Plenarprotokoll 17/68

Deutscher

Stenografischer Bericht

68. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Inhalt:

Wahl der Abgeordneten und Tagesordnungspunkt 4: Dr. Frank-Walter Steinmeier als stellvertre- tende Mitglieder in den Vermittlungsaus- a) – Zweite und dritte Beratung des von schuss ...... 7157 A den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Wahl der Abgeordneten als Elften Gesetzes zur Änderung des Mitglied im Kuratorium des Wissenschafts- Atomgesetzes zentrums für Sozialforschung . . . . . 7157 A (Drucksachen 17/3051, 17/3409, 17/3453) ...... 7166 C Glückwünsche zum Geburtstag der Abgeord- neten Bernd Siebert, Gudrun Kopp und – Zweite und dritte Beratung des von ...... 7157 B den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Erweiterung und Abwicklung der Tagesord- Zwölften Gesetzes zur Änderung des nung ...... 7157 B Atomgesetzes (Drucksachen 17/3052, 17/3409, Absetzung der Tagesordnungspunkte 5, 11, 12, 17/3453) ...... 7166 C 13 und 20 sowie des Zusatztagesordnungs- punktes 7 ...... 7158 D – Bericht des Haushaltsausschusses ge- mäß § 96 der Geschäftsordnung Nachträgliche Ausschussüberweisung ...... 7158 D (Drucksache 17/3410) ...... 7166 D Nachruf auf den ehemaligen Abgeordneten b) – Zweite und dritte Beratung des von Herrmann Scheer ...... 7159 A den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Entwurfs eines Nachruf auf Hannelore Schmidt ...... 7159 B Gesetzes zur Errichtung eines Son- dervermögens „Energie- und Klima- Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und der fonds“ (EKFG) FDP zur Geschäftsordnung ...... 7159 C (Drucksachen 17/3053, 17/3405) . . . . 7166 D Antrag der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜ- – Zweite und dritte Beratung des von NEN zur Geschäftsordnung ...... 7159 C den Fraktionen der CDU/CSU und der (Köln) (BÜNDNIS 90/ FDP eingebrachten Entwurfs eines Kern- DIE GRÜNEN) ...... 7159 D brennstoffsteuergesetzes (KernbrStG) (Drucksachen 17/3054, 17/3405) . . . . 7166 D (CDU/CSU) ...... 7161 B c) Beschlussempfehlung und Bericht des (SPD) ...... 7162 D Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- gie Jörg van (FDP) ...... 7164 B – zu dem Antrag der Fraktionen der Jörn Wunderlich (DIE LINKE) ...... 7165 A CDU/CSU und der FDP: Energiekon- Nachtrag zum Plenarprotokoll 17/68

Deutscher Bundestag

Nachtrag zum Stenografischen Bericht

68. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Inhalt:

Anlage 16 DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur stimmung über den Änderungsantrag (Druck- Änderung des Atomgesetzes (Brunsbüttel) sache 17/3486) der Fraktion BÜNDNIS 90/ (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7396 B DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Anlage 20 Änderung des Atomgesetzes (Bundesratszu- stimmung) (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7389 A Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3490) der Fraktion BÜNDNIS 90/ Anlage 17 DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur stimmung über den Änderungsantrag (Druck- Änderung des Atomgesetzes (Isar 1) (Tages- sache 17/3487) der Fraktion BÜNDNIS 90/ ordnungspunkt 4 a) ...... 7399 A DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Anlage 21 Änderung des Atomgesetzes (Biblis A) (Ta- gesordnungspunkt 4 a) ...... 7391 B Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3491) der Fraktion BÜNDNIS 90/ Anlage 18 DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur stimmung über den Änderungsantrag (Druck- Änderung des Atomgesetzes (Krümmel) (Ta- sache 17/3488) der Fraktion BÜNDNIS 90/ gesordnungspunkt 4 a) ...... 7402 A DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Anlage 22 Änderung des Atomgesetzes (Biblis B) (Ta- gesordnungspunkt 4 a) ...... 7394 A Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3492) der Fraktion BÜNDNIS 90/ Anlage 19 DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur stimmung über den Änderungsantrag (Druck- Änderung des Atomgesetzes (Neckar- sache 17/3489) der Fraktion BÜNDNIS 90/ westheim 1) (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . . 7404 B II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Anlage 23 sachen 17/3498, 17/3499, 17/3527, 17/3539, 17/3531, 17/3532, 17/3533, 17/3534, 17/3535, Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- 17/3536, 17/3537 und 17/3538) der Fraktion stimmung über den Änderungsantrag (Druck- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten sache 17/3493) der Fraktion BÜNDNIS 90/ Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Philippsburg 1) – Streichung Übertragung auf Biblis B (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7407 A – Streichung Übertragung Neu auf Alt – Einfügung Entsorgungsnachweis Anlage 24 – Brokdorf Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- –Emsland stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3494) der Fraktion BÜNDNIS 90/ – Grafenrheinfeld DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU – Grohnde und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur – Gundremmingen B Änderung des Atomgesetzes (Unterweser) (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7409 B – Gundremmingen C –Isar 2 Anlage 25 – Neckarwestheim 2 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- – Philippsburg 2 stimmung über den Änderungsantrag (Druck- (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7420 A sache 17/3495) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Anlage 29 und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Flugzeugab- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stürze) (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7412 A stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3528) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Anlage 26 Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- zur Änderung des Atomgesetzes (Bundesrats- stimmung über den Änderungsantrag (Druck- zustimmung) (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . 7423 A sache 17/3496) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Anlage 30 und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung Ent- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- schädigungsklausel) (Tagesordnungspunkt 4 a) 7415 A stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3529) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Anlage 27 Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung stimmung über den Änderungsantrag (Druck- § 7 d) (Tagesordnungspunkt 4 a) ...... 7425 B sache 17/3497) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU Anlage 31 und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung Haf- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- tungsverlagerung) (Tagesordnungspunkt 4 a) 7417 B stimmung über den Änderungsantrag (Druck- sache 17/3530) der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Anlage 28 Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstim- zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung mungen über die Änderungsanträge (Druck- Enteignung) (Tagesordnungspunkt 4 a) . . . . . 7428 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 III

Anlage 32 Anlage 33 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- Endgültiges Ergebnis der namentlichen Ab- stimmung über den Änderungsantrag der stimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Bundesregierung über den Entwurf eines Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) (Tagesordnungspunkt 7) ...... 7430 B (Tagesordnungspunkt 9) ...... 7433 A

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7389

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 16 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3486) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Bundesratszustimmung) (Tages- ordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Dr. Wilhelm Priesmeier Dr. Abgegebene Stimmen: 598; Michael Groschek davon Michael Groß Dr. Matthias W. Birkwald Wolfgang Gunkel ja: 274 Hans-Joachim Hacker Gerold Reichenbach nein: 320 Dr. Carola Reimann enthalten: 4 Klaus Hagemann Sönke Rix Eva Bulling-Schröter (Peine) René Röspel Dr. Ja Rolf Hempelmann Dr. Dr. Barbara Hendricks Karin Roth (Esslingen) Sevim Dağdelen SPD Michael Roth (Heringen) Dr. Gabriele Hiller-Ohm Marlene Rupprecht Heidrun Dittrich Ingrid Arndt-Brauer (Essen) (Tuchenbach) Werner Dreibus Frank Hofmann (Volkach) Anton Schaaf Dr. Heinz-Joachim Barchmann Dr. Eva Högl Axel Schäfer (Bochum) Christel Humme Wolfgang Gehrcke Dr. Hans-Peter Bartels (Schwandorf) Werner Schieder (Weiden) Sören Bartol Johannes Kahrs () Dr. (B) Bärbel Bas Dr. h. c. Susanne Kastner Silvia Schmidt (Eisleben) Heike Hänsel (D) (Erfurt) Dr. Inge Höger (Heidelberg) Hans-Ulrich Klose (Spandau) Dr. Barbara Höll Dr. Bärbel Kofler Klaus Brandner () Fritz Rudolf Körper Dr. Martin Schwanholz Dr. Lukrezia Jochimsen (Hildesheim) Nicolette Kressl Harald Koch Angelika Krüger-Leißner Dr. Marco Bülow Ute Kumpf Katrin Kunert Ulla Burchardt Peer Steinbrück Christian Lange (Backnang) Dr. Frank-Walter Steinmeier Petra Crone Dr. Christoph Strässer Dr. Steffen-Claudio Lemme Martin Dörmann Dr. h. c. Ulla Lötzer Elvira Drobinski-Weiß Gabriele Lösekrug-Möller Franz Thönnes Dr. Gesine Lötzsch Kirsten Lühmann Rüdiger Veit Ulrich Maurer Siegmund Ehrmann Dorothée Menzner Dr. h. c. Dr. Marlies Volkmer Cornelia Möhring Petra Ernstberger Petra Merkel (Berlin) Andrea Wicklein Kornelia Möller Karin Evers-Meyer Ullrich Meßmer Heidemarie Wieczorek-Zeul Elke Ferner Dr. Waltraud Wolff Wolfgang Nešković Franz Müntefering (Wolmirstedt) Dr. Dr. Rolf Mützenich Jens Petermann Peter Friedrich Manfred Nink Richard Pitterle Manfred Zöllmer Sigmar Gabriel Thomas Oppermann Holger Ortel Aydan Özoğuz Paul Schäfer (Köln) DIE LINKE Iris Gleicke Heinz Paula Michael Schlecht Johannes Pflug Jan van Aken Dr. Herbert Schui Angelika Graf (Rosenheim) Joachim Poß Dr. Ilja Seifert 7390 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Raju Sharma Dr. Michael Fuchs (C) Dr. Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Elisabeth Scharfenberg Alexander Funk Rüdiger Kruse Sabine Stüber Christine Scheel Ingo Gädechens Alexander Süßmair Dr. Dr. Dr. Hermann Kues Dr. Dr. Günter Lach Frank Tempel Dorothea Steiner Dr. Karl A. Lamers Dr. Wolfgang Strengmann- (Heidelberg) Kuhn Andreas G. Lämmel Hans-Christian Ströbele Peter Götz Dr. Harald Terpe Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Lange Dr. Max Lehmer Jürgen Trittin Jörn Wunderlich Hermann Gröhe Dr. Wolfgang Wieland Michael Grosse-Brömer BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Markus Grübel Matthias Lietz DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Dr. Monika Grütters () Nein Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Dr. Jan-Marco Luczak Volker Beck (Köln) Guttenberg Dr. Michael Luther CDU/CSU Hans-Georg von der Marwitz Holger Haibach Peter Altmaier Viola von Cramon-Taubadel Dr. (Altötting) Jürgen Hardt Dr. Ekin Deligöz Dorothee Bär Katja Dörner Dr. Thomas Bareiß Dr. Hans-Josef Fell Dr. h. c. Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Dr. Ernst-Reinhard Beck Philipp Mißfelder Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Britta Haßelmann (Börde) Jürgen Herrmann Dr. Gerd Müller Dr. Ernst Hinsken Stefan Müller (Erlangen) Priska Hinz (Herborn) (B) Ulrike Höfken Nadine Schön (St. Wendel) (D) Dr. Dr. Bärbel Höhn Robert Hochbaum (Bremen) Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Franz-Josef Holzenkamp Dr. Georg Nüßlein (Bönstrup) Joachim Hörster Franz Obermeier Anette Hübinger Memet Kilic Dr. Michael Paul Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig Dieter Jasper Rita Pawelski Maria Klein-Schmeink Michael Brand Dr. Ulrich Petzold Ute Koczy Dr. (Konstanz) Dr. Tom Koenigs Helmut Brandt Dr. Egon Jüttner Sibylle Pfeiffer Sylvia Kotting-Uhl Dr. Bartholomäus Kalb Dr. Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Christoph Poland Stephan Kühn Bernhard Kaster Renate Künast Siegfried Kauder (Villingen- Daniela Raab Markus Kurth Thomas Dörflinger Schwenningen) Undine Kurth (Quedlinburg) Marie-Luise Dött Dr. Dr. Dr. Stefan Kaufmann Nicole Maisch (Potsdam) Agnes Malczak Ingrid Fischbach Hartwig Fischer (Göttingen) Kerstin Müller (Köln) Dirk Fischer (Hamburg) Beate Müller-Gemmeke Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Dr. Land) Julia Klöckner Johannes Röring Dr. Dr. Dr. Norbert Röttgen Klaus-Peter Flosbach Dr. Christian Ruck Dr. Kristina Schröder Erwin Rüddel Dr. Hermann Ott Dr. Hans-Peter Friedrich Manfred Kolbe (Weiden) Brigitte Pothmer (Hof) Dr. Anita Schäfer (Saalstadt) Tabea Rößner Hartmut Koschyk Dr. Wolfgang Schäuble (Augsburg) Erich G. Fritz Thomas Kossendey Dr. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7391

(A) Dr. Dr. Gisela Piltz (C) (Hamburg) Hans-Michael Goldmann Dr. Christiane Ratjen- Norbert Schindler Peter Weiß () Heinz Golombeck Damerau Sabine Weiss (Wesel I) Miriam Gruß Dr. Birgit Reinemund Georg Schirmbeck Joachim Günther (Plauen) Dr. Peter Röhlinger Christian Schmidt (Fürth) Karl-Georg Wellmann Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Peter Wichtel Manuel Höferlin Björn Sänger Dr. Annette Widmann-Mauz Frank Schäffler Dr. Ole Schröder Klaus-Peter Willsch Birgit Homburger Christoph Schnurr Bernhard Schulte-Drüggelte Elisabeth Winkelmeier- Dr. Becker Heiner Kamp (Weil am Dagmar Wöhrl Dr. Erik Schweickert Rhein) Dr. Lutz Knopek Dr. Werner Simmling Wolfgang Zöller Willi Zylajew Dr. Heinrich L. Kolb Gudrun Kopp Dr. Joachim Spatz Dr. FDP Sebastian Körber Bernd Siebert Holger Krestel Dr. Patrick Kurth (Kyffhäuser) Torsten Staffeldt Heinz Lanfermann Dr. Rainer Stinner Christine Aschenberg- Carola Stauche Dugnus Harald Leibrecht Dr. (Münster) Sabine Leutheusser- Serkan Tören Florian Bernschneider Schnarrenberger Johannes Vogel Christian Freiherr von Stetten Claudia Bögel Lars Lindemann (Lüdenscheid) Nicole Bracht-Bendt Dr. Daniel Volk Klaus Breil Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Rainer Brüderle Michael Link (Heilbronn) Dr. Claudia Winterstein Dr. Erwin Lotter Dr. Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (Heilbronn) Horst Meierhofer Lena Strothmann Sylvia Canel Patrick Meinhardt Michael Stübgen Helga Daub Gabriele Molitor Enthalten Dr. Reiner Deutschmann Jan Mücke Dr. Bijan Djir-Sarai Petra Müller (Aachen) CDU/CSU (B) (D) Dr. Hans-Peter Uhl Patrick Döring Burkhardt Müller-Sönksen Josef Göppel Mechthild Dyckmans Dr. Dr. (Kleinsaara) Rainer Erdel (Lausitz) Stefanie Vogelsang Jörg van Essen FDP Andrea Astrid Voßhoff Ulrike Flach Hans-Joachim Otto Dr. (Frankfurt) Sebastian Blumenthal Dr. Edmund Peter Geisen Dr. h. c. Jürgen Koppelin

Anlage 17 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3487) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Biblis A) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Heinz-Joachim Barchmann Bernhard Brinkmann Siegmund Ehrmann Abgegebene Stimmen: 596; Doris Barnett (Hildesheim) Dr. h. c. Gernot Erler davon Dr. Hans-Peter Bartels Edelgard Bulmahn Petra Ernstberger Marco Bülow ja: 272 Klaus Barthel Karin Evers-Meyer Sören Bartol Ulla Burchardt Elke Ferner nein: 324 Bärbel Bas Martin Burkert Gabriele Fograscher Dirk Becker Petra Crone Dr. Edgar Franke Ja Uwe Beckmeyer Dr. Peter Danckert Dagmar Freitag Lothar Binding (Heidelberg) Martin Dörmann Peter Friedrich SPD Gerd Bollmann Elvira Drobinski-Weiß Michael Gerdes Ingrid Arndt-Brauer Klaus Brandner Garrelt Duin Martin Gerster Rainer Arnold Willi Brase Sebastian Edathy Iris Gleicke 7392 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Ulrike Gottschalck Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Tom Koenigs (C) Angelika Graf (Rosenheim) Bernd Scheelen Caren Lay Sylvia Kotting-Uhl Kerstin Griese Marianne Schieder Ralph Lenkert Oliver Krischer Michael Groschek (Schwandorf) Michael Leutert Agnes Krumwiede Michael Groß Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Fritz Kuhn Wolfgang Gunkel Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Stephan Kühn Hans-Joachim Hacker Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Renate Künast Bettina Hagedorn Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Markus Kurth Klaus Hagemann Olaf Scholz Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Hubertus Heil (Peine) Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Monika Lazar Rolf Hempelmann Ewald Schurer Cornelia Möhring Nicole Maisch Dr. Barbara Hendricks Frank Schwabe Kornelia Möller Agnes Malczak Gustav Herzog Dr. Martin Schwanholz Niema Movassat Jerzy Montag Gabriele Hiller-Ohm Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Petra Hinz (Essen) Stefan Schwartze Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Frank Hofmann (Volkach) Dr. Carsten Sieling Petra Pau Ingrid Nestle Dr. Eva Högl Sonja Steffen Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Christel Humme Peer Steinbrück Richard Pitterle Omid Nouripour Josip Juratovic Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Oliver Kaczmarek Christoph Strässer Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Johannes Kahrs Kerstin Tack Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Michael Schlecht Tabea Rößner Ulrich Kelber Franz Thönnes Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Hans-Ulrich Klose Wolfgang Tiefensee Dr. Ilja Seifert Krista Sager Dr. Bärbel Kofler Rüdiger Veit Raju Sharma Manuel Sarrazin Daniela Kolbe (Leipzig) Ute Vogt Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Fritz Rudolf Körper Dr. Marlies Volkmer Kersten Steinke Christine Scheel Anette Kramme Andrea Wicklein Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Nicolette Kressl Heidemarie Wieczorek-Zeul Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Angelika Krüger-Leißner Waltraud Wolff Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Ute Kumpf (Wolmirstedt) Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Christine Lambrecht Uta Zapf Kathrin Vogler Kuhn Christian Lange (Backnang) Dagmar Ziegler Sahra Wagenknecht Hans-Christian Ströbele Dr. Karl Lauterbach Manfred Zöllmer Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Markus Tressel Steffen-Claudio Lemme Brigitte Zypries Harald Weinberg (B) Jürgen Trittin (D) Burkhard Lischka Katrin Werner Daniela Wagner Gabriele Lösekrug-Möller DIE LINKE Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland Kirsten Lühmann Jan van Aken BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Caren Marks Agnes Alpers DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Hilde Mattheis Herbert Behrens Kerstin Andreae Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Nein Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Cornelia Behm CDU/CSU Franz Müntefering Christine Buchholz Birgitt Bender Ilse Aigner Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Alexander Bonde Peter Altmaier Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Manfred Nink Roland Claus Ekin Deligöz Dorothee Bär Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Katja Dörner Thomas Bareiß Holger Ortel Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell Norbert Barthle Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Heinz Paula Werner Dreibus Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Johannes Pflug Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Joachim Poß Klaus Ernst Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Florian Pronold Nicole Gohlke Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Dr. Sascha Raabe Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Mechthild Rawert Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Steffen Bilger Gerold Reichenbach Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Dr. Carola Reimann Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Peter Bleser Sönke Rix Inge Höger Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer René Röspel Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Dr. Ernst Dieter Rossmann Andrej Hunko Uwe Kekeritz (Bönstrup) Karin Roth (Esslingen) Ulla Jelpke Katja Keul Wolfgang Bosbach Michael Roth (Heringen) Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic Norbert Brackmann Marlene Rupprecht Katja Kipping Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig (Tuchenbach) Harald Koch Maria Klein-Schmeink Michael Brand Anton Schaaf Jan Korte Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7393

(A) Helmut Brandt Andreas Jung (Konstanz) Ulrich Petzold Marcus Weinberg (Hamburg) (C) Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Egon Jüttner Dr. Joachim Pfeiffer Peter Weiß (Emmendingen) Dr. Helge Braun Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Ingo Wellenreuther Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Ronald Pofalla Karl-Georg Wellmann Gitta Connemann Alois Karl Christoph Poland Peter Wichtel Bernhard Kaster Ruprecht Polenz Annette Widmann-Mauz Alexander Dobrindt Siegfried Kauder (Villingen- Eckhard Pols Klaus-Peter Willsch Thomas Dörflinger Schwenningen) Daniela Raab Elisabeth Winkelmeier- Marie-Luise Dött Volker Kauder Thomas Rachel Becker Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Dr. Peter Ramsauer Dagmar Wöhrl Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Lothar Riebsamen Willi Zylajew Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Josef Rief Land) Jürgen Klimke Klaus Riegert FDP Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Johannes Röring Christian Ahrendt Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Dr. Norbert Röttgen Christine Aschenberg- Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Kristina Schröder Dr. Christian Ruck Dugnus (Hof) Manfred Kolbe Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) Michael Frieser Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Erich G. Fritz Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Sebastian Blumenthal Dr. Michael Fuchs Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Hans-Joachim Fuchtel Michael Kretschmer Dr. Annette Schavan Nicole Bracht-Bendt Alexander Funk Dr. Günter Krings Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Karl Schiewerling Rainer Brüderle Dr. Thomas Gebhart Bettina Kudla Norbert Schindler Angelika Brunkhorst Norbert Geis Dr. Hermann Kues Tankred Schipanski Ernst Burgbacher Alois Gerig Günter Lach Georg Schirmbeck Marco Buschmann Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Michael Glos (Heidelberg) Patrick Schnieder Helga Daub Josef Göppel Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Peter Götz Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai (B) Dr. Wolfgang Götzer Katharina Landgraf Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring (D) Ute Granold Ulrich Lange Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Reinhard Grindel Dr. Max Lehmer Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Hermann Gröhe Paul Lehrieder Rhein) Jörg van Essen Michael Grosse-Brömer Dr. Ursula von der Leyen Detlef Seif Ulrike Flach Markus Grübel Ingbert Liebing Johannes Selle Otto Fricke Manfred Grund Matthias Lietz Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Monika Grütters Dr. Carsten Linnemann Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Karl-Theodor Freiherr Patricia Lips Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann zu Guttenberg Dr. Jan-Marco Luczak Thomas Silberhorn Heinz Golombeck Olav Gutting Dr. Michael Luther Johannes Singhammer Miriam Gruß Florian Hahn Karin Maag Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Holger Haibach Hans-Georg von der Marwitz Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Stephan Harbarth Andreas Mattfeldt Dr. Frank Steffel Manuel Höferlin Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) Erika Steinbach Elke Hoff Gerda Hasselfeldt Dr. Michael Meister Christian Freiherr von Stetten Birgit Homburger Dr. Matthias Heider Dr. Angela Merkel Dieter Stier Dr. Werner Hoyer Mechthild Heil Maria Michalk Gero Storjohann Heiner Kamp Frank Heinrich Dr. h. c. Hans Michelbach Stephan Stracke Michael Kauch Rudolf Henke Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Dr. Lutz Knopek Michael Hennrich Philipp Mißfelder Karin Strenz Pascal Kober Jürgen Herrmann Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Heinrich L. Kolb Ansgar Heveling Marlene Mortler Lena Strothmann Gudrun Kopp Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Dr. h. c. Jürgen Koppelin Peter Hintze Stefan Müller (Erlangen) Dr. Peter Tauber Sebastian Körber Christian Hirte Nadine Schön (St. Wendel) Antje Tillmann Holger Krestel Robert Hochbaum Dr. Philipp Murmann Dr. Hans-Peter Uhl Patrick Kurth (Kyffhäuser) Karl Holmeier Bernd Neumann (Bremen) Arnold Vaatz Heinz Lanfermann Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sibylle Laurischk Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Stefanie Vogelsang Harald Leibrecht Anette Hübinger Franz Obermeier Andrea Astrid Voßhoff Sabine Leutheusser- Thomas Jarzombek Henning Otte Dr. Johann Wadephul Schnarrenberger Dieter Jasper Dr. Michael Paul Marco Wanderwitz Lars Lindemann Dr. Franz Josef Jung Rita Pawelski Kai Wegner Christian Lindner 7394 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Dr. Martin Lindner (Berlin) Dirk Niebel Christoph Schnurr Florian Toncar (C) Michael Link (Heilbronn) Hans-Joachim Otto Jimmy Schulz Serkan Tören Dr. Erwin Lotter (Frankfurt) Marina Schuster Johannes Vogel Oliver Luksic Cornelia Pieper Dr. Erik Schweickert (Lüdenscheid) Horst Meierhofer Gisela Piltz Werner Simmling Dr. Daniel Volk Patrick Meinhardt Dr. Christiane Ratjen- Judith Skudelny Dr. Guido Westerwelle Gabriele Molitor Damerau Dr. Hermann Otto Solms Dr. Claudia Winterstein Jan Mücke Dr. Birgit Reinemund Joachim Spatz Dr. Volker Wissing Petra Müller (Aachen) Dr. Peter Röhlinger Dr. Max Stadler Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Stefan Ruppert Torsten Staffeldt Dr. Martin Neumann Björn Sänger Dr. Rainer Stinner (Lausitz) Frank Schäffler Stephan Thomae

Anlage 18 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3488) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Biblis B) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Gabriele Fograscher Christian Lange (Backnang) Ulla Schmidt (Aachen) Abgegebene Stimmen: 595; Dr. Edgar Franke Dr. Karl Lauterbach Silvia Schmidt (Eisleben) davon Dagmar Freitag Steffen-Claudio Lemme Carsten Schneider (Erfurt) Peter Friedrich Burkhard Lischka Olaf Scholz ja: 274 Sigmar Gabriel Gabriele Lösekrug-Möller Swen Schulz (Spandau) nein: 321 Michael Gerdes Kirsten Lühmann Ewald Schurer Martin Gerster Caren Marks Frank Schwabe Ja Iris Gleicke Katja Mast Dr. Martin Schwanholz (B) (D) Ulrike Gottschalck Hilde Mattheis Rolf Schwanitz SPD Angelika Graf (Rosenheim) Petra Merkel (Berlin) Stefan Schwartze Dr. Carsten Sieling Ingrid Arndt-Brauer Kerstin Griese Ullrich Meßmer Sonja Steffen Rainer Arnold Michael Groschek Dr. Matthias Miersch Peer Steinbrück Heinz-Joachim Barchmann Michael Groß Franz Müntefering Dr. Frank-Walter Steinmeier Doris Barnett Wolfgang Gunkel Dr. Rolf Mützenich Christoph Strässer Dr. Hans-Peter Bartels Hans-Joachim Hacker Andrea Nahles Kerstin Tack Klaus Barthel Bettina Hagedorn Manfred Nink Dr. h. c. Wolfgang Thierse Sören Bartol Klaus Hagemann Thomas Oppermann Franz Thönnes Bärbel Bas Hubertus Heil (Peine) Holger Ortel Wolfgang Tiefensee Dirk Becker Rolf Hempelmann Aydan Özoğuz Rüdiger Veit Uwe Beckmeyer Dr. Barbara Hendricks Heinz Paula Ute Vogt Lothar Binding (Heidelberg) Gustav Herzog Johannes Pflug Dr. Marlies Volkmer Gerd Bollmann Gabriele Hiller-Ohm Joachim Poß Andrea Wicklein Klaus Brandner Petra Hinz (Essen) Dr. Wilhelm Priesmeier Heidemarie Wieczorek-Zeul Willi Brase Frank Hofmann (Volkach) Florian Pronold Waltraud Wolff Bernhard Brinkmann Dr. Eva Högl Dr. Sascha Raabe (Wolmirstedt) (Hildesheim) Christel Humme Mechthild Rawert Uta Zapf Edelgard Bulmahn Josip Juratovic Gerold Reichenbach Dagmar Ziegler Marco Bülow Oliver Kaczmarek Dr. Carola Reimann Manfred Zöllmer Ulla Burchardt Johannes Kahrs Sönke Rix Brigitte Zypries Martin Burkert Dr. h. c. Susanne Kastner René Röspel Petra Crone Ulrich Kelber Dr. Ernst Dieter Rossmann DIE LINKE Dr. Peter Danckert Lars Klingbeil Karin Roth (Esslingen) Martin Dörmann Hans-Ulrich Klose Michael Roth (Heringen) Jan van Aken Elvira Drobinski-Weiß Dr. Bärbel Kofler Marlene Rupprecht Agnes Alpers Garrelt Duin Daniela Kolbe (Leipzig) (Tuchenbach) Dr. Dietmar Bartsch Sebastian Edathy Fritz Rudolf Körper Anton Schaaf Herbert Behrens Siegmund Ehrmann Anette Kramme Axel Schäfer (Bochum) Matthias W. Birkwald Dr.h.c. Gernot Erler Nicolette Kressl Bernd Scheelen Heidrun Bluhm Petra Ernstberger Angelika Krüger-Leißner Marianne Schieder Steffen Bockhahn Karin Evers-Meyer Ute Kumpf (Schwandorf) Christine Buchholz Elke Ferner Christine Lambrecht Werner Schieder (Weiden) Eva Bulling-Schröter Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7395

(A) Dr. Martina Bunge Alexander Bonde Peter Aumer Florian Hahn (C) Roland Claus Viola von Cramon-Taubadel Dorothee Bär Holger Haibach Sevim Dağdelen Ekin Deligöz Thomas Bareiß Dr. Stephan Harbarth Dr. Diether Dehm Katja Dörner Norbert Barthle Jürgen Hardt Heidrun Dittrich Hans-Josef Fell Günter Baumann Gerda Hasselfeldt Werner Dreibus Dr. Thomas Gambke Ernst-Reinhard Beck Dr. Matthias Heider Dr. Dagmar Enkelmann Kai Gehring (Reutlingen) Mechthild Heil Klaus Ernst Katrin Göring-Eckardt Manfred Behrens (Börde) Frank Heinrich Wolfgang Gehrcke Britta Haßelmann Veronika Bellmann Rudolf Henke Nicole Gohlke Bettina Herlitzius Dr. Christoph Bergner Michael Hennrich Annette Groth Winfried Hermann Peter Beyer Jürgen Herrmann Dr. Gregor Gysi Priska Hinz (Herborn) Steffen Bilger Ansgar Heveling Heike Hänsel Ulrike Höfken Clemens Binninger Ernst Hinsken Dr. Rosemarie Hein Dr. Anton Hofreiter Peter Bleser Peter Hintze Inge Höger Bärbel Höhn Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Dr. Barbara Höll Ingrid Hönlinger Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Andrej Hunko Thilo Hoppe (Bönstrup) Karl Holmeier Ulla Jelpke Uwe Kekeritz Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Keul Norbert Brackmann Anette Hübinger Katja Kipping Memet Kilic Klaus Brähmig Thomas Jarzombek Harald Koch Sven-Christian Kindler Michael Brand Dieter Jasper Jan Korte Maria Klein-Schmeink Dr. Reinhard Brandl Dr. Franz Josef Jung Katrin Kunert Ute Koczy Helmut Brandt Andreas Jung (Konstanz) Caren Lay Tom Koenigs Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Egon Jüttner Ralph Lenkert Sylvia Kotting-Uhl Dr. Helge Braun Bartholomäus Kalb Michael Leutert Oliver Krischer Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Stefan Liebich Agnes Krumwiede Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Ulla Lötzer Fritz Kuhn Gitta Connemann Alois Karl Dr. Gesine Lötzsch Stephan Kühn Leo Dautzenberg Bernhard Kaster Thomas Lutze Renate Künast Alexander Dobrindt Siegfried Kauder (Villingen- Ulrich Maurer Markus Kurth Thomas Dörflinger Schwenningen) Dorothée Menzner Undine Kurth (Quedlinburg) Marie-Luise Dött Volker Kauder Cornelia Möhring Monika Lazar Dr. Thomas Feist Dr. Stefan Kaufmann Nicole Maisch Kornelia Möller Enak Ferlemann Roderich Kiesewetter Agnes Malczak Niema Movassat Ingrid Fischbach Eckart von Klaeden (B) Jerzy Montag (D) Wolfgang Nešković Hartwig Fischer (Göttingen) Ewa Klamt Kerstin Müller (Köln) Thomas Nord Dirk Fischer (Hamburg) Volkmar Klein Beate Müller-Gemmeke Petra Pau Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Ingrid Nestle Jens Petermann Land) Julia Klöckner Dr. Konstantin von Notz Richard Pitterle Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Omid Nouripour Yvonne Ploetz Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Ingrid Remmers Friedrich Ostendorff Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Manfred Kolbe Paul Schäfer (Köln) Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Rolf Koschorrek Michael Schlecht Brigitte Pothmer Tabea Rößner (Hof) Hartmut Koschyk Dr. Herbert Schui Michael Frieser Thomas Kossendey Dr. Ilja Seifert Claudia Roth (Augsburg) Manuel Sarrazin Erich G. Fritz Michael Kretschmer Raju Sharma Dr. Michael Fuchs Dr. Günter Krings Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Christine Scheel Hans-Joachim Fuchtel Rüdiger Kruse Kersten Steinke Alexander Funk Bettina Kudla Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Dr. Frithjof Schmidt Ingo Gädechens Dr. Hermann Kues Alexander Süßmair Dr. Thomas Gebhart Günter Lach Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Dr. Wolfgang Strengmann- Norbert Geis Dr. Karl A. Lamers Frank Tempel Alois Gerig (Heidelberg) Alexander Ulrich Kuhn Hans-Christian Ströbele Eberhard Gienger Andreas G. Lämmel Kathrin Vogler Michael Glos Dr. Norbert Lammert Sahra Wagenknecht Dr. Harald Terpe Markus Tressel Josef Göppel Katharina Landgraf Halina Wawzyniak Peter Götz Ulrich Lange Harald Weinberg Jürgen Trittin Daniela Wagner Dr. Wolfgang Götzer Dr. Max Lehmer Katrin Werner Ute Granold Paul Lehrieder Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland Dr. Valerie Wilms Reinhard Grindel Dr. Ursula von der Leyen Hermann Gröhe Ingbert Liebing BÜNDNIS 90/ Josef Philip Winkler Michael Grosse-Brömer Matthias Lietz DIE GRÜNEN Markus Grübel Dr. Carsten Linnemann Kerstin Andreae Nein Manfred Grund Patricia Lips Marieluise Beck (Bremen) Monika Grütters Dr. Jan-Marco Luczak CDU/CSU Volker Beck (Köln) Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Michael Luther Cornelia Behm Ilse Aigner zu Guttenberg Karin Maag Birgitt Bender Peter Altmaier Olav Gutting Hans-Georg von der Marwitz 7396 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Andreas Mattfeldt Georg Schirmbeck Wolfgang Zöller Harald Leibrecht (C) Stephan Mayer (Altötting) Christian Schmidt (Fürth) Willi Zylajew Sabine Leutheusser- Dr. Michael Meister Patrick Schnieder Schnarrenberger Dr. Angela Merkel Dr. Andreas Schockenhoff FDP Lars Lindemann Maria Michalk Dr. Ole Schröder Christian Lindner Jens Ackermann Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. h. c. Hans Michelbach Bernhard Schulte-Drüggelte Christian Ahrendt Dr. Mathias Middelberg Uwe Schummer Christine Aschenberg- Michael Link (Heilbronn) Philipp Mißfelder Armin Schuster (Weil am Dugnus Dr. Erwin Lotter Dietrich Monstadt Rhein) Daniel Bahr (Münster) Oliver Luksic Marlene Mortler Detlef Seif Florian Bernschneider Horst Meierhofer Dr. Gerd Müller Johannes Selle Sebastian Blumenthal Patrick Meinhardt Stefan Müller (Erlangen) Reinhold Sendker Claudia Bögel Gabriele Molitor Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Patrick Sensburg Nicole Bracht-Bendt Jan Mücke Dr. Philipp Murmann Bernd Siebert Klaus Breil Petra Müller (Aachen) Bernd Neumann (Bremen) Thomas Silberhorn Rainer Brüderle Burkhardt Müller-Sönksen Michaela Noll Johannes Singhammer Angelika Brunkhorst Dr. Martin Neumann Dr. Georg Nüßlein Jens Spahn Ernst Burgbacher (Lausitz) Franz Obermeier Carola Stauche Marco Buschmann Dirk Niebel Henning Otte Dr. Frank Steffel Sylvia Canel Hans-Joachim Otto Dr. Michael Paul Erika Steinbach Helga Daub (Frankfurt) Rita Pawelski Christian Freiherr von Stetten Reiner Deutschmann Cornelia Pieper Ulrich Petzold Dieter Stier Dr. Bijan Djir-Sarai Gisela Piltz Dr. Joachim Pfeiffer Gero Storjohann Patrick Döring Dr. Christiane Ratjen- Sibylle Pfeiffer Stephan Stracke Mechthild Dyckmans Damerau Beatrix Philipp Max Straubinger Rainer Erdel Dr. Birgit Reinemund Ronald Pofalla Karin Strenz Jörg van Essen Dr. Peter Röhlinger Christoph Poland Thomas Strobl (Heilbronn) Ulrike Flach Dr. Stefan Ruppert Ruprecht Polenz Lena Strothmann Otto Fricke Björn Sänger Eckhard Pols Michael Stübgen Dr. Edmund Peter Geisen Frank Schäffler Daniela Raab Dr. Peter Tauber Dr. Wolfgang Gerhardt Christoph Schnurr Thomas Rachel Antje Tillmann Hans-Michael Goldmann Jimmy Schulz Dr. Peter Ramsauer Dr. Hans-Peter Uhl Heinz Golombeck Marina Schuster Eckhardt Rehberg Arnold Vaatz Miriam Gruß Dr. Erik Schweickert Katherina Reiche (Potsdam) Volkmar Vogel (Kleinsaara) Joachim Günther (Plauen) Werner Simmling (B) Lothar Riebsamen Stefanie Vogelsang Dr. Christel Happach-Kasan Judith Skudelny (D) Josef Rief Andrea Astrid Voßhoff Manuel Höferlin Dr. Hermann Otto Solms Klaus Riegert Dr. Johann Wadephul Elke Hoff Joachim Spatz Dr. Heinz Riesenhuber Marco Wanderwitz Birgit Homburger Dr. Max Stadler Johannes Röring Kai Wegner Dr. Werner Hoyer Torsten Staffeldt Dr. Norbert Röttgen Marcus Weinberg (Hamburg) Heiner Kamp Dr. Rainer Stinner Dr. Christian Ruck Peter Weiß (Emmendingen) Michael Kauch Stephan Thomae Erwin Rüddel Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Lutz Knopek Florian Toncar Albert Rupprecht (Weiden) Ingo Wellenreuther Pascal Kober Serkan Tören Anita Schäfer (Saalstadt) Karl-Georg Wellmann Dr. Heinrich L. Kolb Johannes Vogel Dr. Wolfgang Schäuble Peter Wichtel Gudrun Kopp (Lüdenscheid) Dr. Annette Schavan Annette Widmann-Mauz Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Daniel Volk Dr. Andreas Scheuer Elisabeth Winkelmeier- Sebastian Körber Dr. Guido Westerwelle Karl Schiewerling Becker Holger Krestel Dr. Claudia Winterstein Norbert Schindler Dagmar Wöhrl Patrick Kurth (Kyffhäuser) Dr. Volker Wissing Tankred Schipanski Dr. Matthias Zimmer Heinz Lanfermann Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 19 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3489) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Brunsbüttel) (Tagesordnungs- punkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Ja Heinz-Joachim Barchmann Bärbel Bas Abgegebene Stimmen: 598; Doris Barnett Dirk Becker davon SPD Dr. Hans-Peter Bartels Uwe Beckmeyer ja: 274 Ingrid Arndt-Brauer Klaus Barthel Lothar Binding (Heidelberg) nein: 324 Rainer Arnold Sören Bartol Gerd Bollmann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7397

(A) Klaus Brandner Hilde Mattheis Herbert Behrens BÜNDNIS 90/ (C) Willi Brase Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald DIE GRÜNEN Bernhard Brinkmann Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Kerstin Andreae (Hildesheim) Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Marieluise Beck (Bremen) Edelgard Bulmahn Franz Müntefering Christine Buchholz Volker Beck (Köln) Marco Bülow Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Cornelia Behm Ulla Burchardt Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Birgitt Bender Martin Burkert Manfred Nink Roland Claus Alexander Bonde Petra Crone Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Viola von Cramon-Taubadel Holger Ortel Dr. Peter Danckert Dr. Diether Dehm Ekin Deligöz Martin Dörmann Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Katja Dörner Heinz Paula Elvira Drobinski-Weiß Hans-Josef Fell Johannes Pflug Werner Dreibus Garrelt Duin Dr. Thomas Gambke Joachim Poß Dr. Dagmar Enkelmann Sebastian Edathy Kai Gehring Dr. Wilhelm Priesmeier Klaus Ernst Siegmund Ehrmann Katrin Göring-Eckardt Florian Pronold Wolfgang Gehrcke Dr. h. c. Gernot Erler Britta Haßelmann Dr. Sascha Raabe Nicole Gohlke Petra Ernstberger Bettina Herlitzius Mechthild Rawert Annette Groth Karin Evers-Meyer Winfried Hermann Gerold Reichenbach Dr. Gregor Gysi Elke Ferner Priska Hinz (Herborn) Dr. Carola Reimann Heike Hänsel Gabriele Fograscher Ulrike Höfken Sönke Rix Dr. Rosemarie Hein Dr. Edgar Franke Dr. Anton Hofreiter René Röspel Dagmar Freitag Inge Höger Bärbel Höhn Dr. Ernst Dieter Rossmann Peter Friedrich Dr. Barbara Höll Ingrid Hönlinger Karin Roth (Esslingen) Sigmar Gabriel Andrej Hunko Thilo Hoppe Michael Roth (Heringen) Michael Gerdes Ulla Jelpke Uwe Kekeritz Marlene Rupprecht Martin Gerster Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Keul (Tuchenbach) Iris Gleicke Katja Kipping Memet Kilic Anton Schaaf Ulrike Gottschalck Harald Koch Sven-Christian Kindler Axel Schäfer (Bochum) Angelika Graf (Rosenheim) Jan Korte Maria Klein-Schmeink Bernd Scheelen Kerstin Griese Katrin Kunert Ute Koczy Marianne Schieder Michael Groschek Tom Koenigs (Schwandorf) Caren Lay Michael Groß Sylvia Kotting-Uhl Werner Schieder (Weiden) Ralph Lenkert Wolfgang Gunkel Oliver Krischer Ulla Schmidt (Aachen) Michael Leutert Hans-Joachim Hacker Agnes Krumwiede Silvia Schmidt (Eisleben) Stefan Liebich Bettina Hagedorn Fritz Kuhn (B) Carsten Schneider (Erfurt) Dr. Gesine Lötzsch (D) Klaus Hagemann Stephan Kühn Olaf Scholz Thomas Lutze Hubertus Heil (Peine) Renate Künast Swen Schulz (Spandau) Ulrich Maurer Rolf Hempelmann Markus Kurth Ewald Schurer Dorothée Menzner Dr. Barbara Hendricks Undine Kurth (Quedlinburg) Frank Schwabe Cornelia Möhring Gustav Herzog Monika Lazar Dr. Martin Schwanholz Gabriele Hiller-Ohm Kornelia Möller Nicole Maisch Rolf Schwanitz Petra Hinz (Essen) Niema Movassat Agnes Malczak Stefan Schwartze Frank Hofmann (Volkach) Wolfgang Nešković Jerzy Montag Dr. Carsten Sieling Dr. Eva Högl Thomas Nord Kerstin Müller (Köln) Sonja Steffen Christel Humme Petra Pau Beate Müller-Gemmeke Peer Steinbrück Josip Juratovic Jens Petermann Ingrid Nestle Dr. Frank-Walter Steinmeier Oliver Kaczmarek Richard Pitterle Dr. Konstantin von Notz Christoph Strässer Johannes Kahrs Yvonne Ploetz Omid Nouripour Kerstin Tack Dr. h. c. Susanne Kastner Ingrid Remmers Friedrich Ostendorff Dr. h. c. Wolfgang Thierse Ulrich Kelber Dr. Hermann Ott Franz Thönnes Paul Schäfer (Köln) Lars Klingbeil Brigitte Pothmer Wolfgang Tiefensee Michael Schlecht Hans-Ulrich Klose Tabea Rößner Rüdiger Veit Dr. Herbert Schui Dr. Bärbel Kofler Claudia Roth (Augsburg) Ute Vogt Dr. Ilja Seifert Daniela Kolbe (Leipzig) Krista Sager Dr. Marlies Volkmer Raju Sharma Fritz Rudolf Körper Manuel Sarrazin Andrea Wicklein Dr. Petra Sitte Anette Kramme Elisabeth Scharfenberg Heidemarie Wieczorek-Zeul Kersten Steinke Nicolette Kressl Christine Scheel Waltraud Wolff Sabine Stüber Angelika Krüger-Leißner Dr. Gerhard Schick (Wolmirstedt) Alexander Süßmair Ute Kumpf Dr. Frithjof Schmidt Uta Zapf Christine Lambrecht Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Dagmar Ziegler Christian Lange (Backnang) Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Manfred Zöllmer Dr. Karl Lauterbach Alexander Ulrich Kuhn Brigitte Zypries Steffen-Claudio Lemme Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Burkhard Lischka Sahra Wagenknecht Dr. Harald Terpe DIE LINKE Gabriele Lösekrug-Möller Halina Wawzyniak Markus Tressel Kirsten Lühmann Jan van Aken Harald Weinberg Jürgen Trittin Caren Marks Agnes Alpers Katrin Werner Daniela Wagner Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland 7398 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Dr. Valerie Wilms Hermann Gröhe Matthias Lietz Reinhold Sendker (C) Josef Philip Winkler Michael Grosse-Brömer Dr. Carsten Linnemann Dr. Patrick Sensburg Markus Grübel Patricia Lips Bernd Siebert Nein Monika Grütters Dr. Jan-Marco Luczak Thomas Silberhorn Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Michael Luther Johannes Singhammer CDU/CSU zu Guttenberg Karin Maag Jens Spahn Olav Gutting Hans-Georg von der Marwitz Carola Stauche Ilse Aigner Florian Hahn Andreas Mattfeldt Dr. Frank Steffel Peter Altmaier Holger Haibach Stephan Mayer (Altötting) Erika Steinbach Peter Aumer Dr. Stephan Harbarth Dr. Michael Meister Christian Freiherr von Stetten Dorothee Bär Jürgen Hardt Dr. Angela Merkel Dieter Stier Thomas Bareiß Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Gero Storjohann Norbert Barthle Dr. Matthias Heider Dr. h. c. Hans Michelbach Stephan Stracke Günter Baumann Mechthild Heil Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Ernst-Reinhard Beck Frank Heinrich Philipp Mißfelder Karin Strenz (Reutlingen) Rudolf Henke Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) Manfred Behrens (Börde) Michael Hennrich Marlene Mortler Lena Strothmann Veronika Bellmann Jürgen Herrmann Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Dr. Christoph Bergner Ansgar Heveling Stefan Müller (Erlangen) Dr. Peter Tauber Peter Beyer Ernst Hinsken Nadine Schön (St. Wendel) Antje Tillmann Steffen Bilger Peter Hintze Dr. Philipp Murmann Dr. Hans-Peter Uhl Clemens Binninger Christian Hirte Bernd Neumann (Bremen) Arnold Vaatz Peter Bleser Robert Hochbaum Michaela Noll Volkmar Vogel (Kleinsaara) Dr. Maria Böhmer Karl Holmeier Dr. Georg Nüßlein Stefanie Vogelsang Wolfgang Börnsen Franz-Josef Holzenkamp Franz Obermeier Andrea Astrid Voßhoff (Bönstrup) Joachim Hörster Henning Otte Dr. Johann Wadephul Wolfgang Bosbach Anette Hübinger Dr. Michael Paul Marco Wanderwitz Norbert Brackmann Thomas Jarzombek Rita Pawelski Kai Wegner Klaus Brähmig Dieter Jasper Ulrich Petzold Marcus Weinberg (Hamburg) Michael Brand Dr. Franz Josef Jung Dr. Joachim Pfeiffer Peter Weiß (Emmendingen) Dr. Reinhard Brandl Andreas Jung (Konstanz) Sibylle Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Helmut Brandt Dr. Egon Jüttner Beatrix Philipp Ingo Wellenreuther Dr. Ralf Brauksiepe Bartholomäus Kalb Ronald Pofalla Karl-Georg Wellmann Dr. Helge Braun Hans-Werner Kammer Peter Wichtel Heike Brehmer Christoph Poland Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Annette Widmann-Mauz (B) Ralph Brinkhaus Klaus-Peter Willsch (D) Gitta Connemann Alois Karl Eckhard Pols Bernhard Kaster Daniela Raab Elisabeth Winkelmeier- Leo Dautzenberg Becker Alexander Dobrindt Volker Kauder Thomas Rachel Dr. Stefan Kaufmann Dr. Peter Ramsauer Dagmar Wöhrl Thomas Dörflinger Dr. Matthias Zimmer Marie-Luise Dött Roderich Kiesewetter Eckhardt Rehberg Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dr. Thomas Feist Willi Zylajew Enak Ferlemann Ewa Klamt Lothar Riebsamen Volkmar Klein Josef Rief Ingrid Fischbach FDP Hartwig Fischer (Göttingen) Jürgen Klimke Klaus Riegert Dirk Fischer (Hamburg) Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Axel E. Fischer (Karlsruhe- Axel Knoerig Johannes Röring Christian Ahrendt Land) Jens Koeppen Dr. Norbert Röttgen Christine Aschenberg- Dr. Maria Flachsbarth Dr. Kristina Schröder Dr. Christian Ruck Dugnus Klaus-Peter Flosbach Manfred Kolbe Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) Herbert Frankenhauser Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Dr. Hans-Peter Friedrich Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Sebastian Blumenthal (Hof) Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Michael Frieser Michael Kretschmer Dr. Annette Schavan Nicole Bracht-Bendt Erich G. Fritz Dr. Günter Krings Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Dr. Michael Fuchs Rüdiger Kruse Karl Schiewerling Rainer Brüderle Hans-Joachim Fuchtel Bettina Kudla Norbert Schindler Angelika Brunkhorst Alexander Funk Dr. Hermann Kues Tankred Schipanski Ernst Burgbacher Ingo Gädechens Günter Lach Georg Schirmbeck Marco Buschmann Dr. Thomas Gebhart Dr. Karl A. Lamers Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Norbert Geis (Heidelberg) Patrick Schnieder Helga Daub Alois Gerig Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Michael Glos Katharina Landgraf Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Josef Göppel Ulrich Lange Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Peter Götz Dr. Max Lehmer Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Rhein) Jörg van Essen Ute Granold Dr. Ursula von der Leyen Detlef Seif Ulrike Flach Reinhard Grindel Ingbert Liebing Johannes Selle Otto Fricke Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7399

(A) Dr. Edmund Peter Geisen Sebastian Körber Burkhardt Müller-Sönksen Werner Simmling (C) Dr. Wolfgang Gerhardt Holger Krestel Dr. Martin Neumann Judith Skudelny Hans-Michael Goldmann Patrick Kurth (Kyffhäuser) (Lausitz) Dr. Hermann Otto Solms Heinz Golombeck Heinz Lanfermann Dirk Niebel Joachim Spatz Miriam Gruß Sibylle Laurischk Hans-Joachim Otto Dr. Max Stadler Joachim Günther (Plauen) Harald Leibrecht (Frankfurt) Torsten Staffeldt Dr. Christel Happach-Kasan Sabine Leutheusser- Cornelia Pieper Dr. Rainer Stinner Heinz-Peter Haustein Schnarrenberger Gisela Piltz Stephan Thomae Manuel Höferlin Lars Lindemann Dr. Christiane Ratjen- Florian Toncar Elke Hoff Christian Lindner Damerau Serkan Tören Birgit Homburger Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Birgit Reinemund Johannes Vogel Dr. Werner Hoyer Michael Link (Heilbronn) Dr. Peter Röhlinger (Lüdenscheid) Heiner Kamp Dr. Erwin Lotter Dr. Stefan Ruppert Dr. Daniel Volk Michael Kauch Oliver Luksic Björn Sänger Dr. Guido Westerwelle Dr. Lutz Knopek Horst Meierhofer Frank Schäffler Dr. Claudia Winterstein Pascal Kober Patrick Meinhardt Christoph Schnurr Dr. Volker Wissing Dr. Heinrich L. Kolb Gabriele Molitor Jimmy Schulz Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Gudrun Kopp Jan Mücke Marina Schuster Dr. h. c. Jürgen Koppelin Petra Müller (Aachen) Dr. Erik Schweickert

Anlage 20 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3490) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Isar 1) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Garrelt Duin Oliver Kaczmarek Joachim Poß (B) (D) Abgegebene Stimmen: 595; Sebastian Edathy Johannes Kahrs Dr. Wilhelm Priesmeier davon Siegmund Ehrmann Dr. h. c. Susanne Kastner Florian Pronold Dr. h. c. Gernot Erler Ulrich Kelber Dr. Sascha Raabe ja: 272 Petra Ernstberger Lars Klingbeil Mechthild Rawert nein: 323 Karin Evers-Meyer Hans-Ulrich Klose Gerold Reichenbach Elke Ferner Dr. Bärbel Kofler Dr. Carola Reimann Ja Gabriele Fograscher Daniela Kolbe (Leipzig) Sönke Rix Dr. Edgar Franke Fritz Rudolf Körper René Röspel SPD Dagmar Freitag Anette Kramme Dr. Ernst Dieter Rossmann Ingrid Arndt-Brauer Peter Friedrich Nicolette Kressl Karin Roth (Esslingen) Rainer Arnold Sigmar Gabriel Angelika Krüger-Leißner Michael Roth (Heringen) Heinz-Joachim Barchmann Michael Gerdes Ute Kumpf Marlene Rupprecht Doris Barnett Martin Gerster Christine Lambrecht (Tuchenbach) Dr. Hans-Peter Bartels Iris Gleicke Christian Lange (Backnang) Anton Schaaf Klaus Barthel Ulrike Gottschalck Steffen-Claudio Lemme Axel Schäfer (Bochum) Sören Bartol Angelika Graf (Rosenheim) Burkhard Lischka Bernd Scheelen Bärbel Bas Kerstin Griese Gabriele Lösekrug-Möller Marianne Schieder Dirk Becker Michael Groschek Kirsten Lühmann (Schwandorf) Uwe Beckmeyer Michael Groß Caren Marks Werner Schieder (Weiden) Lothar Binding (Heidelberg) Wolfgang Gunkel Katja Mast Ulla Schmidt (Aachen) Gerd Bollmann Hans-Joachim Hacker Hilde Mattheis Silvia Schmidt (Eisleben) Klaus Brandner Bettina Hagedorn Petra Merkel (Berlin) Carsten Schneider (Erfurt) Willi Brase Klaus Hagemann Ullrich Meßmer Olaf Scholz Bernhard Brinkmann Hubertus Heil (Peine) Dr. Matthias Miersch Swen Schulz (Spandau) (Hildesheim) Rolf Hempelmann Franz Müntefering Ewald Schurer Edelgard Bulmahn Dr. Barbara Hendricks Dr. Rolf Mützenich Frank Schwabe Marco Bülow Gustav Herzog Andrea Nahles Dr. Martin Schwanholz Ulla Burchardt Gabriele Hiller-Ohm Manfred Nink Rolf Schwanitz Martin Burkert Petra Hinz (Essen) Thomas Oppermann Stefan Schwartze Petra Crone Frank Hofmann (Volkach) Holger Ortel Dr. Carsten Sieling Dr. Peter Danckert Dr. Eva Högl Aydan Özoğuz Sonja Steffen Martin Dörmann Christel Humme Heinz Paula Peer Steinbrück Elvira Drobinski-Weiß Josip Juratovic Johannes Pflug Dr. Frank-Walter Steinmeier 7400 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Christoph Strässer Paul Schäfer (Köln) Friedrich Ostendorff Dr. Maria Flachsbarth (C) Kerstin Tack Michael Schlecht Dr. Hermann Ott Klaus-Peter Flosbach Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Herbert Schui Brigitte Pothmer Herbert Frankenhauser Franz Thönnes Dr. Ilja Seifert Tabea Rößner Dr. Hans-Peter Friedrich Wolfgang Tiefensee Raju Sharma Claudia Roth (Augsburg) (Hof) Ute Vogt Dr. Petra Sitte Krista Sager Michael Frieser Dr. Marlies Volkmer Kersten Steinke Manuel Sarrazin Erich G. Fritz Andrea Wicklein Sabine Stüber Elisabeth Scharfenberg Dr. Michael Fuchs Heidemarie Wieczorek-Zeul Alexander Süßmair Christine Scheel Alexander Funk Waltraud Wolff Dr. Kirsten Tackmann Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens (Wolmirstedt) Frank Tempel Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Uta Zapf Alexander Ulrich Dorothea Steiner Norbert Geis Dagmar Ziegler Kathrin Vogler Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig Manfred Zöllmer Sahra Wagenknecht Kuhn Eberhard Gienger Brigitte Zypries Halina Wawzyniak Hans-Christian Ströbele Michael Glos Harald Weinberg Dr. Harald Terpe Josef Göppel DIE LINKE Katrin Werner Markus Tressel Peter Götz Jan van Aken Jörn Wunderlich Jürgen Trittin Dr. Wolfgang Götzer Agnes Alpers Daniela Wagner Ute Granold BÜNDNIS 90/ Dr. Dietmar Bartsch Wolfgang Wieland Reinhard Grindel DIE GRÜNEN Herbert Behrens Dr. Valerie Wilms Hermann Gröhe Matthias W. Birkwald Kerstin Andreae Josef Philip Winkler Michael Grosse-Brömer Heidrun Bluhm Marieluise Beck (Bremen) Markus Grübel Steffen Bockhahn Volker Beck (Köln) Nein Manfred Grund Christine Buchholz Cornelia Behm Monika Grütters Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender CDU/CSU Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Martina Bunge Alexander Bonde zu Guttenberg Roland Claus Viola von Cramon-Taubadel Ilse Aigner Olav Gutting Sevim Dağdelen Ekin Deligöz Peter Altmaier Florian Hahn Dr. Diether Dehm Katja Dörner Peter Aumer Holger Haibach Heidrun Dittrich Hans-Josef Fell Dorothee Bär Dr. Stephan Harbarth Werner Dreibus Dr. Thomas Gambke Thomas Bareiß Jürgen Hardt Dr. Dagmar Enkelmann Kai Gehring Norbert Barthle Gerda Hasselfeldt Klaus Ernst Katrin Göring-Eckardt Günter Baumann Dr. Matthias Heider (B) Wolfgang Gehrcke Britta Haßelmann Ernst-Reinhard Beck Mechthild Heil (D) Nicole Gohlke Bettina Herlitzius (Reutlingen) Frank Heinrich Annette Groth Winfried Hermann Manfred Behrens (Börde) Rudolf Henke Dr. Gregor Gysi Priska Hinz (Herborn) Veronika Bellmann Michael Hennrich Heike Hänsel Ulrike Höfken Dr. Christoph Bergner Jürgen Herrmann Dr. Rosemarie Hein Dr. Anton Hofreiter Peter Beyer Ansgar Heveling Inge Höger Bärbel Höhn Steffen Bilger Ernst Hinsken Dr. Barbara Höll Ingrid Hönlinger Clemens Binninger Peter Hintze Andrej Hunko Thilo Hoppe Peter Bleser Christian Hirte Ulla Jelpke Uwe Kekeritz Dr. Maria Böhmer Robert Hochbaum Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Keul Wolfgang Börnsen Karl Holmeier Katja Kipping Memet Kilic (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Harald Koch Sven-Christian Kindler Norbert Brackmann Joachim Hörster Katrin Kunert Maria Klein-Schmeink Klaus Brähmig Anette Hübinger Caren Lay Ute Koczy Michael Brand Thomas Jarzombek Ralph Lenkert Tom Koenigs Dr. Reinhard Brandl Dieter Jasper Michael Leutert Sylvia Kotting-Uhl Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Stefan Liebich Oliver Krischer Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Ulla Lötzer Agnes Krumwiede Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner Dr. Gesine Lötzsch Fritz Kuhn Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Thomas Lutze Stephan Kühn Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Ulrich Maurer Renate Künast Gitta Connemann Steffen Kampeter Dorothée Menzner Markus Kurth Leo Dautzenberg Alois Karl Cornelia Möhring Undine Kurth (Quedlinburg) Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Kornelia Möller Monika Lazar Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Niema Movassat Nicole Maisch Marie-Luise Dött Schwenningen) Wolfgang Nešković Agnes Malczak Dr. Thomas Feist Volker Kauder Thomas Nord Jerzy Montag Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Petra Pau Kerstin Müller (Köln) Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Jens Petermann Beate Müller-Gemmeke Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Richard Pitterle Ingrid Nestle Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Yvonne Ploetz Dr. Konstantin von Notz Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Ingrid Remmers Omid Nouripour Land) Jürgen Klimke Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7401

(A) Julia Klöckner Eckhard Pols Marco Wanderwitz Gudrun Kopp (C) Axel Knoerig Daniela Raab Kai Wegner Dr. h. c. Jürgen Koppelin Jens Koeppen Thomas Rachel Marcus Weinberg (Hamburg) Sebastian Körber Dr. Kristina Schröder Dr. Peter Ramsauer Peter Weiß (Emmendingen) Holger Krestel Manfred Kolbe Eckhardt Rehberg Sabine Weiss (Wesel I) Patrick Kurth (Kyffhäuser) Dr. Rolf Koschorrek Katherina Reiche (Potsdam) Ingo Wellenreuther Heinz Lanfermann Hartmut Koschyk Lothar Riebsamen Karl-Georg Wellmann Sibylle Laurischk Thomas Kossendey Josef Rief Peter Wichtel Harald Leibrecht Michael Kretschmer Klaus Riegert Annette Widmann-Mauz Sabine Leutheusser- Dr. Günter Krings Dr. Heinz Riesenhuber Klaus-Peter Willsch Schnarrenberger Rüdiger Kruse Johannes Röring Elisabeth Winkelmeier- Lars Lindemann Bettina Kudla Dr. Norbert Röttgen Becker Christian Lindner Dr. Hermann Kues Dr. Christian Ruck Dagmar Wöhrl Dr. Martin Lindner (Berlin) Günter Lach Erwin Rüddel Dr. Matthias Zimmer Michael Link (Heilbronn) Dr. Karl A. Lamers Albert Rupprecht (Weiden) Wolfgang Zöller Dr. Erwin Lotter (Heidelberg) Anita Schäfer (Saalstadt) Willi Zylajew Oliver Luksic Andreas G. Lämmel Dr. Wolfgang Schäuble Horst Meierhofer Dr. Norbert Lammert Dr. Annette Schavan FDP Patrick Meinhardt Katharina Landgraf Dr. Andreas Scheuer Gabriele Molitor Ulrich Lange Karl Schiewerling Jens Ackermann Jan Mücke Dr. Max Lehmer Norbert Schindler Christian Ahrendt Petra Müller (Aachen) Paul Lehrieder Tankred Schipanski Christine Aschenberg- Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Ursula von der Leyen Georg Schirmbeck Dugnus Dr. Martin Neumann Ingbert Liebing Christian Schmidt (Fürth) Daniel Bahr (Münster) (Lausitz) Matthias Lietz Patrick Schnieder Florian Bernschneider Dirk Niebel Dr. Carsten Linnemann Dr. Andreas Schockenhoff Sebastian Blumenthal Hans-Joachim Otto Patricia Lips Dr. Ole Schröder Claudia Bögel (Frankfurt) Dr. Jan-Marco Luczak Bernhard Schulte-Drüggelte Nicole Bracht-Bendt Cornelia Pieper Dr. Michael Luther Uwe Schummer Klaus Breil Gisela Piltz Karin Maag Armin Schuster (Weil am Rainer Brüderle Dr. Christiane Ratjen- Hans-Georg von der Marwitz Rhein) Angelika Brunkhorst Damerau Andreas Mattfeldt Detlef Seif Ernst Burgbacher Dr. Birgit Reinemund Stephan Mayer (Altötting) Johannes Selle Marco Buschmann Dr. Peter Röhlinger Dr. Michael Meister Reinhold Sendker Sylvia Canel Dr. Stefan Ruppert (B) Dr. Angela Merkel Dr. Patrick Sensburg Helga Daub Björn Sänger (D) Maria Michalk Bernd Siebert Dr. Bijan Djir-Sarai Frank Schäffler Dr. h. c. Hans Michelbach Thomas Silberhorn Patrick Döring Christoph Schnurr Dr. Mathias Middelberg Johannes Singhammer Mechthild Dyckmans Jimmy Schulz Philipp Mißfelder Jens Spahn Rainer Erdel Marina Schuster Dietrich Monstadt Carola Stauche Jörg van Essen Dr. Erik Schweickert Marlene Mortler Dr. Frank Steffel Ulrike Flach Werner Simmling Dr. Gerd Müller Erika Steinbach Otto Fricke Judith Skudelny Stefan Müller (Erlangen) Christian Freiherr von Stetten Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Hermann Otto Solms Nadine Schön (St. Wendel) Dieter Stier Dr. Wolfgang Gerhardt Joachim Spatz Dr. Philipp Murmann Gero Storjohann Hans-Michael Goldmann Dr. Max Stadler Bernd Neumann (Bremen) Stephan Stracke Heinz Golombeck Torsten Staffeldt Michaela Noll Max Straubinger Miriam Gruß Dr. Rainer Stinner Dr. Georg Nüßlein Karin Strenz Joachim Günther (Plauen) Stephan Thomae Franz Obermeier Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Christel Happach-Kasan Florian Toncar Henning Otte Lena Strothmann Heinz-Peter Haustein Serkan Tören Dr. Michael Paul Michael Stübgen Manuel Höferlin Johannes Vogel Rita Pawelski Dr. Peter Tauber Elke Hoff (Lüdenscheid) Ulrich Petzold Antje Tillmann Birgit Homburger Dr. Daniel Volk Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Werner Hoyer Dr. Guido Westerwelle Sibylle Pfeiffer Arnold Vaatz Heiner Kamp Dr. Claudia Winterstein Beatrix Philipp Volkmar Vogel (Kleinsaara) Michael Kauch Dr. Volker Wissing Ronald Pofalla Stefanie Vogelsang Dr. Lutz Knopek Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Christoph Poland Andrea Astrid Voßhoff Pascal Kober Ruprecht Polenz Dr. Johann Wadephul Dr. Heinrich L. Kolb 7402 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Anlage 21 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3491) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Krümmel) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Hubertus Heil (Peine) Marlene Rupprecht Dr. Gregor Gysi Abgegebene Stimmen: 592; Rolf Hempelmann (Tuchenbach) Heike Hänsel davon Dr. Barbara Hendricks Anton Schaaf Dr. Rosemarie Hein Gustav Herzog Axel Schäfer (Bochum) Inge Höger ja: 269 Gabriele Hiller-Ohm Bernd Scheelen Dr. Barbara Höll nein: 323 Petra Hinz (Essen) Marianne Schieder Andrej Hunko Frank Hofmann (Volkach) (Schwandorf) Ulla Jelpke Ja Dr. Eva Högl Werner Schieder (Weiden) Dr. Lukrezia Jochimsen Christel Humme Ulla Schmidt (Aachen) Katja Kipping SPD Josip Juratovic Silvia Schmidt (Eisleben) Harald Koch Oliver Kaczmarek Carsten Schneider (Erfurt) Jan Korte Ingrid Arndt-Brauer Johannes Kahrs Olaf Scholz Katrin Kunert Rainer Arnold Dr. h. c. Susanne Kastner Swen Schulz (Spandau) Caren Lay Heinz-Joachim Barchmann Ulrich Kelber Ewald Schurer Ralph Lenkert Doris Barnett Frank Schwabe Michael Leutert Dr. Hans-Peter Bartels Lars Klingbeil Dr. Martin Schwanholz Stefan Liebich Klaus Barthel Hans-Ulrich Klose Rolf Schwanitz Ulla Lötzer Sören Bartol Dr. Bärbel Kofler Stefan Schwartze Dr. Gesine Lötzsch Bärbel Bas Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Carsten Sieling Thomas Lutze Dirk Becker Fritz Rudolf Körper Sonja Steffen Ulrich Maurer Uwe Beckmeyer Anette Kramme Peer Steinbrück Dorothée Menzner Lothar Binding (Heidelberg) Nicolette Kressl Dr. Frank-Walter Steinmeier Cornelia Möhring Gerd Bollmann Angelika Krüger-Leißner Christoph Strässer Kornelia Möller Klaus Brandner Ute Kumpf Kerstin Tack Niema Movassat Willi Brase Christine Lambrecht (B) Dr. h. c. Wolfgang Thierse Wolfgang Nešković (D) Bernhard Brinkmann Christian Lange (Backnang) Franz Thönnes Thomas Nord (Hildesheim) Dr. Karl Lauterbach Wolfgang Tiefensee Petra Pau Edelgard Bulmahn Steffen-Claudio Lemme Rüdiger Veit Jens Petermann Marco Bülow Burkhard Lischka Ute Vogt Richard Pitterle Ulla Burchardt Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Marlies Volkmer Yvonne Ploetz Martin Burkert Kirsten Lühmann Andrea Wicklein Ingrid Remmers Petra Crone Caren Marks Heidemarie Wieczorek-Zeul Paul Schäfer (Köln) Dr. Peter Danckert Katja Mast Waltraud Wolff Michael Schlecht Martin Dörmann Hilde Mattheis (Wolmirstedt) Dr. Herbert Schui Elvira Drobinski-Weiß Petra Merkel (Berlin) Uta Zapf Dr. Ilja Seifert Garrelt Duin Ullrich Meßmer Dagmar Ziegler Raju Sharma Sebastian Edathy Dr. Matthias Miersch Manfred Zöllmer Dr. Petra Sitte Siegmund Ehrmann Franz Müntefering Brigitte Zypries Kersten Steinke Dr. h. c. Gernot Erler Dr. Rolf Mützenich Sabine Stüber Petra Ernstberger Andrea Nahles DIE LINKE Alexander Süßmair Karin Evers-Meyer Manfred Nink Dr. Kirsten Tackmann Elke Ferner Thomas Oppermann Agnes Alpers Alexander Ulrich Gabriele Fograscher Holger Ortel Dr. Dietmar Bartsch Kathrin Vogler Dr. Edgar Franke Aydan Özoğuz Herbert Behrens Halina Wawzyniak Dagmar Freitag Heinz Paula Matthias W. Birkwald Harald Weinberg Peter Friedrich Johannes Pflug Heidrun Bluhm Katrin Werner Sigmar Gabriel Joachim Poß Steffen Bockhahn Jörn Wunderlich Michael Gerdes Dr. Wilhelm Priesmeier Christine Buchholz Martin Gerster Florian Pronold Eva Bulling-Schröter BÜNDNIS 90/ Iris Gleicke Dr. Sascha Raabe Dr. Martina Bunge DIE GRÜNEN Ulrike Gottschalck Mechthild Rawert Roland Claus Angelika Graf (Rosenheim) Gerold Reichenbach Dr. Diether Dehm Kerstin Andreae Kerstin Griese Dr. Carola Reimann Heidrun Dittrich Marieluise Beck (Bremen) Michael Groschek Sönke Rix Werner Dreibus Volker Beck (Köln) Michael Groß René Röspel Dr. Dagmar Enkelmann Cornelia Behm Wolfgang Gunkel Dr. Ernst Dieter Rossmann Klaus Ernst Birgitt Bender Hans-Joachim Hacker Karin Roth (Esslingen) Nicole Gohlke Alexander Bonde Klaus Hagemann Michael Roth (Heringen) Annette Groth Viola von Cramon-Taubadel Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7403

(A) Ekin Deligöz Thomas Bareiß Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) (C) Katja Dörner Norbert Barthle Gerda Hasselfeldt Dr. Michael Meister Hans-Josef Fell Günter Baumann Dr. Matthias Heider Dr. Angela Merkel Dr. Thomas Gambke Ernst-Reinhard Beck Mechthild Heil Maria Michalk Kai Gehring (Reutlingen) Frank Heinrich Dr. h. c. Hans Michelbach Katrin Göring-Eckardt Manfred Behrens (Börde) Rudolf Henke Dr. Mathias Middelberg Britta Haßelmann Veronika Bellmann Michael Hennrich Philipp Mißfelder Bettina Herlitzius Dr. Christoph Bergner Jürgen Herrmann Dietrich Monstadt Winfried Hermann Peter Beyer Ansgar Heveling Marlene Mortler Priska Hinz (Herborn) Steffen Bilger Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Ulrike Höfken Clemens Binninger Peter Hintze Stefan Müller (Erlangen) Dr. Anton Hofreiter Peter Bleser Christian Hirte Nadine Schön (St. Wendel) Bärbel Höhn Dr. Maria Böhmer Robert Hochbaum Dr. Philipp Murmann Ingrid Hönlinger Wolfgang Börnsen Karl Holmeier Bernd Neumann (Bremen) Thilo Hoppe (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Uwe Kekeritz Wolfgang Bosbach Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Katja Keul Norbert Brackmann Anette Hübinger Franz Obermeier Memet Kilic Klaus Brähmig Thomas Jarzombek Henning Otte Sven-Christian Kindler Michael Brand Dieter Jasper Dr. Michael Paul Maria Klein-Schmeink Dr. Reinhard Brandl Dr. Franz Josef Jung Rita Pawelski Ute Koczy Helmut Brandt Andreas Jung (Konstanz) Ulrich Petzold Tom Koenigs Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Egon Jüttner Dr. Joachim Pfeiffer Sylvia Kotting-Uhl Dr. Helge Braun Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Oliver Krischer Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Agnes Krumwiede Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Ronald Pofalla Fritz Kuhn Gitta Connemann Alois Karl Christoph Poland Stephan Kühn Leo Dautzenberg Bernhard Kaster Ruprecht Polenz Renate Künast Alexander Dobrindt Siegfried Kauder (Villingen- Eckhard Pols Markus Kurth Thomas Dörflinger Schwenningen) Daniela Raab Undine Kurth (Quedlinburg) Marie-Luise Dött Volker Kauder Thomas Rachel Monika Lazar Dr. Thomas Feist Dr. Stefan Kaufmann Dr. Peter Ramsauer Nicole Maisch Enak Ferlemann Roderich Kiesewetter Eckhardt Rehberg Agnes Malczak Ingrid Fischbach Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Jerzy Montag Hartwig Fischer (Göttingen) Ewa Klamt Lothar Riebsamen Kerstin Müller (Köln) Dirk Fischer (Hamburg) Volkmar Klein Josef Rief (B) Beate Müller-Gemmeke (D) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Klaus Riegert Ingrid Nestle Land) Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Konstantin von Notz Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Johannes Röring Omid Nouripour Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Dr. Norbert Röttgen Friedrich Ostendorff Herbert Frankenhauser Dr. Kristina Schröder Dr. Christian Ruck Dr. Hermann Ott Dr. Hans-Peter Friedrich Manfred Kolbe Erwin Rüddel Brigitte Pothmer (Hof) Tabea Rößner Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Michael Frieser Claudia Roth (Augsburg) Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Krista Sager Erich G. Fritz Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Michael Kretschmer Dr. Annette Schavan Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Dr. Andreas Scheuer Christine Scheel Alexander Funk Rüdiger Kruse Karl Schiewerling Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens Bettina Kudla Norbert Schindler Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Dr. Hermann Kues Tankred Schipanski Dorothea Steiner Norbert Geis Günter Lach Georg Schirmbeck Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig Dr. Karl A. Lamers Christian Schmidt (Fürth) Kuhn Eberhard Gienger (Heidelberg) Patrick Schnieder Hans-Christian Ströbele Michael Glos Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Harald Terpe Josef Göppel Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Markus Tressel Peter Götz Katharina Landgraf Bernhard Schulte-Drüggelte Jürgen Trittin Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Lange Uwe Schummer Daniela Wagner Ute Granold Dr. Max Lehmer Armin Schuster (Weil am Wolfgang Wieland Reinhard Grindel Paul Lehrieder Rhein) Dr. Valerie Wilms Hermann Gröhe Dr. Ursula von der Leyen Detlef Seif Josef Philip Winkler Michael Grosse-Brömer Ingbert Liebing Johannes Selle Markus Grübel Matthias Lietz Reinhold Sendker Manfred Grund Dr. Carsten Linnemann Dr. Patrick Sensburg Nein Monika Grütters Patricia Lips Bernd Siebert Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Jan-Marco Luczak Thomas Silberhorn CDU/CSU zu Guttenberg Dr. Michael Luther Johannes Singhammer Ilse Aigner Florian Hahn Karin Maag Jens Spahn Peter Aumer Holger Haibach Hans-Georg von der Marwitz Carola Stauche Dorothee Bär Dr. Stephan Harbarth Andreas Mattfeldt Dr. Frank Steffel 7404 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Erika Steinbach FDP Manuel Höferlin Dirk Niebel (C) Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Hans-Joachim Otto Jens Ackermann Dieter Stier Birgit Homburger (Frankfurt) Christian Ahrendt Dr. Werner Hoyer Cornelia Pieper Gero Storjohann Christine Aschenberg- Gisela Piltz Stephan Stracke Dugnus Heiner Kamp Max Straubinger Daniel Bahr (Münster) Michael Kauch Dr. Christiane Ratjen- Karin Strenz Florian Bernschneider Dr. Lutz Knopek Damerau Thomas Strobl (Heilbronn) Sebastian Blumenthal Pascal Kober Dr. Birgit Reinemund Lena Strothmann Claudia Bögel Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Peter Röhlinger Michael Stübgen Nicole Bracht-Bendt Gudrun Kopp Dr. Stefan Ruppert Dr. Peter Tauber Klaus Breil Dr. h. c. Jürgen Koppelin Björn Sänger Antje Tillmann Rainer Brüderle Sebastian Körber Frank Schäffler Dr. Hans-Peter Uhl Angelika Brunkhorst Holger Krestel Christoph Schnurr Arnold Vaatz Ernst Burgbacher Patrick Kurth (Kyffhäuser) Jimmy Schulz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Marco Buschmann Heinz Lanfermann Marina Schuster Stefanie Vogelsang Sylvia Canel Sibylle Laurischk Dr. Erik Schweickert Andrea Astrid Voßhoff Helga Daub Harald Leibrecht Werner Simmling Dr. Johann Wadephul Reiner Deutschmann Sabine Leutheusser- Judith Skudelny Marco Wanderwitz Dr. Bijan Djir-Sarai Schnarrenberger Dr. Hermann Otto Solms Kai Wegner Patrick Döring Lars Lindemann Joachim Spatz Marcus Weinberg (Hamburg) Mechthild Dyckmans Christian Lindner Dr. Max Stadler Peter Weiß (Emmendingen) Rainer Erdel Dr. Martin Lindner (Berlin) Torsten Staffeldt Sabine Weiss (Wesel I) Jörg van Essen Michael Link (Heilbronn) Dr. Rainer Stinner Ingo Wellenreuther Ulrike Flach Dr. Erwin Lotter Stephan Thomae Karl-Georg Wellmann Otto Fricke Oliver Luksic Florian Toncar Annette Widmann-Mauz Dr. Edmund Peter Geisen Horst Meierhofer Serkan Tören Klaus-Peter Willsch Dr. Wolfgang Gerhardt Patrick Meinhardt Johannes Vogel Elisabeth Winkelmeier- Hans-Michael Goldmann Gabriele Molitor (Lüdenscheid) Becker Heinz Golombeck Jan Mücke Dr. Daniel Volk Dagmar Wöhrl Miriam Gruß Petra Müller (Aachen) Dr. Guido Westerwelle Dr. Matthias Zimmer Joachim Günther (Plauen) Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Claudia Winterstein Wolfgang Zöller Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Martin Neumann Dr. Volker Wissing Willi Zylajew Heinz-Peter Haustein (Lausitz) Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

(B) (D)

Anlage 22 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3492) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Neckarwestheim 1) (Tagesord- nungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Dirk Becker Karin Evers-Meyer Hubertus Heil (Peine) Abgegebene Stimmen: 595; Uwe Beckmeyer Elke Ferner Rolf Hempelmann davon Lothar Binding (Heidelberg) Gabriele Fograscher Dr. Barbara Hendricks Gerd Bollmann Dr. Edgar Franke Gustav Herzog ja: 272 Willi Brase Dagmar Freitag Gabriele Hiller-Ohm nein: 323 Bernhard Brinkmann Peter Friedrich Petra Hinz (Essen) (Hildesheim) Sigmar Gabriel Frank Hofmann (Volkach) Ja Marco Bülow Michael Gerdes Dr. Eva Högl Ulla Burchardt Martin Gerster Christel Humme SPD Martin Burkert Iris Gleicke Josip Juratovic Petra Crone Ulrike Gottschalck Oliver Kaczmarek Ingrid Arndt-Brauer Dr. Peter Danckert Angelika Graf (Rosenheim) Johannes Kahrs Rainer Arnold Martin Dörmann Kerstin Griese Dr. h. c. Susanne Kastner Heinz-Joachim Barchmann Elvira Drobinski-Weiß Michael Groschek Ulrich Kelber Doris Barnett Garrelt Duin Michael Groß Lars Klingbeil Dr. Hans-Peter Bartels Sebastian Edathy Wolfgang Gunkel Hans-Ulrich Klose Klaus Barthel Siegmund Ehrmann Hans-Joachim Hacker Dr. Bärbel Kofler Sören Bartol Dr. h. c. Gernot Erler Bettina Hagedorn Daniela Kolbe (Leipzig) Bärbel Bas Petra Ernstberger Klaus Hagemann Fritz Rudolf Körper Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7405

(A) Anette Kramme Heidemarie Wieczorek-Zeul Alexander Süßmair Dr. Gerhard Schick (C) Nicolette Kressl Waltraud Wolff Dr. Kirsten Tackmann Dr. Frithjof Schmidt Ute Kumpf (Wolmirstedt) Frank Tempel Dorothea Steiner Christine Lambrecht Uta Zapf Alexander Ulrich Dr. Wolfgang Strengmann- Christian Lange (Backnang) Dagmar Ziegler Kathrin Vogler Kuhn Dr. Karl Lauterbach Manfred Zöllmer Sahra Wagenknecht Hans-Christian Ströbele Steffen-Claudio Lemme Brigitte Zypries Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Burkhard Lischka Harald Weinberg Markus Tressel Gabriele Lösekrug-Möller DIE LINKE Katrin Werner Jürgen Trittin Jörn Wunderlich Daniela Wagner Kirsten Lühmann Jan van Aken Wolfgang Wieland Caren Marks Agnes Alpers BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Hilde Mattheis Herbert Behrens Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Kerstin Andreae Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Marieluise Beck (Bremen) Nein Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Volker Beck (Köln) Franz Müntefering Christine Buchholz Cornelia Behm CDU/CSU Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Birgitt Bender Andrea Nahles Ilse Aigner Dr. Martina Bunge Alexander Bonde Peter Altmaier Manfred Nink Roland Claus Viola von Cramon-Taubadel Thomas Oppermann Peter Aumer Sevim Dağdelen Ekin Deligöz Dorothee Bär Holger Ortel Dr. Diether Dehm Katja Dörner Aydan Özoğuz Thomas Bareiß Heidrun Dittrich Hans-Josef Fell Norbert Barthle Heinz Paula Werner Dreibus Dr. Thomas Gambke Johannes Pflug Günter Baumann Dr. Dagmar Enkelmann Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Joachim Poß Klaus Ernst Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Gehrcke Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Florian Pronold Nicole Gohlke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Dr. Sascha Raabe Annette Groth Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Mechthild Rawert Dr. Gregor Gysi Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Gerold Reichenbach Heike Hänsel Ulrike Höfken Steffen Bilger Dr. Carola Reimann Dr. Rosemarie Hein Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Sönke Rix Inge Höger Bärbel Höhn Peter Bleser René Röspel Dr. Barbara Höll Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer (B) Dr. Ernst Dieter Rossmann Andrej Hunko Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen (D) Karin Roth (Esslingen) Ulla Jelpke Uwe Kekeritz (Bönstrup) Michael Roth (Heringen) Dr. Lukrezia Jochimsen Katja Keul Wolfgang Bosbach Marlene Rupprecht Katja Kipping Memet Kilic Norbert Brackmann (Tuchenbach) Harald Koch Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig Anton Schaaf Jan Korte Maria Klein-Schmeink Michael Brand Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Bernd Scheelen Caren Lay Tom Koenigs Helmut Brandt Marianne Schieder Ralph Lenkert Sylvia Kotting-Uhl Dr. Ralf Brauksiepe (Schwandorf) Michael Leutert Oliver Krischer Dr. Helge Braun Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Agnes Krumwiede Heike Brehmer Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Fritz Kuhn Ralph Brinkhaus Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Stephan Kühn Gitta Connemann Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Renate Künast Leo Dautzenberg Olaf Scholz Ulrich Maurer Markus Kurth Alexander Dobrindt Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Ewald Schurer Cornelia Möhring Monika Lazar Marie-Luise Dött Frank Schwabe Kornelia Möller Nicole Maisch Dr. Thomas Feist Dr. Martin Schwanholz Niema Movassat Agnes Malczak Enak Ferlemann Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Jerzy Montag Ingrid Fischbach Stefan Schwartze Thomas Nord Kerstin Müller (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Carsten Sieling Petra Pau Beate Müller-Gemmeke Dirk Fischer (Hamburg) Sonja Steffen Jens Petermann Ingrid Nestle Axel E. Fischer (Karlsruhe- Peer Steinbrück Richard Pitterle Dr. Konstantin von Notz Land) Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Omid Nouripour Dr. Maria Flachsbarth Christoph Strässer Ingrid Remmers Friedrich Ostendorff Klaus-Peter Flosbach Kerstin Tack Paul Schäfer (Köln) Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Dr. h. c. Wolfgang Thierse Michael Schlecht Brigitte Pothmer Dr. Hans-Peter Friedrich Franz Thönnes Dr. Herbert Schui Tabea Rößner (Hof) Wolfgang Tiefensee Dr. Ilja Seifert Claudia Roth (Augsburg) Michael Frieser Rüdiger Veit Raju Sharma Krista Sager Erich G. Fritz Ute Vogt Dr. Petra Sitte Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Dr. Marlies Volkmer Kersten Steinke Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Andrea Wicklein Sabine Stüber Christine Scheel Alexander Funk 7406 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Ingo Gädechens Bettina Kudla Norbert Schindler Angelika Brunkhorst (C) Dr. Thomas Gebhart Dr. Hermann Kues Tankred Schipanski Ernst Burgbacher Norbert Geis Günter Lach Georg Schirmbeck Marco Buschmann Alois Gerig Dr. Karl A. Lamers Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Eberhard Gienger (Heidelberg) Patrick Schnieder Helga Daub Michael Glos Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Josef Göppel Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Peter Götz Katharina Landgraf Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Lange Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Ute Granold Dr. Max Lehmer Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Reinhard Grindel Paul Lehrieder Rhein) Jörg van Essen Hermann Gröhe Dr. Ursula von der Leyen Detlef Seif Ulrike Flach Michael Grosse-Brömer Ingbert Liebing Johannes Selle Otto Fricke Markus Grübel Matthias Lietz Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Manfred Grund Dr. Carsten Linnemann Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Monika Grütters Patricia Lips Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Jan-Marco Luczak Thomas Silberhorn Heinz Golombeck zu Guttenberg Dr. Michael Luther Johannes Singhammer Miriam Gruß Olav Gutting Karin Maag Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Florian Hahn Hans-Georg von der Marwitz Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Holger Haibach Andreas Mattfeldt Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein Dr. Stephan Harbarth Stephan Mayer (Altötting) Erika Steinbach Manuel Höferlin Jürgen Hardt Dr. Michael Meister Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Gerda Hasselfeldt Dr. Angela Merkel Dieter Stier Birgit Homburger Dr. Matthias Heider Maria Michalk Gero Storjohann Dr. Werner Hoyer Mechthild Heil Dr. h. c. Hans Michelbach Stephan Stracke Heiner Kamp Frank Heinrich Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Michael Kauch Rudolf Henke Philipp Mißfelder Karin Strenz Dr. Lutz Knopek Michael Hennrich Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) Pascal Kober Jürgen Herrmann Marlene Mortler Lena Strothmann Dr. Heinrich L. Kolb Ansgar Heveling Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Gudrun Kopp Peter Hintze Stefan Müller (Erlangen) Dr. Peter Tauber Sebastian Körber Christian Hirte Nadine Schön (St. Wendel) Antje Tillmann Holger Krestel Robert Hochbaum Dr. Philipp Murmann Dr. Hans-Peter Uhl Patrick Kurth (Kyffhäuser) Arnold Vaatz (B) Karl Holmeier Bernd Neumann (Bremen) Heinz Lanfermann (D) Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Volkmar Vogel (Kleinsaara) Sibylle Laurischk Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Stefanie Vogelsang Harald Leibrecht Anette Hübinger Franz Obermeier Andrea Astrid Voßhoff Sabine Leutheusser- Thomas Jarzombek Henning Otte Dr. Johann Wadephul Schnarrenberger Dieter Jasper Dr. Michael Paul Marco Wanderwitz Lars Lindemann Dr. Franz Josef Jung Rita Pawelski Kai Wegner Christian Lindner Andreas Jung (Konstanz) Ulrich Petzold Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Egon Jüttner Dr. Joachim Pfeiffer Peter Weiß (Emmendingen) Michael Link (Heilbronn) Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Erwin Lotter Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Ingo Wellenreuther Oliver Luksic Steffen Kampeter Ronald Pofalla Karl-Georg Wellmann Horst Meierhofer Alois Karl Christoph Poland Peter Wichtel Patrick Meinhardt Bernhard Kaster Ruprecht Polenz Annette Widmann-Mauz Gabriele Molitor Siegfried Kauder (Villingen- Eckhard Pols Klaus-Peter Willsch Jan Mücke Schwenningen) Daniela Raab Elisabeth Winkelmeier- Petra Müller (Aachen) Volker Kauder Thomas Rachel Becker Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Stefan Kaufmann Dr. Peter Ramsauer Dagmar Wöhrl Dr. Martin Neumann Roderich Kiesewetter Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer (Lausitz) Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dirk Niebel Ewa Klamt Lothar Riebsamen Willi Zylajew Cornelia Pieper Vo l km a r K l e i n Josef Rief Gisela Piltz Jürgen Klimke Klaus Riegert FDP Dr. Christiane Ratjen- Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Damerau Axel Knoerig Johannes Röring Christian Ahrendt Dr. Birgit Reinemund Jens Koeppen Dr. Norbert Röttgen Christine Aschenberg- Dr. Peter Röhlinger Dr. Kristina Schröder Dr. Christian Ruck Dugnus Dr. Stefan Ruppert Manfred Kolbe Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) Björn Sänger Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Frank Schäffler Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Sebastian Blumenthal Christoph Schnurr Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Jimmy Schulz Michael Kretschmer Dr. Annette Schavan Nicole Bracht-Bendt Marina Schuster Dr. Günter Krings Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Dr. Erik Schweickert Rüdiger Kruse Karl Schiewerling Rainer Brüderle Werner Simmling Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7407

(A) Judith Skudelny Torsten Staffeldt Serkan Tören Dr. Guido Westerwelle (C) Dr. Hermann Otto Solms Dr. Rainer Stinner Johannes Vogel Dr. Claudia Winterstein Joachim Spatz Stephan Thomae (Lüdenscheid) Dr. Volker Wissing Dr. Max Stadler Florian Toncar Dr. Daniel Volk Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 23 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3493) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Philippsburg 1) (Tagesordnungs- punkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Iris Gleicke Andrea Nahles Andrea Wicklein Abgegebene Stimmen: 596; Ulrike Gottschalck Manfred Nink Heidemarie Wieczorek-Zeul davon Angelika Graf (Rosenheim) Thomas Oppermann Waltraud Wolff Kerstin Griese Holger Ortel (Wolmirstedt) ja: 272 Michael Groschek AydanÖzoğuz Uta Zapf nein: 324 Michael Groß Heinz Paula Dagmar Ziegler Wolfgang Gunkel Johannes Pflug Manfred Zöllmer Ja Hans-Joachim Hacker Joachim Poß Brigitte Zypries Bettina Hagedorn Dr. Wilhelm Priesmeier SPD Klaus Hagemann Florian Pronold DIE LINKE Hubertus Heil (Peine) Dr. Sascha Raabe Jan van Aken Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Mechthild Rawert Rainer Arnold Agnes Alpers Dr. Barbara Hendricks Gerold Reichenbach Dr. Dietmar Bartsch Heinz-Joachim Barchmann Gustav Herzog Dr. Carola Reimann Doris Barnett Herbert Behrens (B) Gabriele Hiller-Ohm Sönke Rix Matthias W. Birkwald (D) Dr. Hans-Peter Bartels Petra Hinz (Essen) René Röspel Klaus Barthel Heidrun Bluhm Frank Hofmann (Volkach) Dr. Ernst Dieter Rossmann Steffen Bockhahn Sören Bartol Dr. Eva Högl Karin Roth (Esslingen) Bärbel Bas Christine Buchholz Christel Humme Michael Roth (Heringen) Eva Bulling-Schröter Dirk Becker Josip Juratovic Marlene Rupprecht Uwe Beckmeyer Dr. Martina Bunge Oliver Kaczmarek (Tuchenbach) Roland Claus Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Kahrs Anton Schaaf Sevim Dağdelen Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Axel Schäfer (Bochum) Dr. Diether Dehm Klaus Brandner Ulrich Kelber Bernd Scheelen Heidrun Dittrich Willi Brase Lars Klingbeil Marianne Schieder Werner Dreibus Bernhard Brinkmann Hans-Ulrich Klose (Schwandorf) Dr. Dagmar Enkelmann (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler Werner Schieder (Weiden) Klaus Ernst Edelgard Bulmahn Daniela Kolbe (Leipzig) Ulla Schmidt (Aachen) Wolfgang Gehrcke Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Silvia Schmidt (Eisleben) Nicole Gohlke Ulla Burchardt Anette Kramme Carsten Schneider (Erfurt) Annette Groth Martin Burkert Nicolette Kressl Olaf Scholz Dr. Gregor Gysi Petra Crone Angelika Krüger-Leißner Swen Schulz (Spandau) Heike Hänsel Martin Dörmann Ute Kumpf Ewald Schurer Dr. Rosemarie Hein Elvira Drobinski-Weiß Christine Lambrecht Frank Schwabe Inge Höger Garrelt Duin Christian Lange (Backnang) Dr. Martin Schwanholz Dr. Barbara Höll Sebastian Edathy Dr. Karl Lauterbach Rolf Schwanitz Andrej Hunko Siegmund Ehrmann Steffen-Claudio Lemme Stefan Schwartze Ulla Jelpke Dr. h. c. Gernot Erler Burkhard Lischka Dr. Carsten Sieling Dr. Lukrezia Jochimsen Petra Ernstberger Gabriele Lösekrug-Möller Sonja Steffen Katja Kipping Karin Evers-Meyer Kirsten Lühmann Peer Steinbrück Harald Koch Elke Ferner Caren Marks Dr. Frank-Walter Steinmeier Jan Korte Gabriele Fograscher Katja Mast Christoph Strässer Katrin Kunert Dr. Edgar Franke Hilde Mattheis Kerstin Tack Caren Lay Dagmar Freitag Petra Merkel (Berlin) Dr. h. c. Wolfgang Thierse Ralph Lenkert Peter Friedrich Ullrich Meßmer Franz Thönnes Michael Leutert Sigmar Gabriel Dr. Matthias Miersch Wolfgang Tiefensee Stefan Liebich Michael Gerdes Franz Müntefering Ute Vogt Ulla Lötzer Martin Gerster Dr. Rolf Mützenich Dr. Marlies Volkmer Dr. Gesine Lötzsch 7408 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Thomas Lutze Markus Kurth Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- (C) Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Marie-Luise Dött Schwenningen) Dorothée Menzner Monika Lazar Dr. Thomas Feist Volker Kauder Cornelia Möhring Nicole Maisch Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Kornelia Möller Agnes Malczak Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Niema Movassat Jerzy Montag Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Petra Pau Ingrid Nestle Land) Jürgen Klimke Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Richard Pitterle Omid Nouripour Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Kristina Schröder Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer (Hof) Manfred Kolbe Michael Schlecht Tabea Rößner Michael Frieser Dr. Rolf Koschorrek Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Erich G. Fritz Hartmut Koschyk Dr. Ilja Seifert Krista Sager Dr. Michael Fuchs Thomas Kossendey Raju Sharma Manuel Sarrazin Hans-Joachim Fuchtel Michael Kretschmer Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Alexander Funk Dr. Günter Krings Kersten Steinke Christine Scheel Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Dr. Thomas Gebhart Bettina Kudla Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Norbert Geis Dr. Hermann Kues Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Alois Gerig Günter Lach Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Alexander Ulrich Kuhn Michael Glos (Heidelberg) Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Josef Göppel Andreas G. Lämmel Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Peter Götz Dr. Norbert Lammert Harald Weinberg Markus Tressel Dr. Wolfgang Götzer Katharina Landgraf Katrin Werner Jürgen Trittin Ute Granold Ulrich Lange Jörn Wunderlich Daniela Wagner Reinhard Grindel Dr. Max Lehmer Wolfgang Wieland Hermann Gröhe Paul Lehrieder BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Michael Grosse-Brömer Dr. Ursula von der Leyen DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Markus Grübel Matthias Lietz Kerstin Andreae Manfred Grund Dr. Carsten Linnemann (B) Marieluise Beck (Bremen) Nein Monika Grütters Patricia Lips (D) Volker Beck (Köln) Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Jan-Marco Luczak Cornelia Behm CDU/CSU zu Guttenberg Dr. Michael Luther Birgitt Bender Ilse Aigner Olav Gutting Karin Maag Alexander Bonde Peter Aumer Florian Hahn Hans-Georg von der Marwitz Viola von Cramon-Taubadel Dorothee Bär Holger Haibach Andreas Mattfeldt Ekin Deligöz Thomas Bareiß Dr. Stephan Harbarth Stephan Mayer (Altötting) Katja Dörner Norbert Barthle Jürgen Hardt Dr. Michael Meister Hans-Josef Fell Günter Baumann Gerda Hasselfeldt Dr. Angela Merkel Dr. Thomas Gambke Ernst-Reinhard Beck Dr. Matthias Heider Maria Michalk Kai Gehring (Reutlingen) Mechthild Heil Dr. h. c. Hans Michelbach Katrin Göring-Eckardt Manfred Behrens (Börde) Frank Heinrich Dr. Mathias Middelberg Britta Haßelmann Veronika Bellmann Rudolf Henke Philipp Mißfelder Bettina Herlitzius Dr. Christoph Bergner Michael Hennrich Dietrich Monstadt Winfried Hermann Peter Beyer Jürgen Herrmann Marlene Mortler Priska Hinz (Herborn) Steffen Bilger Ansgar Heveling Dr. Gerd Müller Ulrike Höfken Clemens Binninger Ernst Hinsken Stefan Müller (Erlangen) Dr. Anton Hofreiter Peter Bleser Peter Hintze Nadine Schön (St. Wendel) Bärbel Höhn Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Dr. Philipp Murmann Ingrid Hönlinger Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Bernd Neumann (Bremen) Thilo Hoppe (Bönstrup) Karl Holmeier Michaela Noll Uwe Kekeritz Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Dr. Georg Nüßlein Katja Keul Norbert Brackmann Joachim Hörster Franz Obermeier Memet Kilic Klaus Brähmig Anette Hübinger Henning Otte Sven-Christian Kindler Michael Brand Thomas Jarzombek Dr. Michael Paul Maria Klein-Schmeink Dr. Reinhard Brandl Dieter Jasper Rita Pawelski Ute Koczy Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Ulrich Petzold Tom Koenigs Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Dr. Joachim Pfeiffer Sylvia Kotting-Uhl Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner Sibylle Pfeiffer Oliver Krischer Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Beatrix Philipp Agnes Krumwiede Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Ronald Pofalla Fritz Kuhn Gitta Connemann Steffen Kampeter Christoph Poland Stephan Kühn Leo Dautzenberg Alois Karl Ruprecht Polenz Renate Künast Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Eckhard Pols Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7409

(A) Daniela Raab Stephan Stracke Angelika Brunkhorst Dr. Erwin Lotter (C) Thomas Rachel Max Straubinger Ernst Burgbacher Oliver Luksic Dr. Peter Ramsauer Karin Strenz Marco Buschmann Horst Meierhofer Eckhardt Rehberg Thomas Strobl (Heilbronn) Sylvia Canel Patrick Meinhardt Katherina Reiche (Potsdam) Lena Strothmann Helga Daub Gabriele Molitor Lothar Riebsamen Michael Stübgen Reiner Deutschmann Jan Mücke Josef Rief Dr. Peter Tauber Dr. Bijan Djir-Sarai Petra Müller (Aachen) Klaus Riegert Antje Tillmann Patrick Döring Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Hans-Peter Uhl Mechthild Dyckmans Dr. Martin Neumann Johannes Röring Arnold Vaatz Rainer Erdel (Lausitz) Dr. Norbert Röttgen Volkmar Vogel (Kleinsaara) Jörg van Essen Dirk Niebel Dr. Christian Ruck Stefanie Vogelsang Ulrike Flach Hans-Joachim Otto Erwin Rüddel Andrea Astrid Voßhoff Otto Fricke (Frankfurt) Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Johann Wadephul Dr. Edmund Peter Geisen Cornelia Pieper Anita Schäfer (Saalstadt) Marco Wanderwitz Dr. Wolfgang Gerhardt Gisela Piltz Dr. Wolfgang Schäuble Kai Wegner Hans-Michael Goldmann Dr. Christiane Ratjen- Dr. Annette Schavan Marcus Weinberg (Hamburg) Heinz Golombeck Damerau Dr. Andreas Scheuer Peter Weiß (Emmendingen) Miriam Gruß Dr. Birgit Reinemund Karl Schiewerling Sabine Weiss (Wesel I) Joachim Günther (Plauen) Dr. Peter Röhlinger Norbert Schindler Ingo Wellenreuther Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Stefan Ruppert Tankred Schipanski Karl-Georg Wellmann Heinz-Peter Haustein Björn Sänger Georg Schirmbeck Manuel Höferlin Peter Wichtel Frank Schäffler Christian Schmidt (Fürth) Elke Hoff Annette Widmann-Mauz Christoph Schnurr Patrick Schnieder Birgit Homburger Klaus-Peter Willsch Jimmy Schulz Dr. Andreas Schockenhoff Dr. Werner Hoyer Elisabeth Winkelmeier- Marina Schuster Dr. Ole Schröder Becker Heiner Kamp Bernhard Schulte-Drüggelte Michael Kauch Dr. Erik Schweickert Dagmar Wöhrl Werner Simmling Uwe Schummer Dr. Matthias Zimmer Dr. Lutz Knopek Armin Schuster (Weil am Pascal Kober Judith Skudelny Wolfgang Zöller Dr. Hermann Otto Solms Rhein) Willi Zylajew Dr. Heinrich L. Kolb Detlef Seif Gudrun Kopp Joachim Spatz Dr. Max Stadler Johannes Selle FDP Dr. h. c. Jürgen Koppelin Reinhold Sendker Sebastian Körber Torsten Staffeldt Dr. Patrick Sensburg Jens Ackermann Holger Krestel Dr. Rainer Stinner Bernd Siebert Christian Ahrendt Patrick Kurth (Kyffhäuser) Stephan Thomae (B) Thomas Silberhorn Christine Aschenberg- Heinz Lanfermann Florian Toncar (D) Johannes Singhammer Dugnus Sibylle Laurischk Serkan Tören Jens Spahn Daniel Bahr (Münster) Harald Leibrecht Johannes Vogel Carola Stauche Florian Bernschneider Sabine Leutheusser- (Lüdenscheid) Dr. Frank Steffel Sebastian Blumenthal Schnarrenberger Dr. Daniel Volk Erika Steinbach Claudia Bögel Lars Lindemann Dr. Guido Westerwelle Christian Freiherr von Stetten Nicole Bracht-Bendt Christian Lindner Dr. Claudia Winterstein Dieter Stier Klaus Breil Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Volker Wissing Gero Storjohann Rainer Brüderle Michael Link (Heilbronn) Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 24 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3494) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Unterweser) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Heinz-Joachim Barchmann Willi Brase Garrelt Duin Abgegebene Stimmen: 600; Doris Barnett Bernhard Brinkmann Sebastian Edathy davon Dr. Hans-Peter Bartels (Hildesheim) Siegmund Ehrmann ja: 274 Klaus Barthel Edelgard Bulmahn Dr. h. c. Gernot Erler nein: 326 Sören Bartol Marco Bülow Petra Ernstberger Bärbel Bas Ulla Burchardt Karin Evers-Meyer Ja Dirk Becker Martin Burkert Elke Ferner Uwe Beckmeyer Petra Crone Gabriele Fograscher SPD Lothar Binding (Heidelberg) Dr. Peter Danckert Dr. Edgar Franke Ingrid Arndt-Brauer Gerd Bollmann Martin Dörmann Dagmar Freitag Rainer Arnold Klaus Brandner Elvira Drobinski-Weiß Peter Friedrich 7410 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Sigmar Gabriel Karin Roth (Esslingen) Ulla Jelpke Katja Keul (C) Michael Gerdes Michael Roth (Heringen) Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic Martin Gerster Marlene Rupprecht Katja Kipping Sven-Christian Kindler Iris Gleicke (Tuchenbach) Harald Koch Maria Klein-Schmeink Ulrike Gottschalck Anton Schaaf Jan Korte Ute Koczy Angelika Graf (Rosenheim) Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Tom Koenigs Kerstin Griese Bernd Scheelen Caren Lay Sylvia Kotting-Uhl Michael Groschek Marianne Schieder Ralph Lenkert Oliver Krischer Michael Groß (Schwandorf) Michael Leutert Agnes Krumwiede Wolfgang Gunkel Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Fritz Kuhn Hans-Joachim Hacker Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Stephan Kühn Bettina Hagedorn Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Renate Künast Klaus Hagemann Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Markus Kurth Hubertus Heil (Peine) Olaf Scholz Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Rolf Hempelmann Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Monika Lazar Dr. Barbara Hendricks Ewald Schurer Cornelia Möhring Nicole Maisch Gustav Herzog Frank Schwabe Kornelia Möller Agnes Malczak Gabriele Hiller-Ohm Dr. Martin Schwanholz Niema Movassat Jerzy Montag Petra Hinz (Essen) Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Frank Hofmann (Volkach) Stefan Schwartze Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Dr. Eva Högl Dr. Carsten Sieling Petra Pau Ingrid Nestle Christel Humme Sonja Steffen Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Josip Juratovic Peer Steinbrück Richard Pitterle Omid Nouripour Oliver Kaczmarek Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Johannes Kahrs Christoph Strässer Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Dr. h. c. Susanne Kastner Kerstin Tack Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer Ulrich Kelber Dr. h. c. Wolfgang Thierse Michael Schlecht Tabea Rößner Lars Klingbeil Franz Thönnes Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Hans-Ulrich Klose Wolfgang Tiefensee Dr. Ilja Seifert Krista Sager Dr. Bärbel Kofler Rüdiger Veit Raju Sharma Manuel Sarrazin Daniela Kolbe (Leipzig) Ute Vogt Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Fritz Rudolf Körper Dr. Marlies Volkmer Kersten Steinke Christine Scheel Anette Kramme Andrea Wicklein Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Nicolette Kressl Heidemarie Wieczorek-Zeul Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Dorothea Steiner Angelika Krüger-Leißner Waltraud Wolff Dr. Kirsten Tackmann (B) Dr. Wolfgang Strengmann- (D) Ute Kumpf (Wolmirstedt) Frank Tempel Kuhn Christine Lambrecht Uta Zapf Alexander Ulrich Hans-Christian Ströbele Christian Lange (Backnang) Dagmar Ziegler Kathrin Vogler Dr. Harald Terpe Dr. Karl Lauterbach Manfred Zöllmer Halina Wawzyniak Markus Tressel Steffen-Claudio Lemme Brigitte Zypries Harald Weinberg Jürgen Trittin Burkhard Lischka Katrin Werner Daniela Wagner Gabriele Lösekrug-Möller DIE LINKE Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland Kirsten Lühmann Jan van Aken BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Caren Marks Agnes Alpers DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Hilde Mattheis Herbert Behrens Kerstin Andreae Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Nein Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Cornelia Behm CDU/CSU Franz Müntefering Christine Buchholz Birgitt Bender Ilse Aigner Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Alexander Bonde Peter Altmaier Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Manfred Nink Roland Claus Ekin Deligöz Dorothee Bär Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Katja Dörner Thomas Bareiß Holger Ortel Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell Norbert Barthle Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Heinz Paula Werner Dreibus Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Johannes Pflug Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Joachim Poß Klaus Ernst Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Florian Pronold Nicole Gohlke Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Dr. Sascha Raabe Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Mechthild Rawert Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Steffen Bilger Gerold Reichenbach Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Dr. Carola Reimann Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Peter Bleser Sönke Rix Inge Höger Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer René Röspel Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Dr. Ernst Dieter Rossmann Andrej Hunko Uwe Kekeritz (Bönstrup) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7411

