem vonnöten gewesen wäre. mit der Darstellung des Lebens des hi- der ritualisierte Charakter des Alltags- Der notwendige Bruch und damit Re- storischen Buddha in der Legende, leben in den Mönchsgemeinden the- formimpuls sei dann vor allem von über die frühe Lehre, hin zum Hina- matisiert wird.2 Auch die drei Zeitta- Siddharta Gautama, dem historischen yana, Mahayana, Tantrayana und dem feln zur Entwicklung des Buddhismus, Buddha vollzogen worden, bzw. von tibetischen Buddhismus. Gefolgt von welche regionalspezifisch aufbereitet der Legende seines Werdeganges vom einem gesonderten Kapitel über die werden (Südasien, Südostasien, Zen- Fürstensohn über den Asketen zum Ausbreitung in Ostasien, in welchem tral- und Ostasien), geben dem Leser ›Urgestein des Neuen‹. Der Vollstän- digkeit halber möchte ich erwähnen, daß die Autoren ihre Legendenrezep- 1 Vgl. http://www.dumontverlag.de/dumont/wir/geschichte.htm, »DuMont Buchverlag, Köln – Wir tion problematisieren und darauf hin- über uns – Verlagsgeschichte«. weisen, daß die Legendenbildung Das Verlagsprogramm von DuMont unterteilt sich in die Bereiche »Reise, Haus-Garten-Lebensart keine zuverlässige Rekonstruktion des sowie Kunst- und Fachbuch«, sowie einem jüngst gestarteten Literaturprogramm. Traditionell Lebens Buddhas erlaubt. Der Umgang prägte den Verlag ein breit gefächertes Kunstbuchpropragmm, welches heute nebst Geschenk- mit den Quellen ist also ausreichend und Reiseführern immer noch einen Schwerpunkt ausmacht. Der Verlag rühmt sich seiner viel- reflektiert. Im 2. Kapitel werden die fältigen Produktpalette (von Videos über multimediale Anwendungen auf CD-ROM) zu vielen wichtigsten Grundzüge der sog. verschiedenen Themen (3500 Titel, jährlich 300 Neuerscheinungen). ›frühen Lehre‹ erörtert. Das Konzept 2 Dargestellt wird u.a. die Schwierigkeit der sozialen Integration junger Mönche, die dem Kloster- der ›Drei Juwelen‹, Buddha, Dharma leben entsagt haben und mit einem geringen Bildungsstand kaum eine Chance auf dem Arbeits- und , aber auch der sog. ›Acht- markt haben (S. 66). 3 Vgl. Bernard Faure: Buddhismus, Bergisch Gladbach 1998. fache Pfad‹ werden einleuchtend und

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN R14 B leicht verständlich dargestellt. Ob- Obwohl die beiden Autoren anfangs Denktradition die Vorstellung einer gleich die philosophische Verortung noch auf zweifelhafte Spekulationen Unmöglichkeit des ›Paradieses auf gründlich vonstatten geht und die über die historisch nicht greifbare Fi- Erden‹ ihren Platz hat. Dies soll nur wichtigsten Facetten beleuchtet und gur des Buddha hingewiesen haben, darauf hinweisen, daß die Bewertun- auf den Punkt gebracht werden, nei- bedienen sie sich an dieser Stelle gen philosophischer Glaubenssysteme gen die Autoren immer wieder dazu, ebensolcher Spekulationen und benut- sorgfältiger vorgenommen werden den vermeintlich progressiven Charak- zen die Legende als Projektionsfläche sollten, auch in einem Schnellkurs. ter des buddhistischen Denkens in für einen die Menschheit beseelenden In den Abhandlungen über das Hina- Abgrenzung zum Christentum hervor- buddhistischen Glauben. Aus der pla- yana und die Entwicklung »von der zuheben: »Die Einstellung zum Genuß kativen Gegenüberstellung von ›We- Philosophie zur Weltreligion« wird von Rauschmitteln beweist abermals, sten‹ und ›Osten‹ kann man zwar ei- gezeigt, wie die Lehre Buddhas erst mit welcher Besonnenheit und Ein- nen wesentlichen Unterschied der bei- über die A4oka-Zeit zur Religion wer- sicht in menschliche Schwächen Bud- den Denktraditionen herauslesen, z. B. den konnte. Die Autoren haben er- dha sein Regelwerk abfaßte, denn er daß es im abendländischen Denken kannt, daß die ›Kraft der Ideen‹ für die erhebt nicht den Zeigefinger morali- keine Vorstellung von einem Zustand Entstehung und Ausbreitung des Bud- scher Bedenken, sondern hat die so- des ›Nichts‹ gibt, wie er im buddhisti- dhismus nicht unbedingt entscheidend zialen Folgen im Blick« (S. 39). schen Denken durch den Begriff des war, sondern ›weltliche Strukturen‹ Der moralische Zeigefinger beispiels- repräsentiert wird. Jedoch die Macht- und Einflußsphären des weise der katholischen Kirche, auf den wird m. E. suggeriert, daß das Men- Klerus maßgeblich mitbestimmten, so hier angespielt wird, scheint den Auto- schenbild in buddhistischen Kultur- daß in Sri Lanka auch heute noch von ren nicht zu passen. Deutlich wird hier kreisen frei sei von jedweder Tendenz einem »Opportunismus« (S. 66) der wie an anderen Stellen, daß die Heils- nach Selbstvergöttlichung, welche Mönchsgemeinden gesprochen wer- lehre des Buddhismus als Alternative vielmehr im christlich-abendländisch den kann. Auch an anderen Stellen zu christlicher Religiosität verstanden geprägten Menschenbild