Und so weiter... Mitteilungen der Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee Heft 13/2012 Und so weiter... Jahresbericht 2012

oleg Kagan musiK fest

24. Internationales Oleg Kagan Musikfest Kreuth 14. bis 24. August 2013 Festsaal Wildbad Kreuth

Das Internationale Oleg Kagan Musikfest lädt bereits zum 24. Mal in das malerische Wildbad Kreuth im Tegernseer Tal. Wir laden Sie ein, dabei zu sein: bei Begegnungen mit hochkarätigen Solisten, Spitzenensembles und hochbegabten Nachwuchskünstlern, bei reizvollen Konzerten in der idyllischen Kulisse von Wildbad Kreuth.

Für Musikliebhaber und Kenner ist es ein Höhepunkt des Jahres im Kulturleben des Tegernseer Tals: Das Oleg Kagan Musikfest vor der sommerlichen Bergwelt-Kulisse von Wildbad Kreuth.

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Musikfest Kreuth e.V. . Geschäftsstelle: Nördliche Hauptstraße 3 D-83708 Kreuth . Telefon 08029 1820 . Fax 08029 1828 [email protected] . www.musikfest-kreuth.de

Wir wünschen der Olaf Gulbransson Gesellschaft weiterhin viel Erfolg.

2 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee

Inhalt Vorwort des 1. Vorsitzenden Helmut Nanz...... 4 Protokoll über die Mitgliederversammlung...... 6 Rückblick auf das Veranstaltungsprogramm 2012...... 10 Ausstellung „Reiner Zimnik - Eine Retrospektive“...... 11 Ausstellung „Walt Disney‘s große Zeichner: , , “...... 12 Ausstellung „Karl Arnold - Illustrationen von Ringelnatz bis Valentin“...... 16 Ausstellung„Wilhelm Busch – populär und unbekannt“...... 20 Matinée mit Dr. Ludwig Kronthaler...... 25 Matinée mit Prof. Dr. Hermann Rumschöttel ...... 29 Matinée mit Prof. Dr. Klaus-Dieter Lehmann...... 35 Matinée mit Dr. Andreas Strobl...... 39 Schnappschüsse aus dem Jahr 2012...... 41 50-jährigen Gründungsjubiläum des Stiftervereins zur Errichtung des Olaf Gulbransson Museums...... 42 Oberberger Stiftung...... 46 Honoré Daumier und die Walter Kames Stiftung...... 49 Exkursion nach Regensburg...... 52 Museumspädagogik...... 54 Vorschau 2013...... 60

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Vorwort des 1. Vorsitzenden Helmut Nanz

Liebe Mitglieder, sehr geehrte Damen und Herren!

Das Olaf Gulbransson Museum erfreut sich eines besonderen Stellenwertes als Kultureinrichtung im Tegernseer Tal, im Landkreis und weit darüber hinaus. Diese Erfahrung konnten wir machen, als der Stifterverein im Sommer dieses Jahres sein 50jähriges Jubiläum feierte. Neben dem Staats- minister für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Herrn Dr. Wolfgang Heubisch, dem Landrat Dr. Jakob Kreidl, den Bürgermeistern des Tegernseer Tals haben viele Honoratioren aus Wirtschaft und Kultur unseren Festakt begleitet. Der uns freund- schaftliche verbundene norwegische Honorarkonsul Max Aschenbrenner sorgte für ein stimmungsvolles Rahmenprogramm. Unsere zahlreich erschienen Mit- glieder, der Vorstand und Beirat des Museumsvereins konnten mit großer Zufriedenheit bei köstlichen Speisen und Getränken auf das Wohl des Museums anstoßen. Die Chronik wurde rechtzeitig fertiggestellt und fand großen Zuspruch und begeisterte Zustimmung. Hierfür nochmals an dieser Stelle in Dank an Frau Ministerialrätin a.D. Helga-Luise Hinke und insbesondere an die durch unser Beiratsmitglied Michael Kuem- merle vertretene Firma Giesecke & Devrient für die großzügige Spende zur Finanzierung der Chronik. Bei dem Festakt konnten wir auch eine besondere Ehrung vornehmen. Unser engagiertes Vorstandsmitglied und Schatzmeister, Herr Werner Schmidt, wurde mit der Olaf Gulbrans- son - Medaille ausgezeichnet für seine 25 Jahre treue Dienste im Verein. Dazu darf ich nochmals herzlich gratulieren und unseren besten Dank aussprechen für seine wertvolle Arbeit im Vorstand. Sollten Sie auf der Autobahn Richtung Holzkirchen fahren, werden Sie das neue Auto- bahnschild bemerken mit dem Hinweis auf unser Museum. Vielfach werden wir darauf angesprochen, es zeigt also Wirkung! Einen besonderen Dank für die Beteiligung an den Kosten geht an den Bürgermeister der Stadt Tegernsee, Herrn Peter Janssen, und den Gemeinderat. In dem vorliegenden Jahresbericht erfahren Sie alles über die zahlreichen Aktivitäten im Jahr 2012. Sehr erfolgreiche Veranstaltungen und Ausstellungsprogramme haben dazu beigetragen, dass wir unsere Besucherzahlen deutlich erhöhen konnten - eine erfreuliche Entwicklung! Unser Dank gilt hier insbesondere unseren Mitarbeitern, in erster Linie Frau Wiedemann, unsere erfahrene, fleißige und engagierte Geschäftsführerin. Auch die Damen am Empfang sind lobend zu erwähnen für ihre freundliche und umsichtige Arbeit:

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Frau Heindl, Frau Wirth, Frau Nobbe-Clever und Frau Horn. Herr Wirth und Herr Schreiner haben uns auch in 2012 tatkräftig unterstützt. Besten Dank an alle „guten Geister“. Zu den Finanzen wäre zu sagen, dass wir eine erfolgreiche Bilanz 2012 vorlegen werden und unsere Einnahmen und Ausgaben in geordneten Verhältnissen stehen. Das war nur möglich durch die seit Jahren unserem Museum zugedachte Unterstützung der Kreis- sparkasse Miesbach-Tegernsee. Unser Beiratsmitglied, Herr Georg Bromme, ging 2012 in den wohlverdienten Ruhestand und wird uns dankenswerter Weise weiter begleiten. Sein Nachfolger im Amt des Vorsitzenden der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, Herr Dr. Martin Mihalovits, hat sein Interesse an der Fortführung der Beziehung zum Olaf Gulbransson- Museum bekundet und bereits auch unter Beweis gestellt. Beiden Herren gilt unser auf- richtiger Dank. Herr Markus Schober und seine Frau verdienen besondere Erwähnung für die Unterstützung durch ihre Firma. Besten Dank für die alljährliche hilfreiche Zuwendung. Sorge bereiten uns jedoch außergewöhnliche Aufwendungen für Reparaturen und not- wendige Arbeiten am Gebäude sowie Investitionen für eine effizientere und sparsame Beleuchtung der Ausstellungsräume. Diese Aufwendungen können nicht aus dem laufenden Haushalt erbracht werden. Dafür sind zusätzliche Spenden notwendig. Ich darf nun noch die wertvolle Arbeit meiner Vorstandskollegen erwähnen und danke für die vertrauensvolle gute Zusammenarbeit und die konstruktiven Diskussionen und Beiträ- ge. Durch das Ausscheiden von Herrn Professor Dr. Christian Lenz als Beiratsvorsitzender hatten wir diesen Posten neu zu besetzen. Dankenswerter Weise hat sich Frau Dr. Andrea Bambi, Referentin bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, bereit erklärt, diese Lücke zu schließen. Wir heißen sie herzlich willkommen und haben bereits jetzt in den ersten Sitzungen ihre Kompetenz und engagierte Mitarbeit kennenlernen dürfen. Bleibt mir noch, Ihnen ein gesundes, friedvolles und erfolgreiches Neues Jahr 2013 zu wünschen. Mit den besten Grüßen im Namen des gesamten Vorstandes Ihr

Helmut Nanz

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Protokoll über die Mitgliederversammlung der Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee am 24. Juni 2012 im Museum in Tegernsee

Herr Helmut Nanz, der 1.Vorsitzende des Vorstands, begrüßte die 23 anwesenden Mitglie- der, weitere Mitglieder waren durch Vollmachten vertreten, und eröffnete die Sitzung um 11.05 Uhr mit dem Hinweis auf die form- und fristgerechte Einberufung. Ergänzungsanträge zur Tagesordnung wurden nicht gestellt. Vor dem Eintritt in die Tagesordnung gedachten die Anwesenden der im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder.

Top 1: Verabschiedung des Protokolls der Mitgliederversammlung vom 3. Juli 2011 Das den Mitgliedern in Heft 12 der „Mitteilungen der Olaf Gulbransson Ges. e.V Tegernsee“ übersandte Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung vom 3. Juli 2011 wurde einstimmig verabschiedet.

Top 2: Rechenschaftsbericht des Vorsitzenden Zu Beginn seines Berichtes hieß Herr Nanz alle Neumitglieder herzlich willkommen. Der Verein zählt im Moment 450 Mitglieder und ferner stellte Herr Nanz die Aktion mit dem Mot- to „Mitglied sucht Mitglied“ vor, um weitere interessierte Menschen als Vereinsmitglieder begrüßen zu können. Im Anschluss informierte der Vorsitzende die Mitglieder über eine Änderung in der Zusammensetzung des Beirats, so hat Herr Prof.Dr. Lenz wegen zuneh- mender anderer Verpflichtungen sein Amt als Beiratsvorsitzender niederlegen müssen, es ist jedoch gelungen, Frau Dr. Andrea Bambi, Referentin der Bayerischen Staatsgemälde sammlungen, als Beiratsmitglied gewinnen zu können. Ferner erläuterte Herr Nanz die Besucherstatistik 2011 mit etwa 9900 Besuchern, wobei sich deutlich zeigt, dass die stärkste Besucherfrequenz abhängig von den jeweiligen Aus- stellungen zwischen Mai und Oktober fest zu stellen ist. Ein besonderer Publikumserfolg in diesem Jahr sei, so der Vorsitzende, die Ausstellung „Walt Disney´s große Zeichner: Carl Barks, Al Taliaferro, Floyd Gottfredson“ gewesen. Besonderer Beliebtheit hat sich die Veranstaltung mit dem Enkel von Olaf Gulbransson, dem Zeichner Jan Gulbransson, erfreut, die „Zeichenstunde für Kinder und Erwachsene“ wird im Herbst wiederholt. Auch die zur Zeit laufende Ausstellung „Karl Arnold - Illustrationen von Ringelnatz bis Valentin“ ruft reges Publikumsinteresse hervor. Ab dem 23. September 2012 werden im Gulbransson Museum Werke von „Wilhelm Busch- populär und unbekannt“ aus dem Museum „Wilhem Busch - Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst, Hannover“ präsentiert. Weitere interessante Programmpunkte in diesem Jahr werden, so der Vorsitzende, die Mattinéeveranstaltungen mit dem Präsidenten des Goethe- Instituts Herrn Prof. Dr. h.c. Klaus- Dieter Lehmann sowie Bundesminister a.D. Dr. Heiner Geißler sein, der im Rahmen des Tegernseer Bergfilmfestivals einen Vortrag mit dem Titel „Von Gipfel zu Gipfel“ halten wird.

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Mit Dank verwies der Vorsitzende auf die Unterstützung seitens der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, auch für die Erstellung der Kataloge zu den thematisch unterschied- lich gestalteten Daumier- Ausstellungen. Diese wurden im Berta Hummel Museum in Massing sowie in der Südwest Bank in Stuttgart gezeigt. Die Inventarisierung der ca. 1300 Arbeiten von Daumier werden zur Zeit von Frau Stingan- cow hier im Museum vorgenommen. Auch die von Frau Wiedemann betreute Oberberger- Ausstellung in Starnberg hat, so Herr Nanz, erfreuliche Resonanz gezeigt. Ferner berichtete der Vorsitzende über die Genehmigung eines Autobahnschilds als Hinweis auf das Gulbransson Museum mit dem Motiv „Olaf im Gras“. Die Stadt Tegernsee will sich dankenswerterweise zur Hälfte an den Kosten beteiligen. Das besondere Highlight in diesem Jahr wird die Festveranstaltung anlässlich des 50-jäh- rigen Bestehens des Olaf Gulbransson Museums am 8. Juli 2012 mit der Herausgabe einer Vereinschronik sein. Im Anschluss gab Frau Wiedemann einen Einblick in die Jugendarbeit des Museums: gemeinsam mit dem Museumspädagogischen Zentrum in München wurden verschie- dene Arbeitsblätter für die jeweiligen Altersstufen erstellt und von der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee wurde ein Quiz unterstützt; mit der „Bilderjagd im Museum“ und dem Auftritt eines Clowns wurde der Museumsbesuch für Kinder attraktiver gestaltet. Auch ein Informationsstand auf dem diesjährigen Lernfest in Benediktbeuern wurde von Frau Wiedemann betreut. Des Weiteren erläuterte der Vorsitzende das abwechslungsreiche, anspruchsvolle Aus- stellungs- und Matinée- Programm für 2013 und schloss seinen Rechenschaftsbericht mit Dank an Frau Wiedemann für ihr Engagement und die gute Organisation der diesjäh- rigen Exkursion nach Regensburg bei der das Werk Josef Oberbergers im Zentrum stand. Ein weiterer großer Dank des Vorsitzenden galt den Sponsoren wie der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, der Firma Schober, der Firma Faber & Castell und der Firma Giesecke und Devrient für ihre zuverlässige Unterstützung der Museumsarbeit.

Top 3: Satzungsänderung Der Vorsitzende begründete und erläuterte eingehend die schriftlich übersandte Änderung der Satzung, wobei in § 20 der Satzung als Neuerung der verschiedenen Vereinsbeiträge der Passus eingeführt wurde: „Für Mitglieder bis zum 30.Lebensjahr beträgt der Mindest- beitrag € 30.- jährlich.“

Alte Satzung: § 20 Das Rechnungsjahr läuft mit dem Kalenderjahr. Der Mindestbeitrag ist ab 1. Januar 2008 auf € 100.- jährlich festgesetzt. Für fördernde Mitglieder beträgt der Mindestbeitrag € 300.-. Für Ehepaare und Lebensgemeinschaften beträgt der Mindestbeitrag € 150.- jährlich, für fördernde Ehepaare und Lebensgemein- schaften € 450.- jährlich. Der Betrag ist jeweils zum 15. Januar des laufenden Kalender- jahres fällig.

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Neue Satzung: § 20 Das Rechnungsjahr läuft mit dem Kalenderjahr. Der Mindestbeitrag ist ab 1. Januar 2008 auf € 100.- jährlich festgesetzt. Für fördernde Mitglieder beträgt der Mindestbeitrag € 300.-. Für Ehepaare und Lebensgemeinschaften beträgt der Mindestbeitrag € 150.- jährlich, für fördernde Ehepaare und Lebensgemein- schaften € 450.- jährlich. Für Mitglieder bis zum 30.Lebensjahr beträgt der Mindestbeitrag € 30.- jährlich. Der Betrag ist jeweils zum 15. Januar des laufenden Kalenderjahres fällig. Die Mitglieder stimmten dieser vorgeschlagenen Änderung ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung einstimmig zu.

Top 4: Bericht des Schatzmeisters Der Schatzmeister, Herr Regierungsdirektor a.D. Werner Schmidt, gab einen detaillierten Bericht über die finanzielle Situation der Gesellschaft und stellte fest, dass die Finanzla- ge im Moment gesichert und stabil sei. Sorge bereite ihm lediglich der sich verteuernde Bauunterhalt. Für eine reibungslose Bewirtschaftung des Museumsbetriebs wäre ferner eine Vereinheitlichung der Eigentumsverhältnisse sehr wünschenswert. Abschließend bedankte sich Herr Schmidt bei den Sponsoren sowie Frau Wiedemann, Frau Heindl, Frau Horn, Frau Wirth, Frau Clever und Herrn Wirth sowie Herrn Dr. Lentner für ihre tatkräftige, engagierte Arbeit.

Top 5: Bericht des Rechnungsprüfers RA Dr. Anton Lentner Der Rechnungsprüfer Herr Dr. Anton Lentner bescheinigte dem Schatzmeister nach einer Kassenprüfung vom 31. September 2011 bis einschließlich 30. März 2012, dass das Rech- nungswesen ordnungsgemäß geführt worden sei und alle seine Anregungen vollständig übernommen worden seien. Herr Lentner bedankte sich bei Herrn Schmidt für die gute Zusammenarbeit und Kassenführung und empfahl die Entlastung des Schatzmeisters. Top 6: Aussprache

Die Vorschläge des Vorstands wurden einstimmig ohne Gegenstimme und ohne Enthaltung verabschiedet.

Top 7: Entlastung des Rechnungsprüfers und Neuwahl eines Rechnungsprüfers für ein weiteres Jahr; Vorschlag RA Dr. Anton Lentner Auf Antrag von Herrn Nanz wurde Herr Dr. Lentner einstimmig entlastet. Im Anschluss stimmten die Mitglieder bei einer Enthaltung der Wiederwahl von Herrn Dr. Lentner als Rechnungsprüfer für ein weiteres Jahr zu.

Top 8: Entlastung des Vorstands Auf Antrag von Herrn Dr. Anton Lentner wurde der Vorstand einstimmig entlastet.

Top 9: Verschiedenes Der Vorsitzende erläuterte, dass die verschiedenen Besitz- und Rechtsverhältnisse der einzelnen Baukörper des Museums eine reibungslose Bewirtschaftung des Museums sehr

8 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee erschwerten und erinnerte als ein weiteres wichtiges Vorhaben an den Verbindungsgang zwischen dem Ruf- und dem Neubau. Dieser sei eine Notwendigkeit, um den behinderten- gerechten Zugang zum Ruf-Gebäude zu ermöglichen und um die Einheit und die bessere Bespielbarkeit des gesamten Olaf Gulbransson Museums zu gewährleisten. Sehr erfreut zeigte sich Herr Nanz über die Vorbereitungen für den Festakt anlässlich des 50- jährigen Gründungsjubiläums des Olaf Gulbransson Museums und die gelungene und ansprechende Chronik, für deren inhaltliche Abfassung und Gestaltung Herr Nanz sich sehr herzlich bei Frau Helga Hinke bedankte. Mit Dank an alle Anwesenden schloss der Vorsitzende die Mitgliederversammlung um 12.10 Uhr.

Tegernsee, den 1. Juli 2012

Helmut Nanz Andrea Heinzelmann von Hallberg Vorsitzender Schriftführerin

Mitglied sucht Mitglied

Gezeichnet von unserem Beiratsmitglied Luis Murschetz

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Rückblick auf das Veranstaltungsprogramm 2012

Bis 15. Januar 2012 10. Juni bis 16. September 2012 Ausstellung „Hans Purrmann: Aquarelle – Ausstellung im Graphikkabinett „Honoré südliche Landschaften und Veduten“ Daumier und das Theater“ Bis 29. Januar 2012 24. Juni 2012 Ausstellung „Honoré Daumier und die Jagd“ Mitgliederversammlung 11. Februar 2012 8. Juli 2012 Matinée mit Gerhard Polt Festveranstaltung zum 50-jährigen Grün- 12. Februar 2012 dungsjubiläum des Stiftervereins zur Matinée: Dr. jur. Ludwig Kronthaler Errichtung des Olaf Gulbransson Museums „Zukunft ist jetzt! Wie die Max-Planck- 16. September 2012 Gesellschaft mit Grundlagenforschung das Matinée: Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter ­Lehmann Morgen gestaltet“ „Das Goethe-Institut im fantasievollen 22. Januar bis 18. März 2012 Gespräch mit der Welt“ Ausstellung „Reiner Zimnik – Eine Retro- 23. Sept. bis 2012 bis 20. Jan. 2013 spektive“ Ausstellung „Wilhelm Busch: Einführung: Reinhard Müller-Mehlis Populär und unbekannt“ 5. Februar bis 18. März 2012 (in Zusammenarbeit mit dem Museum Ausstellung im Graphikkabinett „Honoré Wilhelm Busch - Deutsches Museum für Daumier und die Pariser Bürger“ Karikatur und Zeichenkunst, Hannover) Einführung: Dr. Gisela Vetter-Liebenow 25. März bis 3. Juni 2012 Ausstellung „Walt Disney’s große Zeichner: 21. Oktober 2012 Carl Barks, Al Taliaferro, Floyd Gottfredson“; Matinée: Dr. Heiner Geißler Einführung: Patrick Bahners „Von Gipfel zu Gipfel“ Vortrag im Rahmen des Bergfilmfestivals 31. März 2012 Soirée: Rupert Rigam 18. November 2012 „Das Osterspiel von Carl Orff“ Matinée: Dr. Andreas Strobl „Der Simplicissimus nach 1933. Satire in 6. Mai 2012 einer Diktatur“ Matinée:Prof. Dr. Hermann Rumschöttel „Die bayerischen Könige“ 9. Dezember 2012 Matinée: Dr. Dirk Heißerer 10. Juni bis 16. September 2012 „100 Jahre Der Tod in Venedig – Eine Ausstellung „Karl Arnold – Illustrationen ­Bilderreise zwischen Kunst und Wirklichkeit“­ von Ringelnatz bis Valentin“ (in Zusammenarbeit mit der Staatlichen Graphischen Sammlung, München) Einführung: Dr. Andreas Strobl (Staatliche Graphische Sammlung, München)

