Neuntes Gesellschaftspolitisches Forum Der Banken
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NEUNTES GESELLSCHAFTSPOLITISCHES FORUM DER BANKEN Die Zukunft der Nation: Wer sind wir Deutschen? Was müssen wir sein? Inhaltsübersicht Begrüßung und Einführung 5 Die Medien und die Nation 71 Dr. Frank Heintzeler, Wolfgang G. Gibowski, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken (bis 30.11.2001), Pressesprecher der Stiftungsinitiative Deutsche Wirtschaft „Erinnerung, Berlin, und Sprecher des Vorstandes der Baden-Württembergischen Verantwortung und Zukunft“, Berlin Bank AG, Stuttgart Diskussion 81 Impressionen zur Nation 11 Moderation: Prof. Dr. h.c. Joachim Fest Prof. Dr. Peter Sloterdijk, Rektor der Staatlichen Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe Ausblick 97 Jörg Schönbohm, Deutschland im postnationalen Zeitalter 21 Minister des Inneren des Landes Brandenburg, Potsdam Prof. Dr. Gesine Schwan, Präsidentin der Europa-Universität Viadrina, Frankfurt (Oder) Verabschiedung 103 Dr. Frank Heintzeler Deutscher Patriotismus: zulässig, zeitgemäß 29 Prof. Dr. Arnulf Baring, Historiker und Publizist, Berlin Erwartungen an Deutschland 37 Dinner-Speech am Vorabend: 105 Brigitte Sauzay, Von unseren Identitäten Beraterin des Bundeskanzlers für die deutsch-französischen Beziehungen, György Konrád, Bundeskanzleramt, Berlin Präsident der Akademie der Künste Berlin-Brandenburg, Berlin Chancen und Grenzen der Nation 47 Die Redner 114 Dr. Susanne Gaschke, Redakteurin, Die Zeit, Hamburg Die Teilnehmer 118 Diskussion 53 Die bisherigen Veranstaltungen – Schönhauser Gespräche 124 Moderation: Prof. Dr. h.c. Joachim Fest, Publizist, Kronberg im Taunus Die Deutschen und die Nation 63 Prof. Dr. Jürgen W. Falter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Mainz Bundesverband deutscher Banken 2 3 Begrüßung und Einführung DR. FRANK HEINTZELER, Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken*, Berlin, und Sprecher des Vorstandes der Baden-Württembergischen Bank AG, Stuttgart Meine Damen und Herren,willkommen zum Neunten Gesellschaftspolitischen Forum der Banken, den Schönhauser Gesprächen. Ich begrüße heute Morgen insbeson- dere jene Gäste sehr herzlich, die gestern Abend noch nicht bei uns sein konnten.Wie ich gestern bereits angemerkt habe,werden wir trotz des neuen Tagungsortes am Namen „Schönhauser Gespräche“ für unser Forum festhalten.Er ist inzwischen zu einem festen Begriff für den vom Bundesverband deutscher Banken initiierten gesellschaftlichen Dialog geworden. Mit der Wahl des neuen Veranstaltungsortes hier in der Deutschen Staatsoper setzen wir gleichzeitig einen neuen Akzent – rücken wir damit doch räumlich stärker ins Zen- trum Berlins, ja, des politischen Deutschlands. Dem Intendanten der Staatsoper, Herrn Professor Quander,sei herzlich dafür gedankt, dass unser Forum hier im Apollosaal statt- finden kann. Wir haben uns in diesem Jahr wiederum ein anspruchsvolles, ein schwieriges Thema vorgenommen:Die Zukunft der Nation.Wer sind wir Deutschen? Was müssen wir sein? Die verschiedenen Aspekte dieser Frage werden wir heute auszuleuchten versu- chen; wir dürfen gespannt sein auf die spezifischen Antworten, die unsere Gastredner hierauf finden. Mit der Nationen-Frage, meine Damen und Herren, sind wir alle konfrontiert; jeder von uns muss sich mit ihr auseinandersetzen.Wir können,mit anderen Worten,nicht ein- fach aus unserer Geschichte aussteigen. Besonders die ältere Generation hat sich die Frage,welche Rolle Deutschland nach der Katastrophe des Dritten Reiches künftig noch werde spielen können, immer wieder gestellt. Die Antworten hierauf haben sich verän- dert. Dazu einige wenige, auch von persönlicher Erfahrung geprägte Anmerkungen. Zur ersten Frage:Welche Zukunft hat die Nation in Deutschland? Viel ist darüber geschrieben und diskutiert worden. Die Nation, so wurde biswei- len argumentiert,werde von zwei Prozessen unterhöhlt:von der Globalisierung und der europäischen Integration. Angesichts der immer stärker globalisierten Wirtschaft befürchten viele, dass die Politik ihren national definierten Gestaltungsspielraum ein- büßen könnte. In diesem Szenario erscheint die Europäische Union als Auffangbecken für die von den Nationalstaaten abgetretene Souveränität. Gerade das erwartet mittlerweile auch eine große Mehrheit der deutschen Bevölkerung. In unserer aktuellen Umfrage gingen 69 Prozent davon aus, dass Deutschland in spätestens 50 Jahren in einem europäischen „Wir können nicht einfach aus unserer Geschichte aussteigen.