ausgebildet gelingt der Versuch einer verdichteten wird. Diese Position kann als Teil ei- sei. Dagegen ist einzuwenden, daß Geschichtsschreibung recht gut. Die nes Diskurses innerhalb der Buddhis- auch die Vorstellung von der ›Er- eklatantesten Mythen und Wunsch- mus-Rezeption angesehen werden, der leuchtung im Hier und Jetzt‹ im Bud- bilder über den Buddhismus werden die christliche Tradition für weniger dhismus eine Form der Selbstvergött- immer wieder enthüllt, wie etwa der heilsförderlich sieht, oder mit den lichung darstellt.6 Während umgekehrt dem Alltagsverständnis inhärente To- Worten der Autoren: »Keine andere auch in der christlich-abendländischen pos eines auf absoluter Gleichheit be- Religion der Welt hat eine solche weite Brücke zwischen dem einfachen Volksglauben und den Theorien seiner 4 Diese gewagte These taucht in dem Abschnitt über die ›volksmagischen Grundlagen‹ des - Philosophen schlagen können« yana auf, in dem das Tantra als eine Bewegung, »die sich von der Basis, dem Volksdenken aus 4 (S. 90). nach oben entfaltete« (S. 88), beschrieben wird. Ein kompliziert ausgefeiltes System von Zauber- Die philosophischen Grundlagen des sprüchen und rituellen Tänzen diene dem Kontakt mit dem Göttlichen. Der Sinn, welcher von den Buddhismus – Offenheit und Toleranz deutenden Subjekten (den Laien wie den Spezialisten) aus dieser gottnahen Bildhaftigkeit der – welche sich auf dem Konzept der magischen Praktiken gewonnen wird, korrespondiere mit den ›Theorien der Philosophen‹, die Substanzlosigkeit allen Seins gründe- eben die Existenz einer Gottheit ganz in die Hände des sie erschaffenden Menschen legen und ten, hätten in den westlichen Natur- somit eine Brücke ins Diesseits schlagen. Sicherlich mögen sich Elemente verschiedener Formen wissenschaften so manche Bestätigung des ›Volksglaubens‹ in den Überlieferungen (welche hier als Theorien der Philosophen in Stel- lung gebracht werden), vor allem den tantrischen, wiederfinden, jedoch darf dies nicht darüber gefunden. Der Vorsprung des Bud- hinwegtäuschen, daß es vielen wenn nicht gar den meisten Praktizierenden nicht um die Umset- dhismus gegenüber der abendländisch- zung einer philosophischen Lehre geht. christlichen Tradition läge besonders 5 Zu denken sei hier an die Botschaft von Fritjof Capras Tao der Physik, in der er Parallelen zwi- auch in der Bereitschaft, Wahrheit und schen der ›Neuen Physik‹, insbesondere den Erkenntnissen der Quantentheorie und der ›östlichen Wirklichkeit in einer Weise zu hinter- Mystik‹ aufzudecken versucht. Abgesehen davon, daß es einige Schwierigkeiten bereitet, von ei- fragen, wie es im Westen erst nach nem naturwissenschaftlichen Paradigmenwechsel zu sprechen, scheint die Entdeckung der Sub- dem »naturwissenschaftlichen Paradig- stanzlosigkeit und damit eine Rückkehr zur Metaphysik, eher in den Bereich der Parawissenschaf- menwechsel« (S. 183) geschehen sei.5 ten zu gehören. Bestrebungen, Religion und Wissenschaft miteinander in Einklang zu bringen, Die große Kraft des Buddhismus liege gab es in der Geschichte des Abendlandes schon vor Einstein. also in der Negation eines Anspruchs 6 Unter dem Begriff der ›Selbstvergöttlichung‹ soll hier das Bestreben eines Menschen nach eige- ner Vollkommenheit verstanden werden, welches ihm aufgrund bestimmter seelischer Kräfte von auf Wahrheit: »Der Buddhismus ist Natur aus innewohne. In vielen naturreligiösen und pantheistischen Vorstellungen wird der aus der tiefen psychologischen und Mensch als beseeltes, von kosmischen Kräften durchdrungenes Wesen aufgefaßt, in dem sich die ethischen Erfahrung eines humanitär ›göttliche Natur‹ offenbare. Ebenso findet der Begriff im Okkultismus/Satanismus Verwendung, eingestellten Menschen hervorgegan- wo von einer Selbstvergöttlichung in Folge eines totalitären Pragmatismus gesprochen werden gen, der weder Gott noch Guru sein kann. Auch wird der Begriff in Zusammenhang mit der Kritik an ›Allmachtsphantasien‹ moderner wollte, sondern sich lediglich auf eine Naturwissenschaften (Biotechnologien, Atomphysik, etc.) gebraucht. intensive, letztlich erfolgreiche spiri- Der Zustand der Vollkommenheit wird im Buddhismus zwar als ein Nichts gedacht, doch scheint tuelle Suche begeben hat. […] Der dieses Nichts ein absolutes Sein jenseits der leidvollen Welt zu versprechen. Am Beispiel der Westen suchte stets das ewige Leben, Aum-Shinrikyo-Sekte, ließe sich idealtypisch zeigen, daß sich buddhistische Elemente auch im der buddhistische Osten aber das Sinne einer vollkommenen Zweck-Rationalität, wie sie für westliche ›Selbstvergöttlichungen‹ charakteristisch ist, integrieren lassen. Siehe hierzu: Martin Repp, Martin: Aum Shinrikyo. Ein Ende der Wiedergeburt« (S. 183). Kapitel krimineller Religionsgeschichte, Marburg 1997.

