25306 Deutscher – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Dr. (A) damit wir uns an anderen Stellen – Stichwort Tiefe – wehr sind für die Jetztzeit gedacht. Wir müssen feststel- (C) mehr spezialisieren können. Ich stimme Herrn Arnold in len, dass wir nicht in allen Bereichen diese vertiefte Ko- dem Punkt zu, dass eine Fähigkeit, für die sich Tiefe an- operation, die wir uns wünschen, strukturell verankert bieten würde, die Raketenabwehr ist. Das ist eine Fähig- haben und mit ihr planen können. Deswegen ist der keit, über die fast nur Deutschland verfügt. Nur die Nie- strukturelle Ansatz der Bundesregierung „Breite vor derlande und – außerhalb von Europa – die USA haben Tiefe“ in diesem Haushalt und bei dieser Reform richtig, ebenfalls solche Fähigkeiten. und wir tragen ihn mit. Angesichts dessen, was unter den finanziellen Rahmenbedingungen möglich ist, ist dieser Wir haben in den vergangenen Jahren immer wieder Ansatz der Regierung im Haushalt gut finanziert. über die Frage debattiert, warum wir überhaupt ein Ra- ketenabwehrsystem brauchen und wer uns denn angrei- Ich habe heute in der gesamten Debatte nicht ein ein- fen solle. Es wurde gesagt, das sei viel zu teuer. Damals ziges Mal den Vorwurf gehört, wir würden zu wenig für gab es kein Einsatzszenario. Jetzt ist ein solches Szena- die Bundeswehr ausgeben. rio da, und wir brauchen diese Fähigkeit. Wir brauchen sie aber nicht für uns selbst, sondern für einen unserer (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Zu viel! – Partner im Bündnis. Jetzt bestünde doch eigentlich eine Inge Höger [DIE LINKE]: Viel zu viel!) gute Chance, Kooperation im Bündnis praktisch zu le- Als Verteidigungspolitiker meiner Koalition stelle ich ben. Was passiert aber plötzlich bei uns? Diejenigen, die fest: Damit können wir eigentlich ganz gut leben. vorher noch mehr Kooperation und eine weitere Vertie- fung der europäischen Sicherheitspolitik gefordert ha- Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. ben, eiern herum und fragen: Ist die Türkei aus deutscher (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Perspektive genügend bedroht, sodass sie die Patriot-Ra- keten wirklich braucht, oder ist sie es nicht? Vizepräsidentin : Eine Bedrohungslage kann man natürlich je nach Per- Ich schließe die Aussprache. spektive immer unterschiedlich einschätzen. Es weiß keiner genau, wie sich ein solcher Konflikt weiterentwi- Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- ckeln wird. plan 14 – Bundesministerium der Verteidigung – in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt da- (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Eben!) gegen? – Wer enthält sich? – Der Einzelplan 14 ist mit Aber entscheidend ist in diesem Fall gar nicht einmal, den Stimmen der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion wie wir die Bedrohungslage einschätzen, sondern ent- gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, der Fraktion Die scheidend ist vor allem, wie der Bündnispartner das Linke und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ange- (B) (D) sieht, der sich bedroht fühlt und uns deswegen um Hilfe nommen. bittet. Ich rufe Tagesordnungspunkt I.12 auf: (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das steht Einzelplan 23 aber nicht im NATO-Vertrag!) Bundesministerium für wirtschaftliche Zu- Es mag sein, dass Sie als Opposition sich nicht recht- sammenarbeit und Entwicklung zeitig und vollständig informiert fühlen, aber das ist eine – Drucksachen 17/10823, 17/10824 – innenpolitische Frage. Das außenpolitische Signal, das Sie senden, indem Sie zuerst einmal Nein und dann Berichterstattung: „vielleicht“ sagen, ist im Hinblick auf eine vertiefte Ko- Abgeordnete operation fatal. Was soll denn der Partner von uns den- ken, der die öffentliche Debatte, die über das Wochen- Dr. h. c. Jürgen Koppelin ende geführt worden ist, verfolgt? Wenn Sie von der Dr. Opposition Ihre eigenen Forderungen ernst nähmen, Priska Hinz (Herborn) dann müssten Sie in einem solchen Fall sagen: Ja, wir Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Fraktion der stellen die Fähigkeit zur Verfügung, aber nur unter be- SPD, ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke und stimmten Bedingungen. – Sie können aber nicht zuerst ein Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Nein und dann „vielleicht“ sagen. nen vor. ( [DIE LINKE]: Da haben Über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/ Sie was nicht verstanden!) Die Grünen werden wir später namentlich abstimmen. Auch ich bin für eine vertiefte europäische Koopera- Des Weiteren hat die Fraktion Die Linke einen Ent- tion, aber dafür ist ein langer Weg der Vertrauensbildung schließungsantrag eingebracht, über den wir am Freitag notwendig. Das schaffen wir nur, wenn wir uns in sol- nach der Schlussabstimmung abstimmen werden. chen Situationen als vertrauenswürdig erweisen und nicht unserem jeweiligen Partner bzw. demjenigen, der Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Fähigkeit braucht, Hintergedanken unterstellen und die Aussprache anderthalb Stunden vorgesehen. – Ich ihn damit öffentlich brüskieren. höre keinen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Nichtsdestotrotz sind wir heute im Jahr 2012, und die Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat die Kolle- Reform der Bundeswehr und der Haushalt der Bundes- gin Dr. Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25307

Vizepräsidentin Petra Pau (A) (Beifall bei der SPD) rangetrieben – der Entwicklungsetat sinken. Ich halte (C) das für einen Skandal. Dr. Bärbel Kofler (SPD): (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- DIE GRÜNEN) gen! Wir diskutieren nun den Einzelplan 23, den Etat für Entwicklungszusammenarbeit. Eines muss man ganz am Die Absenkung des Entwicklungsetats um 124 Mil- Anfang feststellen: Dieser Etat bleibt weit hinter den Er- lionen Euro ist eine fatale Fehlentscheidung. Was aber fordernissen und den Notwendigkeiten einer internatio- nicht geht, ist das, was Sie, Herr Minister, nun gegen- nalen Armutsbekämpfung zurück. über der Presse praktizieren: Sie tun so, als hätte man ohne diese Absenkung das 0,7-Prozent-Ziel erreichen (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem können. Nein, auch das wäre nicht gegangen. Ich wie- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) derhole: Wir hätten über Jahre hinweg deutliche Mittel- aufwüchse im Milliardenbereich benötigt, um unseren Von diesem Einzelplan und von dieser Beratung geht Verpflichtungen zur Armutsbekämpfung weltweit wirk- ein fatales Signal aus, nämlich das Signal, dass Deutsch- lich nachkommen zu können. land nicht zu seinen internationalen Verpflichtungen zu stehen bereit ist, dass Deutschland sich nicht weiter an (Beifall bei der SPD) einer soliden und verlässlichen, gemessen an seiner Verstecken Sie sich an dieser Stelle also nicht hinter den Wirtschaftskraft berechneten Finanzierung der Entwick- Haushältern – obwohl sie falsch entschieden haben – lungszusammenarbeit beteiligt. Wir haben uns leider mit und nicht hinter dem Parlament. Es wäre schön gewesen, diesem Haushalt genau davon verabschiedet wenn Sie den Drive, das Engagement des Parlaments der (Beifall bei der SPD – Priska Hinz [Herborn] letzten Jahre genutzt hätten, das sich fraktionsübergrei- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir aber fend für eine Erhöhung des Entwicklungsetats eingesetzt nicht!) hat. – sehr richtig: wir nicht; die Regierung hat sich davon Ich möchte an dieser Stelle noch einmal – auch mit verabschiedet –, Respekt vor den Kolleginnen und Kollegen aus der Re- gierungskoalition, die diesen Aufruf unterschrieben ha- (Beifall des Abg. Martin Gerster [SPD]) ben – an den entwicklungspolitischen Konsens erinnern. 372 Parlamentarierinnen und Parlamentarier aller Frak- und das, obwohl der Minister bei seiner letzten Rede im September 2012 den Etat des Einzelplans 23 als Rekord- tionen haben diesen Aufruf unterschrieben. Damals ha- haushalt bezeichnet hat. ben wir formuliert – dahinter konnten sich viele aus allen (B) Fraktionen, die hier heute sitzen, versammeln –: (D) Damals hat er gesagt, dass man sich dem Ziel der so- Ob die notwendigen Finanzmittel aufgebracht wer- genannten ODA-Quote verpflichtet sieht, dass wir also den, ist vor allem eine Frage der Prioritätensetzung. 0,7 Prozent von unserem Reichtum abgeben wollen, um Ob wir auf die gebotene Ehrlichkeit und Zuverläs- den Ärmsten der Armen zu helfen. Im September dieses sigkeit verweisen, auf christliche Nächstenliebe, in- Jahres hat der Herr Minister gesagt – ich zitiere –: ternationale Solidarität oder weltweite Gerechtig- Mit dem Haushalt 2013 behalten wir diese Prioritä- keit – wir fühlen uns moralisch dazu verpflichtet, tensetzung des Koalitionsvertrags bei. auf die Einhaltung der 0,7-%-Zusage zu drängen, und fordern das Bundeskabinett und den Haushalts- Wo stehen wir jetzt, zwei Monate später? Mittlerweile ausschuss des Deutschen Bundestages auf, die da- muss sogar Herr Niebel zugeben, dass das damals eine für notwendigen Weichen zu stellen. bewusste Täuschung des Parlaments und der Öffentlich- keit war. Das war der Aufruf, hinter dem sich über 370 Parlamen- tarierinnen und Parlamentarier versammelt haben. (Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der FDP) Ich äußere an dieser Stelle noch einmal den dringen- den Appell, wenigstens darüber nachzudenken, ob wir Herr Minister, ich habe Sie vor zwei Monaten gefragt, die Kürzung von 124 Millionen Euro im Entwick- mit welchen Maßnahmen Sie es schaffen wollen, dieses lungsetat heute zurücknehmen und damit unserer Verant- Ziel zu erreichen – angesichts der bekannten Tatsache, wortung als Parlamentarier gerecht werden können. dass der Haushalt seit Beginn Ihrer Regierungsüber- nahme jährlich um mindestens 1 Milliarde Euro hätte (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem steigen müssen, um bis zum Jahr 2015 das 0,7-Prozent- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Ziel zu erreichen. Warum? Wir brauchen uns doch nur vor Augen zu (Heinz-Peter Haustein [FDP]: Wir hatten doch führen, was VENRO, der Dachverband aller entwick- eine Wirtschaftskrise!) lungspolitischen Nichtregierungsorganisationen, in sei- nem Schreiben auf den Punkt bringt: Diese Gelder sind Sie sind die Antwort schuldig geblieben. Die Steigerun- nötig. Ob es um Gesundheitsbildungsprogramme geht, gen der letzten Jahre waren verschwindend gering. Mit ob es um die Zusammenarbeit für soziale Dienste im diesem Haushalt wird zum ersten Mal – seit vielen Jah- ländlichen Bereich geht, ob es um Frauenförderung geht, ren von Ihren Regierungshaushältern befördert und vo- ob es um Programme des Zivilen Friedensdienstes geht 25308 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Dr. Bärbel Kofler (A) – wir haben eben erst über alle möglichen Fragen, auch Dann haben wir vernünftige Mittel für Entwicklungszu- (C) über die von Krieg und Frieden, diskutiert; mit dem Zi- sammenarbeit auch in unserem Haushalt. vilen Friedensdienst könnte man gerade für ein friedli- Herzlichen Dank. ches Miteinander etwas tun – oder ob es um die grund- sätzlichen Ausrichtungen unserer Entwicklungspolitik (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ geht: Gerade jetzt, wo auf UN-Ebene die Weltgesund- DIE GRÜNEN) heitsorganisation beginnt, sich dafür einzusetzen, dass wir weltweit zum Beispiel die Basiskrankenversorgung Vizepräsidentin Petra Pau: in den Mittelpunkt stellen, können wir wirklich etwas Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege tun, um Menschen nachhaltig aus der Armutsfalle zu be- Dr. h. c. Jürgen Koppelin. freien. Doch ausgerechnet in dieser Zeit senden wir ein fatales Signal in die Welt, indem wir die Mittel für die (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten deutsche Entwicklungszusammenarbeit senken. der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD) Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Dasselbe gilt für den Bereich des Klimawandels. Es Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! ist schön, wenn Herr Niebel den Bericht der Weltbank Ich habe noch einmal nachgesehen: Die Kollegin Kofler jüngst als „klimapolitischen Weckruf“ bezeichnet hat. ist in der dritten Legislatur hier im Deutschen Bundes- Ich frage mich, ehrlich gesagt: Wo waren Sie die letzten tag. Deshalb hätte sie eigentlich eins sagen müssen: Bei Jahre? Dieses Weckrufs bedarf es eigentlich nicht bei all uns, bei den Sozialdemokraten, hat es mit dem Etat für denen, die wissen, was für dramatische Folgen gerade in Entwicklungshilfe nicht so gut geklappt. Jetzt muss ich den Ländern, auf die Entwicklungszusammenarbeit ab- feststellen, dass wir mit Schwarz und Gelb nach den zielt – dort leben die Ärmsten der Armen –, durch den USA an zweiter Stelle in der Welt stehen. Klimawandel ausgelöst werden. Diesem klimapoliti- schen Weckruf muss aber auch ein finanzpolitischer (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das ist gar nicht Weckruf folgen. Die Mittel zur Bekämpfung des Klima- wahr! – Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Das ist wandels müssen doch insbesondere denjenigen gegeben eine Frechheit, Herr Koppelin!) werden, die selbst die Mittel nicht aufbringen können, Das ist die entscheidende Botschaft: Wir sind nach um mit den Folgen des Klimawandels – den sie selbst den USA der zweitgrößte Geber in der Welt. Das ist das nicht verursacht haben – zurechtkommen zu können. Verdienst unter anderem von Minister Niebel und seiner Weil ich weiß, dass vonseiten der Regierung immer Politik. Das muss man einmal festhalten, und das sollten (B) „Finanzierung, Finanzierung“ gerufen wird: Was Fragen Sie anerkennen. In der Opposition fordern Sie alles (D) des Klimawandels angeht, kann man nur Nicholas Stern Mögliche, aber als Sie regiert haben, waren Sie unfähig. zitieren, der schon 2006 gesagt hat: Wenn wir nicht han- Das ist das Entscheidende. deln, wird uns das, volkswirtschaftlich betrachtet, das (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Fünffache von dem kosten, was es uns kostet, wenn wir der CDU/CSU) jetzt vernünftig Mittel einsetzen. Sie haben die Organisation VENRO angesprochen. Ich bin schon erstaunt – das muss ich wirklich sa- Das finde ich sehr interessant. Ich schätze die Arbeit von gen –, dass ein Ministerium, das für Entwicklungszu- NGOs. sammenarbeit, für Armutsbekämpfung zuständig ist, sich in den letzten Jahren als Bremser bei solch innovati- (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Ach was! Ich ven Finanzinstrumenten wie der Finanztransaktionsteuer kann mir gar nicht vorstellen, dass Sie was gezeigt hat, dass der Minister das Gegenteil dessen getan schätzen!) hat, was eigentlich seine Aufgabe gewesen wäre: neue, Aber von VENRO bekommt man laufend hektografierte innovative Finanzierungsinstrumente in den Mittelpunkt Blätter, die nicht einmal unterschrieben sind. Ich habe zu stellen. am 16. November ein Blatt bekommen, auf dem stand, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten man solle mehr entwicklungspolitische Bildungsarbeit des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) machen. Mein Kollege Klein und ich haben das ge- macht. Wir haben in den Etat – das können Sie sich im Einzelplan 23 anschauen; ich nenne ihn noch einmal, Vizepräsidentin Petra Pau: weil Sie sich den Etat wahrscheinlich gar nicht mehr an- Kollegin Kofler, Sie können selbstverständlich wei- gesehen haben, weil Sie Ihr Manuskript schon vorher terreden. Ich muss Sie aber darauf aufmerksam machen, fertig hatten – dass das zulasten der folgenden Kollegen aus Ihrer Frak- tion geht. (Karin Roth [Esslingen] [SPD]: Herr Koppelin, es geht doch um was anderes hier!) Dr. Bärbel Kofler (SPD): zusätzlich 5 Millionen Euro für die berufliche Ausbil- Mein letzter Satz, Frau Präsidentin. – Auch zur Finan- dung eingestellt, 2 Millionen Euro für den DAAD, zu- zierung kann man nur sagen: Schließen Sie sich den vie- dem Mittel für die Humboldt-Stiftung, und auch die len guten Ideen an, die aus der Bevölkerung kommen, Deutsche Welle bekommt etwas für die Ausbildung. Ich zum Beispiel der Kampagne „Steuer gegen Armut“. könnte Ihnen noch weitere Beispiele nennen: Die politi- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25309