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Gekürzte Rede von Reinhard Müller-Mehlis anlässlich der Eröffnung der Reiner Zimnik- Ausstellung am 22. Januar 2012 Zunächst einmal: Teile der 25 Jahre lang für das Fernsehen des Bayerischen Rundfunks in strenger Arbeitsdisziplin erzählerisch gezeichneten Folgen „Sebastian Gsangl“ (1977 bis 1984) und „Der Lektro“ (1961) sowie vom Schmiedegesellen, der seinen festen Feierabendplatz unter einer der alten Kastanien im angestammten großen Bier- garten kriegsbedingt aufgeben musste, um Gerhard Polt, Helmut Nanz und Reiner Zimnik dem Vaterland als Frontkämpfer zu dienen, bis er in Gefangenschaft geriet, aus der er Weise tanzende Soldaten bestimmt sind, nach qualvollen Jahren schließlich entlas- seine unter reich geblümten Hüten gar sen wurde. Am Stammplatz im Biergarten selbstverständlich posierenden weiblichen aber saßen nun die Schwarzhändler mit Nackedeis, seine üppigen weiblichen ihren weiblichen Zuhörer, beschimpften Fruchtbarkeitsidole à la „Venus von Willen- ihn als Nazi und stießen ihn weg. Nach der dorf“, seine friedlich über menschenleeren häuslichen Kräftigung durch Mehlsuppen Landschaften schwebenden Flugzeuge und versuchte er es erneut, seinen Platz am Bier- das Nachdenken übers Künftige. Als dich- tisch einzunehmen. Doch wieder wurde ihm tender Erzähler von tiefsinnigen Parabeln, das verwehrt, sodass er zuschlug und der Fabeln und Märchen, zusammengefasst in windige Gegner sich beim Sturz das Genick einem von ihm illustrierten Auswahlband, brach. Das Gericht erkannte auf Freispruch, offenbart Zimnik den hohen Grad seines sodass der Rückkehr an den angestammten zugleich erzählenden wie minutiös morali- Platz nichts mehr im Wege stand. Diese vom sierenden Könnens: als einer der vollends Zeichner Zimnik geschilderte Geschichte erkannten Weisen im Lande. ■ weist auf Zimniks eigene Erlebnisse bei der Vertreibung aus Oberschlesien und seiner dreijährigen Schreinerlehre in Landshut, bevor er das Gymnasium abschließen konn- te, um an der Münchner Kunstakademie bei Marxmüller und Oberberger sich als eminenter Zeichner zu bewähren. Zugleich bietet die Geschichte vom Schmiedegesel- len den Schlüssel zum Verständnis einer heiteren, ins Doppelbödige und Tiefgrün- dige reichenden Moral, von der Zimniks in internationaler Tarnkleidung auf groteske

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Donald, Micky und ihre Väter – Unternehmer vorbei, für dessen Konzern Carl Barks, Floyd Gottfredson, und Wohlstand sie tätig waren, dessen Al Taliaferro und Walt Disney unternehmerischer Weitblick diesen Comics zu ihrem Durchbruch auf dem Weltmarkt Eine Einführung von Ina Brockmann, verhalf: Walt Disney. Und natürlich nicht Reichelt & Brockmann an Up Iwarks, dem Erfinder einer Maus. Dass das Verhältnis zu Disney immer wieder von Einen Disney-Comic haben Sie sicher Spannungen geprägt war und sich um Walt schon gelesen. Und wenn nicht, so kennen Disneys Leistungen und Urheberschaften Sie garantiert und Micky Maus. bis heute zähe, aber unwahre Legenden In dieser Ausstellung lernen Sie die Künst- ranken, wird dabei nicht verschwiegen: ler, die die bekanntesten Walt Disney, dessen Unterschrift zum global über Jahrzehnte gezeichnet und fast alle verbreiteten Produktnamen und Logo ent- Nebenfiguren um Micky und Donald erfun- wickelt und verbreitet wurde. Diese Schrift, den haben, sowie ihre Werke kennen: Die ein Produkt seiner Mitarbeiter, zierte bis zu jeden Tag am Zeichentisch saßen, sich die seinem Tod 1966 Abertausende von Comic- lustigen und abenteuerlichen Geschichten geschichten, wobei deren wahre Urheber- ausdachten und anschließend mit Tusche schaft und die ihrer Protagonisten Donald auf Karton visualisierten. und Micky über Jahrzehnte erfolgreich Diese Ausstellung ist die erste gemein- ausgeblendet wurden. Die künstlerischen same Werkschau der Zeichner und Autoren, Identitäten von Gottfredson, Taliaferro die das Genre der Comics im Unternehmen und Barks wurden über Jahrzehnte hinweg von Walt Disney entscheidend geprägt und hinter der Corporate Identity des Disney- entwickelt haben. Es handelt sich dabei um Konzerns und der Unterschrift „Walt Disney“ Floyd Gottfredson, Al Taliaferro und Carl geheim gehalten. Die kreative Arbeit wird Barks und es handelt sich um ihr Metier den wahren Urhebern zugeordnet und das der gezeichneten und getexteten, oft mit hartnäckige Gerücht wird aus der Welt ge- Sprechblasen versehenen Bildergeschich- schafft: Gezeichnet Walt Disney. ten, dem Comic als Produkt des Disney- Disney setzte von Anfang an seine Konzerns in Abgrenzung zum Trickfilm. Als Prioritäten auf den Zeichentrickfilm. Der Druckerzeugnis fanden sie ihre millionen- Produktionsbereich von Floyd Gottfredson, fache Kundschaft und finden sie bis heute. Al Taliaferro und Carl Barks, der nichts von Die Einzelbiographien stehen in einem der Glitzerwelt des Trickfilmstudios hatte, Kontext zur Entwicklung der Disney-Studios war für Disney nur ein Nebenerwerb, eine und ihrer Comic-Stars: Donald Duck, Micky Zweitverwertung der Trickfilmfiguren. Maus, Dagobert Duck, Daisy, Tick, Trick und Eine Disney-Figur sollte zuerst im Trickfilm Track, Goofy, Gustav Gans, die Panzerkna- berühmt werden, damit sie dann mit den ckerbande, Daniel Düsentrieb, Gundel Gau- Comics und über weitere Nutzungslizenzen kelei, Minnie Maus, Pluto, Klarabella, Rudi für die Mehrfachverwertung zum Bestseller Ross, Kater Karlo, das Phantom, Kommissar gemacht werden konnte. Ein System der Hunter, Oma Duck... Vollvermarktung zum Wohle der Studios und Natürlich kommt eine Darstellung der im Namen Walt Disneys war geboren. Leistung dieser Männer nicht an dem

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Peter Reichelt (Ausstellungs- macher), Ulrike Leutheusser, Patrick Bahners (FAZ) und Bürgermeister Peter Janssen

Das System konnte allerdings nur dann Up Iwarks entwarf eine Maus, Disney gab erfolgreich funktionieren, wenn die Figuren ihr den Namen Micky und schickte sie auf aus den Trickfilmen zu eigenständigen und die Leinwand, worauf Gottfredson Micky in biographisch fundierten Charakteren wei- den Comic Strip zeichnete, dem Taliaferro terentwickelt und mit individuellen Lebens- eine langschnabelige Ente aus dem Film welten ausgestattet wurden. Und genau zur Seite stellte, die langsam zum Donald hier liegt die eigentliche Leistung von Floyd Duck wurde, eine eigene Serie erhielt und Gottfredson, Al Taliaferro und Carl Barks. letztlich von Barks eine neue Familie bekam. Nur ihrem präzisen Zeichentalent, nur ihrer Die hervorstechendste Figur in diesem endlosen Phantasie und ihrer Weitsicht ist Familienreigen ist natürlich Micky Maus, es zu verdanken, dass der Comic-Kosmos, ein Wunderwesen an Verwertbarkeit und die gezeichnete Parallelwelt, lebt. Alle drei Verbreitung: einer der erfolgreichsten Wer- gehören auf ihrem Gebiet zu den Besten beträger weltweit und eine ewig sprudelnde und sind die drei wichtigsten Disney-Comic- Geldquelle zugleich. Zeichner der ersten Stunde. Sie trugen dazu Und hier sind nun die Verursacher des bei, das in den 30er und 40er Jahren noch Disney-Comic-Figuren-Kosmos: Floyd Gott- relativ junge Genre des Comics neu zu defi- fredson, Al Taliaferro und Carl Barks. In die- nieren und auf hohem Niveau weiterzuent- ser Reihenfolge, die keiner hierarchischen wickeln. Veröffentlicht wurden die Produkte oder wertenden entspricht, begannen sie dieser Brot-und- Butter-Zeichner zunächst bei Disney zu arbeiten. Sie besitzen meh- in zahlreichen amerikanischen Tageszei- rere Gemeinsamkeiten, außer der Tatsache tungen, die Formate waren darauf exakt auf der Lohnliste von Disney gestanden abgestimmt. Die Autoren des Buches ver- zu haben. Alle drei kamen aus einfachen treten die These, dass sie die eigentlichen sozialen Verhältnissen. Das Zeichnen und Macher und Gründungsväter der bekann- die Festanstellung in einem angesehen testen Disney-Comics und Schöpfer von Unternehmen bedeuteten ihnen sozialer vielen Nebenfiguren um Micky und Donald Aufstieg und finanzielle Sicherheit. sind, deren Arbeit immer auf der Vorarbeit Floyd Gottfredson war einer der er- des anderen aufbaute und anschließend sten Mitarbeiter der Disneystudios. Er, weiterentwickelt wurden. geschmückt von seinen Verehrern mit

13 Und so weiter... Jahresbericht 2012 dem Ehrentitel der „Mouse Man“, war der Eimer Wasser begrüßen. Sein Donald ist geistige Vater des Mausiversums rund um umgeben von einer bunten Familienschar, Micky. Figuren wie Pluto oder Klarabella deren etwas cholerischer, chaotischer und gehen auf sein Konto. Sein Zeichentalent wirbelnder Mittelpunkt er ist. Bis heute un- und seine Erzählkunst, abenteuerlicher, vergessen sind seine außergewöhnlichen, manchmal brutaler und politischen Ge- allein aus der gezeichneten Situationskomik schichten trugen dem noch jungen Micky sich entwickelnden prägnanten Chaos- und Maus-Comic in den 30er und 40er Jahren Katastrophengeschichten um Donald: Ganz den Ruf ein, eines der innovativsten und ohne Text, mit seiner unverwechselbaren profiliertesten Comic-Formate zu sein. Figur im Mittelpunkt. Taliaferro beherrsch- Seine Comics quellten oft über vor seinem te es wie kaum ein anderer, seinen Bilder Ideenreichtum, die einzelnen Bilder mit einen Rhythmus zu verleihen, aus der ihm den tollsten Details auszuschmücken, dass die wortlose Visualisierung von Bewegung fast kein Platz mehr ist. Auch sind seine und Emotionen grandios gelang. Sein brillianten Abenteuergeschichten, denen „lautlos“ tobender Donald bleibt bis heute oft Märchen als Vorlagen dienten, bis heute unvergessen. unvergessen. Damit war Mitte der 50er Jahre Manches haben Gottfredson und Taliafer- Schluss. Galt es doch auf Anweisung seines ro gemeinsam. Beide schufen die Parallel- Arbeitgebers, die Firmen-Maus klar auf das welten der Aushängeschilder des Konzernes Disney-Image familienfreundlich, niedlich und beide verbrachten ein Arbeitsleben in und nett einzuschwören. Die Unwissenheit der Anonymität. Ihr Comic-Format, dem über seine Person als Schöpfer des Micky aus bis zu vier Einzelbildern bestehenden, Maus-Comics erklären die Autoren mit dem einzeiligen schwarz-weißen von Montag Popularitätsverlust als Reaktion auf den nun bis Samstag veröffentlichten Tagesstreifen biederen, angepassten und besserwisse- (Daily), basiert auf dem kurzen, schnellen rischen Charakter, vom lustigen Abenteurer und in sich abgeschlossenen Gag. Es sind zur Vorstadtmaus mit Schlips und Kragen. Geschichten, die aus dem Moment die Kein Schicksal, welches Donald Duck mit Absurdität des Möglichen in maximal vier ihm teilen musste. Er war und ist bis heute Einzelbilder thematisieren. Man gönnte die populärste und beliebteste Comic-Figur sonntags dem Leser eine farbige, ganzsei- aus dem Disney-Reich. Zu verdanken ist tige Sonntagsgeschichte (Sunday-Page), dies Al Taliaferro. War er es doch, der eine doch der originäre Charakter des Spontanen namenlose Ente aus dem Trickfilm nahm, zu und Schnelllebigen blieb erhalten. Al Tali- dem knuffigen Donald Duck ummodellierte aferro war es zu Lebzeiten nicht vergönnt, und fast 40 Jahre liebevoll betreute. Er im Gegensatz zu seinen ihn überlebenden schuf eine eigene Donald-Duck-Comic-Serie Kollegen, nach dem Arbeitsalltag etwas und erweiterte das Comic-Leben seiner Ente vom persönlichen Ruhm zu ergattern. Sein durch viele sich ergänzende Familienmit- Werk hat in der Öffentlichkeit noch nicht glieder. Zum Beispiel mit den unvergleich- mythischen Status erreicht, wie Gottfredson lichen Neffen Tick, Trick und Track, die als der „Mouse Man“ und Carl Barks „the good Geschenk getarnt das Donald-Universum Artist“. Aus diesem Grund erteilen ihm betreten und ihn gleich am Anfang ihres die Autoren die späte Ehre, ihm erstmals, langen Beisammenseins mit einem vollem wenn auch posthum, mit einer Biogra-

14 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee phie und ausführlichen Übersicht seines derkeit der Gottfredsonschen Micky Maus, künstlerischen Schaffens zu ehren. Er hat die amüsant pointierten Katastrophen des es verdient, ist doch sein Donald mein von Taliaferro stammenden Donald oder den Lieblingsdonald. grenzenlosen Kosmos des Barkschen Enten- Doch was wäre Barks ohne Taliaferro. Die hausen handelt, sie haben damals ihren These ist keineswegs kühn: Ohne Taliaferro Erfolg verdient und unterhalten bis heute kein Entenhausen und auch kein Dagobert amüsant und anspruchsvoll. Allerdings Duck. War es doch der Taliaferro-Donald, vermochte nur die unternehmerische Kom- durch den Barks inspiriert sein Entenhausen petenz des Walt Disney ihren Produkten zu nebst seinem Donald kreierte. Barks war ein einem Massenerfolg zu verhelfen. Ihre Co- wahrer Meister der langen Geschichte. Seine mics überzeugen, nicht nur durch die Kraft Zehn-Seiten-Geschichten hatten die Merk- der künstlerischen Gestaltung, sondern male eines Abenteuerromans, führten den auch durch die großartige Verbindung von Leser in ferne phantastische Welten, in den Bild und Text. Ihre Kunst ist die des Comics: Donald, Dagobert und Co. die aufregends- Die graphische Einheit von gezeichnetem ten Abenteuer zu bewältigen hatten. Sein Bild und im Bild integriertem Text erzählen Zeichenstrich ist bis heute legendär, auch gleichwertig eine Geschichte in umrahmten versuchte er sich oft in einer neuen graphi- Einzelbildern, den Panels. schen Ordnung, brach die Seitenarchitektur Es handelt sich bei der Ausstellung auf, vergrößerte die Panels und alles, um auch um ein Stück Comic- Geschichte, ei- visuelle Höhepunkte der Geschichte zur nen Ausschnitt aus der Kunstform, deren Geltung zu bringen. Ursprung in den Bildergeschichten des Sie sind die Schöpfer der bekanntesten Mittelalters, dem sequenziellen Erzählen Disney-Comics und die Erfinder fast aller religiöser und mythologischer Inhalte, Nebenfiguren um Micky und Donald. Viele primär für die Bevölkerungsgruppen, die dieser Nebenfiguren haben es im Laufe der dem Lesen nicht mächtig waren, liegt. In Jahre selbst zu internationalem Starruhm ihrer Wirkungsweise sind sich die Bilder- gebracht. Gottfredson, Taliaferro und Barks geschichte und der Comic bis heute gleich. schufen damit die eigentliche Basis für den Die Wahrnehmung einer Bildergeschichte, legendenhaften Aufstieg Disneys in der deren Beschriftung einem Untertitel gleicht Unterhaltungsbranche. und beschreibenden Charakter hat, und der In unbestechlicher Genauigkeit und des Comics, mit integriertem die Geschichte Schärfe, in einer ihnen originären Zei- erweiternden Text, gleicht den Anforderun- chensprache, gekennzeichnet durch ihre gen, die die Lektüre eines Buches an den Lust an der Fiktion und der Unterhaltung, Leser stellt: Bild für Bild, Seite für Seite. bannen sie sowohl den Alltag als auch Ihre Zielgruppe ist die Masse, weil jeder ihre Phantasie in ihre Comics. Nicht nur sie „lesen“ kann und diese Kunstform daher die Zeichnungen, auch die Story und mit als die demokratischste aller Kunstformen einigen wenigen Ausnahmen der Text in den zu beschreiben ist. Es ist eines der am Sprechblasen entstammen ihrer Kreativität schnellsten auf gesellschaftliche Verän- und Feder. Den kleinen banalen Momenten derungen und Bedürfnisse reagierenden verliehen sie das Besondere. Egal, ob es sich Mediums, oft völlig zu Unrecht als Billigli- um die frühen Späße oder der späten Bie- teratur vom Kiosk und als Schund verschrien

15 Und so weiter... Jahresbericht 2012 und abgelehnt. Das Lesen eines Comics Einführung von Dr. Andreas Strobl setzt weitaus speziellere Lesefähigkeiten in die Ausstellung Karl Arnold beim Leser voraus, als es ein Fließtext verlangt. Die Lektüre eines Comics verlangt Illustrationen von Ringelnatz bis das parallele Lesen von Bild und Text, Valentin, am Sonntag 10. Juni 2012 die Phantasie des Lesers ist gefragt und erforderlich. Keimzelle dieser Kunstform war nicht der Disney-Comic. Bedenkt man, dass die erste Bildergeschichte „Yellow Kid“ 1895 erschien, muss man die bis heute exi- stierende Legende, Disney habe auch noch den Comic erfunden, ins Reich der Phantasie schicken. Selbst so bekannte Comic-Figuren wie Tarzan oder Tim und Struppi existierten vor der Micky Maus. Die betriebswirtschaftliche und künstle- Ulrike Leutheusser und Dr. Andreas Strobl rische Bedeutung der Künstler für Disney ist mittlerweile unbestritten. Zu lange haben Der Zeichner Karl Arnold war auch ein sie den uneingeschränkten Machtanspruch Büchermensch. Am 1. April – eine Datum, Disneys akzeptiert. Erst kurz vor seinem Tod das auf seine spätere Berufung schon hin- erkennt Al Taliaferro: „I feel I have been a deutet – 1883 kam er in Neustadt bei Coburg ghost long enough...“. In dieser Ausstellung als viertes von neun Kindern zur Welt. Seine soll von ihrer Existenz berichtet werden, von Eltern waren der Unternehmer und Politiker ihrer Kreativität und Phantasie, um ihnen – im damals eigenständigen Herzogtum den Platz in der Geschichte der Comics zu Sachsen-Coburg und Gotha – Max Oscar geben, der ihnen durch ihre künstlerischen Arnold (1854–1938) sowie dessen Frau Leistungen eindeutig zusteht. ■ Emilie (1860–1933), geb. Dorn. Arnold stammte also aus einer wohlhabenden Familie und die meisten seiner Geschwi- ster hatten später in irgendeiner Form mit dem Unternehmen des Vaters zu tun, der einmal der größte Arbeitgerber vor Ort war und dessen Fabriken bis heute in Neustadt präsent sind. Karl Arnold hingegen tat sich schon früh in der Schule schwer, fand aber bei seiner Mutter Verständnis, noch vor dem Abitur an die Industrie- und Gewer- beschule in Neustadt zu wechseln, die sein Großvater Ernst Dorn gegründet hatte. Die künstlerische Begabung kam also wohl eher aus der Familie Dorn. Nachdem Arnold diese Schule erfolgreich absolviert hatte, konnte und durfte er sich 1901 in die Zeichenklasse