(A) Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Michaela Noll Volkmar Vogel (Kleinsaara) (C) Norbert Brackmann Joachim Hörster Dr. Georg Nüßlein Stefanie Vogelsang Klaus Brähmig Anette Hübinger Franz Obermeier Andrea Astrid Voßhoff Michael Brand Thomas Jarzombek Henning Otte Dr. Johann Wadephul Dr. Reinhard Brandl Dieter Jasper Dr. Michael Paul Marco Wanderwitz Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Rita Pawelski Kai Wegner Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Ulrich Petzold Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner Dr. Joachim Pfeiffer Peter Weiß (Emmendingen) Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Sibylle Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Beatrix Philipp Ingo Wellenreuther Gitta Connemann Steffen Kampeter Ronald Pofalla Karl-Georg Wellmann Leo Dautzenberg Alois Karl Christoph Poland Peter Wichtel Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Ruprecht Polenz Annette Widmann-Mauz Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Eckhard Pols Klaus-Peter Willsch Marie-Luise Dött Schwenningen) Daniela Raab Elisabeth Winkelmeier- Dr. Thomas Feist Volker Kauder Thomas Rachel Becker Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Dr. Peter Ramsauer Dagmar Wöhrl Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Lothar Riebsamen Willi Zylajew Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Josef Rief Land) Jürgen Klimke Klaus Riegert FDP Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Johannes Röring Christian Ahrendt Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Dr. Norbert Röttgen Christine Aschenberg- Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Kristina Schröder Dr. Christian Ruck Dugnus (Hof) Manfred Kolbe Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) Michael Frieser Dr. Rolf Koschorrek Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Erich G. Fritz Hartmut Koschyk Anita Schäfer (Saalstadt) Sebastian Blumenthal Dr. Michael Fuchs Thomas Kossendey Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Hans-Joachim Fuchtel Michael Kretschmer Dr. Annette Schavan Nicole Bracht-Bendt Alexander Funk Dr. Günter Krings Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Karl Schiewerling Rainer Brüderle Dr. Thomas Gebhart Bettina Kudla Norbert Schindler Angelika Brunkhorst (B) Norbert Geis Dr. Hermann Kues Tankred Schipanski Ernst Burgbacher (D) Alois Gerig Günter Lach Georg Schirmbeck Marco Buschmann Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Michael Glos (Heidelberg) Patrick Schnieder Helga Daub Josef Göppel Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Peter Götz Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Wolfgang Götzer Katharina Landgraf Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Ute Granold Ulrich Lange Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Reinhard Grindel Dr. Max Lehmer Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Hermann Gröhe Paul Lehrieder Rhein) Jörg van Essen Michael Grosse-Brömer Dr. Ursula von der Leyen Detlef Seif Ulrike Flach Markus Grübel Ingbert Liebing Johannes Selle Otto Fricke Manfred Grund Matthias Lietz Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Monika Grütters Dr. Carsten Linnemann Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Karl-Theodor Freiherr Patricia Lips Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann zu Guttenberg Dr. Jan-Marco Luczak Thomas Silberhorn Heinz Golombeck Olav Gutting Dr. Michael Luther Johannes Singhammer Miriam Gruß Florian Hahn Karin Maag Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Holger Haibach Hans-Georg von der Marwitz Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Stephan Harbarth Andreas Mattfeldt Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein Jürgen Hardt Stephan Mayer (Altötting) Erika Steinbach Manuel Höferlin Gerda Hasselfeldt Dr. Michael Meister Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Dr. Matthias Heider Dr. Angela Merkel Dieter Stier Birgit Homburger Mechthild Heil Maria Michalk Gero Storjohann Dr. Werner Hoyer Frank Heinrich Dr. h. c. Hans Michelbach Stephan Stracke Heiner Kamp Rudolf Henke Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Michael Kauch Michael Hennrich Philipp Mißfelder Karin Strenz Dr. Lutz Knopek Jürgen Herrmann Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) Pascal Kober Ansgar Heveling Marlene Mortler Lena Strothmann Dr. Heinrich L. Kolb Ernst Hinsken Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Gudrun Kopp Peter Hintze Stefan Müller (Erlangen) Dr. Peter Tauber Dr. h. c. Jürgen Koppelin Christian Hirte Nadine Schön (St. Wendel) Antje Tillmann Sebastian Körber Robert Hochbaum Dr. Philipp Murmann Dr. Hans-Peter Uhl Holger Krestel Karl Holmeier Bernd Neumann (Bremen) Arnold Vaatz Patrick Kurth (Kyffhäuser) 7412 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Heinz Lanfermann Gabriele Molitor Dr. Birgit Reinemund Dr. Max Stadler (C) Sibylle Laurischk Jan Mücke Dr. Peter Röhlinger Torsten Staffeldt Harald Leibrecht Petra Müller (Aachen) Dr. Stefan Ruppert Dr. Rainer Stinner Sabine Leutheusser- Burkhardt Müller-Sönksen Björn Sänger Stephan Thomae Schnarrenberger Dr. Martin Neumann Frank Schäffler Florian Toncar Lars Lindemann (Lausitz) Christoph Schnurr Serkan Tören Christian Lindner Dirk Niebel Jimmy Schulz Johannes Vogel Dr. Martin Lindner (Berlin) Hans-Joachim Otto Marina Schuster (Lüdenscheid) Michael Link (Heilbronn) (Frankfurt) Dr. Erik Schweickert Dr. Daniel Volk Dr. Erwin Lotter Cornelia Pieper Werner Simmling Dr. Guido Westerwelle Oliver Luksic Gisela Piltz Judith Skudelny Dr. Claudia Winterstein Horst Meierhofer Dr. Christiane Ratjen- Dr. Hermann Otto Solms Dr. Volker Wissing Patrick Meinhardt Damerau Joachim Spatz Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 25 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3495) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Flugzeugabstürze) (Tagesord- nungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Garrelt Duin Hans-Ulrich Klose Dr. Ernst Dieter Rossmann Abgegebene Stimmen: 596; Sebastian Edathy Dr. Bärbel Kofler Karin Roth (Esslingen) davon Siegmund Ehrmann Daniela Kolbe (Leipzig) Michael Roth (Heringen) Dr. h. c. Gernot Erler Fritz Rudolf Körper Marlene Rupprecht ja: 273 Petra Ernstberger Anette Kramme (Tuchenbach) nein: 322 Karin Evers-Meyer Nicolette Kressl Anton Schaaf (B) enthalten: 1 Elke Ferner Angelika Krüger-Leißner Axel Schäfer (Bochum) (D) Gabriele Fograscher Ute Kumpf Bernd Scheelen Ja Dr. Edgar Franke Christine Lambrecht Marianne Schieder Dagmar Freitag Christian Lange (Backnang) (Schwandorf) CDU/CSU Peter Friedrich Dr. Karl Lauterbach Werner Schieder (Weiden) Sigmar Gabriel Steffen-Claudio Lemme Ulla Schmidt (Aachen) Rüdiger Kruse Michael Gerdes Burkhard Lischka Silvia Schmidt (Eisleben) Martin Gerster Gabriele Lösekrug-Möller Carsten Schneider (Erfurt) SPD Iris Gleicke Kirsten Lühmann Olaf Scholz Ingrid Arndt-Brauer Ulrike Gottschalck Caren Marks Swen Schulz (Spandau) Rainer Arnold Angelika Graf (Rosenheim) Katja Mast Ewald Schurer Heinz-Joachim Barchmann Kerstin Griese Hilde Mattheis Frank Schwabe Doris Barnett Michael Groschek Petra Merkel (Berlin) Dr. Martin Schwanholz Dr. Hans-Peter Bartels Michael Groß Ullrich Meßmer Rolf Schwanitz Klaus Barthel Wolfgang Gunkel Dr. Matthias Miersch Stefan Schwartze Sören Bartol Hans-Joachim Hacker Franz Müntefering Dr. Carsten Sieling Bärbel Bas Bettina Hagedorn Dr. Rolf Mützenich Sonja Steffen Dirk Becker Klaus Hagemann Andrea Nahles Peer Steinbrück Uwe Beckmeyer Hubertus Heil (Peine) Manfred Nink Dr. Frank-Walter Steinmeier Lothar Binding (Heidelberg) Rolf Hempelmann Thomas Oppermann Christoph Strässer Gerd Bollmann Dr. Barbara Hendricks Holger Ortel Kerstin Tack Klaus Brandner Gustav Herzog Aydan Özoğuz Dr. h. c. Wolfgang Thierse Willi Brase Gabriele Hiller-Ohm Heinz Paula Franz Thönnes Bernhard Brinkmann Petra Hinz (Essen) Johannes Pflug Wolfgang Tiefensee (Hildesheim) Frank Hofmann (Volkach) Joachim Poß Rüdiger Veit Edelgard Bulmahn Dr. Eva Högl Dr. Wilhelm Priesmeier Ute Vogt Marco Bülow Christel Humme Florian Pronold Dr. Marlies Volkmer Ulla Burchardt Josip Juratovic Dr. Sascha Raabe Andrea Wicklein Martin Burkert Oliver Kaczmarek Mechthild Rawert Heidemarie Wieczorek-Zeul Petra Crone Johannes Kahrs Gerold Reichenbach Waltraud Wolff Dr. Peter Danckert Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Carola Reimann (Wolmirstedt) Martin Dörmann Ulrich Kelber Sönke Rix Uta Zapf Elvira Drobinski-Weiß Lars Klingbeil René Röspel Dagmar Ziegler Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7413

(A) Manfred Zöllmer Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Eberhard Gienger (C) Brigitte Zypries Harald Weinberg Markus Tressel Michael Glos Katrin Werner Jürgen Trittin Peter Götz DIE LINKE Jörn Wunderlich Daniela Wagner Dr. Wolfgang Götzer Jan van Aken Wolfgang Wieland Ute Granold BÜNDNIS 90/ Agnes Alpers Dr. Valerie Wilms Reinhard Grindel DIE GRÜNEN Dr. Dietmar Bartsch Josef Philip Winkler Hermann Gröhe Herbert Behrens Kerstin Andreae Michael Grosse-Brömer Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Nein Markus Grübel Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Manfred Grund Steffen Bockhahn Cornelia Behm CDU/CSU Monika Grütters Christine Buchholz Alexander Bonde Dr. Karl-Theodor Freiherr Ilse Aigner Eva Bulling-Schröter Viola von Cramon-Taubadel zu Guttenberg Peter Altmaier Dr. Martina Bunge Ekin Deligöz Olav Gutting Peter Aumer Roland Claus Katja Dörner Florian Hahn Dorothee Bär Sevim Dağdelen Hans-Josef Fell Holger Haibach Thomas Bareiß Dr. Diether Dehm Dr. Thomas Gambke Dr. Stephan Harbarth Norbert Barthle Heidrun Dittrich Kai Gehring Jürgen Hardt Günter Baumann Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt Gerda Hasselfeldt Ernst-Reinhard Beck Klaus Ernst Britta Haßelmann Dr. Matthias Heider (Reutlingen) Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Mechthild Heil Manfred Behrens (Börde) Nicole Gohlke Winfried Hermann Frank Heinrich Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Veronika Bellmann Rudolf Henke Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Dr. Christoph Bergner Michael Hennrich Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Peter Beyer Jürgen Herrmann Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Steffen Bilger Ansgar Heveling Inge Höger Ingrid Hönlinger Clemens Binninger Ernst Hinsken Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Peter Bleser Peter Hintze Andrej Hunko Uwe Kekeritz Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Ulla Jelpke Katja Keul Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic (Bönstrup) Karl Holmeier Katja Kipping Sven-Christian Kindler Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Harald Koch Maria Anna Klein-Schmeink Norbert Brackmann Joachim Hörster Jan Korte Ute Koczy Klaus Brähmig Anette Hübinger (B) Katrin Kunert Tom Koenigs Michael Brand Thomas Jarzombek (D) Caren Lay Sylvia Kotting-Uhl Dr. Reinhard Brandl Dr. Dieter Jasper Ralph Lenkert Oliver Krischer Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Michael Leutert Agnes Krumwiede Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Stefan Liebich Fritz Kuhn Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner Ulla Lötzer Stephan Kühn Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Dr. Gesine Lötzsch Renate Künast Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Thomas Lutze Markus Kurth Gitta Connemann Steffen Kampeter Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Leo Dautzenberg Alois Karl Dorothée Menzner Monika Lazar Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Cornelia Möhring Nicole Maisch Thomas Dörflinger Volker Kauder Kornelia Möller Agnes Malczak Marie-Luise Dött Siegfried Kauder (Villingen- Niema Movassat Jerzy Montag Dr. Thomas Feist Schwenningen) Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Petra Pau Ingrid Nestle Hartwig Fischer (Göttingen) Ewa Klamt Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Dirk Fischer (Hamburg) Eckart von Klaeden Richard Pitterle Omid Nouripour Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Land) Jürgen Klimke Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Michael Schlecht Tabea Rößner Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Dr. Hans-Peter Friedrich Manfred Kolbe Dr. Ilja Seifert Krista Sager (Hof) Dr. Rolf Koschorrek Raju Sharma Manuel Sarrazin Michael Frieser Hartmut Koschyk Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Erich G. Fritz Thomas Kossendey Kersten Steinke Christine Scheel Dr. Michael Fuchs Michael Kretschmer Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Alexander Funk Bettina Kudla Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Ingo Gädechens Dr. Hermann Kues Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Thomas Gebhart Günter Lach Alexander Ulrich Kuhn Norbert Geis Dr. Karl A. Lamers Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Alois Gerig (Heidelberg) 7414 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Andreas G. Lämmel Anita Schäfer (Saalstadt) Elisabeth Winkelmeier- Harald Leibrecht (C) Dr. Norbert Lammert Dr. Wolfgang Schäuble Becker Sabine Leutheusser- Katharina Landgraf Dr. Annette Schavan Dagmar Wöhrl Schnarrenberger Ulrich Lange Dr. Andreas Scheuer Dr. Matthias Zimmer Lars Lindemann Dr. Max Lehmer Karl Schiewerling Wolfgang Zöller Dr. Martin Lindner (Berlin) Paul Lehrieder Norbert Schindler Willi Zylajew Michael Link (Heilbronn) Dr. Ursula von der Leyen Tankred Schipanski Dr. Erwin Lotter Ingbert Liebing Georg Schirmbeck FDP Horst Meierhofer Matthias Lietz Christian Schmidt (Fürth) Jens Ackermann Patrick Meinhardt Dr. Carsten Linnemann Patrick Schnieder Christian Ahrendt Gabriele Molitor Patricia Lips Dr. Andreas Schockenhoff Christine Aschenberg- Jan Mücke Dr. Jan-Marco Luczak Nadine Schön (St. Wendel) Dugnus Petra Müller (Aachen) Dr. Michael Luther Dr. Ole Schröder Daniel Bahr (Münster) Burkhardt Müller-Sönksen Karin Maag Dr. Kristina Schröder Florian Bernschneider Dr. Martin Neumann Hans-Georg von der Marwitz (Wiesbaden) Sebastian Blumenthal (Lausitz) Andreas Mattfeldt Bernhard Schulte-Drüggelte Dirk Niebel Stephan Mayer (Altötting) Uwe Schummer Claudia Bögel Hans-Joachim Otto Dr. Michael Meister Armin Schuster (Weil am Nicole Bracht-Bendt (Frankfurt) Dr. Angela Merkel Rhein) Klaus Breil Cornelia Pieper Maria Michalk Detlef Seif Rainer Brüderle Gisela Piltz Dr. h. c. Hans Michelbach Johannes Selle Angelika Brunkhorst Dr. Christiane Ratjen- Dr. Mathias Middelberg Reinhold Sendker Ernst Burgbacher Damerau Philipp Mißfelder Dr. Patrick Sensburg Marco Buschmann Dietrich Monstadt Bernd Siebert Sylvia Canel Dr. Birgit Reinemund Marlene Mortler Thomas Silberhorn Helga Daub Dr. Peter Röhlinger Dr. Gerd Müller Johannes Singhammer Reiner Deutschmann Dr. Stefan Ruppert Stefan Müller (Erlangen) Jens Spahn Dr. Bijan Djir-Sarai Björn Sänger Dr. Philipp Murmann Carola Stauche Patrick Döring Frank Schäffler Bernd Neumann (Bremen) Dr. Frank Steffel Mechthild Dyckmans Christoph Schnurr Michaela Noll Erika Steinbach Rainer Erdel Jimmy Schulz Dr. Georg Nüßlein Christian Freiherr von Stetten Jörg van Essen Marina Schuster Franz Obermeier Dieter Stier Ulrike Flach Dr. Erik Schweickert Henning Otte Gero Storjohann Otto Fricke Werner Simmling Dr. Michael Paul Stephan Stracke Dr. Edmund Peter Geisen Judith Skudelny (B) Rita Pawelski Max Straubinger Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Hermann Otto Solms (D) Ulrich Petzold Karin Strenz Hans-Michael Goldmann Joachim Spatz Dr. Joachim Pfeiffer Thomas Strobl (Heilbronn) Heinz Golombeck Dr. Max Stadler Sibylle Pfeiffer Lena Strothmann Miriam Gruß Torsten Heiko Staffeldt Beatrix Philipp Michael Stübgen Joachim Günther (Plauen) Dr. Rainer Stinner Ronald Pofalla Dr. Peter Tauber Dr. Christel Happach-Kasan Stephan Thomae Christoph Poland Antje Tillmann Heinz-Peter Haustein Florian Toncar Ruprecht Polenz Dr. Hans-Peter Uhl Manuel Höferlin Serkan Tören Eckhard Pols Arnold Vaatz Elke Hoff Johannes Vogel Daniela Raab Volkmar Vogel (Kleinsaara) Birgit Homburger (Lüdenscheid) Thomas Rachel Stefanie Vogelsang Dr. Werner Hoyer Dr. Daniel Volk Dr. Peter Ramsauer Andrea Astrid Voßhoff Heiner Kamp Dr. Guido Westerwelle Michael Kauch Eckhardt Rehberg Dr. Johann Wadephul Dr. Claudia Winterstein Dr. Lutz Knopek Katherina Reiche (Potsdam) Marco Wanderwitz Dr. Volker Wissing Pascal Kober Lothar Riebsamen Kai Wegner Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Josef Rief Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Heinrich L. Kolb Klaus Riegert Peter Weiß (Emmendingen) Gudrun Kopp Dr. Heinz Riesenhuber Sabine Weiss (Wesel I) Dr. h. c. Jürgen Koppelin Enthalten Johannes Röring Ingo Wellenreuther Sebastian Körber Dr. Norbert Röttgen Karl-Georg Wellmann Holger Krestel CDU/CSU Dr. Christian Ruck Peter Wichtel Patrick Kurth (Kyffhäuser) Josef Göppel Erwin Rüddel Annette Widmann-Mauz Heinz Lanfermann Albert Rupprecht (Weiden) Klaus-Peter Willsch Sibylle Laurischk Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7415

(A) Anlage 26 (C) Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3496) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung Entschädigungsklausel) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Kerstin Griese Mechthild Rawert Eva Bulling-Schröter Abgegebene Stimmen: 600; Michael Groschek Gerold Reichenbach Dr. Martina Bunge davon Michael Groß Dr. Carola Reimann Roland Claus Wolfgang Gunkel Sönke Rix Sevim Dağdelen ja: 275 Hans-Joachim Hacker René Röspel Dr. Diether Dehm nein: 323 Bettina Hagedorn Dr. Ernst Dieter Rossmann Heidrun Dittrich enthalten: 1 Klaus Hagemann Karin Roth (Esslingen) Werner Dreibus Hubertus Heil (Peine) Michael Roth (Heringen) Dr. Dagmar Enkelmann Ja Rolf Hempelmann Marlene Rupprecht Klaus Ernst Dr. Barbara Hendricks (Tuchenbach) Wolfgang Gehrcke CDU/CSU Gustav Herzog Anton Schaaf Nicole Gohlke Gabriele Hiller-Ohm Axel Schäfer (Bochum) Annette Groth Rüdiger Kruse Petra Hinz (Essen) Bernd Scheelen Dr. Gregor Gysi Frank Hofmann (Volkach) Marianne Schieder Heike Hänsel SPD Dr. Eva Högl (Schwandorf) Dr. Rosemarie Hein Ingrid Arndt-Brauer Christel Humme Werner Schieder (Weiden) Inge Höger Rainer Arnold Josip Juratovic Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Barbara Höll Heinz-Joachim Barchmann Oliver Kaczmarek Silvia Schmidt (Eisleben) Andrej Hunko Doris Barnett Johannes Kahrs Carsten Schneider (Erfurt) Ulla Jelpke Dr. Hans-Peter Bartels Dr. h. c. Susanne Kastner Olaf Scholz Dr. Lukrezia Jochimsen Klaus Barthel Ulrich Kelber Swen Schulz (Spandau) Katja Kipping Sören Bartol Lars Klingbeil Ewald Schurer Harald Koch Frank Schwabe (B) Bärbel Bas Hans-Ulrich Klose Jan Korte (D) Dirk Becker Dr. Bärbel Kofler Dr. Martin Schwanholz Katrin Kunert Uwe Beckmeyer Daniela Kolbe (Leipzig) Rolf Schwanitz Caren Lay Lothar Binding (Heidelberg) Fritz Rudolf Körper Stefan Schwartze Ralph Lenkert Gerd Bollmann Anette Kramme Dr. Carsten Sieling Michael Leutert Klaus Brandner Nicolette Kressl Sonja Steffen Stefan Liebich Willi Brase Angelika Krüger-Leißner Peer Steinbrück Ulla Lötzer Bernhard Brinkmann Ute Kumpf Dr. Frank-Walter Steinmeier Dr. Gesine Lötzsch (Hildesheim) Christine Lambrecht Christoph Strässer Thomas Lutze Edelgard Bulmahn Christian Lange (Backnang) Kerstin Tack Ulrich Maurer Marco Bülow Dr. Karl Lauterbach Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dorothée Menzner Ulla Burchardt Steffen-Claudio Lemme Franz Thönnes Cornelia Möhring Martin Burkert Burkhard Lischka Wolfgang Tiefensee Kornelia Möller Petra Crone Gabriele Lösekrug-Möller Rüdiger Veit Niema Movassat Dr. Peter Danckert Kirsten Lühmann Ute Vogt Wolfgang Nešković Martin Dörmann Caren Marks Dr. Marlies Volkmer Thomas Nord Elvira Drobinski-Weiß Katja Mast Andrea Wicklein Petra Pau Garrelt Duin Hilde Mattheis Heidemarie Wieczorek-Zeul Jens Petermann Sebastian Edathy Petra Merkel (Berlin) Waltraud Wolff Richard Pitterle Siegmund Ehrmann Ullrich Meßmer (Wolmirstedt) Yvonne Ploetz Dr. h. c. Gernot Erler Dr. Matthias Miersch Uta Zapf Ingrid Remmers Petra Ernstberger Franz Müntefering Dagmar Ziegler Paul Schäfer (Köln) Karin Evers-Meyer Dr. Rolf Mützenich Manfred Zöllmer Michael Schlecht Elke Ferner Andrea Nahles Brigitte Zypries Dr. Herbert Schui Gabriele Fograscher Manfred Nink Dr. Ilja Seifert DIE LINKE Dr. Edgar Franke Thomas Oppermann Raju Sharma Dagmar Freitag Holger Ortel Jan van Aken Dr. Petra Sitte Peter Friedrich Aydan Özoğuz Agnes Alpers Kersten Steinke Sigmar Gabriel Heinz Paula Dr. Dietmar Bartsch Sabine Stüber Michael Gerdes Johannes Pflug Herbert Behrens Alexander Süßmair Martin Gerster Joachim Poß Matthias W. Birkwald Dr. Kirsten Tackmann Iris Gleicke Dr. Wilhelm Priesmeier Heidrun Bluhm Frank Tempel Ulrike Gottschalck Florian Pronold Steffen Bockhahn Alexander Ulrich Angelika Graf (Rosenheim) Dr. Sascha Raabe Christine Buchholz Kathrin Vogler 7416 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Peter Götz Dr. Max Lehmer (C) Harald Weinberg Markus Tressel Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Katrin Werner Jürgen Trittin Ute Granold Dr. Ursula von der Leyen Jörn Wunderlich Daniela Wagner Reinhard Grindel Ingbert Liebing Wolfgang Wieland Hermann Gröhe Matthias Lietz BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Michael Grosse-Brömer Dr. Carsten Linnemann DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Markus Grübel Patricia Lips Kerstin Andreae Manfred Grund Dr. Jan-Marco Luczak Marieluise Beck (Bremen) Nein Monika Grütters Dr. Michael Luther Volker Beck (Köln) Dr. Karl-Theodor Freiherr Karin Maag Cornelia Behm CDU/CSU zu Guttenberg Hans-Georg von der Marwitz Olav Gutting Andreas Mattfeldt Birgitt Bender Ilse Aigner Alexander Bonde Florian Hahn Stephan Mayer (Altötting) Peter Altmaier Holger Haibach Dr. Michael Meister Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Ekin Deligöz Dr. Stephan Harbarth Dr. Angela Merkel Dorothee Bär Jürgen Hardt Maria Michalk Katja Dörner Thomas Bareiß Hans-Josef Fell Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Norbert Barthle Dr. Matthias Heider Dr. Mathias Middelberg Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Kai Gehring Mechthild Heil Philipp Mißfelder Ernst-Reinhard Beck Frank Heinrich Dietrich Monstadt Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Britta Haßelmann Rudolf Henke Marlene Mortler Manfred Behrens (Börde) Michael Hennrich Dr. Gerd Müller Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Winfried Hermann Jürgen Herrmann Stefan Müller (Erlangen) Dr. Christoph Bergner Ansgar Heveling Dr. Philipp Murmann Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Ulrike Höfken Ernst Hinsken Bernd Neumann (Bremen) Steffen Bilger Peter Hintze Michaela Noll Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Christian Hirte Dr. Georg Nüßlein Bärbel Höhn Peter Bleser Robert Hochbaum Franz Obermeier Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer Karl Holmeier Henning Otte Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Franz-Josef Holzenkamp Dr. Michael Paul Uwe Kekeritz (Bönstrup) Joachim Hörster Rita Pawelski Katja Keul Wolfgang Bosbach Anette Hübinger Ulrich Petzold Memet Kilic Norbert Brackmann Thomas Jarzombek Dr. Joachim Pfeiffer Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig Maria Anna Klein-Schmeink Michael Brand Dr. Dieter Jasper Sibylle Pfeiffer (B) Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Dr. Franz Josef Jung Beatrix Philipp (D) Tom Koenigs Helmut Brandt Andreas Jung (Konstanz) Ronald Pofalla Sylvia Kotting-Uhl Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Egon Jüttner Christoph Poland Oliver Krischer Dr. Helge Braun Bartholomäus Kalb Ruprecht Polenz Agnes Krumwiede Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Eckhard Pols Fritz Kuhn Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Daniela Raab Stephan Kühn Gitta Connemann Alois Karl Thomas Rachel Renate Künast Leo Dautzenberg Bernhard Kaster Dr. Peter Ramsauer Markus Kurth Alexander Dobrindt Volker Kauder Eckhardt Rehberg Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Katherina Reiche (Potsdam) Monika Lazar Marie-Luise Dött Schwenningen) Lothar Riebsamen Nicole Maisch Dr. Thomas Feist Dr. Stefan Kaufmann Josef Rief Agnes Malczak Enak Ferlemann Roderich Kiesewetter Klaus Riegert Jerzy Montag Ingrid Fischbach Ewa Klamt Dr. Heinz Riesenhuber Kerstin Müller (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Johannes Röring Beate Müller-Gemmeke Dirk Fischer (Hamburg) Volkmar Klein Dr. Norbert Röttgen Ingrid Nestle Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Dr. Christian Ruck Dr. Konstantin von Notz Land) Julia Klöckner Erwin Rüddel Omid Nouripour Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Albert Rupprecht (Weiden) Friedrich Ostendorff Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Anita Schäfer (Saalstadt) Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Manfred Kolbe Dr. Wolfgang Schäuble Brigitte Pothmer Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Rolf Koschorrek Dr. Annette Schavan Tabea Rößner (Hof) Hartmut Koschyk Dr. Andreas Scheuer Claudia Roth (Augsburg) Michael Frieser Thomas Kossendey Karl Schiewerling Krista Sager Erich G. Fritz Michael Kretschmer Norbert Schindler Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Dr. Günter Krings Tankred Schipanski Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Bettina Kudla Georg Schirmbeck Christine Scheel Alexander Funk Dr. Hermann Kues Christian Schmidt (Fürth) Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens Günter Lach Patrick Schnieder Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Dr. Karl A. Lamers Dr. Andreas Schockenhoff Dorothea Steiner Norbert Geis (Heidelberg) Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Kuhn Eberhard Gienger Katharina Landgraf Dr. Kristina Schröder Hans-Christian Ströbele Michael Glos Ulrich Lange (Wiesbaden) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7417

(A) Bernhard Schulte-Drüggelte Peter Wichtel Heinz Golombeck Hans-Joachim Otto (C) Uwe Schummer Annette Widmann-Mauz Miriam Gruß (Frankfurt) Armin Schuster (Weil am Klaus-Peter Willsch Joachim Günther (Plauen) Cornelia Pieper Rhein) Elisabeth Winkelmeier- Dr. Christel Happach-Kasan Gisela Piltz Detlef Seif Becker Heinz-Peter Haustein Dr. Christiane Ratjen- Johannes Selle Dagmar Wöhrl Manuel Höferlin Damerau Reinhold Sendker Dr. Matthias Zimmer Elke Hoff Dr. Birgit Reinemund Dr. Patrick Sensburg Wolfgang Zöller Birgit Homburger Dr. Peter Röhlinger Bernd Siebert Willi Zylajew Dr. Werner Hoyer Dr. Stefan Ruppert Thomas Silberhorn Heiner Kamp Björn Sänger Johannes Singhammer FDP Michael Kauch Frank Schäffler Jens Spahn Dr. Lutz Knopek Jens Ackermann Christoph Schnurr Carola Stauche Pascal Kober Jimmy Schulz Dr. Frank Steffel Christian Ahrendt Dr. Heinrich L. Kolb Christine Aschenberg- Marina Schuster Erika Steinbach Gudrun Kopp Dr. Erik Schweickert Christian Freiherr von Stetten Dugnus Dr. h. c. Jürgen Koppelin Werner Simmling Dieter Stier Daniel Bahr (Münster) Sebastian Körber Judith Skudelny Gero Storjohann Florian Bernschneider Holger Krestel Dr. Hermann Otto Solms Stephan Stracke Sebastian Blumenthal Patrick Kurth (Kyffhäuser) Max Straubinger Claudia Bögel Heinz Lanfermann Joachim Spatz Karin Strenz Nicole Bracht-Bendt Sibylle Laurischk Dr. Max Stadler Thomas Strobl (Heilbronn) Klaus Breil Harald Leibrecht Torsten Heiko Staffeldt Lena Strothmann Rainer Brüderle Sabine Leutheusser- Dr. Rainer Stinner Michael Stübgen Angelika Brunkhorst Schnarrenberger Stephan Thomae Dr. Peter Tauber Ernst Burgbacher Lars Lindemann Florian Toncar Antje Tillmann Marco Buschmann Christian Lindner Serkan Tören Dr. Hans-Peter Uhl Sylvia Canel Dr. Martin Lindner (Berlin) Johannes Vogel Arnold Vaatz Helga Daub Michael Link (Heilbronn) (Lüdenscheid) Volkmar Vogel (Kleinsaara) Reiner Deutschmann Dr. Erwin Lotter Dr. Daniel Volk Stefanie Vogelsang Dr. Bijan Djir-Sarai Oliver Luksic Dr. Guido Westerwelle Andrea Astrid Voßhoff Patrick Döring Horst Meierhofer Dr. Claudia Winterstein Dr. Johann Wadephul Mechthild Dyckmans Patrick Meinhardt Dr. Volker Wissing Marco Wanderwitz Rainer Erdel Gabriele Molitor Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Kai Wegner Jörg van Essen Jan Mücke Ulrike Flach Marcus Weinberg (Hamburg) Petra Müller (Aachen) Enthalten (B) Peter Weiß (Emmendingen) Otto Fricke Burkhardt Müller-Sönksen (D) Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Martin Neumann CDU/CSU Ingo Wellenreuther Dr. Wolfgang Gerhardt (Lausitz) Karl-Georg Wellmann Hans-Michael Goldmann Dirk Niebel Josef Göppel

Anlage 27 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3497) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung Haftungsverlagerung) (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Heinz-Joachim Barchmann Edelgard Bulmahn Elke Ferner Abgegebene Stimmen: 600; Doris Barnett Marco Bülow Gabriele Fograscher davon Dr. Hans-Peter Bartels Ulla Burchardt Dr. Edgar Franke Klaus Barthel Martin Burkert Dagmar Freitag ja: 274 Sören Bartol Petra Crone Peter Friedrich nein: 324 Bärbel Bas Dr. Peter Danckert Sigmar Gabriel enthalten: 1 Dirk Becker Martin Dörmann Michael Gerdes Uwe Beckmeyer Elvira Drobinski-Weiß Martin Gerster Ja Lothar Binding (Heidelberg) Garrelt Duin Iris Gleicke Gerd Bollmann Sebastian Edathy Ulrike Gottschalck Klaus Brandner Siegmund Ehrmann Angelika Graf (Rosenheim) SPD Willi Brase Dr. h. c. Gernot Erler Kerstin Griese Ingrid Arndt-Brauer Bernhard Brinkmann Petra Ernstberger Michael Groschek Rainer Arnold (Hildesheim) Karin Evers-Meyer Michael Groß 7418 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Wolfgang Gunkel Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Fritz Kuhn (C) Hans-Joachim Hacker Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Stephan Kühn Bettina Hagedorn Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Renate Künast Klaus Hagemann Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Markus Kurth Hubertus Heil (Peine) Olaf Scholz Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Rolf Hempelmann Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Monika Lazar Dr. Barbara Hendricks Ewald Schurer Cornelia Möhring Nicole Maisch Gustav Herzog Frank Schwabe Kornelia Möller Agnes Malczak Gabriele Hiller-Ohm Dr. Martin Schwanholz Niema Movassat Jerzy Montag Petra Hinz (Essen) Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Frank Hofmann (Volkach) Stefan Schwartze Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Dr. Eva Högl Dr. Carsten Sieling Petra Pau Ingrid Nestle Christel Humme Sonja Steffen Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Josip Juratovic Peer Steinbrück Richard Pitterle Omid Nouripour Oliver Kaczmarek Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Johannes Kahrs Christoph Strässer Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Dr. h. c. Susanne Kastner Kerstin Tack Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer Ulrich Kelber Dr. h. c. Wolfgang Thierse Michael Schlecht Tabea Rößner Lars Klingbeil Franz Thönnes Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Hans-Ulrich Klose Wolfgang Tiefensee Dr. Ilja Seifert Krista Sager Dr. Bärbel Kofler Rüdiger Veit Raju Sharma Manuel Sarrazin Daniela Kolbe (Leipzig) Ute Vogt Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Fritz Rudolf Körper Dr. Marlies Volkmer Kersten Steinke Christine Scheel Anette Kramme Andrea Wicklein Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Nicolette Kressl Heidemarie Wieczorek-Zeul Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Angelika Krüger-Leißner Waltraud Wolff Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Ute Kumpf (Wolmirstedt) Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Christine Lambrecht Uta Zapf Alexander Ulrich Kuhn Christian Lange (Backnang) Dagmar Ziegler Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Dr. Karl Lauterbach Manfred Zöllmer Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Steffen-Claudio Lemme Brigitte Zypries Harald Weinberg Markus Tressel Burkhard Lischka Katrin Werner Jürgen Trittin Gabriele Lösekrug-Möller DIE LINKE Jörn Wunderlich Daniela Wagner Wolfgang Wieland Kirsten Lühmann Jan van Aken BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Caren Marks Agnes Alpers (B) DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler (D) Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Hilde Mattheis Herbert Behrens Kerstin Andreae Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Nein Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Cornelia Behm CDU/CSU Franz Müntefering Christine Buchholz Birgitt Bender Ilse Aigner Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Alexander Bonde Peter Altmaier Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Manfred Nink Roland Claus Ekin Deligöz Dorothee Bär Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Katja Dörner Thomas Bareiß Holger Ortel Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell Norbert Barthle Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Heinz Paula Werner Dreibus Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Johannes Pflug Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Joachim Poß Klaus Ernst Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Florian Pronold Nicole Gohlke Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Dr. Sascha Raabe Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Mechthild Rawert Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Steffen Bilger Gerold Reichenbach Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Dr. Carola Reimann Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Peter Bleser Sönke Rix Inge Höger Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer René Röspel Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Dr. Ernst Dieter Rossmann Andrej Hunko Uwe Kekeritz (Bönstrup) Karin Roth (Esslingen) Ulla Jelpke Katja Keul Wolfgang Bosbach Michael Roth (Heringen) Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic Norbert Brackmann Marlene Rupprecht Katja Kipping Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig (Tuchenbach) Harald Koch Maria Anna Klein-Schmeink Michael Brand Anton Schaaf Jan Korte Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Tom Koenigs Helmut Brandt Bernd Scheelen Caren Lay Sylvia Kotting-Uhl Dr. Ralf Brauksiepe Marianne Schieder Ralph Lenkert Oliver Krischer Dr. Helge Braun (Schwandorf) Michael Leutert Agnes Krumwiede Heike Brehmer Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7419

(A) Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Eckhard Pols Karl-Georg Wellmann (C) Gitta Connemann Alois Karl Daniela Raab Peter Wichtel Leo Dautzenberg Bernhard Kaster Thomas Rachel Annette Widmann-Mauz Alexander Dobrindt Volker Kauder Dr. Peter Ramsauer Klaus-Peter Willsch Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Eckhardt Rehberg Elisabeth Winkelmeier- Marie-Luise Dött Schwenningen) Katherina Reiche (Potsdam) Becker Dr. Thomas Feist Dr. Stefan Kaufmann Lothar Riebsamen Dagmar Wöhrl Enak Ferlemann Roderich Kiesewetter Josef Rief Dr. Matthias Zimmer Ingrid Fischbach Ewa Klamt Klaus Riegert Wolfgang Zöller Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Dr. Heinz Riesenhuber Willi Zylajew Dirk Fischer (Hamburg) Volkmar Klein Johannes Röring Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Dr. Norbert Röttgen FDP Land) Julia Klöckner Dr. Christian Ruck Jens Ackermann Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Erwin Rüddel Christian Ahrendt Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Albert Rupprecht (Weiden) Christine Aschenberg- Herbert Frankenhauser Manfred Kolbe Anita Schäfer (Saalstadt) Dugnus Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Rolf Koschorrek Dr. Wolfgang Schäuble Daniel Bahr (Münster) (Hof) Hartmut Koschyk Dr. Annette Schavan Florian Bernschneider Michael Frieser Thomas Kossendey Dr. Andreas Scheuer Sebastian Blumenthal Erich G. Fritz Michael Kretschmer Karl Schiewerling Claudia Bögel Dr. Michael Fuchs Dr. Günter Krings Norbert Schindler Nicole Bracht-Bendt Hans-Joachim Fuchtel Rüdiger Kruse Tankred Schipanski Klaus Breil Alexander Funk Bettina Kudla Georg Schirmbeck Rainer Brüderle Ingo Gädechens Dr. Hermann Kues Christian Schmidt (Fürth) Angelika Brunkhorst Dr. Thomas Gebhart Günter Lach Patrick Schnieder Ernst Burgbacher Norbert Geis Dr. Karl A. Lamers Dr. Andreas Schockenhoff Marco Buschmann Alois Gerig (Heidelberg) Nadine Schön (St. Wendel) Sylvia Canel Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert Dr. Ole Schröder Helga Daub Michael Glos Katharina Landgraf Dr. Kristina Schröder Reiner Deutschmann Peter Götz Ulrich Lange (Wiesbaden) Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Wolfgang Götzer Dr. Max Lehmer Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Ute Granold Paul Lehrieder Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Reinhard Grindel Dr. Ursula von der Leyen Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Hermann Gröhe Ingbert Liebing Rhein) Jörg van Essen (B) Michael Grosse-Brömer Matthias Lietz Detlef Seif Ulrike Flach (D) Markus Grübel Dr. Carsten Linnemann Johannes Selle Otto Fricke Manfred Grund Patricia Lips Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Monika Grütters Dr. Jan-Marco Luczak Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Michael Luther Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann zu Guttenberg Karin Maag Thomas Silberhorn Heinz Golombeck Olav Gutting Hans-Georg von der Marwitz Johannes Singhammer Miriam Gruß Florian Hahn Andreas Mattfeldt Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Holger Haibach Stephan Mayer (Altötting) Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Stephan Harbarth Dr. Michael Meister Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein Jürgen Hardt Dr. Angela Merkel Erika Steinbach Manuel Höferlin Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Dr. Matthias Heider Dr. h. c. Hans Michelbach Dieter Stier Birgit Homburger Mechthild Heil Dr. Mathias Middelberg Gero Storjohann Dr. Werner Hoyer Frank Heinrich Philipp Mißfelder Stephan Stracke Heiner Kamp Rudolf Henke Dietrich Monstadt Max Straubinger Michael Kauch Michael Hennrich Marlene Mortler Karin Strenz Dr. Lutz Knopek Jürgen Herrmann Dr. Gerd Müller Thomas Strobl (Heilbronn) Pascal Kober Ansgar Heveling Stefan Müller (Erlangen) Lena Strothmann Dr. Heinrich L. Kolb Ernst Hinsken Dr. Philipp Murmann Michael Stübgen Gudrun Kopp Peter Hintze Bernd Neumann (Bremen) Dr. Peter Tauber Dr. h. c. Jürgen Koppelin Christian Hirte Michaela Noll Antje Tillmann Sebastian Körber Robert Hochbaum Dr. Georg Nüßlein Dr. Hans-Peter Uhl Holger Krestel Karl Holmeier Franz Obermeier Arnold Vaatz Patrick Kurth (Kyffhäuser) Franz-Josef Holzenkamp Henning Otte Volkmar Vogel (Kleinsaara) Heinz Lanfermann Joachim Hörster Dr. Michael Paul Stefanie Vogelsang Sibylle Laurischk Anette Hübinger Rita Pawelski Andrea Astrid Voßhoff Harald Leibrecht Thomas Jarzombek Ulrich Petzold Dr. Johann Wadephul Sabine Leutheusser- Dr. Dieter Jasper Dr. Joachim Pfeiffer Marco Wanderwitz Schnarrenberger Dr. Franz Josef Jung Sibylle Pfeiffer Kai Wegner Lars Lindemann Andreas Jung (Konstanz) Beatrix Philipp Marcus Weinberg (Hamburg) Christian Lindner Dr. Egon Jüttner Ronald Pofalla Peter Weiß (Emmendingen) Dr. Martin Lindner (Berlin) Bartholomäus Kalb Christoph Poland Sabine Weiss (Wesel I) Michael Link (Heilbronn) Hans-Werner Kammer Ruprecht Polenz Ingo Wellenreuther Dr. Erwin Lotter 7420 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Oliver Luksic Gisela Piltz Judith Skudelny Dr. Claudia Winterstein (C) Horst Meierhofer Dr. Christiane Ratjen- Dr. Hermann Otto Solms Dr. Volker Wissing Patrick Meinhardt Damerau Joachim Spatz Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Gabriele Molitor Dr. Birgit Reinemund Dr. Max Stadler Jan Mücke Dr. Peter Röhlinger Torsten Heiko Staffeldt Enthalten Petra Müller (Aachen) Dr. Stefan Ruppert Dr. Rainer Stinner Burkhardt Müller-Sönksen Björn Sänger Stephan Thomae CDU/CSU Dr. Martin Neumann Frank Schäffler Florian Toncar (Lausitz) Christoph Schnurr Serkan Tören Josef Göppel Dirk Niebel Jimmy Schulz Johannes Vogel Hans-Joachim Otto Marina Schuster (Lüdenscheid) (Frankfurt) Dr. Erik Schweickert Dr. Daniel Volk Cornelia Pieper Werner Simmling Dr. Guido Westerwelle

Anlage 28 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmungen über die Änderungsanträge (Drucksachen 17/3498, 17/3499, 17/3527, 17/3539, 17/3531, 17/3532, 17/3533, 17/3534, 17/3535, 17/3536, 17/3537 und 17/3538) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes – Streichung Übertragung auf Biblis B – Streichung Übertragung Neu auf Alt – Einfügung Entsorgungsnachweis – Brokdorf –Emsland – Grafenrheinfeld (B) – Grohnde (D) – Gundremmingen B – Gundremmingen C –Isar 2 – Neckarwestheim 2 – Philippsburg 2 (Tagesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Lothar Binding (Heidelberg) Dr. Edgar Franke Frank Hofmann (Volkach) Abgegebene Stimmen: 600; Gerd Bollmann Dagmar Freitag Dr. Eva Högl davon Klaus Brandner Peter Friedrich Christel Humme Willi Brase Sigmar Gabriel Josip Juratovic ja: 274 Bernhard Brinkmann Michael Gerdes Oliver Kaczmarek nein: 323 (Hildesheim) Martin Gerster Johannes Kahrs enthalten: 2 Edelgard Bulmahn Iris Gleicke Dr. h. c. Susanne Kastner Marco Bülow Ulrike Gottschalck Ulrich Kelber Ja Ulla Burchardt Angelika Graf (Rosenheim) Lars Klingbeil Martin Burkert Kerstin Griese Hans-Ulrich Klose SPD Petra Crone Michael Groschek Dr. Bärbel Kofler Dr. Peter Danckert Michael Groß Daniela Kolbe (Leipzig) Ingrid Arndt-Brauer Martin Dörmann Wolfgang Gunkel Fritz Rudolf Körper Rainer Arnold Elvira Drobinski-Weiß Hans-Joachim Hacker Anette Kramme Heinz-Joachim Barchmann Garrelt Duin Bettina Hagedorn Nicolette Kressl Doris Barnett Sebastian Edathy Klaus Hagemann Angelika Krüger-Leißner Dr. Hans-Peter Bartels Siegmund Ehrmann Hubertus Heil (Peine) Ute Kumpf Klaus Barthel Dr. h. c. Gernot Erler Rolf Hempelmann Christine Lambrecht Sören Bartol Petra Ernstberger Dr. Barbara Hendricks Christian Lange (Backnang) Bärbel Bas Karin Evers-Meyer Gustav Herzog Dr. Karl Lauterbach Dirk Becker Elke Ferner Gabriele Hiller-Ohm Steffen-Claudio Lemme Uwe Beckmeyer Gabriele Fograscher Petra Hinz (Essen) Burkhard Lischka Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7421

(A) Gabriele Lösekrug-Möller DIE LINKE Jörn Wunderlich Daniela Wagner (C) Kirsten Lühmann Wolfgang Wieland Jan van Aken Caren Marks BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Agnes Alpers DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Hilde Mattheis Herbert Behrens Kerstin Andreae Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Nein Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Cornelia Behm CDU/CSU Franz Müntefering Christine Buchholz Birgitt Bender Dr. Rolf Mützenich Ilse Aigner Eva Bulling-Schröter Alexander Bonde Peter Altmaier Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Viola von Cramon-Taubadel Manfred Nink Peter Aumer Roland Claus Ekin Deligöz Dorothee Bär Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Katja Dörner Thomas Bareiß Holger Ortel Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell Norbert Barthle Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Heinz Paula Werner Dreibus Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Johannes Pflug Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Joachim Poß Klaus Ernst Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Florian Pronold Nicole Gohlke Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Dr. Sascha Raabe Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Mechthild Rawert Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Steffen Bilger Gerold Reichenbach Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Dr. Carola Reimann Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Peter Bleser Sönke Rix Inge Höger Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer René Röspel Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Dr. Ernst Dieter Rossmann Andrej Hunko Uwe Kekeritz (Bönstrup) Karin Roth (Esslingen) Ulla Jelpke Katja Keul Wolfgang Bosbach Michael Roth (Heringen) Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic Norbert Brackmann Marlene Rupprecht Katja Kipping Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig (Tuchenbach) Harald Koch Maria Anna Klein-Schmeink Michael Brand Anton Schaaf Jan Korte Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Tom Koenigs Helmut Brandt Bernd Scheelen Caren Lay Sylvia Kotting-Uhl Dr. Ralf Brauksiepe (B) Marianne Schieder Ralph Lenkert Oliver Krischer Dr. Helge Braun (D) (Schwandorf) Michael Leutert Agnes Krumwiede Heike Brehmer Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Fritz Kuhn Ralph Brinkhaus Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Stephan Kühn Gitta Connemann Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Renate Künast Leo Dautzenberg Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Markus Kurth Alexander Dobrindt Olaf Scholz Ulrich Maurer Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Monika Lazar Marie-Luise Dött Cornelia Möhring Nicole Maisch Ewald Schurer Dr. Thomas Feist Kornelia Möller Agnes Malczak Frank Schwabe Enak Ferlemann Niema Movassat Jerzy Montag Dr. Martin Schwanholz Ingrid Fischbach Wolfgang Nešković Kerstin Müller (Köln) Rolf Schwanitz Hartwig Fischer (Göttingen) Thomas Nord Beate Müller-Gemmeke Stefan Schwartze Dirk Fischer (Hamburg) Petra Pau Ingrid Nestle Axel E. Fischer (Karlsruhe- Dr. Carsten Sieling Jens Petermann Dr. Konstantin von Notz Land) Sonja Steffen Richard Pitterle Omid Nouripour Dr. Maria Flachsbarth Peer Steinbrück Yvonne Ploetz Friedrich Ostendorff Klaus-Peter Flosbach Dr. Frank-Walter Steinmeier Ingrid Remmers Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Christoph Strässer Paul Schäfer (Köln) Brigitte Pothmer Dr. Hans-Peter Friedrich Kerstin Tack Michael Schlecht Tabea Rößner (Hof) Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Herbert Schui Claudia Roth (Augsburg) Michael Frieser Franz Thönnes Dr. Ilja Seifert Krista Sager Erich G. Fritz Wolfgang Tiefensee Raju Sharma Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Rüdiger Veit Dr. Petra Sitte Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Ute Vogt Kersten Steinke Christine Scheel Alexander Funk Dr. Marlies Volkmer Sabine Stüber Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens Andrea Wicklein Alexander Süßmair Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Kirsten Tackmann Dorothea Steiner Norbert Geis Waltraud Wolff Frank Tempel Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig (Wolmirstedt) Alexander Ulrich Kuhn Eberhard Gienger Uta Zapf Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Michael Glos Dagmar Ziegler Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Peter Götz Manfred Zöllmer Harald Weinberg Markus Tressel Dr. Wolfgang Götzer Brigitte Zypries Katrin Werner Jürgen Trittin Ute Granold 7422 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Reinhard Grindel Ingbert Liebing Armin Schuster (Weil am Mechthild Dyckmans (C) Hermann Gröhe Matthias Lietz Rhein) Rainer Erdel Michael Grosse-Brömer Dr. Carsten Linnemann Detlef Seif Jörg van Essen Markus Grübel Patricia Lips Johannes Selle Ulrike Flach Manfred Grund Dr. Jan-Marco Luczak Reinhold Sendker Otto Fricke Monika Grütters Dr. Michael Luther Dr. Patrick Sensburg Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Karl-Theodor Freiherr Karin Maag Bernd Siebert Dr. Wolfgang Gerhardt zu Guttenberg Hans-Georg von der Marwitz Thomas Silberhorn Hans-Michael Goldmann Olav Gutting Andreas Mattfeldt Johannes Singhammer Heinz Golombeck Florian Hahn Stephan Mayer (Altötting) Jens Spahn Miriam Gruß Holger Haibach Dr. Michael Meister Carola Stauche Joachim Günther (Plauen) Dr. Stephan Harbarth Dr. Angela Merkel Dr. Frank Steffel Dr. Christel Happach-Kasan Jürgen Hardt Maria Michalk Erika Steinbach Heinz-Peter Haustein Gerda Hasselfeldt Dr. h. c. Hans Michelbach Christian Freiherr von Stetten Manuel Höferlin Dr. Matthias Heider Dr. Mathias Middelberg Dieter Stier Elke Hoff Mechthild Heil Philipp Mißfelder Gero Storjohann Birgit Homburger Frank Heinrich Dietrich Monstadt Stephan Stracke Dr. Werner Hoyer Rudolf Henke Marlene Mortler Max Straubinger Heiner Kamp Michael Hennrich Dr. Gerd Müller Karin Strenz Michael Kauch Jürgen Herrmann Stefan Müller (Erlangen) Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Lutz Knopek Ansgar Heveling Dr. Philipp Murmann Lena Strothmann Pascal Kober Ernst Hinsken Bernd Neumann (Bremen) Michael Stübgen Dr. Heinrich L. Kolb Peter Hintze Michaela Noll Dr. Peter Tauber Gudrun Kopp Christian Hirte Dr. Georg Nüßlein Antje Tillmann Dr. h. c. Jürgen Koppelin Robert Hochbaum Franz Obermeier Dr. Hans-Peter Uhl Sebastian Körber Karl Holmeier Henning Otte Arnold Vaatz Holger Krestel Franz-Josef Holzenkamp Dr. Michael Paul Volkmar Vogel (Kleinsaara) Patrick Kurth (Kyffhäuser) Joachim Hörster Rita Pawelski Stefanie Vogelsang Heinz Lanfermann Anette Hübinger Ulrich Petzold Andrea Astrid Voßhoff Sibylle Laurischk Thomas Jarzombek Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Johann Wadephul Harald Leibrecht Dr. Dieter Jasper Sibylle Pfeiffer Marco Wanderwitz Sabine Leutheusser- Dr. Franz Josef Jung Beatrix Philipp Kai Wegner Andreas Jung (Konstanz) Schnarrenberger Ronald Pofalla Marcus Weinberg (Hamburg) Lars Lindemann Dr. Egon Jüttner Peter Weiß (Emmendingen) Bartholomäus Kalb Christoph Poland Christian Lindner (B) Ruprecht Polenz Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Martin Lindner (Berlin) (D) Hans-Werner Kammer Ingo Wellenreuther Steffen Kampeter Eckhard Pols Michael Link (Heilbronn) Daniela Raab Karl-Georg Wellmann Dr. Erwin Lotter Alois Karl Peter Wichtel Bernhard Kaster Thomas Rachel Oliver Luksic Dr. Peter Ramsauer Annette Widmann-Mauz Horst Meierhofer Volker Kauder Klaus-Peter Willsch Siegfried Kauder (Villingen- Eckhardt Rehberg Patrick Meinhardt Katherina Reiche (Potsdam) Elisabeth Winkelmeier- Gabriele Molitor Schwenningen) Becker Dr. Stefan Kaufmann Lothar Riebsamen Jan Mücke Dagmar Wöhrl Roderich Kiesewetter Josef Rief Petra Müller (Aachen) Dr. Matthias Zimmer Ewa Klamt Klaus Riegert Burkhardt Müller-Sönksen Wolfgang Zöller Eckart von Klaeden Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Martin Neumann Willi Zylajew Vo l km a r K l e i n Johannes Röring (Lausitz) Jürgen Klimke Dr. Norbert Röttgen Dirk Niebel FDP Julia Klöckner Dr. Christian Ruck Hans-Joachim Otto Axel Knoerig Erwin Rüddel Jens Ackermann (Frankfurt) Jens Koeppen Albert Rupprecht (Weiden) Christian Ahrendt Cornelia Pieper Manfred Kolbe Anita Schäfer (Saalstadt) Christine Aschenberg- Gisela Piltz Dr. Rolf Koschorrek Dr. Wolfgang Schäuble Dugnus Dr. Christiane Ratjen- Hartmut Koschyk Dr. Annette Schavan Daniel Bahr (Münster) Damerau Thomas Kossendey Dr. Andreas Scheuer Florian Bernschneider Dr. Birgit Reinemund Michael Kretschmer Karl Schiewerling Sebastian Blumenthal Dr. Peter Röhlinger Dr. Günter Krings Norbert Schindler Claudia Bögel Dr. Stefan Ruppert Bettina Kudla Tankred Schipanski Nicole Bracht-Bendt Björn Sänger Dr. Hermann Kues Georg Schirmbeck Klaus Breil Frank Schäffler Günter Lach Christian Schmidt (Fürth) Rainer Brüderle Christoph Schnurr Dr. Karl A. Lamers Patrick Schnieder Angelika Brunkhorst Jimmy Schulz (Heidelberg) Dr. Andreas Schockenhoff Ernst Burgbacher Marina Schuster Dr. Norbert Lammert Nadine Schön (St. Wendel) Marco Buschmann Dr. Erik Schweickert Katharina Landgraf Dr. Ole Schröder Sylvia Canel Werner Simmling Ulrich Lange Dr. Kristina Schröder Helga Daub Judith Skudelny Dr. Max Lehmer (Wiesbaden) Reiner Deutschmann Dr. Hermann Otto Solms Paul Lehrieder Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Bijan Djir-Sarai Joachim Spatz Dr. Ursula von der Leyen Uwe Schummer Patrick Döring Dr. Max Stadler Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7423

(A) Torsten Heiko Staffeldt Johannes Vogel Dr. Volker Wissing Enthalten (C) Dr. Rainer Stinner (Lüdenscheid) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Stephan Thomae Dr. Daniel Volk CDU/CSU Florian Toncar Dr. Guido Westerwelle Josef Göppel Serkan Tören Dr. Claudia Winterstein Rüdiger Kruse

Anlage 29 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3528) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Bundesratszustimmung) (Ta- gesordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Michael Gerdes Franz Müntefering Wolfgang Tiefensee Abgegebene Stimmen: 591; Martin Gerster Dr. Rolf Mützenich Rüdiger Veit davon Iris Gleicke Andrea Nahles Ute Vogt Ulrike Gottschalck Manfred Nink Dr. Marlies Volkmer ja: 271 Angelika Graf (Rosenheim) Thomas Oppermann Andrea Wicklein nein: 319 Kerstin Griese Holger Ortel Heidemarie Wieczorek-Zeul enthalten: 1 Michael Groschek Aydan Özoğuz Waltraud Wolff Michael Groß Heinz Paula (Wolmirstedt) Ja Hans-Joachim Hacker Johannes Pflug Uta Zapf Bettina Hagedorn Joachim Poß Dagmar Ziegler SPD Klaus Hagemann Dr. Wilhelm Priesmeier Manfred Zöllmer Hubertus Heil (Peine) Florian Pronold Brigitte Zypries Ingrid Arndt-Brauer Rolf Hempelmann Dr. Sascha Raabe (B) Rainer Arnold Dr. Barbara Hendricks Mechthild Rawert DIE LINKE (D) Heinz-Joachim Barchmann Gustav Herzog Gerold Reichenbach Doris Barnett Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carola Reimann Jan van Aken Dr. Hans-Peter Bartels Petra Hinz (Essen) Sönke Rix Agnes Alpers Klaus Barthel Frank Hofmann (Volkach) René Röspel Dr. Dietmar Bartsch Sören Bartol Dr. Eva Högl Dr. Ernst Dieter Rossmann Herbert Behrens Bärbel Bas Christel Humme Karin Roth (Esslingen) Matthias W. Birkwald Dirk Becker Josip Juratovic Michael Roth (Heringen) Heidrun Bluhm Uwe Beckmeyer Oliver Kaczmarek Marlene Rupprecht Steffen Bockhahn Lothar Binding (Heidelberg) Johannes Kahrs (Tuchenbach) Christine Buchholz Gerd Bollmann Dr. h. c. Susanne Kastner Anton Schaaf Eva Bulling-Schröter Klaus Brandner Ulrich Kelber Axel Schäfer (Bochum) Dr. Martina Bunge Willi Brase Lars Klingbeil Bernd Scheelen Roland Claus Bernhard Brinkmann Hans-Ulrich Klose Marianne Schieder Sevim Dağdelen (Hildesheim) Dr. Bärbel Kofler (Schwandorf) Dr. Diether Dehm Edelgard Bulmahn Daniela Kolbe (Leipzig) Werner Schieder (Weiden) Heidrun Dittrich Marco Bülow Fritz Rudolf Körper Ulla Schmidt (Aachen) Werner Dreibus Ulla Burchardt Anette Kramme Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Dagmar Enkelmann Martin Burkert Nicolette Kressl Carsten Schneider (Erfurt) Klaus Ernst Petra Crone Angelika Krüger-Leißner Olaf Scholz Wolfgang Gehrcke Dr. Peter Danckert Ute Kumpf Swen Schulz (Spandau) Nicole Gohlke Martin Dörmann Christine Lambrecht Ewald Schurer Annette Groth Elvira Drobinski-Weiß Christian Lange (Backnang) Frank Schwabe Dr. Gregor Gysi Garrelt Duin Dr. Karl Lauterbach Dr. Martin Schwanholz Heike Hänsel Sebastian Edathy Steffen-Claudio Lemme Rolf Schwanitz Dr. Rosemarie Hein Siegmund Ehrmann Burkhard Lischka Stefan Schwartze Inge Höger Dr. h. c. Gernot Erler Gabriele Lösekrug-Möller Dr. Carsten Sieling Dr. Barbara Höll Petra Ernstberger Kirsten Lühmann Sonja Steffen Andrej Hunko Karin Evers-Meyer Caren Marks Peer Steinbrück Ulla Jelpke Elke Ferner Katja Mast Dr. Frank-Walter Steinmeier Dr. Lukrezia Jochimsen Gabriele Fograscher Hilde Mattheis Christoph Strässer Katja Kipping Dr. Edgar Franke Petra Merkel (Berlin) Kerstin Tack Harald Koch Peter Friedrich Ullrich Meßmer Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jan Korte Sigmar Gabriel Dr. Matthias Miersch Franz Thönnes Katrin Kunert 7424 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Caren Lay Oliver Krischer Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner (C) Ralph Lenkert Agnes Krumwiede Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Michael Leutert Fritz Kuhn Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Stefan Liebich Stephan Kühn Gitta Connemann Steffen Kampeter Ulla Lötzer Renate Künast Leo Dautzenberg Alois Karl Dr. Gesine Lötzsch Markus Kurth Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Thomas Lutze Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Ulrich Maurer Monika Lazar Marie-Luise Dött Schwenningen) Dorothée Menzner Nicole Maisch Dr. Thomas Feist Volker Kauder Cornelia Möhring Agnes Malczak Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Kornelia Möller Jerzy Montag Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Niema Movassat Kerstin Müller (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Wolfgang Nešković Beate Müller-Gemmeke Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Thomas Nord Ingrid Nestle Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Petra Pau Dr. Konstantin von Notz Land) Jürgen Klimke Jens Petermann Omid Nouripour Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Richard Pitterle Friedrich Ostendorff Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Yvonne Ploetz Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Ingrid Remmers Brigitte Pothmer Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Kristina Schröder Paul Schäfer (Köln) Tabea Rößner (Hof) Manfred Kolbe Michael Schlecht Claudia Roth (Augsburg) Michael Frieser Dr. Rolf Koschorrek Dr. Herbert Schui Krista Sager Erich G. Fritz Hartmut Koschyk Dr. Ilja Seifert Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Thomas Kossendey Raju Sharma Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Michael Kretschmer Dr. Petra Sitte Christine Scheel Alexander Funk Dr. Günter Krings Kersten Steinke Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Sabine Stüber Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Bettina Kudla Alexander Süßmair Dorothea Steiner Norbert Geis Dr. Hermann Kues Dr. Kirsten Tackmann Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig Günter Lach Frank Tempel Kuhn Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Kathrin Vogler Hans-Christian Ströbele Michael Glos (Heidelberg) Halina Wawzyniak Dr. Harald Terpe Josef Göppel Andreas G. Lämmel Harald Weinberg Markus Tressel Peter Götz Katharina Landgraf Katrin Werner Jürgen Trittin Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Lange Jörn Wunderlich Daniela Wagner Ute Granold Dr. Max Lehmer (B) Wolfgang Wieland (D) Reinhard Grindel Paul Lehrieder Dr. Valerie Wilms BÜNDNIS 90/ Hermann Gröhe Dr. Ursula von der Leyen Josef Philip Winkler DIE GRÜNEN Michael Grosse-Brömer Ingbert Liebing Kerstin Andreae Markus Grübel Matthias Lietz Marieluise Beck (Bremen) Nein Manfred Grund Dr. Carsten Linnemann Volker Beck (Köln) Monika Grütters Patricia Lips Cornelia Behm CDU/CSU Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Jan-Marco Luczak Birgitt Bender Ilse Aigner zu Guttenberg Dr. Michael Luther Alexander Bonde Peter Altmaier Olav Gutting Karin Maag Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Florian Hahn Hans-Georg von der Marwitz Ekin Deligöz Dorothee Bär Holger Haibach Andreas Mattfeldt Katja Dörner Thomas Bareiß Dr. Stephan Harbarth Stephan Mayer (Altötting) Hans-Josef Fell Norbert Barthle Jürgen Hardt Dr. Michael Meister Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Dr. Matthias Heider Dr. h. c. Hans Michelbach Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Mechthild Heil Dr. Mathias Middelberg Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Frank Heinrich Philipp Mißfelder Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Rudolf Henke Dietrich Monstadt Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Michael Hennrich Marlene Mortler Priska Hinz (Herborn) Peter Beyer Jürgen Herrmann Dr. Gerd Müller Ulrike Höfken Steffen Bilger Ansgar Heveling Stefan Müller (Erlangen) Dr. Anton Hofreiter Clemens Binninger Ernst Hinsken Nadine Schön (St. Wendel) Bärbel Höhn Peter Bleser Peter Hintze Dr. Philipp Murmann Ingrid Hönlinger Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Bernd Neumann (Bremen) Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Michaela Noll Uwe Kekeritz (Bönstrup) Karl Holmeier Dr. Georg Nüßlein Katja Keul Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Franz Obermeier Memet Kilic Norbert Brackmann Joachim Hörster Henning Otte Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig Anette Hübinger Dr. Michael Paul Maria Klein-Schmeink Michael Brand Thomas Jarzombek Rita Pawelski Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Dieter Jasper Ulrich Petzold Tom Koenigs Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Dr. Joachim Pfeiffer Sylvia Kotting-Uhl Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Sibylle Pfeiffer Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7425

(A) Beatrix Philipp Christian Freiherr von Stetten Rainer Brüderle Patrick Meinhardt (C) Ronald Pofalla Dieter Stier Angelika Brunkhorst Gabriele Molitor Christoph Poland Gero Storjohann Ernst Burgbacher Jan Mücke Ruprecht Polenz Stephan Stracke Marco Buschmann Petra Müller (Aachen) Eckhard Pols Max Straubinger Sylvia Canel Burkhardt Müller-Sönksen Daniela Raab Karin Strenz Helga Daub Dr. Martin Neumann Thomas Rachel Thomas Strobl (Heilbronn) Reiner Deutschmann (Lausitz) Eckhardt Rehberg Lena Strothmann Dr. Bijan Djir-Sarai Dirk Niebel Katherina Reiche (Potsdam) Michael Stübgen Patrick Döring Hans-Joachim Otto Lothar Riebsamen Dr. Peter Tauber Mechthild Dyckmans (Frankfurt) Josef Rief Antje Tillmann Rainer Erdel Cornelia Pieper Klaus Riegert Dr. Hans-Peter Uhl Jörg van Essen Gisela Piltz Dr. Heinz Riesenhuber Arnold Vaatz Ulrike Flach Dr. Christiane Ratjen- Johannes Röring Volkmar Vogel (Kleinsaara) Otto Fricke Damerau Dr. Norbert Röttgen Stefanie Vogelsang Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Birgit Reinemund Dr. Christian Ruck Andrea Astrid Voßhoff Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Peter Röhlinger Erwin Rüddel Dr. Johann Wadephul Heinz Golombeck Dr. Stefan Ruppert Albert Rupprecht (Weiden) Marco Wanderwitz Miriam Gruß Björn Sänger Anita Schäfer (Saalstadt) Kai Wegner Joachim Günther (Plauen) Frank Schäffler Dr. Wolfgang Schäuble Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Christel Happach-Kasan Christoph Schnurr Dr. Annette Schavan Peter Weiß (Emmendingen) Heinz-Peter Haustein Jimmy Schulz Dr. Andreas Scheuer Sabine Weiss (Wesel I) Manuel Höferlin Marina Schuster Karl Schiewerling Ingo Wellenreuther Elke Hoff Dr. Erik Schweickert Norbert Schindler Karl-Georg Wellmann Birgit Homburger Werner Simmling Tankred Schipanski Peter Wichtel Heiner Kamp Judith Skudelny Georg Schirmbeck Annette Widmann-Mauz Michael Kauch Dr. Hermann Otto Solms Christian Schmidt (Fürth) Klaus-Peter Willsch Dr. Lutz Knopek Joachim Spatz Patrick Schnieder Elisabeth Winkelmeier- Pascal Kober Dr. Max Stadler Dr. Andreas Schockenhoff Becker Dr. Heinrich L. Kolb Torsten Staffeldt Dr. Ole Schröder Dagmar Wöhrl Gudrun Kopp Dr. Rainer Stinner Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Matthias Zimmer Dr. h. c. Jürgen Koppelin Stephan Thomae Wolfgang Zöller Uwe Schummer Sebastian Körber Florian Toncar Willi Zylajew Armin Schuster (Weil am Holger Krestel Serkan Tören Rhein) Patrick Kurth (Kyffhäuser) Johannes Vogel FDP (B) Detlef Seif Heinz Lanfermann (Lüdenscheid) (D) Johannes Selle Jens Ackermann Sibylle Laurischk Dr. Daniel Volk Reinhold Sendker Christian Ahrendt Harald Leibrecht Dr. Claudia Winterstein Dr. Patrick Sensburg Christine Aschenberg- Sabine Leutheusser- Dr. Volker Wissing Bernd Siebert Dugnus Schnarrenberger Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Thomas Silberhorn Daniel Bahr (Münster) Christian Lindner Johannes Singhammer Florian Bernschneider Dr. Martin Lindner (Berlin) Jens Spahn Sebastian Blumenthal Michael Link (Heilbronn) Enthalten Carola Stauche Claudia Bögel Dr. Erwin Lotter CDU/CSU Dr. Frank Steffel Nicole Bracht-Bendt Oliver Luksic Erika Steinbach Klaus Breil Horst Meierhofer Dr. Norbert Lammert

Anlage 30 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3529) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung § 7 d) (Tagesord- nungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Ja Doris Barnett Lothar Binding (Heidelberg) Abgegebene Stimmen: 585; Dr. Hans-Peter Bartels Gerd Bollmann davon SPD Klaus Barthel Klaus Brandner ja: 268 Sören Bartol Willi Brase Ingrid Arndt-Brauer Bärbel Bas nein: 317 Bernhard Brinkmann Rainer Arnold Dirk Becker (Hildesheim) Heinz-Joachim Barchmann Uwe Beckmeyer Edelgard Bulmahn 7426 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Marco Bülow Thomas Oppermann Dr. Diether Dehm Dr. Thomas Gambke (C) Ulla Burchardt Holger Ortel Heidrun Dittrich Kai Gehring Martin Burkert Aydan Özoğuz Werner Dreibus Katrin Göring-Eckardt Petra Crone Heinz Paula Dr. Dagmar Enkelmann Britta Haßelmann Dr. Peter Danckert Johannes Pflug Klaus Ernst Bettina Herlitzius Martin Dörmann Joachim Poß Wolfgang Gehrcke Winfried Hermann Elvira Drobinski-Weiß Dr. Wilhelm Priesmeier Nicole Gohlke Priska Hinz (Herborn) Garrelt Duin Florian Pronold Annette Groth Ulrike Höfken Sebastian Edathy Dr. Sascha Raabe Dr. Gregor Gysi Dr. Anton Hofreiter Siegmund Ehrmann Mechthild Rawert Heike Hänsel Bärbel Höhn Dr. h. c. Gernot Erler Gerold Reichenbach Dr. Rosemarie Hein Ingrid Hönlinger Petra Ernstberger Dr. Carola Reimann Inge Höger Thilo Hoppe Karin Evers-Meyer Sönke Rix Dr. Barbara Höll Uwe Kekeritz Elke Ferner René Röspel Andrej Hunko Katja Keul Gabriele Fograscher Dr. Ernst Dieter Rossmann Ulla Jelpke Memet Kilic Dr. Edgar Franke Karin Roth (Esslingen) Dr. Lukrezia Jochimsen Sven-Christian Kindler Peter Friedrich Marlene Rupprecht Katja Kipping Maria Klein-Schmeink Sigmar Gabriel (Tuchenbach) Harald Koch Ute Koczy Michael Gerdes Anton Schaaf Jan Korte Tom Koenigs Martin Gerster Axel Schäfer (Bochum) Katrin Kunert Sylvia Kotting-Uhl Iris Gleicke Bernd Scheelen Caren Lay Oliver Krischer Ulrike Gottschalck Marianne Schieder Ralph Lenkert Agnes Krumwiede Angelika Graf (Rosenheim) (Schwandorf) Michael Leutert Fritz Kuhn Michael Groschek Werner Schieder (Weiden) Stefan Liebich Stephan Kühn Michael Groß Ulla Schmidt (Aachen) Ulla Lötzer Renate Künast Hans-Joachim Hacker Silvia Schmidt (Eisleben) Dr. Gesine Lötzsch Markus Kurth Bettina Hagedorn Carsten Schneider (Erfurt) Thomas Lutze Undine Kurth (Quedlinburg) Klaus Hagemann Olaf Scholz Ulrich Maurer Monika Lazar Hubertus Heil (Peine) Swen Schulz (Spandau) Dorothée Menzner Nicole Maisch Rolf Hempelmann Ewald Schurer Cornelia Möhring Agnes Malczak Dr. Barbara Hendricks Frank Schwabe Kornelia Möller Jerzy Montag Gustav Herzog Dr. Martin Schwanholz Niema Movassat Kerstin Müller (Köln) Gabriele Hiller-Ohm Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Beate Müller-Gemmeke Petra Hinz (Essen) Stefan Schwartze Thomas Nord Ingrid Nestle Dr. Konstantin von Notz Frank Hofmann (Volkach) Dr. Carsten Sieling Petra Pau (B) Omid Nouripour (D) Dr. Eva Högl Sonja Steffen Jens Petermann Friedrich Ostendorff Christel Humme Peer Steinbrück Richard Pitterle Dr. Hermann Ott Josip Juratovic Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Brigitte Pothmer Oliver Kaczmarek Christoph Strässer Paul Schäfer (Köln) Tabea Rößner Johannes Kahrs Kerstin Tack Michael Schlecht Krista Sager Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Herbert Schui Manuel Sarrazin Ulrich Kelber Franz Thönnes Dr. Ilja Seifert Wolfgang Tiefensee Raju Sharma Elisabeth Scharfenberg Lars Klingbeil Christine Scheel Hans-Ulrich Klose Rüdiger Veit Dr. Petra Sitte Ute Vogt Kersten Steinke Dr. Gerhard Schick Dr. Bärbel Kofler Dr. Frithjof Schmidt Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Marlies Volkmer Sabine Stüber Andrea Wicklein Alexander Süßmair Dorothea Steiner Fritz Rudolf Körper Dr. Wolfgang Strengmann- Anette Kramme Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Kirsten Tackmann Waltraud Wolff Frank Tempel Kuhn Nicolette Kressl Hans-Christian Ströbele Angelika Krüger-Leißner (Wolmirstedt) Alexander Ulrich Uta Zapf Kathrin Vogler Dr. Harald Terpe Ute Kumpf Markus Tressel Christine Lambrecht Dagmar Ziegler Halina Wawzyniak Manfred Zöllmer Harald Weinberg Jürgen Trittin Christian Lange (Backnang) Daniela Wagner Dr. Karl Lauterbach Brigitte Zypries Katrin Werner Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland Steffen-Claudio Lemme Dr. Valerie Wilms Burkhard Lischka DIE LINKE BÜNDNIS 90/ Josef Philip Winkler Gabriele Lösekrug-Möller Jan van Aken DIE GRÜNEN Kirsten Lühmann Agnes Alpers Caren Marks Dr. Dietmar Bartsch Kerstin Andreae Nein Katja Mast Herbert Behrens Marieluise Beck (Bremen) CDU/CSU Hilde Mattheis Matthias W. Birkwald Volker Beck (Köln) Petra Merkel (Berlin) Heidrun Bluhm Cornelia Behm Ilse Aigner Ullrich Meßmer Steffen Bockhahn Birgitt Bender Peter Altmaier Dr. Matthias Miersch Christine Buchholz Alexander Bonde Peter Aumer Franz Müntefering Eva Bulling-Schröter Viola von Cramon-Taubadel Dorothee Bär Dr. Rolf Mützenich Dr. Martina Bunge Ekin Deligöz Thomas Bareiß Andrea Nahles Roland Claus Katja Dörner Norbert Barthle Manfred Nink Sevim Dağdelen Hans-Josef Fell Günter Baumann Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7427

(A) Ernst-Reinhard Beck Dr. Matthias Heider Dr. h. c. Hans Michelbach Thomas Strobl (Heilbronn) (C) (Reutlingen) Mechthild Heil Dr. Mathias Middelberg Lena Strothmann Manfred Behrens (Börde) Frank Heinrich Philipp Mißfelder Michael Stübgen Veronika Bellmann Rudolf Henke Dietrich Monstadt Dr. Peter Tauber Dr. Christoph Bergner Michael Hennrich Marlene Mortler Antje Tillmann Peter Beyer Jürgen Herrmann Dr. Gerd Müller Dr. Hans-Peter Uhl Steffen Bilger Ansgar Heveling Stefan Müller (Erlangen) Arnold Vaatz Clemens Binninger Ernst Hinsken Nadine Schön (St. Wendel) Volkmar Vogel (Kleinsaara) Peter Bleser Peter Hintze Dr. Philipp Murmann Stefanie Vogelsang Dr. Maria Böhmer Christian Hirte Bernd Neumann (Bremen) Andrea Astrid Voßhoff Wolfgang Börnsen Robert Hochbaum Michaela Noll Dr. Johann Wadephul (Bönstrup) Karl Holmeier Dr. Georg Nüßlein Marco Wanderwitz Wolfgang Bosbach Franz-Josef Holzenkamp Franz Obermeier Kai Wegner Norbert Brackmann Joachim Hörster Henning Otte Marcus Weinberg (Hamburg) Klaus Brähmig Anette Hübinger Dr. Michael Paul Peter Weiß (Emmendingen) Michael Brand Thomas Jarzombek Ulrich Petzold Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Reinhard Brandl Dieter Jasper Dr. Joachim Pfeiffer Ingo Wellenreuther Helmut Brandt Dr. Franz Josef Jung Sibylle Pfeiffer Karl-Georg Wellmann Dr. Ralf Brauksiepe Andreas Jung (Konstanz) Beatrix Philipp Peter Wichtel Dr. Helge Braun Dr. Egon Jüttner Ronald Pofalla Annette Widmann-Mauz Heike Brehmer Bartholomäus Kalb Christoph Poland Klaus-Peter Willsch Ralph Brinkhaus Hans-Werner Kammer Eckhard Pols Elisabeth Winkelmeier- Gitta Connemann Steffen Kampeter Daniela Raab Becker Leo Dautzenberg Alois Karl Thomas Rachel Dagmar Wöhrl Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer Thomas Dörflinger Siegfried Kauder (Villingen- Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Marie-Luise Dött Schwenningen) Lothar Riebsamen Willi Zylajew Dr. Thomas Feist Volker Kauder Josef Rief Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Klaus Riegert FDP Ingrid Fischbach Roderich Kiesewetter Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Hartwig Fischer (Göttingen) Eckart von Klaeden Johannes Röring Christian Ahrendt Dirk Fischer (Hamburg) Ewa Klamt Dr. Norbert Röttgen Christine Aschenberg- Axel E. Fischer (Karlsruhe- Volkmar Klein Dr. Christian Ruck Dugnus Land) Jürgen Klimke Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) (B) Dr. Maria Flachsbarth Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider (D) Klaus-Peter Flosbach Axel Knoerig Anita Schäfer (Saalstadt) Sebastian Blumenthal Herbert Frankenhauser Jens Koeppen Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Kristina Schröder Dr. Annette Schavan Nicole Bracht-Bendt (Hof) Manfred Kolbe Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Michael Frieser Dr. Rolf Koschorrek Karl Schiewerling Rainer Brüderle Erich G. Fritz Hartmut Koschyk Norbert Schindler Angelika Brunkhorst Dr. Michael Fuchs Thomas Kossendey Tankred Schipanski Ernst Burgbacher Hans-Joachim Fuchtel Michael Kretschmer Georg Schirmbeck Marco Buschmann Alexander Funk Dr. Günter Krings Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Ingo Gädechens Rüdiger Kruse Patrick Schnieder Helga Daub Dr. Thomas Gebhart Bettina Kudla Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Norbert Geis Dr. Hermann Kues Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Alois Gerig Günter Lach Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Eberhard Gienger Dr. Karl A. Lamers Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Michael Glos (Heidelberg) Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Josef Göppel Andreas G. Lämmel Rhein) Jörg van Essen Peter Götz Dr. Norbert Lammert Detlef Seif Ulrike Flach Dr. Wolfgang Götzer Katharina Landgraf Johannes Selle Otto Fricke Ute Granold Ulrich Lange Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Reinhard Grindel Dr. Max Lehmer Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Hermann Gröhe Paul Lehrieder Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann Michael Grosse-Brömer Dr. Ursula von der Leyen Thomas Silberhorn Heinz Golombeck Markus Grübel Ingbert Liebing Johannes Singhammer Miriam Gruß Manfred Grund Matthias Lietz Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Monika Grütters Dr. Carsten Linnemann Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Karl-Theodor Freiherr Patricia Lips Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein zu Guttenberg Dr. Jan-Marco Luczak Erika Steinbach Manuel Höferlin Olav Gutting Karin Maag Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Florian Hahn Hans-Georg von der Marwitz Dieter Stier Birgit Homburger Holger Haibach Andreas Mattfeldt Gero Storjohann Heiner Kamp Dr. Stephan Harbarth Stephan Mayer (Altötting) Stephan Stracke Michael Kauch Jürgen Hardt Dr. Michael Meister Max Straubinger Dr. Lutz Knopek Gerda Hasselfeldt Maria Michalk Karin Strenz Pascal Kober 7428 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Dr. Heinrich L. Kolb Dr. Erwin Lotter Gisela Piltz Dr. Hermann Otto Solms (C) Gudrun Kopp Oliver Luksic Dr. Christiane Ratjen- Joachim Spatz Dr. h. c. Jürgen Koppelin Horst Meierhofer Damerau Dr. Max Stadler Sebastian Körber Patrick Meinhardt Dr. Birgit Reinemund Torsten Staffeldt Holger Krestel Gabriele Molitor Dr. Peter Röhlinger Dr. Rainer Stinner Patrick Kurth (Kyffhäuser) Jan Mücke Dr. Stefan Ruppert Stephan Thomae Heinz Lanfermann Petra Müller (Aachen) Björn Sänger Florian Toncar Sibylle Laurischk Burkhardt Müller-Sönksen Frank Schäffler Harald Leibrecht Dr. Martin Neumann Christoph Schnurr Serkan Tören Sabine Leutheusser- (Lausitz) Jimmy Schulz Johannes Vogel Schnarrenberger Dirk Niebel Marina Schuster (Lüdenscheid) Christian Lindner Hans-Joachim Otto Dr. Erik Schweickert Dr. Daniel Volk Dr. Martin Lindner (Berlin) (Frankfurt) Werner Simmling Dr. Claudia Winterstein Michael Link (Heilbronn) Cornelia Pieper Judith Skudelny Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 31 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag (Drucksache 17/3530) der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP: Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes (Streichung Enteignung) (Tages- ordnungspunkt 4 a)

Endgültiges Ergebnis Dr. h. c. Gernot Erler Anette Kramme Marlene Rupprecht Abgegebene Stimmen: 590; Petra Ernstberger Nicolette Kressl (Tuchenbach) davon Karin Evers-Meyer Angelika Krüger-Leißner Anton Schaaf Elke Ferner Ute Kumpf Axel Schäfer (Bochum) ja: 271 (B) Gabriele Fograscher Christine Lambrecht Bernd Scheelen (D) nein: 319 Dr. Edgar Franke Christian Lange (Backnang) Marianne Schieder Peter Friedrich Dr. Karl Lauterbach (Schwandorf) Ja Sigmar Gabriel Steffen-Claudio Lemme Werner Schieder (Weiden) Michael Gerdes Burkhard Lischka Ulla Schmidt (Aachen) SPD Martin Gerster Gabriele Lösekrug-Möller Silvia Schmidt (Eisleben) Iris Gleicke Kirsten Lühmann Carsten Schneider (Erfurt) Ingrid Arndt-Brauer Ulrike Gottschalck Caren Marks Olaf Scholz Rainer Arnold Angelika Graf (Rosenheim) Katja Mast Heinz-Joachim Barchmann Kerstin Griese Hilde Mattheis Swen Schulz (Spandau) Doris Barnett Michael Groschek Petra Merkel (Berlin) Ewald Schurer Dr. Hans-Peter Bartels Michael Groß Ullrich Meßmer Frank Schwabe Klaus Barthel Hans-Joachim Hacker Dr. Matthias Miersch Dr. Martin Schwanholz Sören Bartol Bettina Hagedorn Franz Müntefering Rolf Schwanitz Bärbel Bas Klaus Hagemann Dr. Rolf Mützenich Stefan Schwartze Dirk Becker Hubertus Heil (Peine) Andrea Nahles Dr. Carsten Sieling Uwe Beckmeyer Rolf Hempelmann Manfred Nink Sonja Steffen Lothar Binding (Heidelberg) Dr. Barbara Hendricks Thomas Oppermann Peer Steinbrück Gerd Bollmann Gustav Herzog Holger Ortel Dr. Frank-Walter Steinmeier Klaus Brandner Gabriele Hiller-Ohm Aydan Özoğuz Christoph Strässer Willi Brase Petra Hinz (Essen) Heinz Paula Kerstin Tack Bernhard Brinkmann Frank Hofmann (Volkach) Johannes Pflug Dr. h. c. Wolfgang Thierse (Hildesheim) Dr. Eva Högl Joachim Poß Franz Thönnes Edelgard Bulmahn Christel Humme Dr. Wilhelm Priesmeier Wolfgang Tiefensee Marco Bülow Josip Juratovic Florian Pronold Rüdiger Veit Ulla Burchardt Oliver Kaczmarek Dr. Sascha Raabe Martin Burkert Johannes Kahrs Mechthild Rawert Ute Vogt Petra Crone Dr. h. c. Susanne Kastner Gerold Reichenbach Dr. Marlies Volkmer Dr. Peter Danckert Ulrich Kelber Dr. Carola Reimann Andrea Wicklein Martin Dörmann Lars Klingbeil Sönke Rix Heidemarie Wieczorek-Zeul Elvira Drobinski-Weiß Hans-Ulrich Klose René Röspel Uta Zapf Garrelt Duin Dr. Bärbel Kofler Dr. Ernst Dieter Rossmann Dagmar Ziegler Sebastian Edathy Daniela Kolbe (Leipzig) Karin Roth (Esslingen) Manfred Zöllmer Siegmund Ehrmann Fritz Rudolf Körper Michael Roth (Heringen) Brigitte Zypries Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7429

(A) DIE LINKE BÜNDNIS 90/ Dr. Valerie Wilms Hermann Gröhe (C) DIE GRÜNEN Josef Philip Winkler Michael Grosse-Brömer Jan van Aken Markus Grübel Agnes Alpers Kerstin Andreae Manfred Grund Dr. Dietmar Bartsch Marieluise Beck (Bremen) Nein Monika Grütters Herbert Behrens Volker Beck (Köln) Dr. Karl-Theodor Freiherr Matthias W. Birkwald Cornelia Behm CDU/CSU zu Guttenberg Heidrun Bluhm Birgitt Bender Ilse Aigner Steffen Bockhahn Olav Gutting Alexander Bonde Peter Altmaier Christine Buchholz Florian Hahn Viola von Cramon-Taubadel Peter Aumer Eva Bulling-Schröter Holger Haibach Ekin Deligöz Dorothee Bär Dr. Martina Bunge Dr. Stephan Harbarth Katja Dörner Thomas Bareiß Roland Claus Jürgen Hardt Hans-Josef Fell Norbert Barthle Sevim Dağdelen Gerda Hasselfeldt Dr. Thomas Gambke Günter Baumann Dr. Diether Dehm Dr. Matthias Heider Kai Gehring Ernst-Reinhard Beck Heidrun Dittrich Mechthild Heil Katrin Göring-Eckardt (Reutlingen) Werner Dreibus Frank Heinrich Britta Haßelmann Manfred Behrens (Börde) Dr. Dagmar Enkelmann Rudolf Henke Bettina Herlitzius Veronika Bellmann Klaus Ernst Michael Hennrich Winfried Hermann Dr. Christoph Bergner Wolfgang Gehrcke Priska Hinz (Herborn) Jürgen Herrmann Nicole Gohlke Peter Beyer Ansgar Heveling Ulrike Höfken Steffen Bilger Annette Groth Dr. Anton Hofreiter Ernst Hinsken Dr. Gregor Gysi Clemens Binninger Peter Hintze Bärbel Höhn Peter Bleser Heike Hänsel Ingrid Hönlinger Christian Hirte Dr. Rosemarie Hein Dr. Maria Böhmer Robert Hochbaum Thilo Hoppe Wolfgang Börnsen Inge Höger Uwe Kekeritz Karl Holmeier Dr. Barbara Höll (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Katja Keul Wolfgang Bosbach Andrej Hunko Joachim Hörster Memet Kilic Norbert Brackmann Ulla Jelpke Anette Hübinger Sven-Christian Kindler Klaus Brähmig Dr. Lukrezia Jochimsen Thomas Jarzombek Maria Klein-Schmeink Michael Brand Katja Kipping Dieter Jasper Ute Koczy Dr. Reinhard Brandl Harald Koch Tom Koenigs Dr. Franz Josef Jung Jan Korte Helmut Brandt Sylvia Kotting-Uhl Andreas Jung (Konstanz) Katrin Kunert Dr. Ralf Brauksiepe Oliver Krischer Dr. Egon Jüttner Caren Lay Dr. Helge Braun Agnes Krumwiede Bartholomäus Kalb Ralph Lenkert Heike Brehmer Fritz Kuhn Hans-Werner Kammer (B) Michael Leutert Ralph Brinkhaus (D) Stephan Kühn Steffen Kampeter Stefan Liebich Gitta Connemann Renate Künast Alois Karl Ulla Lötzer Leo Dautzenberg Markus Kurth Alexander Dobrindt Bernhard Kaster Dr. Gesine Lötzsch Siegfried Kauder (Villingen- Thomas Lutze Undine Kurth (Quedlinburg) Thomas Dörflinger Monika Lazar Marie-Luise Dött Schwenningen) Ulrich Maurer Volker Kauder Dorothée Menzner Nicole Maisch Dr. Thomas Feist Agnes Malczak Enak Ferlemann Dr. Stefan Kaufmann Cornelia Möhring Roderich Kiesewetter Kornelia Möller Jerzy Montag Ingrid Fischbach Eckart von Klaeden Niema Movassat Kerstin Müller (Köln) Hartwig Fischer (Göttingen) Ewa Klamt Wolfgang Nešković Beate Müller-Gemmeke Dirk Fischer (Hamburg) Jürgen Klimke Thomas Nord Ingrid Nestle Axel E. Fischer (Karlsruhe- Julia Klöckner Petra Pau Dr. Konstantin von Notz Land) Jens Petermann Omid Nouripour Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Richard Pitterle Friedrich Ostendorff Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Yvonne Ploetz Dr. Hermann Ott Herbert Frankenhauser Dr. Kristina Schröder Ingrid Remmers Brigitte Pothmer Dr. Hans-Peter Friedrich Manfred Kolbe Paul Schäfer (Köln) Tabea Rößner (Hof) Dr. Rolf Koschorrek Michael Schlecht Claudia Roth (Augsburg) Michael Frieser Hartmut Koschyk Dr. Herbert Schui Krista Sager Erich G. Fritz Thomas Kossendey Dr. Ilja Seifert Manuel Sarrazin Dr. Michael Fuchs Michael Kretschmer Raju Sharma Elisabeth Scharfenberg Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Dr. Petra Sitte Christine Scheel Alexander Funk Rüdiger Kruse Kersten Steinke Dr. Gerhard Schick Ingo Gädechens Bettina Kudla Sabine Stüber Dr. Frithjof Schmidt Dr. Thomas Gebhart Dr. Hermann Kues Alexander Süßmair Dorothea Steiner Norbert Geis Günter Lach Dr. Kirsten Tackmann Dr. Wolfgang Strengmann- Alois Gerig Dr. Karl A. Lamers Frank Tempel Kuhn Eberhard Gienger (Heidelberg) Alexander Ulrich Hans-Christian Ströbele Michael Glos Andreas G. Lämmel Kathrin Vogler Dr. Harald Terpe Josef Göppel Dr. Norbert Lammert Halina Wawzyniak Markus Tressel Peter Götz Katharina Landgraf Harald Weinberg Jürgen Trittin Dr. Wolfgang Götzer Ulrich Lange Katrin Werner Daniela Wagner Ute Granold Dr. Max Lehmer Jörn Wunderlich Wolfgang Wieland Reinhard Grindel Paul Lehrieder 7430 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Dr. Ursula von der Leyen Dr. Andreas Scheuer Dagmar Wöhrl Patrick Kurth (Kyffhäuser) (C) Ingbert Liebing Karl Schiewerling Dr. Matthias Zimmer Heinz Lanfermann Matthias Lietz Norbert Schindler Wolfgang Zöller Sibylle Laurischk Dr. Carsten Linnemann Tankred Schipanski Willi Zylajew Harald Leibrecht Patricia Lips Georg Schirmbeck Sabine Leutheusser- Dr. Jan-Marco Luczak Christian Schmidt (Fürth) FDP Schnarrenberger Dr. Michael Luther Patrick Schnieder Jens Ackermann Lars Lindemann Karin Maag Dr. Andreas Schockenhoff Christian Lindner Hans-Georg von der Marwitz Dr. Ole Schröder Christian Ahrendt Christine Aschenberg- Dr. Martin Lindner (Berlin) Andreas Mattfeldt Bernhard Schulte-Drüggelte Dr. Erwin Lotter Stephan Mayer (Altötting) Uwe Schummer Dugnus Daniel Bahr (Münster) Oliver Luksic Dr. Michael Meister Armin Schuster (Weil am Horst Meierhofer Maria Michalk Rhein) Florian Bernschneider Sebastian Blumenthal Patrick Meinhardt Dr. Mathias Middelberg Detlef Seif Gabriele Molitor Philipp Mißfelder Johannes Selle Claudia Bögel Nicole Bracht-Bendt Jan Mücke Dietrich Monstadt Reinhold Sendker Petra Müller (Aachen) Marlene Mortler Dr. Patrick Sensburg Klaus Breil Rainer Brüderle Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Gerd Müller Thomas Silberhorn Dr. Martin Neumann Stefan Müller (Erlangen) Johannes Singhammer Angelika Brunkhorst Ernst Burgbacher (Lausitz) Nadine Schön (St. Wendel) Jens Spahn Dirk Niebel Dr. Philipp Murmann Carola Stauche Marco Buschmann Sylvia Canel Hans-Joachim Otto Bernd Neumann (Bremen) Dr. Frank Steffel (Frankfurt) Michaela Noll Erika Steinbach Helga Daub Reiner Deutschmann Cornelia Pieper Dr. Georg Nüßlein Christian Freiherr von Stetten Gisela Piltz Franz Obermeier Dieter Stier Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Christiane Ratjen- Henning Otte Gero Storjohann Patrick Döring Damerau Dr. Michael Paul Stephan Stracke Mechthild Dyckmans Dr. Birgit Reinemund Rita Pawelski Max Straubinger Rainer Erdel Dr. Peter Röhlinger Ulrich Petzold Karin Strenz Jörg van Essen Dr. Stefan Ruppert Dr. Joachim Pfeiffer Thomas Strobl (Heilbronn) Ulrike Flach Sibylle Pfeiffer Lena Strothmann Otto Fricke Björn Sänger Beatrix Philipp Michael Stübgen Dr. Edmund Peter Geisen Frank Schäffler Ronald Pofalla Dr. Peter Tauber Dr. Wolfgang Gerhardt Christoph Schnurr Christoph Poland Antje Tillmann Hans-Michael Goldmann Jimmy Schulz Ruprecht Polenz Dr. Hans-Peter Uhl Heinz Golombeck Marina Schuster (B) Eckhard Pols Arnold Vaatz Miriam Gruß Dr. Erik Schweickert (D) Daniela Raab Volkmar Vogel (Kleinsaara) Joachim Günther (Plauen) Werner Simmling Thomas Rachel Stefanie Vogelsang Dr. Christel Happach-Kasan Judith Skudelny Eckhardt Rehberg Andrea Astrid Voßhoff Heinz-Peter Haustein Dr. Hermann Otto Solms Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Johann Wadephul Manuel Höferlin Joachim Spatz Lothar Riebsamen Marco Wanderwitz Elke Hoff Dr. Max Stadler Josef Rief Kai Wegner Birgit Homburger Torsten Staffeldt Klaus Riegert Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Werner Hoyer Dr. Rainer Stinner Dr. Heinz Riesenhuber Peter Weiß (Emmendingen) Heiner Kamp Stephan Thomae Johannes Röring Sabine Weiss (Wesel I) Michael Kauch Florian Toncar Dr. Norbert Röttgen Ingo Wellenreuther Dr. Lutz Knopek Serkan Tören Dr. Christian Ruck Karl-Georg Wellmann Pascal Kober Johannes Vogel Erwin Rüddel Peter Wichtel Dr. Heinrich L. Kolb (Lüdenscheid) Albert Rupprecht (Weiden) Annette Widmann-Mauz Gudrun Kopp Dr. Daniel Volk Anita Schäfer (Saalstadt) Klaus-Peter Willsch Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Claudia Winterstein Dr. Wolfgang Schäuble Elisabeth Winkelmeier- Sebastian Körber Dr. Volker Wissing Dr. Annette Schavan Becker Holger Krestel Hartfrid Wolff (Rems-Murr)

Anlage 32 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über den Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) (Tagesord- nungspunkt 7)

Endgültiges Ergebnis Ja Doris Barnett Uwe Beckmeyer Abgegebene Stimmen: 578; Dr. Hans-Peter Bartels Lothar Binding (Heidelberg) davon SPD Klaus Barthel Gerd Bollmann Klaus Brandner ja: 195 Ingrid Arndt-Brauer Sören Bartol Willi Brase nein: 319 Rainer Arnold Bärbel Bas Bernhard Brinkmann enthalten: 64 Heinz-Joachim Barchmann Dirk Becker (Hildesheim) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7431