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (A) schen Stiftungen, die Kirchen, 10 Millionen Euro für die Jetzt stellen Sie einen Änderungsantrag, über den na- (C) Zusammenarbeit mit dem Büro für Nachhaltige Ent- mentlich abgestimmt werden soll. Das ist wieder ty- wicklung usw. Also, auch das haben wir erfüllt. Aber da- pisch. Man kann einen solchen Änderungsantrag stellen; für bekommt man kein Dankesschreiben, sondern gleich das nächste Schreiben mit der nächsten Forderung. Das (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: ist leider die Wahrheit; die muss man hier auch einmal Rücknahme der Kürzung!) sagen. aber Sie werden damit die Neuverschuldung anheben, (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Das ist oder Sie müssen eine Gegenfinanzierung machen. Das Dialektik!) haben Sie nicht gemacht. Sie haben auch nicht berück- sichtigt, dass wir den Etat des Auswärtigen Amtes auf- gestockt haben. Auch bei der Entwicklungshilfe haben Vizepräsidentin Petra Pau: wir nicht alles gestrichen, sondern einiges wieder aufge- Die Kollegin Koczy möchte eine Frage stellen oder stockt. Das ist die Wahrheit. eine Bemerkung machen. (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das interessiert aber nicht! Unter dem Strich Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): ist es eine Null!) Ja, ich möchte gerne meine Redezeit verlängern. Dazu bin ich gerne bereit. Hier wird von der ODA-Quote gesprochen. Ich finde, das ist ein ehrenwertes Ziel. Ich vermisse hier die Kolle- gin Göring-Eckardt. Der hätte ich nämlich gerne eine Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Frage gestellt. Die EKD beschloss vor vielen, vielen Jah- Herr Kollege Koppelin, wollen Sie leugnen, dass ren, dass 2 Prozent aller Kirchensteuereinnahmen in die durch die Kürzung von 124 Millionen Euro in der Berei- Entwicklungshilfe gehen sollten. 2 Prozent! Ich kann Ih- nigungssitzung des Haushalts der Aufwuchs der ODA- nen genau sagen, wann das beschlossen wurde: schon Quote in der Bundesrepublik gesenkt wird und Sie damit 1986. mit der schwarz-gelben Koalition dem Aufwuchs ein Minus beschert haben und dass die Kürzung um 87 Mil- (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir lionen Euro, die unter dem Strich herauskommt, bedeu- leben nicht mehr 1986, wir leben jetzt!) tet, Jetzt würde ich gerne einmal wissen, was davon ver- ( [CDU/CSU]: Das sind 9 Mil- wirklicht worden ist. Ich hätte gerne von der Kollegin (B) lionen!) Göring-Eckardt gehört, ob dieser Beschluss durchgesetzt (D) wurde. Nein, die Kirchen haben das auch nicht hinbe- dass die Kanzlerin ihr Versprechen, auf dem Weg zum kommen. Das ist alles nicht erfreulich, aber es ist die 0,7-Prozent-Ziel jährlich eine Steigerung zu erreichen, Wahrheit. Ich finde, das sollte man auch einmal zur nicht halten kann? Kenntnis nehmen.

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP): Ich sage nach wie vor: Wir sind zweitgrößter Geber. Damit kann sich diese Koalition sehen lassen. Es wird Ja, das will ich leugnen, und zwar aus zwei Gründen: viel gemacht. Die Schwerpunkte, die wir gesetzt haben Erstens. Den Etat des Auswärtigen Amtes – ich weiß – Bildung, aber auch andere Schwerpunkte, die Minister nicht, ob Sie gerade hier waren; ich bin schon den gan- Niebel gesetzt hat, nachdem er das Amt von Frau zen Tag hier – haben wir um zusätzlich 20 Millionen Wieczorek-Zeul übernommen hat –, können sich durch- Euro erhöht für Minenräumung, für humanitäre Hilfe aus sehen lassen. Wir sind stolz darauf, dass wir auch an- usw. Sie können das nachrechnen. Auch das dient der dere Richtungen eingeschlagen haben. Sie hatten einen ODA-Quote. Sammelkorb, Sie hatten null Richtung in der Entwick- lungspolitik. Jetzt sage ich Ihnen etwas, weil Sie bei Bündnis 90/ Die Grünen sind. Ich habe mir vom Sekretariat des (Zuruf der Abg. Ute Koczy [BÜNDNIS 90/ Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages Fol- DIE GRÜNEN]) gendes heraussuchen lassen: Das Abstimmungsergebnis zu dem Antrag von der Koalition, über den wir uns hier – Melden Sie sich doch nachher noch einmal zu einer streiten, lautete damals: Diesem Antrag haben die Koali- Zwischenfrage oder zu einer Kurzintervention. Es ist tion und Bündnis 90/Die Grünen zugestimmt. nicht meine Art, so gegen Frauen anzureden. (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Aha!) (Heiterkeit bei der FDP und der CDU/CSU) So ist es. Sie haben unserem Antrag zugestimmt. Minister Niebel hat von Frau Wieczorek-Zeul einen Sammelkorb übernommen, der null Linie enthielt. End- (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: lich ist im Haushalt dieses Ministeriums eine Linie er- Aber nicht der Kürzung!) kennbar. Es ist erkennbar, was wir in der Entwicklungs- hilfe bewirken wollen. – Dann müssen Sie das mit Ihrer Kollegin Hinz klären. Das war genau so. (Beifall bei der FDP) 25310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Dr. h. c. Jürgen Koppelin (A) Das ist lobenswert. Das hat Minister Niebel geschafft, Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE): (C) und dafür verdient er Anerkennung. Daran geht kein Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Ein- Weg vorbei. zelplan 23 hat es in diesem Jahr geschafft – ich bin schon ein paar Tage im Parlament –, dass er bereits bei (Beifall bei der FDP) der Einbringungsdebatte eine sehr umfangreiche Rolle Wenn Sie von den Sozialdemokraten hier schon so gespielt hat. Das schafft man natürlich nur, wenn etwas auftreten und uns kritisieren: Das können Sie alles ma- ganz besonders toll ist oder etwas ganz besonders im Ar- chen. gen liegt. Hier ist eines ganz klar: Dieser Etat liegt im Argen. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Das dürfen wir! Stellen Sie sich das mal vor!) (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir sind hier ja im Deutschen Bundestag. Aber wie sieht es denn eigentlich aus: Sie fahren nach der Wahl des Prä- Alle vorliegenden Anträge, die Entschließungsanträge, sidenten alle nasenlang nach Frankreich, vorher schon die heute zur namentlichen Abstimmung stehen, bewei- die Troika. Fahren Sie doch auch einmal zu Ihrem Präsi- sen, dass hier etwas im Argen liegt. denten da in Frankreich Jürgen Koppelin hat gesagt, es sei alles so gut. Ich (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Was Sie alles wis- will nur eines konstatieren: Laut Ergebnis der Bereini- sen!) gungssitzung des Haushaltsausschusses ist der Etat des Einzelplans 23 gesunken; der Etat des Einzelplans 23 ist und fragen ihn einmal, warum er seine Entwicklungs- niedriger als im Vorjahr. hilfe eingefroren hat, warum er nicht mehr macht. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: 9 Millionen!) (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wir sind der Deut- sche Bundestag und entscheiden hier!) Die ODA-Quote liegt unter 0,4 Prozent. Das sind Ergeb- nisse, die überhaupt nicht zu akzeptieren sind, denn, – Frau Kollegin, Sie müssen sich einfach einmal ange- Herr Minister, Sie haben sich drei Jahre lang hier hinge- wöhnen, zuzuhören. Ich habe es gerade gesagt: Wir sind stellt und behauptet, der Etat werde im nächsten Jahr hö- im Deutschen Bundestag. Aber fahren Sie trotzdem noch her ausfallen, trotz schwieriger Finanzlage. Das ist ad einmal hin. Das kann doch nicht schaden. Das ist meine absurdum geführt. Sie haben noch am Tag der Bereini- Empfehlung. gungssitzung verkündet, dass der Etat um 37,5 Millio- Also, dieser Haushalt kann sich sehen lassen. Ich nen Euro gegenüber 2012 steigen würde. Das ist nicht (B) weiß, der Minister ist vielleicht nicht zufrieden, wenn es der Fall. Die Koalitionäre haben Ihrer ursprünglich stol- (D) ein bisschen weniger ist, als er sich vorgenommen hat. zen Botschaft – Steigerung des Etats in schwieriger Fi- nanzlage – abrupt ein Ende bereitet. So sieht es bei die- (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sem Etat wirklich aus. Es ist ein Minus!) (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem Der Verteidigungsminister hat vorhin gesagt, er sei auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nicht ganz zufrieden, weil wir ihm etwas weggenommen haben. Der Wirtschaftsminister war auch nicht ganz zu- Was hat denn Frau Merkel heute Vormittag im Hin- frieden. Dem Gesundheitsminister haben wir eine halbe blick auf die internationalen Konflikte dargelegt? Sie hat Milliarde Euro weggenommen. Das ist so. Denn wir gesagt: Na ja, mit militärischen Maßnahmen alleine geht wollten die Neuverschuldung senken. Die geplante Net- es nicht, wir müssen viel mehr tun für wirtschaftliche tokreditaufnahme liegt bei 17,1 Milliarden Euro. Hier Zusammenarbeit. – Ich dachte, ich höre nicht richtig. hat jeder seinen Beitrag zu leisten. Kannte die den Etat nicht? Das ist ein Widerspruch in sich. Entweder wir machen hier mehr zur Verhinderung Ich bedanke mich für Ihre Geduld und Ihre Aufmerk- von militärischen Konflikten, wir tun etwas für die Ar- samkeit. Ich bin ganz sicher, der Minister wird mit die- mutsbekämpfung, oder aber nichts von dem, was vorhin sem Etat wunderbar klarkommen. erzählt worden ist, entspricht der Wahrheit. (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem Das bestreitet der Minister! Das bestreitet BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der!) Die Linke hat schon in den Etatberatungen im Haus- Herzlichen Dank. haltsausschuss sehr viele Änderungsanträge eingebracht, und jetzt stellen wir wieder einen Änderungsantrag. Da (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten wird gesagt, das seien ja so viele Änderungsanträge, das der CDU/CSU) sei doch typisch für die Linke. Ich will nur eines sagen: Nur dann, wenn all unsere Anträge realisiert würden, Vizepräsidentin Petra Pau: würden wir die Schritte in Richtung einer höheren ODA- Das Wort hat der Kollege Dr. Dietmar Bartsch für die Quote gehen, die wirklich notwendig sind. Deswegen Fraktion Die Linke. stellen wir die Anträge. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei der LINKEN) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25311

Dr. Dietmar Bartsch (A) Es ist noch viel mehr machbar; da sind wir uns doch si- men werden, welche positive Rückwirkung die Entwick- (C) cherlich einig. Wenn wir könnten, dann würden wir in lungshilfe auf die deutsche Wirtschaft hat. Das wäre diesem Sektor mehr gegen Armut in der Welt tun. Nur nämlich die falsche Richtung. Es geht eben wirklich um wenn wir hier wirklich etwas drauflegen, ist es realis- die Menschen in den anderen Ländern; es geht um die tisch, unser Ziel bei der ODA-Quote zu erreichen. Entwicklungshilfe, die in diesen Ländern anzustreben ist. Das müssen wir in den Blick nehmen. Die Koalition hat ihren Minister mit einem Friendly Fire schwer beschädigt. Sie hat sich ein weiteres Mal Mein Appell, mein Aufruf ist: Sorgen Sie dafür, dass von Wahlversprechen verabschiedet; hier wirklich Politik aus einer Hand gemacht wird! Set- zen Sie sich in der Regierung durch, auch im Hinblick (Beifall bei der LINKEN) auf eine Steigerung des Etats! Es gibt heute bei der na- das für 2015 gesetzte Ziel ist damit erledigt. Die Schüt- mentlichen Abstimmung die Möglichkeit, zumindest ei- zen werden zufrieden sein; aber die Leidtragenden sind nen Teil zu korrigieren. Das würde niemandem wehtun. vor allem die Ärmsten in der Dritten Welt, meine Damen Im Übrigen würde es Ihnen niemand vorwerfen, wenn und Herren. Das ist die Situation. das ein Stück weit zu einer höheren Neuverschuldung führen würde; das würde niemand hier im Saal kritisie- (Beifall bei der LINKEN) ren. Lassen Sie mich eine Bemerkung zur Organisations- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ja, ja, ja! Im reform bei der GIZ machen; mein Kollege Movassat Gegenteil!) wird darauf noch eingehen. Ja, wir von der Opposition Im Übrigen haben wir genügend andere Ideen. haben da Druck gemacht und konnten das eine oder an- dere erreichen, zum Beispiel, dass mehr Frauen an der (Beifall bei der LINKEN) Spitze der GIZ vertreten sind. Ich will in diesem Zusam- menhang auf einen Punkt eingehen. Sie haben sinnvol- Herr Minister, damals, als Sie in der Opposition wa- lerweise ein Evaluierungsinstitut gegründet. Das ist ver- ren, haben Sie verkündet, dass Sie das Entwicklungs- nünftig. Nur sind hier zwei Dinge wichtig: Erstens muss ministerium abschaffen wollen. das Institut wirklich Freiheiten haben und darf kein In- (Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das ist lange strument des Ministers oder des Ministeriums werden. her!) Zweitens muss das Parlament eingebunden werden. Ein Beirat ist gut; aber wir hier im Parlament müssen Re- – Ja, das ist lange her. Es gibt einen Erkenntniszuwachs chenschaft abgelegt bekommen und selber etwas tun beim Minister. Das ist völlig in Ordnung. Man lernt (B) können, damit das Institut wirklich evaluiert und nicht dazu. So geht es allen, auch mir und Ihnen. Das ist wun- (D) zu einem Instrument des Ministeriums wird. derbar. – Jetzt ist angesichts des Friendly Fire, das Sie von der Koalition organisiert haben, aber zu konstatie- (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- ren, dass letztlich wohl doch in diese Richtung gearbeitet NIS 90/DIE GRÜNEN) wird. Denn Sie, Herr Niebel, können sich nicht wehren. Ich will eine weitere Bemerkung machen. Es gibt in Das Entscheidende ist: Sie können sich in der Regierung der Entwicklungspolitik weiterhin ein Gerangel zwi- nicht durchsetzen, wenn es darum geht, das wirklich schen den Ministerien um einzelne Posten und einzelne Notwendige zu realisieren. Etats. Das hat zur Folge, dass Mittel für die Entwick- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- lungszusammenarbeit auf die Etats der unterschiedlichs- neten der SPD) ten Ministerien verteilt sind: auf das Auswärtige Amt, das Wirtschaftsministerium, das Justizministerium, das In der Koalition hat man offensichtlich übersehen, dass Umweltministerium usw. Das alles geht querbeet; jeder es sich hier inzwischen um einen FDP-Minister handelt. macht ein bisschen seine eigene Entwicklungspolitik. All das, meine Damen und Herren, wäre eigentlich nicht Ich finde, das geht so nicht. weiter tragisch; aber das Schlimme ist, dass es zulasten der Ärmsten dieser Welt geht und letztlich dem Ansehen Die Entwicklungszusammenarbeit darf sich nicht als Deutschlands in der Welt schadet. Also, ändern Sie das! zweites Standbein der Wirtschaftspolitik sehen. Zum Schluss möchte ich mich ausdrücklich bei den (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- vielen Engagierten bedanken, die auf diesem Feld arbei- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE ten. GRÜNEN) Danke schön. Sie darf auch nicht als Außenwirtschaftspolitik verstan- den werden. Hier geht es wirklich um etwas anderes. Es (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem ist doch völlig klar, dass mit den Mitteln verantwor- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tungsbewusst umgegangen werden muss. Wenngleich es unterstellt wird: Niemand aus der Opposition will etwas Vizepräsidentin Petra Pau: anderes. Mit jedem Euro muss ein möglichst hoher Nut- Für die Unionsfraktion hat nun der Kollege Volkmar zen für die Menschen erzielt werden. Auch das ist völlig Klein das Wort. unbestritten. Da dürfen Sie niemandem etwas anderes unterstellen. Es darf aber nicht zuerst ins Auge genom- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) 25312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