16 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee von Professor Karl Raupp an der Akademie Simplicissimus. Arnolds erstes aufwendig der Bildenden Künste München einschrei- illustriertes Buchprojekt wurde dann die ben. Er wechselte dann in die Malklassen Gestaltung und Ausstattung mit Textillus- von Ludwig von Löfftz und schließlich in trationen von Queris Buch, Die Schnurren die von Franz von Stuck, der als jüngster im des Rochus Mang, Baders, Meßners und Lehrerkollegium der Akademie eine bunte Leichenbeschauers zu Fröttmannsau, dem Schar gerade an neuester Kunst interes- Volksmund nacherzählt, im Jahr 1910. Die sierter Studenten um sich versammelte, Zeichnungen dieses in der damaligen Zeit zu den berühmtesten zählen heute Albert beliebten Taschenbuchformats, erinnern Weisgerber und Paul Klee. künstlerisch sehr an Arnolds Vorbild Bruno Arnold wollte also Maler werden, aber Paul, der für Ludwig Thoma vergleichbares wie bei so vielen seiner Generationsge- geschaffen hatte. nossen ergab die günstige Gelegenheit, Während Arnolds Kriegseinsatz ab dem bei Zeitschriften wie Die Jugend und dem September 1914 im besetzten Flandern Simplicissimus mit Zeichnungen erstes Geld ergab sich die Mitarbeit an der von Soldaten zu verdienen, dass aus dem jungen Maler ein für Soldaten geschriebenen, gestalteten Zeichner wurde. Für Arnold war der Stil der und herausgegebenen Liller Kriegszeitung. erfolgreichen Zeichner des Simplicissimus Der Künstler schuf nicht nur zahlreiche zudem ein künstlerisches Vorbild. Neben Zierleisten, sondern in der Beilage Kriegs- Heine waren dies in Arnolds frühen Jahren flugblätter zudem groß reproduzierte Kari- vor allem Bruno Paul und Eduard Thöny. Der katuren. Seine beliebtesten Bilder wurden junge Student genoss intensiv das Schwa- als Kriegspostkarten nachgedruckt und es binger Künstlerleben, hatte zahlreiche erschienen zwei Alben ausschließlich mit Freunde in der Literatenszene und war ein seinen Zeichnungen, die Arnold nicht zu- begeisterter Organisator von Faschings- letzt in der Heimat als einen der führenden festen. Einer seiner besten Freunde vor Karikaturisten seiner Generation etablier- dem Ersten Weltkrieg war der heute etwas ten. Der Künstler konnte vorzeitig, 1917, in Vergessenheit geratene oberbayerische nach München zurückkehren und Teilhaber Mundartdichter Georg Queri. Für eines von der Simplicissimus GmbH werden, in der dessen Theaterstücken gestaltete Arnold seit 1906 die Zeichner und der Verleger sich bereits 1905 den Umschlag. organisiert hatten. Arnold war damit in den Der junge Künstler arbeitete dabei ganz Kreis der inzwischen weit über Deutschland im Stil des Albert Langen Verlags, in dem hinaus berühmten Zeichner vollwertig der Simplicissimus erschien und der in den aufgenommen. Heine, Eduard Thöny und 1890er Jahren eine neue, werbetechnisch Wilhelm Schulz waren fast zwanzig Jahre auffällige Gestaltung seiner Bücher mit von älter als er, so dass Arnold gemeinsam mit Künstlern entworfenen Umschlägen für sein dem ebenfalls in diesen Jahren fest zum literarisches Programm entwickelt hatte. In Simpl stoßenden Erich Schilling die jüngere den folgenden Jahren – Arnold lieferte nun Generation verkörperte. erste Zeichnungen für den Simplicissimus Die folgenden Jahre der revolutionären – gestaltete er auch Bücher für Langen. Er Unruhen und der Wirtschaftskrise nach dem trat damit in diesem Metier ebenfalls in eine Krieg, waren für den Simplicisssimus zwar Reihe mit den etablierten Künstlern des eine von Zensur befreite, jedoch wirtschaft-

17 Und so weiter... Jahresbericht 2012 lich schwere Zeit. Arnold zwang dies trotz Metier ihres zukünftigen Schwiegervaters seiner nun hohen Arbeitsbelastung beim zurückschrecken, der sehr erfolgreich eine Simpl, sich auch andere Einnahmequellen Fabrik für Särge und Urnen aufgebaut hatte. zu erschließen, und die Buchillustration war Arnolds Bilder sind dem Text kongenial und da eine willkommene Ergänzung. Zahlreiche können auch heute die Lust wecken, diesen Buchumschläge entstanden in diesen Jah- vergessenen satirischen Gesellschaftsspie- ren, die es ihm unter anderem erlaubten, gel wieder zur Hand zu nehmen. seine Großstadtbilder und Berliner Themen Zwei weitere intensive Buchprojekte die- in diesem Genre zu verwenden. Zudem ser Jahre sind bis heute erfolgreich und wer- entstanden einige aufwendige Projekte. den immer wieder aufgelegt. Aus Schwabing Das erste war die Zusammenarbeit mit der kannte Arnold schon länger das Multitalent, damaligen Bestsellerautorin Alice Berend, den Vagabunden, Maler und Dichter Joach- die heute weitgehend in Vergessenheit im Ringelnatz. Als der im Münchner Verlag geraten ist, nicht zuletzt, weil sie 1933 von Kurt Wolff zwei Gedichtbände heraus- ins Exil gehen musste und dort verarmt gab, die heute noch zu seinen bekanntesten verstarb. Die Malerin Charlotte Berend ist Werken zählen, übernahm Arnold erneut heute als Ehefrau von Lovis Corinth die die gesamte Gestaltung der Bücher. 1923 berühmtere der beiden Schwestern Berend. erschienen die Turngedichte und das Buch, Alice Berends Roman, Die Bräutigame der das bis heute mit Ringelnatz’ Namen fest Babette Bomberling, war bereits erschienen verbunden ist, Kuttel Daddeldu. Für beide ehe 1922 der Berliner Verleger Samuel Fi- Bände gestaltete Arnold die Umschläge und scher die Idee hatte, das erfolgreiche Buch zeichnete jeweils Bilder, die überwiegend in einer von Arnold bebilderten Version ganzseitig reproduziert den dadaistisch- nochmals herauszugeben. Arnold schuf den persiflierenden Gedichten ein Gesicht Einband, einige farbig gedruckte und beige- gaben. Zu beiden Bänden erschien eine in bundene Tafeln, auf denen die Hauptfiguren Pergament gebundene Vorzugsausgabe, vorgestellt wurden, sowie eine Vielzahl in in der die ganzseitigen Zeichnungen nach mühsamer Detailarbeit gezeichneter Tex- einer Vorlage von Arnold mit Aquarellfarbe tillustrationen. handkoloriert wurden. Die Ausstellung kann Berend hatte seit etwa 1910 eine Reihe neben einer Aswahl an Ideenskizzen und von humoristisch-realistischen Romanen Vorzeichnungen eine Reihe der eigenhändi- geschrieben, die überwiegend im Berli- gen Vorlagen für diese Kolorierung zeigen. ner Bürgertum angesiedelt waren, sowie Das aufendigste und bis heute berühm- Kinderbücher. Ihr ironischer und durchaus teste Buch von Karl Anrold ist sicherlich Das gesellschaftskritischer Stil passte gut zu Ar- Schlaraffenland des Hans Sachs. Es erschien nolds Sicht auf die Welt. Der Roman erzählt 1925 in einer bibliophilen Ausstattung für in einer leicht parodistischen Entwicklungs- eine Buchgemeinschaft, den Berliner Volks- geschichte, wie Anna Bomberling mit zu- verband der Bücherfreunde. Arnold entwarf nehmender Verzweiflung einen passenden hier nicht nur das gesamte Buch von der Ehemann für ihre Tochter Babette sucht. ersten bis zur letzten Seite, sondern schrieb Obwohl die Tochter jung, schön und wohl- sogar den gesamten Text in einer von ihm habend ist, gestaltet sich dies schwierig, selbst kreierten Typographie. Da das Buch weil die Auserwählten regelmäßig vor dem vollständig in sehr präzise kontrolliertem

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Farbdruck erscheinen konnte – für die da- lamentarischen Demokratie ab, ohne die malige Zeit ein außergewöhnlicher Luxus NSDAP ausdrücklich als Alternative zu den –, schuf Arnold durchgehend aquarellierte demokratischen Parteien zu nennen. Im Vorlagen für den Druck. Wie es seit 1918/19 demokratischen Sozialismus der SPD sah für seine Arbeitsweise typisch war, zeichne- aber er eine Ideologie, die den einfachen te er alle Druckvorlagen in Originalgröße, Arbeiter und Angestellten nur paralysiere. was eine besondere Präzision in der Ausfüh- Der Brunnen-Verlag, in dem seine Bücher rung voraussetzte. Auch hier ist der arbeits- erschienen, vertrat auch andere Autoren, reiche Weg von den ersten Bildideen, über die der so genannten »konservativen Re- die Zusammenführung von Text und Bild bis volution« zugerechnet werden und wurde hin zu den direkten Vorlagen für die Repro- von dem überzeugten Nationalsozialisten duktion in der Ausstellung nachvollziehbar. Willi Bischoff geleitet. Nach 1933 schrieb Dass nach 40 Jahren nun wieder einmal die Riemkasten jedoch vor allem Bücher, die gesamte Folge der endgültigen, kolorierten man heute als Ratgeber – zum Skifahren und Zeichnungen gezeigt werden kann, ist ein Photographieren – charakterisieren wür- besonderer Glücksfall. Es war die für Arnold de, sowie unpolitische Jugendbücher und typische Ironie, dass er die schwere Zeit der humoristische Feuilletons. Er publizierte Hyperinflation und Wirtschaftskrise gerade in der Zeitschrift Die Jugend und zwischen mit Bildern des märchenhaften Überflusses 1936 und 1943 im Simplicissimus. 1938 und Wohlstandes beantwortete. illustrierte Olaf Gulbransson Riemkastens In den folgenden Jahren ging es dem Buch Ali – der Kater. Simplicissimus wirtschaftlich wohl wieder In Petereit. Des deutschen Spießers besser und Arnold hatte mit der Arbeit für Bilderbuch, konnte Arnold seine vor 1933 die“ Illustrierte Zeitung - Münchner Illus- erschienen, sich mit der Demokratie kritisch trierte Presse2 sich ein zusätzliches Stand- auseinandersetzenden Bildideen wieder bein aufgebaut. Buchillustrationen spielten verwenden, nur dass sie nun einem Pam- daher erst wieder eine Rolle in seinem Werk, phlet gegen die Demokratie in einer Zeit als sich die wirtschaftliche Lage in der Nazi- dienten, die selbst das Wort »Kritik« auf diktatur wieder erheblich verschlechterte. den Index gesetzt hatte und in der Humor Für Arnold bot sich 1934/35 die Gelegenheit eine gefährliche Angelegenheit war. Argu- mit dem heute weitgehend vergessenen Au- mente gegen demokratische Missstände tor Felix Riemkasten zusammenzuarbeiten. bekamen da eine fundamental ablehnende Riemkasten war eine etwas schillernde Fi- Bedeutung. Für heutige Leser ist sicherlich gur. Er war nach dem Studium der Volkswirt- die zweite Kooperation für das ebenfalls schaft und Philosophie bis 1931 Beamter 1935 erschienene Bändchen Wir bauen uns in Braunschweig und übersiedelte dann als ein Haus, juchhei! angenehmer zu lesen. freier Autor nach Berlin. Ab 1920 publizierte Wiederum in aufwendiger Gestaltung des er Texte, wobei er mit seinen Gedichten auf gesamten Buches mit Umschlag, Schutzum- den Spuren von Christian Morgensterns schlag und zahlreichen Textillustrationen literarischer Figur »Palmström« wandelte. berichten hier Riemkasten und Arnold von In den ab 1930 erschienenen Büchern Der Freud und Leid eines Bauherrn, der seinen Bonze, Genossen und Ist die Linke wirklich Traum vom Eigenheim am Stadtrand ver- noch das Rechte? rechnete er mit der par- wirklicht. Viel Allgemeinmenschliches kann

19 Und so weiter... Jahresbericht 2012 dem Bauherrn von heute immer noch nahe Eröffnung der Ausstellung sein oder demjenigen, der davor zurück- „Wilhelm Busch – populär schreckt, Bauherr zu werden. und unbekannt“ im Olaf Zwei weitere aufwendige Buchprojekte dieser Jahre, Ernst Hoferichter, Das bay- Gulbransson Museum Tegernsee rische Panoptikum, 1935, und Karl Valentin, von Frau Dr. Gisela Vetter-Liebenow Brilliantfeuerwerk, 1938, beide bei Huge- ndubel in München erschienen, stehen hingegen für die Zusammenarbeit mit einem Schriftsteller und mit einem Humoristen, die beide in den Jahren der Nazidiktatur immer mehr ins Abseits gedrängt wurden. Beide Bände sind mit unvermindertem Elan von Arnold vom Umschlag bis zu den Text be- gleitenden Bildern ausgestattet. Er kehrte mit ihnen zum bayerischen Humor zurück, mit dem er bei Queri begonnen hatte. In den Jahren nach 1933 erwies dieser Humor sich Ulrike Leutheusser u. Dr. Gisela Vetter-Liebenow als dezidiert unpolitische, von den Zwängen der Zeitumstände unberührte Unterhal- Wilhelm Busch ist ohne Frage populär tung, wie sie auch so viele Kinofilme der und für nicht wenige ist Wilhelm Busch, Zeit zeigen. Während der »Volkssänger« sind vor allem seine Bildergeschichten eine Weiß Ferdl, den Arnold seit den Jahren in liebe Kindheitserinnerung, die man mit Lille kannte und den er nach 1933 mehrfach sich trägt und zwar meist ein Leben lang. karikierte, im Nationalsozialismus ankam Aber wie vielseitig und reich das Werk des und Erfolge feierte, gehörten Valentin, niedersächsischen Künstlers über „Max und Hoferichter und letztlich Arnold selbst Moritz“ oder „Die fromme Helene“ hinaus zu den lediglich Geduldeten, die sich mit ist, zeigt die Ausstellung „Wilhelm Busch – Kriegsbeginn 1939 immer mehr aus der populär und unbekannt“ mit Preziosen aus Öffentlichkeit zurückzogen – Arnold 1942 der Sammlung des hannoverschen Museums krankheitsbedingt. Die Wertschätzung von „Wilhelm Busch – Deutsches Museum für Arnolds Illustrationen allgemein belegen Karikatur und Zeichenkunst“. noch lange nach dem Tod des Malers im Wilhelm Buschs Zeichenkunst begeistert Jahr 1953 zahlreiche Neuauflagen – von bis heute: die genialen Bildergeschichten den Buchumschlägen für Ludwig Thoma ebenso wie die atmosphärisch dichten bis zum Valentin-Buch. Buchgestaltungen Landschaftsstudien oder das facettenreiche und -illustrationen begleiteten also das malerische Werk. Viele fasziniert aber auch gesamte Werk des Simplicissimus-Zeichners besonders die scharfsinnige, ironisch Karl Arnold, so dass man im Rundgang zugespitzte Enthüllung menschlich-allzu- durch die Ausstellung des Olaf Gulbransson menschlicher Schwächen in seinen Versen Museums zugleich einen Gesamteindruck und Aphorismen – zitierfähig im Poesieal- seiner künstlerischen Entwicklung und bum ebenso wie in der Geburtstagsrede, in Vielseitigkeit bekommen kann. ■ Festtagsreden ebenso wie in politischen

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Debatten. Doch solche Zitierfähigkeit – ren Rundgang durch die Ausstellung – nun und Hanjo Kesting hat es einmal in einer einen kleinen Einblick geben. Würdigung von Wilhelm Busch deutlich In zwei Bänden sind Buschs Briefe ausgesprochen – „hat, wie stets, zwei Sei- erstmals 1968/69 von der Wilhelm-Busch- ten. Sie belegt einerseits, dass Busch zum Gesellschaft veröffentlich worden. Beide festen Inventar, gleichsam zur deutschen Bände sind zwar vergriffen, aber in Biblio- Inneneinrichtung, gehört. Andererseits theken einzusehen und auch in Antiquari- lädt sie dazu ein, den Verfasser von Max aten immer wieder erhältlich. und Moritz als bloßen ‚Humoristen’ gering Kaum erhalten sind allerdings die Briefe, zu schätzen, jederzeit willkommen als Not- die an Busch adressiert waren, denn je gepäck für gesellige Stunden.“ persönlicher sie gehalten waren, um so si- Erstaunlich fest gefügt ist dabei das Bild cherer hat er sie vernichtet. Aber, so konnte von der Person Wilhelm Busch – für viele ist Friedrich Bohne, Geschäftsführer der Wil- er schlicht der „Weise aus Wiedensahl“, der helm-Busch-Gesellschaft bis 1978, bei der sich mit Rauschebart und Schlapphut als Herausgabe der Busch-Briefe feststellen: „lachender Philosoph des Pessimismus“ prä- „Wesentlichen Gedanken bereitet [Busch] sentiert. Dieses Bild scheint unverrückbar ein so zuverlässiges Echo, wichtige Fragen – jedenfalls wird es fortgesetzt beschworen, beantwortet er so korrekt und so ausführ- wie ein Blick in die Busch-Literatur zeigt. lich, über Bücher, die man ihm zugesandt Doch Busch selbst hat uns ja in seiner 1894 und die er dann auch gelesen hat, referiert verfassten biografischen Notiz „Von mir er so konzentriert und so persönlich, daß über mich“ davor gewarnt, dem Anschein sich viele seinem Schreiben auf der Gegen- einfach so zu glauben: „Kein Ding, sieht so seite vorangegangene Formulierungen zwar aus, wie es ist. Am wenigsten der Mensch, nicht rekonstruieren, aber doch immerhin dieser lederne Sack voller Kniffe und Pfiffe. mit ausreichender Genauigkeit bestimmen Und auch abgesehen von den Kapriolen und lassen.“ Masken der Eitelkeit. Immer wenn man was In einem Brief an die Schriftstellerin wissen will, muß man sich auf die zweifel- Marie Anderson, seiner holländischen Brief- hafte Dienerschaft des Kopfes und der Köpfe partnerin zwischen 1875 und 1878, heißt verlassen und erfährt nie recht, was passiert es: „Jede Sprache ist Bildersprache“ – und ist. Wer ist heutigen Tages noch so harmlos, das beweist Busch gerade auch in seinen daß er Weltgeschichten und Biographien Briefen immer wieder. Am 23. November für richtig hält? Sie gleichen den Sagen 1891 schreibt er beispielsweise an Franz und Anekdoten, die Namen, Zeit und Ort von Lenbach: „Der bei Euch so grimmig benennen, um sich glaubhaft zu machen.“ angetretene November hat uns allhier mit Zumindest ein kleiner Schlüssel aber, der freundlicher Hand die Kappen gelüftet vielleicht nicht das Herz, doch die Weste und die Paletots aufgeknöpft. Was weiter des Wilhelm Busch ein ganzes Stück öffnet, erfolgt, soll mir gleich sein. Ich zieh mich steht uns zur Verfügung: Ich meine die über ergebenst zurück ins Gedankenstübchen, 1700 Briefe, die er im Laufe seines Lebens welches stets gleichmäßig erwärmt ist.“ vornehmlich an Verwandte und Freunde Ein weiteres Charakteristikum der Briefe geschrieben hat. In diese Briefe möchte von Wilhelm Busch ist die sich beim Le- ich Ihnen – quasi als Einstimmung auf Ih- sen unwillkürlich bemerkbar machende

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‚klingende’ Sprache. An Nanda Keßler, mit einer „Wettermeldung“: „Blitzblank die Tochter seiner Frankfurter Freundin scheint die Sonne. Es reift übernacht. Die Johanna Keßler, schreibt er am 11. Januar Gummibäume sind vorsichtshalber schon 1904: „Meine liebe Nanda! Für deinen Brief gestern Abend hereingeholt. Leb wohl, liebe aus Heidelberg sag ich Dir besten Dank … Grete! Herzliche Grüße von deinem alten Zu meinem stillen Vergnügen find ich, daß Onkel Wilhelm.“ Im Postskriptum erst teilt du den Schopenhauer von hinten beginnst. er eine Nachricht mit, die ihn angesichts Das ist, glaub ich beinah, ein Naturgesetz seiner engen und innigen Verbindung mit bei den Damen. Die Anfangsgründe sind Johanna Keßler und ihren Töchtern Nanda unbeliebt. …“ und Letty zutiefst erschüttert haben muss: Manche Briefpassagen sind geradezu „Ein furchtbares Unglück ist meinen lieben lautmalerisch komponiert, wie in diesem, Frankfurtern widerfahren. Nanda’s Sohn am 22. November 1891 ebenfalls an Nanda Hudi und sein englischer Vetter sind am Keßler gerichteten Brief: „… in der Wiese- Sonntag vor acht Tagen im Main ertrunken, nau – ein Garten, zwei Häuser, drei anmuthi- bei einer stürmischen Bootsfahrt.“ ge Frauen darin – fast verkramt, so schien’s, Briefe wie dieser bestätigen die Einschät- in der Rumpelkammer der Vergeßenheit zung Friedrich Bohnes, dass Wilhelm Busch – dann plötzlich wieder hervorgeholt und „leicht zu erschüttern“ war. „Er suchte aufgestellt vor meinen leibhaftigen Augen Halt“, so Bohne, „in dem er sich immer wie- – soll’s noch mal weg? – (Nein, weg, ganz der auf die Realitäten zurückzog“, indem er, weg, geht nimmer!) – Oder soll’s gestutzt, so kann man ergänzen, sich des Greifbaren verkürzt, der alte Rahmen verkleinert vergewisserte, um das Unbegreifbare, aber werden? Eins weg daraus? Wegen einer auch das Verstörende oder Ärgerliche, im liebenswürdigen Laune, die vorüberzieht, Zaum halten zu können. Daher vielleicht wie Wolken? Wie schmerzlich wär’s, wie auch immer wieder der Rückzug in die ver- ungerecht! …“ traute und geordnete Abgeschiedenheit Was ist noch kennzeichnend für den von Wiedensahl und später Mechtshausen Briefeschreiber Wilhelm Busch? Der leichte – weg von der hektischen Betriebsamkeit Plauderton zum Beispiel, mit dem Alltäg- Münchens oder Frankfurts. Busch suchte die liches aus der Familie oder vom Wetter Besinnung im „wirklichen“ Leben und wäre mitgeteilt wird, mit dem in vielen Worten auch heute mit Sicherheit kein Freund medi- scheinbar Unverfängliches, großen Raum aler Dauerberieselung. Vielmehr, so Bohne erhält. Hingegen vermerkt er das eigentlich weiter, „zügelte er seine »Reiselust nach der Wichtige manchmal fast nebenbei, oder fügt Grenze des Unfaßbaren« mit einer Ironie, es – vor allem in den letzten Jahren – nur als die er sich auch als Heilmittel verordnete.“ Nachsatz an. So erzählt er am 19. September Noch etwas anderes ist aus meiner Sicht 1905 seiner Nichte Grete Meyer ausführlich erstaunlich: Die interessantesten Briefe von von einer Zugfahrt, berichtet von seinem Wilhelm Busch, die am ehesten Einblick in Aufenthalt in Verden („Im herrlichen alten sein Denken und Fühlen gewähren, sind an Garten, wo das Obst nur so klunkerte, ging Frauen gerichtet: an Johanna Keßler, deren ich häufig spatzieren bei Sonnen= und Tochter Nanda vor allem, aber auch an deren Mondenschein.“), berichtet von seiner Schwester Letty, an Maria Anderson, an Rückkehr nach Mechtshausen und schließt Auguste Gruber, Marie Hesse und vor allem