(A) Edelgard Bulmahn Thomas Oppermann Dr. Dagmar Enkelmann Wolfgang Börnsen (C) Marco Bülow Holger Ortel Klaus Ernst (Bönstrup) Ulla Burchardt Aydan Özoğuz Wolfgang Gehrcke Wolfgang Bosbach Martin Burkert Heinz Paula Nicole Gohlke Norbert Brackmann Petra Crone Johannes Pflug Annette Groth Klaus Brähmig Dr. Peter Danckert Joachim Poß Dr. Gregor Gysi Michael Brand Martin Dörmann Dr. Wilhelm Priesmeier Heike Hänsel Dr. Reinhard Brandl Elvira Drobinski-Weiß Florian Pronold Dr. Rosemarie Hein Helmut Brandt Garrelt Duin Dr. Sascha Raabe Inge Höger Dr. Ralf Brauksiepe Sebastian Edathy Mechthild Rawert Dr. Barbara Höll Dr. Helge Braun Siegmund Ehrmann Gerold Reichenbach Andrej Hunko Heike Brehmer Petra Ernstberger Dr. Carola Reimann Ulla Jelpke Ralph Brinkhaus Karin Evers-Meyer Sönke Rix Dr. Lukrezia Jochimsen Gitta Connemann Elke Ferner René Röspel Katja Kipping Leo Dautzenberg Gabriele Fograscher Dr. Ernst Dieter Rossmann Harald Koch Thomas Dörflinger Dr. Edgar Franke Karin Roth (Esslingen) Katrin Kunert Marie-Luise Dött Peter Friedrich Michael Roth (Heringen) Caren Lay Dr. Thomas Feist Michael Gerdes Marlene Rupprecht Ralph Lenkert Enak Ferlemann Martin Gerster (Tuchenbach) Michael Leutert Ingrid Fischbach Iris Gleicke Anton Schaaf Stefan Liebich Hartwig Fischer (Göttingen) Ulrike Gottschalck Axel Schäfer (Bochum) Ulla Lötzer Dirk Fischer (Hamburg) Angelika Graf (Rosenheim) Bernd Scheelen Dr. Gesine Lötzsch Axel E. Fischer (Karlsruhe- Kerstin Griese Marianne Schieder Thomas Lutze Land) Michael Groschek (Schwandorf) Dorothée Menzner Dr. Maria Flachsbarth Michael Groß Werner Schieder (Weiden) Cornelia Möhring Klaus-Peter Flosbach Wolfgang Gunkel Ulla Schmidt (Aachen) Kornelia Möller Herbert Frankenhauser Hans-Joachim Hacker Silvia Schmidt (Eisleben) Niema Movassat Dr. Hans-Peter Friedrich Bettina Hagedorn Carsten Schneider (Erfurt) Wolfgang Nešković (Hof) Klaus Hagemann Swen Schulz (Spandau) Thomas Nord Michael Frieser Hubertus Heil (Peine) Ewald Schurer Petra Pau Erich G. Fritz Rolf Hempelmann Frank Schwabe Jens Petermann Dr. Michael Fuchs Dr. Barbara Hendricks Rolf Schwanitz Richard Pitterle Hans-Joachim Fuchtel Gustav Herzog Stefan Schwartze Yvonne Ploetz Alexander Funk Gabriele Hiller-Ohm Dr. Carsten Sieling Ingrid Remmers Ingo Gädechens Paul Schäfer (Köln) Petra Hinz (Essen) Sonja Steffen Dr. Thomas Gebhart (B) Michael Schlecht (D) Frank Hofmann (Volkach) Peer Steinbrück Norbert Geis Dr. Herbert Schui Dr. Eva Högl Christoph Strässer Alois Gerig Dr. Ilja Seifert Christel Humme Kerstin Tack Eberhard Gienger Raju Sharma Josip Juratovic Dr. h. c. Wolfgang Thierse Michael Glos Dr. Petra Sitte Oliver Kaczmarek Franz Thönnes Josef Göppel Sabine Stüber Johannes Kahrs Wolfgang Tiefensee Peter Götz Alexander Süßmair Dr. h. c. Susanne Kastner Rüdiger Veit Dr. Wolfgang Götzer Dr. Kirsten Tackmann Ulrich Kelber Ute Vogt Ute Granold Dr. Marlies Volkmer Alexander Ulrich Lars Klingbeil Kathrin Vogler Reinhard Grindel Dr. Bärbel Kofler Andrea Wicklein Hermann Gröhe Heidemarie Wieczorek-Zeul Halina Wawzyniak Daniela Kolbe (Leipzig) Harald Weinberg Michael Grosse-Brömer Fritz Rudolf Körper Waltraud Wolff Markus Grübel (Wolmirstedt) Katrin Werner Anette Kramme Jörn Wunderlich Manfred Grund Nicolette Kressl Uta Zapf Monika Grütters Angelika Krüger-Leißner Dagmar Ziegler Dr. Karl-Theodor Freiherr Ute Kumpf Manfred Zöllmer Nein zu Guttenberg Christine Lambrecht Brigitte Zypries Olav Gutting Christian Lange (Backnang) CDU/CSU Florian Hahn DIE LINKE Dr. Karl Lauterbach Ilse Aigner Holger Haibach Steffen-Claudio Lemme Jan van Aken Peter Altmaier Dr. Stephan Harbarth Burkhard Lischka Agnes Alpers Peter Aumer Jürgen Hardt Gabriele Lösekrug-Möller Herbert Behrens Thomas Bareiß Gerda Hasselfeldt Kirsten Lühmann Matthias W. Birkwald Norbert Barthle Dr. Matthias Heider Caren Marks Heidrun Bluhm Günter Baumann Mechthild Heil Katja Mast Steffen Bockhahn Ernst-Reinhard Beck Frank Heinrich Hilde Mattheis Christine Buchholz (Reutlingen) Rudolf Henke Petra Merkel (Berlin) Eva Bulling-Schröter Manfred Behrens (Börde) Michael Hennrich Ullrich Meßmer Dr. Martina Bunge Veronika Bellmann Jürgen Herrmann Dr. Matthias Miersch Roland Claus Dr. Christoph Bergner Ansgar Heveling Franz Müntefering Sevim Dağdelen Peter Beyer Ernst Hinsken Dr. Rolf Mützenich Dr. Diether Dehm Steffen Bilger Peter Hintze Andrea Nahles Heidrun Dittrich Clemens Binninger Christian Hirte Manfred Nink Werner Dreibus Peter Bleser Robert Hochbaum 7432 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Karl Holmeier Henning Otte Dr. Johann Wadephul Sabine Leutheusser- (C) Franz-Josef Holzenkamp Dr. Michael Paul Marco Wanderwitz Schnarrenberger Joachim Hörster Rita Pawelski Kai Wegner Lars Lindemann Anette Hübinger Ulrich Petzold Marcus Weinberg (Hamburg) Dr. Martin Lindner (Berlin) Thomas Jarzombek Dr. Joachim Pfeiffer Peter Weiß (Emmendingen) Michael Link (Heilbronn) Dieter Jasper Sibylle Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Erwin Lotter Dr. Franz Josef Jung Beatrix Philipp Ingo Wellenreuther Oliver Luksic Andreas Jung (Konstanz) Ronald Pofalla Karl-Georg Wellmann Horst Meierhofer Dr. Egon Jüttner Christoph Poland Peter Wichtel Patrick Meinhardt Bartholomäus Kalb Ruprecht Polenz Annette Widmann-Mauz Gabriele Molitor Hans-Werner Kammer Eckhard Pols Klaus-Peter Willsch Jan Mücke Steffen Kampeter Daniela Raab Elisabeth Winkelmeier- Petra Müller (Aachen) Alois Karl Thomas Rachel Becker Burkhardt Müller-Sönksen Bernhard Kaster Dr. Peter Ramsauer Dagmar Wöhrl Dr. Martin Neumann Volker Kauder Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer (Lausitz) Dr. Stefan Kaufmann Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dirk Niebel Roderich Kiesewetter Lothar Riebsamen Willi Zylajew Hans-Joachim Otto Eckart von Klaeden Josef Rief (Frankfurt) Ewa Klamt Klaus Riegert FDP Cornelia Pieper Vo l km a r K l e i n Dr. Heinz Riesenhuber Gisela Piltz Jens Ackermann Dr. Christiane Ratjen- Jürgen Klimke Johannes Röring Christian Ahrendt Julia Klöckner Dr. Norbert Röttgen Damerau Christine Aschenberg- Dr. Birgit Reinemund Axel Knoerig Dr. Christian Ruck Dugnus Jens Koeppen Erwin Rüddel Dr. Peter Röhlinger Daniel Bahr (Münster) Dr. Stefan Ruppert Dr. Kristina Schröder Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Manfred Kolbe Anita Schäfer (Saalstadt) Björn Sänger Sebastian Blumenthal Frank Schäffler Dr. Rolf Koschorrek Dr. Wolfgang Schäuble Claudia Bögel Hartmut Koschyk Dr. Annette Schavan Christoph Schnurr Nicole Bracht-Bendt Jimmy Schulz Thomas Kossendey Dr. Andreas Scheuer Klaus Breil Michael Kretschmer Karl Schiewerling Marina Schuster Rainer Brüderle Dr. Erik Schweickert Dr. Günter Krings Norbert Schindler Angelika Brunkhorst Rüdiger Kruse Tankred Schipanski Werner Simmling Ernst Burgbacher Judith Skudelny Bettina Kudla Georg Schirmbeck Marco Buschmann Dr. Hermann Kues Christian Schmidt (Fürth) Dr. Hermann Otto Solms Sylvia Canel Joachim Spatz Dr. Karl A. Lamers Patrick Schnieder (B) Helga Daub Dr. Max Stadler (D) (Heidelberg) Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Torsten Staffeldt Andreas G. Lämmel Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Rainer Stinner Dr. Norbert Lammert Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Stephan Thomae Katharina Landgraf Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Florian Toncar Ulrich Lange Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Serkan Tören Dr. Max Lehmer Rhein) Jörg van Essen Johannes Vogel Paul Lehrieder Detlef Seif Ulrike Flach (Lüdenscheid) Dr. Ursula von der Leyen Johannes Selle Otto Fricke Dr. Daniel Volk Ingbert Liebing Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen Dr. Guido Westerwelle Matthias Lietz Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Claudia Winterstein Dr. Carsten Linnemann Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann Dr. Volker Wissing Patricia Lips Thomas Silberhorn Heinz Golombeck Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Jan-Marco Luczak Johannes Singhammer Miriam Gruß Dr. Michael Luther Jens Spahn Joachim Günther (Plauen) Karin Maag Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Enthalten Hans-Georg von der Marwitz Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein Andreas Mattfeldt Erika Steinbach Manuel Höferlin BÜNDNIS 90/ Stephan Mayer (Altötting) Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff DIE GRÜNEN Dr. Michael Meister Dieter Stier Birgit Homburger Volker Beck (Köln) Maria Michalk Gero Storjohann Dr. Werner Hoyer Cornelia Behm Dr. h. c. Hans Michelbach Stephan Stracke Heiner Kamp Birgitt Bender Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Michael Kauch Alexander Bonde Philipp Mißfelder Karin Strenz Dr. Lutz Knopek Viola von Cramon-Taubadel Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) Pascal Kober Ekin Deligöz Marlene Mortler Lena Strothmann Dr. Heinrich L. Kolb Katja Dörner Dr. Gerd Müller Michael Stübgen Gudrun Kopp Hans-Josef Fell Stefan Müller (Erlangen) Dr. Peter Tauber Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dr. Thomas Gambke Nadine Schön (St. Wendel) Antje Tillmann Sebastian Körber Kai Gehring Dr. Philipp Murmann Dr. Hans-Peter Uhl Holger Krestel Katrin Göring-Eckardt Bernd Neumann (Bremen) Arnold Vaatz Patrick Kurth (Kyffhäuser) Britta Haßelmann Michaela Noll Volkmar Vogel (Kleinsaara) Heinz Lanfermann Bettina Herlitzius Dr. Georg Nüßlein Stefanie Vogelsang Sibylle Laurischk Winfried Hermann Franz Obermeier Andrea Astrid Voßhoff Harald Leibrecht Priska Hinz (Herborn) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7433

(A) Ulrike Höfken Oliver Krischer Ingrid Nestle Dr. Frithjof Schmidt (C) Dr. Anton Hofreiter Agnes Krumwiede Dr. Konstantin von Notz Dorothea Steiner Bärbel Höhn Fritz Kuhn Omid Nouripour Dr. Wolfgang Strengmann- Ingrid Hönlinger Stephan Kühn Friedrich Ostendorff Kuhn Thilo Hoppe Renate Künast Dr. Hermann Ott Hans-Christian Ströbele Uwe Kekeritz Markus Kurth Brigitte Pothmer Dr. Harald Terpe Katja Keul Undine Kurth (Quedlinburg) Tabea Rößner Markus Tressel Memet Kilic Monika Lazar Claudia Roth (Augsburg) Daniela Wagner Sven-Christian Kindler Nicole Maisch Krista Sager Wolfgang Wieland Maria Klein-Schmeink Agnes Malczak Manuel Sarrazin Dr. Valerie Wilms Ute Koczy Jerzy Montag Elisabeth Scharfenberg Josef Philip Winkler Tom Koenigs Kerstin Müller (Köln) Christine Scheel Sylvia Kotting-Uhl Beate Müller-Gemmeke Dr. Gerhard Schick

Anlage 33 Endgültiges Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) (Tages- ordnungspunkt 9)

Endgültiges Ergebnis Dr. Edgar Franke Gabriele Lösekrug-Möller Rolf Schwanitz Abgegebene Stimmen: 558; Peter Friedrich Kirsten Lühmann Stefan Schwartze davon Michael Gerdes Caren Marks Dr. Carsten Sieling Martin Gerster Katja Mast Sonja Steffen ja: 242 Iris Gleicke Hilde Mattheis Peer Steinbrück nein: 316 Ulrike Gottschalck Petra Merkel (Berlin) Dr. Frank-Walter Steinmeier Christoph Strässer (B) Angelika Graf (Rosenheim) Ullrich Meßmer (D) Ja Kerstin Griese Dr. Matthias Miersch Kerstin Tack Michael Groschek Franz Müntefering Dr. h. c. Wolfgang Thierse SPD Michael Groß Dr. Rolf Mützenich Franz Thönnes Wolfgang Tiefensee Ingrid Arndt-Brauer Wolfgang Gunkel Manfred Nink Hans-Joachim Hacker Holger Ortel Rüdiger Veit Rainer Arnold Ute Vogt Heinz-Joachim Barchmann Bettina Hagedorn Aydan Özoguz Klaus Hagemann Heinz Paula Dr. Marlies Volkmer Doris Barnett Andrea Wicklein Dr. Hans-Peter Bartels Hubertus Heil (Peine) Johannes Pflug Heidemarie Wieczorek-Zeul Klaus Barthel Rolf Hempelmann Joachim Poß Waltraud Wolff Sören Bartol Dr. Barbara Hendricks Dr. Wilhelm Priesmeier (Wolmirstedt) Bärbel Bas Gustav Herzog Florian Pronold Uta Zapf Dirk Becker Gabriele Hiller-Ohm Dr. Sascha Raabe Dagmar Ziegler Lothar Binding (Heidelberg) Petra Hinz (Essen) Mechthild Rawert Manfred Zöllmer Gerd Bollmann Frank Hofmann (Volkach) Gerold Reichenbach Brigitte Zypries Klaus Brandner Dr. Eva Högl Dr. Carola Reimann Willi Brase Christel Humme Sönke Rix DIE LINKE Bernhard Brinkmann Josip Juratovic René Röspel (Hildesheim) Oliver Kaczmarek Dr. Ernst Dieter Rossmann Jan van Aken Edelgard Bulmahn Johannes Kahrs Karin Roth (Esslingen) Agnes Alpers Marco Bülow Dr. h. c. Susanne Kastner Michael Roth (Heringen) Herbert Behrens Ulla Burchardt Ulrich Kelber Marlene Rupprecht Matthias W. Birkwald Martin Burkert Lars Klingbeil (Tuchenbach) Heidrun Bluhm Petra Crone Dr. Bärbel Kofler Anton Schaaf Steffen Bockhahn Dr. Peter Danckert Fritz Rudolf Körper Bernd Scheelen Christine Buchholz Martin Dörmann Anette Kramme Marianne Schieder Eva Bulling-Schröter Elvira Drobinski-Weiß Nicolette Kressl (Schwandorf) Dr. Martina Bunge Garrelt Duin Angelika Krüger-Leißner Werner Schieder (Weiden) Roland Claus Sebastian Edathy Ute Kumpf Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Diether Dehm Siegmund Ehrmann Christine Lambrecht Silvia Schmidt (Eisleben) Heidrun Dittrich Petra Ernstberger Christian Lange (Backnang) Carsten Schneider (Erfurt) Werner Dreibus Karin Evers-Meyer Dr. Karl Lauterbach Swen Schulz (Spandau) Dr. Dagmar Enkelmann Elke Ferner Steffen-Claudio Lemme Ewald Schurer Wolfgang Gehrcke Gabriele Fograscher Burkhard Lischka Frank Schwabe Annette Groth 7434 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Dr. Gregor Gysi Oliver Krischer Marie-Luise Dött Dr. Stefan Kaufmann (C) Dr. Rosemarie Hein Agnes Krumwiede Dr. Thomas Feist Roderich Kiesewetter Inge Höger Stephan Kühn Enak Ferlemann Eckart von Klaeden Dr. Barbara Höll Renate Künast Ingrid Fischbach Ewa Klamt Andrej Hunko Markus Kurth Hartwig Fischer (Göttingen) Volkmar Klein Ulla Jelpke Undine Kurth (Quedlinburg) Dirk Fischer (Hamburg) Jürgen Klimke Katja Kipping Monika Lazar Axel E. Fischer (Karlsruhe- Julia Klöckner Harald Koch Nicole Maisch Land) Axel Knoerig Ralph Lenkert Agnes Malczak Dr. Maria Flachsbarth Jens Koeppen Michael Leutert Jerzy Montag Klaus-Peter Flosbach Dr. Kristina Schröder Stefan Liebich Kerstin Müller (Köln) Herbert Frankenhauser Manfred Kolbe Ulla Lötzer Beate Müller-Gemmeke Dr. Hans-Peter Friedrich Dr. Rolf Koschorrek Dr. Gesine Lötzsch Ingrid Nestle (Hof) Hartmut Koschyk Thomas Lutze Dr. Konstantin von Notz Michael Frieser Thomas Kossendey Dorothée Menzner Omid Nouripour Erich G. Fritz Michael Kretschmer Cornelia Möhring Friedrich Ostendorff Dr. Michael Fuchs Dr. Günter Krings Kornelia Möller Brigitte Pothmer Hans-Joachim Fuchtel Rüdiger Kruse Niema Movassat Tabea Rößner Alexander Funk Bettina Kudla Wolfgang Nešković Claudia Roth (Augsburg) Ingo Gädechens Dr. Hermann Kues Jens Petermann Krista Sager Dr. Thomas Gebhart Dr. Karl A. Lamers Richard Pitterle Manuel Sarrazin Norbert Geis (Heidelberg) Yvonne Ploetz Elisabeth Scharfenberg Alois Gerig Andreas G. Lämmel Ingrid Remmers Christine Scheel Eberhard Gienger Dr. Norbert Lammert Paul Schäfer (Köln) Dr. Gerhard Schick Michael Glos Katharina Landgraf Dr. Herbert Schui Dr. Frithjof Schmidt Josef Göppel Ulrich Lange Dr. Ilja Seifert Dorothea Steiner Peter Götz Dr. Max Lehmer Raju Sharma Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Wolfgang Götzer Paul Lehrieder Dr. Petra Sitte Kuhn Ute Granold Dr. Ursula von der Leyen Sabine Stüber Hans-Christian Ströbele Reinhard Grindel Ingbert Liebing Alexander Süßmair Dr. Harald Terpe Hermann Gröhe Matthias Lietz Dr. Kirsten Tackmann Markus Tressel Michael Grosse-Brömer Dr. Carsten Linnemann Alexander Ulrich Daniela Wagner Markus Grübel Patricia Lips Kathrin Vogler Dr. Valerie Wilms Manfred Grund Dr. Jan-Marco Luczak Halina Wawzyniak Josef Philip Winkler Monika Grütters Dr. Michael Luther Harald Weinberg (B) Dr. Karl-Theodor Freiherr Karin Maag (D) Katrin Werner Nein zu Guttenberg Hans-Georg von der Marwitz Jörn Wunderlich Olav Gutting Andreas Mattfeldt CDU/CSU Florian Hahn Stephan Mayer (Altötting) BÜNDNIS 90/ Holger Haibach Dr. Michael Meister DIE GRÜNEN Ilse Aigner Peter Altmaier Dr. Stephan Harbarth Maria Michalk Volker Beck (Köln) Peter Aumer Jürgen Hardt Dr. h. c. Hans Michelbach Cornelia Behm Thomas Bareiß Gerda Hasselfeldt Dr. Mathias Middelberg Birgitt Bender Norbert Barthle Dr. Matthias Heider Philipp Mißfelder Alexander Bonde Günter Baumann Mechthild Heil Dietrich Monstadt Viola von Cramon-Taubadel Ernst-Reinhard Beck Frank Heinrich Marlene Mortler Ekin Deligöz (Reutlingen) Rudolf Henke Dr. Gerd Müller Katja Dörner Manfred Behrens (Börde) Michael Hennrich Stefan Müller (Erlangen) Hans-Josef Fell Veronika Bellmann Jürgen Herrmann Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Thomas Gambke Dr. Christoph Bergner Ansgar Heveling Dr. Philipp Murmann Kai Gehring Peter Beyer Ernst Hinsken Bernd Neumann (Bremen) Katrin Göring-Eckardt Steffen Bilger Peter Hintze Michaela Noll Britta Haßelmann Clemens Binninger Christian Hirte Dr. Georg Nüßlein Bettina Herlitzius Peter Bleser Robert Hochbaum Franz Obermeier Winfried Hermann Wolfgang Börnsen Karl Holmeier Henning Otte Priska Hinz (Herborn) (Bönstrup) Franz-Josef Holzenkamp Dr. Michael Paul Ulrike Höfken Wolfgang Bosbach Joachim Hörster Rita Pawelski Dr. Anton Hofreiter Norbert Brackmann Anette Hübinger Ulrich Petzold Bärbel Höhn Klaus Brähmig Thomas Jarzombek Dr. Joachim Pfeiffer Ingrid Hönlinger Michael Brand Dieter Jasper Sibylle Pfeiffer Thilo Hoppe Dr. Reinhard Brandl Dr. Franz Josef Jung Beatrix Philipp Uwe Kekeritz Helmut Brandt Andreas Jung (Konstanz) Ronald Pofalla Katja Keul Dr. Ralf Brauksiepe Dr. Egon Jüttner Christoph Poland Memet Kilic Dr. Helge Braun Bartholomäus Kalb Ruprecht Polenz Sven-Christian Kindler Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Eckhard Pols Maria Klein-Schmeink Ralph Brinkhaus Steffen Kampeter Daniela Raab Ute Koczy Gitta Connemann Alois Karl Thomas Rachel Tom Koenigs Leo Dautzenberg Bernhard Kaster Eckhardt Rehberg Sylvia Kotting-Uhl Thomas Dörflinger Volker Kauder Katherina Reiche (Potsdam) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7435

(A) Lothar Riebsamen Thomas Strobl (Heilbronn) Marco Buschmann Horst Meierhofer (C) Josef Rief Lena Strothmann Sylvia Canel Patrick Meinhardt Klaus Riegert Michael Stübgen Helga Daub Gabriele Molitor Dr. Heinz Riesenhuber Dr. Peter Tauber Reiner Deutschmann Jan Mücke Johannes Röring Antje Tillmann Dr. Bijan Djir-Sarai Petra Müller (Aachen) Dr. Norbert Röttgen Dr. Hans-Peter Uhl Patrick Döring Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Christian Ruck Arnold Vaatz Mechthild Dyckmans Dr. Martin Neumann Erwin Rüddel Volkmar Vogel (Kleinsaara) Rainer Erdel (Lausitz) Albert Rupprecht (Weiden) Stefanie Vogelsang Jörg van Essen Dirk Niebel Anita Schäfer (Saalstadt) Andrea Astrid Voßhoff Ulrike Flach Hans-Joachim Otto Dr. Wolfgang Schäuble Dr. Johann Wadephul Otto Fricke (Frankfurt) Dr. Annette Schavan Marco Wanderwitz Dr. Edmund Peter Geisen Cornelia Pieper Dr. Andreas Scheuer Kai Wegner Dr. Wolfgang Gerhardt Gisela Piltz Karl Schiewerling Marcus Weinberg (Hamburg) Hans-Michael Goldmann Dr. Christiane Ratjen- Norbert Schindler Peter Weiß (Emmendingen) Heinz Golombeck Damerau Tankred Schipanski Sabine Weiss (Wesel I) Miriam Gruß Dr. Birgit Reinemund Georg Schirmbeck Ingo Wellenreuther Joachim Günther (Plauen) Dr. Peter Röhlinger Christian Schmidt (Fürth) Peter Wichtel Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Stefan Ruppert Patrick Schnieder Annette Widmann-Mauz Heinz-Peter Haustein Björn Sänger Dr. Andreas Schockenhoff Klaus-Peter Willsch Manuel Höferlin Frank Schäffler Dr. Ole Schröder Elke Hoff Elisabeth Winkelmeier- Christoph Schnurr Bernhard Schulte-Drüggelte Birgit Homburger Becker Jimmy Schulz Uwe Schummer Dr. Werner Hoyer Dagmar Wöhrl Marina Schuster Armin Schuster (Weil am Dr. Matthias Zimmer Heiner Kamp Rhein) Dr. Lutz Knopek Dr. Erik Schweickert Wolfgang Zöller Werner Simmling Detlef Seif Willi Zylajew Pascal Kober Johannes Selle Dr. Heinrich L. Kolb Judith Skudelny Dr. Hermann Otto Solms Reinhold Sendker FDP Gudrun Kopp Dr. Patrick Sensburg Dr. h. c. Jürgen Koppelin Joachim Spatz Bernd Siebert Jens Ackermann Sebastian Körber Dr. Max Stadler Thomas Silberhorn Christian Ahrendt Holger Krestel Torsten Staffeldt Johannes Singhammer Christine Aschenberg- Patrick Kurth (Kyffhäuser) Dr. Rainer Stinner Jens Spahn Dugnus Heinz Lanfermann Stephan Thomae Carola Stauche Daniel Bahr (Münster) Sibylle Laurischk Florian Toncar Dr. Frank Steffel Florian Bernschneider Harald Leibrecht Serkan Tören (B) Erika Steinbach Sebastian Blumenthal Sabine Leutheusser- Johannes Vogel (D) Christian Freiherr von Stetten Claudia Bögel Schnarrenberger (Lüdenscheid) Dieter Stier Nicole Bracht-Bendt Lars Lindemann Dr. Daniel Volk Gero Storjohann Klaus Breil Dr. Martin Lindner (Berlin) Dr. Guido Westerwelle Stephan Stracke Rainer Brüderle Michael Link (Heilbronn) Dr. Claudia Winterstein Max Straubinger Angelika Brunkhorst Dr. Erwin Lotter Dr. Volker Wissing Karin Strenz Ernst Burgbacher Oliver Luksic Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-7980 II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

zept umsetzen – Der Weg in das Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/ Zeitalter der erneuerbaren Energien DIE GRÜNEN) ...... 7192 A – zu der Unterrichtung durch die Bun- Rolf Hempelmann (SPD) ...... 7192 D desregierung: Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige Thomas Bareiß (CDU/CSU) ...... 7193 B und bezahlbare Energieversorgung Hubertus Heil (Peine) (SPD) ...... 7194 A und Ernst Hinsken (CDU/CSU) ...... 7195 A 10-Punkte-Sofortprogramm – Moni- Angelika Brunkhorst (FDP) ...... 7195 D toring und Zwischenbericht der Bundesregierung Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) ...... 7196 B (Drucksachen 17/3050, 17, 3049, Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) ...... 7197 A 17/3402) ...... 7167 A Georg Schirmbeck (CDU/CSU) ...... 7197 B in Verbindung mit Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) (Erklärung nach § 30 GO) ...... 7199 A Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/ Zusatztagesordnungspunkt 2: DIE GRÜNEN) ...... 7199 B Antrag der Abgeordneten Rolf Hempelmann, Ulrich Kelber (SPD) ...... 7200 A Hubertus Heil (Peine), Ulrich Kelber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Das Horst Meierhofer (FDP) ...... 7200 B Energiekonzept der Bundesregierung zu- rückziehen Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU) ...... 7200 C (Drucksache 17/3426) ...... 7167 B Klaus Breil (FDP) ...... 7201 B Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU) ...... 7167 C Dr. Michael Luther (CDU/CSU) ...... 7202 A Sigmar Gabriel (SPD) ...... 7169 A Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) ...... 7202 D Rainer Brüderle, Bundesminister Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ BMWi ...... 7173 B DIE GRÜNEN) ...... 7203 C Ulrich Kelber (SPD) ...... 7174 B Rainer Brüderle, Bundesminister Namentliche Abstimmungen ...... 7. 204. B, C, D BMWi ...... 7174 C 7205 A Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) ...... 7175 A Ergebnisse ...... 7222 D 7223 A, B, C Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7177 A Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7205 D Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister BMU ...... 7178 C Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7206 C Sigmar Gabriel (SPD) ...... 7181 A Frank Schwabe (SPD) (Erklärung Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/ nach § 31 GO) ...... 7207 C DIE GRÜNEN) ...... 7182 C Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7208 D BMU ...... 7183 C Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE Dr. Matthias Miersch (SPD) ...... 7184 C GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7209 C Michael Kauch (FDP) ...... 7185 D Dirk Becker (SPD) (Erklärung nach § 31 GO) 7210 B Frank Schwabe (SPD) ...... 7187 B Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7211 A Ralph Lenkert (DIE LINKE) ...... 7187 D Ingrid Arndt-Brauer (SPD) (Erklärung Michael Kauch (FDP) ...... 7188 A nach § 31 GO) ...... 7211 D Dorothée Menzner (DIE LINKE) ...... 7188 C Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7212 B DIE GRÜNEN) ...... 7189 B Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Thomas Bareiß (CDU/CSU) ...... 7190 C (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7212 D Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 III

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/ GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7213 C DIE GRÜNEN) ...... 7230 C Oliver Kaczmarek (SPD) (Erklärung Olaf Scholz (SPD) ...... 7240 B nach § 31 GO) ...... 7214 A Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE DIE GRÜNEN) ...... 7241 D GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7214 D Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) ...... 7242 C Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 7244 A GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7215 D Reinhard Grindel (CDU/CSU) ...... 7246 B Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7216 D Sevim Dağdelen (DIE LINKE) ...... 7246 D Marco Bülow (SPD) (Erklärung Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär nach § 31 GO) ...... 7217 C BMI ...... 7247 C Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE Aydan Özoğuz (SPD) ...... 7249 B GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7219 A Serkan Tören (FDP) ...... 7250 D Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/ GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7219 D DIE GRÜNEN) ...... 7251 D Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . 7252 C GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) . . . 7220 B Rüdiger Veit (SPD) ...... 7254 B Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7221 A Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Tagesordnungspunkt 6: (Erklärung nach § 31 GO) ...... 7222 A Beschlussempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungs- Namentliche Abstimmungen . . . . 7. 223. . . .D, . . 7. 224. A, B, C ausschuss) zu dem Gesetz zur Umsetzung 7227 C, 7228 A der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie Ergebnisse ...... 7. 2. 7. 4. .D, . . 7227 A, B (Drucksachen 17/1720, 17/1803, 17/2472, 7232 D, 7235 A 17/3037, 17/3312) ...... 7255 D 7238 A Zusatztagesordnungspunkt 3: Tagesordnungspunkt 33: Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet Kilic, Josef Philip Winkler, Kai Gehring, a) Erste Beratung des von der Bundesregie- weiteren Abgeordneten und der Fraktion rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten zes zu dem Zusatzprotokoll vom 28. Ja- Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des nuar 2003 zum Übereinkommen des Staatsangehörigkeitsrechts Europarats vom 23. November 2001 (Drucksache 17/3411) ...... 7228 C über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Computer- systemen begangener Handlungen ras- in Verbindung mit sistischer und fremdenfeindlicher Art (Drucksache 17/3123) ...... 7256 B Zusatztagesordnungspunkt 4: b) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Zweite und dritte Beratung des von den Abge- zes zur Umsetzung des Rahmenbeschlus- ordneten Kerstin Andreae, Volker Beck ses 2008/913/JI des Rates vom (Köln), Dr. Thomas Gambke, weiteren Abge- 28. November 2008 zur strafrechtli- ordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE chen Bekämpfung bestimmter Formen GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines … und Ausdrucksweisen von Rassismus Gesetzes zur Änderung des Aufenthaltsge- und Fremdenfeindlichkeit und zur Um- setzes setzung des Zusatzprotokolls vom 28. (Drucksachen 17/3039, 17/3241) ...... 7228 D Januar 2003 zum Übereinkommen des Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 7228 D Europarats vom 23. November 2001 über Computerkriminalität betreffend Reinhard Grindel (CDU/CSU) ...... 7229 D die Kriminalisierung mittels Computer- IV Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

systemen begangener Handlungen ras- k) Antrag der Abgeordneten Ulrike Höfken, sistischer und fremdenfeindlicher Art Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer (Drucksache 17/3124) ...... 7256 B Abgeordneter und der Fraktion BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN: Smiley-Kenn- c) Erste Beratung des von der Bundesregie- zeichnungssystem bundesweit verbind- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- lich einführen zes zu dem Abkommen vom 9. März (Drucksache 17/3220) ...... 7257 B 2009 zwischen der Regierung der Bun- desrepublik Deutschland und der Re- l) Antrag der Fraktion der SPD: Das Men- gierung der Französischen Republik schenrecht auf Religions- und Glau- über die Zusammenarbeit im Bereich bensfreiheit als politische Herausforde- der Sicherheit im Luftraum bei Bedro- rung hungen durch zivile Luftfahrzeuge (Drucksache 17/3428) ...... 7257 B (Drucksache 17/3125) ...... 7256 C m) Antrag der Abgeordneten Kirsten Lühmann, d) Erste Beratung des von der Bundesregie- Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weiterer rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Abgeordneter und der Fraktion der SPD: zes zur nachhaltigen und sozial ausge- Logistikstandort Deutschland stärken – wogenen Finanzierung der Gesetzlichen Transport- und Güterverkehr nachhal- Krankenversicherung (GKV-Finanzie- tig gestalten rungsgesetz – GKV-FinG) (Drucksache 17/3430) ...... 7257 C (Drucksachen 17/3360, 17/3441) ...... 7256 C n) Antrag der Abgeordneten René Röspel, Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter Rossmann, e) Erste Beratung des von der Bundesregie- weiterer Abgeordneter und der Fraktion rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- der SPD: 20 Jahre Büro für Technikfol- zes zur Neuregelung des Post- und genabschätzung beim Deutschen Bun- Telekommunikationssicherstellungsrechts destag – Ein gelungenes Beispiel und in- und zur Änderung telekommunikations- ternationales Modell für den Austausch rechtlicher Vorschriften von Wissenschaft und Politik (Drucksache 17/3306) ...... 7256 D (Drucksache 17/3414) ...... 7257 C f) Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- zes zur Aufhebung des Freihafens Ham- Zusatztagesordnungspunkt 5: burg a) Antrag der Abgeordneten Dr. Joachim (Drucksache 17/3353) ...... 7256 D Pfeiffer, Peter Bleser, Nadine Schön (St. g) Erste Beratung des von der Bundesregie- Wendel), weiterer Abgeordneter und der rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- Fraktion der CDU/CSU sowie der Abge- zes zur Änderung des Stipendienpro- ordneten Paul K. Friedhoff, Dr. Erik gramm-Gesetzes (1. StipG-ÄndG) Schweickert, Claudia Bögel, weiterer Abge- (Drucksache 17/3359) ...... 7256 D ordneter und der Fraktion der FDP: Kinder- freundliche Nachbesserung der EU- h) Erste Beratung des von der Bundesregie- Spielzeugrichtlinie dringend erforderlich rung eingebrachten Entwurfs eines Geset- (Drucksache 17/3424) ...... 7257 D zes zur Umsetzung der Dienstleistungs- b) Antrag der Fraktion der SPD: Spekula- richtlinie in der Justiz und zur tion mit agrarischen Rohstoffen verhin- Änderung weiterer Vorschriften dern (Drucksache 17/3356) ...... 7257 A (Drucksache 17/3413) ...... 7257 D i) Antrag der Abgeordneten Dr. Martina Bunge, c) Antrag der Abgeordneten , Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Bartsch, wei- Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, terer Abgeordneter und der Fraktion DIE weiterer Abgeordneter und der Fraktion LINKE: Auch Verletztenrenten von NVA- DIE LINKE: Lebensmittel-Smiley nach Angehörigen der DDR anrechnungsfrei dänischem Vorbild bundesweit einfüh- auf die Altersrente stellen ren (Drucksache 17/3217) ...... 7257 A (Drucksache 17/3434) ...... 7258 A j) Antrag der Abgeordneten Josef Philip d) Antrag der Abgeordneten Marieluise Beck Winkler, Memet Kilic, Viola von Cramon- (Bremen), Volker Beck (Köln), Viola von Taubadel, weiterer Abgeordneter und der Cramon-Taubadel, weiterer Abgeordneter Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abschiebungshaft auf dem Prüfstand – NEN: Abschaffung der Visumspflicht Europäische Rückführungsrichtlinie um- für Albanien und Bosnien und Herzego- setzen wina (Drucksache 17/2139) ...... 7257 A (Drucksache 17/3438) ...... 7258 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 V

Tagesordnungspunkt 34: Tagesordnungspunkt 7: a) Zweite und dritte Beratung des von den Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Abgeordneten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof desregierung eingebrachten Entwurfs eines Schmidt, Marieluise Beck (Bremen), wei- Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) teren Abgeordneten und der Fraktion (Drucksachen 17/3030, 17/3361, 17/3406, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingebrach- 17/3452) ...... 7260 D ten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Norbert Barthle (CDU/CSU) ...... 7261 A EFSF-Rahmenvertrag vom 7. Juni 2010 Bettina Hagedorn (SPD) ...... 7263 A (Drucksachen 17/2412, 17/3126) ...... 7258 C Otto Fricke (FDP) ...... 7264 C b) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Roland Claus (DIE LINKE) ...... 7266 A eines Vierten Gesetzes zur Änderung Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ der Wirtschaftsprüferordnung – Wahl- DIE GRÜNEN) ...... 7267 B recht der Wirtschaftsprüferkammer Norbert Brackmann (CDU/CSU) ...... 00007268 DA (Drucksachen 17/2628, 17/3467) ...... 7258 D Carsten Schneider (Erfurt) (SPD) ...... 7270 B c) Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs Florian Toncar (FDP) ...... 7271 D eines Gesetzes zur Änderung des Stra- Joachim Poß (SPD) ...... 7272 C ßenverkehrsgesetzes und des Kraftfahr- Andreas Mattfeldt (CDU/CSU) ...... 7273 C sachverständigengesetzes (Drucksachen 17/3022, 17/3035, 17/3450) 7259 A Bartholomäus Kalb (CDU/CSU) ...... 7274 D d) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Namentliche Abstimmungen ...... 7276 A, C Gesetzes zur Anpassung von Bundesrecht im Zuständigkeitsbereich des Bundes- Ergebnisse ...... 7. 2. 7. 6. B, 7279 A ministeriums für Ernährung, Landwirt- schaft und Verbraucherschutz im Hin- blick auf den Vertrag von Lissabon (Drucksachen 17/3118, 17/3475) ...... 7259 C Tagesordnungspunkt 8: e) Beschlussempfehlung und Bericht des Beschlussempfehlung und Bericht des Aus- Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- schusses für Bildung, Forschung und Tech- gie zu der Verordnung der Bundesregie- nikfolgenabschätzung rung: Neunzigste Verordnung zur Ände- – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe rung der Außenwirtschaftsverordnung Schummer, Nadine Schön (St. Wendel), (Drucksachen 17/2822, 17/2971 Nr. 2.2, Albert Rupprecht (Weiden), weiterer Ab- 17/3141) ...... 7259 D geordneter und der Fraktion der CDU/ CSU sowie der Abgeordneten Heiner f) Beschlussempfehlung und Bericht des Kamp, Patrick Meinhardt, Dr. Martin Ausschusses für Menschenrechte und Hu- Neumann (Lausitz), weiterer Abgeordne- manitäre Hilfe zu der Unterrichtung: ter und der Fraktion der FDP: Qualitäts- offensive in der Berufsausbildung Uganda: Entwurf eines Gesetzes über das Verbot von Homosexualität – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Entschließung des Europäischen Parla- Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter ments vom 17. Dezember 2009 zum und der Fraktion der SPD: Berufliche Bil- Entwurf eines Gesetzes über das Verbot dung als Garant zur Sicherung der Teil- von Homosexualität in Uganda habechancen junger Menschen und des EuB-EP 2004; P7_TA-PROV(2009)0119 Fachkräftebedarfs von morgen stärken (Drucksachen 17/859 Nr. A.13, 17/2960) 7259 D – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. g) – l) Hans-Peter Bartels, weiterer Abgeordneter Beschlussempfehlungen des Petitionsaus- und der Fraktion der SPD: Verordnungs- schusses: Sammelübersichten 147, 148, ermächtigung in § 43 Absatz 2 des Be- 149, 150, 151 und 152 zu Petitionen rufsbildungsgesetzes entfristen (Drucksachen 17/3223, 17/3224, 17/3225, – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes 17/3226, 17/3227, 17/3228) ...... 7259 A Alpers, Dr. Petra Sitte, Nicole Gohlke, VI Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

weiterer Abgeordneter und der Fraktion eines Jahressteuergesetzes 2010 (JStG DIE LINKE: Konsequenzen aus dem Be- 2010) rufsbildungsbericht ziehen – Ehrliche (Drucksachen 17/2249, 17/2823, 17/3449) 7290 A Ausbildungsstatistik vorlegen, gute Ausbildung für alle ermöglichen – Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Dr. Barbara Höll, Jutta – zu dem Antrag der Abgeordneten Priska Krellmann, Klaus Ernst, weiteren Abge- Hinz (Herborn), Brigitte Pothmer, Kai ordneten und der Fraktion DIE LINKE Gehring, weiterer Abgeordneter und der eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: zur Abschaffung des Progressionsvor- Mehr Jugendlichen bessere Ausbil- behalts für Kurzarbeitergeld dungschancen geben – DualPlus unver- (Drucksachen 17/255, 17/3449) ...... 7290 A züglich umsetzen – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß – zu der Unterrichtung durch die Bundesre- § 96 der Geschäftsordnung gierung: Berufsbildungsbericht 2010 (Drucksache 17/3466) ...... 7290 B (Drucksachen 17/1435, 17/1759, 17/1745, 17/1734, 17/541, 17/1550, 17/3401) ...... 7276 D in Verbindung mit

Zusatztagesordnungspunkt 6: Zusatztagesordnungspunkt 10: Erste Beratung des von den Abgeordneten Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Volker Beck (Köln), Dr. Gerhard Schick, Lisa desregierung eingebrachten Entwurfs eines Paus, weiteren Abgeordneten und der Frak- Gesetzes zur Restrukturierung und geord- tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einge- neten Abwicklung von Kreditinstituten, zur brachten Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds Gleichstellung der Lebenspartnerschaften für Kreditinstitute und zur Verlängerung mit der Ehe im Bereich des Steuerrechts der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen (Drucksache 17/3218) ...... 7290 B Organhaftung (Restrukturierungsgesetz) (Drucksachen 17/3024, 17/3362, 17/3407, Olav Gutting (CDU/CSU) ...... 7290 C 17/3547) ...... 7277 D Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) ...... 7292 A Leo Dautzenberg (CDU/CSU) ...... 7278 A Dr. Daniel Volk (FDP) ...... 7294 A Manfred Zöllmer (SPD) ...... 7281 B Dr. Barbara Höll (DIE LINKE) ...... 7295 B Christian Ahrendt (FDP) ...... 7283 C Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ Richard Pitterle (DIE LINKE) ...... 7284 A DIE GRÜNEN) ...... 7296 B Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/ Peter Aumer (CDU/CSU) ...... 7296 D DIE GRÜNEN) ...... 7285 A Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU) . . . . . 7286 B Namentliche Abstimmung ...... 7297 D Björn Sänger (FDP) ...... 7287 B Ergebnis ...... 7298 A Ralph Brinkhaus (CDU/CSU) ...... 7287 D

Tagesordnungspunkt 14: Tagesordnungspunkt 10: Antrag der Abgeordneten Christine Lambrecht, Antrag der Abgeordneten Heidrun Bluhm, Dr. Sören Bartol, Petra Ernstberger, weiterer Ab- Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, weiterer geordneter und der Fraktion der SPD: Mak- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE: lerkosten gerecht verteilen Grundrecht auf Wohnen sozial, ökologisch (Drucksache 17/3212) ...... 7298 C und barrierefrei gestalten (Drucksache 17/3433) ...... 7289 D Tagesordnungspunkt 21: Antrag der Fraktion der SPD: Freie Wahlen Tagesordnungspunkt 9: in Birma fordern, die Menschenrechtslage verbessern und einen nationalen Dialog un- – Zweite und dritte Beratung des von der terstützen Bundesregierung eingebrachten Entwurfs (Drucksache 17/3213) ...... 7298 C Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 VII

Tagesordnungspunkt 16: Anpassung des deutschen Rechts an die Verordnung (EG) Nr. 380/2008 vom 18. April Antrag der Abgeordneten Jan Korte, Inge 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Höger, Andrej Hunko, weiterer Abgeordneter Nr. 1030/2002 zur einheitlichen Gestaltung und der Fraktion DIE LINKE: Endgültiger des Aufenthaltstitels für Drittstaatenange- Verzicht auf transatlantische und europäi- hörige sche Flugpassagierdaten-Abkommen (Drucksache 17/3354) ...... 7308 C (Drucksache 17/2212) ...... 7298 D Reinhard Grindel (CDU/CSU) ...... 7308 C Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD) ...... 7309 C Tagesordnungspunkt 15: Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP) ...... 7310 B Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 7310 D Gesetzes zur Verleihung der Rechtsfähig- Memet Kilic (BÜNDNIS 90/ keit an den Rat des Anpassungsfonds DIE GRÜNEN) ...... 7311 D (Drucksachen 17/3027, 17/3473) ...... 7299 A Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) ...... 7299 B Tagesordnungspunkt 22: Dr. Bärbel Kofler (SPD) ...... 7300 A a) Beschlussempfehlung und Bericht des Harald Leibrecht (FDP) ...... 7301 C Ausschusses für wirtschaftliche Zusam- menarbeit und Entwicklung zu dem An- Heike Hänsel (DIE LINKE) ...... 7302 A trag der Abgeordneten Karin Roth (Esslin- Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ gen), Burkhard Lischka, René Röspel, DIE GRÜNEN) ...... 7303 A weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD: Deutschlands Verantwortung für die Gesundheit in Entwicklungslän- Tagesordnungspunkt 18: dern – Vernachlässigte Krankheiten be- kämpfen, Kinder- und Müttersterblich- Beschlussempfehlung und Bericht des Innen- keit verringern und Globalen Fonds ausschusses zu dem Antrag der Abgeordneten stärken Wolfgang Wieland, Dr. Konstantin von Notz, (Drucksachen 17/2135, 17/3474) ...... 7312 B Volker Beck (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- b) Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE NEN: Elektronischen Personalausweis GRÜNEN: „Global Health Governance“ nicht einführen stärken – Gesundheitsversorgung in (Drucksachen 17/2432, 17/3451) ...... 7303 D Entwicklungs- und Schwellenländern voranbringen (Drucksache 17/3437) ...... 7312 C Tagesordnungspunkt 17:

Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Tagesordnungspunkt 25: desregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der Regelun- a) Antrag der Abgeordneten Waltraud Wolff gen über Teilzeit-Wohnrechteverträge, Ver- (Wolmirstedt), Dr. Wilhelm Priesmeier, träge über langfristige Urlaubsprodukte Dirk Becker, weiterer Abgeordneter und sowie Vermittlungsverträge und Tauschsys- der Fraktion der SPD: Herausforderung temverträge Klimawandel – Landwirtschaft 2050 (Drucksachen 17/2764, 17/3111) ...... 7304 A (Drucksache 17/1575) ...... 7312 D Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) ...... 7304 B b) Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, wei- Sonja Steffen (SPD) ...... 7305 C terer Abgeordneter und der Fraktion Halina Wawzyniak (DIE LINKE) ...... 7306 A BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Klimabi- lanz im Ackerbau verbessern Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ (Drucksache 17/2487) ...... 7312 D DIE GRÜNEN) ...... 7307 A Johannes Röring (CDU/CSU) ...... 7313 A Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär BMJ ...... 7307 D Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) ...... 7314 A Dr. Edmund Peter Geisen (FDP) ...... 7314 D Tagesordnungspunkt 19: Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) ...... 7316 A Erste Beratung des von der Bundesregierung Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur DIE GRÜNEN) ...... 7316 D VIII Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Tagesordnungspunkt 23: Tagesordnungspunkt 26: Antrag der Abgeordneten Karin Binder, Ralph Antrag der Abgeordneten Cornelia Behm, Lenkert, Dr. Barbara Höll, weiterer Abgeord- Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, weiterer neter und der Fraktion DIE LINKE: Unge- Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ fährliche und klimaschonende Kältemittel DIE GRÜNEN: Gemeinschaftsaufgabe in Kfz-Klimaanlagen verwenden „Agrarstruktur und Küstenschutz“ auf (Drucksache 17/3432) ...... 7317 D Ökologisierung und nachhaltige ländliche Entwicklung konzentrieren Christian Hirte (CDU/CSU) ...... 00007317 AD (Drucksache 17/3222) ...... 7328 C Frank Schwabe (SPD) ...... 7319 B Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU) ...... 7328 D Ute Kumpf (SPD) ...... 7320 B Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD) ...... 00007329 DA Dr. Lutz Knopek (FDP) ...... 7321 B Dr. Christel Happach-Kasan (FDP) ...... 7330 B Ralph Lenkert (DIE LINKE) ...... 7321 D Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) ...... 7331 B Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/ Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7322 B DIE GRÜNEN) ...... 7332 B

Tagesordnungspunkt 24: Nächste Sitzung ...... 7333 C a) Antrag der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Katja Dörner, Memet Kilic, wei- Anlage 1 terer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Bundes- Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 7335 A rechtliche Konsequenzen aus der Rück- nahme des deutschen Vorbehalts gegen die UN-Kinderrechtskonvention ziehen Anlage 2 (Drucksache 17/2138) ...... 7322 D Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten b) Beschlussempfehlung und Bericht des Josef Göppel und Rüdiger Kruse (beide CDU/ Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen CSU) zu den namentlichen Abstimmungen: und Jugend – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Ände- – zu dem Antrag der Fraktion der SPD: rung des Atomgesetzes Kinderrechte stärken – Erklärung – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Än- zur UN-Kinderrechtskonvention zu- derung des Atomgesetzes rücknehmen – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung ei- – zu dem Antrag der Abgeordneten Diana nes Sondervermögens „Energie- und Kli- Golze, Ulla Jelpke, Jörn Wunderlich, mafonds“ (EKFG) weiterer Abgeordneter und der Frak- tion DIE LINKE: UN-Kinderrechts- – Entwurfs eines Kernbrennstoffsteuerge- konvention umfassend umsetzen setzes (KernbrStG) – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja (Tagesordnungspunkt 4 a und b) ...... 7335 B Dörner, Josef Philip Winkler, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Anlage 3 NEN: UN-Kinderrechtskonvention un- verzüglich vollständig umsetzen Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Oliver Krischer, Volker Beck (Köln), Katja (Drucksachen 17/57, 17/59, 17/61, Dörner, Kai Gehring, Britta Haßelmann, 17/2509) ...... 7323 A Bettina Herlitzius, Maria Anna Klein-Schmeink, Markus Kurth, Kerstin Müller (Köln) und Dr. Peter Tauber (CDU/CSU) ...... 7323 B Friedrich Ostendorff (alle BÜNDNIS 90/DIE Rüdiger Veit (SPD) ...... 7324 D GRÜNEN) zu den namentlichen Abstimmun- gen: Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD) . . . . 7326 C – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Ände- Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 7327 A rung des Atomgesetzes Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Än- DIE GRÜNEN) ...... 7327 C derung des Atomgesetzes Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 IX

– Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung ei- Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ nes Sondervermögens „Energie- und Kli- DIE GRÜNEN) ...... 7339 C mafonds“ (EKFG) Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 7340 A – Entwurfs eines Kernbrennstoffsteuerge- Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 7340 B setzes (KernbrStG) Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/ (Tagesordnungspunkt 4 a und b) ...... 7335 D DIE GRÜNEN) ...... 7340 D Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU) ...... 7341 B Anlage 4 Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) . . 7341 B Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/ Heinz-Joachim Barchmann, Uwe Beckmeyer, DIE GRÜNEN) ...... 7342 B Gerd Bollmann, Edelgard Bulmahn, Garrelt Duin, Petra Ernstberger, Karin Evers-Meyer, Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/ Lars Klingbeil, Dr. Bärbel Kofler, Gabriele DIE GRÜNEN) ...... 7343 B Lösekrug-Möller, Kirsten Lühmann, Caren Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/ Marks, Dr. Matthias Miersch, Holger Ortel, DIE GRÜNEN) ...... 7344 A Dr. Wilhelm Priesmeier, Dr. Carola Reimann, Dr. Martin Schwanholz, Dr. Carsten Sieling, Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 7344 B und Kerstin Tack (alle SPD) zu den namentli- chen Abstimmungen: Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7344 D – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Ände- Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/ rung des Atomgesetzes DIE GRÜNEN) ...... 7345 D – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Än- Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/ derung des Atomgesetzes DIE GRÜNEN) ...... 7346 C – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung ei- Christine Scheel (BÜNDNIS 90/ nes Sondervermögens „Energie- und Kli- DIE GRÜNEN) ...... 7346 D mafonds“ (EKFG) Ute Vogt (SPD) ...... 7347 A – Entwurfs eines Kernbrennstoffsteuerge- setzes (KernbrStG) Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7347 B (Tagesordnungspunkt 4 a und b) ...... 7337 A

Anlage 5 Anlage 6 Erklärung nach § 31 GO zu den namentlichen Erklärung nach § 31 GO des Abgeordneten Abstimmungen: Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung zur Sammel- – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Ände- übersicht 152 zu Petitionen (Tagesordnungs- rung des Atomgesetzes punkt 34 l) ...... 7348 A – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Än- derung des Atomgesetzes Anlage 7 – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung ei- nes Sondervermögens „Energie- und Kli- Erklärung nach § 31 GO zur namentlichen mafonds“ (EKFG) Abstimmung über den Entwurf eines Haus- haltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) (Ta- – Entwurfs eines Kernbrennstoffsteuerge- gesordnungspunkt 7) setzes (KernbrStG) Nicole Bracht-Bendt (FDP) ...... 7348 D (Tagesordnungspunkt 4 a und b) Klaus Brähmig (CDU/CSU) ...... 7348 D Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7337 D Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU) ...... 7349 A Sebastian Edathy (SPD) ...... 7338 B Dr. Erwin Lotter (FDP) ...... 7349 B Frank Schäffler (FDP) ...... 7349 C Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7338 C Stefanie Vogelsang (CDU/CSU) ...... 7350 A Frank Heinrich (CDU/CSU) ...... 7339 B Kai Wegner (CDU/CSU) ...... 7350 A X Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Anlage 8 Sebastian Körber (FDP) ...... 7359 C Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Dr. Heidrun Bluhm (DIE LINKE) ...... 7360 C Gerhard Schick, Thomas Gambke, Britta Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ Haßelmann und (alle BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... DIE GRÜNEN): zur Abstimmung über den 7361 A Entwurf eines Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinsti- tuten, zur Errichtung eines Restrukturierungs- Anlage 11 fonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Or- des Antrags: Maklerkosten gerecht verteilen ganhaftung (Restrukturierungsgesetz) (Zusatzta- (Tagesordnungspunkt 14) gesordnungspunkt 10) ...... 7350 B Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU) ...... 7361 D Christine Lambrecht (SPD) ...... 7363 C Anlage 9 Christian Ahrendt (FDP) ...... 7364 B Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts Jens Petermann (DIE LINKE) ...... 7365 B zu: Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/ – Antrag: Qualitätsoffensive in der Berufs- DIE GRÜNEN) ...... 7365 D ausbildung – Antrag: Berufliche Bildung als Garant zur Sicherung der Teilhabechancen junger Anlage 12 Menschen und des Fachkräftebedarfs von morgen stärken Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Freie Wahlen in Birma fordern, – Antrag: Verordnungsermächtigung in § 43 die Menschenrechtslage verbessern und ei- Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes- nen nationalen Dialog unterstützen (Tages- entfristen ordnungspunkt 21) – Antrag: Konsequenzen aus dem Berufsbil- Jürgen Klimke (CDU/CSU) ...... 7366 C dungsbericht ziehen – Ehrliche Ausbil- dungsstatistik vorlegen, gute Ausbildung Angelika Graf (Rosenheim) (SPD) ...... 7368 A für alle ermöglichen Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP) ...... 7369 A – Antrag: Mehr Jugendlichen bessere Aus- Katrin Werner (DIE LINKE) ...... 7370 A bildungschancen geben – DualPlus unver- züglich umsetzen Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7370 C – Unterrichtung: Berufsbildungsbericht 2010 (Tagesordnungspunkt 8) Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU) . . 7351 C Anlage 13 Uwe Schummer (CDU/CSU) ...... 7352 C Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung des Antrags: Endgültiger Verzicht auf transat- Heiner Kamp (FDP) ...... 7353 A lantische und europäische Flugpassagierda- Agnes Alpers (DIE LINKE) ...... 7354 A ten-Abkommen (Tagesordnungspunkt 16) Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/ Armin Schuster (Weil am Rhein) DIE GRÜNEN) ...... 7354 D (CDU/CSU) ...... 7371 A Wolfgang Gunkel (SPD) ...... 7372 C Anlage 10 Jimmy Schulz (FDP) ...... 7373 C Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Jan Korte (DIE LINKE) ...... 7374 B des Antrags: Grundrecht auf Wohnen sozial, ökologisch und barrierefrei gestalten (Tages- Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ ordnungspunkt 10) DIE GRÜNEN) ...... 7375 B Gero Storjohann (CDU/CSU) ...... 7355 D Daniela Raab (CDU/CSU) ...... 7356 D Anlage 14 Sören Bartol (SPD) ...... 7358 B Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung Ulrike Gottschalck (SPD) ...... 7359 A der Beschlussempfehlung und des Berichts: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 XI

Elektronischen Personalausweis nicht einfüh- Krankheiten bekämpfen, Kinder- und ren (Tagesordnungspunkt 18) Müttersterblichkeit verringern und Globa- len Fonds stärken Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 7375 D – Antrag: „Global Health Governance“ stär- Frank Hofmann (Volkach) (SPD) ...... 7377 B ken – Gesundheitsversorgung in Entwick- Manuel Höferlin (FDP) ...... 7378 B lungs- und Schwellenländern voranbrin- gen Jan Korte (DIE LINKE) ...... 7379 C (Tagesordnungspunkt 22 a und b) Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 7380 D Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU) ...... 7381 D Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU) ...... 7382 D

Anlage 15 Karin Roth (Esslingen) (SPD) ...... 7383 D Zu Protokoll gegebene Reden zur Beratung: Helga Daub (FDP) ...... 7384 D Niema Movassat (DIE LINKE) ...... 7386 A – Beschlussempfehlung und Bericht: Deutsch- lands Verantwortung für die Gesundheit in Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/ Entwicklungsländern – Vernachlässigte DIE GRÜNEN) ...... 7387 A

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7157

(A) (C) Redetext

68. Sitzung

Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Beginn: 9.00 Uhr

Präsident Dr. Norbert Lammert: NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs Die Sitzung ist eröffnet. Nehmen Sie bitte Platz! eines Gesetzes zur Änderung des Staatsange- hörigkeitsrechts Liebe Kolleginnen und Kollegen, die SPD-Fraktion hat mitgeteilt, dass die Kollegen Ulrich Kelber und – Drucksache 17/3411 – Florian Pronold als stellvertretende Mitglieder aus dem Überweisungsvorschlag: Vermittlungsausschuss ausscheiden. Als Nachfolger Innenausschuss (f) werden die Kollegen Sigmar Gabriel und Dr. Frank- Rechtsausschuss Walter Steinmeier benannt. Darüber hinaus schlägt die ZP 4 Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- SPD-Fraktion vor, die Mitgliedschaft der Kollegin Ulla neten Kerstin Andreae, Volker Beck (Köln), Burchardt im Kuratorium des Wissenschaftszen- Dr. Thomas Gambke, weiteren Abgeordneten trums Berlin für Sozialforschung um eine weitere und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Amtszeit zu verlängern. Ich gehe davon aus, dass Sie da- eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur (B) mit einverstanden sind. – Das ist offenkundig der Fall. Änderung des Aufenthaltsgesetzes (D) Dann sind die genannten Kollegen gewählt. – Drucksache 17/3039 – Der Kollege Bernd Siebert beging in den vergange- nen Tagen seinen 61. Geburtstag. Ihre 60. Geburtstage Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- haben die Kollegin Gudrun Kopp und der Kollege schusses (4. Ausschuss) Helmut Brandt begangen. Dazu gratuliere ich Ihnen im – Drucksache 17/3241 – Namen des Hauses. Berichterstattung: (Beifall) Abgeordnete Reinhard Grindel Interfraktionell ist vereinbart worden, die verbundene Daniela Kolbe (Leipzig) Tagesordnung um die in der Zusatzpunktliste aufgeführ- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) ten Punkte zu erweitern: Petra Pau Memet Kilic ZP 1 Aktuelle Stunde auf Verlangen der Fraktion DIE LINKE: ZP 5 Weitere Überweisungen im vereinfachten Ver- fahren Rentenkürzung durch Rente erst ab 67 verhin- dern Ergänzung zu TOP 33 (siehe 67. Sitzung) a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Dr. Joachim Pfeiffer, Peter Bleser, Nadine Schön ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rolf (St. Wendel), weiterer Abgeordneter und der Hempelmann, Hubertus Heil (Peine), Ulrich Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Kelber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Paul K. Friedhoff, Dr. Erik Schweickert, Claudia der SPD Bögel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Das Energiekonzept der Bundesregierung zu- der FDP rückziehen Kinderfreundliche Nachbesserung der EU- – Drucksache 17/3426 – Spielzeugrichtlinie dringend erforderlich ZP 3 Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet – Drucksache 17/3424 – Kilic, Josef Philip Winkler, Kai Gehring, weite- Überweisungsvorschlag: ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) 7158 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und 60 Jahre Europäische Menschenrechtskonven- (C) Verbraucherschutz (f) tion Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Gesundheit – Drucksache 17/3423 – Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union ZP 8 Beratung des Antrags der Abgeordneten Fritz Federführung strittig Kuhn, Markus Kurth, Brigitte Pothmer, weiterer b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN Spekulation mit agrarischen Rohstoffen ver- hindern Menschenwürdiges Dasein und Teilhabe für alle gewährleisten – Drucksache 17/3413 – – Drucksache 17/3435 – Überweisungsvorschlag: Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ausschuss für Arbeit und Soziales (f) Verbraucherschutz (f) Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Finanzausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ZP 9 Beratung des Antrags der Abgeordneten Sönke Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Rix, Petra Crone, Petra Ernstberger, weiterer Ab- geordneter und der Fraktion der SPD c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin Binder, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Chancen nutzen – Jugendfreiwilligendienste weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE stärken LINKE – Drucksache 17/3429 – Lebensmittel-Smiley nach dänischem Vorbild Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (f) bundesweit einführen Sportausschuss Rechtsausschuss – Drucksache 17/3434 – Ausschuss für Arbeit und Soziales Überweisungsvorschlag: Verteidigungsausschuss Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ausschuss für Bildung, Forschung und Verbraucherschutz (f) Technikfolgenabschätzung Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Kultur und Medien Ausschuss für Gesundheit Haushaltsausschuss Ausschuss für Tourismus (B) Von der Frist für den Beginn der Beratungen soll, so- (D) d) Beratung des Antrags der Abgeordneten weit erforderlich, abgewichen werden. Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Die Tagesordnungspunkte 5, 11 c, 12, 13 und 20 wer- Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeord- den abgesetzt. Aufgrund dieser Auf- und Absetzungen neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verschieben sich die nachfolgenden Tagesordnungs- NEN punkte der Antragsteller jeweils entsprechend nach hin- Abschaffung der Visumspflicht für Albanien ten oder nach vorne. und Bosnien und Herzegowina Außerdem mache ich auf die nachträgliche Aus- schussüberweisung im Anhang zur Zusatzpunktliste auf- – Drucksache 17/3438 – merksam. Der in der 65. Sitzung des Deutschen Bundes- Überweisungsvorschlag: tages überwiesene nachfolgende Antrag soll zusätzlich Auswärtiger Ausschuss (f) dem Ausschuss für Tourismus (20. Ausschuss) zur Mit- Innenausschuss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union beratung überwiesen werden: ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Gottschalck, René Röspel, Dr. Hans-Peter Beck (Köln), Dr. Gerhard Schick, Lisa Paus, wei- Bartels, weiterer Abgeordneter und der Fraktion teren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- der SPD NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der Lebens- Die richtigen Lehren aus dem Ausbruch des partnerschaften mit der Ehe im Bereich des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull ziehen – Steuerrechts Klimaforschung und Geowissenschaften stär- ken und die Voraussetzungen für ein nationa- – Drucksache 17/3218 – les und europäisches Krisenmanagement im Überweisungsvorschlag: Luftverkehr schaffen Finanzausschuss (f) Innenausschuss – Drucksache 17/3174 – Rechtsausschuss Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) Haushaltsausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit ZP 7 Beratung des Antrags der Fraktionen CDU/CSU, Ausschuss für Bildung, Forschung und SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Technikfolgenabschätzung Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7159

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Ausschuss für Tourismus liches Wahlamt ausgeübt, aber sie hat ebenso diskret wie (C) Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union engagiert unserem Land in vielen ehrenamtlichen Auf- Sind Sie mit diesen Vereinbarungen einverstanden? – gaben und Ämtern gedient. Dafür verdient sie unseren Ich kann auch hierzu offenkundig Einvernehmen fest- Dank und Respekt und die breite öffentliche Wertschät- stellen. Dann ist das so beschlossen. zung, die sie im Lande seit vielen Jahren genießen durfte. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf Sie bitten, sich von Ihren Plätzen zu erheben. Ich danke Ihnen. (Die Anwesenden erheben sich) Bevor wir nun, liebe Kolleginnen und Kollegen, zu Am 14. Oktober ist unser Kollege unserer vereinbarten Tagesordnung kommen, müssen verstorben. wir zwei Anträge zur Geschäftsordnung behandeln. Die Fraktionen der CDU/CSU und FDP haben fristge- Vielen war Hermann Scheer bekannt, vor allem we- recht beantragt, die heutige Tagesordnung um die zweite gen seines Engagements für die Umwelt und insbeson- und dritte Beratung des von der Bundesregierung einge- dere für eine umweltgerechte Energieversorgung. Früher brachten Entwurfs eines Restrukturierungsgesetzes zu als andere erkannte er das Potenzial erneuerbarer Ener- erweitern. Diese Beratung soll als Zusatzpunkt 10 nach gien, und er setzte sich bereits mit Nachdruck für die So- Tagesordnungspunkt 8 mit einer Debattenzeit von 45 Minu- lartechnik ein, als das Wort noch belächelt wurde. Als ten aufgerufen werden. Die Fraktion der SPD wider- ungeduldigen Visionär hat Klaus Töpfer ihn charakteri- spricht der Erweiterung der Tagesordnung. siert. Unermüdlich warb er für die neuen Technologien und für neue Wege in der Energiepolitik; viele Gesetze Wir kommen bei diesem Antrag gleich zur Abstim- zur Förderung alternativer Energien, die wir in diesem mung. Wer stimmt für den Aufsetzungsantrag der Frak- Haus beschlossen haben, hat er mit auf den Weg ge- tionen von CDU/CSU und FDP? – Wer stimmt dagegen? bracht. Er schrieb Bücher, hielt Vorträge und wurde mit – Wer enthält sich? – Damit ist der Aufsetzungsantrag renommierten Preisen wie dem Alternativen Nobelpreis mit den Stimmen der Koalition gegen die Stimmen der ausgezeichnet. Opposition angenommen. Wir, seine parlamentarischen Kolleginnen und Kolle- Wir kommen nun zu einem weiteren Geschäftsord- gen, haben Hermann Scheer als einen Abgeordneten mit nungsantrag. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat einem breiten Spektrum an Interessen kennengelernt, der beantragt, die Beratung der Vorlagen zur Energie- und mit seinen Beiträgen die politische und parlamentarische Klimapolitik – hier handelt es sich um die Tagesord- Diskussion beeinflusst und bereichert hat. Von 1990 bis nungspunkte 4 a bis 4 c – von der heutigen Tagesord- (B) 1993 war er Vorsitzender des Unterausschusses für nung abzusetzen. (D) Abrüstung und Rüstungskontrolle, von 1994 bis 1997 Vorsitzender des Landwirtschaftsausschusses der Parla- Zu diesem Geschäftsordnungsantrag erteile ich das mentarischen Versammlung des Europarates. Stets Wort dem Kollegen Volker Beck für die antragstellende kenntnisreich, klar in der Analyse, mit Begeisterung und Fraktion. mit einer seine Mitstreiter wie seine Widersacher gele- gentlich nervenden Sturheit setzte er sich für seine Ziele Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ein. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Hermann Scheer gehörte dem Parlament 30 Jahre und Fraktion beantragt, die Beratung des Energiekonzepts damit länger an, als manche jüngeren Mitglieder an Le- der Bundesregierung und die Atomrechtsnovellen heute bensjahren aufweisen. 1980 kam er als Mitglied der von der Tagesordnung abzusetzen, damit ein geordnetes SPD-Fraktion erstmals in den Bundestag, und er war parlamentarisches Verfahren zu diesen Gegenständen das, was man von Parlamentariern erwartet: sachkundig, möglich wird. engagiert, eigenständig denkend, manchmal querste- (Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Lä- hend. Und: Hermann Scheer war überzeugter Demokrat. cherlich!) In seinem Buch Die Politiker formulierte er, dass für ihn – Zitat – „die gewaltengeteilte Verfassungsdemokratie Wenn Sie das heute ablehnen, ist das nicht nur ein der wichtigste zivilisatorische Fortschritt der Mensch- schwarzer Tag für die Energiepolitik in diesem Lande, heitsgeschichte“ sei. sondern ein schwarzer Tag für die parlamentarische De- Wir trauern um einen allseits geschätzten Kollegen. mokratie. Unsere Gedanken und unsere Anteilnahme sind bei sei- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, nen Angehörigen, seiner Frau und seiner Tochter, die ich bei der SPD und der LINKEN – Stefan Müller auf der Besuchertribüne begrüße. [Erlangen] [CDU/CSU]: Ihr Verhalten ist ein Der Deutsche Bundestag wird Hermann Scheer ein schwarzer Tag für den Parlamentarismus!) ehrendes Andenken bewahren. Großartig wurde dieses Energiekonzept von den Kol- Unsere besondere Anteilnahme gilt in diesen Tagen legen der Koalition und der Bundesregierung angeprie- auch Helmut Schmidt. Mit ihm trauern wir um Loki sen. Von „Revolution“ sprach Frau Merkel, von „epo- Schmidt, die am 21. Oktober im Alter von 91 Jahren in chaler Bedeutung“ redete Herr Westerwelle. „Das Hamburg gestorben ist. Loki Schmidt hat nie ein öffent- anspruchsvollste seiner Art“, meinte der Bundesumwelt- 7160 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Volker Beck (Köln) (A) minister leicht süffisant. Und es hieß: Ein neues Zeitalter Der Geschäftsführer der Unionsfraktion hat behaup- (C) bei der Energieversorgung. tet, das, was unsere Fraktion im Umweltausschuss mit den 25 Änderungsanträgen aufgeführt habe, die sie vor- In der Tat sind diese Gesetzesnovellen womöglich das legen wollte, sei Klamauk. einschneidendste Gesetzgebungsprojekt von Schwarz- Gelb, das in dieser Wahlperiode zur Diskussion steht. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Exakt rich- Wie aber behandeln Sie dies parlamentarisch? Das Bera- tig! Genau so sieht es aus!) tungsverfahren spricht allen Regeln des Parlamentes Die Bürgerinnen und Bürger draußen im Lande kennen Hohn. unsere üblichen Verfahren nicht. Um 18 Uhr, zeitgleich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, mit der Sitzung im Umweltausschuss, berieten die Kol- bei der SPD und der LINKEN) leginnen und Kollegen im Finanzausschuss das Finanz- markt-Restrukturierungsgesetz. Dort hat die Koalition in Was wir am Dienstag im Umweltausschuss erlebt ha- einer Beratung, die erst um 18 Uhr begonnen hat, ben, war ein Putsch gegen die Rechte der Opposition. Es 33 Änderungsanträge vorgelegt. war ein Bruch von Verfassung und Geschäftsordnung des Hohen Hauses. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Aha! Das ist kein Klamauk?) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN – Jürgen Trittin Unsere Fraktion, eine Oppositionsfraktion, war in der [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unter Anfüh- Lage, dazu sachlich Stellung zu nehmen und jeden ein- rung von Peter Altmaier! – Zuruf von der LIN- zelnen Antrag zu bescheiden. Warum ist es kein Kla- KEN: Pfui!) mauk, wenn die Koalition 33 Anträge vorlegt? Wir ha- ben uns nur erlaubt, 21 Anträge zu stellen. Sie haben weitere Anhörungsbegehren der Opposi- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, tionsfraktionen zu wesentlichen Fragen der Gesetzge- bei der SPD und der LINKEN) bung abgelehnt. Diese wurden damit nicht Gegenstand der parlamentarischen Beratungen. Sie haben sich sogar Es geht aber nicht nur um die formale Frage, ob un- gegen alle Möglichkeiten, die die Geschäftsordnung sere Bedenken in Form von Änderungsanträgen artiku- bietet, erdreistet, Geschäftsordnungsanträge und Sachan- liert werden konnten. Zentrale Fragen wurden im Ver- träge der Oppositionsfraktionen durch Mehrheits- fahren nicht erörtert. Wir haben Ihnen schon in der beschluss nicht zuzulassen. Das sieht unsere Geschäfts- letzten Sitzungswoche, als die Gesetzgebung gerade auf ordnung nicht vor. den Weg kam, einen Fragenkatalog zu der zentralen (B) Frage vorgelegt: Besteht bei einer Änderung Ihres Ge- (D) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, heimvertrages bei der vorgesehenen Gesetzgebung eine bei der SPD und der LINKEN) Pflicht, mit den Betreibern Verhandlungen aufzuneh- Sie haben damit ein geordnetes parlamentarisches Ver- men, wenn später die Gesetzgebung geändert wird? Sie fahren zu diesem Gesetzgebungsverfahren unmöglich haben zwar geantwortet, aber nicht auf die Frage. Sie ha- gemacht. ben gesagt: Wenn wir das heute beschließen, entsteht kein Änderungsbedarf, und es besteht auch kein Nach- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, verhandlungsbedarf. bei der SPD und der LINKEN) Was ist aber, wenn eine künftige Mehrheit des Deut- Wesentliche Punkte, die uns alle in Karlsruhe be- schen Bundestages diese Gesetzgebung ändern will? schäftigen werden, konnten im parlamentarischen Ver- Dazu verweigern Sie die Antwort. Das heißt, Sie sagen fahren nicht erörtert werden, weil die Oppositionsfrak- auch Ihren Kolleginnen und Kollegen nicht, welche Fol- tionen gerade einmal je einen Sachverständigen gen diese Gesetzgebung möglicherweise für die Finan- benennen konnten. Zu der Frage: „Ist diese Gesetzge- zen des Bundes hat. bung zustimmungspflichtig, muss der Bundesrat zustim- men?“, der Frage, die in Karlsruhe entscheidend sein (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wird, stand allein als Auskunftsperson zur bei der SPD und der LINKEN – Volker Verfügung, Kauder [CDU/CSU]: Schluss!)

(Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Präsident Dr. Norbert Lammert: Volker Kauder [CDU/CSU], an BÜNDNIS 90/ Herr Kollege. DIE GRÜNEN gewandt: Er hat auf jeden Fall rechtlich mehr drauf als Sie!) Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): über den die Welt schreibt, dass die rechtliche Stellung- Das bedeutet, Herr Kollege, dass wir diese Fragen im nahme, die er vorgelegt hat, von Eon, also einem der Be- Ausschuss erörtern müssen, weil die Rechte zur Befra- günstigten, finanziert worden ist. Das passt zur Lobby- gung der Bundesregierung, die die Opposition wahr- politik Ihrer Koalition. Das passt nicht zur nimmt, Rechte und Schutzmöglichkeiten auch für die parlamentarischen Demokratie. Mehrheitsabgeordneten sind. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, (Volker Kauder [CDU/CSU]: Keine Belehrun- bei der SPD und der LINKEN) gen!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7161

Volker Beck (Köln) (A) Der Sinn des Interpellationsrechts, des Fragerechts der Nun zum Thema seriöse Beratung. Wir sind Ihnen, (C) Abgeordneten und Fraktionen, ist, – was den Ablauf und die Vorbereitungen dieser Beratun- gen angeht, Präsident Dr. Norbert Lammert: (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Kollege. NEN]: Nicht lügen!) so weit entgegengekommen, wie ich es in 15 Jahren Zu- Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gehörigkeit zum Deutschen Bundestag noch nicht erlebt – dass die Bundestagsabgeordneten bei solchen Ent- habe. scheidungen wissen, was sie tun. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das wissen wir der FDP – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE auch!) GRÜNEN]: Sondersitzung auf Sondersitzung!) Aber nach dem heutigen Tag, nach diesem Beratungs- Es hat Anhörungen in jedem federführenden Ausschuss verfahren, müssen wir sagen: Sie wissen gar nicht, was gegeben. Sie tun, weil es Ihnen Ihre Bundesregierung nicht gesagt (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: hat. Sie haben die Geschäftsordnung gebrochen! Sie haben die Vorsitzende rausgeworfen!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Wir haben die Anhörungen in die sitzungsfreie Zeit ge- legt, damit Sie Zeit zur Vorbereitung haben. Wir haben Deshalb kann dieses Gesetzgebungsverfahren keinen Ihnen Ausschusssitzungen in der sitzungsfreien Zeit an- Vertrauensschutz für die Energieversorger bedeuten. Es geboten. Allein am Montag und am Dienstag hat der ist verfassungswidrig. Wir werden mit allen Mitteln, die Umweltausschuss zweimal getagt. die Verfassung uns gibt, dagegen vorgehen. Darauf kön- nen Sie sich verlassen. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum hatten wir denn keine Zeit für eine or- (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE dentliche Beratung?) GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN) Sie hatten die Chance, eine Debatte auf hohem Niveau zu führen. Stattdessen haben Sie es vorgezogen, Kla- Präsident Dr. Norbert Lammert: mauk zu machen und diese Chance zu vertun. Für die CDU/CSU-Fraktion erhält das Wort der Kol- (B) lege Peter Altmaier. (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (D) Warum haben Sie das denn durchgepaukt? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Liebedienerei!) Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Ihre Sache. Wir machen dabei aber nicht mit. Jetzt kommt Pöbel-Peter!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Peter Altmaier (CDU/CSU): Wir hatten doch am Montag und am Dienstag insge- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und samt fünfeinhalb Stunden Beratungszeit im Umweltaus- Herren! Wir werden heute das modernste, das umwelt- schuss. freundlichste (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist die Unwahr- (Widerspruch bei der SPD, der LINKEN und heit!) dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wenn Sie die Protokolle lesen, werden Sie feststellen, Gesetz zur Energiepolitik, über das in diesem Haus je- dass Sie von diesen fünfeinhalb Stunden viereinhalb mals diskutiert wurde, beraten und verabschieden. Stunden durch Zurufe, unsinnige Anträge und dadurch vertan haben, dass Sie der Vorsitzenden, die übrigens (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) von der Linken gestellt wird, die Geschäftsführung un- möglich gemacht haben. Während wir seit Wochen und Monaten in diesem Haus (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist eine Lüge!) (Ulrich Kelber [SPD]: Seit Monaten?) Sie haben damit jede Sachdebatte im Keim erstickt. darüber ernsthaft diskutieren, wie wir in Deutschland die Notwendigkeit, den Industriestandort zu sichern, mit ei- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – ner zukunftsweisenden, ökologischen Energiepolitik ver- Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: binden können, fällt Ihnen nichts anderes als Geschäfts- Das haben Sie doch nicht zu beurteilen, was ordnungstricks, Zurufe und Kostümfeste ein. Liebe Frau ein sinniger Antrag ist! Das ist doch keine Höhn, das mag für eine Basisversammlung der Grünen in Mehrheitsentscheidung! Sie haben die Parla- Dinslaken angehen. Für seriöse Beratungen in diesem mentarier in ihren Rechten behindert! Un- Hohen Hause gehört sich das nicht. glaublicher Vorgang! Sie haben die Vorsit- zende hinausgemobbt! Sie haben sich wie im (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) ukrainischen Parlament aufgeführt!) 7162 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Peter Altmaier (A) Lieber Herr Kollege Beck, Sie haben gesagt – damit (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (C) liefern Sie mir das entsprechende Argument –: Ihr habt der FDP – Lachen bei der SPD) doch im Finanzausschuss 33 Änderungsanträge gestellt, Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben uns und dann regt ihr euch auf, wenn wir im Umweltaus- um ein angemessenes parlamentarisches Verfahren be- schuss ebenfalls Änderungsanträge stellen. – Ich sage müht, Ihnen: Sie haben im Umweltausschuss die Abschaltung jedes einzelnen Kernkraftwerks beantragt. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Genau, indem Sie Anträge nicht zugelassen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haben! Sie haben die Leute in ihren Rechten beschnitten!) Dabei haben Sie selbst und Herr Trittin mit seiner Unter- schrift Laufzeiten von vielen Jahren genehmigt. weil es uns darum geht, einen Diskurs über die Zu- kunftsfragen unseres Landes zu führen, und weil wir im (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Gegensatz zu manchen anderen keine Verhinderungs- Wir haben Änderungsanträge zum Restrukturierungsge- politik, sondern eine Gestaltungspolitik machen. setz gestellt, die in der Sache begründbar sind und die (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: auch beschlossen werden konnten. Das unterscheidet Sie gestalten für RWE und Eon! – Weitere Zu- uns in der Arbeit von Ihnen. rufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Der entscheidende Punkt dieser Debatte ist ein ande- Wir glauben – egal, ob es sich um eine moderne Ener- rer. Sie tun so, als befänden Sie sich zusammen mit den gieinfrastruktur oder um den Ausbau der Verkehrswege Grünen noch in den Hoch-Zeiten der Anti-AKW-Bewe- handelt –, dass es sich lohnt, für ein lebenswertes, um- gung der 80er-Jahre. Sie haben eines übersehen, und das weltfreundliches Deutschland zu kämpfen und zu arbei- schlechte Gewissen schaut Herrn Trittin aus den Augen: ten. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Zurufe (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dafür brechen Sie geltendes Recht!) Lieber Herr Trittin, als Sie mit Herrn Schröder Ihre Un- Deshalb lehnen wir Ihren Obstruktionsantrag ab, und wir terschrift daruntergesetzt haben, dass die Kernkraft- werden unser Energiekonzept heute mit deutlicher und werke in Deutschland noch ganze 20 Jahre laufen kön- großer Mehrheit verabschieden. nen – ohne zusätzliches Sicherheitskonzept, ohne Nachrüstung –, (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und (B) der FDP) (D) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vom Pöbel-Peter zum Lügen-Peter!) Präsident Dr. Norbert Lammert: da haben Sie jeden Anspruch verwirkt, in dieser Debatte Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte noch derart fundamentalistisch aufzutreten und zu reagieren. einmal daran erinnern, dass es guter parlamentarischer Brauch ist, dass wir auch und gerade bei leidenschaftli- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) chen Auseinandersetzungen, einschließlich eines sicher Zum Abschluss. Ich habe mit Interesse gelesen, Herr zulässigen Schusses von Polemik, auf persönlich herab- Vorsitzender Gabriel, was Sie alles über die Unter- setzende Bemerkungen verzichten wollen und sollten. schiede zwischen der SPD und den Grünen im Hinblick Das gilt auch für Zwischenrufe. Vielleicht darf ich das auf Dafür und Dagegen gesagt haben, noch einmal in Erinnerung rufen. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – GRÜNEN]: Was hat das mit der Geschäftsord- Sigmar Gabriel [SPD]: Habe ich was ver- nung zu tun? – Renate Künast [BÜNDNIS 90/ passt?) DIE GRÜNEN]: Das brauchen Sie gar nicht! Das ist vertane Zeit!) Als Nächster erhält Thomas Oppermann für die Frak- tion der SPD das Wort. und dass die SPD die Partei ist, die dafür ist. Ich habe nur festgestellt: In dieser ganzen Debatte ist Ihnen über (Beifall bei der SPD) viele Wochen gar nichts anderes eingefallen, als dann, als die Grünen gesagt haben: „Jetzt machen wir ein biss- Thomas Oppermann (SPD): chen Klamauk“, brav hinterherzutrotten. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann ja verstehen, dass der Kollege Altmaier mit dem Rücken (Widerspruch bei der SPD und dem BÜND- an der Wand versucht, die Flucht nach vorn zu ergreifen. NIS 90/DIE GRÜNEN) Aber ich muss auch darauf bestehen, dass wir hier bei Wenn Sie auf diese Art und Weise erlauben, dass die der Wahrheit bleiben. Grünen die Meinungsführerschaft in der Opposition (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem übernehmen, dann dürfen Sie sich nicht wundern, dass BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) die Umfragen im Ergebnis genau so sind, wie sie sind, und sich möglicherweise noch weiter in die andere Rich- Der Umweltausschuss hat am Montag getagt, und es tung entwickeln werden. waren am Ende ganze 45 Minuten Beratung über die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7163

Thomas Oppermann (A) Anträge. Dazwischen gab es nur eine Geschäftsord- Wer so fundamentale Änderungen durchsetzen will, (C) nungsdebatte. der muss sich dafür die Zeit nehmen, und Sie haben sich ja alle Zeit genommen: Sie haben tagelang, wochenlang (Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) Zeit für die Atomlobby gehabt, um mit ihr alle Einzel- Nach zwei Stunden wurde die Beratung durch die Mehr- heiten zu besprechen, die für sie wichtig waren. heit mit der Begründung, der Präsident habe nur zwei (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Stunden Sondersitzung genehmigt, abgebrochen. Da ha- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Georg ben Sie den Hammer fallen gelassen. Ich sage Ihnen: Nüßlein [CDU/CSU]: Das ist nicht wahr!) 45 Minuten sind so viel wie eine Halbzeit im Fußball. Das mag im Fußball eine lange Zeit sein, aber 45 Minuten Da zeigt sich wieder einmal, dass Sie das Parlament als sind für die Beratung von vier so einschneidenden, fun- ein Parlament der zwei Geschwindigkeiten benutzen: ge- damentalen Gesetzen eindeutig zu wenig. duldige Verhandlungen mit der Atomlobby auf der einen Seite, blitzschnelle Beratungen auf der anderen Seite. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Das ist nicht in Ordnung. Wir können auch beim Atom- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) deal sehen: Wer in Deutschland eine starke Lobby bei Diese vier Gesetze werden – wenn sie heute verab- dieser Bundesregierung hat, der kann seine Interessen schiedet werden, was wir mit diesem Antrag verhindern durchsetzen. Wer keine Lobby hat, der geht leer aus. wollen – unwiederbringlich mit dem Makel behaftet sein, dass bei ihrer Verabschiedung die Minderheiten- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem rechte missachtet und dass sie mit der parlamentarischen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Brechstange durchgesetzt worden sind. Bei den Ausschussberatungen stand nicht einmal der (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Umweltminister zur Verfügung. Er war ausnahmsweise BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) nicht in Düsseldorf, wo er sich darum bewirbt, Nachlass- verwalter für die NRW-CDU zu werden, sondern er war Jede Novellierung eines x-beliebigen Gesetzes wird in Japan. Lieber Kollege Röttgen, ob in Japan oder in im Deutschen Bundestag sorgfältiger und gründlicher Düsseldorf oder bei wichtigen Atomverhandlungen drau- beraten als diese Gesetze. ßen vor der Tür: Sie stehen immer auf dem falschen Pos- ten. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ GRÜNEN) DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der (B) LINKEN) (D) Dies hier ist kein beliebiges Gesetz. Es geht darum, wie bei verlängerten Laufzeiten die Sicherheitsinteressen der Aber wenn Sie schon die Verantwortung für ein Gesetz Menschen wahrgenommen werden. Es geht um die übernehmen, das Sie in wichtigen Teilen gar nicht selber Schutzpflichten des Staates für Gesundheit und Leben verhandelt haben, dann hätte es Ihnen gut zu Gesicht ge- der Bürgerinnen und Bürger. Es geht darum, wie eine standen, wenn Sie in den Ausschüssen die Fragen beant- junge, innovative mittelständische Wachstumsindustrie, wortet hätten, die Ihre Mitarbeiter dort nicht beantwor- die immerhin schon über 300 000 Arbeitsplätze hervor- ten konnten. gebracht hat, weiter existieren kann in Deutschland. Es geht nicht zuletzt um die energiemarktwirtschaftliche (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Ordnung in diesem Land. Es geht darum, ob wir ein altes DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Oligopol mit 80 Prozent Marktbeteiligung in seiner LINKEN) Marktmacht verfestigen oder ob wir Wettbewerb in der Energiepolitik bekommen. Sie haben die Mehrheit, meine Damen und Herren von der CDU/CSU und von der FDP. Sie können am (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Ende mit Ihrer Mehrheit dieses Gesetz auch durchdrü- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der cken. Aber die Mehrheit muss sich der Minderheit stel- LINKEN) len. Sie darf nicht ausweichen. Sie muss die Fragen be- antworten, die im parlamentarischen Prozess gestellt Das sind fundamentale Veränderungen. Die Kanzlerin werden. Das haben Sie nicht getan. So wie Sie mit Ihrer hat sogar gesagt, das sei nicht nur ein Energiekonzept, Mehrheit umgehen, offenbaren Sie die Arroganz der das sei eine Revolution. Macht. (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Konterrevolution!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ein bisschen erinnert der Ablauf der parlamentarischen Beratungen – das muss ich schon sagen – eher an revolu- Sie zeigen auch, dass Sie Angst haben. Wer ein sol- tionäre Prozesse als an einen geregelten parlamentari- ches Gesetzespaket mit der Brechstange durchsetzen schen Ablauf. will, der will es schnell hinter sich bringen. Wer es schnell hinter sich bringen will, der hat ein ungutes Ge- (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fühl bei dem, was er da macht. Ich sage Ihnen: Auf die- NEN]: Das war ein Putsch!) ser Gesetzgebung liegt kein Segen. 7164 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Thomas Oppermann (A) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mitbekommen. Ich will auf Ihre Argumente eingehen, (C) der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE um das, was Sie vorgetragen haben, zu widerlegen. GRÜNEN) Erstens. Wir haben unseren Zeitplan im Ältestenrat des Bundestages vorgestellt. Es gab Bedenken der Op- Präsident Dr. Norbert Lammert: position wegen des Zeitplans für die Anhörungen. Wir Kollege Oppermann, Sie müssen jetzt zum Schluss sind genau darauf eingegangen. kommen. (Ulrich Kelber [SPD]: Das stimmt nicht!) Thomas Oppermann (SPD): Insofern ist der Vorwurf, wir hätten eine ordentliche Am Anfang standen die Geheimverträge mit der Beratung nicht ermöglicht, schon widerlegt. Atomwirtschaft, was wir nur durch einen Zufall heraus- bekommen haben. Am Ende steht ein schnelles Verfah- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) ren, ein kurzer Prozess im Parlament. Das werden wir Der zweite Punkt, den Sie angesprochen haben: Am nicht durchgehen lassen. Sie wollen die Deutschen auf Montagabend ist die Sitzung tatsächlich beendet wor- eine energiepolitische Reise in die Vergangenheit mit- den, aber es ist angeboten worden, am Dienstagmorgen nehmen. Ich sage Ihnen, wo diese Reise endet: Sie endet um 7 Uhr wieder zusammenzukommen. in Karlsruhe. (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (Beifall bei Abgeordneten der SPD) DIE GRÜNEN: Nein!) Wir werden Sie und diese Gesetze vor das Bundesver- Das macht deutlich, wie wichtig Ihnen dieses Thema of- fassungsgericht bringen. Da sehen wir uns wieder, und fensichtlich ist: Sie waren nicht bereit, früher aufzuste- da gibt es einen ordentlichen Prozess. hen. Vielen Dank. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN]: Das stimmt nicht! – Ulrich Kelber [SPD]: Herr van Essen, das ist die Unwahr- heit! Sie waren doch überhaupt nicht dabei! – Präsident Dr. Norbert Lammert: Zuruf des Abg. Ralph Lenkert [DIE LINKE]) Der Kollege Jörg van Essen erhält nun für die FDP- Fraktion das Wort. Ich habe Verständnis dafür, dass Sie die Sachargu- mentation scheuen. Genau deshalb haben Sie so viele (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (B) Geschäftsordnungsanträge gestellt. (D) der CDU/CSU) (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE Jörg van Essen (FDP): GRÜNEN]: Das stimmt doch nicht!) Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Um uns herum wird in Ländern, die sich von der Nu- Kollegen! Ich habe am letzten Dienstagabend zum ersten klearenergie verabschiedet hatten, wieder neu gebaut. Mal an einer Sitzung des Umweltausschusses teilgenom- men. (Sigmar Gabriel [SPD]: Wo denn?) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- In vielen anderen Ländern wird es genauso geschehen. NEN]: Ach, Sie waren auch dabei, als da ge- Das macht deutlich, dass Sie eine ganz schwierige Argu- mobbt wurde! Der Täter ist geständig!) mentation verfolgen. Deshalb scheuen Sie natürlich die Sachauseinandersetzung. Wer die Sachauseinanderset- Das, was ich dort erlebt habe, könnte man als Kindergar- zung nicht scheut, muss auch nicht das Affentheater ten bezeichnen, spielen, das uns hier geboten wird. (Beifall bei Abgeordneten der FDP) (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE aber das wäre eine Beleidigung für alle wohlerzogenen GRÜNEN]: Warum haben Sie die Fragen von Kinder in unserem Lande, die solche Einrichtungen be- uns nicht beantwortet? Was ist mit den Rechts- suchen. folgen des Vertrages? Was ist mit der Europa- rechtsfähigkeit?) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu- rufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Es macht mich nachdenklich. Es hat keinem Parlament in der Geschichte gutgetan, wenn eine Fraktion einheit- Spätestens da hätten alle die, die uns immer wieder lich gekleidet aufgetreten ist. einzureden versuchen, die Grünen seien bürgerlich ge- worden, merken können, dass ihnen das Wichtigste (Anhaltender Beifall bei der FDP und der fehlt: Stil und Anstand. CDU/CSU) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – La- Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir beantragen, chen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) dass der Geschäftsordnungsantrag der Opposition zu- rückgewiesen wird. Herr Kollege Oppermann, Sie waren bei der Sitzung nicht dabei und haben deshalb bestimmte Dinge nicht Vielen Dank. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7165

Jörg van Essen (A) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Zu- (Dr. Matthias Miersch [SPD]: So ist das! – Zu- (C) rufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Rich- tig!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Die anschließenden 45 Minuten wurden dann durch An- Es gibt hinreichenden Anlass zu der Vermutung, dass trag der FDP beendet. So viel gehört dann auch zur Ehr- wir zu dieser heute Morgen stattfindenden Geschäftsord- lichkeit. nungsdebatte noch eine Nachbetrachtung haben werden. Ich bitte nur, die Toleranzgrenzen im Auge zu behalten, (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem deren Überschreitung man sich offenkundig wechselsei- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des tig zumutet, und nicht einseitig Empfindlichkeiten zu re- Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- klamieren. NEN]) Nun hat für die Fraktion Die Linke der Kollege Am Dienstagabend, in der Nachtsitzung, gab es noch Wunderlich das Wort. eine Vielzahl von Änderungsanträgen. Diese sind auch nicht der Geschäftsordnung entsprechend behandelt (Beifall bei der LINKEN) worden. Der Antrag der Opposition, diese Änderungsan- träge mit einer Begründung von einer Minute einzubrin- Jörn Wunderlich (DIE LINKE): gen, ist mit der Mehrheit der Koalition abgelehnt wor- den. Eine Aussprache fand dazu nicht statt. Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle, die wir hier sitzen, haben uns zu Be- Dann gab es Änderungsanträge, die nicht eingebracht ginn dieser Legislaturperiode eine Geschäftsordnung ge- werden konnten und nicht behandelt wurden. Anschlie- geben, die für uns alle verbindlich ist. Jedenfalls habe ßend wurde über den Gesetzentwurf abgestimmt. An ich das bis Dienstagabend gedacht. Aber die Koalition dieser Abstimmung hat die Opposition nicht mehr teilge- scheint da anderer Meinung zu sein; denn am Dienstag- nommen; denn an einer so rechtswidrigen Verfahrens- abend hat die Koalition im Umweltausschuss in einem weise beteiligen wir uns nicht. untauglichen Versuch und mit einer für mich bis dato nicht dagewesenen Arroganz der Macht versucht, darzu- (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem legen, dass die Geschäftsordnung für sie nicht gilt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Um nicht nur den Zuschauern, sondern auch denjeni- Man muss sich einmal vor Augen führen, dass die gen Abgeordneten, die sich in der Geschäftsordnung of- rechtliche Beratung während der Sitzung durch den GO- fensichtlich nicht auskennen, einmal ein wenig Grund- Ausschuss in folgendem Satz bestand – ich zitiere –: (B) (D) sätzliches zu sagen: Die Geschäftsordnung kann „Der Ausschuss entscheidet selbst über die Anwendung entsprechend § 126 der Geschäftsordnung geändert wer- der Geschäftsordnung.“ Das läuft der Geschäftsordnung den, wenn mindestens zwei Drittel der anwesenden Mit- allerdings völlig zuwider. glieder des Bundestages zustimmen. Die Geschäftsord- (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nung gilt auch für die Ausschüsse – mit Ausnahme des NEN]: So ist es!) von mir gerade genannten § 126. Das heißt, dass ein Ausschuss die Geschäftsordnung nicht ändern kann. Am Ende der Sitzung wurde von der Koalition er- staunlicherweise noch beantragt, dass der Abgeordnete In der Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Natur- Dr. Nüßlein alleiniger Berichterstatter für die Koalition schutz und Reaktorsicherheit am Dienstagabend hat die sein soll. Dieser Antrag ist dann auch zur Abstimmung Koalition von CDU/CSU und FDP mit einfacher Mehr- gestellt worden, die Änderungsanträge allerdings nicht. heit beschlossen, dass Geschäftsordnungsanträge nur noch für zehn Minuten zugelassen werden, und durch (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- unparlamentarisches Verhalten verhindert, dass weitere NEN]: Aha! Das ist das Demokratieverständ- entsprechende Anträge gestellt werden konnten. Damit nis von Herrn van Essen!) wurde massiv in die Rechte von Abgeordneten einge- Auf die Frage, warum und mit welcher Begründung sie griffen. einen solchen Antrag stelle, antwortete die antragstel- (Beifall bei der LINKEN und dem BÜND- lende Kollegin unter anderem: Weil mir danach ist. NIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordne- (Lachen bei der LINKEN und dem BÜND- ten der SPD) NIS 90/DIE GRÜNEN) – Jürgen Trittin Nach meinem Kenntnisstand wurde auch gegen § 25 [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Stil!) Abs. 2 Satz 3 der Geschäftsordnung – Antrag auf – Das ist wirklich Stil. Schluss der Aussprache – verstoßen, da die entsprechen- den Anträge gar nicht beraten wurden. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der passt zu Ihnen, Herr van Essen!) Am Montagabend – Herr van Essen, das muss man schon einmal sagen – fand die Geschäftsordnungsde- Daher kann ich auch den Antrag der Opposition sehr batte im Rahmen der Beratung ja statt, weil die Regie- gut nachvollziehen, dass die Tonbandaufzeichnung die- rungskoalition überhaupt nicht über die Gesetzentwürfe ser Sitzung vom Dienstag nicht gelöscht werden soll. Es beraten wollte. ist im Grunde ein Beweissicherungsantrag. Das Bundes- 7166 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Jörn Wunderlich (A) verfassungsgericht wird seine helle Freude an dieser tungsbedarf von allen Fraktionen des Hauses im (C) Aufzeichnung haben. Allgemeinen und bei konkreten Gesetzgebungsvorhaben im Besonderen und die von uns vereinbarte Beratungs- (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem zeit in einem angemessen Verhältnis zueinander stehen. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei Abgeordneten der SPD, der LIN- Ob die vorgeschriebene Frist zur Einreichung von KEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- Vorlagen eingehalten ist, sei dahingestellt. Alles in allem NEN) handelt es sich bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt um ein rechtswidriges Zustandekommen dieser Gesetze, sollten Diese Frage richtet sich an alle Beteiligten und muss zu sie denn beschlossen werden. gegebener Zeit neu geklärt werden. Liebe Kollegen der Koalition, eines muss ich Ihnen Ich lasse nun über den Absetzungsantrag der Fraktion sagen: Die Beteiligung der Atomindustrie ersetzt nicht Bündnis 90/Die Grünen abstimmen. Wer stimmt gegen die Beteiligung des Parlaments. die beantragte Absetzung der Tagesordnungspunkte 4 a (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem bis 4 c? – Wer stimmt dafür? – Wer enthält sich? – Damit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ist der Geschäftsordnungsantrag mit der Mehrheit der Koalition gegen die Stimmen der Opposition abgelehnt Was Sie hier machen, ist ein Schlag ins Gesicht der De- worden. mokratie. Bei diesem Verhalten, das Sie hier an den Tag legen, brauchen Sie sich doch nicht zu wundern, wenn (Zuruf von der SPD: Auszählen!) sich immer mehr Menschen von der Politik abwenden Ich rufe nun die Tagesordnungspunkte 4 a bis 4 c so- und das Vertrauen in die Demokratie verlieren. wie den Zusatzpunkt 2 auf: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- 4 a) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten GRÜNEN) Entwurfs eines Elften Gesetzes zur Änderung Daher werden wir dem Antrag der Grünen zustim- des Atomgesetzes men. – Drucksache 17/3051 – Ich danke Ihnen. – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Ände- (B) rung des Atomgesetzes (D) Präsident Dr. Norbert Lammert: – Drucksache 17/3052 – Wir sind damit am Ende der Geschäftsordnungsde- batte. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Der Kollege Beck hat noch um eine Wortmeldung (16. Ausschuss) nach § 30 der Geschäftsordnung gebeten. Ich werde Ih- nen, Herr Beck, nicht das Wort erteilen, weil ich nicht – Drucksachen 17/3409, 17/3453 – erkennen kann, dass es sich um die Zurückweisung von Berichterstattung: Äußerungen handelt, die sich auf Ihre eigene Person be- Abgeordneter Dr. Georg Nüßlein ziehen. – Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE gemäß § 96 der Geschäftsordnung GRÜNEN]: Was? – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie bitte? – – Drucksache 17/3410 – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Berichterstattung: Nach der Rede von Herrn van Essen können Abgeordnete Bernhard Schulte-Drüggelte Sie 68 Wortmeldungen haben! Wir haben uns Sören Bartol auf eine beschränkt!) Heinz-Peter Haustein – Einen Augenblick, bitte! – Wir werden wegen einer Michael Leutert ganzen Reihe von Tatsachenbehauptungen, die in dieser Sven-Christian Kindler Geschäftsordnungsdebatte wechselseitig vorgetragen b) – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- worden sind, Anlass haben, in Ruhe über unseren Um- nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten gang mit unserer Geschäftsordnung nachzudenken. Entwurfs eines Gesetzes zur Errichtung eines (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Sondervermögens „Energie- und Klima- fonds“ (EKFG) Ich meine das so ernst, wie ich es sage. – Drucksache 17/3053 – In diesem Zusammenhang erlaube ich mir ausdrück- lich den Hinweis, dass wir offenkundig auch Anlass ha- – Zweite und dritte Beratung des von den Fraktio- ben, darüber nachzudenken, ob der angemeldete Bera- nen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7167

Präsident Dr. Norbert Lammert (A) Entwurfs eines Kernbrennstoffsteuergesetzes (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) (C) (KernbrStG) – Drucksache 17/3054 – Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- ren! Ich glaube, wir sollten jetzt die Gelegenheit nutzen, ausschusses (8. Ausschuss) uns in dieser Debatte einmal sachlich und nüchtern über – Drucksache 17/3405 – die Daten und Fakten zu unterhalten. Berichterstattung: Worum geht es? In der Tat geht es um nicht mehr und Abgeordnete Norbert Barthle nicht weniger als die Verabschiedung des weltweit ambi- Carsten Schneider (Erfurt) tioniertesten Energiekonzeptes. Damit wird erstmals Otto Fricke auch in Deutschland ein Konzept vorgestellt und heute Roland Claus verabschiedet, das alle Sektoren, nämlich den Strom, die Alexander Bonde Wärme, die Mobilität, die Nachfrageseite und die Ange- botsseite, gleichermaßen umfasst. Dieses schlüssige, c) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- technologieoffene und marktorientierte Gesamtkonzept richts des Ausschusses für Wirtschaft und Technolo- liefert eine Antwort aus einem Guss. gie (9. Ausschuss) Es ist im Übrigen das erste Energiekonzept seit – zu dem Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und 20 Jahren, das wir hier in diesem Hause debattieren und der FDP verabschieden. In der Großen Koalition hat es nicht Energiekonzept umsetzen – Der Weg in das funktioniert, weil sich die SPD verweigert hat, als es um Zeitalter der erneuerbaren Energien die entscheidenden Punkte ging. Rot-Grün hat gar nicht erst versucht, ein Energiekonzept aus einem Guss vorzu- – zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung legen. Sie haben nur Einzelmaßnahmen adressiert: ein Energiekonzept für eine umweltschonende, bisschen erneuerbare Energien hier, ein bisschen KWK zuverlässige und bezahlbare Energieversor- da, ein bisschen Steinkohlesubventionen an anderer gung Stelle. Aber die Dinge haben vorne und hinten nicht zu- einander gepasst. und (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) 10-Punkte-Sofortprogramm – Monitoring und Zwischenbericht der Bundesregierung Was tun wir? Wir formulieren in unserem Energie- (B) (D) – Drucksachen 17/3050, 17, 3049, 17/3402 – konzept Ziele, die wir erreichen wollen; wir beschreiben realistische Wege, die zu diesen Zielen führen. Berichterstattung: Abgeordneter Thomas Bareiß Welche Ziele setzen wir uns? Es geht um eine saube- re, sichere und bezahlbare Energieversorgung für die ZP 2 Beratung des Antrags der Abgeordneten Rolf Bürger und für die Wirtschaft in diesem Land. Es geht Hempelmann, Hubertus Heil (Peine), Ulrich darum, dass zukünftig der Hauptanteil der Energiever- Kelber, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der sorgung aus erneuerbaren Energien stammen soll. Es SPD geht darum, die Energieeffizienz in diesem Land ent- Das Energiekonzept der Bundesregierung zu- scheidend zu verbessern. Wir wollen die Energieeffi- rückziehen zienz im Zeitraum von 1990 bis 2020, also innerhalb von 30 Jahren, verdoppeln. Das heißt, dass wir den glei- – Drucksache 17/3426 – chen Anteil am Bruttosozialprodukt mit nur der Hälfte Zum Elften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes der Energie produzieren wollen. Es geht darum, den An- liegen 24 Änderungsanträge und zum Zwölften Gesetz teil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch zur Änderung des Atomgesetzes drei Änderungsanträge von heute 16 Prozent bis 2020 mehr als zu verdoppeln. der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Weiterhin lie- gen zum Elften Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes Präsident Dr. Norbert Lammert: je ein Entschließungsantrag der Fraktion Die Linke und Einen Augenblick, Herr Kollege Pfeiffer. – Darf ich der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Über die vier die Kolleginnen und Kollegen, die dieser Debatte nicht Gesetzentwürfe der Fraktionen der CDU/CSU und FDP oder jedenfalls nicht konzentriert folgen können oder sowie über alle Änderungsanträge der Fraktion wollen, bitten, den Plenarsaal zu verlassen oder zumin- Bündnis 90/Die Grünen werden wir später namentlich dest sicherzustellen, dass der Redner wirklich die not- abstimmen. wendige Aufmerksamkeit erhält. Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für (Beifall bei der CDU/CSU) die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann können wir so verfahren. Dr. Joachim Pfeiffer (CDU/CSU): Ich eröffne die Aussprache und erteile zunächst dem Wie gesagt: Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Kollegen Dr. Joachim Pfeiffer das Wort für die CDU/ Energien am Bruttostromverbrauch bis 2020 mehr als CSU-Fraktion. verdoppeln; er soll auf 35 Prozent steigen. Bis 2050 wol- 7168 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Joachim Pfeiffer (A) len wir diesen Anteil der erneuerbaren Energien auf frastrukturprojekte wären und den Protest vor Ort organi- (C) 80 Prozent erhöhen. sieren würden. Es geht darum, den Primärenergieverbrauch gegen- (Beifall bei der CDU/CSU) über dem Stand von 2008 bis 2020 um 20 Prozent und Um diesen Weg schneller gehen zu können, um diese bis 2050 um 50 Prozent zu senken. Es geht darum, eine Brücke schneller überqueren zu können, werden wir CO -freie oder -arme Energieversorgung zu erreichen, 2 jetzt den volkswirtschaftlichen Nutzen, den die Kern- indem wir die CO -Emissionen gegenüber dem Stand 2 energie – das ist unstrittig – für unser Land hat, ab- von 1990 bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 sogar um schöpfen. Diesen Nutzen werden wir für die schnellere 80 Prozent reduzieren. Damit gehen wir an das Limit Begehung dieses Weges einsetzen. Alle Forschungsinsti- dessen, was realistisch erreichbar ist. Wir sind dort welt- tute im Bereich der Wirtschaft haben dargelegt, dass die weit an der Spitze und einzigartig. Kernenergie diesen volkswirtschaftlichen Nutzen hat. Jetzt frage ich Sie: Sind Sie gegen diese Ziele? – Ich , den Sie ja gut kennen, hat es plastischer aus- glaube, nicht. Ich glaube, dass die große Mehrheit hier in gedrückt. Er hat gesagt: Das ist ein Lastwagen voller diesem Hause für diese Ziele ist. Sie gehen nämlich so- Geld, der verbrannt wird. Wir wollen diesen Lastwagen gar weit über das hinaus, was wir in der Großen Koali- voller Geld nicht verbrennen, sondern wir wollen das tion, in der Europäischen Union und auf internationaler Geld für den schnelleren Umbau unseres Energieversor- Ebene – im Kioto-Protokoll und in anderen Abkommen – gungssystems nutzen. vereinbart haben. So weit, so gut. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Aber mit einem bloßen „Weiter-so wie bisher!“ kön- nen wir diese Ziele nicht erreichen. Es wäre weder tech- Deshalb verlängern wir die Laufzeit unserer sicheren nisch noch physikalisch möglich, weil weder Netze noch deutschen Kernkraftwerke moderat, ohne dabei die Si- Speicher in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, cherheit aus dem Auge zu verlieren. Ganz im Gegenteil: um den Strom aus erneuerbaren Energien ins Netz einzu- Wir verbessern sogar die Sicherheitspuffer gegenüber speisen und zu transportieren. Es wäre wirtschaftlich dem, was Rot-Grün im Rahmen des Ausstiegsbeschlus- schon gar nicht möglich, weil uns die Kosten aus dem ses verabschiedet hat. Ruder laufen würden. Das ist die Analyse; da sind wir Wir gehen auch die Entsorgungsfrage entschieden uns offensichtlich auch noch einig. an und stellen den Schacht Konrad fertig, wo 90 bis Jetzt ist die Frage: Wie wollen wir diese Ziele errei- 95 Prozent des Volumens der schwach- und mittelradio- chen? Wir schlagen ein Bündel von Maßnahmen mit aktiven Abfälle dauerhaft eingelagert werden können. Wir (B) über 50 Instrumenten vor, damit wir die Ziele realistisch wollen ferner endlich eine Lösung für die hochradio- (D) erreichen können. Zunächst legen wir ein Sofortpro- aktiven Abfälle. Daher erkunden wir weiter, ob Gorle- gramm vor. Dazu gehört ein Kreditprogramm in einem ben als Endlager geeignet ist oder nicht. Das haben Sie, Umfang von 5 Milliarden für den weiteren Ausbau Herr Trittin, damals verhindert. Jetzt weisen Sie immer der Kapazitäten im Bereich der Offshorewindkraft. Im darauf hin, dass die Entsorgungsfrage ungelöst ist. Speicherbereich – das ist am dringendsten; dort brennt es Gleichzeitig tun Sie aber alles, um eine Lösung des Ent- am meisten – wollen wir neue Speicherkraftwerke von sorgungsproblems zu verhindern. den Netzentgelten befreien. Wir wollen die Modernisie- (Beifall bei der CDU/CSU) rung und Dezentralisierung des Kraftwerkparks der kommunalen Energieversorger mit einem Förderpro- Mit der Verlängerung der Laufzeiten mobilisieren wir gramm weiter stärken und verbessern. Der Schlüssel mehr als 30 Milliarden Euro, die wir unter anderem in ein zum Erreichen der Ziele liegt aber vor allem im Ausbau Sondervermögen einbringen, mit dem Maßnahmen zur der Infrastruktur. Mit unserem ehrgeizigen Plan, den In- Gebäudesanierung – Isolierung, Austausch von Heiztech- frastrukturausbau im Energiebereich zu beschleunigen, nik, Installierung modernster Heiztechnik – gezielt finan- kommen wir diesen Zielen näher. ziert werden können. Das ist erforderlich, damit wir unser Ziel schnell erreichen. (Beifall bei der CDU/CSU) Insofern ist die Verabschiedung dieses Energiekon- Wir werden das nicht mit einem Weiter-so erreichen. zeptes hier und heute in diesem Haus ein Meilenstein in der Energiepolitik, ein Marshallplan für den Umbau der In diesen Tagen wird die dena, die Deutsche Energie- deutschen Energiewirtschaft. Agentur, hierzu einen Bericht veröffentlichen. In Deutsch- land ist ein Stromnetz mit einer Länge von 3 500 Kilo- (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: metern notwendig, um diese Ziele realistischerweise zu Marshallplan! Das ist ja wohl ein Witz! Beim erreichen. Mit der jetzigen Ausbaugeschwindigkeit wer- Marshallplan hat Deutschland etwas bekom- den wir dies in 50 Jahren nicht schaffen, somit natürlich men! Jetzt zahlen wir!) auch nicht die von uns gesetzten Ziele erreichen. Dies ist ein guter Tag für Deutschland. Ich freue mich, Es wäre daher schön, wenn diejenigen, die im Plenum dass wir heute diesen guten Tag für Deutschland mit ei- und in den Ausschüssen die erneuerbaren Energien und nem klaren Zeichen für die Zukunft begehen können. deren Ausbau vollmundig befürworten, nicht dann, wenn Vielen Dank. es um den Ausbau der Leitungsnetze oder den Bau von Pumpspeicherkraftwerken geht, als Erste gegen diese In- (Beifall bei der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7169