(A) Volkmar Klein (CDU/CSU): lenden Geldes für Erhöhungen im eigentlichen BMZ- (C) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Haushalt zu nutzen. Angesichts der Gesamtsituation des Herren! In dieser Diskussion sind schon viele Zahlen Haushalts unseres Landes und auch der europäischen Si- und Behauptungen umhergeschwirrt. Richtig ist – das ist tuation ist der Beschluss ein anderer. Aber – darauf schade –, dass die üblichen und auch erwarteten Steige- möchte ich mit allem Nachdruck hinweisen – wir haben rungen im Haushalt des BMZ für 2013 nicht zu vermel- 20 Millionen Euro des wegfallenden Geldes zusätzlich den sind. auf andere Titel im BMZ-Haushalt verteilt. Es wird da- für verwendet, die von uns gestaltete deutsche Entwick- (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE lungszusammenarbeit zusätzlich zu stärken. GRÜNEN]: Aber ihr seid doch verantwortlich dafür!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Nach den Beschlüssen gibt es im Einzelplan 23 auf dem Norbert Barthle [CDU/CSU]: So herum wird Papier sogar eine kleine Absenkung. Auch das ist richtig ein Schuh daraus!) – das ist auch nicht schön –, aber diese Absenkung gibt Wir stehen ständig vor der Frage: Wie können wir die es vor allen Dingen auf dem Papier. verschiedenen Aufgaben miteinander in Einklang brin- Der Einzelplan 23 schrumpft gegenüber dem Jahr gen? Was ist mit der Verantwortung für die Nächsten 2012 um 80 Millionen Euro. Aber diese 80 Millionen jenseits unserer Grenzen? Ich bin sehr dafür, dass wir im Euro haben sozusagen nur ihren Heimathafen gewech- Interesse des Nächsten jenseits unserer räumlichen selt. Auf Wunsch der beiden Minister sind die Mittel für Grenzen – das ist ein ethisches Gebot – viel Geld einset- entwicklungsorientierte Not- und Übergangshilfe vom zen. Ich bin aber auch dafür, dass wir an den Nächsten Einzelplan 23 in den Einzelplan 05, Auswärtiges Amt, jenseits unserer zeitlichen Grenzen denken und deshalb verschoben worden. die gesamte Haushaltssituation im Blick behalten. (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und GRÜNEN]: Aber die waren doch vorher auch der FDP) da! Die sind doch nicht obendrauf gekom- Wenn wir die Entwicklung des Haushalts über die ge- men!) samten vier Jahre der Wahlperiode hinweg vergleichen, Das kann man im Haushaltsentwurf nachvollziehen. dann stellen wir fest, dass wir 2009 einen Gesamthaus- Deswegen ist es ehrlich, wenn wir von einer Stagnation halt hatten, im Einzelplan 23 und nicht von einer Absenkung reden. (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Der um 600 Millio- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (B) nen Euro gewachsen ist! In einem Jahr!) (D) der FDP – Norbert Barthle [CDU/CSU]: So ist es! – Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der 309 Milliarden umfasste. Jetzt liegt er bei 302 Mil- NEN]: Das ist eine Absenkung! – Heike liarden Euro, das heißt, insgesamt gibt es ein Abschmel- Hänsel [DIE LINKE]: Da fehlen 90 Millio- zen der Ausgaben. Gleichzeitig ist festzustellen: Wir ha- nen!) ben damals im Einzelplan 23 5,7 Milliarden Euro für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gehabt, Die Befürchtungen, dass die deutsche ODA-Quote heute sind es, trotz der beschriebenen Zusammenhänge, unter die für 2011 festgestellten 0,4 Prozent sinken 6,3 Milliarden Euro. Das sind fast 10 Prozent mehr als könnte, scheinen mir voreilig zu sein, damals vor vier Jahren. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sind sie auch!) (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das denn im Jahre 2011, als die OECD-Statistik eine ODA- ist ein Bruch der Koalitionsvereinbarung!) Quote von 0,4 Prozent festgestellt hat, lag der Einzel- Mit dieser Erhöhung von 20 Millionen Euro für die ei- plan 23 noch bei 6,0 Milliarden Euro. Für das kom- gentliche Entwicklungszusammenarbeit – das hat eben mende Jahr enthält der Einzelplan trotz der gerade be- schon einmal kurz eine Rolle gespielt – haben wir, denke schriebenen Verhältnisse 6,3 Milliarden Euro, also ich, wichtige Akzente gesetzt. Einerseits haben wir da- 300 Millionen Euro mehr. mit wichtige Akzente im Bereich der Bevölkerungsent- Der Europäische Entwicklungsfonds fordert von uns, wicklung gesetzt, indem wir zusätzliche Gelder für die von Deutschland, im kommenden Jahr nicht wie ur- UN-Organisationen in diesem Bereich bereitstellen, und sprünglich angekündigt 838 Millionen Euro, sondern wir geben mehr Geld für Bildung im Bereich der 144 Millionen Euro weniger. Das ist eine extern vorge- Humboldt-Stiftung, des DAAD und der Deutschen gebene Zahl. Wenn der Europäische Entwicklungsfonds Welle aus. Weiter setzen wir Akzente, indem wir die nicht Teil unseres Haushaltes, sondern – wie von der Verpflichtungsermächtigungen gerade im Bereich der EU-Kommission gefordert – Teil des EU-Haushaltes nichtstaatlichen Entwicklungszusammenarbeit deutlich wäre, dann würde sich durch dieses Revirement bei uns erhöhen. Das bedeutet langfristig Verlässlichkeit der gar nichts niederschlagen. So beträgt die Forderung an deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Deutschland 144 Millionen Euro weniger. Deshalb redu- ziert sich der Einzelplan 23 um diesen Betrag. Vizepräsidentin Petra Pau: Es ist kein Geheimnis, dass ich mir persönlich gut Möchten Sie eine Zwischenfrage von Frau Koczy zu- hätte vorstellen können, einen größeren Teil des wegfal- lassen? Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25313

(A) Volkmar Klein (CDU/CSU): Bei vielen anderen Sachen ist es wesentlich schwerer, (C) Aber gern. zu bewerten, was denn nun wirklich wirksam ist. Deswe- gen ist die Evaluierung – die wir in viel größerem Maße Vizepräsidentin Petra Pau: in den Vordergrund stellen werden, als wir es bisher ge- tan haben – ganz wichtig. Dafür wird dieses Institut Bitte schön. künftig arbeiten. Sicherlich müssen wir alle gemeinsam als Parlament darauf achten, dass es auch wirklich die Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): von uns gewollte Unabhängigkeit hat. Diese Evaluie- Herr Klein, ist Ihnen der Koalitionsvertrag bekannt, rung aber wird anschließend garantieren, dass das von in dem die Koalition von FDP und CDU/CSU von einem uns investierte Geld in den entsprechenden Ländern kon- jährlichen Aufwuchs der ODA-Quote redet? Wie bewer- tinuierlich eine größere Wirksamkeit entfalten kann. ten Sie den Zustand, dass diese ODA-Quote jetzt unter 0,4 Prozent sinkt? Ich glaube, dass wir hier insgesamt – deswegen emp- fehle ich auch die Zustimmung – einen Haushalt als gu- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Wird sie nicht!) ten Rahmen vorlegen, den der Minister, der seinen Job im Übrigen ganz hervorragend macht, ganz sicher auch Volkmar Klein (CDU/CSU): in hervorragender Weise ausfüllen wird. Auf das Letzte habe ich Sie eben hingewiesen. Das Herzlichen Dank. kann man heute überhaupt noch nicht prognostizieren. Da 2011 auf der Basis eines deutlich niedrigeren Ent- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) wicklungshilfehaushaltes eine ODA-Quote von 0,4 Pro- zent ausgerechnet wurde, sind derartige Befürchtungen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: gegenwärtig völlig gegenstandslos. Im Übrigen habe ich Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Priska Hinz das doch gerade noch einmal dargestellt, welch große Be- Wort. deutung dieser Bereich der internationalen Verantwor- tung, gemessen am Gesamthaushalt, in den letzten Jah- ren für uns gewonnen hat. Genau das unterstreicht diese Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Verpflichtung. NEN): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dabei müssen wir insgesamt aufpassen, dass wir nicht Der heutige Beitrag von Jürgen Koppelin war unter- viel zu viel nur über das eingesetzte Geld reden. Wissen irdisch; das muss ich sagen. wir denn überhaupt genug über die Wirkungen? Ich (B) glaube, wir haben da Nachholbedarf. Das spiegeln ge- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (D) rade die neuen Geber – die Schwellenländer, aber auch SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) die großen privaten Fonds – wider. Die wollen – unter Volkmar Klein hat hier dem Schlagwort: „value for money“ – in viel höherem Maße wissen, wie die Wirksamkeit der eingesetzten (Volkmar Klein [CDU/CSU]: Endlich einmal Instrumente ist. gesagt, worum es geht!) Ich denke, dass die deutsche Entwicklungszusam- eine Vernebelungstaktik versucht, um schlechte Buch- menarbeit einen ausgesprochen guten Ruf hat. Das wird haltungstricks zu verbergen. Damit kann man vielleicht an vielen Stellen deutlich. Zum Beispiel wurde es vor ei- Abgeordnete beeindrucken, die nichts vom Haushalt nigen Wochen beim Besuch des Weltbankchefs Jim verstehen, aber selbst die will ich in Schutz nehmen. Yong Kim hier in Berlin unterstrichen. Ich hatte jetzt die Gelegenheit – auch dadurch wurde das deutlich –, ein (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Frau Kolle- Gespräch mit dem Chef der thailändischen Entwick- gin, wollen Sie sagen, dass es Erste- und lungsorganisation zu führen. Die möchte gerne Deutsch- Zweite-Klasse-Abgeordnete gibt?) land als Partner für deren Entwicklungszusammenarbeit – Nein, deswegen sage ich ja, dass ich sie in Schutz mit ihren Nachbarländern haben, nicht weil Deutschland nehme. – Das, was Volkmar Klein hier gesagt hat, war das meiste Geld mitbringt, sondern das beste Knowhow ein durchschaubares Manöver: Sie haben die 80 Millio- hat. Das ist eine Frage der Wirksamkeit. nen Euro, die in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom An vielen Stellen ist es offenkundig, dass man mit BMZ zum Auswärtigen Amt verschoben wurden, ge- wenig Geld eine große Wirkung erzielen kann. Ich nenne nutzt, um zu sagen: Es wurde ja gar nicht gekürzt. – Für in diesem Zusammenhang beispielsweise die AFI, die so dumm kann man uns schlicht und einfach nicht ver- Allianz für finanzielle Inklusion. Sie wurde ursprünglich kaufen. So dumm ist niemand! von der Gates Foundation gegründet und wird heute von (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unserem Geld mit unterstützt. Weiter nenne ich das sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Netzwerk von Notenbanken, die in den Entwicklungs- KEN) ländern auch regulatorisch die Grundlagen dafür legen, dass zum Beispiel in Westafrika Mobile Banking ge- Diese 80 Millionen Euro hätten im Haushalt des BMZ macht werden kann. Die Menschen dort können Kleinst- eigentlich draufgesattelt werden müssen. Hinzu kommen guthaben transaktionskostenfrei per Handy übermitteln. müssten noch die insgesamt 144 Millionen Euro, die aus Das sind tolle Dinge. dem Europäischen Entwicklungsfonds zurückgeflossen 25314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Priska Hinz (Herborn) (A) sind. Das wäre dann eine reelle Zahl. Alles andere ist plus 600 Millionen Euro zusätzlich für den internationa- (C) eine Kürzung des Haushalts des BMZ. len Klimaschutz. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Funktionsverla- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Alles unge- gerung ist Funktionsverlagerung! Da gehen deckte Schulden!) die Mittel doch mit!) Sie können uns also nicht vorwerfen, dass wir für Ent- Darüber können auch viele Worte nicht hinwegtäuschen. wicklungszusammenarbeit nicht genügend Geld ausge- ben wollen. Im Gegenteil: Wir halten am 0,7-Prozent- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ziel fest. Wir würden mit diesem Aufholplan das BMZ Frau Kollegin Hinz, der Kollege Heiderich würde Ih- stärken. Mit diesem Aufholplan würden wir auch das nen gerne eine Zwischenfrage stellen. 0,7-Prozent-Ziel erreichen, zwar nicht 2014, aber 2017. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wir haben NEN): eine Staatsschuldenkrise, und Sie gehen so mit Ja, gerne. dem Geld um!) Diese Kürzung im Haushalt des BMZ erfolgte wohl (CDU/CSU): auf Wunsch eines einzelnen Abgeordneten im Haus- Sehr geehrte Frau Kollegin, wir haben eben der Rede haltsausschuss, der derselben Fraktion angehört wie der von Herrn Koppelin zugehört. Ich habe von Herrn Minister. Koppelin erfahren, dass dem Antrag, die Mittel für den EEF um 144 Millionen Euro zu kürzen, auch die Grünen (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: zugestimmt haben. Hört! Hört!) (Helga Daub [FDP]: Genau!) Das ist eine ganz besonders pikante Sache. Dass die CDU, die ihre Kanzlerin immer aufs internationale Par- Ich habe mir das so notiert. Ich glaube, das ist eine ganz kett schickt, da mitmacht, finde ich besonders erstaun- wesentliche Aussage. Ich würde von Ihnen gerne wis- lich. Sie haben ja auch offensichtlich Probleme, hier zu sen: Haben Sie zugestimmt oder nicht? Vernebeln Sie argumentieren. Deswegen hat Volkmar Klein ja auch so das jetzt, indem Sie hier andere Dinge in die Diskussion virtuos eine Vernebelungstaktik angewandt. einbringen? (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Er hat die Fak- (B) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ten auf den Tisch gelegt!) (D) der FDP) Ich weiß, dass viele von Ihren Kolleginnen und Kollegen das Ganze nicht mittragen wollen. Wir sind gespannt, Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wie nachher die Abstimmung über unseren Änderungs- NEN): antrag ausgeht. Es freut mich, dass meine Antwort nicht auf die Rede- zeit angerechnet wird; denn das wollte ich eh sagen. Vie- (Zuruf von der CDU/CSU: Ablehnung!) len herzlichen Dank! – Ja, wir waren der Meinung, dass es keinen Sinn macht, die 144 Millionen Euro, die beim Ich halte es für notwendig, noch einmal deutlich zu Europäischen Entwicklungsfonds nicht gebraucht wer- machen, dass die entwicklungspolitische Strategie der den, dort verfallen zu lassen. Dass die Mittel da gekürzt Bundesregierung und der Koalition auch jenseits der werden müssen, ist völlig logisch. Tatsache, dass das ODA-Ziel aufgegeben wurde und der Koalitionsvertrag zumindest in diesem Bereich über- (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Ach so!) haupt nicht mehr gilt, nicht richtig erkennbar ist. Es gibt zwar eine Vereinbarung, die festlegt, wie die Not- und – Darf ich bitte ausreden? – Das Ministerium hat Vor- Übergangshilfe in das Auswärtige Amt überführt werden schläge unterbreitet, wo die Mittel etatisiert werden kön- soll. Die Glaubwürdigkeit wurde aber schon bei der ers- nen. Ihre Koalition hat diese Vorschläge als Berichter- ten Nagelprobe erschüttert, als es darum ging, wer für stattervorschläge aber nicht gelten lassen und nicht als die Not- und Übergangshilfe sowie die Strukturhilfe ei- Anträge eingebracht. Wir Grünen haben einen ODA- gentlich verantwortlich ist. Da haben Sie schon versagt. Aufholplan vorgelegt, mit dem wir 900 Millionen Euro Es gab wieder keine Koordination zwischen den Minis- zusätzliche Mittel für das BMZ beantragt haben. terien. Es mussten erst Zeitungsberichte erscheinen, be- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ungedeckte! – vor die Minister klärten, wer bei der Hungersnot in Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Zusätzliche Dadaab zuständig ist, wer künftig die Mittel ausgibt und Schulden sind das!) wer die Verträge weiter gestaltet. Das ist doch wirklich ein Armutszeugnis. Zusätzlich 900 Millionen Euro! – Sie können ruhig ste- hen bleiben, bis ich Ihnen eine vollständige Antwort ge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geben habe. – Hinzu kommen 300 Millionen Euro für sowie bei Abgeordneten der SPD) weitere Etats. Das macht 1,2 Milliarden Euro Das zeigt, dass wir mit unserer Auffassung richtigliegen, (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Schulden!) dass es nicht sinnvoll ist, die entsprechenden Mittel zu Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25315

