U1-U4Straßennamen 08.04.2009 9:52 Uhr Page 1 Wer steckt dahinter? steckt Wer

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Wer steckt dahinter? Nach Frauen benannte Straßen, Plätze und Brücken in Hamburg

Landeszentrale für politische Bildung Hamburg 6. aktualisierte und erweiterte Auflage Straßenbenennungen: Seismograph gleichstellungspolitischer Strömungen Vorwort zur 6. aktualisierten Auflage

Straßennamen sind Teil der persönlichen Adresse jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Deshalb ist es naheliegend, dass nach Personen benannte Straßen zur Beschäftigung und Auseinandersetzung mit dem Lebenslauf derjenigen Menschen anregen, nach denen die eigene Wohnstraße benannt wurde. In Straßennamen drückt sich auch die Stadtgeschichte aus. Grad und Stand der Aufarbeitung der Geschichte zeigen sich an der Benennung von Straßen nach Personen, so z. B. bei der Aufarbeitung der NS-Zeit. Und endlich bietet die Straßenbenennung nach Personen die Chance, historische Ereignisse und gesellschaftspolitische Zusammenhänge, die an einer Person der Zeitgeschichte exemplarisch aufgezeigt werden können, breiten Bevöl- kerungskreisen zugänglich und deutlich zu machen und auf diese Weise im Gedächtnis zu bewahren. Angesichts dieser vielen Möglichkeiten, Geschichte zu vermitteln und bewusstseinsbildend zu wirken, ist es unabdingbar, dass bei der Benennung von Straßen nach Personen die gleichberechtigte Berücksichtigung von Frauen und Männern ihren Niederschlag findet, denn damit kann im öffentlichen Bewusstsein gleichstellungspolitisch viel bewirkt werden. 8535 benannte Straßen durchziehen Hamburg wie ein kompliziertes Schnittbogenmuster. Die meisten Straßen erhielten Flur- und Geländebezeichnungen. Daneben gibt es eine Vielzahl von Straßen, die z. B. nach Pflanzen und Tieren benannt sind, auf ehemaligen klösterlichen und kirchlichen Besitz oder öffentliche Gebäude und Wirtshäuser hinweisen, andere sind der deutschen Grenzfrage nach dem Ersten Weltkrieg gewidmet oder erinnern an Dörfer und Städte der Umgebung. Rund 2300 Straßen sind nach Männern und 332 nach Frauen benannt. Das bedeutet: gerade mal ca. 12 Prozent der nach Personen benannten Straßen sind nach Frauen be- und mit- benannt („mit- benannt“ bedeutet: Diese Straßen wurden nach Familien, Ehe- und Geschwisterpaaren selben Nachnamens benannt: 27 Mal). In diesen 12 Prozent sind auch diejenigen Frauen mit inbegriffen, die Fabelwesen, Märchenfiguren oder literarische Gestalten darstellen. Da gibt es z. B. die Hexentwiete und den Hexenberg. Aber auch bei den nach Männern benannten Straßen kommen Märchengestalten wie z. B. der Hänselstieg vor. Den Meister der Hexen, den Teufel, suchen wir allerdings vergeblich. In diesem Falle wurde wohl angesichts des schlechten Images, das der Teufel hat, auf die Darstellung der dominanten Herrschaftsrolle des Teufels unter den Geistern verzichtet. Der geringe Anteil der geehrten Frauen (die rund 70 Straßen, die lediglich nach frei gewählten Frauennamen oder nach den Gattinnen und Töchtern der Geländebesitzer benannt sind, werden im Folgenden nicht berücksichtigt) macht deutlich, dass viele Berufe und gesellschaftspolitische Aktivitäten, denen Frauen nachgegangen sind, und berufliche und ehrenamtliche Positionen, die sie errungen haben, als weniger erwähnenswert und nicht zu ehren erachtet wurden. Aufzuholen ist diese große Diskrepanz zwischen den nach Männern und Frauen benannten Straßen dennoch nicht, denn die Möglichkeit, in einem Stadtstaat wie Hamburg neue Straßen zu bauen ist logischerweise begrenzt. Wurden zwischen Dezember 2003 und Juni 2005 noch vierzehn Straßen nach Männern und nur zwei Straßen nach Frauen benannt, so wurden von Juni 2005 bis Februar 2009 von den insgesamt 122 neu benannten Straßen und Wegen 14 Straßen, Wege und Plätze nach Frauen und 16 nach Männern benannt. Diese positive Entwicklung hielt jedoch nicht an. Zwischen Januar 2009 und August 2011 sind insgesamt 67 Straßen, Wege und Parks benannt worden; davon 29 nach Personen und 38 nach anderen Namensmotiven. Von den 29 nach Personen benannten Straßen wurden 21 nach Männern und lediglich acht nach Frauen benannt. Das ist ein Verhältnis von 72% zu rund 28%. Bisher gab ich als einen Grund für die geringe Benennung von Straßen nach Frauennamen die Kriterien für den Begriff „bedeutend“ an, denn wie man an der Auswahl der durch einen Straßennamen zu ehrenden Personen unschwer erkennen kann, sind die Auswahlkriterien vielfach geprägt durch eine Sichtweise, die in erster Linie Tätigkeiten als bedeutend erachteten, wenn diese Männern zugeordnet wurden. Das entspricht einem jahrhun- dertealten patriarchalen Denken, was seinen öffentlichen Ausdruck fand z. B. in der großen Anzahl erfolgter Benennungen von Straßen nach Mitgliedern des Rats, des Senats, der Kirchspielverwaltungen, der Deputationen, der Bürgerschaft, nach Kaufherren, Wissenschaftlern, Architekten, Ingenieuren und Männern der Verwaltung. Auf diesem Gebiet waren Frauen lange Zeit nicht tätig bzw. nicht zugelassen, und deshalb konnten Frauen hier keine Berücksichtigung finden. Doch hat sich mittlerweile einiges geändert. Es gibt immer mehr Frauen z. B. im Senat und in der Bürgerschaft. So verstarb 2005 Hamburgs erste Senatorin Paula Karpinksi. Doch bis heute ist noch keine Straße nach ihr benannt. Dagegen wurde 2010 eine Treppe nach dem 2007 verstorbenen Immobilienbesitzer Willi Bartels benannt, die zu seinem Hotel „Hafen Hamburg“ an den Landungsbrücken führt. Ganz in der Nähe befindet sich auf dem Stintfang die Jugendherberge. Von dort hat man einen wunderschönen Blick auf die Landungsbrücken und die Elbe. Als dieser Platz nach dem Krieg bebaut werden sollte, hatte sich die damalige Jugendsenatorin Paula Karpinski dafür stark gemacht, dass dort - nicht wie von den Herren im Senat geplant – ein Hotel errichtet werde, sondern eine Jugendherberge. Ihre Begründung dafür, die dann auch durchschlagenden Erfolg hatte: „Die Jugendherberge ist der Ort, zu dem viele junge Menschen aus allen Städten, ja sogar aus allen Ländern kommen. Sie sehen auf den Hafen, erblicken dieses rege Leben dort und sind begeistert. Wenn sie älter werden, erinnern sie sich und kommen wieder und sind dadurch für Hamburg ein Wirtschaftsfaktor.“ Vor diesem geschichtlichen Hintergrund wäre es angemessen, dass nun endlich bald auch eine Straße oder ein Platz nach Paula Karpinksi benannt wird, z. B. der auf einem unbenannten öffentlichen Fußweg zu erreichende Platz vor der Jugendherberge mit Blick auf den Hafen? Betrachtet man sich die zwischen 2009 bis zum August 2011 nach Männern und Frauen benannten Straßennamen, dann fällt auf: Bei den Frauenstraßennamen handelt sich es in fünf Fällen um Opfer des Nationalsozialismus ( Marie Jonas, Martha Muchow, Dorothea Bernstein, Henny Schütz und Flora Neumann, letztere auch Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus); in einem Fall um eine Künstlerin (Hanne Darboven), in einem weiteren Fall um eine Gewerkschafterin und Betriebsrätin (Frieda Wieking) und um eine Volksschauspielerin (Heidi Kabel). Unter den Männern, die durch die Benennung einer Straße, eines Weges, Parks oder Platzes geehrt wurden, sind: der Naturschützer Hans-Ulrich Höller, der sich um den Naturschutz in der Boberger Niederung verdient gemacht hat; der Schulleiter Jan Külper; der deutsche Komiker Heinz Erhardt; der Erfinder des nach ihm benannten Punktschriftsystems für Blinde Louis Braille; der Komponist Pjotr Iljitsch Tschaikowski; der Gewerkschafter Albert Gebel; der deutsche Architekt Fernando Lorenzen; der Besitzer von Immobilien auf St. Pauli und „König von St. Pauli“ Willi Bartels; der Boxer Max Schmeling; der Pazifist und Menschenrechtler Mahatma Gandhi; der ehemalige Direktor des Barmbeker Krankenhauses und spätere Präsident der Gesundheitsbehörde Andreas Knack; der ehemalige Zweite Bürgermeister von Hamburg Wilhelm Drexelius (er hatte auch an Grundgesetz und Verfassung der FHH mitgewirkt); der Elektroingenieur und Mitbegründer der FDP Alfred Johann Levy; der erste medizinische Direktor der Frauenklinik Finkenau Julius Fressel; der Filmproduzent und Mitbegründer des Studio Hamburg Gyula Trebitsch; der Landwirt aus einer alteingesessenen Wellingsbütteler Bauernfamilie und Vorbesitzer des Geländes Hans Hinrich Göhsler; der Grundbesitzer Hein Adolf Hinsch, der zur Entwicklung des Stadtteils Wellingsbüttel vom Bauerndorf zum Villenviertel beitrug; Groß Flottbeks erster Pastor Hermann Niebuhr; der Bürgerschaftsabgeordnete und langjährige Vorsitzende der CDU- Fraktion in der Bezirksversammlung Altona Jürgen Töpfer; der am Kinderkrankenhaus Rothenburgsort praktizierende Kinderarzt jüdischer Herkunft und Verfolgte des Nationalsozialismus Carl Stamm; der Bürgerschaftsabgeordnete Leo Leistikow, der den Antrag zur Errichtung der Frauenklinik Finkenau nach einer Petition u. a. der Hamburger Frauenvereine in die Bürgerschaft einbrachte. Viele dieser Namen haben einen engen Bezug zum jeweiligen Stadtteil, so dass es sicherlich berechtigt ist, nach ihnen eine Straße etc. zu benennen. Gleichwohl gäbe es an der einen oder anderen Stelle sicherlich auch eine Frau, nach der die dortige Straße hätte benannt werden können, so z. B. nach der in Groß Flottbek im Papenkamp 29 beheimateten Politikerin und Bürgerschaftsabgeordneten Dr. Harriet Wegener (1890-1980), Mitbegründerin des Hamburger ZONTA-Clubs. Für ihr Engagement beim Wiederaufbau Hamburgs auf kulturellem Gebiet erhielt sie 1970 das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. In Hamburg lebten genügend Frauen, die es verdienten, nach ihnen eine Straße zu benennen. Oft waren Frauen jedoch auf anderen Gebieten tätig als Männer. Aber das heißt selbstverständlich nicht, dass die Frauen in ihren Bereichen nicht ebenso Wichtiges und Bedeutendes für die Gesellschaft geleistet haben wie Männer auf deren Gebieten. Es ist also immer nur eine Frage des Betrachtungswinkels und der Bewertung von Tätigkeiten. Um ein Beispiel zu nennen: Ist die Arbeit einer Hebamme nicht genauso von Bedeutung für den Fortbestand der Menschheit wie die Tätigkeit eines Ortsamtsleiters, nach dem vor Jahren in Billstedt eine Straße benannt wurde? Denn taten die Hebammen ihre Arbeit nicht gut, dann hätte vielleicht so mancher zukünftige Ortsamtsleiter gar nicht das Licht der Welt erblickt… Voraussetzung für eine paritätische Benennung von Straßen nach Frauen und Männern ist also stets auch der andere Blick auf die Leistungen von Frauen und Männern, der eine Auseinandersetzung mit den immer noch vielfach angewandten patriarchal geprägten Bewertungskriterien von „wichtig“ und „bedeutend“ beinhaltet. Die Benennung von Straßen nach Personen ist ein Spiegel der Gesellschaft, und das jetzige Missverhältnis von Frauen und Männern im Stadtbild ist nun wirklich nicht mehr zeitgemäß.

