Zur Vergletscherung Der Westlichen Schwäbischen Alb Von R
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© Naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau c/o Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften; download www.zobodat.at Ber. Naturf. Ges. Freiburg i.Br. 66 S. 1 3 -2 7 2 Abb. 2 Karten Freiburg, 1976 Zur Vergletscherung der westlichen Schwäbischen Alb von R. Hantke, M. Pfannenstiel t und G. Rahm mit 2 Karten und 2 Abbildungen Zusammenfassung Aufgrund von Schwarzwald-Geröllen und wenigen Erratikern in der Baar bis an den Albtrauf und der dort einsetzenden breiten Täler durch die sanft gegen Südosten einfallenden Schichtstufen-Tafel ist der präwürmzeitliche Vorstoß von Schwarzwald-Eis erwiesen. Daß damals auch die westliche Schwäbische Alb, vorab die Hochfläche des Großen Heuberges, vereist war, wird belegt durch weit nach Nordosten verfrachtete Weißjura-Gerölle, durch Rundhöcker im Grenzbereich Schwarzwald/Alb-Eis, durch Talwasserscheiden in der Alb in 740 bis 800 m Höhe und durch Trockentäler auf der Albhochfläche, die als Schmelzwasserrinnen zu deuten sind. Ihr Einsetzen zwischen 820 und 860 m spiegelt die Lage des rißzeit lichen Eisrandes und der dazugehörigen Schneegrenze wider. Lokal hatten sich auch südlich der Donau kleine Firnfelder gebildet. Selbst in der Würm-Eiszeit waren die über 900 m gelegenen Hochflächen des Großen Heuberges verfirnt. Um 920 m setzt eine zweite, markantere Reihe von Trockentälchen ein. Sie bekunden eine klimatische Schneegrenze um gut 900 m. Von Nordwest bis Ost entwickelten sich Kare und Zungenbecken, die infolge der zu Rutschungen neigenden Unterlage nur von undeutlichen Moränen begrenzt sind. Von ihnen gehen mächtige Sanderkegel aus. Die vereisten Flächen dürften insgesamt rund 30 km2 eingenommen haben. Damit fügt sich die westliche Schwäbische Alb gut ins riß- und würmeiszeitliche Bild zwischen Alpenvorland, Schweizer Jura, Schwarzwald und Vogesen ein. Problemstellung Im Anschluß an den Nachweis würmzeitlicher Gletscher im Gebiet der Mittelländischen Molasse der westlichen Zentralschweiz: am Wachthubel (1415 m) und am N apf (1411 m), und in der Nordostschweiz: am Bachtel (1115 m), vom Hörnli (1133 m) zum Schnebelhorn (1293 m) und vom Wil- ket (1170 m) zum Stäggelenberg (996 m) westlich Herisau (O. K eller , 1974; R. H a n tk e, 1977), stellte sich die Frage, ob sich nicht auch noch weiter nörd- Anschrift der Verfasser: Prof. Dr. R. H antke, Geol. Inst, der E.T. H., Sonneggstr. 5, CH-8006, Zürich. D r. G. Rahm, Geol. Inst, der Universität, Hebelstr. 40, D-7S00 Freiburg. © Naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau c/o Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften; download www.zobodat.at 14 R. H a n t k e , M. P fannenstiel & G. R ahm lieh in analogen Höhenlagen — in der westlichen Schwäbischen Alb, etwa im Großen Heuberg — Vereisungsspuren zeigen (H a n tk e, 1974). Es handelt sich um den südwestlichen Teil des Schwäbischen Stufenlandes, dessen Trias- und Jura-Schichten mit 2—5° nach Südosten einfallen. Historisches Erstmals haben J. H ildenbrand und F. A. v. Q u en sted t (in v. Q u en - sted t, 1881) vom Hohenberg bei Denkingen Trias- und Jura-Geschiebe erwähnt, die H ildenbrand auf Eistransport