Priska Hinz (Herborn) (A) verschieben, und dass es notwendig ist, die Not- und Helga Daub (FDP): (C) Übergangshilfe im BMZ zu belassen. Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Selten hat ein Haushalt schon im Vorfeld solch eine me- Zu der Frage, ob das BMZ die Federführung im Len- diale Begleitmusik erfahren wie dieser Einzelplan. Das kungsausschuss haben soll, haben wir noch gar nichts ist auch gut so. Endlich ist der zweitgrößte Investitions- gehört. Wir wissen überhaupt nicht, wer die Federfüh- haushalt, der sonst eher unter Nichtbeachtung leidet, rung besitzt und wie die Koordination innerhalb der auch einmal im Fokus. Bundesregierung aussieht. Es ist schlecht für die Ent- wicklungszusammenarbeit, wenn es hier kein feder- (Beifall bei der FDP) führendes Ressort gibt, das mit den anderen Ressorts Es gibt überhaupt keinen Grund, unsere Erfolge kleinzu- Kooperationen und Ausgaben vereinbart. Die vielbe- reden. schworene Kohärenz gibt es nicht. Wenden wir uns den Tatsachen zu. Bei wichtigen Wir haben, wie gesagt, 900 Millionen Euro zusätzlich Schwerpunkten tun wir heute mehr als zuvor. Multilate- beantragt. ral stocken wir die Mittel für die Vereinten Nationen um 10,4 Millionen Euro auf. Kollege Koppelin hat die Zah- (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Ungedeckt!) len schon erwähnt, aber das kann man nicht oft genug – Nein, die sind nicht ungedeckt, lieber Kollege Barthle. machen. Sie wissen genau, dass wir in der Bereinigungssitzung (Beifall der Abg. Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP] einen entsprechenden Deckungsvorschlag gemacht ha- und Norbert Barthle [CDU/CSU]) ben, aus dem hervorgeht, wie das Ganze finanziert wird und wie gleichzeitig die Nettokreditaufnahme stärker ge- Das Gleiche machen wir bei der internationalen senkt werden kann als jetzt durch die Koalition. Zusammenarbeit mit den Regionen. Da beträgt die Auf- stockung insgesamt 10 Millionen Euro. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Eine Luftbuchung!) (Zuruf der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD]) Entwicklungspolitische Vorhaben der Stiftungen und der Jenseits der Quantität setzen wir deutliche Schwer- Kirchen erhalten mit jeweils 2 Millionen Euro mehr ei- punkte bei Klimaschutz, Gesundheitsversorgung in Ent- nen größeren finanziellen Spielraum. Durch dieses Geld wicklungsländern sowie bei Grund- und Sekundarbil- für die Zivilgesellschaft stärken wir das bürgerschaftli- dung. Außerdem müssen die multilateralen Hilfen che Engagement; dies ist ein wichtiger Aspekt. gestärkt werden; denn im Rahmen der internationalen (B) Zusammenarbeit muss man die Kooperation mit anderen (Beifall bei der FDP) (D) Geberländern und internationalen Organisationen su- Im Übrigen ist das ein Kernanliegen liberaler Politik. chen. Im Koalitionsvertrag wird nicht grundlos auf die wich- Ein letzter Satz. Wir Grüne hätten sicherlich auch tige Rolle von Kirchen und Stiftungen hingewiesen. 1,2 Milliarden Euro mehr beantragen können, Diese Institutionen sind unverzichtbar für den Aufbau und die Festigung demokratischer und rechtstaatlicher (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Mit Strukturen in Entwicklungsländern. Wir alle erleben ja Deckungsvorschlag!) die Dynamik der Veränderungen in diesen Ländern. Insofern ist es folgerichtig, dass wir in unserem Haushalt um die Umsetzung unseres Aufholplans bei der ODA- einen entsprechenden Aufwuchs haben. Stiftungen und Quote zur forcieren. Wir haben nun einen Änderungs- Kirchen können auch gerade in den Ländern arbeiten, in antrag vorgelegt, der zum Ziel hat, wenigstens den ur- denen sich staatliche Organisationen nicht oder noch sprünglichen Ansatz für das BMZ wiederherzustellen. nicht etablieren können. Dort leisten sie unverzichtbare Arbeit. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir wollen eine intensive Einbindung aller Beteilig- Frau Kollegin. ten in die Entwicklungspolitik. Das heißt für uns: Wir setzen auf den Dreiklang von Staat, Wirtschaft und Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zivilgesellschaft. Da ich gerade die Wirtschaft erwähne NEN): – ich weiß, einige mögen jetzt vielleicht Pickel bekom- Ich hoffe sehr, dass Sie sich ein Herz fassen und unse- men –, möchte ich sagen: Durch jeden Euro, den wir rem Änderungsantrag zustimmen. ausgeben – das Ministerium heißt ja auch Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung –, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN kommen 3 bis 4 Euro zurück. Es ist also ein Geben und sowie bei Abgeordneten der SPD) Nehmen. Wir erschließen neue Märkte. Wir schaffen auch Arbeitsplätze. Mindestens genauso wichtig ist, dass wir damit auch helfen, unsere Werte und Standards zu Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: verbreiten. Helga Daub hat das Wort für die FDP-Fraktion. (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten CDU/CSU – Wolfgang Gehrcke [DIE der CDU/CSU) LINKE]: Das habe ich befürchtet!) 25316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Helga Daub (A) – Ja, gut, Sie haben andere Werte und Standards. Das Dazu bedarf es aber auch eines Prioritätenkatalogs – so (C) weiß ich. nenne ich es einmal – des Parlaments und des Haushalts- ausschusses. Ich sage an dieser Stelle: Bündnis 90/Die (Wolfgang Gehrcke [DIE LINKE]: Wohl Grünen haben dem im Haushaltsausschuss zugestimmt. wahr! – Dr. h. c. Jürgen Koppelin [FDP]: Wenn überhaupt!) (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben doch viel mehr bean- Der Bereich Aus- und Fortbildung – dies wurde schon tragt!) mehrmals erwähnt – wird jetzt mit einem Plus von 5 Millionen Euro verstärkt. Der Deutsche Akademische Nun könnten es – eine Nachrechnung wird das ergeben – Austauschdienst, die Alexander-von-Humboldt-Stiftung 0,39 Prozent werden; eventuell ist auch eine Quote von und die Deutsche Welle profitieren davon. Damit werden 0,4 Prozent möglich. Zum Vergleich: Beim Amtsantritt wichtige Weichen für die Zukunft und für eine erfolgrei- dieser Regierung betrug die ODA-Quote 0,35 Prozent. che Entwicklungspolitik gestellt. Vielleicht sollte man die Vorgaben zur Berechnung der ODA-Quote, die immerhin – es ist vorhin schon ein- Natürlich würden wir alle gerne mehr geben und mal erwähnt worden – 30 Jahre alt sind, einmal überden- mehr helfen. Ich mache an dieser Stelle auch keinen ken. Ohne die Bedeutung der Entwicklungszusammen- Hehl aus meiner Enttäuschung, dass der Einzelplan 23 arbeit zu mindern, sollte man überprüfen, ob sie noch nicht die vollen 144 Millionen Euro bekommt. Ich weiß, zeitgemäß sind. Um deutlich zu machen, was sich in den ich habe das mit unterschrieben. Schließlich sind es letzten 30 Jahren alles verändert hat, braucht man nur nicht abgerufene Mittel aus dem Europäischen Entwick- auf die Informationstechnologie und auf all die Verände- lungsfonds; das sind Gelder, die wir uns eigentlich er- rungen zu verweisen, die sie mit sich gebracht hat. arbeitet haben. Dass ich das so hinnehme – ich spreche jetzt für mich persönlich –, hat damit zu tun, dass wir Allerdings – das betrifft unseren Bereich ganz beson- nicht der einzige Haushalt sind, der Kürzungen hinneh- ders – sind aus vielen Entwicklungsländern inzwischen men muss. Das Ganze dient der Haushaltskonsolidie- Schwellenländer geworden. rung. Ich habe noch die Worte des haushaltspolitischen Sprechers der SPD im Ohr – er ist gerade nicht anwe- (Abg. [BÜNDNIS 90/DIE send –, der die ganze Zeit von Haushaltskonsolidierung GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwischen- gesprochen hat. Daher müsste ihm an dieser Stelle das frage) Herz höher schlagen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Wollen Sie die Frage von Herrn Kekeritz zulassen? (B) der CDU/CSU – Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Was (D) ist mit den Prioritäten in Zukunftsinvestitio- nen?) Helga Daub (FDP): Nein. – Liebe Kollegen und Kolleginnen, ich sage Übrigens ist der vorübergehende Minderbedarf der ganz nebenbei: Wenn wir in Europa und in Deutschland Europäischen Kommission nicht zuletzt unserer kriti- nicht aufpassen, sind wir eines Tages diejenigen, die der schen Haltung zur Budgethilfe geschuldet. Entwicklungszusammenarbeit mit anderen Ländern bedürfen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) (Dr. [SPD]: Wie bitte? – Weitere Auch die Europäische Kommission schaut jetzt im Inte- Zurufe von der SPD: Oh!) resse der Steuerzahler bei der Mittelvergabe genauer hin. Immerhin gehen noch 20 Millionen Euro dieser 144 Mil- Das ist jedoch eine Diskussion, die man an anderer lionen Euro in den Haushalt des BMZ. Die restlichen Stelle und unter anderen Gesichtspunkten führen muss. 124 Millionen Euro werden zur Haushaltskonsolidierung Noch einmal: Wir stellen die ODA-Quote nicht in- eingesetzt. Letztlich ist dies ein lobenswertes Ziel. frage. Aber man sollte vielleicht über eine Anpassung Jetzt komme ich zur ODA-Quote. Zugegeben, es der Kriterien zu ihrer Berechnung nachdenken. wäre in der Tat schöner gewesen, wenn wir schon jetzt (Beifall bei Abgeordneten der FDP) sagen könnten, dass wir 0,4 Prozent erreicht hätten. Bevor von der Opposition allzu sehr gebarmt wird, (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Im Koalitions- muss ganz deutlich festgestellt werden: Seit 2009 ent- vertrag steht 0,7 Prozent!) spricht der Aufwuchs der ODA-Quote einem Betrag von immerhin 1,3 Milliarden Euro, und die Bundesrepublik Es wäre ein gutes Signal dafür gewesen, dass wir den ist nach wie vor zweitgrößter bilateraler Geber weltweit. Willen haben, eine Quote von 0,7 Prozent bis 2015 zu erreichen. Dass dies gewaltiger Anstrengungen bedarf, Da meine Redezeit fortgeschritten ist, wissen wir, Herr Hoppe. Dafür wären 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bis 2015 notwendig. Das ist nicht zu ma- (Bärbel Kofler [SPD]: Ja! Zum Glück!) chen; aber es wäre ein gutes Symbol gewesen. komme ich zum Schluss. (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall des Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE Das können wir noch korrigieren!) LINKE]) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25317

Helga Daub (A) Fakt ist: Seit Amtsantritt dieser Regierung ist der BMZ- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (C) Etat um gut 600 Millionen Euro gestiegen. Entwick- DIE GRÜNEN) lungszusammenarbeit ist eine Investition in eine bessere Zukunft für die Entwicklungsländer. Diesem Ziel ist Die Probleme sind nicht erst seit heute bekannt, son- diese Regierung weiterhin verpflichtet. dern sie kamen schon in der ersten Debatte zu diesem Haushalt zur Sprache. Der Aufwuchs in Höhe von (Bärbel Kofler [SPD]: Man merkt nur nichts 37,5 Millionen Euro, der im Haushalt enthalten ist, hätte davon!) – das wissen wir doch alle – nie im Leben gereicht, um Danke. unserem internationalen Versprechen, bis 2015 eine ODA-Quote von 0,7 Prozent zu erreichen, auch nur an- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) satzweise nachzukommen. Spätestens jetzt werden Sie zu Vertragsbrechern. Wir haben heute schon mehrmals Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: festgestellt: Dieser Koalitionsvertrag ist wirklich das Pa- Sascha Raabe hat das Wort für die SPD-Fraktion. pier nicht wert, auf dem er gedruckt ist; er ist genauso hinfällig wie Ihre gesamte Koalition. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Dr. Sascha Raabe (SPD): Das Ergebnis der Bereinigungssitzung des Haushalts- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen ausschusses lag im Morgengrauen vor. Der Begriff und Kollegen! Liebe Kollegin Daub, im Fachausschuss „Grauen“ trifft es ziemlich genau. Das Geld, das drin- schätze ich Sie ja durchaus. gend gebraucht wird für den Aufbau von sozialen Siche- (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Zu Recht!) rungssystemen, für Bildung, für Gesundheit, für Ernäh- rungssicherung, für Bewässerungsprojekte, all das Geld Aber wenn Sie in einer Situation, in der Deutschland, fehlt jetzt. Deswegen haben viele Organisationen der was die Steuereinnahmen angeht, bedingt durch viele Zivilgesellschaft uns Abgeordnete heute noch einmal an- Faktoren so gut dasteht wie nie – wenn Sie heute geschrieben und an uns appelliert, diese Kürzungen Morgen die Generaldebatte verfolgt haben, konnten Sie nicht hinzunehmen. Liebe Kolleginnen und Kollegen das hören –, sagen: „Wir müssen aufpassen, dass von der Koalition, hören Sie die Signale! Haben Sie den Deutschland nicht irgendwann einmal zu einem Ent- Mut, auch einmal gegen Ihre Fraktionsoberen zu stim- wicklungsland wird“, und wenn ausgerechnet in einem men! Stimmen Sie diesen Kürzungen nachher nicht zu! Jahr, in dem wir eine so gute finanzielle Basis haben, der Entwicklungsetat gekürzt wird, (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des (B) ( [FDP]: Ich denke, Sie wollen (D) noch mehr sparen! Was denn nun?) Abg. Dr. Dietmar Bartsch [DIE LINKE]) dann ist das ein Schlag ins Gesicht der 900 Millionen Zu verantworten, Herr Minister Niebel, hat diese Kür- Menschen, die hungern. Das ist schäbig, und das weise zungen keineswegs das Parlament, wie Sie es in einer ich hier in aller Schärfte zurück, liebe Kolleginnen und Pressemitteilung und in der Haushaltssitzung behauptet Kollegen. haben. In diesem Haus gab es einen entwicklungspoliti- schen Konsens. Die Mehrheit der Abgeordneten hat ei- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nem Aufwuchs um 1,2 Milliarden Euro pro Jahr zu- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der gestimmt. Sie haben daraus nie etwas gemacht. Wenn LINKEN – Heinz-Peter Haustein [FDP]: Das Sie auftreten, ob hier oder in aller Welt, dann tun Sie das ist nicht schäbig! – Otto Fricke [FDP]: Sie breitbeinig und am liebsten mit Feldjägermütze. wollen doch noch mehr sparen!) (Zurufe von der FDP) Deutschland ist ganz weit davon entfernt, ein Ent- wicklungsland zu werden. Aber in der Tat verspielen wir Letztes Mal, bei der ersten Debatte, haben Sie – groß- unsere Zukunft, wenn wir nicht über den eigenen Teller- spurig, wie Sie sind – etwas von einem Rekordhaushalt rand blicken und nicht verstehen, dass wir in einer Welt erzählt. Und jetzt lassen Sie sich von Ihrem eigenen leben, in der wir die bestehenden Herausforderungen nur Haushälter, von Herrn Koppelin, am Nasenring durch gemeinsam mit anderen Ländern bewältigen können. die Manege ziehen. Das gilt gerade im Hinblick auf das Bevölkerungswachs- tum. Bis zum Jahr 2050 werden 9 Milliarden Menschen (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zurufe auf der Welt leben. Mit all diesen Menschen sitzen wir von der FDP) sozusagen in einem Boot; wir müssen sie mitnehmen. Das ist doch lächerlich. Kein Wunder, dass Sie am Kabi- Wir können uns nicht ausklinken und so tun, als wür- nettstisch nicht einen einzigen Tagesordnungspunkt den wir nicht wahrnehmen, was um uns herum ge- durchgesetzt haben. Wie wollen Sie gegenüber der Bun- schieht. Wir erleben gerade in sehr vielen Staaten deskanzlerin 1 Milliarde Euro durchsetzen, wenn Sie Kriege, Konflikte, Hunger, Armut, Chaos und Terror. In nicht einmal in der Lage sind, 37 Millionen Euro gegen- einer solchen Situation können wir doch nicht einfach über Ihrem eigenen Haushälter durchzusetzen? Das ist den Entwicklungsetat kürzen und dann noch sagen: Das eine Lachnummer. müssen wir machen, weil Deutschland sonst selbst ein Entwicklungsland wird. – So geht das nicht, liebe Kolle- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des ginnen und Kollegen! BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 25318 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Dr. Sascha Raabe (A) Herr Minister, Sie sollten einmal Ihr Verhältnis zu den fizienz“ in den Mund – führten sollte. Dann werfen Sie Ih- (C) Kollegen Ihrer eigenen Partei überprüfen. Auch als Sie rem ehemaligen besten Freund Westerwelle aber vor: damals einen Sonderfonds für Haiti forderten, hat Ihnen Es kann nicht sein, dass Menschen in der von Kri- Herr Koppelin den herausgestrichen. Es kann doch nicht sen geschüttelten Region am Horn von Afrika unter sein, dass jedes Mal, wenn Herr Koppelin „Sitz!“ sagt, der Untätigkeit des Auswärtigen Amtes leiden. der Bundesminister für Entwicklung, der Wuffi Dirk, wie ein kleiner Hund mit dem Schwänzchen wackelt. Das kommt dabei heraus, wenn man die Kernzuständig- keit des BMZ, nämlich humanitäre Hilfe zu leisten, aus- (Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD) lagert, um einen Kuhhandel zu machen. Anschließend Das ist doch ein wichtiges Thema, Herr Minister. Da klagen Sie öffentlich in der Presse Westerwelles Untätig- reicht es nicht, sich aufzuplustern. Sie müssen wenigs- keit an. Da kann natürlich eine Männerfreundschaft tens Ihren eigenen Haushälter mit Autorität von Ihrer schon einmal auf der Strecke bleiben. Noch schlimmer Sache überzeugen. Sonst werden Sie mit Ihren Anliegen ist aber, dass Zehntausende Flüchtlinge in der Krisen- im Kabinett keine Glaubwürdigkeit haben. region am Horn von Afrika darunter leiden.