Dr. Rita Bake, Stellvertretende Leiterin der Landeszentrale für politische Bildung, Hamburg August 2011 Der Umgang mit der nationalsozia- „welche Straßen und Plätze Hamburgs mit listischen Vergangenheit Namen jüdischer Menschen während der Ein knappes Viertel aller Hamburger Stra- nationalsozialistischen Herrschaft umbe- ßen ist nach Personen benannt. Und das nannt und welche dieser Straßen und Plätze sorgt oftmals für Zündstoff – besonders nach 1945 wieder rückbenannt wurden?“. dann, wenn es sich dabei um Personen der Es stellte sich heraus: Die meisten dieser Zeitgeschichte handelt, deren politisches Straßen und Plätze hatten ihren ursprüng- Wirken sich im Nachhinein als undemokra- lichen Namen zurückerhalten, oder neue tisch herausstellt. So sei an den Versuch Straßen waren nach den Personen benannt erinnert, die Hindenburgstraße umzube- worden, deren Namen in der Zeit des Natio- nennen, nachdem für einen Teil der Be- nalsozialismus von den Straßenschildern völkerung Hindenburg als Steigbügelhalter „gelöscht“ worden waren. So im Falle der Hitlers galt. Doch Senat und Bürgerschaft 1921 nach der langjährigen Direktorin der machten deutlich: die Straßenbenennung Schule des Paulsen-Stifts, der Jüdin Anna sei bereits in den zwanziger Jahren des 20. Wohlwill, benannten Straße am Landesins- Jahrhunderts erfolgt, deshalb solle an der titut für Lehrerbildung und Schulentwick- Benennung festgehalten werden, handele lung. Als 1936/37 „nach Juden und Marxis- es sich hier doch um die Ehrung Hinden- ten benannte Straßen“ umbenannt werden burgs als Reichspräsident und seiner Ver- sollten, erhielt die nach Anna Wohlwill be- dienste bei der Schlacht bei Tannenberg. nannte Straße den Namen „Felix-Dahn- Das Ergebnis dieser politischen Auseinan- Straße“ – Verfasser volkstümlicher histori- dersetzung: die Bezeichnung „Hinden- scher Romane wie „Ein Kampf um Rom“, burgstraße“ blieb. aus denen eine zeitgebundene Steigerung des nationalen Gefühls deutlich wird. Noch Anders verlief 1986 die Geschichte mit der heute trägt die Straße diesen Namen. Nach Umbenennung der Frenssenstraße in Anne- Anna Wohlwill wurde nach dem Zweiten Frank-Straße. In einer Kleinen Anfrage des Weltkrieg, 1948, im Stadtteil St. Pauli die SPD-Abgeordneten Bodo Schümann vom Jägerstraße umbenannt. 8.11.1984 an den Senat betreffs Umbenen- Aber nicht alle Umbenennungsvorschläge, nung von öffentlichen Straßen, Plätzen und die während der Zeit des Nationalsozialis- Wegen, wies der Abgeordnete darauf hin, mus gemacht wurden, wurden auch umge- dass Gustav Frenssen „schon vor 1920 für setzt: Obwohl bereits auf der Umbenen- die Vernichtung ‚unwerten‘ Lebens eintrat, nungsliste vertreten, blieb der Name die Vertreibung und Vernichtung von Juden „Helma-Steinbach-Straße“ bestehen – be- befürwortete und einer ‚Rassenreinheit‘ nannt nach der Aktivistin der Arbeiterbewe- das Wort redete“. Zwei Jahre nach diesen gung und Mitbegründerin der Konsumge- Ausführungen wurde 1986 die Frenssen- nossenschaft „Produktion“. straße in Anne-Frank-Straße umbenannt. Auch nach Jüdinnen und Juden benannte Schon diese Beispiele zeigen, wie sensibel Straßen, die auf der Umbenennungsliste der mit Straßenbenennungen umzugehen ist. Nationalsozialisten standen, blieben manch- Gleichzeitig machen sie deutlich, welche mal von einer Umbenennung verschont. Bedeutung Straßenbenennungen zukommt. Diese „lasche“ Handhabung wurmte den 1984 ließ der CDU-Bürgerschaftsabgeord- Hamburger Reichsstatthalter Karl Kauf- nete Eduard Prosch in einer Kleinen Anfra- mann. Im November 1936 schrieb er des- ge an den Hamburger Senat u. a. klären, halb an das mit den Straßenumbenennun- gen betraute Hamburgische Staatsamt: er zialismus nahm die britische Militärregie- teile nicht die vom Staatsamt vertretene rung Straßenumbenennungen vor. Die Auffassung, „daß es wohl nicht notwendig allseits bekannten Nazi-Größen wurden sei, aus der Reihe der jüdischen Straßenna- nun nicht mehr durch einen Straßennamen men diejenigen umzubenennen, die als jü- geehrt. Ehemals nach Juden und Jüdinnen dische Namen nicht ohne weiteres erkennt- benannte Straßen erhielten wieder ihren lich sind (...)“. Er fordere daher das Platz in der Öffentlichkeit. Doch trotz aller Staatsamt auf, auch für diese jüdischen Bemühungen, niemals mehr eine Straße Straßen „baldmöglichst Vorschläge vorzu- nach einem Nationalsozialisten zu benen- legen“. nen, schlichen sich Namen ehemaliger Na- Doch trotz dieses Appells und der Rüge an tionalsozialisten bei Straßennamensbenen- das Staatsamt wurde z. B. die Sophienallee, nungen ein, ohne dass die Namensvergeber die 1863 im Stadtteil Eimsbüttel nach der davon etwas ahnten. Erst die historische Frau des jüdischen Grundeigentümers Sa- Forschung späterer Jahrzehnte brachte dies muel Ephraim benannt worden war, nicht ans Licht. So wurde 1945 nach dem 1943 umbenannt. Allerdings wurde dem Ham- verstorbenen ehemaligen Leiter des Ham- burger Adressbuchverlag mitgeteilt, dass in burger Tropeninstituts, Professor Peter den Erläuterungen zu diesem Straßen- Mühlens, eine Straße im Stadtteil Langen- namen der Hinweis auf den jüdischen Ur- horn (Peter-Mühlens-Weg) benannt. Vor sprung zu unterbleiben habe. Aus welchen noch nicht allzu langer Zeit deckten histori- Gründen das Staatsamt den Forderungen sche Forschungen zur Geschichte des des Reichsstatthalters nicht in allen Fällen Nationalsozialismus auf, dass Prof. Peter folgte, ist nicht bekannt. Mühlens sowohl in seiner Stellung als Insti- Als dann der Zweite Weltkrieg ausbrach tutsdirektor als auch als praktisch tätiger und es auch keine geeigneten Straßenschil- Arzt an medizinischen Fleckfieber- und der mehr gab, wurden viele der schon be- Malariaforschungsversuchen beteiligt ge- willigten Umbenennungen nicht mehr wesen war, die an Insassen des KZ Neuen- durchgeführt. gamme, an Juden und Jüdinnen des War- Einiges entging in dieser Zeit aber auch schauer Ghettos, an sowjetischen Zwangs- dem Argusauge der NS-Obrigkeit. So be- arbeitern und an psychisch Kranken der nannten 1936 die nationalsozialistischen Heilanstalt Langenhorn durchgeführt wor- Machthaber eine Straße nach Elsa Bränd- den waren. Ein Beweis hierfür ist das ström, dem „Engel von Sibirien“, die sich Schreiben Prof. Mühlens vom 10.1.1942 an während des Ersten Weltkriegs aufopfe- den Obersturmbannführer Sievers in Ber- rungsvoll um die Kriegsgefangenen in Sibi- lin-Dahlem: „Ein Fleckfieber-Ausbruch im rien gekümmert hatte. Als Elsa Brändström Konzentrationslager Neuengamme bei auf die Anfrage Hitlers, ob sie für sein Win- Hamburg gibt mir Veranlassung, um Ihre terhilfswerk Propaganda machen wolle, mit Vermittlung zu bitten, daß mir als dem hy- einem entschiedenen „Nein“ antwortete, gienischen Berater der hiesigen Gesund- daraufhin mit ihrem Mann in die USA emi- heitsverwaltung bei Ausbrüchen derartiger grierte und sich dort intensiv um Einreise- Epidemien vom Reichsführer-SS die Er- genehmigungen für politisch Verfolgte aus laubnis erteilt wird, die Konzentrationsla- Deutschland bemühte, erfolgte dennoch ger besuchen und unter Umständen bei den keine Umbenennung der Straße. Kranken Behandlungsversuche sowie Er- Gleich nach der Befreiung vom Nationalso- probungen von Entlausungsmitteln vorneh- men zu dürfen. Auch die von mir im Tro- die Bibliothekarin des Germanischen Semi- peninstitut eingerichtete Fleckfieber-For- nars, Marie Luise Winter, den Vorschlag schungsstation braucht Material von fri- unterbreitet, eine Straße in Hamburg nach schen Fällen. Ohne solche Arbeitsfelder mit Agathe Lasch zu benennen. Als die Behör- Kranken können die im Laboratorium (bei de daraufhin um eine Stellungnahme bei Versuchstieren u. a.) erzielten Forschungs- dem damaligen Seminardirektor Niekerken ergebnisse nicht praktisch ausgewertet wer- bat, einem ehemaligen NSDAP-Mitglied den. Das Hamburger Tropeninstitut steht und einstigen Schüler Agathe Laschs’, der für jede Mitarbeit bei der Fleckfieberfor- nun auf Agathe Laschs ehemaliger Stelle schung und -bekämpfung zur Verfügung.“ amtierte, erklärte dieser: „Bei einer Erfra- 1996 wurde der Peter-Mühlens-Weg nach gung im Kollegenkreise (...) war man ge- der Widerstandskämpferin gegen den Na- teilter Meinung. Die Gegner des Gedan- tionalsozialismus, Agnes Gierck, umbe- kens vertraten die Ansicht, daß man nannt. Mit dieser Umbenennung soll, wie Straßennamen nicht zum Gegenstand poli- das damalige SPD-Ortsausschussmitglied tischer Zwistigkeiten machen sollte, und Renate Herzog erklärte, „der vielen Men- daß es nicht im Sinne dieser bescheidenen, schen gedacht werden, die aus geringen stillen Frau sei, wenn sie auf diese Weise an Gründen verhaftet und gefoltert wurden“. die Öffentlichkeit gezerrt würde.“ Weiter Mit den Stimmen von SPD und GAL vo- wurde gesagt, „die Zahl der um Hamburgs tierte eine Mehrheit im Ortsausschuss für Kulturleben ebenso verdienten Männer und die Umbenennung. Die Vertreter der CDU Frauen sei so groß, daß es nicht genug enthielten sich oder stimmten gegen den [Straßen] gäbe, sie alle zu ehren“. Die Stra- Antrag. CDU-Sprecher Herwart Wieder- ßenbenennung nach Agathe Lasch wurde hold schlug stattdessen vor, Straßen künftig daraufhin 1948 abgelehnt. auch nach verdienten Kommunalpolitikern Solche Bedenken hatte der Kollegenkreis der Nachkriegszeit zu benennen, und führte offensichtlich nicht, als es darum ging, den den langjährigen Ortsausschussvorsitzen- 1946 verstorbenen Direktor des germani- den Otto Friedrich Muxfeldt (SPD) an. schen Seminars, Conrad Borchling, zu eh- Dem CDU-Antrag konnte schon deshalb ren. Borchling, der schon im Ersten Welt- nicht Rechnung getragen werden, weil es krieg den flämischen Teil Belgiens als einen Grundsatzbeschluss der Bezirksver- deutsche Provinz reklamiert hatte, wurde sammlung Hamburg Nord gibt, neu gebaute bereits im Mai 1933 NSDAP-Mitglied und Straßen vorrangig nach Widerstandskämp- unterstützte mit seiner in einer großgerma- ferinnen und -kämpfern gegen den Natio- nischen Ideologie wurzelnden Wissen- nalsozialismus zu benennen. schaft den neuen Staat. Nach dem Krieg Die 1950 erfolgte Benennung einer Straße wurde Conrad Borchling von der britischen nach dem ehemaligen Direktor des Germa- Militärregierung seines Amtes enthoben nischen Seminars der Universität Hamburg, und zu Lebzeiten nicht rehabilitiert. Conrad Borchling, gibt zu denken, wenn All dies hinderte jedoch die Stadt Hamburg man berücksichtigt, wie mit der Bitte um nicht, des Verstorbenen öffentlich zu ge- eine Straßenbenennung nach seiner jüdi- denken. Seit dem 26.7.1950 gibt es in Ham- schen und bei der Deportation umgekom- burg einen Borchlingweg ganz in der Nähe menen Kollegin Agathe Lasch, der ersten des seit 1970 nach Agathe Lasch umbe- Lehrstuhlinhaberin an der Universität Ham- nannten Othmarscher Kirchenwegs, einer burg, verfahren wurde. Bereits 1948 hatte an der Autobahn endenden Sackgasse. Wie formulierte doch Walter Jens so treffend: mensvergabe „Ackermannstraße“ nach der „Wieviel schwerer ist es doch, ein einzelnes Schauspielerfamilie Ackermann), Schrift- individuelles Opfer zu ehren als viele Mil- stellerinnen/Dichterinnen (erste Mit-Be- lionen.“ nennung 1867 bei der Vergabe des Straßen- namens nach der Gelehrtenfamilie Unzer), Männer versus Frauen: Adlige (erste Benennung einer Straße in der ersten Hälfte des 20. Jhds.: Auguste-Victo- Straßenbenennungen nach ria-Kai), literarische Gestalten (erste Be- Männern und Frauen nennungen: Erste Hälfte 20. Jhds.: Ortrud- Noch immer sind zu wenige Straßen nach und Sentastraße). 1929 im Zuge der Arbei- Frauen benannt. Dabei mangelt es nicht an terbewegung erfolgte die Benennung einer bedeutenden Frauen. Und diese gibt es Straße nach einer Gewerkschafterin und nicht erst – wie manchmal irrtümlich ange- Führerin der proletarischen Frauenbewe- nommen wird – seit dem Aufkommen der gung, Helma Steinbach – und im selben bürgerlichen Frauenbewegung in der zwei- Jahr die Ehrung für eine Patriotin des Vater- ten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Nein, be- landes: Anna Lühring. deutende Frauen können in der Geschichts- Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden bei schreibung genauso weit zurückverfolgt den Straßenbenennungen auch einer Bäue- werden wie die Spur bedeutender Männer. rin (Mechthildweg, 1948) und der Gelieb- Nur ist es seit jeher eine Frage der Defini- ten und Förderin eines Dichters (Elise- tion, wer als bedeutend gilt. Welche Kriteri- Lensing-Weg, 1948) gedacht. en dabei angesetzt werden, definieren sich Erst seit den 50er Jahren des 20. Jahrhun- in diesem Fall aus den Geschlechtsrollen- derts werden auch Straßen nach Malerin- bildern der jeweiligen historischen Epo- nen (Modersohnstraße) benannt. Das ist chen. So war im Mittelalter die Frau als nicht verwunderlich, wurden Frauen doch Heilige sicherlich bedeutend. Und so wurde erst seit der Jahrhundertwende nach und auch bereits in der zweiten Hälfte des 13. nach zum Studium an staatlichen Akademi- Jahrhunderts in Hamburg eine Straße nach en zugelassen. einer Heiligen benannt: der Heiligen Auffällig ist, dass 1950 gleich zwei Frauen Katharina von Alexandrien (Katharinen- aus der bürgerlichen Frauenbewegung eine brücke). In den nächsten Jahrhunderten Ehrung durch Straßenbenennungen erhiel- folgten dann weitere Heilige, so St. Gertrud ten (Heymannstraße und Helene-Lange- (18. Jhd.) und St. Annen (19. Jhd.). Straße). In den nächsten zwei Jahrzehnten Als bedeutend galten im 19. Jahrhundert im wurden die Frauen der bürgerlichen Frau- Zuge des Entstehens der ersten weiblichen enbewegung bei der Straßennamensverga- Wohltätigkeitsvereine auch solche Damen be wieder vergessen, obwohl viele dieser der bürgerlichen Gesellschaft, die sich der Frauen Bedeutendes für die Gleichstellung ehrenamtlichen Wohltätigkeit verschrieben der Frau geleistet hatten. Doch zwischen hatten. So wurde nach der Etatsrätin und Ende der 50er Jahre bis Ende der 60er Jahre Wohltäterin Helene Donner die Helenen- herrschte eine Latenzzeit in der Frauenpoli- straße benannt oder die Elise-Averdieck- tik, sowohl in der Bürgerschaft als in den Straße nach der Leiterin des Diakonissen- Frauenverbänden. Letztere verloren als Or- hauses „Bethesda“. Ebenso als bedeutend gane einer eigenständigen Frauenbewe- galten bekannte Schauspielerinnen (erste gung im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Mit-Benennung 1899 bei der Straßenna- Die veröffentlichte Meinung z. B. nahm die Ziele der Frauenemanzipation und der chengestalten vor, sondern es wird durch Gleichstellung nicht mehr wahr. Vielleicht die Benennung einer Straße nach Mette wirkte sich diese frauenpolitische Gesamt- Harden der Hexenverfolgung gedacht, der situation auch auf die Auswahl der Straßen- Millionen unschuldiger Frauen zum Opfer benennungen aus. Nicht nur die Namen be- fielen. deutender Frauen der bürgerlichen und Doch selbst wenn Frauen auf gleichem Ge- proletarischen Frauenbewegung fanden biet wie Männer Bedeutendes geleistet sich nicht auf neu aufgestellten Straßen- hatten, war es nicht selbstverständlich, schildern wieder, ebenso kaum Namen von dass sie durch die Benennung einer Straße Frauen, die in beruflich exponierter Stel- nach ihrem Namen ebenso geehrt wurden. lung gestanden hatten. Es wurde zwar noch Deshalb beschloss der Senat 2001 auf Ini- einer Archäologin (Mestorfweg, 1953) und tiative des Senatsamts für Bezirksangele- einer Botanikerin (Amalie-Dietrich-Stieg, genheiten und von Dr. Rita Bake von der 1953) gedacht. Aber dann war auch Landeszentrale für politische Bildung, bei Schluss, obwohl mittlerweile auf ein erheb- einer Gruppe von 14 Straßen- und Wege- liches Repertoire bedeutender Frauen zu- namen die an den Straßenschildern ange- rückgegriffen werden konnte. brachten Erläuterungen zu den Namensge- Erst im Zuge der neuen Frauenbewegung bern um Informationen zu deren Ehefrauen ab Ende der 60er Jahre wurde es vielen oder weiblichen Verwandten zu ergänzen, Frauen bewusst, dass viel zu wenig Straßen wenn diese ebenfalls Herausragendes ge- nach bedeutenden Frauen benannt wurden. leistet hatten. Es ging dabei also nicht – Und so ging 1973 die Arbeitsgemeinschaft wie einige Tageszeitungen kolportierten – Hamburger Frauenorganisationen (ahf) mit um die Ehefrau x, y eines bedeutenden dieser Forderung an die Öffentlichkeit. Als Mannes. Das hätte zu Recht – wie süffisant Folge dieser neuen Frauenbewegung und in den Gazetten vermerkt – bei mehrmals auch durch den verstärkten Einsatz der ers- verheirateten Männern wegen des nur be- ten Leiterin der „Leitstelle für die Gleich- grenzt zur Verfügung stehenden Platzes auf stellung der Frau“, Eva Rühmkorf, und der den Schildern zu Schwierigkeiten geführt. damaligen Ersten Vorsitzenden des Landes- Die Zeitungen führten als Beispiel den da- frauenrates Hamburg, der Journalistin maligen Bundeskanzler Schröder an. Helga Diercks-Norden, werden seit den Aber darum ging es ja auch gar nicht. Un- 80er Jahren des 20. Jahrhunderts bei Stra- missverständlich hatte die Senatspresse- ßenbenennungen Frauen stärker berück- stelle das Projekt vorgestellt. sichtigt. So wurde z. B. 1984 ein Stieg nach der Frauenrechtlerin Gertrud Bäumer und Es handelte sich um folgende Straßen: eine Straße nach Lilly Braun benannt. ➔ Reimarusstraße: benannt nach Hermann Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts Samuel R., Professor am Hamburgischen werden nun auch bei den Straßenbenen- Akademischen Gymnasium, und dessen nungen Frauen geehrt, die auf Gebieten tä- Sohn, Dr. Johann Albert R., ebenfalls dort tig waren, die in den Augen der männlich Professor. Nun auch benannt nach der dominierten Öffentlichkeit bis dato wenig Tochter und Schwester Elise R., Erzieherin, beachtet worden waren. So gibt es seit Schriftstellerin und zentrale weibliche Per- 1984 einen nach einer Hebamme benann- sönlichkeit der Aufklärung in Hamburg. ten Weg (Gertrud-Werner-Weg). Und seit ➔ Wichernsweg: benannt nach dem Theo- 1995 kommen die Hexen nicht nur als Mär- logen und Gründer des Rauhen Hauses. Nun auch benannt nach Amanda W., leiten- frau, der Komponistin und Musikschrift- de Mitarbeiterin ihres Mannes. stellerin Alma Mahler-W. benannt. ➔ Meriandamm: benannt nach dem Kup- ➔ Klabundeweg: benannt nach dem Jour- ferstecher, Verleger und Schöpfer zahlrei- nalisten und Bürgerschaftsabgeordneten cher Stadtansichten, Matthäus M. Nun auch Erich K. Nun auch nach dessen Ehefrau, benannt nach dessen Tochter Sibylla M., der Rechtsanwältin, Richterin und 1966 Forscherin, Blumen- und Insektenzeichne- ersten Gerichtspräsidentin in der Bundesre- rin, Herausgeberin, Autorin und Illustrato- publik Deutschland als Präsidentin des rin von Büchern über Insekten. Landesarbeitsgerichts Hamburg, Clara K. ➔ Klopstockstraße: benannt nach dem benannt. Dichter Friedrich Gottlieb K. Nun auch be- ➔ Herschelstraße: benannt nach dem nannt nach seiner Ehefrau Meta Moller, Astronomen und Entdecker des Planeten Schriftstellerin. Uranus, Sir William H. Nun auch benannt ➔ Schopenhauerweg: benannt nach dem nach dessen Schwester, der Astronomin Philosophen Arthur Sch., nun auch nach und Ehrenmitglied der Royal Astronomical dessen Mutter, der Schriftstellerin Johanna Society, Caroline H. Sch. benannt. ➔ Traunweg: benannt nach dem Fabri- ➔ Reichardtstraße: benannt nach dem kanten und Mitbegründer der New-York- Komponisten und Musikschriftsteller Jo- Hamburger Gummiwaaren Compagnie, hann Friedrich. R., jetzt auch nach dessen Christian Justus Friedrich T. Nun auch Tochter Caroline Luise R., Sängerin, Mu- nach dessen Ehefrau Bertha T., Vorkämp- sikpädagogin und Komponistin benannt. ferin der Hamburger Frauenbewegung, ➔ Gottschedstraße: benannt nach dem Li- Mitbegründerin diverser Frauenorganisati- teraturtheoretiker Prof. Johannes Christoph onen benannt. G. Nun auch benannt nach dessen Ehefrau, Mit dieser Aktion wurden 14 bedeutende der ersten vollbeschäftigten Journalistin Frauen geehrt, ohne dass eine Straße umbe- Deutschlands, Luise Adelgunde G. nannt werden musste. ➔ Bozenhardweg: benannt nach dem Schauspieler Albert B. Nun auch nach des- sen Ehefrau, der Schaupielerin Karli B. be- nannt. Beide waren – sie als erste Frau – Ehrenmitglied des Thalia-Theaters. ➔ Schumannstraße: benannt nach dem Komponisten, Pianisten und Musikschrift- steller Robert Sch. Nun auch nach dessen Ehefrau, der Komponistin und Pianistin Clara Sch. benannt. ➔ Schlegelsweg: benannt nach den Dich- terbrüdern August Wilhelm Sch. und Fried- rich Sch. Nun auch nach der Ehefrau des ersteren, Caroline Schlegel-Schelling be- nannt, Schriftstellerin, Übersetzerin und Redakteurin. ➔ Werfelring: benannt nach dem Schrift- steller Franz W. Nun auch nach dessen Ehe- Ackermannstraße Und reitet männlich durch die Gassen.“ Hohenfelde, seit 1899. Konrad Ernst (Barbara Becker-Cantarino: Von der Prinzi- Ackermann, Schauspieler, und seine Töchter palin zur Künstlerin und Mätresse. In: Dorothea und Charlotte Ackermann, Renate Möhrmann (Hrsg.): Die Schauspie- Schauspielerinnen lerin. Frankfurt a. M. 1989.) Charlotte starb Konrad Ernst Ackermann (1.2.1712 oder bereits im Alter von 17 Jahren. Als Todesur- 1710 - 13.11.1771 Hamburg) sache wurde „Schlaganfall“ angegeben. gründete die erste stehende Schauspiel- Aber auch die Vermutung „Selbstmord“ bühne in Hamburg und erhielt 1753 das nach „moralischem Fall“ (Schwanger- Preußische Privileg zum Bau eines eigenen schaft) wurde geäußert. Theaters. 1755 eröffnte er sein erstes Thea- Dorothea Caroline (12.2.1752 Danzig - ter in Königsberg, das erste größere Privat- 21.10.1821 Altona), ebenfalls Schauspiele- theater in Deutschland mit ca. 800 Plätzen. rin. Spielte als 12jährige junge Liebhabe- Ein Jahr später war Ackermann schon wie- rinnen. „Sie spielte die Minna von Barn- der auf Wanderschaft. Von 1764 bis 1767 helm und die Sara Sampson unter den etwa hauptsächlich in Hamburg. Dort eröffnete 80 (!) neuen Rollen vom März 1759 bis er 1765 das Commoedienhaus an der Stelle Ende 1771; davon waren 13 im Singspiel.“ des alten Opernhauses am Gänsemarkt. (Barbara Becker-Cantarino s. o.) Dorothea Doch das Publikum zeigte sich desinteres- musste sich mühsam durchsetzen, denn sie siert. Ackermann ging wieder auf Gast- galt als hässlich. Ihr Gesicht war von Po- spielreisen. ckennarben entstellt. Lessing nannte sie Marie Magdalena Charlotte Ackermann „kleinäugiges Dortchen“. Am 2.7.1778 hei- (23.8.1757 Straßburg - 14.5.1775 Ham- ratete sie den Arzt und Schriftsteller Jo- burg) wurde von ihrem Halbbruder Fried- hann Christoph Unzer. Die Ehe wurde 1790 rich Ludwig Schröder die „erste Schauspie- geschieden. Danach trat Dorothea Caroline lerin Deutschlands“ genannt. Begann im nicht mehr als Schauspielerin auf. In ihrem Alter von 4 Jahren in Kinderrollen aufzutre- Alter hätte sie die „Alte“ spielen müssen, ten. Als knapp 12jährige spielte sie jugend- „die auch schauspielerisch wenig attraktiv liche Liebhaberinnen. Außerdem tanzte sie war, weil es nur wenige Partien in der dra- Solopartien in mimischen Balletten. Sie matischen Literatur gab (und gibt). Um als war schön, blond und schlank und „hatte im Berufsschauspielerin Erfolg zu haben, Gegensatz zu ihrer kleinäugigen Schwester mußte die Frau nun zunehmend eine ,junge große, lebhafte Augen, die von Geist und Schöne‘ sein, die den Wünschen des (männ- Feuer sprühten“. (Herbert Eichhorn: Kon- lichen) Publikums entsprach.“ (Barbara rad Ernst Ackermann. Emsdetten 1965.) Ih- Becker-Cantarino s. o.) ren größten Erfolg erzielte sie als Emilia Sophie Charlotte (10.5.1714 - Galotti. Damit feierte sie im Hamburger 13.10.1792 oder 1793 Hamburg) geb. Bier- Commoedienhaus große Erfolge. Aller- eichel, verwitwete Schröder. Mutter von dings „getadelt“ wurde ihr „unweibliches“ Dorothea und Charlotte Ackermann und Reiten, auf das ein Epigramm in Hamburg des Schauspielers Friedrich Ludwig zirkulierte: „Das war Emilia, Galottis Toch- Schröder, ebenfalls Schauspielerin. Ging ter? Nein, es kann Emilia nicht sein. Sie, 1740 zum Theater und hatte zwei Jahre die jüngst andachtsvoll, Um sich nicht lang als Prinzipalin eine eigene Truppe. sehn’n zu lassen, Im Schleier hin zur Messe 1749 heiratete sie Konrad Ernst Acker- schlich, Setzt öffentlich aufs Pferd sich. mann. Sophie Charlotte spielte die tragi- sche Heroine, und da sie viel vom Theater- ging 1910 an das führende amerikanische betrieb verstand, führte sie die Geschäfte Frauencollege Bryn Mawn in Pennsylvania des von ihrem Mann geleiteten Theaters. und unterrichtete dort deutsche Philologie. Trotz der in ihrem Geburtsland erlebten Be- Agathe-Lasch-Weg nachteiligung litt Agathe Lasch unter Othmarschen seit 1971, 1970–1971: der antideutschen Stimmung, die in den Laschweg, vorher Othmarscher Kirchen- USA nach Ausbruch des Ersten Weltkrie- weg. Erste Lehrstuhlinhaberin an der ges herrschte. Sie ließ deshalb ihren Ver- Universität Hamburg, als Jüdin von den trag, der 1916 ablief, nicht erneuern und Nazis deportiert. (4.7.1879 Berlin – kehrte nach Deutschland zurück. 1917 er- am 12.8.1942 deportiert) hielt Agathe Lasch, die durch ihr 1914 er- Am 12. August 1942 in Berlin zusammen schienenes und bis heute noch als Standard- mit ihren beiden Schwestern von der Poli- werk geltendes Buch über die mittelnieder- zei abgeholt. Der Transport jüdischer Bür- deutsche Grammatik einen überragenden gerInnen aus Berlin ging am 15. August ab, Ruf in der Germanistik erworben hatte, in kam aber nicht am Bestimmungsort, dem Hamburg eine Stelle als Wissenschaftliche Konzentrationslager Theresienstadt, an. Ob Hilfsarbeiterin am Deutschen Seminar. Agathe Lasch in einem anderen Vernich- Nach Eröffnung der Universität Hamburg tungslager ums Leben kam, ob sie bereits im Jahre 1919 habilitierte sich Agathe den Transport nicht überstand oder ob sie Lasch. Am 29. Juni 1923 wurde sie durch ihrem Lungenleiden erlag, ist unbekannt. Senatsbeschluss „zum Professor“ ernannt. Agathe Lasch war das dritte von fünf Kin- Als 1926 ein Extralehrstuhl für Niederdeut- dern einer jüdischen Kaufmannsfamilie. sche Philologie eingerichtet wurde, stand Besuchte eine höhere Mädchenschule und Agathe Lasch als einzige Kandidatin auf das Lehrerinnenseminar. der Berufungsliste. Im Herbst 1898 bestand sie die Lehrerin- Seit ihrem 38sten Lebensjahr arbeitete sie nenprüfung, konnte als Jüdin jedoch an am Hamburgischen (niederdeutschen) Wör- keiner staatlichen Schule eine Anstellung terbuch und überarbeitete das Mittelnieder- finden und musste an Privatschulen unter- deutsche Wörterbuch. Sie untersuchte die richten. Entwicklung der Sprache in ihrer Abhän- 1906 Abitur. Als ab 1908 in Preußen Frau- gigkeit von sozialen Faktoren; Sprachge- en zum Studium zugelassen wurden, be- schichte sah sie eng verknüpft mit der poli- warb sich Agathe Lasch. Der Berliner Ger- tischen Zeitgeschichte. Für das Hamburger manist Roethe weigerte sich, Frauen in sei- Wörterbuch untersuchte sie die Gegen- ne Seminare aufzunehmen, und lehnte die wartssprache und führte zahllose direkte Zulassung von Agathe Lasch ab. Sie ging Befragungen durch. Agathe Lasch fühlte an die Universitäten Halle und sich jedoch durch die zeitintensive Tätig- und studierte dort Germanistik. Bekam keit am Wörterbuch eingeengt in ihrer eige- durch Vermittlung von Professor Wilhelm nen Arbeit. Braune an der Heidelberger Universität ein Bei Machtantritt der Nationalsozialisten einjähriges Stipendium. 1909 Doktorarbeit drohte der jüdischen Professorin aufgrund über die Berliner Schriftsprache. Aussich- des „Gesetzes zur Wiederherstellung des ten auf eine wissenschaftliche Karriere be- Berufsbeamtentums“ die sofortige Entlas- standen im deutschen Kaiserreich für Aga- sung. Eingaben ihrer Schülerinnen und die the Lasch als Frau und Jüdin nicht. Sie Stellungnahme skandinavischer Germani- sten verhinderten dies zunächst, aber zum Bis November 1993 trug das Straßenschild 30. Juni 1934 wurde sie endgültig in den neben den Lebensdaten lediglich den Zu- „Ruhestand“ versetzt. satz „Philologin“. Auf Anregung des Histo- Agathe Lasch erhielt zwar ihre volle Pensi- rischen Seminars der Universität Hamburg on, durfte aber in Deutschland nicht mehr und einer engagierten Bürgerin, Charlotte publizieren. 1937 zog sie zu ihren Schwe- Rehn, wurde das Schild schließlich ergänzt. stern nach Berlin. 1938 wurde ihr dort der Es weist nun ausdrücklich darauf hin, dass Zutritt zu den Bibliotheken verboten. Be- Agathe Lasch die erste Professorin auf ei- mühungen um Lektorenstellen in Lund und nem Lehrstuhl an der Hamburger Universi- Oslo sowie um einen Lehrstuhl an der estni- tät war und als Jüdin Opfer des Nationalso- schen Universität in Dorpat scheiterten zialismus wurde. Ingo Böhle trotz positiver Beurteilungen seitens Con- rad Borchlings, des Direktors des Germani- Agathenstraße schen Seminars in Hamburg, am Einschal- Eimsbüttel, seit 1899. Frei gewählter ten des Deutschen Auswärtigen Amtes. Name 1941 bat Agathe Laschs ehemalige Schüle- rin Claudine de l’Aigle den Leiter der Lan- Agnesstraße desunterrichtsbehörde Witt zugunsten der Winterhude, seit 1866. Agnes Ahrens geb. Professorin eine Eingabe bei der Geheimen Repsold. Schwägerin des Unternehmers Staatspolizei Berlin einzureichen. Aus den Adolph Sierich – Besitzer des Geländes Unterlagen der Staatsverwaltung lässt sich ersehen, wie Schulbehörde, Rektorat der Agnes-Gierck-Weg Universität und Germanisches Seminar die Langenhorn-Nord, seit 1997. Vorher Peter- Eingabe mit dem Verweis auf die jewei- Mühlens-Weg. lige Nichtzuständigkeit hin und her scho- Agnes Gierck geb. Höhne, Widerstands- ben. Borchling beendete den Vorgang, er kämpferin gegen den Nationalsozialismus, empfand sich außerstande, entsprechende Langenhorner Hausfrau. (28.2.1886 Wei- Schritte in der Angelegenheit von Frl. Prof. mar - 1944 Hamburg) Lasch zu unternehmen. Agnes Höhne, geboren am 28.2.1886 in Die Pensionszahlungen wurden eingestellt, Weimar, besuchte in Hamburg die Volks- die persönliche Bibliothek Agathe Laschs schule bis zur Selekta und arbeitete an- beschlagnahmt. schließend als Hausangestellte und Plätte- Die Hansestadt Hamburg ehrt heute das rin. 1909 heiratete sie den Arbeiter Karl Andenken ihrer ersten Universitätsprofes- Gierck und bekam drei Kinder. In den 20er sorin. Im Dezember 1992 wurde der vom Jahren trat das Ehepaar der KPD bei. Wäh- Hamburger Senat mit 5.000 DM ausgestat- rend der Zeit des Nationalsozialismus be- tete Agathe-Lasch-Preis zur Förderung des stand Agnes Giercks politische Arbeit für wissenschaftlichen Nachwuchses auf dem die KPD darin, Spenden für Familien von Gebiet der norddeutschen Sprachfor- Verfolgten zu sammeln, Parteibeiträge zu schung zum ersten Mal vergeben. Und im- kassieren und Schmiere zu stehen. Am merhin gibt es seit 1970 den Agathe- 1.10.1934 wurde sie von der Gestapo ver- Lasch-Weg in Hamburg-Othmarschen. haftet und im April 1935 wegen Volks- Siehe dazu weiteres in dem Kapitel „Der verhetzung und Vorbereitung zum Hochver- Umgang mit der nationalsozialistischen rat zu zwei Jahren Zuchthaus – ihr Mann, Vergangenheit“. ihr Sohn und Schwiegersohn zu je andert- halb Jahren Kerker – verurteilt. Nach ihrer bereits stark vorgezeichnet war. So Entlassung nahm sie die illegale Wider- adoptierte sie 1896 ein neunjähriges Mäd- standstätigkeit wieder auf. Durch die Jahre chen, dessen Eltern bei der Cholera ge- der Verfolgung und Haft sowie den Tod storben waren. Besonders wichtig erschien beider Söhne erlebte Agnes Gierck das ihr der Haushaltungsunterricht für Volks- Kriegsende nicht mehr. Sie starb 1944 nach schülerinnen. Hier sollten junge Frauen langer Krankheit. sparsame Wirtschaftsführung lernen, was für Arbeiterhaushalte sehr notwendig war. Agnes-Wolffson-Straße Da solch ein Unterricht nicht an den staatli- Bergedorf, seit 1985. Mäzenin, Wohltä- chen Volksschulen angeboten wurde, grün- terin, Stifterin. Gründerin von Haus- dete Agnes Wolffson, die durch ihr väterli- haltungsschulen. Motivgruppe: Verdiente ches Erbe über ein beträchtliches Vermögen Frauen. (30.11.1849 Hamburg – verfügte, eine eigene Haushaltungsschule – 18.3.1936 Hamburg) sprich Schulküche. Am 15. September Geboren als Tochter des Rechtsanwalts und 1896 startete Agnes Wolffsons Schule mit Reichstagsabgeordneten Dr. Isaak Wolffson. 6 Kursen mit je 20 Schülerinnen. Ostern Hatte noch vier weitere Geschwister (eins 1897 wurde eine zweite Schule an der Kie- starb im Kleinkindalter). Als ihr Vater Wit- ler Straße 7 und um 1900 die dritte Schule wer wurde, führte sie ihm bis zu seinem an der Humboldtstraße eingerichtet. Schul- Tode den Haushalt. geld wurde nicht genommen. Die Schüle- Durch ihre Mutter Johanna, geb. Hirsch, rinnen lernten Kochen und Backen, Wa- und die im Wolffsonschen Hause als Haus- schen und Plätten, Einmachen und Rein- dame tätige Minna Leppoc erhielt Agnes machen, Kinder- und Krankenpflege sowie Wolff-son Zugang zum Frauenverein zur Wirtschaften mit Hilfe eines zu führenden Unterstützung der Armenpflege, in dem Wirtschaftsbuches. 1899/1900 gab es 18 sich Frauen der 48er Revolution zusam- Kurse mit 465 Schülerinnen. Als 1906 an mengeschlossen hatten, um auf freisinniger zwei staatlichen Mädchenvolksschulen und humanitärer Basis den Armen zu helfen Haushaltungsunterricht versuchsweise obli- und ihnen Hilfe zur Selbsthilfe anzubieten. gatorisch eingeführt wurde, schenkte Agnes Von ihren Eltern lernte Agnes Wolffson Wolffson dem Hamburger Staat ihre drei selbständiges Handeln, das Entwickeln ei- Schulküchen und sah damit ihre Arbeit auf gener Ideen und deren Umsetzung, aber diesem Gebiet als beendet an. Nun wandte auch das Dienen und Sorgen um andere. sie sich den Töchtern der Oberschicht zu. Bereits mit 17 Jahren unterrichtete sie un- 1902 errichtete sie in der Tesdorpfstraße entgeltlich deutschen Aufsatz und Gedichte eine Lehranstalt für alle Zweige der in der Schule des Paulsenstifts. Zu Hause Haushaltungskunde. Agnes Wolffson stellte pflegte sie ihre beiden Schwestern und ihre die Lehrerinnen ein, entwickelte den Lehr- Mutter bis zu deren Tod. plan, der sich von dem der Volksschülerin- Da Agnes Wolffson unverheiratet blieb, nen wesentlich unterschied. Hier ging es z. wurde sie auch von ihrem Bruder, einem B. um die Kunst der feinen Küche. Auch Rechtsanwalt, als verfügbare und sorgende mussten die Eltern für ihre Töchter ein ho- Tante seiner vier Kinder beansprucht. Erst hes Schulgeld zahlen. nach dem Tod des Vaters, nun bereits 46jäh- Doch obwohl die Schule gut angenommen rig, begann sie ihr eigenes Leben zu leben, wurde und Agnes Wolffson für den Fortbe- das durch ihren bisherigen Lebensweg stand der Schule einen beträchtlichen finan- ziellen Zuschuss beigesteuert hatte, schrieb Bezirksausschussdame für den Stadtteil St. die Schule wegen des zu geringen Startka- Georg die Rentnerfürsorge fort. So verteil- pitals und der allgemeinen Teuerung rote te sie einmal in der Woche die Essensmar- Zahlen. Agnes Wolffson musste schließlich ken. den Hamburger Staat um einen Zuschuss Geehrt wurde sie 1922 wegen ihrer Ver- bitten – solches tat sie nicht gern. dienste um die Haushaltungsschule mit der 1901 gehörte Agnes Wolffson dem Vor- Anna-Wohlwill-Gedenkmünze. Zu ihrem stand des Vereins für Ferien-Wohlfahrts- 80. Lebensjahr benannte der Senat die bestrebungen an. Er gründete die Ferienko- Haushaltungsschule in der Humboldt- lonie Waltershof, wo sich Volksschülerin- straße 99 in Agnes Wolffson-Schule um. nen und -schüler, die in schlechten Wohn- Da Agnes Wolffson Jüdin war, wurde ihr verhältnissen lebten, zwei Wochen lang die Ehrenrente nach der Machtergreifung tagsüber erholen konnten. 1911 wurde die durch die Nationalsolzialisten gekürzt. Kolonie wegen der anstehenden Hafen- erweiterung nach Moorwerder verlegt. Albertine-Assor-Straße Agnes Wolffson beaufsichtigte die Küche Schnelsen, seit 1993. Gründerin und der Ferienkolonie und stellte den Küchen- langjährige Leiterin, erste Oberin, der zettel zusammen. später nach ihr benannten, in der Nähe 1910 gründete Agnes Wolffson in der Nor- der Albertine-Assor-Straße gelegenen derstraße ein Arbeiterinnenheim. Das evangelischen Diakonie- und Krankenan- Martha-Helenen-Heim, das nach Agnes stalten. (22.3.1863 Zinten/Ostpreußen – Wolffsons verstorbenen beiden Schwestern 22.2.1953 Hamburg) benannt war, bot 60 erwerbstätigen Frau- Albertine Assor wuchs mit vier Geschwi- en Unterkunft in Einzelzimmern sowie stern auf. Ihr Vater gab, nachdem er 44 Jah- die Teilnahme an Lehrkursen, die der För- re als Maurerpolier gearbeitet hatte, seinen derung der Allgemeinbildung dienen soll- Beruf auf, um Prediger in verschiedenen ten. Am 3. August 1914 richtete Agnes Baptistengemeinden zu werden. Ab Januar Wolfsson im Martha-Helenen-Heim die er- 1891 wohnte Albertine Assor in Berlin, um ste Hamburger Kriegsküche ein. dort eine Ausbildung im Schneiderhand- Durch die Inflation verlor Agnes Wolffson werk zu absolvieren. Doch das große sozia- einen beträchtlichen Teil ihres Vermögens, le Elend ließ sie anders entscheiden. Sie musste das Heim schließen und ihr Haus in wandte sich der Gemeindediakonie zu, der Badestraße verkaufen. Sie lebte nun in wurde ab Juli 1891 Gemeindeschwester in engen finanziellen Verhältnissen. 1925 ent- Berlin-Moabit und kümmerte sich um ar- schloss sich der Senat, ihr eine Ehrenrente beitslose junge Frauen und Straßenkinder. auszuzahlen. 1894 arbeitete sie in einem Bochumer Agnes Wolffson war weiterhin in vielen Wohnheim für junge Frauen, ab 1895 war Gremien und Vorständen tätig, so im Kura- sie Gemeindeschwester im Berliner Nor- torium des Vereins Soziale Frauenschule, den, ab Oktober 1901 Gemeindeschwester des Sozialpädagogischen Instituts und des in Stade, ab November 1902 Oberin des Paulsen Stifts. Agnes Wolffson war ehren- Diakonissenhauses Tabea in Altona. Ihre amtliches Mitglied im Armenkollegium selbstbewussten Ansichten kollidierten mit der Allgemeinen Armenanstalt und im Vor- der Weltfremdheit des Hausvorstandes des stand der Hamburger Rentnerhilfe tätig. Diakonissenhauses, und es kam zum Bruch. Noch im Alter von 80 Jahren führte sie als Albertine Assor verließ ihre Stelle und gründete am 1.5.1907 zusammen mit sie- daraufhin zuerst einmal bei Verwandten in ben weiteren abtrünnigen Schwestern in Ostpreußen auf. Organisierte aber bereits einer kleinen Mietwohnung in der Fett- ein Jahr später die Wanderfürsorge. Ab straße 20 im Hamburger Stadtteil Eims- 1921 wurde sie die 1. Vorsitzende des büttel ein baptistisches Diakonissen-Mut- Schwesternverbandes, ab Januar 1922 Lei- terhaus mit dem Namen Siloah (stille Sen- terin eines christlichen Erholungsheimes dung). Nach eineinhalb Jahren hatte der in Schorborn/Solling. Als Siloah in eine Verband schon 22 Schwestern. 1908 er- Krise geriet, entschlossen sich die folgte der Umzug in den Schulweg 35/37. Schwestern, Albertine Assor zurückzuho- Die Schwestern, die eine qualifizierte Aus- len. Im März 1925 wurde sie wieder als bildung an einer Krankenpflegeschule er- Oberin eingesetzt. 1927 pachtete sie für hielten und dort auch ihr Staatsexamen ab- Siloah das Krankenhaus Am Weiher, das legten, arbeiteten anfangs hauptsächlich in ab 1928 eine eigene Krankenpflegeschule der häuslichen Krankenpflege. Von wohl- erhielt. Weitere Einrichtungen der Schwe- habenden Patienten wurden Honorare ver- sternschaft: 1928 Kauf des Hauses langt, arme kostenlos betreut. Siloah- Tornquiststraße 48 als Altenheim; Kauf Schwestern waren auch in Privatkliniken des Erholungsheims Helenenquelle in Bad tätig. Das verdiente Geld kam in eine Ge- Pyrmont. 1930 Umzug des Mädchenheims meinschaftskasse, aus der alle Kosten be- in die Heimhuderstraße 78, dort Einrich- stritten wurden. Für ihren vierwöchigen tung eines Leichtkrankenhauses für Frau- Jahresurlaub stand den Schwestern ein en. Hier wurden u. a. erkrankte Dienstmäd- Haus in Malente und später in Bad Pyr- chen untergebracht, die bei ihrer Herr- mont zur Verfügung. Weil Albertine Assor schaft nicht ausreichend versorgt wurden. nicht wollte, dass Schwestern im Alter von 1935 Kauf des Hauses Mittelweg 111 als ihren jungen Mitschwestern finanziell ab- Leichtkrankenhaus für Männer. Hier konn- hängig wurden, wurden die Schwestern ten u. a. erkrankte Seeleute Unterkunft fin- sozialversichert. Diese Einstellung wurde den. 1938 Kauf der Klinik Johnsallee. ihr von anderen Diakonissenhäusern als 1941 legte Albertine Assor ihr Amt nieder. „mangelndes Gottvertrauen“ ausgelegt. Kurz darauf wurde auf staatliches Drängen Ein wichtiges Anliegen von Albertine der jüdische Namen Siloah „getilgt“ und Assor war: Frauen helfen Frauen, ein das Werk in Albertinen-Haus umbenannt. neues Selbstwertgefühl zu entwickeln. Heute trägt das Werk zu Ehren seiner Deshalb übernahm sie im Januar 1909 ein Gründerin den Namen Albertinen- Mädchenheim für alleinstehende erwerbs- Diakoniewerk e.V. Es gehört zum Bund tätige Mädchen in Hamburg-Eilbek. 1911 Evangelisch-Freikirchlicher Gemeinden. erfolgte sein Umzug in die Alexander- Alle Einrichtungen – das Albertinen-Kran- straße 25 in der Nähe des Hauptbahnhofes. kenhaus und die Altenwohnanlage Alberti- Dort fanden notleidende Frauen Unter- nen-Haus – befinden sich in Hamburg kunft. 1910 wurde der Schwesternverband Schnelsen. gegründet, 1918 ein Haus in der Tornquist- straße 50 gekauft und zum Mutterhaus um- Albertinenstieg gebaut. Eifersucht, Ehrgeiz und Unver- Schnelsen, seit 1993. Nach dem von Alber- stand führten im Oktober 1919 zur Sus- tine Assor gegründeten Diakonissen- pendierung Albertine Assors von ihrem Amt haus Siloah – heute das nahegelegene als Oberin bei Siloah. Sie hielt sich Albertinen-Haus Alexandra-Stieg nahm Gesangsunterricht und wurde von Rothenburgsort, seit 2006. Nach dem Schallplattenproduzenten Fred Wyrich Alexandra Doris Nefedov (19.5.1942 entdeckt. Alexandras Manager wurde Hans Heydekrug, jetzt Silute – 31.7.1969 R. Beierlein. Ihre ersten Tourneen hatte sie Tellingstedt), geb. Treitz, populäre mit dem Orchester Hazy Osterwald. Mit ih- deutschsprachige Sängerin der 60-er Jahre rer rauchigen tiefen Stimme und ihrem unter ihrem Namen Alexandra Aussehen bediente sie ein neues Format in Doris Treitz wuchs mit ihren zwei Schwes- der Schlagerindustrie: Russland. tern im Memelland auf. Ihre Familie flüch- Ihren Durchbruch hatte Alexandra mit 25 tete 1944 vor der Roten Armee in den Nor- Jahren. Ihre ersten beiden Erfolge waren den Westdeutschlands. Sie lebten nun in „Zigeunerjunge“ und „Sehnsucht“. Ale- Kiel, wo Doris Treitz ein Mädchengymna- xandra wollte sich aber nicht auf das sla- sium besuchte. Sie erhielt Klavierunter- wisch-folkloristische Format einengen richt, brachte sich das Gitarrenspiel bei und lassen. Sie bekam Kontakt zu den franzö- schrieb schon früh eigene Lieder und Ge- sischsprachigen Chansonniers wie Yves dichte. 1962 nahm sie an der Miss-Germa- Montand und Gilbert Bécaud und arbeitete ny-Wahl teil und belegte den neunten Platz. in Brasilien mit dem Musiker und Sänger Kurz vor dem Abitur brach sie die Schule Antonio Carlos Jobim zusammen. In ab und wollte Modedesignerin werden. Sie Deutschland befreundete sie sich mit Udo begann ein Grafikstudium an der Muthesi- Jürgens. us-Werkkunstschule. 1961 zog sie mit ihrer 1969 zog Alexandra nach München. Im sel- geschiedenen Mutter und einer ihrer ben Jahr entschied sie sich auf Grund physi- Schwestern nach Hamburg in ein Mehrfa- scher und psychischer Belastungen für eine milienhaus im Stadtteil Rothenburgsort. Auszeit. Sie wollte mit ihrer Mutter und ih- Die 19-Jährige Doris Treitz besuchte nun rem Sohn auf Sylt Urlaub machen. Mit ih- die Meisterschule für Mode, lernte aber rem ersten eigenen Wagen, einem Merce- bald schon den 30 Jahre älteren russischen des 220 SE Coupé, fuhr sie am 31. Juli von Emigranten Nikolai Nefedov kennen, der Hamburg, wo sie noch einen Termin bei ih- bei ihnen zur Untermiete wohnte. Sie heira- rer Plattenfirma wahrgenommen hatte, auf teten und wollten in die USA auswandern. den Landstraßen Richtung Sylt. Sie soll mit Doch bevor es dazu kam, gebar Doris Nefe- der Technik des Autos nicht vertraut gewe- dov im Alter von 20 Jahren ihren Sohn Ale- sen sein, denn am Armaturenbrett war ein xander. Damit schien ihr ihre Karriere als Notizzettel angeheftet mit Bedienungsan- Sängerin und Schauspielerin nicht mehr re- leitungen für das Fahrzeug. Auf der Bun- alisierbar. Schließlich scheiterte die Ehe desstraße 203 bei Tellingstedt kam es an ei- und Nikolai Nefedov emigrierte allein in ner schwer einsehbaren Kreuzung zu einem die USA. Doris Nefedov nahm in Anleh- Unfall mit einem Lastwagen, da Alexandra nung an den Namen ihres Sohnes, den das Stoppschild übersehen hatte. Alexandra Künstlerinnennahmen Alexandra an. Sie starb noch am Unfallort, ihre Mutter wenig versuchte ihr Studium zu beenden, arbeitete später im Krankenhaus. Der sechsjährige nebenbei als Zeichnerin und ihre Mutter Sohn Alexander, der auf der Rückbank ge- versorgte das Kind. Nach dem Abschluss an schlafen hatte, wurde nur leicht verletzt. der Margot-Höpfner Schauspielschule in Die genauen Umstände des Unfalls wurden Hamburg erhielt Alexandra ein Engage- bis heute nicht geklärt. Selbsttötungs- und ment an einem Theater in Neumünster. Sie Sabotagetheorien kursierten immer wieder. Warum nach Alexandra eine Straße in Dienstmädchen, bis sie den Schlosser Fer- Hamburg benannt wurde, berichtete das dinand Wartenberg heiratete, mit dem sie Hamburger Abendblatt 2007 kurz vor der vier Kinder hatte. Politisch trat sie in die Einweihung am 19. Mai 2007. Da Alexand- Fußstapfen ihrer Mutter und baute vor Ort ra einige Jahre im Stadtteil Rothenburgsort die proletarische Frauenbewegung maßgeb- gewohnt hatte, war dies der Grund für die lich mit auf. Von 1902 bis 1906 wurde sie SPD-Fraktion Hamburg-Mitte gewesen, in auf Frauenversammlungen jährlich wieder diesem Stadtteil eine Straße nach Alexand- zur sozialdemokratischen Vertrauensfrau im ra zu benennen. „Den Stein ins Rollen Wahlkeis Ottensen/Pinneberg gewählt. Um brachte SPD-Mitglied Jan Oppermann: Vor das politische Engagement von Arbeiter- etwa drei Jahren machte er einen Fahrrad- frauen zu fördern – auch gegen den Wider- ausflug durch Schleswig-Holstein. Opper- stand vieler männlicher Parteigenossen – mann kam an der Kreuzung vorbei, auf der bereiste sie als Agitatorin schleswig-holstei- die gebürtige Litauerin den tödlichen Ver- nische Wahlkreise und erweiterte zu einer kehrsunfall hatte. (…) An der Unfallstelle Zeit, als Frauen per Reichsgesetz die Mit- ‚kam ihm die Idee’ erinnert sich Opper- gliedschaft in politischen Organisationen manns Parteifreund Axel Wieder, der noch verboten war, das Netz weiblicher Ver- ebenfalls von Beginn an dabei war. Denn: trauenspersonen und Frauenversammlungen Kurz zuvor war eine Flutschutzmauer in – parallel zur Parteistruktur, aber mit relati- Rothenburgsort verbreitert worden, auf der ver Autonomie. Als Delegierte nahm sie an Spaziergänger und Radfahrer nun Platz hat- Frauenkonferenzen und Parteitagen teil. ten – doch die neue Promenade brauchte 1905 gehörte sie mit zu den Initiatorinnen noch einen Namen. Als ein SPD-Fraktions- einer Protestkampagne gegen ein skandalö- mitglied während eines Treffens auch noch ses Urteil des Altonaer Schwurgerichtshofes, sagte, dass er in der früheren Wohnung von als vier junge Männer aus bürgerlichen Krei- Alexandra und ihrer Mutter lebt, war die sen wegen Vergewaltigung eines Dienstmäd- Entscheidung gefallen.“ chens überführt, aber dennoch freigespro- chen wurden. Entgegen der sozialdemokra- Alma-Wartenberg-Platz tischen Parteilinie und auch im Widerspruch Ottensen, seit Nov. 1996 zur Führung der proletarischen Frauenbewe- (vorher als Friedenseichenplatz bekannt, gung befürwortete Alma Wartenberg eine aber ohne offizielle Bezeichnung) Zusammenarbeit mit den „Radikalen“ in- Alma Wartenberg geb. Stähr (22.12.1871 nerhalb der bürgerlichen Frauenbewegung. in Ottensen-25.12.1928 in Altona), Frau- Ausgestattet mit einer gehörigen Portion enrechtlerin, sozialdemokratische Eigensinn und einem starken Willen, die Politikerin aus Ottensen, Vorkämpferin für Interessen der Frauen nicht denen der Partei Geburtenregelung und Mutterschutz unterzuordnen, geriet Alma Wartenberg Geboren wurde Alma Wartenberg in “Mot- schon 1906 in Konfrontation mit führenden tenburg”, dem ärmeren Teil von Ottensen, Funktionären: Ein Parteiausschlussverfah- als eines von 12 Kindern einer traditionell ren gegen sie musste zwar eingestellt wer- sozialdemokratischen Zigarrenmacherfami- den, aber als Vertrauensfrau wurde sie trotz lie. Schon ihre Mutter Maria Stähr betätigte Unterstützung ihrer Genossinnen abgesetzt. sich unter dem Sozialistengesetz in getarn- Von nun an legte Alma Wartenberg den ten Frauenbildungsorganisationen. Als jun- Schwerpunkt ihres politischen Engagements ge Frau arbeitete Alma Wartenberg als auf das Thema Mutterschutz und Geburten- kontrolle. Ihr lag an der Verbesserung der im schleswig-holsteinischen Provinzial- Lebensverhältnisse und der Gesundheit von landtag. 1927 legte sie nach einem Schlag- Frauen. Die hohe Säuglingssterblichkeit, die anfall alle Ämter nieder und starb 1928 im weite Verbreitung der „Frauenleiden“ infol- Alter von nur 57 Jahren. Ihr unerschrocke- ge der vielen Geburten und Fehlgeburten nes Engagement für das Recht der Frauen und auch der häufig praktizierten Abtreibun- auf Selbstbestimmung und freien Zugang zu gen sowie auch die erschreckende Unkennt- Verhütungsmitteln war wegweisend und ist nis der Arbeiterfrauen über körperliche und immer noch aktuell. sexuelle Vorgänge hatten sie alarmiert. Sie Die Benennung des Alma-Wartenberg-Platzes forderte einen besseren Schutz der Mütter geht auf historische Forschung und Initiative und der schwangeren Arbeiterinnen. Ihr Spe- der Frauengeschichtsgruppe im Stadtteilarchiv zialgebiet wurde die Aufklärung der proleta- Ottensen zurück. rischen Frauen. Dabei kamen ihr Kenntnisse (Text: Birgit Gewehr von der Frauenge- zugute, die sie als Dienstmädchen in einer schichtsgruppe im Stadtteilarchiv Ottensen) Arztfamilie beim Aushelfen in der Sprech- stunde gesammelt hatte. Sie zog mit Licht- Am Elisabethgehölz bilder-Vorträgen über den weiblichen Kör- Hamm-Nord, seit 1924. Benannt nach dem perbau, über Empfängnisverhütung und dort sich befindenen Elisabethgehölz im Mutterschutz von Stadt zu Stadt. Im An- ehemaligen Sievekingschen Park. schluss an ihre stark besuchten Vorträge – Elisabeth war die Tochter des Syndikus mehrere Hundert Zuhörerinnen waren keine Dr. Karl Sieveking Seltenheit – verkaufte sie öffentlich Verhü- tungsmittel. Damit brachte sie die Justiz, die Am Feenteich Beamtenärzteschaft und kirchliche Kreise Uhlenhorst, seit 1948. Benannt nach der im konservativen Kaiserreich gegen sich auf. angrenzenden Alsterbucht Feenteich Mehrfach drohten ihr Gefängnisstrafen we- „Die alten heidnischen Götter und Göttinnen, gen „Vergehens gegen das sittliche Empfin- Stammesvorfahren und PriesterInnen ver- den“. Auch innerhalb der Partei blieb Alma wandelten sich im französischen, deut- Wartenberg sehr umstritten. Als kurz vor schen und britischen Volksglauben in Feen. dem ersten Weltkrieg die Gesetze gegen Ver- WaliserInnen wie Irinnen nannten die Feen hütungsmittel und das Abtreibungsverbot ‚Mütter‘ oder Segen der Mutter, das Feen- verschärft werden sollten, erklärte Alma land galt ihnen als das Land der Frauen – Wartenberg, dass allein die Frau das Recht eine Reminiszenz an die matriarchale Gesell- habe, über ihren Körper und die Zahl ihrer schaftsform ihrer Stammesahnen. Im Book Geburten zu bestimmen. Entgegen der offi- of the Dun Cow beschrieb die Feenkönigin ziellen Parteilinie unterstützte sie innerhalb ihr Reich als das Land des ewigen Lebens, der Sozialdemokratie die heftig debattierte ein Ort, an dem es weder Tod noch Sünde Idee eines „Gebärstreiks“ als Protest gegen noch Missetaten gibt. Jeder Tag ist ein Fest- den staatlichen „Gebärzwang“, eine Idee, die tag. Wir verrichten jedes wohltätige Werk vor allem bei Arbeiterfrauen auf Zustim- ohne kleinliches Gezänk. Feenhügel galten mung stieß. als Eingänge zum heidnischen Paradies, das In der neuen Republik ließ sich Alma War- angeblich unter der Erde, dem Wasser oder tenberg als Abgeordnete für die SPD in das den Hügeln entfernter, irgendwo im westli- Altonaer Stadtverordnetenkollegium wählen chen Ozean liegender Inseln verborgen war, und saß seit 1925 als einzige Abgeordnete dort, wo die Sonne erlosch.“ (Barbara G. Walker: Das geheime Wissen der Frauen. Amália Rodrigues, die, wie ein portugiesi- Ein Lexikon. Frankfurt a. M. 1993.) scher Politiker zu ihrem Tod schrieb, „Stimme Portugals“, wurde 1999 als bisher Am Luisenhof einzige Frau im Pantheon neben bedeuten- Farmsen-Berne, seit 1927. Benannt nach den portugiesischen Politikern und Künst- dem der Straße benachbarten Luisenhof lern beigesetzt. Der Bezirk Altona, in dem viele der in Amália-Rodrigues-Weg Hamburg lebenden Portugiesen eine zweite Bahrenfeld, seit 2003. Portugiesische Heimat gefunden haben, benannte im Mai Fado-Sängerin. (Juli 1920 Lissabon – 2003 eine Straße nach Amália Rodrigues, 6. 10. 1999 ebd.) um den deutsch-portugiesischen Beziehun- Amália Rodrigues wurde 1920, ihr genaues gen Rechnung zu tragen, die durch zahlrei- Geburtsdatum wusste sie selbst nicht, als che kulturelle und gastronomische Angebo- Tochter einer Einzelhändlerfamilie geboren. te gerade in Hamburg-Altona intensiv ge- Schon als Kind musste sie mithelfen, um pflegt werden. Kerstin Klingel zum kargen Lebensunterhalt der Familie bei- zutragen, indem sie mit ihrer Mutter und ih- Amalie-Dietrich-Stieg rer Schwester auf dem Markt Obst verkaufte. Barmbek-Nord, seit 1968. Geb. Nelle, Das Singen wurde schon früh zu ihrer Lei- Botanikerin, Forschungsreisende, Kustodin denschaft: In ihrer Nachbarschaft sang sie des Museums für Natur- und Völkerkunde portugiesische Schlager und erntete dafür in Hamburg. (21.5.1821 Sie-benlehn/ bereits ersten Lohn in Form von Bonbons. Sachsen – 9.3.1891 Rendsburg) Mit neunzehn Jahren bekam sie in einem Geboren als fünftes Kind eines Beutlers. Lokal in Lissabon ihr erstes Engagement Heiratete den Apothekergehilfen Wilhelm als Fado-Sängerin. Schnell wurde Amália Dietrich, der aus einer Botanikerfamilie Rodrigues so beliebt, dass sie auch in ande- stammte und der sich ganz seinen botani- ren Fado-Lokalen auftrat. 1943 gab sie ihr schen Sammlungen und Studien verschrie- Auslandsdebüt in Madrid, 1945 reiste sie ben hatte. Die gemeinsame Tochter wurde, nach Brasilien, um dort zu singen, und während ihre Eltern auf Forschungsreisen nahm ihre erste Schallplatte auf. Es folgen waren, in fremde Hände gegeben. Monate- weitere Tourneen durch Europa und Ameri- lang durchzog das Ehepaar Deutschland. Auf ka, selbst nach Japan kam Amália Rodri- ihrem Rücken trug Amalie Dietrich eine gues. Spätestens 1956, als sie im L’Olym- schwere Kiepe mit botanischen Objekten. pia, dem damals berühmtesten Varieté- Neben ihr zottelte ein Hund, der einen Hand- Theater in Paris, auftrat, war sie ein interna- wagen zog. Wilhelm Dietrich übertrug sei- tional gefeierter Star. ner Frau das Sammeln, Ordnen und Präparie- Parallel zu ihrer musikalischen Laufbahn, ren von Pflanzen und Kleintieren. Die Ehe trat Amália Rodrigues auch im Revuethea- scheiterte. Amalie Dietrich sammelte allein ter auf und spielte in mehreren Filmen mit. weiter, verkaufte ihre Objekte an Apotheken, Neben traditionellen portugiesischen Fado- Schulen und Gelehrte – und lebte mit ihrer Liedern gehören auch Flamencostücke, ita- Tochter Charitas (siehe: Charitas-Bischoff- lienische und französische Schlager und Treppe) in Armut. Ihren wissenschaftlichen Jazzlieder zu ihrem Repertoire. Viele be- Durchbruch erlangte Amalie Dietrich in kannte portugiesische Dichter und Kompo- Hamburg, wohin sie gezogen war, um in die- nisten schrieben Lieder für sie. ser reichen Stadt ihren Lebensunterhalt durch den Verkauf ihrer Sammlungen zu finanzie- Pariser Modeblätter“ (Hamburg 1827 bis ren. Der wohlhabende Kaufmann und 1846) Hebbels Gedichte drucken. Amalie Kryptogamenspezialist Heinrich Adolf Mey- Schoppe war auch Redakteurin der „Iduna“ er nahm sich ihrer an und vermittelte sie an (Altona 1831–1839), einer Zeitschrift für den Überseehändler Cesar Godeffroy, der ein die Jugend beiderlei Geschlechts. Sie ver- Museum für Natur- und Völkerkunde errich- öffentlichte viele Kinder- und Jugend- ten wollte. Amalie Dietrich fuhr für ihn 1863 schriften, historische Romane, Reise- und nach Australien. Sie war die erste Frau, die Gedenkbücher. Mehrere ihrer Werke wur- solch eine Expedition unternahm. Nach zehn den übersetzt. 1851 zog sie zu ihrem Sohn Jahren kehrte sie zurück. Als die Firma Alphons in die USA. Hier richtete sie eine Godeffroy Konkurs machte, gingen Teile des Schule für deutsche Kinder ein. Godeffroyschen Museums in den Besitz der Stadt über. Amalie Dietrich erhielt als Kusto- Amalie-Sieveking-Weg din eine städtische Anstellung, was damals Volksdorf, seit 1957. Gründete 1832 den für eine Frau sehr außergewöhnlich war. weiblichen Verein für Armen- und Die „Acacia Dietrichiani“ und die „Bono- Krankenpflege. (25.7.1794 Hamburg – mia Dietrichiana“ und zwei Algenarten wur- 1.4.1859 Hamburg) den nach ihr benannt. Senatorentochter und -enkelin. Die Eltern starben früh, hinterließen Amalie kein Ver- Amalienstraße mögen. Nach dem Tod der Eltern wurde Harburg, seit 1875. Benannt nach Amalie Amalie von ihren beiden Brüdern getrennt geb. Kort, Frau des Kaufmanns und kam zu Verwandten, wo sie den kran- Ludwig Weusthoff ken Sohn des Hauses pflegen und durch Handarbeiten und deren Verkauf zu ihrem Amalie-Schoppe-Weg Lebensunterhalt beitragen musste. In die- Barmbek-Nord, seit 1930. Emma Sophie sem Haushalt wurde sie mit Religion und Katharina geb. Weise. Auch: Adalbert von Frömmigkeit vertraut gemacht. Amalie Schonen. Erzählerin, Redakteurin Sievekings berufliche Laufbahn führte sie und Autorin von Frauenratgebern. Gönne- in die pädagogische Richtung. Sie beteilig- rin Friedrich Hebbels. (9.10.1791 te sich an der 1815 gegründeten Freischule Burg/Fehmarn – 25.9.1858, für Mädchen und richtete selbst eigene laut Brockhaus, Schenectady/New York) Schulkurse ein. Durch sittliche und religiö- Arzttochter, Bekannte Rahel Varnhagens. se Erziehung wollte Amalie Sieveking Autorin der „Briefstellerin für Damen“. die Mädchen zu tüchtigen Hausfrauen und Diese Schrift gehörte in der zweiten Hälfte Müttern erziehen. des 19. Jhds. in jeden gutsituierten Haus- Amalie Sievekings Hinwendung zur Armen- halt. Amalie Schoppe, die mit Fanny Tar- pflege erfolgte nach der Enttäuschung über now eine Hamburger Mädchenschule leite- eine unerwiderte Liebe zu ihrem Vetter Karl te, war Mutter von drei Söhnen. Nach sie- Sieveking. Für sie bedeutete dies göttliche ben unglücklichen Ehejahren trennte sie Vorsehung, denn sie begab sich nun in den sich 1821 von ihrem Mann, einem Rechts- Stand der Unverheirateten und wollte, um anwalt. Seit 1822 veröffentlichte sie fast nicht eine unnütze alte Jungfer zu werden, jährlich Erzählungen und Romane. Amalie eine sinnvolle Aufgabe übernehmen. So er- Schoppe förderte den Schriftsteller Fried- wuchs der Plan, ähnlich den katholischen rich Hebbel, ließ in ihrer Zeitschrift „Neue Frauenorden, eine Gemeinschaft von Pro- testantinnen zu gründen. Der Ausbruch der sich nicht an die strenge Hausordnung, be- Cholera in Hamburg im Jahre 1831 gab den suchten nicht die täglichen Andachten, entscheidenden Ausschlag, auf dem Gebiet schickten ihre Kinder nicht regelmäßig der tätigen Nächstenliebe zu arbeiten. zur Schule oder machten ihre Wohnung Amalie Sieveking meldete sich als Pflegerin nicht genügend sauber, mussten sie mit in der Cholera-Quarantäne des St. Ericus- Strafe rechnen. Hospitals. Dort beließ sie es jedoch nicht Von der 1848 ausbrechenden bürgerlichen beim Pflegen der Kranken, sondern machte Revolution hielt Amalie Sieveking über- sich sogleich an die Organisation des chao- haupt nichts. Sie empfand es als völlig wi- tischen Krankenhauswesens. Gleichzeitig dersinnig, der Arbeiterschicht zu erklären, entwarf sie die Statuten für einen zu grün- dass diese sich selbst aus ihrem Elend be- denden Weiblichen Verein für Armen- und freien solle. Demokratie bedeutete für Krankenpflege. Armen, die unschuldig in Amalie Sieveking Anarchie. Armut geraten waren, sollte geholfen wer- Amalie Sievekings Armenverein wurde zu den. So genannte verwahrloste Arme erhiel- einer festen Institution der hamburgischen ten keine Zuwendung. Armenpflege und von den wohlhabenden Um sich über den Zustand der Armen ins Bürgern Hamburgs mit reichen Spenden be- Bild zu setzen, machte die Vereinsvor- dacht. Viele Städte in Deutschland und im steherin – Amalie Sieveking war es 27 Jah- Ausland gründeten ähnliche Vereine. re lang – den ersten Besuch bei der empfoh- lenen Armenfamilie. Amandastraße Amalie Sievekings Helferinnen kamen aus Eimsbüttel, seit 1865. Vermutlich frei dem gehobenen Bürgertum. Sie hatten ge- gewählter Name nügend Zeit und auch die finanzielle Unab- hängigkeit, sich unentgeltlich solch einer An der Marienanlage Tätigkeit zu widmen. Voraussetzung für Marienthal, seit vor 1907. Hier befand die Aufnahme in den Kreis der Helferin- sich eine Lehmkuhle, die nach der nen war eine evangelische Glaubens- Zuschüttung in eine Grünanlage umge- haltung und die Überzeugung, dass der wandelt wurde Unterschied zwischen Arm und Reich gott- gewollt sei. Arme sollten als Unmündige Angelikaweg gesehen werden, denen durch Mitgefühl Fuhlsbüttel, seit 1946. Frei gewählter und Zuspruch geholfen werden sollte. Sie Name erhielten Naturalien, Kleidung, Haushal- tungsgegenstände und es wurde ihnen Ar- Anita-Rée-Straße beit vermittelt. Finanzielle Unterstützumg Bergedorf, seit 1984. Jüdische Malerin der bekamen die Armen nur selten. Wer beson- Hamburger Sezession. Motivgruppe: ders fromm war, erhielt zusätzliche kleine Verdiente Frauen. (9.2.1885 Hamburg – Zuwendungen. 12.12.1933 Kampen auf Sylt) 1840 gründete Amalie Sieveking ein Ar- Geboren als zweite Tochter eines jüdischen menwohnstift, das Amalienstift, welches Kaufmanns, der 1871 die deutsche Staats- 9 Wohnungen und ein Kinderkrankenhaus bürgerschaft bekommen hatte. Ihre Mutter mit 2 Zimmern und 14 Betten enthielt. Die war – wie es in der NS-Zeit hieß – Halb- ehrenamtlichen Helferinnen kontrollierten jüdin, in Venezuela geboren und katholisch die StiftsbewohnerInnen. Hielten diese erzogen. Anita Rée wuchs mit ihrer Schwe- ster als „höhere Tochter“ in einer kultivier- ihre Wohnung. Da sie nicht wusste wohin, ten Sphäre liberalen Bürgertums auf. Die begab sie sich in die Einsamkeit nach Sylt. Schwestern besuchten eine Privatschule Ein Jahr später machte sie ihrem Leben ein und wurden protestantisch getauft und kon- Ende. Die Kunsthalle besitzt die größte firmiert. Anita Rée wurde 1905 Schülerin Sammlung der Arbeiten Anita Rées. des Hamburger Malers Arthur Siebelist. In seiner Schule lernte sie die Freilichtmalerei Anita-Sellenschloh-Ring und die klassischen Genres. Nach einer un- Langenhorn, seit 2002. Widerstandskämp- glücklichen Liebe zu dem Maler Franz ferin. Lehrerin. (6. 12. 1911 Hamburg – 4. Nölken ging sie für ein Jahr (1912/13) nach 11. 1997 ebd.) Paris. Von 1913 bis 1922 lebte sie dann als Als Tochter eines Eimsbüttler Bäckers, der freischaffende Künstlerin in Hamburg im wegen einer schweren Kriegsverletzung, Haus ihrer Eltern am Alsterkamp 12, hatte die er sich im ersten Weltkrieg zugezogen dort auch ihr Atelier. 1913 nahm sie an ei- hatte, seinen Beruf nicht mehr ausüben ner Ausstellung bei Commeter teil und ge- konnte und die meiste Zeit arbeitslos war, hörte fortan zur Hamburger Avantgarde. Sie wuchs Anita Sellenschloh in sehr armen wurde Gründungsmitglied der Hamburgi- Verhältnissen auf und musste bereits als schen Sezession und stellte selbst regelmä- Kind mitarbeiten, um zum kargen Unterhalt ßig aus. Der dreijährige Aufenthalt in der Familie beizutragen. Positano (Italien) von 1922 bis 1925 wurde Trotzdem hatte sie die Möglichkeit, die da- für sie zum Schlüsselerlebnis. Ihr Malstil malige „Reformschule“ in der Telemann- entwickelte sich vom Impressionismus zu straße, die die Selbstständigkeit und indivi- einem neusachlichen Stil. Sie wurde be- duelle Entwicklung der Schülerinnen und kannt, erhielt nach ihrer Rückkehr nach Schüler förderte, zu besuchen. Hamburg viele Portraitaufträge und Aufträ- Im Alter von 16 Jahren trat Anita Sellen- ge von Fritz Schumacher für zwei Monu- schloh zunächst den „Falken“ bei, der so- mentalwerke. Das Wandbild der „klugen zialistischen Arbeiterjugend, wechselte und törichten Jungfrauen“ in der Gewerbe- dann allerdings bald zum Kommunisti- schule für weibliche Angestellte in der schen Jugendverband (KJVD). Sie nahm an Uferstraße wurde 1942 zerstört, während Demonstrationen teil und spielte politi- das in der Caspar-Voght-Schule gemalte sches Straßentheater. Im Rahmen ihrer Tä- „Orpheus und die Tiere“ heute noch zu- tigkeit im KJVD reiste sie 1929 in die Sow- gänglich ist. Anita Rée hatte einen großen jetunion, wo sie vier Monate in einer Ziga- Freundeskreis und beruflichen Erfolg. Den- rettenfabrik in Leningrad arbeitete. Zurück noch war ihre Innenwelt zerrissen. Hinzu in Deutschland betreute sie zunächst den kam, dass mehrere Liebesbeziehungen Aufbau der Antifa-Jugend in Hamburg, be- scheiterten. Als das Haus ihrer Eltern ver- vor sie 1931 nach Berlin ging, um dort für kauft wurde, lebte sie in verschiedenen die Zeitung „Der Arbeitslose“ zu arbeiten. Wohnungen, ärmlich und möbliert, obwohl Nach der Machtergreifung durch die Natio- sie ausreichende finanzielle Mittel besaß. nalsozialisten im Januar 1933 wurde die 1932 lehnte der Kirchenvorstand der Ans- Zeitung verboten und Anita kehrte nach garkirche das von ihr für den Neubau der Hamburg zurück. Ansgarkirche an der Langenhorner Chaus- Bis 1943 wurde sie neun Mal verhaftet, see gemalte Altarbild wegen „kultischer während der Verhöre im „Stadthaus“ – dem Bedenken“ ab. Im gleichen Jahr verlor sie Gestapo-Hauptquartier – brutal misshan- delt und mehrere Male inhaftiert. Doch so- Geboren als fünftes Kind eines Bremer bald sie freigelassen war, schrieb und ver- Zimmermeisters. In der Nacht vom 13. auf teilte sie immer wieder Flugblätter und fun- den 14. Februar 1814 verließ sie in den gierte als Kurier zwischen verschiedenen Kleidern ihres Bruders ihr Elternhaus in der Widerstandsgruppen.1943 heiratete sie, be- Bremer Brautstraße, um zu den Lüt- kam eine Tochter und floh mit ihrer Familie zower Jägern zu gelangen, die vorher durch aus dem durch die Bombenangriffe schwer Bremen gezogen waren. Unter dem Namen zerstörten Hamburg aufs Land nach Schles- Eduard Kruse trat sie als freiwilliger Jäger wig-Holstein. in das Lützower Korps ein und zog mit Nach Kriegsende absolvierte Anita Sellen- ihm in den Krieg. Was sie zu diesem Schritt schloh, nach Hamburg zurückgekehrt, eine bewogen hatte, ist nicht eindeutig zu ermit- Ausbildung zur Lehrerin, ein langgehegter teln. Vielleicht waren es die verklärten Vor- Berufswunsch, und unterrichtete ab 1948 an stellungen vom Heldenruhm, die damals der Fritz-Schumacher-Schule, bis sie 1952 stark verbreitet waren. Vielleicht die Sehn- an der Volks- und Realschule Am Heidberg sucht nach Abenteuer und Freiheit. Ihr Va- Lehrerin wurde. Hier arbeitete sie bis zu ihrer ter glaubte an ein Liebesverhältnis zu ei- Pensionierung 1974. Ein Schwerpunkt ihres nem Soldaten, das seine Tochter dazu veran- Unterrichts war die Aufarbeitung der Zeit des lasst hatte, sich in das Lützower Jägerkorps Nationalsozialismus. als Mann verkleidet einzuschleichen. Nach ihrer Pensionierung widmete sie sich Niemand merkte, dass „Eduard Kruse“ eine verstärkt ihrem sozialen Engagement, sie junge Frau war. Anna Lühring gab sich mu- trat als Zeitzeugin an Schulen und Universi- tig und züchtig. Sie nahm an der Belage- täten auf, war eine der Gründerinnen der rung Jülichs teil, zog mit nach Frankreich. Willi-Bredel-Gesellschaft e.V., Mitglied Auf dem Marsch gen Frankreich erreichte bei der Vereinigung der Verfolgten des Na- das Korps in Aachen ein Brief von Vater ziregimes (VVN), und beim Auschwitz- Lühring. Dadurch wurde die Identität des Komitee. Kerstin Klingel Jägers Kruse entdeckt. Doch das inständige Bitten Anna Lührings und ihr vorbildlicher Annaberg Lebenswandel waren die ausschlaggeben- Billstedt, seit vor 1938. Frei gewählter den Kriterien, sie in der Kompanie zu belas- Name sen. Allerdings wurden ihre Kameraden nicht in das Geheimnis um den Soldaten Anna-Hollmann-Weg Kruse eingeweiht, nur der Hauptmann und Blankenese, seit 1942. Romanfigur aus der Kompaniechef wussten Bescheid. Als Gustav Frenssens Roman „Der Untergang das Korps in Frankreich einmarschiert war, der Anna Hollmann“, Berlin 1912 wurde am 8.4.1814 das Kriegsende ver- Tragische Schicksalsgeschichte. Der Ro- kündet. Die Lützower zogen nach Berlin man beginnt mit dem Tod eines jungen zurück, wo sich das Korps auflöste. Dort, Blankeneser Seemanns, der auf der „Anna in Berlin, wurde Anna Lühring von Wil- Hollmann“ erkrankte und starb. helm von Preußen empfangen und von der Fürstin Radziwill ausgezeichnet und be- Anna-Lühring-Weg schenkt. Vater Lühring jedoch wollte seine Horn, seit 1929. Lützower Jäger, Helden- Tochter nicht zurück haben. Er grollte ihr, mädchen. (3.8.1796 Bremen – hatte sie sich in seinen Augen doch zu un- 25.8.1866 Hamburg) anständig verhalten. Der Hofrat und Schriftsteller Karl Gottlob Heun interve- „Nach der Vollkommenheit und nach der nierte beim Bremer Senator Johann Smidt. Glückseligkeit der anderen“ zu trachten. Der Bremer Senat versprach daraufhin, So zu leben wurde ihr nicht leicht gemacht, Anna Lühring gebührend zu ehren. Durch denn sie wurde Zeit ihres Lebens von den diese Zusage wurde auch Vater Lühring politisch herrschenden Schichten ungerecht umgestimmt, und so kehrte Anna Lühring behandelt, verfolgt und unterdrückt. 1915 nach Bremen zurück. Der Einzug in Anna Siemsens beruflicher Lebensweg: Bremen war imposant, neben dem Wagen Wegen Krankheit Abbruch des Besuchs ritten ehemalige Lützower Jäger, an den einer höheren Mädchenschule, auf autodi- Straßenrändern standen jubelnde Men- daktischem Wege dann Vorbereitung auf schen. Doch schon bald wurde es wieder das Lehrerinnenexamen, daneben tätig als still um Anna Lühring. 1820 ging sie nach Privatlehrerin, weil sie ihre Familie finanzi- Hamburg, arbeitete dort in einem Geschäft ell unterstützen musste. Promotion. Nach für weibliche Industrieartikel, heiratete dem Examen Lehrerin am staatlichen Düs- 1823 den Kellner Lucks und wurde 1832 seldorfer Mädchengymnasium und nach Witwe. Sie lebte an der Horner Landstraße dem Ersten Weltkrieg in Düsseldorf die er- in äußerst bescheidenen Verhältnissen und ste weibliche Beigeordnete für Erziehungs- versuchte sich mit Näharbeiten über Was- fragen. Sie widmete sich hauptsächlich dem ser zu halten. Manchmal erhielt sie auch Berufsschulwesen. 1919 Leiterin des Düs- private Spenden. Nachdem sich ehemalige seldorfer Fach- und Berufsschulwesens. Im Lützower Jäger für sie eingesetzt hatten, selben Jahr holte der preußische Kultusmi- bekam sie ab 1860 von ihrer Mutterstadt nister Haenisch sie in sein Ministerium Bremen eine regelmäßige kleine Pension. nach Berlin. Von 1921–1923 Oberschulrä- Anna Lühring wurde auf dem Kirchhof zu tin, 1923 Berufung nach Jena als Dozentin Hamm in Hamburg beigesetzt. 43 Jahre und später als Honorarprofessorin für Päd- nach ihrem Tod erhielt die Grabstätte einen agogik an der dortigen Universität, bekam neuen Grabstein. Immer dann, wenn patri- die Aufgabe übertragen, das höhere Schul- otische Gesinnung gefragt war, wurde sich wesen zu organisieren, konnte aber ihre Tä- Anna Lührings erinnert – so im Ersten tigkeit nur kurz ausüben, da die dortige Weltkrieg, als auch die weibliche Bevölke- demokratisch gewählte Arbeiterregierung rung zu vaterländischen Taten aufgerufen durch die Reichswehr aufgelöst worden war wurde. – an eine demokratische Schulreform war nicht mehr zu denken. 1932 Entzug der Pro- Anna-Siemsen-Gang fessur durch den thüringischen nationalso- Bergedorf, seit 1984. Pädagogin und zialistischen Innenminister Frick. Frauenrechtlerin. Motivgruppe: Verdiente Der politische Lebensweg: Kämpfte mit Frauen. (18.1.1882 Mark/Westf. – Marie Stritt für die rechtliche Gleichstel- 22.1.1951 Hamburg) lung der Frau im Bürgerlichen Gesetzbuch. Dr. Anna Siemsen, mit vier Geschwistern Seit 1918 Mitglied der Unabhängigen Sozi- in einem Pastorenhaushalt aufgewachsen, aldemokratischen Partei (USPD), 1919 wurde schon als Kind mit den sozialen Stadtverordnete in Düsseldorf. 1923 Über- Spannungen der damaligen Zeit konfron- tritt in die SPD. Nach ihrer Jenaer Zeit bis tiert und machte sich genauso wie ihre Ge- 1929 im Präsidium der Deutschen Frie- schwister Gedanken um soziale Gerech- densgesellschaft, im Vorstand der Deutschen tigkeit. Anna Siemsens Leitspruch war: Liga für Menschenrechte und der deutschen Sektion der Internationalen Frauenliga für versität Hamburg bekommen. Ab 1.1. Frieden und Freiheit tätig. 1928 Kandidatur 1947 übernahm sie zuerst einmal die Lei- für die SPD zum Reichstag, musste ihr tung des Notausbildungslehrgangs, des, Mandat aus gesundheitlichen Gründen vor- wie es später hieß, Sonderlehrgangs für zeitig (1930) abgeben. Trat vehement gegen die Ausbildung von Volksschullehrern. den Panzerkreuzerbau auf und wurde 1931 Der Lehrgang wurde Anfang Januar 1948 Mitglied der Sozialistischen Arbeiterpartei beendet. Im selben Jahr erschien in Neu- (SAP). Setzte sich für einen europäischen auflage eines ihrer Hauptwerke „Die ge- Zusammenschluss ein. 1924 Veröffentli- sellschaftlichen Grundlagen der Erzie- chung des Buches „Literarische Streifzüge hung“. Während ihrer Tätigkeit als Leite- durch die Entwicklung der europäischen rin des Notausbildungslehrgangs wartete Gesellschaft“. Veröffentlichung der Bücher Anna Siemsen darauf, dass das Verspre- „Parteidisziplin oder sozialistische Über- chen Landahls eingelöst würde und sie zeugung“ und „Auf dem Weg zum Sozialis- eine Planstelle bekäme. Am 6.3.1947 er- mus“. In diesem Buch übte sie Kritik am folgte die lapidare Erklärung des Organi- sozialdemokratischen Parteiprogramm. sationsamtes: wegen der angespannten Anna Siemsen, Pazifistin und Sozialistin, Haushaltslage könne die Planstelle nicht emigrierte 1933 nach dem Reichstagsbrand genehmigt werden. So war nach Ab- in die Schweiz, blieb dort bis 1946. Auch schluss des Sonderlehrgangs Anna Siem- ihre Brüder August und Hans verließen sens Tätigkeit beendet. Sie durfte nicht Deutschland. Nur ihr Bruder Karl blieb als mehr am Entwurf eines Schulprogramms Rechtsanwalt in Düsseldorf zurück. und am Aufbau eines neuen demokrati- In Zürich Heirat mit dem Sekretär der schen Schulwesen teilnehmen. Schweizer Arbeiterjugend Walter Vollen- Ihre pädagogischen Ideen konnte sie weider. Es war eine politische Heirat, durch noch in der Arbeitsgemeinschaft Sozial- welche Anna Siemsen die schweizerische demokratischer Lehrer (ASL) Hamburgs Staatsbürgerschaft erhielt. Schrieb im Exil vorbringen. Anna Siemsen war auch in viele Artikel über die Friedens-, Frauen-, der Sozialistischen Bewegung für die Europa- und Arbeiterbewegung, wurde Re- Vereinigten Staaten von Europa aktiv. dakteurin der Zeitschrift „Die Frau in Le- Die deutsche Sektion erhielt später den ben und Arbeit“, fuhr nach Spanien, als dort Namen Anna Siemsen-Kreis. der Bürgerkrieg ausbrach, um den Wi- derständlern gegen das Franco- und Hitler- Anna-Susanna-Stieg regime Mut zu machen. Richtete im Auf- Schnelsen, seit 1948, vorher Mittelweg. trag der Zentralstelle für Flüchtlinge in- Gestalt aus einem Reimgedicht aus Karl ternationale und deutsche pädagogische Müllenhoffs Buch: Sagen, Märchen und Kurzlehrgänge ein. Lieder, 1845, S. 483. Motivgruppe: Ende 1946 Rückkehr nach Deutschland Holsteinische Geschichte, Sagen und gegen den Widerstand ihres Mannes. Der Märchen Hamburger Schulsenator Landahl holte Im Zuge des Großhamburg-Gesetzes, wo- sie nach Hamburg. Sie sollte hier die durch z. B. Altona, Ottensen und andere Stelle eines Oberstudiendirektors unter Gebiete Hamburger Stadtteile wurden, er- Anrechnung ihrer Dienstjahre und mit gaben sich bei den Straßennamen häufig gleichzeitiger Übertragung eines Lehr- Doppelungen. Aus diesem Grund entschloss auftrags für neuere Literatur an der Uni- sich 1938 das NS-Regime, den Mittelweg in Anna-Susanna-Stieg umzubenennen, fahrtsschule. Anna von Gierke war Mitglied denn „insbesondere Namen aus dem nie- in vielen Wohlfahrtsverbänden. Ab 1910 über- derdeutschen Raum“ und „Personen der nahm sie die Leitung des Charlottenburger schleswig-holsteinischen Geschichte“ soll- Landjugendheims Finkenkrug. 1919/20 wurde ten bei der neuen Straßennamensvergabe sie Mitglied der Weimarer Nationalver- berücksichtigt werden. Zu der Umbenen- sammlung. 1933 wurde Anna von Gierke we- nung kam es erst nach dem Zweiten Welt- gen ihrer jüdischen Abstammung aus ihrer Tä- krieg. tigkeit entlassen. Von Anna von Gierke stammt die Wortschöpfung „Sozialpädagogik“. Sie be- Anna Susanna, gründete den 5. Wohlfahrtsverband, der nach Sta up un böet Füer. 1945 in Paritätischer Wohlfahrtsverband umbe- ,Och nä, myn lewe Moder, nannt wurde. Dat Holt is so düer.‘ Anne-Barth-Weg Schüer my den Grapen Stellingen, seit 2006. Nach Anne Marie Un fäg’ my dat Hues, Barth geb. Ehlers (10.9.1899 Altona- Hüet Avent kaemt hier Stellingen – 25.6.1986 Wennigsen), Ver- Dre Junggesellen int Hues. folgte des Nationalsozialismus Anne Marie Barth wurde 1899 in Stellingen Wöllt se nich kamen, geboren und lebte dort bis 1984 im Brunck- So wöllt wy se halen horstweg 2. Nach dem Besuch der Volks- Mit Päer un mit Wagen, schule war sie von 1914 bis 1920 „in Stel- Mit Isern beflagen. lung“ und arbeitete von 1920 bis 1924 im Fernsprechamt. 1925 heiratete sie den acht Könnt se nich danzen, Jahre älteren Schlosser Johann Barth. Das So wöllt wy se leren; Ehepaar bekam drei Kinder, das jüngste Wy wöllt se de Scho wurde 1931 geboren. In Botter umkeren. Anne Barth gehörte mit ihrem Mann den in der NS-Zeit verbotenen Zeugen Jehovas an. Anna-von-Gierke-Ring Wegen ihrer religiös motivierten Verweige- Bergedorf, seit 1992. Kinderfürsorgerin, rungshaltung als Zeugen Jehovas geriet das leitende Mitarbeiterin verschiedener Ehepaar ins Visier der Verfolger. 1935 wur- Kinderfürsorge- und Jugendwohlfahrtsor- de Johann Barth, der als Stellwerksführer ganisationen. Mitglied der Nationalver- bei der Reichsbahn tätig war, wegen der sammlung 1919. Motivgruppe: Verdiente Verweigerung des Diensteides auf Hitler Frauen. (14.3.1874 Breslau – 3.4.1943 mit 4/5 der Pension entlassen. 1936 erfolg- Berlin) ten mehrere Hausdurchsuchungen. Am 26. Tochter des Sozialpolitikers, Rechtshistorikers August 1936 wurde Anne Barth verhört. In und Juristen Otto von Gierke. Helferin in der dem Verhörprotokoll wurde vermerkt: „Seit Kinderfürsorge. 1898 Leiterin eines Berliner dem Jahre 1932 gehöre ich den ‚Ernsten Mädchenheims. Ab 1908 Vorsitzende des Ver- Bibelforschern’ an. (…) Wenn mir vorge- eins Jugendheim in Berlin-Charlottenburg, aus halten wird, dass in unserer Wohnung noch dem 1883 ein Jugendheim hervorging. Dazu jetzt immer Anhänger der Bibelforscher gehörte auch eine Haushaltungsschule, ein verkehren, so kann ich darauf erwidern, Kindergärtnerinnenseminar und eine Wohl- dass es stimmt. Er verkehren bei uns die Brüder (…) und die Schwester (…). Mit kam das Gericht zum Freispruch „mangels diesen unterhalten wir uns über das Wort ausreichender Beweise“. Gottes. Wenn mir vorgehalten wird, daß ich Anfang 1937 kam Johann Barth für ½ Jahr doch gewusst habe, dass die ‚Ernsten Bibel- in Schutzhaft. Im November 1937 wurde er forscher’ verboten sind, so kann ich auch zu 2 ½ Jahren und Anne Barth zu einem darauf erwidern, dass ich von dem Verbot Jahr Gefängnis wegen verbotener Bibelfor- wußte. Wir werden aber von dem Wort Got- schertätigkeit verurteilt. Für Anne Barth tes geleitet und darum haben wir die Bibel wurde die Strafe zu einer dreijährigen Be- zur Hand genommen. Wenn ich über die währung ausgesetzt. weiteren Brüder und Schwestern, die bei Die Familie stand weiterhin unter Staats- uns verkehren, eine Auskunft geben kann, kontrolle. Johann Barth wurde eine zeitlang so muß ich sagen, dass ich es nicht tue. Wir die väterliche Gewalt über die beiden älte- wissen ganz genau, dass die Verfolgung so ren Kinder entzogen und man bedrohte groß ist. Ich mache auch weiter keine Anga- Anne Barth ihr das jüngste Kind zu neh- ben. Ich will kein Judas sein und wir haben men, wenn es nicht in den BDM eintrete. auch eine viel zu große Verantwortung.“ 1965 starb Johann bei einem Unfall. 1984 Anne Barth wurde nach der Vernehmung zog Anne Barth zu ihrer Tochter nach Wen- entlassen, weil sie drei unmündige Kinder nigsen. hatte. „Die Zeugen Jehovas, wie sich die Angehö- Johann Barth wurde im August 1936 wegen rigen der Internationalen Bibelforscher- „fortgesetzter Betätigung für die verbote- Vereinigung seit 1931 nannten, wurden nen ‚Ernsten Bibelforscher’ (Zeugen Jeho- 1933 als erste Glaubensgemeinschaft ver- vas)“ festgenommen und kam ins Gefäng- boten. Die Nationalsozialisten sahen in ih- nis Altona in Untersuchungshaft. Am 1. nen ‚Wegbereiter des jüdischen Bolsche- September 1936 kam es wegen oben ge- wismus’, angegriffen wurde ihr Bekenntnis nannter Beschuldigung vor dem Schleswig- zur Gleichheit der Rassen und ihre ‚Fremd- Holsteinischen Sondergericht in Altona zur lenkung’ aus den USA. Die Zeugen Jehovas Anklage. Angeklagt wurde nun auch Anne gerieten in scharfen Gegensatz zum natio- Barth und vier weitere Zeugen Jehovas, de- nalsozialistischen Staat. Sie verweigerten nen vorgeworfen wurde, an den Zusam- den Hitlergruß, nach ihrem Verständnis war menkünften in der Wohnung der Eheleute nur Gott ‚Heil’ zuzusprechen. Sie traten na- Barth teilgenommen zu haben. Am 24. Sep- tionalsozialistischen Vereinigungen nicht tember 1936 erfolgte der Freispruch für die bei, gaben ihre Kinder nicht in die Hitlerju- Angeklagten. Hierzu kam es, weil das Ehe- gend und übten keinen Kriegsdienst aus paar Barth in der Verhandlung den Mut auf- wegen des biblischen Gebots, nicht zu tö- brachte, deutlich zu machen, dass ihre An- ten. Nach dem Verbot der Organisation gaben – in ihrer Wohnung hätte es führten sie ihre Religionsgemeinschaft ille- Zusammenkünfte mit den Brüdern (…) und gal weiter. Die Geschlossenheit der Gruppe der Schwester (…) gegeben – nicht aus frei- und ihr starker Glaube führten zu einer ho- en Stücken erfolgt waren, sondern unter hen Beteiligung an Widerstandsaktionen. Androhung massiver Schläge. Da der Kri- Dagegen gingen Gestapo und Justiz hart minalangestellte, der das Ehepaar verhört vor. Mit Kriegsbeginn nahm die Verfolgung hatte, nicht beschwören wollte, dass es sich noch zu. Zwischen 1933 und 1945 wurden nicht so zugetragen hatte und er weitere über 1300 Zeuginnen Jehovas in den Kon- Aussagen zu diesem Punkte verweigerte, zentrationslagern gefangen gehalten und dort wie die rund 3000 männlichen Gefan- Rassengesetzen galt sie als Halbjüdin. Ge- genen in einer eigenen Häftlingskategorie hörte mit ihrem Bruder und ihrem Vater der gekennzeichnet mit dem ‚lila Winkel’.“ Widerstandsgruppe Kampf dem Faschis- (Birgit Gewehr: Stolpersteine in Hamburg- mus (KdF) an, in der Menschen aus den Altona. Biographische Spurensuche. Ham- verschiedensten Gesellschaftschichten or- burg 2008, S. 25.) ganisiert waren. Das Programm beruhte auf einer liberal-bürgerlichen und antifaschi- Anne-Frank-Straße stischen Grundhaltung. Zusammen mit ih- Blankenese und Sülldorf, seit 1986; rem Vater und ihrem Bruder wurde Anne- vorher: Frenssenstraße. (12.6.1929 marie Ladewig am 22.3.1945 von der Ge- Frankfurt a. M.– März 1945 KZ Bergen- stapo verhaftet und in die Gestapo-Haftan- Belsen) stalt Fuhlsbüttel gebracht. Eine Wider- Kind einer 1933 emigrierten und 1940 in standsarbeit gegen das NS-Regime konnte Amsterdam untergetauchten jüdischen Fa- Annemarie Ladewig nicht nachgewiesen milie. Schrieb zwischen 1942 und 1944 Ta- werden. Dennoch gehörte sie zu den 13 gebuch auf dem Dachboden des Hauses in Frauen, die in den Nächten vom 21. bis zum der Prinzengracht, wo sie sich mit ihrer Fa- 23.4.1945 im KZ Neuengamme ohne einen milie vor der Gestapo versteckt hielt. Sie Gerichtsbeschluss erdrosselt wurden. (Sie- beschreibt ihr Leben in dem Hinterhofver- he Margarete-Mrosek-Bogen.) Auch ihr Va- steck und ihre Angst vor Entdeckung. Die ter und ihr Bruder wurden zur gleichen Zeit Familie wurde entdeckt und nach Ausch- im KZ Neuengamme ermordet. witz deportiert. Anne Frank und ihre Schwester starben im Konzentrationslager Annenstraße Bergen-Belsen an Typhus. Anne Franks Ta- St. Pauli, seit 1856. Vermutlich frei ge- gebuchaufzeichnungen wurden nach dem wählter Name in Anschluss an die im Zweiten Weltkrieg unter dem Titel „Das Ta- Norderteil der Vorstadt St. Pauli schon gebuch der Anne Frank“ publiziert und als vorhandenen, mit weiblichen Vornamen Theaterstück umgeschrieben. Am 1. Oktober belegten Straßennamen 1956 fand im Hamburger Thalia Theater die Premiere statt. Das Stück wurde über Anny-Tollens-Weg hundertmal aufgeführt. Rahlstedt, seit 2002. Kommunalpolitikerin, 1986 wurde die nach dem Schriftsteller Gu- Leiterin und Geschäftsführerin der Kin- stav Frenssen benannte Frenssenstraße in derstube Rahlstedt. (3. 12. 1911 Anne-Frank-Straße umbenannt. Siehe dazu Hildesheim - 10. 4. 1989 Hamburg) näheres im Kapitel „Der Umgang mit der Die als Anna Tollens in Hildesheim gebo- nationalsozialistischen Vergangenheit“. rene Anny Tollens kam bereits als Kind mit ihren Eltern nach Hamburg. Annemarie-Ladewig-Kehre Bald nach dem Zweiten Weltkrieg begann Bergedorf, seit 1987. Widerstandskämpfe- Anny Tollens, sich kommunalpolitisch zu rin gegen den Nationalsozialismus. engagieren. Sie war Mitglied im Ortsaus- Motivgruppe: Verdiente Frauen. (5.6.1919 schuss Rahlstedt und in der Wandsbeker – 21.4.1945 KZ Neuengamme) Bezirksversammlung. Im Rahmen ihrer ak- Besuch der Kunstschule von Gabriele tiven Mitgliedschaft im Bürgerverein Schmilinsky, danach Graphikerin bei der Rahlstedt e.V. als Leiterin des Arbeits- Firma Reemtsma. Nach den Nürnberger kreises Soziales gründete Anny Tollens 1964 den bis heute bestehenden Senioren- Antonie Möbis war bis 1933 Mitglied kreis „Du und ich“. 1969 hob sie zusam- (KPD) der Hamburgischen Bürgerschaft. men mit der Vereinigung Jugendheim die Während der NS-Diktatur lebte sie im Kinderstube Rahlstedt aus der Taufe, deren Widerstand. Sie war vom 16.9.1933 bis Leitung und Geschäftsführung sie bis zu ih- 20.3.1934 im Hamburger Untersuchungs- rem Tod übernahm. gefängnis inhaftiert, dann vom 21.3.1934 Anny Tollens bekam 1976 das Bundesver- bis 12.5.1936 15 Monate in Einzelhaft im dienstkreuz verliehen und 1989 die Wands- Zuchthaus Lauerhof bei Lübeck. Nach der beker Medaille. Kerstin Klingel Strafverbüßung kam sie ins KZ Mooringen, aus dem sie am 27.8.1936 entlassen wurde. Antonie-Möbis-Weg Im November 1939 wurde sie denunziert. Eidelstedt, seit 1991. Clara Hedwig Sie wurde von der Gestapo verhört, eine Antonie geb. Schmidt. Widerstandskämpfe- Inhaftierung konnte abgewendet werden. rin gegen den Nationalsozialismus, Arbei- Fünf Jahre später kam es zur erneuten In- terin, Kommunistin, Mitglied der Hambur- haftierung. Vom 22.8.1944 bis 24.10.1944 gischen Bürgerschaft von 1931–1933. saß sie im KZ Fuhlsbüttel. In ihrem „An- (5.3.1898 Spremberg/Niederlausitz – trag auf Ausstellung eines Ausweises für 16.8.1976 Hamburg) politisch, rassisch und religiös durch den Sechstes und jüngstes Kind einer Arbeiter- Nazismus Verfolgte“ vom 18.12.1946 be- familie. Der Vater, ein Lokomotivführer, antwortete sie die folgenden Fragen zu ihrer starb 1910. 1912 starb die Mutter. Antonie Zeit in den Konzentrationslagern: „Wurden Möbis, nun Vollwaise, musste gleich nach Sie mißhandelt? Ja, getreten und gestoßen. Abschluss der Hauptschule ihren Lebens- Haben Sie gesundheitliche Schäden erlit- unterhalt selbst verdienen, zuerst von 1912 ten? Ja. Nervenleiden im rechten Arm.“ bis 1917 als Hausmädchen, dann ab Juni Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete 1917 als Industriearbeiterin auf der Deut- Antonie Möbis als Stationsfrau im Ham- schen Werft in Kiel. Hier setzte sie sich für burger Hilfskrankenhaus am Weidenstieg. gewerkschaftspolitische Ziele ein, trat im Januar 1919 in die Gewerkschaft ein, war Antonistraße von 1920 bis Juni 1923 Mitglied der SPD St. Pauli, seit 1800, frei gewählter und seit Juni 1923 Mitglied der KPD. We- weiblicher Straßenname gen ihres politischen Engagements wurde sie arbeitslos und kam auf die „schwarze Armgartstraße Liste“, was bedeutete, dass sie in Kiel keine Hohenfelde, seit 1872. Armgart de Komol- Arbeit mehr fand. Deshalb zog sie im Som- ressche. Älteste bekannte Müllerin der mer 1925 nach Hamburg. Hier Arbeit in dortigen Kuhmühle. 1481 wird sie in der verschiedenen Bereichen, z. B. als Hilfs- Mitgliederliste der Hausdiener Bruder- pflegerin in der „Irrenanstalt“ Friedrichs- schaft genannt berg und als Reinmachefrau. Dazwischen immer wieder Arbeitslosigkeit. Am 1.8. Arnemannweg 1931 wurde sie wegen „Zersetzungshoch- Barmbek-Nord, seit 1930. Mathilde verrats“ inhaftiert. Weil sie im September Arnemann geb. Stammann. Patriotin, 1931 in die Hamburgische Bürgerschaft ge- Mäzenin, Wohltäterin, Ehrenbürgerin von wählt wurde, wurde sie am 4.11.1931 aus Karlsbad. (26.3.1809 Hamburg – dem Untersuchungsgefängnis entlassen. 21.8.1896 Hamburg) Tochter des Zimmermeisters Johann Chri- puttel, und beide werden ein glückliches stoph Stammann und seiner Ehefrau Sophia Paar – die falschen Schwestern bestraft. Margarethe geb. Paetz. Besuch einer Privat- Ulf Diederichs schreibt: „Die folgenreich- schule. Am 19.12.1829 heiratete sie den ste Adaption gelang Walt Disney mit dem wohlhabenden Altonaer Kaufmann und Zeichentrickfilm ,Cinderella‘ (1950). Wie schwedischen Generalkonsul Karl Theodor schon mit ,Snow White‘ 1937 (Schneewitt- Arnemann, nach dem die Arnemannstraße chen) gelang ihm die Kreation eines ameri- und die Karl-Theodor-Straße benannt sind. kanischen Idols, einer Leitfigur, die Hoff- Sie führten ein großes Haus: im Sommer nungen, Ängste, Möglichkeiten auf sich auf ihrem Landsitz in Nienstedten, im Win- vereinte. Für die einen ein Aufstiegs- ter in ihrem großen Stadthaus in der modell, wurde es für andere zum Triumpf Palmaille in Altona. Nach dem Tod ihres des Guten, zur Belohnung und Anerken- Mannes im Jahre 1866 wandte sich Mathil- nung braven Verhaltens. (...) Furore mach- de Arnemann sozialen Aufgaben zu. In den te Colette Dowling mit der Enthüllung des, Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 ließ sie ,Cinderella-Complex‘ (1981) als einer re- Lazarette einrichten, leitete diese, organi- gelrecht antrainierten weiblichen Angst sierte Pflegedienste und kümmerte sich auch vor Unabhängigkeit. Das „Aschenputtel- persönlich um Verwundete und Hinter- Syndrom“, Kennzeichnung einer bestimm- bliebende. In Karlsbad, in das sie viele Jah- ten Verhaltensstörung, ging als Terminus in re zur Kur fuhr, gründete sie die Elisabeth- den psychologischen Wortschatz ein.“ Rosen-Stiftung, um Kranken mit geringem Einkommen eine Heilbehandlung zukom- Assorweg men zu lassen. (Name der Stiftung gebildet Schnelsen, seit 1993. Benannt nach nach der Heiligen Elisabeth und den Rosen, Albertine Assor „siehe Albertine-Assor- die am Gründungstag verkauft wurden.) Straße“ Während der Choleraepidemie im Jahre 1892 ging sie zu den Erkrankten und ver- Augustastraße suchte, deren Not zu lindern. Für ihre wohl- Bergedorf, seit vor 1936. Benannt nach tätige Arbeit erhielt Mathilde Arnemann das der Frau eines Grundstückseigentümers Preußische Luisen-Kreuz verliehen. Beliebt und bekannt war sie auch in Künstlerkrei- sen. Denn bereits während ihrer Ehe hatte Auguste-Baur-Straße sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Kunst Blankenese, seit vor 1903. Auguste Cae- gesammelt und gleichzeitig junge Talente cilie. Wohltäterin und Stifterin. (14.6.1821 gefördert. Hamburg – 20.4.1895 Hamburg) Eines von 11 Kindern des Konferenzrates Aschenputtelstraße Georg Friedrich Baur, der auf dem Billstedt, seit 1952. Märchen Schwalkenberg bei Blankenese ein herrli- „Ein Mädchen, sanftmütig und gut, verliert ches Grundstück mit Park und Villa besaß seine Mutter. Es sieht sich eines Tages ei- (heute Baur’s Park). Seiner unverheiratet ner schlimmen Stiefmutter gegenüber und gebliebenen Tochter ließ Georg Friedrich außerdem zwei unguten Stiefschwestern.“ Baur im westlichen Teil des Parks eine (Ulf Diederichs: Who’s who im Märchen. stattliche Villa erbauen. Die sozial einge- München 1995.) Aber Ende gut, alles gut: stellte Auguste Baur vermachte der Blanke- Ein Königssohn verliebt sich in Aschen- neser Kirche eine namhafte Schenkung. Augustenhöh Mitbegründerin des Vereins deutscher Leh- Bahrenfeld, seit 1892. Benannt nach der rerinnen und Erzieherinnen, 1890 des All- Frau des Grundeigentümers und Haus- gemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins. maklers Richard Sagermann, der 1892 Bis 1895 zusammen mit Luise Otto-Peters diese Straße als Privatstraße anlegte Herausgabe der Vereinszeitschrift des All- gemeinen Deutschen Frauenvereins „Neue Augustenpassage Bahnen“. Danach gab sie die Zeitschrift St. Pauli, seit 1954. Auguste Victoria, allein heraus. War von 1894 bis 1899 Vor- deutsche Kaiserin und Königin von Preu- sitzende des Bundes Deutscher Frauenver- ßen, Gemahlin Kaiser Wilhelm II. eine. Setzte sich besonders für die freie (22.10.1858 Dolzig/Kr. Sorau – 11.4.1921 Berufswahl von Frauen aus allen sozialen Haus Doorn/Niederlande) Schichten ein. Schrieb nebenher noch die Tochter des Herzogs Friedrich von Schles- Novellen „Tausendschönchen und Veilchen“ wig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg. (1868) und 1895 die Erzählung „Aus schwe- Heirat am 27.2.1881 mit Wilhelm, Prinz rer Zeit“. von Preußen, dem späteren Kaiser Wilhelm II. Sieben Kinder. Galt als ein wenig bigott. Auguste-Victoria-Kai Sie versuchte, die Krisen in der Regierung Steinwerder, seit 1902. Als Kai des Kaiser- und in der Familie auszugleichen. „Wirkte Wilhelm-Hafens nach der deutschen Kai- (...) der politischen und literarisch freiheit- serin Auguste Victoria benannt „siehe lichen Entwicklung der Jahrhundertwende Augustenpassage“ entgegen.“ (Lexikon der Frau, Zürich 1953/ 1954.) Sie war mehrmals in Hamburg. So Bacherweg am 18. Juni 1898 zur Enthüllung des Rei- Niendorf, seit 1982. Clara und Dr. Walter terstandbilds Kaiser Wilhelms I. vor dem Bacher. Politisch und rassisch verfolgtes Altonaer Rathaus und am 5. September 1904 Ehepaar. Motivgruppe: Opfer des Natio- im Rahmen der Herbstmanöver. nalsozialismus Clara Bacher: Lehrerin an der Privatschule Auguste-Schmidt-Weg Hofweg 88, Mitglied der SPD. (15.10.1898 Bergedorf, seit 1987. Deutsche Frauen- Hamburg – am 19.7.1942 deportiert nach rechtlerin. Mitbegründerin des Allgemei- Theresienstadt) nen Deutschen Frauenvereins. Motiv- Dr. Walter Bacher: Studienrat an der Klo- gruppe: Verdiente Frauen. (3.8.1833 sterschule. SPD Mitglied. (30.6.1893 – am Breslau – 10.6.1902 ) 19.7.1942 deportiert nach Theresienstadt) Tochter eines Hauptmanns der Artillerie. Clara Bacher: Geboren in der Overbeck- Ausbildung als Lehrerin. Im Alter von 28 straße 4a, Parterre. Tochter des Kaufmanns Jahren Leiterin einer privaten höheren Gustav Haurwitz und seiner Frau Bertha, Mädchenschule in Leipzig, danach Leiterin geb. Hauer. Die Eltern gehörten der jüdi- des Erziehungsinstituts von Ottilie von schen Religionsgemeinschaft an, ließen Steyber. Hier wurde sie u. a. auch Lehrerin aber ihre fünfjährige Tochter Clara am von Clara Zetkin. Zusammen mit Luise 29.7.1903 evangelisch taufen. Mit sieben Otto-Peters (Luise-Otto-Peters-Weg) grün- Jahren trat Clara in die erste Klasse der an- dete sie 1865 den Leipziger Frauenbil- gesehenen „Unterrichtsanstalten des Klo- dungsverein, aus dem der Allgemeine sters St. Johannis“ ein, der ersten Höheren Deutsche Frauenverein hervorging. 1869 Mädchenschule der Stadt Hamburg, und machte dort 10 Jahre später ihren Lyceal- ten“ sei. Die sofort mit Hitlers Ernennung abschluss. Noch im selben Jahr (1915) einsetzende Repression gegen politische wechselte sie in das der Schule angeglie- Gegner und Juden hatte auch das Ehepaar derte Lehrerinnenseminar über. Als sie es Bacher nicht verschont: er wurde, mögli- 1920 verließ, standen die Zeiten schlecht cherweise auf Grund einer Denunziation für die frisch examinierte Lehrerin: in den aus Kollegenkreisen, im Mai 1933 beur- politischen und wirtschaftlichen Krisen laubt und im Juli aus dem Schuldienst ent- der Nachkriegszeit war es fast aussichtslos, lassen; sie musste ihren Sitz im Vorstand eine Anstellung zu finden. So taucht Clara räumen, während sich die restlichen Mit- Haurwitz’ Name erst 1922 in der Personal- glieder noch bei derselben Zusammenkunft liste einer Schule, des Lyceums von Fräu- „rückhaltlos zu der Staatsauffassung (be- lein Predöhl am Hofweg 88, auf – mit ei- kennen), wie sie von der Regierung des nem inflationsbedingten Gehalt von 2256.55 Reiches und des hamburgischen Staates Reichsmark. vertreten wird“. Ein halbes Jahr später – ihr An dieser kleinen neunklassigen Privat- Mann hatte sich vergeblich um eine Anstel- schule unterrichtete Clara Haurwitz in den lung an der jüdischen Knabenschule Tal- folgenden Jahren verschiedene naturwis- mud Tora beworben – verlor auch Clara Ba- senschaftliche Fächer. Eine spätere Schüle- cher ihre Arbeit; das Lyceum von Fräulein rin ihres Mannes schildert sie als „lebenslu- Predöhl schloss wegen finanzieller Schwie- stig und gut aussehend“. Schmal sei sie ge- rigkeiten seine Pforten. wesen, schwarze Haare hätte sie gehabt und In den folgenden Jahren lebte Clara Bacher blaue Augen. Im Jahre 1929 erscheint sie mit ihrem Mann, der infolge der Auswande- auf der Gehaltsliste ihrer Schule mit einem rung anderer jüdischer Lehrer schließlich neuen Familiennamen: Clara hatte den Stu- doch an der Talmud-Tora-Schule angenom- dienrat Dr. Walter Bacher geheiratet, der seit men worden war, und ihrer kranken einigen Jahren an ihrer alten Schule Latein Schwiegermutter in der Gottschedstraße 4, und Griechisch unterrichtete. im Stadtteil Winterhude. Zeitweilig unter- Auch er hatte jüdische Eltern, war evange- richtete sie nebenamtlich Rechnen und Ma- lisch getauft, war – wie Clara – Mitglied der thematik in der Fortbildungsschule, aber SPD und teilte ihre politischen Überzeu- ihre Bemühungen um eine reguläre Anstel- gungen: zusammen mit Claras Bruder Ru- lung blieben erfolglos. dolph nahmen die Bachers Ende der zwan- Auch ihre Auswanderungspläne – wohl zu ziger, Anfang der dreißiger Jahre aktiv an spät verfolgt – zerschlugen sich. Ihr Bruder, den Veranstaltungen und Ausflügen der so- Dr. Rudolph Haurwitz, der ihr und ihrem zialdemokratischen Volksheimbewegung Mann eng verbunden war, musste sein An- und der Sozialistischen Arbeiterjugend teil. waltsbüro schließen. Er hielt sich noch eini- Dann endeten mit einem Schlag die guten ge Zeit mit einem Radiogeschäft über Was- Jahre. Wenige Wochen vor dem Machtan- ser. Eines Tages nahm er sich mit einem tritt der Nationalsozialisten war Clara Ba- Pistolenschuss das Leben. Auch seine und cher noch in den Vorstand der neugegrün- Claras Mutter schied 1941 durch Freitod deten Vereinigung ehemaliger Kloster- aus dem Leben. schülerinnen gewählt worden. Ein dreivier- Nachdem im Juni 1942 alle jüdischen tel Jahr später vermeldet das Protokoll, daß Schulen in Deutschland geschlossen wor- „Herr Dr. Bacher (...) beurlaubt“ und „Frau den waren, war auch die letzte Frist für das Dr. Bacher aus der Vereinigung ausgetre- Ehepaar Bacher abgelaufen. Am 19.7., einem heißen Sommersonntag, brachte sie geordnete, Einzelhändlerin, Hausange- der Deportationszug in das Konzentrations- stellte. (24.9.1891 Harburg – lager Theresienstadt. Das letzte schriftliche 14.1.1962 Hamburg) Zeugnis, das in Hamburg zurückblieb, war Nach dem Besuch der Volksschule, Haus- das Protokoll des Gerichtsvollziehers über angestellte. Seit 1912 Mitglied der SPD. die Versteigerung von vier Silberbestecken Von 1919 bis 1927 Mitglied des Gemeinde- aus dem Besitz der „Clara Sara Bacher“ zu rats Wilhelmsburg und von 1919 bis 1921 einem Erlös von Reichsmark 65.65. Mitglied des Kreistages Harburg. 1921– In Theresienstadt überlebte Clara Bacher, 1933 Mitglied des Preußischen Landtags, in den Listen als „Arbeiterin“ geführt, noch Wahlkreis Hannover-Ost. Hier war sie zweieinhalb Jahre, bis sie zusammen mit hauptsächlich im Rechtsausschuss und bei 1549 weiteren Männern und Frauen den der Beratung sozialpolitischer Fragen tätig. Zug nach Auschwitz besteigen musste. Während der Zeit des Nationalsozialis- Dort traf der Transport am 9.10.1944 ein, mus hatte sie als Einzelhändlerin ein Brot- eine Woche vor Claras 46. Geburtstag. geschäft am Vogelhüttendeich, das sie auch Ihr Mann, der ehemalige Studienrat Dr. noch nach dem Zweiten Weltkrieg neben Walter Bacher, war einige Tage vor seiner ihrer politischen Arbeit weiterführte. Mit- Frau in eine der Gaskammern von Ausch- glied des Vorstandes des SPD-Bezirks Ham- witz-Birkenau geschickt worden. burg Nord-West. Mitglied des Bezirks- Falls Clara nicht in dem Güterwaggon ge- frauenausschusses Hamburg. Zweite Vor- storben ist, wurde sie auf dieselbe Weise sitzende der Hamburger Arbeiterwohlfahrt umgebracht. Nur 76 Häftlinge tschechischer und Kuratoriumsmitglied des Wilhelms- Herkunft überlebten diesen Transport. burger Krankenhauses. Mitglied der Ham- Barbara Brix, Lehrerin der Klosterschule burgischen Bürgerschaft von Oktober 1946 bis Januar 1962. Ihre politischen Schwer- Behnkenkammer punkte: Gefängnisfragen und Wiedergut- Wandsbek, seit 1950, benannt nach der machung. Seit 1957 Mitglied des Präsidiums Kammerdame der Gemahlin Herzog der Hamburgischen Bürgerschaft. Johann Adolphs Seit 1952 Mitglied des Bürgerausschusses, Er schenkte der Kammerdame auf diesem 14 Jahre Deputierte der Gefängnisbehörde. Gelände ein Stück Land. Bertha-Keyser-Weg Bei der St. Gertrudkirche St. Pauli, seit 1983. Helferin der Armen. Uhlenhorst, seit 1913. Benannt nach der (24.6.1868 Maroldsweisach bei Coburg – Lage der Straße, die an drei Seiten der 21.12.1964 Hamburg) St. Gertrudkirche entlangläuft Wuchs mit ihren vier Geschwistern in ein- fachen Verhältnissen auf. Nachdem der Va- Bei St. Annen ter, ein Schmiedemeister, gestorben war, Altstadt, seit 1869. Benannt geriet die Familie in finanzielle Nöte. Bertha nach der damals abgebrochenen kam zu einem Onkel nach Nürnberg und St. Annen-Kapelle musste in seiner Bäckerei mitarbeiten. 1885 zog die Mutter mit den Geschwistern nach, Berta-Kröger-Platz Bertha arbeitete nun in einer Spielzeugfa- Wilhelmsburg, seit 1982. Berta Maria brik, um zum Lebensunterhalt der Familie Sophie geb. Bischoff. Bürgerschaftsab- beizutragen. Später ging sie nach Wien, 1902 nach England, arbeitete dort zunächst sprach. Neid und Missgunst erschwerten als Hausangestellte, dann als Reisebegleite- ihr die Arbeit. Bertha Keyser baute eine ei- rin. Nach dem Tod der Mutter gab Bertha gene Mission auf. Die ersten Räume befan- diese Tätigkeit auf und widmete sich ihrer den sich am Alten Steinweg 25. Hier schuf Berufung, der Tätigkeit in wohltätigen Ein- sie die Mission unter der Straßenjugend, richtungen. Sie arbeitete in einem Diako- hinzu kamen die Betreuung von Obdachlo- nissenhaus, schied dort jedoch ein Jahr spä- sen und Prostituierten, Armenspeisungen, ter wegen unterschiedlicher Auffassung, Straßengottesdienste und Gefängnis- und wie Hilfe zu leisten sei, wieder aus. Bertha Krankenbesuche. Die Finanzierung erfolg- Keyser wollte den Kranken nicht nur mit te durch Spenden reicher Kaufleute, Firmen Rat und Tat zur Seite stehen, sondern ihnen oder Privatpersonen, die Bertha Keyser per- auch kleine materielle Wünsche erfüllen. sönlich aufsuchte. Nach einem Gastspiel als Kammerzofe bei Im letzten Kriegsjahr zog Bertha Keyser in einer französischen Gräfin, zog es sie eine größere Wohnung am Neuen Stein- wieder zu den Armen. Sie ging in die weg, in der ca. 60 Menschen übernachten Armenwohnviertel von Paris, lebte dort in konnten. Da sich jedoch die Hausbewohner einer Kürschnerwerkstatt, half beim Felle- über den lauten Betrieb beschwerten, wur- spannen und Pelznähen, malte Bilder und de es Bertha Keyser verboten, Obdachlose verkaufte sie für fünf Francs das Stück. zu beherbergen. Sie musste ausziehen und Dann erhielt sie das Angebot, als Aufsehe- fand in der Jugendherberge in der Böhm- rin in einem Frauengefängnis zu arbeiten. kenstraße ein neues Zuhause mit 80 Betten. Bertha Keyser führte dort einige Neuerun- In den Jahren der Wirtschaftskrise richtete gen ein: sang mit den weiblichen Häftlin- Bertha Keyser drei Feldküchen ein, aus gen, hielt mit ihnen Andacht und betete mit denen täglich 600 Portionen Mittagskost an ihnen. Weil sich einige Mädchen dabei die Armen verteilt wurden. 1925 fand nicht gut betrugen, wurden Bertha Keyser Bertha Keyser eine neue Bleibe in der diese Tätigkeiten verboten. Sie kündigte, Winkelstraße, nahe der Musikhalle. Nun wurde Erzieherin in einem Mädchenheim hatte die Mission ein Haus für sich allein. im Elsaß. Auch dort blieb sie nicht lange. 1927 richtete Bertha Keyser ein Frauen- Die Anstaltsleitung monierte Bertha obdachlosenheim in der Winkelstraße 7 ein, Keysers zu große Nachsichtigkeit gegen- das den Namen „Fels des Heils“ erhielt. über den Mädchen. Ihr Weg führte sie nun Für obdachlose Männer fand sie in der Nähe zur Heilsarmee. Doch auch dort schied sie des Hauptbahnhofes ein neues Domizil in bald wieder aus, weil ihr die Heilsarmee zu der Stiftstraße. reglementiert arbeitete. Sie zog nach Nürn- Als die Hamburger Behörde aus der Win- berg, um im dortigen Armenviertel eine ei- kelstraße eine Bordellstraße mit Eisentoren gene Missionsarbeit aufzubauen. 3 1/2 Jah- machte, die die Straße verschlossen, fand re später (1912) übergab sie diese Arbeit Bertha Keyser in der Rothesoodstraße eine der Landeskirche und zog 1913, dem Ruf neue Unterkunft. 1929 gründete sie einen des Leiters der Hamburger Strandmission Evangelisch-Sozialen Hilfsverein. Die Bei- folgend, nach Hamburg. Dort arbeitete sie träge der Mitglieder dienten zur Unterstüt- ehrenamtlich im Missionshaus in der Ri- zung der Mission. chardstraße. Auch hier kam es zu Konflik- Während des Zweiten Weltkrieges konnten ten. Bertha Keyser behandelte alle Insassen trotz der schwierigen Umstände die Armen- gleich, was der üblichen Praxis wider- speisungen in Kellern und Bunkern weiter- hin durchgeführt werden. Als 1943 ihr drei- neue Straße in Groß Flottbek nach ihr be- stöckiges Heim „Fels des Heils“ in der nannte. Seit 1979 gibt es den Bertha-Uhl- Rothesoodstraße den Bomben zum Opfer Kamp, eine kleine Sackgasse, in einer Sied- fiel, suchte sie sofort nach einem neuen lung von Stadthäusern, abgehend von der Haus. 1945 konnte sie ein kleines Zimmer Baron-Voght-Straße in der Nähe der Flott- in der Langen Reihe Nr. 93 mieten. Dort beker Reithalle. wohnte sie mit Schwester Anna Bandow, Um die Jahrhundertwende entstand im auf- die ihr den Haushalt führte, und dort wur- strebenden Dorf Groß Flottbek, das sich zu den auch die zahlreichen Essensgäste bekö- einem Villenvorort entwickelte, der Wunsch stigt. Auch waren mehrere Großküchen be- nach einer angemessenen Schulbildung für reit, für Ber-tha Keysers Missionswerk mit- die Kinder der bessergestellten Bevölke- zukochen. Unter Hamburgs Firmen und rung. Der Pinneberger Landrat Scheiff und Kaufleuten erwarb sich Bertha Keyser viele der Blankeneser Propst Paulsen beriefen Freunde, Gönner und Spender, die sie re- zum 22. Januar 1901 die Groß Flottbeker gelmäßig mit Sach- und Geldspenden un- Gemeindeversammlung ein und baten die terstützten. Eine große Hamburger Kaffee- Gemeindevertreter um finanzielle Unter- firma zahlte die Miete ihrer kleinen Laden- stützung für die Einrichtung von sogenann- wohnung im Bäckerbreitergang Nr. 7, wo- ten Vorschulklassen, die die Flottbeker Kin- hin sie gezogen war, nachdem sich die der auf die höheren Schulen der Nachbaror- Nachbarschaft aus der Langen Reihe über te Altona und Blankenese vorbereiten soll- sie beschwert hatte. ten. Gebildet wurde eine Schule mit einem Kuratorium als Aufsichtsgremium, das nicht Berthastraße der Gemeinde gehörte. Die enge Verbin- Barmbek-Süd, seit 1866. Benannt nach der dung wurde aber dadurch deutlich, dass der Tochter des Grundeigentümers Gemeindevorsteher Lüdemann gleichzeitig F.H.D. Wagner auch zum Kuratoriumsvorsitzenden ge- wählt wurde. Das Kuratorium bestand aus Bertha-Uhl-Kamp angesehenen Männern der Gemeinde und Groß Flottbek, seit 1979. Leiterin der hatte u. a. die Aufgabe, die Schulkonzession ehemaligen Kuratoriumsschule in zu beantragen und die Schulleiterin zu be- Groß Flottbek, heute Gebäude der Volks- rufen. Die ersten Lehrerinnen kamen von hochschule West, Waitzstraße 31. einer gescheiterten Privatschule, offizieller (25.12.1867 – 30.3.1955 Hamburg) Schulleiter wurde zunächst Propst Paulsen. Viele Menschen in Flottbek und Oth- Die intern eingesetzte Schulleiterin, Fräu- marschen erinnern sich noch an das Bertha- lein Stehn, konnte aus „äußeren Gründen Lyzeum, die frühere höhere Schule für nicht dauernd für die Schulleitung gewon- Mädchen, die heute fortgeführt wird als nen werden“. So übertrug das Kuratorium Koedukationsschule Gymnasium Hochrad. zu Ostern 1902 die Schulleitung an Fräu- Doch kaum jemand weiß etwas über die lein Bertha Uhl, die zuvor 12 Jahre an einer Frau, die mit dem Namen Bertha-Lyceum Schule in Eberswalde gearbeitet hatte. Mit geehrt wird. Selbst ehemalige Schülerinnen 34 Jahren kam sie nach Groß Flottbek. Auf schütteln den Kopf, wenn sie danach gefragt Grund der guten Arbeit der ersten drei Leh- werden, ob sie etwas über Bertha Uhl wissen. rerinnen konnte sie die Schule mit großem Es ist das Verdienst des Bürgervereins Erfolg weiter ausbauen. Aus der drei- Flottbek-Othmarschen, dass die Stadt eine klassigen Vorschule wurde durch jährli- chen Aufbau einer Klasse eine 10klassige „Briefbücher“. Besuchte Goethe öfter in Höhere Mädchenschule mit Knabenvor- Weimar. Goethe brach die Beziehung wegen schule, die im Jahre 1909 die Anerkennung eines Streites zwischen Bettina und Chri- als Lyceum erhielt. 1915 übernahm die Ge- stiane von Goethe ab. 1811 Heirat mit dem meinde Groß Flottbek die bisherige Kura- Dichter . Dieser hatte mit toriumsschule als öffentliches Lyceum und Bettinas Bruder Clemens die Liedersamm- erkannte damit auch die hervorragende Ar- lung „Des Knaben Wunderhorn“ herausge- beit der Direktorin Bertha Uhl an. Doch geben. Sieben Kinder wurden geboren. Die eine ernstliche Erkrankung führte dazu, dass Familie lebte auf Achims Gut Wiepersdorf Bertha Uhl vom Sommer 1915 bis Ostern in der Mark und in Berlin. Nachdem ihr 1916 beurlaubt werden musste und anschlie- Mann 1831 gestorben war, lebte Bettina ßend ihr Amt niederlegte. Ihr zu Ehren er- ausschließlich in Berlin Unter den Linden hielt die Schule den Namen Bertha-Lyze- 21 und veröffentlichte in den nächsten 13 um. Diesen Namen behielt sie bis zur Ein- Jahren fünf Bücher. Sie pflegte Cholera- gemeindung in die Stadt Hamburg 1938. kranke, kümmerte sich um Arme und hielt Doch was nun offiziell Oberschule für Mäd- einen literarischen Salon (Gäste u. a. Hum- chen in Hamburg-Groß Flottbek hieß, blieb boldt, Fürst Pückler-Muskau, Franz Liszt). im Bewußtsein der Bevölkerung noch über Bettina von Arnim wurde zur Sozialkämp- Jahre das Bertha-Lyceum. Bertha Uhl zog ferin. Sie veröffentlichte den Band „Dies nach Berlin, kehrte aber nach dem Zweiten Buch gehört dem König“, eine empirische Weltkrieg nach Groß Flottbek zurück und Studie über die Armut, die sie dem preußi- wohnte in der Höl-derlinstraße. Sie brachte schen König Friedrich Wilhelm IV. widme- ihrer alten Schule reges Interesse entgegen te. Darin machte sie die Obrigkeit verant- und hielt Kontakte zu früheren Schülerin- wortlich für das Elend der Untertanen. nen aufrecht. Jürgen Timm Am 15. Mai 1844 ließ Bettina von Arnim in allen großen Zeitungen Deutschlands die Bettinastieg Veröffentlichung eines „Armenbuches“ an- Osdorf, seit 1953. Elisabeth Catharina kündigen, in dem sie ihre Forschungsergeb- Bettina von Arnim. Schriftstellerin. nisse über die Lebenslage der Armen be- (4.4.1785 Frankfurt/M. – 20.1.1859 Berlin) schrieb. Doch Bettina von Arnim wurde be- Sie wurde als siebtes Kind des Großkauf- spitzelt, ihre Briefe von der Polizei aufge- manns Pietro Antonio und der Maximiliane brochen. Die dauernden Zusammenstöße La Roche, Enkelin von Sophie von La mit der Zensur veranlassten sie, einen eige- Roche und Schwester von Clemens Brenta- nen Verlag zu gründen: die Arnimsche Ver- no geboren. Nach dem Tod der Mutter wur- lagsexpedition. 1847 beschuldigte sie der de sie mit ihren Schwestern bis zu ihrem Berliner Magistrat der Steuerhinterziehung, 13. Lebensjahr in einem Klosterinternat in weil sie bei der Gründung ihres Verlages Fritzlar erzogen, dann bei ihrer Großmutter versäumt hatte, die Bürgerrechte zu erwer- La Roche in Offenbach. Sie lebte später bei ben. Sie wurde zu zwei Monaten Gefängnis ihrer Schwester Gunda in Marburg, wo sie verurteilt. Durch Intervention seitens ein- auch Karoline von Günderrode kennenlern- flussreicher Leute wurde die Strafe nicht te. 1840 gab sie ihren Briefwechsel mit der vollstreckt. Bettina von Arnim erkannte, Freundin heraus. Befreundete sich 1806 mit dass man sie mundtot machen wollte. In ih- Goethes Mutter. Aus deren Erzählungen rem Günderrode-Buch (1839) schreibt sie über Goethes Kindheit entstanden die über die Fürstendiener: „Je dringender die Forderungen der Zeit ihnen auf den Hals Käthe und Herta ebenfalls nach England. rücken, je mehr glauben sie sich mit Phili- Bemühungen, auch für die Mutter eine Ein- stertum verschanzen zu müssen und suchen reisegenehmigung zu erhalten, scheiterten. sich Notstützen an alten, wurmstichigen Vor- Nach erzwungenem Verkauf ihres Wohn- urteilslasten und erschaffen Räte aller Art, hauses wurde die Witwe Betty Levi in ein geheime und öffentliche, die weder heimlich jüdisches Altersheim eingewiesen und von noch öffentlich anders als verkehrt sind – dort aus am 11. Juli 1942 ins Vernichtungs- denn das rechte Wahre ist so unerhört ein- lager Auschwitz deportiert. Sie starb ver- fach, daß schon deswegen es nie an die Rei- mutlich wenig später. he kommt.“ Betty Levi steht für viele jüdische Altonaer und Altonaerinnen, die in selbstverständli- Betty-Levi-Passage cher Gemeinschaft mit den übrigen Einwoh- Ottensen, seit Nov. 1996 nerinnen und Einwohnern ein alltägliches, Betty Levi (1882-11.7.1942 Deportation gänzlich unspektakuläres Leben führten, bis ins KZ Auschwitz, Todesdatum unbekannt), ihre Religionszugehörigkeit zum todeswür- Altonaer Bürgerin jüdischen Glaubens. digen Makel wurde. Seit 1999 informiert Opfer des Nationalsozialismus eine (vom Stadtteilarchiv Ottensen initiierte Betty Levi, als Betty Lindenberger 1882 in und gestaltete) Gedenktafel am Straßen- Ostpreußen geboren (und amtlich unter dem schild unter dem Titel “Eine Altonaer Fami- „deutschen” Namen Berta registriert), lie” über Schicksal, Stammbaum und Stadt- wuchs in Berlin auf. Der Vater war im Fisch- geschichte. Ulla Hinnenberg geschäft tätig; es mögen verwandtschaftli- che Beziehungen zu den Altonaer Fisch- Blättnerring handelsfirmen Lindenberg bestanden haben. Langenbek, seit 1988. Georgine Blättner Betty war musikalisch begabt und erhielt geb. Goldschmidt. Jüdische Kaufmanns- eine profunde pianistische Ausbildung. Sie witwe. Opfer des Nationalsozialismus. liebte die Beschäftigung mit textilen Hand- (2.11.1871 Weener – am 15.7.1942 depor- arbeiten. Anlässlich einer Hochzeitsfeier be- tiert nach Theresienstadt, im KZ umge- gegnete sie dem Altonaer Juristen Dr. Moses kommen. Genaues Todesdatum unbekannt) Levi, Mitglied der alteingesessenen Familie Georgine Blättner wurde mit ihrer Schwe- Cohn/Levi und heiratete ihn 1905. Sie wurde ster Arondine im Juli 1942 nach Theresien- Hausfrau und Mutter von vier Kindern, ge- stadt deportiert. Sie kamen dort im Dezem- boren zwischen 1908 und 1916. Das Ehe- ber 1942 bzw. im Oktober 1943 ums Leben. paar erwarb das Haus in der Klopstockstraße 23 in Ottensen. Bozenhardweg Hervorstechende Charakterzüge Betty Le- Hohenfelde, seit 1958. Nach Albert Bozen- vis waren: höchste Ansprüche an Genauig- hard. Ergänzt 2001 / 2002 um die ebenso keit in künstlerischen und hauswirtschaftli- bedeutende Ehefrau Karli B. Neuer Erläu- chen Belangen und Unbeugsamkeit in für terungstext: benannt nach dem Schauspie- Jüdinnen und Juden schwieriger Zeit. lerehepaar Karli (Karoline) B., geb. Hük- 1938 verlor Betty Levi ihren Ehemann. Die ker (11.6.1866 Wien – 1.2.1945 Ham- Tochter Elisabeth und der Sohn Walter hatten burg), als erste Frau Ehrenmitglied des 1932 und 1936 das Elternhaus durch Heirat Thalia-Theaters, und Albert B. (1860 – nach Dänemark bzw. Emigration nach Eng- 1939), Ehrenmitglied des Deutschen land verlassen. 1939 emigrierten die Töchter Schauspielhauses und des Thalia-Theaters. Die Tochter des Hausinspektors am Wiener Catharina-Fellendorf-Straße Theater in der Josefstadt spielte schon mit 2 Bergedorf, seit 1995. Gegnerin des Natio- 1/2 Jahren ihre erste Rolle in einem Kinder- nalsozialismus. Mitglied der Widerstands- märchen. Mit 5 Jahren sang sie Couplets und gruppe Bästlein-Jacob-Abshagen. spielte alle Hauptrollen in den Kindervor- (7.11.1884 – 31.3.1944 hingerichtet im stellungen. Später reiste sie als „Wunder- Zuchthaus Berlin-Plötzensee) kind“ mit eigenen Soloszenen und Vorträgen. Plätterin, lebte in Hamburg in der Richter- Als sie ans Thalia-Theater nach Hamburg straße 3. Ihr Sohn Willi, ein Kraftfahrer und kam, spielte sie z. B. die Galottis und He- Kommunist, war 1933 in die Sowjetunion ros, später die Anzengruber-Jungfrauen und emigriert. Kehrte illegal im Mai 1942 als schließlich die melierten, grauen und weiß- Fallschirmagent nach Deutschland zurück, köpfigen guten und bösen Mütter. landete mit dem Fallschirm bei Allenstein Am Thalia-Theater lernte sie auch ihren in Ostpreußen und sollte nach Berlin zu ei- Mann, den Schauspieler Albert Bozenhard ner ihm angegebenen Anlaufstelle. Da die- kennen. se nicht mehr existierte, ging er ohne Geld Karli Bozenhard wurde 1929, anlässlich ih- und Lebensmittelkarten nach Hamburg zu res 40. Bühnenjubiläums, als erste Frau am seiner Mutter. Er wusste nicht, dass die Ge- Thalia-Theater zum Ehrenmitglied ernannt. stapo nach ihm fahndete. Ein Mitbewohner aus der Richterstraße 3 denunzierte Willi Brigittenstraße Fellendorf. Ohne ihm einen Prozess zu ma- St. Pauli, seit 1897. Frei gewählter Name chen, wurde Willi Fellendorf getötet. Auch Catharina Fellendorf wurde verhaftet und Brunhildstraße am 31. März 1944 im Gefängnis Berlin- Rissen, seit 1939. Benannt nach der Plötzensee hingerichtet. Brunhild im Nibelungenlied um 1200 Brunhild, die männliche Körperkräfte be- Charitas-Bischoff-Treppe sitzt, will nur dem Mächtigsten gehören. Blankenese, seit 1928. Geb. Dietrich. Der starke Siegfried überlistet sie mit Hilfe Schriftstellerin. (7.3.1848 Siebenlehn/ seiner Tarnkappe und erreicht damit, dass Sachsen – 24.2.1925 Blankenese) Brunhild den schwächeren Gunther erhört. Tochter der Botanikerin und Forschungsrei- Durch eine Indiskretion seitens Kriemhilds senden Amalie Dietrich (Amalie-Dietrich- erfährt Brunhild von dem Betrug und ist in Stieg). Erlebte in ihrer Kindheit viel Stren- ihrer Ehre so verletzt, dass sie Rache schwört. ge. Während ihre Eltern auf Forschungsrei- Sie lässt Siegfried durch Hagen töten. sen gingen, blieb Charitas bei Verwandten oder auch Fremden. Sie litt unsäglich unter Bussestraße der Trennung von ihrer Mutter, der die häu- Winterhude, seit 1876. Johanna figen Trennungen ebenso schwer fielen. Magdalena(e) Busse. Ehefrau des Gelän- Kehrten die Eltern nach Hause zurück, debesitzers Claes Joachim Rippens. musste Charitas beim Präparieren von (10.9.1828 – 19.11.1886) Pflanzen und Insekten helfen. Als die Mut- ter einmal sehr lange auf Reisen war, kein Cäcilienstraße Geld schickte und sich auch nicht meldete – Winterhude, seit 1914. Cäcilia von sie lag schwer erkrankt in einem holländi- Oldessem. Um 1522 erste protestantische schen Krankenhaus –, schickte der Vater, Domina des Klosters St. Johannis der zu Hause geblieben war, seine Tochter zu fremden Menschen und nahm eine bekannt, dass von nun an selbständige Ver- Hauslehrerstelle in einem anderen Ort an. öffentlichungen möglich waren. Charitas Charitas lebte nun bei einem fremden Ehe- Bischoff arbeitete als Schriftstellerin, Jour- paar und musste nach der Schule für dieses nalistin und Übersetzerin aus dem Däni- arbeiten. Da sie nicht gut behandelt wurde, schen. wechselte sie die Stelle. Als ihre Mutter In ihren Romanen kommen die „unaus- zurückkehrte, fand diese in ihrem Haus löschlichen Eindrücke aus einer harten fremde Menschen vor. Sie kannte weder Kindheit, das Vorbild ihrer Mutter und spä- den Aufenthaltsort der Tochter noch den tere Lebenserfahrungen u. a. als Pastoren- des Ehemannes. Nachdem sie ihre Tochter gattin“ zum Ausdruck. (Lexikon der Frau, wieder gefunden hatte, kam Charitas Zürich 1953/54.) Am bekanntesten wurden wieder zu fremden Leuten. Die Mutter ver- ihre Biographie über ihre Mutter „Amalie suchte, in Hamburg Geld mit ihren Pflan- Dietrich“ und ihre Autobiographie „Bilder zen zu verdienen. Als sie Erfolg hatte, hol- aus meinem Leben“ (1914). te sie ihre Tochter nach. Charitas kam zu 1890 zog das Ehepaar Bischoff mit seinen dem Stockfabrikanten Meyer, der sich für Kindern nach Rendsburg. Dort starb vier Amalie Dietrich eingesetzt hatte. Das Ehe- Jahre später Charitas’ Mann durch einen paar Meyer übernahm auch die Aufsicht Unfall. Charitas Bischoff arbeitete weiter- über Charitas, als Amalie Dietrich für zehn hin schriftstellerisch und zog mit ihrem Jahre nach Australien ging. Kurze Zeit jüngsten Kind nach Hamburg. wohnte Charitas bei den Meyers, wurde dann von ihnen zur Ausbildung nach Charlotte-Niese-Straße Eisenach und Wolfenbüttel geschickt. In Osdorf, seit 1929. Heimatdichterin. Wolfenbüttel arbeitete Charitas einige Jah- (7.6.1851 Burg/Fehmarn – re als Lehrerin, ging dann für zwei Jahre 8.11.1935 Altona) nach London und kehrte im Alter von 23 Unter sechs Söhnen zunächst einzige Toch- Jahren nach Deutschland zu den Meyers, ter eines Pastors und seiner Frau – später die in der Zwischenzeit nach Kiel gezogen wurde noch eine weitere Tochter geboren. waren, zurück. Charitas lernte den Kandi- Charlotte Niese erhielt eine „Spezialausbil- daten der Theologie, Christian Bischoff, dung“, sprich, eine andere als ihre Brüder. kennen. Als ihre Mutter aus Australien zu- Dazu wurde sie zu ihren Großeltern ge- rückkehrte, war Charitas bereits verlobt. schickt, wo sie viele Jahre lebte. Charlotte Die Mutter war sehr enttäuscht darüber, Niese bemerkte schon früh, dass die Brüder hatte sie sich doch vorgestellt, dass ihre weitaus mehr durften als sie. Sie litt darun- Tochter ihr nun wieder beim Präparieren ter, klagte aber nicht öffentlich darüber, der Planzen und Insekten helfen würde. sondern schwieg, wie es sich für ein wohl- Charitas heiratete ihren Pastor am erzogenes Mädchen gehörte. Die Brüder er- 8.10.1873. Das Paar zog nach Roagger in hielten Latein- und Griechischunterricht Nordschleswig und bekam drei Kinder und schlugen eine wissenschaftliche Lauf- (1874, 1876, 1886). Charitas Bischoff be- bahn ein. Charlotte Niese besuchte das gann erst als verheiratete Frau zu schrei- Lehrerinnenseminar und unterrichtete nach ben, zunächst kleine Erzählungen, die in dem Examen in mehreren Familien in der Kieler Zeitung veröffentlicht wurden. Nordschleswig, in der Rheinprovinz und in Durch ihre dort 1886 veröffentlichten Ascheberg. Als der Vater 1881 starb, kehrte Skizzen aus Nordschleswig wurde sie so Charlotte zu ihrer Mutter zurück, gab ihren Beruf auf und lebte mit ihr bis zu deren Christinenstraße Tod im Jahre 1907 zusammen. Nicht mehr Lohbrügge, seit 1865. Christina Johanna als Lehrerin tätig, schaffte sich Charlotte Georgine Ohl geb. Petersen. Ehefrau Niese den Freiraum, um ihrem lang geheg- des Geländebesitzers Heinrich Albrecht ten Wunsch zu schreiben nachzugehen. Ihre Ohl. (20.6.1834 Flensburg – ersten Prosatexte veröffentlichte sie unter 20.2.1894 Hamburg). dem männlichen Pseudonym „Lucian Bür- ger“ in der Kieler Zeitung. Nachdem Char- Cilli-Cohrs-Weg lotte Niese mit ihrer Mutter ein Jahr bei ei- Finkenwerder, seit 1941 nem Bruder in New York verbracht hatte, „Weibliche Hauptfigur des gleichnamigen zogen die beiden Frauen auf Rat eines Bru- einaktigen ,irnsthaftig Spill‘ von Gorch ders nach Altona, denn dort wohnte ein Teil Fock, am 24.1.1914 uraufgeführt von dem der Verwandtschaft. Dort lebte Charlotte Laienensemble ,Gesellschaft für drama- Niese bis 1900 zusammen mit ihrer Mutter tische Kunst‘ unter der Leitung des Ham- und der jüngeren Schwester im Philo- burger Bibliothekars Dr. Richard Ohnsorg. sophenweg. Dort begann auch der schrift- Die titelgebende Rolle ist eine Hommage stellerische Erfolg. Charlotte Niese wurde des Autors an die von ihm tief bewunderte eine der bekanntesten Holsteinischen Aline Bußmann, die schon einige Zeit zum Heimatdichterinnen, sogar in Schulbüchern Ohnsorg-Spielkreis gehörte. Thema und wurden ihre Erzählungen abgedruckt. Handlungsaufbau des Einakters waren in Charlotte Niese befasste sich auch mit der Absprache mit Ohnsorg entstanden, der den Frauenfrage. So war sie eine Zeitlang erste Autor zum schnellen Abschluß der Nieder- Vorsitzende der Altonaer Ortsgruppe des schrift drängte. Fock schrieb nach der Ur- Verbandes Norddeutscher Frauenvereine. aufführung euphorisch an die Bußmann: Ziel dieses konservativen Vereins waren ,Die Sonnenkraft Ihrer Seele gab mir die bessere Bildungs- und Berufschancen für Kraft, die ,Cili Cohrs‘ zu entwerfen.‘ Frauen. Auch in ihren Romanen setzte sich Die Figur der ,Cili Cohrs‘ ist der von der Charlotte Niese mit der Rolle der Frau aus- Heimatkunst inspirierten Vorstellung ge- einander. Sie zeigte immer wieder die ge- schuldet, daß sich in dieser zugleich harten sellschaftspolitischen Grenzen auf, an die und heldischen Frau besondere Stammes- Frauen stießen. Jedoch trat sie, die selbst merkmale verkörpern. unter diesen Gegebenheiten litt, nicht für Nach der Uraufführung von Focks ,Dogger- eine Überwindung dieser Verhältnisse ein. bank‘ (1912) bedeutete die Inszenierung Charlotte Niese akzeptierte den status quo. und Aufführung der ,Cili Cohrs‘ schon kur- Die traditionellen Geschlechtsrollenmuster ze Zeit später so etwas wie den ,Durch- zu durchbrechen, entsprach nicht ihrem bruch‘ des Versuches von Richard Ohn- Temperament und Weltbild. sorg, Niederdeutsches Theater als ein Segment von kultureller Öffentlichkeit in Charlottenstraße Hamburg zu etablieren. Die Uraufführung Eimsbüttel, seit 1865. Verschiedene Versio- wurde nicht nur im engeren Zirkel der ,Nie- nen: Benannt entweder nach der Tochter derdeutschen‘ mit viel Zustimmung rezen- des Grundstücksunternehmers Fett oder siert.“ (Mitteilung von Ulf-Thomas Lesle, nach Charlotte Fett geb. Hellberg, Schwie- Institut für niederdeutsche Sprache.) Im germutter des Sohnes des Geländevor- Theaterstück wird der Vorname von Frau besitzers Alexander Bentalon Tornquist Cohrs mit einem „l“ geschrieben. In Finkenwerder erzählt man sich über Cili Mitglieder nicht ausschließen zu müssen, Cohrs, die hier mit zwei „l“ geschrieben wie es die Nazis verlangten. Dadurch hatte wird, eine andere Geschichte. Cilli Cohrs Alma del-Banco keine Ausstellungsmög- war das älteste Kind von Greta Cohrs geb. lichkeiten mehr. Sie zog sich zurück. 1937 Horstmann, die bereits im Alter von 30 wurden Gemälde und Graphiken von ihr, Jahren, wenige Tage vor der Geburt ihres die in der Kunsthalle hingen, in der Aktion fünften Kindes Maria, welches ihr Leben „Entartete Kunst“ beschlagnahmt. Nach lang kränklich bleiben sollte, Fischerswit- dem Tod des Bruders musste Alma del- we geworden war. Um sich und ihre fünf Banco die Wohnung und das Atelier auf- kleinen Kinder zu ernähren, nähte Greta geben, sie zog 1938 zu ihrem Schwager Cohrs für andere Leute Festtagskleidung. nach Blankenese. Hier lebte sie bis 1943, Ihre Tochter Cilli war das blühende Leben zwar unter Hausarrest gestellt, aber ge- und sehr schön. Gorch Fock verliebte sich schützt durch die Beziehungen der Familie in sie. Cilli Cohrs starb jedoch bereits im zu Hermann Göring. Zur Auswanderung Alter von achtzehn Jahren an einer Man- fühlte sie sich zu alt. Als sie am 7.3.1943 delentzündung. Gorch Fock setzte ihr mit den Deportationsbescheid nach Theresien- seinem Roman „Cilli Cohrs“ ein bleiben- stadt erhielt, besorgte sie sich über einen des Denkmal. befreundeten Arzt Morphium.

