Daheim in Entenhausen
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BAYERN UND DIE REGION Seite 2SLFP1-1 amstag, 7. November 2015 Daheim in Entenhausen Gerhard Severin ist Bevor sich Severin ins Talerbad legt, streift er seine Stiefeletten ab. Im Donaldist und Richter. nachgebauten Geldspeicher wirft er Die Angeklagten kennen sichdann die gelben Plastikmünzen ihn in der Robe, die über den Kopf –fast so schwungvoll, wieesDagobert Duck in den Comics Menschen in Schwarzen- macht. „Ehrlich gesagt, ich bin heute bach im Matrosenanzug. zum ersten Mal im Bad. Sonst schau’ ich mir das lieber an“, sagt er. Von Andrea Herdegen Am 1. August hat das „Erika-Fuchs- Haus –Museum für Comic und Schwarzenbach an der Saale – Sprachkunst“ in Schwarzenbach er- Wenn Gerhard Severin am Morgen öffnet. Dass es dieses Haus gibt, ist zu mitseinem roten Smart Roadster zur einemgroßen Teil Severins Einsatz Arbeit nach Hoffährt, dann startet er zu verdanken. „Aber was der Wille in Schwarzenbach. Wenn er am erstrebt, erreicht er“, ist seine Le- Abend zurückfährt, kommt er heim bensphilosophie. Ein Satz von Do- nach Entenhausen. Freut sich wie nald Duck. einKind, an der Wattefabrik Sandler Am Tagder Eröffnung stand er ne- vorbeizufahren, kauft Schrauben bei bendem Bürgermeister –imMatro- der EisenhandlungSchaff, holt senanzug samt blauer Mütze. Nach Wurst bei der Metzgerei Fuchs und jeder Rede rief er: „Klatsch, klatsch, Anisplätzchen bei der Bäckerei Köp- klatsch!“ Die Gäste folgten seinem pel. Beispiel.Sie applaudierten nicht, sie Es ist alles wie im Comic. In den riefen: „Klatsch,klatsch, klatsch!“ deutschenDonald-Duck-Geschich- Fünf Millionen Euro hat –wie be- ten sindSchwarzenbacher Persön- richtet–die Errichtung Entenhau- lichkeiten undBetriebe verewigt. Die sens mitten in Oberfranken gekostet. Enten holen Wurst bei der Metzgerei Wenn er jemanden kennenlernt, Fuchsund Anisplätzchen bei der Bä- dann erzählt Severin erst mal, dass er ckerei Köppel. Wer„Donald Duck“ Donaldist ist. „Erst danach kommt liest, kennt den Ort Großschloppen, der Richter.Dann werden sie locke- denBerg Ochsenkopf und eben auch rer, sehen nicht nur die Respektsper- die Wattefabrik Sandler.Erika Fuchs son in mir.“ Er hat sich dafür einen hatüber drei Jahrzehnte in Schwar- Spruch zurechtgelegt: „Von Beruf zenbach die Donald-Duck-Comics binich Donaldist, und mein Geld insDeutsche übersetzt und den En- verdiene ich als Richter.“ Er findet, tenhausen-Kosmos in ihrerHeimat- dass er zwei Bereiche verbindet, die stadt angesiedelt. sich diametral entgegenstehen. In 54 Vorsieben Jahren beschloss Ger- Monaten wird er in den Ruhestand hard Severin, Ernstzumachen: Er gehen. „Ich weiß wenigstens,was ich ließ sich von Ingolstadt ans Amtsge- danach machen werde.“ Er wird end- Gerhard Severin ist Richter am Amtsgericht in Hof.Die Justitia in seinem Büro zeugt von seiner wahren Leidenschaft: Severin ist Donaldist. Foto: ah richtHof versetzen, zog mit seiner lich seine Doktorarbeit über das Frau nach Schwarzenbach. „Hier ist Rechtssystem von Entenhausen Entenhausen“, sagt der 61-Jährige schreiben. „D.O.N.A.L.D.