22 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee in den letzten Jahren an seine Nichte Grete Moral scheint doch am End im tiefsten Bo- Meyer. Vielleicht auch, weil diese Frauen in den der Welt zu wurzeln, und Rücksicht wird ihm immer wieder eine unerfüllte Sehnsucht noch lange rathsam sein, so lästig sie ist.“ anrührten, die sich ihm – besonders Nanda Und an die inzwischen verheiratete Keßler und Grete Meyer – vertrauensvoll Grete Thomsen schreibt er am 1. Oktober öffneten und sich gleichzeitig durch ihn 1906: „Also Schopenhauer demnächst auch neue geistige Welten eröffnen ließen. (vielleicht!) der große, grimme! Du wirst Besonders bemerkenswert ist Buschs ihn, denk ich, bewundern. Eigentlich hat’s Brief vom 24. Oktober 1899 an Grete Meyer: ja nicht viel auf sich mit dem besten Pe- „Liebe Grete! / Sei bedankt für deinen ßimismus. An dem Glücklichen gleitet er nüdlichen Brief. / Du tippst an die religiöse ab, wie Waßer an der pomadisirten Ente, Saite. Ja, da muß ich sagen, was ich schon und der Unglückliche weiß ohne weiters oft gesagt habe: Der Glaube ist so was wie bescheid. / Ich meinerseits nahm Herder, Liebe; er beruht nicht auf Gründen, sondern den Bahnbrecher zur Hand. Obgleich er auf Ursachen. Deshalb ist mit dem Verstande nur 5 Jahre älter als Göthe war, kommt nicht viel zu machen dabei, weder für noch uns sein Deutsch schon lästig veraltet wider, und darum überlaßen wir den Ratio- vor, während es doch andererseits, wo es nalismuß wohl am besten den aufgeklärten sich um Unsagbares handelt, fast modern, Hausknechten und Gemüsefrauen. Zunächst wortreich, nebelhaft, impreßionistisch ist. ist der Verstand für die Bedürftigkeiten des Sein Versuch, im mangelhaften Weltwesen Lebens bestimmt. Wer dann noch welchen die »Vorsehung« verständig zu rechtferti- über hat, nun gut, der mag ihn anwenden, gen, mißlingt natürlich, denn immer bleibt um sich die verzwickten Dinge dieser Welt zuletzt die nüchterne Bauernfrage: Warum ein wenig zurecht zu legen. Gelegentlich, schlägt Gott, der doch allmächtig ist, den ohne Zeit und Arbeit, geht’s freilich nicht. Teufel nicht todt?“ Weiter führt Busch sei- Trotzdem, gefällig wie ich bin, werd ich dir ne Gedanken nicht aus, sondern berichtet gern Rede und Antwort stehn, wenn du nur Grete nun übergangslos: „Wir eßen heuer deine Fragen nicht bunt, sondern bündig den schönsten Zwetschgenkuchen und krie- zu stellen beliebst. Der Bildungsdrang gen viele Töpfe voll Mus. In dieser Hinsicht der Frauenzimmer ist doch nicht mehr ein gesegneter Herbst.“ aufzuhalten, und wer möcht’s ihnen auch Der erste Brief von Wilhelm Busch, der verdenken, daß sie endlich heraus hucken erhalten geblieben ist, ist nach Weihnach- möchten aus der zwängenden Kiepe. Schlau ten 1841 geschrieben worden (und hier genug und betriebsam und hartnäckig sind in der Ausstellung zu sehen). In dem Jahr sie dazu, und durchdringende Stimmmittel also, in dem Busch seinem Onkel Pastor für öffentliche Beredsamkeit finden sich George Kleine in Ebergötzen bei Göttingen ebenfalls. Drollig! Fast in jeder Geschichte, zur weiteren Erziehung anvertraut wurde. die ich letzther zur Hand nahm, fand ich Es ist ein artiger, vielversprechender Brief: ein keckes Tantchen, das einem im Alt- „Um Euch aber doch einen kleinen Beweis zu hergebrachten versimpelten Mannsbilde geben, daß ich in Ebergötzen nicht so dumm überlegen die Meinung sagt. Geht sie aber geblieben, als ich hingekommen bin, und zu freien Thaten über, dann giebt’s in der daß ich meine Zeit nicht müßig hingebracht Regel einen schmerzlichen Knacks. Die alte habe, schicke ich Euch diejenigen Bücher,

23 Und so weiter... Jahresbericht 2012 die ich bisher vollgeschrieben habe.“ die großen niederländischen Meister – eine Sieben Jahre später, Busch ist nun 16 Begegnung, die ihn beflügelt und erdrückt Jahre alt und an der Polytechnischen Schule zugleich. In seinem Brief vom 1. September in Hannover eingeschrieben, schreibt er am 1852 an die „Geliebten Eltern“ klingt er 30. September 1848 an seine „liebe Mama!“: voller Zuversicht: „Ich befinde mich hier in „Ehegestern habe ich mich wieder in die Antwerpen sehr wohl u. kann mich nicht ge- polytechnische Schule aufnehmen laßen, u. nug freuen, daß ich hier mit meinen Malstu- bin für den nächsten Kursus eingeschrieben dien den Anfang gemacht habe. Jeden falls für Elementarmathematik, Chemie, Zeich- lerne ich hier in einem halben Jahre eben nen und Boßiren. Die Elementarmathematik so viel als ich in Düßeldorf in einem ganzen hätte ich meinem Zeugniße nach eigentlich gelernt haben würde. Zwar wird hier die nicht wieder mit zu nehmen brauchen, in- Malerei etwas handwerksmäßig betrieben, deß ich weiß selbst am besten, wie es mit das thut aber nichts zur Sache, denn wenn mir steht. Es ist für mich nicht allen nöthig, man erst eben dieses handwerksmäßige, daß ich den Vortrag verstanden habe, technische so ziemlich in seiner Gewalt hat, sondern mein zukünftiger Lebenszweck so kann man sich nachher desto mehr auf erheischt mehr als das; ich muß ihn auch das geistige legen.“ durchweg u. zu jeder Zeit im Gedächtniße Mit der geradezu mitreißenden Schluss- bereit haben. Dazu ist aber der verfloßene passage dieses Briefes möchte ich meine Cursus viel zu unvollständig gewesen; wie einführenden Worte beschließen und Sie du weißt: wegen der Unruhen [gemeint ist zugleich auf Ihren Rundgang durch die die Revolution von 1848] u. der Krankheit Ausstellung einstimmen. Busch schildert in des zweiten Direktors. Besonders ein Haupt- dieser Passage den Besuch der englischen theil der Elemente, wie die Trigonometrie, Königin Victoria in Antwerpen: „Einen sol- ist so flüchtig vorgetragen, daß es für chen Andrang hat die Kathedrale aber wohl jemanden, der noch unbewandert in Mathe- noch nie erlebt, als bei der neulichen Anwe- matik ist, unmöglich wird, ihn vollständig senheit der Königinn von England. Die Köni- sich zu eigen zu machen. Ich sagte das dem ginn besuchte nämlich auch die Kathedrale, Direkter Karmarsch bei der Aufnahme, was um die dortigen Kunstwerke zu besehen; er sehr günstig aufnahm. Er sagte; es zeuge Prinz Albert, der König v. Belgien u. mehrere von vieler Einsicht.“ kleine u. große Prinzen begleiteten sie. Eine Das hat die Mama sicher erfreut – und Masse Volk (darunter auch ich) stürzte ihr ihr die Erfüllung des Postskriptums wahr- nach, drängend, stoßend, schreiend vive la scheinlich leichter gemacht: „Es würde mir reine, vive le roi. Das wühlte u. tobte in den sehr angenehm sein, wenn Ihr mir etwas großen Räumen der Kirche. Unten auf den Taschengeld schicktet, um davon kleinere Altären standen die alten Weiber, u. oben Ausgaben zu bestreiten; Fanny hat meinen hingen u- kletterten die Straßenjungen. Geldbeutel noch“. Mehrere Große Armleuchter wurden in dem Nach dreieinhalb Jahren verläßt Busch allgemeinen Tumulte zu Boden geworfen. das Polytechnikum – um zuerst in Düssel- Man glaubte nicht in der Kirche, sondern dorf, dann in Antwerpen die Kunstaka- auf dem offenen Markte zu sein, nur mit demie zu besuchen. Sein Ziel: Er möchte dem einzigen Unterschiede, daß jedermann Maler werden! In Antwerpen entdeckt er instinktmäßig seinen Hut abgenommen

24 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee hatte. Ich ließ die Königinn mehrmals dicht „Die Zukunft ist jetzt! Wie an mir vorüber paßiren. Nach den Porträts, die Max-Planck-Gesellschaft die ich von ihr gesehen, hatte ich sie mir mit Grundlagenforschung das ganz anders vorgestellt. Sie ist klein, mager, roth, unansehnlich u. hat durchaus nichts Morgen gestaltet“ - Vortrag königliches in ihrem Äußeren. In ihrem am 12. Februar 2012 schwarzen einfachen Anzuge kam sie mir von Dr. Ludwig Kronthaler, gerade so vor, wie eine alte, verschrumpf- Generalsekretär der Max-Planck- te, unverheirathete Pastorentochter vom Gesellschaft - gekürzte Fassung Lande.“ Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! ■ Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Frau Leutheusser, … ich möchte Ihnen zeigen, dass Grund- lagenforschung nicht nur von Wissenschaft- lern im weißen Kittel im berühmten Elfen- beinturm betrieben wird, sondern auch, wie Sie und ich – wir alle – jeden Tag davon profitieren. Oft ohne dass wir es wissen oder wahrnehmen. Als bekannteste Grundlagenforschungs- organisation in Deutschland ist die Max- Planck-Gesellschaft quasi in aller Munde – und es gibt natürlich viel über uns zu sagen. Mit meinem kleinen Exkurs in das Wun- derreich der Wissenschaften möchte ich Sie mit unserem Wirken und Wollen vertraut machen und Ihnen zugleich die Faszination der Grundlagenforschung nahebringen. Ich verspreche Ihnen: Sie werden später verste- hen, warum ich gerne für die Max-Planck- Gesellschaft, der Forschungsorganisation im Zeichen der Minerva - der römischen Göttin der Weisheit - arbeite. Der Katalog zur Ausstellung ist für € 16,80 in Im letzten Jahr, am 11. Januar 2011, unserem Museumsshop erhältlich. konnten wir als bekannteste deutsche For- schungseinrichtung unseren 100. Geburts- tag feiern. Heute heißen wir „Max-Planck- Gesellschaft“; der Tauf- und Geburtsname unserer Vorgängerorganisation lautete seit der Konstituierenden Sitzung am 11. Januar 1911 bis zur Neugründung im Jahr 1948 „Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft“.

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Widmen wir uns an dieser Stelle jedoch zählt 16.900 Mitarbeiter und zirka 4300 den berühmten Namensgebern: … Auf der Stipendiaten und Gastwissenschaftler. Ihr einen Seite der letzte Kaiser des Deutschen jährliches Budget liegt bei 1,32 Milliarden Reiches, der angesichts eines verlorenen Euro. Krieges und der Revolution in die benach- Und als ob das noch nicht genug wäre: barten Niederlande flüchtete – auf der Wir sind auch präsent in der Welt – mit 5 anderen Seite der zurückhaltende Naturwis- Max-Planck-Instituten im Ausland, zwei senschaftler und spätere Nobelpreisträger, Partnerinstituten, 10 Max Planck Center der mit der Einführung einer Naturkonstan- und mehr als 40 Partnergruppen. te „h“ - dem Planckschen Wirkungsquantum Wie gut wir sind? Nun, da wäre zum – selbst aber eine unerhört kühne, die Beispiel die imposante Liste unserer No- Physik des anbrechenden 20. Jahrhunderts belpreisträger... 17 an der Zahl, darunter revolutionierende These aufstellte. „Die Deutschlands einzige Nobelpreisträgerin Natur macht keine Sprünge“: – Christiane Nüsslein-Volhard. Zählt man Diese Grundannahme der klassischen die 15 Nobelpreisträger der Kaiser-Wilhelm- Physik stand zur Disposition. Erst Albert Gesellschaft hinzu, so kommt man auf die Einstein wagte fünf Jahre später mit sei- stattliche Zahl von 32 Nobelpreisträgern ner Lichtquantenhypothese den nächsten seit 1911. Darunter befinden sich so bekann- Schritt in der Quantentheorie. Er analy- te Namen wie Max Planck, Albert Einstein sierte nämlich 1905 den mit der klassischen oder Otto Hahn. Physik unvereinbaren photoelektrischen Oder die beeindruckende Zahl von 14.000 Effekt und konnte ihn mit Hilfe der Licht- Fachpublikationen. Alleine 30 Prozent aller quantenhypothese erklären- wofür er 1921 Fachartikel aus Deutschland in Science mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeich- und Nature stammen aus den Max-Planck- net wurde. Instituten. Erst nach und nach wurde den Physikern Sie sehen, wir sind überall ganz vorne also klar, dass die Größe „h“ nicht nur für mit dabei. Aber was heißt das eigentlich das Strahlungsproblem von großer Bedeu- konkret? Lassen Sie mich dazu noch einmal tung war, sondern den Schlüssel für atomare auf den Begriff zurückkommen, um den sich Prozesse lieferte. bei der MPG alles dreht – die Grundlagen- Am Anfang unserer Gesellschaft steht forschung. also ein Name, mit dem sich eine Entde- „Man muss Neues machen, um Neues ckung verbindet, deren ganze Tragweite zu sehen.“ und revolutionäre Bedeutung erst sehr viel Der Mathematiker und erste deutsche später erkannt werden konnte. Und das, Professor für Experimentalphysik Georg meine Damen und Herren, ist Grundlagen- Christoph Lichtenberg (1742-1799) brachte forschung. es auf den Punkt: Wer immer nur da denkt Damit wäre der erste Teil der Frage zwar und forscht, wo Ergebnisse kalkulierbar nicht in Gänze beantwortet, aber immerhin sind, wer sich nicht den Spielraum nimmt, hat das Kind einen Namen und wir wissen etwas auszuprobieren, auch wenn der auch warum. konkrete, der anwendbare Nutzen nicht In 81 Instituten ist die Max-Planck- absehbar ist, wird nie auf wirklich Neues Gesellschaft in Deutschland zu Hause. Sie stoßen und keine neuen Welten entdecken.

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Grundlagenforschung mag dem einen 100 Mrd. Euro. Die Lizenzeinnahmen des oder anderen schwer verständlich, abstrakt Max-Planck-Instituts aus dem Patent an und kompliziert erscheinen, ja sogar „ab- Polyethylen belaufen sich auf rund 500 Mio. gehoben“. Aber darum ist sie doch alles Euro. Leider nicht pro Jahr, sondern seit der andere als weltfremd. Denn ohne Grund- Lizenzierung. Geld, das wir natürlich 1 : 1 lagenforschung würde die Welt, so wie wir wieder in die Grundlagenforschung stecken. sie heute kennen, schlicht und ergreifend Und es gibt weitere Forschungsergeb- nicht existieren. Und damit meine ich ganz nisse aus der Max-Planck-Gesellschaft, die konkret unseren Alltag: unser Leben verändert haben. Jedenfalls, Nehmen wir zum Beispiel den Transistor. wenn Sie gerne Kaffee trinken, aber sich Nicht mehr vorstellbar wäre unsere Welt immer viel zu leicht aufregen... ohne ihn. Kurt Zosel hatte erkannt, dass Koffein Wer hätte sich jemals die Vielfalt der An- sich in überkritischem Kohlendioxid lösen wendungen vorstellen können, als 1859 die lässt. Dabei wird das Koffein dem Kaffee Spektralanalyse chemischer Elemente von entzogen und kann anschließend aus dem Kirchhoff und Bunsen entdeckt wurde? Wo- Kohlendioxid gereinigt werden. Dieses Ver- bei vermutlich auch dem einen oder anderen fahren ist eine Alternative zu dem ursprüng- hier im Raum Robert Wilhelm Bunsen zwar lich verwendeten Verfahren (Kaffee Hag), noch aus dem Chemie-Unterricht bekannt das auf einem benzolhaltigen (karzinogen) sein dürfte, aber doch eher aufgrund seiner Lösungsmittel basierte. deutlich weniger spektakulären Entwicklung Grundlagenforschung gibt es aber nicht – des Bunsenbrenners. nur im technisch-naturwissenschaftlichen Oder Karl Ziegler, vom Max-Planck-Insti- Bereich. Das wird immer dann besonders – tut für Kohlenforschung in Mühlheim an der und schmerzlich – deutlich, wenn scheinbar Ruhr, der 1963 gemeinsam mit Giulio Natta, selbstverständliche Grundlagen des Zusam- seinem Kollegen vom Mailänder Polytechni- menlebens in Frage gestellt werden und kum, den Nobelpreis für Chemie erhielt, für neue gefunden werden müssen. die „Ziegler-Natta-Katalysatoren“. Zum Beispiel in Krisengebieten, nach Sagt Ihnen nichts? Konflikten und Bürgerkriegen, wenn nicht Ich wette, dass jeder von Ihnen hier im nur Gebäude, sondern die gesamte Sozial- Raum mindestens ein Teil bei sich hat, das struktur zerstört ist und an die Stelle des ohne die Entdeckung dieser Herren nicht Alten etwas wirklich Neues treten muss. existierte, und auf das Sie nicht verzichten Wenn jeder Versuch der Restauration oder wollten. vorsichtigen Reform zum Scheitern verur- Und weil es hier und heute wohl erlaubt teilt wäre. Die Forscher um Rüdiger Wolfrum ist, die Sache nicht nur bierernst zu neh- beispielsweise wirken an der Richterausbil- men, erlauben Sie mir den Hinweis, dass dung in Afghanistan mit und haben die neue diese Entdeckung ausgerechnet am Institut Verfassung des Südsudan mit ausgearbeitet. für Kohlenforschung bis heute mit Abstand Sie sehen, meine Damen und Herren, am meisten „Kohle“ eingebracht hat: Der die Grundlagenforschung der Max-Planck- weltweite Umsatz an Produkten aus Poly- Gesellschaft umfasst das gesamte Spektrum ethylen und Polypropylen betrug im Jahr der Wissenschaften. 2005 nach groben Schätzungen mehr als Warum? Weil sich in allen diesen Gebie-

27 Und so weiter... Jahresbericht 2012 ten Fragen stellen, auf die wir die Antworten Neugründung wir uns gerade befassen, da nicht wissen, nicht wissen können. Und wir glauben, wichtige Bereiche entdeckt zu mehr noch: Wir können nicht einmal wissen, haben, in denen Grundlagenforschung für ob diese Fragen nicht irgendwann einmal unserer aller Zukunft wichtig ist: lebensentscheidend für uns sein können. So erhält das Max-Planck-Institut für Ein hervorragendes Beispiel ist das Metallforschung einen neuen Schwerpunkt. Plasmagerät zur Sterilisation, das Professor Unter dem gemeinsamen Dach der Erfor- Gregor Morfill und sein Team am Institut für schung intelligenter Systeme finden sich Extraterrestrische Physik entwickelt haben. Projekte, die sich mit der Funktionsweise Ja, sie haben richtig gehört: „extrater- des Gehirns befassen ebenso wie theore- restrisch“. Aber hier handelt es sich nicht tische Forschungen, die sich mit univer- um ein Wundermittel, das aus abenteuer- sellen Prinzipien des Lernens, Planens lichen Weltraumreisen mitgebracht oder und der Selbstorganisation des Verhaltens von Außerirdischen zu uns geschickt wurde, befassen. Forschungen, die schließlich seit sondern um das Ergebnis hartnäckiger und den Anfängen der Alchemie Wissenschaftler kreativer Grundlagenforschung. umtreiben: Kann es gelingen ein Simulac- Aus seiner Beschäftigung mit Plasma- rum, einen Roboter, ein menschen- oder kristallen – dem Grundstoff der Sterne tierähnliches Wesen mit intelligenter Be- – entstand ein Spender für so genanntes gabung zu schaffen? „Kaltes atmosphärisches Plasma“, das in Aber vielleicht müssen wir gar nicht so der Lage ist, selbst Keime abzutöten, die weit gehen: Reicht es nicht schon, dass Ma- gegen Antibiotika resistent sind. Die An- schinen durch Erfahrung lernen? Stellen Sie wendungsmöglichkeiten im privaten und sich vor: Ihre Kaffeemaschine merkt sich, öffentlichen Raum, in Kliniken aber auch wie Sie Ihren Kaffee am liebsten trinken. Zuhause können Sie sich vorstellen. Oder der Industrieroboter, der selbständig Oder aber einer unserer BLOCKBUSTER: seinen Weg durch die Maschinen findet… Axel Ullrich, Direktor am MPI für Biochemie Unser zweites Beispiel mag Sie vielleicht in Martinsried, hat ein Wirkprinzip ent- mehr überraschen: Die Gründung eines deckt, das von einem Pharmaunternehmen Instituts für „Empirische Ästhetik“. Warum zu einem sehr erfolgreichen Krebsmedika- sind ästhetische Erfahrungen zugleich ment entwickelt wurde. Angefangen hat omnipräsent und hoch umstritten? es mit dem Interesse von Herrn Ullrich an Mit unserem neuen Institut schaffen wir zellulären Signalprozessen. Dabei gilt es ein weltweit einzigartiges transdisziplinäres zu verstehen, wie eine Zelle Informationen Zentrum für die Erforschung ästhetischer verarbeitet und weiter gibt. Das ist einer der Phänomene und Erlebnisse – und der damit grundlegenden Punkte im Verständnis von verbundenen Mechanismen des Wertens Krebserkrankungen. und Beurteilens. Wir bringen diejenigen an Zu welchem Ende also betreiben wir einen (Labor-)Tisch, die es wissen sollten: Grundlagenforschung? Künstler, Sozialwissenschaftler und Ge- Die Antwort könnte erneut bestechend hirnforscher. Das ist neu in der Welt der kurz ausfallen: Zu gar keinem! Aber drei Wissenschaft... Beispiele möchte ich Ihnen doch geben für Mein drittes Beispiel nun geht buchstäb- Institute, mit deren Neuausrichtung oder lich uns alle an. Denn dieses Schicksal ereilt