“ Bundesverband deutscher Banken 4 5 BEGRÜßUNG UND EINFÜHRUNG DR. FRANK HEINTZELER Gesamtstaat aufgehen wird. Persönlich gute Deutsche und gute Europäer – aber lange Zeit typische anti-nationale Haltung etwas stärker ausgeprägt. Unterschiede glaube ich allerdings eher, dass die Nation in dieser Reihenfolge! Denn wenn wir abzulegen. gibt es nur noch bei den Begründungen noch längere Zeit weiter bestehen wird. einer richtig verstandenen Rolle Deutsch- Meine Damen und Herren, wenn wir für den Nationalstolz:Im Westen wird hier Denn im Kreis der uns umgebenden Staa- lands in Europa und der Welt nachkom- nach den Ursachen für diese veränderten etwas häufiger die Wirtschaft,im Osten die ten ist keine Regierung bereit, die natio- men, dann handelt es sich hierbei um die Einstellungen suchen, dann kommen wir Kultur genannt. nale Souveränität für ein größeres euro- zwei Seiten der gleichen Münze. sehr schnell zum dritten Punkt meiner An- Im Westen der Republik waren es Die europäische Frage päisches Gebilde vollständig aufzugeben. Tatsächlich haben die Deutschen merkungen: dem in diesen Wochen voll- nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem ist für Deutschland eine Existenzfrage. Die seit der Regierungskonferenz von allerdings weniger Probleme, sich als Eu- zogenen Paradigmenwechsel der nationa- die Erfolge der freiheitlichen Marktwirt- Nizza vom Dezember 2000 anhaltende ropäer zu verstehen, als sich zu ihrem len Selbstdefinition. schaft und des Wirtschaftswunders, die Diskussion führt uns das deutlich vor Au- Deutsch-Sein zu bekennen: In Deutsch- Dieser Paradigmenwechsel durchlief dem Land erste internationale Anerken- gen. Die Deutschen und andere mögen land geben heute 71 Prozent der Bevölke- seit Ende des Zweiten Weltkrieges zwei nung brachten. Für viele Deutsche wurde ihre Zukunft noch so sehr in Europa sehen rung an, dass sie stolz darauf sind, Deut- Stufen. Erinnern wir uns: Am Ende der na- die starke Wirtschaft und die stabile – so lange sich keine Mehrheiten für eine sche zu sein. Doch noch mehr, nämlich tionalsozialistischen Schreckensherrschaft D-Mark zum primären Bezugspunkt des supranationale Lösung finden, bleiben die 78 Prozent, sind stolz darauf, Europäer zu gab es auf der politischen Ebene nur We- Nationalstolzes: An die Stelle der Fahne Nationalstaaten bestehen. Auf einen kur- sein. Ich bezweifle sehr, dass in irgendei- niges, worauf man als Deutscher hätte traten Wirtschaft und Währung. Einige zen Nenner gebracht:Die Nation wird,die nem anderen europäischen Land der „Eu- stolz sein können. Die Spaltung teilte Publizisten sprachen damals herablassend Nationen werden uns erhalten bleiben! ropastolz“ den Nationalstolz übersteigt. Deutschland nicht nur in staatlicher, son- vom profanen „D-Mark-Nationalismus“. Das heißt allerdings nicht, dass Euro- Hier mag mitspielen, dass die Deut- dern auch ideeller Hinsicht: Die eine Tatsächlich schaffte das Wirtschaftswun- pa für uns zweitrangig ist.Ganz im Gegen- schen noch immer hin und her gerissen Hälfte Deutschlands beschritt den Weg in der ein Stück nationaler Identität: „Schaut Die Deutschen sind dabei, ihre lange Zeit teil:Die europäische Frage ist für Deutsch- sind zwischen der Scham über die histori- den demokratischen Rechtsstaat und die her, wir sind wieder wer!“ Wirtschaftlich typische anti-nationale land auch eine Existenzfrage. Ohne die sche Schuld und dem Wunsch, ein unver- freiheitliche Marktwirtschaft, die andere galten wir recht bald als Riese, politisch Haltung abzulegen. vorausgegangene europäische Integration krampftes Verhältnis zur eigenen Nation Hälfte mit der Zwei-Nationen-Theorie den aber als Zwerg. hätte es die deutsche Einheit nicht ge- zu entwickeln. staatsautoritären Sonderweg unter sozia- Ein politisch fundierter Nationalstolz geben. Zum Projekt Europa gehört aber Doch wir dürfen hoffen: Die große listischer Flagge. Im Volksmund mündete galt damals vor allem bei der Linken in auch – das wird von vielen unterschätzt – Mehrheit der Deutschen befindet sich das in den Witz ein, was wohl Karl Marx Deutschland als „politically not correct“. die gemeinsame europäische Währung. sozusagen auf dem Weg zur Normalität. Deutschland hinterlassen habe: der DDR Deshalb ist es bemerkenswert, dass die Denn der Euro ist weit mehr als ein Auch andere Ergebnisse unserer Umfrage das Kommunistische Manifest und der Weiterentwicklung des Nationalstolzes auf neues Zahlungsmittel. Er steht symbolisch weisen auf ein gewachsenes nationales Bundesrepublik das Kapital. enge Weise mit zwei sozialdemokratischen für die politische Idee des zusammen- Selbstbewusstsein der Deutschen hin. Heute wissen wir, dass von der „offi- Kanzlern verknüpft ist. wachsenden Europa. Er wird nicht ohne – So verbinden etwa 63 Prozent der ziellen politischen Kultur der DDR“, wie Willy Brandt war der Kanzler, der die meines Erachtens positive – Auswirkungen Bevölkerung mit der Bezeichnung „ty- es Kurt Sontheimer einmal ausgedrückt wirtschaftliche Selbstdefinition erfolg- weit über das rein Wirtschaftliche hinaus pisch deutsch“ etwas Positives. Und sogar hat, nur wenig geblieben ist.Auch unsere reich ins Politische umgemünzt hat. Er bleiben. 85 Prozent meinen, man könne heute als aktuelle Umfrage zeigt eindrucksvoll,