Herr Minister, ich habe schon mehrmals Ihre Vettern- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: wirtschaft kritisiert. Das mache ich jetzt nicht noch ein- Herr Raabe! mal. Bemerkenswert ist aber, dass die Personalpolitik im BMZ – das spiegelt sich im Haushalt wider – immer mehr in Richtung Wahlkampf geht. Die Abteilung „Pla- Dr. Sascha Raabe (SPD): nung und Kommunikation“ wird mit Stellen aufgebläht. Ich komme zum Schluss. – Ich kann Ihnen nur sagen, Der Personalrat spricht davon, dass – ich zitiere – „in liebe Kolleginnen und Kollegen von der Koalition: den operativen Kernbereichen des Hauses Schmalhans Wenn Sie heute so abstimmen, wie Sie abstimmen wol- Küchenmeister ist“, weil immer mehr gute Leute aus den len, dann müssen Sie den Menschen erklären, warum Sie Fachabteilungen abgezogen werden, sodass letztlich nur an diesem trüben Novembertag das 0,7-Prozent-Ziel zu noch Propaganda gemacht wird. Grabe getragen haben. Ich appelliere an Ihr Gewissen: Stimmen Sie dem nicht zu! Man muss sich dann schon die Frage stellen, ob mit (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten diesem Haushalt für das Jahr 2013 nicht eher das Ziel des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) verfolgt wird, den Bundestagswahlkampf statt im Dehler-Haus im BMZ mit dem Geld der deutschen Steu- erzahler planen zu können. Nachdem Sie die Service- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (B) stelle „Engagement Global“ gegründet haben, werden hat jetzt das Wort für die CDU/CSU- (D) Sie demnächst wahrscheinlich auch noch eine Service- Fraktion. stelle „Engagement Liberal“ gründen. Wenn es um Ihre (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Partei geht, Herr Minister, ist Ihnen nichts zu teuer. Das trifft aber auf die Menschen, die es nötig hätten, leider nicht zu. Johannes Selle (CDU/CSU): Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Das Ziel der wirt- Herr Minister, Sie haben in Ihrem Haus seit 2010, schaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung ist es, al- wenn ich richtig gezählt habe, mehr als 20 Strategie- len Menschen ein menschenwürdiges Leben zu ermögli- papiere schreiben lassen. Selbst wir als Fachpolitiker chen. Das ist eine ehrenvolle Aufgabe, die aber riesengroß haben Mühe, da die Übersicht zu behalten. ist und die durch Bevölkerungswachstum, Klimaverän- derungen und Ressourcenverknappung wächst. Zusätz- (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das kann ich mir lich erfordern Naturkatastrophen wie Überschwemmun- bei Ihnen vorstellen! – Weiterer Zuruf von der gen und Dürren unsere Hilfe. Dort, wo Not herrscht, FDP: Strengt euch mal an!) muss auch in Zukunft schnell geholfen werden. Deutsch- Ständig werden uns neue Konzepte präsentiert. In der land hat auf die Hungersnot in Ostafrika zum Beispiel Chefetage des BMZ wird so viel heiße Luft produziert, unmittelbar mit Hilfen in Höhe von 33,5 Millionen Euro dass man schon Angst vor Wüstenbildung haben muss. reagiert – zusätzlich zu den Leistungen im Rahmen un- Dazu passt, dass Sie uns neulich ein entwicklungspoliti- serer multilateralen Zusammenarbeit. sches Weißbuch vorgelegt haben, in dessen zehn Haupt- Die Millenniumsentwicklungsziele zu erreichen, wird botschaften auf der ersten Seite Sie eigentlich nur sich wohl leider nicht ganz gelingen. Gerade bei Hunger und selbst feiern. Die Begriffe „Hunger“ und „Armut“ tau- Unterernährung sind die Zahlen – erst von 20 Prozent chen in dieser Gliederung kein einziges Mal auf. auf 16 Prozent gefallen und jetzt wieder auf 19 Prozent gestiegen – ganz wesentlich verursacht durch die stei- Ich kann nur sagen: Wir Sozialdemokraten haben eine genden Lebensmittelpreise. Strategie vorgelegt, in der die Bekämpfung von Hunger und Armut an allererster Stelle steht. Sie hingegen ma- Wir werden zunehmend damit konfrontiert, durch chen in erster Linie Außenwirtschaftsförderung. Sie ha- fehlende Entwicklung verursachte kriegerische Aus- ben eine Ressortvereinbarung mit dem Auswärtigen Amt einandersetzungen und terroristische Bedrohungen zu geschlossen, die angeblich zu einer besseren Abstimmung bewältigen. Ich darf an Mali, Sudan, Südsudan und ganz und mehr Effizienz – Sie nehmen ja immer das Wort „Ef- aktuell an Kongo erinnern. Deshalb ist es wichtig, dass Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25319

Johannes Selle (A) wir in unserer Entwicklungszusammenarbeit Konflikt- (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Haben Sie die (C) prävention fördern und vor allem in fragilen Staaten mit falsche Rede dabei?) unserem Engagement nicht nachlassen. Der Ansatz für den Europäischen Entwicklungsfonds be- (Zuruf der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD]) trug 838 Millionen Euro. Wegen fehlender sinnvoller Pro- jekte meldete die Kommission einen um 144 Millionen Aus meiner Sicht ist es an der Zeit, dem Gedanken ei- Euro geringeren Bedarf an. Niemand hat bisher hinter- nes stärkeren, dauerhaften Engagements in einem Land fragt, warum der Europäische Entwicklungsfonds seine näherzutreten. Dadurch könnte langfristig der Verwal- Ziele wiederholt nicht erreicht hat. Daran hat auch die tungsaufbau und damit eine gute Regierungsführung Opposition keine Kritik geübt. Wir hätten das nicht be- schneller vorangebracht werden. Der Südsudan zum nötigte Geld gerne in andere Projekte gesteckt. Dazu ha- Beispiel braucht das. Ganzheitliche Konzepte fehlen ein- ben wir auch Vorschläge vorbereitet. fach. Zudem würden die Zivilgesellschaft und die Wirt- schaft in Deutschland viel stärker motiviert. Entwicklung, Hilfe und Arbeit zugunsten der Schwächsten in der Welt: Das ist unsere tägliche Be- Mit Minister Niebel hat es einen Paradigmenwechsel schäftigung und wird dadurch zu einer Angelegenheit gegeben. des Herzens, weil wir eben so dicht dran sind. Im Haus- (Zuruf von der SPD: Ja, das stimmt!) haltsausschuss wurden nun Tatsachen geschaffen. Die Entwicklungszusammenarbeit hat ihre Wirksamkeit (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Ja, leider!) im Inland erhöht. Die Vorfeldreform, an der sich die Vor- Von den 144 Millionen Euro wurden 22,9 Millionen gängerin des Ministers elf Jahre lang erfolglos versucht Euro dem Einzelplan 23 für die Verstärkung der Projekte hat, belassen. 121 Millionen Euro wurden zur Reduzierung (Dr. Rainer Stinner [FDP]: Das kann man der Kreditaufnahme verwendet. Das mag vor dem Hin- sagen!) tergrund der Verschuldung plausibel erscheinen, wäre von den Entwicklungspolitikern aber nicht unterstützt ist eine große Erfolgsgeschichte. worden. Im weiteren parlamentarischen Verfahren ist aber eine Änderung nicht so einfach möglich. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Die Projekte, die im Entwurf des Haushaltes vorgese- hen waren, haben darunter nicht gelitten. Die Mittel da- Die Integration von WZ-Referenten an den deutschen für wurden teilweise erhöht. Das darf man auch einmal Botschaften kommt voran und wird von unseren Part- sagen. Ich möchte auch auf die Gefahr hinweisen, dass (B) nern sehr geschätzt. Für den Umgang mit fragilen Staa- der Europäische Entwicklungsfonds die Gelder, die er (D) ten wurde ein schlüssiges und anerkanntes Konzept vor- nicht gebraucht hat, noch einfordern kann, wie es in der gelegt. Finanzierungsvereinbarung steht. Wenn Jobs wichtig für die Bekämpfung der Armut Noch einige Worte zu den Anträgen, über die heute sind, dann heißt das, die Wirtschaft einzubeziehen. abgestimmt werden muss: Nachhaltige Beschäftigung und selbsttragender Auf- schwung brauchen Arbeitsplätze im produzierenden Ge- Die SPD verlangt ganz locker 1,4 Milliarden Euro werbe. Die Förderung der Privatwirtschaft in Entwick- mehr lungsländern hat eine größere Bedeutung bekommen. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) 90 Prozent aller neugeschaffenen Stellen entstehen näm- lich durch privatwirtschaftliche Initiativen. und legt natürlich keine Gegenfinanzierung vor, obwohl Kollege Steinbrück gerade heute früh eine Nullverschul- (Beifall bei Abgeordneten der FDP) dung für möglich hielt. „Der Privatsektor ist Wachstumsmotor“, so Staats- (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Da stimmt nicht sekretärin Gudrun Kopp. In dieser Linie steht auch der einmal die Summe!) Haushaltsentwurf der Regierung mit einer Erhöhung von 37,5 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr auf insge- Das ist im Vergleich zu den gut 2,25 Milliarden Euro, samt 6,4 Milliarden Euro. die die Linken in ihren Anträgen fordern, (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Also das ist ja jetzt (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) wirklich Makulatur! Reden Sie doch über das, bescheiden. Vielleicht gilt auch hier der Satz: Je weiter worüber wir heute abstimmen!) weg von einer Regierungsbeteiligung man ist, desto Wir Entwicklungspolitiker wünschen uns mehr, aber wir leichter fallen die Forderungen. stehen in der Verpflichtung, den Haushalt zu konsolidie- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ren. Das ist auch für die wirtschaftliche Zusammenarbeit sehr wichtig, damit wir weiter helfen können. Für Ausgaben von 2,25 Milliarden Euro reichen der Linken eineinhalb Seiten. Wenn man die Mittel für die Alle wesentlichen Positionen im Haushalt steigen Schwerpunkte addiert, die nach Ihrer Meinung mehr Un- nach diesem Entwurf. Ich rede dabei von den Positionen, terstützung benötigen, dann sieht man, dass 800 Millio- deren Mittel an Institutionen gehen, die direkt für die nen Euro gar nicht untersetzt sind, nach dem Motto: Das Menschen arbeiten. Ministerium wird die restlichen Gelder schon vernünftig 25320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Johannes Selle (A) einsetzen. – Meine Kollegen von den Linken, diese ein- kerrechtlich verbindliches Versprechen einlösen. Aber (C) einhalb Seiten sprechen ganze Bände, wie seriös Sie mit seit Ihrem Amtsantritt dümpelt die deutsche Entwick- der knappen Ressource Steuergeld umgehen. lungshilfequote bei mageren 0,4 Prozent oder weniger herum. Das zeigt, wie viel Ihnen Entwicklungszusam- Aber auch die nicht untersetzten Forderungen der menarbeit praktisch wert ist: so gut wie nichts. SPD sind groß genug, dass man annehmen kann, dass sie ebenfalls nicht mit einer Regierungsbeteiligung rechnet. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Um wie versprochen die 0,7Prozent bis 2015 zu schaffen, bräuchten wir eine Steigerung des Entwick- Bleibt der Antrag der Grünen, der es zwar in sich hat, lungshaushalts von etwa 2 Milliarden Euro pro Jahr. aber aufgrund der Zustimmung im Haushaltsausschuss Deshalb, Herr Selle, haben wir diesen Antrag hier einge- in einem ganz anderen Licht erscheint. Der Antrag trifft bracht. Machbar ist das. Wer 33,3 Milliarden Euro für auch den Nerv der Unionsabgeordneten, die als Fach- den Verteidigungshaushalt ausgibt wie diese Regierung, politiker von dem Beschluss im Haushaltsausschuss aber nur 6,3 Milliarden Euro für Entwicklung, setzt fal- überrascht wurden. Ich habe die Initiative unterstützt, sche Prioritäten. Mit einem Bruchteil des Geldes, das Sie das 0,7-Prozent-Ziel verstärkt anzustreben. für Rüstung und Krieg ausgeben, ließen sich Armut und (Dr. Bärbel Kofler [SPD]: Wie winden Sie sich Elend auf dieser Welt bekämpfen. jetzt da raus?) (Beifall bei der LINKEN) „Wir wollen nicht die Union “, hat Ihr Vorsitzender Nun soll das Volumen des Entwicklungshaushalts so- auf dem Parteitag der Grünen unter Beifall gerufen, gar noch schrumpfen. Das besonders Pikante ist, dass (Dr. Christian Ruck [CDU/CSU]: Ja, das war Sie diese Haushaltskürzungen laut Presseberichten Ih- ein Fehler!) rem Parteikollegen Koppelin zu verdanken haben, der Sie damit offensichtlich schwächen möchte. Da stimmt den Sie anschließend wiedergewählt haben. Was Sie dann wohl bei der FDP der Satz: Die Steigerung von heute wollen, ist aber, unser gemeinsames Ziel politisch Feind ist Parteifreund. auszunutzen. Ich mag mich aber nicht auf diesen klebri- gen Fliegenfänger setzen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der LINKEN) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Eines Ihrer Ziele war die Fusion der staatlichen tech- [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE nischen Entwicklungszusammenarbeit. Sie haben dafür GRÜNEN]: Aber ich habe das nicht gesagt!) GTZ, DED und InWEnt zur GIZ, Gesellschaft für Inter- nationale Zusammenarbeit, zusammengefügt. Damit (B) (D) Dass wir mit einem Anteil am Gesamthaushalt von sollte die Entwicklungsarbeit effektiver werden. Die 2 Prozent mit über 10 Prozent zum Sparen im Gesamt- Idee war gut, die Realität ist ein Trauerspiel. Viele Be- haushalt beitragen, macht uns nicht glücklich. Ich und schäftigte sind frustriert. Laut der jüngsten Mitarbeiter- meine Kollegen geben das Ziel nicht auf, für eine effi- befragung ist fast die Hälfte der GIZ-Belegschaft mit ziente Entwicklungszusammenarbeit die dafür nötigen dem Fusionsprozess und der Arbeit des Vorstands unzu- Mittel aufzubringen. Dabei wissen wir die Kanzlerin an frieden. Da Sie, Herr Niebel, das Projekt immer als unserer Seite. Für die nächsten Beratungen sind wir je- Chefsache behandelt haben, ist das auch für Sie ein ver- denfalls sensibilisiert. nichtendes Urteil. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der LINKEN) Verheerend ist auch die politische Umorientierung, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: die Sie in der GIZ vorantreiben. Sie bauen das Unterneh- Für die Fraktion Die Linke hat das Wort der Kollege men zu einem weltweiten Dienstleistungsunternehmen . für Aufgaben aller Art um. Die Kernaufgabe der Ent- (Beifall bei der LINKEN) wicklungspolitik, die Armutsreduzierung, fällt dabei hinten runter. Im neuen Leitbild der GIZ steht dazu kein Niema Movassat (DIE LINKE): Wort mehr. Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Während für uns im globalen Norden eine ausrei- Niebel, ich bin guter Dinge, dass dies heute der letzte chende Ernährung, fließend Wasser und Strom meist entwicklungspolitische Haushalt unter Ihrer Verantwor- selbstverständlich sind, kämpfen unzählige Menschen tung ist, den wir uns antun müssen. Ihre Bilanz als Ent- im Süden täglich ums nackte Überleben. 1,4 Milliarden wicklungsminister ist verheerend. Menschen weltweit leben in extremer Armut. Die Teller bleiben leer, Schulen sind unerreichbar, sauberes Wasser (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- ist Luxusgut. Angesichts dessen ist Armutsbekämpfung neten der SPD – Otto Fricke [FDP]: Das ist wichtiger denn je. falsch, Herr Kollege!) (Beifall bei der LINKEN) Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag geschrieben, dass Sie 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Stattdessen bietet die GIZ Dienstleistungen an, die Entwicklungszusammenarbeit aufbringen wollen. Da- mit Menschenrechten und Entwicklungszusammenarbeit mit wollten Sie ein vor über 40 Jahren abgegebenes völ- nichts zu tun haben. So bildet die GIZ saudische Grenz- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25321

