UID 1977 Nr. 26, Union in Deutschland

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UID 1977 Nr. 26, Union in Deutschland Z 8398 CX Informationsdienst der Christlich Demokratischen Unfon Deutschlands Union in Deutschland Bonn, den 30. Juni 1977 Die Opposition in der Offensive Die letzten beiden Parlamentswochen vor Ferienbeginn waren in Bonn von einer Fülle wichtiger Ereignisse gekennzeichnet, die so rasch aufeinander folgten, daß sie für manchen Bürger im Lande im Spiegel von Presse, Hörfunk und Fernsehen verwirrend, ja teilweise sogar wider- spruchsvoll erschienen sind. Die nüchterne Bilanz aber lautet: Unter Führung von Helmut Kohl hat die Opposition in einer kraftvollen parlamentarischen Offensive die seit Monaten angeschlagene Bonner SPD/FDP-Koalition herausgefordert und in die Enge getrieben. Hier die Fakten: | Die Haushaltsdebatte wurde zu einer Generalabrechnung mit dieser Re- gierung, vor allem mit Kanzler Schmidt. Ein Tag Helmut Kohls, schrieb die Presse fast einstimmig (Rede-Auszüge, Argumente, Tabellen, Presse- stimmen Seiten 3—16 dieser Ausgabe). | Bei der Abstimmung über das Steuerpaket, aber auch in der Verteidi- gungspolitik demonstrierten die Linken in der SPD-Fraktion Schmidt ihre Macht und brachten ihn damit an den Rand einer Niederlage. | Eine neue schwere Belastung von SPD wie FDP ist vorprogrammiert: Starke Kräfte in beiden Parteien verweigern ihren Parteiführern die Gefolgschaft in der Energiefrage. Die Energiedebatte aufgrund einer Großen Anfrage der CDU/CSU machte erneut deutlich, daß weder Schmidt und Matthöfer, noch Genscher und Friderichs in der Lage sind, Weiter auf Seite 2 UID 26/77 • Seite 2 (Fortsetzung von Seite 1) dieses für unsere Zukunft entscheidende Problem zu lösen (Seiten 17, 18,21,22). | Die Führung der SPD ist total zerstritten. Täglich gibt es neue Meldun- gen darüber, wie Schmidt, Brandt und Wehner miteinander umgehen. Gegenseitige „Treueschwüre" sind nur noch billige Pflichtübungen. • Die SPD-Linke läßt sich auch durch Ausschlußverfahren nicht einschüch- tern; in der FDP wird der linke Schuchardt/Matthäus-Flügel zunehmend aktiv. • Ein angesehener, unabhängiger Informationsdienst (Schmidt-Briefe, 24. 6. 77) zieht folgende Bilanz: Die Union ist heute mehr denn je Re- gierungspartei im Wartestand. Aller Propaganda der Sozialliberalen und ihrer Medien-Hilfstruppen zum Trotz sind die Meinungsunterschiede zwischen CDU und CSU tatsächlich nicht sehr gravierend. Die Union ist regierungsfähig. Auch wenn sich die Regierung Schmidt/Genscher noch in die Sommerpause retten kann, das große Zittern für die Koalition kommt erst. • Aber auch dies gehört zu dieser Halbjahres-Bilanz: Das Ergebnis des Vermittlungsverfahrens über das Gesetz zur Dämpfung der Kranken- versicherungskosten befriedigt die Union nicht. Die Koordinierung zwi- schen der Politik in Bund und Ländern ist infolge der unterschiedlichen Koalitionen schwierig geworden (hierzu UiD-Extra, gelber Teil). Generalsekretär Heiner Geißler: Das Sozialpaket ist ein Gesetzeswerk, das unter einer Regierungsverantwortung von CDU/CSU nie so Gesetz gewor- den wäre. Angesichts der schwierigen Position der Opposition im Gesetz- gebungsverfahren muß bei nüchterner Betrachtungsweise anerkannt wer- den, daß die CDU/CSU beachtliche