Del-Banco-Kehre Dethlefstwiete Bergedorf, seit 1985. Alma del-Banco Lohbrügge, seit 1948. Sophie Auguste (Alina Henriette del-Banco). Malerin der Dethlefs. Niederdeutsche Dichterin. Hamburgischen Sezession. Motivgruppe: (10.2.1809 Heide – 13.3.1864 Hamburg) Verdiente Frauen. (24.12.1862 Hamburg – Klaus Groth, der als Mitbegründer der neu- 8.3.1943 Blankenese) niederdeutschen Lyrik gilt, hielt Sophie Entstammte einer alten portugiesisch-jüdi- Dethlefs (im Sterberegister der Kathari- schen Kaufmannsfamilie aus Hamburg. nenkirche wird sie „Dethleffs“ geschrie- Wuchs in großbürgerlichen Verhältnissen ben) zwar für die bedeutendste Wegbe- auf, erhielt eine christliche Erziehung und reiterin dieser Literaturgattung, einen um 1895, als gut Dreißigjährige, eine tiefergehenden Einfluss auf sein Schaffen künstlerische Ausbildung an der Privat- wies er jedoch zurück. Dies war die Zeit, kunstschule für Damen von Valesca Röver. als er noch nicht so bekannt war und Vor dem Ersten Weltkrieg ging sie nach Sophie Dethlefs nicht als Konkurrenz Paris und wurde Schülerin von Fernand fürchtete. Legér, Jacques Simon und André l’Haut. Geboren wurde sie in Heide in so genann- Ab 1919 wohnte sie bei ihrem Bruder, dem ten besseren Kreisen, Vater Bankdirektor. Kaufmann Siegmund del-Banco, in ver- Die Mutter starb bei Sophies Geburt. So- schiedenen Wohnungen in Hamburg. Ihr phie lebte mit ihren drei Geschwistern in Atelier hatte sie in der Großen Theater- einem schönen Haus mit Garten. 1835, als straße 34/35. Alma del-Banco wurde Grün- Sophie 24 Jahre alt war, wurde der Vater, dungsmitglied der Hamburgischen Sezes- dessen „Kaß in Unordnung weer“, entlas- sion (1919). 1929 bekam sie eine schwere sen, das Haus verkauft. Zur selben Zeit er- Lungenentzündung und geriet zunehmend lebte Sophie obendrein noch eine unglück- in wirtschaftliche Bedrängnis. 1933 löste liche Liebe. Der Vater zog zu seinem Sohn, sich die Sezession auf, um ihre jüdischen Sophie musste allein zurechtkommen. Eine höhere Schulbildung hatte sie nie ge- sexuelles Erwachen gedeutet.“ (Ulf Diede- nossen. Sie fand eine Stellung im Haus ei- richs: Who’s who im Märchen. München nes Justizrates – und schrieb Gedichte für 1995.) Polterabende, Taufen etc. Aber auch ernste Themen griff sie auf: soziale Not und uner- Dorothea-Bernstein-Weg füllte Liebe. Sie schrieb auch patriotische Uhlenhorst, seit 2010, nach Dr. Dorothea Gedichte angesichts des Krieges 1848 zwi- Henriette Bernstein (geb. 10.8.1893, am schen Schleswig-Holstein und Dänemark. 25.10.1941 nach Lodz deportiert, dort Mit ihrem Gedicht „De Fahrt na de Isen- gestorben am 5.6.1942), jüdische Lehre- bahn“ wurde sie schlagartig in ganz rin, promovierte 1922 in Hamburg zur Schleswig-Holstein bekannt. Als 1849 der Doktorin der Philosophie, arbeitete am Justizrat starb, ging es Sophie Dethlefs fi- Oberlyzeum in Altona, der Helene-Lange- nanziell noch schlechter. Pastor Rehhoff Schule und ab 1927 an der Mädchen- von der Hamburger Michaeliskirche brach- Oberrealschule am Lerchenfeld, 1933 te sie 1853 zusammen mit ihrer blinden entlassen. Motivgruppe: Opfer des Natio- Schwester im neueröffneten Schröder-Stift nalsozialismus in Hamburg unter – ein Stift für „Hilfsbe- Dorothea Bernstein wurde in Tilsit gebo- dürftige aus besseren Schichten“. ren. Seit ungefähr 1919 lebte sie in Ham- burg. Als Lehrerin unterrichtete sie von Dianaweg März 1927 bis September 1933 an der Lokstedt, seit 1952. Göttin der Jagd. Oberrealschule für Mädchen am Lerchen- 1599 stand hier noch ein Eichenwald, und feld, dem heutigen Gymnasium Lerchen- es wurde darin Jagd betrieben feld. Aus Anlass des 90-jährigen Bestehens des Gymnasiums setzten sich Schülerinnen Dornröschenweg und Schüler in einer Arbeitsgemeinschaft, Schnelsen, seit 1950. Märchen die von Schulleiter Hans-Walter Hoge ge- Königstochter fällt, nachdem sie sich mit leitet wurde, mit der Geschichte ihrer Schu- der Nadel einer Spindel in den Finger ge- le von 1933 bis 1945 auseinander. In die- stochen hat, in einen 100jährigen Tief- sem Rahmen erforschten sie auch das schlaf. Auch alles um sie herum versinkt in Schicksal von Dorothea Bernstein. Auf In- einen tiefen Schlaf. Um das Schloss itiative der Schule wurde ein „Stolperstein“ wächst mit der Zeit eine Dornenhecke, die für sie vor ihrer ehemaligen Wirkungsstätte für alle Königssöhne, die zur schönen Kö- verlegt. nigstochter wollen, zur Todesfalle wird. Anlässlich der Einweihung des „Stolper- Nach genau 100 Jahren kommt der richtige steins“ am 14. November 2005 hielt die da- Königssohn, er küsst Dornröschen wach. malige Schülerin Maris Hubschmid folgen- Ricarda Huch (siehe Ricarda-Huch-Ring) de Rede: „Die Geschichte unserer Schule machte ein lyrisches Spiel aus dem Dorn- während der schrecklichen Jahre von 1933 röschentext. „Der Tiefenpsychologie bot bis 1945 ist lange im Dunkeln geblieben. Dornröschen zahlreiche Ansätze. Der lan- Kaum einem lag daran, in den Nachkriegs- ge Schlaf im Schutz der Dornenhecke, die jahren und bis in die Sechziger- und Sieb- scheinbare Passivität der Heldin wurden zigerjahre hinein das Licht auf die dunklen als Latenzphase im Entwicklungs- und Flecken deutscher Vergangenheit zu rich- Reifungsprozeß gesehen, die lustig sprin- ten. Flecken, die da heißen: Wegschauen, gende Spindel, der Stich in den Finger als Schweigen, die Gefahr nicht erkennen wol- len, Verdrängen. Den Schülern unserer Ge- An die Mädchen-Oberrealschule am Ler- neration hat man in der Schulchronik große chenfeld kam sie zunächst als Vertretung Lücken hinterlassen. Die Zeit von 1933 bis für eine erkrankte Lehrkraft, im März 1927, 1945 wird darin nur äußerst spärlich behan- nachdem sie am Oberlyzeum in Altona und delt. Einige Anekdoten, einige Daten, viel an der Helene-Lange-Schule einen Vorbe- über Kinderlandverschickung und einiges reitungsdienst absolviert hatte. Zweiein- über die Bombardierung 1943 – mehr nicht. halb Jahre später wurde sie zur außerplan- Nichts, was darin hinweist auf die Verände- mäßigen Beamtin ernannt. Fräulein rungen des Schulalltags am Lerchenfeld Bernstein unterrichtete Französisch und während dieser Zeit, kein Vermerk über Deutsch in allen Klassenstufen. Schicksale einzelner Schülerinnen, nur un- Zeitzeugen beschreiben sie als sozial enga- genaue Angaben über das Aus-dem-Dienst- gierte Lehrerin, deren Unterricht streng, Scheiden einiger Lehrer und Lehrerinnen. aber ausgezeichnet war. Sie gehörte zu den Vor zwei Jahren haben einige von uns es jüngsten Kolleginnen und stand den Proble- sich gemeinsam mit unserem Schulleiter men ihrer Schülerinnen sehr aufgeschlos- Herrn Hoge zur Aufgabe gemacht, diese sen gegenüber. Eine ehemalige Schülerin Lücken zu füllen. Wir wollten mehr wissen erinnerte sich daran, dass Frau Bernstein über die Geschichte des Gymnasiums Ler- jeden Morgen einem Mädchen, dessen al- chenfeld, mehr wissen über eine Genera- koholkranker Vater sie stark vernachlässig- tion, die einmal im selben Alter und am sel- te, ein Frühstück mitbrachte. ben Ort eine so andere Schulzeit erlebt hat, Die Schüler schätzten ihre Art. Es heißt, als wir es heute tun. Also haben wir uns auf man erlaubte sich in ihrer Gegenwart Be- die Suche begeben. Informationen gesucht, merkungen, die man gegenüber anderen Zeitzeugen gesucht, Antworten gesucht. Lehrern nicht zu äußern gewagt hätte. Der ‚Stolperstein‘, den wir heute einwei- Am 25. September 1933 wurde Frau Dr. hen, ist Symbol für ein Ergebnis unserer Bernstein auf Grund § 3 des Reichsgesetzes Suche. Er soll erinnern an Frau Dr. Doro- zur Wiederherstellung des Berufsbeamten- thea Bernstein, die von 1927 bis 1933 Leh- tums vom 7. April desselben Jahres ohne rerin unserer Schule war, und die 1942 im jedes Gehalt in den Zwangsruhestand ver- Konzentrationslager (…) ermordet wurde, setzt (…).Am 1. Juni 1939 wurde sie an der weil sie Jüdin war. Er soll aufmerksam ma- letzten jüdischen Schule Hamburgs einge- chen darauf, dass unsere Schule Vergangen- stellt, die aus der Zusammenlegung der heit hat, dass wir alle eine Vergangenheit Mädchenschule der Deutsch-Israelitischen haben. Er soll mit seinen 10 x10 cm eine Gemeinde mit der Talmud-Tora-Oberreal- erste Lücke füllen. schule für Jungen hervorgegangen war und Dorothea Henriette Bernstein wurde am 10. sich ‚Volks- und Höhere Schule für Juden‘ August 1893 in Tilsit in Ostpreußen gebo- nennen musste. ren. Ihre Eltern Aaron und Sophie Bern- Diese Schule wurde von der Reichsvereini- stein waren beide jüdischen Glaubens. gung der Juden in Deutschland unterhalten 1914 legte sie ihre Reifeprüfung in Danzig (…). Diese war allerdings kaum noch zah- ab, studierte Deutsch, Französisch und Philo- lungsfähig und sah sich gezwungen, viele sophie in Königsberg, München und Ham- der letzten jüdischen Lehrer zu entlassen. burg und legte hier 1922 ihre Prüfung für das So bekam Dr. Dorothea Bernstein im Juni höhere Lehramt ab. Im gleichen Jahr promo- 1941 das Kündigungsschreiben und schied vierte sie zum Doktor der Philosophie. am 16. Juli 1941 aus dem Schuldienst aus. Eine Lehrerin namens Dr. Duhne, zu der Dorothea-Kasten-Straße Frau Bernstein engen Kontakt hatte, berich- Alsterdorf, seit 1993. Opfer der NS-Eutha- tet von einem Anruf, in dem Dorothea nasiemaßnahmen. Eine der 629 behin- Bernstein ihren Abtransport für den kom- derten Bewohnerinnen und Bewohner der menden Tag ankündigte. Sie soll gesagt ha- Alsterdorfer Anstalten, die deportiert ben, sie habe noch einmal eine warme, wurden und von denen nur 79 die Depor- menschliche Stimme hören wollen. tation überlebten. (6.3.1907 Hamburg – Am 25. Oktober 1941 wurde Frau Dr. Bern- 2.5.1944 in der Heil- und Pflegeanstalt stein mit dem ersten Deportationszug und „Am Steinhof“ in Wien) 1.033 anderen Juden nach Lodz (ehemals 1943 sollten alle Insassen der Alsterdorfer Litzmannstadt) in Polen deportiert (...). Anstalten, die zu keiner „produktiven Ar- Seit dem Jahr 2000 verlegt der Künstler beitsleistung“ fähig waren, ausgesondert Gunter Demnig so genannte ‚Stolpersteine‘ werden, um somit die Anstalten für die Un- und erinnert so an die Opfer der NS-Zeit, terbringung von Arbeitskräften oder Ob- indem er vor ihrem letzten selbstgewählten dachlosen freizumachen. Die Fenster der Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Busse, mit denen die Anstaltsinsassen ab- Trottoir einlässt (…). Der ‚Stolperstein‘, transportiert wurden, waren geschwärzt, da- den wir heute für Dorothea Bernstein ein- mit die Menschen nicht aus dem Fenster und weihen, unterscheidet sich etwas von den die Bevölkerung nicht in die Busse hinein- meisten anderen. Statt der üblichen Zeile sehen konnten. Die Angehörigen der aus ‚Hier wohnte‘ sind auf ihm die Worte ‚Hier Alsterdorf Abtransportierten wurden nur lehrte‘ eingraviert. teilweise informiert. Der Abtransport von Wir haben ihn bewusst hier verlegen lassen, 228 Frauen und Männern nach Wien, mit um auszudrücken, dass Frau Bernstein als dem auch Dorothea Kasten aus den Lehrerin und Mensch an unserer Schule un- Alsterdorfer Anstalten „entfernt“ wurde, ge- vergessen ist. Und um deutlich zu machen, schah am 16.8.1943. Als Dorotheas Mutter dass sie für uns hier hergehörte, an diese ihre Tochter in Wien besuchte, fand sie sie in Schule, und dass sie damit für immer ein einem sehr desolaten Zustand. Sie wollte un- Teil unserer Schule und der Geschichte des bedingt wieder nach Hause, doch die Gymnasiums Lerchenfeld bleiben wird. Anstaltsärzte bedrängten die Mutter, ihre ‚Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Tochter einschläfern zu lassen. Als sie starb, Name vergessen ist‘, sagt Gunter Demnig. wog sie nur noch 33 kg – mit einem Kör- Mit diesem Stein vor unserem Schulein- pergewicht von 49 kg war sie in Wien ange- gang wollen wir die Erinnerung an diesen kommen. 196 von den 228 Frauen und Mäd- Menschen, Frau Dr. Dorothea Bernstein, chen, die am 16. 8. 1943 aus den Alster- die einst hier lehrte, lebendig halten (...).“ dorfer Anstalten nach Wien deportiert wor- Ein weiterer „Stolperstein“ für Dorothea den waren, fanden den Tod. Dies ist nicht al- Bernstein liegt im Hauersweg 16, vor ihrer lein auf die in der damaligen Zeit schlechte letzten Wohnung, die sie selbst wählen ärztliche Versorgung zurückzuführen, son- konnte. Ihre allerletzte Adresse in Hamburg dern auf ein willentliches Sterbenlassen. vor ihrer Deportation war die Klosterallee 11, wo sie zur Untermiete wohnte. Doro- Dorotheenstraße thea Bernstein starb am 5. Juni 1942 in Winterhude, seit 1863. Anna Dorothea Lodz.“ Text: Schülerinnen und Schüler geb. Meyer. Mutter des Unternehmers und des Gymnasiums Lerchenfeld Grundeigentümers Adolph Sierich Dorotheenstraßenbrücke ser Zeit schrieb sie über 50 Gedichte. 1842 wur- Winterhude, seit 1904. Benannt in Anleh- de in den Cottaschen Morgenblättern die Novel- nung an die Dorotheenstraße le „Die Judenbuche“ veröffentlicht. Im selben Jahr erschienen bei Cotta „Gedichte“. Von dem Droste-Hülshoff-Straße Vorschusshonorar, das der Verlag ihr zahlte, Osdorf, seit 1929. Annette (Anna kaufte sie sich im November 1843 das Elisabeth) Freiin Droste zu Hülshoff. „Fürstenhäuschen“ mit Rebgut oberhalb Dichterin. (10.1.1797 Schloß Hülshoff bei Meersburgs. 1844 gab sie zusammen mit Münster/Westf. – 24.5.1848 im äußeren Schücking eine Sammlung lyrischer Gedich- Gartenturm des Alten Schlosses Meers- te heraus. Schücking verließ sie und heiratete burg/Bodensee) eine andere. Entstammte einer adligen, katholischen, streng konservativen Familie: Tochter des Ebner-Eschenbach-Weg Gutsbesitzers Clemens August II. von Dro- Bergedorf, seit 1984. Marie Freifrau von, ste-Hülshoff und der Freiin Therese Luise geb. Gräfin Dubsky, Freiin von Trebo- von Haxthausen. Die Mutter war sehr domi- myslyce. Österreichische Schriftstellerin. nant, und Annette, die nach dem Tod des (13.9.1830 Zdislawitz/Mähren – 2.3.1916 Vaters im Jahre 1826 mit der Mutter zu- Wien) rückgezogen auf deren Witwensitz Rüsch- 1898 erhielt sie als erste Frau das öster- haus bei Münster zusammenlebte, ordnete reichische Ehrenabzeichen für Kunst und sich ihr unter. Die Mutter lehnte Annettes Wissenschaft. 1900 wurde sie zum Dr. h.c. literarische Bemühungen ab. der Universität Wien ernannt. Geboren als Annette erhielt gemeinsam mit ihren drei Ge- Gräfin Marie Dubsky in Zdislawitz/Mähren schwistern einen häuslichen Unterricht. Zwi- wurde sie nach dem frühen Tod der Mutter schen 1812 und 1819 erfuhr sie literarische von Gouvernanten erzogen. Ihre Familie er- Beratung durch Anton Matthias Sprick-mann, kannte ihr schriftstellerisches Talent nicht ein ehemaliges Mitglied des Göttinger Hain- an. 1848 Heirat mit ihrem Vetter Moritz von bundes und Professor für Staatsrecht in Ebner-Eschenbach, einem Physiker und Münster. 1814 entstand das Fragment „Ber- späteren Feldmarschall. Lebte von 1848– ta“. 1815 erste schwere Erkrankung. 1819 1856 in Klosterbruck/Mähren. Danach bis Arbeit an religiösen Gedichten für die Groß- zu ihrem Tod im Winter in Wien und im mutter. 1838 erschien in Münster/Westfalen Sommer auf Schloß Zdislawitz. ihr erster, aus Rücksicht auf die Familie an- Ermutigt von Franz Grillparzer, begann sie onymer, Gedichtband mit dem Titel „Ge- als Dramatikerin, wandte sich, nachdem dichte von Annette Elisabeth von D...H...“. sie damit keinen Erfolg hatte, der Prosa zu. Nur 74 von 500 Exemplaren wurden ver- 1879/80 erschienen ihre „Aphorismen“, es kauft. Um der häuslichen Enge zu entfliehen, folgten Sprüche, Parabeln, Märchen, Er- fuhr Annette häufig zu ihrer Schwester Jenny, zählungen und Novellen. 1879 Ausbildung die auf der Meersburg am Bodensee lebte. ls Uhrmacherin (Ehrenmitglied der Wiener Dort war der Schriftsteller Levin Schücking, Uhrmachergenossenschaft), gleichzeitig den Annette von Droste-Hülshoff in einem li- weiterhin als Schriftstellerin tätig. 1880 terarischen Kreis kennengelernt hatte, inzwi- veröffentlichte sie in der Deutschen Rund- schen Bibliothekar geworden. schau die Novelle „Lotti, die Uhrma- Sie verliebte sich in den 17 Jahre jüngeren chern“, womit sie auch außerhalb Öster- Mann, der ihre Produktivität beflügelte. In die- reichs bekannt wurde. 1887 erschien ihr bekanntester Roman „Das Gemeinde- Hauptwerk „Endliches und unendliches kind“, in dem es um soziale Probleme geht. Sein“. 1938 floh sie in das holländische Karmeliterkloster Echt. Nachdem die Nie- Edith-Stein-Platz derlande von den Nationalsozialisten be- Bergedorf, seit 1993. Philosophin und setzt worden waren, wurden am 2. August Karmeliterin. Ordensname: Theresa Bene- 1942 alle katholischen Juden der Nieder- dicta a Cruce. (12.10.1891 Breslau – lande verhaftet und nach Auschwitz depor- vermutlich ermordet am 9.8.1942 im KZ tiert – darunter auch Edith Stein. Auschwitz) Geboren als eines von 11 Kindern einer jü- Elebeken dischen Familie. 1911 Beginn des Studi- Winterhude, seit 1906. Margaretha ums der Psychologie und Philosophie an Elebeke. Domina des Nonnenklosters der Universität Breslau. Nach vier Seme- Harvestehude im St. Johanniskloster, stern Wechsel nach Göttingen: nun Studi- einem Damenstift. (Gest. 26.3.1701) um der Phänomenologie bei Professor Seit dem 27.2.1671 Äbtissin des Nonnen- Husserl. Promotion mit summa cum laude, klosters Harvestehude im St. Johannisklo- folgte Husserl an die Freiburger Universität ster. Sie bestand auf der Anrede „Domina“. und arbeitete dort als seine Assistentin. Galt als erste Dame der Hansestadt und 1917 begann sie mit ihrer Habilitation. Da wollte ihre Souveränität über das Kloster- Frauen damals dieser akademische Ab- gelände nicht mit dem Rat der Stadt teilen. schluss verwehrt wurde, nützte auch die Als im Oktober 1699 der Klosterbürger Unterstützung durch Husserl nichts. Ihr An- Kronenburg, der von Seiten der Hansestadt trag auf Habilitation wurde abgelehnt. über Klosterfragen zu befinden hatte, starb, Zwischen 1917 und 1921 Lebenskrise, da ernannte die Domina Elebeke, ohne zuvor ihr die Universität verschlossen blieb. Sie die beiden Bürgermeister befragt zu haben, kehrte nach Breslau zurück. 1921 verbrach- den Oberalten Albert Kohlbrand zum Vorste- te sie einige Monate bei ihrer Freundin her. Ihr Tod enthob den Rat von der Aufga- Hedwig Conrad-Martius in Bergzabern auf be, gegen die Domina vor Gericht zu ziehen. deren Obstplantage, die ein Phänomen- ologInnentreffpunkt war. In dieser Zeit Eleonorenweg wandte sie sich, die sich seit ihrem 13. Le- Wilhelmsburg, seit 1956. Eleonore bensjahr als Atheistin bezeichnete, dem Olbreuse. Seit 1665 Gattin des Herzogs Christentum zu. 1921 konvertierte sie zum Georg Wilhelm von Braunschweig- Katholizismus und ging 1923 als Lehrerin Lüneburg. (1639 d’Olbreuse/Südfrankreich an die Mädchenbildungsanstalt der Domini- – 1722) kanerinnen nach Speyer. Dort arbeitete sie Madame d’Harbourg. Herzog Georg Wil- acht Jahre lang und hielt Vorträge und Se- helm (geb. 1624) lernte seine spätere minare zum Thema „qualifizierte Bildung Frau, die in Holland lebte, in ken- für Frauen“. Im Jahre 1932 lehrte sie am nen, als sie dort zu Besuch am hessischen Deutschen Institut für wissenschaftliche Hof war. Der Herzog verliebte sich in sie Pädagogik in Münster. 1933, nach der und folgte ihr bald nach Holland. Ihren Machtergreifung durch die National- Eltern schlug er eine morganatische Ehe sozialisten, erhielt sie Berufsverbot. Am vor, eine Heirat zur linken Hand. Eine an- 15.4.1934 trat sie in den Kölner Karmeli- dere Heiratsform war nicht möglich. Der terorden ein. In dieser Zeit schrieb sie ihr Herzog hatte nämlich, nachdem er seine Verlobung mit Lieselotte von der Pfalz ge- wurde, kam Graf Philipp bei einem Streit löst und seinen Bruder Ernst August gebe- ums Leben, und Sophie Dorothea wurde ten hatte, seine ehemalige Braut zu heira- nach Schloss Ahlden an der Aller gebracht ten, versprochen, künftig im Zölibat zu le- und dort gefangengehalten. Ihre beiden ben und seinen Bruder bzw. dessen Kinder Kinder durfte sie nie wiedersehen. Nur zu Thronerben zu machen. Eleonores El- ihre Mutter konnte zu Besuch kommen. tern willigten in eine Heirat ihrer Tochter Diese zog 1705, nach dem Tode ihres zur linken Hand ein, und das Paar zog in Mannes, auf das Lüneburger Schloss. Spä- das Celler Schloss. Da Eleonore von der ter kehrte sie nach Celle zurück, um näher Familie des Herzogs nicht als ihresglei- bei ihrer Tochter zu sein, die 32 Jahre lang, chen anerkannt wurde, bot ihr der Herzog bis zu ihrem Tode im Alter von einen höheren Titel und neuen Besitz an. 60 Jahren, in Gefangenschaft leben musste. Eleonore durfte wählen zwischen einer „Frau von Hoya“ oder der „Frau von Elfenwiese Harburg“. Sie entschied sich für Harburg. Marmstorf, seit 1950. Motivgruppe: Als dem Paar eine Tochter geboren wurde, Märchengeister war der Herzog sehr bemüht, eine weitere „Elfen wurden für verstorbene Ahnen gehal- Rangerhöhung seiner Frau zu erreichen. ten, die in ihren Grabhügeln weiterlebten. Im Er erwirkte, dass seine Gevatternschaft Elfenland herrschte das Matriarchat. Hier der Groten aus Stillhorn ihm ihre Besit- wohnten die weiblichen Lichtgeister, die die zungen auf den Elbinseln abtraten. Als Sonne schufen.“ Die Elfen konnten „so- Gegenleistung erhielten sie die Insel wohl wunderschön als auch häßlich sein Kirchhof (Neuhof) und eine große Geld- und damit einerseits die Geburt und das Le- summe. 1672 ließ Herzog Georg Wilhelm ben, andererseits den Tod verkörpern. Die die drei Inseln Stillhorn, Georgswerder Christen lehnten diese alte Theologie, die und Reiherstieg/Rotehaus, aus denen das das weibliche Geschlecht in den Mittel- heutige Wilhelmsburg besteht, zu einer In- punkt stellte, ab. Dies belegen christliche sel zusammendeichen und nannte sie Berichte, die die Feste zu Ehren der Elfen als Wilhelmsburg. Kaiser Leopold ernannte Dämonensabbate beschrieben, bei denen Eleonore und ihre Tochter in Wien zu Grä- ,Tänzer und Tänzerinnen mit Pferdefüßen‘ finnen zu Wilhelmsburg. 1675 fand die of- ihre Feenreigen stampfen würden.“ (Barbara fizielle Heirat mit Eleonore statt, damit G. Walker: Das geheime Wissen der Frauen. wurde sie Herzogin von Celle. Nach die- Ein Lexikon. Frankfurt a.M. 1993.) ser Heirat fürchtete Herzog Georg Wil- helms Bruder, Ernst August, um seine Elfriede-Lohse-Wächtler-Weg Erbrechte. Aber auch hier wussten die bei- Barmbek-Süd, seit 2008. Nach Elfriede den Brüder, die ja schon einmal einen Lohse-Wächtler (4.12.1899 - recht merkwürdigen Handel miteinander Löbtau – 31.7.1940 Pirna), Malerin; eingegangen waren, wieder Rat. Sie ver- Opfer des Nationalsozialismus heirateten ihre Kinder Sophie Dorothea Aufgewachsen in einem bürgerlichen El- und Georg Ludwig miteinander. Damit ternhaus, der Vater kaufmännischer Ange- blieb das Erbe in der Familie. Die Ehe stellter und Versicherungsagent, versuchten wurde jedoch unglücklich, und Sophie die Eltern die künstlerische Laufbahn ihrer verliebte sich in den Grafen Philipp von Tochter als Malerin zu verhindern. 1915 be- Königsmarck. Als das Verhältnis bekannt gann sie ein Studium an der Königlichen Kunstgewerbeschule Dresden. Der Vater den. Das Paar trennte sich. Kurt Lohse zog wollte, dass sie „Mode und weibliche 1925 nach Hamburg, wo er eine Stelle als Handarbeiten“ studiere, um Kostüm- und Chorsänger annahm. Dort erkrankte er und Modellschneiderin zu werden, was einem Elfriede Lohse-Wächtler folgte ihm, um ihn „züchtigen Weibe“ in seinen Augen ent- zu pflegen. Bald hatte Kurt Lohse eine an- sprach. Doch Elfriede Lohse-Wächtler hat- dere Frau. 1926 trennte man sich erneut. te ihren eigenen Kopf und wechselte 1916 Kurt Lohse zog zu seiner Freundin, die das Fach, studierte nun „Angewandte Gra- 1927 das erste von fünf Kindern mit Kurt phik“, um freischaffende Künstlerin zu Lohse bekam. Für Elfriede Lohse-Wächt- werden. Daraufhin gab es Streit mit dem ler, die aus wirtschaftlichen Gründen mehr- Vater, und Elfriede Lohse-Wächtler verließ fach abgetrieben und darüber hinaus auch ihr Elternhaus im Alter von 16 Jahren. Sie noch eine Fehlgeburt erlitten hatte, ein tie- teilte sich nun ein Zimmer mit ihrer Freun- fer Schock. din Londa Freiin von Berg, der späteren Elfriede Lohse-Wächtler lebte weiterhin in Ehefrau des Malers Conrad Felixmüller. Ih- finanziell sehr engen Verhältnissen. Den- ren Lebensunterhalt verdiente sie sich mit noch hatte sie in Hamburg eine ihrer krea- Batikarbeiten. Außerdem belegte sie von tivsten Schaffenszeiten. Zwischen 1927 1916 bis 1919 Mal- und Zeichenkurse an und 1931 entstanden einige ihrer Haupt- der Dresdner Kunstakademie. Elfriede werke in Öl, Pastell und Aquarell. Sie malte Lohse-Wächtler verkehrte in der Dresdner Portraits, Paarbeziehungen, Bilder aus dem Boheme, war eine Anhängerin des Dadais- Prostituierten- und Arbeitermilieu. mus, bildete sich politisch und sozial und Auf Grund ihrer materiellen Schwierigkei- besuchte Veranstaltungen des Spartakus- ten und emotionaler Vereinsamung erlitt bundes. Sie schnitt sich die Zöpfe ab, trug Elfriede Lohse-Wächtler 1929 einen Ner- Herrenhüte und Männerhosen, rauchte venzusammenbruch. Sie kam für sieben Pfeife und Zigarren und gab sich den männ- Wochen in die psychiatrische Klinik Ham- lichen Namen „Nikolaus“, um dem Makel burg-Friedrichsberg. Dort malte sie die der damaligen verpönten „Frauenkunst“ „Friedrichsberger Köpfe“, ca. 60 Zeichnun- entgegenzuwirken. Sie fand Anschluss bei gen und Pastelle als Kopf- und Körperstudi- der Dresdner „Sezession Gruppe 1919“ und en von psychisch Kranken. lernte den Freundeskreis um Otto Dix, Otto Diese Bilder wurden in einem Hamburger Griebel und Conrad Felixmüller kennen. Kunstsalon gezeigt und erhielten gute Kri- Im Atelier von Conrad Felixmüller mietete tiken. Elfriede Lohse-Wächtler wurde be- sie sich ein und finanzierte ihren Lebensun- kannt, was sich allerdings finanziell nicht terhalt mit Batiken, Postkarten- und Illus- positiv auswirkte. Bis 1931 nahm Elfriede trationsarbeiten. Lohse-Wächtler an zahlreichen Ausstellun- 1921 heiratete sie den Maler und Opernsän- gen teil, u. a. in der Hamburger Kunsthalle. ger Kurt Lohse. Sie zogen in die Sächsische 1931 wurde sie obdachlos und musste in Schweiz oberhalb von Wehlen und führten Bahnhofswartehallen übernachten. So kehrte dort ein ungebundenes Leben. Doch Kurt sie zurück in ihr Elternhaus nach Dresden, Lohse soll verschwenderisch und rück- wo die Spannungen mit ihren Eltern wieder sichtslos gewesen sein und soll nicht nur auftraten. 1932 ließ ihr Vater sie in die sein Geld, sondern auch das seiner Frau Landes-Heil- und Pflegeanstalt Arnsdorf ausgegeben haben, so dass Armut und einweisen. Die Diagnose lautete: Schizo- Schulden der Wegbegleiter des Paares wur- phrenie. Anfangs konnte sie in der Anstalt noch Als Nachkomme einer Familie mit Frei- schöpferisch tätig sein. Sie hielt z. B. mit maurer-Tradition wuchs Elisabeth Flügge dem Farbstift die Frauen in der Krankenstu- in einer Umgebung, geprägt von Toleranz, be fest. Doch nachdem sich Kurt Lohse Vorurteilslosigkeit und sozialem Engage- 1935 von ihr wegen ihrer „unheilbaren ment, auf. Ihr Vater, ein Kaufmann, sorgte Geisteskrankheit“ scheiden ließ, sie ent- dafür, dass seine drei Töchter eine Berufs- mündigt und zwangssterilisiert wurde, zer- ausbildung machten. Elisabeth entschied brach vollends ihre Schaffenskraft. sich für das Lehrerinnenexamen, was sie 1937 wurde Elfriede Lohse-Wächtlers 1916 an der Klosterschule abschloss. 1916 Werk von den Nationalsozialisten als „Ent- bis 1919 unterrichtete sie an einer privaten artete Kunst“ diffamiert und zum Teil zer- Vorschule für Jungen. stört. 1940 kam sie in die Landes-Heil- und Als Jugendliche noch während ihrer Aus- Pfleganstalt Pirna-Sonnenstein und wurde bildung hatte sie sich den „Wandervögeln“ dort im Rahmen der nationalsozialistischen angeschlossen und genoss diese Zeit der Euthanasie-Aktion T4 getötet. Naturverbundenheit und der damit verbun- 1989 erfuhren ihre Werke bei einer Präsenta- denen individuellen Freiheit sehr. Bei tion in Reinbek bei Hamburg eine Re- diesem Verein lernte sie auch ihren zu- habilitation. 1994 wurde der Förderkreis künftigen Mann kennen, vor dem sie ihr Elfriede Lohse-Wächtler gegründet. 1996 Vater wegen dessen deutsch-nationaler kam eine Monographie über sie heraus: Einstellung vergebens warnte: Elisabeth „Elfriede Lohse-Wächtler 1899-1940. Leben Flügge heiratete ihn nach dem Tod des und Werk von Georg Reinhardt“. Es folgten Vaters 1919. 1920 wurde Sohn Herrmann, Ausstellungen u. a. in Dresden, Hamburg- 1922 Tochter Maria geboren. Die Ehe hielt Altona und Aschaffenburg. Elfriede Lohse- jedoch nicht lange: 1924 trennte sich Wächtlers Zeichnungen und Aquarelle wer- Elisabeth Flügge von ihrem Mann, 1926 den als kunsthistorisch einmalig gelobt. Die folgte die Scheidung. Aufgrund ihres Kunsthistorikerin Hildegard Reinhardt Berufs als Lehrerin war es Elisabeth Flügge schreibt: „Es ist kein anderer Fall bekannt, in auch als alleinerziehende Mutter zeit ihres dem eine Malerin während der eigenen Hos- Lebens möglich, ein finanziell unab- pitalisierung die Verbildlichung psychisch hängiges und selbstbestimmtes Leben zu Kranker zu ihrem Thema erhob.“ führen. Der im Allgemeinen Krankenhaus Eilbek Ab 1926 unterrichtete sie an einer privaten wiederhergestellte Rosengarten ist nach Realschule für Mädchen in Harvestehude, Elfriede Lohse-Wächtler benannt. die ihren Unterricht nach liberalen reform- pädagogischen Gesichtspunkten gestaltete. Elfriedenweg Alle Konfessionen waren zugelassen und Fuhlsbüttel, seit 1946. Frei gewählter Name nach der Schließung einer benachbarten jüdischen Schule 1932 wuchsen die von Elfsaal dort kommenden jüdischen Mädchen ganz Jenfeld, seit vor 1933. Flurname selbstverständlich mit den nicht-jüdischen auf. Elisabeth Flügge machte die im Laufe Elisabeth-Flügge-Straße der 30er Jahre beginnende Ausgrenzung der Alsterdorf, seit 2002. Schulleiterin, Gegne- jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger rin des NS-Regimes. (4.2.1895 Hamburg – nicht mit: sie pflegte Freundschaften zu den 2.2.1983 ebd.) Eltern der jüdischen Kinder und nahm ihre jüdischen Schülerinnen, als ihnen Reisen Elisabeth-Lange-Weg verboten war, mit in die Ferien in ein von Langenbek, seit 1988. Gegnerin des ihr gemietetes Haus in der Lüneburger Nationalsozialismus. (7.7.1900 in Eicholz/ Heide. Elisabeth Flügge setzte sich sehr für Lippe – 28.1.1944 im Gefängnis Ham- ihre jüdischen Freunde ein, so dass ihre burg-Fuhlsbüttel) Familie in ständiger Angst vor ihrer Ver- Die Katholikin und Hausfrau Elisabeth haftung lebte. Von dieser blieb sie jedoch Lange lebte in Hamburg-Harburg in der verschont. Hoppestedtstraße 76 und war eine Freundin Mit wachsender Besorgnis hatte Elisabeth von Dr. Katharina Leipelt, einer Chemike- Flügge die Veränderung der Gesellschaft rin und Jüdin, die mit ihrer Familie schon nach der Machtergreifung der Nationalsozia- vor dem Zweiten Weltkrieg einen Wider- listen im Januar 1933 beobachtet. Sie wollte standskreis aufgebaut hatte. Ob Elisabeth die politischen Zusammenhänge verstehen Lange durch ihre Freundschaft zu Kathari- und begann im Februar 1933 Zeitungsartikel na Leipelt zu diesem Kreis gestoßen war vorwiegend der Frankfurter Zeitung und des oder ob sie eine Widerstandsgruppe suchte Hamburger Fremdenblattes auszuschneiden und in Folge dessen dann die Freundin Ka- und diese, um eigene Notizen ergänzt, in tharina Leipelts wurde, ist nicht bekannt. schwarzen Kladden zu sammeln. So entstand An Elisabeth Lange erinnert eine Gedenk- bis 1935 eine eindrucksvolle Darstellung der tafel, die an der ehemaligen Buchhandlung öffentlich dokumentierten Facetten der be- Anneliese Tuchel am Jungfernstieg 50 ange- ginnenden Schreckensherrschaft der Natio- bracht wurde. „In der Buchhandlung die- nalsozialisten, die die kritische Elisabeth ses Hauses trafen sich während des zwei- Flügge bereits damals klarsichtig erkannte. ten Weltkrieges Gegner des NS-Regimes Von seiner Mutter nach demokratischen Ge- bei dem Junior-Chef und Studenten Rein- sichtspunkten zum überzeugten Gegner des hold Meyer. Als Widerstandskreis verbrei- nationalsozialistischen Regimes erzogen, teten sie u. a. die Flugblätter der „Weißen lehnte Sohn Herrmann Ende 1944 während Rose“ aus München. Ende 1943 verhaftete eines Lehrgangs eine Beförderung zum die Gestapo etwa 30 Angehörige der Grup- Leutnant ab. Seiner zwangsläufig drohenden pe. Durch unmenschliche Haftbedingungen Hinrichtung entging er durch die Äußerung oder Hinrichtung fanden den Tod: Frederik seines unwissenden Vaters, sein Sohn habe Geussenhainer, Elisabeth Lange, Dr. Kurt eine psychische Störung. Die darauf folgen- Ledien, Hans Leipelt, Dr. Katharina Lei- de Abkommandierung in den Kurlandkessel pelt, Reinhold Meyer, Margarethe Mrosek in Russland überlebte Hermann nur um we- und Margaretha Rothe.“ (Siehe Margarethe- nige Wochen: er fiel im Januar 1945. Für Eli- Mrosek-Bogen und Margaretha-Rothe- sabeth Flügge war dies die „schmerzlichste Weg.) Konsequenz der Erziehung ihrer Kinder“. Elisabeth Lange, die vermutlich am 17. De- Nach 1945 war Elisabeth Flügge bis zu ihrer zember 1943 verhaftet worden war, wurde Pensionierung 1958 Schulleiterin an zwei wegen „Vorbereitung zum Hochverrat, Hamburger Volksschulen. Wehrkraftzersetzung, Feindbegünstigung 1976 verlieh ihr der israelische Staat die und Abhörens und Verbreitens von Nach- höchste Auszeichnung für Nichtjüdinnen richten ausländischer Sender“ angeklagt. und -juden, die Medaille „Gerechte unter Elisabeth Lange soll sich angeblich am den Völkern“, 1981 bekam sie das Bundes- 28.1.1944 in ihrer Zelle das Leben genom- verdienstkreuz. Kerstin Klingel men haben. Dr. Katharina Leipelt, die fürchtete, als Jüdin nach Auschwitz depor- für Leibesübungen mit, war Mitglied fast tiert zu werden, erhängte sich in der Nacht aller Schulausschüsse, engagierte sich für vom 8. zum 9.1.1944 im KZ Fuhlsbüttel. die Gestaltung des modernen Hamburger Schulwesens und half bei der Verstaatli- Elisabeth-Seifahrt-Weg chung einer Reihe höherer Mädchenschu- Ohlsdorf, seit 2007. Nach Elisabeth S. len (Bergedorf, Cuxhaven, Emilie-Wüsten- (2.9.1860 Homberghausen bei Homberg – feld-Schule) mit. 17.1.1933 Hamburg), Volksschullehrerin, Auf sozialem und frauenpolitischem Gebiet von 1919 bis 1927 für die DDP-Fraktion engagierte sie sich im Vorstand der Sozia- Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft, len Hilfsgruppen, eines 1900 gegründeten stellvertretende Bundesvorsitzende des Zweigvereins der Hamburger Ortsgruppe Allgemeinen Deutschen Lehrerinnenvereins des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins Elisabeth Seifahrt wurde auf Gut Homberg- (ADF), dem sie von 1906 bis 1919 angehör- hausen bei Homberg geboren. Ihr Vater war te. Landwirt. Als sie fünf Jahre alt war, kam sie Darüber hinaus arbeitete sie auch partei- mit ihren Eltern und ihrer jüngeren Schwes- politisch. Von 1919 bis 1927 war sie für die ter Bertha (geb. 1863) nach Hamburg und DDP-Fraktion Mitglied der Hamburgi- besuchte eine Privatschule, dann von 1877 schen Bürgerschaft und damit die erste bis 1879 die Präparandinnen-Anstalt und Frau, die diese Partei in die Bürgerschaft 1879/80 das staatliche Lehrerinnenseminar geschickt hatte. Elisabeth Seifahrt kam auf in Hamburg. Im Alter von 20 Jahren begann den aussichtsreichen Listenplatz 18, denn sie ihre Tätigkeit als Volksschullehrerin. 33 Mitglieder der DDP wurden in die Bür- Fünf Jahre später wurde Elisabeth Seifahrt gerschaft gewählt. In der Bürgerschaft von der Oberschulbehörde als Volksschul- beschäftigte sich Elisabeth Seifahrt haupt- lehrerin fest angestellt und arbeitete in die- sächlich mit Erziehungs- und Bildungs- ser Position bis zu ihrer Pensionierung im fragen. 1927 ließ sie sich nicht wieder für Jahre 1924. die Bürgerschaftswahl aufstellen. Elisabeth Seifahrt heiratete nicht, eine Hei- rat hätte auch die Entlassung aus dem Elisabeth-Thomann-Weg Staatsdienst bedeutet. Sie lebte mit ihrer Bergedorf, seit 1949. Geb. Harmsen. Schwester, auch eine Lehrerin, die sich Heimatdichterin. (10.3.1856 Bergedorf – ebenfalls 1924 hatte pensionieren lassen, in 27.11.1919 Bergedorf) der Schröderstiftstraße 20 im Stadtteil Ro- Geboren als Tochter aus zweiter Ehe des therbaum. Sattlers, Tapezierers und Kunstmalers Jo- Neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin war Eli- hannes Nikolaus Harmsen. Da ihre Mutter sabeth Seifahrt ständepolitisch tätig. So war krank war, wuchs Elisabeth Thomann bei ih- sie 1894 eine der Gründerinnen des Vereins rem Onkel, dem Ratsherrn Julius Behrens, und Hamburger Volksschullehrerinnen, dessen seiner Frau auf. Sie besuchte mit der Schrift- Vorsitzende sie bis 1924 war. Gleichzeitig stellerin Ida Boy-Ed (Ida-Boy-Ed-Straße) war sie von 1921 bis 1927 stellvertretende die höhere Töchterschule von Dr. Mager in Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deut- Bergedorf. Im Alter von 25 Jahren heiratete schen Lehrerinnenvereins (ADLV) und von sie ihren Jugendfreund, den Lohgerber Paul 1921 bis 1926 Erste Vorsitzende im Landes- Thomann. Durch die Technisierung in die- verband Hamburger Lehrerinnenvereine. sem Gewerbe wurde Paul Thomann arbeits- Sie arbeitete in der staatlichen Kommission los. Um die materielle Existenz des Ehepaa- res zu sichern, übergab Elisabeth Thomanns Schwäbischen Alb und in der Schlossschule Onkel den beiden sein Lebensmittelgeschäft Salem. 1927 gründete sie auf Schloss in der Großen Straße 26. 1899 verpachtete Wieblingen bei Heidelberg ein evangeli- Paul Thomann das Geschäft und wurde Kas- sches Landerziehungsheim. 1941 nahmen sierer bei der „Bergedorfer Sparkasse von ihr die nationalsozialistischen Machthaber 1850“. Elisabeth Thomann begann zu die Heimleitung. Elisabeth von Thadden schreiben. Zum 50jährigen Stiftungsfest des arbeitete nun beim Roten Kreuz und musste Bergedorfer Bürgervereins verfasste sie das dort erleben, dass auf Hitlers Befehl Briefe Festspiel „Dat ole Bardörp“. Sie schrieb von deutschen, in Russland sich befindenen Prologe und Heimatgedichte in plattdeut- Kriegsgefangenen vernichtet wurden. Hit- scher Sprache. Auch kümmerte sie sich in- ler war der Auffassung, dass solche Briefe tensiv um die Gründung eines Bergedorfer die Moral der Soldaten an der Front zerset- Heimatmuseums. So stellte sie Einnahmen zen würden. 1943 arbeitete Elisabeth von aus den Aufführungen ihres Stückes „Ein Thadden in verschiedenen Soldatenheimen Bergedorfer Zunftmeister“ dem Aufbau des in Frankreich. Museums zur Verfügung. Das Projekt schei- Elisabeth von Thadden gehörte den christ- terte an der Inflation. Neben ihrer schriftstel- lich-konservativen Kreisen an. Als lerischen Arbeit engagierte sich Elisabeth sie am 10.9.1943 Mitglieder dieser Kreise Thomann – wie viele bürgerliche Frauen – zu einer Teegesellschaft lud, war auch ein auch auf sozialem Gebiet. Sie war ehrenamt- junger Mann dabei, den ihr eine Freundin liche Armenpflegerin, beriet in Fragen der aus der Schweiz ans Herz gelegt hatte, weil Jugendfürsorge und bei Eheschwierigkeiten er schlechte Erfahrungen mit dem NS-Re- – und war bitter enttäuscht, wenn ihre Rat- gime gemacht hatte. Es stellte sich jedoch schläge auf unfruchtbaren Boden fielen. Bis heraus, dass er ein Spitzel war, der die bei zu ihrem Lebensende war sie 1. Vorsitzende der Teegesellschaft geführten Gespräche an des Vaterländischen Frauenvereins und be- die Gestapo weitergeleitet hatte. Darauf- treute im Ersten Weltkrieg Kriegerfrauen hin wurden alle Gäste in der Folgezeit ver- und -waisen. haftet. Elisabeth von Thadden wurde am 1.7.1944 vom Volksgerichtshof wegen Elisabeth-von-Thadden-Kehre „Wehrkaftzersetzung und Hochverrats“ zum Bergedorf, seit 1987. Gegnerin des Natio- Tode verurteilt. nalsozialismus. Motivgruppe: Verdiente 1986 wurden die Namen: Lilo Gloeden, Frauen. (29.7.1890 Mohrungen /Ostpreu- Marie Terwiel, Gertrud Seele und Elisabeth ßen – 8.9.1944) von Thadden zusammen für die Benennung Tochter eines Landrates. 1905 zog die Fa- von Straßennamen vorgeschlagen. Das milie auf das Gut Trieglaff in Pommern. Als Staatsarchiv Hamburg nahm dazu Stellung: die Mutter starb, war Elisabeth 20 Jahre alt. „Die vier für Straßenbenennungen vorge- Sie führte nun den Gutshaushalt und erzog schlagenen Frauen (...) waren während des die jüngeren Geschwister. Nachdem der Dritten Reiches oppositionellen Kreisen in Vater 1920 eine zweite Ehe eingegangen Berlin zuzurechnen, unterstützten zum Teil war, ergriff Elisabeth von Thadden den Er- Verfolgte und wurden vom Volksgerichts- zieherinnenberuf und machte bei Anna von hof bzw. Reichsgericht zum Tode verurteilt Gierke (Anna-von-Gierke-Ring) das und hingerichtet. Dem Bezirksamt Berge- Jugendleiterinnenexamen. Danach arbeite- dorf wurde im Rahmen einer Vorabstim- te sie im Jugendlager Heuberg auf der mung mitgeteilt, dass bisher Personen, nach denen Straßen benannt wurden, ent- Georg, in der unbeschulte Kinder aus der weder eine Beziehung zu Hamburg oder Armutsschicht lesen lernten und Biblische überörtliche Bedeutung hatten. Letzteres Geschichte hörten. Bei Pastor Rautenberg mag bei den hier vorliegenden Namen auch arbeitete als Lehrer auch der Theologe Jo- eine Frage der politischen Wertung sein, die hann Hinrich Wichern. 1852 errichtete Eli- die Bezirksversammlung mit ihren Vor- se Averdieck mit den Mitarbeitern der schlägen getroffen hat.“ Sonntagsschule eine „Kinderkirche“ in der Stiftsstraße. Aber damit nicht genug. Elise Elise-Averdieck-Straße Averdieck wollte auch ein christliches Borgfelde, seit 1896. Leiterin des Diako- Krankenhaus gründen. Der Zufall wollte nissenhauses „Bethesda“, Kinder- es, dass ein Bekannter seine notwendige schriftstellerin. (26.2.1808 Hamburg – Krankenhausbehandlung nicht bezahlen 4.11.1907 Hamburg) konnte. Elise Averdieck nahm ihn bei sich Zweitältestes von zwölf Kindern einer zu Hause auf und pflegte ihn zusammen Hamburger Kaufmannsfamilie. Half ihrer mit ihrer Freundin Dora Anderssohn. Ein Mutter im Haushalt und bei der Erziehung Arzt untersuchte den Kranken unentgelt- der jüngeren Geschwister. Als das Geld in lich. Bald kamen weitere Kranke aus der der Familie knapp wurde, ging Elise als Armutsschicht, und Elise Averdiecks Zim- Gesellschafterin zu Madame Schmilinsky mer, das sie als Krankenzimmer zur Verfü- nach St. Georg. Erlebte am 3. November gung gestellt hatte, wurde zu eng. Und 1835, als bereits 27jährige, ihre „Bekeh- wieder eine Fügung: Zur gleichen Zeit zog rung“. Der Glaube wurde das Fundament ein Großteil ihrer Schüler aus Hamburg ihres Lebens. Gott führte und liebte sie. weg oder wurde aus der Schule entlassen, Nach ihrer Tätigkeit als Gesellschafterin so dass Elise Averdieck kaum noch Kinder pflegte sie fünf Jahre lang kranke Kinder in zu unterrichten hatte. Außerdem wurde das der Privatklinik des Arztes Dr. Günther am Haus frei, in dem sie ehemals die kranken Borgesch, wo man versuchte, verwachsene Kinder von Dr. Günther gepflegt hatte. Mädchen ohne Streckbetten oder sonstige Damit war der weitere Lebensweg Elise Hängevorrichtungen zum Gebrauch ihrer Averdiecks vorbestimmt. Sie widmete sich Glieder zu bewegen. Als Dr. Günther als von nun an ausschließlich der Kranken- Professor nach Kiel berufen wurde, eröff- pflege. Am 30.10.1856 erfolgte der Umzug nete Elise Averdieck in St. Georg eine Vor- in die neuen Räume des ehemaligen Kin- schule für Knaben, entwickelte eine eigene derkrankenhauses von Dr. Günther. Das Lesefibel und verfasste selbst Kinderbü- Haus wurde „Bethesda“ genannt. Es finan- cher, weil ihr die angebotenen nicht kind- zierte sich über Spenden. Außerdem gerecht erschienen. Elise Averdieck wollte schenkte ein reicher Kaufmann das Kapital Stoffe, die die Lebenswelt des Kindes an- zum Ankauf eines Grundstückes bei der sprachen. So schrieb sie Kinderbücher, Stiftskirche. Elise Averdieck wurde als die im Hamburger Milieu spielten und die Vorsteherin für das zu erbauende Kranken- Alltagswelt des Kindes darstellten. Ihre haus gewählt, sie wurde Diakonissenmutter Bücher hießen z. B. „Karl und Marie“ oder und bildete Schwestern aus, welche ihr „Roland und Elisabeth“. 13 Jahre leitete Werk im Namen des Herrn zu tätigen hat- sie die Vorschule. 1843 wurde Elise ten. 1860 fand die Einsegnung der ersten Averdieck Lehrerin der Mädchenklasse in Hamburger Diakonissin statt. Zur Kranken- Pastor Rautenbergs Sonntagsschule in St. pflege kam die Gemeindepflege hinzu. Im Jahre 1881 legte Elise Averdieck die Lei- schriftstellerische Tätigkeit erhoffte. Elise tung der Anstalt aus Altersgründen nieder. unterstützte ihn aus ihren geringen finanzi- ellen Mitteln. Nur wenn Hebbel sich ein- Elise-Lensing-Weg sam und unglücklich fühlte, liebte er Elise, Barmbek-Nord, seit 1948. Maria Dorothea sobald er aber wieder festen Boden unter Elisabeth. Geliebte Friedrich Hebbels. den Füßen hatte, verblasste seine Zunei- (14.10.1804 Lenzen an der Elbe – gung. Daran änderten auch die Geburt 18.11.1854 Hamburg) (1840) und der Tod (1843) des gemeinsa- Ende März 1835 lernte die damals 31jähri- men Sohnes sowie eine erneute Schwan- ge den 22jährigen Friedrich Hebbel ken- gerschaft nichts. Als Elise ihre alles erdul- nen. Hebbel war von der in Hamburg dende Haltung aufgab, Vorschläge machte, lebenden Schriftstellerin Amalie Schoppe wie eine Heirat auch bei der finanziellen (Amalie-Schoppe-Weg) aus der Enge sei- Misere möglich sei, und ihr wahres Ver- ner Heimatstadt Wesselburen in Nord- hältnis zu Hebbel nicht länger verleugnete, dithmarschen nach Hamburg geholt und indem sie sich dem dänischen König als vor dem Steintor bei Elise Lensing, ihrer Hebbels Verlobte vorstellte, antwortete er: Mutter und Elises Stiefvater Ziese unterge- „Warum mußtest Du? Hundert Mal in ähn- bracht worden. Elise war die Tochter des lichen Fällen warst Du nur meine Cousi- Chirurgen Johann Friedrich Arnold Len- ne.“ Hebbel reiste nach Wien. Hier wurde sing und seiner Ehefrau Karoline Maria. ihm zum ersten Mal Anerkennung zuteil. Elise verlebte unglückliche Kindertage: Er verliebte sich 1846 in die Burg- der Vater cholerisch und prügelnd. Als er schauspielerin Christine Enghaus und hei- für unheilbar erklärt worden war, heiratete ratete sie. Elises zweiter Sohn starb 1847. die Mutter einen Schiffer. Aber auch er be- Christine Enghaus’ Reaktion, die auch ge- handelte Elise schlecht. Elise erhielt eine rade ein Kind verloren hatte: „Laß sie – die pädagogische Ausbildung in . Mutter – zu uns kommen.“ Elise lebte 1 1/2 Mit 19 Jahren kehrte sie nach Hamburg zu- Jahre bei Hebbel und Christine Enghaus in rück, lebte wieder bei ihren Eltern und ver- Wien. Hebbel kümmerte sich kaum um diente ihren Lebensunterhalt mit Privat- Elise. Sie dagegen übertrug ihre ganze Lie- stunden, Nähkursen und als Gesellschafte- be auf das Ehepaar und das 1847 dem Ehe- rin. paar geborene Kind Tinchen. Als Elise Eine kleine Erbschaft gab ihr eine gewisse nach Hamburg zurückkehrte, gab Christine finanzielle Freiheit. Als Hebbel auftauchte, ihr ihren unehelichen Sohn zur Erziehung entwickelte sich schnell ein Liebesverhält- mit. nis zwischen den beiden. Nach sechs Wo- Elise Lensing starb nach einem qualvollen chen zog Hebbel in ein Nachbarhaus, ver- Lungenleiden. Sie erhielt ein Armengrab mutlich um den Klatsch zur Ruhe zu brin- auf dem Friedhof in St. Georg. Als der gen. Beide liebten jedoch nicht gleich in- Friedhof eingeebnet wurde, kaufte ihr tensiv. Elise liebte Hebbel stets mehr. Heb- Christine Hebbel eine Grabstätte auf dem bel blieb ein Jahr in Hamburg. Im März Friedhof Ohlsdorf. 1836 zog er nach Heidelberg, um dort Jura zu studieren. Als er feststellte, dass er dazu Elisenstraße keine Berufung hatte, ging er im Septem- Hohenfelde, seit 1866. Vermutlich Anna ber desselben Jahres nach München, weil Catharina Elisabeth geb. Diebenau. er sich dort mehr Möglichkeiten für seine (1808 – 1836) Ellmenreichstraße springen und der Dame Platz machen. St. Georg, seit 1948. Franziska Nach ihrem Abgang von der Bühne im Jah- Ellmenreich. Schauspielerin. re 1913 zog sich Franziska Ellmenreich auf (28.1.1847 Schwerin – 20.10.1931 ihren Besitz in Herrsching am Ammersee Herrsching am Ammersee) zurück, spielte jedoch in späteren Jahren Stammte aus einer der großen deutschen noch einige Male am Hamburger Schau- Schauspielerfamilien des 19. Jahrhunderts: spielhaus. die Mutter, Friederike Ellmenreich, eine berühmte Hamburger Schauspielerin, der Elly-Heuss-Knapp-Ring Vater, Johann Baptiste, Schauspieler und Bergedorf, seit 1991. Sozialpolitikerin, Bassist. Bereits mit 15 Jahren stand Franziska Gründerin des Müttergenesungswerkes. auf der Bühne, debütierte 1862 in Meiningen Motivgruppe: Verdiente Frauen. unter der Regie ihres Vaters, kam 1867 nach (25.1.1881 Straßburg – 19.7.1952 Bonn) Hannover und trat erstmals am 31.3.1876 in Tochter des Nationalökonomen Georg- Hamburg am Altonaer Stadttheater auf. Friedrich Knapp. Lehrerin, dann Studium Franziska Ellmenreichs Wirkungskreis in der Volkswirtschaft bei Friedrich Nau- Hamburg waren das Stadttheater und das mann in Berlin. Ehefrau des Bundesprä- Deutsche Schauspielhaus. Ab 1881 spielte sidenten Theodor Heuss. Nach der Heirat sie zeitweilig mit einer eigenen Truppe in unterrichtete sie in Berlin an sozialen Amerika und England und kam 1887 nach Frauen- und Fortbildungsschulen Bür- Hamburg zurück, gastierte in den 90er Jah- gerkunde und Volkswirtschaftslehre. Au- ren viel in Berlin und Wien. Franziska ßerdem arbeitete sie ehrenamtlich als Ellmenreich beteiligte sich an der Grün- Wohlfahrtspflegerin. Während des Ersten dung des Schauspielhauses, sie gehörte zu Weltkrieges gründete sie in Heilbronn die den vier Künstler-Sozietairen, denen als Aktio- erste Arbeitsbeschaffungsstelle des Ro- näre auch ein künstlerisches Mitsprache- ten Kreuzes. Nach dem Abwurf der recht eingeräumt war. 1913 verabschiedete Atombombe auf Hiroschima am 6. Au- sich Franziska Ellmenreich von der Bühne. gust 1945 entwickelte Elly Heuss-Knapp Sie war Hamburgs beliebteste Schauspiele- zusammen mit der Atomphysikerin Freda rin – spielte alles von der sentimentalen Wuesthoff und anderen Frauen ein Netz- Liebhaberin und jugendlichen Heldin bis werk von Friedensgruppen. 1950 gründe- zu reifen Frauengestalten der Klassiker. Als te Elly Heuss-Knapp mit einem Anfangs- sie 1913 die Bühne am Schauspielhaus ver- kapital von 20.000 DM das Deutsche ließ, wurde sie als erstes Mitglied des En- Müttergenesungswerk. Der Ehrenname sembles mit der Ernennung zum Ehrenmit- Elly Heuss-Knapps lautet: Mutter der glied ausgezeichnet. Mütter. Der große Theatermann Paul Möhring be- richtet auch von gewissen Allüren der Elsa-Bauer-Weg Franziska Ellmenreich. So soll sie sich, als Alsterdorf, seit 1985. Jüdisches Opfer sie durch Heirat eine Baronin Fuchs-Nord- des Nationalsozialismus. (9.5.1875 hoff geworden war, geweigert haben, als Hamburg – 6.3.1942 Hamburg). Lehrerin Ekdals Frau Gina in Ibsens „Wildente“ mit an der Schule Curschmannstraße. einer Schürze auf der Bühne zu erscheinen. Als rassisch Verfolgte nahm sie sich Darsteller kleinerer Rollen mussten, wenn wegen der bevorstehenden Deportation sie aus ihrer Garderobe kam, zur Seite das Leben Elsa-Brändström-Straße 1936 ein erneutes Schreiben an den Senat Jenfeld, seit 1936. (Von 1936 bis 1965: gerichtet. Diesmal antwortete das Ham- Elsa-Brandström-Straße. Seit 1965: Elsa- burgische Staatsamt prompt. In seinem Brändström-Straße.) Schwedische Schreiben vom 23. April 1936 sicherte das Wohltäterin deutscher Kriegsgefangener, Staatsamt der Reichsvereinigung zu, bei „der Engel von Sibirien“, Erfinderin der passender Gelegenheit eine Straße nach „Care-Pakete“. (26.3.1888 St. Petersburg Elsa Brändström zu benennen. Gleich- – 4.3.1948 Cambridge/Mass. USA) zeitig richtete es ein Schreiben an die Während des Ersten Weltkrieges half Behörde für Technik und Arbeit, aus dem die schwedische Diplomatentochter Elsa deutlich wird, warum es dem Staatsamt Brändström unter Gefahren den Kriegsge- nun so dringlich wurde, eine Straße nach fangenen in Russland/Sibirien mit Decken, Elsa Brändström zu benennen: 1937 sollte Lebensmitteln und medizinischer Versor- der Heldengedenktag gefeiert werden. gung. Nach dem Krieg war sie den heim- Elsa Brändströms Verdienste wurden da- kehrenden Kriegsgefangenen beim Neuan- mit in den Dienst der Nationalsozialisten fang behilflich. gestellt. Deshalb erfolgte auch bald eine Verheiratet war Elsa Brändström mit Pro- Straßenbenennung nach Elsa Brändström. fessor Robert Ulrich, der schon bald nach Allerdings hatten dies wohl nicht alle Be- der Machtübernahme durch die NSDAP hördenvertreter mitbekommen. Obwohl mit dem Regime Schwierigkeiten bekam. bereits eine Straße nach Elsa Brändström Auch Elsa Brändström hatte mit großen Re- benannt worden war, sollte Anfang 1937 pressalien zu rechnen, als sie die Anfrage auf Vorschlag des Ingenieurswesens die Hitlers, ob sie für sein Winterhilfswerk Pro- Löwenstraße in Hamburg-Eppendorf, die paganda machen wolle, mit einem entschie- 1879 auf Antrag des Grundeigentümers denen „Nein“ beantwortete. Als das Tele- Samuel Ephraim so benannt worden war, gramm von Hitler kam, lebte das Ehepaar in Elsa-Brandström-Weg umbenannt wer- Brändström-Ulrich in einer Villa der Ham- den. Als Begründung heißt es: „Da die burger Bankiersfamilie Warburg an der Straße nahe dem Eppendorfer Kranken- Elbe. Nach ihrem „Nein“ zu Hitlers Ansin- haus liegt, so erscheint die gewählte nen verließ das Ehepaar Deutschland und Bezeichnung hier geeignet.“ Die Baube- emigrierte nach Amerika. Auch dort führte hörde teilte daraufhin eine Woche später Elsa Brändström ihre Hilfstätigkeit fort. Sie dem Staatsamt mit, dass es bereits eine bemühte sich intensiv um Einreisegenehmi- Elsa-Brandström-Straße gäbe, und schlug gungen für politisch Verfolgte aus Deutsch- für die Umbenennung der Löwenstraße land. Elsa Brändström erfand die „Care-Pa- den Namen Wiesingerstraße vor, nach dem kete“. Sie waren in den Hungerjahren der früheren Oberarzt Dr. Wiesinger vom All- Nachkriegszeit ein Segen für tausende gemeinen Krankenhaus St. Georg. Die Hamburger Familien. Löwenstraße wurde jedoch weder in Elsa Die Benennung einer Straße nach Elsa Brändström – noch in Wiesingerstraße Brändström hat eine lange Geschichte. umbenannt. Es gibt sie glücklicherweise Bereits 1932 und 1933 forderte die heute noch. Reichsvereinigung ehemaliger Kriegsge- fangener den Hamburger Senat auf, eine Elsastraße Straße nach Elsa Brändström zu benennen. Barmbek-Süd, seit 1886. Frei gewählter Da nichts geschah, wurde am 14. April Name Else-Rauch-Platz Günther Märchenspiele. Ihr Weihnachts- Eimsbüttel, seit 1995. Geb. Meyer. Jüdi- märchen „Die beiden Schneiderlein“ wurde sches Opfer des Nationalsozialismus. sogar im Hamburger Operettenhaus aufge- Lehrerin an der Grundschule für Knaben, führt. Auch der Rundfunk sendete einige Lutterothstraße 78. (28.6.1888 ihrer Märchen. Neben ihrer schriftstelleri- Lüneburg – am 25.10.1941 deportiert schen Tätigkeit malte Emilie Günther. An- nach Lodz, am 10.5.1942 deportiert ins regungen dazu holte sie sich auf Reisen im Vernichtungslager Chelmno, vergast) In- und Ausland. Durch Emilie Günthers Geboren in Lüneburg, ältestes von drei Kin- Bemühungen erhielt der heutige Stadtteil dern eines Produktenhändlers. 1890 zog die Lohbrügge, der durch die Zusammenle- Familie nach Hamburg, wo der Vater als gung der Orte Sande und Lohbrügge ent- Kaufmann für Elektroartikel arbeitete. 1903 standen war, seinen Namen. 1917 wurde sie traten die Eltern zum evangelisch-lutheri- Witwe, und auch ihre erwachsene Tochter schen Glauben über. Else wurde 1904 konfir- starb. Durch die Inflation verlor Emilie miert. Besuch des Lehrerinnenseminars, ab Günther ihr Vermögen. 1913 Lehrerin. 1922 Heirat mit dem Inge- nieur Gustav Rauch. 1928/29 wurde die Ehe Emilienstraße geschieden. Else Rauch ließ sich wieder als Eimsbüttel, seit 1865. Tochter von Alexan- „Fräulein“ ansprechen. Von 1926 bis zur Ent- der Bentalon Tornquist. Besitzer des lassung aus dem Schuldienst im Jahre 1933 Geländes. (19.11.1846 Hamburg – Lehrerin an der Grundschule für Knaben, 25.11.1905 Bremen) Lutterothstraße 78. Sie unterrichtete in allen in der Unterstufe damals üblichen Fächern. Emmastraße Am 25. Oktober 1941 erfolgte die Deportati- Stellingen, seit vor 1915. Emma Wieck. on ins Getto nach Lodz. Von dort wurde sie Tochter des damaligen Grundeigentümers am 10. Mai 1942 ins Vernichtungslager und Erbauers Johann Ad. Wieck Chelmno transportiert und vergast. Emmy-Beckmann-Weg Emilie-Günther-Weg Niendorf, seit 1980. Hamburgs erste Lohbrügge, seit 1942. Geb. Siemers. Hei- Oberschulrätin, Bürgerschaftsmitglied vor matschriftstellerin. (1.2.1870 Lohbrügge – und nach dem Zweiten Weltkrieg (DDP 10.2.1942) und FDP), maßgeblich an der bürgerli- Geboren als Tochter der alteingesessenen chen Frauenbewegung beteiligt. Lohbrügger Bauernfamilie Siemers. 1892 (12.4.1880 Wandsbek – 24.12.1967 Ham- Heirat mit dem Ziegeleibesitzer Hermann burg) Günther aus Havighorst. Er unterstützte die Neben ihrer Zwillingsschwester Hanna hat- schriftstellerische Arbeit seiner Frau und te Emmy Beckmann noch einen Bruder, der ließ ihre in platt- und hochdeutscher Sprache später als Pastor arbeitete. Ihre Mutter starb verfassten Gedichte drucken. Zudem erschie- nach der Geburt der Zwillinge am Kindbett- nen heimatliche Forschungsartikel, Er- fieber, der Vater ging eine neue Ehe ein, zu zählungen und Gedichte in der Oldesloer den drei Kindern kamen im Laufe der Zeit und Bergedorfer Zeitung und im plattdeut- noch vier Geschwister hinzu. schen Blatt „De Eckboom“. Für Veranstal- Harte Kindheit. Trotz zweier Dienstmäd- tungen des Vaterländischen Frauenvereins chen mussten die Zwillingsschwestern im und für das Rote Kreuz verfasste Emilie Haushalt stark mithelfen und die jüngeren Geschwister hüten. In die Berufslaufbahn Schwester Hanna wegen „nationaler Unzu- der drei Geschwister aus erster Ehe griff der verlässigkeit“ von den Nazis vorzeitig pen- Vater allerdings nicht ein. Die leibliche sioniert. Die Schwestern zogen sich in die Mutter hatte für den Zweck der Ausbildung innere Emigration zurück. Nach 1945 wur- und Bildung der beiden Mädchen eine Erb- de Emmy Beckmann von der Schulbehörde schaft hinterlassen. Nach dem dreijährigen wieder in ihr Amt als Oberschulrätin mit Besuch des Seminars der Klosterschule in dem Ressort Mädchenschulwesen einge- Hamburg bestand Emmy Beckmann im setzt. Dort blieb sie, obwohl sie eigentlich Jahre 1900 das Examen für die Lehrbefähi- nur bis 1948 arbeiten wollte, bis 1949 tätig. gung an mittleren und höheren Schulen. Für ihre Verdienste in der Frauen- und Danach war sie fast drei Jahre Erzieherin in Mädchenbildung erhielt sie 1953 als erste England. Nach einem dreimonatigen Studi- Hamburgerin das Große Bundesverdienst- enaufenthalt in Paris wurde sie 1903 Lehre- kreuz, und 1955 verlieh ihr der Senat den rin an der Töchterschule in Husum. 1906 Professorentitel. 1961 erhielt Emmy Beck- ging sie nach Göttingen und Heidelberg mann als erste Frau vom Hamburger Senat und studierte sieben Semester Geschichte, die Bürgermeister-Stolten-Medaille. Englisch und Philosophie. 1909 Examen. Einen Teil ihrer Zeit widmete Emmy Beck- Von Ostern 1910 bis Ostern 1912 war sie mann auch der Literatur. Von ca. 1914 bis in Oberlehrerin an der Privatschule von Fräu- die 50er Jahre war sie Mitglied literarisch- lein Schneider, von 1912 bis Ostern 1914 philosophischer Kreise, in denen sie auch an der Schule des Paulsenstifts zur Vertre- Vorträge hielt. Zudem trat sie vor allem in tung einer studierenden Lehrerin. 1914 be- den zwanziger Jahren mit Veröffentlichun- warb sie sich an der privaten Hamburger gen von Aufsätzen und Literaturkritiken Gewerbeschule für Mädchen. Sie erhielt hervor. Meistens schrieb sie über Dichter, eine Anstellung und blieb dort bis 1924. die die Themen Krieg, Niederlage und Re- Zwei Jahre vor ihrem Ausscheiden, 1922, volution behandelten. wurde die Schule verstaatlicht, erhielt den Ihre ersten Berührungspunkte mit der bür- Namen Schule für Frauenberufe, und Emmy gerlichen Frauenbewegung erhielt sie 1906 Beckmann wurde deren stellvertretende Di- in Göttingen in den von ihr besuchten rektorin. 1924 ging sie als Studienrätin an Oberlehrerinnenseminaren. 1914 gründete eine der neu eingerichteten Aufbauschulen sie in Hamburg den Verband der akade- für begabte VolksschülerInnen. 1926 wurde misch gebildeten Lehrerinnen mit und wur- sie von dem Kollegium der staatlichen de bald deren Vorsitzende. Auch war sie Oberrealschule Hansastraße, der späteren 1915 Gründungsmitglied des Stadtbundes Helene-Lange-Schule, als Schulleiterin be- Hamburgischer Frauenvereine, dessen stell- rufen. Emmy Beckmann führte dort die vertretende Vorsitzende sie bis 1918 und in Schülerselbstverwaltung ein und sorgte da- dessen Vorstand sie bis 1933 war. Ihre pä- für, dass 1927 die Oberrealschule Hansa- dagogischen Fähigkeiten stellte sie der straße in Helene-Lange-Oberrealschule um- Frauenbewegung durch stundenweisen Un- benannt wurde. 1927 wurde Emmy Beck- terricht an der Sozialen Frauenschule zur mann Hamburgs erste Oberschulrätin. Ihre Verfügung. Außerdem war sie in der 1912 Nachfolgerin an der Oberrealschule wurde gegründeten Vereinigung für Frauenstimm- ihre Schwester Hanna, mit der sie zusam- recht aktiv, der es in erster Linie um die men in der Oberstraße 68 lebte. Gleichstellung von Frau und Mann im vor- 1933 wurden Emmy Beckmann und ihre gegebenen Wahlrecht ging. Die Forderung nach Einführung des allgemeinen und glei- Deutschen Demokratischen Partei (DDP) chen Wahlrechts stand erst an nächster Stel- wurde sie 1921 in die Hamburgische Bür- le. Emmy Beckmann wurde Helene Langes gerschaft gewählt. Dort war sie hauptsäch- (Helene-Lange-Straße) Nachfolgerin als lich für Schul- und Bildungsfragen zustän- Bundesvorsitzende des Allgemeinen Deut- dig. Sie wehrte sich auch gegen die Kampa- schen Lehrerinnenvereins. Dieser Verband gne gegen das Doppelverdienertum, wo- forderte neben dem gleichberechtigten Zu- nach verheiratete Beamtinnen kündigen gang von Mädchen zu allen Bildungsein- sollten. Sie erreichte es sogar, dass in Ham- richtungen auch die gesonderte Mädchen- burg eine Widerspruchskommission zur Prü- schule. Er war der Überzeugung, dass nur fung von Härtefällen eingerichtet wurde. in gesonderten Mädchenschulen dem „spe- Außerdem sprach sie sich für Frauen in lei- zifischen Wesen der Frau“ Rechnung getra- tenden Positionen aus und forderte, dass gen werden könne. 1933 löste sich der analog zu Männern auch Frauen im glei- ADLV auf. chen Maße verbeamtet werden sollten. Bis Emmy Beckmann schrieb weit über 100 1932 stieg sie innerhalb ihrer Bürger- Zeitungs- und Zeitschriftenartikel, u. a. für schaftsfraktion auf den zweiten Platz. Nach die Zeitschrift der bürgerlichen Frauenbe- 1933 saß Emmy Beckmann nicht mehr in wegung „Die Frau“. Zudem verfasste sie der Bürgerschaft. 1949 nahm sie ihre Tätig- Broschüren, und zwischen 1926 und 1936 keit aber wieder auf, diesmal für die FDP. gab sie zusammen mit Irma Stoß die Reihe 1957 schied Emmy Beckmann aus Alters- „Quellenhefte zum Frauenleben in der Ge- gründen aus der Bürgerschaft aus. schichte“ (26 Bände) heraus. 1955 setzte sie die Arbeit auf diesem Gebiet fort und Erika-Etter-Kehre gab, zusammen mit der Vorsitzenden der Bergedorf, seit 1985. Erika Else Etter Arbeitsgemeinschaft für Mädchen- und geb. Schulz. Widerstandskämpferin. Frauenbildung, Dr. Elisabeth Kardel, die Mitglied der Widerstandsgruppe „Etter- „Quellen zur Geschichte der Frauenbewe- Rose-Hampel“ (22.9.1922 Hamburg – gung“ heraus, die vornehmlich für Schulen gehenkt in der Nacht vom 21.4. auf den 22. gedacht waren. 1956 und 1957 veröffent- 4.1945 im KZ Neuengamme) lichte sie die Briefsammlungen von Gertrud Während des Krieges gehörte Erika Etter, Bäumer und Helene Lange. die Hausfrau aus der Alsterdorfer Straße 40, 1945 bildete Emmy Beckmann u. a. auch mit mit ihrem Mann Werner Etter einer Ham- Olga Essig den Frauenausschuss. 1946 ge- burger Widerstandsorganisation an, die nach hörte sie zu den Mitbegründerinnen des Kriegsende als Gruppe Etter-Rose-Ham- Hamburger Frauenringes, in dem sie bis pel bezeichnet wurde (Etter: Werner Etter; 1952 im Vorstand tätig war. 1948 gründete Rose: Elisabeth Rose; Hampel: Ernst Ham- sie den Hamburger Akademikerinnenbund pel). Erika Schulz, so ihr Mädchen-name, mit. Von 1949 bis 1952 leitete sie den Deut- lernte den Orthopädie-Mechaniker Werner schen Akademikerinnenbund. 1947 war sie Etter in der Jugendgruppe des Gut-templer auch an der Bildung der Arbeitsgemein- Verbandes kennen. Um Werner Etter, der schaft für Mädchenbildung beteiligt. auch Mitglied des Kommunistischen Ju- Ihren politischen Weg schlug Emmy Beck- gendverbandes war, und um Ernst Hampel mann wohl erst ein, nachdem sie in der bür- sammelten sich nach der Machtergreifung gerlichen Frauenbewegung führende Posi- durch die Nazis befreundete Jugendliche tionen errungen hatte. Als Mitglied der aus sozialistischen Elternhäusern. Werner Etter wurde zum ersten Mal am 16. Juni Der Prozess gegen Werner Etter fand am 1934 verhaftet. Sein Prozess fand sieben 4. und 5. Januar 1945 in Berlin statt. Der Monate später, am 17. Januar 1935, statt. Berliner Volksgerichtshof verurteilte ihn Werner Etter wurde zwar noch im selben zum Tode und ließ ihn am 19.2.1945 im Jahr aus dem Gefängnis entlassen, stand Zuchthaus Brandenburg hinrichten. von nun aber unter Gestapoaufsicht. Des- Erika Etter kam ins KZ Fuhlsbüttel und er- halb hielt er nur noch zu seinem engsten fuhr nichts von der Ermordung ihres Man- Freundeskreis Verbindung, sah und kontak- nes. Sie gehörte zu den 13 Frauen, die noch tierte seine weiteren Freunde nur noch bei zu Kriegsende aufgrund eines SS-Befehls gemeinsamen Wanderungen und Sportfes- ohne Urteil eines Gerichtes auf bestialische ten. So blieb die Gruppe um Werner Etter, Weise im KZ Neuengamme in den Nächten Elisabeth Rose und Ernst Hampel der Ge- vom 21. bis zum 23. April 1945 erdrosselt stapo bis in den Krieg hinein unbekannt. wurden. (Siehe Margarete-Mrosek-Bogen.) Als sie davon Kenntnis erhielt, erpresste sie Nur Erikas Mutter Charlotte Schulz über- den Wehrmachtshäftling Lübbers, der frü- lebte von der sechsköpfigen Familie die Na- her zum Kreis dieser jungen Leute gehört zizeit. hatte. Sie befahl ihm Anfang 1944 zu deser- tieren und auf seinem „Fluchtweg“ alle Erika-Mann-Bogen ehemaligen Freunde aufzusuchen und ihre Barmbek-Süd, seit 2006. Nach Erika Mann Hilfe in Anspruch zu nehmen. Während die- (9.11.1905 München – 27.8.1969 Zürich), ser Aktion stieß die Gestapo auch auf den erste Tochter des Schriftstellers Thomas bei Erika Etters Eltern untergetauchten Er- Mann, dessen Nachlassverwalterin und win Ebhardt aus der Bästlein-Jacob-Absha- Biographin; selbst ebenfalls Schrift- gen-Widerstandsgruppe. Wegen aktiver stellerin, aber auch Journalistin und Beihilfe zur Desertion wurden am 8. März Korrespondentin, Rallyefahrerin, 1944 Erika Etters Vater Adolf Schulz, am Schauspielerin und Kabarettistin; 21. März Erikas Mann Werner Etter und Verfolgte des Nationalsozialismus ihre Mutter Charlotte Schulz, am 28. März Erika Julia Hedwig Mann war die älteste Erikas Bruder Erich Schulz und am 17. Mai Tochter des Schriftstellers Thomas Mann Erika selbst verhaftet. Da Erika Etter länge- und dessen Frau Katia geb. Pringsheim. re Zeit außerhalb Hamburgs verbracht und 1919 gründete sie mit ihrem Lieblingsbru- in dieser Zeit ihren Sohn geboren hatte, der der Klaus Mann eine Kindertheaterbühne, jedoch kurz nach der Geburt im Kinder- den „Laienbund deutscher Mimiker“. Nach krankenhaus in Wintermoor gestorben war, dem Abitur 1924 begann sie eine Aus- konnte die Gestapo weder ihre Beteili- bildung zur Schauspielerin in Berlin. Nach gung an der Widerstandsgruppe noch Bei- ihren ersten Engagements spielte sie 1925 hilfe zur Desertion konstruieren. Ihre Ver- in Hamburg in Klaus Manns Stück „Anja haftung erfolgte erst, als sie nach einem und Esther“ an den Kammerspielen mit. Besuch bei ihrem Mann im Zimmer des 1926 heiratete sie den Schauspieler Gustav Gestaposekretärs Helms Lübbers als V- Gründgens. Mann entdeckte. Nach der Festnahme muss- Die Ehe wurde 1929 geschieden. Gemein- te sich Erika Etter per Unterschrift verpflich- sam mit Klaus ging sie 1927/28 als „Litera- ten, ihre Wohnung, die Einrichtung und alle ry Mann Twins“ auf eine neunmonatige Gebrauchsgegenstände an die Gestapoange- Welttournee. Die Geschwister verschwie- stellte Mary Bekker abzugeben. gen nun auch öffentlich nicht ihre Homose- xualität. Sie gehörten vor 1933 zu den Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges war Enfants terribles der Münchener Künstler- Erika Mann als Kriegsberichterstatterin für szene. Besonders begabt war Erika Mann amerikanische Zeitungen tätig. Unter per- im Nachahmen von Berühmtheiten. sönlicher Gefahr fuhr sie immer wieder Ab 1928 arbeitete Erika Mann als Journa- nach Europa, so 1938 nach Spanien, um listin, schrieb Theaterstücke und Kinder- über den Bürgerkrieg zu berichten. Auch bücher, hatte Theaterengagements und ge- rief sie in Sendungen der Londoner BBC wann 1931 als begeisterte Autofahrerin zum Widerstand gegen das Hitler-Regime eine Rallye durch Europa. auf. Als einzige Frau berichtete sie 1945/ 1932 beteiligte sie sich an einer von der 46 über die Nürnberger Kriegsverbrecher- „Internationalen Liga für Frieden und Frei- prozesse. heit“ organisierten pazifistischen Veran- Ab 1947 wurde Erika Mann die engste staltung. Im Juni 1932 verhinderten Natio- Mitarbeiterin ihres Vaters, der mit seiner nalsozialisten ihr Auftreten bei den Frau und der Tochter Elisabeth 1938 in „Weißenburger Festspielen“, indem sie die die USA emigriert war. Schon in Amerika Veranstalter unter Druck setzten. Es folg- war Erika Mann seine Dolmetscherin ge- ten weitere massive Angriffe, so dass dies wesen. Sie redigierte seine Texte, organi- das Ende der Theaterlaufbahn von Erika sierte seine Reisen und war seit 1936 die Mann bedeutete. Triebkraft für seine politischen Stellung- Anfang 1933 gründete sie mit Therese nahmen. Giehse das literarisch-politische Kabarett Nachdem ihr Bruder Klaus Mann 1949 „Die Pfeffermühle“, das allerdings mit der sich das Leben genommen hatte, verwalte- Machtübernahme durch die Nationalsozia- te sie seinen literarischen Nachlass. 1952 listen verboten wurde. Im März 1933 zog sie mit ihren Eltern in die Nähe von flüchtete Erika Mann mit einem Teil ihrer Zürich. Hauptgrund für die Übersiedlung Familie in die Schweiz. Von dort machte war die Kampagne des Senators Joseph sie die „Pfeffermühle“, die ihren Spielbe- McCarthy gegen Liberale und Kommunis- trieb im September 1933 in Zürich wieder ten, von der auch Erika Mann und ihr Vater aufnahm, zum wichtigsten deutschsprachi- betroffen waren. gen Exilkabarett. Nach Thomas Manns Tod im Jahre 1955 1935 wurde ihr als der „geistigen Urhebe- wurde sie Bevollmächtigte seines Nachlas- rin“ der „deutschfeindlichen Pfeffermüh- ses und setzte sich vehement für die Aner- le“ die deutsche Staatsangehörigkeit aber- kennung der Werke ihres Bruders Klaus kannt. Um einen englischen Pass zu ein. Sie selbst bezeichnete sich einmal als bekommen, heiratete sie 1935 den homo- „bleicher Nachlassschatten“. 1961 bis sexuellen Dichter Wystan H. Auden. 1965 gab sie die dreibändige Ausgabe der 1936 emigrierte sie in die USA. Dort ging Briefe ihres Vaters heraus. sie bis Ende des Zweiten Weltkrieges auf viele Vortragsreisen, um über das Hitler- Erna-Behling-Kehre Regime aufzuklären. Zu diesem Zweck Bergedorf, seit 1987. Widerstandskämpferin veröffentlichte sie 1938 ihre Dokumentati- der Gruppe „Bästlein-Jacob-Abshagen“. on über das NS-Erziehungswesen: „School (5.10.1884 – 21.4.1945 KZ Neuengamme) for Barbarians. Education under the Nazis“ Erna Behling war Krankenpflegerin und und 1940 „Wahre Geschichten aus dem Kommunistin. Sie hatte Kontakt zu Franz dritten Reich: the lights go down“. Reetz und dem Ehepaar Zinke (Margit-Zin- ke-Straße), die auch im KZ Neuengamme Pension ging, wurde Erna Mohr vom Schul- ermordet wurden. Illegale Widerstands- dienst beurlaubt, um die Abteilung Duncker arbeit konnte Erna Behling nicht nachge- zu übernehmen. 1936 wurde ihr auch noch wiesen werden. Innerhalb der KPD war die Abteilung für höhere Wirbeltiere und da- Erna Behling als „rote Krankenschwester“ mit die Verantwortung für entscheidende Tei- bekannt, da sie 1923 beim Hamburger Auf- le der Schausammlung des alten Zoologi- stand der Kommunisten als Helferin in Er- schen Museums übertragen. Erna Mohr war scheinung getreten war. Sie gehörte zu den fasziniert von ihrer Arbeit. Das ging sogar 13 Frauen, die ohne Urteil auf Anweisung so weit, dass sie Kollegen, die im Zweiten der Gestapo in den Nächten vom 21. bis 23. Weltkrieg als Soldaten eingezogen wur- April 1945 im KZ Neuengamme erdrosselt den, bat, im Feld Mäuse zu sammeln und wurden. (Siehe Margarete-Mrosek-Bogen.) sie ihr zwecks Bestimmung der verschie- denen Arten zu schicken. 1943 zerstörten Erna-Mohr-Kehre Bomben Erna Mohrs Werk. Nach dem Bergedorf, seit 1984. Zoologin. Kustodin Krieg machte sie sich unverdrossen an den im Zoologischen Museum. Dr. h. c., Wiederaufbau der Sammlungen. Als Aner- Mitglied der „Leopoldina“. (11.7.1894 kennung für ihren Einsatz wurde sie am Hamburg – 10.9.1968 Hamburg) 1. Januar 1946 von der Hochschul- Tochter eines Lehrers. Von 1909 bis 1914 verwaltung als Kustos der Wirbeltier- Ausbildung am Lehrerinnenseminar. Mit abteilungdes Zoologischen Museums über- 18 Jahren begann sie ihre Karriere am Zoo- nommen. Noch heute besteht der Grund- logischen Museum Hamburg als Zeichne- stock der von ihr zusammengetragenen rin. Im September 1913 wurde sie Mitarbei- wissenschaftlichen Sammlung. Erna Mohr terin in der Fischereibiologischen Abtei- erhielt verschiedene Ehrungen: 1944 Er- lung. Gleichzeitig war sie bis 1934 als Leh- nennung zum Mitglied der Kaiserlich-Leo- rerin tätig – von 1914 bis 1919 an der Volks- poldinisch-Karolinischen Akademie der schule für Mädchen am Rhiemsweg, von Naturforscher in Halle. 1950 Ehrendoktor- 1919 bis 1930 in den gemischten Klassen würde der Universität München. 1954 Er- der Hilfsschule Bramfelder Straße und von nennung zum Ehrenmitglied des Verban- 1930 bis 1934 in der Volksschule am Alten des deutscher Zoodirektoren. Erna Mohr Teichweg. setzte sich für das vom Aussterben bedroh- Publizierte mit zwanzig Jahren ihre erste te europäische Wisent ein und arbeitete im wissenschaftliche Arbeit im „Zoologischen Vorstand der internationalen Gesellschaft Anzeiger“ und schrieb in den folgenden zur Erhaltung des Wisents. Sie wurde die Jahren für viele populärwissenschaftliche erste Zuchtbuchführerin aller in den Zoos Publikationen. Nachdem Erna Mohr einige lebenden Wisente und erreichte dadurch, Zeit in der Fischereibiologischen Abteilung dass die europäischen Wisente rein erhal- gearbeitet hatte, wechselte sie in die Abtei- ten blieben und nicht mit ihren nordameri- lung für niedere Wirbeltiere. Hier wurde sie kanischen „Verwandten“ gekreuzt wurden. vertraut mit der Anlage von Sammlungen Erna Mohr war der erste Mensch, dem es und deren Ordnung. Sie erkannte die Wich- gelang, verwaiste Fledermausbabys mit ei- tigkeit dieser Arbeiten für die Wissenschaft nem Puppenschnuller großzuziehen. Dane- und setzte sich das Ziel, möglichst viele Be- ben waren auch Ratten, Birkenmäuse, stände ins Museum einzubringen. Als der Känguruhs, Leoparden und Robben ihre Abteilungsleiter Professor Duncker 1934 in Schützlinge. Erna-Stahl-Ring chen Begabungen und Neigungen entspre- Ohlsdorf, seit 2007. Nach Erna St. chen zu können. Schülerinnen und Schüler (15.2.1900 Hamburg – 13.6.1980 bekamen ein Mitbestimmungsrecht, es gab Hamburg), Reformpädagogin, Gründerin einen Schülerinnen- und Schülerrat und der Albert-Schweitzer-Schule; eine Schulzeitung. Die bis dahin übliche Widerstandskämpferin gegen den autoritär geführte Schulleitung wurde abge- Nationalsozialismus löst, und es bildete sich eine Zusammenar- Erna Stahl kam aus einer musischen Fami- beit zwischen Schülern, Schülerinnen, El- lie. Ihr Vater war Inhaber einer Konzerta- tern und Lehrkräften. Zum ersten Mal gentur, ihre Mutter, eine Wienerin aus dem standen Klassenreisen auf dem Schulplan. Arbeitermilieu, die vor ihrer Heirat zeit- Leistungssport oder vormilitärische Ausbil- weise als Musikerin gearbeitet hatte. Die dung waren verpönt, stattdessen standen musikalische Welt der Mutter faszinierte spielerisches Miteinander auf der Grundla- die Tochter: Aber ebenso faszinierten sie ge von Fairness und Toleranz im Mittel- von Kindesbeinen an Bücher. punkt. Trotzdem wurde auf Disziplin und Ab dem sechsten Lebensjahr besuchte Erna Leistungsbereitschaft nicht verzichtet. Kein Stahl zehn Jahre lang eine Privatschule. Wunder, dass die Schule mit diesem Kon- Ihre frühe Eigenwilligkeit und sehr große zept den Nationalsozialisten ein Dorn im Selbstständigkeit führten in der Schule hin Auge war. 1933 wurde der Schuldirektor, und wieder zu Auseinandersetzungen. Heinrich Landahl, entlassen. Man ersetzte Nach dem Schulabschluss mit dem so ge- ihn durch einen Nationalsozialisten und nannten Einjährigen besuchte Erna Stahl hob 1937 auch die Koedukation auf. Von das Lehrerseminar, was sie aber nicht zum dem Konzept der Lichtwark-Schule blieb Abschluss brachte, denn schon bald hörte nichts mehr übrig. sie an der Universität Gastvorlesungen. Zu 1935 wurde auch Erna Stahl entlassen. Sie einem richtigen Universitätsstudium be- hatte sich mutig den „neuen Kräften“ entge- durfte es aber des Abiturs, das sie 1925 gengestellt. Nationalsozialistische Ideen nach dem Besuch der Helene-Lange- fanden in ihrem Unterricht keinen Platz. Schule ablegte. Eine Unterstützung von zu Den Hitlergruß in der Schule lehnte sie ab Hause bekam sie nicht. Erna Stahl verdiente und las in ihrer Wohnung mit ihren Schüler- ihren Lebensunterhalt selbst, durch Unter- innen und Schülern die „verbotene Litera- richt oder aber, was sehr häufig geschah, sie tur“. Auf diesen Leseabenden machte sie spielte zum Tanz auf bei Freunden, in Ge- ihre Schüler und Schülerinnen bekannt mit sellschaften oder bei Veranstaltungen. Ganz Werken verbotener Dichter und Schriftstel- besonders gerne gab sie auch Kurse für Ar- ler wie Werfel, Hofmannsthal, Georg Kaiser beiter in Deutsch und Geschichte. und Thomas Mann und stellte auch die Ma- 1928 begann sie an der Hamburger Licht- lerei des Expressionismus vor, wies auf Wer- wark-Schule zu unterrichten. Diese Schule ke vom Marc, Kandinsky und Münter hin. war keine klassische Lehranstalt, sondern Erna Stahl wurde an das Alstertalgymnasi- eine Modellschule der Reformpädagogik. um strafversetzt und musste in der Klasse Mädchen und Jungen erhielten gemeinsa- von Hilde Ahlgrimm, die Biologie, Mathe- men Unterricht, den musischen Fächern matik und Chemie gab, den Deutsch-, Ge- wurde breiter Raum gewährt. Es wurde schichts- und Religionsunterricht überneh- Englisch und Französisch gelehrt und ein men. Was zunächst in einem negativen Kurssystem eingeführt, um unterschiedli- Licht erschien, erwies sich als Glücksfall, denn zwischen beiden Frauen entwickelte brecherstaat und die nationalsozialistischen sich eine Lebensfreundschaft. Gelegent- Machthaber. Doch damit hatte sie selbst lich unterschrieben die beiden Freundin- ihre Verurteilung heraufbeschworen. Doch nen ihre gemeinsamen Briefe mit „Stahl- die Kriegsereignisse nahmen einen stürmi- grimm“. schen Verlauf. Von Berlin aus setzte sich am Aber auch am Alstertalgymnasium hielt 12. April 1945 der Volksgerichtshof nach sich Erna Stahl nicht streng an den von den Bayreuth ab. Am 15.April 1945 besetzten Nationalsozialisten vorgeschriebenen Lehr- die Amerikaner die Stadt. Die Freiheit war plan. wieder gewonnen. An vielen Abenden trafen sich Erna Stahls Nach der Befreiung nahm Erna Stahl ihre ehemalige Schülerinnen und Schüler der Tätigkeit als Lehrerin wieder auf. Mit ihrer Lichtwark-Schule weiterhin bei ihrer alten Freundin übernahm sie die Leitung der Lehrerin. Unter ihnen waren auch Heinz Oberschule für Mädchen im Alstertal. Da Kucharski und seine Freundin Margaretha Schulbücher fehlten, schrieb Erna Stahl ein Rothe, die einen Widerstandskreis bildeten, Lesebuch für den Deutschunterricht mit der nach dem Krieg als Hamburger Zweig dem Titel „Im Kreislauf des Jahres“, das der Widerstandgruppe „Weiße Rose“ be- 1947 erschien. zeichnet wurde. Erna Stahl stellte auch einen Antrag auf Ko- Als die Bespitzelungen durch die National- edukation an ihrer Schule. Sie musste lange sozialisten immer schärfer wurden, stellte darum kämpfen - aber 1949 war es soweit. Erna Stahl ihre Leseabende ein. Dennoch Als man ihr anbot, die Lichtwark-Schule wurde sie am 4.12.1943 verhaftet, nachdem neu zu eröffnen, lehnte sie ab, ebenso das einige Monate zuvor bereits vier Mitglieder Angebot, die Odenwaldschule zu leiten. der Hamburger „Weißen Rose“ verhaftet Ihr schwebte inzwischen ein anderes, ein worden waren – darunter Heinz Kucharski eigenes Schulmodell vor, das u.a. Elemen- und Margaretha Rothe. Erna Stahl wurde te der Lichtwark-Schule mit denen der des „Hochverrats“ beschuldigt, sie hätte in Waldorfschule verbanden. Nach vier Jah- „staatsfeindlichem Sinne“ die ihr anver- ren erhielt Erna Stahl 1950 endlich grünes trauten Jugendlichen verführt und für ihre Licht für ihren pädagogischen Modell- Anschauungen missbraucht. versuch. Diesen begann sie im Albert- Erna Stahl erhielt zehn Monate lang Einzel- Schweitzer Gymnasium mit zwei Klassen, haft im Hamburger Gestapogefängnis- die nach dem zehnten Schuljahr ihren Ab- Fuhlsbüttel. Dann begann ein langer Lei- schluss machten. densweg durch mehrere Gefängnisse. 1954 konnte Erna Stahl die erste Gesamt- Zunächst kam sie nach Cottbus, dann wur- schule Hamburgs, die Albert-Schweitzer- de sie über Berlin und Leipzig nach Bay- Schule gründen, die bis zum Abschluss der reuth verlegt. Erna Stahl verlor in diesen zehnten Klasse führte. Wochen in Bayreuth die Sprache, sie konn- Vor dem Hintergrund der Erfahrungen in te keinen Satz mehr herausbringen. Man der Zeit des Nationalsozialismus nahmen brauchte aber ihre Aussage, man musste ein Erna Stahls pädagogische Ideen eine neue Geständnis haben. Deswegen, und nur des- Wendung, die sie in ihrer Gesamtschule wegen erhielt sie Schreibwerkzeug und Pa- verwirklichen wollte. Die Reformpädago- pier. Nun aber brach es aus ihr heraus. 20 gik der Weimarer Zeit hatte zwar viele Neu- Seiten schrieb sie, 20 Seiten Anklage, ihre erungen gebracht, sie hatte aber nicht ver- große Anklage gegen den derzeitigen Ver- mocht, junge Menschen im Denken und Handeln so zu leiten, dass „sie später der als Bedrohung des Kindes und der Zukunft politischen Verführung aktiv begegnen“ überhaupt. konnten. Im März 1965 legte Erna Stahl die Schullei- Deshalb plädierte Erna Stahl für folgenden tung nieder. Zum Ende ihrer Abschiedsfeier pädagogischen Versuch: „Versuchen wir stand Erna Stahl mit ihrer Freundin Frau das im Kinde anzusprechen, was ewig und Ahlgrimm auf, hielt dann jedoch einen Au- unzerstörbar ist, binden wir es damit – ohne genblick inne und, so heißt es in einem auf viel davon zu reden – an eine höhere Welt. sie gehaltenen Nachruf: „wandte sich um Es ist die einzige Bindung, aus der alles und die Hand leicht erhebend rief sie ‚Singt rechte Maß, alle rechte Kraft, alle rechte mir noch einmal zum Schluss, Viele ver- Liebe und alle rechte Freiheit fließt. Wer achten die edle Musik’. Festen Schrittes dieses Maß hat, oder doch als Ziel anstrebt, durcheilte sie den Raum, verharrte aber kann überall – ganz gleich in welchem Be- kurz vor dem Ausgang noch einmal, hob ruf, in welcher Partei, in welcher Konfessi- den Kopf und sprach in den Gesang: ‚Ver- on er einmal stehen will und wird, ein gan- gesst die Kinder nicht.’ ” Kirsten Leppert zer Mensch sein. Dazu sollten wir erziehen – nicht zum Beruf, nicht zu weltanschauli- Ernastraße cher oder politischer Verfestigung. Welcher Wilhelmsburg, vor 1928. Frei gewählter Art auch immer.“ Name Erna Stahls Erziehung war eine Erziehung ohne Auslese. In den ersten Schulklassen Erste Luisenbrücke wurden keine Noten erteilt. Dies sollte die Hamm-Mitte, seit 1930, siehe Luisenweg Individualität stärken. Von der ersten Klas- se an fanden die musischen Fächer beson- Evastraße dere Betonung. Eilbek, seit 1887. Frei gewählter Name Ein anderer Schwerpunkt war der Weg nach außen, hin zu den anderen Völkern. So wurde Eva-König-Bogen z. B. Englisch schon ab der ersten Klasse, Bergedorf, seit 2003. Nach Eva König, Französisch ab der fünften Klasse unterrich- geb. Hahn (1736-1778), verheiratet in tet. Erna Stahl stellte sich gegen den „hoch- erster Ehe 1756-1769 mit dem Hamburger gezüchteten Intellekt“ der so genannten Kaufmann Engelbert König, in zweiter Ehe „wissenschaftlichen Oberschule“, die die 1776-1778 mit Gotthold Ephraim Lessing, seelische Entwicklung der Kinder vernach- berühmt wegen ihres Briefwechsels mit lässige. In ihrer Schule sollte der Mensch im Lessing 1770-1776 Mittelpunkt stehen und jeder im Rahmen sei- Geboren wurde Eva Hahn in einem drei- ner Möglichkeiten gefördert werden. Natür- geschossigen Wohn- und Geschäftshaus lich war es selbstverständlich, dass Mädchen in der Heidelberger Hauptstraße 169. Ihr und Jungen gemeinsam unterrichtet wurden. Vater Heinrich Caspar Hahn war Tuch- In der Wirtschaftswunderzeit wuchs bei händler, ihre Mutter Eva Catharina Hahn Erna Stahl die Sorge „vor einer heraufkom- geb. Gaub, Tochter eines Hutmachers. menden Bildungspolitik, die alles streicht, Das Ehepaar bekam sieben Kinder, von was nicht unmittelbar das Rädchen Kind zu denen zwei nur kurz lebten. Heinrich einem funktionierenden Rad in der Indus- Caspar Hahn starb, als seine Tochter Eva triegesellschaft präpariert“. Der überstei- zwei Jahre alt war. Dazu schrieb sie Les- gerte Leistungswahn erschien Erna Stahl sing beim Tode seines Vaters: “Sie haben ein Glück gehabt, das wenig Menschen lebten, wollten sie zuvor diese bereinigen. zu Theil wird: Ihren Vater so lange zu be- Wegen der vielen Geschäfte, die Eva König halten, bis es nach dem Lauf der Natur in Wien tätigen musste, sahen sich die fast nicht mehr möglich ist. Ich Unglück- beiden Liebenden nur sehr selten. Ebenso liche! Habe den meinigen gar nicht ge- wegen der Geschäfte musste Eva König kannt. Ich muß nun hiervon abbrechen.” ihre Kinder oft sehr lange in fremde Obhut (30.9.1770). geben. Ihr letzter Wienaufenthalt dauerte Eva Hahn erfuhr eine gute Erziehung und drei Jahre. In dieser Zeit sah Eva König Bildung. Trotz des frühen Todes des Vaters, weder ihre Kinder noch ihren Geliebten. blieb die Familie in vermögenden Verhält- Während dieses Wienaufenthaltes verkauf- nissen. Im Alter von achtzehn Jahren lernte te sie die Manufakturen. Das Liebespaar Eva Hahn auf der Hochzeitsfeier ihrer drei hielt den Kontakt zueinander hauptsächlich Jahre älteren Schwester ihren ersten Mann über Briefe aufrecht. Allerdings vergingen Engelbert König (21./22.10.1728 Lüttring- oft Monate, bis Lessing einen Brief von Eva hausen - 20.12.1769 Venedig) kennen. Er König erwiderte. war in Hamburg Samt- und Seidenhändler Lessing hielt das Getrenntsein nicht aus. Er und besaß in Wien eine Samt- und eine verfiel immer mehr in seine schon lange Tapetenfabrik. Das Paar wohnte in Ham- währende Melancholie, bekam Schreib- burg zuerst in der Nähe der Börse, später blockaden und ging noch lustloser seiner am Neuen Wall und bekam zwischen 1757 Arbeit als Bibliothekar in Wolfenbüttel und 1768 sieben Kinder. Drei von ihnen nach. 1775 setzte er sich kurzentschlossen starben bald nach der Geburt. Das Paar in eine Postkutsche und reiste zu Eva König führte ein gastfreundliches Haus, in das es nach Wien. Ein Jahr später heirateten sie regelmäßig Künstlerinnen und Künstler, endlich. Die Hochzeit fand in York im Haus Dichter und Schauspielerinnen und Schau- ihres Freundes Johann Schuback statt. spieler einlud, so auch Lessing. Zwischen Danach zog das Paar mit dreien von Eva ihm und dem Hausherrn entwickelte sich Königs Kindern aus erster Ehe nach eine enge Freundschaft. Als Engelbert Kö- Wolfenbüttel, wo es eine glückliche Ehe nig unerwartet während einer Geschäftsrei- führte, die durch den Tod Eva Königs jäh se in Venedig an einer Darmerkrankung mit beendet wurde. Sie starb am 10.1.1778 am Darmverschluss starb, kümmerte sich Kindbettfieber, nachdem sie am 25.12.1777 Lessing um Eva König. In geschäftlichen mittels einer Zange einen Sohn geboren Dingen vermochte er ihr jedoch nicht zu hatte. Das Kind lebte nur einen Tag. Nach helfen. Eva König übernahm die Geschäfte dem Tod seiner Frau schrieb Lessing an ihres Mannes, reiste auf Messen, führte die Elise Reimarus: „Ich muß ein einziges Jahr, Seiden- und Tapetenlager und leitete die das ich mit einer vernünftigen Frau gelebt Wiener Samt- und Tapetenmanufaktur. Da- habe, theuer bezahlen (...). Wie oft möchte mit war sie eine der wenigen Manufaktur- ich es verwünschen, daß ich auch einmal so besitzerinnen des 18. Jahrhunderts. glücklich seyn wollen, als andere Men- Lessing und Eva König verliebten sich schen!” ineinander. 1771, als sie sich auf einer Rückreise von Wien nach Hamburg bei Fanny-David-Weg Lessing in Braunschweig aufhielt, machte Lohbrügge, seit 1964. Jüdisches Opfer des er ihr einen Heiratsantrag. Doch weil beide Nationalsozialismus. Fürsorgeinspektorin, in finanziell ungesicherten Verhältnissen seit 1933 in der Jüdischen Beratungsstelle für Auswanderer tätig. (2.12.1892 Berlin – diener und Notenkopisten Joseph Haydns. ermordet im Mai 1944 in Auschwitz) Die Mutter war Modistin. Zusammen mit Fanny David kam als Kind mit ihrer Mutter ihrer Schwester Therese besuchte Fanny nach Altona, wuchs dort mit ihrer Schwes- Elßler in Wien die Kinderballettschule von ter in finanziell ärmlichen Verhältnissen Friedrich Horschelt. Im Alter von 12 Jahren auf. Als man 1921 auf Beschluss der Bür- tanzte sie ihre ersten Solopartien. 1830 de- gerschaft ein Wohlfahrtsamt einrichtete, bütierte sie in Berlin. Dort wurde sie beson- wurde Fanny David dort tätig. Ihre Men- ders als Schweizer Milchmädchen gefeiert. schenkenntnis, Geduld, Verständnis, innere 1833 ging sie nach London. Dann folgte Ausgeglichenheit und Fachkompetenz be- Paris, wo sie 1836 ihren größten Erfolg in reiteten ihr den Weg in Leitungsfunktionen. der Rolle Florindas, der Chachucha-Tänze- Von 1930 bis 1933 stand sie einer der wich- rin, in J. Corallis B. Le Diable boiteux hat- tigsten Wohlfahrtsstellen in Hamburg vor, te. Damit führte sie den spanischen Volks- der Wohlfahrtsstelle Barmbek, und war da- tanz auf der Ballettbühne ein. Ihretwegen mit in diesem Bereich die einzige Frau in stürzten sich junge Aristokraten in Schul- solch einer Position. Fanny David wurde den, duellierten sich. Sehr erfolgreich trat außerdem enge Beraterin des Präsidenten Fanny Elßler auch in Amerika auf. 1842 des Wohlfahrtsamtes, Oskar Martini. Nach nach Europa zurückgekehrt, tanzte sie in der Machtergreifung durch die Nazis wurde Wien, Berlin, Brüssel, Dublin und Ham- Fanny David sofort entlassen. Die Jüdische burg. Am 30.9.1843 gab sie in Hamburg ihr Gemeinde bat sie, in der neugegründeten erstes Gastspiel am Hamburger Stadtthea- Beratungsstelle für jüdische Wirtschaftshil- ter. Im selben Jahr erhielt sie von der Uni- fe mitzuarbeiten. 1936 wurde Fanny David versität Oxford den Titel „Docteur en l’art dort verantwortliche Leiterin des gesamten de la danse“. 1851 gab sie, die eine Vertre- Wohlfahrtswesens. Obwohl auch sie in den terin des romantischen Stils war, in Wien 12 Jahren von 1938 bis 1943 in ständiger Abschiedsvorstellungen. Angst um ihr Leben war, blieb sie äußerlich Mit ihrer Tochter Therese wohnte sie nach ruhig und war damit Stütze für viele andere 1850 zunächst in Hamburg, kehrte aber Leidende. Nachdem die Jüdische Gemein- 1855 nach Wien zurück, wo sie bis zu ihrem de im Juni 1943 aufgelöst worden war, wur- Tode lebte. Fanny Elßler war eine der größ- de Fanny David mit den meisten ihrer Kol- ten Ballerinen der romantischen Epoche. legInnen am 23. Juni 1943 nach Theresien- stadt deportiert. Dort musste sie schwere Fanny-Lewald-Ring körperliche Arbeiten verrichten. Im Okto- Bergedorf, seit 1984. Geb. Markus. ber 1944 kam sie von Theresienstadt nach Lewald: angenommener Name. Verh. Auschwitz, wo sie gleich nach der Ankunft Stahr. Pseudonym Iduna, Adriana. Schrift- mit ihrer jüngeren Schwester in der Gas- stellerin, Erzählerin. Motivgruppe: Ver- kammer ermordet wurde. diente Frauen. (24.3.1811 Königsberg – 5.8.1889 Dresden) Fanny-Elßler-Bogen Tochter des jüdischen Kaufmanns Markus, Bergedorf, seit 1987. Eigentlich Franziska, der später den Namen Lewald annahm. Mit österreichische Ballettänzerin. Motiv- 13 Jahren war ihre Schulzeit beendet. Sie gruppe: Verdiente Frauen. (23.6.1810 hatte nun, wie es sich für junge Mädchen Gumpendorf bei Wien – 27.11.1884 Wien) ihrer Schicht gehörte, ihre Zeit bis zur Ver- Tochter von Johannes Elßler, dem Kammer- heiratung mit Malen, Musizieren und Hand- arbeiten auszufüllen. Fanny Lewald wider- Frauenfrage: „Osterbriefe für die Frauen“ setzte sich allen Heiratsplänen ihres Vaters. und „Für und wider die Frauen“. In ihnen Sie interessierte sich für die emanzipatori- forderte sie das Recht der Frauen auf Er- schen Ideen der 48er Revolution und be- werb und bessere Arbeitsbedingungen. Bei- schäftigte sich vor allem auch mit der Frau- de Publikationen hatten ein großes Echo. enfrage. Besonders ihr Erinnerungsbuch Obwohl sich Fanny Lewald für die Rechte „Meine Lebensgeschichte“ ist eine wichti- der Frau einsetzte, tastete sie den männli- ge Dokumentation der Lebensverhältnisse chen Herrschaftsanspruch nicht an. bürgerlicher Frauen im 19. Jahrhundert. Dieses den Frauen vorgeschriebene einge- Fanny-Mendelssohn-Platz schränkte Leben war für Fanny Lewald An- Eimsbüttel, seit 2004. Fanny Mendelssohn lass, sich intensiv mit der Frauenfrage zu be- Bartholdy (1805-1847), Komponistin und schäftigen. Ihr Cousin August Lewald, der Pianistin, Schwester des Komponisten die Zeitschrift Europa herausgab, unter- Felix Mendelssohn Bartholdy. stützte sie in ihren literarischen Bemühun- Siehe: Geschwister-Mendelssohn-Stieg gen. In ihrem ersten Roman „Clementine“ (1843) schrieb Fanny Lewald über das Pro- Feenteichbrücke blem der Konvenienzehe, in ihrem zweiten Uhlenhorst, seit 1904. Benannt nach der „Jenny“ (1843) über die Unterdrückung von Lage. Im Zuge des Weges „Schöne Juden und Frauen, in ihrem dritten „Eine Aussicht“ über den Ausfluss des Feen- Lebensfrage“ (1845) über die Eheschei- teiches führend dung und in ihrem vierten Roman „Der drit- te Stand“ (1846) forderte sie, dass der Flora-Neumann-Straße Lebensstandard der Armutsschicht auf Ko- St. Pauli, seit 2010, nach Flora Neumann sten der besitzenden Schichten zu heben (1911-2005), jüdische Widerstands- sei. Das Manuskript ihres ersten Romans kämpferin gegen den Nationalsozialismus; legte sie ihrem Bruder und Vater vor und hat an den Hamburger Schulen bis ins erhielt nur unter der Bedingung die Erlaub- hohe Alter als Zeitzeugin Tausende von nis zur Publizierung, wenn sie ihn anonym Schülerinnen und Schülern über die NS- veröffentlichen würde. Erst nach Erschei- Zeit und den Holocaust aufgeklärt; nen ihres ebenfalls anonym erschienenen zugleich zur Erinnerung an ihren Ehe- zweiten Romans entschloss sie sich, unter mann Rudolf N. (1908-1999), Elektriker, ihrem Namen zu veröffentlichen. Durch Widerstandskämpfer gegen den National- ihre schriftstellerischen Erfolge konnte sie sozialismus, sowie an ihren Sohn Bernd, sich 1845 eine eigene Wohnung in Berlin der mit den Eltern Auschwitz überlebte leisten. Während einer Italienreise im Jahre Die jüdische Widerstandskämpferin Flora 1845 lernte sie ihren späteren Ehemann Neumann wurde 1911 in Hamburg geboren Adolf Stahr kennen, der damals noch ver- und war Schülerin an der Israelitischen heiratet war. Erst zehn Jahre später, nach- Töchterschule in der Karolinenstraße (das dem Stahrs Frau die Scheidung eingereicht Hauptgebäude ist unzerstört erhalten ge- hatte, heirateten Fanny Lewald und Adolf blieben. In einigen Klassenräumen hat die Stahr. Sie lebten nun in Fanny Lewalds Ber- Hamburger Volkshochschule eine Gedenk- liner Wohnung und unternahmen viele Rei- stätte als Museum Dr. Albert-Jonas-Haus in sen durch Europa. 1863 und 1870 veröf- der Karolinenstraße 35 eingerichtet). 1938 fentlichte Fanny Lewald zwei Schriften zur floh Flora Neumann mir ihrem Sohn nach Belgien und Frankreich und war im Wider- sind ein bewegendes und seltenes autobio- stand gegen Hitler aktiv. Das Ehepaar wur- graphisches Zeugnis jüdischen Widerstan- de verraten und auf der Flucht getrennt. Ih- des während der NS-Zeit sowie des Überle- ren Sohn Bernhard konnten sie in einem bens in Vernichtungslagern. Peggy Parnass belgischen Kloster verstecken. 1943 wurde beschrieb in ihrem Nachwort zu den Le- Flora Neumann verhaftet und in das Kon- benserinnerungen Flora Neumann so: „Die zentrationslager Auschwitz bei Krakau (Po- kleine, große Widerstandskämpferin. len) deportiert. Sie überlebte nicht nur das Klein, kulleräugig, sinnlich, lebenslustig, KZ Auschwitz, sondern auch den Todes- liebevoll, charmant, fröhlich, warm, spon- marsch 1945 Richtung Westen in das KZ tan, unendlich großzügig. Ihre KZ-Num- Ravensbrück (damaliger brandenburgischer mer: 74559. Hübsch und leserlich am lin- Landkreis Templin-Uckermark). Nach der ken Arm. Nicht auszuradieren. Flora, ihr Befreiung traf sie ihren Mann, der das KZ Mann und ihr Sohn sind die einzigen Ham- Buchenwald überlebt hatte, in Brüssel burger Juden, die als Familie überlebt ha- wieder. ben. Die Bilder von Auschwitz haben Flora 1951 kehrte sie gemeinsam mit ihrem nie losgelassen. Bis zuletzt hat sie politisch Mann nach Hamburg ins Karolinenviertel Stellung bezogen, gegen Gleichgültigkeit zurück. Für jeden Tag, den sie im KZ hatten und Ungerechtigkeit gekämpft. Wer sie verbringen müssen, erhielten sie eine Ent- kannte, liebte sie.“ Cornelia Göksu schädigung von 5 DM. Mit dem Betrag er- öffneten sie in der Karolinenstraße eine Frapanweg Wäscherei. Sülldorf, seit 1965. Elise Therese Levien, Flora Neumann war ein außerordentlich ak- Pseudonym: Ilse Frapan-Akunian, tives Mitglied der Jüdischen Gemeinde in Schriftstellerin. Motivgruppe: Jugend- Hamburg. Bis ins hohe Alter hat sie an schriftstellerin. (3.2.1849 Hamburg – Hamburger Schulen als Zeitzeugin Tausen- 2.12.1908 Genf) de von Schülerinnen und Schüler über die Tochter des Instrumentenmachers und spä- NS-Zeit aufgeklärt. teren Pianofortefabrikanten Carl Heinrich 2005 starb Flora Neumann im Alter von 94 Eduard Levien und dessen Ehefrau Marie Jahren. Im November 2010 wurde ein Teil Therese Antoinette geb. Gentzsch. Ilse Fra- der bisherigen Grabenstraße im Karolinen- pan wurde evangelisch-lutherisch getauft. viertel nach Flora Neumann benannt. Im Um nicht als Jüdin erkannt zu werden, Rahmen des städtebaulichen Erneuerungs- nahm sie den Namen Ilse Frapan an und er- konzeptes St. Pauli-Nord/Karolinenviertel gänzte ihn später um den zweiten Namen ist mit dem Richtfest für das jüdische Kul- Akunian. Bevor Ilse Frapan Schriftstellerin turhaus Karolinenviertel in der Turnhalle wurde, arbeitete sie 14 Jahre lang als Lehre- der ehemaligen Israelitischen Töchterschu- rin an verschiedenen Hamburger Schulen, le an der Flora-Neumann-Straße „ein wei- so auch im Paulsenstift. Der Beruf der Leh- terer Schritt gegen das Vergessen getan“ rerin befriedigte sie aber nicht. Deshalb be- (QN-Karolinenviertel, Nr. 61/Juni 2011, gann sie neben ihrer Tätigkeit als Lehrerin, S. 5). die ihr finanzielle Unabhängigkeit garan- Flora Neumanns Lebenserinnerungen mit tierte, zu schreiben. Ermutigt durch einen dem Titel „Erinnern, um zu überleben“ (mit wohlwollenden Brief Theodor Vischers, einem Nachwort von ihrer Nichte Peggy dem sie einige Manuskripte geschickt hatte, Parnass, Konkret-Verlag Hamburg 2006) quittierte sie 1883 den Schuldienst und ging mit ihrer Freundin, der Malerin Esther meine Befähigung zur Matura. Und ich wer- Mandelbaum, nach Stuttgart, um dort am de herzlich bitten: ,Verhelfen Sie mir zur Polytechnikum Theodor Vischers Vorlesun- Matura, zur Vollendung meiner Studien, zur gen über Ästhetik zu hören. Ilse Frapan Promotion. Ich werde alles zurückzahlen, avancierte zunächst zur Hausautorin der re- wenn es mir möglich ist. Ich habe den drin- nommierten Zeitschrift „Deutsche Rund- genden Wunsch, etwas Nützliches zu leis- schau“. Aber bald stellten sich Misserfolge ten, ich werde meiner Vaterstadt keine Un- ein. Zurückgekehrt nach Hamburg, schrieb ehre machen, ich fühle die Kräfte in mir, et- sie den sozialkritischen Roman „Erich Hele- was für andere zu sein.‘ Ist das zu stolz ge- brink“, der im Hamburger Arbeitermilieu sprochen? darf ich mir das nicht getrauen? des ausgehenden 19. Jhds. spielt. Er wurde Ist die Bitte unbescheiden? Die Stadt ist ja jedoch nicht angenommen und kam erst reich, voller Wohlthätigkeitsanstalten, vol- kurz vor ihrem Tod heraus. Finanziell rui- ler Stiftungen. ,Leben und leben lassen‘, niert, zogen die beiden Freundinnen 1892 das ist der Hamburger Wahlspruch. Eine nach Zürich und blieben dort 10 Jahre. In große hülfsbereite Gutmütigkeit geht durch Zürich hatten Frauen seit den 70er Jahren alle Klassen. (...) Wir sind ja auch eine Re- des 19. Jhds. die Möglichkeit, an der Uni- publik, der einzelne Bürger steht nicht so versität zu studieren. Ilse Frapan nahm im weit vom Zentrum wie in den monarchi- Wintersemester 1892/93 das Studium der schen Staaten.“ Botanik und Zoologie auf. Ihr Wunsch war Aufgrund ihrer Erfahrungen an der Univer- es, zu promovieren und in Hamburg ir- sität in Zürich beschränkte Ilse Frapan ih- gendein kleines Pöstchen zu bekommen, ren Kampf nicht auf die Emanzipation der wo sie ihr finanzielles Auskommen hätte Frau, sondern erweiterte ihn auf das große und nebenher schreiben könnte. Aber die Feld der Unterdrückung und Ausbeutung. Studiengebühren waren enorm hoch, die An- Sie befreundete sich mit dem Armenier feindungen gegen studierende Frauen uner- Iwan Akunoff, der nach Zürich emigriert träglich. Ilse Frapan brach ihr Studium ab war, und engagierte sich fortan in der arme- und zog daraus die politischen Konsequen- nischen Freiheitsbewegung. 1901 wurden zen, was für sie bedeutete, sich der soziali- sie und Iwan Akunoff aus politischen Grün- stischen Bewegung anzuschließen. In ihrem den aus Zürich ausgewiesen. Zusammen mit Kurzroman „Wir Frauen haben kein Vater- Esther Mandelbaum – die drei führten eine land“ (1899), in dem sie über die Heimatlo- ménage à trois – gingen die beiden nach sigkeit der Frauen in einer patriarchalen Genf. Als Ilse Frapan sich von Iwan Gesellschaft schreibt, lässt sie ihre Roman- Akunoff trennte, blieb sie dennoch in der heldin die Sätze sagen: „Ich sollte eine Bit- armenischen Freiheitsbewegung und unter- te an die Behörde schreiben, an irgend ei- stützte sie nicht nur politisch, sondern auch nen Senator bei uns und ihn fragen, ob es finanziell. Um das Geld hierfür aufzubrin- nicht irgend eine Staatshülfe für mich giebt. gen, schrieb sie Novellen, die sehr erfolg- (...) Mir bleibt kein andrer Weg. Bin ich reich waren. So erschienen z. B. die „Ham- nicht ein Hamburger Kind? Giebt es nicht burger Novellen“ in drei, die „Hamburger Stipendien für arme Studierende? Bin ich Bilder für Hamburger Kinder“ in zehn Auf- nicht arm genug? Ich werde ihnen alles lagen. Ihre sozialkritischen Theaterstücke, schildern und alles beilegen: meine Studi- die 1902 und 1905 am Altonaer Stadttheater enausweise, mein Aufnahmezeugnis an der und am Ernst Drucker Theater aufgeführt Zürcher Universität, die Zeugnisse über wurden, waren dagegen ein Misserfolg. Ilse Frapans naturalistisch-sozialkritischen Gewerkschafterin, Betriebsrätin bis 1933, Schriften beleuchten die Lebensbedingun- 1933 als politisch unzuverlässig entlassen, gen der Hamburger Unterschicht des aus- 1935 wieder eingestellt als Schwestern- gehenden 19. Jahrhunderts. Dieses Engage- aushilfe, 1945 erneut Gewerkschafterin, ment für die Arbeiterklasse, ihre Arbeit in 1946/47 Vertreterin der Belange des Bun- der armenischen Freiheitsbewegung und des freier Schwestern im Hamburger ihre jahrelange lesbische Lebensgemein- Bezirksvorstand, Provisorin an der Frau- schaft mit einer Frau bewogen Hamburgs enklinik Finkenau, 1948 Betreuung der Politische Polizei, sie zu bespitzeln. Im Schwestern als Bezirksschwester, 1951- Staatsarchiv Hamburg befindet sich eine 1960 im Bezirksfrauenausschuss, 1958 entsprechende Akte, die den Zeitraum von pensioniert 1900 bis 1927, also weit über den Tod Ilse „Als die Pionierin in der freiberuflichen Frapans hinaus, durch Texte und Zeitungs- Pflege, Agnes Karll (1868-1927), 1903 die ausschnitte abdeckt. erste Berufsorganisation der Krankenpfle- Als Ilse Frapan im November 1908 erfuhr, gerinnen in Deutschland (BO; nach Verbot dass sie unheilbar an Krebs erkrankt sei, 1933 Neugründung als Deutscher Berufs- nahm sie sich zusammen mit ihrer Freundin verband für Pflegekräfte DBfK ) gründete, am 2.12.1908 das Leben. gab es bereits gewerkschaftlich organisierte Pflegekräfte. Schon im Jahr 1900 wurde Frauenthal das erste Mal eine eigene ‚Sektion Gesund- Harvestehude, seit 1870 heitswesen‘ in einer Gewerkschaft gebil- Das Nonnenkloster Herwardeshude, das in det. Waren es zunächst vorwiegend ‚Wärte- der Nähe des heutigen Stadtteils St. Pauli rinnen‘ und ‚Irrenpfleger‘, schlossen sich lag, besaß viel Grundbesitz. Dazu gehörten zunehmend auch Krankenschwestern der Eppendorf, Winterhude, Alsterdorf, Groß- Gewerkschaft an. Diese gründeten 1928 die Borstel, Niendorf, Lokstedt, Ohlsdorf, ‚Schwesternschaft der Reichssektion Ge- Eimsbüttel, Bahrenfeld, Ottensen, Othmar- sundheitswesen‘ innerhalb der Gewerk- schen, Rissen. Im August 1295 wurde das schaft der Gemeinde- und Staatsarbeiter. Kloster in die Gegend der heutigen Straßen (...) Die gewerkschaftlich organisierten Harvestehuder Weg, Abteistraße, Heilwig- Schwestern, seit 1949 im ‚Bund freier straße und Krugkoppel verlegt. Das neue Schwestern‘ in der Gewerkschaft Öffentli- Kloster erhielt den Namen Vrouwendal. che Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) Dieser Name findet sich in dem Straßen- zusammengeschlossen, wuchsen schnell namen Frauenthal wieder. Gleichzeitig zur größten freien Organisation heran. Im nahm das Kloster seinen alten Namen, Jahr 1962 zählte der Bund bereits über Herwardeshude, mit. Nach ihm wurde 10.000 Mitglieder, während der nächst grö- später der Stadtteil, in dem das neue Klo- ßere Berufsverband der ‚Agnes Karll-Ver- ster stand, benannt. band‘ (heute: Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe DBfK) 1961 weniger als Friedastraße 9.000 Mitglieder hatte. Seither hatten Pfle- Marienthal, seit 1909. Frei gewählter Name gekräfte ihren festen Platz in der Gewerk- schaft ÖTV, wo sie zunächst in den Abtei- Frieda-Wieking-Stieg lungen ‚Bund freier Krankenschwestern Uhlenhorst, seit 2010, nach Frieda Hertha und Krankenpfleger‘ (...) ihre beruflichen Martha Wieking (1893-1967), Schwester, und fachlichen Interessen vertreten konn- ten. (Quelle: Artikel „Gewerkschaftliche durch ihn mit der bürgerlichen Frauenbe- Tradition im Gesundheitswesen“ auf wegung in Kontakt. 1900 bestand sie die ausbildung.info). Oberlehrerinnenprüfung und studierte dann Frieda Wiedeking war möglicherweise Mit- Philosophie und Theologie. Gleichzeitig ar- glied der BO; nach 1945 engagierte sie sich beitete sie sehr eng mit Helene Lange weiterhin politisch ehrenamtlich im Be- (Helene-Lange-Straße) zusammen. Daraus zirksvorstand ihres Berufsverbands, dem entwickelte sich eine lebenslange Arbeits- „Bund freier Schwestern“. Die ehemalige und Lebensgemeinschaft. 1904 promovier- Frauenklinik Finkenau wurde 1911/14 als te Gertrud Bäumer. In dieser Zeit schrieb „Institut für Geburtshilfe“ gegründet (ge- sie für die von Helene Lange herausgegebe- schlossen 2000). Die Klinik war auch Lehr- ne Zeitschrift „Die Frau“. 1907 übernahm anstalt für Schwestern- und Hebammen- sie die Redaktion der Zeitschrift „Neue schülerinnen. Frieda Wieking hatte mit Bahnen“. 1910 wurde Gertrud Bäumer Vor- ihrer Position einer Provisorin vermutlich sitzende des Bundes Deutscher Frau- die Verantwortung als Verwalterin der Apo- envereine. Unter Gertrud Bäumers Führung theke inne. Cornelia Göksu wurde gleich nach der Mobilmachung 1914 der Nationale Frauendienst gegründet. Gänselieselweg Selbst noch im Jahre 1918 verfasste Gertrud Billstedt, seit 1952. Motivgruppe: Bäumer Durchhalteparolen für die Frauen- Märchengestalten organisationen. Als 1917 in Hamurg die Doppelinstitution soziale Frauenschule und Gerlindweg sozialpädagogisches Institut gegründet wur- Rissen, seit 1957. Gestalt aus der de, wurde Gertrud Bäumer als Leiterin ein- Gudrunsage. Anonymes Heldenepos um gesetzt. Die Frauenschule bot eine zweijäh- 1240. Motivgruppe: Gestalten aus der rige allgemeine soziale Ausbildung, das Ins- Gudrunsage titut eine fachliche Ausbildung für Gerlind ist die Mutter Hartmuts von Or- Sozialarbeiterinnen. Neben Gertrud Bäumer manie. Sie beeinflusst ihren Sohn und über- unterrichtete am Sozialpädagogischen Insti- redet ihn, um Gudrun zu werben und sie tut auch ihre Freundin Helene Lange. 1918 gewaltsam zu entführen. Gudrun weist Hart- gründete Gertrud Bäumer mit Friedrich mut jedoch ab, Gerlind tyrannisiert und er- Naumann die Deutsche Demokratische Par- niedrigt daraufhin Gudrun. tei (DDP). 1920 wurde Gertrud Bäumer die erste Ministerialrätin Deutschlands und be- Gertrud-Bäumer-Stieg treute im Reichsinnenministerium das Bergedorf, seit 1984. Frauenrechtlerin, Schulreferat. Von 1919 bis 1933 war Politikerin. Motivgruppe: Verdiente Frau- Gertrud Bäumer Abgeordnete (DDP) des en. (12.9.1873 Hohenlimburg – deutschen Reichstages. Mit der Machter- 25.3.1954 Bethel) greifung durch die Nazis verlor sie ihre Stel- Entstammte einer protestantischen Theolo- le als Ministerialrätin. Während der Zeit des genfamilie. Nach dem Tod des Vaters geriet Dritten Reiches publizierte sie weiter, die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. schrieb Romane über mittelalterliche Ge- Gertrud Bäumer wurde Lehrerin und unter- stalten und Artikel für die Zeitschrift „Die richtete ab 1892 an Mädchenvolksschulen. Frau“, die die Frauen während des Krieges Sie engagierte sich daraufhin im Allgemei- moralisch unterstützen sollten. 1949 wurde nen Deutschen Lehrerinnenverein und kam sie Mitbegründerin der CSU. Gertrudenkirchhof zu Ehren der Heiligen Gertrud. Außerdem Altstadt, seit dem 18. Jahrhundert. Durch war sie die Schutzpatronin gegen Ratten- und Übertragung der Bezeichnung des angren- Mäuseplage. Im Volksglauben gehört sie zu zenden Kirchhofes der St. Gertrud-Kapelle den Frühlingsbotinnen und wird als „Sommerbraut“ oder „erste Gärtnerin“ be- Gertrudenstraße zeichnet. Altstadt, seit 1943. Gertrud von Nivelles. Patronin der während des Großen Brandes Gertrud-Pardo-Weg 1842 ausgebrannten und danach ab- Alsterdorf, seit 1985. Jüdisches Opfer des gerissenen St. Gertrud-Kapelle, zu der die Nationalsozialismus. Gewerbeober- Straße führt. (Geb. um 626 in Nivelles, lehrerin an der staatlichen allgemeinen ursprünglich ein Landsitz der Pippiniden Berufsschule für die weibliche Jugend, in Brabant, 20 km südlich von Brüssel – Bezirksschule III, Schrammsweg 34. Leite- 17.3.659) rin der Haushaltungsschule Heimhuder- Die heilige Gertrud von Nivelles war die straße 70. (10.7.1883 Hamburg – am Tochter Pippins von Landen, dem Älteren, 25.10.1941 deportiert nach Lodz, am und der sel. Itta oder Iduberga. Durch den 3.6.1942 weiter deportiert) Einfluss ihrer Mutter legte sie bereits im Al- Nachdem Gertrud Pardo 1933 als Gewer- ter von 12 Jahren das Keuschheitsgelübde ab beoberlehrerin entlassen worden war, leite- und schlug später eine Heirat mit dem Sohn te sie die Haushaltungsschule Heimhuder- des Herzogs von Austrasien aus. Nach dem straße 70. 1935 hatte die Deutsch-Israeliti- Tod des Vaters führte sie bei ihrer Mutter ein sche Gemeinde von Privatleuten die Häu- sehr zurückgezogenes Leben. Auf Rat des ser Heimhuderstraße 68 und 70 erhalten. In Bischofs von Maastricht ließ Itta ihren Land- der Nr. 70 richtete die Beratungsstelle für sitz und die Ländereien in Nivelles in ein jüdische Wirtschaftshilfe zwei Ausbil- Kloster umwandeln. Mutter und Tochter tra- dungslehrgänge ein. Im Keller fand ein ten dort ein und Gertrud wurde nach dem Tod hauswirtschaftlicher Lehrkurs statt und im der Mutter zur ersten Äbtissin des Klosters zweiten Stock gab es Unterrichtsräume für ernannt. Gertrud hielt ihre Nonnen zu Spinn- Nähkurse. und Webarbeiten an und ließ sie von irischen Um 1937 wurden die beiden Ausbildungs- Priestern unterrichten. Sie richtete eine Klo- lehrgänge zu Schulen erweitert: in die jüdi- sterbibliothek ein und begründete neben dem sche Haushaltungsschule, Abt. B: Externat Kloster eine Herberge für Wanderer und Pil- und die jüdische Fachschule für Schneide- ger. rinnen. Die Haushaltungsschule bot haus- Einen großen Teil ihres Vermögens gab sie wirtschaftliche und hauswirtschaftlich-ge- auch für den Bau von Kirchen aus, weshalb werbliche Jahreskurse an. Ausbildungszie- sie oft mit einer Kirche im Arm dargestellt ist le waren a) Grundlagenkenntnisse für sozi- (z. B. auf einem Bild in der Hamburger St. ale und pflegerische Berufe sowie für den Jacobi-Kirche). Ihr Gesundheitszustand hielt Beruf der Hausgehilfin zu vermitteln und jedoch die starke Arbeitsbelastung nicht aus. b) Frauen auf handwerkliche Berufe vorzu- Gertrud starb während der Heiligen Messe bereiten (z. B. durch Wäschenähen, im Alter von 33 Jahren. Nach ihrem Tod wur- Schneidern, Zeichnen). Diese Ausbildung de sie zur Schutzpatronin der Reisenden und wurde als Hachscharah anerkannt, d. h. als Kaufleute. Fast alle Hansestädte besaßen im Vorbereitung jüdischer Jugendlicher auf 14. Jahrhundert eine Kapelle oder einen Altar ein Leben in Palästina. Bevor Gertrud Par- do die Leiterin der Haushaltungsschule Gertrud-Werner-Weg wurde, hatte sie bereits den Haushaltungs- Bergedorf, seit 1984. Von 1912–1957 kursus der Beratungsstelle für jüdische Hebamme in Allermöhe. Motivgruppe: Wirtschaftshilfe geführt, der in der Heim- Verdiente Frauen. (1887–1971) huderstraße 70 ab 1934 eingerichtet wor- Leider war über Gertrud Werner nichts in den war. Erfahrung zu bringen – weder im Staatsar- Das Ziel der jüdischen Wirtschaftshilfe chiv, beim Deutschen Hebammenverband war es, berufliches Wissen und Können zu noch beim Bezirksamt Bergedorf. vermitteln, damit sich die Auswanderungs- willigen in den Kibuzim von Palästina oder Geschwister-Beschütz-Bogen in den Emigrationsländern eine neue Exi- Groß Borstel, seit 1993. Olga und stenz aufbauen konnten. Marie. Jüdische Opfer des Nationalsozia- lismus. Lehrerinnen. (Marie: 11.2.1882 Gertrud-Seele-Kehre Hamburg – deportiert am 6.12.1941 nach Bergedorf, seit 1987. Gegnerin des Natio- Riga, genaues Todesdatum unbekannt.) nalsozialimus. Motivgruppe: Verdiente (Olga: 28.6.1876 Hamburg – deportiert Frauen. (22.9.1917 – 12.1.1945 Berlin) am 6.12.1941 nach Riga, Kind aus einer Arbeiterfamilie. Besuch der genaues Todesdatum unbekannt) Volks- und Oberrealschule, Arbeitsdienst, Olga: Seit 1904 im Hamburger Schuldienst. seit ihrem 18. Lebensjahr in der Kranken- Von 1908 bis 1911 Lehrerin an der privaten pflege tätig, Ausbildung zur Kranken- höheren Mädchenschule Elsa Weis-Mann. schwester, Fürsorgeexamen. Danach im Von 1911 bis 1920 Lehrerin an der Schule Fürsorgewesen tätig. 1941 Geburt ihrer Marie Busse, dann an der Volksschule Tochter Michaela. 1942 Evakuierung nach Dehnhaide 60. Ab 1926 an der Schule Merke/Niederlausitz. Oktober 1943 Rück- Schwenckestraße 100. kehr nach Berlin. Marie: 1903 bis 1908 Lehrerin an der privaten Gertrud Seele war eine entschiedene Geg- höheren Mädchenschule Margarethe Fleck, nerin des Naziregimes. Während der Kriegs- Milchstraße. 1908 bis 1919 an der Mädchen- jahre half sie bedrängten Jüdinnen und Ju- schule Hübbe in der Maria-Louisen-Straße. den. Weil sie sich in ihrem Evakuierungsort Ab 1922 an der Schule Koppel 18. Ab 1928 Merke während einer Unterhaltung negativ an der Schule Erikastraße 23. über das Naziregime geäußert hatte, wurde Die Geschwister Beschütz wurden 1933 aus sie von der Gestapo beobachtet. Das wurde dem Schuldienst entlassen. Am 6.11.1941 ihr zum Verhängnis. Als sie – bereits nach wurden sie zusammen mit ihrer Schwester Berlin zurückgekehrt – noch einmal nach Clara, die im Kinderschutzverein tätig ge- Merke fuhr, um nach ihrer dort gelagerten wesen war, nach Riga deportiert. Kurz vor Aussteuerwäsche zu schauen, wurde sie der Deportation gaben die Schwestern ein verhaftet und in die Untersuchungshaft- Abschiedsessen. Dabei verabreichten sie anstalten nach Frankfurt/Oder und Berlin ihrer Mutter, die mit ihnen in der Husumer- überführt. straße 37 lebte und die sie hätten zurück- Am 6.12.1944 wurde Gertrud Seele vom lassen müssen, ein Schlafmittel. Es war je- Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Ihr doch nicht stark genug. Frau Beschütz kam, Wunsch, noch einmal ihr Kind sehen zu nachdem ihre Töchter deportiert worden dürfen, wurde nicht erfüllt. (Siehe: Elisa- waren, in das Jüdische Heim an der beth-von-Thadden-Kehre.) Schäferkampsallee, wo sie bald verstarb. Geschwister-Mendelssohn-Stieg findenen Matinees an. Sie stellte die Pro- Neustadt, seit 1999 gramme zusammen, ließ Sänger der könig- Fanny Mendelssohn, verh. Hensel lichen Oper und Mitglieder der Hofkapelle (14.11.1805 Hamburg - 14.5.1847 Berlin) auftreten, spielte und dirigierte selbst und und ihr Bruder Felix Mendelssohn baute sich einen eigenen Chor auf. Auf die- Bartholdy (3.2.1809 Hamburg - 4.11.1847 se Weise bestimmte sie entscheidend das Leipzig). Fanny M.: Komponistin, Berliner Musikleben mit. Pianistin, Dirigentin. Felix Mendelssohn: Fanny Mendelssohn, verheiratete Hensel, Komponist komponierte Lieder, Kammermusikwerke, Im Park an der Ludwig-Ehrhard-Straße ge- den Klavierzyklus „Das Jahr“, ein Oratori- genüber dem Michel, in der Nähe, wo einst um, die Symphoniekantaten „Hiob“ und das Geburtshaus des Geschwisterpaares „Lobgesang“ etc. Erst kurz vor ihrem Tod stand, stehen die beiden Gedenksteine für begann sie gegen den Willen ihres Bruders, Felix und Fanny Mendelssohn. Eigens hier- aber mit Unterstützung ihres Mannes, des für wurde dort ein Weg mit dem Namen „Ge- Malers Wilhelm Hensel, ihre Werke zu pu- schwister-Mendelssohn-Stieg“ angelegt. blizieren. Fanny und Felix Mendelssohn stammten aus Ein Großteil ihres kompositorischen Nach- einem Bankiershaushalt (Vater: Abraham lasses befindet sich im Mendelssohn-Archiv Mendelssohn, Bankier). Die Mutter, Lea der Berliner Staatsbibliothek. geb. Salomon, war eine hervorragende Pia- nistin. Sie gab ihrer Tochter schon früh Geschwister-Scholl-Straße Klavierunterricht. Fanny begann bereits als Eppendorf, seit 1947. Sophie und Hans. Kind zu komponieren und erhielt mit ihrem Gegner des Nationalsozialismus, die für vier Jahre jüngeren Bruder Kompositions- die Freiheit des Geistes kämpften. unterricht bei Carl Friedrich Zelter. Widerstandskreis „Weiße Rose“. 1816 wurden die Kinder, 1822 die Eltern, Sophie: (9.5.1921 Forchtenberg/Kocher – protestantisch getauft. Die Familie nahm den hingerichtet am 22.2.1943 in München- Beinamen „Bartholdy“ an. Stadelheim) Die musikalischen Wege der Geschwister Hans: (22.9.1918 Ingersheim/Jagst – hinge- trennten sich, als Felix begann sich auf den richtet am 22.2.1943 in München-Stadelheim) Musikerberuf vorzubereiten, wozu u. a. weite Kinder des Bürgermeisters von Ulm. Hans Reisen durch halb Europa gehörten. Scholl war in der HJ, Sophie Scholl BDM- Fanny hingegen musste zu Hause bleiben. Mitglied. 1938 wurden beide zum erstenmal Ihr war nur die Laufbahn einer Hausfrau und verhaftet, weil sie, bestärkt durch ihre Eltern, Mutter vergönnt. Obwohl sie professionell ihre „bündische Jugendarbeit“ fortgesetzt ausgebildete Musikerin war, sollte „die Mu- hatten. Sophie erlangte nur langsam eine Ab- sik immer nur Zierde, niemals aber Grund- neigung gegen den NS-Staat, hilfreich war baß ihres Tuns und Seins werden“, bestimmte dabei der Einfluss ihrer Eltern und die Ein- ihr Vater. So beschränkten sich ihre musika- drücke, die Sophie während ihres Arbeits- lischen Aktivitäten auf die „Sonntagsmusiken“ und Kriegshilfsdienstes gewann. Auch ihr im elterlichen Hause in der Leipziger Stra- Bruder Hans musste erst den Krieg miterle- ße 3 in Berlin. Ursprünglich für Felix ge- ben und in einem Feldlazarett arbeiten, um dacht, damit er vor einem geladenen Publi- sich in den Widerstand zu begeben. Sophie kum seine Kompositionen aufführen konnte, studierte Biologie und Philosophie, ihr Bru- nahm sich Fanny dieser jeden Sonntag statt- der Hans Medizin. Im Mai/Juni 1942 gab er mit seiner Schwester und weiteren Kommili- überlebte das Lager. Nach ihrer Befreiung tonen die ersten vier Flugblätter der „Weißen suchte sie in vielen Ländern nach ihren Rose“ heraus, die im November 1942 an der Kindern. Erst 1982 erfuhr sie vom Kinder- Münchener Universität verteilt wurden. In ei- mord am Bullenhuser Damm in Hamburg. nem weiteren Flugblatt rief Hans Scholl in Frau Witonska lebt heute in Paris. Als sie der leidenschaftlichen Sprache der Empö- zum erstenmal in der Hamburger Gedenk- rung zum Sturz des NS-Regimes auf. Nach stätte war und hörte, in Burgwedel werde der Niederlage von Stalingrad schrieben die eine Straße nach ihren Kindern benannt, Geschwister Scholl noch ein Flugblatt, wel- sagte sie: ,Ich bin all diesen Menschen so ches an die Studentenschaft gerichtet war dankbar, daß meine Kinder nicht vergessen und im Februar 1943 verteilt wurde. Auch sind.‘ (Günther Schwarberg: Straßen der Er- hierin riefen sie zum Sturz des NS-Staates innerung. Hrsg. von der Vereinigung „Kin- und zur Beendigung des Krieges auf. Die Ge- der vom Bullenhuser Damm e.V.“, Ham- schwister Scholl agierten sehr isoliert. Sie burg o. J.) reagierten aus ethischen Motiven, als empör- In dieser Schrift heißt es zur Straßenna- te und unterdrückte junge Menschen. Am mensbenennung nach den „Kindern vom 18.2.1943 wurden die Geschwister verhaftet Bullenhuser Damm“: „Mit seinem Beschluß, und am 22.2. vom Volksgerichtshof zum Tode die Straßen im Neubaugebiet Schnelsen- durch das Fallbeil verurteilt und hingerichtet. Burgwedel nach den Kindern zu benennen, die am 20. April 1945 in den Kellern der Geschwister-Witonski-Straße Schule am Bullenhuser Damm von SS- Schnelsen, seit 1993. Eleonora Witonska Schergen ermordet wurden, hat der Orts- (5 Jahre alt) und Roman Witonski ausschuss Lokstedt ein Zeichen wider das (7 Jahre alt). Opfer des Nationalsozia- Vergessen und für die Auseinandersetzung lismus. In der Nacht vom 20. auf den mit unserer Geschichte‘ gesetzt. Lange war 21. April 1945 im Keller der Hamburger das Schicksal der Kinder unbekannt. Der Schule am Bullenhuser Damm ermordet Verfasser dieser Broschüre, der Hamburger Eleonora und ihr Bruder Roman waren die Journalist Günther Schwarberg, legte das Kinder des Kinderarztes Dr. Seweryn Wi- Verbrechen an den 20 Fünf- bis Zwölfjähri- tonski aus der polnischen Industriestadt Ra- gen in den siebziger Jahren offen, suchte dom. „Nach der Besetzung Polens durch ihre Angehörigen und gründete mit ihnen die deutsche Wehrmacht wurden die Wi- 1979 die ,Vereinigung Kinder vom Bullen- tonskis am 21. März 1943 gemeinsam mit huser Damm‘. Ihr Ziel ist es, die Erinne- anderen Juden zum Erschießen auf den rung an die Kinder wach zu halten. (...) Die Friedhof des Nachbarortes Szydlowiec ge- Bewohner/innen von Burgwedel können bracht. Die Mutter, Rucza Witonska, konn- jetzt nachlesen, was es mit dem Namen ih- te sich und ihre beiden Kinder Roman und rer Straße auf sich hat und das auch ihren Eleonora hinter Grabsteinen verstecken. Kindern erklären. Denn sie werden wissen Von dort aus sahen sie die Erschießung des wollen, wer diese Kinder waren und warum Vaters. Als sie entdeckt wurden, war die man nach ihnen Straßen benannt hat. Und „Aktion“ bereits beendet. Mutter und Kin- sie werden verstehen, warum ihre Eltern sa- der wurden ins Konzentrationslager Ausch- gen: ,Nie wieder!‘“ witz transportiert. Dort wurden die Kinder Der SS-Arzt Dr. med. Kurt Heißmeyer von ihr getrennt und mit 18 anderen ins KZ hatte an den Geschwistern Witonski und Neuengamme gebracht (...). Die Mutter weiteren 18 Kindern im KZ Neuengam- me Impfversuche mit Tuberkulosebazillen Das Märchen heißt „Goldmariken und Gold- durchgeführt, mit dem Ziel, nachzuweisen, feder“ und handelt von der wunderschönen dass eine zusätzlich gespritzte Dosis Tuber- Tochter eines Edelmannes. Als sich ihre El- kelbazillen in einen bereits erkrankten Kör- tern bei einer Ausfahrt verirrten, half ihnen per die Immunität des an TBC Erkrankten ein Pudel, den rechten Weg nach Hause zu erhöhen würde. Diese Methode war aller- finden. Als Belohnung forderte er, das von dings längst als äußerst gefährlich erkannt den Eltern zu bekommen, was ihnen beim und verworfen worden. Die Kinder erlitten Nachhausekommen zuerst begegnen wür- durch die Impfung starke Schmerzen und de. Dies war Goldmariken, die ihren schon gesundheitliche Schäden. Sie bekamen ho- vermissten Eltern freudig entgegenkam. Be- hes Fieber, wurden bettlägrig, verloren den vor sie jedoch zum Pudel musste, der in Appetit. Die durch die injizierten Tuberku- Wirklichkeit eine Hexe war, lehrte sie eine losebazillen angeschwollenen Drüsen wur- Nachbarin „das Wünschen“. Mit dieser Fä- den operativ entfernt. Die SS war sich der higkeit ausgestattet, hatte es Goldmariken Unmenschlichkeit dieser Experimente bei der Hexe leicht. Alle Arbeit, die ihr auf- durchaus bewusst. Um sie geheimzuhalten, getragen wurde und zu der sie gar nicht fä- wurden die Kinder in einer Geheimaktion hig war, gelang ihr. Denn sie brauchte sich in die Schule am Bullenhuser Damm ge- nur die Erledigung dieser Arbeit wünschen. bracht. Diese Schule war am 1.10.1944 zu Eines Tages brachte die Hexe einen Prinzen einem Außenkommando des KZ Neuen- mit Namen Goldfeder, der sich im Wald ver- gamme erklärt und mit elektrisch gelade- irrt hatte, ins Hexenhaus. Goldmariken und nem Stacheldraht umzäunt worden. 592 Goldfeder freundeten sich an, und Gold- Häftlinge wurden hier von 16 SS-Männern mariken war ihm stets behilflich. Es gelang bewacht. Als die Kinder dorthin kamen, ihnen, zu fliehen und zu Goldfeders väterli- war die Schule wegen der vier Kilometer chem Schloss zu gelangen. Bevor jedoch vor Hamburg verlaufenden Front bereits Goldfeder das Schloss betrat, beschwor ihn geräumt worden. 20 Jungen und Mädchen Goldmariken, sich ja von niemandem küs- im Alter zwischen fünf und zwölf Jahren, sen zu lassen, denn sonst würde er sie auf ihre beiden französischen Häftlingsärzte, der Stelle vergessen. Es kam wie es kom- ihre zwei holländischen Häftlingspfleger men musste: Goldfeders ehemalige Freun- und etwa 30 sowjetische Kriegsgefangene din begrüßte ihn mit einem Kuss, und Gold- wurden, nachdem sie Morphiumspritzen feder vergaß Goldmariken auf der Stelle. bekommen hatten, im Keller der Schule an Die todunglückliche Goldmariken zog in Schlingen erhängt, die mit Fleischerha- ein Haus ganz in der Nähe des Schlosses. ken an der Decke befestigt worden waren. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie mit Nä- hen. Da Goldmariken sehr schön war, ver- Giselaweg suchten die drei Brüder von Goldfeder, mit Fuhlsbüttel, seit 1951. Frei gewählter ihr anzubandeln. Sie erschienen nacheinan- Name der einzeln bei Goldmariken und brachten ihr Kleidung zum Nähen. Und jedesmal bat Goldmariekenweg Goldmariken sie, über Nacht zu bleiben – Schnelsen, seit 1948. Märchengestalt. Aus: was die jungen Herren natürlich mit Freu- Karl Müllenhoff: Sagen, Märchen und den annahmen. Aber was geschah? Lieder. Kiel 1845. Motivgruppe: Holsteini- Goldmariken zauberte die jungen Herren sche Geschichte, Sagen und Märchen fest, den einen an der Haustür, den anderen an der Gartentür. Der dritte musste die gan- der Pflege von Kranken aller Konfessionen ze Nacht mit einem Kalb an der Leine in Familien (gegen ein der Stiftung zu ent- durch die Gegend laufen. richtendes Honorar) und in die Armenpflege Als der Tag kam, an dem Goldfeder mit sei- unentgeltlich zu entsenden, den Schwestern ner Freundin Hochzeit halten wollte, musste in Krankheitsfällen bei Erwerbsunfähigkeit er mit seiner Kutsche an Goldmarikens und im Alter eine auskömmliche Versorgung Haus vorbei. In diesem Moment wünschte zu sichern.“ Für alte Schwestern war durch sich Goldmariken, die Kutsche möge vor einen Pensionsfond gesorgt. Während des Er- ihrer Tür in einem tiefen Morast versinken, sten Weltkrieges wurde das Israelitische und es geschah. Da die Leute nicht wussten, Krankenhaus zum Reservelazarett. Nach dass Goldmariken diesen Unfall verursacht 1933 war das Krankenhauspersonal starken hatte, es ihnen aber klar war, dass Goldma- Repressalien ausgeliefert. Klara Gordon ver- riken wünschen konnte, baten sie sie zu hel- hielt sich in all diesen Zeiten vorbildlich und fen. Als Lohn für ihre Dienste wünschte aufopfernd gegenüber ihren Kranken. Bei ih- sich Goldmariken, an der Hochzeitsfeier rer Verabschiedung sagte der Kuratoriums- teilnehmen zu dürfen. Zur Feier erschien vorsitzende Dr. Fritz Warburg: „Sie war eine sie mit ihren zwei Tauben, setzte sich an die aufrechte Jüdin, allgemein anerkannt als vor- gedeckte Festtafel, aß aber nichts und zügliche Vertreterin ihres Berufes, die voll blickte nur traurig. Als man sie fragte, was tiefem Mitgefühl für alle körperlichen und sie hätte, antwortete sie: „Täubchen, Täub- seelischen Schmerzen ihrer Glaubensgenos- chen mag nicht essen, Goldfeder hat Gold- sen für sie sorgte und doch auch gern Liebes- mariken auf dem Stein vergessen.“ Und tätigkeit den Nichtjuden zuwandte, damit je- was geschah? Goldfeder erkannte Goldma- der den Segen unseres Krankenhauses emp- riken, ließ seine Braut sitzen und heiratete finde. (...). Stolz und bescheiden, aufrecht sein Goldmariken. und anspruchslos, überlegt und zurückhal- tend, streng gegen sich selbst und andere, Gordonkehre aber voll Nachsicht und Verständnis für die Bergedorf, seit 1985. Klara Gordon. Obe- Schwächen und Fehler ihrer Mitmenschen, rin des Israelitischen Krankenhauses. trat uns Clara Gordon entgegen. Indem sie Motivgruppe: Verdiente Frauen. mit ihrer Würde und unermüdlichen Willens- (20.11.1866 – 20.12.1937 Hamburg) kraft das innere Leben im Krankenhaus leite- Am 1. März 1898 kam Klara Gordon als aus- te, straffte sie auch den Willen der Kranken gebildete Krankenschwester an das Israeliti- und war allen eine Quelle des Trostes und des sche Krankenhaus in Hamburg. 1908 wurde Lebensmutes. (...) Wir wollen uns ihre wun- sie dort Oberin und leitete die krankenhaus- dervolle Hingabe an unser Krankenhaus, eigene Krankenpflegeschule und das Schwe- dessen wahre Mutter sie war, die Charakter- sternheim, das seit 1902 als unabhängige stärke und Energie, in der sie eine schöne Stiftung geführt wurde. Klara Gordons Ziel Tradition aufrecht erhielt, zum Muster neh- war es, „eine Pflegerinnenschule in Anleh- men.“ (Mary Lindemann (Hrsg.): 140 Jahre nung an das Krankenhaus zu errichten, um Israelitisches Krankenhaus in Hamburg, jüdische Mädchen und Frauen zu tüchtigen Hamburg 1981.) Krankenpflegerinnen heranzubilden, die in der Schule übernommenen Krankenpflege- Gottschedstraße rinnen (Schwestern) sowohl in Kranken- und Winterhude, seit 1910, nach Johannes Siechenanstalten zu beschäftigen als auch Christoph Gottsched benannt. Ergänzt 2001/2002 um die ebenso Luise Gottsched wurde Deutschlands erste bedeutende Ehefrau Luise Adelgunde vollberufliche Journalistin und schrieb vie- Gottsched geb. Kulmus. Neuer le Artikel in den unter dem Namen ihres Erläuterungstext: benannt nach dem Mannes herausgegebenen Zeitschriften. Al- Schriftstellerehepaar Luise Adelgunde lerdings waren nur wenige ihrer Artikel mit Victoria G. (1713-1762), erste voll- ihrem Namen gezeichnet. beschäftigte Journalistin Deutschlands, und Prof. Johannes Christoph G. Gretchenkoppel (1700-1766), Literaturtheoretiker Poppenbüttel, seit 1947. Flurname „Nie mehr würde ich einen berühmten Mann heiraten“ soll die „Frau Professor Gretelstieg Gottsched“ kurz vor ihrem Tod geäußert Schnelsen, seit 1970. Märchengestalt, im haben. Anschluss an die Motivgruppe: Holstei- Den berühmten Literaturtheoretiker, Sprach- nische Geschichte, Sagen und Märchen erzieher und geistigen Führer der Frühauf- klärung, Johannes Christoph Gottsched, Grete-Nevermann-Weg hatte die Tochter eines königlich-polni- Rissen, seit 1981. Vorsitzende des Ortsaus- schen Leibarztes bereits im Alter von 17 schusses Blankenese. (14.1.1907 Klein- Jahren kennen gelernt. Da war sie, die zwei Flottbek – 25.12.1973 Hamburg/Rissen) Fremdsprachen gelernt hatte, schon schrift- Als zweite Tochter der Eheleute Wilhelm und stellerisch tätig. Ida Faden geboren. Ihr Vater war Handwer- Fünf Jahre später heiratete das Paar. Luise ker (Maler) und nach dem Zweiten Weltkrieg Kulmus wurde nun die „Gottschedin“ und als Betriebshandwerker bei Oetker tätig. zur „geschickten Freundin“ ihres Mannes, Nach dem Besuch der achtjährigen (preußi- der in Leipzig eine Professur hatte und Her- schen) Volksschule machte Grete Never- ausgeber von „Die vernünftigen Tadlerin- mann eine Lehre als Verkäuferin bei der nen“, der ersten Wochenschrift für Frauen, Konsum-Genossenschaft (Produktion). war. 1930 heiratete sie Dr. jur. Paul Nevermann, Das Ehepaar setzte sich für eine bessere der nach dem Krieg Senator und Bürger- Frauenbildung ein, was jedoch nicht impli- meister in Hamburg wurde. 1935 wurde der zierte, dass Herr Gottsched die berufliche Sohn Jan, 1937 die Tochter Anke und 1944 Laufbahn seiner Frau wohlwollend unter- der Sohn Knut geboren. 51 Jahre lang war stützte. Recht war es ihm zwar, dass seine Grete Nevermann als SPD-Mitglied aktiv Frau für ihn wissenschaftliche Hilfsarbeiten in der Kommunalpolitik tätig und vier Jahre verrichtete – „Galeerenarbeit“ – wie sie die- lang, von 1961 bis 1965 fungierte sie als se Tätigkeiten einmal in einem Brief an ihre Frau des Ersten Bürgermeisters Dr. Paul Freundin bezeichnete. Aber ihre selbständi- Nevermann als „First Lady“ der Hansestadt. gen Arbeiten wie das Übersetzen von Vol- Von 1950 bis 1972 war sie im Ortsaus- taire, Molière, J. Addison und A. Pope und schuss Blankenese aktiv; von 1958 bis 1961 ihre schriftstellerischen Arbeiten – sie ver- dessen stellvertretende Vorsitzende und von öffentlichte mit Erfolg Dramen und Lust- 1969 bis 1972 Vorsitzende. Sie engagierte spiele – waren ihm wohl ein Dorn im Auge. sich besonders in der Wohnungs- und Bau- So beschwerte sich Luise Gottsched in Brie- politik. Am 25. Dezember 1973 verstarb sie fen an ihre Freundin über seine Bevormun- in ihrem Haus in der Rissener Landstraße dungen. 17, in dem die Familie seit 1939 wohnte. Grete-Zabe-Weg Allerdings erreichten die Genossinnen mit Barmbek-Süd, seit 2008. Nach Grete ihren Frauenversammlungen, Plakaten und Marie Z. (18.3.1877 Danzig – 1.12.1963 Flugblättern nicht die breite Masse. Die Hamburg), Mitglied der Hamburgischen bürgerlichen Parteien hingegen hatten Bürgerschaft von 1919-1933; Verfolgte des schon länger erkannt, wie die „Frau von Nationalsozialismus der Straße“ am besten anzusprechen sei – Grete Zabe geb. Tischowski war fünf Jahre nämlich mit Angeboten im Freizeitbereich. alt, als ihre Eltern, der Vater ein Schiffszim- So wurde ab 1924 auch die SPD in dieser merergeselle, die Mutter ein Dienstmäd- Richtung aktiv, bot „Frauenfeierstunden“ chen, verstarben. Sie kam in ein Waisen- und Film- und Lichtbildabende mit kurzen haus, später zu Pflegeeltern. politischen Referaten an. Grete besuchte die Volksschule, wurde Die zentralen Forderungen der SPD und Dienstmädchen, später Arbeiterin in einer des Frauenaktionsauschusses waren u. a.: Zigarrenfabrik. Mit zwanzig Jahren heirate- gleicher Lohn für gleiche Arbeit; Verbesse- te sie einen Malergehilfen. Ein Jahr später rung des Arbeits- und Mutterschutzes für wurde das erste Kind, drei Jahre darauf das erwerbstätige Frauen; gleiches Recht auf zweite und nach weiteren vier Jahren das Erwerbstätigkeit für Mann und Frau; Re- dritte Kind geboren. Da das Gehalt ihres form des Paragraphen 218. Mannes nicht für den Lebensunterhalt der 1933 und 1944 wurde Grete Zabe von der Familie ausreichte, übernahm Grete Zabe Gestapo mehrere Tage inhaftiert – und zwischenzeitlich immer mal wieder Aus- auch Hausdurchsuchungen musste ihre Fa- hilfsarbeiten. 1906 zog das Ehepaar nach milie über sich ergehen lassen. Hamburg. Nach 1945 war Grete Zabe wieder für die Dort wurde Grete Zabe auf Anregung ihres SPD und die Arbeiterwohlfahrt aktiv. Mannes, einem aktiven Sozialdemokraten und Gewerkschafter, im Jahre 1907 Mit- Gudrunstraße glied der SPD. Grete Zabe, die großes Rissen, seit 1949. Nach Kudrun (Anony- Redetalent besaß, machte Parteikarriere: mes Heldenepos, entst. um 1240) 1913 wurde sie in den SPD-Distriktvor- „Gudrun (Kudrun) ist die Tochter von König stand Hamburg-Uhlenhorst gewählt und Hetel von Hegelingen und seiner Frau Hil- leitete während des Ersten Weltkrieges die de. Sie wird von Hartmut von Ormanie ent- Kriegsküche dieses Stadtteils. Von 1919 führt, gibt aber seiner Werbung nicht nach. bis 1933 war sie Mitglied der Hamburgi- Sie muß deshalb 13 Jahre Magddienst tun, schen Bürgerschaft und im Ausschuss für bis sie von ihrem Verlobten Herwig von Wohnungsfragen sowie als einzige Frau in Seeland und ihrem Bruder Ortwein nach ei- der Deputation für das Gefängniswesen nem schweren Kampf befreit wird.“ (Anne- tätig, wo sie sich für eine Reform des Straf- marie und Wolfgang van Rinsum: Lexikon vollzugs stark machte. Zwischen 1922 und literarischer Gestalten, Stuttgart 1988.) 1933 agierte sie als Mitglied des Landes- vorstandes und des Frauenaktionsaus- Guttmannring schusses der SPD. Von 1922 bis 1927 war Langenbek, seit 1988. Helene und Jacob. sie Vorsitzende des Frauenaktionsaus- (im Amtlichen Anzeiger: Jakob, im schusses. Dieser hatte sich das Ziel ge- Jüdischen Gedenkbuch: Jacob). Jüdische setzt, möglichst viele Wählerinnen zu Opfer des Nationalsozialismus. gewinnen. Kaufmannsehepaar aus Wilhelmsburg. Helene geb. Goldberg (24.8.1877 derdaten in streng vorbestimmten Struktu- Pölitz – am 8.11.1941 deportiert nach ren (zum Beipiel 3-5-7-5-3) mit komplexen Minsk, im KZ umgekommen, genaues Variationsfolgen. Ihre erste Einzelausstel- Todesdatum unbekannt.) Jacob (19.2.1877 lung hat sie 1967 in Düsseldorf bei dem Stewnitz – am 8.11.1941 deportiert nach Maler und Galeristen Konrad Fischer (ver- Minsk, im KZ umgekommen, genaues trat wegweisende Kunstrichtung des „Kapi- Todesdatum unbekannt) talistischen Realismus“). 1973 stellte Han- Das Ehepaar hatte einen Textilwarenhandel ne Darboven ihre Arbeiten bei Leo Castelli und wohnte in der Bornstraße 18. in New York aus. 1969 kehrte sie nach Hamburg zurück und Hanne-Darboven-Ring lebte in ihrem Atelier in Rönneburg. Nun Eißendorf, seit 2011, nach Hanne begann ihre Schreibzeit: „Ich schreibe, aber Darboven (1941-2009), international ich beschreibe nichts“ oder „ich schreibe, renommierte Harburger Konzept- aber ich lese nicht“, so die Künstlerin über künstlerin, die sich in ihren Werken das Ritual ihres Schreibwerks, welches insbesondere mit dem Sichtbarmachen von schließlich zehntausende Seiten umfasste, Zeiträumen beschäftigte gefüllt „mit nimmer enden wollenden Als Tochter von Kirsten und Caesar D. Schriftzeilen (...), Kästchen und Linien, 1941 in München geboren, wuchs die mitt- Abschreiben aus dem Brockhaus, aus lere von drei Töchtern in einer Harburger ‘Spiegel‘-Magazinen, Gedichten und Kaufmannsfamilie auf. Der Vater war Inha- Schriften von Lao Tse über Martin Luther ber der Kaffeefirma Johann Wilhelm Dar- zu Charles Baudelaire und Friedrich Höl- boven (diese Firma bestand bis 1972 und ist derlin“ (Mirja Rosenau in art-magazin nicht zu verwechseln mit der Kaffeefirma 13.3.2009). Sie bezog Monumentalwerke, von Johann Joachim Darboven, gegründet etwa Homers „Odyssee“ oder Heinrich 1886 in Hamburg. Die erhalten gebliebene Heines Fragment „Atta Troll“ in ihre kul- kostbare historische Einrichtung der turgeschichtlichen Diagramme ein. In ih- Dampf-Kaffeerösterei mit Ladengeschäft nen dokumentierte sich vor allem eines: der von 1895 in der Lüneburger Straße 7 befin- unbewusste Zeitfluss – auf dem Hinter- det sich im Bestand des Helms-Museums grund historischer und damals aktueller Harburg; Quelle: Christian Bittcher, han- geistesgeschichtlicher Parameter. Frühe online.de). akustische und optische Eindrücke fanden Hanne Darboven studierte von 1962 bis Eingang in ihr Oevre: Verlesen von Kaffee- 1965 an der Hamburger Hochschule für bohnen, Bildungsbürgerliches, Buchhalte- Bildende Künste bei Willem Grimm und risches. In der Arbeit „Friedrich II, Harburg Almir Mavignier. Von 1966-68 lebt und ar- 1986“ verwendete sie vierhundert Mal das beitet sie in New York. Dort begegnet sie Motiv einer Postkarte von 1910, auf der in Künstlern der Minimal Art wie Sol LeWitt Harburgs Zentrum der Kaffeeladen der Dar- oder Carl André. In dieser Zeit entstehen bovens zu sehen ist. Auf 19 Blättern schrieb die ersten seriellen Zeichnungen auf Milli- sie die Biographie Friedrichs II. von Preu- meterpapier. Im Rahmen einer extremen ßen (1712-1786) ab. Vier Blätter ermögli- Konzept- und Minimal-Kunst entwickelt chen die Überleitung zum Heute, sieben Hanne Darboven Systeme einfacher Zah- nimmt sie für die Jahresrechnungen und lenabläufe und in Zahlenkolonnen und 365 für Tagesrechnungen. Das von ihr ent- Kästchen aus scheinbar beliebigen Kalen- wickelte „Konzept zur Fortschreibung der Zeit“ besteht aus dem Weiterrechnen von geäußert hatte. Als sie eine große Filmrolle Quersummen, sodass am Ende jeder Tag bekommen sollte, wurde das Angebot in seine eigene Zahl, seine eigene Einmalig- letzter Minute zurückgezogen. Hanne keit erhält. Mertens spürte die Gefahr, in der sie Als begabte Pianistin setzte sie ab 1980 ihre schwebte. So war ihr das 1943 unterbreite- Zahlensysteme in Notationen um, die sie te Angebot, ans Thalia-Theater nach Ham- für Instrumente arrangieren ließ. 1994 er- burg zu gehen, sehr willkommen, hoffte sie hielt die Künstlerin in Hamburg u. a. den dadurch doch, der Gestapo zu entkommen. angesehenen Lichtwark-Preis. Zuletzt auf Aber auch in Hamburg hielt sie nicht den der documenta 11-2002 auch in Filmdoku- Mund. Auf der Feier eines Bekannten spöt- mentationen zu erleben, versetzte sie dort telte sie über Hitler und sang das Lied: „Es drei Stockwerke des Fridericianums mit geht alles vorüber... zuerst Hitler, dann die mehr als 4000 einzeln gerahmten Photoko- Partei.“ Ein anwesender Gestapobeamter pien von Zahlenfolgen ihres Opus „Kontra- verfasste einen Bericht. Hanne Mertens bassolo, opus 45 (1998-2000) in optische wurde am 6.2.1945 wegen angeblicher Schwingungen. Zwei Jahre zuvor hatte sie „Wehrkraftzersetzung“ von der Gestapo eine nach ihr benannte Stiftung begründet, verhaftet und in die Haftanstalt Fuhlsbüttel die „das umfangreiche Schaffen ihrer Stif- gebrach. Dort kam sie in Dunkelhaft. Sie terin als international anerkannter Künstle- gehörte zu den 13 Frauen, die ohne Urteil rin bewahren und der Öffentlichkeit zu- auf Anweisung der Gestapo in den Näch- gänglich machen“ sowie junge Künst- ten vom 21. bis zum 23.4.1945 im KZ lerinnen und Künstler unterstützen soll. Neuengamme erdrosselt wurden. (Siehe: Vorsitzender ist ihr Cousin Albert Darbo- Margarete-Mrosek-Bogen.) ven. Die resolute, stets politisch wachsame Heidi-Kabel-Platz Künstlerin verstarb 2009 mit 67 Jahren an St. Georg, seit 2011, nach Heidi Kabel Lymphdrüsenkrebs. Ihr Credo ist zugleich (1914-2010), bundesweit beliebte Schlüssel für ihr Lebenswerk: „Eins und Volksschauspielerin am Ohnsorg-Theater eins ist eins zwei. Das ist meine Urthese für von 1932 bis 1996, erlangte Popularität alle Gesetze, die bei mir mathematisch durch die ab 1954 gesendeten Fernseh- durchlaufen. Ich schreibe mathematische übertragungen, bereits zu Lebzeiten eine Literatur und mathematische Musik“ hoch verehrte „Hamburger Legende“ (Quellen: wikipedia, NetPalnet Harburg, Heidi Bertha Auguste Kabel entstammte Stiftungs-Website). Cornelia Göksu aus „gutem Hause“: Ihre Wiege stand in den Großen Bleichen Nr. 30, direkt gegenü- Hanne-Mertens-Weg ber dem ehemaligen Gebäude des Ohnsorg- Niendorf, seit 1982. Schauspielerin, Opfer Theaters. Ihr Vater war der Druckereibesit- des Nationalsozialimus. (13.4.1909 Mün- zer Ernst Kabel und zeitweilig Vorsitzender chen – 22.4.1945 KZ Neuengamme) des Vereins geborener Hamburger. Der von Abitur, mit 29 Jahren Beginn ihrer Schau- ihm begründete Betrieb Kabel Druck sowie spielerinnenlaufbahn in München. Spielte sein Kabel-Verlag existieren bis heute. Ihre dort fünf Jahre an den Kammerspielen. Mutter war Hausfrau. Heidi Kabel kam Bereits in München war sie mehrmals von eher durch Zufall zum Theaterspielen. 1932 der Gestapo vorgeladen worden, weil sie begleitete sie eine Freundin zum Vorspre- sich offen gegen den Nationalsozialismus chen in der „Niederdeutschen Bühne Ham- burg“ (gegründet 1902 im Restaurant Kers- ist sehr schwierig. Die meisten verwech- ten am Gänsemarkt als „Dramatische Ge- seln Heiterkeit mit Oberflächlichkeit“. sellschaft Hamburg“ durch den Philologen, Geprägt hat die markante Stimme Heidi Bibliothekar und Schauspieler Dr. Richard Kabels auch zahllose Hörspiele und den Ohnsorg). Dabei wurde sie entdeckt und Schulfunk des N(W)DR seit den 1950er bekam von Theaterleiter Ohnsorg 1933 ihr Jahren. Ihre Bäuerin Emma Piepenbrink ist erstes Engagement in dem Stück „Ralves ebenso wie die Schulfunkreihe „Neues aus Carstens“. Sie nahm Schauspielunterricht, Waldhagen“ längst Radio-Kult. und dass sie vorher Konzertpianistin wer- Ihre Karriere als Filmschauspielerin lief den wollte, geriet bald in Vergessenheit. über ein dreiviertel Jahrhundert. Auch dort 1937 heiratete sie ihren Kollegen, den verkörperte sie die „einfache Haufrau“ mit Schauspieler und Regisseur Hans Mahler. Ehrlichkeit, Naivität und einer gehörigen Der Ehe entstammen drei Kinder; Tochter Portion Mutterwitz, eine „gute Seele, die Heidi Mahler wurde ebenfalls Volksschau- mit hanseatischem Charme als liebenswer- spielerin und trat mit ihrer Mutter häufig te, aber auch pfiffige Dame das Publikum gemeinsam auf. 1949 wurde Hans Mahler vereinnahmte. Zu ihren bekanntesten Fil- als Nachfolger von Rudolf Beiswanger men zählen der Heimatkrimi ‚Wenn die Theaterleiter. Von da an hatte er großen Heide blüht’ (1960), der hanseatische Witz- Einfluss auf die Karriere Heidi Kabels. klassiker ‚Klein Erna auf dem Jungfern- Über 66 Jahre blieb sie auf der Bühne. stieg’ und „Auf der Reeperbahn nachts um Mehr als 80 Fernsehübertragungen der halb eins“ (beide 1969) sowie die TV- vom Niederdeutschen ins „Missingsch“ Mehrteiler ‚Rummelplatzgeschichten’ („Hamburgisch“ mit plattdeutschem Satz- (1983/84) und ‚Tante Tilly’ von 1987", in bau) adaptierten Theaterstücke aus dem dem sie die Miss Marple von Altona gibt Hamburger Ohnsorg-Theater machten sie (Zitat nach WHO’sWho online). Für ihre überregional bekannt. Die Volksschauspie- mehr als 100 Fernsehauftritte – in Serien lerin wurde zum Markenzeichen des guten, wie „Hafenpolizei“ bis „Großstadtrevier“ – tapferen Nachkriegsdeutschland – Trüm- wurde sie mit den renommiertesten Preisen merfrau im Wirtschaftswunder. Populäre der deutschen Medien bedacht, z.B. „Gol- Bühnenstücke aus dem TV mit Kolleginnen dener Bildschirm 1967 und 1972, „ Bambi“ wie Erna Raupach-Petersen, Christa Weh- 1984 und 2004 für ihr Lebenswerk, „Golde- ling, Gisela Wessel, Anni Hartmann, Her- ne Kamera 1985 und 1994 sogar zur „Eh- ma Köhn oder den Kollegen Werner Riepel, renkommissarin der Hamburger Polizei“ er- Jochen Schenk, Heini Kauffeld, Jürgen nannt. Pooch, Edgar Bessen, um nur einige zu Am Silvesterabend 1998 nahm die nennen, sind etwa: Tratsch im Treppenhaus mittlerweile 84-jährige Schauspielerin mit – Mein Mann, der fährt zur See – Verteufel- einer Aufführung des Stückes „Mein ehrli- te Zeiten – Das Höhrrohr (alle mit Henry cher Tag“ im Hamburger Kongresszentrum Vahl) – Kein Auskommen mit dem Ein- CCH Abschied von der Bühne. Als Schau- kommen – Die Kartenlegerin – Mensch spielerin und Persönlichkeit war sie längst sein muss der Mensch – Wenn der Hahn Legende. 2003 verschlechterte sich ihr ge- kräht – Der Bürgermeisterstuhl – Amanda sundheitlicher Zustand. Sie zog in eine Se- Voss wird 106. Ihre Dramatik zwischen niorenresidenz in Hamburg-Othmarschen. Klamauk, Schwank und Tiefgang hat Heidi Obwohl Heidi Kabel sich seit 2002 zuneh- Kabel 1992 so charakterisiert: „Boulevard mend aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte, übernahm sie im Alter von 92 Jahren nenkloster, welches sich in der Nähe des in Detlev Bucks Verfilmung „Hände weg Dorfes Herwardeshude bei dem heutigen von Mississippi“ eine kleine Rolle an der Stadtteil St. Pauli befand, von ihrem Mann Seite ihrer Tochter Heidi Mahler. Heidi Ka- als Witwensitz erhalten. Als ihr Mann 1239 bel ist auch als Sängerin bekannt geworden. in das St. Maria-Magdalenen-Kloster eintrat, Sie nahm einige Schallplatten mit meist bestimmte Heilwig ihren Witwensitz zu ei- Hamburger Liedern auf. Die bekanntesten nem Zisterzienserinnenkloster. sind Hammonia – Mein Hamburg, ich liebe dich, In Hamburg sagt man Tschühüß, An Heimburgstraße de Eck steiht’n Jung mit’n Tüdelband, Osdorf, seit 1928. Wilhelmine. Pseudonym Hamburg ist ein schönes Städtchen, Trat- für Bertha Behrens. Volkstümliche Erzäh- schen, das tu ich nich, Der Junge von St. lerin. Hauptmitarbeiterin der „Garten- Pauli, Kleine Möwe flieg nach Helgoland laube“. (7.9.1850 Thale/Harz – 9.9.1912 und Ich bin die Oma aus dem Internet, wo- Kötzschenbroda) bei Letzteres nur als Werbeslogan bekannt Tochter des Militärarztes und Schriftstel- wurde. lers Hugo Behrens. Sie war die Nachfolge- Heidi Kabel war ebenfalls für ihr besonde- rin der Marlitt in der „Gartenlaube“. Ihre res soziales Engagement bekannt. Sie sam- Werke wurden in mehrere Sprachen über- melte 1992 im Hamburger Hafen Geld für setzt (englisch, französisch, holländisch, ita- die Aktion Sorgenkind und wandte sich lienisch, tschechisch, schwedisch, dänisch). 1994 mit einer Petition an den Hamburger Senat, um auf das Schicksal einer von Ab- Helene-Heyckendorf-Kehre schiebung bedrohten jugoslawischen Fami- Bergedorf, seit 1987. Widerstands- lie von Kriegsflüchtlingen aufmerksam zu kämpferin der Bästlein-Jacob-Abshagen- machen. Sie unterstützte unter anderem Gruppe. Schneiderin. Motivgruppe: Hamburger Obdachlosenprojekte, das Kin- Verdiente Frauen. (15.11.1893 Hamburg – derheim von St. Pauli und den Verein der 21.4.1945 KZ Neuengamme) Freunde des Tierparks Hagenbeck. Ihr Ehemann Max Heyckendorf, Beamter Sie starb am 15. Juni 2010 im Alter von 95 der Landesversicherungsanstalt, gehörte der Jahren. Die „Botschafterin des Herzens“ kommunistischen Widerstandsgruppe Bäst- und „Göttin des trockenen Humors“ (Nach- lein-Jacob-Abshagen an und war vor der ruf Hauke Brost in Bild, 25.6.2010) wurde Gestapo geflüchtet. Helene Heyckendorf auf dem Nienstedtener Friedhof in Ham- wurde im Dezember 1944 verhaftet. Sie ge- burg neben ihrem Ehemann beigesetzt. Auf hörte zu den 13 Frauen, die ohne Urteil auf dem Grabstein steht eingemeißelt: To’n Le- Anweisung der Gestapo in den Nächten ben hört de Dood. Cornelia Göksu vom 21. bis zum 23. 4. 1945 im KZ Neu- engamme erdrosselt wurden. (Siehe Marga- Heilwigbrücke rete-Mrosek-Bogen.) Harvestehude, seit 1904, siehe Heilwigstraße Helene-Lange-Straße Heilwigstraße Harvestehude, seit 1950. Pädagogin Harvestehude, seit 1870. Heilwig, Gemah- und Frauenrechtlerin der bürgerlichen lin des Grafen Adolf IV. von Holstein und Frauenbewegung, Bürgerschafts- Schauenburg. (Vermutl. gest. 1250) abgeordnete. (9.4.1848 Oldenburg – Heilwig hatte das 1246 gegründete Non- 13.5.1930 Berlin) Entstammte einer Kaufmannsfamilie. Als Lange arbeitete als Lehrerin an der neu- sie sieben Jahre alt war, starb ihre Mutter, gegründeten Sozialen Frauenschule, deren mit sechzehn Jahren verlor sie ihren Vater. Leiterin Gertrud Bäumer wurde. Helene Ihr Vormund verbot ihr die Lehrerinnenaus- Lange lehrte dort als Dozentin für Pädago- bildung. Deshalb arbeitete sie bis zur Voll- gik und Psychologie. Von März 1919 bis jährigkeit als Aupair-Mädchen in einer Er- Dezember 1920 war sie für die Deutsche ziehungsanstalt im Elsass. Autodidaktisch Demokratische Partei (DDP) in der Ham- bereitete sie sich auf das Lehrerinnenexamen burgischen Bürgerschaft und hielt dort am vor, das sie 1871 in Berlin bestand. Zwi- 24.3.1919 als Alterspräsidentin die Eröff- schen 1875 und 1890 war sie Leiterin des nungsrede. 1920 legte sie ihr Mandat nie- Lehrerinnen-Seminars in Berlin. Von 1890 der, weil sie Gertrud Bäumer nach Berlin bis 1900 Leiterin der Realschulkurse und folgte. seit 1893 auch der Gymnasialkurse für Frauen. Sie setzte sich für die Verbesserung Helenenstieg von Bildungs- und Ausbildungsmöglich- Altona, seit 1953. Helene Donner keiten von Frauen ein. 1890 gründete sie geb. Schröder. Wohltäterin. In Anlehnung mit Auguste Schmidt (Auguste-Schmidt- an die Helenenstraße Weg) den Allgemeinen Deutschen Lehre- rinnenverein (ADLV). Bis 1921 war sie Helenenstraße dessen Vorsitzende. 1893 gründete sie die Altona-Nord, seit 1893. Helene Zeitschrift „Die Frau, Monatsschrift für das Donner geb. Schröder. gesamte Frauenleben unserer Zeit“, welche Etatsrätin. Wohltäterin. (27.12.1819 sie seit 1916/17 gemeinsam mit Gertrud Hamburg – 30.11.1909 Hamburg) Bäumer (Gertrud-Bäumer-Stieg) heraus- Stammte aus der alten Hamburger Familie gab. 1894 war sie Mitbegründerin des Bun- des Freiherrn von Schröder (Schröderstift). des Deutscher Frauen (BDF), in dessen Mit 18 Jahren heiratete sie den damaligen Vorstand sie bis 1906 tätig war. 1902 wurde Chef des großen Handelshauses C.H. Don- Helene Lange Leiterin des Allgemeinen ner, den Etatsrat Bernhard Donner, und be- Deutschen Frauenvereins (ADF), dem sie bis kam fünf Kinder. Ihr Haus, das Donner- 1921 vorstand. Sie lehnte es ab, mit der pro- Schloss an der Flottbeker Chaussee, wurde letarischen Frauenbewegung zusammenzu- der Mittelpunkt der Gesellschaft. Offiziere, arbeiten und kritisierte auch den radikalen Künstler, Gelehrte und Adlige waren dort Flügel der bürgerlichen Frauenbewegung. zu Gast. 1865 starb Helene Donners Mann. „Zu Beginn des ersten Weltkrieges bezog Nach seinem Tod widmete sie sich ver- sie militaristische Positionen, sie war für stärkt der Wohltätigkeit. Sie stiftete die Sonn- die Beteiligung am ,Nationalen Frauen- tagsschule in Altona, gründete das Hele- dienst‘. 31 Jahre lebte und arbeitete sie mit nenstift in Altona – ein Krankenpflegerin- dessen Gründerin Gertrud Bäumer, die als nenheim – und ließ Ende der 90er Jahre auf ihre Nachfolgerin im BDF die Gleichschal- dem Gelände des Helenstiftes eine Kapelle tung der bürgerlichen Frauenbewegung im bauen, die einen eigenen Seelsorger bekam. Nationalsozialismus maßgeblich verant- Helene Donner gehörte dem Vorstand der wortete.“ (Florence Herve, Ingeborg Nödin- Ottensener Krippe an und wurde 1870 in ger: Lexikon der Rebellinnen. Dortmund den Vorstand des Vaterländischen Frauen- 1996.) 1919 kamen Helene Lange und vereins gewählt. Sie wurde Ordensdame des Gertrud Bäumer nach Hamburg. Helene Luisenordens am Band und Besitzerin des Wilhelm-Ordens am Band des Schwarzen- Versicherungsgesellschaft „Volksfürsorge“. Adler-Ordens, den ihr Kaiser Wilhelm II. Zwischen ihnen entwickelte sich eine fast am 18. Juni 1889 anlässlich seines Besu- dreißig Jahre dauernde tiefe Freundschaft. ches in Altona zur Enthüllung des Denkma- In den 80er Jahren schloss sich Helma Stein- les seines Großvaters überreichte. Außer- bach der politischen Bewegung der Arbei- dem erhielt sie den Orden des Roten Kreu- ter und Arbeiterinnen an. Besonders aktiv zes. Als die Stadt Altona 1885 mit dem war sie im Verein der Hand-, Weiß- und Ma- Ausbau des Neumühlener Strandweges be- schinennäherinnen Hamburgs, einem 1887 gann, gab Helene Donner den benötigten gegründeten Fachverein, der aus dem 1885 Teil ihres Geländes ab. gegründeten Verein für Vertretung der ge- werblichen Interessen der Frauen und Mäd- Helgaweg chen Hamburgs (mit 150 Mitgliedern) her- Fuhlsbüttel, seit 1946. Frei gewählter vorgegangen war. Dort wurden die Arbeite- Name rinnen nicht nur in ihren gewerblichen In- teressen unterstützt, es fand auch Aufklä- Helma-Steinbach-Weg rungs- und Erziehungsarbeit im Sinne der Horn, seit 1929. Gründungsmitglied Sozialdemokratie statt. Helma Steinbach der „Produktion“, Gewerkschaftsfunktio- bekam jedoch Schwierigkeiten mit den närin. (1.12.1847 Hamburg – 7.7.1918 Genossinnen wegen ihres „unweiblichen“ Glünsing/Lauenburg) Auftretens und wurde bereits 1888 wegen Geboren als Tochter der verarmten Hambur- „Eigenmächtigkeit“ aus dem Verein ausge- ger Kaufmannsfamilie Steiner. Da die Fa- schlossen. Im Februar 1890 gründete sie milie den wirtschaftlichen Bankrott vor der den Zentralverein der Plätterinnen, der ca. Gesellschaft verbergen wollte, wuchs Hel- 1.000 Mitglieder besaß. ma unter großen Opfern und Entbehrungen Als 1890 das Sozialistengesetz aufgehoben auf. Eine vermutlich aus finanziellen Grün- wurde, konnte der erste Sozialdemokrati- den geschlossene Ehe verlief unglücklich, sche Parteitag in Halle abgehalten werden. schon nach kurzer Zeit ließ Helma Stein- Von den fünf weiblichen Delegierten ergrif- bach sich scheiden. fen nur Emma Ihrer und Helma Steinbach Wie alle bürgerlichen Mädchen ihrer Zeit das Wort. Als eine von 4 Frauen unter hatte auch Helma Steinbach eine Erziehung 208 Delegierten nahm die 55jährige Helma in Haushaltsführung und Handarbeit erhal- Steinbach 1892 am ersten Gewerkschafts- ten, konnte rechnen, lesen und schreiben. kongress in Halberstatt teil und vertrat dort Daher war sie nach ihrer Scheidung in der die Interessen der Arbeiterinnen. In einer Lage, sich ihren Lebensunterhalt als Wirt- Resolution, die gegen eine Stimme ange- schafterin, Näherin, Schneiderin, Plätterin nommen wurde, vertrat sie die Ansicht, (Bügelfrau) und Vorleserin bei den Ham- Frauen sollten gemeinsam mit Männern in burger Zigarrenarbeitern selbst zu verdie- einer Organisation arbeiten. Außerdem for- nen. Anfang der 80er Jahre lernte Helma derte sie die Gewerkschaften auf, auch Steinbach den aus dem Exil in den USA zu- Frauen als Mitglieder aufzunehmen und ge- rückgekehrten Zigarrensortierer Adolf von zielt um sie zu werben. Helma Steinbach Elm kennen, den späteren Gewerkschafts- hielt nicht viel von Frauengewerkschaften führer, sozialdemokratischen Reichstags- und Arbeiterinnen- und Frauenbildungsver- abgeordneten (1894-1907), Mitbegründer einen, nach ihrer Ansicht „Klatsch- und der Genossenschaft „Produktion“ und der Zankvereine“. Sie wollte, dass Frauen und Männer Seite an Seite marschieren. Auch Auch wurde der Vorschlag gemacht, den forderte sie die Aufgabe des Sonderrechtes, Helma-Steinbach-Weg in Oskar-König-Weg, wonach Frauen spezielle Frauenvertrete- Opfer der nationalen Erhebung – sprich den rinnen zu den Parteitagen entsenden konn- Nationalsozialisten zuzurechnen –, umzu- ten. benennen. Die Umbenennung erfolgte jedoch Als im November 1896 ein wilder Streik nicht. Bis heute gibt es den Helma-Stein- unter Hamburgs Hafenarbeitern ausbrach, bach-Weg. Helene Götschel wurden auch für die Frauen der streikenden Hafenarbeiter und Seeleute Versammlun- Henny-Schütz-Allee gen organisiert, um die vom Streik genauso Langenhorn, seit 2010, nach Henriette hart betroffenen Frauen zu unterstützen und Wilhelmine Schütz geb. Winkens (1.6.1917- für den Streik zu gewinnen. An der Frauen- 2001), Sozialdemokratin, SAJ Winterhude agitation beteiligte sich auch Helma Stein- bis 1933, 1935/36 ein Jahr Schutzhaft bach. Als das Geld in der Streikkasse knapp Fuhlsbüttel, Untersuchungshaft Hamburg, wurde, entstand die Idee, die Streikenden wegen Vorbereitung zum Hochverrat künftig durch Lebensmittel zu unterstützen, (Prozess Winkens, SAJ Winterhude), Ju- die en gros und damit preisgünstig ein- gend-KZ Moringen/Solling, seit 1945 gekauft werden sollten. Der Streik musste Wohnbezirkskassiererin der SPD Langen- zwar mangels finanzieller Mittel erfolglos horn-Nord. Motivgruppe: Verfolgte des aufgegeben werden, die Idee einer Groß- Nationalsozialismus einkaufsmöglichkeit blieb jedoch bestehen, Henriette Winkens wurde am 1. Juni 1917 und es entwickelte sich daraus eine Initiati- in Hamburg-Langenhorn geboren. Als Ju- ve für einen Konsum- und Sparverein. Im gendliche war sie Mitglied der Sozialisti- August 1897 wurde ein Ausschuss von neun schen Arbeiterjugend (SAJ, Jugendorgani- Personen, darunter Helma Steinbach als ein- sation der SPD) bis zu deren Verbot 1933. zige Frau, gewählt, den Satzungsentwurf Als weiterhin widerstandspolitisch Aktive für eine Kosumgenossenschaft auszuarbei- wurde sie 1935/36 in so genannte „Schutz- ten. Am 3. Februar 1899 wurde die „Pro- haft“ genommen. duktion“ ins Handelsregister eingetragen. Diese Willkürhaft wurde seit der so ge- Als die Nazis die Macht ergriffen, war ih- nannten Reichsbrandverordnung, der „Ver- nen der Helma-Steinbach-Weg ein Dorn im ordnung zum Schutz von Volk und Staat Auge. Helma Steinbach galt bei ihnen als vom 28.2.1933“, eingesetzt und diente der Marxistin. Aus diesem Grunde machten im Verfolgung missliebiger Personen. Rechts- Januar 1937 das Ingenieurwesen und das anwälte wurden für die Wahrnehmung der Hamburgische Staatsamt im Rahmen der Rechte ihrer Mandanten von der Schutzhaft Aktion „Umbenennung der nach Juden oder ausgeschlossen. Marxisten benannten Straßen in Hamburg“ Moringen liegt ca. 100 südlich von Hanno- den Vorschlag, den Helma-Steinbach-Weg ver und 20 km nordwestlich von Göttingen. in Souchonstraße umzubenennen. Ihre Er- Zwischen 1933 und 1945 bestanden – mit- klärung zu Souchon lautete: „Admiral Sou- ten im Ortskern – drei Konzentrationslager, chon, der die ,Goeben‘ und ,Breslau‘ durch darunter 1933-1938 ein Frauen-KZ. Ein die Straße von Messina nach Konstantino- großer Teil der Frauen kam aus dem politi- pel führte und dadurch mit dazu beitrug, schen Widerstand. daß die Türkei auf die Seite der Mittel- Dort dürfte auch die Sozialdemokratin mächte trat.“ Henny Schütz inhaftiert gewesen sein. Zitat von der Website der Gedenkstätte Henriettenweg Moringen:„Vor ihrer Versetzung in das in Eimsbüttel, seit 1961. Siehe Preußen zentrale Frauen-KZ hatten viele Henriettenstraße Frauen, im besonderen die politischen Ge- fangenen und die Zeuginnen Jehovas – Herschelstraße bereits lange Gefängnis- oder Zuchthaus- Rahlstedt, seit 1958, nach William strafen hinter sich.“ Herschel. Ergänzt 2001/2202 um die Unter der Bezeichnung „polizeiliches Ju- ebenso bedeutende Schwester Caroline gendschutzlager“ bestand dort das erste Ju- Herschel. gend-KZ zwischen August 1940 und 1945 Neuer Erläuterungstext: benannt nach (Quelle: www.gedenkstaettemoringen.de/ dem Geschwisterpaar Caroline Lucretia geschichte). Cornelia Göksu H. (1750-1848), Astronomin, Ehrenmit- glied der Royal Astronomical Society, und Henriette-Herz-Garten Sir William H. (1738-1822), Astronom, Bergedorf, seit 1984. Henriette Julie Entdecker des Planeten Uranus geb. de Lemos. Schriftstellerin. In Anleh- Sie war immer „die kleine Schwester“, die nung an den Namen „Henriette-Herz- „liebe Lina“. Die Tochter eines Militärmu- Ring“ sikers, der ihr Gesangsunterricht gegeben hatte, sah stets voller Bewunderung auf ih- Henriette-Herz-Ring ren Bruder, den Regimentsmusiker und As- Bergedorf, seit 1984. Henriette Julie tronomen Wilhelm Herschel. Ihre eigenen geb. de Lemos. Schriftstellerin. Leistungen leugnete sie, obwohl sie (5.9.1764 Berlin – 22.10.1847 Berlin) ebenso wie ihr Bruder große Verdienste auf Tochter des sephardischen Arztes de Le- dem Gebiet der Astronomie erlangte. Nei- mos. Heiratete im Alter von 15 Jahren der nannten sie „die Kometenjägerin“. Ca- (1779) den 17 Jahre älteren Arzt und Philo- roline Herschel, die 1772 ihrem Bruder sophen Markus Herz. Henriette Herz führte nach Bath in England gefolgt war, wo sie in Berlin einen literarischen Salon. Dort einige Zeit als Konzertsängerin aufgetreten verkehrten Persönlichkeiten aus allen Be- war, führte ihrem Bruder den Haushalt, der reichen der Wissenschaft und Kultur. sich der Astronomie zugewandt hatte. 1782 Auch war sie Mitbegründerin eines Tu- wurde sie seine wissenschaftliche Hilfsar- gendbundes, dem u. a. Alexander und Wil- beiterin. Aber schon bald wurde sie selbst helm von Humboldt und später auch F.D.E. zu einer Entdeckerin. Zwischen 1786 und Schleiermacher angehörten. 1797 entdeckte sie acht Kometen und drei Nach dem Tod ihres Mannes im Jahre 1803 Nebelflecken. Ab 1787 erhielt sie von Kö- musste sich Henriette Herz finanziell ein- nig Georg III. von England als Gehilfin ih- schränken. Sie arbeitete nun als Erzieherin res Bruders ein Jahresgehalt von 50 Pfund junger Mädchen. Auf Anregung von Ale- Sterling. xander von Humboldt erhielt sie im hohen Gemeinsam mit ihrem Bruder baute sie ein Alter eine Pension vom Preußischen König. Teleskop. Damit entdeckte er den Planeten Uranus. Henriettenstraße Nach dem Tod ihres Bruders im Jahre 1822 Eimsbüttel, seit 1865. Tochter von zog Caroline Herschel nach Deutschland Alexander Bentalon Tornquist. Gelände- zurück und lebte wieder in ihrer Heimat- vorbesitzer. (27.3.1843 – 10.4.1914) stadt Hannover. Caroline Herschel erhielt viele Auszeich- Hexenstieg nungen. So verlieh ihr 1828 die „Royal As- Rissen, seit 1980. Benennung in Anleh- tronomical Society“ die Goldmedaille. nung an Hexentwiete 1835 wurde sie deren Ehrenmitglied. 1846 erhielt sie vom preußischen König Hexentwiete Friedrich Wilhelm IV. die Goldene Medail- Rissen, seit 1928. Benannt nach dem Hohl- le der Preußischen Akademie der Wissen- weg, der durch einen dunklen Tannenwald schaften. führt. Dem Volksglauben entsprechend sollen sich dort Hexen aufgehalten haben Hertha-Feiner-Asmus-Stieg Winterhude, seit 1992. Jüdisches Opfer Heymannstraße des Nationalsozialismus. Lehrerin Eimsbüttel, seit 1950. Lida Gustava an der Schule Meerweinstraße. (8.5.1896 Heymann. Frauenrechtlerin der radikalen Hamburg – 2.3.1943 Selbsttötung bürgerlichen Frauenbewegung. (15.3.1868 während des Transports nach Auschwitz) Hamburg – 31.7.1943 im Exil in Zürich) Tochter von Josef Feiner, Rektor der An- Wuchs mit vier Geschwistern in einem rei- ton-Rée-Schule. Studierte Pädagogik und chen Hamburger Kaufmannshaus auf. Hö- arbeitete bis 1933 als Lehrerin an der here Töchterschule und fünfjähriger Pensi- Schule Meerweinstraße. Mit 25 Jahren hei- onsaufenthalt in Dresden. Zurückgekehrt ratete sie Johannes Asmus, bekam zwei ins Elternhaus, weigerte sie sich, das Da- Töchter (1925 und 1927). 1933 aus dem sein einer höheren Tochter zu führen und Schuldienst entlassen und Scheidung von unterrichtete stattdessen an einer Armen- ihrem Mann. Sie arbeitete nun als Hilfsleh- schule. Von ihrem Vater wurde sie als Ver- rerin an einer jüdischen Schule. walterin seines Sechs-Millionen-Nachlas- 1935 zog sie nach Berlin, ihre Kinder ses bestimmt. Als er starb, bedurfte es schickte sie vier Jahre später, durch Ver- immenser Auseinandersetzungen mit dem mittlung ihres geschiedenen Mannes, in Hamburger Staat, bis Lida Gustava Hey- die Schweiz auf ein Internat am Genfer mann dieses Amt antreten konnte. In ihrer See. Hertha Feiner arbeitete in Berlin an Funktion als Nachlassverwalterin versuch- verschiedenen jüdischen Schulen. 1941 er- te sie soziale Not zu lindern und sich für folgte der Zwangseinsatz bei der Jüdischen Fraueninteressen einzusetzen. 1896 grün- Gemeinde. Sie musste dort bei den admi- dete sie einen Mittagstisch für erwerbslose nistrativen Vorbereitungen der Deportatio- Frauen mit angegliedertem Kindergarten. nen mitarbeiten. 1897 richtete sie in der Paulstraße 9 eine Am 12.3.1943 wurde sie nach Auschwitz Art Frauenhaus ein, wo sich Frauen Rat und deportiert. Auf dem Weg dorthin nahm sie Schutz holen konnten. 1899 eröffnete sie sich das Leben. eine Handelsschule für Mädchen. Ab ihrem 35. Lebensjahr studierte sie in Berlin und Herthastraße München sechs Semester Sozialwissen- Bramfeld, um 1887. Tochter des Bram- schaften. Gleichzeitig engagierte sie sich in felder Bauern Siemers der radikalen bürgerlichen Frauenbewe- gung. Gründete 1896 mit Helene Bonfort Hexenberg die Ortsgruppe Hamburg des Allgemeinen Altona, früher Wilhelminenstraße, 1950 Deutschen Frauenvereins. Hier stellten sich umbenannt in Hexenberg. Flurname Differenzen zwischen den „Gemäßigten“, zu denen Helene Bonfort gehörte, und den gung der Kampf für Frieden an erster Stel- „Radikalen“ ein. Die „Radikalen“, zu de- le. Die Frauenstimmrechtsfrage wurde nen Lida Gustava Heymann zählte, wollten dabei aber nicht vergessen. Vielmehr wurde sich nicht nur mit Wohlfahrtsangelegen- ein enger Zusammenhang zwischen der po- heiten beschäftigen, sondern forderten ein litischen Gleichberechtigung der Frauen stärkeres politisches Engagement. Vehe- und der Friedensfrage gesehen. Man war ment traten sie für die volle staatsbürgerli- der Überzeugung, dass erst dann, wenn che Gleichstellung der Frau ein. 1898 kam Frauen Einfluss auf die Politik hätten, Krie- es zur Abspaltung der „Radikalen“. Lida ge vermeidbar würden. Lida Gustava Hey- Gustava Heymann gründete 1900 mit den mann und zahlreiche andere Frauen aus Abtrünnigen eine Ortsgruppe des Vereins vielen Ländern der Welt organisierten den Frauenwohl, der 1888 in Berlin entstanden ersten internationalen Friedenskongress, war. Um der Forderung nach der staatsbür- der vom 28. April bis 1. Mai 1915 in Den gerlichen Gleichstellung der Frau Nach- Haag stattfand. Lida Gustava Heymann und druck zu verleihen, gründeten 1902 Lida Dr. Anita Augspurg waren auch Mitbegrün- Gustava Heymann, Dr. Anita Augspurg und derinnen der Internationalen Frauenliga für Minna Cauer in Hamburg den Deutschen Frieden und Freiheit (IFFF), die im Mai Verein für Frauenstimmrecht. Hamburg 1919 in Zürich gegründet wurde und im wurde damit zum Zentrum der Stimm- Juni 1919 in Frankfurt am Main eine deut- rechtsbewegung. Der Verein, der 1903 in sche Sektion erhielt, in der Heymann und Deutscher Verband für Frauenstimmrecht Augspurg führend tätig waren. umbenannt worden war, organisierte 1904 Lida Gustava Heymann lebte mit ihrer in Berlin den Gründungskongress des Welt- Freundin Dr. Anita Augspurg, die sie 1896 bundes für Frauenstimmrecht. Die Frauen- auf dem Internationalen Frauenkongress in stimmrechtsbewegung war zunächst sehr Berlin kennen gelernt hatte, zusammen. erfolgreich. Als aber infolge der preußi- Zuerst wohnten und arbeiteten sie in Ham- schen Wahlrechtsreformbestrebungen der burg und Berlin, ab 1907 waren München Deutsche Verband für Frauenstimmrecht und Berlin ihre Hauptwirkungsstätten. Im seine Forderung konkretisierte und auf der März 1916 erhielt Lida Gustava Heymann zweiten Generalversammlung im Jahre vom bayerischen Kriegsministerium ein 1907 das allgemeine und gleiche Stimm- Schreiben, aus dem hervorging, dass die recht für alle einklagte, kam es zu heftigen von der Deutschen Friedensgesellschaft, Kontroversen. Ein Teil der Frauen meinte, der Friedensvereinigung München und dem diese Forderung widerspräche der „Neutra- Bund Neues Vaterland betriebene pazifisti- lität“ der Frauenbewegung und schlösse sche Agitation die öffentliche Sicherheit sich der SPD an, die sich zum gleichen und gefährde. Das Ministerium drohte Lida allgemeinen Wahlrecht für Frauen und Gustava Heymann, ihr den Aufenthalt in Männer bekannte. Es kam zur Spaltung der Bayern zu verbieten. 1917 wurde sie ausge- Frauenstimmrechtsbewegung. Lida Gusta- wiesen. Zwei Jahre später kehrte sie zurück va Heymann und ihre Freundin Dr. Anita und nahm am Münchner Rätekongress teil. Augspurg gründeten daraufhin 1913 zu- Von 1919 bis 1933 gab sie zusammen mit sammen mit Minna Cauer den Deutschen Dr. Anita Augspurg die Zeitschrift „Die Frauenstimmrechtsbund. Frau im Staat“ heraus. Schwerpunktthe- Seit Beginn des Ersten Weltkrieges stand in men: Friedenspolitik und Völkerverständi- der radikalen bürgerlichen Frauenbewe- gung. Ein parteipolitsches Engagement lehnten beide Frauen ab. Sie hatten 1908 Deutschland zu kommen. 1939 unternahm ihre negativen Erfahrungen mit der libera- sie diesen Versuch über Lissabon, musste len deutschen freisinnigen Partei gemacht. jedoch auf halbem Wege umkehren und Männerpolitik und Männerparteien kamen nach England zurückkehren. 1944 gelang für sie nicht mehr in Frage. es ihr, über die Schweiz und Österreich Als sich Lida Gustava Heymann und ihre nach Deutschland zu kommen. Im Frühjahr Freundin Dr. Anita Augspurg Ende Januar 1945 wurde sie auf dem Rückweg von 1933 im Ausland befanden, wurde Lida Deutschland in die Schweiz von einer SS- Gustava Heymanns nicht unerheblicher Patrouille beim illegalen Grenzübergang materieller Besitz beschlagnahmt und sie erschossen. selbst expatriiert. Lida Gustava Heymann und Dr. Anita Augspurg blieben in der Hildburgweg Schweiz im Exil. Auch in der Emigration Lokstedt, seit 1965. Gestalt aus dem ging ihr Kampf für den Frieden weiter, Wolfdietrichepos B (von Saloniki). 13. Jhd. immer wieder riefen sie zum Boykott gegen Das Wolfdietrichepos B berichtet über das Hitler-Deutschland auf. Liebesabenteuer von Wolfdietrichs Eltern. Hildburg ist Wolfdietrichs Mutter. Sie wur- Hilda-Monte-Weg de von ihrem Vater in einen Turm ein- Bergedorf, seit 1986. Hilde Meisel. geschlossen, damit sie vor den Zugriffen Pseudonym: Hilda Monte. Schriftstellerin, galanter Herren sicher sei. Doch Wolfdiet- Widerstandskämpferin gegen den Natio- richs Vater verschaffte sich, verkleidet als nalsozialismus. Motivgruppe: Verdiente seine eigene Schwester, Zutritt zu Hild- Frauen. (31.7.1914 – 18.4.1945) burg. Und es geschah, was geschehen Im Alter von 15 Jahren schrieb sie für das musste: Hildburg wurde schwanger und Berliner Blatt des Internationalen Sozialis- gebar Wolfdietrich. Er wurde im Wald aus- tischen Kampfbundes „Der Funke“. Als die gesetzt. Wölfe fanden ihn und nahmen ihn Nazis die Macht ergriffen, war sie in Eng- als Wolfskind an. Eines Tages wurde Wolf- land und nahm von dort ihre Widerstands- dietrich von seinem Großvater gefunden, tätigkeit gegen Hitler-Deutschland auf. der das Kind zu seiner Tochter Hildburg Über den Internationalen Sozialistischen brachte. Nun hatte Hildburg ihren Sohn Kampfbund fand sie Kontakt zu politischen wieder. Und damit alles seine Ordnung hat- Freunden in verschiedenen Ländern. Unter te, wurde ihr erlaubt, ihren Schwängerer, dem Pseudonym Hilda Monte brachte sie den Vater Wolfdietrichs, zu heiraten. ihren GesinnungsgenossInnen in Deutsch- land Literatur und Informationen und half Hildegardweg auch so manchem bei der Flucht aus Fuhlsbüttel, seit 1951. Frei gewählter Name Deutschland. Während des Krieges schrieb sie in englischer Sprache die Novelle Hildeweg „Where Freedom Perished“. Mit dieser Rissen, seit 1954. Hilde von Indien. Schrift wollte sie im Ausland die Lage der Gestalt aus der Gudrunsage, anonymes Deutschen, die unter der nationalsozialisti- Heldenepos um 1240 schen Diktatur litten, verständlich machen. Hagen, Sohn des irischen Königs Sigbant, Sie veröffentlichte außerdem das Buch wird im Alter von sieben Jahren von einem „The Unity of Europe“. Selbst während des Greif auf eine Insel entführt, auf der bereits Krieges versuchte sie immer wieder, nach drei entführte Königstöchter leben. Hagen besiegt den Greif und kehrt mit den Mäd- Ida Ehre wuchs mit fünf Geschwistern chen, darunter Hilde von Indien, nach Ir- auf und musste durch den frühen Tod ih- land zurück. Hagen und Hilde heiraten und res Vaters, einem Oberkantor, „äußeren“ bekommen eine Tochter, die sie Hilde nen- Mangel erfahren. Ihre Mutter versuchte nen. Diese wird später Gudrun gebären. mit Nähen den Lebensunterhalt zu ver- dienen. Die Mutter war es auch, die Ida Ida-Boy-Ed-Straße Ehres schauspielerische Begabung, die Bergedorf, seit 1927. Schriftstellerin. schon in der Schulzeit auffiel, ernst (17.4.1852 Bergedorf – 13.5.1928 nahm. Travemünde) Ida Ehre erhielt ein Stipendium an der Als Tochter des Verlegers Chr. M. Ed in K.u.K.-Akademie für Musik und darstel- Bergedorf geboren. Die Familie siedelte lende Kunst. Nach vielen Aufenthalten nach Lübeck um, dort heiratete Ida Ed im an verschiedenen Bühnen kam sie 1931 Alter von 18 Jahren den Großkaufmann nach Berlin, wo sie für den Rundfunk ar- Karl J. Boy. Sie bekam vier Kinder und be- beitete und einen Filmvertrag erhielt. gann schriftstellerisch tätig zu werden. Als Doch der Film wurde nicht mehr gedreht. ihre ersten Werke veröffentlicht wurden, Mit der Machtergreifung durch die Nati- kam es zu großen Konflikten mit der Fami- onalsozialisten erhielt Ida Ehre Berufs- lie ihres Mannes, die es als unschicklich verbot. empfand, eine Schriftstellerin in ihrer Fa- Ihr Mann, der Arzt Dr. Bernhard Heyde, milie zu haben. Ida Boy-Ed zog die Konse- den sie geheiratet hatte, als die gemein- quenzen und ging mit ihrem ältesten Sohn same Tochter Ruth unterwegs war, kün- nach Berlin. Schon nach eineinhalb Jahren digte seine Stellung als Oberarzt. Ge- hatte sie dort großen schriftstellerischen Er- meinsam ging die Familie nach Böblin- folg. Sie kehrte nach Lübeck zurück und gen und eröffnete dort eine Praxis. Doch wurde nun von der Familie akzeptiert. Ida die NS-Ideologie machte auch vor dem Boy-Ed schrieb fast 50 Romane und zahl- Privatleben des Paares nicht halt. Als reiche Novellen. Ihre bekanntesten Werke überzeugter Deutschnationaler erklärte sind: „Ich“ (1888), „Ein königlicher Kauf- Bernhard Heyde seiner Frau 1943, er mann“ (1910), biographische Studien über werde zwar sie und die Tochter nicht ver- „Charlotte von Kalb“ (1912) und „Charlotte lassen, als deutscher Mann könne er aber von Stein“ (1916), „Die Opferschale“ nicht mehr mit ihr intim sein. Er erwarte (1921) und „Das Eine“ (1925). Ida Boy-Ed von ihr keine Treue, und wenn sie starb am 13.5.1928 in einem Travemünder schwanger werden sollte, so würde er Sanatorium an Herzschwäche. In ihren letz- das Kind als das seine akzeptieren. Ida ten Lebensjahren war sie fast taub. Ehre lernte Wolfgang kennen. Und es be- gann ein Dreier- bzw. Vierecksverhält- Ida-Ehre-Platz nis, denn auch Bernhard Heyde ging eine Altstadt, ab Mitte 2000. Umbenennung des außereheliche Liebesbeziehung ein. Teils des Gerhart-Hauptmann-Platzes, Bernhard Heyde galt als „wehruntüch- welcher von der Mönckebergstraße zur tig“, da er sich zum Schutze seiner Frau Steinstraße führt. Ida Ehre (1900-1989). weigerte, sich scheiden zu lassen. 1943 Schauspielerin, Regisseurin und Prinzipa- kam Ida Ehre für sechs Wochen ins KZ lin der Hamburger Kammerspiele in der Fuhlsbüttel. Wolfgang wurde von seinem Hartungstraße Bruder unter Druck gesetzt, das Verhält- nis mit einer Jüdin aufzugeben. Er verließ lesen und schreiben konnte, Lieder nach seine Geliebte und heiratete die Freundin Gehör gespielt und sich zu den Melodien Bernhard Heydes, Maria. Harmonien gesucht hatte, die ersten Kla- Nach dem Krieg lebten Bernhard Heyde, Ida vierstunden. Mit neun erhielt sie zusätzlich und Wolfgang in einer gemeinsamen Woh- Unterricht in Harmonielehre. Im Jahr zuvor nung in der Hallerstraße. Als Wolfgang nach hatte sie ihr erstes Stück komponiert, eine einigen Jahren diesen Zustand nicht mehr Polka, die „Formsinn“, „Phantasie“ und aushielt und Ida Ehre ein Ultimatum stellte, „Humor“ verriet. Einige Jahre später ent- bat sie ihren Mann, sie gehen zu lassen. Er stand ihre c-moll-Fantasie, die der Drei- jedoch weigerte sich mit der Begründung, zehnjährigen bei der Aufnahme in die wer so lange verheiratet sei wie sie beide, Hochschule half. Da es in Hamburg keine solle sich nicht mehr trennen. wirklich guten Ausbildungsmöglichkeiten Ida Ehre blieb. 1945 gründete Ida Ehre die gab, ging sie an die Hochschule für Musik Kammerspiele in der Hartungstraße. Ein nach Berlin. Sie wohnte bei einer Tante, Jahr später fand hier die legendäre Urauffüh- studierte Klavier bei Prof. Bender und rung von Wolfgang Borcherts „Draußen vor Komposition bei H. van Eyken. Mit sech- der Tür“ statt. zehn wechselte sie innerhalb Berlins ans Für ihre Verdienste um den kulturellen Wie- Sternsche Konservatorium, als sich ihr die deraufbau der Stadt erhielt sie 1970 die Me- Chance bot, in die Klavierklasse von James daille für Kunst und Wissenschaft, 1975 Kwast, eines der bedeutendsten Pädagogen den Professorentitel,1983 das große Bun- seiner Zeit, aufgenommen zu werden. Er desverdienstkreuz und 1985 die Ehren- förderte auch ihr Verständnis und Interesse bürgerschaft Hamburgs. für neue Musik. Kompositionsunterricht er- hielt sie bei Hans Pfitzner. 1908 verließ sie Ilse-Fromm-Michaels-Weg das Sternsche Konservatorium, schloss ihre Othmarschen, seit 2008. Nach Ilse F.-M. Ausbildung endgültig aber erst 1913 nach (30.12.1888 Hamburg – 22.1.1986 einem zweijährigen Studium an der Kölner Detmold), Pianistin, 1946 an die Hambur- Musikhochschule ab. ger Schule für Musik und Theater und Schon während ihrer letzten Studienzeit be- später als Professorin an die Musikhoch- gann sie mit dem Aufbau einer pianisti- schule Hamburg berufen. 1959 als erste schen Laufbahn. Da ihr der Name Ilse Frau in die freie Akademie der Künste in Bauch als ungeeignet für eine Künstlerin Hamburg gewählt, seit 1964 Trägerin der erschien, nahm sie den Mädchennamen ih- Johannes-Brahms-Medaille, Verfolgte des rer Mutter an und nannte sich künftig Ilse Nationalsozialismus Fromm. Bedeutende Dirigenten verpflich- Ilse Fromm-Michaels, als ältestes Kind ei- teten sie zu Konzerten. Zudem veranstaltete nes Mathematikers und Schuldirektors in sie – zumeist in Berlin – eigene Klaviera- Hamburg-Barmbek geboren, war eine mu- bende, bei denen sie sich vor allem für zeit- sikalische Doppelbegabung, deren außerge- genössische Musik einsetzte, die allgemein wöhnliches Talent sich in so früher Kind- erst nach dem Ersten Weltkrieg größere Be- heit zeigte, dass sie leicht als Wunderkind achtung fand. Sie stellte Werke von Reger, hätte verschlissen werden können. Die El- Pfitzner, Hindemith, Busoni, Strawinsky, tern ließen ihre Tochter jedoch gründlich Schönberg, Bartok, Berg vor. Bereits als ausbilden. Bereits mit fünf Jahren bekam 18jährige hatte sie 1906 Max Regers Bach- das kleine Mädchen, das schon bevor es Variationen op. 81, die zu den schwierig- sten damals komponierten Klavierwerken deten. So entstand 1938 die c-moll Sinfo- gehörten, mühelos auswendig vorgespielt, nie, mit der sie 1961 bei einem von der GE- und das war um so erstaunlicher, als diese DOK (Gemeinschaft deutscher und öster- wegen ihrer extrem weitgriffigen Anforde- reichischer Künstlerinnen) in Mannheim rungen gerade für Frauen als fast unspielbar veranstalteten Wettbewerb in Konkurrenz galten. Ilse Fromm gelang es jedoch, dieses mit 150 in- und ausländischen Komponi- Problem spieltechnisch zu überwinden – stinnen zusammen mit der Kanadierin Son- insbesondere auch durch die Verwendung ja C. Eckhardt-Grammaté den ersten Preis speziell erdachter Fingersätze. erhielt. Die Symphonie wurde bereits 1946 Bei einem ihrer Konzerte lernte die junge durch das Symphonie-Orchester des Pianistin in Cuxhaven den Richter Dr. Wal- NWDR unter Hans Schmidt-Isserstedt in ter Michaels kennen. Er stammte aus einer Hamburg uraufgeführt. Ihr letztes großes musikalischen jüdischen Familie und hatte Werk war die „Musica Larga“ für Streich- bis zum Verlust eines Armes ausgezeichnet quartett und Klarinette, die sie 1944 für ih- Geige gespielt. 1915 heiratete das Paar. ren Sohn Jost komponierte. Danach trat Doch es folgten keine unbeschwerten Jah- eine Lähmung im Schaffen der Künstlerin re, der Krieg überschattete ihr Leben. Ilse ein. Jahrelange Kränkungen, Ängste und Fromm hatte kaum Auftrittsmöglichkeiten, Entbehrungen, die räumliche Enge durch zudem erkrankte sie aufgrund der schlech- Einquartierungen nach dem Krieg, die ten Versorgungslage an Hungertyphus. schmerzliche Trennung oder gar der end- Nach Kriegsende zog das Paar nach Berge- gültige Verlust vieler ihr geistig verwandter dorf, wo 1922 der gemeinsame Sohn Jost Freunde und Bekannter, 1946 schließlich geboren wurde. Er wurde später ein weltbe- der Tod von Walter Michaels als Folge der kannter Klarinettist. Zwischen den Jahren Inhaftierung ein Jahr vor Kriegsende – all 1923 und 1924 wirkte sie regelmäßig in das hatte die Energie dieser starken Frau Hamburg bei den von Hans Heinz Stucken- gebrochen. Dazu kamen neue Tendenzen in schmidt und Josef Rufer veranstalteten der Musik wie z. B. die Aleatorik und ande- Konzertzyklus „Neue Musik“ mit. Unter re Kompositionsrichtungen, deren Charkter Arnold Schönberg spielte sie den Klavier- und Zielsetzungen sie mit ihren eigenen part in seinem wunderbaren „Pierrot Lu- Ideen und Vorstellungen nicht mehr in Ein- naire“. Daneben erwarb sie sich einen her- klang bringen konnte. 1948/49 komponier- vorragenden Ruf als Klavierpädagogin. te sie ein letztes großes Werk „Drei Rilke- 1925 zog die Familie nach Hamburg in die Gesänge“, das in zwei verschiedenen Enzianstraße. 1933 wurde Walter Michaels Fassungen für Bariton und Klavier sowie aus „rassischen Gründen“ aus dem Staats- für Orchesterbegleitung vorliegt. dienst entlassen. Ilse Fromm-Michaels hat- Ihre Konzerttätigkeit nahm Ilse Fromm-Mi- te als seine Ehefrau in der Folgezeit nicht chaels nach dem Krieg nicht wieder auf. minder unter den sich zunehmend verschär- Das war ein Grund, weshalb es ihr nicht fenden Ausgrenzungen zu leiden, anfangs gelang, eine Schülerschaft um sich zu ver- „nur“ als „unerwünschte“ Künstlerin. Spä- sammeln, wie sie ihren Fähigkeiten ent- ter erhielt sie Auftrittsverbot, und ihre Wer- sprochen hätte, als sie 1946 an der Hambur- ke durften nicht mehr gespielt werden. ger Schule für Musik und Theater als In dieser Zeit tiefster Bedrängnis schuf Ilse Dozentin tätig wurde. Die jungen Pianisten Fromm-Michaels ihre bedeutendsten Wer- und Pianistinnen wussten oft nichts von der ke, die ihren Ruf als Komponistin begrün- Bedeutung und dem Ruhm, die Ilse Fromm-Michaels besessen hatte, und wähl- lich sterbe ich, wie ich gelebt, als eine reine ten lieber Lehrer, die noch konzertierten. und unschuldige Braut Christi.“ Sie selbst hatte keine Kraft mehr, sich stark zu machen. Nach 13 Jahren beendete sie Irma-Sperling-Weg 1959 ihre Dozentinnentätigkeit. Alsterdorf, seit 1985. Opfer der Euthana- Auch wenn Ilse Fromm-Michaels zu Leb- siemaßnahmen des Nationalsozialismus. zeiten manche Anerkennung und Ehrung Gehörte zu den 228 Mädchen und Frauen, erfuhr wie durch die Akademie der Freien die am 16.8.1943 aus den Alsterdorfer Künste, die sie als erste Frau als Mitglied Anstalten in als „Reichspost“ getarnten wählte und ihr 1956 die Ehrenplakette ver- Bussen in die Tötungsanstalt „Am Stein- lieh, oder durch die Stadt Hamburg, die sie hof“ in Wien gebracht wurden. anlässlich ihres 75. Geburtstages mit der (20.1.1930 Hamburg – umgebracht am Brahmsmedaille auszeichnete, so ist ihr als 8.1.1944 in der Heilanstalt „Am Steinhof“ Komponistin doch nicht die Würdigung in Wien) zuteil geworden, die sie verdient. Hatte bei der Geburt ein sehr geringes Ge- Brita Reimers burtsgewicht und zeigte deutliche Ent- wicklungsverzögerungen. Wuchs als sieb- Ilsenweg tes von 12 Kindern einer in ärmlichen Sasel, seit 1941. Ilse, geb. Terfloth. Ehe- Verhältnissen lebenden Hamburger Ange- frau des Besitzers Lind. (Geb. 7.4.1904) stelltenfamilie auf. Der Vater wurde nach der Machtergreifung durch die Nazis aus Innocentiastraße seiner Anstellung bei der Krankenkasse Harvestehude, seit 1870 entlassen – er war in der Arbeiterbewegung Für die Straßenbenennung auf dem ehema- aktiv gewesen. Die Familie geriet in noch ligen Landsitz des Klosters Harvestehude größere wirtschaftliche Not. Die Mutter gibt es zwei Deutungen: Die Benennung er- wurde ernsthaft krank und musste stationär folgte entweder nach Papst Innocenz IV., behandelt werden. der dem 1247 erbauten Nonnenkloster sei- Irma Sperling kam für mehrere Monate in ne Rechte bestätigte oder nach einer Sage das Kinderkrankenhaus Rothenburgsort. um 1350. Danach wurde eine Nonne be- Dort lernte sie sitzen, stehen und laufen. schuldigt, das Keuschheitsgelübde gebro- Als sie entlassen wurde, schickte der Vater chen zu haben, weil sie sich heimlich mit sie in eine Tageskrippe. Wenige Wochen ihrem ehemaligen Verlobten getroffen hat- später, im August 1933, gab der Amtsarzt te. Die Nonne beteuerte vergeblich ihre Un- ein psychiatrisches Gutachten ab, in dem schuld. Sie wurde zum Tode verurteilt und Irma Sperling Schwachsinn bescheinigt sollte auf freiem Felde in ungeweihter Erde und die Unterbringung in den Alsterdorfer bestattet werden. Vor ihrer Hinrichtung bat Anstalten als notwendig erachtet wurde. sie, dass ihr Leib im Hügel auf dem Kloster- Am 21.12.1933 wurde Irma Sperling in die felde begraben und darauf ein Lindenbaum Alsterdorfer Anstalten gebracht. Hier er- gesetzt werde. Dazu sprach sie die Worte: hielt sie kaum Zuwendung und Förderung. „Ich verwünsche den Lindenbaum, daß er Die Folge: Die erworbenen Selbständigkei- niemals höher wachsen werde, als er jetzt ten wurden wieder verlernt und Irma Sper- ist, und das soll als Zeugnis gelten für mei- ling zeigte aggressive Züge. ne Unschuld; denn so gewißlich er hinfort Am 16. August 1943 wurde Irma Sperling nicht mehr höher wachsen wird, so gewiß- mit 227 anderen Mädchen und Frauen aus den Alsterdorfer Anstalten in Busse ver- Jacqueline-Morgenstern-Weg frachtet und nach Wien in die Anstalt „Am Schnelsen, seit 1993. 12 Jahre alte Fran- Steinhof“ transportiert. Dort wurden die In- zösin aus Paris. Opfer des National- sassInnen kaum ernährt und erhielten eine sozialismus. Kindermord in der Schule Überdosierung an Medikamenten. Am 25. am Bullenhuser Damm. (Siehe Geschwis- September 1943 wurde Irma Sperling in ter-Witonski-Straße) den Pavillon 15 der „Wiener Städtischen Tochter des Friseurs vom Place de la Nervenklinik für Kinder“ verlegt. Zwi- Republique in Paris, Charles Morgenstern. schen Juli 1942 und April 1945 wurden hier Ihre Eltern stammten aus Czernowitz in der mindestens 336 Kinder getötet, ihre Gehir- rumänischen Bukowina und waren nach ne gesammelt und nach 1945 zum Teil für dem Ersten Weltkrieg nach Frankreich ge- gehirnanatomische Forschungen weiterver- kommen. Als die deutsche Wehrmacht Pa- wandt. ris besetzte, flüchtete das Ehepaar Morgen- Irma Sperling wurde am 8. Januar 1944 in stern mit seiner Tochter nach Marseille. der Nervenklinik für Kinder getötet. Als Aber auch dort waren sie vor den Deut- Todesursache wurden Grippe und Lungen- schen nicht sicher. Als die Wehrmacht in entzündung verzeichnet, die damals übli- Marseille einmarschierte und Hatz auf die chen Angaben bei Euthanasieopfern, die Juden machte, wurden die Morgensterns durch das Medikament Luminal getötet denunziert. An Jacquelines Geburtstag, dem worden waren. 26.5.1944, wurde die Familie von der fran- Irma Sperlings Schwester „entdeckte“ vor zösischen Polizei verhaftet. Die Mutter einigen Jahren im Wiener Anatomischen kam nach Auschwitz und starb dort, der Va- Institut das Gehirn ihrer Schwester und er- ter wurde „im Januar 1945 in einem offenen reichte, dass die leiblichen Überreste von Güterwagen nach Dachau transportiert, er- Irma Sperling im Mai 1995 auf dem Ohls- lebte noch die Befreiung und starb am dorfer Friedhof beigesetzt wurden. 23. Mai 1945 im Krankenhaus Feldafing.“ Jacqueline Morgenstern „wurde vom KZ- Isoldeweg Arzt Josef Mengele zu den Tuberkulose- Rissen, seit 1972. Gestalt aus Richard Versuchen ausgesucht, nach Neuengamme Wagners Oper „Tristan und Isolde“ (1859). gebracht und als Zwölfjährige erhängt.“ Motivgruppe: Werke von Richard Wagner (Günther Schwarberg: Straßen der Erinne- „Bei Wagner wird die Haßliebe Isoldes zu rung. Hamburg o. J.) Tristan hervorgehoben: Isolde erkennt in Tantris (Tristan) den Mörder ihres Oheims, Jeanette-Wolff-Ring doch als sie ihn ihrerseits ermorden will, Bergedorf, seit 1992. Geb. Cohen. Wider- hält sie ein Blick des Todkranken ab. Sie standskämpferin, Bundestagsabgeordnete will ihn dann durch Gift töten und mit ihm (SPD), führende Mitarbeiterin in verschie- sterben, doch Brangäne tauscht den Todes- denen jüdischen Organisationen Deutsch- trank gegen den Liebeszauber aus und ket- lands. Motivgruppe: Verdiente Frauen. tet Isolde und Tristan dadurch unwiderruf- (22.6.1888 Bocholt – 19.5.1976 Berlin) lich zusammen. Die letzte Begegnung ist Kindergärtnerin. 1910 Heirat mit einem Kauf- durch das unbedingte Sterbenwollen ge- mann. Ihr Ehemann und zwei ihrer Kinder prägt.“ (Annemarie und Wolfgang van Rin- kamen im KZ um. Weitere Töchter: Juliane, sum: Lexikon literarischer Gestalten, Stutt- Edith, Käthe, Rahel (adoptiert). Seit 1919 gart 1988.) Stadtverordnete in Bocholt und Vorstands- mitglied des Zentralvereins deutscher Staats- chen“ Menschen als „Originale“ kann die bürger jüdischen Glaubens. Von 1933 bis Bevölkerung ihnen einen Platz zuweisen. 1935 in Schutzhaft. Danach illegale Parteitä- Gibt sie dem Original gar noch den Zusatz tigkeit. 1941 Deportation mit der Familie ihrer Heimatstadt - z. B. Hamburg - lässt ins Getto Riga. 1945 Befreiung aus dem KZ die Bevölkerung ein Stück Integration die- Stuthof bei Danzig und Rückkehr mit ihrer ser Person zu. Damit wird dem Gefühl der Tochter Edith nach Berlin. Verwaltungsan- Faszination Rechnung getragen. Gleichzei- gestellte. 1946 bis 1952 Mitglied der Stadt- tig bleiben diese „anderen“ Menschen verordnetenversammlung Groß-Berlin und durch den ihnen zugewiesenen Platz als des Abgeordnetenhauses Berlin (1951). „Original“ außerhalb der Gesellschaft. Dies Von 1953 bis 1961 Mitglied des Bundesta- wiederum ist Ausdruck der ablehnenden ges (Vertretung Berlins). 1967 Stadtälteste Haltung gegenüber diesen Menschen. in Berlin. Ehrenvorsitzende der Zentralwohl- Geboren wurde Johanne Henriette Müller fahrtsstelle der Juden in Deutschland. Vorsit- als uneheliches Kind. Wenige Monate nach zende des Jüdischen Frauenbundes. Mitglied der Geburt zog ihre Mutter mit ihr nach der Repräsentantenversammlung der Jüdi- Hamburg. Die Mutter heiratete und die Fa- schen Gemeinde zu Berlin (zeitweise deren milie wohnte im Gängeviertel. Als der Va- Vorsitzende). Stellvertretende Vorsitzende des ter an einem Schlaganfall starb, zog Johan- Direktoriums des Zentralrats der Juden in ne Henriette mit ihrer jüngeren Schwester Deutschland. Vorsitzende der Gesellschaft für zusammen. Sie lebten zuerst in der Rothe- christlich jüdische Zusammenarbeit. Vor- soodstraße und zuletzt am Teilfeld, Ecke standsmitglied der Liga für Menschenrechte. Herrengraben. Rundfunkratsmitglied der Deutschen Welle. In ihrer Kindheit war sie bereits von ihrer Mutter zum Handeln mit Zitronen angehal- Jette-Müller-Weg ten worden. Diese Tätigkeit übte sie bis zu Ohlsdorf, seit 2007. Nach Johanne ihrer Einweisung in die „Irrenanstalt Fried- Henriette Marie Müller (18.7.1841 Dessau richsberg“ aus. Zu diesem Zeitpunkt war - 8.7.1916 Hamburg), als „Zitronenjette“ sie 53 Jahre alt. bekannt, verkaufte tagsüber am Graskeller Zitronenjette hatte ein leidvolles Leben er- und nachts in den Kneipen Hamburgs tragen müssen. Johanne Henriette Müller Zitronen; ihre Lebensgeschichte wurde war kleinwüchsig, 130 cm lang und 35 Kilo noch zu ihren Lebzeiten in ein Theater- leicht und fiel damit aus dem Rahmen des stück gefasst, dadurch wurde sie zu einem als normal angesehenen Erscheinungsbil- Hamburger Original des. Aber damit nicht genug: Johanne Mül- Zitronenjette wurde zum Hamburger Origi- ler galt auch als geistig ein wenig zurückge- nal, weil sie nicht der gesellschaftlichen blieben. Das führte dazu, dass viele Norm entsprach. Über ihre Kleinwüchsig- Kundinnen und Kunden sie übers Ohr hau- keit, ihren so genannten Schwachsinn und ten, wenn sie in den Gassen und Straßen der ihre Alkoholkrankheit belustigte sich Ham- Innenstadt ihre Zitronen feilbot. Niemand burgs Bevölkerung. machte sich Gedanken über Zitronenjettes Menschen, die anders sind als die Masse, desolate wirtschaftliche Situation: sie war ob gewollt oder auch ungewollt, scheinen arm. Und kaum jemand dachte daran, was beim Gros der Bevölkerung sowohl Faszi- man ihr seelisch antat, wenn sie zum Ge- nation als auch Ablehnung hervorzurufen. spött der Straßenjugend wurde, die grölend Mit der Etikettierung solcher „ungewöhnli- hinter ihr herlief. Wenn Zitronenjette abends in den Kneipen ihre Zitronen anbot, Hamburg), von 1919 bis 1921 Mitglied der machten sich Kneipenbesucher einen Spaß Hamburgischen Bürgerschaft, von 1919 daraus, ihr ein großes Glas Schnaps bringen bis 1933 Mitglied des reichsweiten SPD- zu lassen, welches sie zur allgemeinen Be- Parteiausschusses, 1919 eine von 35 weib- lustigung auf einen Zug leerte. Die Folge lichen Mitgliedern der deutschen Natio- war: sie wurde alkoholkrank und trank nun nalversammlung auch schon am Tage eine Flasche Kümmel- Siehe Vita von Johanne Reitze unter: schnaps aus. Danach fand sie oft kaum „Reitzeweg“. noch den Heimweg in die Neustadt zum Teilfeld 56. Julia-Cohn-Weg 1894 wurde die Zitronenjette schließlich Alsterdorf, seit 1985. Jüdisches Opfer des von der Polizei in die „Irrenanstalt Fried- Nationalsozialismus. Lehrerin an der richsberg“ eingeliefert. Dort lebte sie fast Schule Meerweinstraße und an der Schule zwanzig Jahre und wurde mit Kartoffel- für Sprach- und Handelskurse für Auswan- schälen und Gemüseputzen beschäftigt. derer in der Beneckestraße 6. (14.10.1888 Zeitungsberichten und Erzählungen zufol- Hamburg – am 6.12.1945 deportiert nach ge soll sie dort einen „friedlichen Lebens- Riga, gestorben zwischen Dezember 1941 abend“ genossen haben. Kein Wort von und 1944 in einem Lager bei Riga) schmerzhaften Entzugserscheinungen, denn Zum 1. April 1930 wechselte Julia Cohn dort wurde ihr der Alkohol selbstverständ- von der Schule Humboldtstraße an die neu lich vorenthalten. erbaute Schule Meerweinstraße. Am 29. Berühmt und zum Hamburger Original Juli 1933 wurde sie aufgrund des „Geset- wurde die Zitronenjette, weil sie „anders“ zes zur Wiederherstellung des Berufsbeam- war und weil Menschen sich auf Kosten tentums“, wonach „nichtarische“ Lehrerin- dieses Umstandes belustigten. Ihren Leiden nen und Lehrer keine Beamten sein durften, wurde kaum Aufmerksamkeit geschenkt. aus dem Schuldienst entlassen. Erst nach Stattdessen gab sie den Stoff für eine langen Bemühungen und unter dem Hin- Lokalposse, die um 1900, also noch zu Leb- weis auf die Kriegsteilnahme ihres Mannes zeiten der Zitronenjette, von Theodor Fran- im Ersten Weltkrieg erhielt sie ab Oktober cke geschrieben und im Ernst-Drucker- 1933 Versorgungsbezüge. Ihr Mann, Jacob Theater auf St. Pauli aufgeführt wurde. In Cohn, der 1927 sein Zigarrenimportge- der Hauptrolle der damals als Darsteller schäft aufgegeben hatte, arbeitete als Buch- weiblicher Rollen dieser Art berühmte Wil- halter. helm Seybold. 1940 schrieb Paul Möhring Das Ehepaar Cohn hatte einen Sohn (Paul) eine neue „Zitronenjette“. Er wollte keine und wohnte in der Klosterallee 13. Am 9. Lokalposse auf Kosten der Zitronenjette, November 1938 wurde Jacob Cohn ins KZ sondern ein Stück, das die Zuschauerinnen Sachsenhausen oder Dachau gebracht. und Zuschauer sowohl zum Lachen als Nach vier Monaten intensiver Bemühungen auch zum Weinen bringen sollte. Mehrere seitens der Familie und aufgrund des Front- Hundert Male wurde seine „Zitronenjette“ einsatzes während des Ersten Weltkrieges aufgeführt. wurde Jacob Cohn aus dem KZ mit dem Hinweis entlassen, so schnell wie möglich Johanne-Reitze-Weg auszuwandern. Die Familie Cohn bemühte Ohlsdorf, seit 2007. Nach Johanne R. sich um eine Auswanderungsmöglichkeit. (16.1.1878 Hamburg – 22.2.1949 Aber sie hatte keine ausländischen Bezie- hungen, und eine Einreiseerlaubnis gab es vom weiblichen Geschlecht als Promena- nur, wenn ein Bürge die Garantie gab, dass de genutzt wurde. der/die Ein-wanderIn dem neuen Staat nicht zur Last fallen werde. Am 30. Mai Jungfrauenthal 1939 erhielt die Familie dennoch die Aus- Harvestehude, seit 1870. Hochdeutsche reisegenehmigung. Das Kind Paul reiste Form eines der mittelalterlichen Namen am 21. Mai 1939 mit einem Kinder- des Klosters Harvestehude transport nach England. Für sich selbst wussten die Eheleute die Ausreise nicht zu Juttaweg finanzieren. Fuhlsbüttel, seit 1961. Frei gewählter Als kurze Zeit später der Zweite Weltkrieg Name. Motivgruppe: Weibliche Vornamen ausbrach, war es für Juden kaum mehr möglich, Deutschland zu verlassen. An- Käte-Latzke-Weg fang Dezember 1941 erging an das Ehe- Bergedorf, seit 1996. Widerstandskämpf- paar Cohn die Aufforderung, sich am 6. erin gegen den Nationalsozialismus. Ste- Dezember auf der Moorweide einzufin- notypistin. (8.5.1899 Königsberg – den, um von dort nach Osten abtranspor- 31.3.1945 KZ Ravensbrück) tiert zu werden. Herr Cohn glaubte an ei- Entstammte einer Arbeiterfamilie, lernte nen Arbeitseinsatz, weil die Nazis das 1916 den Hamburger Schneider und Bürger- Ehepaar Cohn aufgefordert hatten, einen schaftsabgeordneten (KPD) Hans Wester- Spaten mitzunehmen. mann kennen. 1918 trat sie dem Kommuni- stischen Jugendverband Deutschlands Julienstraße (KJVD) bei und kam 1919 oder 1920 nach Bahrenfeld, seit 1898. Julie Gayen Hamburg. Wurde 1924 Mitglied der KPD geb. von Lenz, seit 1853 verheiratet mit und des Zentralverbandes der Angestellten Th. A. Gayen. (1832-1886) (ZdA). In dieser Zeit wurde sie wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten De- Jungfernbrücke monstration zu einem Monat Gefängnis ver- Altstadt, seit 1887, Name ohne Bezug urteilt. Zwischen 1926 und 1930 arbeitete sie im Büro der Roten Hilfe Hamburg. 1929 Jungfernmühle oder 1930 wurde sie von der Partei ausge- Hausbruch, seit 1944 schlossen und arbeitslos. Durch ihre Be- Eine ehemalige Mühlenbesitzerin soll kanntschaft mit Hans Westermann kam Käte sich an dieser Stelle ein Haus in Form ei- Latzke zur Westermann-Gruppe, einem Zu- ner Windmühle ohne Flügel gebaut ha- sammenschluss ehemaliger KPD-Mitglie- ben. Im Volksmund wurde das Haus der, die sich schon vor der Machtergreifung „Jungfernmühle“ genannt, weil die Haus- durch die Nazis organisiert hatten und von besitzerin unverheiratet gewesen war. der KPD als „Versöhnler“ bezeichnet wurden, weil sie für eine Verständigung mit der SPD Jungfernstieg eintraten. Aus diesem Grunde waren die Mit- Altstadt, offiziell benannt seit 1931 glieder der Westermann-Gruppe auch aus der Seit dem 17. Jahrhundert im Volksmund KPD ausgeschlossen worden. 1933 wurde Jungfernstieg genannt, nachdem der Hans Westermann von der Gestapo verhaftet, Reesendamm 1665 mit Bäumen bepflanzt im August 1934 wieder freigelassen. Hans worden war und diese Straße bevorzugt Westermann versuchte nun zu erreichen, dass seine MitstreiterInnen wieder in die Eintritt in den Kommunistischen Jugend- KPD aufgenommen wurden, was 1935 nach verband Deutschlands und – ab 1927 in Verhandlungen mit Funktionären der illega- Hamburg – 1928 Eintritt in die KPD. Ab len KPD auch geschah. Wenig später, in der 1933 im illegalen Widerstand. 1933, 1939 Nacht vom 5. auf den 6. März 1935 wurden und 1944/1945 in „Schutzhaft“. 20.12.1934 die Mitglieder der Westermann-Gruppe ver- verurteilt wegen Vorbereitung zum Hoch- haftet. Hans Westermann starb am 16.3. im verrat zu einem Jahr Gefängnis. Bis Gestapogefängnis Fuhlsbüttel an den Folgen 20.12.1935 in der Haftanstalt Lübeck- der Misshandlungen. Käte Latzke kam vor Lauerhof, zusammen u. a. mit Lucie Suh- das Oberlandesgericht und wurde am ling (Lucie-Suhling-Weg). 1940 begegnete 26.6.1935 vernommen und verurteilt. Im Ge- sie ihrem späteren zweiten Ehemann, dem fängnis musste sie unsäglich leiden. Sie hatte ehemaligen KPD-Bürgerschaftsabgeord- Ödeme an den Beinen, Hungertyphus und neten Franz Jacob, wieder, den sie schon Herzanfälle. 1940 wurde Käte Latzke aus der vor 1933 kennengelernt hatte. Heirat De- Haft entlassen, es wurde ihr aber verboten, in zember 1941. Mit ihm und anderen Genos- Hamburg zu bleiben. So zog sie nach Stral- sen führte sie die illegale KPD weiter. In sund. Hier wurde sie Ende 1943 auf Veran- über dreißig Betrieben und Werften ent- lassung der Hamburger Gestapo wegen ihres standen illegale Gruppen, um den Kampf Kontaktes zu einer früheren Genossin verhaf- gegen das Nazi-Regime zu führen. Katha- tet und kam ins KZ Ravensbrück. Dort starb rina Jacobs Arbeit bestand u. a. darin, sie an Typhus. Treffs zu vereinbaren, Geld zu sammeln und Geldspenden an die Organisation zu Karolinenstraße überbringen, mit denen ausländische St. Pauli, seit 1841. Caroline Lucie Spalding Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene un- geb. Reuter. Vermutlich nach der Mutter terstützt wurden. Nach zwei Jahren illega- des damaligen Patrons der Vorstadt St. ler Widerstandsarbeit wurde Franz Jacob Pauli, Senator Spalding, benannt steckbrieflich gesucht. Er tauchte unter und setzte den Widerstand in Berlin fort. Katharina-Jacob-Weg Franz Jacob wurde entdeckt und am 4. Juli Groß-Borstel, seit 1992. Widerstands- 1944 verhaftet. Zwei Tage später erfolgte kämpferin gegen den Nationalsozialismus. die Verhaftung seiner Frau. Die beiden Mitglied der Widerstandsgruppe Bästlein- wurden in der Prozessserie gegen die Ber- Jacob-Abshagen. Kaufmännische Ange- liner KPD vor den Volksgerichtshof ge- stellte, Lehrerin. (6.3.1907 Köln – stellt. Franz Jacob wurde am 18.9.1944 23.8.1989 Hamburg) hingerichtet. Katharina Jacob wurde aus Arbeiterkind. Hätte gern die höhere Schule Mangel an Beweisen freigesprochen, den- besucht, die Familie besaß dazu aber nicht noch von der Gestapo als „Schutzhäftling“ die finanziellen Mittel. Katharina Jacob ins Frauenkonzentrationslager Ravens- wurde Kontoristin und engagierte sich in brück gebracht, wo sie bis zur Befreiung der Jugendgruppe der Gewerkschaft der vom Hitlerfaschismus inhaftiert war. 1947 Angestellten (GDA). Wegen linksgerichte- besuchte Katharina Jacob einen Sonder- ter Tendenzen wurde die Jugendgruppe je- lehrgang bei Anna Siemsen (Anna-Siem- doch bald verboten. Katharina Jacob grün- sen-Gang), um Lehrerin zu werden. Ab dete daraufhin mit anderen Jugendlichen 1948 unterrichtete sie 25 Jahre lang an der die Jugendgruppe „Florian Geyer“. 1926 Schule Winterhuder Weg in Hamburg. Au- ßerdem war sie in der Friedensarbeit aktiv: helferin wurde sie u. a. angerufen gegen das Vorsitzende des Kuratoriums Ehrenhain „Gehemmtsein der Zunge“. Da Katharina Hamburger Widerstandskämpfer, im Lan- sehr bekannt und beliebt war, wurde sie die desvorstand der VVN, der DKP und Senio- Patronin der St. Katharinen-Kirche. renvertreterin in der Lehrergewerkschaft GEW. Katharinenfleet Altstadt, seit 1960. Katharinenbrücke Benannt nach dem ehemals sich dort Altstadt, seit der 2. Hälfte des 13 Jhds. befindenden Katharinenfleet Katharina von Alexandrien, Prinzessin aus Zypern. Ihr wurde die benachbarte Katharinenkirchhof St. Katharinen-Kirche geweiht. (Im 4. Jhd. Altstadt, seit dem 15. Jhd. am 25. November in Alexandria den Mär- Benannt nach dem Kirchhof der tyrertod gestorben) St. Katharinen-Kirche Sie weigerte sich an dem heidnischen Op- ferfest des Kaisers Maxantius teilzuneh- Katharinenstraße men. Sie warf dem König Abgötterei vor Altstadt, seit dem 14. Jhd. und bekannte sich mit gelehrten Worten Benannt nach der Patronin der zum Christentum. 50 Philosophen sollten St. Katharinen-Kirche Katharina widerlegen – sie überzeugte je- doch alle. Die Folge: die Philosophen be- Klabundeweg kannten sich zum christlichen Glauben, und Bergstedt, seit 1962, benannt nach Erich auch die Kaiserin und 200 Ritter ließen sich Klabunde. 2001/2002 ergänzt um die ebenso von Katharina bekehren. Daraufhin wurden bedeutende Ehefrau Clara Klabunde. alle auf kaiserlichen Befehl gemartert und Neuer Erläuterungstext: benannt nach enthauptet. Katharina wurde an ein Rad ge- dem Ehepaar Clara K. (1906-1994), nagelt und gefoltert. Als das Rad zerbrach, Rechtsanwältin, Richterin, 1966 erste wurde Katharina mit dem Schwert enthaup- Gerichtspräsidentin in der Bundesrepublik tet. Deutschland als Präsidentin des Landes- Die Legende erzählt, dass Engel ihren Leib arbeitsgerichts Hamburg, und Erich K. zum Berg Sinai trugen und ihn dort bestat- (1907-1950), Journalist und teten. Auf diesem Platz steht ein Kathari- Bürgerschaftsabgeordneter (SPD) nenkloster. Dargestellt wird Katharina oft „Ein Urteil müsse tragbar sein – ob es richtig in fürstlicher Bekleidung, mit einem zer- ist, lasse sich nicht immer eindeutig sagen“, brochenen Rad und einem Schwert. Katha- äußerte sich Clara Klabunde über ihre Tä- rina gilt für Nonnen, Schülerinnen, Mägde, tigkeit als Richterin. Konfektionsarbeiterinnen und Kran- Anfang des 20. Jahrhunderts geboren, gehör- kenpflegerinnen als Vorbild der Reinheit. te Clara Klabunde zu den wenigen Frauen, Wegen ihrer gelehrten Disputation war sie die in einem seit Jahrhunderten den Männern Schutzherrin der Philosophie, der Universi- vorbehaltenen Beruf tätig wurden: der Juri- täten, der Bibliotheken und der Studenten. sterei. In diesem Bereich brachte sie es zur Durch die erlittenen Folterungen am Rad ersten Gerichtspräsidentin der Bundesrepu- wurde Katharina die Schutzpatronin der blik Deutschland. Spinnerinnen, Wagner, Müller, Scheren- Verheiratet mit dem Journalisten Erich schleifer, Chirurgen und Barbiere. Als Not- Klabunde, der unter den Nationalsoziali- sten Publikationsverbot hatte und seine Ar- Klärchenstraße beit aufgeben musste, arbeitete Clara Kla- Winterhude, seit 1866. Clara Octavia bunde von 1933 bis Anfang der 50er Jahre geb. Repsold. Zweite Frau des Unterneh- als Rechtsanwältin. mers und Grundeigentümers Adolph Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Clara Sierich Klabunde, deren Mann nun Vorsitzender der SPD-Bürgerschaftsfraktion war, ehren- Kleine Marienstraße amtliches Mitglied einer Reihe von Gremien. Altona, vor 1737. Anna Maria Eiffler geb. Im Rahmen der Entnazifizierungsverfahren Kupferschmidt aus Marschhacht. Ehefrau war sie als Spruchkammervorsitzende, au- des Bürgermeisters Eiffler ßerdem im beratenden Ausschuss für das Pressewesen, im Vorstand des Hamburgi- Klopstockstraße schen Anwaltsvereins und der Vereinigung Ottensen, seit 1846, benannt nach dem weiblicher Juristen und Volkswirte tätig. Dichter Friedrich Gottlieb Klopstock. Nachdem ihr Mann 1950 gestorben war, 2001/2002 ergänzt um die ebenso bedeu- ging Clara Klabunde in den Staatsdienst und tende Ehefrau Meta Moller. Neuer Er- wurde Richterin. läuterungstext: benannt nach Friedrich Neben dieser Tätigkeit fungierte sie 25 Jahre Gottlieb K. (1724-1803), Dichter, und als Verfassungsrichterin am Hamburgischen dessen Ehefrau Margaretha, genannt Meta Verfassungsgericht und gehörte außerdem K. (1728-1758), unter dem Namen Meta lange dem Vorstand des Hamburgischen Moller bekannt, Schriftstellerin Richtervereins an. Tochter aus gutem Hause. Geboren in 1952 wurde Clara Klabunde zur Vorsitzen- Hamburg 1728. Der Vater, ein Kaufmann, den am Landesarbeitsgericht Hamburg und starb, als Meta Moller 8 Jahre alt war. Die zur Landesarbeitsgerichtsdirektorin beru- Mutter heiratete ein zweites Mal. Doch das fen und war entscheidend bei der Entwick- Verhältnis zu dem Stiefvater war so lung des damals nur teilweise kodifizierten schlecht, dass Meta zu ihrer Schwester Eli- Arbeitsrechts beteiligt, welches den sozia- sabeth Schmidt zog. len Gegebenheiten der Nachkriegszeit an- Meta Moller war „eine sprachenkundige gepasst werden musste. und literarisch interessierte junge Frau, die Am 1. September 1966 wurde Clara Klabunde im Kreise von Hagedorn verkehrte und als erste Frau in der Bundesrepublik Deutsch- eine Reihe der Mitarbeiter der ‘Bremer land zur Präsidentin des Landesarbeitsge- Beiträge’ auch persönlich kannte. Für die richtes ernannt. Fünf Jahre wirkte sie als 1744 gegründeten ‘Neuen Beyträge zum Gerichtspräsidentin und trat 1971 in den Vergnügen des Verstandes und Witzes’, die Ruhestand. Für ihre Verdienste um das wegen ihres Erscheinungsortes kurz die Rechtswesen erhielt Clara Klabunde die ‘Bremer Beiträge’ genannt wurden, war Medaille für Treue Arbeit im Dienste des Klopstock eine Zentralfigur, zumal seit- Volkes in Silber. dem er dort 1748 die ersten drei Gesänge des ‘Messias’ veröffentlicht hatte. Um die- Klärchenbrücke ses Zentralgestirn herum kreisten Namen Winterhude, seit 1904. In Anlehnung an wie Nikolaus Dietrich Giseke, Karl Chris- die Klärchenstraße. (Im Zuge der tian Gärtner oder Johann Andreas Cramer, Klärchenstraße über den Leinpfad- mit denen Meta Moller in Kontakt war. kanal führend) Eben jene ersten drei Gesänge des ‘Messi- as’ aber sollten der jungen 23jährigen Frau mußte ich Empfindungen malen können. – gewissermaßen zum Schicksal werden. Ich hatte schon so viele Fremde gesehen, Von einer Schwester Metas ist ein Bericht aber niemals hatte ich einen solchen Schre- erhalten, der auf eindrückliche Weise die cken, einen solchen Schauer empfunden. Vorgeschichte ihrer Begegnung mit Klop- Auch hatte gar nicht die Meynung, daß ein stock darstellt. ernsthafter Dichter finster und mürrisch Elisabeth Schmidt, so der Name der aussehen, schlecht gekleidet seyn und keine Schwester, hält im Rückblick eine Ge- Manieren haben müsse aber ich stellte mir schichte fest, die uns auch einen Eindruck doch auch nicht vor daß der Verfasser des in gelegentlich seltsame Zugangswege von Messias so süß aussehe, und so bis zur Voll- Frauen zur Literatur verschaffen kann: kommenheit schön wäre (Denn das ist ‘Meta hat den Messias dadurch zuerst ken- Klopstock in meinen Augen, ich kanns nicht nen lernen, daß sie etwas von den 3 ersten helfen, daß ichs sage).“ (Ebenda, S. 9.) Gesängen, in Papillotten (Haarwickler) Gegen den Willen von Metas Familie ver- zerschnitten auf der Toilette einer ihrer lobten sich die beiden im Sommer 1752. Freundinnen gefunden, welches sie zusam- Zwei Jahre später fand die Hochzeit statt. men geklebt, und mit großem Beyfall gele- Das Paar zog nach Dänemark, wo es in sen; Giseke vielem Feuer gefragt: Ist mehr Lyngby bei Kopenhagen lebte. 1758 starb von diesen (!) göttlichen Gedicht zu haben Meta Klopstock nach der Entbindung ihres und wo? Und wer ist der Verfasser. Gise- ersten Kindes, das tot geboren wurde. Sie kens Antwort war: Es sind erst 3 Gesänge wurde auf dem Kirchhof von Ottensen an heraus in den Beyträgen ich will sie mit- der Christianskirche beerdigt. Das Grab bringen; und der Verfasser heißt Klopstock befindet sich heute noch dort. – ja wen sie den kennen lernten, so würde Meta Moller konnte hervorragend schrei- ich ganz ausgethan das wäre ganz der ben. Ihre Briefe sind später veröffentlicht Freund für die Mollern (...)“ (F. u. H. Tie- worden. Sie schrieb auch Dramen, so z. B. mann (Hrsg.): Meta Klopstocks Brief- „Abels Tod“. wechsel 1980, S. 15.) Giseke vermittelte auch die Begegnung, Kollwitzring nach der Meta verlangte. Bei seinem nächs- Billstedt, seit 1971. Käthe Kollwitz, geb. ten Zusammentreffen mit Klopstock in Schmidt. Graphikerin, Bildhauerin. Male- Braunschweig sagte er: „Höre Klopstock rin. (8.7.1867 Königsberg – 22.4.1945 du must in Hamburg: ein Mädchen besu- Schloss Moritzburg bei Dresden) chen die heist Mollern. Ich gehe nicht nach Entstammte einem sozial engagierten El- Hamburg: um Mädchen zu sehen, nur Ha- ternhaus. Der Vater gab sein Jurastudium gedorn will ich sehen; ach Klopstock das auf, um als Maurermeister seinem sozialen Mädchen must du sehen daß ist so ein ganz Engagement nachgehen zu können, die ander Mädchen als andere, sie ließt den Mutter kam aus einer undogmatischen frei- Messias mit Entzücken, sie kent dich schon, religiösen Theologenfamilie. Käthe Koll- sie erwartet dich, nun noch lang und breit witz’ Maltalent wurde von ihren Eltern Meta beschrieben Klopstock: geräth dabey sehr gefördert. Von 1885 bis 1886 Studium in tiefes Nachsinnen.“ (Ebenda, S. 13.) an der Künstlerinnenschule Karl Stauffer- Über ihre erste Begegnung mit Klopstock Berns in Berlin. 1888 bis 1889 Malstudium im April 1751 schrieb Meta: „Nun mache bei Ludwig Herterich in München. 1890 ich die Thür auf, nun sehe ich ihn – Ja hier kehrte sie in ihre Heimatstadt Königsberg zurück. Durch realistische Darstellungen, offizielles Ausstellungsverbot, ihre Arbei- vor allem des Arbeitermilieus, ergriff sie ten wurden als „entartet“ aus der Akade- für das Proletariat Partei. 1891 heiratete sie mie und dem Kronprinzenpalais entfernt. den Arzt Karl Kollwitz und zog mit ihm in Käthe Kollwitz zog sich in die innere Emi- die Nähe Bremens. 1892 und 1896 wurden gration zurück. In dieser Zeit war sie voller ihre beiden Söhne geboren. Käthe Koll- Resignation. Besonders schlimm wurde es witz’ Arbeitsbereiche waren die der Mut- für Käthe Kollwitz, als 1940 ihr Mann ter, Hausfrau, Arzthelferin in der Praxis starb, 1942 ihr Enkel in Russland fiel und ihres Mannes und die der Künstlerin. Ein 1943 ihre Wohnung in Berlin ausgebombt wesentliches Thema ihres künstlerischen wurde. 1944 zog Käthe Kollwitz nach Mo- Schaffens war die Frau, die Menschlich- ritzburg bei Dresden. keit und Gefühl vermittelt und Partei er- greift. Käthe Kollwitz kämpfte mit ihrer Kriemhildstraße Malerei für den Frieden und soziale Ge- Rissen, seit 1933. Gestalt aus dem Nibe- rechtigkeit. Sie stellte immer wieder Men- lungenlied, anonymes Heldenepos um 1200 schen in Not dar. Nach der Uraufführung Kriemhild, verheiratet mit Siegfried, wird von Gerhard Hauptmanns „Die Weber“ zur Rächerin. Nachdem Hagen, unter Mit- entstand 1893 ihr Zyklus „Ein Weberauf- wissen von Kriemhilds Brüdern, Siegfried stand“. Hier ist, wie in ihrem Zyklus „Bau- umgebracht hat, trauert Kriemhild jahre- ernkrieg“ (1903-1908), die arme, verhärm- lang um ihren geliebten Mann. Aus Trauer te, aber nicht resignierende Frau die wird Rache. Kriemhild gibt der Liebes- zentrale Figur. 1898 erfolgte ihre Aufnah- werbung des Hunnenkönigs Etzel nach, me in die Berliner Sezession. 1907 erhielt um an dessen Machtmittel zu gelangen und sie den „Villa Romana-Preis“ und mit ihm nimmt dann blutige Rache an ihrer Sippe. ein Atelier in Florenz. Als sie wieder nach Berlin zurückkehrte, entwarf sie Plakate, Lagerlöfstraße Aufrufe und Flugblätter. In den zwei Welt- Wellingsbüttel, seit 1947. Früher Buchen- kriegen erlebte Käthe Kollwitz persönlich weg. Selma Lagerlöf. Schwedische viel Leid. Im Ersten Weltkrieg fiel einer ih- Schriftstellerin. Nobelpreisträgerin für rer beiden Söhne. Durch das von ihr ge- Literatur (1909). (20.11.1858 auf schaffene Mahnmal, welches 1932 auf dem Gut Marbacka/Värmland – 16.3.1940 Soldatenfriedhof in Roggevelde/Belgien auf Gut Marbacka) aufgestellt wurde, setzte sie ihrem Sohn Tochter eines Gutsbesitzers auf Värmland. ein Denkmal. An der Akademie in Berlin Nach dem Tod des Vaters musste der Guts- leitete sie das Meisteratelier für Graphik. hof verkauft werden. Selma Lagerlöf, die 1918 wurde sie als erste Frau Professor an durch Kinderlähmung gehbehindert war, der Preußischen Akademie der Künste. besuchte das Lehrerinnenseminar und war 1933 wurde sie von den Nationalsozialis- von 1885 bis 1895 als Pädagogin tätig. Ihr ten aus der Akademie entlassen – sie hatte Roman „Gösta Berling“ (1891) war ihr er- mit ihrem Plakat für eine Arbeitereinheits- ster großer literarischer Erfolg. Er wurde front gegen den Nationalsozialismus ge- verfilmt und kam 1929 mit Greta Garbo als worben. Bereits ein Jahr zuvor hatte sie das Gräfin Dohna in die deutschen Kinos. Zum Plakat „Nie wieder Krieg“ entworfen. Es Welterfolg wurde Selma Lagerlöfs Roman folgte der Ausschluss aus der Preußischen „Nils Holgerssons wunderbare Reise“ (in Akademie der Künste. 1936 erhielt sie ein schwedisch 1906/07, in deutsch 1907/08 erschienen). 1909 erhielt sie den Nobel- verhaftet. Sie hatte Soldatenbriefe mit anti- preis für Literatur „in Würdigung des hoch- faschistischem Inhalt an die Front ge- strebenden Idealismus, der reichen Phanta- schickt und illegales Widerstandsmaterial sie und der vergeistigten Darstellung, die verteilt. Sie kam in die Sonderhaftanstalt sich in ihrer Dichtung offenbaren“. 1914 Potsdam und hoffte bis zuletzt, dass sie nur wurde Selma Lagerlöf als erste Frau in die wegen „aktiver Beihilfe zur Desertion“ an- Schwedische Akademie gewählt. Sie konn- geklagt werden würde. Doch noch bevor te nun den Gutshof zurückkaufen. Selma das Gericht zusammenkam, war ihr Todes- Lagerlöf war in der Frauenstimmrechts- und urteil gefällt. Begründung: „Wehrkraftzer- Friedensbewegung aktiv. Während der Zeit setzung, Feindbegünstigung und Vorberei- des Nationalsozialismus half sie politi- tung zum Hochverrat“. In ihrem Todesurteil schen Flüchtlingen. hieß es: „Die Angeklagte hat gemeinsam mit dem halbjüdischen kommunistischen Funk- Lelka-Birnbaum-Weg tionär Kristeller kommunistische Propa- Schnelsen, seit Nov. 1996. Nach Lelka B., ganda betrieben und insbesondere junge 12 Jahre, Polin, Opfer des Nationalsozia- Wehrmachtsangehörige mit diesem Gift lismus; gehörte zu den 20 fünf bis zwölf verseucht.“ Jahre alten jüdischen Kindern aus fünf Nationen, die in der Nacht vom 20. zum Lilo-Gloeden-Kehre 21. April 1945 im Keller der Schule Bergedorf, seit 1987. Dr. jur. Elisabeth Bullenhuser Damm von Angehörigen der Charlotte, genannt Lilo. Geb. Kusnitzky. SS erhängt wurden, nachdem an ihnen im Gegnerin des Nationalsozialismus. Motiv- KZ Neuengamme medizinische Experi- gruppe: Verdiente Frauen. (19.12.1903 Köln – mente vorgenommen worden waren am 30.11.1944 in Berlin hingerichtet) Tochter des Kölner Sanitätsrats Kusnitzky Leiserweg und seiner Ehefrau geb. Freiin von Lilien- Langenbek, seit 1988. Hedwig und Julius cron. 1938 Heirat mit dem Architekten Leiser. Jüdische Opfer des National- Erich Gloeden. Das Ehepaar lebte in Ber- sozialismus. Ehepaar aus Harburg-Wil- lin, war entschiedener Gegner des Nazi-Re- helmsburg. Hedwig geb. Goldberg gimes und half WiderstandskämpferInnen (27.11.1879 Straßburg – am 6.12.1941 und Jüdinnen und Juden. Nach dem miss- deportiert nach Riga). Julius glückten Anschlag auf Hitler am 20. Juli (24.12.1876 Köln – am 6.12.1941 1944 flüchtete der an dem Anschlag betei- deportiert nach Riga) ligt gewesene Generalmajor Fritz Lin- demann zum Ehepaar Gloeden. Lindemann Liesbeth-Rose-Stieg wurde denunziert und am 3. September Bergedorf, seit Ende 1995. Vorher: Elisa- 1944 in der Wohnung der Gloedens verhaf- beth-Rose-Stieg, benannt 1995, Wider- tet, mit ihm auch Erich und Charlotte standskämpferin. Mitglied der Wider- Gloeden und Elisabeth Kusnitzky, Char- standsgruppe Etter-Hampel-Rose (Siehe lotte Gloedens Mutter. Die drei wurden am Erika-Etter-Kehre.) Schneidermeisterin. 27. November vom Volksgerichtshof verur- (8.11.1910 – am 2.2.1945 in Plötzensee teilt und am 30. November 1944 hingerich- hingerichtet) tet. Bis zuletzt hatte Erich Gloeden ver- Liesbeth Rose wurde am 20. Mai 1944, im sucht, seine Frau und Schwiegermutter zu Zuge einer Denunziation, von der Gestapo schützen, indem er aussagte, dass die beiden Frauen nicht gewusst hätten, wen sie beher- Lily Braun engagierte sich im Verein Frau- bergt hätten, zumal der General unter fal- enwohl und wollte zwischen der bürgerli- schem Namen eingeführt worden war. Als chen Frauenbewegung und den Arbeite- jedoch das Todesurteil gegen Erich Gloe- rinnen vermitteln. Dieser Versuch scheiter- den gefällt wurde, erklärte Lilo Gloeden, te, und Lily Braun wandte sich der Sozial- dass sie sehr wohl gewusst hatte, wen sie demokratie zu. Bekannt wurden ihre Werke verborgen hatten. Auch ihre Mutter bekann- „Frauenfrage“ (1901) und „Memoiren einer te sich zu der politischen Überzeugung ih- Sozialistin“, letzteres ein Bestseller. Lily rer Kinder. In Zeitabständen von je zwei Braun „befaßte sich mit der Doppelbe- Minuten wurden Erich, Lilo und Lilos Mut- lastung der Frauen und den daraus ent- ter Elisabeth Kusnitzky in Berlin-Plöt- stehenden Schwierigkeiten, sich gewerk- zensee enthauptet. schaftlich zu organisieren; und sie bot Lösungen an, die noch heute revolutionär Lily-Braun-Straße klingen. Sie untersuchte Probleme wie zum Bergedorf, seit 1985. Geb. als Amalie v. Beispiel die Minderqualifikation von Frau- Kretschmann, verw. Gizycki. Schriftstelle- en und die Konkurrenz der Geschlechter rin und Frauenrechtlerin. (2.7.1865 auf dem Arbeitsmarkt. Sie forderte gleichen Halberstadt – 9.8.1916 Berlin-Zehlendorf, Lohn für gleichwertige Arbeit“, schreibt laut Brockhaus) Inge Stolten in ihrer Kurzbiographie über Tochter des preußischen Generals Hans von Lily Braun in dem Buch „Frauen, Porträts Kretschmann, Enkelin der Baronin Jenny aus zwei Jahrhunderten“. Hrsg. v. Hans von Gustedt, illegitime Tochter von Jerôme Jürgen Schultz, Stuttgart 1981. Bonaparte, König von Westfalen. Lily Ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes hei- Braun schrieb über ihre Großmutter das ratete Lily Braun den Sozialdemokraten Erinnerungsbuch „Im Schatten der Titanen“ und Chefredakteur des „Vorwärts“, Dr. (1909). Sie lebte das standesgemäße Leben Heinrich Braun. Mit ihm gründete sie spä- einer Aristokratin, übte aber schon früh hef- ter die Zeitschrift „Die Neue Gesellschaft“. tige Kritik an dieser Lebensweise. Mit Mit- Heinrich Braun zählte zu den Revisionis- te zwanzig sagte sie den Satz: „Die Macht ten. Sie wollten die bestehende Gesell- des Kapitalismus muß gebrochen werden.“ schaftsordnung durch Reformen verändern. Als der Vater den Kaiser im Manöver Auch Lily Braun verfolgte dieses Ziel, und beinahe geschlagen hätte, musste er seinen so wurde Clara Zetkin ihre entschiedende Abschied nehmen. Dadurch änderte sich Feindin. Ihre Auseinandersetzungen wur- das Leben der Familie von Kretschmann den zu einem offenen Machtkampf. schlagartig. Als Lily Braun 28 Jahre alt war, Lily Brauns Ideen machten sie zur heiratete sie Professor Georg von Gizycki, Außenseiterin. Sie stellte die traditionelle Nationalökonom, Kathedersozialist, Her- Familienform in Frage, forderte Zentral- ausgeber der Zeitschrift „Ethische Kultur“ küchen und „für bestimmte Häusergruppen – und schwerkrank. Durch ihn lernte sie die (...) Turn- und Spielplätze, mit Kindergärt- sozialistischen Theorien kennen, und durch nerinnen und Erzieherinnen, die von den ihn wurde sie mit führenden Männern der Eltern gemeinsam bezahlt werden“, sozialdemokratischen Partei und mit ameri- schreibt Inge Stolten. Lily Braun wurde kanischen Frauenrechtlerinnen bekannt. schließlich wegen angeblicher Unzuverläs- Zwei Jahre nach der Hochzeit starb Georg sigkeit aus der Berliner Frauenorganisation von Gizycki. ausgeschlossen und zog sich allmählich aus der aktiven Politik zurück. Sie arbeitete nun Stammte aus einer Landarbeiterfamilie. Ih- vorwiegend literarisch und trat für die freie ren Mann, Gustav Bruhn, lernte sie in Kiel Liebe ein. „(...) Ab 1914 gehörte sie – ganz kennen, als er dort zur 1. Marinedivision im Widerspruch zu ihrem früheren Engage- einberufen war. Gustav Bruhn schloss sich ment – zu den Befürwortern des ersten dem Spartakusbund an und zog 1918 mit Weltkriegs und des deutschen Nationalis- seiner Frau nach Heide/Dithmarschen. Dort mus.“ (Florence Herve, Ingeborg Nödinger: nahm er an Streiks und so genannten Hun- Lexikon der Rebellinnen. Dortmund 1996.) gerkrawallen teil und wurde bald als „roter Gustav“ bekannt. 1920 trat das Ehepaar Lisa-Niebank-Weg Bruhn der KPD bei. 1928 wurde Gustav Horn, seit 2001. Widerstandskämpferin Bruhn in den Preußischen Landtag gewählt. gegen den Nationalsozialismus. Lehrerin. 1934 wurde Lisbeth Bruhn von der Gestapo (22. 7. 1913 Hamburg – 4. 4. 1980 Peking) verhaftet und wegen „Vorbereitung zum Lisa Niebank war bereits als Schülerin der Hochverrat“ zu zwei Jahren Gefängnis ver- damaligen „Reformschule“ in der Tele- urteilt. Nach ihrer Entlassung aus der Straf- mannstraße in einer dort gegründeten anstalt Lübeck-Lauerhof kam sie für meh- Widerstandsgruppe aktiv, die Flugblätter rere Monate ins Gestapogefängnis Fuhls- gegen die Nationalsozialisten verteilte und büttel in „Schutzhaft“. Plakate an Hauswände klebte. Nachdem die Gustav Bruhn war von 1935 bis 1939 im Gruppe von den Nationalsozialisten zer- Zuchthaus, dann im KZ Sachsenhausen. schlagen worden war und mehrere Grup- Nach der Entlassung zog er zu seiner Frau penmitglieder ins Gefängnis gekommen nach Hamburg. Das Ehepaar Bruhn setzte waren, unterstützte Lisa Niebank politisch seine Widerstandstätigkeit fort. Im Oktober verfolgte Mitglieder, besorgte ihnen Geld, 1942 wurden viele Mitglieder der Wider- Unterkünfte oder Lebensmittelkarten. standsgruppe Bästlein-Jacob-Abshagen ver- Nach dem zweiten Weltkrieg arbeitete Lisa haftet, unter ihnen auch Lisbeth Bruhn. Als Niebank ab 1950 als Lehrerin in Bergedorf, kurz vor Prozessbeginn, im Sommer 1943, zwischen 1954 und 1965 an der Volks- und schwere Bombenangriffe auf Hamburg ein- Realschule Beim Pachthof und an der setzten, erhielten viele Untersuchungsge- Grundschule Stengelestraße. Dann ging sie fangene zwei Monate Hafturlaub, so auch nach Peking und unterrichtete am dortigen das Ehepaar Bruhn. Obwohl ihnen zur Auf- Fremdspracheninstitut bis zu ihrem Tod lage gemacht worden war, sich nicht mit 1980 Deutsch. In Peking wurde sie in ei- anderen „Mittätern“ zu treffen, nahmen die nem Ehrengrab beigesetzt. freigelassenen Mitglieder der Bästlein-Ja- Die überzeugte Demokratin setzte sich cob-Abshagen-Gruppe Kontakt zueinander aktiv für die Völkerverständigung und ins- auf und vereinbarten, sich bis Kriegsende besondere für die Versöhnung mit Israel verborgen zu halten. Gustav Bruhn lebte il- ein. Kerstin Klingel legal bei der Familie Tennigkeit (Tennig- keitweg), seine Frau Lisbeth bei Klara Lisbeth-Bruhn-Straße Dworznik. Auch jetzt im Untergrund wurde Bergedorf, seit 1985. Widerstandskämpfe- der illegale Widerstand weiter betrieben. rin der Widerstandsgruppe Bästlein- Der Gestapo gelang es, einen V-Mann in Jacob-Abshagen. Hausfrau. (26.12.1894 die Gruppe einzuschleusen. Die Folge: am Lunden/Dithmarschen – erhängt am 16. Dezember 1943 wurde Gustav Bruhn 14.2.1944 im KZ Neuengamme) der Gestapo ausgeliefert, Lisbeth Bruhn am 3. Februar 1944 von der Gestapo verhaftet. ner 1938 Deutschland. Kurz darauf ent- Das Ehepaar Bruhn erhielt „Sonderbehand- deckte Otto Hahn die Kernspaltung. Seine lung“. Das bedeutete, ohne Gerichtsverfah- Ergebnisse interpretierte und überprüfte ren wurden das Ehepaar und weitere zwei Lise Meitner aus dem Exil in Stockholm. Mitglieder der Bästlein-Jacob-Abshagen- Gemeinsam mit ihrem Neffen Otto Frisch Widerstandsgruppe ins KZ Neuengamme publizierte sie die erste theoretische Erklä- gebracht und am selben Tag im Exekutions- rung zur Kernspaltung. bunker erhängt. Ihr Leben galt der Forschung. 1966 erhielt sie zusammen mit Otto Hahn und Fritz Liseistieg Strassmann den Enrico Fermi Preis für die Rahlstedt, seit 1971. Gestalt aus Theodor Entdeckung der Kernspaltung. Storms Erzählung „Pole Poppenspäler“. Der Nobelpreis für diese Entdeckung war Motivgruppe: Theodor Storms Werke 1944 allerdings nur an Otto Hahn und Fritz Lisei ist die neunjährige Tochter eines Pup- Strassmann gegangen. Lise Meitner wurde penspielers. Paul (Pole Poppenspäler), die mit ihm nicht bedacht. Hauptfigur der Erzählung, und Lisei lernen sich als Kinder kennen. Paul macht aus Ver- Lottestraße sehen die Mechanik einer Puppe ka- Lokstedt, um 1900. Von der Terrain- putt, und Lisei wird dafür beschuldigt. Aus gesellschaft „Jägersche Erben Berlin und Angst vor Strafe verstecken sich die beiden Schlesien“ angelegt und benannt nach einer Puppenspielaufführung im Auf- führungsraum. Es entwickelt sich zwischen Louise-Schroeder-Straße ihnen eine Kinderliebe. Lisei muss jedoch Altona, seit 1960. Bürgermeisterin von mit ihren Eltern weiterziehen. Erst zwölf Berlin, Präsidentin des Deutschen Städte- Jahre später sehen sich beide durch Zufall tags, Stadtverordnete in Altona. wieder. Sie heiraten, bekommen ein Kind (2.4.1887 Altona – 4.6.1957 Berlin) und führen bis zu ihrem Lebensende eine 1910 Eintritt in die SPD. Glänzende Dis- harmonische Ehe. kussions- und Versammlungsrednerin. Er- hielt 1916 Sitz im Vorstand der Altonaer Lise-Meitner-Park SPD. Von 1919 bis 1933 Stadtverordnete in Bahrenfeld, seit 1997, umbenannt nach Altona. 1919 bis 1920 Mitglied der Deut- der jüdischen Kernphysikerin Prof. Dr. schen Nationalversammlung in Weimar. Lise Meitner (1878-1968), vorher hieß das 1919 Mitbegründerin der Arbeiterwohlfahrt. ehemalige Landschaftsschutzgebiet Von 1920 bis 1933 Mitglied des Deutschen „Flottbeker Drift“ Reichstags. 1946 bis 1951 Bürgermeisterin Seit 1997 wird westlich des DESY-Gelän- und Stellvertreterin des Oberbürgermei- des die bedeutende österreichische Physi- sters von Berlin. 1947 bis 1948 amtierende kerin Lise Meitner gewürdigt. Oberbürgermeisterin von Berlin. Von 1951 Geboren in Wien zog Lise Meitner 1907 bis 1952 Mitglied des Abgeordnetenhauses nach dem Studium in Wien nach Berlin, wo von Berlin. 1949 bis zu ihrem Tod im Jahre sie mit Otto Hahn in den Bereichen der 1957 Mitglied des Deutschen Bundestages. Kernphysik und der Radioaktivität arbeite- Entstammte einer Proletarierfamilie, Vater te. 1926 erhielt sie die Ernennung zur Pro- Bauarbeiter und Funktionär in der Sozial- fessorin. Nach der Machtergreifung durch demokratischen Partei. Louise Schroeder die Nationalsozialisten verließ Lise Meit- besuchte bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Mittelschule in Altona, ging dann andert- zum Oberbürgermeister gewählten Prof. halb Jahre zur Gewerbeschule für Mädchen Ernst Reuter durch die Alliierten die alleini- in Hamburg. Sie wurde Büroangestellte, ge Verantwortung zufiel. Nach der aberma- später war sie 16 Jahre lang Privatsekre- ligen Wahl Reuters zum Oberbürgermeister tärin einer großen Versicherungsfirma. Ge- Anfang Dezember 1948 fungierte sie als hörte 1919 in Weimar zu den ersten 41 amtierende Oberbürgermeisterin weiter, weiblichen Abgeordneten der Verfassung legte dann aber ihre Berliner Ämter Mitte gebenden Nationalversammlung. Ihr Ar- September 1949 nieder, nachdem sie als beitsgebiet war die Sozialpolitik. Ehren- Vertreterin Berlins in den Deutschen Bun- amtlich war sie bis März 1925 Vorsteherin destag gewählt worden war. Ihm gehörte sie des Pflegeamtes Altona. Am 23. März 1933 bis zu ihrem Tod an. Der Stadtrat von Paris verweigerte sie ihre Zustimmung zum Er- verlieh Louise Schroeder Mitte Juni 1949 mächtigungsgesetz. Die Folge: Verbot des die Plakette der Stadt Paris. Sie gehörte politischen Wirkens, unter Polizeiaufsicht auch im gleichen Jahr der deutschen Dele- gestellt, tägliche Meldepflicht auf dem Re- gation des Vorbereitenden Europarates in vier, keine Arbeitslosenunterstützung. Zog Brüssel an und war bis Januar 1957 im Eu- von Altona nach Hamburg, versuchte, sich roparat in Straßburg als deutsches Mitglied dort eine bescheidene Existenz mit einem tätig.“ (Ruth Schüler zum 10. Todestag Bäckerladen aufzubauen. Aber auch dort Louise Schroeders. In: Die Jarrestadt, Schikanen, Verhöre, Verhaftungen. 1938 Kommunales Mitteilungsblatt der SPD, suchte sie in Berlin Zuflucht. Hier mietete Juni 1967.) Louise Schroeder erhielt das sie sich eine Hinterhofwohnung, wurde ar- Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und beitslos, arbeitete später als Sekretärin und Schulterband und als erste Frau in der Ge- dann als Sozialbetreuerin in einem Bauun- schichte Berlins deren Ehrenbürgerwürde. ternehmen. Gleich nach Kriegsende wieder Ihr Engagement galt besonders den Frauen. politisch für die SPD aktiv. Wurde 1945 in Sie stritt für eine Liberalisierung des den Vorstand der Berliner SPD und 1946 in Pharagraphen 218, für die soziale Besser- die Stadtverordnetenversammlung von Ber- stellung lediger Mütter, Landfrauen etc. lin gewählt. Im Dezember 1946 wurde sie und war Landesvorsitzende der Arbeiter- Bürgermeisterin und 3. Stellvertreterin des wohlfahrt Schleswig-Holsteins. Oberbürgermeisters von Berlin, Dr. Ost- rowski. Nachdem dieser im Mai 1947 zu- Lucie-Suhling-Weg rückgetreten war, wurde Louise Schroeder Bergedorf, seit 1985. 1986 Schreibweise stellvertretende Oberbürgermeisterin. Als im des Namens und Sterbedatum geändert. Juni 1947 die Stadtverordnetenversamm- Bisher Lucy-Suhling-Weg. Geb. Wilken. lung den SPD-Politiker Ernst Reuter zum Widerstandskämpferin. Mitglied der KPD. Oberbürgermeister wählte, versagten die So- Kaufmännische Angestellte. (20.6.1905 wjets dieser Wahl ihre Zustimmung. Louise Bochum – 28.10.1981 Hamburg) Schroeder blieb also weiterhin Regierungs- Nach dem Besuch der Volks- und Handels- oberhaupt. „In dieser Stellung ist sie dann schule, Lehre als kaufmännische Ange- im Jahre 1948 in den Tagen der internatio- stellte. Ab 1927 Mitarbeiterin bei der Inter- nalen Hochspannung im Zeichen der ,Blok- nationalen Arbeiterhilfe in Essen, später kade Berlins‘ weltbekannt geworden, als Mitarbeiterin der KPD, Bezirk Ostpreußen ihr infolge der Mitte August 1948 auf russi- und freie Mitarbeiterin der Partei-Zeitung sches Verlangen erfolgten Ablehnung des in Königsberg. 1932 Heirat, danach bei der „Hamburger Volkszeitung“ bis zum end- munisten zu geselligen Abenden und dis- gültigen Verbot der kommunistischen Zei- kutierte über politische Ereignisse. Am tungen und der KPD. Ab 1933 erwerbslos, 30.12.1938 wurden Lucie und Carl wieder September 1933 Geburt der Tochter, der festgenommen und im KZ Fuhlsbüttel in- 1940 und 1942 zwei Söhne folgen. Seit haftiert. Die Tochter kam ins Waisenhaus. 1933 in der Widerstandsbewegung. 1934 1943 kam Carl Suhling in das berüchtigte erste Verhaftung und Einlieferung in das Strafbataillon 999. Er kehrte nicht zurück. Konzentrationslager Fuhlsbüttel. Verurtei- Lucie Suhling überlebte, war nach der Be- lung zu zwei Jahren Zuchthaus wegen freiung aktiv in der Partei und im VVN/ „Vorbereitung zum Hochverrat“. 1936 Ent- Bund der Antifaschisten tätig. Sie berichte- lassung. Wieder illegale Arbeit, erneute te als Zeitzeugin an Schulen und der Uni- Verhaftung 1938. KZ Fuhlsbüttel bis 1939. versität über ihre Erfahrungen während der Lucie Suhling und ihr Mann Carl waren Nazizeit. In ihren letzten Lebensjahren Mitglieder der KPD. Ihre illegale Tätigkeit schrieb sie ihre Erinnerungen auf. „Der un- bestand u. a. darin, Personalunterlagen von bekannte Widerstand“ erschien 1980 und in KPD-Mitgliedern in ihrem Siedlungshaus 2. Auflage 1998. in Hamburg-Langenhorn zu verstecken. Nachdem Carl Suhling 1933 drei Monate Luisenhofstieg in Haft gesessen hatte und mehrere Haus- Billstedt, seit 1948. Früher Louisenweg. durchsuchungen durchgeführt worden wa- Benannt nach dem Öjendorfer Freihof, der ren, vernichtete das Ehepaar Suhling die nach der Tochter des Besitzers Wöhler Dokumente. (Quelle: Gerda Zorn: Frauen „Luisenhof“ hieß. Der 94 ha umfassende gegen Hitler.) Hof wurde 1920 parzelliert 1934 bis 1936 war Lucie, 1933 und 1934 bis 1937 war Carl inhaftiert. Nach ihrer Luisenstraße Entlassung führten Lucie und Carl in klei- Marienthal, vor 1938. Motiv unklar, wahr- nerem Umfang illegale Tätigkeiten aus, da scheinlich frei gewählter Name der Kontakt zu alten Freunden weitestge- hend abgebrochen war. Die beiden arbeite- Luisenweg ten nun meist allein. Mit dem Kinder- Hamm-Mitte, seit 1865. Julie Luise. druckkasten ihrer Tochter stellten sie Benannt nach der Tochter des Senators Flugblätter mit der Aufschrift: „Wehrt P.H.W. Großmann aus Hamm. (Geb. 1848) Euch! Es gibt Krieg“ her. Außerdem mal- ten sie mit einem befreundeten Ehepaar Luise-Otto-Peters-Weg Parolen an Häuserwände. Bergedorf, seit 1985. Pseudonym: Otto Das Ehepaar Suhling wohnte bei Lucies Stern. Schriftstellerin, Publizistin, Schwiegereltern. Da diese fürchteten, eben- Frauenrechtlerin der bürgerlichen Frauen- falls verhaftet zu werden, mussten sich Lu- bewegung. (26.3.1819 Meißen – 13.3.1895 cie und Carl eine andere Bleibe suchen. Sie Leipzig) zogen 1938 mit ihrer Tochter zu Katharina Tochter eines Gerichtsdirektors. Wuchs Hochmuth (Katharina-Jacob-Weg), der spä- mit drei Schwestern in einer bürgerlich- teren Frau von Franz Jacob. (Quelle: Andre- fortschrittlichen Familie auf. Begeisterte as Klaus: Gewalt und Widerstand in Ham- sich für die Bewegung „Junges Deutsch- burg-Nord während der NS-Zeit. Hamburg land“. Im Alter von 17 Jahren wurde sie 1986.) Dort traf man sich mit anderen Kom- Waise. Sie suchte sich selbst ihren Vor- mund und begann, sich der Schriftstelle- Peters Mitherausgeberin der Zeitschrift rei zuzuwenden. Reiste durch viele deut- „Neue Bahnen“, dem Vereinsorgan des sche Länder, sah im Erzgebirge und in Allgemeinen Deutschen Frauenvereins. Schlesien das Elend und die Not der 1866 erschien ihre Schrift „Das Recht der Arbeiterschicht. Veröffentlichte 1846 den Frauen auf Erwerb“. sozialkritischen Roman „Schloß und Fa- brik“, dessen zweiter und dritter Teil Luxweg beschlagnahmt wurden. Sie setzte die Billwerder, seit 1956. Frieda Lux. Sie war Veröffentlichung beim sächsischen Kul- nach 1913 in der Frauenbewegung in tusminister durch, indem sie Überarbei- Billwerder tätig. Mitglied des Elternrats, tungen vornahm. 1847 publizierte sie po- nach 1945 Leiterin der Arbeiterwohl-fahrt. litische Lyrik: „Lieder eines deutschen (8.1.1890 – 9.2.1953) Mädchens“. Sie gehört neben Auguste Schmidt (Auguste-Schmidt-Weg) und Lydiastraße Henriette Goldschmidt zu den Gründerin- Wandsbek, seit 1884. Tochter des Kauf- nen des Allgemeinen Deutschen Frauen- manns Joseph Morewood. (15.12.1818 vereins und war 30 Jahre lang dessen Vor- Wandsbek – 28.8.1904 Wandsbek) sitzende. Ziel dieses Vereins war u. a. die ökonomische Unabhängigkeit der unver- Maetzelweg heirateten Frau. 1849 gab Luise Otto in Volksdorf, seit 1960. Emil Maetzel (1877 – Meißen die politische „Frauen-Zeitung“ 1955) Maler und Baudirektor und seine heraus, die von Frauen des Mittelstandes Ehefrau Dorothea Maetzel, geb. gelesen wurde. Das Motto der Zeitung Johannsen, Malerin. (6.2.1886 Lensahn/ lautete: „Dem Reich der Freiheit werb ich Holstein – 8.2.1930 Hamburg) Bürgerinnen.“ Luise Otto forderte Demo- Geboren als fünftes von sechs Kindern des kratie und einen Bürgerinnenstatus mit Amtmanns Christian August Johannsen allen Rechten und Pflichten. Gleichzeitig und seiner Ehefrau Friederike Auguste empörte sie sich in ihrer „Frauen-Zei- geb. Körner. In ihrer Kindheit erkrankte tung“ über die in Berlin lebende Luise Dorothea Maetzel an Gelenkrheumatis- Aston, die das Recht der Frauen auf eine mus, der zu einem lebenslangen Herzlei- freizügige Sexualität forderte. In Luise den führte und an dem sie im Alter von 44 Ottos Augen waren dies unmoralische Jahren starb. Von 1906 bis 1909 besuchte Forderungen, durch die das Verlangen sie die Gewerbeschule für Mädchen in nach Gleichstellung der Frau in Verruf ge- Hamburg, um Zeichenlehrerin zu werden. raten würde. Ende 1850 wurde die „Frau- Emil Maetzel, der spätere Oberbaurat und en-Zeitung“ verboten. Luise Otto wurde Leiter der Hamburger Stadtbauabteilung, polizeilich observiert und Hausdurchsu- der selbst gern Malerei studiert hätte, er- chungen durchgeführt. Im Gefängnis ver- kannte ihre Begabung. Sie heirateten, und lobte sie sich mit August Peters, der als es wurden vier Kinder geboren. Emil Teilnehmer der bürgerlichen Revolution Maetzel unterstützte seine Frau in ihrer von 1848 eine Zuchthausstrafe absaß. künstlerischen Laufbahn. Das Paar arbei- 1858 erfolgte die Heirat. Das Ehepaar tete intensiv zusammen. Oft konnte man Otto-Peters zog nach Leipzig. Dort gaben nicht unterscheiden, ob ein Bild von ihr sie die „Mitteldeutsche Volks-Zeitung“ oder von ihm stammte. Zwischen 1919 heraus. Bis zu ihrem Tod war Luise Otto- und 1921 entstanden Dorothea Maetzel- Johannsens großformatige expressionisti- Lebenshaltung und Grund mit dafür, dass sche Kompositionen. Das Ehepaar war auch heute noch der Schwank als vermeint- Gründungsmitglied der Hamburgischen liche ,Charakterkomödie‘ etikettiert wird. Sezession. Nach 1925 wandte sich Emil Das Motiv der ,getrösteten Witwe‘ ist in Maetzel der Neuen Sachlichkeit zu, malte vielerlei Varianten ein ubiquitäres Schwank- Bilder, die seine Frau nicht sehr schätzte. muster.“ (Ulf-Thomas Lesle, Institut für Sie suchte eigene Wege und ging für ein niederdeutsche Sprache) halbes Jahr nach Paris. Ende 1926 malte sie überlebensgroße figürliche Komposi- Mania-Altmann-Weg tionen an zwei Wände eines Kinderheimes Schnelsen, seit 1992. Fünf Jahre alte Polin in Lüneburg. Mit der künstlerischen Tren- aus Radom. Opfer des Nationalsozialis- nung von ihrem Mann lockerte sich auch mus. Kindermord in der Schule am die menschliche Beziehung. Bullenhuser Damm. (Siehe Geschwister- Witonski-Straße) Magdalenenstraße Manias Vater wurde im KZ Mauthausen er- Rotherbaum, seit 1860. Catharina mordet. Bevor Mania und ihre Mutter nach Magdalena geb. Kalckbrenner. Ehefrau Auschwitz deportiert wurden, waren sie in des Oberalten, Gärtnerei- und Gelände- verschiedenen anderen Lagern gewesen. besitzers Johann Heinrich Böckmann. Die Mutter überlebte das Lager, sie starb (Getauft 26.2.1777 Hamburg – 17.11.1864 1971. Sie hat nie erfahren, was mit Mania Hamburg) geschah, nachdem man ihr das Kind in Auschwitz weggenommen hatte. Maike-Harder-Weg Poppenbüttel, seit 1984. Gestalt aus einem Margaretha-Treuge-Weg Werk des niederdeutschen Dichters Ohlsdorf, seit 2007. Nach Margaretha T. Hermann Boßdorf (4.8.1876 Elbing – 2.4.1962 Hamburg), Richtige Schreibweise bei Hermann Boß- von 1920 bis 1933 Direktorin der Sozialen dorf „Meike“. Frauenschule und des Sozialpädagogi- „Einzige tragende weibliche Figur in Her- schen Instituts in Hamburg, 1933 entlas- mann Boßdorfs (1877-1921) Hallig-Schwank sen, 1946 Mitbegründerin des Hamburger ,De rode Ünnerrock‘ – vom Autor selbst als Frauenringes, 1949 Mitinitiatorin zur ,Volkskomeedi‘ bezeichnet, ein Klassiker Bildung der Arbeitsgemeinschaft Hambur- der niederdeutschen Bühnenliteratur. (Ur- ger Frauenorganisationen aufführung 26.11.1921, Niederdeutsche „Ich bin gebürtige Westpreußin. Meine El- Bühne Hamburg.) tern habe ich früh verloren. Aber wir drei Als ,Wittfru‘ von ungefähr 40 Jahren bleibt Kinder erhielten bei Verwandten eine liebe- die Bühnenfigur oberflächlich im Gegen- volle und sorgfältige Erziehung“, erzählte satz zu den Männerrollen, die eher durchge- Margaretha Treuge an ihrem 80. Geburtstag. staltet sind. Boßdorf gelingt es nicht, die Als 13jährige kam sie mit ihren Geschwis- Figur der Meike Harder so differenziert an- tern zu ihrem Großvater nach Marienburg, zulegen, daß hier von einem Charakter ge- ging auf die Höhere Handelsschule, be- sprochen werden könnte. Die Figur gehorcht suchte das Lehrerinnenseminar, erwarb die einem bloß äußeren Pragmatismus (,Nod Lehrbefähigung an Mädchenschulen und brickt Keden‘) – im Verständnis des Autors absolvierte eine dreijährige Berufsausbil- Ausdruck einer spezifisch niederdeutschen dung, um die Befähigung zum Studium zu bekommen. Mittlerweile 23 Jahre alt, ging Margaretha Treuge Oberlehrerin für Ge- sie mit ihrem 20-jährigen Bruder nach Ber- schichte und Bürgerkunde. lin zum Studieren. Dort belegte sie – formal Als 1919/1920 die Schulleiterinnen Ger- getrennt von der Universität – in Oberleh- trud Bäumer und Dr. Marie Baum Hamburg rerinnenkursen die Fächer Geschichte, verließen – Gertrud Bäumer wurde 1920 als Deutsch und Philosophie. Nach dem erste Frau Deutschlands Ministerialrätin in Staatsexamen wurde sie 1904 Lehrerin an Berlin und Dr. Marie Baum ging 1919 als einem Berliner Lyzeum und unterrichtete Referentin für Wohlfahrtspflege in das ba- nebenamtlich an der Frauenschule von Ali- dische Arbeitsministerium, übernahm die ce Salomon. 44jährige Margaretha Treuge die Leitung Margaretha Treuge schloss sich dem ADLV der Sozialen Frauenschule. Im selben Jahr (Allgemeiner Deutscher Lehrerinnenverein) wurde die Schule als Wohlfahrtsschule an und war von 1910 bis 1921 Schriftleiterin staatlich anerkannt, was bedeutete, dass die der Verbandszeitschrift „Die Lehrerin“. Schülerinnen nun die Qualifikation einer Für die vom ADF (Allgemeiner Deutscher staatlich geprüften Wohlfahrtspflegerin er- Frauenverein) 1909 herausgegebene Publi- werben konnten. Margaretha Treuge be- kation: „Politisches Handbuch für Frauen“ trachtete diese Entwicklung zur Verstaatli- schrieb Margaretha Treuge umfangreiche chung mit gemischten Gefühlen, denn sie Abhandlungen zu den Themen „Verfassung befürchtete eine allzu starke Schematisie- in Gemeinde, Staat und Reich“ und „Die rung und Routine in der Ausbildung. Am deutschen politischen Parteien“. Außerdem 1.4.1923 wurde die Schule verstaatlicht veröffentlichte Margaretha Treuge im sel- und war damit die erste deutsche Wohl- ben Jahr eine „Einführung in die Bürger- fahrtsschule unter staatlicher Leitung. kunde – ein Lehrbuch für Frauenschulen“, Als der Hamburger Senat 1926 Nachschu- welches zu einem Standardwerk wurde. lungslehrgänge für männliche Angestellte Margaretha Treuge wollte in ihren Publika- der Wohlfahrtsbehörde beschloss, weil die tionen weder sozialdemokratischen noch meisten der männlichen Angestellten nach konservativen Parteien das Wort reden. Das den Lehrsätzen der alten Armenpflege ar- Schwergewicht legte sie auf die Darstel- beiteten, bedeutete dies für das Sozialpäda- lung der kommunalen Selbstverwaltung. gogische Institut, Lehrgänge auch für Män- Denn sie war der Überzeugung, die Betäti- ner einzurichten. Das fiel Margaretha gung auf dieser untersten politischen Ebene Treuge und ihren Mitarbeiterinnen schwer. sei für Frauen, die sich gerade erst politi- Für sie galt das Berufsfeld Sozialpädagogik sierten, angemessen – zumal auf dieser als ein typisch weibliches, das die den Ebene die Arbeit im sozialen Bereich im Frauen angeborene Mütterlichkeit, die sich Vordergrund stand, wofür nach damaliger in Pflege und Hege ausdrückte, professio- Geschlechtsrollenzuweisung Frauen beson- nalisierte. Margaretha Treuges Vorbehalte, ders geeignet erschienen. die „berufsethische Vertiefung“ könne Gerade in Zeiten des Krieges erhielt die so- durch die Koedukation beeinträchtigt wer- ziale Arbeit eine neue Wichtigkeit. Und so den und der gesamte Unterricht verflachen, begrüßten es auch die Vertreter der Stadt fand in den verantwortlichen Kreisen kein Hamburg, dass im Kriegsjahr 1917 die Gehör. Und so musste Margaretha Treuge Doppellehranstalt Soziale Frauenschule Ostern 1930, nachdem Preußen 1927 und Sozialpädagogisches Institut gegründet bereits die staatliche Anerkennung männli- wurde. An dieser Doppellehranstalt wurde cher Wohlfahrtspfleger geregelt hatte, fünf bis zehn männliche Schüler in die Unter- deskreis um Reinhold Meyer (Reinhold- klasse des Sozialpädagogischen Instituts Meyer-Straße), Margaretha Rothe (Marga- aufnehmen. retha-Rothe-Weg) und Heinz Kucharski ge- Im Herbst 1933 wurde Margaretha Treuge, hörte. Diese Gruppe wurde nach dem Krieg die 1918 der Deutschen Demokratischen als Hamburger Zweig der Weißen Rose be- Partei beigetreten war und ihre Vorstellun- nannt. Vermutlich wurde Margarete Mrosek gen von einem demokratischen Staat am 7. Dezember 1943 von der Gestapo ver- weiterhin öffentlich vertrat, von den Natio- haftet. Da das Belastungsmaterial nicht nalsozialisten ihres Amtes enthoben. Mar- ausreichte, um sie vor ein Gericht zu stel- garetha Treuge wurde an eine Volksschule len, wurde Margarete Mrosek mit den ande- strafversetzt und ein Jahr darauf vorzeitig in ren 12 Frauen ohne Urteil erhängt. Unter den Ruhestand entlassen. Während der Zeit diesen Frauen waren auch Erna Behling des Nationalsozialismus hielt sie in Privat- (Erna-Behling-Kehre), Erika Etter (Erika- häusern Kurse zu Literatur, Geschichte, Etter-Kehre), Marie Fiering (Marie Fiering- Frauenbewegung und Nationalökonomie Kehre), Helene Heyckendorf (Helene-Hey- ab. Während des Krieges wurde ihre Woh- ckendorf-Kehre), Annemarie Ladewig nung ausgebombt und sie verlor ihre (Annemarie-Ladewig-Kehre), Hanne Mer- Schwester. tens (Hanne-Mertens-Weg) und Margit Nach 1945 arbeitete die nun über 70jährige Zinke (Margit-Zinke-Straße). Da den Frau- noch kurze Zeit erneut als Dozentin am So- en kein Prozess gemacht worden war, ahn- zialpädagogischen Institut. 1946 gehörte ten sie nicht, als sie ins KZ Neuengamme Margaretha Treuge zu den Mitbegründer- kamen, was ihnen bevorstand. Sie glaubten, innen des Hamburger Frauenringes e.V., sie würden entlassen werden. dessen Presseausschuss sie leitete. 1949 initiierte sie mit anderen die Bildung der Margaretenhof Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenor- Lehmsahl-Mellingstedt, seit 1946. Be- ganisationen. Außerdem war Margaretha zeichnung des an diesem Wege gelegenen Treuge aktive Mitarbeiterin der WOMAN. Bauernhofs