Niema Movassat (A) polizisten aus. Ich frage Sie, Herr Niebel: Ist Saudi-Ara- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) bien, in dem Frauen gesteinigt, Menschen zur Bestra- Thilo Hoppe hat jetzt das Wort für die Fraktion Bünd- fung Gliedmaßen abgehackt werden, ein Beispiel für nis 90/Die Grünen. Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit? Wir als Linke sagen klar Nein. Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): (Beifall bei der LINKEN – Dr. Christian Ruck Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! [CDU/CSU]: Sie zahlen dafür!) Ich will jetzt nicht die großen Linien der Entwicklungs- Für Sie ist Entwicklungspolitik nichts anderes als Au- politik beschreiben, sondern uns nur noch einmal vor ßenwirtschaftsförderung im Interesse deutscher Unter- Augen führen, um was es gleich in der namentlichen Ab- nehmen. Diese profitieren von Ihrem Kurs, nicht kleine stimmung gehen wird. Es geht allein darum, eine Fehl- und mittelständische Unternehmen in den Ländern des entscheidung des Haushaltsausschusses zu korrigieren Südens. und zu dem Entwurf zurückzukehren, den diese Bundes- regierung vorgelegt hat. (Beifall bei Abgeordneten der LINKEN) Um es klarzustellen: Wir stehen nach wie vor zu un- Dazu passen auch Ihre Renditeerwartungen. Vor kurzem serer Position, die Entwicklungsausgaben und die Aus- sprachen Sie im Entwicklungsausschuss davon, dass je- gaben für humanitäre Hilfe, also die ODA-Leistungen, der Euro in der Entwicklungszusammenarbeit zu einer Jahr für Jahr um 1,2 Milliarden Euro zu steigern. Denn Erhöhung des deutschen Exports um 3 bis 4 Euro führt. das wäre notwendig, um dem 0,7-Prozent-Ziel nahezu- Aus 1 Euro mach 4 Euro, 300 Prozent Rendite: Da er- kommen und es 2017 erreichen zu können. Das hätten blasst ja selbst ein Herr Ackermann vor Neid. wir wieder beantragen können, aber es wäre wieder ab- gelehnt worden. Das ist eine sinnlose Übung. (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN) Herr Niebel, Ihnen fällt Ihr eigener ideologischer Wi- Das, was wir jetzt vorlegen, ist nur die Streichung ei- derspruch nicht einmal mehr auf. Ich dachte, Liberale ner Streichung. Was ist geschehen? Der Regierungsent- lehnen Subventionen für Unternehmen ab. Nun bauen wurf sah eine zwar geringfügige, aber immerhin noch Sie zum Beispiel mit öffentlich-privaten Partnerschaften eine Steigerung des Entwicklungshaushaltes vor. Dann das Entwicklungsministerium zu einem Förderinstitut kam die überraschende Sitzung des Haushaltsausschus- für deutsche Unternehmen um. Mit liberaler Lehre hat ses, in der im Endeffekt 124 Millionen Euro herausge- das nichts zu tun. strichen wurden. Auch wenn hier mit vielen Zahlen jon- gliert wurde: Das lässt sich nicht wegreden. Das haben (B) (Beifall bei der LINKEN) auch andere Kolleginnen und Kollegen zugegeben und (D) bestätigt. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine reale Aber all das ist letztlich nur die Spitze des Eisbergs. Kürzung um 86,5 Millionen Euro. Das hat der Kollege Wir brauchen eine grundlegend andere entwicklungs- Klein auch zugegeben. politische Strategie. Die globale soziale Ungerechtigkeit muss beendet werden. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Abzüglich 78 Millionen! 78 Millionen muss man abzie- Heute besitzen weltweit 63 000 Menschen ein Vermö- hen!) gen von 40 Billionen Dollar. Das ist mehr als die Hälfte des jährlichen Bruttoinlandsprodukts aller Staaten auf Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den der Welt zusammengenommen. 63 000 Menschen – das letzten Jahren immer engagiert diskutiert und gestritten, sind gerade einmal 0,00009 Prozent der Weltbevölke- wie hoch die Aufwüchse sein müssten. Wenn wir das rung. heute Abend durchgehen lassen, dann wird es zum ers- (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Haben Sie ten Mal nach langer Zeit in die falsche Richtung gehen. sich vielleicht um zwei Nullen vertan?) Bisher ging die Fieberkurve noch nach oben. Jetzt wird es den Knick nach unten geben. Das wäre ein absolut fa- Gleichzeitig hat die Hälfte der Menschheit keinerlei Ver- tales Signal für die Glaubwürdigkeit Deutschlands in der mögen. Gleichzeitig verhungert alle fünf Sekunden ein Welt. Kind. Überall auf der Welt sterben Menschen an Hunger, ob in Guatemala, Kongo oder Indien. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Auf der einen Seite gibt es grenzenlosen Reichtum, auf der anderen Seite ungeheure Armut. Bei einer ge- Das wäre eine schlechte Nachricht. Bitte seien Sie rechten Verteilung des weltweiten Reichtums müsste sich der fatalen internationalen Wirkung dieses Signals heute niemand mehr an Hunger und Armut sterben. bewusst. Es ist doch kein Geheimnis – ich plaudere keine Interna aus –, dass sich der Entwicklungsminister, (Beifall bei der LINKEN) die Staatssekretärin und viele Kolleginnen und Kollegen aus dem Entwicklungsausschuss sehr über diese Streich- Deshalb müssen wir umverteilen – in Deutschland und aktion geärgert haben. weltweit. Das wäre tatsächliche Entwicklungspolitik. Danke für die Aufmerksamkeit. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wäre ja noch schöner, wenn (Beifall bei der LINKEN) sie es nicht machen würden!) 25322 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Thilo Hoppe (A) Herr Selle, ich nehme das Ganze sehr ernst. Ich hatte Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) versprochen, den Text des entwicklungspolitischen Kon- Für die CDU/CSU-Fraktion hat das Wort der Kollege senses über die zusätzlichen 1,2 Milliarden Euro, den Helmut Heiderich. viele von Ihnen dankenswerterweise unterschrieben ha- ben, niemals zum Anlass einer namentlichen Abstim- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und mung zu machen und Sie nicht in Schwierigkeiten zu der FDP) bringen. Aber darum geht es heute nicht. Es geht heute nur darum, eine Kürzung zu verhindern bzw. sie zu kor- Helmut Heiderich (CDU/CSU): rigieren. Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Was wir jetzt machen, klingt paradox: Ich verteidige Kollegen! Bundesminister Niebel hat bei der Vorstellung den Regierungsentwurf, den Entwurf dieser Bundesre- des Haushalts vor wenigen Wochen darauf hingewiesen, gierung gegenüber einer einsamen Kürzungsaktion auf dass das BMZ zum vierten Mal in Folge einen Rekord- Betreiben hauptsächlich eines Haushälters. haushalt vorlegt. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: GRÜNEN]: Dr. h. c.!) Jetzt nicht mehr!) Darüber bitte ich jetzt nachzudenken und in sich zu ge- Nun hat ihm der Haushaltsausschuss buchstäblich hen. Nehmen Sie den Parlamentarismus ernst! und im wahrsten Sinne des Wortes einen Strich durch die Rechnung gemacht. Meine verehrten Damen und Herren (Klaus Brähmig [CDU/CSU]: Völliger von den Grünen, eben habe ich erfahren, dass Sie an die- Quatsch!) ser Streichung aktiv beteiligt waren. Denn er sieht vor, dass das Plenum dieses Bundestages (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: das letzte Wort behält. Nein! – Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/ (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN DIE GRÜNEN]: Es wird nicht besser durch sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Wiederholung!) KEN) Deswegen sage ich ganz deutlich: Wenn Sie jetzt mit Ih- Er sieht nicht vor, was leider Gewohnheitsrecht gewor- rem Antrag kommen und das, was Sie gestrichen haben, den ist: dass immer der Haushaltsausschuss das letzte wieder aufsetzen wollen, dann ist das wirklich eine Ka- Wort behalten soll. priole besonderer Art. (B) (Georg Schirmbeck [CDU/CSU]: Wenn man (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (D) dann erst mal drin ist, sieht man das auch an- der FDP – Abg. Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/ ders!) DIE GRÜNEN] meldet sich zu einer Zwi- schenfrage) Ich will jetzt nicht die Gewissensdimension ins Spiel bringen; es geht um Ihre Überzeugung. Wie gesagt, wir Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: haben gemeinsam für Aufwüchse gekämpft und uns nur darüber gestritten, wie hoch die Aufwüchse sein müssen. Möchten Sie die Zwischenfrage von Herrn Hoppe zu- Aber Kürzungen waren überhaupt nicht in Sicht, weder lassen? im Entwicklungsministerium noch bei den Kolleginnen und Kollegen, mit denen wir im AwZ gut zusammenar- Helmut Heiderich (CDU/CSU): beiten. Jetzt nicht, später bitte. Wir haben jetzt die Möglichkeit, das noch zu korrigie- (Priska Hinz [Herborn] [BÜNDNIS 90/DIE ren. Es stimmt auch nicht, dass damit der ganze Haushalt GRÜNEN]: Warum wohl?) kippen würde. Wir haben uns nach der Verfahrensweise erkundigt. Es wäre möglich, diese Rücknahme der Kür- Was aus der technischen Sicht der Haushälter sicher- zung noch am Freitag in dritter Lesung einzuarbeiten. lich ein Korrekturposten unter vielen gewesen sein mag, Das würde ein winziges Stückchen mehr Schuldenauf- war für die Gesamtdarstellung der Entwicklungspolitik nahme bedeuten. Aber sagen Sie jetzt bitte nicht, dass in der Öffentlichkeit leider ein Desaster; denn in Rela- 124 Millionen Euro ein riesengroßes Problem darstellen, tion zum Haushalt 2012 – das ist jetzt schon ein paarmal wenn man sieht, dass wir hohe Steuermehreinnahmen gesagt worden – bleibt unter dem Strich ein Minus, haben, dass wir 750 Millionen Euro für neue Straßen wenn auch ein kleines, von 86 Millionen Euro. ausgeben, dass wir Beschlüsse für ein Betreuungsgeld gefasst haben usw. Es geht hier um Prioritätensetzung, Natürlich haben sich alle Journalisten und Entwick- um die Rückkehr zum Regierungsentwurf. Darüber kön- lungsorganisationen, von Agro Action bis World Vision, nen wir gleich abstimmen. Ich bitte Sie, Ihrer Überzeu- darauf gestürzt und sich zu Wort gemeldet. Ich will nur gung zu folgen. einige Überschriften nennen: „Deutschland kürzt Ent- wicklungshilfe“, „Deutschland begräbt ein Stück globa- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ler Verantwortung“, „Deutschland verabschiedet sich und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der aus seiner internationalen Verantwortung“, „Sparen auf LINKEN) Kosten der Ärmsten“ usw. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25323

Helmut Heiderich (A) (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: CSU]: Wir sind von Natur aus schön! Wir (C) So ist es! Da haben sie recht!) brauchen keine Schminke!) Das war die direkte Reaktion auf diese Entwicklung. Mit der Annahme dieses Antrags – das sage ich ganz Ich denke, all dies wäre leicht zu vermeiden gewesen, deutlich; Herr Hoppe kann mich ja gleich noch dazu be- wenn nicht auch Sie, Frau Hinz, die Hand gehoben hät- fragen – wird kein Einziger weltweit im nächsten Jahr ten, sondern sie unten gelassen hätten. auch nur einen einzigen Euro mehr bekommen als jetzt. (Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Das stimmt doch nicht! – Priska Hinz [Her- der FDP) born] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich la- Setzt man diese Veränderung in Relation zu der Ent- che mich kaputt!) wicklungspolitik, die mit diesem Haushalt insgesamt ge- Ich sage eines dazu ganz deutlich: Wir Entwicklungs- leistet wird, ist ganz deutlich zu sagen: Man muss die Kir- politiker haben diese Situation nicht zu verantworten. che im Dorf lassen. Deutschland wird in 2013 insgesamt Wir Entwicklungspolitiker – das sage ich genauso deut- über 10 Milliarden Euro an ODA-Leistungen erbringen. lich – wollen und werden uns nicht von unserer interna- Obwohl wir selbst nur 1,1 Prozent der Weltbevölkerung tionalen Verantwortung verabschieden. Wir werden wei- darstellen, werden wir international den zweitgrößten ter kämpfen. Anteil aller Staaten leisten – direkt hinter den USA. Auch darauf muss einmal öffentlich hingewiesen werden. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Trotz all dieser Schlagworte, die eben von mir zitiert Im Übrigen hat Frankreich seine ODA-Quote im letz- worden sind, werden wir für das kommende Haushalts- ten Jahr um 5,6 Prozent gesenkt. England hat sie um jahr, auch nach der Veränderung des Etats, niemandem 0,8 Prozent reduziert. Außerdem hat die neue französi- einen einzigen Euro wegnehmen oder irgendwelche Mit- sche Regierung gerade mitgeteilt, dass die ODA-Quote tel streichen. Das Gegenteil ist richtig. Auch nach der für die nächsten Jahre bei 0,4 Prozent eingefroren wer- Veränderung werden 23 Millionen Euro zusätzlich ver- den soll. Und schauen Sie einmal in die USA: Die ODA- geben. Ich liste auf: 5 Millionen Euro für die berufliche Quote beträgt dort 0,2 Prozent. Aus- und Fortbildung, 4 Millionen Euro für die Verein- Deshalb ist dieser Fetischismus, immer auf die Hun- ten Nationen, 2 Millionen Euro für politische Stiftungen, dertstelstellen nach dem Komma zu schauen und daran 2 Millionen Euro für Kirchen und 10 Millionen Euro für eine erfolgreiche Entwicklungspolitik festzumachen, für nachhaltige Entwicklung und Klimaschutz. Das alles mich kein Maßstab. Für mich ist der Maßstab, ob wir es (B) wird zusätzlich im kommenden Haushaltsjahr geleistet. (D) schaffen, dass die Menschen in dieser Welt eine bessere (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Lebensqualität erreichen. Nun werden Sie fragen: Wo ist denn das Problem? Ich will einmal einige Beispiele nennen. 3 Milliarden Warum diese Aufregung? Nun, wir haben eben schon Menschen weltweit haben nach wie vor weniger als gehört – ich will das ganz kurz machen –, dass für den 2 Dollar am Tag zur Verfügung. 1,5 Milliarden Men- Europäischen Entwicklungsfonds 838 Millionen Euro schen haben keinen Zugang zu Energie. 1 Milliarde angesetzt waren. Zwei Tage vor der Verabschiedung gab Menschen weltweit muss immer noch Hunger leiden. es einen neuen Hinweis – ich habe mir das extra aus dem An diesen Stellen müssen wir ansetzen und aufhören, BMF geben lassen –, dass diese Mittel aus Gründen, die hier über Hundertstelstellen hinter dem Komma zu dis- man in Brüssel zu verantworten hat und nicht bei uns kutieren. – ich will das nicht lange ausführen –, reduziert werden. Das BMF hat interessanterweise in seinen Beurteilungs- Gerade bei der Hungerbekämpfung hat diese Koali- bogen hineingeschrieben: politische Bedeutung gering. – tion in den letzten Jahren eine Menge enormer Verbesse- Ich glaube, an dieser Stelle hat man sich ein wenig ver- rungen erreicht. Was in rot-grüner Regierungszeit – da- schätzt. rüber haben wir uns ja schon einmal unterhalten – fast aus dem Haushalt herausgestrichen worden war, ist unter (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]) unserer Verantwortung wieder deutlich aufgewachsen. Leider muss ich auch feststellen: Kein Einziger von Wir haben damit international neues Renommee für denen, die ich eben zitiert habe – wenn man sich die Deutschland gewonnen. Stellungnahmen aufmerksam durchliest, ist das eindeu- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und tig zu erkennen –, hat sich mit diesen inneren Zusam- der FDP) menhängen beschäftigt. Deswegen ist es auch ganz na- türlich, dass sich die Opposition auf dieses Ereignis Das Ministerium hat eine Taskforce eingerichtet. Ein einschießt. Zehn-Punkte-Programm ist in der Umsetzung. Gemein- sam mit dem Agrarministerium haben wir Vereinbarun- Ich halte aber auch fest: Was die Grünen hier heute gen getroffen, um die Schlagkraft der beiden Ministerien beantragen, ist nichts anderes als Bilanzkosmetik. zusammenzufügen. Im Sinne einer modernen Ausrich- (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: tung der Hungerbekämpfung haben wir die Deutsche Das ist der Regierungsentwurf! Den wollen Initiative für Agrarwirtschaft und Ernährung ins Leben wir wiederhaben! – Georg Schirmbeck [CDU/ gerufen. Ich glaube, damit machen wir deutlich, dass wir 25324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Helmut Heiderich (A) das Problem des Hungers weltweit von verschiedenen Entwicklungsetat zum ersten Mal seit langer Zeit real (C) Seiten ins Visier nehmen. gekürzt wird – gegen den Willen der Bundesregierung, gegen den Willen des Entwicklungsministers und gegen Meine sehr verehrten Damen und Herren, vor dem den Willen vieler Kolleginnen und Kollegen aus dem Hintergrund, dass wir hier im Detail an Verbesserungen Entwicklungsausschuss – oder ob wir diese Kürzung zu- weltweit arbeiten, sind die 1,4 Milliarden Euro, die nach rücknehmen und den alten Regierungsentwurf wieder dem heute hier gestellten Antrag der SPD auf den Haus- einsetzen. Darum geht es gleich in der Abstimmung. halt draufgesattelt werden sollen, wirklich kein Betrag, der in irgendeiner Weise auch nur annähernd realistisch wäre. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege Heiderich, möchten Sie erwidern? – (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU]) Bitte schön. Es kann auch nicht sein, dass Ihr haushaltspolitischer Sprecher gestern erklärt, diese Bundesregierung spare zu Helmut Heiderich (CDU/CSU): wenig und müsse wesentlich mehr Geld einsammeln, Herr Kollege Hoppe, wir haben vorhin zweimal ge- und Sie heute fordern, 1,4 Milliarden Euro draufzusat- hört, dass im Haushaltsausschuss eine Kürzung von teln. Das ist eine Doppelmoral, die man hier nicht so ste- 144 Millionen Euro beschlossen worden ist und dass hen lassen kann. dieser Beschluss dazu geführt hat, dass jetzt im Entwick- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) lungsetat unter dem Strich kein Plus steht, wie vorher, sondern ein Minus. Die Debatte dieser Woche in allen Letzter Punkt, meine sehr verehrten Kolleginnen und deutschen Zeitungen und in zahlreichen Institutionen hat Kollegen. Es ist eben schon kurz angesprochen worden: sich darum gedreht, dass die Kürzung von 144 Millionen Sie sollten sich einmal an das erinnern, was uns von den Euro unter dem Strich zu einem Minus führt. Diese Kür- Fachleuten in der Anhörung im Frühjahr aufgegeben zung ist – das ist eben von Frau Hinz bestätigt worden – worden ist. Damals hieß es nicht, wir sollten zusätzliches mit Ihrer Stimme beschlossen worden. Geld über die Welt ausschütten, sondern es hieß, wir sollten uns darum kümmern, die Wirksamkeit der Ent- (Lachen der Abg. Priska Hinz [Herborn] wicklungspolitik zu verbessern. Ich glaube, auch da ha- [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) ben wir und unsere Regierung einen guten Anfang ge- Deswegen ist das Ergebnis auch von den Grünen verur- macht. Wir haben zum Beispiel beim Global Fund sacht. Auch Sie müssen einmal zur Kenntnis nehmen, gezeigt, wie man die Wirksamkeit verbessert. Wir haben dass Sie dafür gesorgt haben, dass unter dem Strich ein das Deutsche Evaluierungsinstitut gegründet. Je höher Minus herausgekommen ist. Das dürfen Sie nicht ande- (B) dessen Wirksamkeit wird, desto mehr können wir mit (D) ren vorwerfen. dem eingesetzten Geld machen. Das ist allemal besser, als sich auf eine Hundertstelstelle hinter dem Komma zu (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und konzentrieren. der FDP – Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE Schönen Dank. GRÜNEN]: Sie können nicht rechnen!)