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: tigen Anzeigen der Stadtwerke in Deutschland, die sich (C) Nächster Redner ist der Kollege Sigmar Gabriel für gegen Sie zur Wehr zu setzen versuchen. die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem (Beifall bei der SPD) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wir haben vorhin Hermann Scheer gedacht, und ich Sigmar Gabriel (SPD): danke dem Präsidenten für seine Würdigung von Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor unge- Hermann Scheer. Ich sage Ihnen allerdings eines dazu fähr achteinhalb Jahren wurde von diesem Parlament die – das ist eines unserer Versprechen, die wir im Rahmen Entscheidung getroffen, das nukleare Risiko des Be- einer solchen Würdigung abgeben –: Wir werden dieses triebs von Atomkraftwerken in Deutschland ein für alle Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht zu Fall brin- Male – wenn auch nur Schritt für Schritt – zu beseitigen. gen, und alles, was Sie hier noch zustande bringen, wer- den wir nach der nächsten Bundestagswahl zurück- Gleichzeitig und untrennbar verbunden mit der Ent- schrauben. Damit werden wir dem Vermächtnis von scheidung für den Ausstieg aus der Atomenergie begann Hermann Scheer gerecht. der Siegeszug der erneuerbaren Energien in Deutsch- land. 300 000 neue Arbeitsplätze sind inzwischen auf (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem der Grundlage dieser Entwicklung im Bereich der erneu- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) erbaren Energien in Deutschland geschaffen worden. Kommen Sie nicht mit Ihren Märchen von der Das ist das Zehnfache der Anzahl von Arbeitsplätzen, Brückentechnologie. Kommen Sie nicht mit Ihren Mär- die in der Atomwirtschaft existieren. chen von den paar Hundert Millionen Euro, die die Kon- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) zerne zur Verfügung stellen. Es geht vielmehr darum, ob es auch noch in Zukunft zu den Milliardeninvestitionen Statt diese Erfolgsgeschichte auszubauen, statt aus privater Unternehmen in erneuerbare Energien kommen 300 000 Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren 600 000 wird. Diese investieren nämlich nicht in erneuerbare zu machen, statt zu zeigen, dass Arbeit und Umwelt, Kli- Energien, wenn sie sich nicht sicher sein können, dass maschutz und wirtschaftlicher Erfolg zusammenpassen, sie den Strom auch ins Netz einspeisen können. statt den Bereich der erneuerbaren Energien auszubauen, stoppen Sie diese Entwicklung und verhindern den Aus- (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Das stellt bau von Arbeit, Klimaschutz und sauberen Energien. niemand infrage!) Das ist das, was Sie heute hier machen. Das hat nicht nur etwas mit dem Netzausbau zu tun. (B) (D) (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Übrigens, Herr Kollege Pfeiffer, warum haben Sie in BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) der letzten Wahlperiode den Netzausbau so massiv be- Herr Kollege Pfeiffer, Sie haben ein paar Lastwagen hindert? Wir hätten doch längst die Hochspannungslei- mit Geld in Bewegung gesetzt. Das kann man wirklich tungen unter die Erde verlegen können, wenn Sie dazu nicht anders sagen. Die Richtung ist eindeutig. Die Lkw nicht immer Nein gesagt hätten. fahren nacheinander vier Adressen ab. Die vier großen (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Dinosaurier der Energiewirtschaft bekommen, je nach- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der dem, wie sich die Strompreise entwickeln, zwischen 40 LINKEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: und 100 Milliarden Euro zugeschustert. Herr Brüderle Das ist doch absurd!) hat von 100 Milliarden Euro gesprochen und gesagt, dass die Aufteilung fifty-fifty erfolgt. Jetzt sind es nur Sie selbst, Ihr damaliger Wirtschaftsminister Glos und 30 Milliarden Euro. Angesichts Ihrer Rechnung – fifty- Herr zu Guttenberg haben den ehemaligen Ministerprä- fifty – frage ich mich, wie der PISA-Test bei Ihnen aus- sidenten Wulff gestoppt, als er versucht hat, den schnel- gegangen wäre. len Ausbau der Netze von der Nordsee zu den Last- schwerpunkten zu erreichen. Sie sind doch selber schuld (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der an dem Stau, den wir derzeit haben. SPD und der LINKEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Ich kann Ihnen sagen: Die setzen das von der Steuer DIE GRÜNEN – Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/ ab. Und dann machen Sie auch noch Geheimabsprachen. – CSU]: Jetzt übertreiben Sie aber! – Weitere Entschuldigung, Herr Brüderle, ich muss Sie in Schutz Zurufe von der CDU/CSU und der FDP) nehmen. Das war die Bundeskanzlerin persönlich. Sie hat nebenbei auch noch Geheimabsprachen getroffen, – Ich habe mich hier zu Wort gemeldet, weil ich die De- sodass, wenn sich die Situation ändert und die Nachrüs- batte vielleicht ein bisschen länger kenne als Sie und tung im Bereich der Sicherheitstechnik zu teuer wird, weil man verhindern muss, dass hier in Deutschland das dafür notwendige Geld nicht von den Unternehmen Volksverdummung betrieben wird. zur Verfügung gestellt werden muss. All das lassen Sie (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Dazu leisten zu. Sie schaffen Wettbewerbsvorteile für die vier Dino- Sie aber keinen Beitrag, Herr Gabriel!) saurier der Energiewirtschaft, und damit schädigen Sie die mittelständische Energiewirtschaft. Wenn Sie wissen – Warten Sie einmal ab. Wir kommen noch zu ein paar wollen, was uns droht, dann lesen Sie heute die ganzsei- spannenden Themen. 7170 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Sigmar Gabriel (A) Sie haben doch jetzt dafür gesorgt, dass sich derje- dem, was Sie gerade machen, die Sicherheitsstandards in (C) nige, der in Zukunft 1 Milliarde Euro in die Nordsee in- Deutschland. Sie verbessern sie nicht. vestieren will, damit dort Windparks gebaut werden, nicht sicher sein kann, ob er den Strom ins Netz einspei- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem sen kann. Schließlich laufen die alten Atomkraftwerke BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) noch immer. Sie sind angesichts dessen, was Sie hier ge- Aber keine Sorge, das kann man entlang Ihres Textes se- rade betreiben, ein echtes Investitionshindernis für hen. Deutschland. Herr Röttgen, wie können Sie, obwohl Sie für Reak- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem torsicherheit zuständig sind, eigentlich zulassen, dass der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Finanzminister und das Kanzleramt über Reaktorsicher- Das alles stört Sie nicht. Es stört Sie auch nicht, dass heit verhandeln und Sie nicht einmal dabei sind, nicht Hunderttausende von Menschen in Deutschland dagegen einmal dazu eingeladen werden? demonstrieren. Die Menschen wissen nämlich, dass Sie (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ die Zukunft behindern und eine Rolle rückwärts in die DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der Vergangenheit machen. LINKEN) Heute Morgen haben wir 170 000 Unterschriften von Wie können Sie als Minister für Reaktorsicherheit zulas- Avaaz bekommen; Avaaz hat nur vier Wochen ge- sen, dass Laufzeitverlängerungen vereinbart werden, braucht, um sie zu sammeln. Das ist Ihnen allerdings ohne vorher zu klären, ob die alten Atommeiler über- egal. Stattdessen eröffnen Sie erneut einen gesellschaft- haupt nachgerüstet werden können? Sie wollen doch lichen Großkonflikt, den wir schon einmal in mühsa- jetzt beschließen, dass diese 10, 12 oder 14 Jahre länger mer Arbeit über viele Jahre gelöst hatten. Sie spalten die laufen, ohne überhaupt geprüft zu haben, ob man das bei Gesellschaft, obwohl sie sich in diesem Punkt schon ei- Biblis A, bei Biblis B, bei Neckarwestheim und all den nig war. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, meine Damen anderen Kraftwerken machen kann. Sie verletzen doch und Herren. das Atomgesetz. Nach Ihrem Gesetzentwurf sollen die (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ alten Reaktoren, auch die ältesten Meiler, weiterbetrie- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der ben werden. Durch die vorgelegte Novelle zum Atomge- LINKEN) setz wird es quasi möglich, die Laufzeiten zu verlängern, ohne dass eine neue Genehmigung erteilt werden muss; Zu all dem sagt der Bundesumweltminister Ja und denn es ist klar, dass sie keine neue Genehmigung be- Amen. Sagen Sie einmal, Herr Röttgen, kennen Sie ei- kommen würden. (B) gentlich die Verfassung der Bundesrepublik Deutsch- (D) land? Angeblich wollen Sie ein Nachrüstprogramm aufle- gen. Sie müssen das trotz der Geschwindigkeit, in der (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Gesetzentwurf verabschiedet werden soll, einmal le- NEN]: Nein, die kennt er nicht!) sen. Auch Sie in der Union können das doch nicht wirk- Ich habe den Eindruck, dass Sie sie nicht kennen. Denn lich wollen. In diesem Nachrüstprogramm werden so sonst wüssten Sie, dass Sie als zuständiger Minister für lange Zeiträume vorgesehen, dass es erst kurz vor dem Ihren Aufgabenbereich die Verantwortung tragen und Zeitpunkt, an dem die Atommeiler – selbst mit der ge- dass Ihnen diese niemand abnehmen kann – weder der planten Laufzeitverlängerung – abgeschaltet werden Koalitionsausschuss noch die Kanzlerin. Wissen Sie, müssen, zur Nachrüstung kommt. Im Bereich der Nach- wie Ihre Amtsbezeichnung lautet? Ich lese Ihnen diese rüstung wird also nichts passieren. Dann vereinbaren Sie einmal vor, weil Sie sie vielleicht vergessen haben: Bun- auch noch, dass das die Konzerne nur 500 Millionen desminister für Umwelt, Naturschutz und – jetzt kommt Euro kosten darf; wenn es mehr kostet, muss der Steuer- es – Reaktorsicherheit. zahler den Rest zahlen. Das hat es noch nie gegeben in Deutschland; so etwas gab es noch nie in unserem Land. (Zuruf von der FDP: Ja, mehr Sicherheit!) (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Diese Amtsbezeichnung hat eine große Bedeutung. Schließ- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) lich birgt der Betrieb von Kernkraftwerken Risiken. Ich nenne Brunsbüttel, Krümmel, Biblis, Philippsburg. Wir Bisher hat jeder Minister, Herr Röttgen, egal wer im alle kennen doch die Probleme aus den letzten Jahren. Je- Amt war, gesagt: Ihr müsst nachrüsten, wenn es für die der der bekannt gewordenen Störfälle hätte sich zur Ka- Sicherheit erforderlich ist, und wenn euch das zu teuer tastrophe entwickeln können. ist, dann müsst ihr die Dinger vom Netz nehmen. – Sie sind der erste Minister, der die Sicherheit der Bevölke- (Michael Kauch [FDP]: Und warum haben Sie rung von der Bevölkerung selber bezahlen lassen will. sie nicht abgeschaltet?) Sie sind der Erste in Deutschland, der das so macht. – Keine Sorge, ich komme noch zu Ihrem Lieblingsthema (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Nachrüstung. Keine Angst, ich lasse Sie nicht davonkom- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) men; das wird Ihrerseits ein untauglicher Versuch sein. Herr Trittin wird auch noch ein paar Bemerkungen dazu Die eigentliche Frage ist doch: Warum prüfen Sie machen. Sie glauben doch nicht etwa, dass wir auf Ihre nicht vorher, warum mischen Sie sich eigentlich gar Tricks hereinfallen. Schließlich verschlechtern Sie mit nicht ein? Warum sagen Sie nicht, dass ein Antrag ge- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7171

Sigmar Gabriel (A) stellt werden muss, wenn die Laufzeiten verlängert wer- es um Laufzeitverlängerungen und andere Fragen ging. (C) den sollen, und Sie dann gemeinsam mit den Ländern Wissen Sie, was das Verfassungsgericht Ihnen sagen prüfen, ob die Meiler sicher genug sind, und Nachrüs- wird? Lieber Herr Röttgen, den dynamischen Vorsorge- tungen festlegen? Das wäre ein Weg. Auch diesen halten grundsatz gibt es im Atomgesetz bereits seit 50 Jahren, wir nicht für besonders klug, aber das wäre zumindest seit 1959. ein Weg, bei dem Sie Minister für Reaktorsicherheit blieben. Stattdessen bewilligen Sie das Ganze, bevor es Ich zitiere aus dem entsprechenden Urteil dazu – Ver- überhaupt eine Prüfung gegeben hat. Sie wollen doch fassungsgericht 1978 zu Kalkar –: auch gar nicht wissen, welche Nachrüstungen möglich Die in die Zukunft hin offene Fassung des § 7 sind. Abs. 2 Nr. 3 AtomG Sie behaupten hier tatsächlich, Sie würden sich um – also des bestehenden Atomgesetzes – Sicherheit kümmern? Sie werfen Herrn Trittin und mir vor, wir hätten das nicht getan? dient einem dynamischen Grundrechtsschutz. Sie hilft, den Schutzzweck des § 1 Nr. 2 AtomG jeweils (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) bestmöglich zu verwirklichen. Ich frage Sie eines: Warum war Ihre erste Amtshand- lung, dass Sie der Bundesaufsicht das neue Kerntechni- Weiter schreibt das Verfassungsgericht in dem Urteil: sche Regelwerk weggenommen haben und ein 30 Jahre Das muss sogar über den bestehenden Stand der Technik altes wieder eingeführt haben? Warum haben Sie das ge- hinausgehen. Der Gesetzgeber muss das Recht haben, macht? die Atomkraftwerksbetreiber dazu zu zwingen, neue Techniken zu entwickeln, wenn sie nicht da sind. – Das (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem alles steht darin. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Jetzt legen Sie ein Gesetz vor, von dem Sie sagen: Wir haben 2008 und 2009 gegen den massiven Wider- Wir können nur noch Vorsorge da verlangen, wo techni- stand der Atomwirtschaft zumindest für die Bundesauf- sche Lösungen vorhanden sind. Ich sage Ihnen, was das sicht einen modernen Prüfstandard eingeführt: das Kern- Ergebnis davon wäre: Wenn Sie das heute wirklich be- technische Regelwerk. Das Erste, was Sie gemacht schließen, dann können Sie keinen Kraftwerksbetreiber haben, war, dieses wieder abzuschaffen. Ich vermute, mehr dazu zwingen oder von ihm verlangen, für existie- das geschah auf Vorschlag von Herrn Hennenhöfer; er rende Gefahren und Probleme, die von der Atomaufsicht hat vor einiger Zeit sein Geld bei der Atomindustrie ver- entdeckt werden, neue Technik zu entwickeln. Sie wer- dient. den Sie immer darauf verweisen, dass doch jetzt im Ge- (B) (D) (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE setz steht, nur das, was schon Stand der Technik sei, GRÜNEN]: Unabhängiger Berater!) müsse gemacht werden. Ich sage Ihnen einmal, was wir dann nicht mehr hätten: Wir hätten keinen Schutz gegen Die Investitionen haben sich für die Atomindustrie be- Wasserstoffexplosionen im Sicherheitsbehälter, wir hät- zahlt gemacht; das kann ich nicht anders sagen. Er hat ten keine Sicherheitsventile im Sicherheitsbehälter, kei- Ihnen empfohlen, es außer Kraft zu setzen. Wir werden nen Schutz gegen Verstopfung im Kühlkreislauf, keinen uns den Schriftverkehr zwischen den Ländern, Ihrem Schutz gegen viele andere Störfälle. Bei Problemen ha- Haus und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsi- ben die Kraftwerksbetreiber gesagt: Es gibt dafür aber cherheit dazu, warum Sie das Kerntechnische Regelwerk keine Technik. Dann haben wir gesagt: Wenn ihr die nicht weiterentwickeln wollen und warum Sie den Stand Technik nicht entwickelt, dann nehmen wir euch das von Wissenschaft und Technik nicht akzeptieren, son- Kraftwerk vom Netz. dern nur den Stand der Technik, einmal genauer anse- hen. Das ist die jetzige Rechtslage. Sie verändern sie, Sie verschlechtern die Sicherheit für die Bevölkerung in (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!) Deutschland. Damit sind wir bei Ihrem schönen § 7 d des Atomge- (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem setzes, in dem Sie schreiben, Sie würden neue Sicher- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) heit schaffen. Wissen Sie, was Ihr Minister da tut? Er be- hauptet, es gebe jetzt zum ersten Mal eine dynamische Das, was Sie hier abliefern, ist nichts anderes als eine Sicherheitsverbesserung. Auftragsarbeit der Atomindustrie. Sie sind der Minister, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – der billig das aufschreibt, was die wollen, und lassen Dr. Maria Flachsbarth [CDU/CSU]: Genau! sich dafür ein bisschen Geld in den Haushalt geben. So ist es!) (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Herr Röttgen, meine Bitte ist: Wenn Sie schon nicht ins SES 90/DIE GRÜNEN) Atomgesetz schauen – vielleicht aus Zeitgründen wegen Auftragsschreiber sind Sie, aber kein Minister für Reak- des Wahlkampfes in NRW –, dann rufen Sie doch einmal torsicherheit in Deutschland. Das ist die Wahrheit über beim Bundesverfassungsgericht oder beim Bundesver- Ihre Arbeit. waltungsgericht an. Das sind die beiden Gerichtsinstan- zen, die in der Vergangenheit immer den Anträgen des (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Bundesumweltministeriums recht gegeben haben, wenn BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 7172 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Sigmar Gabriel (A) Dynamischer Schutzstandard, den vernichten Sie ge- Wir haben die Sicherheitsanforderungen für Endlager (C) rade. Mensch, Herr Kauch, Sie wissen das doch alles, entwickelt. Das sind dieselben, die Herr Röttgen gerade Sie kennen doch die Rechtsprechung. Sie kennen das wieder aufweichen lässt. Nicht nur das Kerntechnische Gesetz, und trotzdem wollen Sie zustimmen, dass dieser Regelwerk für die Sicherheit der Atomkraftwerke will er Minister und Ihre Koalition die Sicherheitsstandards für aufweichen oder hat er sogar aus der Bundesaufsicht Atomkraftwerke herabsetzen, weil die doch wissen, dass wieder herausgenommen, sondern er lässt auch die Si- mit den bestehenden Sicherheitsstandards die alten Din- cherheitsanforderungen für Endlager aufweichen. Wir ger nicht weiter betrieben werden könnten. Das lassen haben Schacht Konrad gemacht, wir haben begonnen, Sie als umweltpolitischer Sprecher zu? die Asse zu sanieren – am Anfang gegen den massiven Widerstand bei Ihnen. Ich sage Ihnen, Sie haben diese ganzen Beratungen durchpeitschen müssen – Ihre Regierung, Ihr Minister (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Geklagt bis und Ihr Fraktionsvorstand –, weil sonst Ihren Abgeord- zum Letzten haben Sie!) neten aufgefallen wäre, was da wirklich im Gesetz steht. 2006 haben wir übrigens ein Konzept vorgelegt, Frau (Lachen bei der FDP) Bundeskanzlerin, in dem ich Ihnen angeboten habe, Gor- leben weiterzuentwickeln. Wir haben gesagt: Wir sind – Da lachen Sie mal. Das ist der Grund, weshalb Sie das bereit, Gorleben weiter zu erkunden, aber nur dann, machen. wenn die von uns erarbeiteten internationalen Kriterien (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem für ein Endlager gelten – nicht einmal dazu haben Sie Ja BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gesagt – und wenn in Deutschland parallel dazu nach an- deren Standorten geschaut und am Ende der beste Stand- Verstehen Sie, Herr Trittin und ich melden sich nor- ort genommen wird. malerweise nicht zu Wort, wenn es um Herrn Röttgen geht, weil man das bei dem Nachfolger eigentlich nicht (Beifall bei Abgeordneten der SPD) macht. Aber wenn er sein Amt so dreist nicht ausübt, wenn er so dreist der Öffentlichkeit die Unwahrheit über Das haben wir Ihnen vorgeschlagen. Sicherheitsprobleme erzählt, dann müssen hier einmal Kommen Sie nicht zu mir und sagen, wir hätten Ihnen ein paar stehen, die in ihrer Amtszeit für mehr Sicherheit keinen Vorschlag zu Gorleben gemacht. Herr Röttgen, gesorgt haben, als Sie das jemals in Ihrer Amtszeit fragen Sie doch einmal Ihren Herrn Hennenhöfer, wer schaffen werden, selbst wenn Sie vier Jahre Minister zuerst ein Moratorium für Gorleben vorgeschlagen hat. bleiben. Das war nämlich die Atomindustrie. Fragen Sie einmal Frau Merkel, warum sie in ihrer Amtszeit als Bundesum- (B) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ (D) DIE GRÜNEN) weltministerin Herrn Hennenhöfer beauftragt hat, die Untersuchungskriterien für das Endlager Gorleben zu- sammenzustreichen. Sie hat es getan, weil die Atomin- Präsident Dr. Norbert Lammert: dustrie Angst hatte, dass sie mit den existierenden Salz- Herr Kollege Gabriel. rechten gar keine vernünftige Untersuchung durchführen kann. Sigmar Gabriel (SPD): Ihre Kanzlerin steckt im Thema Gorleben und in der Meine Kollegen ahnen, was passieren wird. Verantwortung für Gorleben ganz tief drin. Sie wussten immer, dass Gorleben ein virtuelles Endlager ist. Präsident Dr. Norbert Lammert: Gut. Wir sind uns ja einig, gut. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN) Sigmar Gabriel (SPD): Sie wussten immer, dass Gorleben am Ende nicht reali- Weil das mit dem Endlager so schön war, dazu zum siert wird. Aber Sie brauchten Gorleben – das gilt auch Schluss auch etwas zum Märchenonkel Röttgen. Meine heute –, weil dies der zentrale Entsorgungsnachweis für Damen und Herren, da wird gesagt, wir hätten bei Endla- längere Laufzeiten der Atomkraftwerke ist. Dafür miss- gern nichts gemacht. brauchen Sie den Standort Gorleben. (Zuruf von der CDU/CSU: Nein, haben Sie (Beifall bei Abgeordneten der SPD) auch nicht!) Sie sind zu feige, in Bayern und Baden-Württemberg Ich will Ihnen einmal etwas sagen: Erzählen Sie doch je- – da, wo die meisten und die lautesten Rufe nach länge- mandem, der in seinem eigenen Wahlkreis ein Endlager ren Atomlaufzeiten herkommen – nach einem Endlager genehmigt hat, nicht, er hätte nichts gemacht. Den zu suchen. Mumm haben Sie in Bayern und in Baden-Württemberg doch gar nicht, wenigstens einmal nach einem Endlager Oh, Überraschung! Vor wenigen Tagen erschien doch suchen zu lassen. tatsächlich ein Gutachten – es ist ein bisschen dünn – des Bayerischen Landesamtes für Umwelt, ohne dass es je (Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie eine entsprechende Untersuchung gegeben hat. Die über- bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE raschende Überschrift des Gutachtens lautet: „Kein End- GRÜNEN) lager in Bayern möglich“. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7173

Sigmar Gabriel (A) (Heiterkeit bei der SPD, der LINKEN und dem Es geht dabei um den Weg ins Zeitalter der erneuerba- (C) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ren Energien, es geht um aktiven Klimaschutz, es geht um Versorgungssicherheit, und es geht um bezahlbare Wissen Sie was? Wir wären längst weiter, wenn Sie Energiepreise. Ein wesentlicher Aspekt ist der Ausbau nicht zu feige gewesen wären. der Netze. Ohne Netzausbau gibt es kein Zeitalter der er- (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Na, na, na!) neuerbaren Energien. Ich weiß doch, was Ihre Leute am Ende sagen werden. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Wenn Gorleben nicht funktioniert, wenn es also scheitert der CDU/CSU – Thomas Oppermann [SPD]: – es wird scheitern –, dann werden Ihre Leute sagen: Dann fangen Sie doch endlich damit an! – Lasst uns den Atommüll ins Ausland bringen, in die Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weiten Sibiriens, aber ohne deutsche Sicherheitsbedin- Warum verstopfen Sie die nicht mit Kohle- gungen. – Das ist unverantwortlich. Das ist das Ende Ih- und Atomstrom?) rer Strategie. Das wissen auch die Damen und Herren von der Op- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) position. Hier im Bundestag bekennen Sie sich dazu Ich sage Ihnen: Wir werden beim Ausverkauf der Si- schön brav. Aber vor Ort haben das viele von Ihnen und cherheit genauso wenig mitmachen wie beim Ausver- Ihren politischen Freunden sehr schnell vergessen. Wenn kauf der Erneuerbaren. Herr Röttgen und Frau Merkel, es zum Beispiel um den Bau notwendiger Hochspan- für unsere Zukunft mit erneuerbaren Energien, für zu- nungsleitungen und Speicher geht, sind viele von Ihnen kunftsfähige Jobs und bezahlbare Energie, für unsere ei- an vorderster Front bei den Blockierern dabei. Das ist genen Kinder und Enkel, für die Umwelt und das Klima, unredlich, das ist unverantwortlich. für all das brauchen wir die Atomenergie nicht – weder (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) ihr Geld noch den Strom. Darum geht es. Das ist die Politik, die wir am Ende durchsetzen werden. Wir werden in Deutschland circa 3 500 Kilometer neue Leitungen brauchen; das ist dreieinhalbmal die (Anhaltender Beifall bei der SPD, der LINKEN Strecke von Füssen nach Flensburg. und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Mensch!) Präsident Dr. Norbert Lammert: Das betrifft den Bund, die Länder und die Kommunen. Für die Bundesregierung hat nun der Bundeswirt- In und beim Berliner Flughafen sehen wir ge- schaftsminister Rainer Brüderle das Wort. rade, dass große Infrastrukturprojekte mit den Bürgern gemeinsam geplant und durchgeführt werden müssen. (B) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – (D) Ich rege daher einen nationalen Pakt für neue Netze an. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE Vorbild könnte der Ausbildungspakt sein. Ziel des Pak- GRÜNEN]: Bezeichnend! – Ulrich Kelber tes soll es sein, die Bürger beim Netzausbau für das re- [SPD]: Achtung! Der Bundesmonopolminis- generative Zeitalter adäquat einzubeziehen. ter spricht! – Weiterer Zuruf von der SPD: Oh! Jetzt wird es spannend!) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Rainer Brüderle, Bundesminister für Wirtschaft und NEN]: Zuerst die Laufzeiten verlängern und Technologie: dann einen Pakt machen! Die Bürger sind Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Oppo- doch nicht blöd!) sition macht zwar viel Wind; aber davon dreht sich in Die beim Bundeswirtschaftsministerium bereits beste- Deutschland noch kein einziges Windrad. hende Netzplattform könnte die Basis für einen Dialog (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der unterschiedlichen Beteiligten und für einen sinnvol- der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Ein len gemeinsamen Weg sein. ganz alter Witz! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ Für das im Kern marktwirtschaftliche Energiekonzept DIE GRÜNEN]: Tätä! Tätä! Tätä! – Volker brauchen wir die Unternehmen. Wir brauchen Unterneh- Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: men, die moderne Kraftwerke bauen, die die Vernetzung Jetzt kommt der Tiefpunkt der Debatte!) der Windräder im Norden mit den Stromabnehmern im Mit unserem Energiekonzept ist das anders. Es bietet Süden zuverlässig umsetzen können und die die notwen- erstmals seit langem einen belastbaren Fahrplan für die digen Energie- und Kohlendioxidspeicher bauen. Auf Energieversorgung von morgen. Das haben Rot-Grün die private Initiative dieser Unternehmen setzen wir. Das und all unsere Vorgängerregierungen nicht geschafft. ist die richtige Balance zwischen Markt und Staat. Das ist soziale Marktwirtschaft. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) (Beifall des Abg. Michael Kauch [FDP]) Wir haben das geschafft. Ich möchte mich beim Kolle- gen Röttgen für die gute, sorgfältige Zusammenarbeit, Auf die Stärken der sozialen Marktwirtschaft können wir die zu diesem Energiekonzept geführt hat, ausdrücklich vertrauen. Das zeigt auch das derzeitige Wachstumswun- bedanken. der in Deutschland. (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) 7174 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Bundesminister Rainer Brüderle (A) Der Netzausbau ist aber nur ein Teil des Gesamtpa- aus, bei der Photovoltaik sind es 99 Prozent und bei der (C) kets. Zu dem Gesamtpaket gehört auch eine neue Ener- Biomasse 100 Prozent. Der gesamte Heimatmarkt der gieaußenpolitik; denn nicht nur in Deutschland verän- erneuerbaren Energien wird bei Umsetzung Ihres Ener- dert sich die Energiepolitik. Von Afrika bis Asien wollen giekonzeptes zusammenbrechen. Das haben Ihnen Ihre Staaten die erneuerbaren Energien ausbauen. Viele Staa- eigenen Gutachter aufgeschrieben, von denen Sie sagen, ten, zum Beispiel Russland, wollen ihre Energieeffizienz Sie stellen sich hinter deren Zahlen. Sie vernichten die erhöhen. Mit der Russisch-Deutschen Energie-Agentur, 340 000 Arbeitsplätze und nehmen dem Technologie- rudea, kommen wir gut voran. Wir wollen neue Ex- führer den Heimat- und Innovationsmarkt weg. Das ist portchancen frühzeitig nutzen. Wir werden das mit der die falsche Politik, die Sie hier am Rednerpult auch noch Exportinitiative Erneuerbare Energien, mit der Exportini- verteidigt haben. tiative Energieeffizienz und mit den allgemeinen Instru- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mentarien der Außenwirtschaftspolitik, zum Beispiel der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE den Hermesbürgschaften, aktiv flankieren. GRÜNEN) Klar ist, dass der Klimawandel mit nationalen Allein- gängen nicht aufzuhalten ist. Alle müssen ihren Beitrag Präsident Dr. Norbert Lammert: leisten. Aber nicht nur beim Klimaschutz brauchen wir Zur Erwiderung, Herr Minister. starke Partner in der Welt. Bis auf Weiteres bleiben wir auf den Import fossiler Energieträger wie Öl und Gas an- Rainer Brüderle, Bundesminister für Wirtschaft und gewiesen. Deshalb arbeiten wir eng mit einigen Partner- Technologie: ländern zusammen. Es gibt nicht nur die Modernisie- rungspartnerschaft mit Russland, sondern wir haben Herr Kollege Kelber, das Gegenteil ist richtig. Selbst auch Energiepartnerschaften mit Katar, Nigeria und der Sie haben in der grün-roten Zeit gesehen, wie wichtig Türkei auf den Weg gebracht. Das schafft eine verlässli- bezahlbare Energiepreise sind. Sonst hätten Sie bei der che Grundlage für die deutsche Industrie, für die deut- Ökosteuer nicht die Ausgleichsmaßnahmen für ener- sche gewerbliche Wirtschaft. Es hilft auch den Partner- gieintensive Unternehmen eingeführt, deren Umfang wir ländern bei ihrer Entwicklung und trägt dazu bei, die jetzt gegen Ihre Proteste vor Ort teilweise reduzieren. Lieferrisiken zu streuen. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das hat gar Meine Damen und Herren, mit dem Energiekonzept nichts mit dem Thema zu tun!) ebnen wir den Weg in das Zeitalter der regenerativen Wichtig für die Erhaltung der Arbeitsplätze in Deutsch- Energien. Als Leitkonzept kann es Nachahmer in Eu- land ist also, dass wir eine sichere und bezahlbare Ener- ropa und weltweit finden. Wir sollten uns jetzt auf die gieversorgung haben. (B) Umsetzung konzentrieren und nicht erneut die Debatten (D) von gestern und vorgestern führen. Richtig ist auch, dass wir die Netze brauchen, damit der Ausbau der regenerativen Energien sinnvollerweise (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) erfolgen kann. Wir befinden uns in einer Situation nega- tiver Strompreise. Präsident Dr. Norbert Lammert: (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist schlimm!) Zu einer Kurzintervention erhält der Kollege Kelber das Wort. Strom ist nicht nur nicht kostenlos, sondern aufgrund des Einspeisungsvorrangs und der Festpreisgarantie erleben wir sogar noch Zahlungen von Anbietern, damit andere Ulrich Kelber (SPD): nicht marktregulierte und marktorientierte Produktions- Herr Präsident, vielen Dank. – Herr Bundeswirt- mengen aus den Netzen abnehmen. schaftsminister, Sie haben gerade Ihr sogenanntes Ener- giekonzept vorgestellt und ausgeführt, wo Sie Investitio- (Sigmar Gabriel [SPD]: Das haben Sie ver- nen bei den Erneuerbaren anregen wollen. Das betrifft schuldet!) einen der großen Streitpunkte. Deswegen ist es interes- Es macht Sinn, dies in einem ganzheitlichen Ansatz sant, einmal auf die Fakten zu schauen. anzugehen. Es ist unredlich, vor Ort zu sagen: Ja, wir Die Regierung hat Energiegutachten zu verschiede- machen das am liebsten offshore und nicht in der Nähe. – nen Szenarien in Auftrag gegeben, die darstellen, wie Es ist ein neuer Trend, draußen auf dem Meer tätig zu der Zubau bei den Erneuerbaren sich in Zukunft unter werden, wo man weit weg ist. Sie müssen das aber ganz- der Bedingung einer Laufzeitverlängerung, die Sie heute heitlich sehen. Die Gleichen, die die Umsteuerung wol- beschließen wollen, entwickeln wird. len – ich gehöre dazu –, müssen dann auch stehen, wenn es darum geht, die Netze auszubauen. Es sind doch Ihre Ich habe dazu eine Anfrage an die Bundesregierung Freunde, die nicht stehen, sondern das Gegenteil von gestellt, die federführend von Ihrem Ministerium beant- Umsteuerung in Deutschland tun. wortet wurde. Es sagt: Wir teilen die Sichtweise der Gut- achter zu diesem Ausbau der Erneuerbaren. – Von daher (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten sollte man die Zahlen an dieser Stelle noch einmal nen- der CDU/CSU) nen. Davon können Sie nicht ablenken. Sie sollten draußen Die Gutachter gehen bei der Windenergie von einem dazu stehen und nicht auf Nebenpunkte ausweichen. Rückgang des Zubaus in Deutschland um 98 Prozent Dann würden wir gemeinsam etwas erreichen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7175

Bundesminister Rainer Brüderle (A) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das ist ein „Ne- Sie auch einmal nach Wismut, was da los (C) benpunkt“!) war!) Die Gutachten wurden seriös aufgelegt und im Aus- – Ja, aber jetzt sind sie doch dicht, während Sie die ältes- schuss mehrfach diskutiert. Sie versuchen immer wieder, ten Atomkraftwerke am Leben erhalten und Ihnen die eine Schieflage zu konstruieren, weil Sie vor dem Kern Sicherheitsstandards dabei ziemlich gleichgültig sind. und dem Stehen vor Ort zurückweichen. Das ist das Problem, mit dem wir es zu tun haben. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der LINKEN) der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: Danke für die Bestätigung meiner Zahlen! – Hubertus Was den rot-grünen Kompromiss betrifft, so ist er hier Heil [Peine] [SPD]: Erschreckend ahnungs- auch kritisiert worden. Das kann man machen, das haben los!) auch wir gemacht. Aber das ist kein Grund, ihn jetzt auf- zukündigen. Das ist eine wirkliche Katastrophe. Jetzt gab es eine Verständigung, jetzt gab es in dieser Frage Präsident Dr. Norbert Lammert: endlich einen inneren Frieden, und Sie stellen absichts- Ich bitte um Nachsicht, dass ich bei aller verständli- voll Unfrieden her. Und dann beschweren Sie sich über chen Neigung zu spontanen zusätzlichen Wortmeldun- die Ergebnisse dieses Unfriedens; das sehe ich jetzt gen nur in sehr begrenztem Umfang Gelegenheit dazu schon kommen. Aber Sie sind dafür verantwortlich. geben kann. Auch unter Berücksichtigung der anstehen- den Entscheidungsverfahren sprengen wir sonst alle hier (Beifall bei der LINKEN) vereinbarten Zeitmaße für die heutige Plenardebatte. Ich Denn es wird eine schwere gesellschaftspolitische Aus- bitte, das im Hinterkopf zu behalten. einandersetzung geben. Was können Sie denn den Leu- Nächster Redner ist der Kollege Dr. Gysi für die ten sagen? Was passiert denn, wenn uns jemals ein Fraktion Die Linke. AKW um die Ohren fliegt? Was sagen Sie ihnen dann? Dann gibt es dieses Land überhaupt nicht mehr, dann (Beifall bei der LINKEN) lebt hier keiner mehr. Das alles nehmen Sie für die Profit- interessen von vier Konzernen in Kauf. Es ist nicht nach- Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE): vollziehbar, was Sie hier machen. Herr Bundestagspräsident! Meine Damen und Her- (Beifall bei der LINKEN) ren! Wir kämen mit der Zeit viel besser aus, wenn Sie nochmals abstimmen ließen und die Mehrheit doch für Sie sagen, Sie hätten viel gesprochen und viel gere- die Absetzung stimmen würde. Alles andere würden wir det. Das stimmt: mit den Konzernleitungen. Aber den (B) dann ohne Probleme schaffen. Bundestag haben Sie so gut wie ausgeschlossen. Das (D) verletzt schwerwiegend das Grundgesetz und die Demo- (Beifall bei der LINKEN) kratie in unserem Lande. Abgesehen davon glaube ich, dass die Bundesregie- (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- rung mit dieser Änderung des Atomgesetzes einen wirk- neten der SPD) lich schwerwiegenden Fehler begeht, weil sie die Gesell- schaft spaltet, und zwar so offenkundig durch eine Eon, RWE, EnBW und Vattenfall sind die Nutznießer Klientelpolitik, wie es das nur selten gegeben hat. Vier Ihrer Politik. Sie gehen so weit – Sie müssen sich das Konzerne werden gewinnen, und Millionen und Aber- einmal überlegen –, mit denen Verträge zu machen. Sie millionen Menschen werden verlieren. Das ist die Spal- handeln alles aus. Nachdem die Bundesregierung alles tung, die Sie organisieren und ganz bewusst in Kauf neh- ausgehandelt hat, kommt sie zu ihren beiden Fraktionen, men. weil sie die Mehrheit haben, und sagt: Ihr dürft kein Komma mehr ändern; denn wenn ihr noch ein Komma (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- ändert, dann stimmt unsere ganze Vereinbarung nicht neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE mehr. – Sie sind entmachtet worden. Das ist der eigentli- GRÜNEN) che Skandal, der hier im Bundestag passiert ist, und Sie Sie entscheiden sich für eine längere Laufzeit der finden das auch noch gut. Atomkraftwerke und haben kein Endlager. Sie werden in (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem Deutschland mit Sicherheit auch keines finden, das in- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) ternationalen Standards genügt. Dieses Problem ist welt- weit ungelöst. Dann wird das Ganze durchgezockt und die Geschäfts- ordnung verletzt. (Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Denken Sie einmal an den Osten!) (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Nicht von uns, Herr Dr. Gysi!) – Ich kann Ihnen einmal etwas zum Osten sagen: Wir sind Vorbild und haben kein Atomkraftwerk mehr – da- Herr van Essen, eines geht auch nicht. Sie sagen hier: von können Sie einmal ausgehen –, warum auch immer. Am Dienstag früh hätten Sie ja noch tagen können, aber das habe die faule Opposition abgelehnt. (Beifall bei der LINKEN – Patrick Kurth [Kyffhäuser] [FDP]: Natürlich haben Sie eines (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: So sieht es gehabt! Denken Sie an Greifswald! Schauen aus! Die Wahrheit!) 7176 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Gregor Gysi (A) – Ja, passen Sie auf, immer schön bei der Wahrheit blei- Energien, die die vier Konzerne auch selbst herstellen. (C) ben. – Bevor der Antrag auf eine neue Sitzung Dienstag Sie investieren für sich selbst. Das ist die Wahrheit. früh entschieden und verhandelt wurde, hat Ihr Abgeord- (Michael Kauch [FDP]: Lüge!) neter beantragt, die Sitzung zu beenden, und das ist be- schlossen worden. Das ist die Wahrheit. Deshalb ist es – Nein, das ist die Wahrheit. ein Skandal, wenn Sie das hier so vortragen. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem neten der SPD) BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Das Nächste ist, dass Sie so viele Sonderklauseln in Für die Profite von vier Konzernen gefährden Sie so den Verträgen geschaffen haben, dass von dem Geld fast viel, machen Sie so viel kaputt. Keiner von uns weiß, nichts übrig bleibt. wie die Auseinandersetzung endet. Keiner von uns weiß, Sie haben gesagt: Wenn die neuen Sicherheitsvor- wie sie laufen wird. Aber Sie tragen dafür die Verant- kehrungen mehr als 500 Millionen Euro kosten, dann wortung. Das will ich Ihnen vorher gesagt haben, weil müssen das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler be- Sie eine so leichtfertige Politik im Interesse der Kon- zahlen. – Das heißt, dass dieser Betrag von den zerne machen. 15 Milliarden Euro abgezogen werden kann. Außerdem sehen Sie für die Sicherheitsvorkehrungen ewig lange Sie haben gerade gesagt, das Ganze nutze den erneu- Umsetzungszeiten vor. erbaren Energien. Ich komme kurz auf die entspre- chenden Zahlen zu sprechen. Ihnen sind eben Zahlen (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Weil man vorgehalten worden. Auf längere Frist gesehen stellt sich Kosten nicht besteuern kann, Herr Gysi!) Folgendes heraus: Durch die Verlängerung der Laufzei- Ihr Bundesministerium hat errechnet, dass die Kosten ten der Atomkraftwerke wird der Zuwachs bei Photovol- mindestens bei 1,2 Milliarden Euro pro Atomkraftwerk taik bis 2020 um 72 Prozent sinken, bei Windkraft um liegen. Wenn ich nur von Ihrer Zahl ausgehe, dann redu- 65 Prozent und bei Biomasse um 85 Prozent gesenkt zieren sich die 15 Milliarden Euro schon auf 3 Milliar- werden. Nichts tun Sie für erneuerbare Energien. Im Ge- den Euro. Das ist alles, was dabei herauskommt. Wenn genteil: Sie zerstören die Unternehmen, die jetzt gegen man die erwähnten 9 Milliarden Euro und die 3 Milliar- die vier Großen noch standhalten konnten, und Sie den Euro, die ich eben genannt habe, zusammennimmt, bauen dort Arbeitsplätze ab. Das, was Sie machen, ist dann kommt man auf 12 Milliarden Euro. nicht nur ökologisch eine Katastrophe, sondern auch so- zial- und arbeitsmarktpolitisch. Der Mindestgewinn der vier Konzerne liegt nicht bei (B) 40 Milliarden Euro, Herr Gabriel, sondern bei den heuti- (D) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- gen Preisen bei 67 Milliarden Euro. Wenn es zu Preis- neten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU: steigerungen kommt, womit zu rechnen ist, dann liegt Das ist doch Unsinn, was Sie erzählen!) der Gewinn bei 127 Milliarden Euro. Der Einnahme von Zu den Stadtwerken. Die Stadtwerke haben heute 12 Milliarden Euro aus der Laufzeitverlängerung stehen eine schöne ganzseitige Anzeige geschaltet: „Vier ge- also mindestens 67 Milliarden bzw. wahrscheinlich winnen, Millionen verlieren“. Recht haben die Stadt- 127 Milliarden Euro gegenüber. Das ist Ihre Politik, und werke. Sie haben nämlich fehlinvestiert, weil sie von darauf sind Sie auch noch stolz. Hinterher können Sie dem alten Kompromiss ausgegangen sind. Selbst die sagen: Wir haben vier Konzerne reich und Millionen Stadtwerke ruinieren Sie. Auch das macht Ihnen nichts Menschen arm gemacht. Daran arbeiten Sie, und das be- aus. zeichnen wir als nicht hinnehmbar. (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- (Beifall bei der LINKEN und der SPD sowie neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) GRÜNEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie sollen ihr Geld besser einsetzen!) Lassen Sie mich noch eines sagen: Die Atompläne der Bundesregierung gefährden, wie ich versucht habe Sie kommen damit, dass ja so viel Geld flösse. Also nachzuweisen, die Demokratie. Sie sind alles andere als machen wir es doch einmal konkret: Sie haben 2,3 Mil- eine Revolution, wie Frau Merkel meinte. Sie sind ein liarden Euro pro Jahr an Brennelementesteuer gefordert. deutlicher Rückschritt weg von Demokratie und einer Dann kam die Atomlobby und hat Ihnen gesagt, dass sie modernen Energieversorgung hin zu einer klaren Lobby- nicht so viel bezahlen will. Daraufhin haben Sie gesagt: isten- und Klientelpolitik. Na gut, dann nur 1,5 Milliarden Euro und auch nur sechs Jahre lang. Sie haben sich auf insgesamt 9 Milliarden Deshalb hoffe ich sehr, dass unser Bundesverfas- Euro herunterhandeln lassen. Sie setzen das genauso um, sungsgericht sagen wird, so geht das alles nicht. Denn wie es Ihnen die Atomlobby diktiert hat, keinen Deut an- Sie planen ganz bewusst einen Verfassungsbruch ein, in- ders. dem Sie den Bundesrat nicht beteiligen wollen. Sie pla- nen den Verfassungsbruch nur deshalb ein, weil Sie wis- Jetzt haben Sie gesagt: Aber sie müssen ja in die För- sen, dass Sie im Bundesrat keine Mehrheit haben. Das derung erneuerbarer Energien einzahlen. Von 15 Milliar- kann ein Bundesverfassungsgericht Ihnen nicht durchge- den Euro reden Sie. Sagen Sie doch einmal ehrlicher- hen lassen. Dann wird Ihre ganze Gesetzgebung wieder weise: Gefördert werden sollen nur jene erneuerbaren platzen. Das hoffe ich zumindest. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7177

Dr. Gregor Gysi (A) (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Ihr energiepolitischer Putsch, schlicht und ergreifend (C) neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE nichtig. Das werden Sie erleben. GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Präsident Dr. Norbert Lammert: Jürgen Trittin ist der nächste Redner für die Fraktion Sie wissen, dass die bestehenden Atomanlagen den Bündnis 90/Die Grünen. Sicherheitsanforderungen nicht genügen; denn sonst wären Sie mit den neuen Regelungen nicht von der best- möglichen Vorsorge nach aktuellem Stand von Wissen- Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schaft und Technik weggegangen und zu Maßnahmen Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sie haben übergegangen, die nur noch geeignet und angemessen von einer energiepolitischen Revolution gesprochen, sein müssen. „Geeignet und angemessen“ heißt, sie dür- Frau Merkel. Ablauf, Beratung und Inhalt dieses Gesetz- fen nicht mehr als 500 Millionen Euro kosten. Das ist Ihr entwurfs zeigen, dass das, was Sie hier inszenieren, neuer Sicherheitsstandard. keine Revolution, sondern schlicht und ergreifend ein Putsch ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Kauch [FDP]: Volksverdummung!) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich höre immer wieder gerne zu, wenn gerade Christ- demokraten über Sicherheit reden und der Regierung Was ist eigentlich daran Blockiererpolitik, sehr geehr- von SPD und Grünen einen laxen Umgang mit Sicher- ter Kollege Altmaier, wenn eine Fraktion von ihrem heitsbestimmungen vorwerfen. Ich frage Sie: Warum selbstverständlichen Recht Gebrauch macht, Ände- musste ich denn regelmäßig Herrn Müller und seinen rungsanträge zu einem Gesetzentwurf vorzulegen? Was Staatssekretär Mappus zum bundesaufsichtlichen Ge- gibt es Urparlamentarischeres und Konstruktiveres, als spräch bestellen, um sie zu zwingen, Philippsburg still- Änderungsanträge vorzulegen? zulegen, weil es nicht nach Stand von Wissenschaft und Technik betrieben wurde? (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) Was aber haben Sie gemacht? Sie haben im Umwelt- ausschuss das Recht der Fraktion Bündnis 90/Die Grü- Warum musste ich Herrn Koch zwingen, Biblis vom nen, Änderungsanträge einzubringen, entgegen der Ge- Netz zu nehmen, als die Dübel aus der Decke fielen? (B) schäftsordnung mit Mehrheit unterbunden. Wer ist denn Nehmen Sie die Sicherheit ernst? Nein, Sie wollen nun (D) hier eine Blockiererpartei? Wer bewegt sich hier denn diese laxe Form der Atomaufsicht, die Ihnen jahrelang jenseits von Recht und Gesetz? Sie sind es. von einem grünen Bundesumweltminister verboten bzw. untersagt worden ist, zum Bundesgesetz erheben. Sie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN übernehmen schlicht und ergreifend die Sicherheitsvor- sowie bei Abgeordneten der SPD) stellungen der Atomkraftwerksbetreiber. Das ist der ein- Sie treten die Rechte von Minderheiten mit Füßen. zige Grund, warum Sie Herrn Hennenhöfer von Eon zu- Sie versuchen, den Bundesrat zu umgehen. Kurz: Sie rückgeholt haben. brechen die Verfassung, und Sie spalten die Gesellschaft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Dies alles begleiten Sie mit absurden Behauptungen. Da und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der wird behauptet, Deutschland habe die sichersten Atom- LINKEN – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: kraftwerke der Welt. Das ist nicht wahr!) (Dr. Michael Paul [CDU/CSU]: Haben Sie Das gilt im Übrigen auch für die Endlagerfrage. Wie unterschrieben!) kann man auf die Idee kommen, einen wegen Unfähig- Die Wahrheit ist: Deutschland hat den drittältesten keit in den Fällen Brunsbüttel und Krümmel von Vatten- Kraftwerkspark. Den wollen Sie jetzt bis 2040 verlän- fall gefeuerten Atommanager zu beauftragen, die Sicher- gern. Am Ende sollen 55 Jahre alte Kraftwerke in einem heit von Gorleben zu beurteilen? wechselnden Lastbetrieb hier Versorgungssicherheit (Volker Kauder [CDU/CSU]: Geht es noch et- garantieren. was lauter? Ich höre nichts!) Was da auf die Atomaufsicht der Länder zukommt, ist Das zeigt doch den ganzen Abgrund von Lobby- und eine völlig neue Aufgabe. Das ist keine Petitesse. Klientelpolitik. Das ist unerträglich, wenn es um die Si- cherheit der Bevölkerung in diesem Land geht. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, KEN) bei der SPD und der LINKEN – Volker Kauder [CDU/CSU]: Herr Trittin, reden Sie Die Übertragung von neuen Aufgaben im Rahmen der ein bisschen lauter! Ich höre nichts!) Bundesaufsicht und der Bundesauftragsverwaltung ist zwingend zustimmungsbedürftig. Wenn Sie diese Zu- Sie reden davon, Sie bauten eine Brücke zu den Er- stimmungsbedürftigkeit missachten, dann ist Ihr Gesetz, neuerbaren. 7178 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Jürgen Trittin (A) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Lauter! Ich höre Unternehmen ist. Es wird keine vier Jahre Bestand ha- (C) nichts! Schreier!) ben. Warum verringern Sie dann die Ausbauziele? Sie be- (Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE haupten, Sie stellten den Erneuerbaren mehr Geld zur GRÜNEN – Beifall bei der SPD und der LIN- Verfügung. Das ist nicht wahr. Tatsächlich kommt in KEN) 30 Jahren gerade so viel Geld zusammen, wie die Bran- che der erneuerbaren Energien allein in diesem Jahr Präsident Dr. Norbert Lammert: investiert hat. Wie passt es dazu, dass Sie noch in der Für die Bundesregierung spricht nun der Umweltmi- gestrigen Haushaltsausschusssitzung die Steuerbegünsti- nister Dr. Norbert Röttgen. gung der Fernwärme einkassiert haben, was die Stadt- werke noch einmal Millionen kostet? Wollen Sie mehr (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Klimaschutz, oder wollen Sie die Marktmacht von Eon, RWE und den anderen Konzernen stärken? Sie wollen Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, die vier großen Energiekonzerne stärken und gleichzei- Naturschutz und Reaktorsicherheit: tig die Stadtwerke, die Erneuerbaren und neue Anbieter Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten auf dem Markt schwächen. Das ist Kern und Gegenstand Damen und Herren! Es gibt ein ganz klares Ziel, das die Ihrer Energiepolitik. Bundesregierung und die Koalition mit dem Energiekon- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zept verfolgen. bei der SPD und der LINKEN) (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das glauben Ich weiß – auch von Grünen –, dass der Konsens in wir auch!) der Energiepolitik nicht von allen geliebt war. Aber ei- Dieses Ziel besteht darin, dass wir in Deutschland die nes konnte man ihm nicht absprechen: Die Kombination effizienteste, die klimaverträglichste und die wettbe- aus der Begrenzung von Laufzeiten, dem Inkrafttreten werbsfähigste Energieversorgung verwirklichen werden, des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und der Einführung die es weltweit in einem Industrieland gibt. Das ist unser des Emissionshandels hat klare, kalkulierbare Rahmen- Ziel. bedingungen für alle Markteilnehmer geschaffen. Jeder Investor, der etwa in ein Gaskraftwerk oder einen Wind- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) park investiert hatte, wusste, wie lange noch diese Anla- gen mit alten, abgeschriebenen Atomkraftwerken kon- Ich glaube sogar – weil wir so viel streiten und weil es kurrieren mussten. hier in dieser Debatte so einen großen Streitgestus gibt –, (B) dass das in Wahrheit ein Konsens in diesem Haus ist, (D) Jeder wusste, was er in den nächsten Jahren an Ein- dass wir das alle wollen. speisevergütung bekommt, wenn er etwas im Bereich der erneuerbaren Energien in das Netz einbringt. Jeder (Zuruf von der SPD: Eine Fehleinschätzung!) Investor wusste als Betreiber eines Kohlekraftwerks Darum sollten wir auch dazu stehen, dass wir das ge- auch, dass CO2 einen Preis hat und dass dieser Preis meinsam wollen. Ich glaube nämlich, dass es unsere künftig steigen wird. In diesem Rahmen sind in den ver- Pflicht ist, dass wir alle einen Beitrag dazu leisten, dass gangenen Jahren Milliarden Euro in Deutschland inves- Energiepolitik, diese Lebensader unserer Gesellschaft, tiert worden – übrigens überwiegend nicht von den vier diese Lebensader unserer Industriegesellschaft, kein großen Energiekonzernen, sondern von vielen Bürger- Streitthema und kein Kampfthema ist, sondern dass es windparks, von Mittelständlern und von anderen Inves- im Interesse der Menschen, der Industrie ein gemeinsa- toren aus dem europäischen Ausland. mes Thema von uns ist, weil wir dem Land zu dienen ha- Und was passiert heute? Was macht die angeblich ben. bürgerliche Koalition mit dem bürgerlichen Stilempfin- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den eines Herrn van Essen? Warum führen Sie denn diesen – das muss ich wirk- (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE lich sagen – etwas albernen Gestus hier in dieser Debatte GRÜNEN]: Aber hallo, genau!) und in den Ausschüssen auf? Warum? Weil Sie sich da- Sie enteignen diese Unternehmen, Sie enteignen sie zu- für entschieden haben, dieses Thema entgegen den Inte- gunsten von Eon, RWE und Co. ressen unseres Landes als parteipolitisches Kampfthema wiederzuentdecken. Sie stellen die Parteiinteressen vor (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die Interessen des Landes, vor die Interessen der Zukunft bei der SPD und der LINKEN) dieses Landes. Das ist Ihre Vorstellung bürgerlicher Politik. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zu- rufe von der SPD und vom BÜNDNIS 90/DIE Nein, meine Damen und Herren, der heutige Tag ist GRÜNEN) das Ende der Investitionssicherheit in der Energiebran- che in Deutschland. Diese Investitionen brauchen Si- – Natürlich. Sie wollen Wähler aktivieren, Sie wollen cherheit über mehrere Jahre, um nicht zu sagen Jahr- Stimmung machen. Sie schüren Ängste. Warum das al- zehnte. Sie wissen sehr genau, dass das, was Sie heute les? Weil das dem Land dient? Nein, Sie glauben, es hier beschließen, ein sehr kurzfristiges Geschenk für vier dient Ihnen als Partei. Ich sage Ihnen aber eins: Sie un- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7179

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) terschätzen die Intelligenz und das Verantwortungsbe- desumweltministers, der nämlich für erneuerbare Ener- (C) wusstsein der Wähler. gien ist, und den Beschluss der Koalition im Haus, die staatliche Vergütung für die Photovoltaik zu reduzieren, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) weil die Preise um 40 Prozent gefallen waren. Was ha- Die wollen Zukunftsorientierung und nicht dieses Partei- ben Sie alles angekündigt: Zigtausende von Arbeitsplät- geschrei, das Sie hier aufführen. zen gehen verloren; die Märkte brechen ein; die Techno- logieführerschaft wird aufs Spiel gesetzt. Das waren (Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- doch Ihre wilden, unbegründeten Drohungen. NEN] meldet sich zu einer Zwischenfrage) Jetzt sind wir ein halbes Jahr weiter. Was können wir – Ich möchte das kurz zu Ende ausführen, Frau Höhn. – heute schon registrieren? Die Branche boomt wie nie zu- Wir können jedenfalls unsere Ziele in Zahlen ausdrü- vor. Sie boomt sogar so sehr, dass wir darauf achten cken, zu denen wir uns verbindlich bekennen. müssen, dass die Netze die Belastung aushalten und dass (Zuruf von der SPD: Und was ist mit dem die Kosten unter Kontrolle bleiben. Wer erneuerbare Weg?) Energien will, der muss das in einem Konzept zum Aus- druck bringen. Wir brauchen nicht nur wilde Reden und Das sind nicht Parteiprogramme, sondern das ist das den guten Willen bei einigen von Ihnen, sondern ein har- Konzept unseres Landes. Ein Anteil von 80 Prozent tes, konkretes Konzept, und das legen wir vor. durch erneuerbare Energien beim Strom ist unser Ziel. Mindestens 80 Prozent an CO2 zu reduzieren, ist unser (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ziel. 50 Prozent Reduzierung des Energieverbrauchs Das unterscheidet uns von Ihnen. Sie bieten nichts, und durch Steigerung der Energieeffizienz ist unser Ziel. Das das ist vielleicht das, was Sie ärgert. ist unser Konzept. Das ist Zukunft, die wir realisieren wollen, und zwar ganz konkret. (Ulrich Kelber [SPD]: Ihr Ziel ist minus 98 Prozent bei der Photovoltaik!) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Es ist eine Revolution, die Energieversorgung umzu- Zum ersten Mal gibt es überhaupt ein Konzept. Zum stellen von fossiler Energie und Kernenergie. Das ist ersten Mal werden diese Ziele verbindlich. Seit 20 Jahren eine Revolution im Prozess. Das ist eine grundlegende fehlt ein solches Konzept. Ich glaube, dass das der ent- Umgestaltung unseres Landes. Wir führen sie durch, scheidende Unterschied ist. Wenn man Ihnen in den De- weil wir glauben, dass sie dem Klimaschutz dient, und batten, die wir führen, zuhört, dann stellt man fest: Es Klimaschutz ist unsere Lebensgrundlage. Wir führen kommt ganz viel Kritik. Sie kritisieren dies und jenes. Sie diese Umgestaltung durch, weil wir überzeugt davon kritisieren sogar das, was Sie selber nicht geschafft haben, (B) sind, dass damit eine technologische Modernisierung, (D) was wir jetzt realisieren. Sie kritisieren, kritisieren, kriti- eine Innovation, die Erschließung neuer Märkte und die sieren. Ich sage Ihnen, was der Unterschied ist. Was ich in Entstehung Hunderttausender von Arbeitsplätzen, die Ihren Reden – ich habe jetzt mehrere Debatten verfolgt; Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftssiche- wir haben zahlreiche durchgeführt –, in den Reden sämtli- rung einhergehen. Wir realisieren ein langfristiges Kon- cher Oppositionsabgeordneter, noch nicht einmal gehört zept. Sie haben dabei nichts zu bieten, keine Alternative. habe, ist ein Vorschlag, wie Sie es machen wollen, ist Ihr Wir machen es anders. Es ist der parteipolitische Neid, Konzept, ist Ihre Alternative. der Sie hier zum Schreien bringt. Nichts anderes ist das, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Wi- was Sie machen. derspruch bei Abgeordneten der SPD, der (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE Ulrich Kelber [SPD]: Wie peinlich!) GRÜNEN) Von Ihnen ist nichts da. Wo ist Ihr Antrag? Wo ist Ihr Gar nichts bieten Sie. Das sind doch reine Retroveran- Konzept? Wie sehen Ihre Pläne bezüglich Netzausbau staltungen, keine Zukunftsorientierungen. und Speichertechnologien aus? Wo ist das Geld, das Sie Ich will Ihnen einmal eines sagen: Diejenigen, die zur Verfügung stellen wollen? hier sitzen und nur kritisieren können, sind in Wahrheit (Ulrich Kelber [SPD]: Sie haben das Speichertech- energiepolitische Blindgänger. Sie haben nichts drauf. nologiegesetz geblockt vor zwei Jahren!) Sie wissen nicht, wie wir die Zukunft in unserem Land bewältigen wollen. All diese Fragen werden von uns beantwortet. Wir haben klare Ziele. 60 Maßnahmen sind geplant. Ab 2013 wer- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – La- den pro Jahr Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Wir chen bei der SPD) machen etwas, wovon Sie noch nicht einmal geträumt Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, das zeigt, wie Ihre haben, weil Sie nicht geglaubt haben, dass es unter Ihren maßlose Kritik, die Sie hier – mehr durch Lautstärke als Finanzministern überhaupt möglich wäre. durch Argumente – artikulieren, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Zuruf von der SPD: Sehr unterhaltsam hier Da sitzt ein Finanzminister, der nicht nur Fiskalpoli- heute!) tik macht, sondern Finanzpolitik strategisch betreibt. völlig an der Sache vorbeigeht: Photovoltaik. Wir haben Das spricht für die ganze Regierung. Wir wollen dieses hier ähnlich gestritten über den Vorschlag des Bun- Feld im Hinblick auf die Interessen unseres Landes, auf 7180 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) die Zukunftsinteressen der nächsten Generationen strate- für den Skalp „Noch 20 Jahre Atomenergie“ bereit, über (C) gisch ausbauen. Auch darin zeigen sich die Unterschiede Sicherheit zu verhandeln und keine neuen Sicherheits- zwischen Ihnen und uns. auflagen zu machen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – der FDP) Sigmar Gabriel [SPD]: Das ist eine glatte Un- wahrheit!) Jetzt komme ich zu einem besonders unangenehmen Verhalten meiner beiden Vorgänger im Bereich Sicher- Das ist in Wahrheit der Deal, Herr Trittin. Das ist in heit. Wahrheit der Deal, den Ihnen der Oberdinosaurier vor- (Sigmar Gabriel [SPD]: Dann mal los!) geschlagen hat, wenn es schon vier Dinosaurier sind. Das ist die Wortwahl des SPD-Parteivorsitzenden. Sie – Sehr gerne. verstehen sich mit diesen Dinosauriern übrigens glän- zend, wahrscheinlich ist die SPD auch ein Dinosaurier, (Sigmar Gabriel [SPD]: Aber bedenken Sie, daher kommt das gute Einvernehmen, Sie sind eben ein dass Sie alles, was Sie hier sagen, hinterher Dinosaurier der Parteipolitik. rechtfertigen müssen!) – Ja. Ich bin informiert; darum kann ich das ganz nüch- (Sigmar Gabriel [SPD]: Sie scheinen ganz tern feststellen. schön angespannt zu sein!) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Der Trittin ver- Herr Trittin, würden Sie bitte zuhören, wenn ich mit Ih- steckt sich schon hinter einer Zeitung!) nen spreche? Können wir miteinander reden? Der erste Grund Ihres argumentationslosen Kampfge- (Zuruf von der CDU/CSU: Lümmel!) schreis ist die parteipolitische Aktivierung. Der zweite Ich bin davon überzeugt, dass es so war. Das war der Grund Ihres Geschreis beim Thema Sicherheit ist, wenn Preis dafür, dass Ihnen der Oberdinosaurier Schröder ich es positiv formuliere, das schlechte Gewissen, das und seine Truppe der SPD diesen Ausstieg ermöglicht Sie treibt. haben. Der Preis, den Sie zu zahlen hatten, war, dass Sie (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) bei der Sicherheit nichts mehr tun. Sie wollen durch Angriff davon ablenken, was Sie ge- (Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/ macht haben, was viele von Ihnen mit schlechtem Ge- DIE GRÜNEN]) wissen vollzogen haben. Das haben Sie vertraglich zugesichert. (B) (Zuruf von der SPD: Die Brille ist von innen (D) verspiegelt!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Vielleicht hatten gar nicht alle ein schlechtes Gewissen. Das ist das, was Ihr eigener Sachverständiger, der von Herr Trittin, ich habe es Ihnen versprochen, ich lese Ih- Ihnen, von der Opposition benannte Sachverständige, in nen in jeder Debatte vor, was Sie als Minister für Reak- der Ausschussanhörung gesagt hat. torsicherheit unterschrieben haben. (Ulrich Kelber [SPD]: Jetzt ganz vorsichtig!) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es wird aber nicht besser, weil Sie es Das ist genau der Punkt, den ich Ihnen vorwerfe. Der vorlesen!) Sachverständige Lothar Hahn, den Sie benannt haben – früher beim Öko-Institut –, hat gesagt, Sie haben den Unternehmen, die zu beaufsichtigen sind, die Gegenstand und Adressat Ihrer Amtspflichten (Ulrich Kelber [SPD]: Ganz vorsichtig jetzt!) waren, zugesagt, dass durch den rot-grünen Atomausstieg wichtige Nach- (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rüstungen ausgeblieben seien. Das betont Hahn. Ich zi- NEN]: Und wer hat mich daran hindern wol- tiere ihn nach der taz, die das Zitat aufgenommen hat. len? Ihre Leute!) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und die Bundesregierung werde keine Initiative ergreifen, der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Unglaub- um diesen Sicherheitsstand – das ist der heutige Sicher- lich! – Ulrich Kelber [SPD]: Den nächsten heitsstand – und die zugrunde liegende Sicherheitsphilo- Satz auch noch zitieren!) sophie zu ändern. Sie haben eine Garantie gegeben. Sie Genau das ist der Punkt. Ihr eigener Sachverständiger haben gesagt, der Staat werde nie mehr machen, als er sagt, dass durch den Atomausstieg – so wie Sie ihn ge- jemals gemacht hat. macht haben – Nachrüstungen und Sicherheit auf der (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Strecke geblieben sind. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das hat Und genau den wollen Sie absenken!) er nicht gesagt! Das ist nicht wahr!) Das war amtspflichtwidrig, das durften Sie nicht tun. Sie Warum ist das so? Es ist so, weil Sie etwas getan ha- dürfen dem Adressaten der Aufsicht nicht zusichern, ben, das inakzeptabel ist. Sie waren beim Atomausstieg dass es keine neuen Anforderungen an ihn gibt. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7181

(A) Präsident Dr. Norbert Lammert: Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, (C) Herr Minister, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kol- Naturschutz und Reaktorsicherheit: legen Gabriel zu? Das werde ich tun. Es ist aber mit meiner Fraktion verabredet, dass das in Anrechnung gebracht wird. Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Zum Thema Gorleben: Warum steht denn in dem Naturschutz und Reaktorsicherheit: Vertrag, dass es bis zu zehn Jahre keine Erkundung gibt? Bitte sehr. Weil das so ein populäres Thema ist? Weil man als Um- weltminister Gabriel oder Trittin damit so gut heraus- Sigmar Gabriel (SPD): kommt? Nein, weil die Pflichterfüllung unangenehm ist Ich will nicht, dass es da Missverständnisse gibt. Ich und Sie sich dafür entschieden haben, den bequemen habe nur eine Frage: Würden Sie akzeptieren, dass die Weg zu gehen und nicht das Unangenehme zu wählen. größte Kritik der Atomwirtschaft und eines Teils der Dabei haben Sie aber Ihre Pflichten vernachlässigt. Länder an dem geänderten Kerntechnischen Regel- Kernenergie kann man ablehnen. Man kann aber nicht werk die Veränderung der Sicherheitsphilosophie gewe- ignorieren, dass sie seit 40 Jahren betrieben worden ist. sen ist und dass in Ihren Akten steht, dass die Verände- Darum ist es jedermanns Pflicht, als für Reaktorsicher- rung der Sicherheitsphilosophie im Jahre 2008 und 2009 heit zuständiger Minister und auch hier im Haus dafür zu beim Kerntechnischen Regelwerk stattgefunden hat, und sorgen, dass wir die daraus entstehenden Abfälle behan- zwar gegen Widerstand? Und dass wir das auch in Ihren deln und sie sicher lagern, anstatt sie ungesichert der Akten im Bundesumweltministerium wiederfinden? nächsten Generation, unseren Kindern, vor die Füße zu Würden Sie das bestätigen, oder würden Sie das bestrei- kippen. Das ist doch das, was Sie gemacht haben. ten? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, Diese Zukunftsverweigerung und Verantwortungsver- Naturschutz und Reaktorsicherheit: weigerung ist leider eine rot-grüne Linie auf dem Gebiet Erstens steht diese Frage in keinem Widerspruch zu der Energiepolitik. Das Ganze war für Sie nämlich leider dem, wozu sich Herr Trittin vertraglich verpflichtet hat, – das muss ich zu meinem Bedauern sagen – immer nur es zu unterlassen. ein parteipolitisches Kampfthema. Das ist ja in Ordnung. Dann können Sie aber nicht den Anspruch erheben, dem (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Land zu dienen und seine Zukunft zu sichern. Das geht Das war der Auftrag, es zu erarbeiten!) dann eben gerade nicht. (B) Er hat sich verpflichtet, es zu unterlassen, eine Änderung (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (D) der Anforderung im Gesetz vorzunehmen. Als Parlamentarier – ich habe übrigens, als ich rechts- Zweitens. Ich komme zur nächsten Heldentat, derer politischer Sprecher war, häufig diese Art von Verfahren Sie sich immer rühmen: dem berühmten Kerntechni- bei der rot-grünen Regierung kritisiert – schen Regelwerk. Verehrter Herr Vorgänger, Sie haben dieses Kerntechnische Regelwerk überhaupt nicht (Ulrich Kelber [SPD]: Als Erster PGF haben durchgesetzt. Sie etwas ganz anderes gemacht!) (Sigmar Gabriel [SPD]: Stimmt nicht!) muss ich nun feststellen, dass Sie sich jetzt auch noch über Verfahrensfragen und das angebliche Reden mit der Sie haben mit den Ländern die Erprobung versucht und Industrie beklagen. Das überschreitet die erträgliche sind zu keinem Ergebnis gekommen. Grenze der Unwahrhaftigkeit; denn in der Vereinbarung ist doch alles transparent. Man muss es nur einmal zur (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Kenntnis bringen. Natürlich haben Sie in der Vereinba- der CDU/CSU) rung mit der Atomwirtschaft, als Sie dafür zuständig Auch an dieser Stelle muss ich die Arbeit erledigen, die waren, auch eine weitere Zusage gegeben. Sie nicht geschafft haben. Das ist die blanke Wahrheit. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) NEN]: Was ist denn mit der Verwaltung? Wer hat denn Herrn Hennenhöfer eingestellt? Wer Sie rühmen sich der Taten, die Sie gar nicht vollbracht hat denn Herrn Thomauske mit der Prüfung haben. Ich will gar nicht sagen, dass es an Ihnen gelegen beauftragt? Sie!) hat, dass Sie es nicht geschafft haben. Aber Sie haben es nicht geschafft. Es hat niemals ein verbindlich ins Werk Sie haben dort nämlich vereinbart und zugesagt: Die Be- gesetztes Kerntechnisches Regelwerk gegeben, weil Sie teiligten – das sind die Betreiber der Kernkraftwerke – die Beziehungen zu den Ländern auf einen Nullpunkt schließen diese Vereinbarung auf der Grundlage, dass gebracht haben. Deshalb haben Sie auch an dieser Stelle das zu novellierende Atomgesetz einschließlich der Be- nichts in puncto Sicherheit geleistet. gründung die Inhalte dieser Vereinbarung umsetzt. – Sie haben mal eben dem Gesetzgeber mitgeteilt, was er zu Präsident Dr. Norbert Lammert: tun hat. Das haben Sie mit den Betreibern verabredet. Herr Minister, werfen Sie bitte auch einen Blick auf (Ulrich Kelber [SPD]: Quark! Quark mit die Redezeit. Soße!) 7182 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) Weiter haben Sie vereinbart: Über die Umsetzung der chen und technologischen Vorteilen, die wir hierbei si- (C) Atomgesetznovelle wird auf der Grundlage des Regie- cher auf unserer Seite haben, geht es auch darum, unsere rungsentwurfs vor der Kabinettsfassung zwischen den Lebensgrundlagen durch moderne Energieversorgung zu Vertragspartnern beraten. sichern und die Schöpfung zu bewahren. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Diese Perspektive wirtschaftlicher Art verbindet sich mit einem moralischen Anspruch, den wir in dieser Poli- Das heißt, dass noch nicht einmal das Kabinett berät, tik verfolgen. Das ist es, was unsere Politik ausmacht: sondern die Vertragspartner zuerst die Konsultation eine wertgebundene, moderne Politik der Energieversor- durchführen. Das ist doch hanebüchen. gung, die zukunftsorientiert ist und keine Feigheit zu- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) lässt, weil Themen unangenehm sind. Dieser Unterschied trennt uns in diesem Haus zwischen Regierungskoalition Das ist eine Desavouierung und Beleidigung unserer und Oppositionsfraktionen. Verfassungsinstitutionen, die Sie begangen haben. Nichts anderes haben Sie gemacht. Herzlichen Dank für die Unterstützung, die wir hier- für haben durften, meine Damen und Herren. (Ulrich Kelber [SPD]: Sie sind ein Heuchler! – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/ (Langanhaltender, lebhafter Beifall bei der CSU]: Das seid ihr! Ihr seid es! – Gegenruf CDU/CSU und der FDP) des Abg. Ulrich Kelber [SPD]: Ach, kommen Sie! Sie haben doch keine Ahnung vom Präsident Dr. Norbert Lammert: Thema!) Zu einer Kurzintervention erhält die Kollegin Höhn Darum will ich Ihnen sagen, dass wir trotzdem daran das Wort. festhalten, sachlich über diese Fragen zu debattieren, (Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Volker (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kauder [CDU/CSU]: Frau Kollegin Höhn, Dinslaken!) dass wir an dem Weg festhalten, die Ziele, die unserem Land dienen, zu realisieren, dass wir Klimaschutz durch Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Energiepolitik vorantreiben und dass wir konsequent auf Zunächst einmal für diejenigen, die „Dinslaken“ ge- die erneuerbaren Energien umstellen. sagt haben: Ich wohne in Oberhausen. Bevor Sie Zwi- Man muss aber die notwendigen Schritte dafür tun. schenrufe machen, sollten Sie sich erst einmal erkundi- Wir müssen den Netzausbau realisieren. Mit der wach- gen. (B) senden Photovoltaik, deren Untergang Sie prophezeit ha- (D) Herr Minister, ich habe vorhin versucht, Ihnen eine ben, kommen wir in manchen Regionen dieses Landes Frage zu stellen. Sie haben sie nicht zugelassen. Deshalb leider an die Grenze der Netzstabilität, weil die beiden möchte ich diese Anregung jetzt in einer Kurzinterven- Helden in den vergangenen Jahren nichts gemacht ha- tion vorbringen. ben. Das ist die Wahrheit. Sie haben vorhin ausgeführt, dass wir Grüne das (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Thema zu einem parteipolitischen Kampfthema mach- Sie haben hier Wehklagen über die Kürzung der Pho- ten. Ich sage Ihnen – hören Sie zu! –: Bei Ihnen sind die tovoltaikvergütung geübt und gesagt, sie würden alle ka- Reihen sehr leer. Dieses Thema scheint Sie nicht wirk- puttgehen. Am heutigen Tag meldet sich die Erneuer- lich zu interessieren. Mich hingegen interessiert dieses bare-Energien-Branche und erklärt: Wir sehen uns in der Thema. Pflicht, gerade weil wir erneuerbare Energien wollen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Politik ein Angebot zu machen; denn die Kosten sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- müssen unter Kontrolle bleiben, und die Netze müssen KEN) es transportieren. – Die Branche stützt diesen Kurs, weil sie von Ihren parteipolitischen Sprüchen nicht leben Sie haben recht: Auch das ist ein Grund gewesen, warum kann. ich mich bei den Grünen engagiere. In diesem Land muss es möglich sein, dass man für seine politischen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Themen brennt. Ich tue das. Ich mache aktive Politik, Darum bleiben wir dabei: Das ist eine grundlegende um Inhalte umzusetzen. Umformung unserer Lebensweise und unserer Wirt- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) schaftsweise. Es ist aber kein Verzichtsprozess, sondern ein Prozess der technologischen Modernisierung für Die Auseinandersetzung um die Atomkraft hat in dieser unser Land – neue Arbeitsplätze, neue Technologiefüh- Gesellschaft Jahrzehnte gedauert. rerschaft, Ich möchte Sie Folgendes fragen: Ist es Ihnen entgan- (Ulrich Kelber [SPD]: Neue Technologiefüh- gen, dass es die Grünen waren, die genau dieses Kampf- rerschaft?) thema, wie Sie es bezeichnet haben, zusammen mit der SPD zu einer Lösung gebracht haben, indem wir den internationale Marktanteile – und verbunden damit, dass Atomkonsens geschaffen haben? wir unsere Lebensgrundlage schützen, sie nicht zerstö- ren und Klimawandel beseitigen. Bei allen wirtschaftli- (Widerspruch bei der CDU/CSU und der FDP) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7183

Bärbel Höhn (A) Wir und die Gegner der Atomkraft haben mit den Ener- Der letzte Punkt. Bei Biblis ist die Sicherheit doch (C) giekonzernen verhandelt. Das heißt, wir haben ein wohl am größten, wenn es abgeschaltet wird. Thema abgeräumt, das diese Gesellschaft jahrzehntelang beschäftigt hat. Sie haben diesen Konsens wieder infrage Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: gestellt; Sie provozieren diese Proteste. Frau Kollegin, die drei Minuten sind überschritten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Abschalten!) sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie sind die Verursacher. Aber Sie wollen nur davon ab- Letzter Satz. – Die Abschaltung von Biblis sorgt für lenken, dass Sie die Verursacher der Proteste sind, die es die größtmögliche Sicherheit; man darf den Reaktor jetzt gibt. nicht weiterlaufen lassen. Können Sie bestätigen, dass nicht nur der Atomaus- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stieg hier beschlossen worden ist, sondern dass Rot- sowie bei Abgeordneten der SPD) Grün gleichzeitig das Erneuerbare-Energien-Gesetz auf den Weg gebracht hat und dass es die Union war, die da- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: gegen gestimmt hat? Der Ausbau der erneuerbaren Ener- Herr Minister, Sie haben die Gelegenheit zur Re- gien ist Rot-Grün zu verdanken und nicht Ihnen. aktion auf diese Kurzintervention. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Dr. Norbert Röttgen, Bundesminister für Umwelt, LINKEN) Naturschutz und Reaktorsicherheit: Können Sie ebenfalls bestätigen, dass, nachdem Sie Ich will ganz sachlich auf die einzelnen Punkte einge- entschieden hatten, die Laufzeiten zu verlängern, auf der hen. Windmesse in Husum die Anmeldungen für Investitio- (Zuruf von der SPD: Sie und sachlich!) nen für 2012 eingebrochen sind? Der Bundesverband Er- neuerbare Energie selbst sagt, die Laufzeitverlängerung Erstens: zur Windenergiemesse in Husum. Man muss schade den erneuerbaren Energien und nütze ihnen sich wirklich nicht bei der Politik bedanken. Wenn sich nichts. Sie sind der Einzige, der hier verkündet, für die aber eine Branche bei der Politik bedankt hat, dann darf erneuerbaren Energien wäre es etwas Gutes, die Laufzei- man das zur Kenntnis nehmen – ich teile es hier dem ten zu verlängern. Die Betroffenen selber sehen das an- Bundestag mit –: Die Windenergiebranche bedankt sich (B) ders, und auch wir sehen das anders. ausdrücklich für das Engagement der Koalition für die (D) Förderung der Offshorewindenergie; (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten des Der letzte Punkt, zu dem ich etwas sagen möchte, be- BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) trifft Ihren Vorwurf an uns bezüglich der Sicherheit. Ja, es war ein Atomkonsens. Deshalb stellt sich die Frage denn wir setzen auf keine andere Energiequelle so sehr – als Beispiel nenne ich die Warte in Biblis –: Wie viele wie auf die Windenergie. Investitionen brauchen Atomkraftwerke noch, wenn sie Ich will hier keine zweite Rede halten, sondern nur ohnehin nur noch eine begrenzte Laufzeit von zehn Jah- ein Beispiel nennen. Wir haben bei der Offshorewind- ren haben? energie ein absolutes Investitionsproblem. Diese Koali- (Zurufe von der CDU/CSU) tion hat dafür gesorgt, dass in Zeiten einer schwierigen Kassenlage ein Investitionsprogramm für Offshore- Herr Röttgen, im Zusammenhang mit der Sicherheit windenergie mit einem Volumen von 5 Milliarden Euro haben Sie noch im Mai verkündet, die völlig unge- aufgelegt wird, damit bei dem Thema in Deutschland schützten Atommeiler Brunsbüttel, Isar 1 und Philipps- endlich etwas passiert, also nicht nur Wind gemacht burg 1 sollten gegen Terrorangriffe geschützt werden. wird, sondern Windenergieanlagen entstehen. Machen Sie es, oder machen Sie es nicht? Ja oder nein? Die Antwort darauf wollen wir heute von Ihnen hören. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Dafür bedankt sich die Branche selbstverständlich; denn sie hat endlich klare Bedingungen. Sie haben außerdem gesagt, dass Sie den Betreibern maximal fünf Jahre für die Nachrüstung der Altmeiler Zweitens: EEG. Natürlich gab es auch damals Oppo- einräumen. Machen Sie es, ja oder nein? Die Antwort sition und Regierung. Das EEG ist ein richtiges Gesetz. darauf wollen wir heute von Ihnen hören. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr. Joachim Pfeiffer [CDU/CSU]: Die spricht NEN]: Aha! Auf einmal!) seit zehn Minuten!) Sie machen aber auch dort einen Fehler – einen Dinosau- Jemand, der sich angeblich so sehr für die Sicherheit rierfehler –, indem Sie sagen: Wir haben das einmal ge- einsetzt, muss hier Farbe bekennen. Sie können nicht im- macht; wir müssen daran nichts mehr ändern. – Doch: mer nur herumreden, wie Sie es bisher getan haben. Wir müssen es fortentwickeln und anpassen. 7184 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Bundesminister Dr. Norbert Röttgen (A) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Sie haben es richtig formuliert, als Sie sagten, Sie hät- (C) NEN]: Das haben wir doch gemacht! Sie wa- ten „ein Thema abgeräumt“. Genau so ist es. Sie haben ren auch bei der Novelle dagegen!) versucht, ein für Sie unangenehmes Thema – das konze- diere ich sofort – abzuräumen, sodass es nicht mehr auf- Denn wir möchten einen Anteil der erneuerbaren Ener- fällt. Die Castortransporte haben auch in der rot-grünen gien an der Stromversorgung von 80 Prozent erreichen. Regierungszeit stattgefunden; Sie haben aber keinen Darum muss man dieses Gesetz anpassen. Sie wollen Protest dagegen organisiert. Jetzt ist eine andere Regie- vielleicht – manche von Ihnen aus lobbyistischen Grün- rung an der Macht; jetzt organisieren Sie wieder den den –, dass das EEG zu einem Dauersubventionstatbe- Protest. stand wird. Damit untergräbt man aber die Akzeptanz der erneuerbaren Energien. Das EEG dient der Marktein- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) führung und ist keine Investitionshilfe für einige Invest- Sie haben das Thema parteipolitisch abgeräumt; das ist mentfonds, damit diese Kapitalrenditen im zweistelligen richtig. Das ist eine Bestätigung meines Vorwurfs: Bei Prozentbereich erzielen. dem Thema ist es Ihr Anliegen, es parteipolitisch abzu- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) räumen. Wenn wir die Änderung des EEG im Bereich der Pho- Wir sind der Auffassung: Energie ist elementar für die tovoltaik nicht durchgeführt hätten, dann würde uns die Zukunft dieses Landes; dem fühlen wir uns verpflichtet. Photovoltaik um die Ohren fliegen, und zwar in Bezug Es ist für uns kein Thema, das man abräumen sollte. auf die Kosten und das Netz. Nehmen Sie das bitte end- Vielmehr geht es darum, die Zukunft der Energieversor- lich zur Kenntnis: Gerade diejenigen, die erneuerbare gung in Deutschland zu sichern. Das ist der abweichende Energien wollen, müssen die gesetzlichen Grundlagen Ansatz und Anspruch, den wir auf diesem Gebiet haben. anpassen, damit die erneuerbaren Energien im Markt an- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) kommen und zukunftsfähig sind. Genau darum geht es. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Das Wort hat nun Kollege Matthias Miersch für die Drittens: Sicherheit. Um es ganz nüchtern und ruhig SPD-Fraktion. zu sagen: Bei den Sicherheitsstandards und -anforderun- gen bleibt alles so, wie Sie es vereinbart und damit of- (Beifall bei der SPD) fensichtlich für verantwortbar gehalten haben. Dr. Matthias Miersch (SPD): (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (B) Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! (D) NEN]: Nein! Sie schalten nicht ab!) Herr Bundesumweltminister, das war wieder typisch. Der Rechtszustand, mit dem die Minister Trittin und Reden und Handeln fallen bei Ihnen um 180 Grad aus- Gabriel leben konnten, bleibt selbstverständlich unange- einander. tastet. Das gilt uneingeschränkt. Selbstverständlich wird (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ nichts von dem, was Sie für vollkommen ausreichend DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der gehalten haben, gestrichen. LINKEN) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herr Bundesumweltminister, Sie stellen sich hier hin NEN]: Nein! Falsch!) und sagen, dass Sie Lob vom Bundesverband WindEner- gie bekommen. Aber warum steht denn dann der Präsi- Wir sind aber im Unterschied zu Ihnen damit nicht dent des Bundesverbandes WindEnergie gerade jetzt zufrieden und schaffen eine zusätzliche Vorsorgestufe. draußen vor dem Reichstag und demonstriert gegen Sie? (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Das ist die Wahrheit: Alles bleibt so, wie es bei Ihnen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) war – Sie wollten keine Veränderung –; es kommen so- Sie werfen uns vor, wir hätten kein Konzept. Was zer- gar noch mehr Sicherheitsmaßnahmen hinzu. schlagen Sie hier denn gerade? Sie zerschlagen den (Ulrich Kelber [SPD]: Ihr Sachverständiger Atomkonsens. Sie zerschlagen das Erneuerbare-Ener- hat gesagt: Das stimmt nicht!) gien-Gesetz. Sie zerschlagen die Zukunft von kommuna- len Stadtwerken. Sie können uns doch nicht vorwerfen, Viertens. Frau Höhn, Sie haben eine verräterische Be- dass es kein Konzept gibt. Sie haben es hier mit einem merkung gemacht. Sie haben gesagt, Sie hätten im Zu- Konzept zu tun. Sie machen es aber gerade kaputt, lieber sammenhang mit dem Ausstiegsbeschluss – Sie nennen Herr Bundesumweltminister. das immer „Konsens“, aber Sie haben eine Vereinba- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten rung, einen Vertrag mit der Wirtschaft geschlossen – der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE über die Sicherheit verhandelt. Wir sind der Auffassung: GRÜNEN) Sicherheit gehört ins Gesetz; es ist die Prärogative des Gesetzgebers, die Sicherheitsbedingungen festzulegen. Sie haben sich leider sämtlichen Diskussionen im Die Regierung hat diesbezüglich kein Verhandlungs- Ausschuss verweigert. Trotz der Kürze meiner Redezeit mandat. will ich auf einige Punkte eingehen. Sie lachen zwar im Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7185

Dr. Matthias Miersch (A) Augenblick, hören Sie mir aber trotzdem zu! Es geht um (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem (C) ganz viel, unter anderem um Ihre Behauptung im Zu- BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sammenhang mit dem Thema Sicherheit. Dazu kann ich Im Zusammenhang mit „Worte und Taten“ will ich Ihnen nur sagen: Es war Bundesumweltminister Sigmar ein weiteres Zitat anführen. Herr Bundesumweltminis- Gabriel, der das Kerntechnische Regelwerk für die Bun- ter, vor zwei Monaten haben Sie der deutschen Öffent- desaufsicht 2008 erarbeitet und 2009 in Kraft gesetzt lichkeit erklärt: hat. Die Politik muss mächtige Unternehmen gerade (Sigmar Gabriel [SPD]: So ist es!) auch im Steuerrecht so wie die normalen Bürger Das werden wir darlegen. Sie haben dieses Regelwerk behandeln … Deshalb darf der Staat grundsätzlich jetzt, im Jahr 2010, außer Kraft gesetzt, Herr Bundesum- nicht mit einzelnen Unternehmen einen Deal ma- weltminister. chen. Das sind Ihre Worte. Heute sehen wir die Taten, Herr (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Bundesumweltminister. Sie sitzen mit den Konzernen DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Gregor zusammen, und Sie machen einen Vertrag. Gysi [DIE LINKE]) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich bitte die Kolleginnen und Kollegen der CDU/ CSU und der FDP, einmal genau zuzuhören. Es geht hier Herr Kollege Gysi, es ist nicht nur so, dass die Kern- um zentrale Sicherheitsaspekte, die auch für künftige brennstoffsteuer zeitlich befristet ist, sondern in dem Generationen relevant sind. Der Bundesumweltminister Vertrag wird den Konzernen sogar zugesichert, dass sie hat hier erklärt, dass er im Bereich der Sicherheit nichts gegen diese Steuer klagen können. Herr Bundesumwelt- ändert. Sie waren am Montag und Dienstag leider nicht minister, Sie haben es nicht einmal hinbekommen, dass bereit, über diese Punkte zu reden. Möglicherweise glau- diese Einnahmen sicher sind. ben Sie uns auch nicht. Ich will den Justizminister des (Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem Landes Schleswig-Holstein zitieren, der an Sie, Herr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Röttgen, schreibt: Ich will an der Stelle sagen: Wir werden den vier Ich bin vielmehr in Sorge, dass die von Ihrem Haus Konzernen sagen müssen, dass sie ihren Vertrauens- verfolgte Absicht zur Festschreibung einer eigen- schutz missbraucht haben; sie werden sich auf diesen ständigen Sorgepflicht im Ergebnis zu einer Ab- nicht mehr berufen können. schwächung der nach dem gültigen Atomgesetz be- (B) stehenden weitreichenden Pflichten der Betreiber Insofern möchte ich mit den letzten Worten aus dem (D) und damit im Ergebnis möglichweise zu einer Ab- letzten Werk von Hermann Scheer enden. Ich zitiere: senkung des verfassungsrechtlich gebotenen hohen Es bedarf keines mit den Energiekonzernen abge- Schutzniveaus führen könnte. stimmten energiepolitischen Gesamtkonzepts, son- Das stammt aus der Feder der schwarz-gelben Regie- dern politischer Entscheidungen. Auf der politischen rung von Schleswig-Holstein. Was sagen Sie dazu, Herr Ebene entscheidet sich, ob der Energiewechsel, den Bundesumweltminister? die Gesellschaft vollzieht, beschleunigt wird. Nehmen wir dies als Aufbruch zum Kampf gegen das, (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ was Sie hier heute durchsetzen. DIE GRÜNEN) Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Wie können Sie behaupten, dass Sie das hohe Schutz- niveau, das der Justizminister der schwarz-gelben Regie- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten rung Schleswig-Holsteins bestätigt, tatsächlich beibehal- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE ten? GRÜNEN)

Frau Leutheusser-Schnarrenberger, ich hätte mir ge- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: wünscht, dass auch das Justizressort dazu etwas sagt; Das Wort hat nun Kollege Michael Kauch für die denn der Justizminister schreibt weiter: FDP-Fraktion. Für gänzlich inakzeptabel halte ich die von Ihnen geplante und regelungstechnisch auch in § 7 b Michael Kauch (FDP): Atomgesetz verankerte Einschränkung des Rechts- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir schutzes Dritter. Ich halte es für einen umweltrecht- hier heute erleben und auch schon im Umweltausschuss lich sowie verfassungsrechtlich und rechtspolitisch des Deutschen Bundestages erlebt haben, ist, dass die verfehlten Rückschritt. Opposition Hysterie verbreitet. Sie erkennt nämlich, was sie in der Vergangenheit versäumt und welche Fehler sie Das schreibt die schleswig-holsteinische Landesre- begangen hat und dass sie kein Konzept für die Zukunft gierung an Sie, Herr Bundesumweltminister. Und Sie der Energieversorgung in Deutschland hat. stellen sich hier hin und sagen, das Schutzniveau werde nicht abgesenkt. Auch darum wird es beim Bundesver- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten fassungsgericht gehen müssen. der CDU/CSU) 7186 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Michael Kauch (A) Herr Trittin, der hier und heute heuchelt und hetzt, hat Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: (C) sieben Jahre lang bei den Fehlern, die bei der Lagerung Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des in der Asse passiert sind, weggeschaut. Kollegen Schwabe von der SPD-Fraktion? (Zuruf von der FDP: Sehr richtig!) Michael Kauch (FDP): Er hat sieben Jahre lang die Hände in den Schoß gelegt, Nein. Ich denke, die Kolleginnen und Kollegen, die wenn es um die sichere Endlagerung ging. Dies tat er, sich hier ständig melden, hätten sich von ihren Fraktio- weil er es sich mit der grünen Basis nicht verscherzen nen auf die Rednerliste setzen lassen können. wollte. Deswegen haben Sie Ihre Pflichten verletzt. Jetzt schreien Sie hier in diesem Parlament herum (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die permanenten Versuche der Opposition, ihre Redezeit zu erhöhen, werde ich hier nicht unterstützen. und machen uns Vorwürfe, obwohl wir mit diesem Ge- setz die Lösungen für die Zukunft bringen, beispiels- (Beifall bei der FDP) weise die Lösung für die Entsorgung der Nuklearabfälle. Meine Damen und Herren, Sie arbeiten permanent (Beifall bei der FDP) mit Unterstellungen. Es wird uns gesagt, wir wollten die erneuerbaren Energien gar nicht und wir wollten den Lieber Herr Gabriel, ich erinnere mich noch an die Einspeisevorrang abschaffen. Dazu werde es schon ir- Zeit, als Sie bedeutungsschwanger in den Umweltaus- gendwann kommen, und dann würden die Netze ver- schuss kamen und uns über Ereignisse in Kernkraftwer- stopft. Das ist doch eine Märchenstunde, die Sie hier ken berichteten. Am Schluss Ihrer Berichte haben Sie permanent abhalten. stets gesagt: Trotzdem ist es sicher, und deshalb wird nichts gemacht. – Dieses „es wird nichts gemacht“ zog (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: sich durch die gesamte Regierungszeit von Rot-Grün. Das sagen Sie doch selber!) (Sigmar Gabriel [SPD]: Quatsch!) Deshalb sage ich ganz klar für meine Fraktion – ich denke, auch für die Koalition; denn wir haben das im Seit 2000 sind keine wirklichen Nachrüstungen vor- Energiekonzept und im Koalitionsvertrag vereinbart –: genommen worden; denn Sie haben den Konzernen ver- Wir werden den unbegrenzten Einspeisevorrang für er- traglich versprochen, neuerbare Energien sichern. Wir werden das EEG mo- dernisieren. Wir werden eine stetigere Netzeinspeisung (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: anregen. (B) Reden Sie doch nicht von Konzernen!) (D) (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE dass diese keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen er- GRÜNEN]: Über Marktregulierung, oder greifen müssen, dass sie keine zusätzliche Steuer zu ent- wie?) richten haben und dass es zu keinen Gewinnabschöpfun- gen kommen wird. Das war Ihr schmutziger Deal von Aber wir werden die Möglichkeiten der erneuerbaren 2000. Energien in keiner Weise einschränken. Im Gegenteil: Mit dem Klima- und Energiefonds legen wir das größte (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Förderprogramm für erneuerbare Energien auf, das die- NEN]: Das ist doch lächerlich!) ses Land je erlebt hat. Wir machen einen Vertrag, der Gewinnabschöpfun- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten gen vorsieht. Wir machen ein Gesetz für mehr Sicher- der CDU/CSU) heit, und wir werden eine Steuer erheben. Wir kassieren diese Konzerne so ab, wie Sie es sich nie getraut haben. Mit dem unbegrenzten Einspeisevorrang findet der Wettbewerb nicht zwischen den erneuerbaren Energien (Beifall bei der FDP – Lachen beim BÜND- und der Kernkraft statt, sondern zwischen der Kernkraft NIS 90/DIE GRÜNEN) und der Kohle und dem Gas. Das ist doch die Wahrheit. Wir sehen eine zusätzliche Risikovorsorge für die (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE Kernkraftwerke vor. Wir ändern allerdings nichts am GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch!) bisherigen § 7 des Atomgesetzes. Das heißt, alle Rege- lungen, die die Atomaufsicht heute heranziehen kann, Sie, die Grünen, wollen neue Gaskraftwerke bauen und werden ihr auch weiterhin zur Verfügung stehen. Zusätz- damit die Brücke zu den erneuerbaren Energien bauen. lich geben wir ihr in § 7 d eine Regelung an die Hand, Sie sind die Lobbyisten von Herrn Putin. nach der der Betreiber entschädigungslos über das bishe- (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) rige Schutzniveau bzw. Design der Genehmigung hinaus für Sicherheit und dafür zu sorgen hat, dass Nachrüstun- Herr Gabriel mit seiner SPD ist der Lobbyist der Kohle- gen vorgenommen werden. Das ist ein Mehr an Sicher- wirtschaft. Es ist kein Zufall, dass im Aufsichtsrat von heit, welches Sie nie erreicht haben, und nun wollen Sie RWE ganz viele Sozialdemokraten sitzen. von Ihrem eigenen Versagen ablenken. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der FDP) der CDU/CSU) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7187

Michael Kauch (A) Wir werden den Wettbewerb in der Energiewirt- Sie haben auf § 7 d des Atomgesetzes Bezug genom- (C) schaft stärken. Deshalb legen wir ein Förderprogramm men und davon gesprochen, dass es mehr Sicherheit ge- für Offshorewindenergie auf, von dem gerade Zusam- ben soll. Herr Bundesumweltminister Röttgen hat den menschlüsse von Stadtwerken profitieren können. Des- Sachverständigen Lothar Hahn zitiert und hält ihn, wegen haben wir die Investitionszulagen für hocheffi- denke ich, für sehr glaubwürdig. Er hat ihn aber nicht ziente Kraftwerke auf Anbieter mit weniger als vollständig zitiert. Ich habe mir das Protokoll der zu kur- 5 Prozent Marktanteil beschränkt. Wir schmeißen das zen, aber immerhin durchgeführten Anhörung vom Geld nicht RWE und Co hinterher. Das können Sie hier 21. Oktober 2010 noch einmal angesehen. Der Sachver- noch so oft behaupten, es ist falsch. Die Mittelständler ständige Lothar Hahn sagte zu dem im Gesetzentwurf werden von unseren Förderprogrammen profitieren. vorgesehenen § 7 d: (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Mir erschließt sich der Mehrwert dieser Regelung der CDU/CSU) nicht. Das liegt vielleicht am Text, vielleicht auch an der ganz missratenen Begründung, die wider- Die größte Leistung des Energie- und Klimafonds ist, sprüchlich und nicht nachvollziehbar ist. … Viel- dass künftig für Programme der Gebäudesanierung, der leicht wird das in der endgültigen Fassung besser. erneuerbaren Wärme, der Forschung im Bereich der er- neuerbaren Energien, aber auch für Klimaschutzprojekte Es ist in der endgültigen Fassung nicht besser gewor- im Ausland die jeweiligen Minister nicht immer beim den. Er sagte weiter: Finanzminister betteln gehen müssen. Wir gewährleisten Die zweite Frage lautete, ob mit der AtG-Novelle durch die Gewinnabschöpfung bei den Kernkraftwerken der neueste sicherheitstechnische Stand abgebildet und vor allem durch die Entscheidung, 100 Prozent der wird. Ich muss sagen: Nein. Mehrerlöse aus der Versteigerung von Emissionsrechten für diese Klimaschutzprojekte zu verwenden, eine gesi- Weiter: cherte Finanzierung. Der Multiplikatoreffekt dieser Aus- gaben, von dem Sie selbst immer sagen, er liege bei 1 : 8 Es sind im Wesentlichen Dinge festgeschrieben bis 1 : 10, wird – Herr Trittin kann noch so sehr versu- worden, die ohnehin üblich sind und anderswo ge- chen, dies kleinzureden – viele Investitionen auslösen. fordert werden. Sie werden vor Neid erblassen, wenn dieses Programm Wenn also Herr Hahn diese hohe Glaubwürdigkeit in die Realität umgesetzt wird. hat, vom Bundesumweltminister bestätigt: Wie verhalten Sie sich zu diesen Äußerungen? (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen der Abg. Sylvia (B) Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: (D) Herr Kollege Lenkert, jetzt sind Sie dran, und dann Die Auferlegung von Nachrüsttechnik ohne Zahlung kann Kollege Kauch zusammenhängend antworten. von Entschädigung, die Investitionsoffensive für erneu- erbare Energien – das sind Meilensteine auf dem Weg zu den erneuerbaren Energien. Wir werden das Zeitalter er- Ralph Lenkert (DIE LINKE): reichen, Sehr geehrter Herr Kollege Kauch, Sie wissen, Schleswig-Holstein wird von Schwarz-Gelb regiert. Der (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE dortige Justizminister hat in einem Brief an den Bun- GRÜNEN]: Irgendwann wird es von alleine desumweltminister Röttgen die Sorge geäußert, dass der kommen! Ja!) neue § 7 d zur Einschränkung der Klagerechte Dritter gegenüber Atomkraftwerken führen kann. indem wir die wirtschaftliche Vernunft, die die FDP und die Union – anders als Sie – haben, für die Erreichung Des Weiteren möchte ich Sie in Fortsetzung der An- der ökologischen Ziele, die wir gemeinsam haben, ein- hörung – das ist uns in der Anhörung nicht gestattet setzen. worden – etwas zum verfassungsmäßig garantierten Gleichbehandlungsgrundsatz fragen. Es geht um das Vielen Dank. Haftungsrecht von Atomkraftwerksbetreibern im Ver- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten gleich zum Haftungsrecht des normalen Bürgers oder der CDU/CSU) auch eines Windkraftbetreibers. Bürger, auch Windkraft- betreiber, müssen für Schäden, die durch ihre Anlagen entstehen, in unbegrenzter Höhe haften, aber die Haf- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: tungshöhe der Atomkraftwerksbetreiber ist gedeckelt Das Wort zu Kurzinterventionen nacheinander erteile worden. Dies ist aus meiner Sicht eine eklatante Verlet- ich zunächst dem Kollegen Frank Schwabe und dann zung des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Grundge- dem Kollegen Ralph Lenkert. setzes.