Margarete-Mrosek-Bogen Margaretenstraße Bergedorf, seit 1995. Gegnerin des Natio- Eimsbüttel, seit 1870. Vermutlich nalsozialismus. Hausfrau. (25.12.1902 – Margaretha Auguste geb. Ahlff. Ehefrau 21.4.1945 KZ Neuengamme) des Geländevorbesitzers Heinrich Jacob Gehörte zu den 13 Frauen und 58 Männern, Fett. (1.2.1815 – 27.6.1890) die am 18. April 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, aus dem Polizeige- Margaretha-Rothe-Weg fängnis Hamburg-Fuhlsbüttel ins KZ Neu- Niendorf, seit 1982. Gegnerin des Natio- engamme überführt und in den Nächten nalsozialismus. Studentin der Medizin. vom 21. bis zum 23. April 1945 umge- Motivgruppe: Opfer des Nationalsozialis- bracht wurden. Nacheinander wurden sie mus. (13.6.1919 Hamburg – 15.4.1945 nackt nebeneinander an Schlachterhaken Leipzig) erhängt. Bevor sie ermordet wurden, mus- Lichtwarkschülerin. Medizinstudentin an sten sie dem Geschehen zusehen. der Universität Hamburg. Traf sich mit an- Margarete Mrosek war mit der jüdischen deren ehemaligen LichtwarkschülerInnen Familie Leipelt befreundet, die zum Freun- bei ihrer früheren Lehrerin Erna Stahl, wo sie politische Themen diskutierten und die Freundeskreis begann nach der Hinrichtung von den Nazis verbotene Literatur und Ma- der Scholls aktiv zu werden.“ (Anneliese lerei kennen lernten. Schloss sich dem anti- Tuchel: Der braucht keine Blumen. Erin- faschistischen Kreis ihres Schulkameraden nerungen an Reinhold Meyer. Hamburg Heinz Kucharski an. Zusammen mit ihm 1994.) Traute Lawrenz, Medizinstudentin verbreitete sie auf Flugblättern die Sende- und Freundin von Margaretha Rothe, und zeiten und die Wellenlänge des „Deutschen Hans Leipelt „brachten zumindest das letz- Freiheitssenders“. Durch ihr Studium lernte te Flugblatt der Weißen Rose nach Ham- Margaretha Rothe auch den Ordinarius für burg. Kinderheilkunde, Prof. Rudolf Degkwitz, Das wurde gemeinsam gelesen und solche kennen, der ihre antinazistische Haltung Texte wie von Erich Kästner: ,Ihr und die teilte und sie darin bestärkte. 1941/42 er- Dummheit zieht in Viererreihen in die Ka- weiterte sich der Freundeskreis, zu ihm sernen der Vergangenheit.‘ Die wurden ab- stieß auch der Chemiestudent Hans Leipelt geschrieben mit der Maschine und weiter- (Leipeltstraße). Margaretha Rothe war verteilt. (...) Sie haben ein Netz gesponnen. durch Heinz Kucharski mit Reinhold Mey- Und davor hatte die Gestapo am meisten er (Reinhold-Meyer-Straße), dem Junior- Angst. (...) Leider ließ man ihnen nicht viel chef der sich am Jungfernstieg 50 befinden- Zeit. Ihre Treffen flogen auf durch Verrat,‘ den Buchhandlung „Agentur des Rauhen so Anneliese Tuchel. Am 9.11.1943 wurden Hauses Jos. P. Meyer“, bekannt geworden. Margaretha Rothe, Heinz Kucharski und (Die Buchhandlung wurde von Reinhold Marie Leipelt verhaftet. Im November Meyers Schwester Anneliese Tuchel bis zu 1944 wurde Margaretha Rothe aus dem Ge- deren Tod im Jahre 2000 unter dem Namen stapo-Gefängnis Fuhlsbüttel über Berlin „Buchhandlung Anneliese Tuchel“ ge- nach Cottbus transportiert. Seit dem führt.) Reinhold Meyer, der gleichzeitig 10.2.1945 befand sie sich im Frauenge- auch Germanistikstudent war, befreudete fängnis Leipzig-Kleinmeusdorf. Als sie sich mit Margaretha Rothe. Sie trafen sich dort ankam, war sie bereits schwer erkrankt nachts mit Heinz Kucharski und dem Medi- und wurde deshalb am 18.2.1945 ins Ge- zinstudenten Albert Suhr im Keller der fängnislazarett und von dort am 6.3.1945 Buchhandlung, um, wie Anneliese Tuchel ins Städtische Krankenhaus St. Jacob ge- schreibt, „die verbotene Literatur zu lesen bracht. Dort starb sie am 15.4.1945 an den und zu diskutieren. Wir ahnten, daß Rein- Folgen einer Lungentuberkulose. Zur To- hold etwas Gefährliches tat, aber keiner desursache schrieb ihre Schwester Inge- fragte danach. Denn sein Freundeskreis borg Staudacher-Rothe am 13. Juni 1989 in setzte sich ja zusammen aus Leuten, von ihrem „In memoriam“ (befindlich im denen wir wußten, das sind alles Nazigeg- Staatsarchiv Hamburg). Sie starb „an den ner. Es verband diese ganze Gruppe vor al- Krankheiten, die sie sich während der Haft lem der Zorn gegen die geistige Unfreiheit. zugezogen hatte und für die sie zum Teil Das Wort ,Widerstandskämpfer‘ ist hier si- von klein auf eine Disposition zeigte. cher nicht angebracht, das ist besetzt durch Gretha verbrachte die letzten 5 Wochen ih- Leute wie Stauffenberg. Diese jungen Men- res kurzen Lebens als Privatpatientin in schen haben gekämpft für die Freiheit des dem o. g. Krankenhaus bei optimaler Pflege Geistes, indem sie Texte abschrieben, ver- und erfuhr hier große menschliche Zuwen- breiteten und auch über die Zeit nach dem dung seitens des Personals und einer Mit- ,Dritten Reich‘ diskutierten. (...) Der patientin. Alle anderen Darstellungen ihres Todes und Sterbeortes, wie sie erst kürzlich Mutter kehrte nach Süddeutschland zu- noch trotz vorherigen Hinweises auf die rück. Der Kontakt zwischen Mutter und Unrichtigkeit publiziert wurden, entspre- Tochter brach ab. Ein Jahr später heiratete chen nicht der Wahrheit.“ Margaretha Margit ihren Polzeiwachtmeister und Rothe selbst schrieb am 9. März 1945 aus wohnte mit ihm, der 1933 aus dem Polizei- dem Städtischen Krankenhaus St. Jacob: dienst ausgeschieden war und nun im „Ich liege als Privatperson!!!!! Abteilung Hafen arbeitete, in sehr bescheidenen Ver- BG. Kein Brief geht durch die Zensur, so- hältnissen. 1936 wurde das erste Kind lange ich hier bin! Ohne Alarme wäre es ein geboren, welches wegen der beengten Ver- Paradies! Warum muß es nur so weit von hältnisse bei Margit Zinkes Schwiegermut- Hamburg entfernt sein?!“ (Angela Bottin: ter aufwuchs. 1937 und 1939 wurden die Enge Zeit. Berlin, Hamburg 1992.) beiden Söhne geboren. 1941 ließ sich das Der Freundeskreis um Margaretha Rothe, Ehepaar scheiden. Margit Zinke zog mit Reinhold Meyer, Heinz Kucharski etc. wur- ihren Söhnen in den Falkenried 26, Haus de nach dem Krieg „Hamburger Zweig der 10, und lernte dort ca. 1942 den Elektriker Weißen Rose“ benannt. Paul Zinke kennen und lieben. Er war KPD-Mitglied und beteiligte sich nach Margit-Zinke-Straße 1933 am illegalen Widerstand. Dafür saß er Bergedorf, seit 1995. Widerstandskämpfe- 1935/36 für zehn Monate im Gefängnis. rin. Mitglied der Widerstandsgruppe Nach seiner Entlassung arbeitete er auf der Bästlein-Jacob-Abshagen. Hausfrau. Stülkenwerft, auf der sich während des (18.1.1914 München – 21.4.1945 KZ Krieges kommunistische Widerstands- Neuengamme) gruppen organisiert hatten, die der Wider- Margit Zinke wurde von dem Offizier Wol- standsorganisation Bästlein-Jacob-Absha- demar Emil Fleischner und seiner Ehefrau gen angehörten. Auch um Paul Zinke und Martha geb. Eha adoptiert, wovon sie das Ehepaar Fiering (Marie-Fiering-Weg) wahrscheinlich erst im Alter von siebzehn bildete sich eine Widerstandsgruppe, deren Jahren erfuhr. 1919 schied Woldemar Haupttreffpunkt die Kellerwohnung der Fleischner aus dem Militärdienst aus. Es Fierings war. 1943 wurde Paul Zinke als ist nicht genau geklärt, ob gesundheitliche politisch Vorbestrafter zum Bewährungs- Gründe oder Woldemars Fleischers antina- batallion 999 eingezogen. Im selben Jahr zistische Einstellung dafür ausschlagge- half Margit Zinke dem kommunistischen bend gewesen waren. Die Familie zog nach Widerstandskämpfer Hans Hornverger Hamburg und bewohnte eine großbürgerli- (ohne Gerichtsurteil 1944 im KZ Neuen- che Wohnung im Jungfrauenthal. Margit gamme gehenkt) unterzutauchen. Am 23. Zinke besuchte die katholische höhere April 1944 wurde Paul Zinke aus dem Be- Mädchenschule am Holzdamm, später währungsbatallion entlassen. Am 1. Juli ging sie in ein Internat nach Eutin. Sie war 1944 heirateten Margit und Paul Zinke. Im sehr sportlich. Als sie sich in einen drei selben Jahr kam ihre Tochter auf die Welt. Jahre älteren Polizeiwachtmeister verlieb- Am 27. November 1944 wurde Paul Zinke te, der ihren Eltern nicht standesgemäß er- und zwischen dem 3. und 8. Feburar 1945 schien, kam es zu einem großen Streit. Margit Zinke verhaftet und ins Gestapoge- Kurz darauf, im Jahre 1934, starb der Vater. fängnis Fuhlsbüttel gebracht. Die Kinder Die Mutter gab der Tochter eine Mitschuld. kamen in ein Kinderheim nach Reinbek Margit zog aus dem Elternhaus aus. Die und wurden von dort auf verschiedene Pflegestellen verteilt. Margit Zinke gehör- gab, holte Marianne ihre Schwestern nach te zu den 13 Frauen, die ohne Urteil im KZ Halle und unterrichtete sie dort. Marianne Neuengamme in den Nächten vom 21. bis Wolff lernte den Dichter Karl Immermann zum 24. April 1945 erdrosselt wurden. kennen. Er trennte sich ihretwegen von sei- (Siehe Margarete-Mrosek-Bogen.) ner langjährigen Freundin. Marianne wur- (Recherchen zu Margit Zinke erstellt von de nun die Ehefrau des Dichters. Das junge dem Namensauschuss der Gesamtschule Ehepaar zog nach Düsseldorf. Marianne Bergedorf, der über Margit Zinke eine klei- Wolff war 20 Jahre alt und hatte, wie sie ne Biographie geschrieben hat.) selbst feststellte, nur als Immermanns Frau eine gesellschaftliche Stellung. Am 12. Au- Maria-Louisen-Brücke gust 1840 gebar Marianne eine Tochter. Zur Winterhude, seit 1904. In Anlehnung gleichen Zeit erkrankte Karl Immermann an die Maria-Louisen-Straße an einer Lungenentzündung und starb knapp zwei Wochen nach der Geburt des Maria-Louisen-Stieg Kindes. Nun begann eine schwere Zeit für Winterhude, seit 1953. In Anlehnung an die Witwe Immermann. Um sich mit ihrem die Maria-Louisen-Straße Kind finanziell über Wasser zu halten, un- terrichtete sie Töchter befreundeter Fami- Maria-Louisen-Straße lien. Außerdem ordnete sie den Nachlass Winterhude, seit 1863. Maria-Louise ihres Mannes und verhandelte mit Verle- geb. Lembcke. Erste Ehefrau des gern. Als 1847 ihre Tante starb, ging Mari- Grundeigentümers Adolph Sierich, anne Wolff mit ihrer Tochter nach Ham- Besitzer des Geländes burg, um ihrem Onkel Julius Guido Wolff und seinen 6 Kindern den Haushalt zu füh- Mariannenweg ren. Acht Monate später heiratete sie ihn, Fuhlsbüttel, seit 1946. Frei gewählter den Direktor der 1846 eröffneten Eisen- Name bahnlinie Berlin-Hamburg. Julius Guido Marianne-Wolff-Weg Wolff bekleidete viele Ehrenämter und ge- Barmbek-Nord, seit 1930. Geb. Niemeyer. noss hohes Ansehen in Hamburg. Zu den 7 Witwe des Dichters Karl Immermann. Kindern gesellten sich im Laufe der Zeit 4 Sie gab dem geselligen, musikalischen weitere. 1855 fand auch noch eine 10jähri- Leben Hamburgs Anregungen. (8.9.1819 ge Verwandte Aufnahme. Neben ihren um- Magdeburg – 17.2.1886 Hamburg) fangreichen hausfraulichen und mütterli- Geboren in Magdeburg als älteste Tochter chen Pflichten übernahm Marianne Wolff eines Arztes. Die Mutter starb, als Marian- auf Wunsch von Amalie Sieveking (Ama- ne sechs Jahre alt war. Mit 13 Jahren ging lie-Sieveking-Weg) zwei Jahre lang den Marianne bereits von der Töchterschule ab, Unterricht einer Reihe junger Mädchen. weil der Vater der Meinung war, dass Mäd- Außerdem erzog sie in ihrem Haus, wel- chen nicht viel zu lernen bräuchten. Sie ches in dem Ruf stand, ein mit christlichem sollte sich von nun an selbst beschäftigen Geist erfülltes Haus ohne Engherzigkeit zu und ein wenig Französisch lernen. Nach sein, eine Anzahl junger Baslerinnen und dem Tod des Vaters zog sie, dem Wunsche Engländerinnen. Marianne Wolff galt als ihres Vaters folgend, zu ihrer Großmutter sehr klug und hilfsbereit. Sie half bei Kon- nach Halle. Die jüngeren Schwestern ka- flikten und Eheschwierigkeiten, gab wer- men aufs Land. Da es dort keine Schule denden Müttern Ratschläge, nahm Men- schen mit Eheproblemen für einige Zeit fung von Pässen für gefährdete Jüdinnen auf, half in seelischen Nöten. Gleichzeitig und Juden. Maria Ter-wiel war überzeugte hatte sie noch Zeit, ein Buch zu schreiben: Katholikin. Im Januar 1943 wurde sie zu- „Karl Immermann und seine Werke“ sammen mit ihrem Verlobten Helmut (1870). Zusammen mit ihrem Mann übte Himpel vom Reichskriegs-gericht zum sie christliche Nächstenliebe im Sieveking- Tode verurteilt. Das Urteil wurde am 5. schen Verein für Armen- und Kranken- August 1943 vollstreckt. pflege. Im Laufe der Jahre erlitt ihr Mann mehrere Marie-Fiering-Kehre kleine Schlaganfälle, wodurch er immer Bergedorf, seit 1985. Widerstandskämpfe- weniger am geistigen Leben teilnehmen rin gegen den Nationalsozialismus. konnte. Er starb am 14.5.1880. Marianne Mitglied der KPD. Hausfrau (28.9.1897 Wolff zog in ein kleineres Haus in einem Hamburg – 21.4.1945 KZ Neuengamme) Hamburger Vorort. Für längere Zeit sorgte Die Hausfrau aus dem St. Georgskirchhof sie noch für den nach jahrelanger Abwesen- 26 wurde im Dezember 1944 gemeinsam heit heimgekehrten ältesten Sohn. Am mit ihrem Ehemann Ernst und ihrer Schwe- 17.2.1886 starb sie nachmittags in ihrem ster Frieda Wischnewski verhaftet. Eine Lehnstuhl sitzend. Beteiligung an der Widerstandsarbeit konnte Marie Fiering nicht nachgewiesen werden. Maria-Terwiel-Kehre Sie gehörte zu den 13 Frauen, die ohne Ur- Bergedorf, seit 1987. Widerstandskämpfe- teil im KZ Neuengamme in den Nächten rin gegen den Nationalsozialismus. vom 21. bis zum 23. 4. 1945 erdrosselt wur- Motivgruppe: Verdiente Frauen. (7.6.1910 den. (Siehe Margarete-Mrosek-Bogen.) Boppard – 5.8.1943 Berlin). (Siehe Elisa- beth-von-Thadden-Kehre) Marie-Henning-Weg Tochter eines hohen Verwaltungsbeamten. Bergedorf, seit 1995. Geb. Mancke, 1929 Abitur. Studium der Rechtswissen- verh. Rohde, verwitwete Henning. Mit- schaften. Da ihre Mutter Jüdin war, wurde glied der Hamburgischen Bürgerschaft Maria Terwiel nicht zum Referendarex- (KPD). Verfolgte des Naziregimes. amen zugelassen. Ihr Vater, der Sozialde- (26.12.1895 – 5.1.1948) mokrat und Katholik war, wurde 1933 in Nach der Ermordung ihres Mannes und Stettin seines Amtes enthoben. Bürgerschaftsabgeordneten Ernst Hen- Die Familie zog nach Berlin. Maria Terwiel ning (KPD) wurde Marie Henning 1931 arbeitete dort als Sekretärin in einem fran- bis zur Machtübernahme durch die Natio- zösisch-schweizerischen Textilunterneh- nalsozialisten (1933) Mitglied der Ham- men. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach burgischen Bürgerschaft (KPD). Sie und der französische Firmenleiter als wohnte mit ihren drei Kindern in Ham- Kriegsgefangener behandelt wurde, setzte burg-Bergedorf in der Hassestraße 11. Maria Terwiel durch, dass er seine Während der NS-Zeit wurde sie mehrfach Zwangsarbeitsstunden in seiner Firma ab- von der Gestapo inhaftiert. leisten durfte. Maria Terwiel nahm Kontakt zu der Widerstandsgruppe des Hauptmanns Marie-Jonas-Platz Schulze-Boysen auf und nutzte deren Be- Eppendorf, seit 2009. Nach Dr. Marie- ziehungen zur Verbreitung der Predigten Anna Jonas (12.1.1893 Fischhausen/ des Bischofs von Galen und zur Beschaf- Ostpreußen – 1944; Deportation, Todes- datum unbekannt), jüdische Ärztin, Ehe- ihre Tochter erkrankt, blieb die Mutter zu frau von Dr. Alberto Jonas, dem letzten Hause. Dr. Marie-Anna Jonas liebte Mo- Leiter der Mädchenschule der Deutsch- zarts „Kleine Nachtmusik“, ging gern und Israelitischen Gemeinde in Hamburg, wie häufig ins Theater und in die Oper, besuch- ihr Mann Opfer des Nationalsozialismus te Konzerte und hatte viele Freundinnen Dr. Marie-Anna Levinsohn war das dritte und Freunde, die sie einmal wöchentlich von insgesamt vier Kindern des liberal-jü- zum Essen zu sich nach Hause einlud. dischen Ehepaares Levinsohn. Der Vater „Marie-Anna Jonas war sehr stolz auf ihren betrieb die Apotheke am Ort. Werdegang. Sie legte Wert darauf, dass die Ab 1895 wohnte die Familie in Königsberg, Bezeichnung ‚Frau Dr. Jonas’ Ergebnis ih- wo Marie-Anna die höhere Mädchenschule rer eigenen Leistung und nicht durch Ehe- mit angeschlossenem Lehrerinnenseminar schließung erworben war. In ihrem sozialen besuchte. Im Alter von fünfzehn Jahren Engagement orientierte sie sich nicht an der starben ihre Eltern, so dass Marie-Anna Le- Haltung ihres Gatten, der vehement jede in- vinsohn schon in jungen Jahren für sich nerjüdisch-politische Positionierung ab- selbst sorgen musste. lehnte. Nach Aussagen ihrer Tochter gehör- Nachdem sie mit 18 Jahren die Lehrerinnen- te sie der WIZO (Women’s International prüfung bestanden hatte, ging sie für zwei Zionist Organisation) an und ließ sich zur Jahre nach England und Frankreich, um sich Gruppenvorsitzenden wählen. Das Israeliti- weiter zu bilden. 1914 kehrte sie nach sche Familienblatt verzeichnete sie im Ok- Deutschland zurück und war gemeinsam mit tober 1938 sogar als Vorstandsmitglied des ihrer älteren Schwester im Ersten Weltkrieg Hamburger Zionistischen Ortsverbandes. als Rote-Kreuz-Schwester tätig. Ab Septem- Gemeinsam mit ihrem Mann gehörte sie au- ber 1917 begann sie sich wieder auf das ßerdem der Henry-Jones-Loge an. Abitur vorzubereiten, was sie Ostern 1919 Schon im Ersten Weltkrieg war Marie- bestand. Nun studierte sie an der Universität Anna Jonas massivem Antisemitismus von Königsberg Medizin und promovierte 1922 Soldaten begegnet, die sich nicht von jüdi- über Komplikationen bei eitriger Mittelohr- schen Rote-Kreuz-Schwestern behandeln entzündung. 1923 erfolgte ihre Approbation, lassen wollten. Obwohl sie für diese Tätig- im gleichen Jahr heiratete sie Dr. Alberto keit 1934 das ‚Ehrenkreuz’ verliehen be- Jonas, einen vier Jahre älteren Altphilolo- kam, war sich Marie-Anna Jonas früh der gen, der Oberlehrer an der traditionsreichen Gefahr für die Juden bewusst, die der Hamburger Talmud Tora-Schule war. Die Machtantritt der Nationalsozialisten bedeu- beiden hatten sich bei einer Zugfahrt nach tete. Sie drängte zur Auswanderung, wollte Bad Harzburg kennen gelernt. nach Palästina, was für ihren Mann jedoch Als Dr. Alberto Jonas 1924 Direktor der Is- nicht zur Debatte stand. raelitischen Töchterschule in der Karoli- Ihre Arbeit als Schulärztin hatte Marie- nenstraße wurde, übernahm Dr. Marie- Anna Jonas verloren: Seit Mai 1932 konnten Anna Jonas die Stelle der Schulärztin. Am verbeamtete Frauen aus dem Staatsdienst 13. März des Jahres wurde das einzige Kind entlassen werden, wenn das Familienein- Esther geboren. Bis 1929 wohnte die Fami- kommen anderweitig gesichert war. Sie lie in der Grindelallee 12 und zog dann wirkte ehrenamtlich, zunächst am Universi- nach Eppendorf in den Woldsenweg 5. tätskrankenhaus Eppendorf, dann am Israe- Ihre Tochter Esther beschrieb ihre Mutter litischen Krankenhaus in der Simon-von Ut- als sehr sanft, zärtlich und liebevoll. War recht-Straße. Als dann 1938 jüdischen Ärzten und Ärztinnen die Approbation ent- Henneberg. Ehefrau des Gutsbesitzers zogen wurde, war sie als Krankenpflegerin Albert Cäsar Henneberg. (1835 – 20.11.1906) tätig und versorgte – insbesondere nachts – alte Menschen. In den Räumen der Israeliti- Marienring schen Töchterschule unterrichtete sie Bio- Marienthal, vor 1938. Benennung logie und Gesundheitslehre. Ihre Schüler unklar, wahrscheinlich in Anlehnung an waren jugendliche Teilnehmer an Berufs- den Stadtteilnamen Marienthal lehrgängen zur Vorbereitung der Auswande- rung, darunter auch ihre Tochter Esther. Marienstraße Für Familie Jonas gab es kein Entkommen, Harburg, seit 1860. Nach dem 1844 viel zu spät war ein Ausreiseantrag in die eröffneten Krankenhaus „Marienstift“ an USA gestellt worden. Im Frühjahr 1942 der Bremer Straße musste sie die Wohnung am Woldsenweg räumen und in ein so genanntes Judenhaus Marienterrasse am Laufgraben 39 ziehen. Am 19.7.1942 Uhlenhorst, seit 1863. Vermutlich nach wurde Marie-Anna Jonas mit ihrem Mann Maria geb. Wollmer, der Ehefrau des und ihrer Tochter nach Theresienstadt de- Grundeigentümers Söllner portiert. Sechs Wochen später starb Dr. Al- berto Jonas an Hirnhautentzündung. Marienthaler Straße Marie-Anna Jonas begann, im Ghetto als Ärztin zu arbeiten. Sie hatte kaum Medika- Hamm-Nord, seit 1899. Ein von der Baro- mente, konnte aber, so ihre Tochter ‚den nin von Kielmannsegg als Witwensitz Leuten ein gutes Wort geben und, (…) nett erbautes Haus, das dem Ort den Namen gab zu ihnen [sein]’. Vergebens versuchte sie „Der Wandsbeker Guts-Besitzer Freiherr Anfang Oktober 1944 Esther, die in There- von Kielmannsegg hatte am Mühlenteich sienstadt geheiratet hatte, daran zu hindern, einen Witwensitz mit dem Namen ,Marien- ihrem Mann (einem Aufruf der Lagerlei- thal‘ eingerichtet, den seine Witwe seit tung folgend) in ein vermeintliches Arbeits- 1684 bewohnte. (...) Über dieses ,Haus Ma- lager nachzureisen. Es war ein Transport rienthal‘ schrieb im Jahre 1773 der Guts- nach Auschwitz. Esther überlebte. Marie- verwalter Richter: ,Das Haus Marienthal Anna Jonas wurde am 12.10.1944 nach allda war an Gastwirte vermietet, welche Auschwitz deportiert und dort ermordet.“ ein heilloses Handwerk daraus machten, (Text: Stadtteilarchiv Eppendorf) jungen unbändigen Leuten Gelegenheiten zu geben, Gesundheit, Vermögen und Ehre Marienhöhe bei liederlichen Metzen aufzuopfern.‘“ (Al- fred Pohlmann: Unser Wandsbek. Hamburg Blankenese, seit 1928. 1906 erwarb die 1975, S. 41.) Nach Pohlmann soll aber der neu gegründete Blankeneser-Marienhöhe- „heutige Ortsteil Marienthal (...) mit die- Terrain-A.G. zu Hamburg von den sem Haus Marienthal nicht das geringste zu Erben des Vorbesitzers von Heeren tun“ haben. das Gut Marienhöh, welches seit ca. 1872 so genannt wurde Marta-Damkowski-Kehre Bergedorf, seit 1986. Politikerin, Widerstands- Marienhof kämpferin, SPD-Bürgerschaftsabgeordnete. Poppenbüttel, umbenannt 1950. Marie (16.3.1911 Stade – 11.8.1982 Hamburg) Entstammte einer sozialdemokratischen 1949 arbeitete sie als Frauensekretärin der Arbeiterfamilie. Im Alter von zwölf Jahren Hamburger Landesorganisation der SPD. trat sie den „Kinderfreunden“ bei, später Später war sie als Verwaltungsangestellte wurde sie Mitglied der Sozialistischen Ar- der Gefängnisbehörde tätig und leitete bis beiter Jugend (SAJ) und trat mit etwa 17 1958 die Frauenstrafanstalt Hamburg. Sie Jahren (1928) dort wieder aus, weil sie sich war auch wesentlich am Aufbau von „pro an der Belegung der Kredite für den Panzer- familia“ und des Referats „Familienförde- kreuzer Potemkim nicht beteiligen wollte. rung“ in der Sozialbehörde beteiligt und Als Folge einer früheren Begegnung mit arbeitete in der Arbeitsgemeinschaft Ham- dem sozialistischen Philosophen Leonhard burger Frauenorganisationen mit. Von No- Nelson trat sie 1925 dem Internationalen vember 1946 bis Oktober 1953 gehörte sie Sozialistischen Kampfbund (ISK) bei, der der Hamburgischen Bürgerschaft an und die „Anpassungspolitik“ der SPD ablehnte. setzte sich dort immer wieder für eine Von 1929 bis 1932 war Marta Damkowski grundlegende Reform des Pharagraphen 218 Hörerin an der Philosophisch-Politischen ein. Auch stritt sie im Nachkriegsparlament Akademie des ISK in Melsungen. Ab 1933 für eine bessere Nahrungszuteilung für steuerte der ISK seine Arbeit zunächst vom Säuglinge. Neben ihrer parlamentarischen Ausland aus. Marta blieb in Deutschland Arbeit war Marta Damkowski in der Zeit und arbeitete in der Illegalität. Sie musste in von 1947 bis 1953 Mitglied im Bundesfrau- diesen Jahren viel reisen und innerhalb enausschuss, im Parteirat der SPD und ar- Deutschlands oft umziehen – von einer ille- beitete mit am Godesberger Programm galen Anlaufstelle zur nächsten. Damit ihre (Frau und Familie). Noch im Alter war Mar- Arbeit nicht aufflog, musste sie der Gestapo ta Damkowski im Vorstand der Arbeitsge- jeden politischen Freund als ihren neuesten meinschaft sozialdemokratischer Frauen Liebhaber ausgeben. Deshalb galt sie dort Altona, im Distriksvorstand Sülldorf-Ris- als Hure und wurde später während ihrer sen und im Landesverband der Arbeiter- Haftzeit oft unflätig beschimpft. 1937/38 wohlfahrt Hamburg tätig. initiierten die Nazis eine große Verhaf- tungswelle. Trotz einer verschlüsselten War- Marthastraße nung konnte Marta Damkowski, die sich Eimsbüttel, seit 1870. Vermutlich eine damals in Bremen aufhielt, nicht mehr dem Geländebesitzer Adolph Hermann rechtzeitig fliehen. Sie, ihr Bruder und auch Meißner nahestehende Person ihr späterer Mann – die beiden Männer ge- hörten der SAJ an – wurden verhaftet. Der Martha-Muchow-Weg Volksgerichtshof verurteilte Marta Dam- Uhlenhorst, seit 2010. Dr. Martha Marie kowski 1938 zu einer einjährigen Gefäng- Muchow (25.9.1892 Hamburg – 29.9.1933 nisstrafe wegen „Vorbereitung zum Hoch- Hamburg), Volksschullehrerin, verrat“. Da Marta Damkowski keine Aussa- Psychologin, promovierte 1923 mit einer gen machte, wurde sie wochenlang in Dun- Arbeit über Studien zur Psychologie des kelhaft gehalten. 1940, gleich nachdem Erziehers, gilt als Pionierin der ökologi- Marta Damkowski und ihr Freund aus der schen Psychologie, nach Entlassung ihres Haft entlassen worden waren, heirateten Lehrers Prof. Wilhelm Stern wurde sie sie. 1941 kam ihr Sohn zur Welt. Ihr Mann 1933 denunziert und ihrer Ämter entho- fiel 1944. Nach Kriegsende trat Marta ben, zwei Tage nach einem Suizidversuch Damkowski der SPD bei. Von 1946 bis daran verstorben. Motivgruppe: Verfolgte des Nationalsozia- Gesamtheit. Zudem gewann William Sterns lismus kinder- und jugendpsychologischer For- Martha Muchow war die Tochter von Doro- schungsschwerpunkt immer größere Be- thee Muchow geb. Korff und ihres Eheman- deutung. nes, des Zollinspektors Johannes Muchow. Beeinflusst von all diesen Forschungsan- Das Ehepaar hatte noch ein weiteres Kind. sätzen arbeitete Dr. Martha Muchow u. a. Nachdem Martha Muchow 1912 das Abitur darauf hin, dass in der Lehrerinnen- und gemacht hatte, absolvierte sie eine einjähri- Lehrerbildung ein sozialpädagogisches ge Lehrerinnenausbildung. Danach war sie Praktikum eingeführt wurde. zwei Jahre in Tondern an einer Höheren „Seit 1926 war Martha Muchow ständige Mädchenschule tätig. In ihrer Freizeit be- Mitarbeiterin der renommierten Fachzeit- suchte sie Vorlesungen von William Stern schrift ‚Kindergarten’. Parallel dazu hatte (geboren als Wilhelm Louis Stern) am sie engen Kontakt zur Fröbel-Bewegung Hamburgischen Kolonial-Institut (erste und zum Hamburger Fröbel-Seminar, wo staatliche Hochschule vor Gründung der sie Psychologie unterrichtete.“ (wikipedia: Universität Hamburg). Martha Muchow, Stand: 6.8.2011.) Das Interesse für Psychologie erwachte, als Während ihrer Tätigkeit am Psychologi- sie sich ab 1917 an der Ausarbeitung von schen Institut erhielt Dr. Martha Muchow Beobachtungsbögen für Intelligenzprüfun- die Gelegenheit, in den USA die amerikani- gen an Schulen beteiligte. schen Methoden der psychologischen For- 1919 nahm sie ihr Studium der Psycholo- schung kennen zu lernen und dort in ver- gie, Philosophie, der deutschen Philologie schiedenen Großstädten über ihre eigene und Literaturgeschichte an der frisch ge- Arbeit zu berichten. Sie bekam mehrere gründeten Hamburger Universität auf. In Angebote, in den USA zu bleiben und dort den Jahren davor hatte sie bereits im Ham- zu forschen. So schrieb sie im November burger Schuldienst als Volksschullehrerin 1930 aus Washington: „Wenn ich nicht so gearbeitet. tief in meiner Arbeit verwurzelt wäre, William Stern, Professor für Psychologie, könnten mich vielleicht einige Angebote wurde schnell auf die Studentin aufmerk- verlocken, hier zu bleiben, wenigstens für sam und erwirkte schon ein Jahr, nachdem ein paar Jahre. Aber gerade hier merke ich Martha Muchow mit dem Studium begon- doch, wie sehr kultur- und schicksalsver- nen hatte, bei der Schulbehörde ihre Beur- wachsen ich im Grunde bin, so daß selbst laubung aus dem Schuldienst, um sie als ungeahnte Mittel für ungeahnte For- wissenschaftliche Hilfsarbeiterin am psy- schungsarbeiten mir nichts sagen können; chologischen Laboratorium der Universität meine ganzen Arbeitspläne für die kom- einzustellen. 1923 promovierte Martha Mu- menden Jahre sind unverpflanzbar (...) .“ chow mit einer Arbeit über „Studien zur (Angela Bottin: Enge Zeit, Spuren Vertrie- Psychologie des Erziehers“. bener und Verfolgter der Hamburger Uni- Die Forschung auf dem Gebiet der Psycho- versität. Berlin 1992.) logie hatte in dieser Zeit eine große Wand- Als Dr. Martha Muchow nach Hamburg zu- lung genommen – weg von der zerglieder- rückkehrte, musste sie mit Schrecken die ten, von der von naturwissenschaftlich- Machtergreifung durch die Nationalsozia- experimentellen Methoden beeinflussten listen miterleben: Die Freiheit der Lehre Forschung in Einzeldisziplinen und hin zu und Forschung gab es nicht mehr, und die einer Betrachtung des Menschen in seiner politische Entwicklung wirkte sich zuneh- mend bedrohlich negativ auf die Arbeit am ihrer Suspendierung wurde sie bewusstlos Psychologischen Institut aus. Es kam zu di- in ihrer Wohnung in der Bundesstraße 78 versen Zusammenstößen mit der Landesun- aufgefunden und starb zwei Tage später im terrichtsbehörde, da Dr. Martha Muchow Jerusalem-Krankenhaus an den Folgen ih- die von den Nationalsozialisten geforderten res Versuches, sich das Leben zu nehmen. Erziehungsmethoden aus humanistischen Martha Muchow wurde auf dem Ohlsdorfer Gründen nicht mittragen wollte. Ihr physi- Friedhof bestattet (Grab.-Nr.: AE 32, 140). scher und psychischer Zustand wurde Da die Grabstelle nicht mehr existiert, setz- immer schlechter; sie war überarbeitet, te der Verein Garten der Frauen e.V. ihr ei- gönnte sich jedoch keine Erholungspause. nen Erinnerungsstein in den „Garten der Und als dann am 9.4.1933 auch noch ihre Frauen“ auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Mutter starb, fühlte sie starke Verzweiflung und war am Ende ihrer Kräfte. Doch zur Mary-Marcus-Kehre Trauer und zum Rückzug hatte sie keine Bergedorf, seit 1985. Marianne Marcus. Zeit, keine Möglichkeit. Täglich kamen Direktorin der Israelitischen Töchter- verzweifelte Menschen zu ihr: Verfolgte schule. Motivgruppe: Verdiente Frauen. und Geächtete. (16.8.1844 Hamburg – 22.4.1930) „Als nach der Machtübernahme der Natio- Mary Marcus wuchs in finanziell beschei- nalsozialisten ihr Lehrer William Stern ent- denen Verhältnissen auf. Schon als Kind lassen wurde, denunzierte man sie in einem musste sie die Benachteiligung und Zu- Brief vom 10. Juli 1933 als ‚Judengenosse’: rücksetzung als Jüdin, als Mädchen und ‚Fräulein Dr. Muchow, die engste Vertraute als Kind armer Eltern erleben, schreibt Ur- von Prof. Stern, die ihn auch heute täglich sula Randt in ihrem Buch „Carolinenstraße besucht und mit ihm alle Pläne ausarbeitet, 35. Geschichte der Mädchenschule der ist die gefährlichste. Sie war aktives Mit- Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Ham- glied des marxistischen ‚Weltbundes für burg 1884 -1942“. Erneuerung der Erziehung’ (…). Ihr Ein- Mary Marcus’ schulische und pädagogi- fluß ist unheilvoll und einer deutschen sche Laufbahn verlief wie folgt: 1851 bis Staatsauffassung direkt zuwiderlaufend.’“ 1859 Besuch der Töchterschule von Fräu- (wikipedia: Martha Muchow, Stand: lein Johanna Lenning und zusätzlicher Be- 6.8.2011 und zitiert nach: Karl-Heinz Hit- such des Seminarkurses von Herrn Voß. Von ze: Martha Muchow und ihr Beitrag zur Er- Oktober 1859 bis März 1862 unterrichtete forschung der frühkindlichen Sozial-, sie an der höheren Töchterschule von Fräu- Denk- und Bewusstseinsentwicklung. Un- lein Minna Samson. Zwischen 1862 und veröffentlichte Diplomarbeit. München 1868 Erzieherin bei der Familie S. Spitz in 2001, S. 197). Brünn. Zu Dr. Martha Muchows 41. Geburtstag, Ab April 1868 Schulvorsteherin der Israeli- am 25.9.1933, erhielt sie den Bescheid, das tischen Mädchenschule von 1798. Ab 1. Institut, in dem sie als wissenschaftliche April 1884 zusammen mit Mathilde Rätin tätig war, zu verlassen und in den Lippmann Direktorin der zur selben Zeit er- Schuldienst zurückzukehren. Zutiefst er- öffneten Israelitischen Töchterschule der schüttert äußerte sie zwar noch den Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Ham- Wunsch, eine Anfängerklasse zu überneh- burg. Die Schule setzte sich aus der israeli- men – aber in Wahrheit sah sie wohl keine tischen Mädchenschule von 1798 und der Perspektiven mehr für sich. Zwei Tage nach Armen-Mädchenschule der Deutsch-Israe- litischen Gemeinde von 1818, von der Mat- Mathildenstraße hilde Lippmann kam, zusammen. St. Pauli, seit 1865. Wahrscheinlich die Das Amt einer Schulvorsteherin war da- Schwägerin oder die Nichte des Grundei- mals etwas besonderes. Denn die Leitung gentümers Eduard Buhbe staatlicher Schulen hatten ausschließlich Männer. Ursula Randt schreibt: „Die Israe- Mechthildweg litische Töchterschule war von den 113 Niendorf, umbenannt 1948. Früher Quellen- Schulen, die der Aufsicht der II. Sektion der tal. Mechtildis, Bäuerin in Niendorf vor 1347 Oberschulbehörde unterstellt waren, nach Mechthild ist vermutlich eine der ältesten Klassen- und Schülerinnenzahl die umfang- Niendorfer Hufnerinnen. Weit vor 1347 reichste.“ Auf die neue Schule gingen mehr vermachten die Niendorfer Bauern Ulfer als 500 Schülerinnen, die zwischen sechs und Sigfrid der Eppendorfer Kirche eine und vierzehn Jahre alt waren und aus der Geldrente zum Andenken an ihre Eltern ärmeren Bevölkerungsschicht kamen. Mary Ulfer und Mechthild. Marcus strebte eine gründliche Ausbildung der Mädchen an, denn nur so sah sie eine Meckelburgsweg Chance für sie, aus ihrer sozialen Schicht Veddel, seit 1922. Zu Ehren des Veddeler aufzusteigen. Mary Marcus zeichnete Stren- Brauereibesitzers Johann Andreas ge, Korrektheit, aber auch Zartgefühl und Paul Meckelburg und seiner Schwester Behutsamkeit aus. Neuen Unterrichtsmetho- Margarete, die 1882 ein nicht unbe- den stand sie aufgeschlossen gegenüber. deutendes Vermögen stifteten, damit aus Besonderen Wert legte sie auf freies und den Zinsen unbescholtene, unverschuldet fließendes Sprachvermögen der Kinder. in Not geratene oder arbeitsunfähige Vom 1. Schuljahr an lernten die Kinder frei Personen, die auf dem Stadtdeich, in der zu sprechen. Der Lehrplan reichte über den anliegenden Straße und auf der Veddel der staatlichen Hamburger Volksschulen wohnten, unterstützt wurden hinaus. Neben Hebräisch wurde Englisch und Literatur und als Wahlfach Französisch Meriandamm gelehrt. Die Schule hatte bald einen guten Billstedt, seit 1948, benannt nach dem Ruf und konnte mit den Anforderungen von Radierer und Kupferstecher Matthäus Realschulen Schritt halten. 1930 erfolgte Merian. 2001/2002 ergänzt um die ebenso die offizielle Anerkennung als Realschule. bedeutende Tochter Maria Sibylla Merian. Nach dem Tod von Mathilde Lippmann lei- Neuer Erläuterungstext: benannt nach tete Mary Marcus die Schule allein weiter. Matthäus M. (1593-1650), Kupferstecher, Sie trat erst im Alter von 80 Jahren, 1924, in Verleger und Schöpfer zahlreicher Stadt- den Ruhestand. ansichten, und dessen Tochter Maria Zu ihrem Abschied erhielt sie die Urkunde Sibylla M. (1647-1717), Forscherin, Blu- einer „Mary-Marcus-Stiftung“, die, wie men- und Insektenzeichnerin, Herausgebe- Ursula Randt schreibt, „aus Beiträgen des rin, Autorin und Illustratorin von Büchern Schulvorstandes, ehemaliger Lehrer, Schü- über Insekten lerinnen und Freunde der Jubilarin hervor- Bekannt als Naturforscherin wurde die gegangen war; das Geld war für die berufli- Tochter des berühmten Kupferstechers und che Fortbildung von Schülerinnen der Is- Verlegers Matthäus Merian der Ältere raelitischen Töchterschule nach dem Schul- durch die Veröffentlichung ihres Werkes abschluß bestimmt“. „Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung“ im Jahre 1679 lebenden fünf Kindern nach Itzehoe. Dort (Teil 1) und 1683 (Teil 2). Maria Sibylla, besuchte Johanna das Blöckersche Institut deren Vater starb, als sie drei Jahre alt war, und zog mit 20 Jahren als Gesellschafterin erhielt ersten Malunterricht von ihrem Stief- und Erzieherin nach Schweden zum Grafen vater, dem Stilllebenmaler J. Marell. Mit 18 Piper-Engsö. Hier lernte sie die Archäolo- Jahren heiratete sie seinen Schüler J. A. gie Germaniens und nordische Sprachen ken- Graff, zog mit ihm nach Nürnberg, bekam nen. Wegen ihrer zarten Gesundheit musste zwei Kinder und gründete eine Mal- und sie Schweden nach einigen Jahren verlas- Stickschule für Mädchen. sen und lebte eine zeitlang als Begleiterin 16 Jahre dauerte die Ehe, dann trennte sich der Gräfin Falletti di Villa felletto in Italien. Sibylla Merian von ihrem Mann, kehrte mit 1859 zog sie mit ihrer Mutter zu ihrem Bru- ihren Kindern zuerst zu ihrer Mutter nach der nach Hamburg. Hier beschäftigte sie Frankfurt zurück und ging dann vier Jahre sich vornehmlich mit Mythologie und Ar- später nach Schloss Walta in Westfriesland, chäologie und machte sich zur Aufgabe, wo sie in der Gemeinschaft der pietis- die archäologische Literatur Skandina- tischen Labadisten lebte. viens durch Übersetzungen dem deutschen 1691 zog sie mit ihren Töchtern nach Am- Publikum zugänglich zu machen. Johanna sterdam, wo sie einen Handel mit gefärbten Mestorf war Mitglied der Anthropologi- Stoffen und selbsthergestellten Farben be- schen Gesellschaft und später Gründerin trieb. seines Schleswig-Holsteinischen Zweigver- Sibylla Merian war 53 Jahre alt, als sie – un- eins. Sie nahm 1869 am anthropologischen terstützt durch die Stadt Amsterdam – mit ei- Kongress in Kopenhagen teil, und der Ham- ner ihrer Töchter nach Surinam segelte. Dort burger Senat schickte sie 1871 als Vertrete- verbrachte sie zwei Jahre mit Sammeln, Prä- rin zum Anthropologenkongress nach Bo- parieren und Zeichnen von Tieren. 1705 ver- logna. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie öffentlichte sie ihre Ergebnisse in dem Buch in dieser Zeit als Sekretärin für die auslän- „Metamorphosis Insectorum Surinamensi- dische Korrespondenz bei der Hamburger um“. Diese erste wissenschaftliche Arbeit Lithographischen Anstalt C. Adler. über Surinam/Südamerika enthält 60 Kupfer- Da Frauen erst 1900 Zugang zur Universi- stiche. tät bekamen, hatte Johanna Mestorf sich Sibylla Merian wurde zu einer bedeutenden ihre archäologischen Kenntnisse autodi- Kupferstecherin und Forscherin. daktisch aneignen müssen. Zu Beginn der 70er Jahre war ihr wissenschaftliches An- Mestorfweg sehen bereits so bedeutend, dass Johanna Sülldorf, seit 1953. Johanna Mestorf. Mestorf 1873, als 45-Jährige, Kustodin am „Fräulein Professor“, Direktorin des Museum für vaterländische Altertümer in Schleswig-Holsteinischen Museums für Kiel wurde. Als ihr Vorgesetzter, Professor vaterländische Altertümer in Kiel. Handelmann, 1891 starb, wurde Johanna (15.4.1828 Bramstedt – 20.7.1909 Kiel) Mestorf zur Direktorin des Museums er- Viertes von neun Kindern des Arztes Jacob nannt und erhielt im Alter von 71 Jahren Heinrich Mestorf und seiner Ehefrau Anna den Titel „Professor“. Johanna Mestorf Maria Sophia geb. Rosen. Der Vater wid- war die erste Frau, die in Preußen einen mete sich mit Leidenschaft der Altertums- Professorentitel bekam. Sie wurde außer- forschung. Er starb, als Johanna neun Jahre dem von der medizinischen Fakultät der alt war. Johannas Mutter zog mit ihren noch Universität Kiel anlässlich der Vollendung ihres 81. Lebensjahres zum Ehrendoktor vorgetragenen Beschuldigungen glaubhaft ernannt. Weiter besaß sie die ihr von der machen. Unter der Folter gestand Witte, Kaiserin verliehene silberne Frauenver- Viehverzauberungen begangen zu haben, dienst-Medaille am weißen Bande, die und beschuldigte drei Frauen der Zauberei, kleine goldene Medaille für Wissenschaft unter ihnen Mette Harden. Nach seinen und die schwedische Medaille der Gemah- Aussagen hatte sie ein Strohbündel als Zau- lin König Oskars I. Neben ihrer Tätigkeit bermittel benutzt, welches Joachim Witte als Direktorin förderte sie die Wissenschaft auf ihr Verlangen auf das Land des Land- durch eine umfangreiche literarische Tätig- vogts gelegt hatte. Den Grund für Mettes keit. Neben Übersetzungen der Arbeiten Schadenszauber gegen den Landvogt liefer- nordischer Gelehrter auf archäologischem te Witte gleich mit: Mettes Sohn hatte vor und anthropologischem Gebiet lieferte einigen Jahren den Bruder des Landvogts Johanna Mestorf zahlreiche eigene Arbei- totgeschlagen und wurde seitdem vom ten, von denen eine ganze Reihe, nament- Landvogt verfolgt. Mette Harden wollte lich diejenigen über Moorleichen, weit sich dafür rächen. über den Kreis der Fachgelehrten hinaus Den der Zauberei beschuldigten Frauen Aufsehen erregten. So z.B. ihre Werke wurde der Prozess gemacht, und sie wurden „Urnenfriedhöfe in Schleswig-Holstein“ gefoltert. Die Frauen blieben jedoch stand- und „Vorgeschichtliche Altertümer aus haft und beteuerten immer wieder ihre Un- Schleswig-Holstein“. Eigene Ausgrabun- schuld. Daraufhin wandte sich der Amt- gen machte Johanna Mestorf nicht. Neben mann an das Lübecker Gericht und bat um ihren wissenschaftlichen Veröffentlichun- weitere Instruktionen. Das Gericht unter- gen schrieb sie im Alter von 39 Jahren ei- suchte den Fall und stieß auf eine Ungeheu- nen Roman mit dem Titel „Wiebeke Kruse, erlichkeit: Ohne Indizien und ohne wohlbe- eine holsteinische Bauerntochter“. leumdete Zeugen angehört zu haben, war es Erst drei Monate vor ihrem Tod, im Juli zu Folterungen gekommen. Niemals hätte 1909, trat sie von ihrem Amt als Direktorin man allein dem Ankläger glauben dürfen. des Museums zurück. Die drei Frauen wurden freigelassen. Aber damit war die Sache noch nicht erledigt. Mette-Harden-Straße Selbst als Witte, der schon sehr alt war, sei- Kirchwerder, seit 1995. Einwohnerin nen Tod nahen fühlte, blieb er bei seinen aus Kirchwerder-Sande. 1612 der Beschuldigungen gegen die drei Frauen. Zauberei angeklagt und gefoltert, be- Das war für Bürger und Landleute der Be- teuerte standhaft ihre Unschuld weis, dass die drei Frauen doch schuldig Infolge einer Anklage gegen Joachim Witte seien. Die Bevölkerung stachelte sich ge- aus Kirchwerder wurde Mette Harden von genseitig auf, und als die Frauen aus dem dem Angeklagten als Zauberin bezeichnet. Gefängnis entlassen werden sollten, schal- Wie es dazu kam: Bevor Joachim Witte ten die Landleute die Frauen „Zaubersche“ selbst zum Angeklagten wurde, hatte er ge- und bedeuteten ihnen, dass sie im Land un- gen den Landvogt von Kirchwerder ge- erwünscht seien. Selbst die Androhung ei- klagt, weil dieser ihn einen Zauberer, ner Geldstrafe seitens der Obrigkeit konnte Schelm und Dieb genannt hatte. Im Laufe die Landleute nicht dazu veranlassen, mit des Prozesses wurde der Ankläger Witte je- ihren Beschuldigungen aufzuhören. Der doch selbst zum Angeklagten, denn der Zorn gegen die Frauen war so massiv, dass Landvogt konnte seine einst gegen Witte der Amtmann sich gezwungen sah, die Frauen weiterhin gefangen zu halten. Die sohn war fasziniert von der Landschaft und Obrigkeit bestand aber darauf, die Frauen der ärmlichen bäuerlichen Bevölkerung, so freizulassen. Die Landleute hingegen for- dass sie bereits wenig später, im Herbst derten einen neuen Scharfrichter, der die 1898, nach Worpswede zog. Trotz vernich- Frauen befragen sollte. Die Gerichtsbarkeit tender Kritiken, die ihre erste Ausstellung ließ sich jedoch nicht beirren und entließ im Jahre 1899 in der Bremer Kunsthalle die Frauen aus dem Gefängnis. Es kam zum erhielt, gab sie nicht auf. Sie lernte den Tumult. Die Landleute gaben nicht nach Maler und Witwer Otto Modersohn kennen und wandten sich nun selbst an die Lübe- und lieben, sie heirateten im Mai 1901. cker Obrigkeit. Und obwohl die Frauen sich Nun hatte sie die Pflichten einer Hausfrau bereits in Freiheit befanden, verlangten die und Mutter für Modersohns Tochter zu Landleute eine erneute Inhaftierung und übernehmen. Das brachte sie in Konflikte, peinliche Befragung. Falls dies nicht mög- und da auch Paulas Mann ihre künstleri- lich sei, sollten die Frauen des Landes ver- schen Leistungen nicht genügend aner- wiesen werden. Die Lübecker Obrigkeit kannte, wurde es Paula Modersohn in blieb hart, denn hätte sie solch einem Be- Worpswede zu eng. 1903 ging sie für eini- gehren stattgegeben, hätten in Zukunft die ge Monate nach Paris und lernte dort die Beamten ihrer Pflicht nach Ausführung der Malerei Cezannes, van Goghs und Gau- von der Gerichtsobrigkeit erlassenen Rech- guins kennen. Durch Rilke wurde sie mit te nicht mehr nachkommen können. Die Rodin bekannt. 1906 kehrte sie nach aufrührerischen Landleute mussten emp- Worpswede zurück. Aber sie konnte sich in findliche Geldstrafen zahlen. die dortigen Verhältnisse nicht mehr ein- finden. Im Februar 1906 trennte sie sich Modersohnstraße von ihrem Mann und zog wieder nach Pa- Wilhelmsburg, seit 1951. Paula Moder- ris. Dort besuchte sie Otto Modersohn, ge- sohn-Becker. Malerin. Motivgruppe: gen ihren Willen. Da er ihr ein eigenes, Worpsweder Künstlerkreis. (8.2.1876 großes Atelier versprach, kehrte sie mit Dresden – 20.11.1907 Worpswede) ihm nach Worpswede zurück – und wurde Malte 400 Bilder und schuf ein Vielfaches schwanger. Anfang November kam ihre an Zeichnungen. Zu ihren Lebzeiten hat sie Tochter auf die Welt. Vierzehn Tage nach nur ein einziges Bild verkauft. der Geburt starb Paula Modersohn-Becker Paula Becker entstammte bürgerlichen an einer Embolie. Verhältnissen. Sie beschloss im Alter von 16 Jahren, nachdem sie in London die Monikastraße School of Arts besucht hatte, ein eigen- Eilbek, seit 1957. Frei gewählter Name ständiges Leben als Künstlerin zu führen. Doch ihre Familie, die kein Verständnis für Münterweg Paulas künstlerische Ambitionen hatte, Billstedt, seit 1971. Gabriele Münter. wollte, dass sie zuerst einmal in Bremen Malerin. Motivgruppe: Moderne Maler. das Lehrerinnenseminar absolvierte. Von (19.2.1877 Berlin – 19.5.1962 Murnau) 1896 bis 1897 studierte sie dann in Berlin 1897 erhielt Gabriele Münter Zeichenun- an der Malerinnenschule, da an staatlichen terricht an einer Düsseldorfer Damen- Akademien Frauen nicht zugelassen wa- Kunstschule. Danach unternahm sie eine ren. 1898 erhielt sie in Worpswede Unter- zweijährige Reise nach Amerika. 1901 be- richt bei Fritz Mackensen. Paula Moder- gann sie ein Studium an der Schule des Künstlerinnenvereins in München und be- meisten Nonnen stammten aus angesehe- suchte danach die private Kunstschule der nen Hamburger Bürgerfamilien, wobei der „Phalanx“, wo sie Wassily Kandinsky, ihren Eintritt in das Kloster selten aus freiem späteren Lebensgefährten, kennen lernte. Entschluss der Töchter erfolgte, häufig 1909 wurde ihr Haus in Murnau zum Treff- stand gezielte Familien- oder Erbschafts- punkt der Neuen Künstlervereinigung, die politik dahinter. Andererseits bildete das sie mitbegründet hatte. Ab 1911 stellte sie Klosterleben eine Alternative zum Ehele- mit der von Kandinsky und Franz Marc ben, da es den Frauen ermöglichte, ledig zu initiierten Künstlergruppe „Blauer Reiter“ bleiben und trotzdem gesellschaftliches aus. Als der Erste Weltkrieg begann, musste Ansehen und wirtschaftliches Abgesich- Kandinsky Deutschland verlassen. Gabrie- ertsein zu genießen. Das Leben im Kloster le Münter blieb zurück und malte viele Jah- war stark reglementiert durch Gottesdien- re nicht mehr. Während des NS-Regimes ste, Gebetsstunden und standesgemäße Ar- galt ihre Kunst als entartet. beiten wie Verwaltungsangelegenheiten und Handarbeiten. Für die Hausarbeit wur- Neuer Jungfernstieg den ab dem 14. Jahrhundert so genannte Neustadt, um 1825, im Anschluss an den Laienschwestern – meist ärmere Frauen – Namen „Jungfernstieg“ aufgenommen. 1530, im Zuge der Refor- mation wurde das Kloster von einer aufge- Nixenstieg brachten Menge zerstört und die Nonnen Marmstorf, umbenannt 1950. Früher vertrieben. Rosenweg. Motivgruppe: Märchengeister Germanische Wasserfeen, seit der Roman- Nornenweg tik häufiges Motiv in der Literatur. Wasser- Rahlstedt, seit 1946. Altnordische frauen, Melusinen, Undinen bewohnen eine Schicksalsgöttinnen Gegenwelt zur Gesellschaft. Sie sind Na- „Die Edda-Dichtung erwähnt sie als ,drei turwesen, die erotische Verführung symbo- geheimnisvolle Wesen‘, die die Geheim- lisieren und den Männern den Tod bringen, nisse des Universums enthüllten und das wenn diese sich aus ihrer christlich-zivili- Buch des Schicksals schrieben. Die älteste satorischen Ordnung reißen lassen. Nixen Norne war Mutter Erde, Ertha, Urth, die sind Wunsch- und Schreckbilder zugleich. das Schicksal und das Schöpfungswort verkörpert. Die Nornen lebten in der Höh- Nonnenstieg le, am Grund des Lebensquells, in Urdab- Harvestehude, seit 1870. Benannt nach runnr, dem kosmischen Mutterleib unter dem Kloster Harvestehude. (1295 – 1530) der Wurzel des Weltbaumes. Sie waren äl- Das 1246 in dem bei Hamburg gelegenen ter als der älteste ,himmlische Vater‘ und Dorf Herwadeshude von Heilwig (siehe hatten Macht über jeden Gott. Die Todes- Heilwigstraße), der Frau des Grafen Adolf norne Skuld war eine Variante von Skadi, des IV. von Holstein, gegründete Zisterzi- der namensgebenden Mutter Skandinavi- enserinnenkloster, zog 1295 an die Ober- ens, die eine typische Zerstörergöttin war. alster um. Obwohl es sich um ein Frauen- Es hieß, daß Skuld am Jüngsten Tag das kloster mit gewählter Äbtissin handelte, ganze Universum mit dem Todesfluch be- wurden die Nonnen in wichtigen religiö- legen würde. Skuld zerschnitt, wie die drit- sen, rechtlichen und ökonomischen Ange- te der Moiren, den Lebensfaden aller Ge- legenheiten durch Männer vertreten. Die schöpfe. In der Erzähltradition heidnischer Balladen wurden die Nornen zu Feen.“ erhielt, dem dankte die Nymphe ihr Leben. (Barbara G. Walker: Das geheime Wissen – So ward selbst die leblose Natur ein der Frauen. Ein Lexikon, Frankfurt a.M. Gegenstand des teilnehmenden Wohlwol- 1993.) lens der Sterblichen.“ (Karl Philipp Moritz: Götterleben oder Mythologische Dichtun- Nymphenweg gen der Alten. In: Karl Philipp Moritz: Wer- Wilstorf, seit 1935. Märchenmotiv ke. Hrsg. von Horst Günther. 2. Aufl. Bd.2. Wesen aus der griechischen Mythologie, Frankfurt a.M. 1993.) die das Band zwischen Göttern und Men- schen knüpfen. „Die unerschöpfliche Dich- Nyswanderweg tungskraft der Alten schuf sich Wesen, wo- Eidelstedt, seit 1994. Dr. Marie durch die Phantasie die leblose Natur be- Nyswander. Amerkanische Spezialistin für seelte. Die Quellen, die Berge, die Wälder, die Behandlung Drogenabhängiger, die einzelnen Bäume hatten ihre Nymphen. Mitentwicklerin der Methadontherapie. Man knüpfte gern die Idee von etwas Gött- (13.3.1919 Reno/Nevada – 1986 New lichem an das Feste und Bleibende, was die York) einzelnen Menschengeschlechter überlebt, Die Psychiaterin Marie Nyswander hatte an den festgegründeten Berg, den immer- die bahnbrechende Idee, Drogenabhängige strömenden Quell und die tausendjährige nicht nur psychisch zu behandeln, sondern Eiche. Alle diese Dichtungen aber waren ihnen auch medikamentöse Hilfe anzubie- gleichsam nur der Widerschein vom Gefühl ten. Zusammen mit ihrem Mann, dem Inter- erhöhter Menschlichkeit, der sich aus dem nisten und Leiter einer Kommission für die Spiegel der ganzen Natur zurückwarf und Behandlung Drogenabhängiger, Dr. Vin- wie ein reizendes Blendwerk über der Wirk- cent Dole, stieß sie in der 60er Jahren auf lichkeit gaukelnd schwebte. den Wirkstoff Methadon, welcher gegen So schweifte die Oreade auf den Bergen Ende des Zweiten Weltkrieges von deut- umher, um mit ihren Schwestern im Gefol- schen Wissenschaftlern der Firma Hoechst ge der Diana die Spur des Wildes zu verfol- entwickelt worden war und unter dem Na- gen, jeder zärtlichen Neigung ihr Herz ver- men „Dolorphine“ als Schmerzmittel ein- schließend, so wie die strenge Göttin, die gesetzt werden sollte. Während Marie Nys- sie begleitete. wander die Arbeit mit den Patienten über- Mit ihrem Wasserkruge saß in der einsamen nahm, führte Dr. Vincent Dole die Gesprä- Mittagsstunde die Najade am Quelle und che und Verhandlungen mit Behörden und ließ mit sanftem Murmeln des Baches klare Institutionen. Auf die Idee, eine Straße nach Flut hinströmen. Gefährlich aber waren die Marie Nyswander zu benennen, kam der Liebkosungen der Najaden; sie umarmten Arzt Dr. Josh von Soer, der Koordinator der den schönen Hylas, des Herkules Liebling, „Palette I“, der Initiative für humane Hilfe als er Wasser schöpfte, und zogen ihn zu Drogenabhängiger in Hamburg (IHHD). Es sich in den Brunnen herab. Vergebens rief ist die erste Straße in der Welt, die nach Ma- Herkules seinen Namen, nie ward sein rie Nyswander benannt wurde. Liebling mehr gesehen. Im heiligen Dunkel des Waldes wohnten Ortrudstraße die Dryaden; und die Hamadryade bewohnte Barmbek-Süd, seit 1904. Gestalt aus ihren einzigen Baum, mit dem sie geboren Richard Wagners Oper „Lohengrin“, 1850 ward und starb. Wer einen solchen Baum „Ortrud ist eine freie Erfindung Wagners. Die noch tief im germanischen Götterglau- burg), von 1946 bis 1953 SPD-Abgeord- ben verwurzelte Gestalt ist die eigentliche nete in der Hamburgischen Bürgerschaft Gegenspielerin Elsas von Brabant. Sie hat 1917, im Alter von 25 Jahren, heiratete deren Bruder Gottfried in einen Schwan Paula Westendorf und bekam vier Söhne verwandelt und ihren Gemahl Telramund (geb. 1918, 1922, 1923, 1925). Später ließ angestiftet, Elsa des Brudermords anzukla- sie sich scheiden und wurde 1949 wieder gen. Sie reizt schließlich Elsa, die verhäng- berufstätig. Schon vorher war Paula Wes- nisvolle Frage zu stellen. Elsa ist Fürstin tendorf politisch tätig gewesen. So wurde und wird von Telramud, einem Dienstmann sie 1947 Beisitzerin des Verwaltungsge- ihres verstorbenen Vaters, auf Einlösung ei- richtes, Deputierte der Kulturbehörde nes angeblichen Eheversprechens verklagt. (1947, 1953) und der Baubehörde (1948) Der namenlose ,Schwanenritter‘ Lohengrin und außerdem stellvertretendes Mitglied besiegt den Verleumder in einem gerichtli- des beratenden Ausschusses für das Pres- chen Zweikampf und heiratet Elsa. Als Elsa sewesen (1949). ihn nach glücklichen Ehejahren auf An- Bereits in der ersten Wahlperiode (ab stiften der neidischen Gräfin von Kleve 30.11.1946) nach dem Zweiten Weltkrieg nach dem Namen fragt, muß er sie und saß sie bis 1953 als SPD-Abgeordnete im seine Kinder verlassen. Bei Wagner stellt Hamburger Parlament. Als Mitglied der Elsa die verbotene Frage nach der Herkunft Bürgerschaft brachte Paula Westendorf am Hochzeitsabend unter starkem psychi- 1947 einen ergänzenden SPD-Antrag zum schen Druck und bricht zusammen, als KPD-Antrag von Magda Langhans zur Lohengrin entschwindet.“ (Annemarie und Einstellung der Strafverfahren bei Verstoß Wolfgang van Rinsum: Lexikon literari- gegen den Paragraphen 218 ein. Sie forder- scher Gestalten, Stuttgart 1988.) te die Einrichtung öffentlicher Ehe- und Sexualberatungsstellen und setzte sich für Ottilie-Baader-Straße die soziale Indikation ein. In diesen Bera- Bergedorf, seit 1985. Führend in der prole- tungsstellen wollte sie das Thema des tarischen Frauenbewegung. (30.5.1847 Schwangerschaftsabbruchs nicht biolo- Frankfurt a.d.O. – 24.7.1925 Berlin) gisch behandelt wissen, sondern im Zu- Als ihre Mutter starb, war Ottilie Baader sammenhang mit der „Menschheitsfrage“, 7 Jahre alt und musste sich nun um den kran- aus Ehrfurcht vor dem Leben im Sinne Al- ken Vater und ihre 3 jüngeren Geschwister bert Schweitzers und im Gegensatz zu den kümmern. Kam daher erst mit 10 Jahren zur „menschheitszerstörenden Praktiken der Schule und musste schon im Alter von Nazis“. Als einseitigen Machtausdruck des 13 Jahren täglich 12 Stunden in einer Näherei Staates lehnte sie Strafverfolgung wegen arbeiten. Sie wurde Fabrikarbeiterin, dann Abtreibung ab und gab grundsätzlich zu Heimarbeiterin. Begann trotz der Soziali- bedenken, dass Verbote die Menschheit stengesetze bereits in den 80er Jahren des 19. nicht erzögen, weil Moral nicht befohlen Jhds. ihre gewerkschaftliche Tätigkeit. Sie werden könne. war von 1900 bis 1908 die „Zentralvertrau- Paula Westendorf versicherte dem Parla- ensperson“ der Frauen in der SPD. ment, dass die Beratungsstellen nicht leichtfertig Schwangerschaftsabbrüche an- Paula-Westendorf-Weg empfehlen, sondern das Verantwortungsbe- Ohlsdorf, seit 2007. Nach Paula W. wusstsein dem Leben gegenüber stärken (26.10.1893 Hamburg – 3.10.1980 Ham- würden. Trotz lebhaften Beifalls war die Reaktion der Männer im Parlament hinhal- bekanntesten Berliner Jüdinnen des 19. Jhds. tend. Der Gesundheitsausschuss verwarf Älteste Tochter eines jüdischen Kaufmanns aus juristischen Gründen den Antrag der und Bankiers in Berlin. Übernahm nach dem KPD. Erfolg hatte nur Paula Westendorfs Tod ihres Vaters (1790) die Erziehung der ergänzender Antrag. Und so wurde in den Geschwister und führte zwischen 1790 und Räumen des Gesundheitsamtes eine öffent- 1806 in der Dachstube des elterlichen Hau- liche Ehe- und Sexualberatungsstelle ein- ses in der Jägerstraße 54 einen Salon. Es war gerichtet, die als erste ihrer Art in den West- der erste Salon einer unverheirateten Frau. In zonen im August 1948 ihre Arbeit aufnahm. Rahels erstem Salon waren in den 90er Jah- Auch Paula Westendorfs Einsatz zur Frei- ren des 18. Jahrhunderts Prinz Louis Ferdi- gabe des Vertriebes von Verhütungsmitteln nand von Preußen, Friedrich Schlegel, Jean hatte Erfolg. Am 1. Juni 1948 gab der Senat Paul, die Brüder Humboldt, F. Schleierma- bekannt, dass die Polizeiverordnung des cher, die Brüder Tieck, Clemens von Brenta- früheren Reichsinnenministers vom Juni no u. a. anzutreffen. 1800 scheiterte Rahels 1941 über „Verfahren, Mittel und Gegen- Verlöbnis mit dem Grafen Karl von Fincken- stände zum Schwangerschaftsabbruch“ stein, 1804 ging ihre Beziehung zum spani- aufgehoben sei. schen Gesandschaftssekretär Don Rafael de Urquijo in die Brüche. Als Preußen 1806 von Paulinenallee Frankreich besetzt wurde, geriet Rahel Varn- Altona, seit 1863. Pauline Edelhein geb. hagen in wirtschaftliche Bedrängnis. In die- Arnthal. Schwägerin des Geländebesitzers ser Zeit intensivierten sich ihre Frauen- Samuel Ephraim. (23.3.1843 – 28.12.1905) freundschaften wie z. B. zu der ehemaligen Geliebten Louis Ferdinands, Pauline Wiesel. Paulinenplatz Zu Rahels männlichen Gesprächspartnern St. Pauli, seit 1869. In Anlehnung gehörte ab 1808 Karl August Varnhagen von an die Paulinenstraße Ense, den sie 1814 heiratete. Kurz vor der Heirat ließ sich Rahel Varnhagen von Ense Paulinenstraße evangelisch taufen. Das Ehepaar lebte in St. Pauli, seit 1860. Frei gewählter Name Frankfurt a. M., Wien und Karlsruhe und kehrte 1819 nach Berlin zurück. Dort eröff- Poppenpriel nete Rahel Varnhagen von Ense ihren zwei- Finkenwerder, seit 1933. Hier befand sich ten Salon, der zum Treffpunkt der Romanti- beim Haus einer alten Frau namens ker und des Jungen Deutschland wurde. Dort Meta Popp ein Wasserloch. Im Volksmund trafen sich u. a. Bettina von Arnim (Bettina- genannt: Meta Poppen ehr Lock stieg), Heine, Grillparzer, Hegel, Mendels- sohn-Bartholdy und Fanny Hensel (Ge- Rahel-Varnhagen-Weg schwister-Mendelssohn-Stieg). Rahel Varn- Bergedorf, seit 1984. Rahel (Antonie hagen von Ense plädierte für die freie Liebe Friederike) Varnhagen von Ense geb. Levin. und setzte sich für die Gleichberechtigung 1810 umbenannt in Rahel Robert. von Frau und Mann ein. Ihre umfangreiche Autorin literarischer Briefe und Tage- Korrespondenz publizierte sie seit 1812 ano- bücher, Kritikerin und Saloniere. nym in Zeitschriften. Nach ihrem Tod veröf- Motivgruppe: Verdiente Frauen. fentlichte ihr Mann ihre Briefsammlung in (19.5.1771 Berlin – 7.3.1833 Berlin) drei Bänden unter dem Titel „Rahel. Ein Bedeutendste Frau der Romantik. Eine der Buch des Andenkens für ihre Freunde“. Rebeccaweg Reginenstraße Marienthal, seit 1970. Anna Rebecca Rothenburgsort, seit 1870. Unbekanntes Claudius geb. Behn. Ehefrau von Matthias Benennungsmotiv Claudius. (1754 Wandsbek – 26.7.1832 Wandsbek) Reichardtstraße Matthias Claudius, der Redakteur des Bahrenfeld, seit 1929, benannt nach Jo- „Wandsbecker Bothen“, lernte seine Re- hann Friedrich Reichardt. 2001/2002 becca kurz vor Weihnachten 1770 kennen, ergänzt um die ebenso bedeutende Tochter als er sich die Haustürschlüssel für sein zu Caroline Luise Reichardt. mietendes Haus am Lübecker Steindamm Neuer Erläuterungstext: benannt nach beim Zimmermann Behn abholen wollte. Johann Friedrich R. (1752-1814), Kompo- Die älteste Tochter, die 16jährige Anna Re- nist und Musikschriftsteller, und dessen becca, war allein zu Hause und versuchte Tochter Caroline Luise R. (1779-1826), gemeinsam mit Claudius, den verschlosse- Sängerin, Musikpädagogin und Komponi- nen Wandschrank zu öffnen, in dem sich die stin, zuletzt in Hamburg Schlüssel befanden. Die beiden verliebten Die älteste Tochter des preußischen Hof- sich ineinander. kapellmeisters, Komponisten und Wegbe- Am 15. März 1772 heirateten sie, obwohl reiters romantischer Liedkunst, Johann Claudius’ Gehalt als Redakteur nicht aus- Friedrich Reichardt und der Sängerin und reichte, um eine Familie zu ernähren. Komponistin Juliane Benda gründete 1816 Rebecca wurde für den 14 Jahre älteren in Hamburg zusammen mit Johann Hein- Claudius „sein Bauernmädchen“ und der rich Clasing den Musik-Verein, der später Ruhepol, an dem er Halt und Frieden fand. in der 1819 ins Leben gerufenen Singaka- Nun wohnten sie beide im Haus am Stein- demie aufging. damm. Caroline Louise Reichardt übernahm die Sechs Monate nach der Hochzeit wurde ihr Einstudierung des Chores. 1818 initiierte Sohn Matthias zu früh geboren. Wegen der die Händel-Liebhaberin ein Musikfest in ständigen Geldsorgen nahm Matthias Clau- der St. Michaelis Kirche mit über 500 Mit- dius eine Stelle in Darmstadt als Oberland- wirkenden, bei dem u. a. der „Messias“ auf- kommissar an. Doch das Ehepaar wurde geführt wurde. krank vor Heimweh und kehrte nach Ihre musikalische Bildung hatte Louise Wandsbek zurück. Reichardt während der Gesellschaften be- Rebecca Claudius bekam viele Kinder: im kommen, die im Hause ihres Vaters in September 1772 Matthias (starb als Baby), Giebichenstein bei Halle gegeben worden 1774 Karoline, 1775 Christiane, 1777 waren. In dieses Haus, der „Herberge der Anna, 1779 Auguste, 1781 Henriette (Clau- Romantik“ kamen , Clemens dius wünschte sich sehnlichst einen Jun- Brentano, Novalis, Achim von Arnim, gen). 1783 Johannes, 1784 Rebekka, 1786 Friedrich Schleiermacher und Henrik Stef- Matthias (starb im Alter von zwei Jahren), fens. Diese gesellige Runde des Vaters war 1789 Friedrich, 1792 Ernst, 1794 Franzis- Louise Reichardts Ausbildungsstätte. Hier kus. eignete sie sich ihre geistige und musikali- Haushalt und Kinder zehrten an Rebeccas sche Bildung an und gewann die Freund- Kräften und sie unternahm mit Claudius schaft junger Romantiker. einige Kuraufenthalte. Rebecca Claudius Nachdem ihre zwei Bräutigame gestorben starb 17 Jahre nach dem Tod ihres Mannes. waren, blieb Louise Reichardt ledig. Unter- stützt von der Familie Sillem, gewann sie in nen weit über die Grenzen der Stadt hinaus Hamburg schnell eine große Zahl von berühmten Ort der Hamburger Aufklärung. Musikschülerinnen aus angesehenen Fami- Elise Reimarus hatte eine umfangreiche lien, so dass sie fünf Jahre später eine eige- Bildung genossen. Sie übernahm die Er- ne private Musik- und Singschule für Frau- ziehung ihres Neffen und ihrer Nichte. en und Mädchen einrichtete und einen Später unterrichtete sie auch an der 1787 Frauenchor gründete. von ihrer Freundin Caroline Rudolphi Neben ihrer pädagogischen Tätigkeit wirk- (1754-1811) gegründeten „Erziehungsan- te Louise Reichardt auch als Komponistin. stalt für junge Demoiselles von sechs bis Ca. 80 Lieder sind von ihr bekannt. 21 Jahren“ (Rudolphiplatz). Zu der praktischen pädagogischen Arbeit Reimarusstraße gesellte sich ein schriftstellerisches Werk. Neustadt, seit 1902, benannt nach Zwischen 1764 und 1766 schrieb die ei- Hermann Samuel Reimarus und Johann nem aufklärerischen Bildungsideal ver- Albert Reimarus. 2001/2002 ergänzt um pflichtete Elise Reimarus Texte für Kinder. die ebenso bedeutende Tochter und Schwe- Außerdem ließ 1778 Joachim Heinrich ster Elise Reimarus. Campe zwei die Kindererziehung theore- Neuer Erläuterungstext: benannt nach tisch fundierende Stücke von Elise Reima- Hermann Samuel R. (1694-1768), Profes- rus in den vom Dessauischen Philanthropi- sor am Hamburger Akademischen Gymna- num herausgegebenen „Pädagogischen sium, dessen Sohn Dr. Johann Albert Unterhaltungen“ drucken. Heinrich R. (1729-1814), Professor Elise Reimarus übersetzte Dramen aus dem ebenda und Arzt, und deren Tochter bzw. Englischen und Französischen. Über ihre Schwester Margaretha Elisabeth, genannt Übersetzung des „Cato“ von Joseph Addi- Elise R. (1735-1805), Erzieherin, son führte sie mit Lessing, mit dem sie seit Schriftstellerin und zentrale weibliche seiner Hamburger Zeit freundschaftlich Persönlichkeit der Aufklärung in Hamburg verbunden war, einen Briefwechsel. Margareta Elisabeth (genannt Elise) Reimarus hatte zwei Geschwister und war Reinheimerweg die Tochter von Hermann Samuel Rei- Iserbrook, seit 1953. Sophie. Kindergärt- marus, Professor für orientalische Spra- nerin, Kinderbuchautorin. Erste Auto- chen am Akademischen Gymnasium und rin des neugegründeten Kinderbuchverla- seiner Frau Johanna Friederike geb. ges Friedrich Schneider. (20.7.1874 Fabricius, die ebenfalls einer Gelehrten- Brüssel – 9.10. 1935 Hofheim/Taunus) familie entstammte. Ihr Vater besaß eine Fabrik zur Produktion Elise Reimarus blieb unverheiratet und im von Brüsseler Spitzen. 1886 zog die Fami- Elternhaus an der Fuhlentwiete 122 woh- lie nach Frankfurt am Main. Sophie Rein- nen. Auch ihr Bruder, der Arzt und Natur- heimer wollte Kindergärtnerin werden. Ihre forscher Johann Albert Hinrich, kehrte mit Eltern hatten wegen der zarten Konstitution seiner zweiten Frau Sophie 1770 in die ihrer Tochter jedoch starke Bedenken. Den- Fuhlentwiete zurück, nachdem sein Vater noch setzte Sophie Reinheimer ihren Be- zwei Jahre zuvor gestorben war. rufswunsch durch und machte eine Kinder- Man führte ein offenes Haus, dessen Mittel- gärtnerinnenausbildung, die auf den Ideen punkt die Frauen Elise und Sophie Reima- Friedrich Fröbels basierte. Sophie Reinhei- rus waren. Ihr „Theetisch“ bildete bald ei- mer erzählte ihren Kindergartenkindern Ge- schichten, und 1909 erschien ihr erstes Kin- Speiseausschusses der Kriegsküchen, Pfle- derbuch „Aus Tannenwalds Kinderstube“. gerin der Kriegshilfe und der Kriegshinter- 1913 begann die langjährige Zusammenar- bliebenenfürsorge. 1919 wurde Johanne beit mit dem Franz Schneider Verlag, des- Reitze Mitglied der Deutschen National- sen Ziel es war, Kindern kindgerechte Bü- versammlung (37. Wahlkreis) für die SPD. cher anzubieten. Sophie Reinheimer schrieb Von 1919 bis 1921 war sie außerdem Mit- märchenhafte Erzählungen. Durch sie soll- glied der Hamburgischen Bürgerschaft, von te den Kindern des Industriezeitalters die 1919 bis 1933 Mitglied des reichsweiten Natur nahegebracht werden. SPD-Parteiausschusses. 1944, im Jahr als ihr Mann starb, wurde sie von der Gestapo ver- Reitzeweg haftet und kam in „Schutzhaft“. Nach dem Groß Borstel, seit 1951. Johanne Caroline Zweiten Weltkrieg war Johanne Reitze am Agnes Reitze geb. Leopolt, SPD Reichs- Wiederaufbau der Arbeiterwohlfahrt betei- tagsabgeordnete, führende Funktionärin der ligt. (Siehe auch: Johanne-Reitze-Weg.) sozialdemokratischen Frauenbewegung. (16.1.1878 Hamburg – 22.2.1949 Hamburg) Ricarda-Huch-Ring Entstammte einer Arbeiterfamilie. Besuch- Bergedorf, seit 1985. Pseudonym: te die Volksschule bis 1892, war danach 2 1/ Richard Hugo. Erzählerin, Lyrikerin, 2 Jahre als Dienstmädchen tätig. Später ar- Schriftstellerin und Historikerin. beitete sie bis zu ihrer Heirat im Jahre 1900 (18.7.1864 Braunschweig – 17.11.1947 mit dem sozialdemokratischen Journalisten Schönberg/Taunus) Johannes Carl Kilian-Reitze als Buch- Als jüngstes von drei Kindern einer Braun- druckereigehilfin. Wurde durch ihre Arbeit schweiger großbürgerlichen Kaufmannsfa- mit der Arbeiterbewegung vertraut und trat milie geboren. Die Ehe der Eltern war zer- 1902 in die SPD ein. 1904 besuchte sie mit rüttet, der Vater trieb die Familie in den fi- ihrem Mann für ein halbes Jahr die Partei- nanziellen Ruin, er kümmerte sich mehr um schule in Berlin. Außerdem nahm sie zwi- Literatur und Kunst als um Geschäfte. Ri- schen 1904 und 1907 an wissenschaftlichen carda hatte eine unglückliche Liebesbezie- Lehrkursen in Hamburg und Berlin teil. hung zu ihrem Vetter Richard, der ihre älte- Seit dieser Zeit war sie auch in der SPD- re Schwester Lilly geheiratet hatte. In die- Frauenbewegung tätig. 1916 wurde sie Vor- ser Situation des familiären Untergangs be- standsmitglied der Hamburger SPD, der sie gann Ricarda Huch, in Zürich Geschichte, bis 1919 angehörte. Bis 1931 war sie Philosophie und Philologie zu studieren. regelmäßig Delegierte bei den SPD-Frau- 1892 promovierte sie als eine der ersten enkonferenzen und SPD-Parteitagen auf deutschen Frauen und traf sich mit Richard, Reichsebene. Als im April 1918 erstmals den sie heimlich immer noch liebte und den eine gemeinsame Kundgebung der bürgerli- sie in ihren Gedanken zu einem Ideal stili- chen und sozialdemokratischen Frauen für siert hatte. „Richard jedoch flieht, von den das Frauenstimmrecht im Gewerkschafts- übersteigerten Ansprüchen Ricardas und haus stattfand, war Johanne Reitze daran der eigenen Courage in panischen Schrek- wesentlich beteiligt. Sie vertrat die Politik ken versetzt, mit einer melodramatischen des Burgfriedens und hatte sich für die Be- Geste zurück in die Arme seiner Ehefrau willigung der Kriegskredite ausgesprochen. nach Braunschweig“, so Inge Stephan in Johanne Reitze war Beiratsmitglied des ihrer Kurzbiographie über Ricarda Huch in Hamburger Kriegsversorgungsamtes, des dem 1990 von Hans Jürgen Schultz heraus- gegebenen Buch „Frauen, Porträts aus zwei den geistigen Wiederaufbau Deutschlands Jahrhunderten“. Ricarda stürzte sich dar- zu finden. Wegen unterschiedlicher ideolo- aufhin in eine neue Beziehung, in der sie gischer Standpunkte kam es jedoch zu einer aber kaum geistige Berührungspunkte fand. Aufspaltung in ein westliches und ein östli- Dennoch heiratete sie den neuen Mann an ches Lager. Ricarda Huch fungierte in die- ihrer Seite und bekam eine Tochter. 1906 sem Ost-West-Konflikt als Integrationsfi- kam es zur Scheidung und zu einer erneuten gur. Annährung an Richard. Als sich Ricardas 1946 begann sie, an einem Buch über den Schwester Lilly von Richard scheiden ließ, antifaschistischen Widerstand zu schreiben. heirateten Richard und Ricarda. Aber auch Kurz vor ihrem Tod im Jahre 1947 übergab diese Ehe wurde unglücklich, und es kam sie ihre Aufzeichnungen dem Schriftsteller zur Scheidung. In dieser Zeit wandte sich Günther Weissenborn, der sie in seinem Ricarda Huch dem historischen Roman zu. 1953 erschienenen Buch „Der lautlose Auf- Vorher hatte sie mehr Autobiographisches stand“ verarbeitete. in ihre Romane einfließen lassen. Nun nach den vielen zwischenmenschlichen Enttäu- Riwka-Herszberg-Stieg schungen begann sie, durch ihre histori- Schnelsen, seit 1993. Sechs Jahre alte schen Romane „sich mit den großen männ- Polin aus Zdunska Wola. Opfer des Natio- lichen Helden zu identifizieren. (...) Die hi- nalsozialismus. Kindermord in der Schule storischen Romane und Biographien halfen am Bullenhuser Damm (siehe Geschwi- ihr, die persönliche Misere zu transzendie- ster-Witonski-Straße) ren“, so Inge Stephan. Ricarda Huch schrieb Tochter eines Tuchfabrikanten. Auf der u.a. über Wallenstein, Luther und Bakunin. Flucht vor den Deutschen wurde die Fami- 1931 erhielt sie den Goethepreis der Stadt lie gefangen genommen und nach Ausch- Frankfurt. 1933 sollte sie eine Loyalitätser- witz transportiert. Der Vater wurde in Bir- klärung für das NS-Regime unterschreiben. kenau ermordet. Die Mutter „überlebte das Sie tat es nicht und trat aus Protest gegen Lager und ging in die USA. Sie wurde die Judenverfolgung und gegen den Aus- schwer krank, hatte einen Schlaganfall und schluss von Käthe Kollwitz (Kollwitzring) litt an Depressionen. Als ihr das Foto von aus der Preußischen Akademie der Künste Riwka vorgelegt wurde, erkannte sie ihre aus, in der sie 1926 Mitglied geworden war. Tochter nicht.“ (Günther Schwarberg: Stra- Ihre Haltung gegenüber dem NS-Regime ßen der Erinnerung. Hamburg o.J.) blieb kompromisslos. Ihre Werke wurden in dieser Zeit natürlich kaum verlegt. Nach Rosa-Schapire-Weg Kriegsende übernahm Ricarda Huch den Bergedorf, seit 1989. Dr. Rosa Schapire. Ehrenvorsitz des Kulturbundes in der sow- Kunsthistorikerin und Übersetzerin, Samm- jetisch besetzten Zone und das Ehrenpräsi- lerin expressionistischer Kunst. Förderin dium des zentralen deutschen Frauenaus- des Malers Karl Schmidt-Rottluff. schusses. Zudem war sie Ehrenpräsidentin (9.9.1874 Brody – 1.2.1954 London) des ersten gesamtdeutschen Schriftsteller- Geboren als viertes von fünf Kindern einer kongresses nach Kriegsende, der vom 4. bis angesehenen jüdischen Familie im öster- 8. Oktober 1947 in Berlin stattfand und an reich-polnischen Gebiet. Rosa Schapire dem über 200 Schriftstellerinnen und wuchs zweisprachig auf und studierte als Schriftsteller aus vielen Ländern teilnah- eine der ersten Frauen Kunstgeschichte. Da men, um einen gemeinsamen Standort für es damals noch sehr ungewöhnlich war, dass Frauen studierten, erfuhr Rosa Scha- Schaffenden, Genießenden und Museen“ pire immer wieder Repressalien und Miss- errichten: „Die Hauptaufgabe der Organi- achtung. So war dann auch das Thema ihrer sation besteht darin, Gemälde und plasti- ersten nachweisbaren Veröffentlichung als sche Werke anzukaufen und sie deutschen Studentin nicht zufällig gewählt. Der Titel: Museen, die moderne Kunst sammeln, als „Ein Wort zur Frauenemanzipation“. Rosa Geschenk anzubieten, um Kunstwerke der Schapire verdiente sich ihr Studium mit Gegenwart rechtzeitig ihren Platz in jenen Übersetzungen und Sprachunterricht. Sie Stätten anzuweisen, die die edelsten Werke wurde passives Mitglied der Künstlergruppe der Vergangenheit aufbewahren.“ (Rosa die „Brücke“, die 1905 von Ernst Ludwig Schapire: Der Frauenbund zur Förderung Kirchner, Erich Heckel, Karl Schmidt- deutscher bildender Kunst. In: Die literari- Rottluff und Fritz Bleyl gegründet worden sche Gesellschaft 4., Hamburg 1918.) Mit war. Auch Emil Nolde gehörte der Gruppe Hilfe dieser Vereinigung erreichte Rosa an. Rosa Schapire hielt den Einführungs- Schapire, dass in der Hamburger Kunsthalle vortrag bei der ersten in Schleswig-Holstein Sonderausstellungen moderner Kunst durch- veranstalteten Nolde-Ausstellung (Haders- geführt wurden, bei denen auch die Werke leben vom 16. bis zum 23.2.1908). Nolde Schmidt-Rottluffs gezeigt wurden. 1917 war begeistert von Rosa Schapire und ihrer kaufte der Frauenbund ein Bild von Art, seine Kunst zu interpretieren. Aller- Schmidt-Rottluff und schenkte es der Ham- dings kam es zwischen den beiden bald zu burger Kunsthalle. Nach dem Ersten Welt- einer Entfremdung, was zeitgleich mit krieg sah Rosa Schapire, bedingt durch die Noldes Austritt aus der „Brücke“ geschah. neuen politischen Verhältnisse, bessere Mög- 1908, nach einigen unruhigen Wanderjah- lichkeiten für die Durchsetzung und Aner- ren, die Rosa Schapire auch nach England kennung der modernen Kunst. brachten, ließ sie sich in Hamburg nieder. Ihren Lebensunterhalt verdiente Rosa Scha- Sie zog in die Osterbekstraße 43 und ließ pire durch Vorträge, Museumsführungen die Wände in ihrer Wohnung von Schmidt- und Kunst- und Sprachkurse an der Ham- Rottluff bemalen. Rosa Schapire wurde zur burger Volkshochschule. Eine feste Anstel- großen Förderin Schmidt-Rottluffs. 1910 lung wollte sie nicht, dies widersprach ih- besaß sie bereits eine vollständige Samm- rem Drang nach Selbständigkeit. In den lung seiner Grafik. Schmidt-Rottluff por- zwanziger Jahren, als es in der Hamburger traitierte sie mehrere Male. 1913 löste sich Gesellschaft en vougue war, kleine Gesell- die „Brücke“ auf. Rosa Schapire, obwohl schaften zu geben, bei denen Wissenschaft- hauptsächlich mit Schmidt-Rottluff beschäf- lerInnen zu bestimmten Themen sprachen, tig, setzte sich auch für die anderen Mitglie- war Rosa Schapire eine gern gesehene Re- der der „Brücke“ ein. Als Schmidt-Rottluff ferentin. Auch nach 1933 hielt sie in Häu- und andere Künstler in den Ersten Welt- sern der Hamburger Gesellschaft Vorträge. krieg zogen, ergriff Rosa Schapire 1916 Nach der Machtergreifung durch die Nazis die Initiative zur Gründung des Deutschen versuchte Rosa Schapire, unter fremden Na- Frauenbundes zur Förderung deutscher bil- men zu schreiben. Dies, und auch das Hal- dender Kunst. Dieser Frauenbund, zu dem ten von Vorträgen, musste sie bald aufge- auch Ida Dehmel gehörte und der in ande- ben. 1939 nutzte sie die Chance zur Emi- ren deutschen Städten Zweigvereine besaß, gration nach London. Außer ihrer Schmidt- hatte sich ein ähnliches Ziel wie die „Brük- Rottluff-Sammlung durfte sie nichts mit- ke“ gesetzt. Er wollte „Brücken zwischen nehmen. In London lebte sie sehr beschei- den in einem Zimmer, die Schmidt-Rott- vilisation wurde diese Wolfsfigur immer luff-Bilder gaben ihr ein Gefühl von Hei- mehr verharmlost, wie auch Rotkäppchen mat. Sie blieb in England und schrieb ab zunehmend braver, kleiner, unerotischer 1950 in „Eidos“ und „Connoisseur“ über gehandelt wurde. Romanisten wie Felix wichtige Ereignisse in der gegenwärtigen Karlinger sahen im Argotausdruck ,rotes deutschen Kunst und Literatur. Rosa Scha- Käppchen‘ die Monatsblutung gekenn- pire starb am 1.2.1954 in der Londoner Tate- zeichnet. Psychoanalytiker wie Erich Gallery, in dem Museum, dem sie ihre Fromm interpretierten es analog, als Errei- Schmidt-Rottluff-Sammlung als Dank für chen der weiblichen Reife, und deuteten die ihr in London erteilte Gastfreundschaft das wölfische Hinunterschlingen als kanni- geschenkt hatte. balisch sich vollziehenden Geschlechtsakt, die Steine (die Rotkäppchen dem erschos- Rosenrotweg senen Wolf in den Bauch gelegt hat) hinge- Billstedt, seit 1952. Motivgruppe: gen (Symbole der Sterilität) als vergeltende Märchengestalten Bestrafung.“ (Ulf Diederichs: Who’s who Zwei hübsche, fromme, arbeitsame und im Märchen. München 1995.) gute Töchter einer armen Witwe lernen im Wald einen Bären kennen, mit dem sie her- Rudolphiplatz umtollen. Als es Frühjahr wird, verlässt er Barmbek-Nord, seit 1930, benannt nach sie, um seine Schätze vor diebischen Zwer- Caroline Rudolphi (1754-1811), Pädago- gen in Sicherheit zu bringen. Die beiden gin und Gründerin einer Erziehungsan- Schwestern haben unterdessen dreimal eine stalt im Stadtteil Hamm Begegnung mit einem dreisten Zwerg, der In der zweiten Hälfte des 18. Jhds. entstan- jedesmal einen Sack voller Schätze bei sich den die ersten Institute, wie das der Ham- hat. Der Bär entdeckt den Zwerg und tötet burgerin Caroline Rudolphi, die den Mäd- ihn. In diesem Moment fällt sein Bärenfell chen ebenso das Recht auf Bildung zuge- ab, und ein schöner Königssohn steht vor standen wie Jungen. Die Pädagogin Caroli- den Schwestern. Schneeweißchen wird sei- ne Rudolphi hatte 1787 an der Hammer ne Frau. „Bruno Bettelheim sah den Mär- Landstraße 75 eine „Erziehungsanstalt für chentypus Tierbräutigam für gegeben an junge Demoiselles“ von sechs bis 21 Jahren und die Protagonisten in je zwei Figuren gegründet. Ihr Vater, der sehr früh starb, war gespalten: einmal die rettenden Mädchen, Lehrer am Potsdamer Militärwaisenhaus ge- zum anderen der freundliche Bär, der garsti- wesen. „Caroline musste durch Handarbeiten ge Zwerg (anziehende und abstoßende Na- zum Broterwerb der Familie beitragen und tur des Sexualpartners).“ (Ulf Diederichs: konnte sich nach dem Elementarunterricht Who’s who im Märchen. München 1995.) nur autodidaktisch weiterbilden. Ihre in empfindsamen Stil verfassten Gedichte Rotkäppchenweg wurden von dem Komponisten Johann Billstedt, seit 1952. Motivgruppe: Friedrich Reichardt (Reichardtstraße) ver- Märchengestalten öffentlicht und fanden viel Beachtung. Ca- Als Rotkäppchen ihre Großmutter in deren roline wurde Gouvernante auf einem Ritter- Waldhütte besuchen will, findet sie in gut bei Neubrandenburg, wo sie ihre päda- Großmutters Bett einen Wolf vor, der sich gogische Begabung entfaltete. Als sie die als ihre Großmutter verkleidet hat. Der Stellung wechseln wollte, baten die Eltern Wolf frisst Rotkäppchen. „Im Zuge der Zi- sie, ihre vier Töchter zur weiteren Erzie- hung mit sich zu nehmen. Sie zog mit ihnen „Das kleine Dummerle und andere Erzäh- zunächst nach Trittau, wo ihr Bruder Lud- lungen“ (1904). „Die Familie Pfäffling. Eine wig (...) als Hauslehrer bei dem Pädagogen deutsche Wintergeschichte“ (1907). Dieses Joachim Heinrich Campe wirkte. In Cam- dreibändige Werk wurde zum Höhepunkt pes ‘Kinderbibliothek’ hatte Caroline Ru- ihres schriftstellerischen Schaffens und ei- dolphi bereits Gedichte und Artikel veröf- nes der erfolgreichsten Jugendbücher des fentlicht. Von der Nähe zu ihm versprach 20. Jahrhunderts. Die Geschichte der „Fa- sie sich Anregung und Hilfe. Tatsächlich milie Pfäffling“ ist ein Loblied auf die kann das von ihr 1785 gegründete Erzie- deutsche Familie. Agnes Sapper zeigt, dass hungsinstitut für junge Demoiselles als es möglich ist, trotz materieller Not zufrie- weibliches Pendant zu Campes pädagogi- den und glücklich zu sein. Während des Er- scher Anstalt betrachtet werden“, schreibt Inge sten Weltkrieges erschien das „Kriegs- Grolle in der Hamburgischen Biografie büchlein für unsere Kinder“ (1914) und in Bd.1. 2001, auf Seite 260f. den 20er Jahren z. B. „Lili. Erzählung aus Caroline Rudolphi hatte nun in der Ham- dem Leben eines mutterlosen Kindes“ mer Landstraße ihre Anstalt, wo auch Elise (1924). Nach Agnes Sappers Tod wurden Reimarus unterrichtete (siehe Reimarus- „Die Heimkehr und andere Erzählungen straße). Caroline Rudolphi „vertrat eine ge- aus Krieg und Frieden“ (1938) und „In Not schlechtsspezifische Bildung: Ihrer Mei- bewährt und andere Geschichten“ (1966) nung nach sollte alle Verstandeskultur vom herausgegeben. Manne ausgehen, die Entwicklung des ei- gentlich weiblichen Charakters, des Zartge- Schlegelsweg fühls, hingegen Aufgabe von Frauen sein“, Eilbek, seit 1904, benannt nach den so Inge Grolle weiter. Dichterbrüdern August Wilhelm und 1803 verließ Caroline Rudolphi Hamburg Friedrich Schlegel. 2001/2002 ergänzt um aus finanziellen Erwägungen und zog mit die ebenso bedeutende Ehefrau von August ihrer Erziehungsanstalt nach Heidelberg. Wilhelm Schlegel, Caroline Schlegel- Schelling. Neuer Erläuterungstext: be- Sapperweg nannt nach den Dichterbrüdern August Iserbrook, seit 1953. Agnes Sapper Wilhelm Sch. (1767-1845) und Friedrich geb. Brater. Kinder- und Jugendbuch- Sch. (1772-1829) und der Ehefrau des autorin, Erziehungsschriftstellerin ersteren 1796-1803, Caroline Schl.-Schel- (12.4.1852 München – 19.3.1929 Würzburg) ling (1763-1809), Schriftstellerin, Überset- Agnes Sapper war die Tochter des Juristen, zerin, Redakteurin Publizisten und Politikers Karl Brater. Ju- Im Alter von 25 Jahren wurde Caroline gend und Schulzeit in Erlangen. 1875 Hei- Böhmer geb. Michaelis Witwe. Die Tochter rat mit dem späteren Gerichtsnotar und Lo- eines Professors für Orientalistik und Theo- kalpolitiker Eduard Sapper. Es wurden drei logie und Mutter von drei Kindern – nur ein Kinder geboren. 1882 erste schriftstelleri- Kind überlebte – war eine begeisterte An- sche Tätigkeit. Kleine Erzählungen für Kin- hängerin der Französischen Revolution. der und populärwissenschaftliche Erzie- Nach dem Tod ihres Mannes war sie von hungsbücher, so z. B. 1895 „Die Mutter un- Clausthal-Zellerfeld über Göttingen und ter ihren Kindern. Ein Büchlein für Müt- Marburg a. d. Lahn nach gezogen, ter“. „Das erste Schuljahr. Erzählung für Kin- wo sie sich den Ideen der Mainzer Republik der von sieben bis zwölf Jahren“ (1895). verschrieb. Sie trat ein für die Emanzipation des Volkes und für das Recht auf weibliche keit mit der eitlen Stiefmutter. Es ist ihre ei- Selbstbestimmung. gene weltlich-ehrgeizige Schattenseite, von Schwanger von einem Soldaten aus dem der sie eingeschnürt wird‘. Bruno Bettel- französischen Freiheitsheer kam Caroline heim untersuchte später die verschiedenen Böhmer 1793 wegen ihrer republikanischen Bedeutungsebenen, etwa die sexuelle Bei- Gesinnung in mehrmonatige Haft. mischung der Farbsymbole, die im vor- 1796 heiratete sie den Literaturhistoriker A. ödipalen Bereich anzusiedelnden Zwerge, W. Schlegel. Sie gingen eine Freundschafts- das Sargstadium als Vorbereitung zur Rei- ehe ein. Ihr Mann hatte ihr nach der Geburt fe.“ (Ulf Diederichs: Who’s who im Mär- ihres unehelichen Kindes, das kurz nach der chen. München 1995.) Geburt gestorben war, zur Seite gestanden. Das Paar lebte in Jena, wo Caroline Schle- Schumannstraße gel Mitglied des „Frühromantikerkreises“ Barmbek-Süd, seit 1876, benannt nach wurde. Caroline Schlegel war von hoher dem Pianisten und Komponisten Robert Intellektualität, half ihrem Mann bei Shake- Schumann. 2001/2002 ergänzt um die speare-Übersetzungen und bei der Heraus- ebenso bedeutende Ehefrau Clara Schu- gabe der Zeitschrift „Athenaeum“. Außer- mann. Neuer Erläuterungstext: benannt dem schrieb sie Literaturrezensionen und nach dem Musikerehepaar Clara Sch. war Redakteurin. (1819-1896), Pianistin und Komponistin, 1803 kam es zur Scheidung. Caroline Herausgeberin der Werke ihres Mannes, Schlegel heiratete den zwölf Jahre jüngeren und Robert Sch. (1810-1856), Pianist, Philosophen F. W. J. v. Schelling. Das Paar Musikschriftsteller und Komponist zog nach München. Caroline Schlegel- Clara Wieck erhielt bereits im Alter von Schelling wurde wegen dieser Liebe gesell- 5 Jahren durch ihren Vater, einen Klavier- schaftlich diskriminiert. pädagogen, eine Ausbildung zur Pianistin. Bekannt wurde sie durch ihre Briefe, die ein Als Wunderkind trat sie ab ihrem 11. Le- Dokument der Geistesgeschichte der Ro- bensjahr im Leipziger Gewandhaus zum er- mantik sind. sten Mal öffentlich auf. Es folgten Konzert- reisen durch ganz Europa. Schneewittchenweg Gegen den Willen des Vaters heiratete sie, Billstedt, seit 1952. Motivgruppe: als sie volljährig war, Robert Schumann. Märchengestalten Das Paar bekam 8 Kinder. Doch trotz der Schneewittchen und die sieben Zwerge. vielen anfallenden Hausarbeit gab sie wei- „Die propere, sanftmütige, eher passive terhin Konzerte und komponierte zahlrei- ,Snow White‘ entwickelte sich zum weibli- che Lieder, ein Klaviertrio, Klavierstücke chen Idol. In der Nachkriegszeit nahm diese und Romancen. mediengestützte Entwicklung zu – was 1854 wurde Robert Schumann in eine Ner- wiederum Psychologen und Kulturan- venheilanstalt eingeliefert. Er litt an De- thropologen beschäftigte. Hedwig von Beit pressionen, was eine starke Belastung für sah die Vergiftungsepisode in neuem Licht: die Familie bedeutete. Zwei Jahre später ,Diese Vergiftung geschieht mit Gegenstän- starb Robert Schumann. Clara Schumann den weltlicher Eitelkeit und Putzsucht und musste nun den Lebensunterhalt für ihre hierin, besonders aber in dem Umstand, daß zahlreichen Kinder selbst bestreiten. Nach- sich Schneewittchen davon verlocken läßt, dem sie 1878 nach Frankfurt a. M. gezogen liegt der Beweis ihrer Zusammengehörig- war, erhielt sie dort eine Professur für Kla- vier am Hoch’schen Konservatorium. Ihr hanna ihre schriftstellerische Tätigkeit zum letzter öffentlicher Auftritt war im Jahre Broterwerb machen. Schon ihr erster Ro- 1888. Mit Unterstützung des Komponisten man „Gabriele“ (1819-1821), der der Hel- Johannes Brahms, mit dem sie eng befreun- din Opfer und Entsagung auferlegt, wurde det war, gab sie den Nachlass ihres Mannes ein großer Erfolg. Johanna Schopenhauer heraus. Clara Schumann hinterließ ein schrieb Reisebücher und Romane und wur- Werk von 25 Opus-Zahlen: Klaviermusik, de zu einer bekannten Unterhaltungsschrift- Lieder, ein Klavierkonzert. Sie war eine der stellerin. bedeutendsten Vertreterinnen der musikali- Johanna Schopenhauer starb 1839 in Jena, schen Romantik in Deutschland. unversöhnt mit ihrem Sohn Arthur, von dem sie zeitlebens ein schwieriges Verhältnis Schopenhauerweg getrennt und den sie nach dem Bruch im Ottensen, seit 1945, benannt nach Arthur Mai 1814 nie wieder gesehen hatte. Ihre Schopenhauer. 2001/2002 ergänzt um die Tochter Adele Schopenhauer wurde eben- ebenso bedeutende Mutter Johanna Scho- falls eine bekannte Schriftstellerin. Sie war penhauer. Neuer Erläuterungstext: be- außerdem noch Musikerin und Malerin. nannt nach Arthur Sch. (1788-1860), Philosoph und dessen Mutter Johanna Sentastraße Sch. (1766-1838), Schriftstellerin. Barmbek-Süd, seit 1904. Gestalt aus Nach Hamburg war das republikanisch ge- Richard Wagners Oper „Der Fliegende sinnte Ehepaar Schopenhauer mit seinem Holländer“ (1843) Sohn Arthur 1793 gekommen, als Danzig, „Senta ist die Erlöserin, die zu grenzenloser die Geburtsstadt Johanna Schopenhauers, Hingabe und zum Liebestod bereite Frau. in der sie auch ihren zwanzig Jahre älteren, Als die Tochter des norwegischen See- reichen Mann kennen gelernt hatte, von manns Daland dem sagenhaften Holländer Preußen annektiert worden war. Johanna gegenübertritt, ist sie ihm schon im Traum Schopenhauers Mann stürzte sich 1805 aus begegnet und fühlt sich seit langem ihm zu- dem Speicher seines Hauses am Neuen gehörig. Sie verspricht ihm Treue bis in den Wandrahm 92. Tod und stürzt sich ins Meer, als er an ihr Nach dem Tod des Ehemannes hielt Johan- zweifelt.“ (Annemarie und Wolfgang van na Schopenhauer nichts mehr in Hamburg. Rinsum: Lexikon literarischer Gestalten, Befreit von einer unglücklichen Ehe und Stuttgart 1988.) ausgestattet mit einem beträchtlichen Erbe, zog es sie mit ihrer 1797 geborenen Tochter Siebenschön Adele nach Weimar. Ihr Haus wurde schnell Lokstedt, umbenannt 1948. Früher Linden- zu einem geselligen Mittelpunkt der Stadt. allee. Märchengestalt aus: Karl Dies hatte zwei Gründe: Johanna Schopen- Müllenhoff: Sagen, Märchen und Lieder. hauer, die zeitlebens einen Widerwillen ge- 1845. Motivgruppe: Holsteinische Ge- gen den Gedanken hegte, „für ein gelehrtes schichte, Sagen und Märchen Frauenzimmer zu gelten“, war eine weitrei- Siebenschön, Tochter armer Dorfleute, ist chend gebildete und gewandte Frau. schöner als jedes andere Mädchen, arbeit- Als Johanna Schopenhauer und ihre Toch- sam, geschickt und sittsam. Wenn sie sonn- ter Adele 1819 durch den Zusammenbruch tags zum Gottesdienst geht, trägt sie als eines Danziger Bankhauses einen großen Zeichen ihrer Sittsamkeit einen Schleier Teil ihres Vermögens verloren, musste Jo- vor dem Gesicht. Das weckt die Neugierde des Königssohns. Nachdem er ihr dreimal d’Olbreuse, die Mutter von Sophie Dorothea. Geschenke geschickt hat, treffen sich beide Sophie Dorothea wurde später als die „Mut- jeden Abend bei der großen Eiche. Als der ter der Könige“ bezeichnet: denn ihre Toch- König von der unstandesgemäßen Liebes- ter heiratete den Soldatenkönig Friedrich beziehung erfährt, läßt er Siebenschöns El- Wilhelm I. und wurde die Mutter Friedrich ternhaus in Brand setzen. Dabei kommen des Großen. Dorotheas Sohn Georg-Ludwig Siebenschöns Eltern um. Siebenschön kann wurde 1727 Georg II. von Großbritannien. sich retten und nimmt in Mannskleidung unter dem Namen „Unglück“ eine Stellung Sophie-Kloers-Weg als Diener am Hofe an. Der Königssohn, Jenfeld, seit vor 1938. Geb. Kessler, Pseu- nun ohne seine Siebenschön, erwählt eine donym Wilh. von der Mühle. Wandsbeker standesgemäße Braut. Als es zur Brautfahrt Schriftstellerin. In einschlägigen Lexika geht, an der alle Bedienten teilnehmen wird sie Kloerß geschrieben. (5.1.1866 müssen, singt Unglück: „Siebenschön bin Wandsbek – 31.1.1927 Hamburg) ich genannt. Unglück ist mir wohlbekannt.“ Schon als Kind verlor Sophie Kloerß ihre Der Prinz erkennt daraufhin Siebenschön. Eltern. Im Alter von 21 Jahren veröffent- Es kommt zwischen den beiden zu einem lichte sie ihr erstes Buch, welches für die Happy End. nächsten zwanzig Jahre ihr einziges Ge- schriebenes blieb, denn Sophie Kloerß hat- Siegrunweg te sich um ihren Haushalt und ihre Kinder Rissen, seit 1960. Sigrun, Gestalt aus der zu kümmern – Zeit zum Schreiben fand sie Nibelungensage dabei kaum. 1895 hatte sie nach langem Schreibweise in der Nibelungensage: Sig- Brautstand den Altphilologen Heinrich run. Eine Walküre, die Helgi, der Sohn Kloerß geheiratet, der als Lehrer in Doberan, Sigmunds und Sigyns, im Kampf gegen Berlin, Bärwalde, Arnstadt und schließlich Hödbrodd als Gattin erkämpft. Sigrun stirbt in Schwerin tätig war. aus Gram, nachdem ihr Bruder Dag an Einige Werke von Sophie Kloerß: Hambur- Helgi Blutrache verübt hat, weil dieser ger Blut (Erzählung, 1909). Lieder und Dags Vater getötet hatte. Balladen (1909). Vaterland und Vaterhaus (1915). Jungmädelgeschichten (1918). Jan Slamatjenbrücke Feuerkopf (1920). Der neue Geist (Roman, Neustadt, seit 1960, Matjen = Mädchen; 1922). Hille Hadersen (Roman, 1925). slam = Slum, unsauber Sturm in Schmalebek (Roman, 1926). Die In der Nähe der Brücke, die an einer Stelle verhexten Sparten. Geschichten von klei- der Ost-West-Straße über das Alsterfleet nen Leuten (1928). Die silberne Orgel. Ge- führt, soll sich ein Bordell befunden haben. schichten von der Insel Sylt (1931).