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R15 ruhenden Geschlechterbildes in ›der stärker aus den Überlieferungen des einen Allgemeinplatz beschreibt: Lehre des Buddha‹. Ebenso wird das Buddha, denn aus den konkreten Aus- »Zweifellos trägt er solche Züge. Aber vom Dalai Lama geprägte durchgän- formungen einer gelebten Glaubens- allein die geschichtliche Entwicklung gig friedfertige und antiautoritäre Bild kultur bestimmt. Dies zeigt sich ein- deutet darauf hin, daß sich das Phä- des Buddhismus in der Erörterung des mal mehr im Kapitel über den Zen- nomen so nicht abtun läßt« (S. 182). tibetischen Buddhismus relativiert. Buddhismus. Nachdem ein angeblich Im weiteren Text werden dann die Zum einen wird darauf hingewiesen, ikonoklastisches Verhalten im Zen philosophischen Vorzüge des bud- daß eine solch gebrochene Spätform gelobt wird, betonen die Autoren sei- dhistischen Denkens gelobt. Der Durst der Religion und deren Oberhaupt nen ›anti-ritualistischen‹ Charakter, nach unmittelbarer Erfahrung, der sich nicht, wie es häufig im Westen zu der an die Stelle eines bestimmbaren nicht nur in diversen Extremsportarten gelten scheint, den Buddhismus über- festgeschriebenen Weges zum Satori sondern auch auf dem neuen religiö- haupt repräsentieren kann. Zum ande- (Erwachen) eine spontane unmittel- sen Markt offenbart, ist zwar in erster ren werden die politischen Verflech- bare Erfahrung setze. An dieser Stelle Linie Ausdruck eines breiten religiö- tungen des Lamaismus aufgezeigt, kann nur auf die Arbeiten von Bern- sen Bedürfnisses, welches von den etwa die Herausbildung einer Theo- hard Faure und Robert Sharf verwie- Verwertungszusammenhängen kapita- kratie ab 1617 unter Lozang Gyatso, sen werden, welche die Betonung der listischer Gesellschaften nicht aufge- dem sog. ›Großen Fünften‹ (S. 116 ff.). ›unmittelbaren Erfahrung‹ als Produkt löst werden kann. Jedoch sollte dies Der tibetische Buddhismus kommt einer modernen Laienbewegung ana- nicht zu einer Kapitulation der Sozial- nicht gut weg, wenn die Autoren lysieren, die mit der klösterlichen und Kulturwissenschaften führen, schreiben: »Der Buddhismus an der Tradition nicht übereinstimmt.9 Hier diese Phänomene ideologiekritisch weltlichen Macht hat sich in seinen ti- enttäuschen die beiden Autoren und betrachten zu können. So sollte die betischen Jahrhunderten als zivilisa- stellen m. E. das gesamte Werk in weiter oben gestellte Frage, nach der torisch weithin desinteressiert erwie- Frage. Ohne ihnen eine Nähe zur er- ›Modeerscheinung Buddhismus‹ (mit sen.« baulichen New Age Rezeption vor- ihrer Rhetorik der unmittelbaren Er- Demgegenüber begeben sich die Au- werfen zu wollen, muß abschließend fahrung, derer sich auch DuMonts toren auf einen schmalen Pfad, wenn festgestellt werden, daß die Fokussie- Schnellkurs bedient) klar beantwortet sie »die indische Urlehre des Buddha« rung auf die anti-ritualistischen, fried- werden: Gerade der Buddhismus im (S. 106) für authentisch, repräsentativ lichen und toleranten, kurzum ver- Westen trägt nicht ›zweifellos auch‹ und wesentlich halten. Obwohl den meintlich menschlicheren Züge des sondern wesentlich solche Züge. Er ist Alltagspraxen der Gläubigen gerade Buddhismus, die in Abgrenzung zu als ein ideologisches System zu ver- im Abschnitt über den Mahayana viel anderen Weltreligionen hochgehalten stehen, ein System von Vorstellungen Aufmerksamkeit geschenkt wird und werden, schier unerträglich ist. Scheck über das imaginäre Verhältnis der In- immer wieder die Brüchigkeit in und Görgens reproduzieren damit ein dividuen zu ihren realen Existenzbe- Umsetzung und Bedeutung der ›reinen idealisiertes Bild des Buddhismus, dingungen, welches sich in diesem Lehre‹ in den Ausführungen angespro- welches sich im Zuge der ›Missions- immensen Durst nach unmittelbarer chen wird, lassen sich die Autoren in bestrebungen‹ des Dalai Lama im Erfahrung ausdrückt und in vielen ihren Bewertungen noch zu sehr von Westen immer größerer Beliebtheit er- neu-buddhistischen Meditationsstüb- einer Ideengeschichte des Buddhismus freuen kann und die hiesigen buddhi- chen zu einer rituellen Praxis findet. faszinieren, indem sie immer wieder stisch-religiösen Märkte florieren läßt. Der Asienreisende, der sich in Thai- dezidiert auf eine vermeintlich reine Im Kapitel über den ›Buddhismus im land oder Japan nach den buddhisti- Urform der Lehre, welche dann nach Westen‹ stellen die Autoren zwar die schen Strahlemännern umschaut, und nach degeneriert sei, positiv Be- richtige Frage, ob »der Buddhismus im sollte sich nicht enttäuschen lassen zug nehmen.7 So schreiben sie über Westen nun lediglich eine Modeer- wenn er sie selten findet. Wenn er sie die Sekte SGI (Soka Gakkai Interna- scheinung, eine konsumorientierte findet wird er erfahren müssen, daß tional)8: »Damit ist ein Extrem er- Idee zur Bewältigung materieller oder für sie der Buddhismus Alltagspraxis reicht, das sich kaum weiter von der psychischer Probleme« (S. 182) sei. ist und weniger eine gelebte Philoso- Lehre des historischen Buddha entfer- Die darauf folgende Sowohl-als-auch- phie des Glückes. z nen kann« (S. 144). Antwort ist enttäuschend, weil sie Das Wesen des Buddhismus wird nicht weiter ausgeführt wird und nur Robert Pelzer (Berlin)

7 Jene religiöse Rhetorik, in der man sich als alleiniger Vertreter der (einen) wahren, ursprüngli- chen und reinen Heilslehre sieht, ist häufig bei sog. Neuen Religiösen Bewegungen anzutreffen. Auf diese Weise werden bestimmte Traditionen für sich allein beansprucht. 8Die Soka Gakkai International war die Laienorganisation der Shoshu, einer japanischen Schule des Mahayana-Buddhismus, welche sich als höchste und einzige Religion in der Welt be- zeichnet. Die im Westen erfolgreich missionierende Soka Gakkai International zeichnet sich in der Praxis durch das sog. ›Chanten‹, d. h. das Rezitieren des »Namu-myoho-renge-kyo« und von anderen Teilen des Lotus- aus. 9 Vgl. Robert Sharf: » and the Rhetoric of Meditative Experience«, in: Nu- men, Vol. 42, 1995, und Bernard Faure: The Rhetoric of Immediacy, A Cultural Critique of Chan/Zen Buddhism, Princeton 1991.