Frank Schwabe (SPD): (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Herr Kollege Kauch, wir hätten die Fragen natürlich GRÜNEN) gerne an anderer Stelle gestellt, aber dort wurde uns nicht die Gelegenheit dazu gegeben. Deswegen müssen Der Rechtssachverständige der Regierungskoalition wir die Gelegenheit hier nutzen. antwortete auf meine Frage, dass der Gesetzgeber die 7188 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Ralph Lenkert (A) Haftungshöhe deckeln müsse, weil das Risiko des Be- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: (C) treibens von Atomkraftwerken so hoch wäre, dass es Das Wort hat nun Kollegin Dorothée Menzner für die niemand versichern würde. Fraktion Die Linke. Jetzt habe ich an die FDP, die selbsternannte Bürger- (Beifall bei der LINKEN) rechtspartei, die Frage, wie sie dies mit der Vertretung der Interessen der Bürger vereinbaren kann. Dorothée Menzner (DIE LINKE): Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der Zustimmung zur Laufzeitverlängerung läuten Sie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) den Kampf zwischen Atomenergie und erneuerbaren Energien ein. Wer ihn verlieren wird, ist klar. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich gebe Ihnen, aber auch den Bürgerinnen und Bür- Kollege Kauch, Sie haben das Wort. gern jetzt eine energiepolitische Vorausschau, einen Fahrplan, was uns als Nächstes erwarten wird: Michael Kauch (FDP): Im Zuge der Laufzeitverlängerung wird es immer häu- Liebe Kollegen, ich danke Ihnen dafür, dass Sie mir figer zu Netzüberlastungen durch Kohle- und Atom- noch einmal die Gelegenheit geben, auf den Mehrwert grundlaststrom kommen. Sie werden weiter lügen – das dieser Regelung in § 7 d hinzuweisen und deutlich zu haben Sie auch in den letzten Wochen schon getan – machen, was der politische Wille des Gesetzgebers, was (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das der politische Wille dieser Koalition ist. stimmt!) (Zuruf von der SPD: Nein, Sie sollen die Fra- und behaupten, das sei ein Problem des Überangebots an gen beantworten, Herr Kauch!) erneuerbaren Energien. Erstens. Wir schaffen Nachrüsttechnik über den Stand (Volker Kauder [CDU/CSU]: Jawohl! So ist des genehmigten Designs hinaus. das ja auch!) Zweitens. Wir schaffen Nachrüsttechnik über den si- Wir werden versuchen, diese Aussage richtigzustellen, cheren Betrieb des Kernkraftwerks hinaus; denn der si- genauso wie Verbände und Initiativen. Aber Sie werden chere Betrieb kann auch nach den entsprechenden Urtei- wohl nicht auf uns hören, weil Sie nicht erkennen wol- len ein hinnehmbares Restrisiko beinhalten. Über diesen len, dass die stocksteife, nicht regelbare Atomenergie das Problem ist und nicht ein Überangebot an Erneuer- (B) sicheren Stand des Betriebs hinaus – das ist die bisherige (D) Rechtslage – sind die Betreiber verpflichtet, zusätzliche baren. Vorsorge zu betreiben, und zwar für die Allgemeinheit, (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- während sich § 7 eben auf die Allgemeinheit und die neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Dritten bezieht. Deshalb kann ich es nur als Missver- GRÜNEN) ständnis des schleswig-holsteinischen Justizministe- riums erkennen, dass man hier diese beiden §§ 7 und 7 d Sie werden dann – da bleibt Ihnen gar nicht viel ande- offensichtlich nicht als komplementär ansieht. Wir ha- res übrig – immer häufiger Wind- und Solaranlagen ab- ben mit dieser Gesetzgebung die politische Absicht – um schalten müssen, weil die Netze instabil werden. Das tun auch für künftige Gerichtsverfahren deutlich zu machen, Sie schon heute; in Zukunft werden Sie das allerdings dass diese Paragrafen komplementär sind –, dass zusätz- vermehrt tun müssen. lich zu § 7 ein § 7 d mit einer weiteren Vorsorge einge- Weil Sie nach wie vor alle Warnungen in den Wind führt wird. schlagen, die Aussagen Ihres eigenen Sachverständigen- Drittens. Der wesentliche Mehrwert dieser Regelung rates ignorieren, die Signale der Umweltverbände, der besteht auch in Folgendem: Nach der jetzigen Rechtslage Bevölkerung, der Stadtwerke und der Branche der erneu- können nachträgliche Auflagen über das genehmigte De- erbaren Energien nicht ernst nehmen, ja sogar die Hin- sign des Reaktors hinaus nur gegen Entschädigungszah- weise Ihrer eigenen Bürgermeister ignorieren, werden lung – § 18 Atomgesetz – erfolgen. Entschädigungs- Sie den bevorstehenden Systemkonflikt weiter auf die pflichtig ist jeweils das Bundesland, das die Spitze treiben. Es handelt sich nämlich um einen Sys- Genehmigung nachträglich verändert. Deshalb hat in temkonflikt, um einen Systemkonflikt zwischen Erneu- den letzten zehn Jahren kein Bundesland eine solche erbaren und Grundlastkraftwerken. Sogar Ihr Sachver- Nachrüsttechnik auferlegt. Das zeigt den Handlungsbe- ständigenrat hat das konstatiert, indem er schreibt: Jetzt darf. Weil wir die Kernkraftwerke länger betreiben wol- wäre eine Systementscheidung notwendig. len, als es bisher im Gesetz vorgesehen war, halten wir Zunächst werden Sie – das steht auch schon in Ihrem es für unsere Pflicht und Schuldigkeit, über das bisherige Energiekonzept – die Direktvermarktung von EEG- Sicherheitsniveau hinaus einen Schutz für die Allge- Strom umsetzen. Dann werden Sie den Einspeisevor- meinheit zu schaffen. Das ist ein großer Fortschritt für rang für erneuerbare Energien abschaffen müssen. Ich die Reaktorsicherheit. unterstelle Ihnen nicht einmal, dass Sie das wollen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Dorothea Steiner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der CDU/CSU) NEN]: Doch! Das ist aber so!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7189

Dorothée Menzner (A) Aber das ist die zwanghafte Konsequenz Ihres verant- Die Höhe von Steuern und Abgaben und der Umfang (C) wortungslosen Energiekonzepts. von Sicherheitsauflagen, deren Dauer und Verrechnung und vermutlich auch die Jahre der Laufzeitverlängerung, (Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. für die es keine fachliche Begründung gibt, all dies ver- Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/ handelten die Konzernvertreter. DIE GRÜNEN]) Sie haben den Vorwurf formuliert, auch Rot-Grün Sie betreiben volkswirtschaftliches Schiffeversenken auf habe damals mit den Konzernvertretern verhandelt. Das Kosten der Allgemeinheit. ist richtig. Aber es ist doch wohl ein Unterschied, ob (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Genau!) man im Vorfeld einer Entscheidung verhandelt, weil man in die Eigentumsrechte einer Wirtschaftskraft ein- Dass der Systemkonflikt längst Realität ist, konnten greifen und der Branche etwas Elementares abverhan- wir im letzten Jahr beobachten. Allein im Jahr 2009 kam deln will, oder ob man verhandelt, weil man die Wün- es 18-mal zu Strompreiskapriolen. Da wurde Strom zu sche der Branche erfüllen will. Negativpreisen gehandelt, bzw., um es verständlicher zu sagen, es wurde Geld gezahlt, wenn nur jemand den (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überflüssigen Strom abnahm – und das in Zeiten, als vier sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Atomkraftwerke abgeschaltet waren und Deutschland KEN) immer noch massiv Strom ins Ausland exportierte. 18-mal Sie, Umweltminister Röttgen, lagen in der Nacht, in war also zu viel Grundlast im Netz; diese Tendenz wird der die Vereinbarung mit den Konzernen unterschrieben weiter zunehmen. wurde, im Bett. Die Feder der Regierung führte der be- Die Gewinner dieses Prozesses werden die vier kennende Atomlobbyist Hennenhöfer. Freunde unter sich Atomkonzerne und ihre Lobbyisten sein; darauf ist beim Aushandeln der Revolution zurück ins 20. Jahr- schon mehrfach hingewiesen worden. Ihr Gerede von hundert! der Abschöpfung des Großteils der Zusatzgewinne ist (Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Konter- nichts anderes als eine populistische Nebelkerze. revolution! – Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten Ins 19. Jahrhundert!) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Das, was Sie in einem Monat durch das Parlament peit- Die Verlierer dieses Prozesses werden die kommuna- schen, ist in der Tat eine Revolution gegen boomende len Energieversorger, Tausende von Menschen, die um Exportmärkte, gegen Aufwächse bei den Arbeitsplätzen, ihre Arbeitsplätze fürchten müssen, die Bürgerinnen und gegen Investitions- und Planungssicherheit einer jungen (B) Bürger und nicht zuletzt die nachfolgenden Generatio- Industrie, gegen die Chancen der erneuerbaren Energien (D) nen sein. auf dem Markt, gegen kommunale und zivilgesellschaft- liche Wettbewerber und vor allem gegen die Sicherheit, Sie verschanzen sich weiterhin hinter Ihrer beton- köpfigen Ignoranz. Ihr Gerede von der Brückentechno- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN logie ist eine Schimäre. Das Ende dieser Brücke hängt sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. nämlich offen weit über dem Wasser. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]) Sie vertun hier und heute eine historische Chance. Sie die sich bis heute in einem Atomausstieg manifestiert, lassen die Bürgerinnen und Bürger über höhere Strom- der die Atomkraftwerke vor dem Erreichen eines gefähr- preise und Steuern die Zeche für die Profite der Kon- lichen Alters vom Netz nehmen will. zerne zahlen; hinzu kommen die Sicherheitsrisiken. Ich versichere Ihnen: Das werden sich die Bürgerinnen und Sie, Herr Minister Röttgen, haben sich zu der Aus- Bürger nicht widerstandslos gefallen lassen. sage verstiegen, mit Ihrem Konzept die Sicherheit erhö- hen zu wollen. Eine beabsichtigte Laufzeit von 50 Jah- Ich danke. ren für Atomkraftwerke ist in Verbindung mit dem Fehlen jeglicher Erfahrungen, was mit einem AKW in (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- einem solchen Alter geschieht, nicht der glaubwürdigste neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Beleg für die Behauptung, Sicherheit generieren zu wol- GRÜNEN) len. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Das Wort hat nun Kollegin Sylvia Kotting-Uhl für die sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Fraktion Die Grünen. KEN) Deshalb haben Sie den neuen § 7 d Atomgesetz erfun- Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den. Dadurch soll dafür gesorgt werden, dass durch ge- Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Sie wol- eignete und angemessene Maßnahmen die Sicherheit er- len heute mit Ihrer Mehrheit in diesem Hause Gesetzent- höht wird. Aber bitte: Wem oder was angemessen? – würfe verabschieden, deren angemessene parlamentari- Den Gewinnen der Konzerne? sche Beratung Sie verweigert haben. Dafür war die Herr Minister – oder wer immer hinter diesem Streu- außerparlamentarische Beratung aber umso intensiver. sandparagrafen steckt –, wie wollen Sie eigentlich die (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ja!) nach dem Stand von Wissenschaft und Technik gefor- 7190 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Sylvia Kotting-Uhl (A) derte Vorsorge verbessern? Dieser Vorsorgestandard ent- Sie können sich darauf verlassen, dass die Auseinan- (C) spricht bereits dem jetzigen Gesetzestext. Sie können die dersetzung über die Zulässigkeit Ihrer heute abzustim- höchstmöglichen Schadensvorsorgeanforderungen nicht menden Gesetze mit diesem Tag nicht beendet ist. Sie noch steigern. treten einen vor Jahren schwer erkämpften Konsens mit Füßen, und das wird Ihnen genau auf dieselben Füße fal- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN len. sowie bei Abgeordneten der SPD) (Zuruf von der CDU/CSU: Konsens?) Nun kommen Sie uns nicht mit Dynamisierung – eine weitere tolle Erfindung. Der Stand von Wissenschaft und Sie sollten lernen, zu sehen, dass die Gesellschaft nicht Technik ist immer dynamisch. Sie relativieren den Stand mehr willens ist, sich von Konzernen regieren zu lassen – von Wissenschaft und Technik. Es gibt nur eine Mög- weder von der DB AG noch von RWE. Ihre heutigen lichkeit, die bisherigen Sicherheitsanforderungen zu ver- Gesetze werden von der Mehrheit der Gesellschaft ge- schärfen: Abschalten! nauso abgelehnt wie von uns. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Volker sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Kauder [CDU/CSU]: Das hätten Sie doch so- KEN) fort machen können! Entschädigungen zahlen und abschalten!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Und dafür, Herr Kauder, gibt es seit 2008 für die ältes- Das Wort hat nun Kollege Thomas Bareiß für die ten, nicht gegen Flugzeugabstürze gesicherten AKW CDU/CSU-Fraktion. eine gute Begründung. Mit seinem Urteil vom 10. April 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht den Absturz ei- Thomas Bareiß (CDU/CSU): ner Passagiermaschine auf ein AKW unter Hinweis auf Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und den 11. September 2001 nicht mehr als Restrisiko einge- Herren! Liebe Frau Kotting-Uhl, das, was Sie heute hier stuft. Dieses Risiko ist also jetzt als realistisch zu be- veranstalten, nicht nur im Verfahren, sondern vor allen trachten. Gegen dieses Risiko muss daher Schadensvor- Dingen auch in der Sache, ist in höchstem Maße unse- sorge getroffen werden. Wo ist Ihre entsprechende riös. Forderung, Herr Röttgen? – Ist sie ebenfalls Herrn Hennenhöfer und seinen Freunden nächtens zum Opfer Ich habe mich in den letzten zwei Tagen einmal damit gefallen? beschäftigt, was Sie in der Energiepolitik wollen, welche Gutachten Sie in den letzten Jahren vorgelegt haben und (B) (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Was haben welche Zielsetzungen Sie sich vorstellen. Ihre Energie- (D) Sie denn 2001 gemacht, Frau Kollegin?) politik basiert darauf, dass in den nächsten 10 bis 15 Jah- Im Vorfeld haben Sie laut genug davon geredet, dass Sie ren 35 Pumpspeicherkraftwerke in Norwegen gebaut Nachrüstungen gegen Flugzeugabstürze fordern wol- werden, die nur dazu dienen sollen, dass wir in Deutsch- len. Recht hatten Sie! Es ist richtig, die Urteile der land eine sichere Energieversorgung haben. Es sollen obersten Gerichtshöfe umzusetzen. Dabei hätten Sie uns 25 Hochspannungsleitungen von Norwegen nach Deutsch- ganz an Ihrer Seite. Aber wo steht das in dem Gesetzent- land gebaut werden. Norwegen soll zum Energiespeicher wurf? – Nichts dazu steht in der zwölften AtG-Novelle. Deutschlands ausgebaut werden. Das ist eine absolut un- Da gehört es aber hin! realistische Vorstellung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Sie wollen die Leistung, die mit der Photovoltaik in bei der SPD und der LINKEN) Deutschland erreicht wird, in den nächsten 10 bis 15 Jahren auf 130 000 Megawatt ausbauen. Unterstellt, Nicht nur hat die Koalition die Einhaltung der ange- die jetzige Förderkulisse ändere sich nicht, würde das messenen parlamentarischen Abläufe vergessen. Sie spie- eine Steigerung der Ausgaben im Bereich der erneuerba- len auch mit der Rechtmäßigkeit Ihrer Gesetzesvorla- ren Energien um über 500 Milliarden Euro in unserem gen. Es zieht Sie offensichtlich mit Gewalt vor das Land bedeuten. Das wäre unbezahlbar. Die Energiepoli- Bundesverfassungsgericht. Das, meine Damen und Her- tik von Rot-Grün ist absolut unrealistisch. ren von der Koalition, können Sie haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr gut!) neten der FDP) Sie legen heute Gesetzentwürfe und Beschlussvorla- Daneben bauen Sie auf einen hohen Grad an Strom- gen vor, die verlässlich einen Weg für die Energieversor- importen in den nächsten 10 bis 15 Jahren. gung bis 2050 beschreiben sollen. Sie geben alles, was sich die Zivilgesellschaft erobert hat, verlässlich in die (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hände der Konzerne zurück. Sie verstopfen verlässlich NEN]: Nein, das sind Sie! 25 Prozent Strom- die Netze auf Jahrzehnte mit Atom- und Kohlestrom. Sie importe bei Ihnen!) ziehen dezentralen Energieversorgern verlässlich den Das wird kommen, wenn Sie das umsetzen. Das sagen Boden unter den Füßen weg. Und Sie verkaufen verläss- alle. Selbst Herr Kohler von der dena, der ja beim Öko- lich für vielleicht 15 Milliarden Euro die Sicherheit. Institut Freiburg angefangen hat, sagt, wir werden spä- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) testens in den nächsten sieben, acht Jahren eine Strom- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7191

Thomas Bareiß (A) lücke bekommen. Was würde ein Stromimport mitten in Leitungen durch Deutschland müssen nicht nur 3 500 (C) Europa bedeuten? Das würde bedeuten, dass wir von Kilometer, sondern 4 300 Kilometer lang sein. Bei dem französischen, rumänischen, bulgarischen, polnischen jetzigen rot-grünen Tempo würden wir über 45 Jahre und russischen Kernkraftwerken in den nächsten Jahren brauchen, bis es diese Leitungen gibt. abhängig werden. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann nicht die Energiepolitik eines Industrielan- Wer hat denn das Gesetz blockiert? Sie!) des mitten in Europa sein. Deshalb müssen wir es anders Wir haben also genügend Probleme, die wir angehen machen. Aus diesem Grund haben wir ein Energiekon- müssen. Gehen wir sie beherzt an! zept vorgelegt, mit dem wir für eine sichere, bezahlbare und saubere Energieversorgung sorgen. (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir brauchen nicht nur Kapital, wir brauchen auch 25 Prozent Energieimporte! Das steht bei Ih- Akzeptanz. Im Zusammenhang mit dem Thema Akzep- nen drin! – Gegenruf des Abg. Dr. Joachim tanz müssen wir auch schauen – das wird uns die nächs- Pfeiffer [CDU/CSU]: Das sind Szenarien Ihres ten Tage und Wochen beschäftigen –, wie wir mit den Programmes, Herr Trittin!) enorm steigenden Kosten des EEG umgehen. Ein Drei- personenhaushalt wird im nächsten Jahr im Schnitt Betrachten wir uns das doch einmal genau. Wo liegen 145 Euro mehr zahlen, ein kleiner Handwerksbetrieb, die Potenziale in Deutschland? Wo können wir im Be- ein Bäckerbetrieb circa 3 000 Euro mehr. Wir brauchen reich der erneuerbaren Energien in den nächsten Jahren das Geld, um die Investitionen zu tätigen. Aber wir brau- wirklich etwas aufbauen? Wir haben uns enorm hohe chen neben noch mehr Geld auch noch mehr Zeit. Ziele gesetzt. Der Umweltminister hat es gesagt: Bis Deshalb, meine Damen und Herren, ist es ein in sich 2020 soll die Stromversorgung zu 35 Prozent aus erneu- stimmiges Konzept, wenn wir die Mehrgewinne bzw. ei- erbaren Energien erfolgen. – Dafür müssen wir alle Po- nen Großteil der Mehrgewinne aus der Verlängerung tenziale nutzen, die wir haben. Es geht hier nicht mehr der Laufzeit auch in diese Herausforderungen stecken um ein Ja oder Nein zur Kernenergie, sondern es geht und damit ein in sich stimmiges Gesamtkonzept bilden, darum, die Potenziale, die wir in Deutschland haben, wie es im Übrigen auch von den Menschen mitgetragen auszuschöpfen. Das höchste Potenzial – darin sind wir wird. uns hier im Hause ja einig – gibt es im Bereich Offshore- windanlagen; hierdurch sollen bis 2030 circa 25 Giga- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: watt Strom erzeugt werden. Um dieses Ziel überhaupt zu Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des (B) erreichen, müssten wir aber ab heute bis 2025 jeden Tag (D) Kollegen Hempelmann? ein neues Windrad aufstellen. Wir brauchten eine enorme Kapitalausstattung, für die wir jetzt als ersten Schritt mit dem 5-Milliarden-Euro-Programm der KfW Thomas Bareiß (CDU/CSU): sorgen. Wir haben also riesige technische Voraussetzun- Nein, ich möchte nicht. Danke. gen zu bewältigen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- In einer Anfrage der Grünen vom Juni dieses Jahres NEN]: Genau! Nicht von Fakten verunsichern steht, dass es wegen der Schweinswalpopulation Beden- lassen!) ken gegen das Aufstellen von Windrädern in der Ost- Sie behaupten immer, dass die Menschen in unserem und Nordsee gibt. Ich muss also feststellen, dass wir uns Land gegen die Kernenergie sind. Ich glaube, die Men- berechtigterweise auch mit Umwelt- und Naturschutz- schen sind zurecht skeptisch gegenüber der Kernenergie. fragen auseinandersetzen müssen, ehe wir Windräder in Ich bin es auch. der Nord- und Ostsee aufstellen können. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Schließlich müssen wir den Strom aus dem Norden, NEN]: Seit wann denn das?) von der Ost- und Nordsee, auch in die Zentren im Süden bringen, die diesen Strom dringend brauchen. Auf vielen Deshalb haben wir gerade auch die Debatte über das Thema Sicherheit geführt. Gebieten müssen wir also wichtige Themen angehen. Aber die Menschen sagen auch: Wir brauchen in den Liebe Frau Kotting-Uhl, wir saßen vor wenigen Ta- nächsten Jahren die Kernenergie; denn der Strom kommt gen bei der Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam auf dem nicht allein aus der Steckdose, und er kann auch nicht Podium. Sie haben dort behauptet, dass Sie erst dann für aus anderen europäischen Ländern kommen, sondern eine 380-kV-Leitung durch Deutschland sind, wenn ge- wir sind selber dafür verantwortlich, dass wir eine si- währleistet ist, dass kein Atomstrom mehr durch diese chere, saubere und bezahlbare Strom- und Energiever- Leitung fließt. In diesem Punkt kann ich Sie weiß Gott sorgung auch in den nächsten Jahren haben. Deshalb nicht ernst nehmen. Strengen Sie sich einmal an, damit brauchen wir eine sinnvolle Verbindung zwischen der Sie und Ihre Fraktion in diesem Bereich auch in sich Kernenergie auf der einen Seite, aber auch den Schritt- konsistent sind, und sprechen Sie sich für diese Leitun- für-Schritt-Ausbau der erneuerbaren Energien auf der gen durch Deutschland aus, die 4 300 Kilometer lang anderen Seite. sein müssten. Ich widerspreche unserem Bundeswirt- schaftsminister in diesem Punkt nicht gerne, aber die (Beifall bei der CDU/CSU) 7192 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Thomas Bareiß (A) Ich will zum Schluss sagen, dass wir, wie ich glaube, aktuellen Ausbauraten um 75 Prozent und die Bioener- (C) ein in sich stimmiges Energiekonzept haben. Wir ha- gie gegenüber den aktuellen Ausbauraten um 85 Pro- ben jetzt nicht groß über das 10-Punkte-Sofortprogramm zent. Wasserkraft- und Geothermiezubau finden gar gesprochen, das wir heute auch mit auf den Weg brin- nicht mehr statt. Herr Kelber hat bereits darauf hinge- gen. Wir haben einmal die verlängerte Laufzeit, dann wiesen, dass es ab 2020 sogar noch viel schlimmer das 10-Punkte-Sofortprogramm, in dem es allein in vier kommt. Punkten konstruktiv und direkt um das Thema Netzaus- bau geht, und schließlich ein Energiekonzept, das auf Das heißt, die Branche, die nicht nur vom Betrieb die- über 40 Seiten alle Bereiche unserer Energieversorgung ser Anlagen, sondern vor allem vom Neuzubau lebt, be- bzw. des Primärenergiebedarfs entsprechend einbindet. kommt massive Probleme. Wir haben in den Diskussio- Ich glaube, das sind Meilensteine für die Energieversor- nen öfter darauf hingewiesen. Sie und andere Ihrer gung. Kollegen haben dann behauptet, die Zahlen in diesem Gutachten, das Sie zur Rechtfertigung für die Laufzeit- Deshalb ist es ein guter Tag für Deutschland, für die verlängerung herangezogen haben, entsprächen nicht Wirtschaft und die Umwelt. In diesem Sinne sollten wir den Ausbauzahlen, die die Bundesregierung zugrunde dieses Thema in den nächsten Monaten auch beherzt an- legt. Wir haben aber im Nationalen Aktionsplan, den Sie gehen. nach Brüssel gemeldet haben, ähnliche Reduktionen ge- funden. Wir haben Sie im Ausschuss und anderswo nach Herzlichen Dank. Ihren Zahlen gefragt. Sie haben sie nicht vorgelegt. Des- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) wegen müssen wir davon ausgehen, dass Sie diese Bran- che massiv unter Druck setzen und die Situation auf Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: diese oben geschilderte Weise bereinigen werden. Jetzt kommen kurz hintereinander zwei Kollegen für Herr Präsident, mein letzter Satz. – Ich habe mit Ent- Kurzinterventionen zu Wort, zunächst der Kollege Hans- setzen zur Kenntnis genommen, dass Bundesminister Josef Fell und danach der Kollege Rolf Hempelmann. Röttgen Unwahrheiten verbreitet. Die Windenergiebran- che hat sich nicht für das Energiekonzept der Bundesre- Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gierung bedankt. Ich habe gestern am Parlamentarischen Herr Kollege Bareiß, Sie haben gerade gesagt, man Abend der Windenergiebranche teilgenommen. Der Vor- brauche die Kernenergie, denn der Strom komme ja aus sitzende, Herr Albers, hat seine größte Besorgnis um den der Steckdose. Ich gehe schon mal davon aus, dass Sie Weiterbestand dieser Branche in Deutschland zum Aus- wissen, dass der Strom auch in die Steckdose hinein druck gebracht. (B) muss, dass wir deswegen Stromerzeugung brauchen und (D) dass wir heute in Deutschland einen großen Überschuss Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: an Strom haben, weil wir zu viel Strom im Netz haben. Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen. So produzieren über fünf Kernkraftwerke allein für den Export. Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wenn wir tatsächlich den weiteren Ausbau erneuerba- rer Energien schaffen wollen, müssen wir Luft in den Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen, welche Zah- Netzen schaffen, damit auch zusätzlicher, aus erneuerba- len Sie in den nächsten Jahren für den Ausbau der erneu- ren Energien erzeugter Strom im Netz Platz findet – üb- erbaren Energien zugrunde legen, damit die Branche rigens nicht nur vom Volumen her, sondern auch, um die endlich Sicherheit hat und nicht fürchten muss, in Kon- Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass dadurch endlich kurs zu gehen. die Grundlast von Kernkraftwerken und Kohlekraftwer- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ken ersetzt werden kann. Denn bereits heute stehen wir sowie bei Abgeordneten der SPD) mitten in dem Systemkonflikt zwischen dem Wachstum der erneuerbaren Energien und der Grundlaststrom- erzeugung, weil an manchen Tagen und Stunden in Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Deutschland bereits mehr Strom aus Wind und Sonne im Nun Kollege Rolf Hempelmann. Netz ist, als diese Grundlastkraftwerke abdecken. Das heißt, Grundlast wird nicht abgeschaltet, dafür werden Rolf Hempelmann (SPD): Windräder abgeschaltet. Dies ist nicht mehr tragfähig. Vielen Dank, Herr Präsident. – Lieber Herr Kollege Der Systemkonflikt wird weiter wachsen. Aus diesem Bareiß, Sie haben eben meine Zwischenfrage nicht zuge- Grunde haben Sie ja Wissenschaftler von EWI/Prognos lassen. Dabei wollte ich Ihnen eigentlich nur helfen. Sie und GWS um Antwort auf die Frage gebeten, wie man in haben das Thema Akzeptanz angesprochen und letztlich Deutschland den Ausbau erneuerbarer Energien machen das Parlament aufgefordert, mit auf eine größere Akzep- könnte. Die Zahlen, die in diesem Gutachten stehen, sind tanz – Sie haben es am Beispiel Netze festgemacht – erschreckend: Demzufolge kann der Ausbau erneuer- hinzuwirken. Vorher gab es mit den beiden Ministern barer Energien nicht mehr im Umfang des derzeitigen zwei andere Redner der Koalition, die sich ähnlich geäu- jährlichen Zubaus weitergehen. Im nächsten Jahrzehnt ßert haben. Herr Röttgen wollte mehr Gemeinsamkeit. muss der Ausbau der Onshorewindenergie um 65 Pro- Herr Brüderle wollte einen Pakt, in dem Fall auch für die zent gedrosselt werden, die Photovoltaik gegenüber den Netze. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7193

Rolf Hempelmann (A) Ich will Ihnen sagen, wie es nicht funktioniert, also nisch nicht mehr in der Lage sein, das aufzunehmen, und (C) wie Sie unter keinen Umständen in der Gesellschaft und wir werden das auch finanziell nicht schaffen können. schon gar nicht hier im Hause politische Akzeptanz er- Insofern ist das, was hier vorgeschlagen wird, ein Weg in reichen werden. Es funktioniert nicht, wenn Sie an allen die falsche Richtung. negativ von einer Laufzeitverlängerung für Atomkraft- werke Betroffenen vorbei diese hier einsam beschließen. Wir brauchen die Kernenergie, um den Herausforde- Wenn Sie diese Beschlüsse an den Interessen der Stadt- rungen insbesondere im Bereich des Netzausbaus und werke, der anderen Wettbewerber der großen Vier und der Speicherproblematik finanziell begegnen zu können; der Vertreter der erneuerbaren Energien vorbei fassen, denn wir müssen die enormen Kapazitäten, die durch die dann werden sie weder hier im Hause noch in der Gesell- hoch fluktuierenden erneuerbaren Energien auf den schaft politische Akzeptanz finden. Dann ernten Sie das, Markt kommen, auffangen. Dazu brauchen wir sehr viel was Sie heute erleben, nämlich Proteste auf der Straße Geld. Dabei werden uns die in der Kernenergie erzielten und auch Proteste in Form von ganzseitigen Anzeigen in Zusatzgewinne massiv helfen. den Medien. Es gibt zahlreiche Stadtwerke, die auf diese Herr Hempelmann, Sie haben das Thema „Akzeptanz Weise ihrem Protest Ausdruck geben. Übrigens sagen des Netzausbaus“ angesprochen. Wir brauchen nicht nur auch viele CDU-geführte Stadtwerke sehr deutlich, dass Akzeptanz, sondern auch – das habe ich vorhin aufgrund das, was an ihnen vorbei entschieden worden ist, von ih- der Zeit leider nicht sagen können – Kapital. Hier wollen nen auf gar keinen Fall akzeptiert werden kann. wir einiges tun. Wir wollen auch die Genehmigungsver- Ich schlage Ihnen Folgendes vor – das haben wir auch fahren beschleunigen. Um hierfür die Akzeptanz zu er- in unseren Antrag aufgenommen –: Ziehen Sie Ihr Kon- höhen, brauchen wir alle: die Kommunen, die Bürgerin- zept und die beabsichtigte Laufzeitverlängerung zurück! nen und Bürger, die Länder und die Stadtwerke, Kommen Sie zur Besinnung! Diskutieren Sie das, was beispielsweise hinsichtlich ihrer Verteilnetze. Die Stadt- Sie Konzept nennen, mit uns und der Öffentlichkeit und werke haben derzeit das riesige Problem, die enormen nehmen Sie an den Stellen Korrekturen vor, an denen ei- Kapazitäten der Photovoltaik auf den Markt zu bringen nige von Ihnen schon durchaus zu besserer Einsicht ge- und die notwendigen Investitionen zu tätigen. Darüber kommen sind! Wenn Sie sich dazu nicht aufraffen kön- wird diskutiert werden müssen. nen, dann gestatten Sie wenigstens ein Minimum an 75 Prozent der Stadtwerke erzeugen jedenfalls weder Beteiligung, indem Sie die Länder beteiligen. Wenn Sie Energie noch Strom. Diese sind uns dankbar, dass wir Akzeptanz wollen, dann fangen Sie wenigstens dort an, die Kernenergie weiterhin als bezahlbare Energie auf und beteiligen Sie die von der Laufzeitverlängerung be- dem Markt halten. Die Kernenergie wird in den nächsten troffenen Länder. Das wäre wenigstens ein kleiner Jahren preissenkend wirken. Davon profitieren 75 Pro- (B) Schritt. zent der Stadtwerke. Die Stadtwerke, die in erneuerbare (D) (Beifall bei der SPD) Energien investieren, erhalten bevorrechtigt Einspeise- möglichkeiten. Deshalb gibt es da an sich auch keinen Systemkonflikt. Dann gibt es noch diejenigen, die in die Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Kraft-Wärme-Kopplung investieren wollen. Kollege Bareiß. (Rolf Hempelmann [SPD]: Wieder steuerlich gekürzt!) Thomas Bareiß (CDU/CSU): Lieber Herr Fell, Sie haben in Ihrer Frage konkret das Wir müssen in der Tat darüber diskutieren, welchen Stel- Thema Systemkonflikt angesprochen. Wir haben beide lenwert die Kraft-Wärme-Kopplung in den nächsten Jah- an der Anhörung des Wirtschaftsausschusses teilgenom- ren bekommen soll. men, in der ich Herrn Mundt vom Bundeskartellamt ganz konkret gefragt habe, wo ein Systemkonflikt be- Es geht aber nicht an, dass die Stadtwerke, die auf ei- steht. Ich habe dann auch Herrn Albers vom Bundesver- nen enormen Preisanstieg in den nächsten Jahren gehofft band WindEnergie gefragt, ob er die Windenergie eher haben, damit sich ihre Investitionen rentieren, uns nun in Konkurrenz zur Verlängerung der Laufzeiten oder vorwerfen, dass die Preise nicht so stark steigen, wie es eher in Konkurrenz zu dem inzwischen unkontrollierten unter Rot-Grün der Fall gewesen wäre. Das ist aber nicht Ausbau der Photovoltaik sieht. Er hat sich bei der Beant- unsere Politik. Ich möchte eine Politik, die auch die Inte- wortung dieser Frage sehr gewunden und hat uns letzt- ressen der Verbraucher und der Wirtschaft berücksichtigt endlich keine Antwort gegeben. und dafür sorgt, dass zukünftige Preisanstiege moderat ausfallen. (Hans-Josef Fell [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das stimmt doch gar nicht!) Herzlichen Dank. – Doch. – Im Nachhinein hat er mir gegenüber zugege- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) ben, dass die Windenergie natürlich ein massives Pro- blem durch den enormen Zubau im Bereich der Photo- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: voltaik bekommt. Wenn durch die Photovoltaik 40 oder Das Wort hat nun Kollege Hubertus Heil für die SPD- sogar 50 Gigawatt sowie 25 Gigawatt offshore und 80 Giga- Fraktion. watt onshore, wie Herr Albers vorgeschlagen hat, ins Netz eingespeist werden, dann wird das System tech- (Beifall bei der SPD) 7194 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Hubertus Heil (Peine) (SPD): halten. Die Wahrheit ist, dass die Wettbewerber in die- (C) Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- sem Bereich – was ihre Investitionen betrifft – enteignet ren! Herr Röttgen – ihn sehe ich gerade nicht – hat sich werden. Ihnen wird ihre Planungssicherheit genom- vorhin etwas hämisch darüber geäußert, dass Rot-Grün men. Genau das erleben wir in Deutschland. für sich in Anspruch nimmt, im Jahr 2000 mit dem Ener- Herr Brüderle, das Peinlichste fand ich vorhin Ihre giekonsens einen gesellschaftlichen Konflikt befriedet Antwort auf Ulrich Kelber. Herr Kelber hat nichts ande- zu haben, der 30 Jahre lang in Deutschland getobt hat – res getan, als Sie zu fragen, ob Sie noch einmal bestäti- für und gegen Atomkraft. Sie, Herr Röttgen, gen können, was Sie schon auf unsere Kleine Anfrage (Ulrich Kelber [SPD]: Der ist gar nicht mehr geantwortet haben, nämlich dass laut dieser Antwort der da!) Bundesregierung Ihr Energiekonzept gegen den Ausbau der erneuerbaren Energien mit den Laufzeitverlängerun- haben ebenso wie Frau Merkel nicht begriffen, dass das gen und Marktsteuerungen die Märkte bei Onshorewind- erneute Aufreißen dieses Konflikts in der Wirtschaftspo- parks um 98 Prozent, bei Photovoltaik um 99 Prozent litik zu Attentismus bei den Investitionen, zu Planungs- und bei Biomasse um 100 Prozent zum Zusammenbre- unsicherheit und zu unproduktiven Auseinandersetzun- chen bringen wird. Und Sie faseln irgendetwas von Öko- gen führt, die die Modernisierung der Energiewirtschaft steuer. Ich glaube, dass Sie das Thema nicht ganz durch- nicht voranbringen und alles, was richtig ist, verhindern. drungen haben, Herr Brüderle. Das ist ein typischer Das ist die Wahrheit. Brüderle. Sie reden über Äpfel, wenn andere über Birnen (Beifall bei der SPD) reden. Aber das hat mit wirtschaftspolitischem Sachver- stand in der Energiepolitik nicht viel zu tun. Des Pudels Kern ist doch – das ist bereits verschie- dentlich gesagt worden; Sie, Herr Röttgen, können noch (Beifall bei der SPD – Zurufe von der FDP) so wortreich versuchen, das zu verbrämen –, dass es Ih- Wir haben heute einen Umweltminister erlebt, nen einzig und allein darum geht, die Lobbyinteressen weniger zulasten der Allgemeinheit zu bedienen. Verlän- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Zu- gerte Restlaufzeiten für abgeschriebene Atommeiler sind rufe von der CDU/CSU: Der hervorragend eine schöne Sache für die vier großen Energiekonzerne. war! – Gegenruf des Abg. Christian Lange Das ist die Lizenz zum Gelddrucken für vier Konzerne. [Backnang] [SPD]: Wo ist der eigentlich? Aber genau das behindert Investitionen, die wir für mo- Schon wieder fehlt er! Durch diese Regierung derne Kraftwerkstechnik und im Bereich der erneuerba- wird das Parlament missachtet!) ren Energien brauchen. Das ist die Wahrheit. Das müs- der wortreich und durchaus eloquenter als Herr Brüderle (B) sen Sie zur Kenntnis nehmen. – das mag ihm zugestanden sein – versucht hat, seine (D) (Beifall bei der SPD) Niederlage als Minister für Reaktorsicherheit „schönzu- quatschen“. Dass das Prinzip von , dass die Sie, Frau Merkel, nehmen für sich in Anspruch, dass Sie Realität anders ist als die Wirklichkeit, auch das von die Kämpferin für den Fortschritt seien. Sie leisten dem Herrn Röttgen ist, ist von diesem heute hier vorgeführt Fortschritt in Deutschland einen Bärendienst, wenn Sie worden. Das hat mit der Realität nichts zu tun. diesen Konflikt wieder aufreißen und gleichzeitig die Lobbyinteressen von vier großen Konzernen bedienen. Weil Sie als Christdemokraten auch immer auf die Bi- bel fixiert sein sollten, sage ich Ihnen: Bei den Sicher- Weil Sie, Herr Brüderle immer so viel von Wettbe- heitsthemen – das werden wir nachweisen – haben Sie werb reden, möchte ich, dass Sie eines zur Kenntnis neh- heute nach dem Motto gehandelt: falsch Zeugnis reden men: Der jetzige Präsident des Bundeskartellamtes, aber wider deinen Nächsten. Sie haben beim Thema Sicher- auch die beiden Vorgänger, von denen einer, Herr heitsstandards in diesem Parlament schlicht und ergrei- Heitzer, pikanterweise inzwischen Ihr Staatssekretär ist, fend gelogen. Das wird Folgen haben, Herr Röttgen. haben verschiedentlich darauf hingewiesen, dass die Verlängerung der Restlaufzeiten für diese vier Konzerne (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten nichts anderes ist, als das Oligopol dieser vier Konzerne der LINKEN – Zuruf von der FDP: Unver- dauerhaft zu zementieren. Das müssen Sie zur Kenntnis schämt!) nehmen. Wir haben einen Wirtschaftsminister erlebt, der zulas- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ten des Wettbewerbs und der Investitionen in Deutsch- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) land, aber zugunsten von vier großen Konzernen Politik macht. Das ist wettbewerbsfeindlich, das ist wirtschafts- Sie sind ein Minister der Monopole. Das ist die Wahr- feindlich, und das schadet dem Standort Deutschland heit. und den Arbeitsplätzen Ludwig Erhard, den Sie so gern im Munde führen, Ich komme aus Niedersachsen. Ich weiß, was dort, aber auch Karl Schiller, selbst wo die Industrie früher geschrumpft ist, in den letzten würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie wüssten, was Jahren an Arbeitsplätzen durch das Erneuerbare-Ener- Sie hier in Deutschland verursachen. Das geht zulasten gien-Gesetz geschaffen worden ist – in Bremerhaven, in einer Energiewirtschaft, die Wettbewerb braucht. Das Cuxhaven, in meiner Heimatregion, im Stahlbereich, im geht zulasten von Stadtwerken, die Sie für eine vernach- Bereich des Maschinenbaus und im Handwerk. Weitere lässigenswerte Randerscheinung der öffentlichen Hand 300 000 Arbeitsplätze wären möglich, wenn Sie das Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7195

Hubertus Heil (Peine) (A) durch dieses Energiekonzept nicht kaputtmachen wür- Herr Hinsken, ich sage Ihnen noch etwas: Reden Sie (C) den. Sie vernichten mit diesem Energiekonzept Arbeits- einmal mit den österreichischen Kollegen. In Österreich plätze. ist man in die Atomenergie nicht eingestiegen. Dort hat man große Sorgen an dieser Stelle. Reden Sie mit ande- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ren in Europa. Es gibt einige, die aus Verblendung, wie des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ich finde, noch auf Atomenergie setzen. Die Behaup- tung, die Atomkraft werde in Europa und auf der Welt Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: ausgebaut, ist ein Märchen; sie stimmt nicht, Herr Herr Kollege, Ihre Redezeit ist abgelaufen. Gestatten Hinsken. Das müssten Sie eigentlich wissen. Sie eine Nachfrage des Kollegen Hinsken? (Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Schweden! Hubertus Heil (Peine) (SPD): Finnland!) Sehr gern. – Herr Hinsken, danke für die Verlänge- Fahren Sie in die entsprechenden Länder und schauen rung meiner Redezeit! – Bitte schön. Sie sich das an! Wollen Sie denn neue Atomkraftwerke in Deutschland bauen? Ich dachte, es geht nur um län- Ernst Hinsken (CDU/CSU): gere Restlaufzeiten. Der Bau neuer Atomkraftwerke, das Herr Kollege Heil, ich möchte Sie nur fragen: Können ist vielleicht Ihr Ansatz. Danke, dass Sie uns das heute Sie mir ein Land auf dieser Welt nennen, das auch einen bestätigt haben. Beschluss über den Ausstieg aus der Atomenergie ge- fasst hat, so wie das die rot-grüne Regierung hier einmal Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: gemacht hat? Und sind Sie auch mit mir der Meinung, Herr Kollege, Ihre Redezeit ist zu Ende. Letzter Satz, dass es wichtig ist, darauf zu verweisen, dass es weltweit dann ist Schluss. momentan 439 Kernkraftwerke in Betrieb gibt, allein in Europa 196, und rund um die Bundesrepublik Deutsch- Hubertus Heil (Peine) (SPD): land zurzeit 14 Kernkraftwerke gebaut und 23 neu ge- Ich darf zum Schluss sagen: Sie begehen heute offen- plant werden? sichtlich einen Verfassungsbruch. Wir werden uns in (Zurufe von der SPD: Nein!) Karlsruhe wiedersehen. Das Traurige daran ist nur: Wir werden durch diese falsche Politik Zeit für die Moderni- Was sagen Sie dazu? Sind diese Länder nicht so reali- sierung der deutschen Energiewirtschaft verlieren. Unter tätsbewusst wie wir, oder sind sie der Zeit voraus und anderem deshalb werden Sie bei der nächsten Bundes- (B) besser als die rot-grüne Mannschaft, die sich hier findet? tagswahl verlieren. (D) Herzlichen Dank. Hubertus Heil (Peine) (SPD): (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Lieber Herr Hinsken, ich bin wirklich sehr dankbar des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) für diese Frage, da sie mir die Gelegenheit gibt, mit ei- nem Märchen aufzuräumen, mit dem Sie, offensichtlich ideologisch verblendet, durch die Gegend laufen, näm- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: lich damit, dass weltweit in den nächsten Jahren ein Das Wort hat nun Angelika Brunkhorst für die FDP- Boom der Atomwirtschaft stattfinden werde. Es werden Fraktion. in den nächsten Jahren weltweit weit mehr Meiler vom Netz gehen, als neue eingeschaltet werden. Das ist die Angelika Brunkhorst (FDP): Wahrheit. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch § 7 d des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomge- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ setzes werden die Sicherheitsreserven erhöht werden. Au- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der ßerdem wird dadurch ein Beitrag zur weiteren Vorsorge LINKEN – Zurufe von der CDU/CSU und der gegen die Risiken für die Allgemeinheit geleistet. Wir FDP: Wo?) kommen damit auch der Richtlinie 2009/71/EURATOM Es ist für uns, die Bundesrepublik Deutschland, eine nach. Europa hat nämlich längst erkannt, dass wir die Chance, dass wir angesichts der Tatsache, dass diese kerntechnische Sicherheit kontinuierlich fortentwi- Welt eine gute Energieversorgung braucht, Vorreiter sein ckeln sollten. § 7 d dieses Gesetzes regelt eine aktive können bei erneuerbaren Energien, bei moderner Sorgepflicht für die Kraftwerksbetreiber: Diese können Kraftwerkstechnik. Genau das verhindern Sie. Die sich nicht passiv zurücklehnen, sondern sie müssen von Atomkraft ist im Gegensatz zu dem, was Sie erzählen, sich aus Sicherheitsvorkehrungen treffen, die dem fort- nicht Motor des Fortschritts, sondern eine Dinosaurier- schreitenden Kenntnisstand von Wissenschaft und Tech- technologie, die auf dieser Welt nicht mehr zukunftsfä- nik entsprechen. Diese Vorkehrungen gehen also über die schon getroffene erforderliche Vorsorge gegen Schä- hig ist. Das zeigt die Tatsache, dass Kernkraft global den hinaus. nicht ausgebaut, sondern abgebaut wird. Das steht im Gegensatz zu dem, was Sie erzählen. (Beifall bei Abgeordneten der FDP – Unruhe bei der SPD) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) – Hören Sie bitte zu. 7196 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Angelika Brunkhorst (A) Diese Nachrüstungen sollen entschädigungsfrei erfol- vidierbar. Wir werden uns bemühen, das zumindest in (C) gen. Der Bund hat zudem – ich komme auf das Thema der nächsten Legislaturperiode gemeinsam mit anderen Endlagerung zu sprechen – die Pflicht, zum Wohle der Parteien auch zu tun. Allgemeinheit die Endlagerung sicherzustellen. Im Mo- ment sieht es so aus, dass der Bund diesem gesetzlichen (Beifall bei der LINKEN) Auftrag nicht nachkommen kann, wenn sich ein einziger Um Ihnen das noch einmal zu sagen: Die Mehrheit Grundeigentümer verweigert. Deshalb führen wir mit der Bevölkerung möchte diese Verlängerung der Lauf- §§ 9 d f. des Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atom- zeiten nicht, sondern sie will regenerative Energien. Das gesetzes die 2002 außer Kraft gesetzten Vorschriften gilt nicht nur für die Wählerinnen und Wähler der Oppo- über die Enteignung wieder ein. Nur für den Fall, dass sitionsparteien, sondern dies gilt auch für Wähler Ihrer alle vorhergehenden Einigungsversuche scheitern, wird Parteien, die ich persönlich kenne und die mir geschrie- die Möglichkeit der Enteignung als allerletztes Mittel ben haben. zur Sicherstellung der Endlagerung vorgesehen. (Beifall bei der LINKEN) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Noch einmal zur Frage der Preise: Atomenergie ist Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der angeblich so billig, aber sie wird die Bürgerinnen und Kollegin Menzner? Bürger sehr teuer zu stehen kommen. Allein von 1950 bis 2010 wurden gigantische 2,4 Milliarden Euro als Angelika Brunkhorst (FDP): Subventionen in die Atomenergie investiert. Das heißt, seit 1950 bis jetzt ist jede produzierte Kilowattstunde mit Nein, im Moment nicht. Sie kann eine Kurzinterven- 4,3 Cent subventioniert worden. Das ist das Doppelte tion machen. – Die Verfassung selbst und viele Fachge- dessen, was momentan von den Verbraucherinnen und setze sehen die Enteignung ausdrücklich als allgemein- Verbrauchern für die regenerativen Energien bezahlt wohlorientierte Lösung vor. wird. Regenerative Energien werden billiger. Es wird Selbst das Bundesamt für Strahlenschutz hatte in der eine Massenproduktion geben, und die Preise werden Anhörung zum Atomausstieg erklärt – das ist vom BfS fallen – und das alles ohne zusätzliche Kosten für eine 2001 so statuiert worden –, Enteignungsvorschriften Haftpflichtversicherung; denn regenerative Energien würden zum damaligen Zeitpunkt nicht benötigt, aber brauchen keine bzw. haben alle eine im Gegensatz zu sie müssten zum gegebenen Zeitpunkt im Atomgesetz AKWs. vorhanden sein. Dieser Zeitpunkt scheint jetzt gekom- men zu sein. Durch §§ 9 d f. dieses Gesetzes wird die Jeder Cent, der in den Rachen der Atomkonzerne ge- worfen wird, ist für mich und die Linke vergeudetes (B) Voraussetzung dafür geschaffen, dass der Bund seine (D) Pflicht zur Einrichtung eines Endlagers erfüllen kann. Geld; Ich möchte hier zum Schluss noch einmal sagen: Ich (Beifall bei der LINKEN) verstehe die apokalyptischen Ausführungen zur Unsi- denn dieses Geld könnten wir in regenerative Energien cherheit der kerntechnischen Anlagen und zu den Aus- stecken, wir würden außerdem ohne Atommüll auskom- wirkungen auf die Branche der erneuerbaren Energien men, und es würden zukunftsfähige Arbeitsplätze entste- überhaupt nicht. Herr Gabriel und Herr Trittin hätten in hen, die wir dringend brauchen. den Jahren, in denen sie das Umweltministerium geführt haben, sehr wohl längst das tun können, was sie sich so (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten sehr wünschen; aber sie haben es nicht getan. Die Frage des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) ist offen, warum sie es nicht getan haben? Vielleicht Jetzt sagen Sie immer, der Strom werde bezahlbar – die kann jemand das einmal beantworten. Frage ist nur, von wem – und billiger. Wenn Atomstrom (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten so hoch subventioniert ist, müsste er doch eigentlich bil- der CDU/CSU) liger sein. Das ist logisch, oder? Aber was passiert? An den Strombörsen wird genau dieser Strom gehandelt. Wo ist der Grenzpreis des Stromes? Am teuersten ist nicht Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Atomstrom, sondern der vom ältesten Kohle- oder Öl- Das Wort hat nun Kollegin Eva Bulling-Schröter für kraftwerk erzeugte Strom. Diese Profite sacken die Kon- die Fraktion Die Linke. zerne ein, genauso wie die Profite durch kostenlose CO2- (Beifall bei der LINKEN) Zertifikate, über die ich schon oft gesprochen habe. Das wird alles eingesackt. Das heißt also, dass die Profite weiter steigen. Die Macht der Energiekonzerne wird so- Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): mit noch weiter gestärkt. Diese Koalition ist angetreten, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die dafür zu sorgen. Das steht im Koalitionsvertrag. Kein Koalition beschließt heute Gesetze, die die Ener- anderer Zweig macht so viele Gewinne wie die Atom- giewende behindern werden. Ich sage an dieser Stelle: konzerne. Leider ist der von Rot-Grün beschlossene Atomausstieg revidierbar. Wir hatten es uns damals anders gewünscht. Mir hat jemand einen Brief geschrieben, aus dem ich Aber ich sage auch all denen, die jetzt am Pariser Platz Ihnen zum Schluss kurz vorlesen möchte: Wer Laufzei- demonstrieren, die gucken, was heute los ist: Auch der ten verlängert, dem sollte die Legislatur verkürzt wer- Beschluss zur Verlängerung der AKW-Laufzeiten ist re- den. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7197

Eva Bulling-Schröter (A) (Beifall bei der LINKEN) nis reden wider deinen Nächsten“. Mit Blick auf die (C) Wahrheit wollen wir hier deshalb eines aufklären. Kön- Dem ist nichts hinzuzufügen. nen Sie uns sagen, in welchen Ländern konkret aus der (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Kernenergie ausgestiegen wird oder in welchen Ländern neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE sogar neue Kernkraftwerke gebaut werden? Denn Herr GRÜNEN) Kollege Heil hat die pauschale Behauptung in den Raum gestellt, viele Länder würden aus der Kernenergie aus- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: steigen. Welche vielen Länder in der Welt sind es kon- Das Wort hat nun Herr Kollege Georg Nüßlein für die kret, die aus der Kernenergie aussteigen? Fraktion der CDU/CSU. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Vielen Dank für die Frage und die Chance, hier einige Dinge aufzuklären. – Ich beginne mit dem Land, das viele Jahre das Vorzeigeland für den Ausstieg war, näm- Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): lich Schweden. Schweden hat beschlossen, wieder ein- Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten zusteigen. Die Schweden sind also weiterhin Vorbild – Damen! Meine Herren! Liebe Frau Bulling-Schröter, aber Vorbild für das, was wir an dieser Stelle tun. auch wenn ich inhaltlich nicht teile, was Sie gerade ge- sagt haben, freue ich mich, dass Sie wieder an Bord sind, (Ulrich Kelber [SPD]: Gegen die Stimmen der Opposition!) (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Wieso? Sie war die ganze Zeit an Bord!) Nehmen Sie das Land Finnland. Der Neubau ist dort schon erfolgt. Nehmen Sie Großbritannien, wo man insbesondere und deshalb, weil die Grünen Sie mit ih- uns ganz klipp und klar sagt rem Geschrei während der letzten Umweltausschusssit- zung dazu gezwungen haben, das Handtuch zu werfen (Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/ und die Sitzungsleitung an Ihren Stellvertreter abzuge- DIE GRÜNEN) ben. – lassen Sie mich doch reden –, (Dr. Dagmar Enkelmann [DIE LINKE]: Quatsch! Sie hat das Handtuch nicht gewor- (Zuruf von der CDU/CSU: Georg, du kannst fen!) bis morgen reden!) dass sie verstärkt in die Kernenergie investieren werden. (B) Ich sage das deshalb so explizit, weil ich es für extrem (D) unanständig gehalten habe, was Sie da mit einer Kolle- Dasselbe gilt für Tschechien, für die USA und im Üb- gin gemacht haben, die versucht hat, als Ausschussvor- rigen leider Gottes auch für Russland oder China. Dort sitzende sachlich und neutral ihre Arbeit zu tun. Das war hat man mir bei einer Reise in einer sitzungsfreien Wo- ein Skandal. che deutlich erklärt, dass sie verstärkt auf Kernenergie (Beifall bei der CDU/CSU – Ulrich Kelber [SPD]: setzen werden. Sie waren einer der größten Brüller!) Da kann ich uns nur eines raten, Kollege Schirmbeck: Nachdem etliches zu dem Energiekonzept gesagt dass wir versuchen, durch Forschung und Entwicklung wurde, möchte ich mich an dieser Stelle mit den Alterna- in diesem Bereich eine Technologieführerschaft zu er- tiven auseinandersetzen, die hier vorgeschlagen werden – reichen insbesondere mit dem, was die Grünen als Alternative (Michael Brand [CDU/CSU]: Sehr gut!) vorgeben. Dazu gibt es einen Antrag. Er beginnt damit, dass Sie fordern, den Atomausstieg zu forcieren, und und dafür Sorge zu tragen, dass diese Neubauten dann zwar gegenüber dem, was Sie seinerzeit im Jahr 2000 auch mit deutscher Technologie und deutschen Sicher- mit den Energieversorgern vereinbart haben. heitsstandards erfolgen. – Vielen Dank. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: neten der FDP) Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schirmbeck? Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: (Zuruf von der SPD: Nein! Nicht verzögern!) Herr Kollege Nüßlein, gestatten Sie eine Zwischen- frage des Kollegen Heil? Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Gern. Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): Nein, ich gestatte keine zusätzlichen Zwischenfragen, Georg Schirmbeck (CDU/CSU): Herr Präsident, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kol- (Zurufe von der SPD) lege Dr. Nüßlein, wir haben eben mit Begeisterung dem Kollegen Heil zugehört. Der eine oder andere von Rot, weil jetzt dasselbe passieren soll, wie es hier schon seit Rot und Grün nennt ja immer das Beispiel „falsch Zeug- Tagen aufgeführt wird. 7198 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Georg Nüßlein (A) (Ulrich Kelber [SPD]: Aber einen Parteifreund Im nächsten, anschließenden Absatz fordern Sie die (C) bestellte Fragen stellen lassen! Sie sind pein- Einrichtung eines Energiesparfonds in Höhe von lich, Herr Nüßlein!) 3 Milliarden Euro. Ich stelle fest: Sie lassen sich von dem, was wir hier vorschlagen, durchaus inspirieren. Man will nämlich die Debatten verlängern, die ganze Aber dazu, wie der Fonds finanziert wird, sagen Sie Geschichte in die Länge ziehen und dafür sorgen, dass nichts. Das unterscheidet unser Konzept von Ihrem Kon- wir hier Debatten führen, die nicht zielführend sind. Sie zept. Auch in Zeiten knapper Kassen formulieren wir, können ja eine Kurzintervention machen. Ich möchte an wie dieser Fonds zum Ausbau der erneuerbaren Ener- dieser Stelle mit dem weitermachen, was ich vorhatte, gien, um die Forschung und Entwicklung voranzubrin- und auf die von den Grünen vorgeschlagene Alternative gen, finanziert wird. Das ist die eigentliche Leistung an eingehen. der Stelle. Der Antrag der Grünen beginnt mit der Forderung, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und den Atomausstieg zu forcieren, und zwar gegenüber der FDP) dem, was sie selber mit den Energieversorgern ausge- dealt hatten. Hier bohre ich mit großer Freude und Weiterhin sagen Sie, man bräuchte jetzt eine Netz- Wonne in der gleichen Wunde, in die der Umweltminis- und Systemintegration. Aufgrund der vielen Verhand- ter vorhin schon Salz gestreut hat. Meine Damen und lungen, die ich bei den Novellierungen des EEG mit Ih- Herren, Sie sind bis 1998 mit der Forderung nach einem nen führen durfte, darf ich feststellen, dass Sie sich die- sofortigen und unerbittlichen Ausstieg aus der Kernener- ser Maßnahme bisher immer verschlossen haben. gie in den Wahlkampf gezogen. Das war die Losung der Bislang haben Sie, meine Damen und Herren, immer Grünen. Als Sie im Jahr 2000 die Chance dazu hatten, Folgendes gesagt: Wir machen die Markteinführung, haben Sie etwas anderes gemacht. Sie haben einen und möglichst viel erneuerbarer Strom muss in die schmutzigen Deal, wie Sie es nennen würden, abge- Netze. – Aber das war es dann. Dass man für eine Ver- schlossen und gesagt: Die Technologie ist zwar unver- sorgung eine Netzintegration braucht, war Ihnen vermut- antwortlich, aber 20 Jahre können wir durchaus noch so lich klar, aber an der Stelle wahrscheinlich egal. weitermachen. Der Kollege Fell sagte vorhin in einer Kurzinterven- tion, er hätte gerne Luft in den Netzen. Auch das ist ein Mir erschließt sich nicht: Vor wem sind Sie denn ein- Unterschied: Wir hätten gern Strom in den Netzen, lieber geknickt? Vor der Atomlobby? Vor der SPD? Oder ging Kollege Fell, keine Luft. es darum, einen Dienstwagen zu ergattern? Worum ist es Ihnen gegangen? Diese Frage hätte ich gerne einmal be- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und (B) antwortet. der FDP) (D) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Das ist unser Anliegen. Deshalb machen wir das, was wir hier tun wollen, während Sie versuchen, es uns denk- In demselben Antrag „Energie 2050 – Sicher erneuer- bar schwer zu machen. bar“ schlagen Sie als weitere Maßnahme eine Brennele- mentesteuer vor. Wir machen jetzt eine Brennelemente- Ich habe jetzt leider keine Zeit, auf das einzugehen, steuer. Sie hätten sieben Jahre lang die Chance gehabt, was Sie im Wärmebereich alles vorschlagen. Aber das sie durchzusetzen, haben es aber nicht getan. Im Gegen- ist wieder typisch Grüne: Zwang, Vorschriften, Ver- teil: Sie haben darauf verzichtet. Man muss es als reinen pflichtungen, Ökostalinismus per se und par excellence. Populismus einordnen, wenn man erst darauf verzichtet (Ulrich Kelber [SPD]: Das waren nur fünf hat, aber dann plötzlich, wenn es zu spät ist, wenn man Phrasen hintereinander! Sie schaffen doch nicht mehr die Möglichkeit dazu hat, vorschlägt, man acht, oder?) könnte eine Brennelementesteuer einführen. Die da- durch erzielten Einnahmen sollen mit 3,7 Milliarden Diese Geschichte werden wir so sicherlich nicht mittra- Euro um gut 1 Milliarde Euro über dem liegen, was wir gen. Wir haben hier ein Konzept vorgelegt, das weit über vorschlagen. Sie müssen sich an der Stelle schon ent- das Thema Wiedereinstieg – oder wie auch immer Sie es scheiden, ob Sie die Kuh schlachten oder melken wollen. formulieren wollen –, weit über das Thema Laufzeitver- Das wäre eine spannende Entscheidung, die Sie hier tref- längerung hinausgeht. Dieses Konzept zeigt einen rich- fen müssten. tungweisenden Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Energien auf. Es ist finanziert, indem die Kernenergie Weiterhin fordern Sie zum Neubau von Kohlekraft- diesen Ausbau doppelt gegenfinanziert, und zwar über werken Folgendes, was für grüne Politik ganz entlarvend den Fonds und durch die preisdämpfende Wirkung. ist: Im Strombereich soll der Neubau von Kohlekraftwer- ken durch die Einführung eines Mindestwirkungsgrads Vielen herzlichen Dank. für fossile Kraftwerke wirksam gestoppt werden. Nicht (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und einmal da haben Sie die Geradlinigkeit, zu sagen: Wir der FDP) wollen die Kohle nicht. – Denn letztendlich müssten Sie erklären, woher sonst die Hälfte unseres Stroms, der aus Kernenergie und Kohle gewonnen wird, kommen soll. Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich erteile jetzt der Kollegin Bulling-Schröter das (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wort zu einer persönlichen Erklärung zur Aussprache Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7199

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse (A) nach § 30 unserer Geschäftsordnung. Anschließend fol- (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: In Niedersach- (C) gen zwei Kurzinterventionen. sen nennt man das „feige“!) Herr Nüßlein, Sie haben sich über das Projekt eines Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE): AKW-Neubaus in Finnland geäußert. Ich wollte Sie ers- Vielen Dank. – Herr Nüßlein hat hier behauptet, ich tens fragen: Ist Ihnen bekannt, dass die Umsetzung die- als Vorsitzende des Umweltausschusses hätte das Hand- ses Projekts inzwischen doppelt so teuer ist wie erwar- tuch geschmissen. tet? Ist Ihnen bekannt, dass der geplante Baufortschritt (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: So war es, um zwei Jahre verzögert ist, dass das ganze Projekt zu oder?) scheitern droht, dass es Klagen gibt? Ist Ihnen bekannt, dass das ganze Projekt nur deshalb funktionieren kann, Ich möchte zu dieser Ausschusssitzung noch kurz ei- weil staatlicherseits dafür gehaftet wird? Unter anderem nige Worte sagen. Die Koalition hat einen extremen hat dort die Bayerische Landesbank einige Milliarden Zeitdruck aufgebaut und dieses Verfahren so gewählt, versenkt. wie es war. In dieser Ausschusssitzung gab es immer wieder Differenzen über die Auslegung der Tagesord- (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: nung und der Geschäftsordnung. Infolgedessen habe ich Pfui!) als Ausschussvorsitzende den Sekretär des Geschäfts- Sie heben hier auf dieses Projekt ab und stellen es als ordnungsausschusses herbeigebeten, der dann der gan- mustergültig hin. zen Ausschusssitzung beigewohnt und mich juristisch beraten hat. Ich bin leider keine Juristin. Es gab im Rah- Zweitens. Ist Ihnen bekannt, dass dieses Projekt in men der Sitzung mehrere Auszeiten, die von mehreren Finnland faktisch das einzige wirkliche Neubauprojekt Fraktionen beantragt wurden. – nicht Reaktivierung von alten Baustellen – in Europa ist? Ansonsten gibt es in Europa keinen wirklichen Neu- Zu Beginn der heutigen Sitzung, in der Geschäftsord- bau. Tatsächlich werden mehr Reaktoren vom Netz ge- nungsdebatte, wurde schon vieles über den Verlauf der nommen, als neue hinzukommen. vorgestrigen Ausschusssitzung erzählt. Es ist aber nicht richtig, dass ich das Handtuch geschmissen hätte. Viel- (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- mehr muss auch eine Ausschussvorsitzende nach drei- SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) einhalb Stunden die Möglichkeit haben, den Raum – aus Ich habe eben beobachtet, wie Sie vorhin Herrn bestimmten Gründen, die ich jetzt vielleicht nicht aus- Röttgen Beifall gespendet haben, als er gesagt hat, die führen muss – für zehn Minuten zu verlassen. Dafür hat Windenergiebranche habe sich „ausdrücklich für das man einen Stellvertreter: Mein Kollege Meierhofer hat Engagement der Koalition“ bedankt. Wir haben inzwi- (B) (D) die letzten Minuten der Sitzung geleitet. Davon war er, schen nachgeschaut, was die Windenergiebranche, der wie er mir gesagt hat, nicht begeistert; denn alles – das Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, Herr ist bekannt – war sehr kompliziert und schwierig. Albers, zum Energiekonzept der Bundesregierung ge- Im Übrigen möchte ich auch auf Folgendes hinwei- sagt hat. Herr Albers sagte zu den Annahmen des sen: Es ist auch nicht richtig, dass ich den Raum – wie Energiekonzepts wörtlich: ich jetzt aus den Medien erfahren habe – mit Tränen in Mit diesen Annahmen gewährt die Bundesregie- den Augen verlassen hätte. Als originale Bayerin, die als rung der Windenergie an Land eine Restlaufzeit Vertreterin der Linken noch Härteres gewöhnt ist, werde von nur 5 Jahren … ich nicht so schnell weinen. Die Verhältnisse sind mo- mentan aber trotzdem traurig. (Ulrich Kelber [SPD]: Das ist ein unglaubli- ches Lob! Es könnte ja auch sofort vorbei (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- sein!) neten der SPD, der FDP und des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN) Er kann das sagen, weil die Windenergiebranche selber die Ziele der Bundesregierung nicht erst 2050 erreicht, sondern schon 2015. Das heißt, Sie produzieren 35 Jahre Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Stillstand beim Ausbau der Windkraft. Das halte ich für Meine Damen und Herren! Jetzt folgen insgesamt einen absoluten Skandal. Es ist schlicht und ergreifend drei Kurzinterventionen nacheinander. Zunächst erteile eine Unverschämtheit, sich dann hierhin zu stellen und ich dem Kollegen Oliver Krischer von den Grünen das zu sagen, Sie würden von der Windkraftbranche gelobt. Wort zu einer Kurzintervention. Herr Krischer, Sie müs- Das möchte an dieser Stelle deutlich sagen. sen allerdings die drei Minuten dafür nicht voll ausnut- zen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Herr Nüßlein, eine letzte Bemerkung. Sie haben den Debattenbeitrag von Herrn Nüßlein hat mich zu einer Mindestwirkungsgrad für Neubauten von Kohle- Zwischenfrage angeregt, die er leider abgelehnt hat. Er kraftwerken angesprochen, den wir einführen wollen. lässt nur Zwischenfragen aus der eigenen Fraktion zu; Das ist eine völlig richtige, notwendige Maßnahme, um das halte ich für ein merkwürdiges parlamentarisches den überflüssigen Neubau von Kohlekraftwerken zu ver- Verhalten, aber nun gut. hindern. Es gibt ein Papier aus dem Haus von Herrn 7200 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Oliver Krischer (A) Röttgen, das genau diese Initiative aufgegriffen hat: Schröter inhaltlich nahezustehen. Ich möchte aber trotz- (C) Auch das Bundesumweltministerium hat einen Mindest- dem darauf hinweisen, dass Frau Bulling-Schröter, so- wirkungsgrad vorgeschlagen. Das ist eine notwendige weit die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion und Maßnahme, um in Deutschland die Klimaschutzziele zu ich das beurteilen können, einen ganz guten Job als Vor- erreichen. sitzende des Ausschusses gemacht hat. Es war wirklich turbulent. Das wurde heute mehrfach angesprochen. Ich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sage das, ohne einzelnen Fraktionen Vorwürfe machen zu wollen. Sie hat dreieinhalb Stunden lang versucht, Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: diese Sitzung wirklich ausgewogen zu leiten. Das gilt Nun hat Kollege Ulrich Kelber das Wort zu einer auch für das Sekretariat und alle anderen, die mitgehol- Kurzintervention. fen haben. Deswegen sind, glaube ich, persönliche An- (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ich darf ja feindungen nicht nötig. leider nicht!) (Beifall bei Abgeordneten im ganzen Hause)

Ulrich Kelber (SPD): Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Herr Kollege Nüßlein, die Zwischenfrage Ihres Frak- Herzlichen Dank. – Kollege Nüßlein, bitte. tionskollegen war scheinbar vorbestellt. Trotzdem sind Sie auf dem falschen Fuß erwischt worden. Deswegen (Ulrich Kelber [SPD]: Wie viele Staaten gibt biete ich mich jetzt als Telefonjoker an. es? – Gegenruf des Abg. Volker Kauder [CDU/CSU]: Das sagt Herr Pfeiffer! Der ist (Volker Kauder [CDU/CSU]: Mit so einem angesprochen worden!) Joker kann man nur verlieren!) Erstens. Weltweit gibt es 193 Staaten, inklusive Tai- Dr. Georg Nüßlein (CDU/CSU): wan. Ich wollte Sie darüber informieren, dass 163 dieser Herr Präsident, vielen Dank. – Ich beginne mit dem, Staaten keine Atomkraftwerke gebaut haben und auch was der Kollege Meierhofer gerade erwähnt hat. Sehr keine bauen wollen. Das als kleine Gegendarstellung. geehrte Frau Bulling-Schröter, wenn meine Äußerungen missverstanden worden sein sollten, entschuldige ich Ganz wichtig ist auch der Hinweis – das hat Herr mich ausdrücklich bei Ihnen persönlich. Schirmbeck Ihnen in seiner Frage nicht souffliert –, dass seit vielen Jahren weltweit mehr Atomkraftwerke vom (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie Netz gehen als zugebaut werden. Herr Pfeiffer, der links des Abg. Hubertus Heil [Peine] [SPD]) neben Ihnen sitzt, wird Ihnen diese Aussage, die wissen- (B) Ich wollte Ihre Sitzungsführung in keiner Weise tadeln (D) schaftlich anerkannt ist, bestätigen können. oder Sie persönlich kritisieren. Ich wollte nur zum Aus- Kommen wir zum letzten Punkt, zu Finnland. Das druck bringen, dass das, was Kolleginnen und Kollegen finnische Atomkraftwerk wird gebaut mit einem Milliar- im Umweltausschuss veranstaltet haben, unparlamenta- denzuschuss der französischen Regierung für den Liefe- risch, ungehörig und unanständig war. Ich habe nur sa- ranten, mit einer Hermesbürgschaft der deutschen Bun- gen wollen, dass Sie das dazu bewogen hat, weil Sie sich desregierung und mit einem subventionierten Kredit der stimmlich nicht mehr durchsetzen konnten, die Sitzungs- Bayerischen Landesbank – das ist vielleicht auch ein leitung abzugeben. Ich halte das Verhalten der Kollegen Beitrag zu den hervorragenden wirtschaftlichen Ergeb- nach wie vor für verwerflich. Ich wollte Sie in keiner nissen dieser Bank –, trotzdem gibt der Betreiber schon Weise angreifen. jetzt zu, dass der Strom, der aus diesem Atomkraftwerk (Ulrich Kelber [SPD]: Sie machen es ja wie- kommen wird, subventioniert werden muss, weil er an- der!) dernfalls mehrere Cent über den Börsenpreis von Skan- dinavien liegt. Wenn das Ihr Modell für Deutschland, für Was Finnland, Schweden und andere Länder angeht: unsere energieintensive Industrie und für unsere Strom- In Finnland befindet sich ein neues Kernkraftwerk im kunden ist, dann sollten Sie das bitte als Reaktion auf Bau; nichts anderes habe ich gesagt. Der Bau zweier zu- meine Kurzintervention noch einmal ausführlich darstel- sätzlicher Kraftwerke ist beschlossen. Ob es dort Wider- len. stände gibt und wie diese aussehen, kann ich nicht beur- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten teilen. der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE (Ulrich Kelber [SPD]: Ich habe nicht von „Wi- GRÜNEN) derständen“ gesprochen! Ich habe von Zahlen gesprochen!) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Ich gehe aber davon aus, dass ich die Frage, die mir der Die dritte Kurzintervention kommt von Horst Kollege Schirmbeck gestellt hat, korrekt beantwortet Meierhofer von der FDP-Fraktion. habe. Er hat mich gefragt, ob es eine nennenswerte An- zahl von Ländern gibt, die aus der Atomenergie ausstei- Horst Meierhofer (FDP): gen, oder ob es nicht vielmehr so aussieht, dass Länder, Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zu die einen Ausstiegsbeschluss gefasst haben, das jetzt den Aussagen von Herrn Dr. Nüßlein: Ich glaube nicht, ganz anders handhaben. Dafür ist Schweden ein klassi- dass ich als FDP-ler in dem Ruf stehe, Frau Bulling- sches und krasses Beispiel. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7201

Dr. Georg Nüßlein (A) Was den Wirkungsgrad von Kohlekraftwerken an- Vorstellungen der Grünen: Wir fordern die Energiewende, (C) geht: Ich kritisiere ja nicht, dass Sie nach dem Stand der ohne zu überfordern. Technik vorgehen und den Wirkungsgrad entsprechend höher ansetzen wollen. Ich kritisiere, dass Sie diesen Bereits heute zahlen wir für gerade einmal 15 Prozent Wirkungsgrad ganz gezielt, prohibitiv höhersetzen wol- unserer Stromerzeugung, die aus erneuerbaren Energien len, um Kohlekraftwerke zu verhindern. Das ist nicht kommt, Zusatzkosten von über 8 Milliarden Euro pro Sinn und Zweck eines Wirkungsgrades. Jahr. Auf dieser Basis gerechnet müssten bei einer rege- nerativen Vollversorgung auf Betriebe und Verbraucher (Ulrich Kelber [SPD]: Die Zahlen zu Finn- Zusatzkosten von über 50 Milliarden Euro im Jahr um- land!) gelegt werden. Die erforderlichen Investitionen in Netze, Was Herrn Kelber und die Renaissance der Kernkraft- Speicher und Regelenergiekraftwerke sind in dieser werke angeht: Ich habe die Zahlen nicht im Kopf und Rechnung noch nicht einmal enthalten. Eine solche Be- weiß nicht, in wie vielen Ländern Kernkraft tatsächlich lastung kann niemand wollen. genutzt wird. Energiekosten, meine Damen und Herren, sind der (Ulrich Kelber [SPD]: Aha!) Brotpreis des 21. Jahrhunderts. Schon deshalb muss Energie für alle bezahlbar bleiben. Ich sage Ihnen aber – das können Sie aufschreiben und zu gegebener Zeit wieder hervorholen –: Der Energie- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) hunger dieser Welt und das sich abzeichnende Bevölke- Doch gerade die Grünen verschweigen systematisch die rungswachstum, insbesondere in den Schwellenländern, enormen Folgekosten und Risiken dieses Umbaus. Das werden dafür sorgen, dass die Kernenergie eine Renais- ist zwar unredlich, entspricht aber dem bekannten grü- sance erlebt, wenn uns nichts Besseres einfällt. nen Dreiklang: Verschweigen, Verweigern, Verhindern. (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 2 Prozent Atomkraft!) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Ich sage Ihnen ganz offen: Das, was wir momentan mit Unser Energiekonzept hingegen ist durchgerechnet Wind und Sonne probieren, wird nicht ausreichen, um und mit ausreichenden staatlichen Stabilisatoren unter- den immensen Energiehunger der Welt zu stillen. setzt. Daher benötigen wir Rahmenbedingungen, die sich stärker an der Kosteneffizienz und der Verantwor- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – tung der Erzeuger für eine bedarfsgerechte Erzeugung Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ausrichten. Bei der Gebäudesanierung werden wir einen NEN]: 2 Prozent Atomkraft weltweit!) Sanierungsfahrplan erarbeiten und setzen dabei auf wirt- (B) schaftliche Anreize. Zwangssanierungen wird es mit uns (D) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: nicht geben. Das Wort hat nun Kollege Klaus Breil für die FDP- (Beifall bei der FDP) Fraktion. (Beifall bei der FDP) Dreh- und Angelpunkt des gesamten Umbaus ist und bleibt neben der Bereitstellung von Speichern die Ent- wicklung der Netze. Wenn wir die Erzeugungsstruktur Klaus Breil (FDP): ändern, muss auch das Netz grundsätzlich verändert Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle- werden. Hier werden wir noch drei Punkte regeln müs- gen! Unser Energiekonzept ist kein Kernenergiekonzept sen. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Erstens werden wir die Planungs- und Genehmi- NEN]: Nein, ein Konzept ist es nicht!) gungsverfahren weiter beschleunigen. und primär auch kein Konzept zur Klimarettung. Auf die Entwicklung des Weltklimas hat Deutschland nämlich Zweitens können nur auskömmliche Renditen den nur wenig Einfluss. Ausbau der Netze anschieben. (Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Es ist gar kein Drittens wird die Bundesregierung eine Informations- Konzept!) offensive zur Bedeutung der Netze und für eine größere Akzeptanz des Netzausbaus starten. Unser Energiekonzept ist vielmehr das größte Moder- nisierungsprogramm für eine gesamte Volkswirtschaft. Meine sehr geehrten Damen und Herren, eine umwelt- Es ist weltweit ein Prototyp. schonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversor- gung ist ein Generationenprojekt, über dessen Notwen- (Beifall bei der FDP) digkeit über alle Fraktionen hinweg Einigkeit besteht. Es wird den Nachweis erbringen, dass die größte Indus- Dann sollten wir aber auch alle gemeinsam für mehr Ak- trienation der EU die Harmonisierung von Volkswirt- zeptanz der neuen Energieinfrastrukturen gerade dort ak- schaft und Klimaschutz ohne Wohlstandsverluste orga- tiv werben, wo lokale Interessen den Fortschritt behin- nisieren kann. Die deutsche soziale Marktwirtschaft dern. kann das leisten – und sie wird es leisten. Wir werden Vielen Dank. weder Wirtschaft noch Bürger mit unbezahlbaren Ener- giekosten belasten. Das ist eben der Unterschied zu den (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) 7202 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: Grundlastfähigkeit zu erforschen und anwendungsorien- (C) Das Wort hat nun Kollege Michael Luther für die tierte Forschung zu betreiben. Dies wird bei der Errei- CDU/CSU-Fraktion. chung der Ziele helfen. Ich will noch eine letzte Bemerkung machen; bei die- Dr. Michael Luther (CDU/CSU): sem Punkt mache ich mir Sorgen. Heute erleben wir den Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Ausbau der erneuerbaren Energien, doch diese werden Kollegen! Wir diskutieren nun seit ungefähr drei Stun- über das vorhandene Leitungsnetz nicht transportiert den. Ich denke, gegen Ende der Debatte ist es vielleicht werden können. Wenn wir dieses Problem im Rahmen ganz gut, noch einmal festzuhalten, worum es heute ei- der Planungsgegebenheiten, die wir in Deutschland ha- gentlich geht. ben, lösen wollen, dann wird es sehr lange dauern, ent- sprechende Netze aufzubauen. Es ist jedoch notwendig, Es geht heute um die Frage, wie die Energieversor- diese Netze schnell zu schaffen. Mir ist dazu ein ver- gung in Deutschland in 40 Jahren, in 2050, aussehen gleichbares Beispiel eingefallen. 1990 mussten wir in wird. Wir sind uns, auch wenn das in vielen Debatten- den neuen Bundesländern Straßen bauen. Wenn wir das beiträgen nicht so klar zum Ausdruck gekommen ist, in im Rahmen des westdeutschen Straßenbaurechts hätten einem Punkt einig: Wir wollen den Wechsel hin zu den bewältigen wollen, hätten wir 20 Jahre Planungszeit ge- erneuerbaren Energien. Wir wollen, dass 2050 80 Pro- braucht. zent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Ener- gien kommt. Nicht einig sind wir uns bei der Frage, wie (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Weg dorthin zu beschreiten ist. Ich denke, es gibt auf NEN]: Das wäre besser gewesen!) diesem Weg ein paar wichtige Fragen zu beantworten. Das heißt, wir würden heute mit der ersten Autobahn an- Erstens. Wie schaffen wir es, dass erneuerbare Ener- fangen. Das ist unvorstellbar. Deswegen ist aus meiner gien grundlastfähig werden? Es ist zwar wahr, dass in Sicht ganz klar, dass wir so etwas wie ein Bundesener- Spitzenzeiten zu viel Strom im Netz ist, aber erneuerbare giewegeplanungsbeschleunigungsgesetz brauchen. Energien, Wind und Sonne, sind nicht 24 Stunden am (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Tag, 365 Tage im Jahr verfügbar, sondern sehr volatil. NEN]: Das hatten wir 2005! Das haben Sie im Deswegen ist eine wichtige Frage: Wie erreichen wir Bundesrat blockiert!) eine stabile Stromversorgung? Wir sind der Meinung, dass wir dafür noch eine ganze Weile Grundlastkraft- – Wenn Sie, Herr Trittin, dafür sind, ist es doch relativ werke brauchen. Eine Art von Grundlastkraftwerken, die einfach. Dann sind wir uns einig und können das umset- wir in Deutschland haben, sind nun einmal Atomkraft- zen. (B) werke. (D) Wenn wir alle gemeinsam diese Ziele verfolgen, kann Zweitens. Mich wundert es nicht, dass in diesen Ta- man sagen, dass heute ein Konzept vorliegt, das für gen in der Öffentlichkeit – man tut so, als habe man das Deutschland gut ist. Ich werbe ausdrücklich dafür, all die vorher nicht gewusst – geschrieben wird, dass der Aus- Maßnahmen, all die Gesetze, die im Einzelnen dafür not- bau der Solarenergie die Energie in unseren Netzen teu- wendig sind, entsprechend umzusetzen. rer macht. Das haben wir gewusst. Deswegen muss man Recht herzlichen Dank. in diesem Zusammenhang eine zweite Frage beantwor- ten: Wie schaffen wir es, den Strompreis stabil zu hal- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ten, und zwar so, dass wir weiterhin eine Industrienation der FDP) sein können und nicht die Wirtschaft aus Deutschland vertreiben? Letztendlich fordern auch die Verbraucher Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: einen stabilen Strompreis. Sie sind heute schon skep- Das Wort hat nun Klaus-Peter Willsch für die CDU/ tisch. Daher müssen wir ihnen sagen, wie wir es schaffen CSU-Fraktion. Er ist der letzte Redner in dieser Debatte. wollen, den Strompreis stabil zu halten. Anschließend folgt eine ganze Reihe namentlicher Ab- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und stimmungen. der FDP) Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Das sind die wesentlichen Bausteine unseres Energie- Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und konzeptes, in dem wir genau beschreiben, wie wir zu Herren! Liebe Kollegen! Am Ende dieser Debatte steht dem Ziel kommen, dass der Anteil der Stromerzeugung eines fest: Die bisherige Politik in Energiefragen, die auf aus erneuerbaren Energien im Jahr 2050 bei 80 Prozent Illusion und Ideologie basierte, wird abgelöst durch eine liegt. Unser Energiekonzept ist realistisch und kein Fan- Politik, die Tatsachen zur Kenntnis nimmt, durch eine tasiegebilde. intelligente zukunftsgerichtete Politik, die Versorgungs- Im Energiekonzept wird noch eine weitere Frage be- sicherheit, Klimaschutz und bezahlbare Energie zum antwortet, die der Finanzierung. Wir wissen, dass es Ziel hat. Geld kostet, diesen Weg zu beschreiten. Deswegen rich- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und ten wir einen Energie- und Klimafonds ein, in den un- der FDP) ter anderem die Mehrgewinne der Energiekonzerne, die es aufgrund der längeren Laufzeiten der Atomkraftwerke Dass Ihnen das nicht gefällt, vor allen Dingen Ihnen, gibt, fließen werden. Damit sind wir in der Lage, die geschätzte Vertreter der Grünen, sieht man an dem Auf- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7203

Klaus-Peter Willsch (A) zug, den Sie hier heute präsentieren. Sie beschwören die (Widerspruch bei der SPD) (C) Straße, die diese Politik kommentieren würde, bringen sich schon mal ein bisschen in Stimmung, indem Sie Mit dieser Verschwörungstheorie ist in dieser Debatte sich hier einheitlich, relativ uniform zeigen. Ich muss ja genauso aufgeräumt worden wie mit der Theorie, es sei sagen, die Grundtöne Ihrer übereinstimmenden Klei- in Hinterzimmern irgendwas verhandelt worden. Alles dung gefallen mir durchaus: überwiegend ein starkes liegt auf dem Tisch. Sie wollen es nicht. Das können Sie Schwarz, ein bisschen Gelb dabei. Das ist die Farben- ja laut sagen. Aber wir wollen es. Wir haben es den lehre, die ich mir für die Politik in Deutschland wünsche. Menschen vorher gesagt, und wir setzen es ganz genau so durch. Versprochen, gehalten. (Sigmar Gabriel [SPD]: Da sind Sie ziemlich (Beifall bei der CDU/CSU) allein!)

Die Vorwürfe aber, die Sie uns in diesem Zusammenhang Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: machen – die Bevölkerung sei dagegen, und all das –, Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des weise ich eindeutig zurück. Wir sind in diesem Punkt mit Kollegen Beck? einer klaren Aussage in die Bundestagswahl gegangen. Wir haben gesagt, die Laufzeit wird verlängert, weil wir es für Unsinn halten, Volksvermögen zu vernichten, Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Herr Beck, ich freue mich, wenn Sie durch eine Frage (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- meine Redezeit verlängern. neten der FDP) und weil wir die Sicherheit der Versorgung sowie be- Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): zahlbare Preise für notwendig halten und damit Schluss Herr Kollege, Sie haben gerade so demonstrativ ge- machen, dass auf der Grundlage von Illusionen Energie- sagt, es läge alles auf dem Tisch. Zumindest auf meinem politik für einen Wirtschafts- und Industriestandort Tisch liegt nicht die Antwort der Bundesregierung auf Deutschland gemacht wird. Das kann nicht tragen. eine Frage, die wir schriftlich im Plenum gestellt haben und auch den Ausschüssen zur Beantwortung übermittelt Ich will noch einmal für die Menschen an den Bild- haben. Wir haben danach gefragt, welche Rechtswir- schirmen und hier oben auf der Besuchertribüne deutlich kung der Vertrag mit den vier Energieversorgungsunter- machen, was das, was hier immer von Ihnen behauptet nehmen hat, den die Bundesregierung für die Bundesre- wird, heißt. Ich komme aus Hessen; wir haben Biblis A publik Deutschland geschlossen hat, wenn ein nächster und B. Wenn wir Biblis A und B durch Photovoltaik er- Bundestag eine Änderung der heute zu erwartenden Be- 2 (B) setzen wollten, müssten wir 20 km Fläche mit Photo- schlussfassung der Elften und Zwölften Atomgesetzes- (D) voltaikanlagen bebauen; das sind 2 600 Fußballfelder. novellen vornehmen würde, und welche Zahlungsver- Wer will das denn in der Landschaft unterbringen, und pflichtungen das womöglich für den Bund auslöste. wer will den Bürgern vor allen Dingen die Preise zumu- Darauf hat uns die Regierung im Ausschuss nicht geant- ten, die sich daraus ergeben angesichts der Tatsache, wortet; gestern in der Fragestunde hieß es, die Frage sei dass der Strom sechsmal so teuer ist wie der, den sie an schriftlich im Ausschuss beantwortet. Legen Sie diese der Strombörse beziehen können? Antwort mal auf den Tisch. Sie behaupten ja, es läge al- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und les auf dem Tisch des Hauses. Nun haben Sie die Gele- der FDP) genheit.

Nun zum Ersatz von Biblis A und B durch Windkraft: Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU): Hier brauchten wir 1 200 Windräder onshore bei besten Also, Herr Beck, wenn Sie auf Ihrem Tisch nicht alles Bedingungen, und selbst offshore bräuchte man 520, und finden, was Sie da vermuten, dann müssen Sie mal auf- da haben wir gerade mal zwölf stehen. Das ist Politik auf räumen. der Grundlage von Illusionen und keine realistische Poli- tik. Das, was Deutschland braucht, ist aber eine Politik, (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und die die Wirklichkeit und die Bedürfnisse der Menschen der FDP) zur Kenntnis nimmt und zur Grundlage ihres Handelns Ich jedenfalls kann sagen, dass ich mich von der Bun- macht. desregierung vollumfänglich informiert fühle und dass (Beifall bei der CDU/CSU) ich alle Entscheidungsgrundlagen beieinander habe. Jetzt ist genug geredet worden, jetzt muss entschieden Wir sagen, wir lassen die funktionierenden, sicheren werden. und preiswerten Strom liefernden Kernkraftwerke wei- terlaufen. Genau das wissen Sie, und genau das ist Ge- (Beifall bei der CDU/CSU) genstand des Gesetzgebungsvorhabens, das wir hier jetzt Herr Beck, weil ich die Befürchtung habe, dass Sie zum Abschluss bringen werden und in dessen Verlauf mir nicht unbedingt folgen, will ich jemand anderen an- wir im Übrigen eine intensive Diskussion mit Ihnen ge- führen, zu dem Sie häufig große Nähe gezeigt haben. sucht haben. Ich weiß nicht, wie oft ich die sitzungsfreie Der Führer der freien Welt, Barack Obama, hat gesagt: Woche umgeplant habe, weil immer wieder neue Wün- sche von der Opposition gemeldet wurden, wie man es Um unseren wachsenden Energiebedarf zu decken vielleicht hinbekommen könnte. und die schlimmsten Folgen des Klimawandels zu 7204 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Klaus-Peter Willsch (A) verhindern, werden wir unsere Versorgung mit Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszäh- (C) Kernenergie erhöhen müssen. So einfach ist das. lung zu beginnen.3) Danke schön. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen damit zur dritten namentlichen Abstimmung, und zwar über (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) den Änderungsantrag auf Drucksache 17/3488. Das Stichwort heißt „Biblis B“. Ist alles vorbereitet für die- Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: sen Abstimmungsgang? – Das ist der Fall. Ich eröffne Ich schließe die Aussprache. die dritte namentliche Abstimmung. Wir kommen zur Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atom- Ich darf Sie fragen, ob ein Mitglied des Hauses anwe- gesetzes. Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und send ist, das seine Stimmkarte bei der dritten namentli- Reaktorsicherheit empfiehlt unter Buchstabe a seiner chen Abstimmung noch nicht abgegeben hat. – Es wurde Beschlussempfehlung auf den Drucksachen 17/3409 und alles abgegeben. Dann schließe ich diese Abstimmung.4) 17/3453, den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/ Wir kommen nun zur vierten namentlichen Abstim- CSU und der FDP auf Drucksache 17/3051 anzuneh- mung, und zwar über den Änderungsantrag auf men. Drucksache 17/3489; das Stichwort ist Brunsbüttel. – Hierzu liegen 24 Änderungsanträge der Fraktion Sind alle Urnen mit den Schriftführerinnen und Schrift- Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir zuerst abstim- führern besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die men. Zu allen Änderungsanträgen wurde namentliche vierte namentliche Abstimmung. Abstimmung verlangt. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Wir stimmen zuerst über zehn Änderungsanträge ein- Stimme bei der vierten namentlichen Abstimmung noch zeln und dann in einer elften Abstimmung über eine Zu- nicht abgegeben hat? Ist jetzt alles abgegeben, was für sammenfassung von 14 Änderungsanträgen gewisserma- die vierte namentliche Abstimmung abgegeben werden ßen in einer „Listenabstimmung“ ab. soll? – Das ist der Fall. Dann schließe ich diese Abstim- mung.5) Wir kommen zur ersten namentlichen Abstimmung, und zwar über den Änderungsantrag auf Drucksache Wir kommen zur fünften namentlichen Abstimmung, 17/3486, Stichwort Bundesratszustimmung. und zwar über den Änderungsantrag auf Drucksache 17/3490, Stichwort: Isar 1. – Die Plätze an den Urnen (B) Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die sind besetzt. Ich eröffne die fünfte namentliche Abstim- (D) vorgesehenen Plätze einzunehmen. mung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will zugleich Sind Kolleginnen oder Kollegen im Saal, die ihre mitteilen, dass mir zur Abstimmung 51 schriftliche Er- Stimmkarte für die fünfte namentliche Abstimmung klärungen von Kolleginnen und Kollegen vorliegen. De- 1) noch nicht abgegeben haben? – Das ist nicht der Fall. ren Namen werden im Protokoll verzeichnet sein. Dann schließe ich diese Abstimmung.6) Sind alle Abstimmungsurnen besetzt? – Das ist der Wir kommen zur sechsten namentlichen Abstim- Fall. Dann ist die erste Abstimmung eröffnet. mung, und zwar über den Änderungsantrag auf Drucksa- Liebe Kolleginnen und Kollegen, haben alle ihre che 17/3491; hier geht es um Krümmel. – Die Plätze an Stimme bei dieser ersten namentlichen Abstimmung ab- den Urnen sind besetzt. Dann eröffne ich die sechste na- gegeben? – Ich höre keinen Widerspruch. Dann schließe mentliche Abstimmung. ich diese Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen Sind nun alle Stimmkarten für die sechste namentli- und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. Die che Abstimmung abgegeben? – Das ist der Fall. Dann Ergebnisse der namentlichen Abstimmungen werden Ih- schließe ich diese Abstimmung.7) nen später bekannt gegeben.2) Wir kommen zur siebten namentlichen Abstimmung, Wir kommen damit zur zweiten namentlichen Ab- und zwar über den Änderungsantrag auf Drucksache stimmung, und zwar über den Änderungsantrag auf 17/3492; es geht hier um Neckarwestheim 1. – Die Drucksache 17/3487. Das Stichwort heißt „Biblis A“. Plätze an den Urnen sind besetzt. Dann eröffne ich die Sind alle Abstimmungsurnen besetzt? – Das ist offen- siebte namentliche Abstimmung. sichtlich der Fall. Ich eröffne die zweite namentliche Abstimmung. Ist eine Kollegin oder ein Kollege im Saal, die ihre Stimme bzw. der seine Stimme bei der siebten namentli- Haben alle Kolleginnen und Kollegen ihre Stimme chen Abstimmung noch nicht abgegeben hat? – Das ist bei dieser zweiten namentlichen Abstimmung abgege- ben? – Das ist offensichtlich der Fall. Dann schließe ich die zweite namentliche Abstimmung und bitte die 3) Ergebnis siehe Seite 7223 A 4) Ergebnis siehe Seite 7223 A 5) Ergebnis siehe Seite 7223 A 1) Anlagen 2 bis 5 6) Ergebnis siehe Seite 7223 B 2) Ergebnis siehe Seite 7222 D 7) Ergebnis siehe Seite 7223 B Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7205

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) offensichtlich nicht der Fall. Dann schließe ich diese Ab- Da die vollständige Auswertung der Stimmzettel ei- (C) stimmung.1) nen erheblichen Zeitbedarf erfordert, werden die Schrift- führerinnen und Schriftführer zunächst noch kein zah- Wir kommen zur achten namentlichen Abstimmung, und lenmäßiges Ergebnis ermitteln, sondern nach Sichtung zwar über den Änderungsantrag auf Drucksache 17/3493; der Stimmzettel feststellen, ob die Vorlagen angenom- Stichwort: Philippsburg 1. – Wie ich sehe, sind die men oder abgelehnt wurden. Die Ergebnisse dieser Plätze an den Urnen besetzt. Dann eröffne ich die achte 24 Abstimmungen werden wir Ihnen auf jeden Fall dann namentliche Abstimmung. bekannt geben, wenn wir sie haben. Dann erst werden auch die weiteren Abstimmungen stattfinden. Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Stimmkarte bei dieser achten namentlichen Abstimmung Die Sitzung wird jetzt nicht unterbrochen, sondern noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann wir nutzen die Zeit der Auszählung, um den Kolleginnen schließe ich diese Abstimmung.2) und Kollegen, die eine mündliche Erklärung zur Abstim- mung abgeben wollen, die Möglichkeit dazu zu geben. Wir kommen zur neunten namentlichen Abstimmung, Es sind nach jetzigem Stand – das kann sich natürlich al- und zwar über den Änderungsantrag auf Drucksache les ändern; es können auch noch weniger werden – 17/3494; hier geht es um „Unterweser“. – Sind die 21 Abgeordnete. Ich möchte vorschlagen, dass diejeni- Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann er- gen, die die mündlichen Erklärungen der Kolleginnen öffne ich die neunte namentliche Abstimmung. und Kollegen hier im Saal verfolgen wollen, Platz neh- Sind jetzt alle Stimmkarten für die neunte namentli- men und sich aufmerksam den Reden widmen. Die an- che Abstimmung abgegeben? – Das ist offenkundig der deren Kollegen darf ich bitten, ihre Gespräche außerhalb Fall. Dann schließe ich die neunte Abstimmung.3) des Saales weiterzuführen und im Übrigen auf das zu achten, was ihnen über die Lautsprecher bzw. Bild- Ich rufe die zehnte namentliche Abstimmung über schirme bezüglich des Beginns der weiteren Abstim- den Änderungsantrag auf Drucksache 17/3495 auf. Hier mungen mitgeteilt wird. geht es um eine Einfügung im Zusammenhang mit Flug- zeugabstürzen. – Wie ich sehe, sind die Plätze an den Ich darf darauf hinweisen, dass nach unserer Ge- Urnen besetzt. Ich eröffne die zehnte namentliche Ab- schäftsordnung inhaltlich zum Abstimmungsverhalten stimmung. Stellung genommen werden kann und dass die Redezeit dafür maximal fünf Minuten beträgt. Die fünf Minuten Ist jemand anwesend, der stimmberechtigt ist und müssen nicht in jedem Fall ausgeschöpft werden. seine Stimmkarte zur zehnten namentlichen Abstim- (B) mung noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Nun bitte ich die Kollegin Ekin Deligöz für ihre per- (D) Dann ist auch diese Abstimmung geschlossen.4) sönliche Erklärung ans Mikrofon. Nun kommen wir zu 14 Änderungsanträgen, über die Ekin Deligöz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wir auf einem Stimmzettel gemeinsam abstimmen wer- den. Es handelt sich um die 11. bis 24. namentliche Ab- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! stimmung. Den Stimmzettel erhalten Sie, falls noch Ich werde gegen das Elfte Gesetz zur Änderung des nicht geschehen, von den Plenarassistenten hier im Saal. Atomgesetzes stimmen und möchte hierzu eine persönli- Auf diesem Stimmzettel tragen Sie bitte zunächst Ihren che Erklärung abgeben. Namen und die Bezeichnung Ihrer Fraktion deutlich in Die schwarz-gelbe Koalition will, dass das in meinem Druckbuchstaben ein. Unter der Namensleiste finden Sie Wahlkreis befindliche Atomkraftwerk Gundremmingen eine Auflistung der 14 abzustimmenden Änderungsan- – Block B, Block C – träge. Sie haben die Möglichkeit, jeden einzelnen Ände- rungsantrag mit einem Kreuz bei „Ja“, „Nein“ oder (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie haben „Enthaltung“ zu markieren. Ich weise darauf hin, dass doch gar keinen Wahlkreis, Frau Kollegin! Stimmzettel ohne Namensangabe oder mit mehr als ei- Das ist mein Wahlkreis!) nem Kreuz je Änderungsantrag ungültig sind. Sie kön- nen die Stimmzettel auf Ihrem Platz ankreuzen. Nach- noch viele Jahre weiterlaufen soll. Wir reden hier von ei- dem Sie den Stimmzettel ausgefüllt haben, werfen Sie nem Siedewasserreaktor veralteter, störanfälliger und ihn in eine der im Saal aufgestellten Urnen. Sind die unzureichend gesicherter Bauweise. Herr Nüßlein sagt: Plätze an den Urnen nach wie vor besetzt? – Das ist der Das ist nicht Ihr Wahlkreis, das ist mein Wahlkreis. – Fall. Dann eröffne ich diese Abstimmung. Herr Nüßlein, meine Kinder wachsen auch in diesem Wahlkreis auf. Auch sie sehen das Atomkraftwerk. Ich Ist ein Mitglied des Hauses anwesend, das seinen habe sehr wohl einen Anspruch darauf, mich für all die Stimmzettel noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht Menschen einzusetzen, die mich gewählt haben, die der Fall. Dann ist auch diese Abstimmung geschlossen.5) mich hierher entsandt haben und für die ich einstehe.