Sophie-Dorothea-Stieg Sophienallee Wilhelmsburg, seit 1997. Sophie Dorothea Eimsbüttel, seit 1863. Sophia geb. Arnthal. (1666-1726), Gräfin von Wilhelmsburg, (26.3.1837 – 27.10. 1895 Hamburg). Frau Tochter des Herzogs Georg Wilhelm in des jüdischen Grundeigentümers Samuel Celle, des Gründers und Namengebers der Ephraim Herrschaft Wilhelmsburg 1672 Im Wege der Umbenennung jüdischer Stra- Siehe nähere biographische Angaben unter ßennamen während der NS-Zeit machten „Eleonorenweg“, benannt nach Eleonore das Ingenieurwesen und das Staatsamt 1936/37 den Vorschlag, die Allee in Drä- Brot. Als ein in der Notküche zum Helfen gerstraße umzubenennen. Zu Dräger wurde eingeteilter Kriegsgefangener beschimpft erklärt: „Bernhard Dräger, gest. 12.1.1928, wurde, stand sie ihm zur Seite und äußerte dem bahnbrechenden Ingenieur auf vielen spontan: „Russen sind auch Menschen.“ Gebieten der Technik; hier sind zu nennen Dieser Satz wurde ihr zum Verhängnis. Am die bahnbrechenden Erfindungen für die nächsten Tag (Januar 1944) wurde sie von Verwendung der Stahlflaschen für hohen der Gestapo verhaftet. Ihr Mann, der ihret- Druck von Gasen; die von ihm herausge- wegen zum mosaischen Glauben konver- brachten Sauerstoff-Atmungsgeräte; die tiert war, erfuhr nur durch Zufall, wo seine von ihm gebauten Gasschutzgeräte und Frau hingekommen war. Sophie Schoop Groß-Gasschutzgeräte usw. Sein Schaffen saß im Gestapogefängnis Hamburg-Fuhls- hat sich besonders segensreich im Kriege büttel und wurde ohne Gerichtsverhand- ausgewirkt.“ lung nach Auschwitz transportiert. Ein Jahr Eine Umbenennung erfolgte nicht. Aller- nach ihrer Verhaftung erhielt Herr Schoop dings wurde dem Hamburger Adressbuch- aus Auschwitz die Sterbeurkunde seiner verlag mitgeteilt, dass in den Erläuterungen Frau. Ihrem Denunzianten wurde zwar nach zum Straßennamen der Hinweis auf den jü- dem Krieg der Prozess gemacht. Er wurde dischen Ursprung zu unterbleiben habe. jedoch mangels Beweisen freigesprochen.