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Daisetsu Teitarô Suzuki japanische Schriftzeichen auf dem Die große Befreiung. Deckblatt, könnte man denken, es han- Einführung in den Zen-Buddhismus. dele sich um ein Reparaturhandbuch Bern, München, Wien: O. W. Barth 171999. für Autos. 190 S., kt., 14,45 Euro. Schade, daß auch jegliche Lebensda- ten, sowohl über Suzuki, als auch über Zen – der Weg zur Befreiung? den Autor des immerhin 30 Seiten Ein Versprechen das es zu überprüfen gilt umfassenden Geleitwortes C. G. Jung, fehlen. Will man beide Autoren ein- Viele Menschen im Westen erhoffen Übersetzung zuletzt im Jahr 2001 in ordnen, ist man demzufolge auf Zu- sich von östlichen Religionen, insbe- der 18. Auflage. satzliteratur angewiesen. Ebenso ver- sondere buddhistischen Schulen, eine Daisetsu T. Suzuki (1870-1966) war säumt es der Verlag, eine Einleitung wie auch immer geartete Veränderung ein japanischer Gelehrter und Zen- oder einen Kommentar zum Inhalt ihres Lebens zum Positiven. Da nie- Meister und gilt, folgt man Heinrich sowie einen Hinweis, an welchen mand so richtig weiß, wie das gehen Dumoulin, als »der Pionier […] dem Adressaten sich das Buch richtet, hin- soll, die alltäglichen Pflichten und der Brückenschlag zwischen Ost und zuzufügen. Es bleibt daran zu erin- Zwänge abzustreifen und in einen Zu- West in einzigartiger Weise gelungen nern, daß das Buch 2001 immerhin in stand endloser Harmonie zu verfallen, ist«7. Suzuki studierte zunächst Philo- der 18. Auflage erschienen ist, was stellen wohlwollende Meister soge- sophie, Indologie, Sinologie und west- eine große Popularität vermuten läßt. nannten östlichen Geistes ihr Können liche Sprachen. Während seines Hoch- Die als Erbauungsliteratur einzuord- und Wissen unerfahrenen Schülern schulstudiums hatte er erste Kontakte nende 190 Seiten umfassende Lektüre westlichen Geistes1 zur Verfügung. mit dem Zen-Buddhismus und ging wird mit einem Vierzeiler des deut- Solches wollte wohl auch Yoko Josef anschließend zum Zen-Training in das schen Mystikers, Jacob Böhme (1575- Hartl, Schüler des japanischen Lehrers Rinzai–Kloster Engakuji in Kama- 1624) eingeleitet. Am Ende des Bu- Reinunken Shue Usami2, wenn er kura. Nach einem erneuten Studium ches befinden sich Anmerkungen, die schreibt: »Ich konnte üben. an der Keio-Universität, ging er nach 3 ½ Seiten umfassen. In dieser Mi- Aber warum wollte ich das unbedingt? Amerika8, wo er eine »religiös ge- schung aus Sachregister und Glossar Ich mußte es einfach, da es daneben sinnte, der östlichen Geistigkeit offene werden lediglich 24 Worte erklärt, nur den Suizid als Ausweg aus einer Amerikanerin«9 heiratete. Fast 40 was viel zu wenig ist. Ein vollständi- Geisteskrise gab. Entweder die im Jahre lebte er in Amerika und lehrte ges Sachregister, sowie ein Literatur- Buch besprochene Erleuchtung dort an der Yale- und Columbia-Uni- verzeichnis fehlen völlig, und auch schnell, perfekt und wirklich erlangen versität10. das sehr grob gegliederte Inhaltsver- oder das Ende. Ich besaß keine Kraft Nun ist der Titel Die große Befreiung, zeichnis läßt darauf schließen, daß das mehr, mein Leiden weiter zu tragen. ein Versprechen, daß es bei der Lektü- Buch nicht den Anspruch hat, wissen- Also sitze ich, weil ich keine andere re des Buches zu überprüfen gilt. So schaftlich zu sein. Positiv fällt auf, daß Möglichkeit sehe, erkanntem Leid zu tritt sehr schnell Ernüchterung ein, am oberen Rand jeder linken Seite entrinnen.«3 In dieser Hoffnung liegt kommt man erst einmal dahinter, klein gedruckt steht, in welchem Kapi- wohl eine der Ursachen für das große welch verworrenen und mühsamen tel man sich gerade befindet und auf Interesse an asiatischen Religionen im Weg man zu gehen hat, um das sa- jeder rechten Seite, welcher Schwer- Westen. Die Flut an östlicher, meist tori11 zu erreichen. Aber zuvor steht punkt erläutert wird. Negativ bleibt buddhistisch orientierter Literatur auf noch eine andere Enttäuschung an. anzumerken, daß sämtliche Zitate dem westlichen Markt beweist dies Das vom O. W. Barth Verlag heraus- ohne Literaturangaben und ohne Lite- zureichend. Zen ist in Amerika späte- gegebene Taschenbuch ist trotz des raturverzeichnis aufgeführt werden. stens seit der Weltausstellung in Chi- Preises von 29,90 DM (jetzt 14,45 Aus dem Geleitwort des Psychoanaly- cago auf der der aus Japan kommende Euro) äußerst schmucklos gestaltet. tikers C. G. Jung läßt sich eine hohe Shaku Soen, ein Zen-Meister der Rin- Wäre da nicht das exotisch wirkende Affinität zum Zen-Buddhismus erken- zai-Schule 1893, auftrat, ein Begriff. Daisetsu T. Suzuki, ein Schüler von Soen Shaku, kam einige Jahre später 1 Wobei niemand so richtig weiß, was mit östlichen oder westlichen Geist gemeint ist. Außerdem nach Amerika. Er stellte sich der Auf- bliebe in jedem Falle die Frage zu klären, ob der Unterschied, so er vorhanden ist, wirklich gene- gabe, »dem westlichen Bewußtsein tisch oder nicht vielmehr sozial bedingt ist. Siehe dazu auch: M. Pye: »Suzuki Daisetsu«, in: Japa- nisches Kulturinstitut Köln (Hg.): Kulturvermittler zwischen Japan und Deutschland, Frankfurt Mahayana-Buddhismus und Zen zu 4 a. M. 1990, S. 176. vermitteln« . Hier entstanden Suzukis 2 Vgl. Yosef Hartl: »Mushotoku: ›Nichts erlangen‹«, in: Peter Riedel (Hg.): Ursache und Wirkung, »grundlegende Bücher während der Zeitschrift für Buddhismus, 8.30 (1999), S. 43. 5 20er und 30er Jahre«. Die große Be- 3 Ebd., S. 42. freiung, Einführung in den Zen-Bud- 4 Pye: »Suzuki Daisetsu«, S. 168. dhismus zählt zu dem »überaus rei- 5 : Zen im 20. Jahrhundert, München 1990, S. 16. chen literarischen Schaffen Suzukis«6 6 Ebd., S. 17. und ist erstmals 1934 in englischer 7 Ebd., S. 16. und 1938 (Leipzig) in deutscher Spra- 8 Vgl. ebd., S. 16. che erschienen und wird seither immer 9 Dumoulin: Zen im 20. Jahrhundert, S. 16. 10 Vgl. Das große DATA BECKER Lexikon 2001. wieder neu aufgelegt; in deutscher 11 Satori: jap. Bez. für die Erleuchtung oder das Erwachen.