28 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee uns alle und wir alle stellen uns nicht nur die „Die bayerischen Könige“ Frage, wie für uns das Altern ablaufen wird, von Prof. Dr. Hermann Rumschöttel. sondern mehr noch, wie wir im Alter gesund Generaldirektor der Staatl. Archive leben werden… Auch hier – am MPI für Biologie des Bayerns a.D. - Zusammenfassung Alterns - ist der Kern der Forschung: zu des Vortrags vom 5. Mai 2012 verstehen, was geschieht, wie und warum es geschieht, um daraus Erkenntnisse zu Die zahlreichen Veranstaltungen zum gewinnen, die uns ermöglichen, neue Wege 200-jährigen Jubiläum des Königreichs zu beschreiten. Und damit wäre ich wieder Bayern im Jahr 2006, die mehr als 500.000 bei unserem Namensgeber Max Planck, Besucher der Ausstellung über König Lud- der die Fragen, denen ich heute mit Ihnen wig II. von Bayern auf Herrenchiemsee im nachgegangen bin, unübertroffen auf den Jahr 2011, das breite Medieninteresse an Punkt brachte: König Maximilian II. von Bayern anlässlich „Dem Anwenden muss das Erkennen seines 200. Geburtstages im vergangenen vorausgehen.“ Jahr oder die Vorbereitungen auf den 100. Das gilt gleichermaßen für medizinische Todestag von Prinzregent Luitpold von Ba- Verfahren, innovative Materialien für die yern am 12. Dezember 2012 machen deut- Industrie, intelligente Kommunikations- lich: Das 19. Jahrhundert, die Epoche der techniken, Methoden der Daseinsvorsorge Konstitutionellen Monarchie, gehört zu den und des Umweltschutzes. Abschnitten der bayerischen Geschichte, Nahezu jeder Lebensbereich wird heute die in der historischen Erinnerung und im von Erkenntnissen geprägt, die zunächst Bewusstsein vieler Menschen in Bayern be- Grundlagenforscher entwickelt haben. Wir sonders lebendig geblieben sind. Das hängt haben es häufig nur vergessen. Vergessen, wesentlich mit den Persönlichkeiten der weil die Revolutionen von gestern heute so Könige und Regenten zwischen 1799/1806 selbstverständlich sind, wie die Zeitung vom und 1918 zusammen. Jede Regierungszeit Vortag alt ist. trägt politisch und kulturell einen ausge- Aber: Es gibt Ausnahmen. Zum Beispiel den prägt eigenständigen Charakter. „Simplicissimus“. Zum Beispiel die Errun- Wenn man am Tegernsee und im Olaf genschaften bahnbrechender Forscher, die Gulbransson Museum über die bayerische ich Ihnen heute präsentiert habe. Königsfamilie spricht, wird man von einem Warum? Was macht beides so einzigartig? ganz besonderen genius loci beflügelt. Der Vielleicht sind es vor allem drei Dinge: erste bayerische König hat die Klosterge- Der Weitblick, zu erkennen, dass es etwas bäude erworben und von Klenze zu einem jenseits der bekannten Grenzen gibt. Sommerschloss ausbauen lassen. Später Der Mut, gegen den Strom zu schwimmen. kamen Wildbad Kreuth, Kaltenbrunn und Und die Begabung, es zu tun. der Bauer in der Au dazu. Bayerns erste Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksam- Königin Karoline hat – ebenso wie später keit! ■ Prinz Karl - regelmäßig in Tegernsee gelebt. Seit 1875 residieren hier die Herzöge in Ba- yern. Auch das gegenüber liegende, heute der Max-Planck-Gesellschaft gehörende

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Schloss Ringberg ist Teil der wittelsbachi- Herrscher und die königliche Familie, das schen Geschichte. Und nicht zuletzt Olaf Haus Wittelsbach. Gulbransson: Immer wieder hat er sich Die Verfassungsurkunde von 1818 mit im „Simplicissimus“ mit Wittelsbachern den Veränderungen von 1848 schufen eine beschäftigt. moderne konstitutionelle Grundordnung, Die Familie der bayerischen Könige des die den verfassungsrechtlichen Rahmen der 19. und 20. Jahrhunderts, das Haus Wittels- politischen Verhältnisse im Königreich Bay- bach, regierte Bayern seit dem Jahr 1180. ern bis zu dessen Ende im November 1918 Die beiden Hauptlinien dieses europaweit bildete. Sie sicherte die Grundrechte, so die verzweigten Herrschergeschlechts waren Freiheit der Person, des Gewissens und der zwar seit 1777 wieder vereint, nachdem Meinung, die Gleichheit vor dem Gesetz und die pfälzische Linie das Erbe der ausgestor- bei der Besteuerung sowie den Schutz des benen altbayerischen Wittelsbacher ange- Eigentums. Der Monarch als Oberhaupt des treten hatte. Aber der kurpfalz-bayerische Staates vereinigte alle Rechte der Staatsge- Gesamtstaat erlebte durch die politischen walt in seiner heiligen und unverletzlichen Erschütterungen und territorialen Ver- Person. Er stand an der Spitze der Gesetz- schiebungen im Gefolge der Französischen gebung, der Verwaltung und der Recht- Revolution (1789) so tief greifende Verän- sprechung, seine allumfassende Gewalt derungen, dass sich die bayerischen Herr- war jedoch durch die Bestimmungen der scher seit Beginn des 19. Jahrhunderts vor Verfassung gleichsam gebändigt. Dadurch der Aufgabe sahen, einen neuen Staat, ein stand er nicht über dem Königreich Bayern, „Neues Bayern“ zu schaffen. Vom 1. Januar sondern war als Oberhaupt Teil des Staates. 1806 an konnten sie das als Könige tun, Zu seinen besonderen Rechten gehörte denn als Bündnispartner des französischen die Berufung und Entlassung des Gesamt- Kaisers Napoleon war das Kurfürstentum ministeriums, also der zunächst nur ihm zum Königreich erhoben worden. verantwortlichen Minister. Das Parla- Das Staatsgebiet Bayerns ist zwischen ment, die Ständeversammlung (ab 1848 1799 und 1817 um 25 % oder 15.000 qkm meist Landtag genannt) mit ihrem echten gewachsen, die Bevölkerungszahl stieg im Zweikammersystem, bestand aus der die gleichen Zeitraum von 1,9 auf 3,7 Millio- soziale Führungsschicht des Königreichs nen. Die altbayerischen Gebiete Ober- und repräsentierenden Kammer der Reichsräte Niederbayerns sowie der Oberpfalz bildeten und der aus allgemeinen, zugleich jedoch nun zusammen mit den neubayerischen das Besitz- und Bildungsbürgertum pri- Territorien in Schwaben, Franken und der vilegierenden Wahlen hervorgehenden Rheinpfalz ein Staatswesen, in das die Kammer der Abgeordneten. 1906 erhielt Teile ihre unterschiedliche geschichtliche das Königreich ein höchst fortschrittliches Entwicklung und die stark differierenden Wahlrecht. Das traditionelle Zweiparteien- gesellschaftlichen und politischen Struk- system in der Kammer der Abgeordneten - turen einbrachten. Bayern ist zu Beginn der konservativ-katholischen, bäuerlichen, des 19. Jahrhunderts wenig mehr als die föderalistisch bis partikularistischen und Summe seiner Teile, ein heterogenes Ge- antiliberalen Patriotenpartei (Bayerische meinwesen ohne innere Bindungskraft, Zentrumspartei) standen die liberalen zusammengehalten vor allem durch den Gruppierungen, insbesondere die Fort-

30 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee schrittspartei gegenüber – differenzierte zugleich als der eigentliche Träger des sich erst in der Prinzregentenzeit vor allem staatlichen Willens verstehende Regierung, mit dem Bauernbund und der Sozialdemo- das Gesamtstaatsministerium; drittens der kratischen Partei. Beide waren seit 1893 im einflussreiche Kabinettssekretär bzw. der Landtag vertreten. Vorstand der Geheimkanzlei (manchmal Die Rechte des Parlaments (Steuern, als „mächtigster Mann im Staat“ tituliert), Haushalt, Kontrolle, Mitwirkung an der viertens die beiden Kammern und nach Gesetzgebung) waren im Vergleich zu denen 1866/1870 schließlich fünftens Preußen des Monarchen deutlich eingeschränkt. und das Deutsche Reich, das ist das kom- Die von der Verfassung dem Monarchen plizierte Herrschaftssystem, in dem die zugesprochenen Rechte und Pflichten bayerischen Regenten agieren mussten. verlangten nach einer starken, aktiven, Die politischen Hauptthemen im Bayern regierenden Herrscherpersönlichkeit. des 19. Jahrhunderts, mit denen sich alle Konnte oder wollte der Monarch den ihm Herrscher beschäftigen mussten, waren zustehenden Machtrahmen nicht füllen, wie zunächst einmal das Zusammenwachsen, das seit 1848 in Bayern zunehmend der Fall die Integration und die Modernisierung war, erhielten das Ministerium – also die des Landes, dann der Ausbau und die Minister und die hohe Ministerialbürokratie Sicherung der Souveränität des Staates, –, sowie (mit rückläufiger Tendenz) der als ferner die deutsche Frage, das Verhältnis Beratungsorgan des Königs fungierende des Staates zur Kirche und die Zunahme Staatsrat sowie das „Büro des Regenten“, der sozialen Probleme und schließlich der das Kabinettsekretariat (später: die Ge- gesellschaftlich-wirtschaftlich-technische heimkanzlei) Regierungsaufgaben, die Strukturwandel. ihnen die Verfassung eigentlich nicht zubil- König Max I. Josef (1799-1825) sicherte ligte. Die Verfassungswirklichkeit entfernte in der napoleonischen Umbruchzeit Bayerns sich allmählich vom Verfassungsrecht. Existenz und machte es zu einem großen Die Schere zwischen dem Parlament, in deutschen Mittelstaat zwischen Öster- erster Linie der konservativer Landtags- reich und Preußen. Das Ziel der politischen mehrheit einerseits und dem „ministeriellen Aktivitäten, deren Fäden bei Maximilian Herrschaftskomplex“ andererseits, öffnete Freiherr (ab 1809 Graf) von Montgelas, dem sich auch deshalb immer weiter, weil sich leitenden Minister zusammenliefen, war Regierung und Regierungsapparat nicht als ein homogener, integrierter und moderner Exekutive des Parlaments verstanden, son- Staat mit innerer und äußerer Souveränität, dern als wichtigstes Instrument, als Beauf- ein Königreich mit zeitgemäßer Verfassung. tragte des Monarchen und des Königreichs, Der bemerkenswert erfolgreiche Weg zu in deren „wohlverstandenen Interesse“ sie dieser konstitutionellen Monarchie führte im Geist der Montgelas-Administration des in Bayern vom aufgeklärten Absolutis- frühen 19. Jahrhunderts agieren. Mit oder mus zunächst hinein in einen von Beam- ohne Weisung von höchster Stelle. ten getragenen, die Modernisierung oft Erstens die konstitutionell gebändigte, rücksichtslos betreibenden Staats- oder aber zumindest theoretisch immer noch Verwaltungsabsolutismus. Erst nach dem umfassende Monarchenrolle; zweitens Sturz des „aufgeklärten Despoten“ Mont- die vom Herrscher eingesetzte und sich gelas (1817) eröffnete der König mit der

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Verfassungsurkunde von 1818 insbesondere stärkte die Stellung der beiden Kammern durch die neuen parlamentarischen Körper- der Volksvertretung, also der Kammer der schaften Teilen der Gesellschaft politische Reichsräte und der Kammer der Abgeord- Mitwirkungsmöglichkeiten. Im Zeitalter neten, und verbesserte das Wahlrecht. Mit von Max I. Josef erhielt das Neue Bayern seiner Justizreform gelangt dem Königreich stabilisierende Konturen, die bis heute Bayern ein großer Schritt auf dem Weg zum erkennbar geblieben sind. Bei seinem Tod modernen Rechtsstaat. durfte man die äußere Staatsgründung als Eine beispiellose Förderung der Geistes-, abgeschlossen betrachten. Natur- und Ingenieurwissenschaften ist Dem Nachfolger von Max I. Josef, König Ausdruck seiner Überzeugung, dass der Ludwig I. (1825-1848), ging es vor allem „Rohstoff Geist“ für die weitere gewerb- um die innere Staatsgründung. Er wollte liche, technische, industrielle und mentale mit seiner Integrationspolitik die Köpfe und Entwicklung des Königreichs von zentraler die Gefühle der Menschen erreichen und die Bedeutung sei. Bei seinem „Kampf um die vielfach auf Zurückhaltung oder Widerstand besten Köpfe“ und einer Exzellenzpolitik, stoßenden rationalen staatlichen Struk- der unter anderen die Stiftung Maximiliane- turen menschlicher gestalten. Tradition und um ihre Entstehung verdankt, ging es ihm Geschichte sollten ebenso einen Beitrag zu darum, den kulturellen und wissenschaft- einem bayerischen Identitäts- und Staats- lichen Standard Bayerns auf die Höhe des gefühl leisten wie der Glanz der Kunst oder Jahrhunderts zu heben. Das Land sollte das stolze Erscheinungsbild der Haupt- und dadurch eine Stärke erhalten, die auf dem Residenzstadt München. Seine von einem machtpolitischen oder militärischen Sektor starken monarchischen Selbstbewusstsein nicht zu erreichen war. Bayerns Glanz wird getragene patriarchalische, ja geradezu ab- Preußens Gloria entgegen gestellt. solutistische Art zu herrschen, zu regieren, Den außenpolitischen Herausforde- zu verwalten und zu kontrollieren verschärf- rungen in einem zunehmend von preußisch- te die politischen Konflikte des Vormärz, österreichischen Spannungen geprägten die in den revolutionären Vorgängen des Deutschen Bund begegnete der König mit Jahres 1848 mündeten. Auf sie reagierte der so genannten Triaspolitik, als deren Ludwig I. mit seinem Rücktritt. Dennoch ist zentrales Element er sich ein starkes und nicht zu übersehen, dass sich in seiner Re- stabilisierendes „Drittes Deutschland“ mit gierungszeit der innere Zusammenhalt des Bayern an der Spitze vorstellte, eine selb- Königreichs Bayern deutlich verfestigt hat. ständige Kraft zwischen und neben dem König Maximilian II. (1848-1864) stellte Königreich Preußen und dem österreichi- die wirtschaftlichen, sozialen und außen- schen Kaiserreich. politischen Zukunftsperspektiven Bayerns Dass diese Außenpolitik nicht die nötige in den Mittelpunkt seines politischen Resonanz bei den beiden großen Mächten, Handelns. Am Anfang stand eine breite aber auch bei den deutschen Mittel- und Reformgesetzgebung als Reaktion auf die Kleinstaaten fand und letztlich scheiterte, Revolution von 1848. Agrarreform und mehrte unmittelbar die umfangreiche Bauernbefreiung, zu Beginn des Jahrhun- politische Problemliste, die die Regie- derts eingeleitet, brachte er zu einem vor- rungszeit König Ludwig II. (1864-1886) läufigen Abschluss. Eine Parlamentsreform bestimmte. Die „deutsche Frage“ stand

32 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee auf dieser Liste neben der auch in Bayern regent nachfolgte und der Bayern über 26 drängender werdenden „sozialen Frage“, Jahre lang regierte (1886-1912), dass sich dem spannungsreichen Verhältnis von Staat die bayerische Monarchie rasch wieder und Kirche und der von den gerade entste- stabilisierte. Es war vor allem die politische henden politischen Parteien gewünschten und gesellschaftliche Wirkung der Persön- Fortentwicklung der parlamentarischen lichkeit des Prinzregenten, die ihm Respekt Mitwirkungsmöglichkeiten ganz oben. In und Verehrung verschaffte. Bemerkenswert der Weise, wie das mächtige Königreich ist auch die von ihm vorgegebene und prak- Preußen und dessen führender politischer tizierte kooperative Partnerschaft Bayerns Kopf, Otto von Bismarck, die so genannte mit dem Deutschen Reich auf der Grundlage kleindeutsche, also Österreich ausschlie- einer klaren politischen, ressentimentfreien ßende nationalstaatliche Lösung voran- Haltung und stets redlichen Gesinnung. trieb, ging es bei der „deutschen Frage“ Bewusst oder unbewusst: Luitpold hat auch und wieder einmal um die Existenz des die Strukturen und Mechanismen, die souveränen Königreichs Bayern. Es ist nicht Gesetzmäßigkeiten der konstitutionellen weniger als die nach der napoleonischen Monarchie unter den gesellschaftlichen, Zeit schwierigste Phase der bayerischen politischen und wirtschaftlichen Bedin- Geschichte, in der Ludwig II. an der Spitze gungen des ausgehenden 19. Jahrhunderts des Königreichs stand. in Bayern und Deutschland, also die Ver- Eine nicht abgeschlossene Vorbereitung fassungswirklichkeit akzeptiert und sein auf die Regierungsaufgaben, die er mit 18 politischen Handeln daran ausgerichtet. Jahren übernehmen musste, sein unzeitge- Unteren anderen durch sein besonderes mäß absolutistisches Herrschaftsverständ- System der Politikberatung im Rahmen nis, seine Menschenscheu, sein „Leiden“ der Geheimkanzlei, ein großzügiges Ge- an der von ihm mitgetragenen Gründung währenlassen des Ministeriums und des des Deutschen Reiches 1870/71 und dem Regierungsapparats bei gleichzeitiger damit verbundenen Souveränitätsverlust, allmählicher Abkehr von dessen einseitiger sein starkes Interesse an Bauen, Kunst und liberal-staatskonservativer Ausrichtung, Musik, sein labiler Gesundheitszustand – um insbesondere hinsichtlich der Berücksichti- nur das Wichtigste zu nennen – erschwerten gung der Mehrheitsverhältnisse im Landtag, oder behinderten seine politische Arbeit, und durch eine stete monarchische Präsenz der er aber dennoch bis an die Schwelle und Repräsentation. Dadurch, dass er sich seines frühen Todes nachzukommen suchte. auf ein repräsentatives Königreich einließ, Aber nicht nur seine Entmachtung und sein hat er die konstitutionelle Monarchie in Tod im Jahr 1886 werden zu einer ernsten Bayern gefestigt. Am Ende seines Lebens Belastungsprobe der Monarchie und des hat er sich sogar davon überzeugen lassen, Hauses Wittelsbach. Auch seine Regierungs- dass eine weitere und parlamentarisie- praxis und die Beurteilung seiner Person als rende Anpassung zwar nicht im Interesse Herrscher blieben nicht ohne Einfluss auf des Deutschen Reichs, aber im Interesse die politische Stimmung in der Bevölkerung. der Monarchie in Bayern notwendig ist. Es gehört zu den größten Leistungen Die Ernennung Hertlings im Jahr 1912 war seines Onkels Luitpold von Bayern, der im in letzter Konsequenz der Versuch, dem Alter von 65 Jahren Ludwig II. als Prinz- Königreich Bayern einen konstitutionell-