Sophienstraße St. Annenbrücke Wilstorf, seit 1922. Sophie Juliane Altstadt, seit 1881, siehe Bei St. Annen Wilhelmine geb. Oneken. Mutter des Syn- Die Brücke führt über das St.-Annen-Fleet. dikus Tilemann St. Annenufer Sophienterrasse Altstadt, seit 1890. Benennung als nach Harvestehude, seit 1861. Vermutlich der Straße „Bei St. Annen“ führende nach Maria Sophia Friederica geb. Gold- Uferstraße am St. Annenfleet mann. Ehefrau des Geländebesitzers Die Heilige Anna ist die Mutter Marias. Be- J.F.W. Reimers. (28.10.1825 St. Thomas/ reits im Jahre 550 wurde ihr zu Ehren eine Westindien – 17.12.1918 Hamburg) Kirche in Konstantinopel erbaut. Das Fest St. Annas wird seit 1558 gefeiert und wird Sophie-Schoop-Weg am 26. Juli begangen. St. Anna ist der Inbe- Bergedorf, seit 1995. Jüdisches Opfer griff der Mütterlichkeit. Sie wurde die des Nationalsozialismus. Setzte Lieblingsheilige des katholischen Volkes, sich für französische und sowjetische ist die Patronin der Bergleute und der Müt- Kriegsgefangene ein. (12.12.1875 – ter und wird besonders bei einem Kinder- 3.1.1945 KZ Auschwitz) wunsch angerufen. Nach den Bombenangriffen auf Hamburg Die Geschichte der Heiligen Anna: Anna im Jahre 1943 meldete sich Sophie Schoop und Joachim aus dem königlichen Ge- freiwillig zum Kartoffelschälen in der Not- schlecht Davids bekamen keine Kinder. küche am Poßmoorweg. Da in der Gegend Anna und Joachim gelobten schließlich, auch Kriegsgefangenenbaracken standen, wenn ihnen Gott ein Kind schenken würde, sah Sophie Schoop das dortige Elend. Sie würden sie es ihm und seinem Dienst wei- wies mutig auf die Missstände hin und gab hen. Die Hohepriester nahmen jedoch die den Kriegsgefangenen manche Zigarette und Opfergabe des Ehepaares nicht an. Darauf- hin floh Joachim ins Gebirge. Nach zwan- spieldichters Heinrich Borkenstein aus zig Jahren erschien dem Joachim in der Hamburg und älteste von vier Geschwi- Wüste und der weinenden Anna in deren stern. 1786 heiratete sie den Frankfurter Kammer zur gleichen Stunde ein Engel mit Bankier Jacob Gontard und zog mit ihm der Botschaft, dass Gott sie erhört habe. nach Frankfurt. Zeitweilig besaß sie auch Maria wurde geboren. Die ersten drei Le- noch eine Sommerwohnung in Ottensen. bensjahre blieb das Kind bei den Eltern, 1795 erhielt Hölderlin eine Hauslehrer- dann gaben die Eltern ihr Kind schweren stelle bei den Gontards, um den Sohn Hen- Herzens in den Tempel von Jerusalem. ry zu unterrichten. Susette Gontard und Hölderlin verliebten sich ineinander. Diese Sterntalerstraße Liebe wurde für Hölderlin zum zentralen Billstedt, seit 1952. Motivgruppe: Ereignis seines Lebens und Susette wurde Märchengestalten die „Diotima“ seines „Hyperion“. Seine Ein armes, elternloses kleines Mädchen be- Beziehung zu Susette empfand er als „eine sitzt nichts weiter außer ihrer Kleidung auf ewige fröhliche heilige Freundschaft mit ei- dem Leib und einem Stück Brot. Dies weni- nem Wesen, das sich recht in dies arme, ge verschenkt sie auch noch an arme Men- geist- und ordnungslose Jahrhundert verirrt schen. Schließlich steht sie nackend da. Und hat“. Susette Gontard schrieb an Hölderlin: plötzlich fallen Sterne vom Himmel, die, „Wenige sind wie Du! und was auch jetzt sobald sie auf die Erde gefallen sind, zu har- nicht würckt, bleibt sicher für künftige ten Goldtalern werden. Das Mädchen hat Zeiten.“ Zwischen Hölderlin und Susettes nun auch wieder ein Hemdchen an und sam- Mann kam es wegen dieser Liebesver- melt die Taler dort hinein. Sterntaler war das bindung zu einer Auseinandersetzung, wor- einzige Märchenmotiv auf deutschen Bank- aufhin Hölderlin 1798 die Familie Gontard noten (Tausend-DM-Schein). „Nach altem verließ. Susette Gontard hatte vier Kinder: Volksglauben sind Sternschnuppen ein Henry (1787-1816), Henriette (1789-1830), Glückszeichen, hier verknüpft mit der Idee Johanna Helene (1791-1820), Friederike einer Belohnung für christliche Nächsten- Amalie (1791-1832) und starb vier Jahre, liebe.“ (Ulf Diederichs: Who’s who im Mär- nachdem Hölderlin das Gontardsche Haus chen. München 1995.) verlassen hatte, bei der Pflege ihrer erkrank- ten Kinder an Röteln. Susannenstraße St. Pauli, seit 1860 und wieder seit Okto- Suttnerstraße ber 1945. Vermutlich nach der ältesten Altona, umbenannt 1950. Früher Wieland- Tochter des Grundeigentümers Clas Julius straße. Bertha Freifrau von Suttner geb. Bieber. Zwischen dem 30.1.1934 und Gräfin von Kinsky. Österreichische Pazi- Oktober 1945: Heinrich-Dreckmannstraße fistin und Schriftstellerin. Erhielt 1905 den Friedensnobelpreis. (9.6.1843 Prag – Susettestraße 21.6.1914 Harmannsdorf bei Wien) Ottensen, umbenannt 1950. Früher Geboren als Tochter eines pensionierten Ohlendorffs Allee. Susette Gontard geb. Offiziers. Arbeitete als Hauslehrerin in der Borkenstein. Geliebte Hölderlins, Familie Suttner, verliebte sich in den Sohn seine „Diotima“. (6.2.1769 Hamburg – des Hauses, verlor daraufhin ihre Stellung 22.6.1802 Frankfurt am Main) und arbeitete einige Zeit als Sekretärin bei Tochter des Kommerzienrats und Lust- Alfred Nobel in Paris. Sie konnte alle Hei- ratspläne ihrer Eltern erfolgreich vereiteln, Kontoristin und Gymnastiklehrerin. Arbei- um 1876 endlich heimlich den sieben Jahre tete als Angestellte im Hamburger Gewerk- jüngeren Baron Arthur von Suttner zu hei- schaftshaus, machte dort für die Bäckerge- raten. Sie zogen in den Kaukasus und ver- werkschaft die frauenpolitische Arbeit. Als suchten, durch Bertha von Suttners Schrift- sie später im Metallarbeiterverband tätig stellerei ihren Lebensunterhalt zu verdie- war, lernte sie dort ihren zukünftigen Mann, nen. Es entstanden Romane und feuilletoni- den Dreher Richard Tennigkeit, kennen. Er stische Beiträge. Nach neun entbehrungs- war aktives Mitglied des Kommunistischen reichen Jahren im Kaukasus kehrten sie Jugendverbandes Deutschland, der KPD, nach Österreich zurück. 1887 hörte Bertha der Metallarbeitergewerkschaft, Obmann von Suttner von der britischen Friedensbe- der Werftlehrlinge und wurde 1926 Ge- wegung. Damit begann ihr Einsatz gegen meindevertreter in Berne. Nach der Macht- den Militarismus. Zwei Jahre später er- ergreifung durch die Nazis gingen Käthe schien ihr Antikriegsroman „Die Waffen und Richard Tennigkeit in den illegalen Wi- nieder“, der seither in viele Sprachen über- derstand. Beide waren aktive Mitglieder der setzt wurde und die Friedensidee populär Hamburger Widerstandsgruppe Bästlein- machte. 1891 gründete sie die Österreichi- Jacob-Abshagen. Das Ehepaar Tennigkeit sche Gesellschaft der Friedensfreunde und gewährte vielen WiderstandskämpferInnen, 1892 wurde sie Mitbegründerin der Deut- die sich vor der Gestapo verstecken muss- schen Gesellschaft für Friedensfreunde. ten, Unterschlupf. Im Februar 1944 wurden Zwischen 1892 und 1899 gab sie die Zeit- Käthe und Richard Tennigkeit von der Ge- schrift heraus, die den Namen ihres Ro- stapo verhaftet. Käthe kam ins Gestapoge- mans trug. 1905 erhielt sie als erste Frau für fängnis Fuhlsbüttel und Richard ins KZ ihre Friedensarbeit und für ihr Buch „Die Neuengamme. Käthe Tennigkeit war be- Waffen nieder“ den Friedensnobelpreis. sonders harten Haftbedingungen ausge- Da sie sich durch ihre Schriftstellerei fi- setzt, sie sollte den Aufenthaltsort ihres nanzieren musste, schrieb sie neben politi- Genossen Heyckendorf (Helene-Heycken- schen Artikeln auch Romane, in die sie ihre dorf-Kehre) verraten. Käthe starb am 20. politischen Ansichten einflocht. Sie sympa- April 1944 in ihrer Zelle in Fuhlsbüttel. Ob thisierte auch mit der Frauenbewegung. Sie es Mord oder Selbsttötung war, ist nie auf- setzte sich für die materielle Absicherung geklärt worden. Richard Tennigkeit er- der Frau ein und unterstützte den radikalen krankte Ende 1944 an Typhus, erhielt nur Teil der bürgerlichen Frauenbewegung in unzureichende ärztliche Versorgung und ihrem Kampf um eine neue Sexualmoral: starb am 12.12.1944 im KZ Neuengamme. Frauen sollten ihre eigenen Ansprüche an Sexualität verwirklichen dürfen. Therese-Giehse-Bogen Bergedorf, seit 1985. Schauspielerin. Tennigkeitweg (6.3.1898 München – 3.3.1975 München) Poppenbüttel, seit 1985. Käthe und Richard. Entstammte einer jüdischen Kaufmanns- Widerstandskämpfer. Mitglieder der familie. 1918 bis 1920 Schauspielunter- Widerstandsgruppe Bästlein-Jacob-Abs- richt in München, ab 1920/21 Engage- hagen. Käthe geb. Schlichting (2.4.1903 – ments in Siegen, Gleiwitz, Landshut, an 20.4.1944 Gefängnis Hamburg- der Bayerischen Landesbühne und am Fuhlsbüttel); Richard (5.9.1900 – Schauspielhaus München. Von 1926 bis 12.12.1944 KZ Neuengamme) 1933 an den Münchener Kammerspielen bei Otto Falkenberg. Profilierte sich als Mitglied der Widerstandsgruppe Bästlein- großartige Menschenbildnerin. 1929 lernte Jacob-Abshagen. Motivgruppe: Opfer sie bei den Endproben zur „Dreigroschen- des Nationalsozialismus. Magda Thürey oper“ Bert Brecht kennen. Am 1.1.1933 er- geb. Bär: (4.3.1899 Hamburg – 17.7.1945 öffnete sie in München zusammen mit Eri- Hamburg). Paul Thürey: (16.7.1903 – ka Mann das antifaschistische Kabarett 26.6.1944, enthauptet im Untersuchungs- „Pfeffermühle“. Im März 1933 Flucht aus gefängnis Hamburg) München in die Schweiz. Am 30.9.1933 Verbrachte ihre Kindheit mit ihrem Bruder Neueröffnung der „Pfeffermühle“ in Zü- Curt im Hamburger Stadtteil Harvestehude rich. 1934 bis 1936 Europatournee. Von und besuchte das Emilie-Wüstenfeld-Ly- 1937 an am Schauspielhaus in Zürich tätig. zeum. Die Mutter kam aus einer Großkauf- Wichtige Rollen spielte sie in den Zürcher mannsfamilie. Der Vater, aus einer Arbei- Brecht-Uraufführungen. Sie war die Titel- terfamilie stammend, war Kapitän und gestalt in Brechts „Mutter Courage und verstarb kurz vor Ausbruch des Ersten ihre Kinder“ (UA 1941). Von 1949 bis Weltkrieges. Von 1914 bis 1919 studierte 1952 spielte sie an Brechts Berliner En- Magda Thürey am Lehrerseminar Hohe semble. Seit 1949 trat sie auch wieder an Weide im Stadtteil Eimsbüttel. Magda Thü- den Münchner Kammerspielen auf. Aus rey arbeitete in der Wandervogelbewegung Sympathie für Peter Stein und sein Kollek- und bei der Freideutschen Jugend mit. tiv-Theater spielte sie bei der Neueröff- Zudem war sie ein künstlerischer Mensch nung der Berliner Schaubühne am Halle- und schloss sich in der Studienzeit bohème- schen Ufer die Titelrolle in Gorki/Brechts artigen Kreisen junger Menschen mit kom- Stück „Die Mutter“ (1970). Sie hatte auch munistischen Ideen an. In den Jahren 1919 Gastspiele in Hamburg und trat in Film- bis 1933 unterrichtete sie Volksschulklas- rollen auf, spielte z. B. in dem Film „Mäd- sen an den Schulen Lutterothstraße Nr. 80 chen in Uniform“. Friedrich Dürrenmatt und Methfesselstraße Nr. 28. Außerdem trat schrieb für sie sein Theaterstück „Der Be- sie der Gesellschaft der Freunde des vater- such der alten Dame“. 1955 erhielt sie den ländischen Schul- und Erziehungswesens Bundesfilmpreis. Ab 1966 trat Therese bei. Anfang der 20er Jahre wurde Magda Giehse mit eigenen Brechtprogrammen Thürey Mitglied der KPD und war kurz vor auf. Sie war eine Verfechterin des Sozialismus. 1933 zeitweilig für ihre Partei in der Ham- burgischen Bürgerschaft als Spezialistin für Theresenweg Schulfragen tätig. 1933 wurde sie von den Nienstedten, seit 1932. Frei gewählter Nazis sofort ohne jeglichen finanziellen Name Ausgleich aus dem Schuldienst entlassen, denn Paragraph 2 des „Gesetzes zur Wie- Theresienstieg derherstellung des Berufsbeamtentums“ Uhlenhorst, seit 1846. Conradine verbot BeamtInnen eine Mitgliedschaft in Therese geb. Sievert. Ehefrau des Mitei- der KPD. gentümers der Uhlenhorst, Dr. August Magda Thürey heiratete ihren langjährigen Abendroth. (1805 – 1874) Freund Paul Thürey. Zu dieser Zeit war er bereits arbeitslos. Um sich eine Existenz Thüreystraße aufzubauen, kauften die Eheleute von ihren Niendorf, seit 1982. Magda und Paul. Ersparnissen ein Seifengeschäft in der Lehrerin, Politikerin (KPD), Osterstraße im Stadtteil Eimsbüttel, wel- ches sie später in die Eimsbüttler Emilien- Thusneldastraße straße Nr. 30 verlegten. Als Paul Thürey Stellingen, seit 1929. Tochter des Segestes, 1939 in den Conz-Elektromotoren-Werken, Gattin des Cheruskerfürsten Arminius einem Rüstungsbetrieb, Arbeit fand, führte Ein Jahr nach ihrer Heirat mit dem Cherus- Magda den Laden allein weiter, der seit Be- kerfürsten Arminius (14 nach Christus) lie- ginn des Nationalsozialismus für die KPD ferte ihr Vater sie den Römern aus. Thusnel- zu einem Treffpunkt für ihre illegale Arbeit da wurde im Triumpfzug des Germanicus geworden war. Nach dem Beginn des Zwei- mitgeführt. Ihr weiteres Schicksal ist unbe- ten Weltkrieges fungierte der Laden insbe- kannt. sondere als wichtige Verbindungsstelle für die kommunistische Bästlein-Jacob- Tonistraße Abshagen-Widerstandsgruppe. In Seifen- Eilbek, umbenannt 1887. Früher kartons wurden Flugblätter und illegale Jungmannstraße. Mitglied der Familie von Druckschriften versteckt; es fanden Treffs Carl Schomburgk. Vermutlich Sidonie = statt, bei denen Informationen ausgetauscht Toni, die Schwester des Architekten und neue Aktionen geplant wurden. 1942 Schonburgk (Lüders) (geb. 1847 Hamburg nahm die Hamburger Gestapo Paul Thürey – gest. 1895 Heiligenstadt) fest. Er wurde 1944 bei den Hamburger Kommunistenprozessen zum Tode verur- Traunweg teilt und am 26. Juni 1944 im Alter von Neuland, seit 1942, benannt nach Christi- 41 Jahren im Hamburger Untersuchungsge- an Justus Friedrich Traun. Ergänzt um die fängnis enthauptet. Magda Thürey wurde ebenso bedeutende Ehefrau Bertha Traun. von der Gestapo am 30.10.1943 in „Schutz- Neuer Erläuterungstext: benannt nach haft“ genommen und ins Gefängnis Fuhls- dem Ehepaar (verh. v. 1818-1850) Christi- büttel gebracht. an Justus Friedrich T. (1804-1881), Fabri- Der Seifenladen wurde von der Gestapo zu kant, Mitbegründer der unmittelbar west- einer Falle umfunktioniert, so dass es zu wei- lich benachbarten späteren „New-York- teren Verhaftungen kommunistischer Wider- Hamburger Gummiwaren Compagnie“, standskämpfer und -kämpferinnen kam. und Bertha T. (1818-1863), Vorkämpferin Magda Thürey litt seit ihrem 31sten Le- der Hamburger Frauenbewegung, Mitbe- bensjahr an Multipler Sklerose. Durch die gründerin diverser Frauenorganisationen Haftbedingungen verschlechterte sich ihr Die Tochter des reichen Stockfabrikanten Gesundheitszustand rapide. Aber erst nach- H.C. Meyer war mit dem Kompagnon ihres dem sie fast völlig bewegungsunfähig ge- Vaters, Christian Justus Traun, dem Mitbe- worden war, wurde sie 1944 in das Kran- gründer der Harburger Gummi-Kamm- kenhaus Langenhorn auf die Station für Comp. verheiratet. Über Geschäftsbezie- Nervenkranke verlegt. Auch dort erhielt sie hungen ihres Mannes zu Herrn Wüstenfeld nicht die notwendige medizinische Versor- lernte sie Emilie Wüstenfeld kennen. 1847 gung. Magda Thüreys Bruder, ein Lehrer, gründeten die beiden Frauen mit noch wei- der ebenfalls 1933 durch die Nazis aus dem teren 30 Frauen den Frauenverein zur Un- Schuldienst entlassen worden war, konnte terstützung der Deutschkatholiken. Diese sie erst nach der Kapitulation Nazideutsch- propagierten ein nicht an eine Konfession lands aus der Gefangenschaft holen. Kurze gebundenes, demokratisches Gemeindele- Zeit später, am 17. Juli 1945, starb Magda ben. Hier erhielten auch Frauen Wahl- und Thürey im Alter von 46 Jahren. Ingo Böhle Mitspracherecht, woran in den Amtskir- chen nicht zu denken war. An expo- Bertha Ronge zwei Jahre später, in den letz- nierter Stelle stand der exkommunizierte ten Lebenswochen gepflegt von ihrer Priester Johannes Ronge, der von Bertha Freundin Emilie Wüstenfeld. Bertha Ronge Trauns fortschrittlich gesinntem Vater pro- wurde auf dem Hamburger Friedhof zu St. tegiert wurde. Ronge trat auch für die Petri neben ihrem ehemaligen Schwieger- Emanzipation der Frau ein. vater beerdigt. Auch ihr erster Ehemann, Bertha Traun war auch Gründungsmitglied der 18 Jahre nach Bertha Ronges Tod eben- des Sozialen Vereins zur Ausgleichung falls in Frankfurt am Main starb, erhielt sei- konfessioneller Unterschiede. Ebenso war ne letzte Ruhestätte neben seinem Vater sie am Zustandekommen der Hochschule und Bertha Ronge. für das weibliche Geschlecht beteiligt. Als Bertha Ronges Sohn aus erster Ehe, der Bertha Traun fühlte sich von ihrem Mann Senator Dr. Heinrich Traun, 1907 eine nicht geliebt und als Ehefrau und Mutter Grabstelle auf dem Ohlsdorfer Friedhof nicht ausgefüllt. Sie verliebte sich in Johan- kaufte, ließ er 1908 seinen Goßvater, seine nes Ronge. Er erwiderte ihre Liebe und ver- Mutter und seinen Vater dorthin umbetten. trat die gleichen Ansichten von der Emanzi- pation der Frau wie sie. Bertha Traun ließ Unzerstraße sich scheiden und heiratete 1851 in London Altona, seit 1867, benannt nach Johann Johannes Ronge. Dorthin war das Paar mit August Unzer (1727-1799), Arzt und dreien von Berthas sechs Kindern gezogen, Schriftsteller und seiner Frau Johanna nachdem in Deutschland der Druck der Re- Charlotte Unzer (1725-1782), Dichterin, aktion auf die freien Gemeinden sich ver- und nach Johann Christoph Unzer (1747- stärkt hatte. In London richtete Bertha 1809), Arzt, Stadtphysikus, Dichter und Ronge einen Kindergarten ein. Nachdem nach Heinrich Friedrich Unzer (1783- das Paar 1857 nach Manchester übergesie- 1814), Arzt delt war, gründete Bertha Ronge das Man- Geboren in Halle an der Saale heiratete sie chester Fröbel Committee zur Verbreitung 1751 den Arzt Johann August Unzer. Er hat- des Kindergartens und eine Ausbildungs- te bei ihrem Vater, einem Organisten und stätte für Kindergärtnerinnen. 1861 kehrten Komponisten, Musikunterricht erhalten. die Ronges nach Deutschland zurück und Das Paar zog nach Altona und bekam zwei zogen nach Breslau. Im selben Jahr initiier- Kinder, die jedoch kurz nach der Geburt te Bertha Ronge dort eine Versammlung starben. Im Jahr ihrer Hochzeit erschienen von Frauen, auf der sie die pädagogischen unter Charlotte Unzers Namen eine Zusam- Vorstellungen Fröbels darlegte. Resultat menfassung und Erläuterung der damaligen dieser Versammlung war die Gründung ei- Philosophie zugeschnitten auf das weibliche nes Vereins, der die finanziellen Mittel für Geschlecht: „Grundriss einer Weltweißheit die Einrichtung von Kindergärten beschaf- für das Frauenzimmer“ und „Grundriss ei- fen wollte. Doch die Behörden wollten die ner natürlichen Historie und eigentlichen Konzession für einen solchen Kindergarten Naturlehre für das Frauenzimmer“. nicht geben, in dem so viel „Unfug“ wie Charlotte Unzers Bücher fanden ein großes Radschlagen und Spielen betrieben wurde. Echo unter der Leserinnenschaft. Auch Daraufhin entschloss sich Frau Ronge, eine durch die Veröffentlichung ihrer Gedichte Bildungsanstalt für Kindergärtnerinnen zu „Versuch in Scherzgedichten“, die teilwei- errichten. 1863 zog das Ehepaar Ronge se anzüglich waren, erhielt sie große Popu- nach Frankfurt am Main. Dort verstarb larität. Charlotte Unzer war eine Vertreterin der Ute ist die Mutter Kriemhilds und der Bur- Aufklärung und setzte sich für Frauen- gundenkönige Gunther, Gernot und Giesel- bildung ein. her. „Sie warnt ihre Kinder vergeblich vor den Folgen ihrer Handlungen; sie vermag Ursula-Querner-Straße die Träume, in denen sich die drohenden Bergedorf, seit 1985. Bildhauerin. Motiv- Gefahren ankündigen, zu deuten.“ (Anne- gruppe: Verdiente Frauen. (10.5.1921 marie und Wolfgang van Rinsum: Lexikon Dresden – 23.6.1969 Hamburg) literarischer Gestalten. Stuttgart 1988.) 1948 in Lübeck Meisterprüfung in Holz- bildhauerei. 1946 bis 1949 Studium der Wassermannpark Bildhauerei an der Landeskunstschule Ham- Schnelsen, seit 2003. H. Wassermann. burg bei Edwin Scharff. 1950 Atelier in 8-jährige Polin. Opfer des Nationalsozia- Hamburg. 1952 Stipendium des Lichtwark- lismus. Kindermord in der Schule am Preises Hamburg. 1953 Heirat mit dem Ma- Bullenhuser Damm (Geschwister- ler Claus Wallner. 1959 Rompreis (Villa Witonski-Straße) Massimo). Wiederholte Aufenthalte in Itali- en. 1961 zusammen mit Claus Wallner Ein- Werfelring richtung eines Sommerateliers auf Ponza, Bramfeld, seit 1961, benannt nach Franz einer kleinen italienischen Felseninsel. Werfel. 2001/2002 ergänzt um die berühm- 1964 Edwin-Scharff-Preis der Freien und te Ehefrau Alma Maria Mahler-Werfel. Hansestadt Hamburg. Werke von ihr befin- Neuer Erläuterungstext: benannt nach den sich in der Kunsthalle Hamburg und in dem Ehepaar (verh. v. 1929-1945) Franz der Kunsthalle Rostock. Plastiken von ihr W. (1890-1945), Schriftsteller, und Alma stehen auch auf Hamburger Plätzen, an Maria Mahler-W. (1879-1964), Komponi- Schulen, Kirchen und sonstigen Gebäuden. stin und Musikschriftstellerin So die Bronzegruppen die „Bürger von Die ausgebildete Pianistin und Komponis- Billstedt“, die Gruppe „Erlkönig“ in Neu- tin, Tochter des Wiener Malers Emil wiedenthal, die „Twen-Gruppe“ in Rahl- Schindler, heiratete 1902 den 19 Jahre älte- stedt und der „Taucher“ am Schwimmbad ren Komponisten und Dirigenten Gustav am Bondenwald in Niendorf. Nach ihrem Mahler. Er verbot ihr schon während ihrer Aufenthalt auf Ponza wurden drahtige Men- Verlobungszeit das Komponieren, ohne sich schen ihre Lieblingsgegenstände bei der jemals mit ihren Kompositionen beschäftigt Gestaltung von Bronzen. Da sie eine be- zu haben. Damit brach er ihre Schaffens- geisterte Taucherin war, modellierte sie kraft und sie komponierte fortan nie wieder. Schwimmer und Taucher, so z. B. „Zwei Nach dem Tod ihres Mannes 1911 verliebte Taucher“, „Auftauchender“, „Taucher mit sie sich in den Maler Oskar Kokoschka. Harpune“. Daneben schuf sie zerklüftete Das Paar hatte eine dreijährige leiden- Torsen, bewegte Akte. Für die Hansestadt schaftliche Beziehung. 1915 ging sie dann Hamburg schuf sie viele Plastiken, die heu- die Ehe mit dem Architekten Walter Gropi- te auf öffentlichen Plätzen stehen. Ursula us ein. Das Paar bekam zwei Kinder, die Querner hatte mit ihrem Mann zwei Kinder. allerdings im Kindesalter starben. Fünf Jah- re nach der Hochzeit mit Gropius ließ sich Uteweg Alma Mahler scheiden. Rissen, seit 1951. Gestalt aus dem 1929 heiratete sie den Schriftsteller Franz Nibelungenlied Werfel, mit dem sie schon eine zehnjährige Liebesbeziehung verband. Während der Das Haupt des heiligen Johannes auf der Zeit des Nationalsozialismus emigrierte Schüssel das Paar 1938 über Frankreich und Spanien in die USA. Dei Gratia Domina, Nach dem Tod von Franz Werfel im Jahre Wiebke Pogwisch, Abbatissa, 1945 übernahm Alma Mahler-Werfel die Thront auf ihrem Fürstenstuhle Verwaltung des künstlerischen Nachlasses Vor dem adlichen Convent. ihres Mannes. Heilwig Qualen, Mette Tynen, Wichernsweg Abel Rantzow, Geesche Ahlfeldt, Hamm-Mitte, seit 1890, benannt nach dem Barbe Wohnsfleth, Drud Rugmooren, Theologen Johann Hinrich Wichern, er- Benedicte Reventlow. gänzt 2001/2002 um die ebenso bedeuten- de Ehefrau Amanda Wichern. Neuer Er- Diese Klosterfräulein lauschen läuterungstext: benannt nach dem Ehe- Sehr andächtig der Äbtissin, paar Johann Hinrich W. (1808-1881), Der Äbtissin Wiebke Pogwisch, Theologe, Gründer des Rauhen Hauses, Dei gratia Dominae. und Amanda W. (1810-1888), Leitende Mitarbeiterin ihres Mannes Vor den Schwestern auf der Schüssel, Nachdem Johann Hinrich Wichern 1833 Und die Schüssel war von Golde, mit seiner Mutter und seiner Schwester ins Liegt das Haupt Johanns des Täufers, Rauhe Haus gezogen war, die ersten zwölf Schauderhaft aus Holz geschnitzt. Jungen hier untergebracht worden waren und ein Jahr später bereits ein weiteres Eine Stiftung Isern Hinnerks, Haus gebaut worden war, wurden ab 1835 Sohn von Geert, dem Großen Grafen. auch Mädchen im Rauhen Haus aufgenom- Als er fromm geworden, schenkte men. Isern Hinnerk diesen Kopf. Im selben Jahr verlobte sich Johann Hinrich Wichern mit der Sonntagsschul- lehrerin Amanda Böhme. Sie heirateten, Doch er machte zur Bedingung, als das Vorsteherhaus errichtet war. Jedes Fräulein, das zur Nonne Amanda Wichern unterstützte ihren Mann Werden wollte, werden mußte, und leitete in seiner Abwesenheit das Sollte küssen diesen Kopf. Rauhe Haus, ein Rettungshaus für ver- wahrloste Unterschichtskinder. Sie war Außerdem noch, wenn die Nonnen auch für die aufgenommenen Mädchen Diesen Kopf behalten wollten, und deren Arbeitsgebiete zuständig. Wäh- Gab er sieben große Dörfer rend des Aufbaus des Rauhen Hauses be- An den adlichen Konvent. kam das Ehepaar 9 Kinder. Anfangs sträubten sich die Schwestern, Wiebkestieg Gar zu scheußlich war das Schnitzwerk; Rahlstedt, seit 1958. Wiebke Pogwisch: Doch die Schüssel ist von Golde, Gedicht von Detlev von Liliencron. Und die Dörfer bringen Zins. Motivgruppe: Liliencron und Gestalten aus seinen Werken Vor der Schüssel, vor den Frauen, Schauen in die Frühlingsfelder, Auf den Marmorfliesen knieend, Hören wie die Lerchen singen, Betet unter heißen Schauern, Fern am Waldesrand ein Hufblitz Betet Caja von der Wisch. Sendet letzten Gruß zurück.