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R17 nen. Obwohl er anmerkt, daß es für sowie die Rolle dieser Begriffe im Zen bei der man Gutes tun soll »ohne den das »westliche Verständnis« (S. 9) Buddhismus. Schatten eines Gedankens an Dank kaum möglich ist, »östliche religiöse Im Verlauf der Lektüre tun sich dem und Anerkennung« (S. 183). Diese Vorstellungen« (S. 9) zu begreifen, aufmerksamen Leser viele Widersprü- geheime Tugend vergleicht er mit Je- wagt er sich daran, dem Europäer Be- che auf. Nun nimmt Suzuki dem Re- sus Worten: »Wenn du aber Almosen griffe wie satori zu erläutern. Wenn er zensenten schnell den Wind aus den gibst, so laß deine linke Hand nicht beispielsweise schreibt, daß es »sich Segeln, wenn er selbst auf seine Wi- wissen, was die rechte tut, auf daß (bei satori) nicht um mystifizierende dersprüche hinweist, die jedoch so Su- dein Almosen verborgen sei« (S. 183). Geheimniskrämerei, sondern um ein zuki, mit dem Zen in Einklang zu ste- Ist diese praktische Zen Übung einer Erlebnis, das allen die Sprache ver- hen scheinen, ja sogar gewollt sind. religiösen Vorschrift nicht sehr nahe? schlägt« (S. 12) handele und weiter: Die Hauptaussage des Buches scheint Auf der einen Seite sagt Suzuki, daß »Satori kommt als ein Unerwartetes, zu sein, daß Zen nicht rationalistisch es im Zen keine »grundsätzliche Lehre nicht zu Erwartendes« (S. 12-13) oder faßbar ist. Nach Suzuki ist Zen oder philosophische Basis« (S. 50) satori ist »eine Ablösung des Ich »ausdrücklich kein System, das sich gibt und alle Lehren aus dem eigenen durch das Selbst« (S. 17), bleibt je- auf Logik und Analyse gründet« (S. Inneren kommen (S. 50). Auf der an- doch zu hinterfragen, ob sich daraus 49). Zen ist eine praktische Übung, die deren Seite nennt er aber, als er das ein klareres, eindeutigeres Verständnis aus Meditation und besteht. Bei Mönchsleben beschreibt, fünf Zen- des Begriffes ergibt. Jung versucht, erfolgreicher Durchführung (und das Bücher, die die Mönche bei den tägli- aus seiner Position als Psychoanalyti- kann Jahre dauern oder nie eintreten) chen Vorlesungen hören. So z. B. das ker heraus Zen zu beschreiben und führt diese zum Ziel der Erleuchtung, Rinzairoku, das »eine Sammlung von vergleicht beide Praktiken, Zen und satori genannt. Niemand, der satori Reden und Aussprüchen des Begrün- die Psychoanalyse, miteinander. Dabei nicht selbst erlebt hat, wird, so Suzuki, ders der Rinzai-Zen-Schule« (S. 176) stellt er das Arzt-Patienten Verhältnis je begreifen oder auch nur eine Ah- darstellt. Aus dem »eigenen Inneren« dem Meister-Schüler Verhältnis ge- nung davon haben, was damit gemeint kommt der Inhalt dieses Buches wohl genüber. Er schränkt zwar ein, daß ist. Selbst wenn man denkt, daß man kaum, und wo ist da eigentlich noch eine direkte Übertragung des Zen auf es verstanden hat, scheint dies ein der Unterschied zu anderen religiösen westliche Verhältnisse nicht möglich Trugschluß zu sein, denn Suzuki sagt: Lehrbüchern? Weiter hinten spricht er sei, zeigt sich aber sichtlich beein- »Wie schwer und doch wie leicht ist dann selber von der »Feinheit der Zen- druckt von der »östlichen Methode der die Wahrheit des Zen zu verstehen! Lehre« (S. 180), in die die Mönche seelischen ›Heilung‹, d. h. Ganzma- Schwer, weil sie verstehen, sie nicht einzudringen versuchen. Ebenso ver- chung« S. 33-34), die er dem Zen of- verstehen ist; leicht, weil sie nicht wundert es in diesem Zusammenhang, fensichtlich zuspricht. Jung positio- verstehen, sie verstehen ist« (S. 105). wenn Suzuki über die »tiefe und feine niert sich in seinem Geleitwort klar Eigentlich müßte man, aus Sicht einer ›Metaphysik‹ der Mönche« (S. 172) gegen den »rationalistischen Intel- Religionswissenschaft, die sich nur in- spricht oder wenn er das satori mit lekt«(S. 33) des »kleinmütigen Euro- sofern mit der Religion beschäftigt, den Worten beschreibt: »religiös ge- päers« (S. 37) und für den offenen zur wie diese empirisch faßbar ist, nun das sehen, ist es eine Wiedergeburt« (S. Ganzwerdung hin orientierten Osten Buch sofort beiseite legen. Welche 132). (»Trotzdem ist die Irreligiosität (S. 37). Schon der chinesische Histo- Methode bleibt hier noch anzuwen- im Zen nur scheinbar. Wer echt reli- riker Hu-shih kritisiert Suzukis man- den? Suzuki beschreibt etwas, was ra- giös ist, wird zu seinem Erstaunen fin- gelndes Geschichtsverständnis.12 Nach tional nicht verstanden werden kann den, wieviel Religion in solchen bar- einer sage und schreibe zweieinhalb und vom westlichen Geist, was immer barischen Erklärungen des Zen zu fin- Seiten langen Beschreibung der Tradi- das auch sein mag, gleich gar nicht. Es den ist«; S.52) Am Ende des Buches tionslinie des Zen, in der Suzuki auf bleibt lediglich der Versuch, zu be- angelangt fällt es scher, Suzuki