1) Ergebnis siehe Seite 7223 B (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 2) Ergebnis siehe Seite 7223 C sowie bei Abgeordneten der SPD) 3) Ergebnis siehe Seite 7223 C 4) Ergebnis siehe Seite 7223 C Ich will vor allem dafür sorgen, dass meine Kinder ge- 5) Ergebnis siehe Seite 7223 C sund aufwachsen. 7206 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Ekin Deligöz (A) Herr Nüßlein, Sie können die Fakten noch so sehr Das ist unverantwortlich gegenüber unseren Kindern, (C) ignorieren. Die Kinderkrebsstudie sagt, dass in der Um- die vor Ort leben und die dann von einer Krebserkran- gebung von Gundremmingen die Krebsrate von Kin- kung betroffen sind. Das sollten Sie sich zu Herzen neh- dern, die in der Umgebung wohnen, 60 bis 120 Prozent men, wenn es wirklich Ihr Wahlkreis sein sollte, was ich höher ist als an anderen vergleichbaren Standorten. Das Ihnen hiermit abspreche. sind die Auswirkungen von Gundremmingen, mit denen (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wir leben müssen. Da bringt es nichts, wenn Sie sich sowie bei Abgeordneten der SPD) jetzt abwenden. Das ist die Verantwortung, zu der wir uns bekennen müssen. Dementsprechend müssen wir eine Entscheidung fällen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Bevor ich dem nächsten Kollegen das Wort erteile, In Gundremmingen kam es schon zu zahlreichen, will ich noch darauf hinweisen, dass selbstverständlich nämlich über 200, Zwischenfällen; zwei Menschen sind auch heute rechtzeitig mit einem Klingelzeichen im gestorben. Es gab schon einen Großunfall mit einem Haus auf die bevorstehenden weiteren namentlichen Ab- wirtschaftlichen Totalschaden. Es wurden radioaktive stimmungen hingewiesen wird. Edelgase freigesetzt, aber wir haben vor Ort kein Sicher- heitskonzept, nach dem wir reagieren können, wenn es Herr Kollege Dr. Thomas Gambke von der Fraktion zu einem Super-GAU kommt. Bündnis 90/Die Grünen, bitte. Sie sagen, dass ein solcher GAU nicht möglich ist. (Zuruf von der CDU/CSU: Werden die das Aber was ist, wenn er eintritt? Sie setzen dann die frei- jetzt alle vortragen? – Dr. Georg Nüßlein willige Feuerwehr ein und sagen ihr, dass sie das Pro- [CDU/CSU]: Es ist unglaublich, was hier blem bitte lösen soll. Wer wird die 220 000 Menschen läuft!) evakuieren, die vor Ort leben und die davon betroffen wären? Dr. Thomas Gambke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Mehr noch: Wir haben vor Ort den Atomreaktor, der den meisten Strahlenmüll in Deutschland produziert. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol- Alle zwei Monate wird ein neuer Castorbehälter gefüllt. legen! Meine Damen und Herren! Ich stimme gegen das Täglich werden 150 Kilogramm radioaktiver Müll pro- Elfte Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes, weil ich duziert. Auch Herr Waigel geht auf die Straße. direkt betroffen bin. Ich wohne und arbeite nur 15 Kilo- meter vom Atomkraftwerk Isar 1 entfernt. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Herr Waigel Die meisten von Ihnen haben möglicherweise gar geht nicht auf die Straße!) (B) nicht mehr präsent, dass im Jahr 1988 ein französisches (D) – Herr Waigel geht in Gundremmingen und in Günzburg Militärflugzeug nur 1,5 Kilometer von diesem Atom- auf die Straße, weil er gegen das Zwischenlager ist. Er- kraftwerk entfernt abgestürzt ist. Stellen Sie sich einmal klären Sie Herrn Waigel, wie Sie es hier verantworten vor, was passiert wäre, wenn dieses Flugzeug das Kern- können, dass das weiterhin so geschehen soll und dass es kraftwerk getroffen hätte. Es hätte bei diesem sehr alten nicht weniger, sondern mehr Müll wird. Kraftwerk noch nicht einmal den Sicherheitsbehälter treffen müssen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Was sind das denn für persönliche Erklärungen? Das ist Sagen Sie den Menschen, wie Sie für Sicherheit garan- doch Unfug!) tieren wollen. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass noch mehr Müll in diesen Zwischenlagern gelagert wer- sondern nur das Gebäude, in dem sich direkt unter dem den soll, Dach das Abklingbecken befindet, (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Trittin hat (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das sind doch das Zwischenlager genehmigt!) keine Erklärungen zur Abstimmung!) die noch nicht einmal abgesichert sind, sondern besten- um großen Schaden anzurichten. Sie werden vielleicht falls einem Unwetter widerstehen können, aber sicher- jetzt verstehen, dass ich persönlich das etwas anders lich nicht der Radioaktivität. sehe als diejenigen, die hier glauben, diesem Gesetz zu- stimmen zu müssen. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Trittin hat das Zwischenlager angeordnet!) (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Grüne Son- derdebatte, oder was?) Sie handeln hier unverantwortlich. Deshalb werde ich diesem Gesetz nicht zustimmen. Der Bundesumweltminister hat noch im August er- klärt, dass er genau diese Kernkraftwerke sichern Sie können auch keinem Menschen vor Ort – nicht möchte. Nun ist er davon abgegangen. Viele Gutachten den Schwaben, nicht den Bayern – in irgendeiner Weise belegen die Gefährlichkeit in Bezug auf Flugzeugab- erklären, warum Sie freiwillig dieses Risiko eingehen, stürze. Meine Damen und Herren, Sie können diese War- das wir so nicht eingehen müssten. nungen doch nicht einfach in den Wind schlagen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7207

Dr. Thomas Gambke (A) Sie mögen vielleicht sagen: Herr Gambke, Sie gehen ders, als Sie hier entscheiden wollen! Stimmen Sie einer (C) ja auch Risiken ein, wenn Sie in ein Auto oder ein Flug- Verlängerung nicht zu! zeug steigen. Diese Risiken nehmen Sie doch in Kauf, bis hin zu einem Unfall, bei dem Sie möglicherweise Ihr Danke schön. Leben verlieren. – Es gibt aber einen großen Unter- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schied. Sie entscheiden hier nicht nur für sich, sondern und bei der SPD) für Hunderte von Generationen nach Ihnen. Diese haben nicht mehr die Möglichkeit zur Entscheidung, wenn Sie in unverantwortlicher Weise die Laufzeit verlängern. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Nun hat der Kollege Frank Schwabe das Wort für die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) SPD-Fraktion. Als Physiker will ich Ihnen auch Folgendes sagen: (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Manche glauben vielleicht – diesen Eindruck habe ich, wenn ich mit Nichttechnikern spreche –, man könne ir- gendwann einmal die Strahlung von radioaktivem Mate- Frank Schwabe (SPD): rial unterbinden; vielleicht in hundert Jahren, vielleicht Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich werde gegen auch erst etwas später. Das ist physikalisch nicht mög- sämtliche Gesetzesvorlagen im Zusammenhang mit der lich. Genauso wenig wie Sie den absoluten Temperatur- Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke stim- nullpunkt unterschreiten können oder ein Material schaf- men. Ich mache das auch besonders vor dem Hinter- fen können, das die Sonnentemperatur oder eine grund, dass ich der zuständige Berichterstatter für Kli- Atomexplosion aushält, können Sie auch die Strahlung maschutz bin. von radioaktivem Material nicht unterbinden. Als Physi- ker sage ich Ihnen: Das kann man nicht. Deshalb müssen Deutschland ist seit vielen Jahren Vorreiter gewesen wir die Laufzeit begrenzen. – ich betone: gewesen – in der internationalen Debatte zur Entwicklung einer ambitionierten Klimaschutzpoli- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) tik und dem damit verbundenen Umbau der Energiever- sorgung. Dies ist jetzt zentral gefährdet. Es ist absehbar, Jetzt komme ich noch auf eine Erfahrung aus meiner dass der Laufzeitverlängerung im Rahmen des auftreten- jahrelangen Industrietätigkeit zu sprechen. Ich bin davon den Systemkonflikts der Angriff auf den Ausbau der er- überzeugt, dass die Kernkraftwerke in Deutschland von neuerbaren Energien folgen wird. sehr sicherheitsbewusstem Personal gefahren werden. Menschliches Fehlverhalten können Sie aber nicht aus- Die neue Energiepolitik war mit der Entscheidung zur (B) schließen. Da helfen mir keine Statistik und auch keine Beendigung der Atomnutzung und mit den Rahmenbe- (D) Wahrscheinlichkeitsrechnung. Das kann morgen passie- dingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien ren. Dann wird man den Schuldigen suchen. Eines wird zentral verbunden. Diese Entwicklung wurde gegen man aber nicht reparieren können: dass Menschen ihr massive, auf kurzfristige Gewinnmaximierung ausge- Leben verlieren und dass meine niederbayerische Hei- richtete Lobbyinteressen durchgesetzt. Diese Entschei- mat auf Jahrhunderte nicht mehr betreten werden kann. dungen haben das demokratisch legitimierte Primat der Das können Sie doch nicht verantworten. Politik gegenüber kurzfristigen betriebswirtschaftlichen Interessen einiger weniger durchgesetzt. Diese Politik (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – des klar fixierten Atomausstiegs und der gesetzlichen Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Sie sind doch Rahmenbedingungen für die Förderung erneuerbarer gar kein Bayer! Hören Sie doch auf!) Energien hat zu einem Ausbau der erneuerbaren Ener- Ich habe 1969 mein erstes Auto gekauft, nämlich ei- gien in ungeahnten Größenordnungen geführt. Dieser nen VW, ein wunderbares Auto mit Seilzugbremsen und Boom und der Paradigmenwechsel hin zu einem anderen unsynchronisiertem Getriebe. Aus demselben Baujahr, Energieversorgungssystem werden für immer mit dem der Baulinie 1969, ist Isar 1. Das ist eine Sicherheitsar- Namen Hermann Scheer verbunden sein. chitektur, die heute keine Genehmigungsbehörde mehr Es sind neue wirtschaftliche Strukturen und bislang akzeptieren würde. Aber deren Laufzeit wollen Sie jetzt über 300 000 Arbeitsplätze entstanden. Die vorgesehe- verlängern. nen Gesetzesänderungen zementieren eine überholte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zentrale Energieversorgungsstruktur, die von vier großen sowie bei Abgeordneten der SPD) Energieversorgern bestimmt wird, welche ihre Oligopol- stellung zur Durchsetzung zu hoher Energiepreise aus- 225 Tage wäre das Kraftwerk nur noch gelaufen. Jetzt nutzen. wird es über 3 000 Tage laufen. Wollen Sie das weiter verantworten? (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Was hat das mit einer persönlichen Erklärung zu tun?) Meine Damen und Herren, ich halte es für absolut un- verantwortlich, was Sie hier tun. Wir hatten einen Kon- Sie ist weder gut für bezahlbare Preise noch für die Si- sens. Diesen Konsens haben Sie aufgekündigt. Sie haben cherheit der Energieversorgung in der Zukunft, ge- damit nicht nur die Fraktion der Grünen, sondern auch schweige denn für den Klimaschutz. Es geht um Profit- viele Ihrer Kollegen einschließlich des CSU-geführten maximierung ohne Rücksicht auf volkswirtschaftliche Stadtrats in Landshut gegen sich. Entscheiden Sie an- und gesamtwirtschaftliche Auswirkungen. 7208 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Frank Schwabe (A) (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das ist ein zahlreiche Hinweise gäbe, die eine Regierung nicht (C) verhinderter Debattenbeitrag!) ignorieren darf. Die von den Fraktionen der CDU/CSU und der FDP ge- Im Rahmen der vom Umweltministerium selbst in tragene Bundesregierung macht sich zur willfährigen Auftrag gegebenen Expertise wurde eine Mitwirkungs- Durchsetzerin dieser Interessen. pflicht des Bundesrates bestätigt. Die Verfassungsminis- terien, nämlich das Bundesministerium der Justiz und Das gesamte parlamentarische Verfahren wurde in ei- das Bundesministerium des Innern, haben im Rahmen ner der Tragweite der Gesetze und der Komplexität der verschiedener Einschätzungen zu erkennen gegeben, Thematik vollkommen unangemessenen Art und Weise dass zumindest bei einer umfassenden Verlängerung der durchgepeitscht. Gleichzeitig haben sich die Regierung Laufzeiten der Atomkraftwerke eine Mitwirkung des und die sie tragenden Fraktionen von CDU/CSU und Bundesrates gegeben sein müsse. Von den mir bekann- FDP jedoch Wochen und Monate Zeit genommen, um ten elf Expertisen von Verfassungsrechtlern sehen acht mit den vier großen betroffenen Energieversorgungsun- die Beteiligung des Bundesrats als notwendig an. Nicht ternehmen zu verhandeln. zuletzt hat der Bundesrat selbst per Beschluss eine Betei- Mehrere Sondersitzungen des Umweltausschusses ligung eingefordert. Zahlreiche Verfassungsklagen sind wurden nur genutzt, um den formalen Mindestansprü- angekündigt. chen an die Beschlussfassung im Deutschen Bundestag Genüge zu tun. Dies ist aber durch zahlreiche Verfah- Aus all diesen Gründen werde ich den oben genann- rensfehler noch nicht einmal gelungen. Nachfragen wa- ten Gesetzesvorlagen meine Zustimmung verweigern. ren nicht erwünscht. Aufklärung durch die Bundesregie- Ich bin mir sicher, dass es hier heute nicht zu einem rung gab es nicht. Der zuständige Minister war gar nicht verfassungsgemäßen Zustandekommen dieser Gesetze anwesend. Der traurige Höhepunkt war, dass in der letz- kommt. ten Sitzung des Umweltausschusses, über die heute (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten schon viel gesprochen worden ist, durch die Koalitions- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) – fraktionen etwa acht Minuten Beratungszeit bis zur Ab- Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU): Das stimmung eingeräumt werden sollten: Antrag von Frau hat Ihnen Ihr Referent aber gut aufgeschrie- Dött um 18.22 Uhr, Abschluss der Debatte um ben!) 18.30 Uhr. Eine viel zu kurze und mit zu wenigen Sachverständi- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: gen ausgestattete Anhörung fand in der sitzungsfreien Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will darauf hin- Zeit statt. Trotzdem hat diese Anhörung Dutzende von (B) weisen, dass das Instrument der persönlichen Erklärung (D) Hinweisen auf offene Punkte der Atomgesetznovellen vor der Abstimmung kein Instrument ist, um die Sachde- ergeben, zu denen es bis heute keine Antworten durch batte zu verlängern. die Bundesregierung gibt. Dazu gehört, dass das zentrale Beratungsgremium der Bundesregierung für Umweltfra- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- gen, nämlich der Sachverständigenrat für Umweltfragen, neten der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Wurde SRU, in einer Stellungnahme mit der Überschrift „Lauf- die Sachdebatte im Ausschuss verlängert?) zeitverlängerung gefährdet Erfolg der erneuerbaren Das Wort hat der Kollege Dr. Anton Hofreiter, Frak- Energien“ der Position der Bundesregierung von der tion Bündnis 90/Die Grünen. Brückenfunktion der Atomenergie grundsätzlich wider- spricht. Mehrere Sachverständige haben gravierende Si- cherheitsmängel angesprochen, die im Rahmen eines Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Weiterbetriebs zahlreicher Atomkraftwerke zu erwarten NEN): sind. Es gibt keine Antwort auf die Frage, was die Bun- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und desregierung dagegen zu tun gedenkt. Kollegen! Ich lehne die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke ab. (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Warum ge- ben Sie es nicht schriftlich ab?) Es ist klar, warum es überhaupt zu dieser Laufzeitver- längerung kommen soll: Die vier Atomkonzerne haben Dasselbe gilt für die Frage der mangelnden Wettbe- die Entwicklung der erneuerbaren Energien verschlafen; werbsneutralität gegenüber den Konkurrenten; auch hier sie fürchten um ihr Monopol. Ihre Helfershelfer, die gibt es keine Antwort. Es gibt keine Klarheit über die schwarz-gelbe Regierung, wollen nun das Monopol ver- Höhe der Mittel für den Klima- und Energiefonds. Es längern. Das kostet aber nicht nur viele Arbeitsplätze im gibt keine Klarheit über den Umfang des anfallenden Mittelstand und zerstört den Wettbewerb. Denn: Wenn Atommülls. Diese Liste ließe sich lange fortführen; man Sie die Verlängerung durchsetzen, machen Sie etwas kann sie an anderer Stelle nachlesen. Gravierendes: Sie gefährden die Sicherheit einer Viel- Dass die Gesetze ohne Bundesratsbeteiligung be- zahl von Menschen und produzieren weiteren Atom- schlossen werden sollen, ist bloß der Tatsache geschul- müll. det, dass es seit dem Sommer keine Bundesratsmehrheit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) von Schwarz-Gelb mehr gibt. Das macht den Versuch der Nichtbeteiligung des Bundesrats politisch verständ- Ganz in der Nähe meines Wahlkreises befinden sich lich. Eine Regierung könnte so handeln, wenn es nicht die beiden Atomreaktoren Isar 1 und Isar 2. Es ist bereits Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7209

Dr. Anton Hofreiter (A) angesprochen worden: Isar 1 ist eines der ältesten Atom- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) kraftwerke in Deutschland. sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1969!) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Wenn es bei Isar 1 zu einem GAU kommt, dann sind Ich möchte noch einmal auf meine Bemerkung von Millionen von Menschen gefährdet: in der Großstadt vorhin hinweisen. München, im Landkreis München und in der Stadt Landshut. Sie nehmen das billigend in Kauf. Warum? (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Persönliche Erklärungen nur schriftlich!) Isar 1 ist eines der gefährlichsten Atomkraftwerke. Der Kollege Dr. Hermann Ott ist der nächste Redner. Angesichts seines Alters ist es schwer möglich, es auf neue technische Standards zu heben. Bestimmte Teile, zum Beispiel den Kessel, kann man nicht austauschen, Dr. Hermann Ott (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): weil sie integrale Bestandteile des Reaktors sind. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese heutige Abstimmung über die Verlänge- Des Weiteren besteht bei einem Atomkraftwerk, das rung der Laufzeiten der Atomkraftwerke ist keine nor- so alt ist wie dieses, das große Problem, dass keinerlei male Abstimmung. Schutz vor einem Flugzeugabsturz vorhanden ist. Dieses Atomkraftwerk ist teilweise nicht einmal gegen den Ab- (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Das merken sturz eines Kleinflugzeuges geschützt. Es liegt ganz in wir!) der Nähe des Münchener Flughafens. Ein Flugzeug, das Deshalb möchte ich eine kurze persönliche Erklärung eigentlich auf dem Flughafen München landen will, abgeben. könnte in Isar 1 oder Isar 2 hineinstürzen. Isar 1 wird schon beim Absturz eines Kleinflugzeuges zerstört; Ich hatte das Glück, nicht direkt neben einem Atom- Isar 2 wird beim Absturz eines herkömmlichen Ver- kraftwerk aufzuwachsen, und ich habe das Glück, nicht kehrsflugzeuges zerstört, von denen viele München an- neben einem Atomkraftwerk zu leben. Aber ich kämpfe fliegen. seit 1979, seit den großen Demonstrationen in Gorleben und Hannover, gegen die Atomenergie. Dieser Kampf Das heißt, Sie verlängern den Betrieb von zwei Atom- war entscheidend für meine politische Bewusstseinsbil- kraftwerken, die sich in der Nähe eines Flughafens und dung und für meinen beruflichen Werdegang, zuerst als in der Nähe von mehreren mittelgroßen Städten und ei- Wissenschaftler und jetzt als Politiker. (B) ner Großstadt befinden. (D) All das, wofür ich in den letzten 30 Jahren gekämpft Sie können nicht schlüssig erklären, wie Sie die Sicher- habe, versuchen Sie von der Koalition jetzt kaputtzuma- heit der Menschen garantieren wollen. chen. Sie versuchen, einen der größten Fortschritte der Menschheit – einen der größten zivilisatorischen Fort- Sie machen das Ganze nicht, weil es notwendig ist, schritte hätte es wahrscheinlich Hermann Scheer ge- sondern um das Monopol der Atomkonzerne zu erhalten. nannt – wieder zurückzunehmen, nämlich den friedli- Das ist der Skandal. chen Ausstieg aus der Nutzung der Atomenergie. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Wirkung dieses Ausstiegs vor zehn Jahren nach Sie gefährden die Menschen in dieser Region, deren Ab- innen und außen war kaum zu überschätzen. Der Atom- geordneter ich bin. ausstieg hat den Menschen in aller Welt Mut gemacht. Das habe ich selbst immer dann erfahren, wenn ich im (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: Trittin hat Rahmen meiner Arbeit mit Menschen zusammengekom- das gemacht!) men bin. Der Atomausstieg hat allen Menschen Mut ge- macht, daran zu glauben, dass ein Leben ohne die Schre- Sie gefährden die Gesundheit und das Leben dieser cken der Atomkraft möglich ist. Plötzlich war da eine Menschen zugunsten des kurzfristigen Profits der Atom- Alternative zu dieser Monstertechnologie. Diese Hoff- konzerne und um das Monopol der Atomkonzerne auf- nung der Menschen in aller Welt wird von der Koalition rechtzuerhalten. Das ist der Skandal. Sie machen das heute enttäuscht, wenn nicht gar zerstört. nicht, um die Energieversorgung zu sichern, auch nicht, um günstige Strompreise garantieren können, sondern (Dr. Georg Nüßlein [CDU/CSU]: „In aller nur, um die Profite der mit Ihnen verbundenen Konzerne Welt“?) zu sichern. Deswegen gefährden Sie das Leben der Men- Auch die Wirkung auf uns war gewaltig. Der Atom- schen. Das ist der zentrale Skandal, und dafür gehören ausstieg hat bei uns und bei vielen anderen gesellschaft- Sie abgewählt. liche Kräfte freigesetzt. Sie hat die Kreativität der Men- Ich möchte noch einmal an Sie appellieren: Geben Sie schen gefördert und die Innovationsfreude im Bereich Ihrem Gewissen einen Schubs und stimmen Sie bei den der Industrie befeuert. Viele Arbeitsplätze wurden ge- folgenden Abstimmungen gegen die Verlängerung der schaffen, die Sie heute aufs Spiel setzen. Was besonders Laufzeiten. verstörend ist, ist, dass Sie das völlig ohne Not tun. Es gibt keinen sachlichen Grund für die Verlängerung der Vielen Dank. Laufzeiten; mein Vorredner und viele andere haben 7210 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Hermann Ott (A) schon darauf hingewiesen. Der einzige Grund für die kann ich mit meiner Verantwortung gegenüber dem (C) Verlängerung sind die Profitinteressen einiger großer deutschen Volk nicht in Einklang bringen. Unternehmen und die damit zusammenhängende Gier von Managern und anderen Profiteuren. (Beifall bei der SPD) Der zweite Punkt betrifft die Sicherheit. Im Zusam- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN menhang mit der Anhörung haben sowohl der Sachver- sowie bei Abgeordneten der SPD) ständige Hahn als auch andere über die Sicherheit der Für die Menschen im Land ist diese Laufzeitverlänge- Atomkraftwerke gesprochen. Anders als Herr Röttgen es rung ein weiterer Schlag ins Gesicht. Die Bundesregie- dargestellt hat, hat Herr Hahn sehr wohl darauf hinge- rung setzt ihre Interessen ohne Rücksicht auf Verluste wiesen, dass es vor dem Hintergrund des Auslaufens des zum Schaden der Menschen jetzt und zum Schaden der Betriebs der Kernkraftwerke möglich war, den Betrieb Menschen, die in hunderttausend Jahren leben, durch. des Kraftwerks in Biblis A zunächst mit Ersatzmaßnah- men fortzusetzen. Er betonte aber, dass diese Maßnah- Deshalb mein Petitum – das entspricht dem, was viele men für den Fortbetrieb unzureichend sind. Es war andere vor mir gesagt haben –: Überdenken Sie Ihre Ent- Wunsch der Opposition, Herrn Röttgen zu fragen, wel- scheidung, die Sie heute und hier treffen, vor dem Hin- che Konsequenzen daraus resultieren. Wenn er seine An- tergrund Ihrer Biografie und Ihrer persönlichen Erfah- kündigung ernst nimmt, Kraftwerken höhere Sicher- rung. heitsstandards abzuverlangen, kann dies nur zur Folge (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Das müssen haben, dass Biblis A nicht weiterbetrieben werden darf. Sie uns überlassen! Sie können für sich spre- Hierzu hat Herr Röttgen nicht Stellung bezogen. chen!) Es gibt weitere erhebliche Bedenken, auch gegen den Heute Morgen war ich vor der Sitzung in der An- § 7 d Atomgesetz. Wir haben von mehreren Sachver- dacht. Ich habe versucht, die Entscheidung, die vor allen ständigen gehört, dass § 7 d Atomgesetz zur Absenkung Dingen Sie heute treffen, in ihrer ganzen Wucht auf des Sicherheitsstandards führen und darüber hinaus auch mich wirken zu lassen. Ich bin zu diesem Schluss ge- die Klagemöglichkeit Betroffener eingeschränkt wird. kommen: Wenn Sie von der Christlich-Demokratischen Dies kann ich mit meinem Anspruch an Sicherheit nicht und der Christlich-Sozialen Union den Auftrag, der sich in Einklang bringen. Daher werde ich auch aus diesem aus Ihrer christlichen Überzeugung ergibt, ernst nehmen, Grund dem Gesetzesvorhaben nicht zustimmen können. dann müssen Sie heute gegen die Laufzeitverlängerung (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des der Kernkraftwerke stimmen. Ich gelobe an diesem Ort BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) und an dieser Stelle, dass ich das tun werde. (B) Der dritte Punkt ist, dass ich mich als Abgeordneter in (D) Ich werde dafür kämpfen, dass das wieder rückgängig meinen Mitwirkungsrechten beeinträchtigt fühle und gemacht wird. Das wird eine der ersten Amtshandlungen auch die Rechte der Opposition missachtet sehe. Ich der nächsten Bundesregierung sein. möchte entgegen den Äußerungen von Herrn Altmaier und von Herrn van Essen darauf hinweisen, wie die Aus- Ich danke Ihnen. schusssitzung am Dienstag abgelaufen ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Volker Kauder [CDU/CSU]: Chaotisch!) und bei der SPD) – Ja, chaotisch, Herr Kauder, aber daran hatte Frau Dött Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: einen erheblichen Anteil. – Nach 20 Minuten Aus- schusssitzung stellte Frau Dött den Antrag, nach weite- Das Wort hat der Kollege Dirk Becker. ren zehn Minuten abzustimmen und keine weitere Dis- kussion zuzulassen. Wenn die Regierungsmehrheit das Dirk Becker (SPD): unter einer ausführlichen Beratung oder Beteiligung der Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- Opposition versteht, dann habe ich ein grundsätzlich an- gen! Ich werde dem gesamten Gesetzeswerk heute aus deres Verständnis von Parlamentarismus. drei persönlichen Gründen widersprechen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Erstens. Als Abgeordneter des Deutschen Bundesta- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der ges fühle ich mich dem Wohl und dem Schutz der deut- LINKEN – Michael Kauch [FDP]: Wie wurde schen Bevölkerung und der Menschen, die hier leben, denn da abgestimmt?) besonders verbunden. Die Koalition hat in den letzten Ich bin nicht bereit, es Ihnen durchgehen zu lassen, dass Monaten viel über Versorgungssicherheit und Versor- Sie die Opposition daran hindern, diese kritischen und gungsunabhängigkeit gesprochen und Versorgungslü- wichtigen Sicherheitsfragen zu erörtern. Sie hatten cken thematisiert. Fakt ist: Im Ergebnis Ihres Konzeptes Angst davor, Antworten geben zu müssen. Ich bin daher prognostizieren Sie für das Jahr 2050 das Erfordernis nicht imstande, hier eine objektive Würdigung des Sach- von Stromimporten in Höhe von bis zu 30 Prozent. Da- verhalts vorzunehmen. mit wird die Unabhängigkeit Deutschlands geschwächt, obwohl wir heute Exportüberschüsse haben. Das heißt, Der Umweltminister stand uns – entgegen unserem im Endeffekt werden wir künftig verstärkt auf den Wunsch – zur Beantwortung dieser Fragen nicht zur Ver- Strombezug aus dem Ausland angewiesen sein. Das fügung. Da Herr Röttgen nicht auf die vielen dezidierten Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7211

Dirk Becker (A) Fragen, die von den Sachverständigen aufgeworfen wur- ginnen die Alpha-, Beta- und Gammastrahlen zu wirken, (C) den, einging, sehe ich mich heute nicht in der Lage, da- an manchen Orten nur schwach, doch kontinuierlich und rüber abzustimmen. gefährlich. Uran ist radiotoxisch und chemotoxisch wirksam. Einmal im menschlichen Körper gelagert, kon- Ich sehe in einer heutigen Abstimmung ein grob fahr- zentriert es sich im Skelett, in der Leber, in den Nieren lässiges Verhalten, das dem hohen Sicherheitserfordernis und in den Lymphknoten. Es verursacht durch sein der Kernkraftwerke nicht gerecht wird. Auch aus diesem Spaltprodukt Lungenkrebs, Leberkrebs, Magenkrebs, Grunde dürfte heute eigentlich keine Abstimmung erfol- Leukämie und andere Bluterkrankungen. Bei Embryo- gen. Da sie aber erfolgt, werde ich – nicht nur aus die- nen kommt es zu Fehlbildungen, es bewirkt eine erhöhte sem, sondern auch aus vielen anderen Gründen – den Rate der Säuglingssterblichkeit, mehr Totgeburten und Gesetzentwürfen nicht zustimmen, sondern sie ablehnen. mehr Fälle von Downsyndrom. Ich finde, das sind per- Vielen Dank. sönliche Gründe, um die Laufzeitverlängerung abzuleh- nen. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: KEN) Das Wort hat nun die Kollegin Ute Koczy. Mit der Verlängerung der Laufzeiten nehmen diese Gefahren weiter zu, besonders für die Menschen, die in Ute Koczy (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): den Abbaugebieten leben. Ich persönlich halte das nicht Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und nur für verantwortungslos, sondern auch für eine Men- Kollegen! Dies sind meine persönlichen Gründe für die schenrechtsverletzung. Daher unterstreiche ich: Der Ablehnung der Laufzeitverlängerung: Ich lebe in Ost- Uranabbau ist gleichbedeutend mit dem Öffnen der westfalen-Lippe. Ich habe miterlebt, welchen Aufwand Büchse der Pandora. Stoppt den Uranabbau! Der Aus- und welche Kosten der Abbau des AKW Würgassen in stieg aus der Atomkraft ist der richtige Weg. Nein zur dem von mir betreuten Wahlkreis Höxter verursacht. Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke! Nicht sehr viel weiter, in Niedersachsen, liegt das AKW (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Grohnde. Dieses ist trotz des Baujahres 1984 sehr stör- sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- anfällig. Eigentlich war die Abschaltung für 2017 ge- KEN) plant. Jetzt soll Grohnde bis 2030 laufen. Daher wirft die Laufzeitverlängerung für mich und in meinem Wahlkreis Fragen auf. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (B) Das Wort hat die Kollegin Ingrid Arndt-Brauer. (D) Dazu kommen noch weitere persönliche Gründe. Ich stelle folgende Fragen in den Mittelpunkt: Woher (Beifall bei der SPD) stammt das Uran für diese Atomkraftwerke? Was bedeu- tet die Laufzeitverlängerung für die Ressource Uran und Ingrid Arndt-Brauer (SPD): für die Menschen, die in der Nähe des Uranabbaus le- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und ben? 75 Prozent der Vorräte an Uran lagern in Regionen, Herren! Mir ist es ein persönliches Anliegen, heute eine die von indigenen Völkern bewohnt werden. Ich habe in Erklärung abzugeben, warum ich die Gesetzentwürfe zur diesem Sommer, im August, zwei Reisen nach Tansania Änderung des Atomgesetzes und die weiteren damit zu- und nach Brasilien unternommen, um mich persönlich sammenhängenden Gesetzentwürfe ablehne. Ich bin als über die Konsequenzen des Uranabbaus zu informieren. Finanzpolitikerin nicht nur für die Zukunft, sondern auch für die Gegenwart mit verantwortlich. Ich möchte In Tansania beginnt der Uranabbau erst. Dieses Land deshalb etwas zum Entwurf eines Kernbrennstoffsteuer- steigt nächstes Jahr in die Förderung des radioaktiven gesetzes sagen. Als dieser Entwurf in den Bundestag Materials ein. Die Menschen dort werden nicht über die eingebracht worden ist, hieß die geplante Steuer noch Risiken informiert. Sie fühlen sich hilflos den Interessen Brennelementesteuer. Sie sollte dem Haushalt netto der Firmen ausgesetzt und haben kaum eine Chance, 2,3 Milliarden Euro bringen. Diese 2,3 Milliarden Euro sich dagegen zu wehren. In Brasilien, in der Nähe der werden dringend gebraucht. Es gibt vieles, das man da- Mine Caetité lebt die Bevölkerung in Angst vor Gesund- mit machen wollte und sollte. heitsschäden. Greenpeace hat nachgewiesen, dass das Wasser dort verseucht ist. Mindestens acht Brunnen muss- Im Verfahren wurde sie in Kernbrennstoffsteuer um- ten versiegelt werden. Die nationalen Behörden und die benannt und soll nur noch 1,5 Milliarden Euro bringen. Betreiber der Mine leisten trotz richterlicher Beschlüsse Sie ist völlig verändert worden, nicht nur in ihrem Auf- und eindeutiger Auflagen unzureichende Aufklärung und kommen, sondern auch in ihrer Zielsetzung. Sie ist be- Unterstützung. Die Forderung der Zivilbevölkerung nach grenzt auf sechs Jahre. Keiner kann erklären, warum. Ihr sauberem Wasser, Lebensmittelkontrollen und Gesund- Aufkommen wird nicht mehr ausreichen, um zum Bei- heitsüberwachung wird ignoriert. spiel das Volumen für eine Sanierung von Asse II, wofür sie auch gedacht war, sicherzustellen. Diese Botschaft bringe ich persönlich in diese De- batte ein. Uran ist kein normales Metall, keine normale Ich denke, wir haben für die Atompolitik, die in der Ressource. Einmal an die Oberfläche gelangt, zersetzt es Vergangenheit betrieben worden ist und mit der auch die sich. Erst entweicht das toxische Gas Radon, danach be- Zukunft gestaltet werden wird, eine besondere Verant- 7212 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Ingrid Arndt-Brauer (A) wortung. Wenn hier ein Volumen, das mit 2,3 Milliarden läuft es aber weiter, und zwar noch viele Jahre. Es wer- (C) Euro angedacht worden ist – – den weiter meldepflichtige Zwischenfälle von diesem Pannenreaktor hervorgerufen werden. Wir werden wei- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: terhin die Gefahr haben, dass wir nicht gegen Terroran- Frau Kollegin, die Redezeit ist abgelaufen. schläge geschützt sind. Biblis A hat keine externe Not- standswarte. Ingrid Arndt-Brauer (SPD): Wir haben den Frankfurter Flughafen, wir haben das Entschuldigung. Ich hatte fünf Minuten angemeldet, Frankfurter Bankenzentrum in unmittelbarer Nähe. Wir und die Anzeige hier vor mir fing bei einer Minute an. wissen seit dem 11. September 2001, dass Terroran- Nein, nein, das kann nicht sein. schläge mit Flugzeugen kein Hirngespinst mehr sind und dass auch in unmittelbarer Nähe von Biblis A so etwas Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: passieren könnte. Das macht mir Angst. Deshalb werde Nein, nein. Ich manipuliere die Redezeit nicht. ich die Atomgesetznovelle ablehnen. Ich habe noch einen zweiten Grund zur Ablehnung, Ingrid Arndt-Brauer (SPD): nicht auf meinen Herkunftsort, sondern auf meinen jetzi- Ja. – Es fing mit 1:16 Minuten an. Ich habe nichts gen Wahlkreis in Nordhessen bezogen. Diese Region dazu gesagt. – Aber einen Schlusssatz möchte ich noch galt immer als das Armenhaus Hessens. Sie war von ho- sagen. her Arbeitslosigkeit betroffen. Man hat gesagt, die Fach- kräfte werden abwandern. Seit einigen Jahren haben wir Mir ist es ein persönliches Anliegen, dass hier bei bei uns in der Region einen großen Boom. Er kommt na- 340 Euro pro Gramm Uran weitergemacht wird. Wir türlich nicht von der Atomkraft – davon sind wir ver- wollen also eine Erhöhung. Wir wollen netto 2,3 Milliar- schont geblieben –, sondern von den erneuerbaren Ener- den Euro. Wir wollen einen Ausgleich der Steuerausfälle gien. Wir haben bei uns in der Region Weltmarktführer bei Ländern und Kommunen, und wir wollen die Ein- auf dem Solarmarkt. Ihr Energiekonzept sieht vor, dass speisung der Summe in den Energiefonds, der sonst der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich gedros- nicht sichergestellt ist. Ich bitte Sie, das ausreichend zu selt wird. berücksichtigen. Ich danke für die Aufmerksamkeit. Ich finde, meine Region hat eine bessere Zukunft ver- dient. Wir möchten, dass der Ausbau der erneuerbaren (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Energien weitergeht. Wir wollen weiter Jobs für hoch- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE qualifizierte und für normale Industriearbeiter schaffen. (B) GRÜNEN – Ingrid Arndt-Brauer [SPD]: Das Wir wollen, dass der Ausbau in die Zukunft weitergeht. (D) war nicht in Ordnung! Das war nicht der An- Deshalb wollen wir, dass die Atomkraftwerke abge- fang!) schaltet werden. Ich finde, Hessen hat etwas Besseres verdient als Biblis A und B, nämlich vor allem die Solar- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: energie. Ich fordere Sie auf, heute gegen die Atomge- Ich gehe nach der hier angezeigten Redezeit. Dann setznovelle zu stimmen. bitte ich um Entschuldigung. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Ute Koczy [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Das war noch meine Redezeit! – Zuruf von der KEN) SPD: Das war ihre Restzeit! – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie meinen Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: „ihre Restlaufzeit“! – Volker Beck [Köln] Das Wort hat die Kollegin Ingrid Nestle. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Übertra- gung von Restlaufzeit ist Gegenstand der na- Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): mentlichen Abstimmung! Sie dürfen dem nicht vorgreifen!) Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde gegen die Laufzeitverlängerungen stimmen. Ich möchte in die- Nächste Rednerin ist die Kollegin Nicole Maisch. sem Zusammenhang einen Punkt aus meiner Heimat Schleswig-Holstein zur Sprache bringen. Nicole Maisch (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Trotz meiner persönlichen Bemühungen in den letz- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich ten Tagen und Wochen bestehen Sie darauf, auch das werde gegen die Gesetzesnovelle stimmen, und ich AKW Brunsbüttel mit einer Laufzeitverlängerung von möchte Ihnen das als hessische Abgeordnete persönlich acht Jahren auszustatten. begründen. Ich stamme aus dem Rhein-Main-Gebiet, aus einem Gebiet in unmittelbarer Nähe zu Biblis A und B. (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Meine Eltern, meine Großeltern, mein Bruder und wei- NEN]: Unglaublich!) tere Angehörige meiner Familie wohnen dort noch im- Das AKW Brunsbüttel, das sich in meiner Heimat befin- mer. det, ist nur deshalb heute noch nicht im Rückbau, weil es Ohne Ihren Atomdeal würde Biblis A demnächst vom dort mehrere schwerwiegende Pannen gab, die dazu ge- Netz gehen und wäre kein Sicherheitsrisiko mehr. Jetzt führt haben, dass es jahrelang vom Netz genommen war; Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7213

Ingrid Nestle (A) sonst wäre das AKW Brunsbüttel schon heute im Rück- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (C) bau. Ich denke, diese Pannen, die Leib und Leben der Der Zeitplan diverser Sitzungen ist heute etwas Bevölkerung vor Ort gefährden, sind kein Grund, den durcheinandergeraten. Deshalb will ich darauf hinwei- Kernkraftwerksbetreibern zu sagen: Ihr bekommt ein sen, dass die Sitzung des Ältestenrates entgegen der vor- Geschenk in Form einer Laufzeitverlängerung um acht herigen Ankündigung jetzt parallel zum Plenum beginnt. Jahre obendrauf; wir betreiben diesen Reaktor weiter. Diejenigen Mitglieder des Ältestenrates, die an dieser Sitzung teilnehmen sollen und wollen, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und dürfen!) Ich will in der gebotenen Kürze nur von einer einzi- gen Panne berichten. 2001 kam es im AKW Brunsbüttel will ich hiermit informiert haben. zu einer Knallgasexplosion. In direkter Nachbarschaft Nun hat das Wort der Kollege Dr. Konstantin von zum Reaktordruckbehälter wurden drei Meter Rohrlei- Notz. tung vollkommen zerfetzt. Ein einziges Ventil, das stark gestaucht wurde, war noch dazwischen. Es hat verhin- dert, dass massiv Radioaktivität ausgetreten ist. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Obwohl viele Instrumente angeschlagen und gezeigt Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und haben, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, ließen die Herren! Ich komme aus dem Wahlkreis 10, Herzogtum Betreiber das AKW Brunsbüttel zwei Monate weiterlau- Lauenburg – Stormarn-Süd. In diesem Wahlkreis steht fen. Die Strompreise waren damals relativ hoch; deshalb das Atomkraftwerk Krümmel, der Pannenreaktor der wollte man das AKW nicht vom Netz nehmen. Es hieß, Republik, der in den letzten Jahren so viele Störfälle pro- das sei ein spontaner Druckabfall gewesen, der nicht so duziert hat, dass es meine Redezeit sprengen würde, schlimm gewesen sei. Erst zwei Monate später wurde wenn ich auf alle eingehen wollte. Sie machen sich hier bei einer Routineuntersuchung entdeckt, was passiert und heute daran, auch die Laufzeit dieses Reaktors zu war. Nach und nach mussten die Betreiber zugeben, dass verlängern. sie, als einige Instrumente anschlugen, vielleicht doch hätten misstrauisch werden und das AKW vom Netz In der Umgebung des AKW Krümmel, unmittelbar nehmen sollen. vor dem Schrottreaktor, gibt es das Leukämiecluster Elb- marsch, das weltweit einzigartig hoch ist und die Men- Nur aufgrund solcher Pannen ist das AKW Brunsbüt- schen in meinem und im benachbarten Wahlkreis – ich tel heute noch nicht im Rückbau begriffen. Nur aufgrund sage Ihnen das, weil das vielleicht auch für Sie eine (B) solcher Pannen können Sie überhaupt eine Laufzeitver- Rolle spielt – extrem beunruhigt. (D) längerung des AKW Brunsbüttel vornehmen. Nur auf- grund solcher Pannen bekommt der Betreiber des AKW Das AKW Krümmel ist wegen der vielen Störfälle Brunsbüttel für seine Verantwortungslosigkeit eine Lauf- seit Jahren abgeschaltet. Vattenfall hat diese Zeit ge- zeitverlängerung von acht Jahren geschenkt, und das, nutzt, um den alten Schrottreaktor mit zusätzlichen Ge- obwohl das AKW Brunsbüttel nichts mit dem Thema neratoren hochzurüsten. Der heutige Zustand des alten Versorgungssicherheit zu tun hat. Siedewasserreaktors ist vergleichbar mit einem alten, klapprigen Golf mit Porschemotor. Die letzten Störfälle, Zum Thema Versorgungssicherheit möchte ich in der die sich beim AKW Krümmel ereignet haben, waren ge- Kürze der Zeit nur ein Beispiel nennen. Sie haben heute nau diesem Umstand geschuldet: dass die alte Technik mehrmals Ihrer Sorge Ausdruck verliehen, wie schwie- mit neuer Technik hochgerüstet wurde, die aber nicht rig es wird, den notwendigen Netzausbau hinzubekom- miteinander harmonieren. Auch dies sollte Sie im Her- men. Das AKW Brunsbüttel liegt in einer Region, in der zen bewegen, wenn Sie nachher bei der Abstimmung sich Offshoreanlagen befinden. Durch die Leitungen über die Verlängerung der Laufzeit des AKW Krümmel fließt aber schon heute jede Menge Onshorewindenergie. Ihre Hand heben. Wenn das AKW Brunsbüttel wieder ans Netz ginge, müssten die Leitungen massiv ausgebaut werden. Denn Das Ganze ist so beunruhigend, dass in Schleswig- durch die Leitungen, durch die früher der Atomstrom Holstein Ihre eigenen Minister – vor allen Dingen der des AKW Brunsbüttel floss, fließt heute längst Wind- Justizminister, der für Sicherheitsfragen zuständig ist – strom. Das AKW Brunsbüttel wieder ans Netz zu lassen, Einspruch gegen eine Laufzeitverlängerung erheben. dient weder Ihrem Gesamtkonzept noch der Versor- Dem Justizminister wird schon schlecht, wenn er an die gungssicherheit. Ganz im Gegenteil: Ein großer Sicherheitsprobleme nur denkt, die sich mit Ihrer Ab- Stromausfall in Hamburg, bedingt durch Pannen im stimmung heute ergeben werden. AKW Brunsbüttel, ist keine Seltenheit. Auch Folgendes sollten Sie sich zu Herzen nehmen: Ich erkenne an, dass Sie in der Atomfrage zum Teil Als das Atomkraftwerk in Tschernobyl hochgegangen eine andere Meinung haben als ich. Man mag sich in der ist, war das für die und die weißrussische Atomfrage verhalten, wie man will: Brunsbüttel wieder Steppe schlimm und hatte katastrophale Folgen. Wenn ans Netz zu lassen, ist der helle Wahnsinn. aber Krümmel in unmittelbarer Nähe der Millionenme- tropole Hamburg hochgeht, dann gehen die Lichter aus, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dann ist Schicht im Schacht. Herr Kauder, nehmen Sie sowie bei Abgeordneten der SPD) sich das zu Herzen. Der Pannenreaktor der Republik ist 7214 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Konstantin von Notz (A) nur 30 Kilometer von Hamburg entfernt, und Sie wollen Man bekommt den Eindruck, dass es sich für die Ko- (C) heute seine Laufzeit verlängern. Das ist unfassbar. Heute alitionsfraktionen um eine lästige Pflicht gehandelt hat, ist unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten ein das, was hinter verschlossenen Türen verhandelt worden schwarzer Tag. Mit Blick auf die Sicherheit der Men- ist, irgendwie zu legitimieren. Das von der Koalitions- schen in meinem Wahlkreis und der gesamten Republik mehrheit gewählte Vorgehen im Umweltausschuss ent- wäre es eine Affenschande, wenn Sie heute diesen Ge- sprach in keiner Weise den Anforderungen an ein trans- setzen zustimmen würden. parentes parlamentarisches Verfahren. Es wurde zum Beispiel die Öffentlichkeit von den Beratungen im Um- Herzlichen Dank. weltausschuss ausgeschlossen, und man fragt sich: Wa- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN rum eigentlich? Was gab es da zu verbergen? Die Be- und bei der SPD) richterstattung wurde auf einen Vertreter der Regie- rungsfraktionen konzentriert. Deshalb komme ich zu der Schlussfolgerung, dass die Mehrheit des Hauses die un- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: terschiedlichen Standpunkte zu den Gesetzentwürfen Das Wort hat nun der Kollege Oliver Kaczmarek. überhaupt nicht angemessen erörtern will. (Beifall bei der SPD) Ohne erkennbaren Sachzwang soll das Gesetzge- bungsverfahren nun in vier Wochen durch das Parlament Oliver Kaczmarek (SPD): geschleust werden. Die fachliche Beratung des zuständi- gen Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktor- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe sicherheit betrug knapp eine Stunde. Kolleginnen und Kollegen! Angesichts der Tragweite der vorliegenden Gesetzentwürfe und ihrer Auswirkun- Angesichts dieser Tatsache, angesichts der Tragweite gen auf zukünftige Generationen, aber vor allem auf- der mit diesen Gesetzentwürfen verbundenen Risiken für grund der kritikwürdigen parlamentarischen Vorgehens- viele in Deutschland lebende und zukünftige Generatio- weise nehme ich mein Recht wahr, mein Abstimmungs- nen und angesichts des gewählten Verfahrens wäre eine verhalten besonders zu begründen. Zustimmung zu diesen Gesetzentwürfen mit einer ver- antwortlichen Wahrnehmung des mir von den Wählerin- Seit der ersten Lesung der Gesetzentwürfe am 1. Ok- nen und Wählern meines Wahlkreises übertragenen tober 2010 sind noch nicht einmal vier Wochen vergan- Mandats nicht vereinbar. Deshalb werde ich alle in Ver- gen. Die Anhörung des zuständigen Ausschusses für bindung mit dem sogenannten Energiekonzept der Bun- Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit fand vor ei- desregierung vorgelegten Gesetzentwürfe ablehnen. Ich ner Woche hier im Deutschen Bundestag statt. Aufgrund (B) erkläre ausdrücklich meine Missbilligung des Gesetzge- (D) der begrenzten Zeit – die Koalitionsfraktionen haben bungszeitplans und des Vorgehens der Koalitionsfraktio- dem Wunsch der Oppositionsfraktionen nach einer län- nen im Parlament. „Parlamentarisch“ mag ich das nicht geren Anhörung natürlich widersprochen – konnten ei- nennen. nige wichtige Aspekte aus dem Themenbereich nicht er- örtert werden. Ich nenne beispielhaft die Endlagerung Vielen Dank. des aufgrund der Laufzeitverlängerung zusätzlich anfal- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lenden radioaktiven Abfalls. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Es sind aber auch Aspekte dargelegt worden, die im bisherigen Gesetzgebungsverfahren noch nicht erkenn- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: bar waren und noch nicht behandelt worden sind. Ich Die Kollegin Brigitte Pothmer hat nun das Wort. nenne beispielhaft die Äußerung der Sachverständigen Hildegard Müller vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, die wettbewerbliche Nachteile des Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Energiekonzepts unter anderem für die Stadtwerke ein- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich geräumt hat. Dafür hat sie nachdrücklich einen Nachteils- stimme heute gegen den Entwurf eines Elften Gesetzes ausgleich eingefordert. zur Änderung des Atomgesetzes, weil die Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken, die heute von Ih- Dieser Aspekt konnte neben vielen anderen, die schon nen, von der CDU-FDP-CSU-Koalition, beschlossen benannt worden sind, in dem Gesetzgebungsverfahren werden soll, politisch, juristisch und moralisch schlicht nicht mehr berücksichtigt werden. Die Bundesregierung und ergreifend falsch ist. war bei der Sitzung des Umweltausschusses am 25. Oktober 2010 ebenfalls nicht in der Lage, angemes- Ich bin in einem kleinen Dorf im Wendland geboren sen auf diese Frage zu antworten. Ich gehe sicher von ei- und aufgewachsen, nicht weit von Gorleben entfernt, ner wettbewerblichen Benachteiligung der Stadtwerke und meine Familie betreibt dort noch immer einen land- aus. Welchen Zweck erfüllen Anhörungen und Gesetz- wirtschaftlichen Betrieb. Ich erwähne das, weil die gebungsverfahren eigentlich, wenn Aspekte, die sich da- Wendländer in den letzten Tagen einen wirklich interes- raus ergeben, keinen Eingang in die Gesetzgebung fin- santen Besuch hatten. Der Bischöfliche Generalvikar den? Dr. Werner Schreer aus meiner Heimatstadt Hildesheim war zu Gast. Sie alle wissen: Der Generalvikar ist nach (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten dem Bischof der ranghöchste Repräsentant der katholi- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) schen Kirche im Bistum. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7215

Brigitte Pothmer (A) Wissen Sie, was Herr Schreer den Leuten im Wend- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) land gesagt hat? Er hat gesagt – ich zitiere –: und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN) Als Christen haben wir den Auftrag, uns um die Be- wahrung der Schöpfung zu bemühen. Sie sollten schon allein um ihrer christlichen Selbstach- tung willen von diesem Atomkurs ablassen. Die Be- Er hat zu bedenken gegeben, dass man die Ängste der schlüsse der Laufzeitverlängerung sind falsch, sie sind Menschen im Wendland ernst nehmen und die mögli- gegen jede Vernunft, und sie sind gegen die Mehrheit der chen Umweltbelastungen – auch für die zukünftigen Ge- Interessen der Bevölkerung. nerationen – im Blick haben muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU, so spricht ein Chris- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Na, na, na! Re- tenmensch. Ich frage Sie: Was symbolisiert eigentlich den Sie nicht so einen Quatsch daher!) noch das „C“ in Ihrem Parteinamen? Meine Damen und Herren von den christlichen Unions- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN parteien, wenn Sie uns Grünen schon nicht glauben, sowie bei Abgeordneten der SPD) dann glauben Sie wenigstens Ihren Kirchenführern. Herr Dr. Schreer hat auch eine 23-seitige Stellung- Abschließend zitiere ich noch einmal Dr. Friedrich nahme beim katholischen Forschungsinstitut für Philo- Weber. sophie Hannover in Auftrag gegeben. Diese Stellung- (Abg. Volker Kauder [CDU/CSU] unterhält nahme lege ich Ihnen ernsthaft ans Herz. In dieser sich mit Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ Stellungnahme heißt es nicht etwa einfach nur, Atom- DIE GRÜNEN) kraft gefährde die Umwelt. Nein, in dieser Stellung- nahme heißt es: Der Weiterbetrieb von AKW ist eine – Herr Kauder, hören Sie mal zu, was Ihre Kirchenleute Verletzung des Gemeinwohls. sagen. – Er sagt: Meine Damen und Herren, wir alle sind gewählt wor- Wir, … die gesamte Kirche, lehnen die Laufzeitver- den, um das Gemeinwohlinteresse im Auge zu behalten längerung ab, weil das Problem der Endlagerung und zu vertreten. Wir sind nicht gewählt worden, um die überhaupt noch nicht geklärt ist. Interessen der Atomlobby zu vertreten. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Das ist eine zentrale ethische Frage. Wir haben bereits KEN – Dr. Bijan Djir-Sarai [FDP]: Das be- genug Atommüll, von dem wir nicht wissen, wohin er (B) stimmen Sie!) kommt, und jetzt kommt noch neuer hinzu … (D) Als Konsequenz aus all diesen Argumenten, die in diesem Papier vorgetragen worden sind, heißt es dann, Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: „dass die Zulässigkeit der friedlichen Nutzung der Frau Kollegin, achten Sie auf die Redezeit. Atomenergie nicht bejaht werden kann“. Setzen Sie sich über diese Argumente, über diese Stellungnahme, bitte Brigitte Pothmer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): nicht einfach arrogant hinweg. Ihre Leute haben das ge- schrieben. Herr Dr. Weber ist nicht nur ein kluger, er ist auch ein sehr verantwortungsbewusster Mann. Ich frage Sie: (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wann kommen Sie zur Vernunft? sowie bei Abgeordneten der SPD) Ich danke Ihnen. Der evangelische Bischof von Braunschweig, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Friedrich Weber, der unmittelbar in der Nähe des Ka- Volker Kauder [CDU/CSU]: Das war auch tastrophenmülls der Asse und von Schacht Konrad arbei- keine persönliche Erklärung! So ein Quatsch!) tet, beantwortete die Frage, was die Kirche zu einem politischen Thema wie der Laufzeitverlängerung zu sa- gen habe. Er sagte: Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Die Kollegin Tabea Rößner hat nun das Wort. Wenn Probleme auftreten, die die Menschen in unse- ren Gemeinden verunsichern, dann müssen wir … (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wie viele kom- Farbe bekennen, zumal bei Projekten, die den so- men denn noch?) zialen Frieden gefährden. Meine Damen und Herren, die Laufzeitverlängerung Tabea Rößner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gefährdet den sozialen Frieden. Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich nehme heute das Recht wahr, eine persönliche Erklä- (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Wenn Sie so rung abzugeben, nicht nur weil die Verlängerung der weitermachen schon!) Laufzeiten von Atomkraftwerken jeglichem Sinn und Verstand widerspricht, Castortransporte gefährden den sozialen Frieden. Ich weiß als gebürtige Wendländerin wirklich, wovon ich (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Ihrem Ver- rede. stand!) 7216 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Tabea Rößner (A) sondern weil sie auch meiner Verantwortung gegenüber von Reststrommengen aus dem stillgelegten AKW Stade (C) meinen Kindern, gegenüber meinen Kindeskindern und wurde die Betriebserlaubnis bis heute gerettet. auch dem mehrheitlichen Willen der Bevölkerung sowie meiner Wählerinnen und Wähler widerspricht. Darum Diese Strategie soll jetzt nach Ihrem Willen satte werde ich hier und heute gegen die vorgelegte Atomge- Früchte tragen. Eine acht Jahre längere Laufzeit würden setznovelle stimmen. RWE Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe bringen. Ob es zu Nachrüstungen beim völlig inakzeptablen Sicher- (Volker Kauder [CDU/CSU]: So ein Quatsch! heitszustand kommt, steht dagegen völlig in den Sternen. Woher wissen denn Sie das?) (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Gesetz!) – Herr Kauder, Sie können mir glauben, dass ich mit meinen Wählerinnen und Wählern in Kontakt stehe. Ein derart unsicherer Reaktor wie Biblis A muss sofort abgeschaltet werden. Jede Verlängerung der Laufzeit ist (Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber das sind aus meiner Sicht unverantwortlich. keine 50 Prozent! Das ist aber nicht die Mehr- heit, meine gute Frau! – Weitere Zurufe von (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ der CDU/CSU) DIE GRÜNEN und der SPD) Ich stimme gegen die Laufzeitverlängerung, weil ich Die Menschen, die in der Region leben, wollen ihre für eine verantwortungsvolle Politik stehe, für die mich strahlenden Nachbarn auf jeden Fall loswerden. Denken viele Menschen in Rheinland-Pfalz gewählt haben. Auch Sie daran, wer in den vergangenen Wochen und Monaten wenn in Rheinland-Pfalz selbst kein Atomkraftwerk am auf die Straße gegangen ist und an den Demonstrationen Netz ist, so liegt mein Wahlkreis in direkter Nachbar- gegen Atomkraft teilgenommen hat. Ob es in Berlin war, schaft zum Atomkraftwerk Biblis. Das sind keine in Gorleben oder bei mir zu Hause: So bunt gemischt 20 Kilometer Luftlinie von meinem Heimatort. war die Atomkraftbewegung noch nie. Aber in einem waren sich alle einig: Sie wollen in diesem Land keine Die beiden Reaktoren Biblis A und B gehören zu den Atomkraft. Wenn Sie, sehr verehrte Damen und Herren ältesten in Deutschland. Biblis A ist bereits 1974 ans der Koalitionsfraktionen, dieses Gesetz heute beschlie- Netz gegangen. Nach der geplanten Gesetzesnovelle soll ßen, dann wird – das garantiere ich Ihnen – auch Sie nie- Biblis mindestens acht Jahre länger in Betrieb sein – und mand mehr wollen. dies, obwohl Studien insgesamt 80 Sicherheitsdefizite aufzeigen. Bereits jetzt gehören die Reaktoren in Biblis Ich appelliere daher an Sie: Nehmen Sie diese Geset- zu den störanfälligsten. In der Pannenbundesliga ist zesvorlagen zurück und machen Sie endlich den Weg Biblis A der unangefochtene Rekordmeister. Es gab ins- frei für den konsequenten Ausbau erneuerbarer Ener- (B) gesamt über 400 meldepflichtige Zwischenfälle. Die gien! (D) Verlängerung der Laufzeiten bedeutet mindestens acht Vielen Dank. Jahre weiter Pleiten, Pech und Pannen, acht Jahre, in de- nen die Pannenreaktoren wie ein radioaktiv strahlendes (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Damoklesschwert über uns hängen. sowie bei Abgeordneten der SPD) Zudem sind die Reaktoren in Biblis gegen Störfälle schlechter geschützt als andere. Meine Kollegin Maisch Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: hat auch dies eben schon erwähnt. Bei einem Flug- Nun hat die Kollegin Dorothea Steiner das Wort. zeugabsturz – der Frankfurter Flughafen liegt in unmit- telbarer Nähe – hätten wir in Rheinland-Pfalz ganz Dorothea Steiner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): schlechte Karten. Laut Öko-Institut wäre eine großflä- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich chige Zerstörung des Reaktorgebäudes zu befürchten. möchte kurz erklären, warum ich gegen die elfte Atom- Die Folge – wir kennen das – wäre eine Kernschmelze, gesetznovelle stimmen werde, die eine Laufzeitverlän- und ein Gebiet von 10 000 Quadratkilometern würde zur gerung für alle Atomkraftwerke in Deutschland vorsieht. Katastrophenzone. Ich bin auch deswegen von der Laufzeitverlängerung persönlich betroffen, weil sich in meiner Region und Mit den Atomgesetzen gefährden Sie, sehr verehrte meinem Bundesland das Atomkraftwerk Unterweser be- Damen und Herren der Koalition, das Leben der Men- findet, das besonders viele Mängel aufweist. Je älter die schen aus dieser Region. Meiler, desto größer die Störanfälligkeit; da kann der (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ Bundesumweltminister über Sicherheit philosophieren, DIE GRÜNEN) so lange er will. Wollen Sie wirklich eine solch riesige Verantwortung Schon heute kommt es alle zweieinhalb Tage zu einer übernehmen? meldepflichtigen Betriebsstörung in einem deutschen Atomkraftwerk. Für mich gehört das Atomkraftwerk (Volker Kauder [CDU/CSU]: Das haben wir Unterweser zu den sieben Atomreaktoren, die sofort schon!) stillgelegt werden müssten. Für mich ist es unverant- Biblis A wäre, wenn sich der Betreiber RWE dem be- wortlich, die Bevölkerung, unsere Umwelt und uns alle schlossenen und mitgetragenen Atomkonsens verpflich- diesem immensen Risiko auszusetzen, das von der län- tet gefühlt hätte, längst stillgelegt. Nur durch künstliche geren Betriebsdauer des AKW Unterweser ausgeht, und Drosselung, fragwürdige Revision und die Übertragung das nur, um die Profite von Eon zu erhöhen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7217

Dorothea Steiner (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN abschalten, aber auf keinen Fall eine Laufzeitverlänge- (C) sowie bei Abgeordneten der SPD) rung! Das AKW Unterweser, auch Esenshamm genannt, (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN wird von der Eon Kernkraft GmbH betrieben und ging sowie bei Abgeordneten der SPD) 1978 ans Netz. Das war damals mit einer elektrischen Leistung von 1 400 Megawatt der leistungsstärkste Re- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: aktor der Welt. Nun erhält das Wort der Kollege Marco Bülow. Seit seiner Inbetriebnahme gab es 330 meldepflich- tige Zwischenfälle in diesem AKW. Das sind circa zehn (Beifall bei der SPD) pro Betriebsjahr. Ich will auf zwei oder drei dieser Zwi- schenfälle besonders hinweisen. Marco Bülow (SPD): Bereits 1998 kam es zu einer ernsten Störung, als sich Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Ich bin zwei Sicherheitsventile während einer Reaktorschnellab- der Meinung, dass man mit persönlichen Erklärungen schaltung nicht öffneten. Diese Sicherheitsventile, die – vor allem mit mündlichen – sparsam umgehen sollte. der Reaktorkühlung und somit der Reaktorsicherheit Aber es handelt sich in diesem Fall um ein sehr weitrei- dienten, funktionierten offenbar über längere Zeit nicht. chendes und wichtiges Gesetzespaket, das erheblichen Das wurde erst spät bemerkt. Einfluss auf die Zukunft unserer Energieversorgung ha- ben wird und welches durch die Atomlaufzeitverlänge- 2005 gab es einen Kurzschluss im zuvor eingebauten rung uns und den nachfolgenden Generationen willkür- Generator. Das AKW musste mehrere Monate vom Netz lich zusätzlichen hochgiftigen Atommüll beschert und getrennt werden. uns unkalkulierbaren Gefahren aussetzt. Im Juli 2007 wurde festgestellt, dass seit der Jahresre- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Auf keinen Fall vision 2006 das Not- und Nachkühlsystem falsch einge- willkürlich!) stellt war. Das heißt, bei einem Störfall hätte dieser Strang nicht ausreichend kühlen können. Ich erkläre hiermit meine entschiedene Missbilligung Gleichzeitig möchte ich noch einmal auf etwas hin- des Gesetzgebungszeitplans der Koalitionsfraktionen, weisen, was mich sehr betroffen macht: Im AKW Unter- der fehlenden Möglichkeit einer ausführlichen Befra- weser wurde lange Zeit mit plutoniumhaltigen Misch- gung der Bundesregierung und der unzureichenden Aus- oxidbrennelementen gearbeitet. 2000 wurde aufgedeckt, sprache über dieses zentrale politische Thema. Herr dass systematisch Sicherheitsdokumente für die im briti- Bundesminister, es ist richtig, dass Sie zu der Vertrags- (B) (D) schen Sellafield hergestellten Brennelemente gefälscht staatenkonferenz nach Japan gefahren sind. Aber es war worden waren. „Unterweser“ war betroffen, und so nicht so zwingend, dass wir nicht nächste Woche mit Ih- mussten alle Brennelemente ausgetauscht werden. Wer nen vernünftig hätten diskutieren können und nicht nur sagt mir denn, dass nicht noch an anderen Stellen ge- mit Vertretern des Ministeriums. fälscht worden ist und Dokumente unterdrückt worden (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten sind? des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber eine Zudem habe ich in den Gesetzesberatungen in den Unterstellung!) letzten Tagen und Wochen den Eindruck gewonnen, dass – Ich habe eine Frage gestellt, mehr nicht. meine Rechte als Abgeordneter und die Rechte der Op- position insgesamt deutlich beschnitten wurden. Auf der (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- einen Seite hat sich die Regierung viele Monate Zeit ge- NEN]: Leider haben sich alle Unterstellungen nommen, um mit Atomkonzernen ein Gesetz auszuhan- immer als wahr erwiesen!) deln. Auf der anderen Seite wird dieses Gesetz ohne Nach dem Atomausstiegsbeschluss von Rot-Grün Beteiligung des Bundesrates und ohne ausreichende Dis- würde dieser Reaktor voraussichtlich im Herbst 2011 kussion innerhalb von einem Monat durch den Bundes- stillgelegt werden. Jetzt soll er nach dem Willen der Ko- tag gepeitscht. Die Lobby wurde ausreichend bedient. alition noch bis 2020 in Betrieb bleiben. Ich kann das Die gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter nicht verantworten. Ich finde das unverantwortlich. Des- und damit die Bevölkerung sollen aber außen vor gehal- wegen stimme ich gegen die Laufzeitverlängerung, ins- ten werden. Das dürfen wir so nicht hinnehmen. besondere gegen die Laufzeitverlängerung für diesen Die Beratungen im Umweltausschuss waren eine Pannenreaktor. Farce und der Dimension und Wichtigkeit des Themas Ich möchte Sie noch auf eines aufmerksam machen. nicht angemessen. Einer zeitlich viel zu knapp bemesse- Was, glauben Sie, wird in den nächsten rund zehn Jahren nen Anhörung folgten zwei Sonderausschusssitzungen, passieren, die Sie diesem Reaktor noch geben? Der Kli- in denen die Regierungsfraktionen ihr Mehrheitsrecht mawandel hat gerade an der Nordseeküste schon genü- überstrapaziert haben und nur eine Diskussionsrunde zu gend Sturmfluten erzeugt; diese werden sich häufen. dem gesamten Themenkomplex zugelassen haben. Das Was wird passieren, wenn sich die Pannen, die ich auf- muss man sich einmal vorstellen. Dabei dürfen wir sonst gezählt habe, vervielfachen werden und Sturmfluten hin- über alle möglichen Dinge – Gott sei Dank – in ausgiebi- zukommen? Das ist ein Grund mehr, zu sagen: Sofort ger Breite diskutieren. 7218 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Marco Bülow (A) (Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Es geht hier aber nicht nur um verschiedene politische (C) NEN]: Hört! Hört!) Vorstellungen, sondern darum, dass es nicht sein darf, dass viele aufgeworfene Fragen unbeantwortet bleiben. Es konnten nur fünf Abgeordnete jeweils eine kurze In diesem Gesetz geht es schließlich um die Sicherheit Stellungnahme zu dem Gesetz abgeben und gleichzeitig der Bürgerinnen und Bürger. Es geht um die Frage, ob Fragen an die Bundesregierung stellen, Fragen, die in wir die Energiewende hin zu den erneuerbaren Energien keiner Weise von der Bundesregierung beantwortet wur- fortsetzen oder auf die alten Energiestrukturen setzen den. So wurde beispielsweise keine meiner Fragen, die wollen, welche die Oligopolstrukturen von einigen we- sich durch die Anhörung, die erst letzte Woche stattge- nigen Energieunternehmen stärken und die erneuerbaren funden hat, ergeben haben und in denen ich die Aussa- Energien ausbremsen. Es geht um die Frage, ob wir ge- gen von Sachverständigen zitiert habe, in der Ausschuss- fährlichen Atommüll vermeiden wollen oder zusätzli- sitzung beantwortet. Was nutzt eine Anhörung, wenn die chen Müll anhäufen werden, obwohl wir kein Endlager Mehrheitsfraktionen die Aussagen der Experten ignorie- besitzen. Es geht um die Frage, ob wir alte, marode ren und die sich daraus ergebenden Fragen nicht zuge- Kraftwerke bald abschalten oder länger laufen lassen, lassen werden? sodass die Gefahren von Pannen und Unfällen steigen und auch der Super-GAU wahrscheinlicher wird. – Ich Meiner Ansicht nach ist nicht nur der Stil unangemes- komme zum Schluss. sen. Vielmehr wurden auch meine Rechte als Abgeord- neter beschnitten. Ausgehend von § 31 der Geschäfts- Die jetzige Regierung will einen Kompromiss, den ordnung des Deutschen Bundestags in Verbindung mit die damalige rot-grüne Bundesregierung ausgehandelt § 74, wollte ich in der Sitzung des Umweltausschusses hat, auflösen und riskiert dabei einen langen Rechtsstreit mein Recht in Anspruch nehmen – ich bin ordentliches und heftige Gegenreaktionen, die auch auf der Straße Mitglied dieses Ausschusses –, eine persönliche Erklä- ausgetragen werden. rung abzugeben. Dieses wurde mir mit der einfachen In meiner politischen Laufbahn und acht Jahren Bun- Mehrheit des Ausschusses, der Regierungsfraktionen, destag habe ich solche Sitzungen wie im Umweltaus- aberkannt, obwohl das nach § 126 der Geschäftsordnung schuss noch nicht erlebt. Ich finde es fast ein Wunder, nur mit Zweidrittelmehrheit – das ist die einzige Aus- dass wir heute unsere persönlichen Erklärungen dann nahme – möglich ist. Das heißt, es wurden mit einfacher doch noch mündlich hier abgeben dürfen. Mehrheit Geschäftsordnungsrechte verändert. Das ist gegen alle Gesetzmäßigkeiten dieses Parlamentes und Vielen Dank. beschneidet meine Rechte. Dagegen sollten wir uns wehren. (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE (B) GRÜNEN und der LINKEN – Zuruf von der (D) (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE CDU/CSU: Wenn es denn eine persönliche Er- GRÜNEN und der LINKEN) klärung gewesen wäre! – Volker Kauder [CDU/CSU]: Warum waren Sie denn eigent- Viele weitere Abgeordnete sind in der Sitzung nicht lich nicht bei der Anhörung? – Marco Bülow mehr zu Wort gekommen, obwohl keine zeitliche Not [SPD]: Weil meine Frau im Krankenhaus liegt! besteht, diese Woche die Beratungen abzuschließen, Soll ich das genauer schildern, was passiert ist, sondern wir auch in der nächsten Sitzungswoche noch warum ich nicht da war, wenn Sie solche Fra- weiter hätten diskutieren können. gen hier stellen? Das ist unglaublich, unmög- lich! – Gegenruf von der CDU/CSU: Das Die Bundesregierung hat aus den Diskussionen in kommt davon, wenn man hier so einen Kla- Stuttgart nichts gelernt. Sie will die Entscheidung im mauk abzieht!) Bundestag nicht nur über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger, sondern mittlerweile sogar über die Köpfe der Parlamentarier hinweg fällen und die Verlängerung der Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Atomlaufzeiten einfach mit Mehrheit ohne parlamentari- Das Wort hat jetzt die Kollegin Daniela Wagner. sches Verfahren durchpeitschen. (Marco Bülow [SPD], begibt sich zu Abg. Die Fraktionen von Union und FDP, der auch Sie an- Volker Kauder [CDU]: Meine Zwillinge wären gehören, spielen dieses Spiel mit und nutzen ihre Mehr- fast gestorben, deswegen war ich nicht da! heit, ohne das Parlament in voller Angemessenheit zu Meine Kinder sterben fast, und dann muss ich berücksichtigen mir so etwas anhören!) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sie waren gar – Das Wort hat die Kollegin Daniela Wagner. nicht bei der Anhörung! Wo waren Sie denn (Ulrich Kelber [SPD] an den Abg. Volker bei der Anhörung?) Kauder [CDU] gewandt: Sie haben keinen menschlichen Anstand, kein bisschen! – Wei- und die nötige Beratungszeit einzuräumen. Dies ist ein terer Zuruf von der SPD an den Abg. Volker weiteres Beispiel dafür, dass die Fraktionen von Union Kauder [CDU] gewandt: Entschuldigen sollten und FDP hauptsächlich die Funktion der Erfüllungsge- Sie sich!) hilfen der Regierung übernehmen. Das widerspricht zu- tiefst meinem Demokratieverständnis. – Frau Wagner, bitte sehr, Sie haben das Wort. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7219

(A) Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): erstrecken könnten. Dem ist nicht mehr sehr viel hinzu- (C) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch diese zufügen. Szene hier macht deutlich, was wir uns alle gemeinsam Lassen Sie mich noch einen Darmstadt-spezifischen hätten ersparen können, würde man auf die Verlänge- Aspekt hinzufügen. Unser kommunales Energieversor- rung der Restlaufzeiten der deutschen AKW verzichten. gungsunternehmen, übrigens der größte Ökostromanbie- Ich möchte mich persönlich dazu erklären, warum ich ter bundesweit, hat wie viele andere kommunale Unter- gegen die elfte Atomgesetznovelle stimme und eine nehmen im Vertrauen auf die Verbindlichkeit des bisher Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke in Deutsch- geltenden Atomkonsenses gehandelt und entsprechende land ablehne. Investitionen auf den Weg gebracht. Das Ziel der Lauf- zeitverlängerung hat dazu geführt, Neuinvestitionen auf Ich sehe mich im Besonderen betroffen, sowohl per- den Prüfstand zu stellen. Ein erneuter Strategiewechsel sönlich als auch als Vertreterin der Bürgerinnen und Bür- der regionalen EVU und insbesondere unseres EVU ger meiner Stadt. Die Stadt Darmstadt liegt in der Re- schadet wirtschaftlich unmittelbar auch der Stadt Darm- gion Südhessen nur 30 Kilometer von dem Uralt-AKW stadt, weil die Wirtschaftlichkeit der Investitionen nicht Biblis entfernt. Dort in Biblis stehen zwei der ältesten mehr gegeben ist. Auch das wird sich zum Beispiel in Kraftwerke der Bundesrepublik Deutschland, nämlich kommunalen Haushalten durch verringerte oder ausblei- Biblis A und Biblis B, 35 und 33 Jahre alt. Beide weisen bende Dividendenausschüttungen zeigen. erhebliche Sicherheitsmängel auf, und weitere Betriebs- jahre, dann weit über 40 Jahre Gesamtbetriebszeit, sind Aus diesem Grund ist es auch wirtschaftlich abstrus, wahrlich ein abenteuerliches Experiment, das Sie da vor- gefährlich und gesellschaftsspaltend – es bringt Men- haben. schen gegeneinander auf –, wegen einer Angelegenheit, die längst schiedlich-friedlich gelöst worden ist – man (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ hatte sich wirklich auf einen Weg geeinigt, den am Ende DIE GRÜNEN) alle mittragen konnten –, so vorzugehen. Diese Verstän- Seit Inbetriebnahme kam es in Biblis A zu 419 und in digung opfern Sie abstrusen, einseitigen Renditeerwar- Biblis B zu 415 meldepflichtigen Ereignissen. Am tungen der großen vier Kernenergieanbieter. Es ist ein- 17. Dezember 1987 kam es beinahe zu einem GAU. Das fach vollkommen verkehrt, was Sie hier vorhaben. letzte meldepflichtige Ereignis geschah am 16. Oktober Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. 2006 und führte zu einer außerplanmäßigen Abschaltung der Blöcke A und B. Ursache dafür waren übrigens nicht (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spezifikationsgerechte Dübelverbindungen an Rohrlei- sowie bei Abgeordneten der SPD) tungshalterungen. Es stellte sich heraus – man glaubte es (B) (D) damals kaum –, dass alle 15 000 Spezialdübel von Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Biblis A und B ersetzt werden mussten. Die Störfallbe- Der Kollege Hans-Christian Ströbele ist nun der herrschung ist nicht sichergestellt, weil unter anderem nächste Redner. ein unabhängiges Notkühlsystem fehlt. Das AKW ist ge- gen Erdbeben und Druckwellen von außen, zum Beispiel Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE durch Explosion, weit weniger geschützt, als es nach GRÜNEN): dem Stand der Technik heute möglich wäre und als es Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dem Stand der Technik entspricht. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Lieber Erschwerend kommt hinzu, dass Biblis A nicht über Herr Ströbele!) ein dem Stand der Technik entsprechendes unabhängiges verbunkertes Notstandssystem verfügt. Niemand von Die Koalition will gleich, in wenigen Minuten, gegen uns wollte mit einem Auto vergleichbaren Alters und in den Willen der großen Mehrheit der wahlberechtigten vergleichbarem technischen Zustand heute noch mit deutschen Bevölkerung ein Gesetz verabschieden. 180 Stundenkilometern auf der Autobahn herumrasen. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD) sowie bei Abgeordneten der SPD) Zu dieser Mehrheit der Bevölkerung gehören viele Wäh- Auch sind die Notfallpläne für das AKW Biblis unzu- lerinnen und Wähler der CDU und der CSU. Das kann reichend. Während der letzten Überarbeitung der Not- man allen Umfragen entnehmen. Ich fühle mich verant- fallpläne 2008 durch RWE und die Landesbehörden sind wortlich für das ganze deutsche Volk und vor allen Din- die neuen Erkenntnisse einer Studie des Öko-Instituts gen für seine Mehrheit. aus 2007 nicht berücksichtigt worden. Der Verdacht liegt (Zuruf von der CDU/CSU: Kreuzberg!) nun nahe, dass der mögliche Radius einer Katastrophe bewusst kleingehalten worden ist, um die anliegenden Ich habe vor der Wahl an die Wählerinnen und Wähler in Großstädte wie Frankfurt und Mannheim in die Evakuie- dem Wahlkreis, in dem ich kandidiert habe, einen Brief rungsszenarien nicht einbeziehen zu müssen. Die Studie geschrieben. In diesem Brief habe ich mehrfach mühsam des Öko-Instituts hat darüber hinaus gezeigt, dass die ge- erläutert, warum das Gesetz, das Sie ändern wollen, das mäß Strahlenschutzvorschriften zu evakuierenden Berei- richtige und einzig mögliche gewesen ist, nämlich der che sich bis zu 600 Kilometer und damit je nach Wind- Atomausstieg. Die Wählerinnen und Wähler haben mir richtung bis nach Berlin, München oder Hamburg ihre Stimme gegeben. Daher kann ich jetzt nicht anders 7220 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Hans-Christian Ströbele (A) stimmen. Aus Überzeugung – weil die Gründe mich über- Ich möchte Sie vor allem an Ihre Verantwortung ge- (C) zeugen, aber auch, weil meine Wählerschaft das will – genüber der regionalen Wirtschaft erinnern. Ich will Ih- stimme ich gegen dieses Gesetz. nen ins Bewusstsein rufen, dass Hunderte von Stadtwer- ken über 240 000 Menschen beschäftigen und fast (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) 6,5 Milliarden Euro in ihren Regionen – auch da, wo Sie Es gäbe nur eine Möglichkeit, sich überhaupt zu über- Ihre Wahlkreise haben – investieren. Bitte seien Sie sich legen, ein solches Gesetz zu ändern. Wir erinnern uns an darüber klar, dass besonders die Kommunen weiterhin die Diskussion zu Stuttgart 21. Bei Stuttgart 21 wird da- unter Finanznot leiden. Mit der Laufzeitverlängerung setzen Sie Hunderte Energieversorger – kommunale rüber diskutiert, ob man ein ordnungsgemäß zustande Stadtwerke – weiterhin unter Druck. Für viele lokale gekommenes Gesetz ändern kann oder ob man nicht den Anbieter wird der Wettbewerb noch schwieriger, weil es Willen des Parlaments respektieren und ein Gesetz aus- mit der Laufzeitverlängerung noch weniger Wettbewerb führen muss und nicht später einfach ändern kann. geben wird. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Das hat die Mehr- Viele Stadtwerke sind aktive Klimaschützer. Sie set- heit des Parlaments so beschlossen!) zen auf erneuerbare Energien – auch die Stadtwerke, in Wir vertreten dazu die Auffassung: Auch ordnungs- deren Aufsichtsrat ich bin – und investieren hohe Sum- gemäß zustande gekommene Gesetze und Projekte kann men in eine saubere und zukunftsfähige Energieversor- und muss man ändern, wenn sich die tatsächliche Grund- gung. Die Stadtwerke müssen sich jetzt fragen, ob sie lage entscheidend verändert hat. Aber – ich habe heute mit diesen Investitionen richtig lagen. aufmerksam zugehört – zu dem Atomgesetz hat sich we- Ich will hier vor allem an die Kolleginnen und Kolle- der die tatsächliche noch die Begründungslage in ir- gen in der Koalition appellieren, die wie ich in Auf- gendeiner Weise geändert. Nicht einmal der zuständige sichtsräten sitzen. Mit der heutigen Entscheidung, die Minister Röttgen behauptet, dass Atomkraftwerke heute Sie treffen wollen, sägen Sie an dem Ast, auf dem Sie, sicherer sind als früher. Nicht einmal Herr Kauder be- Ihre Stadtwerke und die Bürgerinnen und Bürger in Ih- hauptet, dass er weiß, wohin der Atommüll gebracht ren Kommunen sitzen. werden kann. Keiner hat behauptet, dass überall in Deutschland die Lichter ausgehen, wenn die Laufzeit der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Atomkraftwerke nicht verlängert wird. Deshalb gibt es Stadtwerke, die auf erneuerbare Energien setzen, wer- überhaupt keinen vernünftigen Grund, an diesem Gesetz den zukünftig weniger davon verkaufen können. Es ist irgendetwas zu ändern, außer dem, der sich aus dem leider nicht so, dass die Atomkraft abgeschaltet wird, Lastwagen mit Euro, von dem hier schon die Rede war, wenn viel Wind weht oder die Sonne besonders intensiv (B) ergibt. Sie wollen – das ist der einzige Grund, den Sie scheint. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wie eine Un- (D) hier nennen können – diesen Lastwagen mit Euro in die tersuchung der Universität zu Köln gezeigt hat, laufen Scheunen der Konzerne einfahren. Das will ich nicht. selbst bei starkem Wind die Atommeiler nicht unter Das wollen wir nicht. Die Wählerinnen und Wähler kön- 70 Prozent ihrer Kapazitäten. Offensichtlich ist es zu nen nicht billigen, dass Sie, um die vier Konzerne immer aufwendig oder zu teuer, die Meiler herunterzufahren. reicher zu machen, den Willen der Bevölkerung miss- Lieber wird der Atomstrom verschenkt und sogar noch achten und die Gesundheit der Bevölkerung aufs Spiel Geld hinterhergeworfen. In der Folge müssen Stadt- setzen. Deshalb werde ich gegen dieses Gesetz stimmen. werke, die mit Windkraft Strom erzeugen, ihre Rotoren Weil das ein Tag zum Trauern ist, habe ich das heute mit herunterregeln, wenn der Atomstrom die Leitungen ver- meiner Kleidung zum Ausdruck gebracht. stopft. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit den heutigen Entscheidungen für längere Laufzeiten schaden Sie Ihrer Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: regionalen Wirtschaft. Schauen Sie sich das wirklich einmal genau an. Unsere Stadtwerke haben auch sauber Es gibt noch drei Kolleginnen und Kollegen, die eine dokumentiert, was dort los ist. Sie zementieren die zen- persönliche Erklärung abgeben werden – nur damit Sie trale Energieversorgung und erfüllen die Wünsche von sich darauf einrichten können. Anschließend werden Ih- vier Quasimonopolisten. Wie Sie das mit Ihrer Verant- nen die Ergebnisse der bisherigen namentlichen Abstim- wortung gegenüber Ihren Stadtwerken in Einklang brin- mungen über die Änderungsanträge bekannt gegeben. gen können, ist mir absolut unverständlich. Unsere kom- Wir können dann die weiteren namentlichen Abstim- munalen Stadtwerke sind heute die großen Verlierer der mungen vornehmen. von Ihnen geplanten Gesetze. Das Wort hat nun die Kollegin Dr. Valerie Wilms. Dank der namentlichen Abstimmung werden wir auch ganz genau wissen, wer sich daran beteiligt, unsere Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Stadtwerke zugrunde zu richten. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- Deswegen fordere ich Sie auf: Nutzen Sie Ihre Mög- gen! Ich werde gegen die Änderungen des Atomgesetzes lichkeiten als frei gewählte Abgeordnete des gesamten stimmen und appelliere aus meiner persönlichen Betrof- Volkes. Stimmen Sie für Ihre Stadtwerke und gegen die fenheit als Aufsichtsrätin von kommunalen Stadtwerken Laufzeitverlängerung. an die Mitglieder der Koalitionsfraktionen: Überdenken Sie wirklich ernsthaft Ihre heutigen Entscheidungen. Danke. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7221

Dr. Valerie Wilms (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (C) sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- KEN) KEN) Nun ist es aber nicht so, dass die Technik schon so Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: weit ist und tatsächlich die ganzen radioaktiven Materia- Nun hat der Kollege Uwe Kekeritz das Wort. lien nach Europa verschickt werden. Vielmehr ist das, was an handelbarem Uran herausgelöst wird, nur ein Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): kleiner Teil. Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- Inzwischen haben sich in Niger über 45 Millionen gen! Ich bin jetzt ungefähr ein Jahr in diesem Hause. Für Kubikmeter – hören Sie gut zu! – radioaktiven Materials mich war das heute der interessanteste Tag. Ich habe hier sehr viel Nachhilfeunterricht bekommen. Man hat mir auf Halden abgelagert, die Wind und Wetter ausgesetzt gesagt, ich hätte eine schlechte Kinderstube, sei flegel- sind. Das seit Jahrtausenden festgesetzte radioaktive haft usw. usf. Das ist alles geschenkt; wir vergessen es Material liegt nun in pulverisierter Form offen da. Sie einfach. wissen – die Münchener können Ihnen ein Lied davon singen –, es kommt gar nicht selten vor, dass man in Ich finde es aber unerträglich, dass sich ein Kollege München Saharastaub findet. Der Staub, der in Niger hier hinstellt und die Grünenfraktion, direkt oder indi- liegt, wird durch Wind und Wetter in der Gegend ver- rekt, in die Nähe der Nazis stellt. Das halte ich für eine breitet. Das ist unverantwortlich. Die Menschen – Ute Unmöglichkeit. Ich fordere den Kollegen auf, sich hier Koczy hat es vorhin berichtet – nehmen diese radioakti- klar und deutlich dafür zu entschuldigen. ven Partikel über die Luft auf. Es kommt zur materiellen Strahlung. Das bedeutet früher oder später den sicheren (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Krebstod. KEN – Zurufe von der CDU/CSU) Unsere Atomenergie stellt somit eine Missachtung – Doch, ich erkläre Ihnen schon noch etwas. der Lebensrechte der Bevölkerung in Niger dar. Unsere Atomenergie ist für schwere Menschenrechtsverletzun- Frau Präsidentin, Sie wollten eine persönliche Be- gen verantwortlich. Ich kann Ihnen diese vier Menschen- gründung für die Ablehnung haben. Ich habe 27 und rechtsverletzungen nennen: Es ist das Menschenrecht wähle eine davon aus. Meine These lautet: Atomstrom auf körperliche Unversehrtheit verletzt. Es ist das Men- ist ein ganz klarer Verstoß gegen das Menschrecht. (B) schenrecht auf Eigentum verletzt; denn die Bauern (D) werden von ihrer Fläche vertrieben. Es ist das Men- (Lachen bei der FDP) schenrecht auf eine gesunde, intakte Umwelt verletzt. – Es ist schön, dass Sie lachen; denn es zeigt mir, dass Selbstverständlich ist auch das Menschenrecht auf Sie zuhören. Bleiben Sie dabei, und hören Sie weiter zu; Selbstbestimmung verletzt; denn diese Menschen wer- dann können Sie jetzt noch etwas lernen. den nicht gefragt, ob sie einen Uranabbau haben wollen oder nicht. Im Niger wird seit 40 Jahren Uran gefördert. Auf- grund des Exports des Urans müssten die Menschen dort Sie wissen – ich habe es bereits gesagt –, dass der eigentlich eine finanzielle und materielle Basis haben, Uranabbau bei vielen Menschen zu einem qualvollen, die ihnen ein angemessenes Leben ermöglicht. Was ist langsamen Krebstod führt. Ursache dafür ist unsere un- aber Tatsache? Der Export von Uran hat diese Menschen verantwortliche Atompolitik. Wir haben längst die Alter- arm gemacht. Die Menschen sind von ihrem Land ver- nativen aufgezeigt. Sie aber weigern sich, diese Alterna- trieben worden. Man hat ihnen die Lebensgrundlage, tiven umzusetzen. Deswegen tragen wir heute ganz nämlich eine kleine Landwirtschaft, zerstört. Sie haben bewusst Schwarz. Es ist nämlich ein Trauertag. Sie wer- davon gelebt. Sie wissen, dass auch die sozialen Struktu- fen die Republik in ihrer Geschichte 30 Jahre zurück. ren zerfallen, wenn eine Familie kein Einkommen mehr Darum kann man diesem Gesetz nicht zustimmen, man hat. Das geringe Einkommen ist also weg. Und was ist muss es ablehnen. der Hintergrund? Wir in Europa brauchen das Uran für unsere Atomkraftwerke. Danke schön. Die Uranproduktion – hören Sie bitte zu! – erfolgt auf (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einer Fläche von mehreren Hundert Quadratkilometern. sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- Das Uran wird durch Herauslösen aus gigantischen Erd- KEN) massen gewonnen, verbunden mit einem gigantischen Wasserverbrauch. Der Niger hat dieses Wasser über- haupt nicht, sondern das Wasser wird aus den Millionen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Jahre alten unterirdischen Seen abgepumpt. Der Wasser- Der Kollege Hans-Josef Fell hat das Wort zu einer bestand nimmt dramatisch ab. Ich bin der Meinung: persönlichen Erklärung. Wenn das Wasser schon verbraucht wird, dann sollte es von den Menschen und Tieren verbraucht werden, aber (Wolfgang Zöller [CDU/CSU]: Der hat doch nicht dafür, dass wir hier in Europa Atomstrom haben. schon zweimal geredet!) 7222 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Hans-Josef Fell (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): gekämpft. Ich war verantwortungsvoll und habe immer (C) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und gesagt: Wir wollen Alternativen. Schon als Kommunal- Herren! Ich stimme gegen die elfte und zwölfte Atomge- politiker habe ich mich für kommunale Regelungen setznovelle und auch gegen das Energiekonzept dieser eingesetzt – sie waren erfolgreich –, die den Ausbau er- Bundesregierung, weil ich persönlich von all diesen Ge- neuerbarer Energie vorangetrieben haben. Diese Erfah- setzesänderungen betroffen bin. Dies möchte ich hier rungen auf kommunaler Ebene haben mich in die Lage zum Ausdruck bringen. versetzt, 1999 im Bundestag Eckpunktepapiere zu for- mulieren und den Entwurf eines Gesetzes mitzuformu- Mein Wohnhaus liegt Luftlinie nur 26 Kilometer vom lieren, das Möglichkeiten zum Ausbau der erneuerbaren Atomkraftwerk Grafenrheinfeld entfernt. Bei normalem Energien schafft: das Erneuerbare-Energien-Gesetz, das Wetter kann ich die Dampfwolken sehen, die in diesem mit großer Unterstützung der grünen Bundestagsfrak- unsinnigen Kraftwerk mit Wärmevernichtung erzeugt tion, der Fraktion der SPD, der damaligen Minister und werden. anderer gegen Ihren Widerstand und Ihre Ablehnung Aber viel schlimmer: Es war ein Desaster, was die durchgesetzt wurde. Dieses Gesetz hat zur Schaffung deutsche Bundesregierung in den 80er-Jahren nach dem von 340 000 Arbeitsplätzen geführt. Tschernobyl-Unfall gemacht hat; denn sie konnte die (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ Bevölkerung nicht einmal darüber informieren, welche DIE GRÜNEN und der SPD) Auswirkungen dieser Unfall hatte, und sie hat auch keine Messdaten oder andere Informationen herausgege- Ich will in diesem Zusammenhang vor allem die Un- ben. Deshalb habe ich Geld in die Hand genommen und terstützung meines Freundes Hermann Scheer heraus- eine eigene Radioaktivitätsmessstation in meinem Haus stellen, dessen Tod wir heute gedacht haben. Sein Tod installiert. Ich habe dies zusammen mit anderen getan, macht mich sehr traurig. Er ist viel zu früh von uns ge- die in einem Netzwerk eine private Messnetzorganisa- gangen. Ohne ihn hätten wir das nicht geschafft. Auch tion aufgebaut haben. Ich gebe Ihnen gern die Protokolle deswegen bin ich dankbar. über diese Messnetze aus den letzten 20 Jahren. Sie sind lückenlos vorhanden. Wir können in aller Klarheit nach- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, weisen: Auch im Normalbetrieb kommen radioaktive bei der SPD und der LINKEN) Emissionen aus dem Kraftwerk Grafenrheinfeld und Ich bin persönlich betroffen. Heute habe ich wieder auch aus anderen Kraftwerken. Ja, sie sind im Rahmen Briefe aus meinem Wahlkreis und aus der ganzen Bun- der gesetzlich erlaubten Grenzwerte. Aber das beruhigt desrepublik Deutschland bekommen, in denen ich ge- mich überhaupt nicht. Ich habe bereits in den 70er-Jah- fragt werde, was denn das Energiekonzept der Bundes- ren als Student der Physik gelernt – das haben die neues- (B) regierung für die betroffenen Menschen bedeuten soll. (D) ten Untersuchungen über die Auswirkungen von niedrig Sie fürchten um ihre Arbeitsplätze; sie fürchten, dass es radioaktiver Strahlung längst bestätigt –: Es gibt keinen mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien nicht mehr Schwellenwert, unterhalb dessen Krebsgefahren ausge- so weitergeht wie bisher. Für die Laufzeitverlängerung schlossen werden können. werden Hunderttausende Arbeitsplätze geopfert und ge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fährdet. Somit ist die zusätzliche radioaktive Strahlung dieser Ich kann das, was Sie hier vorlegen, nicht mittragen. Kraftwerke auch im Normalbetrieb eine Gesundheitsge- Es ist unverantwortlich im Hinblick auf den Klima- fährdung; das ist längst nachgewiesen. schutz, die Umwelt und die Gesundheit unserer Bevöl- kerung. Darum kann ich nur darum bitten: Hören Sie Ich bin persönlich betroffen, weil ich viele Bürger- auf! Kehren Sie auf Ihrem Irrweg um! Es ist Zeit, dass briefe aus der Umgebung von Grafenrheinfeld erhalte, Sie endlich ernsthaft die erneuerbaren Energien aus- mit denen sich Eltern bittend an mich wenden: Helfen bauen. Das geht nur ohne eine Verlängerung der Lauf- Sie mit, dass diese Kraftwerke endlich abgeschaltet wer- zeiten von Atomkraftwerken. den! Ich muss fürchten, dass mein Kind wegen der Strahlung dieser Kraftwerke an Leukämie erkrankt ist. – (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Andere junge Eltern haben mir geschrieben: Wir müssen und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der fürchten, dass unsere Kinder gefährdet sind. LINKEN) Die Mainzer Kinderkrebsstudie hat in aller Deutlich- keit nachgewiesen, dass es in der Umgebung von Kern- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: kraftwerken erhöhte Leukämieraten gibt. Ich halte es Ich gebe jetzt die von den Schriftführerinnen und deshalb für nicht verantwortbar, den Normalbetrieb von Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentli- Kernreaktoren aufrechtzuerhalten, ganz zu schweigen chen Abstimmungen bekannt. Ich komme zunächst zu von den anderen problematischen Aspekten der Kern- den Einzelabstimmungen. kraft: Atommüll, radioaktive Verseuchungen in Uran- Zum Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung bergbaugebieten und anderes. des Atomgesetzes – Drucksachen 17/3051, 17/3409 Ich will Ihnen einen zweiten persönlichen Grund mit- und 17/3453 – gab es den Änderungsantrag der Abge- teilen, der mich dazu treibt, Ihre rückwärtsgewandte ordneten Sylvia Kotting-Uhl, Bärbel Höhn, Hans-Josef Energiepolitik nicht mitzutragen. Ich habe immer gegen Fell, Oliver Krischer und weiterer Abgeordneter der Laufzeitverlängerungen, gegen die Atomkraft an sich Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3486. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7223

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Abgegeben wurden 598 Stimmen. Mit Ja haben ge- sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- (C) stimmt 274, mit Nein haben gestimmt 320; den 597 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 273, mit Nein 4 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Damit haben gestimmt 324. Der Änderungsantrag ist ebenfalls ist der Änderungsantrag abgelehnt.1) abgelehnt.8) Ergebnis der Abstimmung über den Änderungsantrag Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- der Kolleginnen und Kollegen Kotting-Uhl, Höhn, Fell, gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Krischer und weiterer Abgeordneter der Fraktion sache 17/3494 zum selben Gesetzentwurf, Druck- Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3487 zur sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- zweiten Beratung des Gesetzentwurfes der Fraktionen der den 606 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 278, mit Nein CDU/CSU und FDP, Drucksachen 17/3051, 17/3409, und haben gestimmt 328. Der Änderungsantrag ist abge- 17/3453. Abgegebene Stimmen 596. Mit Ja haben ge- lehnt.9) stimmt 272, mit Nein haben gestimmt 324. Der Ände- rungsantrag ist abgelehnt.2) Letzter Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kollegen und weiterer Abgeordneter der Fraktion Bünd- Änderungsantrag der Abgeordneten Kotting-Uhl, nis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3495 zur zweiten Höhn, Fell, Krischer und weiterer Abgeordneter der Frak- Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/ tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3488 zum CSU und der FDP, Drucksachen 17/3051, 17/3409 und selben Gesetzentwurf, Drucksachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wurden 597 Stimmen. Mit Ja haben 17/3453. Abgegeben wurden 599 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 273, mit Nein haben gestimmt 323. Es gab gestimmt 277, mit Nein haben gestimmt 322. Damit ist eine Enthaltung. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.10) der Änderungsantrag ebenfalls abgelehnt.3) Ich komme jetzt zum Ergebnis der auf dem Stimmzet- Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- tel gebündelten Abstimmungen. Die Schriftführerinnen gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- und Schriftführer haben mir mitgeteilt, dass sich nach sache 17/3489 zum selben Gesetzentwurf, Druck- der Sichtung der Stimmzettel zu den Anträgen auf den sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- Drucksachen 17/3496 bis 17/3499, 17/3527 und 17/3539 den 601 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 274, mit Nein sowie 17/3531 bis 17/3538 eine Mehrheit von Neinstim- haben gestimmt 327. Der Änderungsantrag ist abge- men ergeben hat. Damit sind diese Änderungsanträge lehnt.4) ebenfalls abgelehnt. Das detaillierte Ergebnis der na- mentlichen Abstimmungen wird später veröffentlicht.11) Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetz- (B) sache 17/3490 zum selben Gesetzentwurf, Druck- entwurf in der zweiten Lesung. Ich bitte diejenigen, die (D) sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- dem Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des den 597 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 272, mit Nein Atomgesetzes zustimmen wollen, um das Handzeichen. – haben gestimmt 325. Der Änderungsantrag ist ebenfalls Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Damit ist der abgelehnt.5) Gesetzentwurf bei Zustimmung durch die Koalition aus Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- CDU/CSU und FDP in zweiter Beratung angenommen. gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Die Fraktionen der SPD, der Linken und des Bünd- sache 17/3491 zum selben Gesetzentwurf, Druck- nisses 90/Die Grünen haben abgelehnt. sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- Dritte Beratung den 593 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 270, mit Nein haben gestimmt 323. Dieser Änderungsantrag wurde ab- und Schlussabstimmung. Wir stimmen nun auf Verlan- gelehnt.6) gen der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP nament- lich über den Gesetzentwurf ab. Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre sache 17/3492 zum selben Gesetzentwurf, Druck- Plätze einzunehmen. Sind alle Urnen besetzt? – Das ist sachen 17/3051, 17/3409 und 17/3453. Abgegeben wur- der Fall. Dann eröffne ich die Abstimmung. den 598 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 273, mit Nein haben gestimmt 325. Der Änderungsantrag ist ebenfalls Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine abgelehnt.7) Stimme noch nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung und weise ins- Änderungsantrag derselben Kolleginnen und Kolle- besondere für das Protokoll darauf hin, dass es in der gen und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Abstimmung über den Entwurf des Gesetzes in der zwei- sache 17/3493 zum selben Gesetzentwurf, Druck- ten Beratung mindestens eine Enthaltung gegeben hat.12) Ich schließe die Abstimmung. 1) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 2) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 3) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 8) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 4) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 9) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 5) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 10) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 6) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 11) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 7) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 12) Ergebnis siehe Seite 7274 D 7224 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ent- Sind alle Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der (C) schließungsanträge. Es würde meine Arbeit erleichtern, Fall. Dann eröffne ich die 27. namentliche Abstimmung. wenn sich die Kolleginnen und Kollegen auf ihre Plätze Auch das Präsidium brauchte vielleicht Assistenz, da- begeben würden. mit es seine Stimmen abgeben kann. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine tion Die Linke auf Drucksache 17/3439? – Wer stimmt Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Entschlie- Dann schließe ich die Abstimmung.2) ßungsantrag abgelehnt. Zugestimmt hat die einbringende Fraktion. Dagegen gestimmt haben CDU/CSU und FDP. Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungs- Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben sich enthalten. antrag auf Drucksache 17/3530. Es geht um die Strei- chung eines Artikels betreffend Enteignung. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3485? – Sind alle Plätze an den Urnen besetzt? – Das ist der Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschlie- Fall. Dann eröffne ich hiermit die 28. namentliche Ab- ßungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt haben Bündnis stimmung. 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke. Die übrigen Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, dass Fraktionen des Hauses haben dagegen gestimmt. seine Stimme nicht abgeben konnte? – Das ist der Fall. Dahinten ist noch ein Gedränge, weil alle an der Regie- Abstimmung über den von den Fraktionen der CDU/ rungsbank abstimmen wollen. CSU und FDP eingebrachten Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes. Der Aus- Ist immer noch ein Mitglied des Hauses anwesend, schuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit das seine Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschlussempfeh- der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung.3) lung auf Drucksachen 17/3409 und 17/3453, den Gesetz- entwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Ich unterbreche die Sitzung bis zum Vorliegen der Er- Drucksache 17/3052 anzunehmen. gebnisse der namentlichen Abstimmungen. Die Sitzung ist unterbrochen. Hierzu liegen drei Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir wiederum na- (Unterbrechung von 15.30 bis 15.42 Uhr) mentlich abstimmen. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Wir beginnen mit dem Änderungsantrag auf Drucksa- (B) che 17/3528. Dabei geht es um die Zustimmung des Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. (D) Bundesrates. Ich bitte die Schriftführerinnen und Ich gebe Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführer, ihre Plätze einzunehmen. – Sind alle Ur- Schriftführern ermittelten Ergebnisse der namentli- nen besetzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich hiermit chen Abstimmungen bekannt. die 26. namentliche Abstimmung. Zunächst das Ergebnis der namentlichen Abstimmung Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine über den Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. des Atomgesetzes auf den Drucksachen 17/3051, 17/3409 Dann schließe ich diese Abstimmung.1) und 17/3453: Abgegeben wurden 599 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 308, mit Nein haben gestimmt 289, Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungs- 2 Kolleginnen und Kollegen haben sich enthalten. Damit antrag auf Drucksache 17/3529. Hier geht es um die ist der Gesetzentwurf angenommen. Streichung des § 7 d.