Ihre jungen blauen Augen Wilhelmine-Hundert-Weg Streifen jenes Haupt mit Grauen, Bergedorf, seit 1995. Widerstands- Und sie kann sie nimmer küssen, kämpferin gegen den Nationalsozialismus. Diese blutbemalte Stirn. Mitglied der Hamburger Widerstands- gruppe „Etter-Rose-Hampel-Gruppe“ Immer lebt in ihr der Abend, (Erika-Etter-Kehre) Als im Wald die Vögel sangen, (4.7.1896 – am 8.5. 1945 für tot erklärt) Als die holden blauen Augen Sie wurde auf Betreiben der Hamburger Küßte Detlev Gadendorp. Gestapo im April 1945 aus dem Frauenkon- zentrationslager Ravensbrück in ein Arbeits- Wiebke Pogwisch, die Äbtissin, kommando nach Oranienburg gebracht und Spricht zuerst mit milden Worten, dort umgebracht. Redet dann in strengen, harten, Hält ihr vor das Kruzifix. Wilhelminenbrücke Altstadt, seit 1976 Und mit totenblassem Antlitz, Die Brücke führt über das Kehrwiederfleet Zögernd langsam geht das Mädchen, zur Straße „Am Sandtorkai“. Neigt den kleinen Mund zum Kuss, Schallend klingt im Hof ein Huf. Wohlwillstraße St. Pauli, seit 1948. Anna Wohlwill. Langjährige Leiterin der Schule des Sporen klirren, Türen fallen, Paulsenstiftes. (20.6.1841 Seesen/Harz – Und die Treppe stürmt ein Ritter, 30.12.1919 Hamburg) Vor den Schwestern beugt die Knie Geboren als viertes von fünf Kindern des Lächelnd Detlev Gadendorp. Lehrers an der Hamburger Stiftungsschule, einer jüdischen Stiftung, und späteren Di- Hat das Mädchen rasch im Arme, rektors der Jacobsen-Schule in Seesen, Und zwei Ärmchen schlagen hastig Dr. Emanuel Wohlwill und seiner Ehefrau. Sich um seinen starken Nacken – Der Vater starb, als Anna Wohlwill 6 Jahre Frei! Im Sattel ruht sie schon. alt war. Frau Wohlwill zog daraufhin mit ihren Kindern nach Hamburg zurück und Steinerstarrt in ihren Sesseln wohnte an der Alsterchaussee. Anna Wohl- Sitzen stumm die Klosterfräulein, will besuchte die Privatschule von Herrn Steinerstarrt auch die Äbtissin, Kröger. Dann erhielt sie mit einigen ande- Dei gratia Domina. ren Altersgenossinnen zwei Jahre Privatun- terricht in Geschichte, Deutsch, Literatur, Doch wie stets es noch gewesen, Naturwissenschaften und Mathematik. Au- Neugier macht ein Weib lebendig; ßerdem wurde sie auch von ihren Brüdern Um das Bogenfenster drängen Emil Wohlwill, dem späteren Naturwissen- All die lieben Nönnelein. schaftler, der die „Norddeutsche Affinerie“ zu einem bedeutenden Unternehmen ent- le wurde die Schule des Paulsenstiftes wickelte, und Adolf Wohlwill, dem späteren „halböffentlich“ – sie diente nun als Ersatz Professor für Geschichte, unterrichtet. Da für eine fehlende staatliche höhere Mäd- es zu ihrer Zeit noch keine Lehrerinnen- chenschule. Auch wurde eine Freistellen- bildungsanstalten in Hamburg gab, stand sie, stiftung für begabte Kinder aus ärmeren Fa- ohne jemals eine Prüfung abgelegt zu ha- milien gegründet. Die Stiftung vergab 20 ben, seit ihrem 15. Lebensjahr vor den Kin- ganze und 50 halbe Freistellen. 1906 bekam dern, die Johanna Goldschmidt und Amalie sie anlässlich des 40. Dienstjubiläums von Westendarp im Fröbelverein und im späte- Anna Wohlwill 25.000 MK aus den Schul- ren Paulsen-Stift aufnahmen, um ihnen eine ersparnissen. Zugleich erhielt sie den Na- gute Erziehung und Elementarkenntnisse men Anna-Wohlwill-Stiftung. zu vermitteln. Es waren die Kinder der Ar- Ostern 1894 war die Schule eine neunstufi- men, für die es damals noch keine staatliche ge Anstalt mit 562 Schülerinnen in vier- Schule gab. Als sie am 3.11.1866, erst zehn Klassen; zwei Jahre später, 1896, hat- 25 Jahre alt, mit der Leitung der Schule des te sie in siebzehn Klassen 760 Schülerin- Paulsenstiftes betraut wurde, stellte sie ihre nen, und 1908 konnte das zehnte Schuljahr ganze Kraft in den Dienst der Anstalt, die „eingeweiht“ werden. von nun an eine Entwicklung von der Ar- Von Anfang an kümmerte sich die Schule menschule bis zur zehnstufigen höheren um die Ferienerholung ihrer stärkungsbe- Mädchenschule durchmachte. Die Schule dürftigen und armen Schülerinnen. Man war bereits 1866 keine reine Armenschule suchte für sie Unterkünfte bei Bauern in der mehr. Zu den aus den Kursen übernomme- Umgebung Hamburgs und zahlte das Ent- nen Fächern kamen naturwissenschaftlicher gelt dafür. 1882 wurde für diese Zwecke die Anschauungsunterricht und Englisch hinzu, Ferienstiftung der Schule des Paulsenstiftes 1867 Gymnastikunterricht, 1868 Pflichten- gegründet. 47 Schülerinnen fuhren nach lehre, 1869 Maschinennähen und 1870 Fran- vorheriger ärztlicher Untersuchung zur Er- zösisch. Schon 1866 und 1867 wurden die holung aufs Land. Da jedoch nicht jede Un- Lehrerinnenbücherei, die Zeitschriftensamm- terkunft bei einem Bauern vorbildlich war, lung und die Schülerinnenbücherei ange- wollte die Schule ein eigenes Heim grün- legt. Als der Staat 1871 siebenstufige Mäd- den. Am 7. 6.1896 konnte dieser Plan reali- chen-Volksschulen errichtete, verfolgte er siert werden, denn Frau Laura Beit hatte einfacherere Lehrziele als die der Schule dem Paulsenstift ein Ferienerholungsheim des Paulsenstifts. 1880 hatte diese acht am Timmendorfer Strand gestiftet. Es Klassen mit 369 Kindern. Durch stete Ver- wurde „Olgaheim“ genannt, nach der ver- besserung der Lehrweise erfüllte die Schule storbenen Tochter der Stifterin. 1906, an- in acht Jahren die Anforderungen der dama- lässlich ihres 50jährigen Lehrerinnenjubi- ligen neunjährigen höheren Mädchenschu- läums, verlieh der Senat Anna Wohlwill le. 1881 verfügte die Oberschulbehörde, eine goldene Denkmünze, die damit zum dass die Schule in die Sektion für höhere ersten Mal einer Frau zuteil wurde. Am Schulen aufgenommen wurde. Die endgül- 1.4.1911 wurde Anna Wohlwill im Alter tige Anerkennung als höhere Mädchen- von 70 Jahren pensioniert und übergab die schule erhielt die Schule 1893, als sie aus Leitung der Schule an Hanna Glinzer. Ob- Platzmangel in die Bülaustraße 20 auf ein wohl sie erblindet war, blieb Anna Wohl- staatliches Grundstück gezogen war. Mit will im Schulvorstand und erteilte weiter- der Anerkennung als höhere Mädchenschu- hin Unterricht in sozialer Hilfstätigkeit. Außerdem förderte sie die Waldschulidee Schulten. Niederdeutsche Schriftstellerin und richtete zusammen mit ihrer Freundin aus Pommern (16.9.1820 Neuenkirchen b. Agnes Wolffson (Agnes-Wolffson-Straße) Greifswald – 8.1.1908 Greifswald) in der ersten Woche nach Ausbruch des Vater Pastor, später Superintendent in Gütz- Ersten Weltkrieges eine Kriegsküche im kow. 1843 heiratete Alwine Balthasar den Keller des Schulhauses ein. Nach ihrem Bürgermeister von Gützkow. Alwine Wuthe- Tode wurde die an der Lehrerfortbildungs- now war eine plattdeutsche Dichterin, ver- anstalt entlangführende Straße nach ihr be- öffentlichte zunächst in Fritz Reuters Un- nannt. Als 1936/37 das Staatsamt und das terhaltungsblatt plattdeutsche Gedichte. Ingenieurwesen Vorschläge zur Umbenen- Lebte zeitweise in einer Heilanstalt. nung der nach Juden und Marxisten be- nannten Straßen machen sollten, schlugen Yvonne-Mewes-Weg sie Johann-Klefeker-Straße vor. Dazu ihre Alsterdorf, seit 1985. Lehrerin, leistete, Erklärung: „Nach ihm war früher (1801) ohne einer Widerstandsgruppe anzugehö- eine Straße benannt worden, die aber in ei- ren, Widerstand. Motivgruppe: Verfolgte nen üblen Ruf kam durch die Ansiedlung des Nationalsozialismus und Terroropfer. von Dirnen; später (1922) wurde sie umbe- (22.2.1900 Karlsruhe – 6.1.1945 im nannt in ,Mauerstraße‘. Vor kurzem hat nun Frauenkonzentrationslager Ravensbrück) ein unmittelbarer Nachkomme von Johann Kam 1920 als 20jährige mit ihren Eltern Klefeker, der Oberst Professor S. Klefeker, (Zahnarztfamilie) nach Hamburg, studierte Direktor der Deutschen Heeresbücherei in hier und wurde 1927, im Alter von 27 Jah- Berlin und Schöpfer des Büchereiwesens ren, Studienassessorin an der damals noch des Reichsheeres, den Antrag gestellt, den privaten evangelischen Heilwigschule in Namen Johann Klefeker durch Benennung der Isestraße. Yvonne Mewes war Lehrerin einer Straße nach ihm wieder zu Ehren zu für Deutsch, Französisch und Englisch. bringen. Da der Syndikus Johann Klefeker 1938 wurde sie auf eigenen Wunsch in den sich seinerzeit um Hamburg sehr verdient öffentlichen Schuldienst übernommen und gemacht hat, und zwar im diplomatischen wechselte an die Schule Curschmannstra- Dienst als Leiter der auswärtigen Angele- ße. Hier erlebte sie die Zwänge des NS- genheiten, soll dieser Bitte entsprochen Schulalltags. 1942 kam Yvonne Mewes der werden.“ Der Bitte wurde nicht entspro- Aufforderung der Schulbehörde, als Lehrerin chen: „Auf Grund des Erlasses des Reichs- in der Kinderlandverschickung zu arbeiten, ministers des Inneren vom 27. Juli 1938 nicht nach. Sie befürchtete, dass die Kinder über jüdische Straßennamen“ wurde die dort durch die NSDAP und die Hitler- Anna-Wohlwill-Straße in Felix-Dahn-Stra- jugend stark beeinflusst würden und sie als ße umbenannt. (Siehe weiteres dazu im Lehrerin über ihre Unterrichtsgestaltung Kapitel „Der Umgang mit der nationalsozi- nicht frei entscheiden könne. Daraufhin alistischen Vergangenheit“.) Nach Anna wurde sie mehrfach versetzt, zunächst an Wohlwill wurde drei Jahre nach dem Zwei- die Schule Caspar-Voght-Straße und dann ten Weltkrieg wieder eine Straße benannt, zurück an die Heilwigschule. 1943 wurde diesmal im Stadtteil St. Pauli. Yvonne Mewes ausgebombt. Sie zog zu ih- rer Schwester nach Passau und unterrichte- Wuthenowstraße te dort. Die Hamburger Schulbehörde for- Jenfeld, seit 1947. Alwine Wuthenow geb. derte sie mehrere Male vergeblich auf zu- Balthasar, Pseudonym: Annmariek rückzukommen. Als sie schließlich zurück- kehrte, kam sie an die Walddörfer-Ober- Yvonne Mewes in die Gestapo-Haftanstalt schule für Mädchen, später wieder an die Fuhlsbüttel, wo sie starken Schikanen aus- Heilwigschule. 1943 kam sie der erneuten gesetzt war. So musste sie längere Zeit in Aufforderung zum Einsatz in der Kinder- Dunkelhaft sitzen und bekam in dieser Zeit landverschickung schließlich nach. auch keine Nahrung. Weder die Haftrichter Seit sie in Passau gewesen war, hatte sie noch die Staatsanwaltschaft stellten bei vergeblich um ihre Entlassung aus dem Yvonne Mewes ein strafbares Verhalten Schuldienst gebeten. Am 15.7.1944 reichte fest. Die Schulbehörde bestand aber auf ei- sie schließlich die Kündigung ein. Sie wur- ner strengen Verwarnung und Belehrung, de mit der Begründung des Lehrerbedarfs anderenfalls wollte sie an der Übergabe abgewiesen. Gleichzeitig wandte sich die Yvonne Mewes’ an die Gestapo festhalten. Schulbehörde an den Reichsstatthalter Karl Als die verantwortlichen Beamten der Kaufmann mit der Bitte, ein Exempel zu Schulbehörde dann doch allmählich Skru- statuieren, da es sich hier um eine Art von pel bekamen, war es zu spät: die Gestapo Arbeitsverweigerung handele. Ein Kündi- hatte Yvonne Mewes bereits in ihren Hän- gungsgesuch war keine strafbare Handlung, den. Einen Tag vor Weihnachten 1944 wur- um aber Yvonne Mewes trotzdem belangen de sie ins KZ Ravensbrück gebracht. Dort zu können, dachte sich die Schulbehörde ei- starb sie am 6.1.1945 an Hungertyphus. nen raffinierten Plan aus: Yvonne Mewes sollte der Parteikreisleitung zur Flieger- Zassenhausweg schadens-Beseitigung zugewiesen werden Iserbrook, seit 2007. Nach Hiltgunt und in der Flickstube der NS-Frauenschaft Zassenhaus (10.7.1916 Hamburg - arbeiten. Man hoffte, dass sie diese Arbeit 20.11.2004 Baltimore), Dolmetscherin für verweigern würde und man sie daraufhin skandinavische Sprachen, Ärztin, betreute gerichtlich belangen könnte. Aber Yvonne während des Zweiten Weltkrieges in Mewes tappte nicht in die ihr gestellte Fal- Hamburg zahlreiche skandinavische le. Sie nahm den Dienst an. Daraufhin über- Kriegsgefangene und genoss in diesen gab die Schulbehörde den Fall Mewes an Ländern hohe Anerkennung, seit 1986 die Gestapo. Dabei stützte sie sich aus- Trägerin der Hamburgischen Ehren- drücklich auf eine Beurteilung des Schul- denkmünze in Gold, seit 1990 leiters von Yvonne Mewes, Dr. Hans Lüth- Ehrensenatorin der Universität Hamburg, je, der sie 1943 in einem Brief an die Gegnerin des Nationalsozialimus Schulbehörde folgendermaßen charakteri- Aufgewachsen in einer Familie des Bil- siert hatte: „Ein bis zum Fanatismus wahr- dungsbürgertums (der Vater Direktor einer heitsliebender Mensch, der keine Bindung höheren Mädchenschule; als Historiker An- anerkennt und anerkennen will, sich rück- thologie über Albert Schweitzer) ging sichtslos gegen alles stemmt, was nach Hiltgunt Margret Zassenhaus nach dem Zwang aussieht, sich nach allen Kräften ge- Abitur 1935 für achtzehn Monate nach Dä- gen die notwendigen Anforderungen der nemark. Anschließend studierte sie an der Gemeinschaft sträubt. Sie ist alles in allem Hamburger Universität Skandinavistik und der Prototyp eines Individualisten, in ihre wurde 1938 Diplom-Übersetzerin für skan- Ideen verrannt, schwer, wenn überhaupt, dinavische Sprachen. belehrbar und anderen Gedanken kaum zu- 1938 bekam Hiltgunt Zassenhaus eine An- gänglich.“ (Herbert Diercks: Friedhof Ohls- stellung bei der Hamburger Briefprüfstelle. dorf. Hamburg 1992.) Die Gestapo brachte Sie sollte nach Kriegsbeginn alle ins Aus- land gehenden Briefe prüfen. So sollte sie sie eine ergreifende Rede. Daraus folgen- Briefe von polnischen Juden aus den Ghet- de Zitate: tos vernichten, wenn darin Bitten um Essen „Ich erinnere, wie meine Mutter uns die und Kleidung geäußert wurden. Hiltgunt Worte Albert Schweitzers von der Ehr- Zassenhaus schmuggelte die Briefe heim- furcht vor dem Leben erklärte. Doch fand lich an die Adressaten. ich damals die Geschichte von dem Tanz Als norwegische und dänische Gefangene um das goldene Kalb so viel spannender ins Zuchthaus Hamburg Fuhlsbüttel ge- und verstand noch nicht, warum mein Vater bracht wurden, wurde Hiltgunt Zassenhaus uns anschließend gefragt hatte: ‚Seht Ihr als Dolmetscherin zur Besuchsüberwa- nun, dass wir den Mut haben müssen, uns chung und Briefzensur von 1.254 norwegi- unseres eigenen Verstandes zu bedienen?’ schen und dänischen Gefangenen ver- (…) Noch etwas bleibt mir unvergessen: pflichtet. Hiltgunt Zassenhaus unterstützte Wenn immer ich versuchte zu helfen, wur- heimlich die Gefangenen. Sie brachte nicht de mir geholfen: In jenen Jahren erfuhr ich, nur unter Lebensgefahr den Gefangenen welch ungeahnte Kräfte in uns wohnen, Lebensmittel, Briefe und Medikamente ins wenn wir nur klar erkennen, welchen Weg Zuchthaus, sondern betreute in einem bei- wir gehen müssen. Schon bald nach dem spiellosen Einsatz „ihre“ Gefangenen wei- Krieg verließ ich Deutschland, und oft hat ter, als sie in andere Gefängnisse verlegt man mich gefragt, warum: Ich wollte einen wurden. neuen Anfang. Ich musste vergessen, was Hiltgunt Zassenhaus, die 1943 mit einem ich so unmittelbar erlebt hatte an sinnlo- Medizinstudium begann, erarbeitete auch sem Leid und Sterben, ja – und auch an eine Geheimkartei, die Namen und Infor- menschlichem Versagen! Doch bald schon mationen von über 1000 dänischen und verstand ich, dass meine Lehrzeit nicht zu norwegischen Gefangenen enthielt. Als Ende war. Ich erfuhr nun, dass Hitler nicht bei Kriegsende die Gefahr drohte, dass mehr lebte, dass aber sein Geist – oder die Gefangenen ermordet werden, über- richtiger – sein Ungeist nicht ausschließ- mittelte sie dem schwedischen Roten lich ein deutsches Phänomen gewesen ist. Kreuz ihre geheime Kartei. Dank dieser Man findet es überall in dieser Welt, wo Kenntnisse konnte Graf Folke Bernadotte immer wir Herz und Sinn verschließen und diese gefangenen Norweger und Dänen in Mauern errichten aus Hass, Vorurteilen, letzter Minute aus Deutschland heraus- Unwissenheit und vor allem aus Gleich- holen. gültigkeit. Nach Kriegsende setzte Hiltgunt Zassen- Ich persönlich kann auch heute nur der haus ihr Medizinstudium fort. 1952 emi- Stimme meines Gewissens folgen bei der grierte sie in die USA und eröffnete eine Suche nach einem Weg zur friedlichen Co- Praxis in Baltimore. Existenz unserer Menschheits-Familie. Ich Ihr Buch „Ein Baum blüht im November“, kam als Deutsche auf die Welt, und jetzt in dem sie ihre Erinnerungen aufzeichnete bin ich Amerikanerin, aber die Staatsbür- ist ein Dokument der Menschlichkeit und gerschaft meiner Wahl ist es, ein Mensch Zivilcourage. Es erhielt 1981 den Evange- zu sein. lischen Buchpreis. Die großen unvergessenen Augenblicke des Anlässlich der Verleihung der Hamburgi- Lebens sind die, in denen wir zueinander schen Ehrendenkmünze in Gold an Hilt- finden. Dazu muss ich Ihnen von einem Er- gunt Zassenhaus am 24. Januar 1986 hielt lebnis berichten aus der Zeit, der wir heute hier gedenken. Ich hörte davon an einem Zylberbergstieg Weihnachtstag mitten im Krieg, als ich nor- Schnelsen, seit 1992. Ruchla Zylber- wegische Gefangene im Zuchthaus besuch- berg. 9jährige Polin aus Zawichost. Opfer te. Einer der Norweger teilte seine Zelle mit des Nationalsozialismus. Kindermord in einem anderen Gefangenen; der hatte einen der Schule am Bullenhuser Damm gelben Stern auf seiner Zuchthaustracht, (Geschwister-Witonski-Straße) denn er war Jude. Sonst unterschied sie Tochter eines Schuhmachers. Er flüchtete nichts; sie waren von unbestimmbaren Al- vor den Deutschen nach Russland und woll- ter, das Gesicht von Hungerödemen ge- te seine Familie nachholen, aber die Ein- schwollen und die Beine voller Geschwüre, wanderungserlaubnis erreichte die Familie so dass sie kaum gehen konnten. zu spät. Es war Heiligabend; sie saßen eingeschlos- Die Mutter kam mit ihren beiden Töchtern sen in ihrer Zelle und warteten, denn heute nach Auschwitz, wo sie und die jüngere an diesem besonderen Tage würde es eine Tochter ermordet wurden. Ruchla wurde ins Extra-Scheibe Brot geben! Endlich ging die KZ Neuengamme gebracht. Nach dem Klappe herunter, doch hindurch kommen Krieg suchte der Vater seine Familie. Er nicht zwei Scheiben, sondern nur eine, und wanderte nach Deutschland und dann in die dazu die Stimme des Gefängnisbeamten: USA aus. ‚Also die ist für Dich, Norweger. Der Jude bekommt nichts. Der hat Deinen Jesus um- Zylberbergstraße gebracht!’ Die Klappe geht zu – und in der Schnelsen, seit 1992. Siehe Zylberberstieg Stille des Heiligabends nimmt der Norwe- ger seine Scheibe Brot, bricht sie in zwei Hälften und teilt sie mit dem Gefangenen mit dem gelben Stern. Der bricht in Tränen aus und fragt: ‚Warum gibst Du mir das?’ Der Norweger antwortet: ‚Weil Du mein Bruder bist’. Ich glaube, das ist der Weg, den wir als Menschen gehen müssen. Es kann dem Staat nicht überlassen bleiben, was in uns selbst wachsen muss. Zu oft glauben wir, dass wir als einzelne machtlos sind, wo ich doch weiß aus eigenem Erleben, dass letztlich unsere Gedanken und unser Tun die Geschichte der Menschheit schreiben. In jedem von uns sind ungeahnte Möglich- keiten zum Guten oder zum Bösen. Es ist an uns zu entscheiden, ob wir sie in den Dienst des Lebens stellen.“