zurückführen möchte. O scar F raas (1888) glaubte — neben einer Vereisung des nördlichen Schwarzwaldes mit einem fast 50 km langen „Enzthalgletscher“, Inlandeis und Firnfeldern in Höhen um 600 m zwischen Murg, Enz und Nagold, einer geglätteten und geschrammten Felsecke bei der Station Calmbach, 14 km süd westlich Pforzheim — eine bedeutende Vergletscherung der Schwäbischen Alb nachweisen zu können, da er (S. 191) „der Schwarzwaldmoräne Ge schiebe der Albgletscher beigemengt“ fand. Aufgrund der reichen Nieder schläge — Dreifaltigkeitsberg: mittlerer Jahresniederschlag 1931—1960 = 849 mm, und Balingen zählt zu den niederschlagsreichsten Orten in Würt temberg— wäre die Alb „mehr noch als der Schwarzwald zur Bildung von Inlandeis und Gletscher geeignet“ gewesen. Aus der Bedeckung der Jura schichten mit Schutt, Kies und Sand schloß er auf eine Eisdicke von 100 m und darüber. Ebenso sah T h . E ngel (nach 1908, S. 589) die Alb von einem zusammen hängenden Eismantel bedeckt: „Wenn damals das ganze Schwarzwaldgebiet von 1500—800 m eine ununterbrochene Eiskappe trug, ., so liegt nicht der geringste Grund vor, die Möglichkeit der nämlichen Erscheinung der Alb abzusprechen.“ W. F reudenberg (1910, 1920) glaubte, Moräne am Lochenhörnle (956 m) sowie Firnmulden in der Schwäbischen Alb gefunden zu haben, was ihm allerdings von E. F ischer (1913) abgesprochen wurde. Auch J. S chad (1925, S. 935/936) kam zur Überzeugung, daß auf der Alb um Ehingen Nischengletscher oder wenigstens Stufenvereisung vorhan den gewesen sein müsse. In der Reutlinger Alb deutete H. K id erlen (1932) Hohlformen zwischen 800 und 750 m als Firnmulden. Wenn schon Regionen zwischen 800 und 700 m verfirnt gewesen sein sol len, wieviel mehr müssen dann die Hochflächen des Großen Heuberges mit Höhen bis über 1000 m und bedeutenden Niederschlagsmengen von Firneis bedeckt gewesen sein. Das dort noch heute recht kühle Klima, das kaum einen Monat ohne Nachtfrost kennt, spiegelt sich auch im Auftreten subalpiner und alpiner Pflanzen wider (A. F aber, 1933). Diese wanderten nach der © Naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau c/o Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften; download www.zobodat.at V ergletscherung S ch w äbisch e A lb 15 Würm-Eiszeit aus dem Areal zwischen Schwarzwald-, Alb- und Rhein-Eis ab und fanden im Großen Heuberg ein Refugium. „Hat man sich einmal an die Anschauung gewöhnt, die Hochfläche der Alb als vom Inlandeis bearbeitet zu erblicken, als die große Eisfläche, von der die Gletscher ausgingen, so erkennt man auch bald die Wege, auf wel chen der Gletscher in die Niederung rückte, ebenso an den gehobelten Fels köpfen, über welche er den Weg nahm, als auch an der Grundmoräne, die er vor sich herschob und da und dort an gelegenen Orten wieder liegen ließ. Niemals stehen die Kiese und Gerolle in einem Zusam menhang mit Wasserwegen, im Gegenteil treffen wir sie am schönsten und mächtigsten gerade an hervorragenden Punkten, deren Kopf sie bilden“ (F raas, 1882, S. 192/193). Dabei ließ F raas seine Gletscher allerdings weit nach Norden vorstoßen und die Verfirnung der Alb weit nach Osten gehen, so daß ihm P. K essler (1925) sowie G. Wagner (münd liche Bemerkungen) entgegentraten. Die