Verbesserungen und erhebliche Teile ihres Alternativkonzepts durchgesetzt hat. Wenn auch zugegeben werden muß, daß das unterschiedliche Abstimmungsverhalten der CDU/CSU-re- gierten Länder der Partei optisch geschadet hat, so hat doch in diesem Falle ihre Politik im Ergebnis dem Bürger genutzt. Die Union wird noch im Herbst dieses Jahres eine Gesetzesinitiative ein- bringen, die die vorhandenen Widersprüche auflöst und die notwendigen Klarstellungen bringt, und ihre Vorstellungen zur Rentensanierung weiter verfolgen und präzisieren. Im Mittelpunkt stehen dabei die Initiativen zur Erhaltung der bruttolohnbezogenen dynamischen Rente und die Reform der sozialen Sicherung der Frau. UiD 26/77 • Seite 3 HAUSHALTSDEBATTE Helmut Kohl: Der Kanzler ist erpreßbar geworden Mit überzeugenden Argumenten 3. Wir fordern ein Steuerentlastungs- gegen die Politik der SPD/FDP- programm zur Stärkung der privaten Regierung und insbesondere dem Investitionen und zur Schaffung neuer Verhalten von Bundeskanzler Arbeitsplätze. Forschung, Entwicklung Helmut Schmidt, eröffnete Helmut und Mobilität sind zu unterstützen. Die Kohl im Bundestag die ganz- Gründung von Unternehmen vor allem tägige Debatte über den Haushalt im mittelständischen Bereich ist zu för- des Kanzlers. Wörtlich sagte er: dern. Leistung muß sich wieder lohnen. 4. Die Politik eines ständig steigenden Der Bundeskanzler hat das Vertrau- Anteils des Staates am Bruttosozialpro- en der Menschen enttäuscht, das dukt lehnen wir ab. Die Finanzpolitik Vertrauen in die Politik, in die Parteien muß auf eine sparsame, die öffentlichen und wenn es so weitergeht, auch in Investitionen fördernde Haushaltspolitik den Staat. Es ist ein politischer Skan- ausgerichtet sein. dal, daß die Regierung nur noch mit 5. Die Beteiligung der Arbeitnehmer am ihrem eigenem Überleben beschäftigt Produktivkapital im Rahmen der Vermö- is t, während draußen im Lande die Pro- gensbildung ist erforderlich. blemberge ständig wachsen. Diese Re- 6. Wir fordern eine systemgerechte und gierung hat durch ihre verfehlte Wirt- sozial ausgewogene Begrenzung des schafts-, Finanz- und Sozialpolitik die Kostenanstiegs bei den Sozialausga- Finanzgrundlagen unseres Sozialsy- ben. stems aufs schwerste erschüttert. 7. Allen jungen Menschen muß die °ie CDU/CSU hält es deshalb für drin- Möglichkeit der Berufsbildung und der gend erforderlich: Berufsbefähigung gegeben werden. 1- Das Vertrauen von Wirtschaft und Dann beschäftigte sich Helmut Kohl mit Verbrauchern in die Politik muß wieder dem Urteil des Bundesverfassungsge- hergestellt, ihre Verunsicherung über richts und stellte fest: die Zukunft abgebaut werden. Zum zweiten Mal innerhalb von weni- gen Monaten muß das höchste deut- 2- Es muß Schluß sein mit immer neuen sche Gericht dieser Bundesregierung Experimenten und dem Irrweg zu immer den Vorwurf eines schwerwiegenden mehr Staat. Die Bundesregierung muß Verfassungsverstoßes machen. s'ch jetzt endlich von dirigistischen Vorstellungen wie Investitionskontrolle, Und damit noch nicht genug. Ein neuer 'nvestitionslenkung, Investitionsmelde- Fall kündigt sich bereits an. Die Vor- stellen, Strukturräten, distanzieren. gänge um die Wehrpflichtnovelle sind UiD 26/77 • Seite 4 für uns alarmierende Anzeichen für die messens- und