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Martin Gerster hat jetzt das Wort für die SPD-Frak- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: tion. Zu einer Kurzintervention gebe ich das Wort dem Kollegen Thilo Hoppe. (Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Martin Gerster (SPD): Sehr geehrter Herr Kollege Heiderich, Sie haben be- Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! hauptet, die grüne Fraktion sei für eine Kürzung des Ent- Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter wicklungsetats. Ich möchte Sie herzlich bitten, diese Be- Herr Minister Niebel, Sie haben heute um 17.40 Uhr ein hauptung zurückzunehmen und zur Kenntnis zu nehmen, Satirevideo verschickt, „Africa for Norway“, und uns dass wir Aufwüchse in Höhe von 900 Millionen Euro für Abgeordneten dabei vier unterhaltsame Minuten ge- den Entwicklungshaushalt beantragt haben. wünscht. Ich kann in Anbetracht des Verlaufs der Haus- haltsberatungen verstehen, dass Sie gute Stimmung ma- Wenn einer Rückführung von nicht benötigten Mit- chen wollen. Aber gerade heute ist es doch völlig teln aus dem Europäischen Entwicklungsfonds in Höhe deplatziert und grenzwertig, uns ein Satirevideo zu schi- von 144 Millionen Euro zugestimmt wurde, dann muss cken. das gegen die Aufwüchse von 900 Millionen Euro ge- gengerechnet werden. Der von uns gewünschte Auf- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ wuchs ist daher immer noch groß: mehr als 750 Millio- DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Dietmar nen Euro. Bartsch [DIE LINKE]) Es geht hier nicht um irgendwelche Stellen weit hinter Ich muss schon sagen: Ich habe den Minister Niebel dem Komma; vielmehr stimmen wir gleich darüber ab auch als jemanden erlebt, der kämpfen kann, der enga- – ich kann es noch einmal in Erinnerung rufen –, ob der giert auftreten kann. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25325

Martin Gerster (A) (Beifall der Abg. Dr. Christel Happach-Kasan Herr Niebel, bei der ersten Lesung habe ich Ihnen ge- (C) [FDP]) sagt: Es wäre gut, wenn Sie auf dem Teppich bleiben würden. Diesen Ratschlag hätten Sie befolgen sollen; Aber es ist schon ziemlich traurig, dass er heute nicht be- denn das, was jetzt passiert, ist wahrlich kein Ruhmes- reit ist, für seinen Etatentwurf noch einmal zu kämpfen. blatt für Sie und Ihre FDP-Fraktion. Das haben wir auch Das müssen wir an dieser Stelle deutlich kritisieren. in den Medien entsprechend lesen können. (Beifall bei Abgeordneten der SPD) An dieser Stelle muss man sagen, dass wir vonseiten Heute ist nämlich kein guter Tag für Armutsbekämpfung der SPD-Fraktion immer wieder auf die systematischen und für Entwicklungszusammenarbeit. Das muss deut- Finanzierungslücken hingewiesen haben. Wir haben im- lich gesagt werden. mer wieder darum gebeten, auch in der Bereinigungssit- zung, uns die Schritte aufzuzeigen, die notwendig sind, (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- damit wir bis 2015 das ODA-Ziel erreichen können. Die KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Antwort war: Na ja, wir halten an diesem Ziel fest, aber NEN) konkrete Schritte können wir nicht nennen. – Ich finde, Es ist sogar noch mehr: Es ist blamabel, auch für die das ist schwach. Mit dem heutigen Tag wird nun endgül- Koalition, die anscheinend nun offen zeigt, was sich tig die Katze aus dem Sack gelassen. Es zeigt sich, dass schon damals bei der Regierungsübernahme durch die Skepsis, die von Anfang an in der Fachöffentlichkeit, Schwarz-Gelb angebahnt hat. Es ist blamabel auch für aber auch in der Öffentlichkeit insgesamt vorhanden die Koalitionsfraktionen, weil der Etat des BMZ zum war, mehr als berechtigt war. Die Chance, die ODA- ersten Mal seit zehn Jahren sinkt – trotz sprudelnder Quote tatsächlich zeitnah zu erreichen, ist vertan. Herr Steuereinnahmen, trotz niedriger Zinsen und trotz Niebel, Sie können das natürlich auf die Haushälter 17 Milliarden Euro Neuverschuldung. Das ist eine Bla- schieben; aber ich vermisse, dass Sie wirklich um Ihren mage für Schwarz-Gelb. Haushaltsansatz kämpfen. Hier hätte man sich ein biss- chen mehr wünschen können. Ich frage an dieser Stelle: Wo waren eigentlich die einflussreichen Leute in der Unionsfraktion und in der (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten FDP-Fraktion, die doch auch das tragen müssten, was der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE die Bundeskanzlerin und der Minister Niebel auf inter- GRÜNEN) nationaler Ebene versprechen? Der Entwicklungsminis- ter, Herr Niebel, hat in der ersten Lesung darauf auf- Was ist die Folge von dem, was heute offensichtlich merksam gemacht. Er hat wörtlich gesagt: mit den Stimmen der Mehrheit beschlossen werden soll? (B) Wir sind auf internationaler Ebene nicht mehr glaubwür- (D) Ich danke der Frau Bundeskanzlerin, die wiederholt dig und können dort nicht mehr glaubhaft auftreten. Wen das Erreichen des 0,7-Prozent-Ziels zu ihrer eige- wollen wir zu mehr Engagement in der Entwicklungszu- nen Sache gemacht hat und die auch ganz persön- sammenarbeit bewegen, wenn wir selber an dieser Stelle lich ein großes Engagement in Fragen der Entwick- nicht entsprechend glaubwürdig sind, wenn wir selber an lungspolitik zeigt. dieser Stelle hinter unseren Zusagen bleiben? Deswegen sage ich: Nein, so kann es nicht sein. Wir haben entspre- Ich frage jetzt: Warum wird diese Politik von der chende Änderungsanträge eingebracht, sowohl in der Unionsfraktion und der FDP-Fraktion in den Haushalts- Bereinigungssitzung als auch heute im Plenum. Ich kann beratungen unterlaufen? nur dazu aufrufen, für unseren Antrag zu stimmen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolle- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ginnen und Kollegen, eines möchte ich hier noch anspre- Das können wir doch nicht hinnehmen. Warum hat denn chen. Wenn man Ihre Politik sieht, Herr Niebel, dann niemand interveniert? Heute Morgen stellt sich die Bun- drängt sich einem immer wieder eines auf: dass Ent- deskanzlerin, Frau Merkel, hier hin und sagt: wicklungszusammenarbeit benutzt wird, um letztendlich personalpolitisches Product Placement für die FDP zu Diese Bundesregierung ist die erfolgreichste seit betreiben. der Wiedervereinigung. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Genau in diesem Ressort zeigt sich jetzt, wie wenig Immer wieder wurde bei den Haushaltsberatungen ge- Unterstützung und Rückhalt sie bei der Entwicklungszu- sagt: Dies wird gemacht, um die Visibilität, um die sammenarbeit hat. Deswegen sage ich: Insgesamt ist das, Sichtbarkeit, zu erhöhen. Man hat den Eindruck, dass was hier passiert, einfach nur peinlich, das BMZ die Politik so betreibt, dass man eine Litfaß- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten säule aufstellt und sie zuplakatiert. Das ist dann Ent- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) wicklungszusammenarbeit. Das darf doch wohl nicht wahr sein. peinlich für das Ansehen Deutschlands auf internationa- ler Ebene. Es ist peinlich, wie internationale Zusagen un- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des terminiert werden. BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) 25326 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Martin Gerster (A) Ich will noch einen Punkt anführen, der für das ersten Mal in ihrer Geschichte einen ganz umfangrei- (C) Selbstverständnis im Ministerium bezeichnend ist. Dies chen Paradigmenwechsel erfahren durfte. Die Koali- zeigte sich auch, als Staatssekretär Beerfeltz beim Jah- tionsfraktionen haben zum Beispiel erreicht, dass unsere resessen des Waren-Vereins der Hamburger Börse davon Privatwirtschaft und die regionalen wirtschaftlichen geschwärmt hat, dass auch für Entwicklungsländer Wachstumskräfte in den Entwicklungsländern und in un- – wörtlich – der „freie Welthandel eine klassische Win- seren Partnerländern eine sehr enge Kooperation einge- win-Situation“ sei. Ich finde, diese Aussage ist sehr ent- gangen sind. larvend, was das Verständnis der Koalition in Bezug auf Wir haben endgültig – und das ist auch wichtig – den diesen Politikbereich anbelangt. Begriff der Entwicklungshilfe aus unserem Sprachge- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) brauch gestrichen. Mit diesem Begriff haben wir Schluss gemacht. Trotzdem will die Opposition noch an den da- Denn insgesamt wird man nur wenige Experten finden, mit verbundenen Inhalten festhalten. Ihre Sehnsucht die diesen naiven Automatismus teilen. Noch immer bil- nach den überholten Positionen ist eine Sehnsucht nach det das Mantra der freien Marktwirtschaft die Grenzen veralteten Strukturen. Dafür stehen wir persönlich nicht Ihres entwicklungspolitischen Horizonts. mehr. Ideen für die Zukunft haben Sie nicht. Deshalb Deswegen will ich an Sie appellieren, diesen Haushalt kann Deutschland froh sein, dass Sie ab dem nächsten abzulehnen und unserem Änderungsantrag zuzustim- Jahr weitere vier Jahre auf der Oppositionsbank schmo- men. Wir können nur hoffen, dass wir bald eine Bundes- ren werden. regierung haben, die das umsetzt, was auf internationaler (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Ebene versprochen wurde. der FDP) Herzlichen Dank. Es ist klar, liebe Opposition: Wir betreiben keine (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Wirtschaftshilfe für den deutschen Mittelstand; es ist des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) vielmehr eine moderne Entwicklungszusammenarbeit, eine Kooperation auf Augenhöhe mit den Entwicklungs- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ländern. Das Wort hat der Kollege Jürgen Klimke für die (Beifall der Abg. Sibylle Pfeiffer [CDU/CSU] CDU/CSU-Fraktion. und Helga Daub [FDP]) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Wir bieten den Staaten Know-how und Wirtschaftsstruk- der FDP) turen an, damit dadurch endlich überall unsere Partner (B) von dem Tropf der alten Entwicklungshilfe abgekoppelt (D) Jürgen Klimke (CDU/CSU): werden können. Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kol- Wir haben Visionen und Konzepte, die wir in dieser legen! In der Tat fällt es mir zum ersten Mal leicht und Legislaturperiode umgesetzt haben. Meine Damen und schwer zugleich, den Haushalt des Bundesministeriums Herren, Sie haben das immer bekämpft. Sie haben das für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zu letzte UN-Entwicklungsziel – Wachstum durch Privat- verteidigen. wirtschaft – über Jahrzehnte in den Haushaltsansätzen Schwer fällt es mir deshalb, weil auch ich nicht rich- des BMZ negiert. tig glücklich bin über das, was im Haushaltsausschuss Dass die Grünen und die Linken in der Entwicklungs- geschehen ist, dass nämlich ein an sich guter Einzelplan, politik wirtschaftsunfreundliche Positionen vertreten, ist in dem die Richtung stimmte, derart deutlich verändert uns allen klar. Dass jedoch auch die SPD jegliche Verbin- wurde, sodass es keinen Aufwuchs gibt. Das bedaure ich dungen zwischen Mittelstand, den Infrastrukturprojekten, persönlich außerordentlich. den Außenhandelskammern und den Handwerkskam- (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- mern, die in der Entwicklungszusammenarbeit wesentli- KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- che Aufgaben übernehmen, als negativ definiert haben, NEN – Thilo Hoppe [BÜNDNIS 90/DIE das ist bezeichnend für ihre Ideologie in dieser Frage. Das GRÜNEN]: Das können wir gleich korrigie- finde ich sehr erschütternd. Wir konnten in der Entwick- ren!) lungszusammenarbeit der letzten drei Jahre deutliche Er- folge bürgerlicher Politik verzeichnen; ich habe es eben Die Entwicklungspolitiker innerhalb der CDU/CSU gesagt. haben intensiv darüber gesprochen, wie man mit dieser Situation umgehen soll. Wir befinden uns in einer Lage, (Beifall der Abg. Marie-Luise Dött [CDU/ in der wir einerseits entwicklungspolitische Glaubwür- CSU]) digkeit bewahren wollen und andererseits zu einer not- Die SPD hat auch in Zeiten der Großen Koalition im- wendigen Geschlossenheit in der Abstimmung beitragen mer wieder eine Aufstockung der Mittel für die Zusam- müssen. Das ist ein ziemlich einmaliger Vorgang, der menarbeit mit der Wirtschaft verhindert. Zum Beispiel aber nicht den Entwicklungspolitikern anzulasten ist; das hat das Ministerium die PPP-Instrumente kaum genutzt. möchte ich noch einmal deutlich sagen. One-to-one-Shops, Messebeteiligungen, Wirtschafts- Leicht fällt es mir auf der anderen Seite deshalb, weil Know-how, Verbände bei Regierungsverhandlungen, die Entwicklungspolitik in dieser Legislaturperiode zum Länderkoordinationskreise – all diese Aspekte der Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25327