die sehr zweifelhafte Weise den Mahaya- schreiben, wie beschrieben wird. Behauptung abzunehmen, daß Zen na-Buddhismus, »als die entwickelte Der interessante Widerspruch, ob Zen keine Religion sei. Ähnliche Wider- Form des Buddhismus« (S. 39) (in Religion ist oder nicht, ist es Wert, sprüche lassen sich beispielsweise in Abgrenzung zum Hinayana) be- näher beleuchtet zu werden. »Zen«, so der Aussage finden, daß Zen »alle schreibt, kommt der Autor ohne große Suzuki ausdrücklich, »ist keine Philo- lehrmäßige Autorität leugne« (S. 50) Umschweife zum eigentlichen Thema. sophie und auch keine Religion« (S. und in der Diskussion, ob Zen Bud- Sein Anliegen ist es, dem Leser zu 51). Einige Seiten weiter ist jedoch zu dhismus ist oder nicht. vermitteln, was Zen ist, bzw. was er, lesen: »Zen […] ist […] der Geist aller Eine weitere Schwierigkeit, das Buch Suzuki, darunter versteht. Dabei be- Religion und Philosophie« (S. 59). zu beurteilen, liegt in dem Begriffs- müht er sich mit Vorurteilen, wie dem, Auch vergleicht Suzuki häufig das wirrwarr Suzukis. Um nur einige Bei- daß Zen nihilistisch sei, aufzuräumen. Christentum mit dem Zen und bedient spiele zu nennen: Er schreibt selbst, Er erläutert, was man unter koan13 sich bei der Beschreibung des Zen re- daß ihm nicht ganz klar ist, was mit versteht, wie man satori erlangt und ligiöser Begriffe. So beschreibt er der »buddhistischen Idee« von der die Besonderheit der Zen-Meditation »geheime Tugend«, als Zen Übung, »grenzenlosen Leerheit« gemeint ist (S. 57), verwendet den Begriff aber zur weiteren Erläuterung des Zen we- nige Zeilen darunter selbst, ohne nä- here Begriffsbestimmung. Am schwie- 12 Vgl. H. Dumoulin: Zen im 20. Jahrhundert, München 1990, S.18. 13 Bezeichnung für Aussagen von Zen-Meistern, die als Meditationsobjekt verwendet werden. rigsten jedoch scheint es, die Begriffe

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Dhyana, Zen und Zazen zu erfassen. bei eine persönliche Erfahrung ma- zu geben, da es da anscheinend kein Mal werden sie gleichbedeutend ver- chen würde, vermag ich nicht zu sa- richtig oder falsch gibt. wendet und mal werden sie deutlich gen. In den Zen-Buddhismus eingeführt voneinander abgegrenzt, mal der eine Um zu dem vielversprechenden Titel fühle ich mich eigentlich nicht, da das mal der andere als Oberbegriff ver- zurückzukehren: Könnte ich mir vor- anscheinend auch nicht möglich ist. wendet (S. 133, 137, 139, 140). An stellen, durch den im Buch beschrie- Doch laut Suzuki ist Zen der Alltag dieser Stelle wirkt sich das mangel- benen Weg zur Erlösung befreit zu und den habe ich natürlich auch. z hafte Glossar ganz besonders negativ werden? Wohl kaum, höchstens von aus. Es erscheint fast unmöglich, Su- der Angst, auf die Frage was Zen- Anke Wieland zuki auf eine Aussage festzulegen. Buddhismus ist, die falsche Antwort (Berlin) Aber das ist ja gerade sein Anliegen, er sagt: »Zen spottet jeder Begrifflich- keit« (S. 54). Was dem Leser als di- plomatischer Schachzug erscheinen Volker Zotz mag, ist das Ziel Suzukis. Zen ist eben Auf den glückseligen Inseln. nicht faßbar, außer, man hat es selbst Buddhismus in der deutschen Kultur. erfahren. Ist letzteres schon schwer Berlin: Theseus-Verlag 2000. oder gar nicht nachvollziehbar, so ma- 400 Seiten, geb., 35,00 Euro. chen es die schön klingenden Aussa- gen Suzukis über Zen auch nicht Die wachsende Zahl von Büchern über zu Europa und Asien, denn er versteht leichter. Hier einige Kostproben: »Zen den Buddha, über Zen oder buddhisti- die Rezeption des Buddhismus in ist Donner und Blitz, Frühlingsblume, sches Denken, die Popularität des Deutschland als Bestandteil der Be- Sommerhitze und Winterschnee; ja Dalai Lama oder des vietnamesischen ziehung zwischen Asien und Europa. mehr als das, Zen ist der Mensch« (S. Mönches Thich Nhat Hanh, buddhisti- Einerseits stellt er fest, daß die jewei- 59) oder »beruht die Einzigartigkeit sche Praktizierende wie auch das viel- ligen okzidentalen Bilder von Asien des Zen, wie es in Japan geübt wird, fältige Angebot von Waren und Ac- »Europa« als Projektionsfläche für auf der systematischen Zucht des cessoires mit einem buddhistischem Ängste und Sehnsüchte dienten (S. Geistes […] Was einst im Himmel Flair verweisen auf die Bedeutung und 17); andererseits postuliert er den war, Zen hat es zur Erde gebracht« (S. die Aktualität, die der Buddhismus in »Pluralismus« und die »Selbstgenüg- 59). An dieser Stelle sei nochmals er- der deutschen Kultur gewonnen hat. samkeit« Asiens. Zu hinterfragen innert, daß nach Suzuki, Zen keine Der Philosoph und Kulturhistoriker wäre, ob es zulässig ist, den vielfälti- Religion, also »frei von […] dogmati- Volker Zotz setzt sich in dem Band gen Gesellschaften und Kulturen, die schen und ›religiösen‹ Lasten« (S. 