2) Ergebnis siehe Seite 7227 B 1) Ergebnis siehe Seite 7227 A 3) Ergebnis siehe Seite 7227 B

Endgültiges Ergebnis Peter Altmaier Clemens Binninger Heike Brehmer Abgegebene Stimmen: 591; Peter Aumer Peter Bleser Gitta Connemann davon Dorothee Bär Dr. Maria Böhmer Leo Dautzenberg Thomas Bareiß Wolfgang Börnsen Alexander Dobrindt ja: 309 Norbert Barthle (Bönstrup) Thomas Dörflinger nein: 280 Günter Baumann Wolfgang Bosbach Marie-Luise Dött enthalten: 2 Ernst-Reinhard Beck Norbert Brackmann Dr. Thomas Feist (Reutlingen) Klaus Brähmig Enak Ferlemann Manfred Behrens (Börde) Michael Brand Ja Ingrid Fischbach Veronika Bellmann Dr. Reinhard Brandl Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Christoph Bergner Helmut Brandt Dirk Fischer (Hamburg) CDU/CSU Peter Beyer Dr. Ralf Brauksiepe Axel E. Fischer (Karlsruhe- Ilse Aigner Steffen Bilger Dr. Helge Braun Land) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7225

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Dr. Maria Flachsbarth Dr. Kristina Schröder Dr. Annette Schavan Ernst Burgbacher (C) Klaus-Peter Flosbach Manfred Kolbe Dr. Andreas Scheuer Marco Buschmann Herbert Frankenhauser Dr. Rolf Koschorrek Karl Schiewerling Sylvia Canel Dr. Hans-Peter Friedrich Hartmut Koschyk Norbert Schindler Helga Daub (Hof) Thomas Kossendey Tankred Schipanski Reiner Deutschmann Michael Frieser Michael Kretschmer Georg Schirmbeck Dr. Bijan Djir-Sarai Erich G. Fritz Dr. Günter Krings Christian Schmidt (Fürth) Patrick Döring Dr. Michael Fuchs Bettina Kudla Patrick Schnieder Mechthild Dyckmans Hans-Joachim Fuchtel Dr. Hermann Kues Dr. Andreas Schockenhoff Rainer Erdel Alexander Funk Günter Lach Dr. Ole Schröder Jörg van Essen Ingo Gädechens Dr. Karl A. Lamers Bernhard Schulte-Drüggelte Ulrike Flach Dr. Thomas Gebhart (Heidelberg) Uwe Schummer Otto Fricke Norbert Geis Andreas G. Lämmel Armin Schuster (Weil am Dr. Edmund Peter Geisen Alois Gerig Katharina Landgraf Rhein) Dr. Wolfgang Gerhardt Eberhard Gienger Ulrich Lange Detlef Seif Hans-Michael Goldmann Michael Glos Dr. Max Lehmer Johannes Selle Heinz Golombeck Peter Götz Paul Lehrieder Reinhold Sendker Miriam Gruß Dr. Wolfgang Götzer Dr. Ursula von der Leyen Dr. Patrick Sensburg Joachim Günther (Plauen) Ute Granold Ingbert Liebing Bernd Siebert Dr. Christel Happach-Kasan Reinhard Grindel Matthias Lietz Thomas Silberhorn Heinz-Peter Haustein Hermann Gröhe Dr. Carsten Linnemann Johannes Singhammer Manuel Höferlin Michael Grosse-Brömer Patricia Lips Jens Spahn Elke Hoff Markus Grübel Dr. Jan-Marco Luczak Carola Stauche Birgit Homburger Manfred Grund Dr. Michael Luther Dr. Frank Steffel Heiner Kamp Monika Grütters Karin Maag Erika Steinbach Michael Kauch Dr. Karl-Theodor Freiherr Andreas Mattfeldt Christian Freiherr von Stetten Dr. Lutz Knopek zu Guttenberg Stephan Mayer (Altötting) Dieter Stier Pascal Kober Olav Gutting Dr. Michael Meister Gero Storjohann Dr. Heinrich L. Kolb Florian Hahn Maria Michalk Stephan Stracke Gudrun Kopp Holger Haibach Dr. h. c. Hans Michelbach Max Straubinger Sebastian Körber Dr. Stephan Harbarth Dr. Mathias Middelberg Karin Strenz Holger Krestel Jürgen Hardt Philipp Mißfelder Thomas Strobl (Heilbronn) Patrick Kurth (Kyffhäuser) Gerda Hasselfeldt Dietrich Monstadt Lena Strothmann Heinz Lanfermann Dr. Matthias Heider Marlene Mortler Michael Stübgen Sibylle Laurischk Dr. Peter Tauber (B) Mechthild Heil Dr. Gerd Müller Harald Leibrecht (D) Rudolf Henke Stefan Müller (Erlangen) Antje Tillmann Sabine Leutheusser- Michael Hennrich Nadine Schön (St. Wendel) Dr. Hans-Peter Uhl Schnarrenberger Jürgen Herrmann Dr. Philipp Murmann Arnold Vaatz Christian Lindner Ansgar Heveling Bernd Neumann (Bremen) Volkmar Vogel (Kleinsaara) Dr. Martin Lindner (Berlin) Ernst Hinsken Michaela Noll Stefanie Vogelsang Michael Link (Heilbronn) Peter Hintze Dr. Georg Nüßlein Andrea Astrid Voßhoff Dr. Erwin Lotter Christian Hirte Franz Obermeier Dr. Johann Wadephul Oliver Luksic Robert Hochbaum Henning Otte Marco Wanderwitz Horst Meierhofer Karl Holmeier Dr. Michael Paul Kai Wegner Patrick Meinhardt Franz-Josef Holzenkamp Rita Pawelski Marcus Weinberg (Hamburg) Gabriele Molitor Joachim Hörster Ulrich Petzold Peter Weiß (Emmendingen) Jan Mücke Anette Hübinger Dr. Joachim Pfeiffer Sabine Weiss (Wesel I) Petra Müller (Aachen) Thomas Jarzombek Sibylle Pfeiffer Ingo Wellenreuther Dr. Martin Neumann Dieter Jasper Beatrix Philipp Karl-Georg Wellmann (Lausitz) Dr. Franz Josef Jung Ronald Pofalla Peter Wichtel Dirk Niebel Andreas Jung (Konstanz) Christoph Poland Annette Widmann-Mauz Hans-Joachim Otto Bartholomäus Kalb Ruprecht Polenz Klaus-Peter Willsch (Frankfurt) Hans-Werner Kammer Eckhard Pols Elisabeth Winkelmeier- Cornelia Pieper Steffen Kampeter Daniela Raab Becker Gisela Piltz Alois Karl Thomas Rachel Dagmar Wöhrl Dr. Christiane Ratjen- Bernhard Kaster Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer Damerau Siegfried Kauder (Villingen- Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Dr. Birgit Reinemund Schwenningen) Lothar Riebsamen Willi Zylajew Dr. Peter Röhlinger Volker Kauder Josef Rief Dr. Stefan Ruppert Dr. Stefan Kaufmann Klaus Riegert FDP Björn Sänger Roderich Kiesewetter Dr. Heinz Riesenhuber Jens Ackermann Frank Schäffler Eckart von Klaeden Johannes Röring Christian Ahrendt Christoph Schnurr Ewa Klamt Dr. Norbert Röttgen Florian Bernschneider Jimmy Schulz Vo l km a r K l e i n Dr. Christian Ruck Claudia Bögel Marina Schuster Jürgen Klimke Erwin Rüddel Nicole Bracht-Bendt Dr. Erik Schweickert Julia Klöckner Albert Rupprecht (Weiden) Klaus Breil Werner Simmling Axel Knoerig Anita Schäfer (Saalstadt) Rainer Brüderle Judith Skudelny Jens Koeppen Dr. Wolfgang Schäuble Angelika Brunkhorst Dr. Hermann Otto Solms 7226 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Joachim Spatz Hans-Joachim Hacker Silvia Schmidt (Eisleben) Katrin Kunert (C) Dr. Max Stadler Bettina Hagedorn Carsten Schneider (Erfurt) Caren Lay Torsten Staffeldt Klaus Hagemann Olaf Scholz Ralph Lenkert Dr. Rainer Stinner Hubertus Heil (Peine) Swen Schulz (Spandau) Michael Leutert Stephan Thomae Rolf Hempelmann Ewald Schurer Stefan Liebich Florian Toncar Dr. Barbara Hendricks Frank Schwabe Ulla Lötzer Serkan Tören Gustav Herzog Dr. Martin Schwanholz Dr. Gesine Lötzsch Johannes Vogel Gabriele Hiller-Ohm Rolf Schwanitz Thomas Lutze (Lüdenscheid) Petra Hinz (Essen) Stefan Schwartze Ulrich Maurer Dr. Daniel Volk Frank Hofmann (Volkach) Dr. Carsten Sieling Dorothée Menzner Dr. Claudia Winterstein Dr. Eva Högl Sonja Steffen Cornelia Möhring Dr. Volker Wissing Christel Humme Peer Steinbrück Kornelia Möller Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Josip Juratovic Dr. Frank-Walter Steinmeier Niema Movassat Oliver Kaczmarek Christoph Strässer Wolfgang Nešković Johannes Kahrs Kerstin Tack Nein Thomas Nord Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Petra Pau Ulrich Kelber Franz Thönnes CDU/CSU Jens Petermann Lars Klingbeil Wolfgang Tiefensee Richard Pitterle Ralph Brinkhaus Hans-Ulrich Klose Rüdiger Veit Yvonne Ploetz Josef Göppel Dr. Bärbel Kofler Ute Vogt Ingrid Remmers Frank Heinrich Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Marlies Volkmer Paul Schäfer (Köln) Rüdiger Kruse Fritz Rudolf Körper Andrea Wicklein Michael Schlecht Hans-Georg von der Marwitz Anette Kramme Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Herbert Schui Nicolette Kressl Waltraud Wolff Dr. Ilja Seifert SPD Angelika Krüger-Leißner (Wolmirstedt) Raju Sharma Ute Kumpf Uta Zapf Ingrid Arndt-Brauer Dr. Petra Sitte Christine Lambrecht Dagmar Ziegler Kersten Steinke Rainer Arnold Christian Lange (Backnang) Manfred Zöllmer Heinz-Joachim Barchmann Sabine Stüber Dr. Karl Lauterbach Brigitte Zypries Alexander Süßmair Doris Barnett Steffen-Claudio Lemme Dr. Hans-Peter Bartels Dr. Kirsten Tackmann Burkhard Lischka FDP Frank Tempel Klaus Barthel Gabriele Lösekrug-Möller Christine Aschenberg- Alexander Ulrich Sören Bartol Kirsten Lühmann Dugnus Kathrin Vogler Bärbel Bas Caren Marks Sebastian Blumenthal Halina Wawzyniak Dirk Becker Katja Mast Uwe Beckmeyer Dr. h. c. Jürgen Koppelin Harald Weinberg (B) Hilde Mattheis Katrin Werner (D) Lothar Binding (Heidelberg) Petra Merkel (Berlin) DIE LINKE Jörn Wunderlich Gerd Bollmann Ullrich Meßmer Klaus Brandner Dr. Matthias Miersch Jan van Aken Willi Brase BÜNDNIS 90/ Franz Müntefering Agnes Alpers DIE GRÜNEN Bernhard Brinkmann Dr. Rolf Mützenich Dr. Dietmar Bartsch (Hildesheim) Andrea Nahles Herbert Behrens Kerstin Andreae Edelgard Bulmahn Manfred Nink Matthias W. Birkwald Marieluise Beck (Bremen) Marco Bülow Thomas Oppermann Heidrun Bluhm Volker Beck (Köln) Ulla Burchardt Holger Ortel Steffen Bockhahn Cornelia Behm Martin Burkert Aydan Özoğuz Christine Buchholz Birgitt Bender Petra Crone Heinz Paula Eva Bulling-Schröter Alexander Bonde Dr. Peter Danckert Johannes Pflug Dr. Martina Bunge Viola von Cramon-Taubadel Martin Dörmann Joachim Poß Roland Claus Ekin Deligöz Elvira Drobinski-Weiß Dr. Wilhelm Priesmeier Sevim Dağdelen Katja Dörner Garrelt Duin Florian Pronold Dr. Diether Dehm Hans-Josef Fell Sebastian Edathy Dr. Sascha Raabe Heidrun Dittrich Dr. Thomas Gambke Siegmund Ehrmann Mechthild Rawert Werner Dreibus Kai Gehring Dr. h. c. Gernot Erler Gerold Reichenbach Dr. Dagmar Enkelmann Katrin Göring-Eckardt Petra Ernstberger Dr. Carola Reimann Klaus Ernst Britta Haßelmann Karin Evers-Meyer Sönke Rix Wolfgang Gehrcke Bettina Herlitzius Elke Ferner René Röspel Nicole Gohlke Winfried Hermann Gabriele Fograscher Dr. Ernst Dieter Rossmann Annette Groth Priska Hinz (Herborn) Dr. Edgar Franke Karin Roth (Esslingen) Dr. Gregor Gysi Ulrike Höfken Peter Friedrich Michael Roth (Heringen) Heike Hänsel Dr. Anton Hofreiter Sigmar Gabriel Marlene Rupprecht Dr. Rosemarie Hein Bärbel Höhn Michael Gerdes (Tuchenbach) Inge Höger Ingrid Hönlinger Martin Gerster Anton Schaaf Dr. Barbara Höll Thilo Hoppe Iris Gleicke Axel Schäfer (Bochum) Andrej Hunko Uwe Kekeritz Ulrike Gottschalck Bernd Scheelen Ulla Jelpke Katja Keul Angelika Graf (Rosenheim) Marianne Schieder Dr. Lukrezia Jochimsen Memet Kilic Kerstin Griese (Schwandorf) Katja Kipping Sven-Christian Kindler Michael Groschek Werner Schieder (Weiden) Harald Koch Maria Klein-Schmeink Michael Groß Ulla Schmidt (Aachen) Jan Korte Ute Koczy Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7227

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Tom Koenigs Jerzy Montag Manuel Sarrazin Daniela Wagner (C) Sylvia Kotting-Uhl Kerstin Müller (Köln) Elisabeth Scharfenberg Wolfgang Wieland Oliver Krischer Beate Müller-Gemmeke Christine Scheel Dr. Valerie Wilms Agnes Krumwiede Ingrid Nestle Dr. Gerhard Schick Josef Philip Winkler Fritz Kuhn Dr. Konstantin von Notz Dr. Frithjof Schmidt Stephan Kühn Omid Nouripour Dorothea Steiner Renate Künast Friedrich Ostendorff Dr. Wolfgang Strengmann- Enthalten Markus Kurth Dr. Hermann Ott Kuhn Undine Kurth (Quedlinburg) Brigitte Pothmer Hans-Christian Ströbele CDU/CSU Monika Lazar Tabea Rößner Dr. Harald Terpe Nicole Maisch Claudia Roth (Augsburg) Markus Tressel Dr. Egon Jüttner Agnes Malczak Krista Sager Jürgen Trittin Dr. Norbert Lammert

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und und Schlussabstimmung. Wir stimmen auf Verlangen der der FDP) Fraktionen der CDU/CSU und der FDP über den Gesetz- entwurf namentlich ab. Sind alle Urnen besetzt? – Nein, Ich teile Ihnen nun das Ergebnis der namentlichen zwei Urnen sind noch nicht besetzt. Wir haben zwei Abstimmung über den Änderungsantrag der Kolleginnen Fehlstellen. Einmal fehlt die Koalition, einmal fehlt die und Kollegen Kotting-Uhl, Höhn, Fell, Krischer und Opposition. weiterer Abgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Sind jetzt alle Urnen besetzt? – Das ist der Fall. Dann Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines eröffne ich die 29. namentliche Abstimmung. Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes – Drucksachen 17/3052, 17/3409, 17/3453 – auf Druck- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine sache 17/3528 mit: Abgegeben wurden 593 Stimmen. Stimme nicht abgeben konnte? – Das ist nicht der Fall. Mit Ja haben gestimmt 272, mit Nein haben gestimmt Dann schließe ich die Abstimmung. Das Ergebnis der 320, es gab eine Enthaltung. Damit ist der Änderungsan- Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.4) trag abgelehnt.1) Ich komme nun zu Tagesordnungspunkt 4 b. Zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Änderungsantrag ebenjener Kolleginnen und Kolle- Zunächst Abstimmung über den von den Fraktionen gen ebenfalls zu der zweiten Beratung des Gesetzent- der CDU/CSU und der FDP eingebrachten Gesetzent- wurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Ent- wurf zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“. Der Haushaltsausschuss empfiehlt un- (B) wurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des (D) Atomgesetzes – Drucksachen 17/3052, 17/3409, 17/3453 – ter Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf Druck- auf Drucksache 17/3529 –: Abgegeben wurden sache 17/3405, den Gesetzentwurf der Fraktionen der 585 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 268, mit Nein ha- CDU/CSU und FDP auf Drucksache 17/3053 in der ben gestimmt 317. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.2) Ausschussfassung anzunehmen. Zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung über Um zu sehen, welche Handzeichen Sie geben, wäre es den Änderungsantrag der gleichen Kolleginnen und Kol- für mich sehr hilfreich, wenn Sie sich ungefähr in der legen ebenfalls zu der zweiten Beratung des Gesetzent- Gegend Ihrer eigenen Fraktion positionieren würden. wurfs der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Ent- Das gilt gerade auch für diejenigen, die direkt vor dem wurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Präsidium stehen. Das ist hier nämlich kein Stehtisch, Atomgesetzes – Drucksachen 17/3052, 17/3409, 17/3453 – sondern das Rednerpult. auf Drucksache 17/3530: Abgegebene Stimmen 592. Mit Ja haben gestimmt 272, mit Nein haben gestimmt (Heiterkeit) 320, hier gab es keine Enthaltungen. Der Änderungsan- Ich würde jetzt gerne zur Abstimmung kommen. – trag ist abgelehnt. Danke sehr. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über das Gesetz in zweiter Lesung. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzent- Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der wurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Atom- Ausschussfassung zustimmen wollen, um das Handzei- gesetzes zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer chen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Ge- Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen. Zuge- setzentwurf in zweiter Beratung angenommen. Zuge- stimmt haben CDU/CSU und FDP, dagegen gestimmt stimmt haben die Fraktionen von CDU/CSU und FDP. SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Dagegen gestimmt haben SPD, Linke und Bündnis 90/ Wir kommen zur Die Grünen. Es gab wenigstens eine Enthaltung. dritten Beratung Wir kommen zur dritten Beratung und Schlussabstimmung. Wir stimmen über diesen Ge- setzentwurf ebenfalls auf Verlangen von CDU/CSU und FDP namentlich ab. – Sind nach wie vor alle Urnen be- 1) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 2) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 3) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 4) Ergebnis siehe Seite 7232 D 7228 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) setzt? – Das ist der Fall. Dann ist die 30. namentliche Linken. Dagegen haben die Koalitionsfraktionen ge- (C) Abstimmung eröffnet. stimmt. Bündnis 90/Die Grünen haben sich enthalten. Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Ich rufe jetzt die Zusatzpunkte 3 und 4 auf: Stimmkarte nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Das Ergebnis ZP 3 Erste Beratung des von den Abgeordneten Memet der Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben.1) Kilic, Josef Philip Winkler, Kai Gehring, weite- ren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- Ich komme nun zur Abstimmung über den von den NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Ent- eines Gesetzes zur Änderung des Staatsange- wurf eines Kernbrennstoffsteuergesetzes. Der Haushalts- hörigkeitsrechts ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss- empfehlung auf Drucksache 17/3405, den Gesetzentwurf – Drucksache 17/3411 – der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf Druck- Überweisungsvorschlag: sache 17/3054 anzunehmen. Ich bitte jetzt diejenigen, Innenausschuss (f) die diesem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um ihr Rechtsausschuss Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Da- ZP 4 Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- mit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung bei Zustim- neten Kerstin Andreae, Volker Beck (Köln), mung durch die Koalitionsfraktionen und Ablehnung Dr. Thomas Gambke, weiteren Abgeordneten durch die Oppositionsfraktionen angenommen. Enthalten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat sich dem Augenschein nach niemand. eingebrachten Entwurfs eines … Gesetzes zur Dritte Beratung Änderung des Aufenthaltsgesetzes und Schlussabstimmung. Über diesen Gesetzentwurf – Drucksache 17/3039 – stimmen wir wiederum auf Verlangen von CDU/CSU Beschlussempfehlung und Bericht des Innenaus- und FDP namentlich ab. Sind noch immer alle Urnen be- schusses (4. Ausschuss) setzt? – Das ist der Fall. Dann eröffne ich die 31. und je- denfalls zu diesem Tagesordnungspunkt letzte namentli- – Drucksache 17/3241 – che Abstimmung. Es folgen allerdings später noch eine Berichterstattung: Reihe einfacher Abstimmungen. Abgeordnete Reinhard Grindel Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine Daniela Kolbe (Leipzig) Stimmkarte nicht abgegeben hat? – Das scheint nicht der Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (B) Fall zu sein. Damit schließe ich die Abstimmung. Auch Petra Pau (D) das Ergebnis dieser namentlichen Abstimmung wird Ih- Memet Kilic nen später bekannt gegeben.2) Hierzu ist verabredet, eineinviertel Stunden zu debat- Tagesordnungspunkt 4c: Wir kommen jetzt zur Ab- tieren. – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. stimmung über die Beschlussempfehlung des Ausschus- Dann ist das so beschlossen. ses für Wirtschaft und Technologie auf Drucksache 17/3402. Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion empfehlung, in Kenntnis der Unterrichtung durch die Bündnis 90/Die Grünen hat der Kollege Memet Kilic. Bundesregierung auf Drucksache 17/3049 über ein „Energiekonzept für eine umweltschonende, zuver- Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): lässige und bezahlbare Energieversorgung“ und ein Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten „10-Punkte-Sofortprogramm – Monitoring und Zwi- Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In schenbericht der Bundesregierung“ die Annahme des letzter Zeit habe ich Déjà-vu-Erlebnisse. Als ich vor Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf 20 Jahren als Student nach Deutschland kam, gab es Drucksache 17/3050 mit dem Titel „Energiekonzept um- kurz nach der Wiedervereinigung ähnliche Debatten. setzen – Der Weg in das Zeitalter der erneuerbaren Ener- Damals argumentierte mancher Repräsentant der Repu- gien“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – blik ähnlich wie heute mit den Sätzen: Wir hätten zu Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschluss- viele Ausländer, die uns ausnutzten; das Boot sei voll; empfehlung ist bei Zustimmung durch die Koalitions- Deutschland sei überfremdet. Diese rassistischen Debat- fraktionen und Ablehnung durch die Opposition ange- ten haben zu Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda nommen. geführt, wo Flüchtlingsheime in Brand gesteckt wurden, Wir kommen zu Zusatzpunkt 2. Abstimmung über den und zu Mölln und Solingen, wo Immigranten bei leben- Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/3426 mit digem Leib verbrannt wurden. dem Titel „Das Energiekonzept der Bundesregierung zu- Die Welt hat damals alle Aufmerksamkeit auf rückziehen“. Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer Deutschland gerichtet und sich gefragt, was schon wie- stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist ab- der mit den Deutschen los sei. Die Welt hat uns gesagt: gelehnt bei Zustimmung der Fraktionen der SPD und der Nein, ihr habt nicht zu viele Ausländer, sondern die Im- migrantinnen und Immigranten, die seit Jahrzehnten bei 1) Ergebnis siehe Seite 7235 A euch leben, haben kaum eine Chance, eingebürgert zu 2) Ergebnis siehe Seite 7238 A werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7229

Memet Kilic (A) Diese Zeichen haben der damalige Bundeskanzler, nen und damit diese Enkelkinder sagen können, dass die (C) Dr. Helmut Kohl, und der damalige Innenminister, Einbürgerungsanträge ihrer Großeltern nicht deshalb ab- Dr. Wolfgang Schäuble, verstanden und im Jahre 1993 gelehnt worden sind, weil sie lückenhafte Sprachkennt- die Anspruchseinbürgerung eingeführt, für die nicht nisse haben oder weil deren Rente so mager ist wie die einmal der Nachweis von Sprachkenntnissen notwendig vieler Millionen anderer deutscher Rentnerinnen und war. Mit Ausnahme der rot-grünen Ära wurden die Ein- Rentner. bürgerungsvoraussetzungen seit diesem Zeitpunkt stän- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dig erschwert, um die Zahl der Immigranten und deren sowie bei Abgeordneten der SPD – Reinhard Nachkommen unten zu halten. Grindel [CDU/CSU]: Das ändert sich ja nicht So kommt es, dass wir in Deutschland etwa durch die Einbürgerung!) 6,7 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsange- hörigkeit haben. Fast 5 Millionen von ihnen leben seit Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: mehr als acht Jahren hier und erfüllen damit eine der Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. wichtigsten Voraussetzungen für die Einbürgerung. Seit 2004 sind die Einbürgerungszahlen um etwa ein Fünf- tel zurückgegangen. Im europäischen Vergleich hat Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Deutschland eine der niedrigsten Einbürgerungsquoten. Viel wichtiger ist: Wir müssen eine Willkommens- kultur entwickeln. Die Kanadier begrüßen die neuen Es ist verantwortungslos, dass Herr Seehofer und Einwanderer mit folgenden Sätzen: Herzlich willkom- Frau Merkel jetzt schon wieder das leidige Thema Leit- men. Kanada gehört Ihnen. Sie gehören zu Kanada. kultur wiederbelebt haben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: sowie bei Abgeordneten der SPD) Herr Kollege! Nur um den rechten Rand bei der Stange zu halten das gesellschaftliche Klima zu vergiften, ist gefährlich. Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese unwürdigen Diskussionen schaden nicht nur der Aber unsere Kinder, Vertreter der dritten Einwander- Gesellschaft und der Wirtschaft, sondern dem internatio- ergeneration, müssen sich hier dreimal am Tag anhören, nalen Image Deutschlands. dass sie nicht dazugehören. Diese komische Debatte muss ein Ende haben. Wir müssen eine Willkommens- Nach den schrecklichen Brandanschlägen in Mölln kultur entwickeln. und Solingen wurden die Immigranten von der breiten (B) Gesellschaft nicht allein gelassen: Es gab Lichterketten. (D) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Als ich von einer Demonstration gegen diese rassisti- Herr Kollege, Sie müssen bitte zum Ende kommen. schen Ausschreitungen aus Solingen zurückkehrte, habe ich in einer Zeitung einen Artikel von Heribert Prantl ge- lesen. Einen Satz daraus habe ich seit etwa 17 Jahren im Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Gedächtnis behalten. Er lautete sinngemäß: Wenn Immi- Diese notorische, rassistische Diskussion muss been- granten nur der Staatsgewalt unterworfen sind, aber det werden. nicht daran teilhaben können, werden sie als fremd gel- Vielen Dank. ten und fremd bleiben. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Wir müssen diese Phantomdebatten beenden und eine sowie bei Abgeordneten der SPD) tatsächliche Integration und Teilhabe forcieren. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: sowie bei Abgeordneten der SPD) Reinhard Grindel hat jetzt das Wort für die CDU/ Dafür brauchen wir gute Rahmenbedingungen, zum Bei- CSU-Fraktion. spiel ein einladendes Einbürgerungsrecht. Einbürge- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und rungen müssen nach sechs Jahren und bei besonderer In- der FDP) tegrationsleistung nach vier Jahren rechtmäßigen Aufenthalts möglich sein. Die Mehrstaatigkeit darf kein Reinhard Grindel (CDU/CSU): Einbürgerungshindernis mehr sein. Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Von Rentnerinnen und Rentnern, die ihre Jugend in Herr Kilic, Sie haben von einem Déjà-vu-Gefühl gespro- den Aufbau dieses Landes investiert haben, dürfen wir chen. Das habe auch ich gehabt, weil die Rede, die Sie keinen Sprachtest fordern. gehalten haben, Parteifreunde von Ihnen in der Tat schon vor 10, 15 Jahren gehalten haben. (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- SES 90/DIE GRÜNEN) (Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es ist immer noch notwendig!) Warum sollten wir das tun? Auch Eigeninteresse spielt dabei eine Rolle. Wir müssen diese Rentnerinnen und Ich dachte eigentlich, wir wären in der Integrationsde- Rentner ohne Sprachtest einbürgern, damit wir die Her- batte weiter. Wir haben uns erst vor wenigen Wochen zen ihrer Kinder und Enkelkinder für dieses Land gewin- hier bei einer tiefgehenden und, wie ich fand, sehr sach- 7230 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Reinhard Grindel (A) orientierten Integrationsdebatte gegenseitig gesagt, dass Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) alle Parteien in der Vergangenheit Fehler gemacht ha- Herr Grindel, möchten Sie eine Zwischenfrage des ben, dass wir hier in Berlin, also vor der Haustür, Miss- Kollegen Ströbele zulassen? stände wahrnehmen können und dass wir deswegen alle überprüfen müssen, ob unsere Thesen, die wir jahrzehn- Reinhard Grindel (CDU/CSU): telang vertreten haben, richtig sind. Dass Sie heute wie- Selbstverständlich. der sagen: „Man muss auch dann deutscher Staatsbürger werden können, wenn man Deutsch nicht sprechen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: kann“, dazu muss ich sagen: Das ist ein Rückfall, den ich Ihnen nicht zugetraut hätte. Bitte schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE der FDP – Aydan Özoğuz [SPD]: Das ist nicht GRÜNEN): grundsätzlich!) Herr Kollege Grindel, das Buch könnten Sie ruhig Es muss doch ein Antrieb sein, sich zu integrieren, nennen. So tabuisiert ist es immer noch nicht, dass man um Deutscher werden zu können. Dazu muss man doch es nicht nennen kann. wohl die deutsche Sprache erlernen. Das ist einer der Grundtatbestände, die wir von unseren ausländischen Reinhard Grindel (CDU/CSU): Mitbürgern zu Recht einfordern, wenn sie Teil der Sie haben einen Kollegen, der Sarrazin heißt. Ich Staatsbürgergesellschaft Deutschland werden wollen. möchte jede Verwechslungsgefahr vermeiden. (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Genau! – Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: GRÜNEN): Auch von den Rentnerinnen und Rentnern?) Meine Frage zielt eigentlich in eine andere Richtung. Gerade bei jungen Menschen wollen Sie auf die Er- Haben Sie zur Kenntnis genommen, was der von Ihrer füllung des Kriteriums der Unterhaltssicherung ver- Partei gestellte Innenminister zur Integration von – ich zichten. Das heißt, Sie wollen darauf verzichten, dass will mich darüber gar nicht streiten – 90 oder über sich junge ausländische Mitbürger, die Deutsche werden 90 Prozent der Migranten, die nach Deutschland gekom- wollen, sich hier zumindest anstrengen, eine Ausbildung men sind, erklärt hat? Wie leben sie denn? Sind Sie die- zu machen und einen Arbeitsplatz anzunehmen. Das ver- ser Frage schon einmal nachgegangen? Leben diese stehe ich nicht. Sie wollen die Optionspflicht abschaffen. Menschen multikulti, oder wie leben sie? Wir können (B) Das Einzige, was wir von hier in Deutschland geborenen hier lange über das Gelingen von Multikulti diskutieren. (D) jungen Ausländern verlangen, ist, dass sie sich zu unse- Aber schauen Sie sich doch einmal an, wie diese Men- rem Land, zur deutschen Staatsbürgerschaft bekennen schen leben, wenn sie integriert sind. Wie leben inte- und ihre alte ablegen. grierte Migranten hier in Deutschland Ihrer Meinung nach? (Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das sind doch Dinosaurieransichten, die Sie da haben!) Reinhard Grindel (CDU/CSU): Aber lieber Herr Kollege Ströbele, wir können uns Ich muss ganz offen sagen: Wir alle miteinander woll- doch freuen, wenn sie bei uns gut integriert leben – ten aus der Debatte über ein bestimmtes Buch eigentlich (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE etwas lernen. GRÜNEN]: Ja!) (Jan Korte [DIE LINKE]: Sie haben das Fal- übrigens Ausländer wie Aussiedler, sche gelernt!) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Ich sage Ihnen in aller Deutlichkeit: Sie zementieren Zu- GRÜNEN]: Also multikulti!) stände, die solche Bücher und die Reaktion darauf erst möglich gemacht haben. Ich habe den Eindruck, dass Sie also viele Menschen mit Migrationshintergrund. Ich das ganz bewusst tun, weil Sie nicht bereit sind, von ei- kann nur sagen, dass ich in meinem Wahlkreis und in nem alten Multikultidenken Abstand zu nehmen. dem Umfeld, in dem ich politisch Verantwortung trage, alles dafür tue, dass das so ist. Aber eine Grundvoraus- (Jan Korte [DIE LINKE]: Das sagt ausgerech- setzung dafür, dass das so ist, ist doch wohl, dass man net ein CDU-Vertreter! Deutschland ist kein sich miteinander austauschen kann, Einwanderungsland, das ist Ihre Meinung!) (Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE Wir wollen diese Spaltung der Gesellschaft nicht. Wir GRÜNEN]: Genau, multikulti!) wollen, dass man miteinander lebt, dass man die deut- sche Sprache beherrscht und dass es in diesem Land dass man miteinander spricht. Es ist übrigens auch wich- keine Parallelgesellschaften gibt. tig, gerade Kindern und Jugendlichen eine gute Perspek- tive in Deutschland dadurch zu eröffnen, dass sie Erfolg (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – in der Schule und in der Ausbildung haben. Wenn in den Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Familien kein Wort Deutsch gesprochen wird, ist das NEN]: Genau das wollen Sie doch!) eine Behinderung dieser guten Integrationsperspekti- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7231

Reinhard Grindel (A) ven. Wenn jemand deutscher Staatsbürger werden will, persönlich finde, da das ersichtlich nicht mit Zuwande- (C) muss ich doch als Anreiz bewahren, sagen zu können: rungshürden zusammenhängen kann, Dann musst du, wenn du es bisher nicht ausreichend ge- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- tan hast, Deutsch lernen. Es ist ein Beitrag zur Integra- NEN]: Oh, doch!) tion, wenn ich die Verleihung der deutschen Staatsbür- gerschaft mit der Anforderung verknüpfe, dass sie dass wir uns stärker mit der Frage befassen sollten, wa- endlich Deutsch lernen. rum diese Menschen abwandern; denn meine These ist, dass die Gründe, die zum Abwandern beitragen, zumin- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und dest auch teilweise die Gründe sein können, die das Zu- der FDP – Jan Korte [DIE LINKE]: Pappka- wandern verhindern. meraden sind das!) (Jan Korte [DIE LINKE]: Wegen solcher Re- Ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel. Herr Kollege den!) Ströbele, Sie schreiben in Ihrem Antrag, dass Sie auf Einbürgerungstests als Voraussetzung verzichten wol- Abgewandert wird, weil in unserem Land gerade len. Sie schreiben: „Die Durchführung von Prüfungen in Hochschulabsolventen schlicht und ergreifend zu wenig Staatsbürgerkunde hat gerade auch für die erste Genera- gezahlt wird, weil sie mit Praktika abgespeist werden, tion abschreckende Wirkung“, also für Menschen, die während sie in anderen Ländern sofort unbefristete An- seit 15 bis 20 Jahren bei uns leben. stellungen bekommen. Deswegen sage ich in aller Deut- lichkeit: Es ist auch ein ganz entscheidender Beitrag der (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: deutschen Wirtschaft gefragt, selbst etwas dafür zu tun, Die am Fließband in der Fabrik gearbeitet ha- um attraktiver im Kampf um die klugen Köpfe in aller ben!) Welt zu werden. Wer so lange bei uns lebt und sich trotzdem davon ab- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) schrecken lässt, dass er ein bisschen unserer Gesetze, un- Ich will auch deutlich machen, dass wir im Kern alle serer Werte und unserer Verfassungsvorstellungen ver- rechtlichen Rahmenbedingungen haben, damit Unter- mittelt bekommt, dem sage ich, dass wir so jemanden nehmen auf ausländische Arbeitskräfte zurückgreifen tatsächlich nicht einbürgern dürfen. Das ist unter Inte- können. Herr Kollege Scholz hat das in einem bemer- grationsgesichtspunkten nicht das richtige Signal, um kenswerten Beitrag vor wenigen Tagen deutlich ge- das ganz deutlich zu sagen. macht. Es kommt nur darauf an – das ist eine der weni- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – gen Bedingungen –, dass nicht in gleicher Weise qualifizierte Arbeitslose auf dem heimischen Arbeits- (B) Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (D) Dann haben Sie die Enkel gewonnen!) markt zur Verfügung stehen. Das ist die Vorrangprü- fung. Ich frage mich, warum wir nicht weiter an der Vor- Herr Ströbele, gerade wenn ich an Ihren Wahlkreis rangprüfung festhalten sollten; denn wenn es einen denke, frage ich Sie – seien Sie einmal ganz ehrlich –: Fachkräftemangel gibt – gerade in bestimmten Regio- Wen wollen Sie einbürgern? Den jungen, integrationsbe- nen –, kann die Vorrangprüfung kein Problem sein. reiten oder gelungen integrierten Migranten? Oder wol- len Sie Einbürgerung wegen der Wählerstimmen bislang Wenn es, was ich höre – ich sage das ausdrücklich als ausländischer Mitbürger? Worum geht es Ihnen eigent- einen Hinweis, lieber Kollege Wolff, wie sich unser Ge- lich wirklich? setzeswerk an der Stelle vielleicht weiterentwickeln kann –, manchmal zu lange dauert, bis die Bundesagen- (Aydan Özoğuz [SPD]: Wessen Wählerstim- tur die Vorrangprüfung durchgeführt hat, können wir uns men wollen Sie denn gewinnen? – gern darüber unterhalten, ob man mit einer Zustim- Dr. Hermann Ott [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mungsfiktion arbeitet. NEN]: Das ist unverschämt!) Lieber Herr Kollege Kilic, Sie müssen sich im Hin- Das ist eine Frage, die man sich bei Ihrem Antrag mit blick auf Ihren Antrag überlegen, ob Sie damit tatsäch- Fug und Recht stellen kann. lich etwas zur Beseitigung des Fachkräftemangels tun oder ob Sie nicht eher einen Beitrag dazu leisten, dass ei- (Jan Korte [DIE LINKE]: Es ist die Frage, wer nige Unternehmer billige und willige Arbeitskräfte aus hier einen Test machen sollte!) dem Ausland ins Land holen wollen, um die berechtig- ten Lohnforderungen der hiesigen Arbeitnehmerinnen Nun hat der Kollege Kilic nichts zu dem anderen An- und Arbeitnehmer zu unterdrücken. trag gesagt, in dem es um die Frage der Senkung der Hürden bei der Zuwanderung ausländischer Arbeits- (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kräfte geht. Das ist ein Thema, das auch zu diesem Ta- NEN]: Da sollten Sie mal mit Ihrem Koali- gesordnungspunkt gehört. Dazu will ich einiges sagen. tionspartner sprechen!) Ich glaube, dass niemand bestreiten kann, dass wir Letztere haben nämlich angesichts des Fachkräfteman- Fachkräftemangel haben. Wir sind selbstverständlich gels eine stärkere Durchsetzungskraft als vielleicht noch dafür, dass dieser Fachkräftemangel durch die Zuwande- vor einigen Jahren. rung ausländischer Arbeitskräfte ausgeglichen wird. Aber ein Grund für den Fachkräftemangel ist vor allem, Ich muss auch darauf hinweisen, dass nicht etwa nur dass wir eine Abwanderung aus Deutschland haben. Ich einige wenige Fachkräfte zu uns kommen. Es kommen 7232 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Reinhard Grindel (A) jedes Jahr zwischen 20 000 und 30 000 Fachkräfte zu trieb beschäftigen und ihn bezahlen will. Deswegen (C) uns. sollten wir daran festhalten, dass nur derjenige nach Deutschland kommen kann, der für einen bestimmten (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Arbeitsplatz in einem bestimmten Unternehmen tatsäch- NEN]: Wo haben Sie diese Zahlen her?) lich gebraucht wird. Beim Punktesystem ist dies nicht Die wenigen Hundert, von denen immer die Rede ist, der Fall. Außerdem darf er keinen Arbeitsplatz blockie- sind nur diejenigen, die als besonders hochqualifizierte ren, für den auch ein gleichwertig qualifizierter Arbeits- Spitzenkräfte die Einkommensgrenze von 66 000 Euro loser aus Deutschland infrage käme. überschreiten und daher ohne Vorrangprüfung zu uns (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – kommen. Diese Regelung haben wir eng gefasst. Auch Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: der frühere Arbeitsminister Scholz hat dies mitgetragen. Genau diese Politik hat zu Engpässen geführt!) Wir haben diese hohe Einkommensgrenze eingeführt, weil wir gesagt haben: Man kann sicher davon ausgehen, Ich komme zu meiner letzten Bemerkung: Es ist nicht dass diese hochspezialisierten Arbeitskräfte auf Dauer allein Aufgabe des Staates, diesen Kampf um die klugen einen Platz auf dem Arbeitsmarkt finden und sowohl Köpfe zu führen. Die Unternehmensverbände fordern ihre soziale Integration als auch die ihrer Familie dem- weniger Staat und mehr Markt. Wenn sie dies tun, sollen entsprechend gesichert ist. Deswegen bekommen diese sie sich durch entsprechende Vermittlungsbüros auch da- Leute eine Niederlassungserlaubnis, also eine Dauerauf- rum kümmern, an den großen Universitäten dieser Welt enthaltsberechtigung für Deutschland. Das gibt es in kei- für den Arbeitsplatz Deutschland zu werben. Andere nem anderen europäischen Land. machen das auch. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: 142 waren es im letzten Jahr!) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Herr Kollege! Ich bin bereit, über die in Ihrem Antrag genannte Sen- kung der Einkommensgrenze zu diskutieren. Es darf Reinhard Grindel (CDU/CSU): aber nicht sein, dass wir den nicht eben Höchstqualifi- Liebe Frau Präsidentin, lassen Sie mich folgenden zierten mit einem Einkommen von 40 000 Euro sofort Gedanken kurz formulieren. – An der großen TU in eine Niederlassungserlaubnis erteilen. Darüber müssen Bombay steht auf dem Plakat eines Vermittlungsbüros wir diskutieren. In Deutschland müssen Arbeitsverhält- amerikanischer Firmen: Wir bieten eine Karriere, nicht nis und Aufenthaltserlaubnis aneinandergekoppelt wer- nur einen Job. – Genau das ist der Grund, warum sich den. viele für die USA und somit gegen Deutschland ent- (B) (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- scheiden: bessere Bezahlung, mehr Risikokapital. (D) NEN]: Das ist eine Abschottungspolitik!) Man könnte zunächst ein befristetes Aufenthaltsrecht Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: und erst dann, wenn die Zuwanderer auf dem Arbeits- Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Ende kommen. markt und in der Gesellschaft integriert sind, eine Nie- derlassungserlaubnis gewähren. Darüber kann man si- Reinhard Grindel (CDU/CSU): cherlich diskutieren. Das sind die entscheidenden Dinge. Das hat nichts mit dem Aufenthaltsrecht, sondern mit den wirtschaftli- Das Entscheidende ist – daran müssen wir bei der chen Rahmenbedingungen, die Deutschland attraktiv Senkung der Einkommensgrenzen im Rahmen der Ver- machen, zu tun. änderung des Zuwanderungsrechts für ausländische Ar- beitskräfte denken –: Die Beseitigung des Fachkräfte- Herzlichen Dank. mangels ist das eine. Das andere ist, dass wir keinen Beitrag dazu leisten dürfen, dass diese Menschen auch in (Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE unsere sozialen Sicherungssysteme einwandern. Es muss LINKE]: Und mit solchen Reden! – Kerstin gewährleistet sein, dass derjenige, der zu uns kommt, Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie auch tatsächlich langfristig einen Platz auf dem Arbeits- reden und reden, und es geschieht nichts!) markt findet. Das ist von ganz entscheidender Bedeu- tung. Wir in der Union sind gegen das Punktesystem, Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: weil es nicht sein darf, dass es in Deutschland nur allge- Ich möchte Ihnen zwischenzeitlich weitere von den meine Kriterien zur Erlangung einer Aufenthaltserlaub- Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelte Ergeb- nis zur Arbeitsaufnahme gibt. Vielmehr muss das enge nisse der namentlichen Abstimmungen bekannt geben. Band zwischen dem ausländischen Arbeitnehmer und dem konkreten Arbeitsplatz, den er besetzen will, beibe- Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Ge- halten werden. setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Es gibt kaum eine öffentliche Stelle, die die Ab- Atomgesetzes auf den Drucksachen 17/3052, 17/3409 schlüsse von Arbeitnehmern aus zum Beispiel Lesotho, und 17/3453: Abgegeben wurden 596 Stimmen. Mit Ja Ägypten oder Georgien beurteilen kann. Aber ein Unter- haben gestimmt 320, mit Nein haben gestimmt 273, es nehmer, der einen ganz bestimmten Arbeitnehmer an- gab 3 Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist damit ange- stellen will, kann es beurteilen, weil er ihn in seinem Be- nommen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7233

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Endgültiges Ergebnis Josef Göppel Katharina Landgraf Armin Schuster (Weil am (C) Abgegebene Stimmen: 592; Peter Götz Ulrich Lange Rhein) davon Dr. Wolfgang Götzer Dr. Max Lehmer Detlef Seif Ute Granold Paul Lehrieder Johannes Selle ja: 318 Reinhard Grindel Ingbert Liebing Reinhold Sendker nein: 271 Hermann Gröhe Matthias Lietz Dr. Patrick Sensburg enthalten: 3 Michael Grosse-Brömer Dr. Carsten Linnemann Bernd Siebert Markus Grübel Patricia Lips Thomas Silberhorn Ja Manfred Grund Dr. Jan-Marco Luczak Johannes Singhammer Monika Grütters Dr. Michael Luther Jens Spahn CDU/CSU Dr. Karl-Theodor Freiherr Karin Maag Carola Stauche zu Guttenberg Hans-Georg von der Marwitz Dr. Frank Steffel Ilse Aigner Olav Gutting Andreas Mattfeldt Erika Steinbach Peter Altmaier Florian Hahn Stephan Mayer (Altötting) Christian Freiherr von Stetten Peter Aumer Holger Haibach Dieter Stier Dorothee Bär Dr. Michael Meister Dr. Stephan Harbarth Maria Michalk Gero Storjohann Thomas Bareiß Jürgen Hardt Stephan Stracke Norbert Barthle Dr. h. c. Hans Michelbach Gerda Hasselfeldt Dr. Mathias Middelberg Max Straubinger Günter Baumann Dr. Matthias Heider Karin Strenz Ernst-Reinhard Beck Philipp Mißfelder Mechthild Heil Dietrich Monstadt Thomas Strobl (Heilbronn) (Reutlingen) Frank Heinrich Lena Strothmann Manfred Behrens (Börde) Marlene Mortler Rudolf Henke Michael Stübgen Veronika Bellmann Dr. Gerd Müller Michael Hennrich Dr. Peter Tauber Dr. Christoph Bergner Stefan Müller (Erlangen) Jürgen Herrmann Antje Tillmann Peter Beyer Nadine Schön (St. Wendel) Ansgar Heveling Dr. Hans-Peter Uhl Steffen Bilger Dr. Philipp Murmann Ernst Hinsken Arnold Vaatz Clemens Binninger Bernd Neumann (Bremen) Peter Hintze Volkmar Vogel (Kleinsaara) Peter Bleser Michaela Noll Christian Hirte Stefanie Vogelsang Dr. Maria Böhmer Dr. Georg Nüßlein Robert Hochbaum Andrea Astrid Voßhoff Wolfgang Börnsen Franz Obermeier Dr. Johann Wadephul (Bönstrup) Karl Holmeier Henning Otte Franz-Josef Holzenkamp Marco Wanderwitz Wolfgang Bosbach Dr. Michael Paul Joachim Hörster Kai Wegner Norbert Brackmann Rita Pawelski Anette Hübinger Marcus Weinberg (Hamburg) Klaus Brähmig Ulrich Petzold Thomas Jarzombek Peter Weiß (Emmendingen) Michael Brand Dr. Joachim Pfeiffer Dieter Jasper Sabine Weiss (Wesel I) (B) Dr. Reinhard Brandl Sibylle Pfeiffer (D) Dr. Franz Josef Jung Ingo Wellenreuther Helmut Brandt Beatrix Philipp Andreas Jung (Konstanz) Karl-Georg Wellmann Dr. Ralf Brauksiepe Ronald Pofalla Bartholomäus Kalb Peter Wichtel Dr. Helge Braun Christoph Poland Annette Widmann-Mauz Heike Brehmer Hans-Werner Kammer Steffen Kampeter Ruprecht Polenz Klaus-Peter Willsch Ralph Brinkhaus Eckhard Pols Elisabeth Winkelmeier- Gitta Connemann Alois Karl Bernhard Kaster Daniela Raab Becker Leo Dautzenberg Thomas Rachel Dagmar Wöhrl Alexander Dobrindt Siegfried Kauder (Villingen- Schwenningen) Eckhardt Rehberg Dr. Matthias Zimmer Thomas Dörflinger Katherina Reiche (Potsdam) Wolfgang Zöller Marie-Luise Dött Volker Kauder Dr. Stefan Kaufmann Lothar Riebsamen Willi Zylajew Dr. Thomas Feist Josef Rief Enak Ferlemann Roderich Kiesewetter Klaus Riegert FDP Ingrid Fischbach Eckart von Klaeden Dr. Heinz Riesenhuber Hartwig Fischer (Göttingen) Ewa Klamt Jens Ackermann Johannes Röring Dirk Fischer (Hamburg) Volkmar Klein Christian Ahrendt Dr. Norbert Röttgen Axel E. Fischer (Karlsruhe- Jürgen Klimke Christine Aschenberg- Land) Julia Klöckner Dr. Christian Ruck Dugnus Dr. Maria Flachsbarth Axel Knoerig Erwin Rüddel Daniel Bahr (Münster) Klaus-Peter Flosbach Jens Koeppen Albert Rupprecht (Weiden) Florian Bernschneider Herbert Frankenhauser Dr. Kristina Schröder Anita Schäfer (Saalstadt) Claudia Bögel Dr. Hans-Peter Friedrich Manfred Kolbe Dr. Wolfgang Schäuble Nicole Bracht-Bendt (Hof) Dr. Rolf Koschorrek Dr. Annette Schavan Klaus Breil Michael Frieser Hartmut Koschyk Dr. Andreas Scheuer Rainer Brüderle Erich G. Fritz Thomas Kossendey Karl Schiewerling Angelika Brunkhorst Dr. Michael Fuchs Michael Kretschmer Norbert Schindler Ernst Burgbacher Hans-Joachim Fuchtel Dr. Günter Krings Tankred Schipanski Sylvia Canel Alexander Funk Rüdiger Kruse Georg Schirmbeck Reiner Deutschmann Ingo Gädechens Bettina Kudla Christian Schmidt (Fürth) Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Thomas Gebhart Dr. Hermann Kues Patrick Schnieder Patrick Döring Norbert Geis Günter Lach Dr. Andreas Schockenhoff Mechthild Dyckmans Alois Gerig Dr. Karl A. Lamers Dr. Ole Schröder Rainer Erdel Eberhard Gienger (Heidelberg) Bernhard Schulte-Drüggelte Jörg van Essen Michael Glos Andreas G. Lämmel Uwe Schummer Ulrike Flach 7234 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Otto Fricke Johannes Vogel Johannes Kahrs Kerstin Tack (C) Dr. Edmund Peter Geisen (Lüdenscheid) Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Daniel Volk Ulrich Kelber Franz Thönnes Hans-Michael Goldmann Dr. Guido Westerwelle Lars Klingbeil Wolfgang Tiefensee Heinz Golombeck Dr. Claudia Winterstein Hans-Ulrich Klose Rüdiger Veit Miriam Gruß Dr. Volker Wissing Dr. Bärbel Kofler Ute Vogt Joachim Günther (Plauen) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Marlies Volkmer Dr. Christel Happach-Kasan Fritz Rudolf Körper Andrea Wicklein Heinz-Peter Haustein Nein Anette Kramme Heidemarie Wieczorek-Zeul Manuel Höferlin Nicolette Kressl Waltraud Wolff Elke Hoff SPD Angelika Krüger-Leißner (Wolmirstedt) Birgit Homburger Ute Kumpf Uta Zapf Dr. Werner Hoyer Ingrid Arndt-Brauer Christine Lambrecht Dagmar Ziegler Heiner Kamp Rainer Arnold Christian Lange (Backnang) Manfred Zöllmer Michael Kauch Heinz-Joachim Barchmann Dr. Karl Lauterbach Brigitte Zypries Dr. Lutz Knopek Doris Barnett Steffen-Claudio Lemme Pascal Kober Dr. Hans-Peter Bartels Burkhard Lischka DIE LINKE Klaus Barthel Dr. Heinrich L. Kolb Gabriele Lösekrug-Möller Jan van Aken Gudrun Kopp Sören Bartol Kirsten Lühmann Bärbel Bas Agnes Alpers Dr. h. c. Jürgen Koppelin Caren Marks Dr. Dietmar Bartsch Sebastian Körber Dirk Becker Katja Mast Uwe Beckmeyer Herbert Behrens Holger Krestel Hilde Mattheis Matthias W. Birkwald Patrick Kurth (Kyffhäuser) Lothar Binding (Heidelberg) Petra Merkel (Berlin) Gerd Bollmann Heidrun Bluhm Heinz Lanfermann Ullrich Meßmer Steffen Bockhahn Sibylle Laurischk Klaus Brandner Dr. Matthias Miersch Willi Brase Christine Buchholz Harald Leibrecht Franz Müntefering Bernhard Brinkmann Eva Bulling-Schröter Sabine Leutheusser- Dr. Rolf Mützenich (Hildesheim) Dr. Martina Bunge Schnarrenberger Andrea Nahles Edelgard Bulmahn Roland Claus Lars Lindemann Manfred Nink Marco Bülow Sevim Dağdelen Christian Lindner Thomas Oppermann Ulla Burchardt Dr. Diether Dehm Dr. Martin Lindner (Berlin) Holger Ortel Martin Burkert Heidrun Dittrich Michael Link (Heilbronn) Aydan Özoğuz Petra Crone Werner Dreibus Dr. Erwin Lotter Heinz Paula Dr. Peter Danckert Dr. Dagmar Enkelmann Oliver Luksic Martin Dörmann Johannes Pflug Klaus Ernst (B) Horst Meierhofer Elvira Drobinski-Weiß Joachim Poß Wolfgang Gehrcke (D) Patrick Meinhardt Garrelt Duin Dr. Wilhelm Priesmeier Nicole Gohlke Gabriele Molitor Sebastian Edathy Florian Pronold Annette Groth Jan Mücke Siegmund Ehrmann Dr. Sascha Raabe Dr. Gregor Gysi Petra Müller (Aachen) Dr. h. c. Gernot Erler Mechthild Rawert Heike Hänsel Burkhardt Müller-Sönksen Petra Ernstberger Gerold Reichenbach Dr. Rosemarie Hein Dr. Martin Neumann Karin Evers-Meyer Dr. Carola Reimann Inge Höger (Lausitz) Elke Ferner Sönke Rix Dr. Barbara Höll Dirk Niebel Gabriele Fograscher René Röspel Andrej Hunko Hans-Joachim Otto Dr. Edgar Franke Dr. Ernst Dieter Rossmann Ulla Jelpke (Frankfurt) Peter Friedrich Karin Roth (Esslingen) Dr. Lukrezia Jochimsen Cornelia Pieper Sigmar Gabriel Michael Roth (Heringen) Katja Kipping Gisela Piltz Michael Gerdes Marlene Rupprecht Harald Koch Dr. Christiane Ratjen- Martin Gerster (Tuchenbach) Jan Korte Damerau Iris Gleicke Anton Schaaf Katrin Kunert Dr. Birgit Reinemund Ulrike Gottschalck Axel Schäfer (Bochum) Caren Lay Dr. Peter Röhlinger Angelika Graf (Rosenheim) Bernd Scheelen Ralph Lenkert Dr. Stefan Ruppert Kerstin Griese Marianne Schieder Michael Leutert Björn Sänger Michael Groschek (Schwandorf) Stefan Liebich Frank Schäffler Michael Groß Werner Schieder (Weiden) Ulla Lötzer Christoph Schnurr Hans-Joachim Hacker Ulla Schmidt (Aachen) Dr. Gesine Lötzsch Jimmy Schulz Bettina Hagedorn Silvia Schmidt (Eisleben) Thomas Lutze Marina Schuster Klaus Hagemann Carsten Schneider (Erfurt) Ulrich Maurer Dr. Erik Schweickert Hubertus Heil (Peine) Olaf Scholz Dorothée Menzner Werner Simmling Rolf Hempelmann Swen Schulz (Spandau) Cornelia Möhring Judith Skudelny Dr. Barbara Hendricks Ewald Schurer Kornelia Möller Dr. Hermann Otto Solms Gustav Herzog Frank Schwabe Niema Movassat Joachim Spatz Gabriele Hiller-Ohm Rolf Schwanitz Wolfgang Nešković Dr. Max Stadler Petra Hinz (Essen) Stefan Schwartze Thomas Nord Torsten Staffeldt Frank Hofmann (Volkach) Dr. Carsten Sieling Petra Pau Dr. Rainer Stinner Dr. Eva Högl Sonja Steffen Jens Petermann Stephan Thomae Christel Humme Peer Steinbrück Richard Pitterle Florian Toncar Josip Juratovic Dr. Frank-Walter Steinmeier Yvonne Ploetz Serkan Tören Oliver Kaczmarek Christoph Strässer Ingrid Remmers Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7235

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Paul Schäfer (Köln) Birgitt Bender Sylvia Kotting-Uhl Christine Scheel (C) Michael Schlecht Alexander Bonde Oliver Krischer Dr. Gerhard Schick Dr. Herbert Schui Viola von Cramon-Taubadel Agnes Krumwiede Dr. Frithjof Schmidt Dr. Ilja Seifert Ekin Deligöz Fritz Kuhn Dorothea Steiner Raju Sharma Katja Dörner Stephan Kühn Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Petra Sitte Hans-Josef Fell Renate Künast Kuhn Kersten Steinke Dr. Thomas Gambke Markus Kurth Hans-Christian Ströbele Sabine Stüber Kai Gehring Undine Kurth (Quedlinburg) Dr. Harald Terpe Alexander Süßmair Katrin Göring-Eckardt Monika Lazar Markus Tressel Dr. Kirsten Tackmann Britta Haßelmann Nicole Maisch Jürgen Trittin Frank Tempel Bettina Herlitzius Agnes Malczak Daniela Wagner Alexander Ulrich Winfried Hermann Jerzy Montag Wolfgang Wieland Kathrin Vogler Priska Hinz (Herborn) Kerstin Müller (Köln) Dr. Valerie Wilms Halina Wawzyniak Ulrike Höfken Beate Müller-Gemmeke Josef Philip Winkler Harald Weinberg Dr. Anton Hofreiter Ingrid Nestle Katrin Werner Bärbel Höhn Dr. Konstantin von Notz Enthalten Jörn Wunderlich Ingrid Hönlinger Omid Nouripour Thilo Hoppe Friedrich Ostendorff CDU/CSU BÜNDNIS 90/ Uwe Kekeritz Dr. Hermann Ott DIE GRÜNEN Katja Keul Brigitte Pothmer Dr. Egon Jüttner Memet Kilic Tabea Rößner Dr. Norbert Lammert Kerstin Andreae Sven-Christian Kindler Claudia Roth (Augsburg) Marieluise Beck (Bremen) Maria Klein-Schmeink Krista Sager FDP Volker Beck (Köln) Ute Koczy Manuel Sarrazin Cornelia Behm Tom Koenigs Elisabeth Scharfenberg Sebastian Blumenthal

Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Ge- 593 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 321, mit Nein ha- setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP über ben gestimmt 271, eine Abgeordnete oder ein Abgeord- den Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sonder- neter hat sich enthalten. Der Gesetzentwurf ist ebenfalls vermögens „Energie- und Klimafonds“ auf den Druck- angenommen. sachen 17/3053 und 17/3405: Abgegeben wurden (B) (D)

Endgültiges Ergebnis Wolfgang Börnsen Erich G. Fritz Frank Heinrich Abgegebene Stimmen: 589; (Bönstrup) Dr. Michael Fuchs Rudolf Henke Wolfgang Bosbach Hans-Joachim Fuchtel Michael Hennrich davon Norbert Brackmann Alexander Funk Jürgen Herrmann ja: 320 Klaus Brähmig Ingo Gädechens Ansgar Heveling nein: 268 Michael Brand Dr. Thomas Gebhart Ernst Hinsken enthalten: 1 Dr. Reinhard Brandl Norbert Geis Peter Hintze Helmut Brandt Alois Gerig Christian Hirte Ja Dr. Ralf Brauksiepe Eberhard Gienger Robert Hochbaum Dr. Helge Braun Michael Glos Karl Holmeier CDU/CSU Heike Brehmer Josef Göppel Franz-Josef Holzenkamp Ralph Brinkhaus Peter Götz Joachim Hörster Ilse Aigner Gitta Connemann Dr. Wolfgang Götzer Anette Hübinger Peter Altmaier Leo Dautzenberg Ute Granold Thomas Jarzombek Peter Aumer Alexander Dobrindt Reinhard Grindel Dieter Jasper Dorothee Bär Thomas Dörflinger Hermann Gröhe Dr. Franz Josef Jung Thomas Bareiß Marie-Luise Dött Michael Grosse-Brömer Andreas Jung (Konstanz) Norbert Barthle Dr. Thomas Feist Markus Grübel Bartholomäus Kalb Günter Baumann Enak Ferlemann Manfred Grund Hans-Werner Kammer Ernst-Reinhard Beck Ingrid Fischbach Monika Grütters Alois Karl (Reutlingen) Hartwig Fischer (Göttingen) Dr. Karl-Theodor Freiherr Bernhard Kaster Dirk Fischer (Hamburg) zu Guttenberg Siegfried Kauder (Villingen- Manfred Behrens (Börde) Axel E. Fischer (Karlsruhe- Olav Gutting Schwenningen) Veronika Bellmann Land) Florian Hahn Volker Kauder Dr. Christoph Bergner Dr. Maria Flachsbarth Holger Haibach Dr. Stefan Kaufmann Peter Beyer Klaus-Peter Flosbach Dr. Stephan Harbarth Roderich Kiesewetter Steffen Bilger Herbert Frankenhauser Jürgen Hardt Eckart von Klaeden Clemens Binninger Dr. Hans-Peter Friedrich Gerda Hasselfeldt Ewa Klamt Peter Bleser (Hof) Dr. Matthias Heider Volkmar Klein Dr. Maria Böhmer Michael Frieser Mechthild Heil Jürgen Klimke 7236 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Julia Klöckner Dr. Christian Ruck Christine Aschenberg- Dr. Christiane Ratjen- (C) Axel Knoerig Erwin Rüddel Dugnus Damerau Jens Koeppen Albert Rupprecht (Weiden) Daniel Bahr (Münster) Dr. Birgit Reinemund Dr. Kristina Schröder Anita Schäfer (Saalstadt) Florian Bernschneider Dr. Peter Röhlinger Manfred Kolbe Dr. Wolfgang Schäuble Sebastian Blumenthal Dr. Stefan Ruppert Dr. Rolf Koschorrek Dr. Annette Schavan Claudia Bögel Björn Sänger Hartmut Koschyk Dr. Andreas Scheuer Nicole Bracht-Bendt Frank Schäffler Thomas Kossendey Karl Schiewerling Klaus Breil Christoph Schnurr Michael Kretschmer Norbert Schindler Rainer Brüderle Jimmy Schulz Dr. Günter Krings Tankred Schipanski Angelika Brunkhorst Marina Schuster Rüdiger Kruse Georg Schirmbeck Ernst Burgbacher Dr. Erik Schweickert Bettina Kudla Christian Schmidt (Fürth) Sylvia Canel Werner Simmling Dr. Hermann Kues Patrick Schnieder Helga Daub Judith Skudelny Günter Lach Dr. Andreas Schockenhoff Reiner Deutschmann Dr. Hermann Otto Solms Dr. Karl A. Lamers Dr. Ole Schröder Dr. Bijan Djir-Sarai Joachim Spatz (Heidelberg) Bernhard Schulte-Drüggelte Patrick Döring Dr. Max Stadler Andreas G. Lämmel Uwe Schummer Mechthild Dyckmans Torsten Staffeldt Dr. Norbert Lammert Armin Schuster (Weil am Rainer Erdel Dr. Rainer Stinner Katharina Landgraf Rhein) Jörg van Essen Stephan Thomae Ulrich Lange Detlef Seif Ulrike Flach Florian Toncar Serkan Tören Dr. Max Lehmer Johannes Selle Otto Fricke Johannes Vogel Paul Lehrieder Reinhold Sendker Dr. Edmund Peter Geisen (Lüdenscheid) Dr. Ursula von der Leyen Dr. Patrick Sensburg Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Daniel Volk Ingbert Liebing Bernd Siebert Hans-Michael Goldmann Matthias Lietz Thomas Silberhorn Dr. Guido Westerwelle Heinz Golombeck Dr. Claudia Winterstein Dr. Carsten Linnemann Johannes Singhammer Miriam Gruß Patricia Lips Jens Spahn Dr. Volker Wissing Joachim Günther (Plauen) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Dr. Jan-Marco Luczak Carola Stauche Dr. Christel Happach-Kasan Dr. Michael Luther Dr. Frank Steffel Heinz-Peter Haustein Karin Maag Nein Erika Steinbach Manuel Höferlin Hans-Georg von der Marwitz Christian Freiherr von Stetten Elke Hoff Andreas Mattfeldt SPD Dieter Stier Birgit Homburger Stephan Mayer (Altötting) Gero Storjohann Dr. Werner Hoyer Ingrid Arndt-Brauer Dr. Michael Meister Stephan Stracke Heiner Kamp Rainer Arnold (B) Maria Michalk Max Straubinger Heinz-Joachim Barchmann (D) Dr. h. c. Hans Michelbach Michael Kauch Karin Strenz Dr. Lutz Knopek Doris Barnett Dr. Mathias Middelberg Thomas Strobl (Heilbronn) Dr. Hans-Peter Bartels Philipp Mißfelder Pascal Kober Lena Strothmann Dr. Heinrich L. Kolb Klaus Barthel Dietrich Monstadt Michael Stübgen Sören Bartol Marlene Mortler Gudrun Kopp Dr. Peter Tauber Dr. h. c. Jürgen Koppelin Bärbel Bas Dr. Gerd Müller Dirk Becker Antje Tillmann Sebastian Körber Stefan Müller (Erlangen) Uwe Beckmeyer Dr. Hans-Peter Uhl Holger Krestel Nadine Schön (St. Wendel) Lothar Binding (Heidelberg) Arnold Vaatz Patrick Kurth (Kyffhäuser) Dr. Philipp Murmann Gerd Bollmann Volkmar Vogel (Kleinsaara) Heinz Lanfermann Bernd Neumann (Bremen) Stefanie Vogelsang Klaus Brandner Michaela Noll Sibylle Laurischk Willi Brase Andrea Astrid Voßhoff Harald Leibrecht Dr. Georg Nüßlein Dr. Johann Wadephul Bernhard Brinkmann Franz Obermeier Sabine Leutheusser- (Hildesheim) Marco Wanderwitz Schnarrenberger Henning Otte Kai Wegner Edelgard Bulmahn Dr. Michael Paul Lars Lindemann Marco Bülow Marcus Weinberg (Hamburg) Christian Lindner Rita Pawelski Peter Weiß (Emmendingen) Ulla Burchardt Ulrich Petzold Dr. Martin Lindner (Berlin) Martin Burkert Sabine Weiss (Wesel I) Michael Link (Heilbronn) Dr. Joachim Pfeiffer Ingo Wellenreuther Petra Crone Sibylle Pfeiffer Dr. Erwin Lotter Karl-Georg Wellmann Dr. Peter Danckert Beatrix Philipp Oliver Luksic Peter Wichtel Martin Dörmann Ronald Pofalla Horst Meierhofer Annette Widmann-Mauz Elvira Drobinski-Weiß Christoph Poland Patrick Meinhardt Klaus-Peter Willsch Garrelt Duin Ruprecht Polenz Gabriele Molitor Elisabeth Winkelmeier- Sebastian Edathy Eckhard Pols Jan Mücke Becker Siegmund Ehrmann Daniela Raab Petra Müller (Aachen) Dagmar Wöhrl Dr. h. c. Gernot Erler Thomas Rachel Burkhardt Müller-Sönksen Dr. Matthias Zimmer Petra Ernstberger Katherina Reiche (Potsdam) Dr. Martin Neumann Karin Evers-Meyer Wolfgang Zöller Lothar Riebsamen (Lausitz) Elke Ferner Willi Zylajew Josef Rief Dirk Niebel Gabriele Fograscher Klaus Riegert Hans-Joachim Otto Dr. Edgar Franke FDP Dr. Heinz Riesenhuber (Frankfurt) Peter Friedrich Johannes Röring Jens Ackermann Cornelia Pieper Sigmar Gabriel Dr. Norbert Röttgen Christian Ahrendt Gisela Piltz Michael Gerdes Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7237

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Martin Gerster Sönke Rix Nicole Gohlke Kai Gehring (C) Iris Gleicke René Röspel Annette Groth Katrin Göring-Eckardt Ulrike Gottschalck Dr. Ernst Dieter Rossmann Dr. Gregor Gysi Britta Haßelmann Angelika Graf (Rosenheim) Karin Roth (Esslingen) Heike Hänsel Bettina Herlitzius Kerstin Griese Michael Roth (Heringen) Dr. Rosemarie Hein Winfried Hermann Michael Groschek Marlene Rupprecht Inge Höger Priska Hinz (Herborn) Michael Groß (Tuchenbach) Dr. Barbara Höll Ulrike Höfken Hans-Joachim Hacker Anton Schaaf Andrej Hunko Dr. Anton Hofreiter Bettina Hagedorn Axel Schäfer (Bochum) Ulla Jelpke Bärbel Höhn Klaus Hagemann Bernd Scheelen Dr. Lukrezia Jochimsen Ingrid Hönlinger Hubertus Heil (Peine) Marianne Schieder Katja Kipping Uwe Kekeritz Rolf Hempelmann (Schwandorf) Harald Koch Katja Keul Dr. Barbara Hendricks Werner Schieder (Weiden) Jan Korte Memet Kilic Gustav Herzog Ulla Schmidt (Aachen) Katrin Kunert Sven-Christian Kindler Gabriele Hiller-Ohm Silvia Schmidt (Eisleben) Caren Lay Maria Klein-Schmeink Petra Hinz (Essen) Carsten Schneider (Erfurt) Ralph Lenkert Ute Koczy Frank Hofmann (Volkach) Olaf Scholz Michael Leutert Tom Koenigs Dr. Eva Högl Swen Schulz (Spandau) Stefan Liebich Sylvia Kotting-Uhl Christel Humme Ewald Schurer Ulla Lötzer Oliver Krischer Josip Juratovic Frank Schwabe Dr. Gesine Lötzsch Agnes Krumwiede Oliver Kaczmarek Dr. Martin Schwanholz Thomas Lutze Fritz Kuhn Johannes Kahrs Rolf Schwanitz Ulrich Maurer Stephan Kühn Dr. h. c. Susanne Kastner Stefan Schwartze Dorothée Menzner Renate Künast Ulrich Kelber Dr. Carsten Sieling Cornelia Möhring Markus Kurth Lars Klingbeil Sonja Steffen Kornelia Möller Undine Kurth (Quedlinburg) Hans-Ulrich Klose Peer Steinbrück Niema Movassat Monika Lazar Dr. Frank-Walter Steinmeier Wolfgang Nešković Dr. Bärbel Kofler Nicole Maisch Christoph Strässer Thomas Nord Daniela Kolbe (Leipzig) Agnes Malczak Kerstin Tack Petra Pau Fritz Rudolf Körper Jerzy Montag Dr. h. c. Wolfgang Thierse Jens Petermann Anette Kramme Kerstin Müller (Köln) Franz Thönnes Richard Pitterle Nicolette Kressl Beate Müller-Gemmeke Wolfgang Tiefensee Yvonne Ploetz Angelika Krüger-Leißner Ingrid Nestle Ute Kumpf Rüdiger Veit Ingrid Remmers Ute Vogt Dr. Herbert Schui Dr. Konstantin von Notz Christine Lambrecht Omid Nouripour Christian Lange (Backnang) Dr. Marlies Volkmer Dr. Ilja Seifert (B) Andrea Wicklein Raju Sharma Friedrich Ostendorff (D) Dr. Karl Lauterbach Dr. Hermann Ott Steffen-Claudio Lemme Heidemarie Wieczorek-Zeul Dr. Petra Sitte Waltraud Wolff Kersten Steinke Brigitte Pothmer Burkhard Lischka Tabea Rößner Gabriele Lösekrug-Möller (Wolmirstedt) Sabine Stüber Uta Zapf Alexander Süßmair Claudia Roth (Augsburg) Kirsten Lühmann Krista Sager Caren Marks Dagmar Ziegler Dr. Kirsten Tackmann Manfred Zöllmer Frank Tempel Manuel Sarrazin Katja Mast Elisabeth Scharfenberg Hilde Mattheis Brigitte Zypries Alexander Ulrich Kathrin Vogler Christine Scheel Petra Merkel (Berlin) Dr. Gerhard Schick Ullrich Meßmer DIE LINKE Halina Wawzyniak Harald Weinberg Dr. Frithjof Schmidt Dr. Matthias Miersch Jan van Aken Katrin Werner Dorothea Steiner Franz Müntefering Agnes Alpers Jörn Wunderlich Dr. Wolfgang Strengmann- Dr. Rolf Mützenich Dr. Dietmar Bartsch Kuhn Andrea Nahles Herbert Behrens Hans-Christian Ströbele Manfred Nink BÜNDNIS 90/ Matthias W. Birkwald Dr. Harald Terpe Thomas Oppermann DIE GRÜNEN Heidrun Bluhm Markus Tressel Holger Ortel Steffen Bockhahn Kerstin Andreae Jürgen Trittin Aydan Özoğuz Christine Buchholz Marieluise Beck (Bremen) Daniela Wagner Heinz Paula Eva Bulling-Schröter Volker Beck (Köln) Wolfgang Wieland Johannes Pflug Dr. Martina Bunge Cornelia Behm Dr. Valerie Wilms Joachim Poß Roland Claus Birgitt Bender Josef Philip Winkler Dr. Wilhelm Priesmeier Sevim Dağdelen Alexander Bonde Florian Pronold Dr. Diether Dehm Viola von Cramon-Taubadel Enthalten Dr. Sascha Raabe Heidrun Dittrich Ekin Deligöz Mechthild Rawert Werner Dreibus Katja Dörner CDU/CSU Gerold Reichenbach Dr. Dagmar Enkelmann Hans-Josef Fell Dr. Carola Reimann Klaus Ernst Dr. Thomas Gambke Dr. Egon Jüttner 7238 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Ge- 589 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt 319, mit Nein ha- (C) setzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP zum ben gestimmt 269, es gab eine Enthaltung. Der Gesetz- Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergesetzes auf den entwurf ist ebenfalls angenommen. Drucksachen 17/3054 und 17/3405: Abgeben wurden

Endgültiges Ergebnis Hans-Joachim Fuchtel Jens Koeppen Lothar Riebsamen Abgegebenen Stimmen: 589; Alexander Funk Dr. Kristina Schröder Josef Rief davon Ingo Gädechens Manfred Kolbe Klaus Riegert Dr. Thomas Gebhart Dr. Rolf Koschorrek Dr. Heinz Riesenhuber ja: 319 Norbert Geis Hartmut Koschyk Johannes Röring nein: 269 Alois Gerig Thomas Kossendey Dr. Norbert Röttgen enthalten: 1 Eberhard Gienger Michael Kretschmer Dr. Christian Ruck Michael Glos Dr. Günter Krings Erwin Rüddel Ja Josef Göppel Rüdiger Kruse Albert Rupprecht (Weiden) Peter Götz Bettina Kudla Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU Dr. Wolfgang Götzer Dr. Hermann Kues Dr. Annette Schavan Ute Granold Günter Lach Dr. Andreas Scheuer Ilse Aigner Reinhard Grindel Dr. Karl A. Lamers Karl Schiewerling Peter Altmaier Hermann Gröhe (Heidelberg) Norbert Schindler Peter Aumer Michael Grosse-Brömer Andreas G. Lämmel Tankred Schipanski Dorothee Bär Markus Grübel Dr. Norbert Lammert Georg Schirmbeck Thomas Bareiß Manfred Grund Katharina Landgraf Christian Schmidt (Fürth) Norbert Barthle Monika Grütters Ulrich Lange Patrick Schnieder Günter Baumann Dr. Karl-Theodor Freiherr Dr. Max Lehmer Dr. Andreas Schockenhoff Ernst-Reinhard Beck zu Guttenberg Paul Lehrieder Dr. Ole Schröder (Reutlingen) Olav Gutting Dr. Ursula von der Leyen Bernhard Schulte-Drüggelte Manfred Behrens (Börde) Florian Hahn Ingbert Liebing Uwe Schummer Veronika Bellmann Holger Haibach Matthias Lietz Armin Schuster (Weil am Dr. Christoph Bergner Dr. Stephan Harbarth Dr. Carsten Linnemann Rhein) Peter Beyer Jürgen Hardt Patricia Lips Detlef Seif Steffen Bilger Gerda Hasselfeldt Dr. Jan-Marco Luczak Reinhold Sendker Clemens Binninger Dr. Matthias Heider Dr. Michael Luther Dr. Patrick Sensburg (B) Peter Bleser Mechthild Heil Karin Maag Bernd Siebert (D) Dr. Maria Böhmer Frank Heinrich Hans-Georg von der Marwitz Thomas Silberhorn Wolfgang Börnsen Rudolf Henke Andreas Mattfeldt Johannes Singhammer (Bönstrup) Michael Hennrich Stephan Mayer (Altötting) Jens Spahn Wolfgang Bosbach Jürgen Herrmann Dr. Michael Meister Carola Stauche Norbert Brackmann Ansgar Heveling Maria Michalk Dr. Frank Steffel Klaus Brähmig Ernst Hinsken Dr. h. c. Hans Michelbach Erika Steinbach Michael Brand Peter Hintze Dr. Mathias Middelberg Christian Freiherr von Stetten Dr. Reinhard Brandl Christian Hirte Philipp Mißfelder Dieter Stier Helmut Brandt Robert Hochbaum Dietrich Monstadt Gero Storjohann Dr. Ralf Brauksiepe Karl Holmeier Marlene Mortler Stephan Stracke Dr. Helge Braun Franz-Josef Holzenkamp Dr. Gerd Müller Max Straubinger Heike Brehmer Joachim Hörster Stefan Müller (Erlangen) Karin Strenz Ralph Brinkhaus Anette Hübinger Nadine Schön (St. Wendel) Thomas Strobl (Heilbronn) Gitta Connemann Thomas Jarzombek Dr. Philipp Murmann Lena Strothmann Leo Dautzenberg Dieter Jasper Bernd Neumann (Bremen) Michael Stübgen Alexander Dobrindt Dr. Franz Josef Jung Michaela Noll Dr. Peter Tauber Thomas Dörflinger Andreas Jung (Konstanz) Dr. Georg Nüßlein Antje Tillmann Marie-Luise Dött Bartholomäus Kalb Franz Obermeier Dr. Hans-Peter Uhl Dr. Thomas Feist Hans-Werner Kammer Henning Otte Arnold Vaatz Enak Ferlemann Steffen Kampeter Dr. Michael Paul Volkmar Vogel (Kleinsaara) Ingrid Fischbach Alois Karl Rita Pawelski Stefanie Vogelsang Hartwig Fischer (Göttingen) Bernhard Kaster Ulrich Petzold Andrea Astrid Voßhoff Dirk Fischer (Hamburg) Siegfried Kauder (Villingen- Dr. Joachim Pfeiffer Dr. Johann Wadephul Axel E. Fischer (Karlsruhe- Schwenningen) Sibylle Pfeiffer Marco Wanderwitz Land) Volker Kauder Beatrix Philipp Kai Wegner Dr. Maria Flachsbarth Dr. Stefan Kaufmann Ronald Pofalla Marcus Weinberg (Hamburg) Klaus-Peter Flosbach Roderich Kiesewetter Christoph Poland Peter Weiß (Emmendingen) Herbert Frankenhauser Eckart von Klaeden Ruprecht Polenz Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Hans-Peter Friedrich Ewa Klamt Eckhard Pols Ingo Wellenreuther (Hof) Volkmar Klein Daniela Raab Karl-Georg Wellmann Michael Frieser Jürgen Klimke Thomas Rachel Peter Wichtel Erich G. Fritz Julia Klöckner Eckhardt Rehberg Annette Widmann-Mauz Dr. Michael Fuchs Axel Knoerig Katherina Reiche (Potsdam) Klaus-Peter Willsch Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7239

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Elisabeth Winkelmeier- Burkhardt Müller-Sönksen Petra Ernstberger Gerold Reichenbach (C) Becker Dr. Martin Neumann Karin Evers-Meyer Dr. Carola Reimann Dagmar Wöhrl (Lausitz) Elke Ferner Sönke Rix Dr. Matthias Zimmer Dirk Niebel Gabriele Fograscher René Röspel Wolfgang Zöller Hans-Joachim Otto Dr. Edgar Franke Dr. Ernst Dieter Rossmann Willi Zylajew (Frankfurt) Peter Friedrich Karin Roth (Esslingen) Cornelia Pieper Sigmar Gabriel Michael Roth (Heringen) FDP Gisela Piltz Michael Gerdes Marlene Rupprecht Dr. Christiane Ratjen- (Tuchenbach) Jens Ackermann Martin Gerster Damerau Anton Schaaf Christian Ahrendt Iris Gleicke Dr. Birgit Reinemund Axel Schäfer (Bochum) Christine Aschenberg- Ulrike Gottschalck Dr. Peter Röhlinger Bernd Scheelen Dugnus Angelika Graf (Rosenheim) Dr. Stefan Ruppert Marianne Schieder Daniel Bahr (Münster) Kerstin Griese Björn Sänger (Schwandorf) Florian Bernschneider Michael Groschek Frank Schäffler Werner Schieder (Weiden) Sebastian Blumenthal Michael Groß Christoph Schnurr Ulla Schmidt (Aachen) Claudia Bögel Hans-Joachim Hacker Jimmy Schulz Silvia Schmidt (Eisleben) Nicole Bracht-Bendt Bettina Hagedorn Marina Schuster Carsten Schneider (Erfurt) Klaus Breil Klaus Hagemann Dr. Erik Schweickert Olaf Scholz Rainer Brüderle Hubertus Heil (Peine) Werner Simmling Swen Schulz (Spandau) Angelika Brunkhorst Rolf Hempelmann Judith Skudelny Ewald Schurer Ernst Burgbacher Dr. Barbara Hendricks Dr. Hermann Otto Solms Frank Schwabe Sylvia Canel Gustav Herzog Joachim Spatz Dr. Martin Schwanholz Helga Daub Gabriele Hiller-Ohm Dr. Max Stadler Rolf Schwanitz Reiner Deutschmann Petra Hinz (Essen) Torsten Staffeldt Stefan Schwartze Dr. Bijan Djir-Sarai Frank Hofmann (Volkach) Dr. Rainer Stinner Dr. Carsten Sieling Patrick Döring Dr. Eva Högl Stephan Thomae Sonja Steffen Mechthild Dyckmans Christel Humme Florian Toncar Peer Steinbrück Rainer Erdel Josip Juratovic Serkan Tören Dr. Frank-Walter Steinmeier Jörg van Essen Oliver Kaczmarek Johannes Vogel Christoph Strässer Ulrike Flach Johannes Kahrs (Lüdenscheid) Kerstin Tack Otto Fricke Dr. h. c. Susanne Kastner Dr. Daniel Volk Dr. h. c. Wolfgang Thierse Dr. Edmund Peter Geisen Ulrich Kelber Dr. Guido Westerwelle Franz Thönnes Dr. Wolfgang Gerhardt Lars Klingbeil Dr. Claudia Winterstein Wolfgang Tiefensee Hans-Michael Goldmann Hans-Ulrich Klose Dr. Volker Wissing Rüdiger Veit Heinz Golombeck Dr. Bärbel Kofler (B) Hartfrid Wolff (Rems-Murr) Ute Vogt (D) Miriam Gruß Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Marlies Volkmer Joachim Günther (Plauen) Fritz Rudolf Körper Andrea Wicklein Dr. Christel Happach-Kasan Nein Anette Kramme Heidemarie Wieczorek-Zeul Heinz-Peter Haustein Nicolette Kressl Waltraud Wolff Manuel Höferlin SPD Angelika Krüger-Leißner (Wolmirstedt) Elke Hoff Ute Kumpf Ingrid Arndt-Brauer Uta Zapf Birgit Homburger Christine Lambrecht Rainer Arnold Dagmar Ziegler Dr. Werner Hoyer Christian Lange (Backnang) Heinz-Joachim Barchmann Manfred Zöllmer Heiner Kamp Dr. Karl Lauterbach Doris Barnett Brigitte Zypries Michael Kauch Dr. Hans-Peter Bartels Steffen-Claudio Lemme Dr. Lutz Knopek Burkhard Lischka Klaus Barthel DIE LINKE Dr. Heinrich L. Kolb Sören Bartol Gabriele Lösekrug-Möller Gudrun Kopp Bärbel Bas Kirsten Lühmann Jan van Aken Dr. h. c. Jürgen Koppelin Dirk Becker Caren Marks Agnes Alpers Sebastian Körber Uwe Beckmeyer Katja Mast Dr. Dietmar Bartsch Holger Krestel Lothar Binding (Heidelberg) Hilde Mattheis Herbert Behrens Patrick Kurth (Kyffhäuser) Gerd Bollmann Petra Merkel (Berlin) Matthias W. Birkwald Heinz Lanfermann Klaus Brandner Ullrich Meßmer Heidrun Bluhm Sibylle Laurischk Willi Brase Dr. Matthias Miersch Steffen Bockhahn Harald Leibrecht Bernhard Brinkmann Franz Müntefering Christine Buchholz Sabine Leutheusser- (Hildesheim) Dr. Rolf Mützenich Eva Bulling-Schröter Schnarrenberger Edelgard Bulmahn Andrea Nahles Dr. Martina Bunge Lars Lindemann Marco Bülow Manfred Nink Roland Claus Christian Lindner Ulla Burchardt Thomas Oppermann Sevim Dağdelen Dr. Martin Lindner (Berlin) Martin Burkert Holger Ortel Dr. Diether Dehm Michael Link (Heilbronn) Petra Crone Aydan Özoğuz Heidrun Dittrich Dr. Erwin Lotter Dr. Peter Danckert Heinz Paula Werner Dreibus Oliver Luksic Martin Dörmann Johannes Pflug Dr. Dagmar Enkelmann Horst Meierhofer Elvira Drobinski-Weiß Joachim Poß Klaus Ernst Patrick Meinhardt Garrelt Duin Dr. Wilhelm Priesmeier Nicole Gohlke Gabriele Molitor Sebastian Edathy Florian Pronold Annette Groth Jan Mücke Siegmund Ehrmann Dr. Sascha Raabe Dr. Gregor Gysi Petra Müller (Aachen) Dr. h. c. Gernot Erler Mechthild Rawert Heike Hänsel 7240 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Dr. Rosemarie Hein Dr. Ilja Seifert Winfried Hermann Friedrich Ostendorff (C) Inge Höger Raju Sharma Priska Hinz (Herborn) Dr. Hermann Ott Dr. Barbara Höll Dr. Petra Sitte Ulrike Höfken Brigitte Pothmer Andrej Hunko Kersten Steinke Dr. Anton Hofreiter Tabea Rößner Ulla Jelpke Sabine Stüber Bärbel Höhn Claudia Roth (Augsburg) Dr. Lukrezia Jochimsen Alexander Süßmair Ingrid Hönlinger Krista Sager Dr. Kirsten Tackmann Katja Kipping Thilo Hoppe Manuel Sarrazin Harald Koch Frank Tempel Uwe Kekeritz Elisabeth Scharfenberg Jan Korte Alexander Ulrich Katja Keul Christine Scheel Katrin Kunert Kathrin Vogler Memet Kilic Caren Lay Halina Wawzyniak Sven-Christian Kindler Dr. Gerhard Schick Ralph Lenkert Harald Weinberg Maria Klein-Schmeink Dr. Frithjof Schmidt Michael Leutert Katrin Werner Ute Koczy Dorothea Steiner Stefan Liebich Jörn Wunderlich Tom Koenigs Dr. Wolfgang Strengmann- Ulla Lötzer Sylvia Kotting-Uhl Kuhn Dr. Gesine Lötzsch BÜNDNIS 90/ Oliver Krischer Hans-Christian Ströbele Thomas Lutze DIE GRÜNEN Agnes Krumwiede Dr. Harald Terpe Ulrich Maurer Kerstin Andreae Fritz Kuhn Markus Tressel Dorothée Menzner Marieluise Beck (Bremen) Stephan Kühn Jürgen Trittin Cornelia Möhring Volker Beck (Köln) Renate Künast Daniela Wagner Kornelia Möller Cornelia Behm Markus Kurth Wolfgang Wieland Niema Movassat Alexander Bonde Undine Kurth (Quedlinburg) Dr. Valerie Wilms Wolfgang Nešković Viola von Cramon-Taubadel Monika Lazar Josef Philip Winkler Thomas Nord Ekin Deligöz Nicole Maisch Petra Pau Katja Dörner Agnes Malczak Jens Petermann Hans-Josef Fell Jerzy Montag Enthalten Richard Pitterle Dr. Thomas Gambke Kerstin Müller (Köln) Yvonne Ploetz Kai Gehring Beate Müller-Gemmeke CDU/CSU Ingrid Remmers Katrin Göring-Eckardt Ingrid Nestle Dr. Egon Jüttner Michael Schlecht Britta Haßelmann Dr. Konstantin von Notz Dr. Herbert Schui Bettina Herlitzius Omid Nouripour

(B) (D) Wir fahren in unserer Debatte fort. Ich erteile das fentlichkeit dringen, die aber gesagt und berichtet wer- Wort dem Kollegen Olaf Scholz für die SPD-Fraktion. den müssen: Deutschland hat seit dem 1. Januar 2009 (Beifall bei der SPD) den offensten Arbeitsmarkt für akademisch qualifi- zierte Arbeitskräfte auf der ganzen Welt. Seit diesem Datum ist es möglich, dass diejenigen, die in der EU als Olaf Scholz (SPD): akademisch Qualifizierte nach Arbeit suchen, in Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestat- Deutschland arbeiten – ohne Einschränkung und ohne ten Sie mir eine kurze Vorbemerkung zu dem Beitrag des Vorrangprüfung. Sie müssen nicht auf den 1. Mai 2011 Kollegen Grindel. Er hat uns ein großes Sprachrätsel warten, sondern das ist schon jetzt so. aufgegeben, nämlich die Frage: Wie bekommen wir das mit der Einbürgerung der Mitbürger hin? Darüber hinaus haben wir die Möglichkeit geschaffen, (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) mit der Vorrangprüfung in Deutschland einen Arbeits- platz zu suchen, und zwar – das muss man ausdrücklich Das haben Sie an einer Stelle als Aufgabe beschrieben. sagen – unabhängig von der Höhe des Einkommens: Ich finde, wir sollten uns einmal länger damit beschäfti- 31 000 Euro, 42 000 Euro oder was auch immer. Voraus- gen, wie wir diese Frage lösen können; denn das ist wohl setzung ist lediglich, dass es keine inländischen oder eu- nicht ganz unkompliziert. ropäischen Bewerber gibt, die diese Arbeit ebenfalls ma- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ chen können. Eine weitere Voraussetzung ist, dass man DIE GRÜNEN – Reinhard Grindel [CDU/ nicht weniger zahlt als das, was sonst für einen solchen CSU]: Die Mitbürger müssen nicht Staatsbür- Arbeitsplatz in Deutschland gezahlt wird. ger sein!) Natürlich führt das dazu, dass die Zuwanderungsmög- Ich möchte mich vor allem mit dem Thema der Fach- lichkeiten für Fachkräfte mit Ingenieurskapazitäten grö- kräftezuwanderung beschäftigen. Ich hoffe, dass es ge- ßer sind als für andere, weil dort der Bedarf im Augen- lingt, in die oft sehr aufgeregte Debatte einen etwas ruhi- blick recht groß ist. Das ist eine Möglichkeit, die jetzt geren Ton hineinzubekommen; denn das verdient diese schon uneingeschränkt existiert und auf die einmal hin- Debatte, und das ist wirklich notwendig. gewiesen werden muss, übrigens auch auf Unternehmer- Ein paar Fakten vorweg, die manchmal vielleicht erst versammlungen, weil Unternehmer dies zum Teil noch mit zwei Jahren Verzögerung in das Bewusstsein der Öf- nicht wissen; diese Möglichkeit kann genutzt werden. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7241

Olaf Scholz (A) Ich kann nicht erkennen, dass die Vorrangprüfung als großer Unternehmen diskutiert: Was für eine Summe (C) zusätzliche Kontrolle ein Problem ist; denn hier stellt brauchten sie, damit es bei ihnen etwas bringt? Die Ma- sich die Frage: Wer aus aller Welt außerhalb der EU nager haben gesagt, eine Summe in etwa dieser Höhe sei sucht auf solch eine Art und Weise nach einem Arbeits- genau der richtige Weg; dadurch werde der Einstiegsar- platz? beitsmarkt der deutschen Akademiker nicht gefährdet. Weiterhin haben wir bei dieser Gelegenheit dafür ge- Wenn man als Voraussetzung für diese sehr weitge- sorgt, dass diejenigen, die in Deutschland einen Hoch- hende und prüfungsfreie Öffnung des Arbeitsmarkts eine schulabschluss erworben haben, hierbleiben und Arbeit niedrigere Summe wählt – darüber kann man immer dis- suchen können, und zwar – was nicht jeder weiß – im- kutieren –, dann kann man auf dem deutschen Arbeits- mer wieder. Diese vorrangprüfungsfreie Arbeitsplatzsu- markt sehr viele Probleme erzeugen, die man vielleicht che existiert als Möglichkeit für das ganze Berufsleben nicht im Blick hat. Denn eine ganze Reihe von Berufs- für denjenigen, der an einer deutschen Hochschule sei- gruppen liegt zum Beispiel über einem Gehalt von nen Abschluss erworben hat. 40 000 Euro jährlich bzw. rund 3 300 Euro monatlich – ich habe es mir einmal angeschaut –: zum Beispiel Boh- Wir haben ein besonderes Privileg für die Absolven- rer – also Facharbeiter –, Maschineneinrichter, Büro- ten deutscher Auslandsschulen geschaffen, die zum fachkräfte, Bibliothekare, Flach- und Tiefdrucker, Wal- Beispiel die deutsche Sprache schon gut beherrschen. zer, Stenografen. Sie haben die Möglichkeit, hier eine Berufsausbildung zu machen. Des Weiteren haben sie die Möglichkeit, (Zuruf von der FDP: Ich weiß nicht, welche nach einer beruflichen Qualifikation – zum Beispiel an Betriebe Sie besuchen!) einer anderen Universität anderswo auf der Welt – hier Meinen Angaben liegt eine volkswirtschaftliche Studie in diesem Land zu arbeiten, und zwar ohne Vorrangprü- zugrunde. Es gibt sehr viele Berufe, bei denen das Jah- fung. resgehalt über 40 000 Euro liegt. Wir haben Managern innerhalb eines Konzerns ei- Es stellt sich schon die Frage, ob es wirklich klug ist, nen fast unbeschränkten Austausch ermöglicht. So ist auf die Vorrangprüfung zu verzichten, die sicherstellt, zum Beispiel der Wechsel eines Managers von einer Fi- dass die Gehälter nicht sinken und es keine Leute in die- liale in Südafrika nach Deutschland möglich. sem Land gibt, die diese Aufgabe übernehmen könnten. Für alle zusammen haben wir geregelt, dass ein Nach- Da bin ich sehr skeptisch; das sage ich gerne. zug der Ehegatten immer möglich ist; sie können ohne Im Übrigen gibt es demnächst bei den Berufen ohne Vorrangprüfung nach Arbeit suchen. Wir haben also lau- akademische Qualifikation Zuwanderung aus der ganzen ter Änderungen vorgenommen, die schon immer ge- (B) Europäischen Union. (D) wünscht worden sind. Diese Änderungen sind in Kraft getreten, allerdings ohne dass sie tatsächlich wahrge- nommen worden sind. Dazu will ich gerne sagen: Es hat Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: sich weder jemand darüber aufgeregt, noch hat jemand Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kilic dafür geworben. Deshalb darf man noch heute vieles for- zulassen? dern, was schon längst umgesetzt worden ist. Olaf Scholz (SPD): (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, das stimmt!) Ja.