Reichweite des rißzeitlichen Schwarzwald-Eises gegen Osten Bei Kartierungen der quartären Ablagerungen zwischen östlichem Schwarz wald und Albtrauf fanden P fannenstiel und R ahm (in R ahm, 1970, 1974, 1977) über Wasserscheiden hinweg eisverfrachtete Gerolle. H antke konnte solche Funde im Raum Spaichingen noch westlich Gunningen und Hausen o.V., bei Gosheim im obersten Tal der Unteren Bära, bei Schömberg und bei Dot- ternhausen bestätigen. An zahlreichen Fundorten konnte ein Schwarzwald- Geröllschleier belegt werden: außerdem lag auf einem frisch gepflügten Acker auf dem Roten Berg östlich Schwenningen-Villingen über Keuper ein etwa 45 cm langer, kantengerundeter Muschelkalk-Erratiker, der jetzt in Schwenningen aufbewahrt wird. Ein noch größerer Liaskalk-Block befindet sich östlich Frittlingen auf Opalinuston. Alle diese Befunde belegen einen präwürmzeitlichen Vorstoß des Schwarzwald-Eises über das Schichtstufen land der Baar bis an den Albtrauf und nördlich des Randen bis zum War tenberg und weiter nördlich bis zum Plettenberg. Dabei flössen die Schmelz wasser in der Aufbau- und Abtauphase längs vorgezeichneter Talwege gegen Osten, Südosten und Süden, zwischen Geisingen und Spaichingen gegen Möhringen und Tuttlingen und im Riß-Maximum auch von Gosheim durch das Untere Bäratal zur Donau ab. Weitere Eiszungen erfüllten die Quell täler des Neckar, der ihre Schmelzwässer nach Norden abführte (P fan n en stiel & R ahm, 1963, R ahm, 1970, 1974, 1977). Die als geköpfte Täler gedeuteten Oberläufe der Bära waren wohl bereits im Tertiär angelegt worden. Durch das mehrmalige präwürmzeitliche Vor rücken des Schwarzwald-Eises bis an den Albtrauf wurden diese — zusam men mit dem Alb-Eis und dessen Schmelzwässern — sukzessive tiefer ge legt. Als Abflußrinnen zu deutende Trockentälchen, die am Ende weiter © Naturforschende Gesellschaft zu Freiburg im Breisgau c/o Institut für Geo- und Umweltnaturwissenschaften; download www.zobodat.at 16 R. H a n t k e , M. P fannenstiel & G. R ahm Firnmulden beginnen, finden sich auch in der Baar, so im Keuper westlich und südwestlich von Donaueschingen (P fannenstiel & R ahm, 1963, S. 25; R ahm, 1970, S. 270, 1977). Sie dürften eine spätrißzeitliche Rückzugslage bedeuten. Die westliche Schwäbische Alb zur Riß-Eiszeit Wenn im Südostschwarzwald rißzeitliches Eis von über 1000 m Höhe bis über Blumberg, bis 700 m herab vorgefahren ist (P fannenstiel & R ahm, 1963), dann muß damals auch die westliche Schwäbische Alb, vorab die Hochfläche des Großen Heuberges mit analogen Höhen kräftig verfirnt ge wesen sein, wie dies bereits T h . E ngel (1928) sich vorgestellt hat. Am Albtrauf zwischen Plettenberg-Lochenhörnle und Tanneck-Rappen stein stauten sich Schwarzwald- und Alb-Eis bis auf den flachen Sattel von Tieringen (800 m), von dem dann Alb-Eis durch das Tal der Oberen Bära abfloß. Die Schmelzwässer des Schwarzwald-Eises müssen offenbar sub- glaziär durch das Schlichem-Tal zum Neckar abgeflossen sein. An zahlreichen Stellen des nordwestlichen Alb-Vorlandes liegen Malm- Geschiebe auf Dogger-Ablagerungen, so auf den Höhenrücken westlich und südlich von Gunningen und westlich von Hausen o. V. Der eisüberschliffene Rücken Friedenslinde-Filder wird von den zwei bis 60 m tiefen