50) Auf den glückseligen Inseln. Buddhis- sich hinter der Bezeichnung »Asien« ist. mus in der deutschen Kultur mit der verbergen, ein gemeinsames Merkmal Abschließend bleibt zu fragen, ob die Geschichte der Beziehung zwischen wie »Selbstgenügsamkeit« zu unter- eigene Erfahrung des Zen Suzuki die Buddhismus und deutscher Kultur stellen, bei der es sich im übrigen eher Fähigkeit gibt, etwas nicht Beschreib- auseinander. Um den vielfältigen um eine subjektive Zuschreibung als bares zu beschreiben. Diese Frage Aspekten der Beziehung gerecht wer- um ein Charakteristikum geographi- scheint sich auch C. G. Jung gestellt den zu können, beschränkt der Verfas- scher Einheiten handelt. Wünschens- zu haben, wenn er in seinem Geleit- ser sich nicht auf eine Einzeldisziplin wert wären bereits hier auch Hinweise wort sagt, daß man Suzuki dankbar wie etwa der Religions- oder Litera- auf die Debatte um den Orientalismus sein muß, » daß er das Zen dem west- turgeschichte, sondern versteht die gewesen, auf die der Autor erst auf der lichen Verständnis nahegebracht hat, Rezeption des Buddhismus in der Li- vorletzten Seite zu sprechen kommt. und zweitens für die Art und Weise, teratur, Kunst und Philosophie, das In einem weiteren einleitenden Ab- wie er sich dieser Aufgabe entledigt« Bekenntnis zum Buddhismus, die Be- schnitt mit dem Titel »Was heißt deut- (S. 9) hat. Dem zweiten Punkt C. G. geisterung etwa für Tibet oder Zen sche Kultur?« führt der Verfasser aus, Jungs, dem Lob, wie Suzuki sich die- sowie seine Beachtung in den Medien daß die deutsche Kultur von einem ser Aufgabe entledigt hat, kann ich als Teile eines zusammenhängenden Streben nach »dem Heil einer Ganz- mich nur anschließen. Mein »westli- Gesamtphänomens (S. 13). Bezüglich heit« geprägt sei (S.37). cher Geist« scheint vom »logischen der Beziehung zwischen Kultur und Im ersten Kapitel diskutiert Zotz mög- Dualismus«, um mit Suzuki zu spre- Buddhismus ragt die deutsche Situa- liche Einflüsse buddhistischen Den- chen, so sehr durchdrungen zu sein, tion nach Ansicht von Zotz heraus: In kens auf die antike Philosophie und daß mein Verstand sich weigert etwas Deutschland reflektierte man Bud- fährt fort mit ersten Berührungen Eu- nicht Begreifbares einschätzen zu wol- dhistisches »tiefer«, »ließ es von stär- ropas mit den Religionen aus Asien, len oder zu können. Ohne religions- kerem Einfluß auf Denken und Litera- wie etwa in der deutschen Philosophie wissenschaftlichen Boden zu verlas- tur werden« (S. 14). Diese Annahme und in der Romantik. Ausführlich sen, scheint mir demzufolge kein in- gilt es zu überprüfen, läßt der Verfas- widmet sich der Verfasser im zweiten haltliches Urteil möglich. Einen ge- ser doch zunächst offen, mit welchen Kapitel dem ersten deutschen »Bud- wissen Reiz möchte ich dem Buch Su- Maßstäben die »Tiefe« einer Reflek- dhaisten« (1788- zukis trotzdem nicht absprechen, denn tion gemessen werden kann. 1860), dessen Bedeutung für das Bild wie mein Urteil aussehen würde, wenn Den einzelnen Kapiteln vorangestellt vom Buddhismus, das sich im deut- ich selbst ein sesshin erleben und da- formuliert der Verfasser fünf Thesen schen Sprachraum und in ganz Europa

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002. UCHBESPRECHUNGEN B R19 zu bilden begann, »kaum überschätzt rührungspunkte überzeugend zu bele- acht. Den Vorstellungen, die sich werden kann« (S. 75). Bereits in der gen und liefert somit einen wichtigen seine deutschsprachigen Rezipienten Lehre Schopenhauers, der sich zum Beitrag zur Klärung dieser schwieri- vom Buddhismus machten, fehlte das Buddhismus bekannte, sei ein rassisti- gen Beziehung. Das Kapitel über den »Korrektiv durch die Praxis«, wie sches Programm angelegt, das, wie der Buddhismus und sein Verhältnis zum Zotz schreibt. Hier wäre es wün- Verfasser an weiteren Beispielen aus- NS-Staat, in dem sich Zotz auch der schenswert gewesen, wenn der Autor führt, eines der konstituierenden Ele- Frage zuwendet, inwiefern Ansätze zu auf die buddhistische Praxis, auf die mente deutscher Buddhismus-Rezep- faschistischen Anschauungen bereits Bedeutung der buddhistischer Lehre in tion wurde (S. 81). Mit der Bedeutung in der buddhistischen Lehre selbst an- der sozialen und politischen Realität in des Buddhismus im Kontext europäi- gelegt sind, gehört ohne Zweifel zu den Ländern Asiens näher eingegan- scher Philosophie und Religionskritik den innovativsten Abschnitten des gen wäre. Auf diese Weise hätte deut- setzt sich der Autor im dritten Kapitel Bandes. lich werden können, wie sich Lehre am Beispiel der Buddhismus-Rezep- Weitere Kapitel beschreiben die Ein- und Praxis gegenseitig bedingen, tion des Historikers Karl-Friedrich flüsse und Verarbeitung buddhisti- durchdringen und beeinflussen. Da Köppen (1808-1863), des