Beliebigkeitsregel macht, Uneinsichtigkeit und Bedenkenlosigkeit der stellt sich in klaren Widerstand zur der Regierungskoalition. Verteidigungspflicht, wie sie im Grund- Mit der Entscheidung, auf jedes Aner- gesetz verankert ist. kennungsverfahren für Kriegsdienstver- Die Richter des Bundesverfassungsge- weigerer zu verzichten, gibt die SPD/ richts haben dem Bundeskanzler be- FDP-Regierung ohne jede Not die ge- scheinigt, Steuergelder für Wahlkampf- meinsame Grundlage unserer Verteidi- zwecke verschleudert und damit auf gungspolitik auf. Der Gesetzentwurf ist verfassungswidrige Weise die Wähler eine unverhüllte Absage an alles, was beeinflußt zu haben. Als Finanzminister wir bisher gemeinsam unter allgemei- hat Helmut Schmidt die verfassungsmä- ner Wehrpflicht verstanden haben. ßigen Rechte des Parlaments mißach- Wer aus dem sorgfältig eingegrenzten tet. Er hat es zugelassen und teilweise Grundrecht auf Kriegsdienstverweige- sogar selbst veranlaßt, daß Beträge in rung aus Gewissensgründen eine Er- Milliardenhöhe am Parlament vorbei "£r.E-Ko/-*Lg»g. «fa Schmücke dein Heim Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Juni 1977 UiD 26/77 • Seite 5 ausgegeben wurden. Zu Unrecht unter- Niederlage stellt der Bundeskanzler dem Bundes- verfassungsgericht die Feststellung, des Parlaments sein eigenes Vorgehen sei Staatspraxis Auf Reden, in denen Sprecher der aller vorherigen Regierungen und Fi- SPD/FDP das Verhalten von nanzminister gewesen. Hier geht es Helmut Schmidt zu entschuldigen nicht um die Notwendigkeit der Ausga- versuchten, antwortete Franz Josef ben, sondern um deren Rechtmäßigkeit; Strauß. und gegen die haben der Bundeskanz- ler und die damalige Bundesregierung Wir haben in der vorigen Woche eindeutig verstoßen. erlebt, daß Abgeordnete der Koali- tion es mit ihrem Gewissen nicht ver- Am Abend des 21. Juni griff Helmut einbaren zu können glaubten, einer von Kohl noch einmal in die Debatte ein der Regierung selbst vorgeschlagenen und sagte u. a.: Steuerentlastung zuzustimmen. Wir ha- Gemeinsamkeit heißt nicht, daß wir das ben auch gesehen, welche Strichliste Sauerstoffzelt für eine immer mehr im der Kollege Wehner aus dem Anlaß Verfall begriffene SPD oder Regie- geführt hat, damit es gerade noch rungskoalition sind. reichte, damit das Gewissen in diesem ... das paßt in Ihren Stil, Herr Bundes- Zusammenhang richtig dosiert wurde. kanzler, daß Sie zunächst von Ihrem Ich habe mit großer Rührung vernom- anständigen Sprachgebrauch sprechen, men, daß der Bundeskanzler bereit sei, und dann erklären, es kotze Sie an, und dieses Urteil zu respektieren. Also hat wenn Sie es ausgesprochen haben, das er bisher die Verfassungsrechtslage mit dem Ausdruck des Bedauerns zu- nicht respektiert. Sie versichern jetzt, rücknehmen. Das ... ist der wirkliche daß die Regierung nunmehr bereit sei, Stil feiner Leute mit internationalen Um- die Verfassungsrechtslage zu respektie- gangsformen ... Ich bin bereit, Ihnen ren. Denn das Verfassungsgericht hat heute eines zu versichern: Sie werden nicht etwa geklärt, sondern etwas be- in die Geschichte als der Bundeskanz- stätigt, was schon längst vorher geklärt ler mit der schlechtesten Kinderstube war. eingehen. Das ist immerhin
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