Zweite Luisenbrücke Hamm-Süd, seit 1930, siehe Luisenweg Die Brücke führt beim Luisenweg über den Südkanal.

Auflistung der Straßennamen nach Wilhelminenbrücke, 1976 Stadtteilen Ida-Ehre-Platz, Schauspielerin, in der Reihenfolge der Benennungsjahre Prinzipalin, 2000

Altona: Alsterdorf: Kleine Marienstraße, Anna Maria Eiffler, Julia-Cohn-Weg, jüd. Opfer des NS, 1985 vor 1737 Irma-Sperling-Weg, Euthanasieopfer Paulinenallee, Schwägerin d. Gelände- des NS, 1985 besitzers, 1863 Yvonne-Mewes-Weg, Gegnerin des NS- Unzerstraße, 1867 auch nach der Dichterin Regimes, 1985 Charlotte Unzer, 2001 Gertrud-Pardo-Weg, jüd. Opfer des NS, Helenenstraße, Helene Donner, Etatsrätin, 1985 1893 Elsa-Bauer-Weg, jüd. Opfer des NS, 1985 Hexenberg, Flurname, 1950 Dorothea-Kasten-Straße, Euthanasieopfer Suttnerstraße, Bertha, Pazifistin, des NS, 1993 Schriftstellerin, 1950 Elisabeth-Flügge-Straße, Schulleiterin, Helenenstieg, Helene Donner, Etatsrätin, Gegnerin des NS-Regimes, 2002 1953 Louise-Schroeder-Straße, Politikerin, Bahrenfeld: 1960 Augustenhöh, Frau d. Grundeigentümers, 1892 Altstadt: Julienstraße, Frau v. Th. Gayen, 1898 Katharinenbrücke, nach der Heiligen K., Reichardtstraße, 1929, auch nach Luise R., 13. Jhd. Komponistin, 2001/2002 Katharinenstraße, nach der Patronin der St. Lise-Meitner-Park, Kernphysikerin, 1997 Katharinen-Kirche, 14. Jhd. Amália-Rodrigues-Weg, Fadosängerin, Katharinenkirchhof, nach dem Kirchhof 2003 der St. Katharinen-Kirche, 15. Jhd. Barmbek-Nord: Gertrudenkirchhof, Weg am Kirchhof, Arnemannweg, Mathilde A., Wohltäterin, 18. Jhd. 1930 Bei St. Annen, nach der St. Annen- Marianne-Wolff-Weg, Wohltäterin, 1930 Kapelle, 1869 Amalie-Schoppe-Weg, Schriftstellerin u. St. Annenbrücke, siehe „Bei St. Annen“, Gönnerin Hebbels, 1930 1881 Rudolphiplatz, Pädagogin, 1930 Jungfernbrücke, ohne Bezug, Elise-Lensing-Weg, Freundin Hebbels, 1887 1948 St. Annenufer, nach der Uferstraße am Amalie-Dietrich-Stieg, Botanikerin, 1968 St. Annenfleet, 1890 Jungfernstieg, Barmbek-Süd: 1931 Berthastraße, Tochter d. Grund- Gertrudenstraße, Patronin der St. Gertrud- eigentümers, 1866 Kapelle, 1943 Schumannstraße, 1876, auch nach Clara Katharinenfleet, nach dem Katharinen- S., Komponistin, 2001/02 fleet, 1960 Elsastraße, frei gewählter Name, 1886 Elfriede-Lohse-Wächtler-Weg, 2008 Lucie-Suhling-Weg, Widerstands- Erika-Mann-Bogen, 2006 kämpferin, 1985 Grete-Zabe-Weg, 2008 Marie-Fiering-Kehre, Widerstands- Ortrudstraße, aus R. Wagners Lohengrin“, kämpferin, 1985 1904 Luise-Otto-Peters-Weg, Publizistin, Sentastraße, aus R. Wagners „Der Fliegen- Frauenrechtlerin, 1985 de Holländer“, 1904 Lily-Braun-Straße, Schriftstellerin, Frauenrechtlerin, 1985 Bergedorf: Ottilie-Baader-Straße, Führerin der Eva-König-Bogen, verheiratet in zweiter proletarischen Frauenbewegung, 1985 Ehe mit Gotthold Ephraim Lessing, Hilda-Monte-Weg, Widerstandskämpferin, Fabrikantin, 2003 Schriftstellerin, 1986 Ida-Boy-Ed-Straße, Schriftstellerin, 1927 Marta-Damkowski-Kehre, Widerstands- Augustastraße, Frau d. Grundstückseigen- kämpferin, Politikerin, 1986 tümers, vor 1936 Helene-Heyckendorf-Kehre, Elisabeth-Thomann-Weg, Heimat- Widerstandskämpferin, 1987 dichterin, 1949 Auguste-Schmidt-Weg, Frauenrechtlerin, Rahel-Varnhagen-Weg, Schriftstellerin, 1987 1984 Annemarie-Ladewig-Kehre, Widerstands- Henriette-Herz-Ring, Schriftstellerin, 1984 kämpferin, 1987 Henriette-Herz-Garten, dito Erna-Behling-Kehre, Widerstands- Gertrud-Werner-Weg, Hebamme, 1984 kämpferin, 1987 Gertrud-Bäumer-Stieg, Frauenrechtlerin, Gertrud-Seele-Kehre, Gegnerin des NS- Pädagogin, 1984 Regimes, 1987 Fanny-Lewald-Ring, Schriftstellerin, 1984 Fanny-Elßler-Bogen, Tänzerin, 1987 Erna-Mohr-Kehre, Zoologin, 1984 Maria-Terwiel-Kehre, Widerstands- Ebner-Eschenbach-Weg, Marie von E., kämpferin, 1987 Schriftstellerin, 1984 Lilo-Gloeden-Kehre, Gegnerin des NS- Anna-Siemsen-Gang, Frauenrechtlerin, Regimes, 1987 Pädagogin, 1984 Elisabeth-von-Thadden-Kehre, Gegnerin Anita-Rée-Straße, Malerin, 1984 des NS-Regimes, 1987 Ursula-Querner-Straße, Bildhauerin, 1985 Rosa-Schapire-Weg, Kunsthistorikerin, Therese-Giehse-Bogen, Schauspielerin, 1989 1985 Elly-Heuss-Knapp-Ring, Politikerin, Ricarda-Huch-Ring, Schriftstellerin, 1985 Gründerin des Müttergenesungs- Erika-Etter-Kehre, Widerstandskämpferin, werkes, 1991 1985 Jeanette-Wolff-Ring, Widerstands- Del-Banco-Kehre, G. D., Malerin, 1985 kämpferin, 1992 Gordonkehre, Klara D., Oberin des Israeli- Anna-von-Gierke-Ring, Kinderfürsorgerin, tischen Krankenhauses, 1985 Mitglied d. Nationalversammlung, Agnes-Wolffson-Straße, Wohltäterin, 1985 1992 Mary-Marcus-Kehre, Direktorin der Edith-Stein-Platz, Philosophin, Israelitischen Töchterschule, 1985 Karmeliterin, 1993 Lisbeth-Bruhn-Straße, Widerstands- Margit-Zinke-Straße, Widerstands- kämpferin, 1985 kämpferin, 1995 Margarete-Mrosek-Bogen, Gegnerin des Anne-Frank-Straße, jüd. Opfer des NS, NS-Regimes, 1995 1986 Marie-Henning-Weg, Politikerin, Verfolgte des NS, 1995 Borgfelde: Wilhelmine-Hundert-Weg, Widerstands- Elise-Averdieck-Straße, Leit. d. kämpferin, 1995 Diakonissenhauses „Bethesda“, 1896 Catharina-Fellendorf-Straße, Widerstands- kämpferin, 1995 Bramfeld: Liesbeth-Rose-Stieg, Widerstands- Herthastraße, Tochter des Bauern Siemers, kämpferin, 1995 um 1887 Sophie-Schoop-Weg, jüd. Opfer des NS, Werfelring, 1961, auch nach Alma Mahler- 1995 Werfel, Komponistin, Musikschrift- Käte-Latzke-Weg, Widerstandskämpferin, stellerin, 2001/02 1996 Eidelstedt: Bergstedt: Antonie-Möbis-Weg, Widerstandskämp- Klabundeweg, 1962, auch nach Clara K., ferin, Mitgl. d. Bürgerschaft, 1991 Gerichtspräsidentin, 2001/02 Nyswanderweg, Marie, amerikan. Spezia- listin f. Methadontherapie, 1994 Billstedt: Annaberg, frei gewählter Name, vor 1938 Eilbek: Luisenhofstieg, Tochter d. Besitzers, 1948 Evastraße, frei gewählter Name, 1887 Meriandamm, 1948, auch nach Sibylla M. Tonistraße, Mitgl. Familie Schomburgk, Naturforscherin, 2001/02 1887 Sterntalerstraße, Märchen, 1952 Schlegelsweg, 1904, auch nach Caroline Schneewittchenweg, Märchen, 1952 Schlegel-Schelling, Schriftstellerin, Rotkäppchenweg, Märchen, 1952 2001/02 Rosenrotweg, Märchen, 1952 Monikastraße, frei gewählter Name, 1957 Gänselieselweg, Märchen, 1952 Aschenputtelstraße, Märchen, 1952 Eimsbüttel: Kollwitzring, Käthe K., Malerin, 1971 Sophienallee, Frau d. Grundbesitzers, Münterweg, Gabriele M., Malerin, 1971 1863 Henriettenstraße, Tochter des Billwerder: Geländebesitzers, 1865 Luxweg, Frieda L., Frauenbeweg., Leit. d. Emilienstraße, Tochter des Arbeiterwohlfahrt, 1956 Geländebesitzers, 1865 Charlottenstraße, Verwandte (Tochter Blankenese: oder Schwiegermutter) des Auguste-Baur-Straße, Wohltäterin, vor Grundstücksbesitzers, 1865 1903 Amandastraße, frei gewählter Name, Marienhöhe, Gut Marienhöh, 1928 1865 Charitas-Bischoff-Treppe, Schriftstellerin, Marthastraße, Schwägerin des Gelände- 1928 besitzers, 1870 Anna-Hollmann-Weg, literarische Gestalt, Margaretenstraße, Frau d. Geländevor- 1942 besitzers, 1870 Agathenstraße, frei gewählter Name, Katharina-Jacob-Weg, Widerstands- 1899 kämpferin, 1992 Heymannstraße, Lida Gustava H., Geschwister-Beschütz-Bogen, jüd. Opfer Frauenrechtlerin, 1950 des NS, 1993 Henriettenweg, Tochter des Gelände- besitzers, 1961 Groß Flottbek: Else-Rauch-Platz, jüd. Opfer des NS, Bertha-Uhl-Kamp, Direktorin eines 1995 Lyzeums, 1979 Fanny-Mendelssohn-Platz, Komponistin und Pianistin, Hamm-Mitte: 2004 Luisenweg, Tochter d. Senators Großmann, 1865 Eißendorf: Wichernsweg, 1890, auch nach Amanda Hanne-Darboven-Ring, Konzeptkünstlerin W., leitende Mittarbeiterin ihres Man- 2011 nes, 2001/02 Erste Luisenbrücke, Tochter d. Senators Eppendorf: P. H. U. Großmann, 1930 Geschwister-Scholl-Straße, auch nach Sophie Sch., GegnerIn des Hamm-Nord: NS-Regimes, 1947 Marienthaler Straße, nach dem Witwensitz Marie-Jonas-Platz, Dr. Marie Anne J., der Baronin von Kielmannsegg, 1899 jüd. Opfer des NS, 2009 Am Elisabethgehölz, Tochter v. Dr. Karl Sieveking, 1924 Farmsen-Berne: Am Luisenhof, landwirtschaftl. Betrieb, Hamm-Süd: 1927 Zweite Luisenbrücke, 1930

Finkenwerder: Harburg: Poppenpriel, Wasserloch der Meta Popp, Marienstraße, nach Krankenhaus 1933 „Marienstift“, 1860 Cilli-Cohrs-Weg, Gestalt aus Gorch Fock, Amalienstraße, Frau eines Kaufmanns, 1941 1875

Fuhlsbüttel: Harvestehude: Angelikaweg, frei gewählter Name, 1946 Sophienterrasse, Ehefrau d. Helgaweg, frei gewählter Name, 1946 Geländevorbesitzers, 1861 Elfriedenweg, frei gewählter Name, 1946 Innocentiastraße, Nonne oder Papst Mariannenweg, frei gewählter Name, 1946 Innocenz IV., 1870 Hildegardweg, frei gewählter Name, 1951 Heilwigstraße, Gemahlin des Grafen Giselaweg, frei gewählter Name, 1951 Adolf IV., 1870 Juttaweg, frei gewählter Name, 1961 Nonnenstieg, Kloster Harvestehude, 1870 Groß Borstel: Frauenthal, Hochdt. Form des Klosters Reitzeweg, Johanne R., Harvestehude, 1870 Reichstagsabgeordnete (SPD), 1951 Jungfrauenthal, Hochdt. Form des Klosters Harvestehude, 1870 Langenbek: Heilwigbrücke, Gemahlin des Grafen Guttmannring, jüd. Opfer des NS, 1988 Adolf IV., 1904 Elisabeth-Lange-Weg, Widerstands- Helene-Lange-Straße, Pädagogin, kämpferin, 1988 Frauenrechtlerin, 1950 Blättnerring, Georgine B., jüd. Opfer des NS, 1988 Hausbruch: Leiserweg, auch nach Hedwig L., Jungfernmühle, Mühlenbesitzerin, 1944 jüd. Opfer des NS, 1988

Hohenfelde: Langenhorn: Elisenstraße, Anna C. Diebenau, 1866 Agnes-Gierck-Weg, Widerstands- Armgartstraße, Müllerin, 1872 kämpferin, 1997 Ackermannstraße, auch nach Dorothea Anita-Sellenschloh-Ring, Widerstands- und Charlotte A., Schauspielerinnen, kämpferin, 2002 1899 Henny-Schütz-Allee, Verfolgte des NS, Bozenhardweg, 1958, auch nach Karli B., 2010 Schauspielerin, 2001/02 Lehmsahl-Mellingstedt: Horn: Margaretenhof, Bauernhof, 1946 Helma-Steinbach-Weg, Gewerkschafterin, 1929 Lohbrügge: Anna-Lühring-Weg, Soldatin, 1929 Christinenstraße, Ehefrau d. Lisa-Niebank-Weg, Widerstands- Geländebesitzers, 1865 kämpferin, 2001 Emilie-Günther-Weg, Heimatschriftstellerin, 1942 Iserbrook: Dethlefstwiete, Sophie D., Dichterin, 1948 Sapperweg, Agnes S., Schriftstellerin, 1953 Fanny-David-Weg, jüd. Opfer des NS, Reinheimerweg, Sophie R., Kinderbuch- Fürsorgeoberinspektorin, 1964 autorin, 1953 Zassenhausweg, 2007 Lokstedt: Lottestraße, von d. Terraingesellschaft so Jenfeld: benannt, um 1900 Elfsaal, Flurname, vor 1933 Siebenschön, Märchen, 1948 Elsa-Brändström-Straße, schwedische Dianaweg, Göttin der Jagd, 1952 Philosophin, Hilfe für Kriegsge- Hildburgweg, Gestalt aus dem fangene, 1936 Wolfdietrichepos, 1965 Sophie-Kloers-Weg, Schriftstellerin, vor 1938 Marienthal: Wuthenowstraße, Alwine, plattdeutsche An der Marienanlage, Lehmkuhle, vor 1907 Schriftstellerin, 1947 Friedastraße, frei gewählter Name, 1909 Luisenstraße, frei gewählter Name, vor Kirchwerder: 1938 Mette-Harden-Straße, der Hexerei Marienring, Anlehnung an Stadtteilnamen angeklagt, 1995 Marienthal, vor 1938 Rebeccaweg, Ehefr. v. M. Claudius, 1970 Marmstorf: Charlotte-Niese-Straße, Heimatdichterin, Nixenstieg, Märchengeister, 1950 1929 Elfenwiese, Märchengeister, 1950 Bettinastieg, B. von Arnim, Dichterin, 1953 Neuland: Traunweg, 1942, auch nach Bertha T. Othmarschen: Frauenrechtlerin, 2001/02 Agathe-Lasch-Weg, jüd. Opfer des NS, Hochschullehrerin, 1971 Neustadt: Ilse-Fromm-Michaels-Weg, 2008 Neuer Jungfernstieg, 1825 Reimarusstraße, 1902, auch nach Elise R. Ottensen: Erzieherin, 2001/02 Klopstockstraße, 1846, auch nach Meta Slamatjenbrücke, 1960 Moller, Schriftstellerin, 2001/02 Geschwister-Mendelssohn-Stieg, Schopenhauerweg,1945, auch nach Komponisten, 1999 Johanna S., Schriftstellerin, 2001/02 Susettestraße, S. Gontard, Geliebte Niendorf: Hölderlins, 1950 Mechthildweg, Bäuerin, 1948 Alma-Wartenberg-Platz, Frauenrechtlerin, Emmy-Beckmann-Weg, Pädagogin, 1996 Frauenrechtlerin, 1980 Betty-Levi-Passage, Hanne-Mertens-Weg, Schauspielerin, Opfer des Nationalsozialismus,1996 NS-Opfer, 1982 Thüreystraße, Paul u. Magda T., Poppenbüttel: Widerstandskämpfer, 1982 Gretchenkoppel, Flurname, 1947 Margaretha-Rothe-Weg, Gegnerin des Marienhof, Ehefrau d. Gutsbesitzers, 1950 NS-Regimes, 1982 Maike-Harder-Weg, lit. Person aus Werk v. Bacherweg, Clara und Dr. Walter, H. Boßdorf, 1984 jüd. Opfer des NS, 1982 Tennigkeitweg, Käthe u. Richard, Widerstandskämpfer, 1985 Nienstedten: Theresenweg, frei gewählter Name, 1932 Rahlstedt: Nornenweg, altnord. Schicksalsgöttinnnen, Ohlsdorf: 1946 Elisabeth-Seifahrt-Weg, 2007 Wiebkestieg, Gedicht „Wiebke Pogwisch“ Erna-Stahl-Ring, 2007 von D. Liliencron, 1958 Jette-Müller-Weg, 2007 Herschelstraße, 1958, auch nach Caroline Johanne-Reitze-Weg, 2007 H., Astronomin, 2001/02 Margaretha-Treuge-Weg, 2007 Liseistieg, Gestalt aus Theodor Storms Paula-Westendorf-Weg, 2007 Werk „Pole Poppenspäler“, 1971 Anny-Tollens-Weg, Kommunalpolitikerin, Osdorf: Leiterin Kinderstube Rahlstedt, 2002 Heimburgstraße, Wilhelmine, Schriftstellerin, 1928 Rissen: Droste-Hülshoff-Straße, Annette v. Hexentwiete, Volksglaube, 1928 Dichterin, 1929 Kriemhildstraße, Nibelungen, 1933 Brunhildstraße, Nibelungen, 1939 Assorweg, Albertine A., Gründ. der Gudrunstraße, Heldenepos, 1949 Diakonie- und Krankenanstalten, 1993 Uteweg, Nibelungen, 1951 Riwka-Herszberg-Stieg, Opfer des NS, Hildeweg, Gudrunsage, 1954 Kindermord Schule Bullenhuser Gerlindweg, Gudrunsage, 1957 Damm, 1993 Siegrunweg, Nibelungen, 1960 Albertinenstieg, nach A. Assor, 1993 Isoldeweg, aus Richard Wagners Oper Albertine-Assor-Straße, 1993 „Tristan und Isolde“, 1972 Lelka-Birnbaum-Weg, Opfer des Natio- Hexenstieg, Volksglaube, 1980 nalsozialismus, Kindermord Grete-Nevermann-Weg, Politikerin, Schule Bullenhuser Damm, 1996 Ortsausschuss Blankenese, 1981 Wassermannpark, Opfer des Nationalso- zialismus, Kindermord Schule Rothenburgsort: Bullenhuser Damm, 2003 Alexandra-Stieg, 2006 Reginenstraße, unbekannte Benennung, 1870 St. Georg: Ellmenreichstraße, Franziska E., Rotherbaum: Schauspielerin, 1948 Magdalenenstraße, Witwe d. Gelände- Heidi-Kabel-Platz, Volksschauspielerin, besitzers, 1860 2011

Sasel: Ilsenweg, Ehefrau d. Besitzers, 1941 St. Pauli: Antonistraße, frei gewählter Name, Schnelsen: 1800 Goldmariekenweg, Märchen, 1948 Karolinenstraße, Mutter d. Patrons d. Anna-Susanna-Stieg, Gestalt aus Vorstadt St. Pauli, 1841 Reimgedicht, 1948 Annenstraße, frei gewählter Name, 1856 Dornröschenweg, Märchen, 1950 Susannenstraße, vermutl. älteste Tochter d. Gretelstieg, Märchen, 1970 Grundeigentümers, 1860 Zylberbergstieg, Ruchla Z., Opfer des NS, Paulinenstraße, frei gewählter Name, Kindermord Schule Bullenhuser 1860 Damm, 1992 Mathildenstraße, Schwägerin des Gelände- Zylberbergstraße, Ruchla Z., Opfer des besitzers, 1865 NS, Kindermord Schule Bullenhuser Paulinenplatz, frei gewählter Name, 1869 Damm, 1992 Brigittenstraße, frei gewählter Name, 1897 Mania-Altmann-Weg, Opfer des NS, Wohlwillstraße, Anna W., Direktorin d. Kindermord Schule Bullenhuser Damm, Schule des Paulsenstifts, 1948 1992 Augustenpassage, dt. Kaiserin, 1954 Jacqueline-Morgenstern-Weg, Opfer des Bertha-Keyser-Weg, Helferin der Armen, NS, Kindermord Schule Bullenhuser 1983 Damm, 1993 Flora-Neumann-Straße, 2010, Geschwister-Witonski-Straße, Opfer des NS, Kindermord Schule Bullenhuser Steinwerder: Damm, 1993 Auguste-Victoria-Kai, dt. Kaiserin, 1902 Stellingen: Wilhelmsburg: Anne-Barth-Weg,Verfolgte des NS, 2006 Ernastraße, frei gewählter Name, Emmastraße, Tochter d. vor 1928 Grundeigentümers Wieck, vor 1915 Modersohnstraße, Paula M., Malerin, 1951 Thusneldastraße, Tochter des Segestes, Eleonorenweg, E. d‘Olbreuse, Gattin d. 1929 Herzogs Georg W. von Braunschweig, 1956 Sülldorf: Berta-Kröger-Platz, Mestorfweg, Johanna M., Direktorin d. Bürgerschaftsabgeordnete, 1982 Museums f. vaterl. Altertümer, 1953 Sophie-Dorothea-Stieg, Gräfin von Frapanweg, Ilse F., Schriftstellerin, 1965 Wilhelmsburg, 1997

Uhlenhorst: Wilstorf: Theresenstieg, Ehefrau des Miteigentü- Sophienstraße, Mutter d. Syndikus mers der Uhlenhorst, 1846 Tilemann, 1922 Marienterrasse, Frau d. Nymphenweg, Märchengestalt, 1935 Grundeigentümers, 1863 Feenteichbrücke, Flurname, 1904 Winterhude: Bei der St. Gertrudkirche, Heilige, 1913 Dorotheenstraße, Mutter d. Am Feenteich, nach dem Feenteich Geländebesitzers, 1863 benannt, 1948 Maria-Louisen-Straße, Frau d. Dorothea-Bernstein-Weg, Opfer des NS, Geländebesitzers, 1863 2010 Agnesstraße, Schwägerin d. Frieda-Wieking-Stieg, Verfolgte des NS, Geländebesitzers, 1866 2010 Klärchenstraße, Ehefrau d. Martha-Muchow-Weg, Psychologin, Geländebesitzers, 1866 Verfolgte des NS, 2010 Bussestraße, Ehefrau d. Geländebesitzers, 1876 Veddel: Klärchenbrücke, in Anlehnung an die Meckelburgsweg, Margarete M., Klärchenstraße, 1904 Wohltäterin, 1922 Maria-Louisen-Brücke, Ehefrau d. Geländebesitzers, 1904 Volksdorf: Dorotheenstraßenbrücke, Mutter des Amalie-Sieveking-Weg, Gründ. des weibl. Geländebesitzers, 1904 Vereins f. Armen- u. Krankenpflege, Elebeken, Domina des St. 1957 Johannisklosters, 1906 Maetzelweg, Malerin, 1960 Gottschedstraße, 1910, auch nach Luise G., Schriftstellerin, 2001/02 Wandsbek: Cäcilienstraße, Domina im Kloster St. Lydiastraße, Tochter d. Kaufmanns Johannis, 1914 J. Morewood, 1884 Maria-Louisen-Stieg, Frau d. Behnkenkammer, Kammerdame, 1950 Geländebesitzers, 1953 Hertha-Feiner-Asmus-Stieg, jüd. Opfer Wellingsbüttel: des NS, 1992 Lagerlöfstraße, Selma L., Dichterin, 1947

Dank

Herrn Thießen vom Staatsarchiv für die kollegiale, schnelle und zuverlässige Hilfe bei der Aktualisierung, Frau Holst und Herrn Beschütz (Geschwister Beschütz), Pastor Eisenblätter, Albertinen Diakonie- werk (Albertine Assor), Frau Bernhardt, Israelitisches Krankenhaus (Klara Gor- don), Frau Dr. Randt † (jüdische Lehrerin- nen), Frau Mangelsdorff (Marie Henning), Frau Büttner, Herrn Dr. Richter, Herrn Kohrn, Herrn Sielemannn Staatsarchiv Hamburg, Frau Oldenburg, Herrn Dreck- mann, Museum für Bergedorf und die Vier- lande (Elisabeth Thomann, Emilie Gün- ther), Initiative für humane Hilfe Drogen- abhängiger (Marie Nyswander), Herrn Dr. Garbe, KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Erna Behling, Erika Etter, Marie Fiering, Helene Heyckendorf, Annemarie Ladewig, Margarete Zinke), Dr. Cornelia Göksu (Flora Neumann, Frieda Wieking, Hanne Darboven, Heidi Kabel, Henny Schütz), Dr. Hagener, Gesamtschule Bergedorf (Margit Zinke), Barbara Brix, Klosterschu- le (Clara Bacher), Gerd Spiekermann, NDR-Hamburg-Welle (Meike Harder, Cilli Cohrs), Jürgen Timm (Bertha Uhl), Ingo Böhle (Agathe Lasch, Magda Thürey), Anneliese Tuchelt (zur „Weißen Rose“, Elisabeth Lange, Margaretha Rothe), Dr. Knut Nevermann (Grete Nevermann), Ulf- Thomas Lesle, Institut für niederdeutsche Sprache (Meike Harder, Cili Cohrs), Frau Hennig, Arbeitsstelle für Mitteldeutsche Wörterbücher (Hildburg), Frau Fuchs und Herrn Kloevekorn (Wiebke Pogwisch), Kerstin Klingel, Brita Reimers für ver- schiedene inhaltliche Hinweise.