33 Und so weiter... Jahresbericht 2012 parlamentarischen Charakter zu verleihen, rischen Monarchie eröffnete Chance hielt das monarchische Prinzip zu erhalten und der enormen Belastungsprobe des Ersten zugleich der Volkssouveränität politische Weltkriegs aus einer ganzen Reihe von Spielräume zu öffnen. Eine Art Quadratur Gründen nicht stand. Einige dieser Gründe des Kreises. Egal, ob die Protagonisten das reichen bis in die Prinzregentenzeit zurück, wollten oder nicht. andere hängen mit der Geschichte des Wenn man das Königreich Bayern am Deutschen Reichs in einem engeren Sinne, Ausgang der Prinzregentenzeit nicht vom die meisten mit dem Krieg zusammen. Aber November 1918 und der Revolution am Ende dass in Bayern Anfang November 1918 der des Ersten Weltkriegs her sieht, sondern erste deutsche Thron stürzte, ist von dieser die Zukunftsfähigkeit aus der Zeit heraus Option her gesehen nicht Ausdruck einer zu beurteilen versucht, dann muss man besonderen Rückständigkeit des monar- von einem bemerkenswerten politischen chischen Systems, sondern im Gegenteil ein System ausgehen. Durch seinen konstitu- Indiz dafür, dass hier Staat und Gesellschaft tionell-parlamentarisch-repäsentativen spätestens seit der Prinzregentenzeit schon Charakter, das fortschrittliche Wahlrecht, einen Schritt weiter waren als anderswo. ■ die kommunalen Handlungsmöglichkeiten und die Reformmentalität bis weit in die Arbeiterbewegung hinein stand das König- reich Bayern, trotz aller unübersehbarer „Das Goethe-Institut im politischer und gesellschaftlicher Span- fantasievollen Gespräch nungen, Verwerfungen und Umbrüche in mit der Welt“ - Vortrag im gewisser Weise an der Spitze der deutschen Staaten mit einer deutlichen Option auf Olaf Gulbransson Museum die Zukunft der Monarchie. Das ist auch Tegernsee, 16. September 2012 Ausdruck der eigenständigen Komponen- von Prof. Dr. h.c. Klaus- ten Bayerns im Deutschen Reich, dessen Dieter Lehmann, Präsident spätwilhelminischer Zustand weit weniger des Goethe-Instituts Zukunftsfähigkeit erkennen lässt. Prinzregent Ludwig, ab 1913 König Mehr denn je sind in der internationalen Ludwig III., hatte ein bemerkenswertes Wahrnehmung Kultur, Bildung und Wis- Verständnis für die wirklichen Herausforde- senschaft entscheidende Indikatoren für rungen des beginnenden 20. Jahrhunderts. Zusammenarbeit und Zusammenleben, oder Persönlich interessierten ihn am meisten noch zugespitzter ausgedrückt, für Überle- Fragen der Wirtschafts-, Verkehrs-, Agrar- ben. Innen und außen sind keine getrenn- und Energiepolitik sowie die Entwicklung ten Welten mehr, sie bedingen einander. der modernen Technik. Es war sein Schick- Die Welt hat sich entscheidend verändert sal, dass auf eine lange und aktive Vorberei- und unsere Gesellschaften stehen an einem tungszeit eine viel zu kurze Regierungszeit Wendepunkt. Globalisierung und Moderni- mit einem den 70-jährigen König letztlich sierung haben nicht zu einer einheitlicheren überfordernden Weltkrieg folgte. Welt geführt. Sie ist im Gegenteil wieder Die vor allem von Prinzregent Luitpold, stärker segmentiert. Diese Entwicklung aber auch von dessen Sohn der baye- ist kein vorübergehendes Phänomen. Der

34 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee globale Wettbewerb hat inzwischen eine mäßen Bedienungsanleitung, einer Kompe- veränderte Beteiligung der Macht- und tenz und Urteilskraft. Gerade weil diese Welt Einflusssphären geschaffen. Neue Zentren so viel Unterschiede, Ungleichzeitigkeiten und veränderte Peripherien sind entstan- und Brüche zeigt, weil sie ein hohes Maß an den, mit Megastädten und unproduktiven Anpassungsfähigkeit und Veränderungsbe- Wüsten, mit abgeschotteten Parallelwelten reitschaft der Menschen abfordert und die und radikalen Auf- und Umbrüchen, mit Integrationsfähigkeit von Gesellschaften Übersprungeffekten des rein ökonomischen auf eine harte Probe stellt, sind Weltformeln Denkens auf alle Lebensbereiche, mit post- oder weltumspannende Steuerungssysteme kolonialen Staaten, die vor großen sozialen nicht die Lösung. Es muss im Gegenteil ein und politischen Herausforderungen stehen. Weg gefunden werden, der ein kritisches, Weltweit werden Migrationsströme ausge- fantasievolles Gespräch mit und in der Welt löst, die sich durch die unterschiedliche ermöglicht, der unsere starren Klischees demographische Entwicklung in Europa und hinterfragt und der sich glaubwürdig um in den Schwellen- und Entwicklungsländern einen Dialog bemüht. noch beschleunigen, Wirtschafts- und Fi- Eine Außenpolitik, die sich diese natür- nanzkrisen werden erlebt und erlitten. Das liche Offenheit der drei Segmente Kultur, Bevölkerungswachstum wird sich exponen- Bildung und Wissenschaft zu eigen macht tiell fortsetzen, die Weltbevölkerung wird und sie zum Inhalt einer partnerschaft- bis 2020 um rund eine Milliarde zunehmen, lichen, langfristigen und nicht nur von im Gegensatz zum schrumpfenden Europa. ökonomischen Interessen getriebenen Péter Esterházy fragte vor kurzem bei Auswärtigen Kultur-, Wissenschafts- und einer Literaturpreis-Rede in Berlin, ob diese Bildungspolitik ausgestaltet, hat eine inno- so genannte globalisierte Welt überhaupt vative und glaubwürdige Basis. Eine solche lesbar ist, denn die Übersetzung oder die Basis garantiert den Erfolg nicht, ohne sie Dialogfähigkeit ist nur möglich, w e n n sie geht es aber auf keinen Fall. Sie ermöglicht lesbar ist. Und er fuhr fort: „Globalismus die Entwicklung von Alternativen statt der und Provinzialismus wachsen miteinander, Fixierung auf Konflikte, sie ermöglicht die Offenheit wächst und auch die Zahl derer Prozess statt Stillstand, sie macht genü- wächst, die ihr mit Argwohn begegnen. Der gend selbstkritisch durch die Kenntnis des Provinzialismus ist kein Privileg der kleinen Anderen. Länder, er ist bei den großen bloß schwerer Ralf Dahrendorf und Hildegard Hamm- zu bemerken, weil die Provinz groß und Brücher haben als Staatssekretäre im reich ist. Die Tiefe des Provinzialismus birgt Auswärtigen Amt den entscheidenden Satz keine Engstirnigkeit, sondern Angst – Angst geprägt: „Was wir geben ist nur so viel wert vor der Welt, die tatsächlich Angst erregend wie unsere Bereitschaft zu nehmen. Offen- genug ist. Daher rührt die Aggressivität heit für andere ist daher ein Prinzip unserer des Provinzialismus.“ Es geht also um die Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.“ Lesbarkeit der Welt. Und der frühere Außenminister Hans- Es genügt dafür nicht, nur eine riesige Dietrich Genscher hat im Hinblick auf die Wissens- und Informationsmaschine in führende Rolle Deutschlands als Wirt- Gang zu halten. Es bedarf einer verständ- schaftsstandort gesagt: „Deutschland ist lichen, nutzerfreundlichen und zeitge- nicht nur eine führende Wirtschaftsnation,

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Deutschland ist eine Kulturnation. Das Natürlich gab es auch Skandale und Auf- allein verbietet eine Ökonomisierung des regungen. Kultur ist nicht unpolitisch und Deutschlandbildes in der Welt. Deshalb ist nicht gefällig, sondern durchaus wider- die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik ständig. Dabei hat übrigens die Karikatur mehr als schmückende Beigabe unserer für die Programme des Goethe-Instituts Außenpolitik, und schon gar nicht ist sie immer eine große Bedeutung gehabt – bis eine ästhetische Form der Außenhandels- heute. Manche erinnern sich vielleicht an förderung.“ die provokanten Plakatkampagnen von Diese Grundpositionen bestimmen sehr Klaus Staeck. Mit ihm zeigen wir jetzt eine klar die Arbeit des Goethe-Instituts, das Ausstellung in Weißrussland. als größter Kulturmittler Deutschlands mit Die Karikatur als satirische Darstel- einem weltweiten Netz von 149 Instituten lungsform, die gesellschaftspolitische in 93 Ländern tätig ist, und dem man auf- Fragestellungen unverblümt aufgreift und grund seiner Unabhängigkeit zutraut, ein verhandelt, eignet sich sehr gut für Aus- aktuelles Bild Deutschlands glaubwürdig zu stellungen und thematische Diskussionen, vermitteln und tragfähige Partnerschaften übrigens auch für das Internet. Wir haben in einzugehen. 2011 ist das Goethe-Institut 60 Deutschland eine sehr reiche Tradition der Jahre geworden. Zwei Jahre nach Gründung Karikatur – zu deren wichtigsten Vertretern der Bundesrepublik nahm es seine Arbeit auch Olaf Gulbransson gehört. Heute führen von München aus auf, als Kulturinstitut Satiremagazine wie Eulenspiegel(1954) mit eigener Rechtspersönlichkeit und durch oder Titanic(seit 1979) sie fort. Eine be- einen Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen deutende Rolle nimmt heutzutage auch Amt verbunden. Eine ungewöhnliche Ent- die vielfältige und sehr aktive Comicszene scheidung für die junge Republik, die Aus- in Deutschland ein, die immer stärker auch wärtige Kultur- und Bildungsarbeit in die die politischen Tendenzen der Karikatur Hände einer unabhängigen Organisation zu aufgreift und sich als ernstzunehmendes legen – übrigens ein eingetragener Verein. Kunstgenre behauptet. Das Goethe-Institut Aber genau diese Unabhängigkeit trug hat sich dieser Entwicklung angenommen sehr zu ihrer Glaubwürdigkeit bei. Die Dis- und den Austausch mit anderen Ländern kursfähigkeit zieht sich wie ein roter Faden gefördert. Es betreibt eine eigene Internet- durch die sechzig Jahre Goethe-Institut Plattform „Deutschsprachige Comics“. In und auch die Erkenntnis, dass sich Kultur Russland sind wir aktiv mit politischen Co- nicht zum Wettbewerb der Systeme eignet mics, ebenso in Südostasien oder in Mexiko. sondern zum gleichwertigen kulturellen Seit Juni tourt das Ausstellungsprojekt „Die Austausch. Es kann nicht um „Häppchenkul- Macht der Zeichnung“, eine Zusammenar- tur“ gehen, wenn man Deutschland im Aus- beit des Goethe-Instituts mit der Caricatura land präsentiert, auch nicht um einseitigen Kassel, durch Lateinamerika. Export. Es geht darum, Erwartungen vor Ort Die Erfolgsgeschichte enthielt nicht nur und eigene Möglichkeiten zu partnerschaft- Kapitel über die Leichtigkeit des Seins, lichem Arbeiten zu verknüpfen. Die großen sondern auch Kapitel über die Mühen der Autoren, Künstler und Philosophen waren Ebenen, so die drastischen Schließungen für Deutschland auf den Podien der Welt, Ende der neunziger Jahre oder die harten aber auch die jungen Neuentdeckungen. Strukturreformen. Aber heute steht das

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Goethe-Institut mit einer beeindruckenden förderung können die Vielfalt der Kulturen Bilanz da und es gibt längst eine frakti- verständlich machen. Europa ist weder ein onsübergreifende Allianz der Kultur- und Schmelztiegel noch eine Salatschüssel, Außenpolitiker im Deutschen Bundestag. sondern ein Mosaik – eine Komposition Das Modell hat sich bewährt. aus Teilen und Farben, zusammengehalten Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik durch einen verbindenden Untergrund und beginnt für das Goethe-Institut schon in einen Rahmen – demokratische Grundord- Deutschland. Die 13 Institute in Deutsch- nung, Verfassungsstaat und praktiziertes land sind wichtige bildungspolitische Part- friedliches Zusammenleben aufgrund ge- ner bei der Integration von Migrantinnen meinsamer Überzeugungen. und Migranten und der Qualifizierung von Mit dieser Nahkompetenz gewinnt man ausländischen Fachkräften. Derzeit gibt es auch die nötige Fernkompetenz für die maßgeschneiderte Bildungsangebote für weltweiten Aufgaben der Auswärtigen junge hoch qualifizierte Menschen, die in Kultur- und Bildungspolitik. Die Schwel- Südeuropa aufgrund der Jugendarbeitslo- len- und Entwicklungsländer haben eine sigkeit von mehr als 50% keine Perspektiven zunehmende Bedeutung gewonnen. Die haben und für die Deutschland und Europa Programme der Goethe-Institute zum eine Chance sind. Mobilität wird zu einem Beispiel richten sich an Bildungs- und Kennzeichen des 21. Jahrhunderts und das Kulturakteure. Hier geht es um die Qualifi- Goethe-Institut unterstützt diese Mobilität. zierung und Förderung von Filmemachern, Deutschland hat als Mittelland hier Verlegern, Kulturjournalisten, um den eine besondere Verantwortung für einen Aufbau einer kulturellen Infrastruktur, um gemeinsamen Kulturraum. Europa ist mehr die Organisation von Kongressen und zivil- als Euroland, es ist ein Kultur- und Bildungs- gesellschaftlichen Initiativen. Im Maghreb projekt. Während das marktwirtschaftliche und im Nahen Osten hat das Goethe-Institut System früher meist nur ein Segment des beim Aufstand gegen die autokratischen Lebens betraf, nämlich die Produktion von Herrscher eine wichtige Rolle gespielt. Ich Waren und Dienstleistungen, so erleben erinnere nur an die Tahrir-Lounge in Kairo, wir heute im großen Stil ökonomische in der sich die jungen Intellektuellen trafen. Einflüsse auf alle Lebensbereiche. Alles Aber mit dem Umsturz ist die Zukunft noch hat sich dem Prinzip des Nützlichen und nicht gewonnen und die Radikalisierung Gewinnbringenden unterzuordnen. Jür- nicht gebannt. Die Transformationsgesell- gen Habermas spricht von einer Koloni- schaften sind für das Goethe-Institut, die alisierung der Lebenswelten. Man kann anderen Kulturmittler und für die wissen- das sehen beim Sport, bei der Freizeit, schaftlichen Austauschprogramme eine bei der Kultur, auch beim Quotendenken wichtige Zukunftsaufgabe, und hier ist es der Sendeanstalten. In der Krise wird die besonders die Bildungsarbeit mit den jun- politische Entscheidungsmöglichkeit zu- gen Menschen, mit der die Kenntnis über sätzlich durch die Verselbständigung von internationale Entwicklungen unterstützt Sachzwängen ausgehebelt. Künstlerische wird. Gemeinsames Lernen und Arbeiten Positionen, Prozesse und Produktionen zu werden immer wichtiger. europäischen Themen müssen eine kreative Deshalb muss eine langfristig angelegte Basis formen, Literatur- und Übersetzungs- Auswärtige Kultur-, Wissenschafts- und

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Bildungspolitik bereits bei den jungen Men- 1000 indische Schulen mit Deutsch als schen beginnen - bei der Schulausbildung. Fremdsprache zu betreuen. Hier sind zunächst die 140 Auslandsschulen Gemeinsames Lernen und Arbeiten wird zu nennen, die nicht nur für die Vermittlung immer wichtiger in unserer globalisierten der deutschen Sprache und Kultur sondern Welt. Mit dem Netz der Goethe-Institute auch für eine weltweit anerkannte Schul- verfügt Deutschland über ein modernes bildung als Markenzeichen gelten können. und zugleich erprobtes Kultur- und Bil- Derzeit lernen rund 60 000 Schülerinnen dungsnetzwerk, dessen Wirkung weit über und Schüler in den deutschen Auslands- die Institutionen hinausreicht, das auch schulen. An den Goethe-Instituten der Welt die Möglichkeiten des Internet in vollem lernen jährlich etwa 200 000 Erwachsene Umfang einschließt, das gemeinsam mit der Deutsch. Wirtschaft und Wissenschaft Deutschland- Ein anderes, ungemein erfolgreiches jahre mit einer Vielfalt von Veranstaltungen Schulmodell im Ausland ist seit ein paar realisiert, derzeit in Indien und Russland, Jahren die Initiative des Auswärtigen nächstes Jahr in Brasilien, das Künstler- Amtes, gemeinsam mit der Zentralstelle residenzen betreibt, in denen Künstler aus für das Auslandsschulwesen und dem Deutschland über mehrere Monate in den Goethe-Institut, „Schulen – Partner für die Gastländern gemeinsam mit den dortigen Zukunft“ (PASCH). Inzwischen existieren Akteuren arbeitet, letztes Jahr wurde Kyoto 1500 PASCH-Schulen in der Welt, wobei eröffnet, am 1. September 2012 die Künst- der Schwerpunkt wiederum in den Schwel- lerresidenz Tarabya in Istanbul. len- und Entwicklungsländern liegt. Das Dazu zum Abschluss ein Goethe-Wort: Goethe-Institut als der Bildungsträger für „Wir lernen die Menschen nicht kennen, die Vermittlung des Deutschen als Fremd- wenn sie zu uns kommen; wir müssen zu sprache und weltweit größter Träger für ihnen gehen, um zu erfahren, wie es mit Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen für ihnen steht. Ich finde es beinahe natürlich, Deutschlehrer hat sich hier sehr erfolgreich dass wir an Besuchenden mancherlei auszu- positioniert. Mit seinem Beitrag werden setzen haben, dass wir sogleich, wenn sie in ausgewählten Eliteschulen des jewei- weg sind, über sie nicht zum liebevollsten ligen Landes deutsche Sprachabteilungen urtheilen: denn wir haben sozusagen ein eingerichtet, die bis zur Hochschulreife Recht, sie nach unseren Maßstäben zu führen, einheimische Lehrer aus- und messen. weitergebildet, die besten Schüler nach Wenn man dagegen bei anderen gewe- Deutschland zu Sommercamps eingeladen sen ist und hat sie mit ihren Umgebungen, und deutsche Patenschulen identifiziert. Gewohnheiten, in ihren notwendigen Derzeit lernen an den vom Goethe-Institut unausweichlichen Zuständen gesehen, wie betreuten PASCH-Schulen rund 160 000 sie um sich wirken, oder wie sie sich fügen, Schüler Deutsch. PASCH eröffnet jungen so gehört schon Unverstand dazu, um das Menschen vor allem Bildungsperspektiven lächerlich zu finden, was uns in mehr als und Begegnungen mit anderen Kulturen. einem Sinne ehrwürdig scheinen müsste.“ Eine beeindruckende Entwicklung hat dabei Goethe plädiert also für Weltoffenheit in Indien eingesetzt, bei der das Goethe- und Weltneugier, er plädiert aber auch Institut einen Vertrag abgeschlossen hat, dafür, sich des Eigenen bewusst zu sein. ■

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„Der Simplicissimus nach 1933. Nazis während der ersten Jahre der Diktatur Satire in einer Diktatur“ - von keiner klaren Linie geprägt war. In der Vortrag am 18. November 2012 Kunstpolitik konkurrierten unterschied- liche Geschmacksrichtungen der einzelnen von Dr. Andreas Strobl, Staatliche Parteigrößen miteinander und in der Pro- Graphische Sammlung München paganda war noch nicht entschieden, wie Der „Simplicissimus“ hatte das Agieren der man »das Volk« am besten lenken könnte. Parteien und der Regierenden bis in den Fe- In der Geschichte der Karikatur ist dieses bruar 1933 hinein gnadenlos bloßgestellt. Konkurrieren der Meinungen innerhalb des Gerade Adolf Hitler und seine zahlreichen NS-Systems noch nicht so gut erforscht, Versuche, die parlamentarische Macht zu er- wie etwa in der Geschichte des deutschen langen, waren zur Zielscheibe der Zeichner Films, bei dem auch erheblich mehr Quellen von Karl Arnold bis Erich Schilling gewor- darüber Auskunft geben, wie die Wirkung den. Nachdem die Nationalsozialisten den der Filme diskutiert und Richtlinien der Staat im März 1933 unter ihre Kontrolle ge- Propaganda entwickelt wurden. Im „Klad- bracht hatten, konnte der „Simplicissimus“ deradatsch“ nahmen die Darstellungen nur ohne Unterbrechung weiter erscheinen, der Nazigrößen ab 1935 ab, so dass man weil die Redaktion und die Miteigentümer den Eindruck gewinnt, dass nun auch die des Blattes am 23. März 1933 eine Erklärung überzeugten Anhänger der Diktatur auf die unterzeichneten, dass man sich nicht ge- Linie einschwenkten, die der Reichsmini- gen die neuen Machthaber wenden werde. ster für Volksaufklärung und Propaganda, Tatsächlich erschien ab diesem Zeitpunkt Joseph Goebbels, als die ideale ansah, auch kein Witz mehr über Adolf Hitler oder nämlich in den Künsten nicht parteiische die NSDAP. Die einzige Darstellung Hitlers Indoktrination, sondern unpolitische Un- während der NS-Diktatur war eine Zeich- terhaltung und die Darstellung des eigenen nung Olaf Gulbranssons vom September Schönheitsideals vom »gesunden« und allen 1939, mit der er nach dem Überfall auf Polen anderen überlegenen Deutschen zu bieten. Hitler als Befreier Danzigs darstellte. Inwie- Die Kehrseite des eigenen Ideals der weit derartige Propagandakunst durch das Nazis war die Diffamierung ihrer Gegner. Reichsministerium für Volksaufklärung und Der „Kladderadatsch“ öffnet auch in dieser Propaganda angeordnet oder ob in anderer Hinsicht die Augen dafür, was den „Simpli- Weise Druck auf die Redaktion ausgeübt cissimus“ ab 1933 auszeichnet. Denn im wurde, lässt sich mangels Quellen heute „Kladderadatsch“ wurde unverhohlen gegen nicht definitiv feststellen. das Ausland und vor allem gegen diejenigen Wenn man den „Simplicissimus“ mit einer im Innland gehetzt, die von den Nazis als einst ebenso renommierten Zeitschrift wie Feinde Deutschlands hingestellt wurden. den „Kladderadatsch“ vergleicht, fällt vor Ganz oben an standen auf dieser Liste allem die Zurückhaltung in der Themenwahl natürlich die Kommunisten und die Juden, nach dem März 1933 auf. Im „Kladdera- die als Hetzfiguren dargestellt wurden, wie datsch“ wurden führende Nazis von Hitler man sie eher in der NSDAP-Presse, etwa dem bis Göring ab 1933 durchaus als Helden berühmt berüchtigten „Stürmer“ von dem gefeiert. Dabei ist zu bedenken, dass die Zeichner »Fips« (Philipp Rupprecht) oder Propaganda wie auch die Kulturpolitik der in der von den Nazis zur Bekämpfung des