Jesuiten Jo- schen Gedankengutes in der deutsch- diese Hinweise fehlen, bleibt die seph Dahlmann (1861) und Friedrich sprachigen Literatur, die Bedeutung, Frage offen, wie das deutsche Ver- Nietzsches auseinander. die der Gestalt Buddhas von Literaten, ständnis des Buddhismus schließlich Das vierte Kapitel beschreibt die er- Philosophen und religiös Suchenden einzuschätzen ist – als bloße Phanta- sten buddhistischen Gemeinschaften beigemessen wurde, und die Interpre- sterei, als fehlgeleitete Interpretation in Deutschland, erörtert den gesell- tation grundlegender buddhistischer oder als Weiterentwicklung der bud- schaftlichen Hintergrund, vor dem sie Begriffe wie Wiedergeburt und Nir- dhistischen Religion in ihrer asiati- entstanden, und stellt wichtige Per- vana. Im Schlußwort faßt der Autor schen Ausprägung. Schuldig bleibt der sönlichkeiten vor, wie etwa Karl Sei- einige gemeinsame Merkmale der Verfasser auch die Antwort auf die denstücker (1876-1936), Gründer des Buddhismus-Rezeption in Deutsch- Frage, inwiefern die Reflektion des Buddhistischen Missionsvereins für land zusammen. Wie der Verfasser Buddhismus in Deutschland sich Deutschland, Paul Dahlke (1865- ausführt, ist es vor allem die Offenheit durch eine besondere »Tiefe« aus- 1928) und Georg Grimm (1868-1945). der buddhistischen Lehre, der »dialek- zeichnet. Wie Zotz zeigt, wandten sich etliche tischen Bruchstelle vom Sein zum Der Verfasser spielt auf den Abschnitt der maßgeblichen Gründer der frühen Nichtsein« entspringend, die es er- »Auf den glückseligen Inseln« aus deutschen Buddhismus-Bewegung möglicht, sie auf vielfältige Art und Friedrich Nietzsches »Also sprach Za- nach einer buddhistischen Phase wie- Weise zu interpretieren (S. 345). So rathustra« an, macht jedoch nicht der dem Christentum zu, ein Umstand, sahen viele ihrer deutschen Rezipien- deutlich, warum er diesen Titel für die der von der Forschung bislang kaum ten sie als Gegenstück zu westlichem Beschreibung deutscher Buddhisten beachtet worden sei (S. 155). Deut- Denken; manche schätzten den Bud- gewählt hat. Versteht der Verfasser die sche Buddhisten, die sich nach Asien dhismus daher als Gefahr ein, andere deutsche Buddhismus-Rezeption als aufmachten, um den Buddhismus in sahen in ihm ein Heilmittel (S. 346). selbst erwählte elitäre Enklave, inter- seiner sozialen Realität kennenzuler- Offen bleibt, so Zotz, ob die gegen- pretiert er sie als ortsbezogenes nen, beschreibt das fünfte Kapitel. wärtige Popularität des Buddhismus Wunschdenken oder identifiziert er Dem Verhältnis zwischen deutschem nur eine Modeerscheinung darstellt die Rezeption als säkularisierte Heils- Buddhismus und der NS-Bewegung oder als ein Indiz für einen Bewußt- vorstellung? Vielversprechend wäre widmet sich das sechste Kapitel. Wie seins- und Wertewandel anzusehen ist. eine Erörterung dieser Aspekte gewe- der Verfasser beklagt, umgehen wis- Zahlreiche Abbildungen von deut- sen. Volker Zotz hat eine informative senschaftliche Untersuchungen zur schen Buddhisten, den Titelseiten ih- Darstellung der vielfältigen Wirkungs- deutschen Buddhismus-Rezeption – rer Veröffentlichungen und den Orten und Rezeptionsweisen des Buddhis- wie zum Beispiel die (empirisch ange- ihres Wirkens runden die Ausführun- mus in der deutschen Kultur vorge- legte und grundlegende, I. P.) Arbeit gen durch einen visuellen Eindruck legt, aus der sich jedoch auf Grund der von Martin Baumann (Deutsche Bud- ab. Im Literaturverzeichnis findet der offenbleibenden Fragen noch kein Ge- dhisten. Geschichte und Gemeinschaf- Leser Hinweise auf aktuelle weiterfüh- samtbild erkennen läßt. z ten, Marburg 1995) – weitestgehend rende Literatur; der Namensindex er- das Thema des Nationalsozialismus. leichtert die Orientierung. Hilfreich Inken Prohl Zotz führt wichtige Berührungspunkte wäre ein Glossar mit wichtigen bud- (Berlin) von buddhistischer Bewegung und dhistischen Begriffen gewesen, da der Nationalsozialismus auf, wie etwa den Band sicherlich auch für Leser zu rassistischen Grundkonsens, die ge- empfehlen ist, die sich bislang nicht meinsame Tradition Schopenhauers oder nur kaum mit dem Buddhismus und Richard Wagners und die positive beschäftigt haben. SPIRITA. Haltung deutscher Buddhisten zum Die Ausführungen von Zotz beschrän- Zeitschrift für völkischen Staat (S. 216). Obschon ken sich weitestgehend auf das Ver- Religionswissenschaft. Vorsicht davor geboten sein sollte, ständnis buddhistischer Lehren seiner April 2002. Schopenhauers Schriften vorschnell deutschsprachigen Rezipienten und Seite R4-R19. eine rassistische Ausrichtung zu un- lassen die Interpretationen und die © 2002 by terstellen, vermag der Verfasser Be- Rolle des Buddhismus in Asien außer diagonal-Verlag Marburg

SPIRITA. Zeitschrift für Religionswissenschaft. 2002.