–Deutsche Organisa- Severins Duck-Sammlung immer wickelthat. Nachdem Eberl 2008 dern“. Neun Jahrespäter war es so mitleichtem schwäbischem Dialekt. Gerhard Severin und Donald Duck tion der nichtkommerziellen An- umfangreicher.Fast 4000 Figuren zumzweiten Mal gewählt wurde, weit: Das Museum öffnete. Größer In seiner Vorstellung ist Entenhau- kennen sich seit mehr als fünfzig hänger des lauteren Donaldismus“ – aus Porzellan, Plastik, Gummi, ließ sich Severin sofort ans Amtsge- alszunächst geplant, visuell-interak- sen ein Paralleluniversum. „Hier,in Jahren. Viele Nächte haben sie ge- in einer Fernsehsendung und war Blech, Holz, Zinn und Raritäten aller richt nachHof versetzen. „Mir war tiv. Schwarzenbach, verwirkliche ich meinsam bei Taschenlampenschein fasziniert. 1994 bekam er in einem Artverschönten Anfang der 2000er- klar,dass die nächsten sechs Jahre Die Severin-Sammlung macht mein Hobby in der Realität.“ unterder Bettdecke im Kinderzim- Hamburger Comic-Laden die Zeit- Jahreseine Zwei-Zimmer-Wohnung. reichenwerden, um das Museum mit kaum fünf Prozent der Museumsex- In einer anderen Welt –weit weg mer verbracht. Heimlich. Comics le- schrift „Der Donaldist“ in die Hände. „Als ich ihn das erste Mal besuchte, ihm auf die Beine zu stellen.“ Seine ponate aus, der Rest lagert im Fun- von Entenhausen –bewegt sich Ger- senhatte der Vater,ein Lehrer im Ihm wurde klar: „Ichbin Donaldist.“ war kein Platz für mich. Überall stan- Lebensgefährtin fragte er: „Ich gehe dus.Ist der Ideengeber zufrieden? „Es hard SeverinimGericht. Würdig württembergischenBrackenheim, Severintrat der Organisation bei. Das den diese Enten“, sagt seine zweite nach Hof. Magst mit? Aber vorher ist etwas ganzanderes geworden, als sitzterandiesem sonnigen Oktober- verboten. Für ihn waren die bunten Werk von Carl Barks in der Überset- Frau Ella und lacht. Einige hätten so heiraten wir.“ Er ist glücklich, dass wiruns zu Beginn vorgestellt haben. nachmittag auf der Richterbank, in- Heftchen Schund.Nur wenn der zung vonErika Fuchs kannte er grimmig geschaut, dass ihr fast angst seineElla zu beidem Ja gesagt hat. Insoweit ist das nicht mein Muse- mitten der beiden Schöffinnen. Erns- kleine Gerhardkrank war,bekam er kaum.Monatelang arbeitete er sich geworden sei. „Als Gerharddann zu „Ich habe keineAngst vor Verände- um“, sagt Severin. Doch er genießt te Augen unter buschigen Brauen. von seinen Eltern ein Micky-Maus- durch die Hefte. mirzog, hatten die Donalde die klei- rungen“, sagt sie. Längst ist auch ihre die Atmosphäre. Besonders, wenn Aus seiner Robe schauenquietsch- Heft –zur Gesundung. „Injedem von uns steckt Donald, ne Wohnung für sich allein.“ Modeboutique von Ingolstadt nach wenige Besucher da sind. grün dieÄrmel seines Shirts. Wieso 1983,nach dem zweiten Staatsexa- das weißnur ein Großteil der Men- 2006 fand der D.O.N.A.L.D.-Kon- Schwarzenbach umgezogen. „Wenn Seine Kollegen akzeptierten sein oft geht es um Rauschgift, um Crys- men,begann Severin als Richter.Zu- schen nicht“, sagt er.Inder hinters- gress in Schwarzenbachstatt. Für Se- meineFrau meine Leidenschaft ungewöhnliches Hobby,wundern talMeth. Unter Tränen gibt die An- erst in Günzburg, dann in Neu-Ulm. tenReihe hat er es sich im kleinen verin die Inspiration: „Wenn ich nicht unterstützen würde, dann wä- sich nicht mehr,wenn sie ein Foto geklagte zu, Nachdem die Museumskino meine Samm- renwir nicht zu- ihres Richter- neun Jahre lang VonBeruf bin ich Donaldist, ersteEhe in die gemütlich ge- Überall standen lung ausstelle, sammen“, sagt Aber wasder Wille Kollegen im Ma- die Droge ge- und mein Geld verdiene Brüche gegangen macht, streckt dann hier.Hier er. trosenanzug in nommen zu ha- war, kam er nach dieBeine weit dieseEnten. in Entenhau- Als Gerhard erstrebt,erreicht er. der Zeitungse- ben. Severin ich als Richter. Ingolstadt. Dort von sich. Seine Severins Frau Ella sen.