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„Simplicissimus“ gegründeten Zeitschrift Nazi-Propaganda lustig zu machen, wenn „Die Brennessel“ mit den Zeichnungen etwa der Begriff der »Arbeitsschlacht« ins von »Mjölnir« (Hans Herbert Schweitzer) Lächerliche gezogen wurde oder man die erwarten würde. Der eigentlich unabhän- Mitläufer der neuen Herren vorführte, die gige „Kladderdatsch“, der schon vor 1933 nach dem Sieg der Nazis über alle anderen gegen die linken Parteien und gegen die Parteien, 1933 schnell noch Mitglied der schwache Demokratie agitiert hatte, schloss NSDAP wurden, um sich ihren Vorteil zu sich ab dem März 1933 endgültig der Linie sichern. Karl Arnold machte sich sogar hetzender NS-Propaganda an. 1934 über die »Rasse«-Politik der Nazis Dergleichen findet man im „Simplicissi- lustig und Thöny erlaubte es sich, 1937 mus“ eher selten. Es gibt Karikaturen zum unter dem unverfänglichen Stichwort Beispiel von Erich Schilling und Eduard »Münchner Humor« auf die nicht mehr Thöny, in denen die Emigranten lächerlich vorhandene Meinungsfreiheit hinzuweisen. gemacht werden. Wobei Schilling ohnehin Andere Witze thematisierten unterschwel- das einzige, aber deswegen nicht weniger lig die »Gleichschaltung« der Presse. Die traurige Beispiel dafür ist, dass ein Simpl- Schwierigkeit, sich in einer Diktatur noch zu Zeichner ganz und gar zu den Nazis überlief äußern oder sich überhaupt ganz aus allem und insbesondere seinem Antisemitismus herauszuhalten, führte Karl Arnold 1934 in freien Lauf ließ. Ab dem April 1933 er- der Zeichnung »Sichere Position« vor, wo schienen in dichter Folge Zeichnungen im der Wortführer eines Stammtischs ausführt: „Simplicissimus“, in denen der Eindruck »I sag’ net aso und sag’ net aso; denn wenn i erweckt wurde, dass die Nazis nun erfolg- aso sag’, oder aso, na kunnt ma später sag’n, reich gegen die angebliche Korruption der i hätt’ aso g’sagt, aber net aso!« Weimarer Republik vorgehen würden, dass Die Zeit vom April 1933 bis zur Einstel- nun endlich wieder Arbeitsplätze geschaf- lung 1944 ist ein trauriges Kapitel des bis fen würden, dass aber zugleich die Nazis dahin demokratischen und allen Extremen selbst kein Interesse daran hätten, wenn gegenüber kritischen „Simplicissimus“. Auf so manch einer aus der Denunziation seinen die kritischen Untertöne, die nach 1933 eigenen Vorteil zu ziehen hoffte. Damit noch erschienen, zu hören, darf natürlich wurde die neue Linientreue der Zeitschrift, nicht als Versuch verstanden werden, das die zunächst ja ein Versprechen seitens Mitmachen im verbrecherischen NS-System der Redaktion war, mit Taten untermauert. zu relativieren. Anzunehmen, die Mitarbei- Sicherlich kein Ruhmesblatt der Redaktion ter der Zeitschrift hätten sich nur ange- war es, Zeichnungen, die sich vor 1933 passt, wird jedoch der Situation ebenfalls mit dem Zustand der Demokratie kritisch nicht gerecht. Man kann denjenigen, die auseinandergesetzt hatten, nochmals abzu- nach 1933 für den Simpl weitergearbeitet drucken oder den Witz wieder aufzugreifen, haben, vorwerfen, dass sie sich durch die so dass die Bilder nun so wirken mussten, Zeit laviert haben, aber man muss auch als hätte der „Simplicisssimus“ immer schon sehen, dass sie deswegen nicht zu Anhän- gegen die »Systemzeit« – wie die Nazis die gern dieses Systems wurden. Die minimalen Weimarer Republik nannten – agiert. Möglichkeiten in einer brutalen Diktatur, Andererseits begann man aber sich nach eine oppositionelle Haltung aufscheinen zu wenigen Monaten über Schlagworte der lassen, wurden durchaus genutzt. ■

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Schnappschüsse aus dem Jahr 2012

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Rede des 1. Vorsitzenden hoffentlich auch die anderen Bürgermeister Helmut Nanz anlässlich der Talgemeinden profitieren – keine Angst, der Festveranstaltung zum Sie werden nicht zur Kasse gebeten. Ein herzliches Willkommen auch an die Herren 50-jährigen Gründungsjubiläum Bürgermeister Höß, Bierschneider und von des Stiftervereins zur Errichtung Preysing. All den Genannten danke ich, dass des Olaf Gulbransson Museums sie durch ihre Anwesenheit ihre Verbunden- heit zum Olaf Gulbransson Museum zum Sehr geehrte Damen und Herren! Ausdruck bringen. Liebe Mitglieder, Freunde und Förderer des Ich möchte auch dem herzoglichen Haus Olaf Gulbransson Museums! danken dafür, dass die Familie seinerzeit Herzlich willkommen zur Feier unseres in großzügiger Weise zu einem wirklichen 50-jährigen Jubiläums! Freundschaftspreis -fast geschenkt- das Grundstück zur Verfügung gestellt hat, auf Vor 50 Jahren wurde der Stifterverein dem jetzt der Altbau steht. gegründet – heute wollen wir entsprechend Die Entwicklung des Vereins und unseres unseren Haushaltsmitteln wenig aufwändig, Museums haben wir in einer Chronik zu- aber mit ehrlicher und freudiger Begeiste- sammengefasst, die wir Ihnen heute gerne rung, das Erreichte feiern. überreichen. Das macht es mir möglich, Ich freue mich, zahlreiche Ehrengäste mich aus Zeitgründen kurz zu fassen und zu begrüßen. Herrn Staatsminister Dr. auf diese zu verweisen, was die spannende Heubisch kann ich hier schon zum 2. Mal Geschichte und Entwicklung des Museums in seiner Amtszeit willkommen heißen. Ein anbelangt. Eine solche Chronik zu erstel- herzliches „Grüß Gott!“. Sie dürfen jedes len ist mühsam und arbeitsintensiv. Und Jahr viele Museen besuchen, aber Sie müs- so möchte ich Frau Ministerialrätin Hinke sen doch zugeben, dass wir ein schönes und und ihren Helfern einen besonderen Dank feines, zumindest aber das sympathischste aussprechen und darf Ihnen, liebe Frau in Bayern sind. Wir versuchen auch – mit Hinke, einen Blumenstrauß überreichen. Erfolg – Ihre Finanzmittel nur ganz spärlich Eine Chronik ist aber auch teuer und da- in Anspruch zu nehmen. Wir sind Ihnen also her bin ich der Firma Gieseke & Devrient nicht lieb und teuer, sondern lieb und preis- dankbar. Herr Geschäftsführer Kuemmerle wert. Das darf ich auch für den Landkreis ist heute da und ich möchte Sie als neues sagen, wir machen Ihnen wenig Probleme, Beiratsmitglied begrüßen. Sie bekommen sehr geehrter Herr Dr. Kreidel – herzlich jedoch keine Blumen, sondern nur eine willkommen! Sie sind ein Freund und treu- Spendenquittung. er Wegbegleiter unserer Einrichtung und Ein großes Anliegen ist mir heute, die setzen sich für unsere Belange ebenso ein Mitglieder der Familie Gulbransson herz- wie unser Beiratsmitglied und engagierter lichst willkommen zu heißen. Sie sind Bürgermeister Peter Janssen – ein herz- bis heute interessierte und engagierte, liches Grüß Gott ! Wir schätzen Ihren Rat wichtige Wegbegleiter und unterstützen und Ihre Unterstützung, wie beispielsweise das Museum. Ohne Ihre Vorfahren gäbe es jetzt bei der Errichtung der Autobahnschil- diese schöne Einrichtung nicht und Tegern- der bei der Ausfahrt Holzkirchen, von der see wäre um eine liebenswerte Institution

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ärmer, hätte es nicht das norwegische finden Sie den Satz: „Immer wieder musste Urgestein gegeben. der Freistaat einspringen.“ Das liegt Gott Es freut mich, dass Sie, Herr Konsul sei Dank lange zurück. Nicht nur dem lieben Aschenbrenner, mit Ihrer Familie heute Ihr Gott müssen wir hier danken, sondern einer schönes Land und Königreich Norwegen außergewöhnlichen Institution – der Kreis- hier vertreten. Sie haben uns geholfen, die sparkasse Miesbach-Tegernsee und einer bayerisch-norwegische Achse und Brücke engagierten Persönlichkeit, ihrem für Kultur zu schlagen und uns eine kleine, aber feine äußerst aufgeschlossenen langjährigen künstlerische Einlage durch Frau Basser- Vorsitzenden, unserem Beiratsmitglied mann zu ermöglichen. Georg Bromme. Herzlich Willkommen, lieber Als ich das Amt des Vorstandes eines Herr Bromme, und ganz herzlichen Dank für Museumsvereins übernommen habe, habe Ihre jahrelange und umfangreiche Unter- ich mich gefragt, was wohl leichter sei, ein stützung. Sie, lieber Herr Dr. Mihalovits, als Museum zu leiten oder ein Unternehmen zu neuer Chef des Hauses, haben erklärt, die führen. Ich bin mir darüber noch nicht klar Unterstützung auf ähnliche Weise fortzu- geworden. Vielseitig ist diese Aufgabe und setzen. Auch dafür unser Dank. spannend – das zeigt ein Blick in die Chro- Unsere Wände schmücken seit 2008 auch nik – die Gestaltung der Ausstellungen, der Werke von Honoré Daumier – eine großzü- Matineen und Vortragsreihen, die Qualität gige Zuwendung einer außergewöhnlichen des Dargebotenen. Auf jeden Fall motiviert Sammlung durch Sie, verehrter Herr Kames. das Ergebnis – ca. 15.000 Besucher im Jahr Ich begrüße Sie und danke Ihnen herzlich. und 450 Mitglieder, die uns unterstützen. Es Wir sind stolz darauf, einen solchen Bestand war mir eine Ehre, berühmten Vorgängern in unserem Museum zu haben. im Amt. wie Herrn Helmut Leutheusser Stolz und dankbar sind wir auch für die und Herrn Dr. Ekkehard Storck, nachfolgen Übertragung der zahlreichen Werke Josef zu dürfen. Ich begrüße Sie, lieber Herr Oberbergers durch die Oberberger – Stiftung Leutheusser mit Ihrer Frau, und danke Ih- und das haben wir unserem engagierten nen, dass Sie in den 80er und 90er Jahren Beiratsmitglied und Vorsitzenden der Entwicklungsmotor waren und mich in die Oberberger-Stiftung zu verdanken – lieber Museumsarbeit eingeführt haben. Dr. Lex, herzlichen Dank und herzlich will- Ein Vorsitzender ist macht- und hilflos kommen. ohne tüchtige Vorstandskollegen – ich Dieses 50jährige Jubiläum – das haben danke Ihnen allen für die gute Zusammenar- Sie aus meinen Worten gehört – ist für mich beit und Unterstützung. Hervorheben darf als Vorsitzender in erster Linie Anlass zu ich heute aber unseren Vorstandskollegen danken. Ein solches Museum lebt von Men- Werner Schmidt – Regierungsdirektor im schen, die sich einbringen, die den Wunsch „Unruhestand“ und unser Schatzmeister. Er und Willen haben, eine Idee weiterzuentwi- ist dieses Jahr 25 Jahre dabei. Herzlichen ckeln und nach vorne zu bringen. In den 50 Glückwünsch. Der Vorstand hat daher Jahren ist viel geschehen und es gäbe noch beschlossen, Sie mit der Olaf Gulbransson- viele Namen zu nennen. Ganz bestimmt Medaille auszuzeichnen. jedoch Sie, verehrter Professor Baum- Mit dem Schatzmeister ist das Thema stark. Wir freuen uns, dass Sie hier sind Finanzen eng verbunden. In der Chronik und danken Ihnen für Ihre Unterstützung

43 Und so weiter... Jahresbericht 2012 persönlich, aber auch als früherer General- Mitglied“, heißt unsere Aktion, bei der wir direktor der Bayerischen Staatsgemädes- alle Mitglieder bitten, neue Freunde für ammlungen. Herr Prof. Schrenk wäre heute das Museum zu gewinnen. Ebenso wünsche gerne hier – er ist auf Auslandsreise -. Herr ich mir eine intensive Zusammenarbeit mit Kirchmeier, Sie vertreten mit Sachkunde der Bayerischen Staatsgemäldesammlung und Interesse die Bayerische Staatsgemäl- und dem Freistaat. Wir haben nämlich desammlung in unserem Vorstand – dafür ein Problem: Unsere Museumsanlage hat sind wir Ihnen dankbar. 3 Eigentümer: die Stadt Tegernsee, den Unser Weg wird mit Aufmerksamkeit und Freistaat Bayern und den Museumsverein. guter Berichterstattung von der Presse be- Das hat gravierende Nachteile, auf die ich gleitet, deren Vertreter ich hier willkommen jetzt nicht näher eingehen möchte. Unseren heiße und mich für die gute Zusammenar- Wunsch einer wie auch immer gestalteten beit bedanken möchte. Zusammenlegung habe ich in einem Brief an Frau Wiedemann, unsere geschäftstüch- Sie und Ihr Ministerium, verehrter Herr Mi- tige und versierte Geschäftsführerin, hat nister Heubisch, ausführlich dargelegt. Ich einen besonderen Applaus verdient. Ihr zur wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich dieses Seite stehen die Mitarbeiter : Frau Heindl, Anliegens annehmen könnten. Ein weiterer Frau Wirth, Frau Nobbe-Clever, Frau Horn Wunsch ist, dass wir und unsere Mitglieder und Herr Wirth. noch näher zusammenwachsen und aus dem Es ist noch nicht Weihnachten, trotz- Verein ein echter Fan-Club wird, in dem man, dem möchte ich ein paar wenige Wünsche wie Jean Anouille sich passend ausgedrückt äußern:­ hat, ein Forum geistiger Auseinanderset- Mein Wunsch wäre es, die Zahl der zung und ästhetischen Vergnügens findet.■ Mitglieder zu erhöhen. „Mitglied sucht

Landrat Dr. Jakob Kreidl, Helmut Leutheusser, Tini Nanz, Honorarkonsul Max J. Aschenbrenner, Staat- minister Dr. Wolfgang Heubisch, Helmut Nanz, Ulrike Leutheusser, Dr. Klaus Fresenius, Werner Schmidt

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Festzelt am Museum

Jorun Hars-Gulbransson im Gespräch mit Werner Schmidt und dem ehemaligen Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen Dr. Reinhold Baumstark

Staatsminister Dr. Wolfgang Heubisch mit Helmut Nanz

Vorstandsmitglied Andrea Heinzelmann von Hallberg im Gespräch mit einem Gast

Dr. Klaus Fresenius bedankt sich bei der Mitverfasserin der Chronik Helga Hinke

Das Museumsteam: Margit Heindl, Klaus Wirth, Sandra Wiedemann und Doris Horn; es fehlen Ursula Wirth und Petra Nobbe-Clever

Das Buffet ist eröffnet Tracht versus Kaiserzeit

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Oberberger Stiftung von links in die Ausstellung eintreten, werden Sie auf das titelgebende Bild sto- Die Oberberger Stiftung hat nun end- ßen: „Oh Maria Hilf, Wir sind nur arme gültig ihre Heimat in den Räumen des Olaf Glasmaler!“ Sie werden da einen Oberberger Gulbransson Museums in Tegernsee gefun- erleben, dessen Formensprache sich aus den. In diesem Jahr konnten alle Exponate relativ einfachen strengen Figuren aufbaut: mit Hilfe des Inventarisierungsprogramms Dreiecke, Vierecke, Kreise. Diese Geometrie „MuseumPlus“ ordentlich erfasst und foto- werden Sie immer wieder finden, auf Ihrem grafiert werden. Ermöglicht wurde dies mit Gang durch die Ausstellung. Die Linien, aus Finanzierungshilfe der Oberberger Stiftung. denen sich die Formen zusammensetzen, Frau Malgorzata Stigancow, empfohlen von scheinen ins Unendliche sich fortzuset- der Staatlichen Graphischen Sammlung in zen. Immer sind sie im Fluss, nicht einmal München, führte diese Tätigkeit im Rahmen im Kreis schließen sie sich. Ihre Freiheit eines Werkvertrages durch. ist im Besitz der Ewigkeit. Mit den Linien Anlässlich des 50-jährigens Bestehens verbinden sich die Bilder zu einer endlosen des Stiftervereins zur Errichtung des Olaf Kette. Von Wiliam Blake, dem visionären Gulbransson Museums wurde im Sommer englischen Symbolisten, stammt der schöne eine kleine Dauerausstellung zu Josef Ober- Satz: „Every line is the line of Beauty.“ Die berger im sogenannten Sep Ruf-Bau einge- Line, die sich selbständig macht, setzt sich richtet. Eine vertiefende Sonderausstellung selbst die Segel, ist das Segel und bläst auch mit den Glasmalereiarbeiten von Obe ist für noch selber hinein. das Jahr 2014 vorgesehen. Auch ein Selbst-Porträt, das aus diesen Vom 24.11.2011 bis 20.01.2012 fand in Formen zusammengesetzt ist, wird Ihnen der Galerie der Kreissparkasse in Starnberg bald begegnen, schließlich Maria mit die Sonderausstellung „Der Maler, Zeichner dem Kind. Wir sehen auch einen Lukas, und Glasmaler Josef Oberberger“ statt. Dr. Patron der Kunstmaler, der Ärzte sowie der Gerd Holzheimer führte mit der Rede „Obe Metzger. Es ist etwas irritierend, dass ein – ein barocker Zen-Maler aus Bayern“ in die Heiliger zugleich Patron der Metzger und Ausstellung ein: der Kunstmaler sein kann, hat aber auch „Sehr geehrte Damen und Herren, liebe etwas sehr Sinnliches. Wie der Lukas zu Freundinnen und Freunde des Josef Ober- dem Patronat der Künstler kommt, beruht berger! natürlich wie immer auf einer Legende, In der Ausstellung in der Galerie der und zwar habe er die Muttergottes und Kreissparkasse München-Starnberg ist auch die Apostel Peter und Paul, gemalt eine Auswahl von Zeichnungen, Gemälden weshalb er als erster Ikonograph in die und Glasfenstern aus der Spannweite von Kunstgeschichte eingegangen ist.Wie Oberbergers Werk zu sehen, die den Be- immer weiß man aber nichts Genaues, trachter in stille Meditation und gleichzeitig macht auch nichts. Einen Evangelisten zum zum Lachen bringen kann. Die Kuratorin Patron zu haben, das hat nicht jeder. Josef der Ausstellung, Frau Sandra Wiedemann, Oberberger persönlich hätte ich aussuchen Leiterin des Olaf-Gulbransson-Museums in können für seine ganze Zunft. Er zeichnet Tegernsee, hat eine sehr feine Dramaturgie und zeigt uns ein Liebespaar, das zugleich aufgebaut. Wenn Sie, verehrte Besucher, eine Pietá sein könnte, und uns daran er-

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Dr. Gerd Holzheimer und Dr. Peter Lex von der Oberberger- Stiftung, Sandra Wiedemann, Hannelore Rasch und Wernher Weigert von der Kreissparkasse München Starnberg Ebersberg innert, was schon im mittelhochdeutschen ein Bild, das Freising zeigt, wo sein Freund, Minnegesang eine zentrale Formel war: der Roider Jackl, gelebt hat. Schließlich „liep ane leit encan niht gesihn!“ Auf einem sind am Ende des Rundganges Oberbergers anderen Bild sehen wir eine nicht ganz künstlerische Anfänge zu sehen, zuletzt unlaszive Muse, die zugleich ein Engel ist: Bilder, die im Krieg in der Ukraine entstan- Spirituelles und Erotisches finden bei Josef den sind. Was wir in seinen Bildern sehen, Oberberger zu jener Einheit zusammen, wie ist die große Spannweite zwischen der sie im Schöpfungsplan gemeint ist. Es gibt Schöpfung der Welt und unserem eigenen ein schönes altbairisches Lied, in dem ein Ich, das da in diese Welt hineingerutscht ist. junger Bursch vom Pfarrer bis zum Papst Vergleichsweise ist dieses Ich naturgemäß alle abklappert, ob er denn sein Deandl ziemlich winzig, doch bekommt es eine liabn deaffad. Überall erhält abschlägigen große ungeahnte, ungeheuerliche Größe, Bescheid, bis er beim Herrgott selbst vor- durch die Fähigkeit zu lieben: diese Welt, spricht – und der sagt: „Aber dafür how i´s diese Schöpfung, die anderen Geschöpfe, doch gmacht!“ Wir bekommen noch so ein sich selbst. Eine größere Spannweite als paar weise Sprüche auf den Weg mit: „Arbeit die zwischen der persönlichen Liebe eines macht nicht reich, aber bucklig,“ steht da jeden Einzelnen und der Kraft und Energie auf Glasbild aufgepinselt, das die Menschen des kosmischen Geschehens ist nicht vor- emsig bei der Arbeit sieht. Und natürlich se- stellbar, gleichzeitig übersteigt sie unsere hen wir auch immer wieder den Maler selbst Vorstellungsfähigkeit. Damit wir da nicht bei der Arbeit, am schönsten wie er sich den Boden verlieren, brauchen wir etwas selber erfindet, wie man neudeutsch jetzt Drittes: wir brauchen Bilder. Bilder, die gerne sagt. Weihnachten findet sozusagen einer offenen Spiritualität zumindest so als Selbsterschaffung statt, ein Porträt als viel Halt geben, dass wir sagen können: ah, gemalter Entwurf wird fortgesetzt als Glas- das ist die Maria, die Mutter Gottes, oh, die malerei, ein hoch interessanter Schritt, der Heiligen Drei Könige, das Jesus-Kind! Wun- da zu sehen ist. Das übergroße Photo von derbar! Auch wenn wir gleichzeitig wissen, Oberberger im Profil schaut virtuell genau dass wir uns eben gerade kein Bild machen auf eine Zeichnung von Kreuth, seinem Al- sollen. Nicht einmal und gerade nicht von terssitz, wo er auch gestorben ist. Es folgt einem geliebten Gegenüber. Auch da droht