Jürgen Klimke (A) wirtschaftlichen Zusammenarbeit durften nicht auf der Jürgen Klimke (CDU/CSU): (C) Tagesordnung stehen. Das sind doch die Fakten. Wir ha- Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Die ge- ben einen Paradigmenwechsel herbeigeführt. Das ist nannten drei Leitlinien werden die Entwicklungspolitik sehr viel bedeutender als ein Rückgang der Mittel für das der nächsten Jahre bestimmen; dafür werben wir beim kommende Jahr um möglicherweise 83 Millionen Euro. Wähler. Wir sind sehr zuversichtlich, dass unsere Arbeit der letzten Jahre goutiert wird und wir unsere Arbeit im (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Entwicklungsbereich in der nächsten Legislaturperiode erfolgreich fortsetzen werden. Die Grundlage der Arbeit ist verändert worden, in eine richtige Richtung. Danke sehr. Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund einer (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- konsequenten Umsetzung unserer Konzepte im Rahmen neten der FDP) der Förderung der Privatwirtschaft bereiten wir uns auf das vor, was in der nächsten Regierungszeit, ab 2013, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: auf uns zukommt. Da haben wir drei Hauptbereiche im Ich schließe die Aussprache. Auge: Wir kommen zur Abstimmung über den Einzel- Erstens: Konsequenzen aus den heutigen Leitlinien plan 23 – Bundesministerium für wirtschaftliche Zusam- für multilaterale Entwicklungsleistungen sowie Ent- menarbeit und Entwicklung – in der Ausschussfassung. wicklung einer Zukunftsvision im Hinblick auf die Hierzu liegen uns fünf Änderungsanträge vor. Über MDG-Ziele. diese werden wir zuerst abstimmen. Zweitens: Verbesserung der Kohärenz der deutschen Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der Fraktion Entwicklungszusammenarbeit. Bündnis 90/Die Grünen, den Sie auf Drucksache 17/11532 finden. Zu diesem ist namentliche Abstim- Drittens: Vernetzung der deutschen Durchführungsor- mung verlangt. Es liegen mehrere Erklärungen zur Ab- ganisationen und der Institutionen unserer Partnerländer. stimmung nach § 31 unserer Geschäftsordnung vor.1) Ich bitte jetzt die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Meine Damen und Herren, wir müssen in den nächs- vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Sind alle Urnen be- ten Jahren dringend eine deutsche Strategie im Hinblick setzt? – Dann eröffne ich die Abstimmung. auf multilaterale Entwicklungsleistungen entwerfen. Diese Strategie muss sich auf eine klare Analyse der Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Frage stützen, wie diese Form der Finanzierung geför- Stimmkarte nicht einwerfen konnte? – Das scheint nicht (B) dert werden kann. In der Strategie sollten auch Deutsch- der Fall zu sein. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich (D) lands Prioritäten bei der Reform des multilateralen Sys- bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der namentli- tems und die Kriterien für die Finanzierung dargelegt 2) werden. chen Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Wir setzen die Abstimmung fort und kommen zu den Wir setzen uns bei den MDG-Zielen für eine Nachfol- drei Änderungsanträgen der Fraktion der SPD. – Herr gekonzeption für den Zeitraum bis 2030 ein. Wir wollen Fricke, ich würde gerne abstimmen lassen, aber Sie die Diskussion über eine ODA-Quote von 0,7 Prozent lenken die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD als Lehre verstehen und Konsequenzen daraus ziehen. ab. Übrigens: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Wir wollen erkennen, was nur wohlfeile Rhetorik ist und was auch in Zeiten der Wirtschaftskrise tatsächlich (Beifall) machbar ist. Wir setzen uns bei der Formulierung der Änderungsantrag auf Drucksache 17/11528. Wer Ziele für den Zeitraum bis 2030 dafür ein, dass die länd- stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält liche Entwicklung, die wir bei den Zielen für den sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt bei Zustim- Zeitraum bis 2015 etwas vernachlässigt haben, eine grö- mung durch die einbringende Fraktion und die Linke, ßere Bedeutung erhält. Wir setzen uns weiter dafür ein, die Koalitionsfraktionen waren dagegen, Bündnis 90/ dass die Handelssysteme ausgeweitet werden und die Die Grünen haben sich enthalten. Privatwirtschaft stärker einbezogen wird, dass Good Governance eine wesentliche Rolle spielt und das Krite- Änderungsantrag auf Drucksache 17/11529. Wer rium der Einhaltung der Menschenrechte, das wir in stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – unsere Programme implementiert haben, in diesem Zu- Der Änderungsantrag ist wiederum abgelehnt bei sammenhang noch viel bedeutender wird. Zustimmung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, die Koalitionsfraktionen haben dagegen gestimmt, die Linke Ich habe es gesagt: Die Kohärenz ist ein wichtiger hat sich enthalten. Punkt, das heißt die Vernetzung der deutschen Durch- Änderungsantrag auf Drucksache 17/11530. Wer führungsorganisationen. Dazu gehört auch die Kohärenz stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – der Arbeit der Ministerien. In der Zukunft müssen wir Dieser Änderungsantrag ist wiederum abgelehnt bei eine stärkere Sensibilisierung für diese Fragen erreichen. Zustimmung durch SPD-Fraktion und Linke, die Koali-

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: 1) Anlage 2 Herr Kollege. 2) Ergebnis Seite 25328 C 25328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) tionsfraktionen waren dagegen, die Fraktion Bündnis 90/ (Unterbrechung: 20.40 bis 20.46 Uhr) (C) Die Grünen hat sich enthalten. Schließlich kommen wir zum Änderungsantrag der Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/11531. Wer Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Der Änderungsantrag ist wiederum abgelehnt bei Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Zustimmung durch die einbringende Fraktion, die Abstimmung bekannt: abgegebene Stimmen 561. Mit Koalitionsfraktionen waren dagegen, enthalten haben Ja haben gestimmt 251, mit Nein haben gestimmt 305. sich SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Ich unterbreche Es gab 5 Enthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt. jetzt die Sitzung bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Abstimmung.

Endgültiges Ergebnis Hans-Joachim Hacker Karin Roth (Esslingen) Werner Dreibus Abgegebene Stimmen: 561; Marlene Rupprecht Dr. davon Klaus Hagemann (Tuchenbach) Michael Hartmann Annette Sawade Wolfgang Gehrcke ja: 251 (Wackernheim) Anton Schaaf nein: 305 (Peine) Axel Schäfer (Bochum) Diana Golze enthalten: 5 Dr. Dr. Barbara Hendricks (Schwandorf) Heike Hänsel Ja Werner Schieder (Weiden) Dr. Petra Hinz () (Aachen) Inge Höger SPD Dr. Eva Högl (Erfurt) Dr. Barbara Höll Christel Humme Ingrid Arndt-Brauer (Spandau) Dr. Lukrezia Jochimsen Heinz-Joachim Barchmann Johannes Kahrs Dr. h. c. Susanne Kastner Harald Koch Dr. Hans-Peter Bartels Rita Schwarzelühr-Sutter (B) Sören Bartol (D) Dr. Bärbel Kofler Dr. Bärbel Bas (Leipzig) Sabine Bätzing-Lichtenthäler Fritz Rudolf Körper Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer (Heidelberg) Ute Kumpf Dr. h. c. Klaus Brandner Ulla Lötzer Christian Lange (Backnang) Franz Thönnes Dr. Ulrich Maurer Steffen-Claudio Lemme Rüdiger Veit Cornelia Möhring Marco Bülow Niema Movassat Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Marlies Volkmer Wolfgang Neškovi Petra Crone Heidemarie Wieczorek-Zeul Elvira Drobinski-Weiß Kirsten Lühmann Dr. Dieter Wiefelspütz Jens Petermann Waltraud Wolff Ingo Egloff Richard Pitterle (Wolmirstedt) Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Ullrich Meßmer Dr. Paul Schäfer (Köln) Petra Ernstberger Manfred Zöllmer Karin Evers-Meyer Franz Müntefering Michael Schlecht Dr. Ilja Seifert Elke Ferner DIE LINKE Dr. Sabine Stüber Holger Ortel Dr. Dietmar Bartsch Alexander Süßmair Heinz Paula Dr. Johannes Pflug Frank Tempel Martin Gerster Joachim Poß Matthias W. Birkwald Dr. Iris Gleicke Dr. Wilhelm Priesmeier Günter Gloser Dr. Sascha Raabe Christine Buchholz Johanna Voß Angelika Graf (Rosenheim) Stefan Rebmann Eva Bulling-Schröter Gerold Reichenbach Dr. Gabriele Groneberg Sönke Rix Michael Groß René Röspel Sevim Da delen Jörn Wunderlich Wolfgang Gunkel Dr. Dr. Sabine Zimmermann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012 25329

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) BÜNDNIS 90/ Nein Dr. (C) DIE GRÜNEN Jürgen Hardt Dr. h. c. CDU/CSU Dr. (Köln) Dr. Philipp Mißfelder Helmut Heiderich Agnes Brugger Dr. Gerd Müller Viola von Cramon-Taubadel Dorothee Bär Stefan Müller (Erlangen) Ekin Deligöz Thomas Bareiß Dr. Katja Dörner Norbert Barthle Robert Hochbaum (Bremen) Günter Baumann Hans-Josef Fell Ernst-Reinhard Beck Franz-Josef Holzenkamp Dr. Georg Nüßlein Dr. Thomas Gambke (Reutlingen) (Börde) Joachim Hörster Franz Obermeier Anette Hübinger Katrin Göring-Eckardt Dr. Hubert Hüppe Britta Haßelmann Dr. Michael Paul Dieter Jasper Rita Pawelski Priska Hinz (Herborn) Dr. Ulrich Petzold Dr. (Konstanz) Dr. Bärbel Höhn Dr. Egon Jüttner Sibylle Pfeiffer Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer Wolfgang Börnsen Bartholomäus Kalb Thilo Hoppe Hans-Werner Kammer Uwe Kekeritz (Bönstrup) Steffen Kampeter Christoph Poland Memet Kilic Klaus Brähmig Michael Brand Bernhard Kaster Sven-Christian Kindler Siegfried Kauder (Villingen- Maria Klein-Schmeink Dr. Reinhard Brandl Schwenningen) Dr. Ute Koczy Tom Koenigs Dr. Dr. Dr. Stefan Kaufmann (Potsdam) Sylvia Kotting-Uhl Stephan Kühn Cajus Caesar Renate Künast Volkmar Klein Dr. Markus Kurth Johannes Röring Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Dr. Norbert Röttgen (B) (D) Marie-Luise Dött Manfred Kolbe Erwin Rüddel Dr. Dr. Dr. (Weiden) Nicole Maisch Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Ingrid Fischbach Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Kerstin Müller (Köln) Dirk Fischer (Hamburg) Dr. Beate Müller-Gemmeke Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Dr. Land) Dr. Günter Krings Karl Schiewerling Dr. Rüdiger Kruse Norbert Schindler Klaus-Peter Flosbach Dr. Hermann E. Ott Dr. Hermann Kues Georg Schirmbeck Dr. Hans-Peter Friedrich Günter Lach Christian Schmidt (Fürth) Brigitte Pothmer (Hof) Dr. Karl A. Lamers Tabea Rößner (Heidelberg) Dr. Claudia Roth (Augsburg) Erich G. Fritz Andreas G. Lämmel Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Michael Fuchs Dr. Dr. Kristina Schröder Hans-Joachim Fuchtel (Wiesbaden) Elisabeth Scharfenberg Alexander Funk Ulrich Lange Dr. Ole Schröder Dr. Ingo Gädechens Dr. Max Lehmer Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Dr. Ulrich Schneider Dr. Dr. (Weil am Dorothea Steiner Rhein) Dr. Wolfgang Strengmann- Matthias Lietz Kuhn Dr. Johannes Selle Hans-Christian Ströbele Peter Götz Dr. Harald Terpe Dr. Wolfgang Götzer Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Bernd Siebert Jürgen Trittin Hermann Gröhe Dr. Michael Luther Michael Grosse-Brömer Beate Walter-Rosenheimer Markus Grübel Hans-Georg von der Marwitz Arfst Wagner (Schleswig) Carola Stauche Wolfgang Wieland Monika Grütters (Altötting) Dr. Valerie Wilms Dr. Christian Freiherr von Stetten Josef Philip Winkler Dr. 25330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 207. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 21. November 2012

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Christine Aschenberg- Björn Sänger (C) Dugnus Dr. Lutz Knopek Christoph Schnurr (Münster) Florian Bernschneider Dr. Heinrich L. Kolb (Heilbronn) Sebastian Blumenthal Gudrun Kopp Dr. Erik Schweickert Lena Strothmann Claudia Bögel Dr. h. c. Jürgen Koppelin Werner Simmling Michael Stübgen Nicole Bracht-Bendt Sebastian Körber Dr. Klaus Breil Holger Krestel Dr. Rainer Brüderle Patrick Kurth (Kyffhäuser) Dr. Heinz Lanfermann Dr. Hans-Peter Uhl Torsten Staffeldt Dr. Rainer Stinner Harald Leibrecht (Kleinsaara) Sylvia Canel Lars Lindemann Stefanie Vogelsang Helga Daub Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Andrea Astrid Voßhoff Reiner Deutschmann Michael Link (Heilbronn) Bijan Djir-Sarai Dr. Erwin Lotter Serkan Tören Patrick Döring Horst Meierhofer Johannes Vogel (Hamburg) Mechthild Dyckmans Patrick Meinhardt (Lüdenscheid) Peter Weiß (Emmendingen) Hans-Werner Ehrenberg Gabriele Molitor Dr. Daniel Volk Karl-Georg Wellmann Rainer Erdel Jan Mücke Dr. Peter Wichtel Jörg van Essen Petra Müller (Aachen) Dr. Claudia Winterstein Annette Widmann-Mauz Ulrike Flach Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Volker Wissing Klaus-Peter Willsch Otto Fricke Dr. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Elisabeth Winkelmeier- Dr. Edmund Peter Geisen (Lausitz) Becker Dr. Enthalten Dr. Hans-Michael Goldmann Hans-Joachim Otto Wolfgang Zöller Heinz Golombeck (Frankfurt) CDU/CSU Willi Zylajew Miriam Gruß Joachim Günther (Plauen) Gisela Piltz Jürgen Klimke FDP Dr. Christel Happach-Kasan Jörg von Polheim Heinz-Peter Haustein Dr. Birgit Reinemund Dr. Christian Ruck Manuel Höferlin Dr. Peter Röhlinger Sabine Weiss (Wesel I) Birgit Homburger Dr. Dagmar G. Wöhrl

(B) (D)

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Ich eröffne die Aussprache und gebe das Wort für die der FDP) SPD-Fraktion dem Kollegen Dr. Wilhelm Priesmeier. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzel- (Beifall bei der SPD) plan 23 in der Ausschussfassung. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der Dr. Wilhelm Priesmeier (SPD): Einzelplan bei Zustimmung durch die Koalitionsfraktio- Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Da- nen angenommen. Die Oppositionsfraktionen haben da- men und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die gegen gestimmt. deutsche Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft steht Ich rufe den Tagesordnungspunkt I.13 auf: vor großen Herausforderungen. Wir müssen den gesell- schaftlichen Anforderungen, die an diesen Sektor ge- Einzelplan 10 stellt werden, entsprechen. Vor allen Dingen, was eine Bundesministerium für Ernährung, Landwirt- nachhaltige Produktion, den Schutz der Biodiversität schaft und Verbraucherschutz und nicht zuletzt die Sicherstellung von viel mehr Tier- – Drucksachen 17/10823, 17/10824 – schutz betrifft, brauchen wir neue Lösungsansätze. Ver- braucherinnen und Verbraucher sind durch Lebensmit- Berichterstattung: telkrisen und die Debatte um den Antibiotikagebrauch in Abgeordnete Georg Schirmbeck der Tierhaltung zutiefst verunsichert. Obwohl die Le- Rolf Schwanitz bensmittel heute an und für sich so sicher wie noch nie Heinz-Peter Haustein sind, Roland Claus Katja Dörner (Hans-Michael Goldmann [FDP]: Dank dieser Regierung!) Zum Einzelplan 10 liegen vier Änderungsanträge der misstraut man der gesamten Lebensmittelproduktion. Fraktion der SPD sowie ein Änderungsantrag der Frak- tion Die Linke vor. (Beifall bei der SPD und der FDP) Verabredet ist, neunzig Minuten zu debattieren. – Aber nicht nur verbraucherseitig ist die Landwirtschaft Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. Dann ist gefordert. Auch die Klima- und Klimaschutzpolitik wird das so beschlossen. für die Landwirtschaft zu einer großen Herausforderung.