“Mit dem Severin zum ers- Donald Duck hen. Und auch fragt: „Wie hat Gerhard Severin begann er,Duck- grauen Haare damaligen SPD- ten Mal mit der die meisten An- sich das erge- Entenzusam- sind modischgeschnitten und bil- Bürgermeister Alexander Eberl saß er Donald-Mütze durchSchwarzen- geklagten wüsstenBescheid, vermu- ben?“ „Weil es Bekannte genommen meln. Exzessiv.Allein sechzig Do- den ein Dreieck auf der Stirn. Er trägt in der Pizzeria, man flachste und er- bach lief, haben die Kinder ihm noch tet Severin. „Wenn sie schon im Ge- haben“, antwortet die Frau. „Und, nald-Bilder hingen in seinem Büro ein orangesDuck-T-Shirt, auf dem richtete im Kopf schon mal ein Mu- lachend nachgerufen: „Ah, der Do- fängniswaren, dann auf jeden Fall. waren die damit glücklich?“ –„Nicht im Gericht. AlsErmittlungsrichter Donald ein bedröppeltes Gesicht seum, das die Schätze des Richters nald.“ Dort binich nur der Donald-Rich- wirklich.“ musste er dort auch Verdächtige ver- macht. „Ja, er istsomenschlich, hat zeigen undanErika Fuchs erinnern Doch bald gehörte der Mann mit ter“, sagt er. Nach dem Urteil läuft er aus dem nehmen. „Sammeln Sie Micky die gleichen Probleme wie wir“, sagt sollte. dem Matrosenanzug zum Stadtbild – Wäre Donald im richtigen Leben Saal,hinauf in sein helles Büro im Maus?“,wurde er von seiner „Kund- er,wie zur Erklärung. Bei Erfolg neige „Ich habe Gerhard Severin damals auch,weil Severin bei allen Festen seinFreund? Er denkt kurz nach. Neubau.Ein Bild vonJustitia hängt schaft“ oft gefragt, was ihn noch Donald dazu, überheblich zu wer- sehr engagiert erlebt. Dass er so viel für das geplante Museum Stimmung „Ich würdemich um seine Freund- über seinem Schreibtisch:Daisy heute ärgert: „Micky Maus ist ein den.„Dann kriegt er eins auf den Dez Einsatz zeigt und sogar nach Schwar- machte.Auf einmal waren überall schaft bemühen“, sagtGerhard Seve- Duck mit verbundenen Augen, in Werbeträger von Disney,ein furcht- und kommt wieder auf den Boden zenbachzieht, habe ich aber nicht Duck-Figuren zu sehen: im Rathaus, rin. Er mag Donald, weil er niemals der rechten Hand das Richter- barer Spießbürger.Donald ist eine der Tatsachen zurück.“ geglaubt“, sagt Eberlheute. Er erin- im Bürgermeisterzimmer, mitten in aufgibt. Mag ihn, trotz seiner negati- schwert, in derlinken die Waage. real existierende Person.“ DieDonaldisten untersuchen das nert sich an die unglaubliche Dyna- derSaale und in den Schaufenstern. ven Charakterzüge. Gerade die fin- Zwei Tage später.Wer ihn treffen In den 60er-Jahren sah Severin Leben in Entenhausen, das „für uns mik,die sich nach der ersten kleinen Severin war es gelungen,Schwarzen- detder Richter interessant: „Das will, muss nach 16 Uhr ins Museum. Hans von Storch, den Gründer der real existiert“. In Ingolstadt wurde Donald-Ausstellung in der Stadt ent- bach „donaldistisch zu unterwan- macht ihn halt so menschlich.“ -ȖƲŻǺ ˃ʨȮNjč˃ʈ OȋİZ ˃ʨȮNjč˃ʈ -ȖƲŻǺ OȋİZ Ȗ ŢŻɸ ZȮNjŻȖʈččʈ ɁȠ IJȠƥׅʲׅ ZȮơ IJÊŻǺŻơȮȖ ׅȠʿƇɁʠƇʲȠɁȠʜǘׅ ZȮơŻɸ ¾ʨɸčƺŻ Ƭƥ IJȠƥʜʲʿ ò˃ȖʈǙŻŢŻǺ ǘȋčǙǺŘ dzȮȖʨčdzʨĭč˃ʨȮNjč˃ʈǘŻȖƲŻǺɢŢŻ IJòŻİŘ ֫֫֫ɢč˃ʨȮNjč˃ʈǘŻȖƲŻǺɢŢŻ ÊŻǺŻơȮȖ ׅȠʿʲʿʠȠȠʗȠǘׅ- .