47 Und so weiter... Jahresbericht 2012 die Gefahr der Projektion. Und doch tun wir Bild trägt den Titel „Kunst Ausstellung in es. Wir dürfen es auch, wenn wir uns den Tegernsee“. Sinnenfreudigkeit, Schwung Vorgang bewusst halten, wenn wir dieses und Jubel, die Lust an der Farbe, Hingabe „als ob“ in unserem Hinterkopf bewahren. an den Himmel und die Heiligen, das Spiel Es ist nicht so oder wir wissen es zumindest mit dem Spiel, selbst und gerade wenn es nicht, aber wir stellen es uns so vor, „als ob“ um die höchsten Dinge geht - das ist Barock es so wäre. Natürlich steckt da eine gewagte in Bayern, davon lebt auch, soweit es ihn Diskrepanz drin, aber gerade die Bilder sind noch gibt, der Glauben in Bayern bis zum es, die uns dabei helfen, uns diese Diskre- heutigen Tag. Sein Leben lang arbeitet er an panz bewusst zu machen und sie gleichzeitig sich, an seinem Stil, an seinen Ausdrucks- zu überwinden. Am meisten hilft uns der fähigkeiten, an seinen Möglichkeiten – ein Humor dabei. Humor in der bildenden Kunst Leben lang ist ihm Entwicklung wichtiger als ist nicht so häufig, aber Josef Oberberger Ergebnis, kulminierend in seinem berühmt hat ihn. Er imaginiert sich eine Magdalena, gewordenen, wunderbaren Ausspruch: dass es nur so kracht. Als sinnlicher Engel „Wissenschaft ist der heutige Stand unseres ensteigt sie seinem Zeichenblock, keck Irrtums“; sein Leben lang stellt sich dieser wölbt sich aus ihrem Bäuchlein der Nabel, Mann in Frage, er ist nie fertig; er ist im- ihren Brüsten eilen je ein Türmchen himmel- mer auf dem Weg. Dass ein solcher Mensch wärts voraus, das ganze Geschehen nennt bei aller tief wurzelnden Gläubigkeit kein Oberberger „an Ignaz Günter“. Das freut bigotter Kerl sein kann, dürfte klar sein. uns nicht nur in Starnberg, es ist natürlich Aber es geht auch anders, ganz anders, auch eine Hommage an das Barocke an sich. vielleicht nicht als Amtskirche, aber im- „Kunst ist“, so zitiert Josef Oberberger merhin innerhalb dieser Kirche. Voll Freude den Kirchenvater Augustinus, „Kunst ist, stellt Oberberger das dar! Eine Liturgie der was die Künstler hervorgebracht haben.“ Heiterkeit, eine Theologie des Lachens tut Schön und gut, und „wer sind diese Künst- sich da auf, deren Licht sich so wohltuend in ler“, fragt Oberberger weiter und gibt gleich die Hallen der Lehrmeinungen ergießt, die selber die Antwort: „Das musst du den blasphemischer Weise ständig die Wahrheit lieben Gott fragen!“ Solange wir das aber für sich reklamieren. noch nicht können, halten wir uns an die Auf der letzten Seite in dem von Christl Kunst, an die Kunst eines Josef Oberberger Karnehm so wunderbar bearbeiteten und zum Beispiel, der uns Wege zeigt, sehr hei- eingeleiteten Buch „Josef Oberberger. Der ter, sehr unaufdringlich, voller Liebe oder Glasmaler“, da stürzt eine Gestalt aus dem voller Boshaftigkeit oder am besten alles Bild hinaus, mit dem Spruch: „Sage die zugleich, zum Beispiel in einem Bild, das ein Wahrheit, aber fliehe!“ Das entspricht der Bild im Bild enthält und dieses Bild wiede- österreichischen Version im Umgang mit rum zeigt ein Liebespaar in vollkommener der Wahrheit: „no na, die Wohrheit: Sie wird Vereinigung; vor dem Bild aber steht ein so doch mit sich reden lassen!“■ unverkennbar Bayerischer, dem es vor Be- wunderung die Lederhosen ausbeult und die Wadl und den Bauch und den Hut mit dem Gamsbart - die Hände in tiefer Versenkung hinter dem Rücken ineinandergelegt. Das

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Honoré Daumier und die Walter Kames Stiftung

Gegensätze, wie sie nicht gegensätzlicher sein könnten. Trotzdem haben wir uns hier getraut, diese beiden Künstler gegenüber- zustellen und sie thematisch miteinander zu verbinden. Über Berta Hummel brauche ich in diesem Haus – denke ich – nicht mehr viel zu erzählen, doch lassen Sie mich kurz den zweiten Protagonisten dieser Sonder- austellung vorstellen: Alfred Hummel (Museumsleiter), MdL Reserl Sem, Honoré Daumier war der wohl bedeu- Bürgermeister der Stadt Massing Josef Auer, Be- tendste französische Karikaturzeichner des zirksrat Dr. Franz Lichtnecker, Sandra Wiedemann, 19. Jahrhunderts. Er kam jung nach Paris, Walter Kames und Dr. Genoveva Nitz wo er sich weitgehend selbstständig als Neben den beiden Sonderausstellungen Lithographie-Zeichner, Maler und Plastiker „Honoré Daumier und die Pariser Bürger“ ausbildete. Als Zeichner und Mitarbeiter sowie „Honoré Daumier und das Theater“ widmete er sich in den ersten regelmäßig im Graphikkabinett, präsentierten wir die erscheinenden Karikaturzeitschriften La Sammlung auch in diesem Jahr wieder Caricature von 1830 bis 1835 und Le Chari- außerhalb des Olaf Gulbransson Museums. vari von 1832 bis 1875 der politischen Satire Vom 12. Juni bis 31. August wurde die und Sittendarstellungen, häufig in Serien. Sonderausstellung „Stadt und Land. Ho- Sein präziser und klarer Stil, in dem er mit noré Daumier und Berta Hummel“ im Berta sparsamsten Mitteln größte Ausdruckskraft Hummel Museum in Massing gezeigt und erzielte, erhob die Lithographie zur hohen in der Südwestbank in Stuttgart war vom Kunst. Er fertigte auch Holzschnitte für 19. Juli bis 21. September 2012 „Honoré Buchillustrationen sowie Karikaturpla- Daumier: Das Bankwesen und die Börse“ stiken und wandte sich zudem vor allem in zu sehen. Mit den damit eingenommenen den 1860er Jahren der Malerei zu, wobei er Leihgebühren sowie der Unterstützung der sich als Meister der Romantik und zugleich Landesstelle für Nichtstaatliche Museen in als Vorläufer des modernen Realismus Bayern konnte in diesem Jahr der gesamte erwies. Das lithographische Gesamtwerk Sammlungsbestand mit dem Programm umfasst 4.000 Blätter, von denen das Olaf „MuseumPlus“ inventarisiert werden. Für Gulbransson Museum über ein Drittel sein diese Tätigkeit konnten wir Frau Malgorzata Eigen nennt. Stigancow gewinnen, die uns von der Staat- Der Sammler Walter Kames hat seit lichen Graphischen Sammlung in München Jahrzehnten die Werke des Honoré Dau- empfohlen wurde. mier aus aller Welt zusammengetragen und „Sehr geehrte Damen und Herren, lieber diese über die „Walter und Brigitte Kames Herr Hummel , liebe Frau Dr. Nitz! Stiftung“ der Öffentlichkeit zugänglich Stadt und Land – Honoré Daumier und gemacht. So gingen 3000 Lithographien an Berta Hummel – der Sündenpfuhl Paris und die „Stiftung zur Förderung der staatlichen das beschauliche Klosterleben – das sind bayerischen Museen“ und die Tegernseer

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„Olaf Gulbransson Gesellschaft“ bedachte zeigen den städtischen Tölpel, der durch Kames mit einem Drittel aller lithogra- die Natur stolpert. Daumiers Gestalten, phischen Werke von Daumier. Das ist eine diese vermeintlichen Witzfiguren, stehen Kollektion von europäischem Rang, die es symbolisch für Machtstreben im Leben, für dem Olaf Gulbransson Museum seit 2007 Maßlosigkeit und Verneinung all dessen, möglich macht, Sonderausstellungen über was wir heute unter „Nachhaltigkeit“ ver- den französischen Karikaturisten nicht stehen. nur in Tegernsee zu zeigen, sondern auch Machtstreben und Maßlosigkeit – das zu verleihen. sind Schlagwörter, mit denen wir auch Dies ist nun die zweite Kooperation heute noch zu kämpfen haben, 133 Jahre des Berta Hummel Museums mit dem Olaf nach Daumiers Tod. Und auch heute noch Gulbransson Museum. Wie eingangs schon flüchten wir aus der Stadt, rein in das erwähnt, geht es diesmal um den Gegensatz beschauliche Landleben. An sonnigen Wo- Stadt und Land. Berta Hummel, die es zum chenendtagen können Sie dieses Phänomen Lernen in die Großstadt München zog, wunderbar am Tegernsee beobachten: ab hinterließ uns aus dieser Zeit großartige 11 Uhr schieben sich die Münchner in einer Studienporträts, die man fast schon als langen Autokolonne ins Tegernseer Tal, um Karikaturen bezeichnen kann. Später - als hier ihren Nachmittagskaffee zu genießen Nonne im Kloster „auf dem Land“ - erfand oder ins Bräustüberl einzukehren. So ge- sie die kleine, heile Welt der Hummelfi- stärkt geht es zurück und beschert uns ab guren. Dieser Gegensatz ist auch bei Honoré 17 Uhr einen kilometerlangen Stau zwischen Daumier zu spüren: die Pariser Bürger stellt dem See und der Autobahn. Dazwischen er mit all ihren kleinen und großen Proble- liegen sechs Stunden puren Glücks, in denen men dar und zeigt sie - im zweiten Teil - auf man zwischen all den mitgereisten Städtern ihrer Landflucht bei ihrem liebsten Hobby das Landleben genießt – gehören Sie nicht – der Jagd. auch ab und an zu diesen Zeitgenossen? Auch Honoré Daumier ist Jäger, im- Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß in der mer auf der Pirsch, auf den Spuren des Entdeckung ihrer Artgenossen und danke „allgemein Menschlichen“. Er visiert, Herrn Hummel, Frau Dr. Nitz sowie dem den Zeichenstift im Anschlag, Obrigkeit gesamten Museumsteam für die Zusam- und Spießbürger in ihrer Welt zwischen menarbeit dieser tollen Sonderausstellung! Erhabenheit und Lächerlichkeit an; allein - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“ schon durch seinen Mut wird er zu einem Rede von Sandra Wiedemann anlässlich der großen Karikaturisten seiner Zeit. der Ausstellungseröffnung in Massing.■ In der Daumier- Literatur werden seine „Jagdszenen“, unter anderem die Objekte dieser Ausstellung, zu den unpolitischen Die Inventarisierung wurde gefördert durch Karikaturen gezählt, entstanden in den von der Zensur überschatteten Jahren zwischen 1853 und 1858. Es sind „harmlose Blätter“, wie es scheint, aber auch in ihnen wird der Jäger zum Getriebenen, zum Gejagten, sie

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In der Schriftenreihe der Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee sind bisher erschienen:

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Bestellungen richten Sie bitte telefonisch oder schriftlich per Post oder E-Mail an die Olaf Gulbransson Gesellschaft. Bestelladresse: Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee, Postfach 1464, 83682 Tegernsee Tel: 08022 - 33 38, E-Mail: [email protected]

Geben Sie bei Ihrer Bestellung bitte die Lieferadresse an. Die Zahlung erfolgt per Rechnung.

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Regensburgexkursion am 25. April 2012

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Museumspädagogik Zum Bekanntwerden unseres museum- spädagogischen Programms trug auch in Die im letzten Jahr entwickelten Ideen diesem Jahr die Lehrerfortbildung von „Bilderjagd im Olaf Gulbransson Museum“, Markus Freundorfer bei. Auf dieser konnten „Museum macht Schule“ und „Wussten Sie wir einige Lehrkräfte begeistern und gehen schon…?“ (zusammengefasst in einem auch für die Zukunft von zahlreichen Klas- Flyer sowie auf der Homepage abrufbar) senbesuchen aus. wurden in diesem Jahr auf dem Lernfest am Weitere Führungen fanden in diesem 16.6.2012 im Kloster Benediktbeuern vor- Jahr u.a. währen der Tegernseer Woche oder gestellt. Zusammen mit dem Verbindungs- im Rahmen der VHS-Erwachsenenbildung lehrer des Landkreises Miesbach Markus statt. Besonders gut aufgenommen wur- Freundorfer konnten an Mitmachstationen de die Aktion „KKK – Kunst, Kaffee und sowohl Kinder als auch Erwachsene das Pro- Kuchen“, bei der man nach der regulären gramm gleich vor Ort testen. Zum Lernfest Führung als Besucher die Gelegenheit eingeladen hatte der Clown Christaldo, der bekam nachzufragen oder sich einfach nur vorab auch unserem Museum einen Besuch über das Gesehene zu unterhalten. abstattet hatte. Besonders schön und passend waren in Unsere Ideen wurden außerdem in dem diesem Jahr die Zeichenstunden mit Jan Ordner der Bildungsinitiative „Familie Gulbransson, dem Enkel von Olaf Gulbrans- stärken – Elternbildung in der Bildungs- son und einzigem Donald Duck Zeichner region Oberland“ der Kreisbildungswerke für den Ehapa-Verlag in Deutschland, die in den Landkreisen Miesbach, Bad Tölz- sowohl im Mai als auch im Oktober statt- Wolfratshausen und Garmisch-Partenkir- fanden. chen aufgenommen. Diese Sammlung steht Zur Sonderausstellung über den Vater Elternbeiräten sowie dem Fachpersonal in des Comics, Wilhelm Busch, erschien in Kinderkrippen, Kindergärten, Kindertages- diesem Jahr der dritte Katalog der Schrif- stätten und Grundschulen zur Verfügung. In tenreihe des Olaf Gulbransson Museums. Er diesem Jahr kamen bereits zwei Kindergar- ist für EUR 16,80 in unserem Museumsshop tengruppen der Kita Hl. Familie aus Bad Tölz erhältlich und dient zur Vertiefung der sowie die Grundschulen aus Waakirchen, ausgestellten Exponate. Gespondert wurde Tegernsee und Otterfing zu kindgerechten dieser durch die Kreissparkasse Miesbach- Führungen durch das Olaf Gulbransson Tegernsee, der ich an dieser Stelle ganz Museum. Als kleine Erinnerung konnten herzlich dafür danken möchte! Um noch alle Kinder einen Bleistift mit dem Namen mehr über Wilhelm Busch zu erfahren, stand und einem Zitat von Olaf Gulbransson nach für die Dauer der Ausstellung in diesem Jahr Hause mitnehmen: „…dass einem so ein den Besuchern ein Videoguide zur Verfü- spitzes Ding zum ganzen Lebensinhalt wer- gung. Es wäre für die Zukunft wünschens- den kann.“ Gesponsert hatte diese, nebst wert, etwas in ähnlicher Form auch für die einer ganzen Kiste von Malstiften, die Firma Dauerausstellung zu Olaf Gulbransson zu „Faber & Castell“, der ich an dieser Stelle schaffen. ganz herzlich danken möchte! Sandra Wiedemann ■

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Clown Christaldo zu Besuch

Museumsquiz

Aktion: Bilderrestaurator Aktion: Filmquiz

Jan Gulbranssons Zeichenstunde im Mai 2012 Die „Enkel“ von Olaf Gulbransson

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Ausstellungen 2013 Vorträge 2013 27. Januar bis 21. April 2013 27. Januar 2013, 11.30 Uhr „Käthe Kollwitz - Druckgraphik“ Generaldirektor Prof. Dr. Klaus Schrenk „Diskussion und Perspektive des 28. April bis 7.Juli 2013 Kunstareals in München“ „Hermann Hesse – Aquarelle und Gedichte“ 24. Februar 2013, 11.30 Uhr 14. Juli bis 27.Oktober 2013 Prof. Dr. Michael Petzet „Eduard Thöny und der Simplicissimus „Weltkulturerbe in Gefahr“ – Werke aus der Sammlung Siegfried Unterberger“ 12. Mai 2013, 11.30 Uhr Dr. Martha Schad 3. November 2013 bis Ende Januar 2014 „Die bayerischen Königinnen“ „Olaf Gulbransson – Illustrationen von Thomas Lausbubengeschichten bis 16. Juni 2013, 11.30 Uhr Andersens Märchen“ Mitgliederversammlung Graphikkabinett 2013 22. September 2013, 11.30 Uhr „Honoré Daumier“ Dr. Andreas Strobl „Wege in die Moderne - Deutsche Kunst „Künstler des Simplicissimus: 1890-1960 aus einer Münchner Wilhelm Schulz “ Privatsammlung“ 17. November 2013, 11.30 Uhr „Japanische Glückwunschblätter aus der Dr. Dirk Heißerer Sammlung Padua“ „Taugenichtse und Teufelsbrüder - Thomas Mann und Emil Preetorius“

Samstag, 14. Dezember 2013 um 19 Uhr Rupert Rigam mit dem Weihnachtsspiel von Carl Orff mit musikalischer Begleitung

Änderungen vorbehalten.

Olaf Gulbransson – Thoma’s Lausbubengeschichten

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BAROCKSAAL Freundeskreis für die Förderung junger

Musiker e.V. SCHLOSS TEGERNSEE veranstaltungen 2013

Samstag, 2. Februar, 19.30 Uhr Samstag, 3. August, 19.30 Uhr Barocksaal Tegernsee Barocksaal Tegernsee Preisträger des Münchner Klavier- Quatuor Zaide, Streichquartett podiums der Jugend 2011und 2012 1. Preis Haydn-Wettbewerb Samstag, 2. März, 19.30 Uhr 2012 in Wien Barocksaal Tegernsee Finale ARD-Musikwettbewerb 2012 Nicolay Gimaletdinov, Violoncello Haydn, Janacek, Mendelssohn Mavzhida Gimaletdinova, Klavier Sonntag, 29. September, 19.30 Uhr Beethoven, Debussy, Rachmaninoff Barocksaal Tegernsee Samstag, 13. April, 19.30 Uhr Armida Quartett, Streichquartett Barocksaal Tegernsee 1. Preis ARD-Musikwettbewerb 2012 Sponte-Bläserquintett (Flöte, Oboe, Mozart, Ravel, Brahms Klarinette, Horn, Fagott) Samstag, 9. November, 19.30 Uhr Haydn, Klughardt, Ibert, Francaix Barocksaal Tegernsee Samstag, 8. Juni, 19.30 Uhr Anna Teresa Sehmer, Violine Barocksaal Tegernsee Ellen Seidel, Klavier Trio Tricolor (Violine, Horn, Klavier) Schumann, Debussy Schumann, Beethoven, Brahms Sonntag, 7. Juli, 19.30 Uhr (Änderungen vorbehalten) Festsaal der Hanns-Seidel-Stiftung in Wildbad Kreuth Deutsche Streicherphilharmonie Chefdirigent Michael Sanderling Solisten Violine/Viola N.N. Mozart, Haydn, Bruch

Bitte forden Sie Informationsmaterial über eine Mitgliedschaft im Freundeskreis an. Postanschrift: Freundeskreis für die Förderung junger Musiker e.V. Frau Marile Sehmer • Westerhofstr. 6 • 83684 Tegernsee • Telefon 0 80 22 / 35 48 [email protected] | www.podium-fuer-junge-solisten.de

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Wir fördern Kunst und Kultur – gut für den Landkreis.

Hauptsponsor s Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee www.ksk-mbteg.de

Olaf Gulbransson

Impressum: Mitteilungen der Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee Heft 13, Dezember 2012 Herausgeber: Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee Lieferanschrift: Im Kurgarten 5 | 83684 Tegernsee Rechnungsadresse: Postfach 1464 | 83682 Tegernsee Tel.: 08022 - 33 38 Fax: 08022 - 85 99 157 E-Mail: [email protected] Internet: www.olaf-gulbransson-museum.de

Verantwortlich: Sandra Wiedemann M.A. Produktion: K. Wirth, Tegernsee Titelgrafik: Nach einer Zeichnung von Olaf Gulbransson. Gefördert von der q Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee

58 Olaf Gulbransson Gesellschaft e.V. Tegernsee

Ausgabe 4

Die Galerie „schön+bissig“, seit 14 Jahren in Iffeldorf, hat ein kleines Satire-Magazin herausgebracht. Wegen der überraschend großen Resonanz erscheint das Magazin Nr. 4 Ende 2012 – Anfang 2013. Mit Themen, z.B. ... Geschichte der Karikatur ... einfach tierisch ... diverse Berichte der Museen in Tegernsee (Gulbransson), Penzberg (Campendonk), München (Komische Pinakothek). Das Titelbild zeichnete diesmal Papan.

Wir schicken Ihnen gerne kostenlos Exemplare zu. Tel. 0 88 56 / 8 33 51 (E. Greven) Galerie „schön+bissig“, Hofmark 13, 82393 Iffeldorf oder Mail: [email protected] Viel Spaß – wir freuen uns.

P.S.: Wir arbeiten u.a. mit dem Gulbransson-Museum zusammen.

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