Ich bin dafür, dass man die Änderungen zur Kenntnis Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: nimmt. Bitte sehr. Obendrauf gibt es ab einem bestimmten Einkommen – ich nenne es einmal flapsig so – ein Super-Premium- Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Goldpaket: die Möglichkeit, ohne Vorrangprüfung Herr Kollege Scholz, ich habe eine Verständnisfrage. gleich eine Niederlassungserlaubnis zu bekommen. Es ist mein Kenntnisstand, dass die SPD bis heute offi- Diese Möglichkeit existiert ab einem Einkommen, das ziell für eine Zuwanderung nach dem Punktesystem der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Renten- eintritt. Eine andere offizielle Meinung kenne ich nicht. versicherung entspricht. Das ist übrigens eine kluge Re- Ihre Argumente sprechen dafür, dass Sie gegen ein gelung: Es handelt sich um das Doppelte des Durch- Punktesystem bei der Einwanderung sind. Ist das der schnittseinkommens. Die Festlegung der Summe ist Fall? vielleicht nicht völlig plausibel – man kann darüber re- den, ob eine andere Summe richtig wäre –; aber die ge- Olaf Scholz (SPD): wählte Summe hat ein gewisses Gewicht, weil sie eine Ich finde in der Tat, dass man über den Sinn und Größenordnung vorgibt, die wir aus unseren sozialen Si- Zweck eines Punktesystems diskutieren muss; das will cherungssystemen kennen. Die Summe ist viel niedriger ich gar nicht verhehlen. Denn ein Punktesystem führt zu als der Betrag von über 80 000 Euro, der vorher festge- einer Zuwanderung ohne freie Arbeitsplätze, also ob- legt war. Ab diesem Betrag ist die Regelung für die Un- wohl es in diesem Bereich Arbeitslose gibt. ternehmen interessant: Als ich die Summe identifiziert habe, habe ich mich damit vorher nicht nur wissen- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja, genau! – schaftlich beschäftigt, sondern auch mit den Managern Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE 7242 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Olaf Scholz (A) GRÜNEN]: Das muss es aber nicht bedeuten! Im Übrigen sollten wir sehen, dass wir den Arbeits- (C) Das kann man auch intelligent regeln!) markt für die Hochqualifizierten längst geöffnet haben, auch wenn jeden Tag ein anderer fordert, dass das end- Ob das im Bereich der Tätigkeiten, die keine akademi- lich geschehen sollte. sche Qualifikation zur Voraussetzung haben, wünschens- wert ist, muss man sich überlegen. Der Begriff „Punkte- Schönen Dank. system“ heißt übersetzt, dass es Zuwanderung ohne freie (Beifall bei der SPD) Arbeitsplätze geben kann. Sonst wäre es nur ein Schlag- wort, das für sich existiert. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich wünsche mir eine sehr unaufgeregte Diskussion Das Wort hat Hartfrid Wolff für die FDP-Fraktion. darüber, ob man Folgendes möchte: Weil es bei uns nicht genügend Altenpfleger gibt – übrigens weil wir nicht ge- (Beifall bei der FDP) nügend ausbilden und die Gehälter für Altenpflegekräfte zu gering sind –, holen wir uns Fachkräfte von an- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): derswo, die bereit sind, zu schlechten Gehältern in Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland zu arbeiten, anstatt die Gehälter zu erhöhen Fachkräftemangel ist keine traurige Botschaft, er ist und mehr auszubilden. Das hielte ich für einen Fehler; Realität. Der Arbeitsmarkt ist international. Der Wettbe- ich will das ausdrücklich sagen. Man muss schon sehr werb um die klügsten Köpfe hat bereits begonnen, und sorgfältig darüber diskutieren, was man tut. die Zuwanderung von Fachkräften verläuft dank dessen, Ich glaube, wir haben mit der Zuwanderungsmöglich- was Sie, Herr Scholz, gerade vorgetragen haben, nach keit für Akademiker viel erreicht. Eine Zuwanderung ist wie vor bürokratisch und unsystematisch. Das, was Sie übrigens nicht erst ab dem genannten Gehalt möglich; hier gerade vorgetragen haben – etwas anderes hätte ich sie ist auch möglich, wenn man den Arbeitsmarkt zuvor von Ihnen nicht erwartet –, ist Ausdruck einer Klientel- geprüft hat. Ich halte es für wichtig, über eine weitge- politik, deren Richtung ich, ehrlich gesagt, nicht für zu- hendere Regelung nachzudenken. Jedenfalls will ich kunftsweisend halte. nicht, dass sich die deutsche Wirtschaft das Ausbilden (Beifall bei der FDP – Rüdiger Veit [SPD]: und das Zahlen ordentlicher Löhne spart. Was soll denn das?) (Beifall bei der SPD) Wir brauchen Klarheit, wir brauchen Transparenz, und wir brauchen, insbesondere wenn es darum geht, eine Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: gesteuerte Zuwanderung zu betreiben, schnelle Ent- (B) scheidungen. (D) Sie haben jetzt Zeit für einen Gedanken außerhalb der vorgesehenen Redezeit. (Rüdiger Veit [SPD]: Die Rede ist vielleicht schon ein bisschen alt!) Olaf Scholz (SPD): Ich will auf den vorliegenden Gesetzentwurf einge- Zum Schluss möchte ich noch eine Bemerkung ma- hen. Beim Lesen hatte ich ein Déjà-vu. Aber ehrlich ge- chen, die mir sehr wichtig ist. Bedenken wir, wenn wir sagt: Durch einen Neuaufguss wird kalter Kaffee nicht über all diese Fragen diskutieren, Folgendes: Ab dem wärmer. Es hat nach wie vor keinen Sinn, das Staatsan- 1. Mai 2011 haben über 500 Millionen Personen in Eu- gehörigkeitsgesetz hinsichtlich des Optionsmodells jetzt ropa die Möglichkeit, in Deutschland Arbeit zu suchen; zu ändern. Uns liegen noch keine Daten vor, sodass wir das ist in Ordnung. Sehr viele von ihnen, nämlich mehr nicht wirklich darüber entscheiden können. als 200 Millionen Menschen, kommen als Erwerbstätige infrage. Ob wir den Arbeitskräftebedarf der deutschen (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Volkswirtschaft durch Qualifizierung und Ausbildung Wann werden Sie die Daten haben?) oder durch diese 200 Millionen Menschen lösen wollen, Bizarr ist, dass die Grünen vortragen, 5 Millionen das müssen wir uns sehr gut überlegen. Problematisch ausländische Staatsangehörige seien schon acht oder ist, dass einige Leute in dieser Debatte den falschen Ton mehr Jahre hier und hätten nach dem bestehenden Recht anschlagen. Ich will ausdrücklich sagen: Dem guten Ton damit eine wesentliche Einbürgerungsvoraussetzung er- dieser Debatte hat Herr Seehofer geschadet. füllt. Es seien aber nur 90 000 eingebürgert worden, tra- (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des gen die Grünen vor. Das ist bizarr, weil die Grünen allein Abg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- an der Quantität ein Interesse zu haben scheinen. Als Lö- NEN]) sung wird die Senkung der Mindestaufenthaltszeit auf sechs Jahre gefordert. Für die 4,9 Millionen anderen gibt es nach dem Gesetzentwurf der Grünen keine weiteren Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Anreize, keine Lösungen. Das ist Klientelbeschwichti- Herr Kollege. gungsaktionismus à la Grüne. (Beifall bei der FDP – Memet Kilic Olaf Scholz (SPD): [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie wollen Wichtig ist aber auch, dass man darüber nicht die Ver- die Turboeinbürgerung! Wie wollen Sie das nunft verliert. Auch dafür plädiere ich. machen?) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7243

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (A) Die Grünen fordern ausdrücklich, die Anforderungen Die Grünen wollen auch den Einbürgerungstest ab- (C) an die Sprachkompetenz der Einzubürgernden abzu- schaffen. Tests, etwa zur politischen Bildung, aber auch bauen. Die Grünen wollen, dass dieser Staat jemanden zum Führerscheinerwerb oder als Deutschen anerkennt, der kein Deutsch kann. (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: GRÜNEN]: Den besteht doch sowieso jeder! Dankbarkeit gegenüber Rentnerinnen und Das ist reine Schikane!) Rentnern!) zum Schulabschluss, sind geborenen Deutschen zeit ih- res Lebens vertraut und natürlich auch zumutbar. Zu- Kennen Sie das gesellschaftliche Konfliktpotenzial, das wanderer sind aus Grünen-Sicht aber offenbar zu dumm zwischen ethnischen Gruppen in sogenannten sozialen oder zu sensibel, sich einem Test zu stellen. Dieser Test Brennpunktgebieten herrscht, Herr Kollege? Sie schwe- hat laut grüner Antragsbegründung ben nach wie vor in einem grünen Multikultidelirium ohne Anforderungen, ohne Noten, ohne Prüfungen, in (Zuruf von der LINKEN: Wer hat denn das ge- einer bunten und heilen Welt. sagt?) (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE ich zitiere gerade den Antrag der Grünen – eine abschre- GRÜNEN]: Lesen können! Nicht nur Deutsch ckende Wirkung auf diese bedauernswerten Menschen. können!) Entlarvender können die Grünen ihr Bild von unseren Zuwanderern nicht zeichnen: Die Grünen halten sie für Herr Kollege, seien Sie einmal etwas realistischer. unfähig, Deutsch zu lernen. Sie halten sie für unfähig, Denken Sie einmal über das nach, rudimentäre Grundkenntnisse unseres politischen Sys- (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: tems zu erlernen, Ich denke seit 20 Jahren darüber nach!) (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Am Fließband haben sie tatsächlich eine worüber wir in der letzten Zeit diskutiert haben. Die Chance!) Grünen haben die Zuwanderungsdebatte in den letzten zehn Jahren offensichtlich vollkommen verschlafen. Üb- und für unfähig, ihren eigenen Lebensunterhalt selbst zu rigens ist auch das ein Déjà-vu-Erlebnis. verdienen. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben Ihre Liberalität verspielt! Sie sind Das ist die Dankbarkeit!) (B) wirtschaftsliberal! Wann werden Sie beim bür- Solche Ansichten setzen unsere Zuwanderer in uner- (D) gerlichen Denken ankommen?) träglicher Weise herab, und die Grünen pflegen unter dem Deckmantel des Mitleids längst überwunden ge- Die Meinung der Deutschen in diesem Land ist Ihnen of- glaubte Vorurteile gegen Ausländer in Deutschland. fensichtlich egal. Hauptsache, Ihre Klientel wird befrie- digt. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben sie gerade aufgezählt!) Das Beherrschen der deutschen Sprache ist essen- ziell. Das Beherrschen der deutschen Sprache ist Voraus- Die Grünen beleidigen mit ihren Vorschlägen jeden Zu- setzung für demokratische Partizipation und ermöglicht wanderer, der es geschafft hat, hier anzukommen und die Teilnahme am gesellschaftlichen Diskurs. Die Staats- sich hier zu integrieren. Das ist angestaubter Alt-68er- angehörigkeit muss deshalb Resultat der Integration Ballast, der dem Zuwanderungsland Deutschland nicht sein. Wer nicht integrierten Migranten die Staatsangehö- wirklich weiterhilft. rigkeit verleiht, untergräbt den Zusammenhalt in dieser (Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie Gesellschaft. Ein Anreiz zur Integration geht davon haben den Latte Macchiato vergessen!) nicht aus. Wir Liberalen wollen diejenigen unterstützen, die Nicht nur bei den Grünen bekommt man den Ein- sich integriert haben und die sich integrieren wollen. druck, dass alles, was in unserer freiheitlichen, aufge- Viele unternehmen große Anstrengungen, sich in unsere klärten Gesellschaft als reaktionär gilt, wieder hoffähig Gesellschaft einzubringen. Wir werden sie dabei för- gemacht wird, indem man ihm das Mäntelchen „Migra- dern, aber wir werden auch etwas von ihnen fordern. tionshintergrund“ umhängt. Man muss plötzlich die Bei- Eine Einbürgerungsregelung, die von weiten Teilen behaltung des Abstammungsrechts für Doppelstaatler der Bevölkerung nicht akzeptiert wird, stärkt keinesfalls unterstützen, frauenfeindliche Bekleidungssitten akzep- die Akzeptanz von Migranten. Erfolgreiche Integration tieren, Machokultur hinnehmen, Verständnis für orienta- bedeutet, dass sie wie alle deutschen Staatsbürger die lisches Eherecht aufbringen oder Vorstellungen von ei- gleichen Rechte und gleichen Pflichten haben. ner Familienehre tolerieren, die in einer fortschrittlichen Gesellschaft nur Abscheu hervorrufen können. Die Koalition wird Anreize setzen und Anforderun- gen definieren, eine aktive Integrationspolitik voranbrin- (Jan Korte [DIE LINKE]: Wer sagt das denn? – gen und eine Willkommenskultur des gegenseitigen Re- Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: spekts fördern. Die Grünen wollen die deutsche Sie beschreiben die CSU!) Staatsangehörigkeit auf dem Multikultibasar verram- 7244 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (A) schen. Uns dagegen ist die deutsche Staatsangehörigkeit Das kann man unter „TTT“ zusammenfassen: Tricksen, (C) etwas wert. Täuschen, Tarnen. – Das ist das Konzept von Schwarz- Gelb, meine Damen und Herren. Die Grünen sind in der Vergangenheit stehen geblie- ben. Die Koalition hingegen setzt auf einen zukunftsori- (Beifall bei der LINKEN, der SPD und dem entierten Neuanfang in der Integrationspolitik. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Vielen Dank. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall bei der FDP – Jan Korte [DIE Frau Dağdelen, möchten Sie eine Zwischenfrage zu- LINKE]: Ja, alles klar! – Rüdiger Veit [SPD]: lassen? Das war nicht mehr ganz schmerzfrei! – Ge- genruf von der CDU/CSU: Das sollte es auch Sevim Dağdelen (DIE LINKE): nicht sein!) Nein, Herr Grindel hat hier schon lange genug gere- det. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Zuruf von der SPD: Das ist wohl wahr!) Das Wort hat nun Sevim Dağdelen für die Fraktion Die Linke. Ob es in diesem Land hochqualifizierte Menschen gibt, die ein Interesse daran haben, in Deutschland zu (Beifall bei der LINKEN) bleiben, oder ob es Menschen gibt, die nach Deutschland kommen wollen, hängt nicht davon ab, ob die Mindest- Sevim Dağdelen (DIE LINKE): verdienstgrenze im Sinne des Kapitals ist. Das haben die Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestern Grünen und lange Zeit auch die SPD gefordert, und hat diese schwarz-gelbe Bundesregierung einen Sank- heutzutage fordern das noch FDP, Frau von der Leyen, tionskatalog gegen vermeintliche Integrationsverwei- Frau Schavan und viele andere Vertreterinnen und Ver- gerer, die es so nicht gibt, beschlossen. Die schwarz- treter von CDU und CSU. Nein, das hängt vor allem da- gelbe Bundesregierung baut eigentlich seit Jahren – das von ab, dass in diesem Lande endlich eine andere Kultur war schon das Verdienst der Großen Koalition – einen herrscht. Sie führen ausgrenzende Debatten. Wenn sich Popanz vom vermeintlichen Integrationsverweigerer die Menschen die Reden von Herrn Grindel und anderen auf. Sie kann aber bis heute nicht sagen, was sie darunter im Bundestag anhören, hören sie, dass Sie nur fordern: versteht und wer diese Menschen sind. Wenn sie darun- Die Migranten müssen das und das und das. Das ist der Grund, warum die Menschen nicht hierher kommen wol- (B) ter Menschen versteht, die nicht an Integrationskursen (D) teilnehmen, dann ist sie bis heute nicht in der Lage, zu len. Sie sagen: In so einem gesellschaftlichen Klima erklären, wie viel Prozent es tatsächlich sind und ob es möchte ich nicht leben. Deshalb wandern sie aus. Sie Menschen sind, die aus vorwerfbaren Gründen und nicht wandern aus, weil sie keine Arbeit finden; auch vielen wegen des Beginns einer Erwerbsbeschäftigung, einer Ostdeutschen ist es so ergangen. Viele wandern aufgrund Krankheit oder einer Schwangerschaft nicht an den Kur- der Diskriminierung, die sie erfahren, aus; das ist bewie- sen teilnehmen können. sen. Sie wandern auch wegen dieser ausgrenzenden De- batten aus. Sie wandern außerdem aus, weil diese Bun- (Beifall des Abg. Jan Korte [DIE LINKE] – Zuruf desregierung aus ideologischen Gründen immer noch von der SPD: Das interessiert sie nicht!) nicht die Tatsache anerkennt, dass wir ein Einwande- rungsland sind. Ich weiß, die Statistiken zeigen, dass Interessant ist auch, dass gestern acht Bildungsträger, wir uns eher zu einem Auswanderungsland entwickeln. die diese Integrationskurse anbieten, entgegen dem, was das Kabinett beschlossen hat, erklärt haben, dass sie (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Was sind diesem Popanz von Integrationsverweigerung wider- wir denn jetzt? Wir sind jedenfalls keine lin- sprechen, weil sie bei Migrantinnen und Migranten Mo- ken Ideologen!) tivation und Lernbereitschaft feststellen und weil im Ge- gensatz zu dem, was diese Regierung jeden Tag als Schwarz-Gelb ist nicht einmal in der Lage, dies anzuer- Propaganda verkündet, Zehntausende von Migrantinnen kennen. und Migranten seit Monaten auf diese Kurse warten. Es Gestern in der Fragestunde habe ich folgende Frage wird davon ausgegangen, dass es bis Jahresende 20 000 gestellt: Migrantinnen und Migranten sein werden. Ist die Bundesrepublik Deutschland nach Auffas- Sie kürzen die Mittel, sung der Bundesregierung ein Einwanderungsland? (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nein, das tun wir Was Staatssekretär Bergner dazu gesagt hat, war lä- nicht! Das ist doch die glatte Unwahrheit!) cherlich. Er konnte weder Ja noch Nein sagen; er hat nur dummes Zeug von sich gegeben. sagen aber, dass die Menschen nicht an den Kursen teil- nehmen. (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na, na!) (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Nein, das ist Er hat keine Antwort auf diese einfache Frage gegeben. doch die glatte Unwahrheit!) Ich frage Sie noch einmal – Herr Schröder als Staatsse- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7245

Sevim DaðdelenDağdelen (A) kretär wird nach mir die Gelegenheit haben, hier zu re- übrigens nicht nur einen Zipfel politischer Rechte wie (C) den –: das kommunale Wahlrecht, sondern sie forderten auch die Gleichstellung durch die Einbürgerung. Ausländerin- (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Das wird nen und Ausländer sollten eingebürgert werden, sofern auch sehr gut sein!) sie seit zwei Jahren in Deutschland lebten oder im Inland Welche politische Wertung nehmen Sie vor? Sind wir geboren wurden. Damals war es noch so, dass das für die ein Einwanderungsland, oder sind wir es nicht? Sozialdemokraten aus Gründen der Klassensolidarität – nicht der Solidarität mit der herrschenden Klasse, wie (Beifall bei der LINKEN) es leider mittlerweile der Fall ist – ein selbstverständli- Das möchte ich von dieser Bundesregierung wissen. Aus ches Gut war. ideologischen Gründen lehnen Sie es ab, anzuerkennen, (Beifall bei der LINKEN) dass wir ein Einwanderungsland sind. Ich komme jetzt zum Gesetzentwurf der Grünen zum Ich muss auch sagen: In dem Gesetzentwurf der Grü- Thema Einbürgerungen. Am 31. Oktober 1990 hat das nen zur Senkung der Mindestverdienstgrenze, Herr Bundesverfassungsgericht zum Thema Ausländerwahl- Kilic, sieht die Linke nichts Gutes. Wir lehnen ihn ab. recht Folgendes festgestellt – Hartfrid Wolff hat dies in Sie sprechen von Fachkräftemangel, aber zum Beispiel einer früheren Debatte als reaktionär bezeichnet –: das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit – auch andere Studien belegen … es entspreche der demokratischen Idee, … eine das – sieht keinen flächendeckenden Fachkräftemangel. Kongruenz zwischen den Inhabern demokratischer politischer Rechte und den dauerhaft einer be- Laut Institut der deutschen Wirtschaft in Köln besteht stimmten staatlichen Herrschaft Unterworfenen kein qualifikationsübergreifender Fachkräfteengpass bei herzustellen. den Hochqualifizierten, also genau bei jenen, auf die Sie sich beziehen. Nennen Sie das nicht wieder reaktionär, Herr Wolf; das ist ein Zitat vom Bundesverfassungsgericht. Sie sagen: Deutschland braucht Fachkräfte und Fach- kräftezuwanderung. Ich möchte Sie fragen: Wer ist für (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: die Grünen eigentlich Deutschland? Der in Deutschland So ist es, Herr Wolff!) lebende Arzt aus Russland, der putzen gehen muss, die Als das Bundesverfassungsgericht dies vor 20 Jahren kamerunische Akademikerin, die trotz Promotion als formulierte, lebten etwa 6 Millionen Menschen mit aus- Küchenhilfe arbeitet, oder der deutsche oder iranische ländischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Sie leb- Ingenieur, der Taxi fahren muss, oder die 1,5 Millionen (B) ten im Durchschnitt bis zu zwölf Jahre hier. Wie sieht es jungen Menschen in Deutschland zwischen 20 und (D) heute aus? Ende 2009 lebten über 7 Millionen Auslände- 29 Jahren, die keinen Berufsabschluss haben, oder die rinnen und Ausländer in Deutschland; im Durchschnitt lediglich 51 Prozent Jugendlichen, die dieses Jahr einen lebten sie seit 19 Jahren hier. Das heißt, seit 20 Jahren ist Ausbildungsplatz erhalten haben? Ist das für Sie die Zahl der Menschen, die hier Bürgerinnen und Bürger Deutschland? zweiter Klasse sind, gestiegen, und diese leben hier auch (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) viel länger als damals. Das ist ein Skandal. Deshalb möchte ich, dass die Einbürgerungen endlich erleichtert Ich muss eigentlich das Fazit ziehen: Für Sie ist werden. Deutschland nur das Kapital. Die Bundestagsfraktion Die Linke hat bereits im (Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Sommer dieses Jahres einen Antrag „Ausgrenzung been- den – Einbürgerungen umfassend erleichtern“ einge- Denn das Kapital ist es, das billige Fachkräfte braucht. reicht. In diesem Zusammenhang sage ich: Wir begrüßen Menschenverachtende Konzepte wie das Punktesystem, es, dass die Grünen sich den Positionen der Linken be- das Menschen nach betriebswirtschaftlichen Merkmalen züglich der Erleichterung der Einbürgerung angenähert vermessen möchte, werden von FDP und Grünen vertre- haben. ten, lange Zeit auch von der SPD. Ich freue mich, dass die SPD da jetzt ein bisschen geläutert ist. Ich möchte (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Copy and daher wissen, wer für Sie die Menschen sind, die an die- paste!) sem Fachkräftemangel Interesse haben. Bei der SPD muss man sich immer noch fragen, ob sie sich nicht auf ihre Wurzeln besinnen möchte. Der große (Zuruf von der CDU/CSU: Rot-grüne Ideolo- Sozialdemokrat Karl Liebknecht sagte in seiner Rede gie!) zum Gesetz über die Staatsangehörigkeit im Jahre 1912 Schauen Sie sich die Zahlen an. Ihnen ist auch das Pro- im Deutschen Reichstag – ich zitiere –: blem „Braindrain“ ganz egal. Das kommt bei Ihnen Sie wollen die ausländischen Arbeiter in Deutsch- überhaupt nicht vor. Das ist das Problem von Ländern land, aber sie sollen in Deutschland Sklaven sein … des Südens, deren qualifizierte Fachkräfte von den In- dustrienationen ausgeplündert werden. Genau das ist das politische Credo der bisherigen Bundesregierungen seit dem ersten Anwerbeabkommen (Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: mit Italien 1955. Damals forderten die Sozialdemokraten Das ist illegal!) 7246 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Sevim DaðdelenDağdelen (A) – Ja, darauf kommen Sie in Ihrem Gesetzentwurf über- nicht nur ein Sprachangebot gemacht wird, sondern auch (C) haupt nicht. ein Praktikum in Richtung einer Ausbildung angeboten wird. (Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN) Es ist von den finanziellen Rahmenbedingungen, die wir geschaffen haben, möglich, dass jeder sofort ei- In Ihrem Gesetzentwurf wird eben nicht berücksich- nen Integrationskurs beginnen kann. Jeder, der sich aus- tigt, dass Länder wie Indien diese Abwerbestrategien kennt, Herr Kollege Veit – Sie kennen das Geschäft ge- deutlich und explizit ablehnen, weil sie sagen: Das ist nauso gut wie ich –, weiß, dass wir ein großes Problem nicht im Interesse unseres Landes; wir wollen nicht, dass haben, dass wir nämlich gerade in großen Städten eine gute Fachkräfte, qualifizierte Menschen abgeworben Vielzahl von Kursträgern haben, die leider deshalb, weil werden. – Wir sagen: Wenn es wirklich einen Fachkräf- Kurse erst mit zehn, zwölf Teilnehmern effektiv durch- temangel gibt – wir gehen davon aus, dass es ihn so nicht geführt werden, nicht bereit sind, dann, wenn sie fünf gibt –, dann ist er vor allen Dingen politisch gewollt und Teilnehmer auf der Anmeldeliste haben und einem ande- lange Zeit auch gefördert worden. ren Kursträger noch fünf Teilnehmer fehlen, diese abzu- geben, damit bei jedem Kursträger ein Kurs beginnen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: kann. Es bleiben – um es etwas lax auszudrücken – zu Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen. viele auf ihren Anmeldungen sitzen, und deswegen ha- ben wir Verzögerungen beim Start von Kursen. Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Herr Kollege Veit, ich sage noch einmal – bei allem, Ja, Frau Präsidentin. – Wir sagen: Wenn Sie etwas ge- was uns trennt –: Sie wissen, dass das ein großes Pro- gen Fachkräftemangel tun wollen, dann müssen Sie blem ist; dass wir hier noch mehr Kooperation zwischen Mindeststandards festlegen, dann brauchen wir endlich den Kursträgern brauchen, um jedem Teilnehmer, der eine Ausbildungsplatzumlage, damit jeder und jede Ju- sich bereit erklärt hat – ob bei den Freiwilligen oder na- gendliche einen Ausbildungsplatz findet. Wir wollen ei- türlich auch bei den Verpflichteten –, einen solchen Kurs nen gesetzlichen Mindestlohn, damit die Leute eben zu besuchen, dies auch zu ermöglichen. nicht ausgebeutet werden können. Frau Dağdelen, Sie mögen vieles von dem, was wir Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: machen, ablehnen. Dass aber noch nie so viel Geld in In- Frau Kollegin. tegrationskurse investiert worden ist wie im Jahre 2010, ist nachweisbar. Das können Sie nicht bestreiten. Ich finde, es ist auch nicht im Interesse der Betroffenen und Sevim Dağdelen (DIE LINKE): (B) nicht in Ordnung, hier falsche Behauptungen in die Welt (D) Wir wollen vor allen Dingen endlich einen Rechtsan- zu setzen. Die Bundesregierung und die sie tragende Ko- spruch auf die Anerkennung von akademischen Ab- alition haben ihre Hausaufgaben gemacht. schlüssen von über einer halben Million Menschen, die in Deutschland leben und deren Abschlüsse nicht anerkannt (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – werden, und keine Mogelpackung, wie es die Bundesre- Rüdiger Veit [SPD]: Fakt ist, dass Geld für gierung unter Verantwortung der Ministerin Schavan im 20 000 Interessierte fehlt!) Moment vorhat. Vielen Dank. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Frau Dağdelen zur Antwort. (Beifall bei der LINKEN – Zuruf von der CDU/ CSU: Schlimmer geht es nimmer!) Sevim Dağdelen (DIE LINKE): Herr Grindel, ich bin seit 2005 Mitglied des Deut- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: schen Bundestages. Im Jahre 2005 haben die Integra- Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege tionskurse, nennen wir sie Sprachkurse, angefangen. Wir Grindel. als Linksfraktion haben im Deutschen Bundestag von Anfang an gesagt: Die Idee ist gut. Aber sie muss auch Reinhard Grindel (CDU/CSU): gut finanziert werden. Frau Präsidentin! Ich habe mich nur deswegen zur (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ja!) Kurzintervention gemeldet, damit hier, Frau Kollegin Dağdelen, keine falschen Behauptungen stehen bleiben. Wir haben von Anfang an deutlich gemacht, dass die Wir geben in diesem Jahr für Integrationskurse 233 Mil- angesetzte Stundenzahl viel zu gering war. Wir haben lionen Euro aus – so viel wie noch nie zuvor und deutlich von Anfang an kritisiert, dass die Kursgruppen aus bis mehr als nach dem Haushaltsplan ursprünglich beabsich- zu 25 Personen bestehen und sie sehr heterogen zusam- tigt. Wir geben viele Millionen Euro für Kinderbetreu- mengesetzt sind, ihnen also sowohl Analphabeten als ungskosten aus, damit Frauen die entsprechenden Kurse auch studierte Menschen angehören. besuchen können. Wir geben sehr viel Geld für Fahrtkos- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber das gibt ten aus, damit auch im ländlichen Raum Integrations- es doch gar nicht mehr!) kurse besucht werden können. Alphabetisierungskurse haben heute 300 Stunden und nicht wie früher 100 Stun- Wir haben seit 2005 darauf hingewiesen, dass die den, und wir bieten spezielle Jugendkurse an, in denen Lehrerinnen und Lehrer, die Dozentinnen und Dozenten, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7247

Sevim DaðdelenDağdelen (A) die mit den Menschen Zeit verbringen, eine super Arbeit (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Memet (C) leisten. Sie arbeiten nämlich nicht nur im Rahmen der Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) Sprachvermittlung oder in den Orientierungsstunden, sondern viel mehr. Sie haben auch soziale Kompetenzen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: und versuchen, den Menschen, die nach Deutschland ge- Jetzt hat der Parlamentarische Staatssekretär Ole kommen sind, auch anderweitig zu helfen; nur Neuzu- Schröder das Wort. wanderer haben nämlich den Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs. Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundes- Wir haben gefordert: Die Lehrerinnen und Lehrer minister des Innern: müssen besser entlohnt werden. Wir haben außerdem ge- Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und fordert, nicht nur Neuzuwanderern den Rechtsanspruch Herren! Liebe Frau Dağdelen, ich habe eigentlich ge- auf einen Integrationskurs einzuräumen, sondern auch dacht, dass wir die Frage, ob Deutschland Zuwande- den Menschen, die schon länger in Deutschland leben rungsland ist oder nicht und großes Interesse an diesen Kursen haben; über diese (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: „Einwande- Menschen wird in der öffentlichen Debatte schon sehr rungsland“ habe ich gesagt!) lange geredet. bzw. ob Deutschland Einwanderungsland ist oder nicht, Der Präsident des Bundesamtes für Migration und schon überwunden haben. Die entscheidende Frage für Flüchtlinge war oft im Innenausschuss, als auch Sie zu- unser Land ist, ob es ein Integrationsland ist oder nicht. gegen waren. Dort hat er immer wieder gesagt: Wir ha- Darum geht es, und dafür setzt sich diese Koalition ein. ben eine super Bilanz. Die Nachfrage ist viel größer als das Angebot. Wir brauchen aber mehr Geld. Um genau dieses Thema geht es auch in der heutigen Debatte. Es liegen zwei Gesetzentwürfe des Bündnis- (Helmut Brandt [CDU/CSU]: Das stimmt ses 90/Die Grünen vor. Während Ihr Gesetzentwurf zum nicht! Das ist einfach nicht richtig! Das hat er Staatsangehörigkeitsrecht sehr weit reicht, rücken Sie in noch nie behauptet!) Ihrem Gesetzentwurf zum Thema Arbeitsmigration ei- nen einzigen Aspekt in den Mittelpunkt. Dieses Geld steht aber nicht zur Verfügung. Zunächst zum Staatsangehörigkeitsrecht: Deutsch- Der gestrigen Erklärung von acht Bildungsträgern land ist ein offenes Land; wir haben ein offenes Staatsan- war zu entnehmen, dass ungefähr 10 000 Menschen da- gehörigkeitsrecht. Wir machen ein großzügiges Angebot rauf warten, an einem solchen Kurs teilnehmen zu kön- und werben dafür, dass es auch angenommen wird und (B) nen. Das Problem ist, dass diese Zahl bis zum Jahres- dass die bei uns lebenden gut integrierten Menschen sich (D) ende auf 20 000 steigen wird. Das ändert nichts daran, einbürgern lassen. Ein Rechtsanspruch auf Einbürgerung dass die Lehrerinnen und Lehrer, die diese Kurse geben, besteht beispielsweise bereits nach einer Aufenthalts- für ihre Arbeit eine Bezahlung auf Hartz-IV-Niveau er- dauer von acht Jahren; bei besonderen Integrationsleis- halten. Wir haben die Forderung nach einem Mindest- tungen kann sogar schon nach sechs Jahren eingebürgert lohn für diese Lehrerinnen und Lehrer erhoben. Denn werden. wir sagen: Qualitativ hochwertigen Unterricht können vor allem gut bezahlte Lehrerinnen und Lehrer bieten. Selbstverständlich muss das Einbürgerungsrecht dabei die Belange der aufnehmenden Gesellschaft zugrunde (Beifall bei der LINKEN) legen. Die Integrationsleistungen der einzubürgernden Menschen sind wichtig. Die Integrationsbereitschaft wird Wir brauchen also viel mehr Geld. gerade dadurch gefördert, dass die entsprechenden An- Sie verleugnen, dass Sie für das Jahr 2009 schon forderungen berücksichtigt werden. Wir fördern die Inte- 20 Millionen Euro aus dem Etat für 2010 „herüberge- grationsbereitschaft nicht, indem wir die Anforderungen schafft“ haben. Sie haben 15 Millionen Euro nachgelegt. bei der Einbürgerung immer weiter herabsetzen. Das Ge- Aber dieser Betrag reicht bei weitem nicht aus. genteil ist der Fall. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Jetzt ist es Abstriche von den Anforderungen, nur um die Ein- doch mehr!) bürgerungszahlen zu steigern, wären integrationspoli- tisch kontraproduktiv und das falsche Signal an die gut Sie wollen die Fahrtkosten kürzen und keine Teilzeit- integrierten Migranten und die stolzen Neubürger. Die kurse mehr zulassen; wenn, dann nur in Extremfällen. Einbürgerung muss am Ende eines erfolgreichen Inte- Ich war vor kurzem in und habe dort mit Do- grationsprozesses stehen und nicht am Anfang. zentinnen und Dozenten gesprochen. Diese haben mir (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: So ist es! – gesagt: Wir haben mehrmals Teilzeitkurse beantragt. Rüdiger Veit [SPD]: Nicht am Anfang, aber es Diese Anträge sind abgelehnt worden. – Das Problem ist ein wichtiger Schritt!) ist, dass Migrantinnen und Migranten, die voll erwerbs- tätig sind, an Vollzeitkursen nicht teilnehmen können. Mit den Einbürgerungsvoraussetzungen hat der Ge- Durch Ihr Vorgehen blockieren Sie somit die Teilnahme setzgeber die Anforderungen formuliert, deren Erfüllung von Migrantinnen und Migranten an diesen Kursen. er für die volle Aufnahme in die Gesellschaft und für das Deshalb bleibt es dabei: Sie tricksen, täuschen und tar- Funktionieren eines demokratischen Gemeinwesens für nen. erforderlich hält. 7248 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder (A) Unser Einbürgerungsrecht ist bereits jetzt flexibel ge- sätzlich aufgeben muss. Zum einen kann Mehrstaat- (C) nug, um auch besonderen Situationen durch Ausnahmen lichkeit natürlich zu rechtlichen Komplikationen führen. gerecht werden zu können. Zu den Einbürgerungsvo- Ich denke beispielsweise an eine mögliche Wehrpflicht raussetzungen gehören ganz selbstverständlich ausrei- in anderen Staaten. chende Sprachkenntnisse sowie Kenntnisse über Staat, (Rüdiger Veit [SPD]: Das ist seit 1997 ausge- Geschichte, Kultur und Lebensverhältnisse in Deutsch- laufen! Seit 13 Jahren ist das erledigt! – Aydan land. Erst das Verständnis der Sprache ermöglicht es den Özoğuz [SPD]: Also, das ist wirklich eine alte Menschen, sich in der Gesellschaft zu orientieren und Kamelle!) aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Auch die diplomatische Betreuung von Mehrstaatlern im Im Jahr 2007 haben wir die Sprachanforderungen Herkunftsstaat ist problematisch. Zum anderen ist es mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz bundesweit har- aber auch ein Zeichen der Integration, wenn sich derje- monisiert. Bundeseinheitlich werden für die Anspruchs- nige, der sich einbürgern lässt, klar zu unserem Staat be- einbürgerung nunmehr sowohl mündliche als auch kennt und er seine alte Staatsbürgerschaft aufgibt. schriftliche Sprachkenntnisse gefordert. Diesen Anfor- derungen wurde zugleich eine entsprechende Förderung (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) zur Seite gestellt. Bei der Zulassung zu den Integrations- Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Die Einbürgerung kursen werden Einbürgerungsbewerber bevorzugt be- kann ohne Aufgabe der früheren Staatsangehörigkeit er- rücksichtigt. In den letzten zwei Jahren haben sich mehr folgen, wenn diese nicht oder nur unter besonders als eine halbe Million Menschen entschieden, in den schwierigen Bedingungen aufgegeben werden kann. Kursen die deutsche Sprache zu erlernen. Deshalb wurden schon viele Bürgerinnen und Bürger Für ältere Menschen gibt es natürlich Ausnahmen, eingebürgert, die ihre alte Staatsangehörigkeit behalten mit denen besondere Situationen berücksichtigt werden. durften. Es besteht die Möglichkeit, die Anforderungen an die Seit dem 1. Januar 2000 erwerben nun auch die Kin- Sprachkenntnisse abzusenken oder ganz auf den Sprach- der ausländischer Eltern unter bestimmten Bedingungen test zu verzichten, wenn es für diese Menschen unmög- mit der Geburt in Deutschland die deutsche Staatsange- lich ist, die deutsche Sprache zu erlernen. Diese Pro- hörigkeit. Insgesamt waren dies bisher 390 000 Kinder. blemfälle haben wir also berücksichtigt. Mit Blick auf Hinzu kommen weitere 50 000 Menschen aus den Jahr- die Bedeutung der Sprachkenntnisse für die Integration gängen 1990 bis 1999, die im Rahmen der Übergangsre- wäre die Schaffung zusätzlicher Ausnahmen kontrapro- gelung die deutsche Staatsangehörigkeit erworben ha- duktiv. ben. Die Ersten dieser Kinder sind 2008 18 Jahre alt (B) Auch die vor zwei Jahren eingeführten Einbürge- geworden und müssen sich nun bis zur Vollendung des (D) rungstests haben sich bewährt. Wenn Sie sich die Zahlen 23. Lebensjahres für die deutsche oder die ausländische anschauen, sehen Sie, dass diese Einbürgerungstests Staatsangehörigkeit entscheiden. nicht abschreckend wirken. Das wird bereits an der ho- Die Erfahrungen mit dieser Optionsregelung müssen hen Quote derjenigen deutlich, die diese Tests bestehen. nun genau ausgewertet werden. Wir werden das tun. Das (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE wird nicht vor 2012 möglich sein. Ich warne davor, GRÜNEN]: Natürlich wirken die abschre- schon jetzt vorschnell Schlussfolgerungen zu ziehen. ckend!) Die Einbürgerungszahlen haben sich auf einem steti- Auch das Erfordernis, seinen Lebensunterhalt selbst gen Niveau von etwa 96 000 – das ist in etwa der Stand bestreiten zu müssen, ist doch eine Selbstverständlich- des Jahres 1997 – stabilisiert. Zeitweilig waren die Zah- keit. Selbstverständlich müssen wir von denjenigen, die len sehr viel höher. Das waren Sondereffekte nach der sich einbürgern lassen wollen, verlangen können, dass Einführung des neuen Staatsangehörigkeitsrechts sie für ihren Lebensunterhalt selbst aufkommen wollen. (Aydan Özoğuz [SPD]: Sie sind nicht auf dem Anders kann unsere Gesellschaft nicht funktionieren. aktuellen Stand! – Memet Kilic [BÜND- Aber es gibt auch Ausnahmen für diejenigen, die ihren NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch schon Lebensunterhalt unverschuldet nicht selbst bestreiten längst vorbei!) können; von ihnen wird dies auch nicht gefordert. Inso- fern haben wir diesbezüglich keinen Anpassungsbedarf. oder auch davor, als viele gesagt haben, sie wollen noch das alte Staatsangehörigkeitsrecht nutzen. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Von diesen Ausnahmen wird selten Gebrauch Wir haben uns in der Koalitionsvereinbarung darauf gemacht in der Praxis! Warum?) verständigt, dass wir genau analysieren, ob es mögliche unverhältnismäßige Hemmnisse gibt. Wir haben eine Auch die 2007 angehobenen Anforderungen an die Studie in Auftrag gegeben, in deren Rahmen eine reprä- Rechtstreue der Einbürgerungsbewerber dienen der Inte- sentative Befragung unter Einbürgerungskandidaten gration in unseren demokratischen Rechtsstaat. Es ist durchgeführt wird. Lassen Sie uns die Ergebnisse abwar- selbstverständlich, dies zu verlangen. ten und dann die notwendigen Schlüsse daraus ziehen! Neben diesen Voraussetzungen für eine Einbürgerung Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte ist es zudem ein legitimes Anliegen, dass der Einbürge- noch einige Bemerkungen zum Gesetzentwurf über die rungsbewerber seine frühere Staatsangehörigkeit grund- Absenkung der Gehaltsgrenze für Hochqualifizierte Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7249

Parl. Staatssekretär Dr. Ole Schröder (A) machen. Ich bin dem Kollegen Scholz dankbar dafür, – Machen wir es doch mal ganz praktisch, Herr Grindel: (C) dass er die jetzigen Möglichkeiten hier in aller Offenheit Warum soll ein einbürgerungswilliger Rentner, ob er dargelegt hat. Es wird ja immer so getan, als ob unser nun 54 oder 60 Jahre alt ist, der – das ist ja kein seltenes Ausländerrecht geradezu ein Hemmnis für Hochqualifi- Beispiel – seine jungen Jahre in deutschen Bergwerken zierte darstellt. Das Gegenteil ist der Fall. verbracht hat Die geltende Regelung in § 19 Aufenthaltsgesetz, um (Zurufe von der CDU/CSU) die es in dieser Vorlage geht, besagt, dass Hochqualifi- – ja, es gibt recht viele – zierten ein sofortiges Daueraufenthaltsrecht gewährt wird. Nach diesem Gesetzeswortlaut ist es ausdrücklich (Zurufe von der CDU/CSU) das Ziel, dass Hochqualifizierte mit besonderer Berufs- erfahrung nach Deutschland kommen. – jetzt hören Sie doch einfach mal zu –, in einem Test beispielsweise beantworten können, welche Ausländer In dem vorliegenden Gesetzentwurf der Grünen ist in der DDR gelebt haben? Oder warum soll er – das ist eine Absenkung der Gehaltsgrenze von derzeit 66 000 schon eine wichtige Frage; dass wir uns da nicht falsch Euro auf 40 000 Euro vorgesehen, was insbesondere mit verstehen – heute mit 60 sagen können, was nicht zu den der Höhe der Einstiegsgehälter von Ingenieuren und IT- Aufgaben des Bundesrates gehört? Sie wissen genauso Spezialisten begründet wird. Für diese Berufsanfänger wie ich: Wenn Sie eine Befragung in der Bevölkerung ist die geltende Regelung in § 19 Aufenthaltsgesetz aber machen würden, würde herauskommen: Recht viele wis- gerade nicht konzipiert. Sie haben nicht nur keine beson- sen diese Dinge auch nicht. Das heißt nicht, dass wir uns dere Berufserfahrung, sondern Berufseinsteiger haben darauf ausruhen sollten. Es heißt auch nicht, dass die In- überhaupt noch keine Berufserfahrung. Insofern kann tegrationskurse abgeschafft werden sollen. Ich habe gar ich Ihren Gesetzentwurf überhaupt nicht nachvollziehen. nicht verstanden, warum Sie dies hier immer wieder so hervorgehoben haben, als stünde das in den Vorlagen. Es Das bedeutet im Umkehrschluss aber eben nicht, dass geht um Rentner, die hier ihr Leben verbracht haben, die Berufsanfänger keine Zuwanderungsmöglichkeiten ha- heute eingebürgert werden könnten und für die der Test ben. Der Kollege Scholz hat diese ja dargelegt. Der Ar- ein Hindernis darstellt. Es ist doch legitim, darüber nach- beitsmarkt ist für die Zuwanderung ausländischer Hoch- zudenken und zu überlegen: Die haben hier ihre Leis- schulabsolventen ohne jede Gehaltsgrenze offen, wenn tung vollbracht, und das sollten sie nicht mehr tun müs- die Beschäftigungsbedingungen denen vergleichbarer sen. deutscher Beschäftigter entsprechen. Für Ausländer mit einem inländischen Hochschulabschluss gilt dies sogar (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) (B) ohne Vorrangprüfung. Ich kann daher sagen, dass beide (D) Gesetzentwürfe sicherlich gut gemeint sind; wir brau- Was sollen also die Verallgemeinerungen? chen sie aber nicht. Ihr Gesetzentwurf, liebe Kolleginnen und Kollegen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – der Grünen, greift ja Punkte auf, die auch wir schon im Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Februar dieses Jahres formuliert haben. Die Forderung, NEN]: Das würde ich dann aber mal der FDP die Sie mit Blick auf ältere Menschen erheben, unterstüt- oder der BDA sagen!) zen auch wir; das wollen wir auch durchsetzen. Unser Entwurf – so empfinden wir es – ist an dieser Stelle ein Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: wenig differenzierter; aber darüber kann man sprechen. Was Sie vorschlagen, geht in die richtige Richtung. Nächste Rednerin ist die Kollegin Aydan Özoğuz für die SPD-Fraktion. Man muss vielleicht auch – ich finde, das ist nicht ganz unwichtig, Herr Grindel – dazusagen: Die Debatte, (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Oh, jetzt die wir heute führen, findet zu einer Zeit statt, in der wird es spannend!) viele der älteren Gastarbeiter schon verstorben oder doch recht alt sind. Ich empfinde es wirklich als sehr schade, Aydan Özoğuz (SPD): dass die meisten von ihnen niemals dieses Signal gehört Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! haben: Ja, ihr gehört zu uns, ihr gehört in diese Gesell- Herr Staatssekretär, so wenig es einen starren Endpunkt schaft, auch wenn ihr solche Fragen nicht beantworten beispielsweise für Demokratieprozesse gibt, so wenig könnt. gibt es wohl auch einen starren Endpunkt für Integration. (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Da gibt es nicht die Marke X, wo man sagen kann: So, DIE GRÜNEN) jetzt ist es erreicht, und jetzt bekommst du den Orden da- für. – Ich glaube, das ist ein grundsätzlich falsches Ver- Ihre Arbeit wurde immer gerne genommen, ihre Ar- ständnis von Integration und gesellschaftlichem Zusam- beit war gut, aber ansonsten können sie eben auch heute menwachsen. noch gerne Ausländer bleiben. Es muss uns allen klar sein – Herr Staatssekretär, Sie sind ja eben darauf einge- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten gangen –, dass das auch für die nachfolgenden Genera- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – tionen wichtig ist; aber es werden falsche Signale ausge- Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber Deutsch sendet. Denn bei diesen Generationen ist heute der zu sprechen, wäre ganz schön!) Optionszwang das Thema. Er ist unsinnig, und wir wis- 7250 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Aydan ÖzoðuzÖzoğuz (A) sen, er ist unpraktikabel. Wir müssen da einen verwal- Das ist doch ein Widerspruch dazu, dass wir die Grenzen (C) tungstechnischen Aufwand betreiben, Tausende an- für Europäer zum Beispiel öffnen. Das sind doch zwei schreiben und Überprüfungen anstellen, obwohl verschiedene Paar Schuhe. Es spricht aber für sich, dass gleichzeitig Millionen Menschen in diesem Land legal Sie das nicht verstehen. mit mehreren Pässen leben. Niemandem ist dadurch ein Nachteil entstanden. Wir müssen unsere Gesetze und das Staatsangehörig- keitsrecht endlich der Realität anpassen. Ich glaube, da- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ bei können wir endlich einen Schritt weiter gehen. Ich DIE GRÜNEN) weiß, dass Herr Seehofer und Sie es nicht wahrhaben wollen, aber wir sind ein Auswanderungsland, und Wenn ich das noch sagen darf: Die alten Geschichten zwar erst recht, was die Fachkräfte anbelangt. Der Sach- mit der Wehrpflicht sind schon längst – seit vielen, vie- verständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und len Jahren – zwischen den Staaten geklärt. Die können Migration hat errechnet, dass Deutschland per saldo seit wirklich nicht mehr als Argument dagegen herhalten. 2003 fast 180 000 deutsche Staatsangehörige an OECD- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Staaten abgegeben hat. DIE GRÜNEN) Ich möchte betonen, dass gerade die hoch selektiven Ich denke, Nachteile entstehen unserem Land viel- Einwanderungsregelungen der Länder, in die die deut- mehr durch solche populistischen Wahlkämpfe wie den schen Staatsangehörigen gehen, dafür sprechen, dass von Jürgen Rüttgers im Jahr 2000, als es auch um den diese Menschen qualifiziert, flexibel, risiko- und leis- Slogan „Kinder statt Inder“ ging. Fazit nach zehn Jahren tungsbereit sind. Diese Menschen kehren unserem Land ist: Rüttgers ist abgewählt. Wir haben nicht besonders den Rücken zu. viele Inder gewinnen können – Frau Dağdelen hat das schon angesprochen –, und wesentlich mehr Kinder wer- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ein paar kom- den bei uns auch nicht geboren. men auch wieder!) So etwas bringt uns nicht weiter. Im Jahre 2009 haben Das ist ein Problem. Damit sollten wir uns vernünftig wir 2 465 Computerexperten aus dem Ausland angewor- beschäftigen, statt immer nur populistisch über dieses ben. Das klingt zunächst ganz toll; aber aus der BITKOM- Thema zu sprechen. Dies muss in einer anderen Atmo- Presseerklärung von vor zwei Tagen ging hervor, dass sphäre geschehen. bei uns 28 000 IT-Spezialisten fehlen. Man kann zwar Wir müssen uns über die Jugendlichen in unserem versuchen, an diesen Zahlen zu arbeiten, die eine höher, Land Gedanken machen – auch dieses Thema betont die andere niedriger anzusetzen: Sie passen einfach nicht Herr Scholz immer wieder –, und ich füge hinzu: Wir (B) (D) zusammen. müssen gleichzeitig dafür sorgen, dass die gut Qualifi- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber Herr zierten, die bei uns ihre Ausbildung erhalten und in un- Scholz hat Ihnen doch erklärt, wo das Problem serem Lande groß werden, nicht irgendwann sagen: Die- liegt!) ses Land nervt mich. – Auch wenn es hier einen sehr großen Arbeitskräftemangel gibt – dass es ihn gibt, ha- – Ich erkläre Ihnen jetzt aber, dass man das auch anders ben wir alle bereits festgestellt –, gehen diese Menschen sehen kann. trotzdem. Das muss bei uns doch endlich bewirken, dass (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aha! Ist Herr wir uns fragen: Warum ist das so? Die Regierung sagt Scholz deshalb schon gegangen? Was ist denn kein Wort dazu. jetzt SPD-Meinung? Ihre oder die von Herrn (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Scholz?) des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) – Das passt schon zusammen. Es ist unsere Meinung. – Der Verband Deutscher Ingenieure sagte am 2. August Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: dieses Jahres, dass aktuell 36 000 Ingenieure fehlen. Das Das Wort hat nun der Kollege Serkan Tören von der ist doch kein Widerspruch zu der Aussage, dass es FDP-Fraktion. durchaus schon Öffnungen gibt. Ich versuche gerade, Ih- nen deutlich zu machen, dass Sie mit der Art, wie Sie (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten von dieser Stelle im Deutschen Bundestag aus zu dem der CDU/CSU) Volk sprechen und mit solchen Vorlagen umgehen, (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Ich habe das Serkan Tören (FDP): Gleiche gesagt wie Herr Scholz! Daran kann Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kol- es nicht liegen!) legen! Ein Mindestgehalt von 66 000 Euro für junge, hochqualifizierte Zuwanderer ist realitätsfern. und mit der Atmosphäre, die Sie mit solchen Wahlkämp- fen wie dem von Herrn Rüttgers schaffen – die sind bei (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihnen nicht gerade selten –, die Menschen abschrecken. NEN]: Genau!) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Sie sind nicht die Ersten, die das erkannt und ausgespro- DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der chen haben, verehrte Damen und Herren von den Grü- LINKEN) nen. Ihr Gesetzentwurf greift aber viel zu kurz. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7251

Serkan Tören (A) Wir Liberalen sind schon einen Schritt weiter. Kol- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (C) lege Wolff sprach es bereits an: Wir brauchen eine Re- der CDU/CSU) form des gesamten Zuwanderungssystems. Das ist ein Migration und das Leben in einem fremden Land sind elementarer Baustein in der Bekämpfung des Fachkräf- immer auch ein individuelles Risiko. Es verlangt der temangels. An Gehaltszahlen zu schrauben, macht das Aufnahmegesellschaft, aber insbesondere dem Zuwan- Gesamtsystem nicht effektiver und die Kriterien nicht derer etwas ab. Der Grundsatz „Fordern und Fördern“ ist transparenter. Ihr Gesetzentwurf ist in der Sache zwar nicht eine Phrase, sondern ein wichtiges Modell. Es ist löblich, aber er geht am eigentlichen Problem vorbei. eine Orientierung für Aufnahmegesellschaft und Zuwan- (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE derer. Das ist übrigens in keinem erfolgreichen Einwan- GRÜNEN]: Aha! Was sagt denn Herr Brüderle derungsland anders. Unser Ziel ist, aus Migranten Bür- dazu?) ger dieses Landes zu machen, Bürger, die sich verantwortlich fühlen, partizipieren und Deutschland Wir brauchen transparente Kriterien und eine gesteu- mitgestalten. Genau das wollen auch die meisten Mi- erte Zuwanderung, Zuwanderung, die klar auf den Bedarf granten. Sie fördern eher Lethargie und Unsicherheit als unserer Wirtschaft ausgerichtet ist, aber auch die Integra- Leistungsmotivation und Ehrgeiz. Dieser Ansatz ist in tionsfähigkeit der potenziellen Zuwanderer berücksich- jeder Hinsicht falsch und rückwärtsgewandt. tigt. Diese Zuwanderung ist gleichzeitig auch präventive Integrationspolitik. (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Rentnerinnen und Rentner haben schon eine Nichtsdestotrotz stehen wir derzeit insbesondere vor Leistung vollbracht!) Herausforderungen in der aktuellen Integrationspolitik. Ich bin froh, dass diese Koalition in eine andere Rich- Dazu gehört ohne Zweifel auch das Thema Staatsange- tung denkt. hörigkeit. Deshalb werden wir die Optionspflicht evalu- ieren. Wir werden dies kritisch und unter Einbeziehung Vielen Dank. aller relevanten Akteure tun. Ich habe keinen Zweifel: Wir werden hier zu guten Lösungen kommen. Unabhän- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) gig davon gilt aber: Wir müssen für die deutsche Staats- angehörigkeit werben, und zwar nicht lediglich für ein Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Papier oder eine Urkunde, sondern für unser wunder- Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun bares Land und unsere Gesellschaft als solche. die Kollegin Kerstin Andreae. (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Richtig!) (Hartfrid Wolff [Rems-Murr] [FDP]: Jetzt sind (B) wir mal gespannt!) (D) Lassen Sie mich an dieser Stelle deutlich sagen: Ein paar warme Worte reichen da nicht aus. Wir müssen konkrete Kerstin Andreae (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Anreize schaffen. Ein Ansatzpunkt ist die zügigere Ein- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! bürgerung von besonders erfolgreich integrierten Mi- Ich bin wirtschaftspolitische Sprecherin meiner Fraktion granten. und werde mich auf die Vorlage zu Zuwanderung und Man kann darüber streiten: Sollte Einbürgerung am Fachkräftemangel beziehen. Mir ist wichtig, zu sagen, Anfang oder am Ende einer erfolgreichen Integration dass wir mit unseren Gesetzentwürfen das Bild einer stehen? Lassen Sie mich das so formulieren: Einbürge- modernen Gesellschaft zeichnen wollen. Zum einen geht rung ist ein Meilenstein im Integrationsprozess eines Zu- es um Erleichterungen bei der Einbürgerung. Ich finde gewanderten. es sehr wichtig, dass wir eine ernsthafte Debatte, wie Sie sie angemahnt haben, tatsächlich führen. Zum anderen (Rüdiger Veit [SPD]: Schon besser!) geht es um Erleichterungen bei der Zuwanderung im Hinblick auf den Fachkräftemangel. Hier gibt es kurz- Das sage ich auch aus eigener Erfahrung. Ich kann in Ih- fristige und langfristige Maßnahmen. Wir könnten jetzt ren Ausführungen, liebe Kolleginnen und Kollegen von einen ganzen Strauß präsentieren und Sie auffordern, bei den Grünen, aber nicht viele Meilensteine entdecken, der Anerkennung ausländischer Abschlüsse anzufangen ganz im Gegenteil. Sie wollen die Pflicht, ausreichende und sich zu den Themen Ausbildung und Qualifizierung Deutschkenntnisse vorzuweisen, pauschal für alle Jun- zu äußern. Aber in diesem Sommer ist eine alte Forde- gen und Alten abschaffen. rung aufgeflammt: Ist es richtig, dass die Zulassungs- (Josef Philip Winkler [BÜNDNIS 90/DIE hürde bei der Niederlassung ausländischer Fachkräfte GRÜNEN]: Das stimmt so nicht!) derart hoch ist? Da ein Jahreseinkommen in Höhe von mindestens 66 000 Euro notwendig ist, sind im Jahr Auch Einbürgerungskurse wollen Sie nicht mehr. Sie un- 2009 gerade einmal 142 Niederlassungserlaubnisse an terstellen Migranten, sie würden das Interesse an Inte- Hochqualifizierte erteilt worden. 142! Angesichts des- grationskursen verlieren, weil es derzeit Wartezeiten sen erzählen Sie mir nicht, dass das ein sinnvolles Kon- gibt. Ich betone an dieser Stelle noch einmal: Es sind zept ist! Wartezeiten, nicht Abweisungen. Dazu hat der Kollege (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Aber 25 000 Grindel schon einiges gesagt. Ich sage Ihnen ganz klar: mit Vorrangprüfung!) Mir gefällt Ihr Bild von Zuwanderern nicht. Ich finde es traurig, wie wenig Sie diesen Menschen zutrauen. Hier besteht deutlich Änderungsbedarf. 7252 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Kerstin Andreae (A) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) müssen auf jeden Fall beides tun. Wir werden ein Kon- (C) zept zur umfassenden Bekämpfung des Fachkräfteman- Diese 66 000 Euro entsprechen in keiner Weise dem gels wie auch zum Punktesystem vorlegen. heutigen Einstiegsgehalt deutscher Akademiker. Aber wenn Sie immer nur etwas ankündigen, wie es (Zuruf von der CDU/CSU: Wo liegt das?) im Sommerloch Minister Brüderle getan und gesagt hat: – Das ist deutlich niedriger. – Schauen Sie sich die Sta- „Das ist doch super; wir gehen auf die 40 000 Euro he- tistiken an! 40 000 Euro sind im Schnitt das Einstiegsge- runter“, und nichts nachfolgt – ich sage Ihnen: Mit dieser halt. Welche Einkommensgrenze sollen wir für Men- CDU werden Sie diese Maßnahmen nicht umsetzen kön- schen setzen, die zu uns kommen wollen? Wie viel nen –, dann bleiben Sie eben bei der Ankündigung. Das sollen die Unternehmen zahlen? Sie haben sich Statisti- ist falsch. ken und Studien angeschaut. Aber gehen Sie doch ein- Wir haben hier einen ganz klaren Vorschlag dazu ge- mal in die Unternehmen! Die Unternehmen sagen Ihnen: macht, was Sie machen sollten. Stimmen Sie dem zu! Wir haben offene Stellen, die wir nicht besetzen können, Das wäre richtig. weil wir das nicht zahlen können. – Wir haben einen Fachkräftemangel, dem wir mit kurzfristigen und mit (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) langfristigen Maßnahmen begegnen müssen. Eine davon ist die Senkung der Einkommensschwelle. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- Das Wort hat nun der Kollege Stephan Mayer für die SES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – CDU/CSU-Fraktion. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Haben Sie (Beifall bei der CDU/CSU) schon mal etwas von der Vorrangprüfung ge- hört?) Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Es gab im Sommer einen Hoffnungsschimmer. Minis- Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolle- ter Brüderle hat es angesprochen, Generalsekretär ginnen! Sehr geehrte Kollegen! Es ist schön, dass die in Lindner hat es angesprochen, ebenso die IHK, die BDA Deutschland derzeit aktuell geführte Debatte über den und der BDI – auch wenn ich jetzt ausschließlich das Fachkräftemangel auch den Bundestag erreicht hat. In- Kapital zitiere, wenn ich das einmal so sagen darf. soweit haben die beiden Vorlagen der Grünen schon ein- (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Die Men- mal etwas Gutes. Sie haben vor allem auch deshalb et- schen sind egal! Diese Partei interessiert nur was Gutes, weil dadurch die Möglichkeit besteht, diese das Kapital!) vielen Fehlinterpretationen, diese mannigfachen Fehl- (B) deutungen, die es gibt, aus der Welt zu schaffen und (D) Auch wenn ich Ihnen, Frau Dağdelen, durchaus recht ge- – das möchte ich an der Stelle auch sagen – einem Infor- ben will, dass wir den Braindrain auf jeden Fall diskutie- mationsdefizit, das aus meiner Sicht teilweise auch in ren müssen, müssen Sie einsehen, dass diese offenen der Wirtschaft vorhanden ist, abzuhelfen. Stellen nicht besetzt werden können und dass wir den Unternehmen die Möglichkeit geben müssen, sie zu be- Es gibt unbestreitbar einen Fachkräftemangel in setzen. Deutschland. Den kann man nicht negieren. Er ist in manchen Branchen stark, in manchen weniger stark aus- (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Können sie geprägt. Es ist insbesondere auch zu befürchten, dass wir doch!) einen noch stärkeren Fachkräftemangel bekommen wer- den. Denn Arbeit zieht auch immer Arbeit nach sich. Das ist doch kein Kuchen, den wir auf eine Anzahl von Men- Das liegt natürlich – das ist etwas Erfreuliches – an schen verteilen, sondern das ist ein dynamischer Prozess. der derzeitigen konjunkturellen Situation in Deutsch- Zuwanderung heißt auch offene Gesellschaft; Zuwande- land. Die Wirtschaft in Deutschland hat sich gut erholt, rung heißt Bereicherung der Gesellschaft und der Wirt- ist gut aus der Krise herausgekommen. Wir sind wieder schaft. die wirtschaftliche Lokomotive in Europa. Es ist ein schönes Zeichen, dass heute bekannt gegeben werden (Sevim Dağdelen [DIE LINKE]: Zugunsten konnte, dass die offizielle Arbeitslosenzahl in Deutsch- wessen?) land endlich wieder unter 3 Millionen liegt. Wir haben Und Zuwanderung von Fachkräften heißt auch, neue mittlerweile so wenige Arbeitslose wie seit 1992 nicht Arbeitsplätze zu schaffen. Das ist das, was wir Grünen mehr. Das ist den Unternehmen und den vielen fleißigen wollen. Arbeitnehmern geschuldet, aber auch – das möchte ich sagen – der sehr umsichtigen und weisen Politik der (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) christlich-liberalen Koalition, die diesen Aufschwung Was ich in dieser Debatte überhaupt nicht einsehe, ist, begleitet und unterstützt hat. wenn wir anfangen, Dinge gegeneinander auszuspielen, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – wenn beispielsweise gesagt wird: Ausländische Fach- Rüdiger Veit [SPD]: Sie konnte ihn nicht mehr kräfte in dieses Land zu holen, bedeutet im Um- verhindern!) kehrschluss, dass für deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nichts getan wird oder im Bereich der Die Frage ist jetzt, wie wir mit diesem Fachkräfte- Ausbildung nichts getan wird. – Das stimmt nicht. Wir mangel umgehen. Die Antwort, die manche jetzt geben: Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7253

Stephan Mayer (Altötting) (A) „Macht die Türen auf und lasst ausländische Fachkräfte also überhaupt kein Problem. Dies muss einmal in aller (C) hinein!“, ist aus meiner Sicht zu kurz gegriffen. Deutlichkeit gesagt werden. (Kerstin Andreae [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Das ist nicht die einzige Antwort!) Uns sollte schon zu denken geben: Es gibt immer Wir brauchen natürlich auch die Zuwanderung aus noch 1,5 Millionen Deutsche zwischen 20 und 29, die dem Ausland, das ist unbestreitbar. Liebe Kollegen von keinen Ausbildungsabschluss haben. Auch in diesem den Grünen, aber auch hier sollten wir uns mit den Fak- Zusammenhang fordere ich von der Wirtschaft, noch ten beschäftigen. Es sind im letzten Jahr – wie gesagt: mehr dafür zu sorgen, dass auch diese 1,5 Millionen Krisenjahr 2009 – insgesamt 89 713 Arbeitsgenehmi- Mitbürger ordentlich ausgebildet werden, also einen ent- gungen für Ausländer in Deutschland erteilt worden. sprechenden Ausbildungsabschluss machen können. Wie viele Ablehnungen gab es? 12 258. Der Großteil (Rüdiger Veit [SPD]: Da hast du recht!) von Anträgen, die von deutschen Unternehmen gestellt worden sind, ungefähr 90 Prozent, ist also positiv be- Nur die singuläre Forderung zu erheben, etwas dadurch schieden worden. In der Debatte ist auch schon darauf gegen den Fachkräftemangel zu tun, dass ein verstärkter hingewiesen worden: Auch unter Berücksichtigung der Zuzug aus dem Ausland gestattet wird, ist aus meiner Einkommensgrenze gibt es die Möglichkeit der Vorrang- Sicht nicht der Weisheit letzter Schluss. prüfung. Ich möchte an dieser Stelle betonen: Die Große (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und Koalition hat mit der Verabschiedung des Arbeitsmigra- der FDP) tionssteuerungsgesetzes aus meiner Sicht den richtigen Schritt getan, indem sie zum 1. Januar 2009 die Einkom- Der zweite Gesetzentwurf der Grünen beschäftigt mensgrenze von 85 000 Euro auf 66 000 Euro gesenkt sich mit dem Thema Staatsangehörigkeit. Auch dies ist hat. Ich halte eine weitere Senkung auf 40 000 Euro für ein wichtiges Thema. Ich bitte, auch hier zu sehen, dass – das sage ich in aller Offenheit – ausgesprochen be- der Leitgedanke, den Sie von den Grünen verfolgen, denklich, weil die infrage kommenden Arbeitnehmer aus meines Erachtens grundsätzlich falsch ist. Sie gehen da- meiner Sicht keine hochqualifizierten sind. Gerade von von aus, dass dem in Deutschland unbestreitbar vorhan- der linken Seite des Plenums wird uns immer wieder die denen Problem, dass leider Gottes zu viele Ausländer Forderung angetragen: Führt endlich den Mindestlohn oder Menschen mit Migrationshintergrund nicht ordent- ein! Ich möchte sagen: Unsere Seite muss in Richtung lich integriert sind, dadurch abzuhelfen ist, dass wir ih- Wirtschaft die Forderung erheben: Liebe Wirtschaft, be- nen die deutsche Staatsangehörigkeit ausreichen. Die zahlt die Menschen endlich ordentlich! Das ist der ent- deutsche Staatsangehörigkeit ist, wie es heute schon er- (B) scheidende Punkt. wähnt wurde, mit Sicherheit ein Meilenstein in der Inte- (D) grationshistorie eines Menschen. Ich sage aber auch (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. ganz deutlich: Das kann nur der letzte Meilenstein dieser Klaus Breil [FDP]) Integrationsgeschichte sein. Die Ausreichung der deut- BDI und BDA rufen jetzt laut: Wir brauchen Fach- schen Staatsangehörigkeit kann und darf nur der Ab- kräfte aus dem Ausland. – Wir sollten uns schon die schluss eines erfolgreichen Integrationsprozesses sein. Aufgabe stellen – ich bin sehr unternehmerfreundlich –, Deswegen halte ich es für vollkommen verfehlt, dass Sie zu hinterfragen: Was ist eigentlich die Intention der in Ihrem Gesetzentwurf vorsehen, dass generell Mehr- Wirtschaft? Der Wirtschaft geht es doch größtenteils staatlichkeit hingenommen wird, dass die Optionspflicht – auch hier muss man differenzieren – um günstige Ar- abgeschafft wird, dass Einbürgerungstests abgeschafft beitskräfte werden, dass über 54-Jährige dahin gehend privilegiert werden, dass ihnen keine Sprachtests abverlangt werden. (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: So ist es! – Dies ist meines Erachtens der vollkommen falsche Weg. Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sind mit Frau Dağdelen schon einig!) Ich möchte eines zur Dämonisierung der Einbürge- rungstests sagen: Fast 99 Prozent aller Ausländer, die und nicht darum, hochqualifizierte Arbeitnehmer aus den Einbürgerungstest machen, schaffen ihn. dem Ausland zu bekommen. Das ist doch der eigentliche (Memet Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hintergrund dieser Forderung. Wozu dann ein Test, wenn sie ihn alle schaf- Es gilt, hinzuzufügen, dass es schon heute sehr aus- fen?) differenzierte Regelungen gibt, nach denen ausländi- So schwer kann die Hürde Einbürgerungstest nun wirk- sche Fachkräfte nach Deutschland kommen können. lich nicht sein, wenn knapp 99 Prozent all derjenigen, Das gilt für EU-Ausländer ohnehin. Es ist schon erwähnt die ihn machen, ihn auch tatsächlich bestehen. Ich worden: Zum 1. Mai nächsten Jahres herrscht die volle glaube, dieser Einbürgerungstest ist mit Sicherheit sach- Freizügigkeit für die Länder, die der EU 2004 beigetre- gerecht und keine Hürde im Einbürgerungsprozess im ten sind. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit der Vor- Hinblick auf die Ausreichung der deutschen Staatsbür- rangprüfung. Wie ich ebenfalls bereits erwähnt habe, gerschaft. sind 60 Prozent all derjenigen, die aus dem Ausland nach Deutschland gekommen sind, nach einer erfolgrei- Wir müssen peinlich genau darauf achten, dass die chen Vorrangprüfung nach Deutschland gekommen. deutsche Staatsbürgerschaft ein Privileg ist, das natürlich Diese Vorrangprüfung ist für die meisten in der Praxis auch mit entsprechenden Pflichten verbunden ist. Ich 7254 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Stephan Mayer (Altötting) (A) glaube, dass wir hier bisher den richtigen Weg gegangen das kommentieren, was die Debattenredner hier zum (C) sind. Es geht nicht um soziale Selektion, sondern es geht Besten gegeben haben. darum, klarzumachen, dass derjenige, der die deutsche Ich würde gern am Anfang feststellen, dass ich den Staatsangehörigkeit erwerben will, etwas dafür tun Kollegen Hartfrid Wolff von der FDP, der sich dafür ent- muss. schuldigt hat, dass er meinen Ausführungen hier nicht Deswegen halte ich den Grundansatz, der Ihrem Ge- mehr folgen kann, kaum beleidige, wenn ich sage: Bei setzentwurf zugrunde liegt, nämlich vom Jus Sanguinis manchen seiner Ausführungen fühlte ich mich ein biss- zum Jus Soli überzugehen, für vollkommen verfehlt. Es chen in eine Art unbezahlte Dichterlesung von Thilo kann nicht angehen, dass ein Kind allein schon deshalb Sarrazins Werken versetzt. die deutsche Staatsangehörigkeit bekommt, nur weil die Ansonsten ging es hier eher gemäßigt zu. Frau Kolle- Eltern – das gilt auch für den Fall, dass sie selbst nicht gin Dağdelen, ich würde nur darum bitten, dass wir bei die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen – über ein den Dingen, bei denen wir einer Meinung sind, damit Aufenthaltsrecht in Deutschland verfügen. Diesen jegli- aufhören, uns wechselseitig auseinanderzudividieren; chen Verzicht auf Voraufenthalt halte ich für vollkom- denn es macht keinen Sinn, die Grünen für einen Gesetz- men verfehlt. entwurf zu beschimpfen oder zu kritisieren, der im Er- (Aydan Özoğuz [SPD]: Was? Wie soll man sich gebnis einige Dinge und Elemente enthält, die uns von vor der Geburt hier aufgehalten haben?) der linken Seite des Hauses miteinander verbinden. Da- rauf komme ich noch zurück. Denn wenn wir nicht nach Ich glaube, dass es richtig ist, dass wir diese Debatten dem Motto fortfahren, dass uns Einigkeit und nicht Un- führen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Ausrei- einigkeit starkmacht, bleibt das, was mit dem Begriff chung der deutschen Staatsangehörigkeit als auch im von der herrschenden Klasse bezeichnet wird, bestehen. Hinblick auf die wichtige Frage, wie wir mit dem zuneh- Und das wollen wir alle nicht. menden Fachkräftemangel in Deutschland umgehen. Aber die Antworten, die hier von Ihrer Seite gegeben In der Sache geht es bei der Arbeitsmigration um er- werden, sind aus meiner Sicht vollkommen verfehlt. Der weiterte Möglichkeiten der Zuwanderung für qualifi- Ansatz, den die Bundesregierung wählt, ist der richtige. zierte Arbeitskräfte. Welche Möglichkeiten da heute Es soll bis zur Sommerpause des nächsten Jahres ein schon gegeben sind, hat der Kollege Scholz in ganz ein- Konzept entwickelt werden, um insbesondere dem zu- drucksvoller Weise noch einmal aufgezählt. Das war für nehmenden Fachkräftemangel zu begegnen. Ich glaube, den einen oder anderen hier im Hause möglicherweise dass wir hier auf einem ordentlichen Weg sind. sogar neu oder jedenfalls in dieser Deutlichkeit nicht klar. Ich will gar nicht abschließend beurteilen, ob nicht (B) Wir werden als christlich-liberale Koalition unseren auch die Absenkung der Einkommensgrenze ein weite- (D) Auftrag weiterhin ernst nehmen und die Punkte, die wir res Element sein könnte, um die Zuwanderung qualifi- im Koalitionsvertrag festgelegt haben, behandeln. Dazu zierter Arbeitskräfte zu erleichtern. Wie gesagt: Ich will gehört auch die Evaluierung des Optionsrechts, aber dies das nicht abschließend beurteilen. Aber man kann sich wird frühestens im Jahr 2012 möglich sein. Das ist aber da sehr viel mehr vorstellen, Stichwort Bluecard und ei- ausreichend; denn erst im Jahr 2013 wird für die ersten nige andere Dinge mehr. Optionspflichtigen die Frist ablaufen, innerhalb derer sie Lassen Sie mich daher zur Frage der Staatsbürger- sich entscheiden müssen. Die Forderung, jetzt die Op- schaft kommen. Der Kollege Kilic hat recht, wenn er tionspflicht aufzugeben, erfolgt vollkommen zur Unzeit. sagt, dass es in Deutschland rund 5 Millionen Menschen Daher kann man Ihren Gesetzentwürfen nur eine klare gibt, die eigentlich die Voraussetzung dafür erfüllten, Absage erteilen. Diese bringen uns, was das Thema Inte- sich als Deutsche einbürgern zu lassen. 5 Millionen! Es gration und Bekämpfung des Fachkräftemangels betrifft, wäre ja schön, wenn sie es tun könnten, lieber Kollege in keiner Weise weiter. Ich kann also nur Ablehnung Brandt und lieber Kollege Grindel. Das Problem ist nur, empfehlen. dass sich einige hier im Haus bemühen, möglichst hohe Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Hürden aufzubauen, die verhindern, dass diese Men- schen Anträge stellen, über die dann positiv entschieden (Beifall bei der CDU/CSU) wird. Da gibt es zwischen uns einen ganz großen Unter- schied im Grundverständnis. Das ist in allen Ihren Bei- Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: trägen deutlich geworden, auch in dem Beitrag von Letzter Redner in dieser Debatte ist der Kollege Herrn Dr. Schröder. Rüdiger Veit für die SPD-Fraktion. Sie sagen, dass für Sie die Einbürgerung sozusagen der krönende Abschluss der Integration ist. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Genau!) Wir sagen hingegen – selbst Herr Tören hat das ange- Rüdiger Veit (SPD): deutet –, dass sie ein Meilenstein, ein wichtiger Zwi- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! schenschritt für Integration ist. Wir müssen doch unse- In der für mich etwas kürzer gewordenen Redezeit – das rerseits den Menschen, die hier bei uns leben, ein bedaure ich nicht, weil Wichtiges von meiner Kollegin Angebot machen, um ihnen gegenüber zum Ausdruck zu Aydan Özoğuz gesagt worden ist – will ich ein wenig bringen: Natürlich freuen wir uns darüber, wenn ihr als Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7255

Rüdiger Veit (A) deutsche Staatsbürger an der Gestaltung dieses Gemein- dann gibt es hier eine Perspektive für euch und eure Fa- (C) wesens mitwirkt. Dazu wollen wir die Voraussetzungen milien. schaffen. (Zuruf von der CDU/CSU: Das machen wir Das ist doch das Problem. Wenn nur 80 000 Men- ja!) schen im Jahr von der Möglichkeit zur Einbürgerung Gebrauch machen, muss uns dies angesichts einer Zahl Daran müssen wir arbeiten. Wir dürfen uns nicht auf von 5 Millionen Menschen, die das tun könnten, alar- Symbolpolitik beschränken, sondern wir brauchen ernst- mieren; denn es verdeutlicht, dass hier irgendetwas nicht hafte Veränderungen, um die Ursachen für Desintegra- stimmen kann. Vor diesem Hintergrund kann man nicht tion, die wir in Deutschland haben, zu beseitigen. Dazu davon reden, dass wir hier eine Willkommenskultur hät- sind wir hier in erster Linie gefordert. Das sollten auch ten. Vielmehr haben wir uns zum Teil sozusagen be- Sie langsam einsehen. Es wäre gut, wenn Sie sich etwas müht, möglichst viele Hindernisse aufzubauen, die ver- in diese Richtung bewegen könnten. hindern, dass die Einbürgerungsverfahren zügig und mit Vielen Dank. Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden können. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Memet (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ Kilic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]) DIE GRÜNEN) Ein ganz wichtiger Grund für den Rückgang der Zahl Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: der Einbürgerungsverfahren ist ganz offensichtlich, dass Ich schließe die Aussprache. wir ein Verbot der Mehrfachstaatigkeit haben. Bezüglich des Zusatzpunktes 3 wird interfraktionell (Zuruf der Abg. Sevim Dağdelen [DIE Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 17/3411 LINKE]) an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse Dieses Zugeständnis hat Rot-Grün, damit die Staatsbür- vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? – Ich gerschaftsreform überhaupt im Bundesrat durchgehen sehe, dass das der Fall ist. Dann ist die Überweisung so konnte, der FDP leider machen müssen. Deswegen ha- beschlossen. ben wir uns auch auf das Optionsmodell eingelassen, Beim Zusatzpunkt 4 kommen wir nun zur Abstim- von dem übrigens – das richtet sich an Herrn Mayer und mung über den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/ andere, die davon gesprochen haben – schon seit dem Die Grünen zur Änderung des Aufenthaltsgesetzes. Der Jahr 2008 die ersten Betroffenen Gebrauch machen kön- Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung nen und unter Umständen auch müssen. auf Drucksache 17/3241, den Gesetzentwurf der Fraktion (B) (D) Herr Grindel, das ist eben nicht das Einzige, was wir Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3039 abzu- von ihnen verlangen. Wenn wir heute jemandem sagen: lehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zu- „Du bist zwar geborener Deutscher; jetzt musst du aber stimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer ist dage- die Staatsbürgerschaft deiner Eltern aufgeben, damit du gen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in auch Deutscher bleiben kannst“, dann ist das ein ganz zweiter Beratung mit den Stimmen der Koalitionsfraktio- wesentliches Element dafür, dass er unter Umständen nen und der Fraktion Die Linke abgelehnt. Dafür hat die daran gehindert wird, weiterhin deutscher Staatsbürger Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestimmt. Enthalten ha- zu sein. Wir halten das für verkehrt. ben sich die Kolleginnen und Kollegen der SPD-Frak- tion. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die Etwa 51 Prozent werden heute schon unter Hinnahme weitere Beratung. von Mehrstaatigkeit eingebürgert. Wenn Sie es mit der Integration wirklich ernst meinen – ich will Ihnen da Ich rufe den Tagesordnungspunkt 6 auf: nicht allen den guten Willen absprechen –, dann müssen Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschus- Sie wenigstens die staatlich verordneten Hindernisse im ses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermitt- Staatsbürgerschaftsrecht und im Aufenthaltsrecht besei- lungsausschuss) zu dem Gesetz zur Umsetzung tigen. Dann kann dieses Integrationsangebot auch ent- der geänderten Bankenrichtlinie und der ge- sprechend wahrgenommen werden. änderten Kapitaladäquanzrichtlinie Dazu gehören nicht nur die Möglichkeit, sich einbür- – Drucksachen 17/1720, 17/1803, 17/2472, gern zu lassen, und eine entsprechende Willkommens- 17/3037, 17/3312 – kultur. Dazu gehört auch – gestern hatten wir dazu eine Anhörung im Innenausschuss – eine vernünftige Altfall- Berichterstattung: und Bleiberechtsregelung für Menschen, die seit vielen Abgeordneter Dr. Michael Meister Jahren in Deutschland nur geduldet werden, also auf Wird das Wort zur Berichterstattung oder für Erklä- Koffern leben. An dieser Stelle geht es darum, Kindern rungen gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann kom- und Jugendlichen, die hier aufgewachsen sind und zum men wir unmittelbar zur Abstimmung. Teil in Deutschland geboren wurden, zu signalisieren: Ihr dürft hierbleiben; ihr habt hier eine Perspektive; ihr Wer stimmt für die Beschlussempfehlung des Ver- könnt euch bei uns integrieren. Wenn ihr in der Schule mittlungsausschusses auf Drucksache 17/3312? – Wer lernt, wenn ihr eure Ausbildung macht, wenn ihr einen ist dagegen? – Gibt es Enthaltungen? – Damit ist die Be- Beruf ergreift und wenn ihr euch selber ernähren könnt, schlussempfehlung mit den Stimmen der Koalitionsfrak- 7256 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) tionen bei Gegenstimmen der Oppositionsfraktionen an- men begangener Handlungen rassistischer (C) genommen. und fremdenfeindlicher Art (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- – Drucksache 17/3124 – NEN]: Die Mehrheit ist nicht eindeutig, Frau Überweisungsvorschlag: Präsidentin! Das geht so nicht!) Rechtsausschuss (f) Innenausschuss – Frau Kollegin, wir entscheiden. – Ich darf Ihnen nach Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Rücksprache mitteilen, dass im Präsidium die Meinung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe hinsichtlich des Abstimmungsergebnisses nicht einheit- c) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- lich ist und dass wir deshalb die Notwendigkeit sehen, gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Ab- die Stimmen auszuzählen. Sie alle wissen, was das be- kommen vom 9. März 2009 zwischen der Re- deutet: Sie dürfen jetzt den Saal verlassen, und beim gierung der Bundesrepublik Deutschland und Wiederbetreten werden die Stimmen ausgezählt. der Regierung der Französischen Republik Nachdem sich der Saal geleert hat, frage ich: Sind über die Zusammenarbeit im Bereich der Si- jetzt an jeder Tür Schriftführer? – Das ist der Fall. Dann cherheit im Luftraum bei Bedrohungen durch eröffne ich die Abstimmung. zivile Luftfahrzeuge Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich schließe die Ab- – Drucksache 17/3125 – stimmung. Das Ergebnis liegt mir zur Minute noch nicht Überweisungsvorschlag: vor, aber es kann sich nur noch um Sekunden handeln. Verteidigungsausschuss (f) Innenausschuss Nun darf ich Ihnen das Ergebnis dieser Abstimmung Rechtsausschuss bekannt geben: Mit Ja haben gestimmt 294, mit Nein Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung 222. Enthaltungen gab es keine. d) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur nach- der FDP) haltigen und sozial ausgewogenen Finanzie- rung der Gesetzlichen Krankenversicherung Damit ist die Beschlussempfehlung des Vermittlungs- (GKV-Finanzierungsgesetz – GKV-FinG) ausschusses angenommen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, nun haben wir noch – Drucksachen 17/3360, 17/3441 – eine ganze Reihe von Abstimmungen vor uns. Um diese Überweisungsvorschlag: konzentriert abwickeln zu können, bitte ich Sie, soweit Ausschuss für Gesundheit (f) (B) Innenausschuss (D) Sie an der Abstimmung teilnehmen wollen, Platz zu neh- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie men. Ausschuss für Arbeit und Soziales Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ich rufe die Tagesordnungspunkt 33 a bis 33 n sowie Haushaltsausschuss mitberatend und gemäß § 96 GO die Zusatzpunkte 5 a bis 5 d auf: e) Erste Beratung des von der Bundesregierung 33 a) Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Neuregelung des Post- und Telekommunika- Zusatzprotokoll vom 28. Januar 2003 zum tionssicherstellungsrechts und zur Änderung Übereinkommen des Europarats vom 23. No- telekommunikationsrechtlicher Vorschriften vember 2001 über Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels Com- – Drucksache 17/3306 – putersystemen begangener Handlungen rassis- Überweisungsvorschlag: tischer und fremdenfeindlicher Art Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Innenausschuss – Drucksache 17/3123 – Rechtsausschuss Überweisungsvorschlag: f) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Rechtsausschuss (f) gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhe- Innenausschuss Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend bung des Freihafens Hamburg Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe – Drucksache 17/3353 – b) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- Überweisungsvorschlag: gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- Finanzausschuss zung des Rahmenbeschlusses 2008/913/JI des Rates vom 28. November 2008 zur strafrechtli- g) Erste Beratung des von der Bundesregierung chen Bekämpfung bestimmter Formen und eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Än- Ausdrucksweisen von Rassismus und Frem- derung des Stipendienprogramm-Gesetzes denfeindlichkeit und zur Umsetzung des Zu- (1. StipG-ÄndG) satzprotokolls vom 28. Januar 2003 zum Über- – Drucksache 17/3359 – einkommen des Europarats vom 23. November Überweisungsvorschlag: 2001 über Computerkriminalität betreffend Ausschuss für Bildung, Forschung und die Kriminalisierung mittels Computersyste- Technikfolgenabschätzung Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7257

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend m) Beratung des Antrags der Abgeordneten Kirsten (C) Haushaltsausschuss gemäß § 96 GO Lühmann, Uwe Beckmeyer, Sören Bartol, weite- h) Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- rer Abgeordneter und der Fraktion der SPD gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Umset- Logistikstandort Deutschland stärken – zung der Dienstleistungsrichtlinie in der Justiz Transport- und Güterverkehr nachhaltig ge- und zur Änderung weiterer Vorschriften stalten – Drucksache 17/3356 – – Drucksache 17/3430 – Überweisungsvorschlag: Überweisungsvorschlag: Rechtsausschuss Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) i) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Ausschuss für Arbeit und Soziales Dr. Martina Bunge, Dr. Gregor Gysi, Dr. Dietmar Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion Haushaltsausschuss DIE LINKE n) Beratung des Antrags der Abgeordneten René Auch Verletztenrenten von NVA-Angehörigen Röspel, Ulla Burchardt, Dr. Ernst Dieter der DDR anrechnungsfrei auf die Altersrente Rossmann, weiterer Abgeordneter und der Frak- stellen tion der SPD – Drucksache 17/3217 – 20 Jahre Büro für Technikfolgenabschätzung Überweisungsvorschlag: beim Deutschen Bundestag – Ein gelungenes Ausschuss für Arbeit und Soziales (f) Beispiel und internationales Modell für den Innenausschuss Austausch von Wissenschaft und Politik Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Drucksache 17/3414 – j) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef Philip Winkler, Memet Kilic, Viola von Cramon- Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Bildung, Forschung und Taubadel, weiterer Abgeordneter und der Frak- Technikfolgenabschätzung (f) tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung Abschiebungshaft auf dem Prüfstand – Euro- Auswärtiger Ausschuss päische Rückführungsrichtlinie umsetzen Finanzausschuss Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Drucksache 17/2139 – Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und (B) Überweisungsvorschlag: Verbraucherschutz (D) Innenausschuss (f) Ausschuss für Gesundheit Rechtsausschuss Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe Entwicklung Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Haushaltsausschuss k) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Höfken, Nicole Maisch, Cornelia Behm, weiterer ZP 5 a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Dr. Joachim Pfeiffer, Peter Bleser, Nadine Schön DIE GRÜNEN (St. Wendel), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Abgeordneten Smiley-Kennzeichnungssystem bundesweit Paul K. Friedhoff, Dr. Erik Schweickert, Claudia verbindlich einführen Bögel, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 17/3220 – Überweisungsvorschlag: Kinderfreundliche Nachbesserung der EU- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Spielzeugrichtlinie dringend erforderlich Verbraucherschutz (f) Ausschuss für Wirtschaft und Technologie – Drucksache 17/3424 – l) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Überweisungsvorschlag: Ausschuss für Wirtschaft und Technologie (f) Das Menschenrecht auf Religions- und Glau- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (f) bensfreiheit als politische Herausforderung Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend – Drucksache 17/3428 – Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Überweisungsvorschlag: Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe (f) Federführung strittig Auswärtiger Ausschuss Innenausschuss b) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD Rechtsausschuss Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Spekulation mit agrarischen Rohstoffen ver- Entwicklung hindern Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Ausschuss für Kultur und Medien – Drucksache 17/3413 – 7258 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Überweisungsvorschlag: Wir stimmen zunächst über den Vorschlag der Frak- (C) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und tion Bündnis 90/Die Grünen ab, das heißt Federführung Verbraucherschutz (f) Finanzausschuss beim Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Ver- Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit braucherschutz. Wer stimmt für diesen Überweisungs- Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und vorschlag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Entwicklung Überweisungsvorschlag ist damit abgelehnt. Die Oppo- c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin sitionsfraktionen waren für diesen Überweisungsantrag Binder, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, und die Koalitionsfraktionen dagegen. weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE Nun stimmen wir ab über den Überweisungsvor- LINKE schlag der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP, das Lebensmittel-Smiley nach dänischem Vorbild heißt Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft und bundesweit einführen Technologie. Wer stimmt für diesen Überweisungsvor- schlag? – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Über- – Drucksache 17/3434 – weisungsvorschlag ist damit mit den Stimmen der Koali- Überweisungsvorschlag: tionsfraktionen angenommen. Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (f) Ich rufe die Tagesordnungspunkte 34 a bis 34 l auf. Es Ausschuss für Wirtschaft und Technologie handelt sich dabei um Beschlussfassungen zu Vorlagen, Ausschuss für Gesundheit Ausschuss für Tourismus zu denen keine Aussprache vorgesehen ist. d) Beratung des Antrags der Abgeordneten Tagesordnungspunkt 34 a: Marieluise Beck (Bremen), Volker Beck (Köln), Viola von Cramon-Taubadel, weiterer Abgeord- Zweite und dritte Beratung des von den Abgeord- neter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- neten Manuel Sarrazin, Dr. Frithjof Schmidt, NEN Marieluise Beck (Bremen), weiteren Abgeordne- ten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Abschaffung der Visumspflicht für Albanien NEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu und Bosnien und Herzegowina dem EFSF-Rahmenvertrag vom 7. Juni 2010 – Drucksache 17/3438 – – Drucksache 17/2412 – Überweisungsvorschlag: Auswärtiger Ausschuss (f) Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- (B) Innenausschuss ausschusses (8. Ausschuss) (D) Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union – Drucksache 17/3126 – Es handelt sich um Überweisungen im vereinfach- ten Verfahren ohne Debatte. Berichterstattung: Zunächst kommen wir zu den unstrittigen Überwei- Abgeordnete Norbert Barthle sungen. Das betrifft die Tagesordnungspunkte 33 a bis Carsten Schneider (Erfurt) 33 n sowie die Zusatzpunkte 5 b bis 5 d. Otto Fricke Dr. Gesine Lötzsch Interfraktionell wird vorgeschlagen, die Vorlagen an Alexander Bonde die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse zu überweisen. Der Haushaltausschuss empfiehlt in seiner Beschluss- empfehlung auf Drucksache 17/3126, den Gesetzent- Zu dem Gesetzentwurf zur nachhaltigen und sozial wurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksa- ausgewogenen Finanzierung der gesetzlichen Kranken- che 17/2412 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem versicherung – das betrifft den Tagesordnungspunkt Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – 33 d – liegt inzwischen auf Drucksache 17/3441 die Ge- Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- genäußerung der Bundesregierung vor, die wie der Ge- wurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen der setzentwurf überwiesen werden soll. Sind Sie damit ein- Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion verstanden? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann sind diese Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion der Überweisungen so beschlossen. SPD abgelehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäfts- Nun kommen wir zu einer Überweisung, bei der die ordnung jede weitere Beratung. Federführung strittig ist. Das betrifft den Zusatzpunkt Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 34 b: 5 a. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Drucksache 17/3424 an die in der Tagesordnung aufge- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Strittig ist die Feder- gierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten führung. Die Fraktionen der CDU/CSU und der FDP Gesetzes zur Änderung der Wirtschaftsprü- wünschen Federführung beim Ausschuss für Wirtschaft ferordnung – Wahlrecht der Wirtschaftsprü- und Technologie, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ferkammer wünscht Federführung beim Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. – Drucksache 17/2628 – Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7259

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Tagesordnungspunkt 34 d: (C) ses für Wirtschaft und Technologie (9. Aus- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- schuss) gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes – Drucksache 17/3467 – zur Anpassung von Bundesrecht im Zustän- digkeitsbereich des Bundesministeriums für Berichterstattung: Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher- Abgeordnete Andrea Wicklein schutz im Hinblick auf den Vertrag von Lissa- bon Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie emp- fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache – Drucksache 17/3118 – 17/3467, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf Drucksache 17/2628 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das ses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der cherschutz (10. Ausschuss) Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung mit den – Drucksache 17/3475 – Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Enthaltung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Berichterstattung: der Fraktion Die Linke angenommen. Abgeordnete Dr. Max Lehmer Elvira Drobinski-Weiß Wir kommen zur Dr. Erik Schweickert Dr. Kirsten Tackmann dritten Beratung Ulrike Höfken und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Verbraucherschutz empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Wer ist dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf lung auf Drucksache 17/3475, den Gesetzentwurf der ist mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie bei der Bundesregierung auf Drucksache 17/3118 anzunehmen. zweiten Beratung angenommen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus- Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 34 c: schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetz- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- entwurf ist damit in zweiter Beratung mit den Stimmen gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes des ganzen Hauses angenommen. zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes (B) Dritte Beratung (D) und des Kraftfahrsachverständigengesetzes und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem – Drucksachen 17/3022, 17/3035 – Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Gegenprobe! – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist ses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenommen. (15. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 34 e: – Drucksache 17/3450 – Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Wirtschaft und Tech- Berichterstattung: nologie (9. Ausschuss) zu der Verordnung der Abgeordnete Kirsten Lühmann Bundesregierung Der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwick- Neunzigste Verordnung zur Änderung der Au- lung empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf ßenwirtschaftsverordnung Drucksache 17/3450, den Gesetzentwurf der Bundesre- gierung auf Drucksachen 17/3022 und 17/3035 in der – Drucksachen 17/2822, 17/2971 Nr. 2.2, 17/3141 – Ausschussfassung anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die Berichterstattung: dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustimmen Abgeordneter Rolf Hempelmann wollen, um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Der Ausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfeh- Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses angenom- lung auf Drucksache 17/3141, die Aufhebung der Ver- men. ordnung auf Drucksache 17/2822 nicht zu verlangen. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer ist Wir kommen zur dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung dritten Beratung ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen, der Frak- tion Bündnis 90/Die Grünen und der SPD-Fraktion bei und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Gegenstimmen der Fraktion Die Linke angenommen. Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Tagesordnungspunkt 34 f: Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Beratung mit den Stimmen des ganzen Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Hauses angenommen. richts des Ausschusses für Menschenrechte und 7260 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Humanitäre Hilfe (17. Ausschuss) zu der Unter- Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- (C) richtung gen? – Die Sammelübersicht 150 ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD-Fraktion bei Ge- Uganda: Entwurf eines Gesetzes über das Ver- genstimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und bot von Homosexualität der Fraktion Die Linke angenommen. Entschließung des Europäischen Parlaments Tagesordnungspunkt 34 k: vom 17. Dezember 2009 zum Entwurf eines Gesetzes über das Verbot von Homosexualität Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- in Uganda ausschusses (2. Ausschuss) EuB-EP 2004; P7_TA-PROV(2009)0119 Sammelübersicht 151 zu Petitionen – Drucksachen 17/859 Nr. A.13, 17/2960 – – Drucksache 17/3227 – Der Ausschuss empfiehlt, in Kenntnis der Unterrich- Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Gibt es Ent- tung eine Entschließung anzunehmen. Über diese Be- haltungen? – Die Sammelübersicht 151 ist mit den Stim- schlussempfehlung stimmen wir nun ab. Wer stimmt für men der Koalitionsfraktionen und den Stimmen der die Beschlussempfehlung? – Ist jemand dagegen? – Ent- Fraktion Die Linke bei Gegenstimmen der Fraktion der haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim- SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen angenom- men des ganzen Hauses angenommen. men. Wir kommen nun zu den Beschlussempfehlungen des Tagesordnungspunkt 34 l: Petitionsausschusses, Tagesordnungspunkte 34 g bis 34 l. Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses (2. Ausschuss) Tagesordnungspunkt 34 g: Sammelübersicht 152 zu Petitionen Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- ausschusses (2. Ausschuss) – Drucksache 17/3228 – Sammelübersicht 147 zu Petitionen Hierzu liegt eine persönliche Erklärung zur Abstim- mung nach § 31 unserer Geschäftsordnung des Kollegen – Drucksache 17/3223 – Ilja Seifert vor1). Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- Gibt es Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 152 ist gen? – Die Sammelübersicht 147 ist mit den Stimmen mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die (B) des ganzen Hauses angenommen. Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. (D) Tagesordnungspunkt 34 h: Ich rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf: Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- ausschusses (2. Ausschuss) regierung eingebrachten Entwurfs eines Haus- haltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG 2011) Sammelübersicht 148 zu Petitionen – Drucksachen 17/3030, 17/3361 – – Drucksache 17/3224 – Beschlussempfehlung und Bericht des Haushalts- Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- ausschusses (8. Ausschuss) gen? – Auch die Sammelübersicht 148 ist mit den Stim- men des ganzen Hauses angenommen. – Drucksachen 17/3406, 17/3452 – Tagesordnungspunkt 34 i: Berichterstattung: Abgeordnete Norbert Barthle Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Carsten Schneider (Erfurt) ausschusses (2. Ausschuss) Otto Fricke Sammelübersicht 149 zu Petitionen Roland Claus Alexander Bonde – Drucksache 17/3225 – Es liegen ein Änderungsantrag und ein Entschlie- Wer stimmt dafür? – Wer ist dagegen? – Enthaltun- ßungsantrag der Fraktion der SPD sowie vier Ände- gen? – Die Sammelübersicht 149 ist mit den Stimmen rungsanträge und ein Entschließungsantrag der Fraktion der Koalitionsfraktionen, der SPD-Fraktion und der Bündnis 90/Die Grünen vor. Über den Gesetzentwurf Fraktion Bündnis 90/Die Grünen bei Gegenstimmen der und den Änderungsantrag der Fraktion der SPD werden Fraktion Die Linke angenommen. wir später namentlich abstimmen. Tagesordnungspunkt 34 j: Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Aussprache eine Stunde vorgesehen. – Ich sehe, dass Sie ausschusses (2. Ausschuss) damit einverstanden sind. Dann können wir so verfah- ren. Sammelübersicht 150 zu Petitionen – Drucksache 17/3226 – 1) Anlage 6 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7261

Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt (A) Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner in die- Das ist eine ausgesprochen positive Entwicklung. Wir (C) ser Debatte hat der Kollege Norbert Barthle für die haben – das muss man immer wieder feststellen – einen CDU/CSU-Fraktion das Wort. breiten und inzwischen auch nachhaltigen Aufschwung, der mittlerweile Gott sei Dank auch bei der Binnenkon- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) junktur angekommen ist und dazu führt, dass der Ar- beitsmarkt sich in einer ausgesprochen erfreulichen Art Norbert Barthle (CDU/CSU): und Weise entwickelt. Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! neten der FDP) Politik, so sagt unser Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble immer, beginnt mit der Betrachtung der Reali- Verlorene Jobs kehren wieder zurück, und neue Jobs ent- täten. Deshalb ist es vielleicht klug, uns zur abschließen- stehen. Gerade dieser Tage haben wir erfahren, dass wir den Beratung des Haushaltsbegleitgesetzes nochmals zu erstmals seit 1992 – damals war der Kollege Kindler ge- vergewissern, woher wir kommen, wo wir stehen und rade bei der Einschulung – wohin wir wollen. (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE Vor gut zwei Jahren hat uns die größte Finanz- und GRÜNEN]: Aber damals konnte ich schon Wirtschaftskrise in der Geschichte dieses Landes ereilt. besser rechnen als die schwarz-gelbe Koali- Wir haben darauf sehr schnell reagiert und noch in den tion!) Jahren 2008 und 2009 zwei Nachtragshaushalte aufge- weniger als 3 Millionen – 2,9 Millionen – Arbeitslose stellt. Wir haben Schutzschirme für die Unternehmen, haben. Davon hat Rot-Grün immer nur geträumt. Wir für die Menschen und für die Banken gespannt. Wir ha- haben es tatsächlich erreicht. ben Konjunkturprogramme aufgelegt. Wir haben die Zahlung des Kurzarbeitergeldes verlängert. Mit einer (Beifall bei der CDU/CSU) Reihe von Maßnahmen haben wir diese Krise bekämpft. Nun gibt es eine breite öffentliche Diskussion da- Das hat dazu geführt, dass wir 2009 noch unter Bun- rüber, wer denn eigentlich der Vater dieses Erfolges ist. desfinanzminister Steinbrück eine Rekordneuverschul- Das wollen ja immer viele sein. In der Bild-Zeitung habe dung von 50 Milliarden Euro bekommen haben. Der ich gelesen, dass Herr Schröder, der Ex-Bundeskanzler, Haushaltsentwurf von Peer Steinbrück sah für dieses für sich reklamiert, das sei nicht das Verdienst von Jahr eine Neuverschuldung von 86,1 Milliarden Euro Angela Merkel, sondern das sei sein Verdienst. Niemand vor. will bestreiten, dass die Hartz-IV-Gesetze eine wichtige Voraussetzung für das waren, was wir heute am Arbeits- (B) (D) Seit Finanzminister Wolfgang Schäuble das Ruder in markt erleben. Deshalb haben wir als Opposition diesen der Hand hält, haben wir begonnen, diese exorbitant Gesetzentwürfen damals auch teilweise zugestimmt. hohe Nettokreditaufnahme Schritt für Schritt abzubauen. Man reibt sich aber schon die Augen, wenn die Allein- (Joachim Poß [SPD]: Jawohl!) herrschaft dafür in Anspruch genommen wird. Wir haben ein Zukunftspaket mit einer mittelfristigen Fi- (Joachim Poß [SPD]: Irrtum! Das stimmt doch nanzplanung für die kommenden Jahre vorgelegt und da- nicht!) mit gezeigt, wie wir diese Verschuldung wieder zurück- – Lieber Herr Poß, ich frage mich, wieso die SPD ei- führen wollen. gentlich so schändlich mit ihrem Übervater (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- umgeht. Für ihn könnten Sie doch vielleicht auch noch NEN]: Ihr habt immer nur Wachstum einge- Anteile reklamieren. preist!) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Unsere Orientierung dabei sind die im Grundgesetz ver- neten der FDP – Alexander Bonde [BÜND- ankerte Schuldenbremse sowie der Stabilitäts- und NIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat Willy Brandt Wachstumspakt der Europäischen Union. Das sind un- mit dem Haushaltsbegleitgesetz zu tun?) sere beiden Leitlinien, die wir aber nur als Obergrenze – Dazu komme ich jetzt. dessen interpretieren, was möglich ist. Wenn wir bessere Abschlüsse erzielen können, streben wir dies selbstver- Wir sind jetzt in der schönen Situation, dass wir das ständlich auch an. Jahr 2010 statt mit 80 Milliarden Euro, wie ursprünglich vorgesehen, vermutlich mit circa 50 Milliarden Euro an (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neuen Schulden abschließen werden. neten der FDP) (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Wo stehen wir jetzt? Deutschland ist die Konjunktur- NEN]: Genau!) lokomotive in Europa. Innerhalb der G-7-Staaten haben wir mit 3,4 Prozent das höchste Wachstum im Jahre Dadurch kommen wir in die glückliche Situation, nicht 2010 zu verzeichnen. Wer hätte sich das Anfang des Jah- nur in Europa, sondern sogar weltweit Vorbild zu sein. res träumen lassen? Kein Mensch! Das hat sich auf der IWF- und Weltbanktagung in Washington gezeigt. Andere sagen: Das, was Deutsch- (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- land macht, ist die beste Voraussetzung für eine stabile NEN]: Sagst du auch noch was zum Gesetz?) wirtschaftliche Entwicklung; denn durch gesunde Staats- 7262 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Norbert Barthle (A) finanzen wird Vertrauen in der Wirtschaft geschaffen, Innerhalb dieses Gesetzgebungsverfahrens haben wir (C) und das ist die Voraussetzung für entsprechendes Wachs- an verschiedenen Punkten Korrekturen vorgenommen. tum. – Wir wurden dort von vielen beneidet. Ich will nicht mehr alle Bestandteile referieren, sondern nur zwei, drei Schwerpunkte herausgreifen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tabaksteuer!) Deshalb haben wir auch diesen Entwurf eines Haus- haltsbegleitgesetzes vorgelegt. Dieser Entwurf eines Bei der Ökosteuer und der Stromsteuer haben wir ei- Haushaltsbegleitgesetzes ist Bestandteil einer Gesamt- nige Korrekturen vorgenommen, um zu verhindern, dass strategie dafür, wie wir den Haushalt des Landes wieder manche Betriebe so stark betroffen werden, dass Ar- auf starke Beine stellen. Es geht hier vor allem auch um beitsplätze gefährdet werden, sodass womöglich Stand- strukturelle Verbesserungen. ortverlagerungen stattfinden. Das wollen wir nicht. Des- Wenn ich mir die Vorschläge der Opposition zu die- halb haben wir die entsprechenden Sätze verringert. sem Gesetzentwurf anschaue, von denen wir während Wir haben auch beim Elterngeld Korrekturen vorge- des parlamentarischen Verfahrens erfahren und gehört nommen, sodass künftig auch die ALG-II-Bezieher, die haben, dann kann ich nur sagen: Es geht Ihnen nur um zum Beispiel Minijobber sind, nach wie vor einen An- mehr Ausgaben und mehr Einnahmen, aber nicht ums spruch auf Elterngeld haben. Auch die Aufstocker haben Sparen. nach wie vor einen Anspruch auf Elterngeld. Ich glaube, Ich habe einmal den Antrag der Grünen mitgebracht, das ist gerechtfertigt; denn sie tragen durch ihre berufli- den Sie im Haushaltsausschuss eingebracht haben. Darin che Tätigkeit immerhin teilweise zu ihrem Lebensunter- wird gefordert, alle Kürzungen, die wir im sozialen Be- halt bei und verzichten dann zugunsten eines Kindes auf reich vorgenommen haben, wieder zurückzunehmen. diesen Zuverdienst. (Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜND- Daneben haben wir das Elterngeld für die Spitzenver- NIS 90/DIE GRÜNEN]) diener gestrichen. Außerdem wird gefordert, das Aufkommen aus der (Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Brennelementesteuer auf 3,7 Milliarden Euro zu erhö- NEN]: Das war eine große soziale Tat!) hen, Wer 250 000 Euro und mehr als Alleinstehender oder (Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜND- 500 000 Euro und mehr als gemeinsam Veranlagte ver- NIS 90/DIE GRÜNEN]) dient, bekommt kein Elterngeld mehr. Ich glaube, damit (B) haben wir ein deutliches Ausrufezeichen gesetzt, mit (D) die Ermäßigung bei der Strom- und Energiesteuer wie- dem wir darauf hinweisen, dass die soziale Balance die- der zurückzunehmen, ses gesamtes Konzepts – ein Drittel der Einsparungen (Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜND- durch Mehreinnahmen aus der Wirtschaft, ein Drittel NIS 90/DIE GRÜNEN]) durch Einsparungen im eigenen Verwaltungsbereich und ein Drittel durch Einsparungen im sozialen Bereich – ge- Steuerbefreiungen für energieintensive Prozesse ganz zu wahrt bleibt. beseitigen, (Joachim Poß [SPD]: Placebo für die Strei- (Beifall des Abg. Alexander Bonde [BÜND- chung bei den Armen!) NIS 90/DIE GRÜNEN]) Die Architektur ist gut gewählt; das ganze Gebäude die Subventionierung der Steinkohlenförderung ganz zu steht. beenden – sagen Sie das einmal der Landesregierung in NRW; schöne Grüße an die dortige Landesregierung –, (Joachim Poß [SPD]: Verlogenes Placebo!) die Lkw-Maut zu erhöhen – das muss man dem Trans- – Herr Poß, wenn das ein Placebo ist, dann war Ihre Rei- portgewerbe sagen –, eine Kerosinsteuer und eine chensteuer auch ein Placebo. Das sollten Sie sich einmal Vermögensabgabe einzuführen, den Spitzensteuersatz überlegen. Wenn Sie das als Placebo bezeichnen, war anzuheben usw. usf. Ich höre also nur etwas von Mehr- Ihre Reichensteuer genau das gleiche Placebo. Das wol- einnahmen, Mehreinnahmen, Mehreinnahmen und len Sie wahrscheinlich ernsthaft nicht behaupten. Mehrausgaben. Von Sparen ist keine Rede. (Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch des (Volker Kauder [CDU/CSU]: Mehr Steuern, Abg. Joachim Poß [SPD]) mehr Steuern!) Ich will damit feststellen: Mit diesem Haushaltsbe- Die Einzige, die in diesem Hause ernsthaft spart, ist die gleitgesetz machen wir den ersten Schritt hin zu einer christlich-liberale Koalition. Das muss wieder einmal Konsolidierung unseres Haushaltes. Weitere werden fol- festgestellt werden. gen. Ich setze auf dann hoffentlich konstruktive Mitar- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- beit der Opposition und bitte um Zustimmung zu diesem neten der FDP – Bettina Hagedorn [SPD]: Sie Gesetz. kürzen, Sie sparen nicht! – Alexander Bonde Danke. [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer macht denn mehr Schulden als geplant?) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7263

(A) Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: keinen Kompass für soziale Gerechtigkeit oder auch nur (C) Das Wort hat nun die Kollegin Bettina Hagedorn für christlichen Anstand haben. die SPD-Fraktion. (Beifall bei der SPD)

Bettina Hagedorn (SPD): 2011 kürzen Sie unter dem verharmlosenden Stich- wort „Umwandlung von Pflicht- in Ermessensleistun- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kolle- gen“ 2 Milliarden Euro allein bei den Arbeitslosen, vor gen! Kollege Barthle, die Art und Weise, wie Sie sich allen Dingen bei den Langzeitarbeitslosen. Ab 2012 kür- hier, ich will einmal sagen: ein Stück weit selbstgefällig zen Sie dort schon die doppelte Summe und 2013 und für die wirklich hervorragenden Zahlen der Arbeitslosen 2014 sogar jeweils 5 Milliarden Euro. Das ist summa gefeiert haben und dabei überhaupt nicht dazu stehen, summarum die atemberaubende Summe von 16 Milliar- dass das das Ergebnis der gemeinsamen Politik der Gro- den Euro in nur vier Jahren. Da bleibt in den Jobcentern ßen Koalition ist, ist erwähnenswert. Es ist so, dass Sie kein Stein mehr auf dem anderen. bei der Neuverschuldung – bei einem unterstellten Ar- beitslosenstand von 4,6 Millionen –, die noch 2009 mit Was heißt das alles, was Sie machen, konkret? Sie 86 Milliarden Euro angenommen werden musste, nicht kürzen gnadenlos bei der Umschulung und Qualifizie- durch Sparen auf jetzt möglicherweise 50 Milliarden rung von Langzeitarbeitslosen, das heißt auch – trotz al- Euro herunterkommen, sondern vor allen Dingen da- ler Lippenbekenntnisse von Frau von der Leyen – zulas- durch, dass die Konjunktur brummt. Das ist das Ergebnis ten von Alleinerziehenden und ihren Kinder und trotz unserer gemeinsamen Arbeitsmarktpolitik, des Kurzar- aller Sonntagsreden dieser Regierung zum Thema Inte- beitergeldes und der Konjunkturpakete. Darauf können gration zulasten von Migranten. Sie kürzen damit trotz wir gemeinsam stolz sein. Das hat aber mit dieser neuen aller Studien und Warnungen vor dem Fachkräftemangel Koalition nichts, aber auch gar nichts zu tun. bei Jugendlichen ohne Schulabschluss und trotz aller Er- kenntnisse zum demografischen Wandel bei Älteren mit (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Dann freuen erhöhtem Aus- und Weiterbildungsbedarf. Sie sich doch einmal und verfallen nicht in De- pressionen!) Diese Kürzungsorgie wird mit Sicherheit sogar die Förderchancen von Menschen mit Behinderung treffen, Das alles war aber am Thema vorbeigeredet; denn wir weil die astronomischen Kürzungssummen, die Sie hier debattieren ja das Haushaltsbegleitgesetz. Darin ist das kurzfristig erreichen wollen, vor allen Dingen dort zu sogenannte Sparpaket verpackt. In Wahrheit ist es ja ein holen sind, wo Maßnahmen aus gutem Grund zunächst Kürzungspaket von round about 80 Milliarden Euro in einmal viel Geld kosten, damit etwas langfristig und (B) den nächsten vier Jahren. Dieses Paket ist Etiketten- nachhaltig Gutes für Betroffene und die Gesellschaft da- (D) schwindel pur. In Wahrheit setzen Sie von Schwarz-Gelb raus erwachsen kann. nämlich mit Ihrer heutigen Zustimmung zum Haushalts- begleitgesetz lediglich die Giftliste mit Kürzungen fast (Beifall bei der SPD) ausschließlich im Bereich Arbeit und Soziales um. Sie machen genau das kaputt, was zu den Ergebnissen auf Dieser Entwurf eines Haushaltsbegleitgesetzes ist der dem Arbeitsmarkt geführt hat, die wir gemeinsam er- in Zahlen gegossene Beleg dafür, dass Sie von Schwarz- reicht haben und auf die wir stolz sein können. Gelb offenbar das Ziel verfolgen, die soziale Schieflage einerseits zulasten der benachteiligten Menschen und an- (Beifall bei der SPD) dererseits zulasten strukturschwacher Regionen und ver- armender Stadtstaaten in unserem Land dramatisch zu Das, was Sie im Gegenzug angeblich bei den Unter- verstärken. nehmen und den Besserverdienenden einsammeln, sind Luftbuchungen. Das hat bestenfalls einen Placeboeffekt, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) der vor allen Dingen Ihre unverhohlen umgesetzten Klientelinteressen kaschieren soll. Sie streichen beim Übergangsgeld für Arbeitslose und damit bei der Lebensleistung von Menschen, die lange (Beifall bei der SPD) hart gearbeitet haben und in der Krise häufig genug völ- lig ohne ihre Schuld arbeitslos geworden sind und jetzt Sie verursachen mit Ihren Kürzungen von über 30 Mil- in Hartz IV zu rutschen drohen. Sie kürzen das Eltern- liarden Euro bis 2014 einen verheerenden, irreparablen geld bei den Familien im ALG-II-Bezug, und zwar ganz Kahlschlag nicht nur bei der Arbeits- und Sozialpolitik. überwiegend bei Alleinerziehenden. 40 Prozent aller Al- Dieser Kahlschlag trifft gleichzeitig den vermeintlichen leinerziehenden in Deutschland leben im Arbeitslosen- Tabubereich Bildung knallhart zulasten all jener, die er- geld-II-Bezug. Diese Menschen werden selbstverständ- höhten Förderbedarf haben, um Chancen in einem sich lich von der Kürzung des Elterngeldes mit betroffen. öffnenden Arbeitsmarkt mit erkennbarem Fachkräfte- mangel erfolgreich zu ergreifen. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Das nennt die Re- gierung christlich-liberale Familienpolitik!) Ihr vermeintliches Sparpaket ist in Wahrheit eine volkswirtschaftlich unsinnige Kürzungsorgie, bei der Der Heizkostenzuschuss trifft gerade Familien und nicht gespart wird, sondern Lasten in die Zukunft ver- Rentner. Er trifft ungefähr 800 000 Wohngeldempfän- schoben werden, und bei der Menschen die Chancen ge- gerhaushalte in Deutschland mit einem durchschnittli- nommen werden. Sie beweisen einmal mehr, dass Sie chen Einkommen von 800 Euro. Da kürzen Sie. 7264 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Bettina Hagedorn (A) Die SPD hat Anträge vorgelegt, in denen sie fordert, ren davonkommen wie Bayern, werden in den nächsten (C) all diese Kürzungen im sozialen Bereich rückgängig zu vier Jahren viel Geld durch das Paket verlieren. Für Bay- machen. Sie haben das abgelehnt. Wir werden heute ern sind es 2,4 Milliarden Euro, für Baden-Württemberg Abend im Haushaltsausschuss die Anträge zum Haushalt 2,2 Milliarden Euro, für Hessen 1,5 Milliarden Euro, für erneut vorlegen. Wir wollen Kürzungen in Höhe von Niedersachsen 2,27 Milliarden Euro, für Nordrhein- 4 Millionen Euro rückgängig machen. Behaupten Sie Westfalen 5,6 Milliarden Euro, für Sachsen 1,8 Milliar- nichts Falsches: Wir werden das sauber und solide ge- den Euro und für Mecklenburg-Vorpommern und genfinanzieren. Denn selbstverständlich wollen auch wir Schleswig-Holstein 850 Millionen Euro in vier Jahren. die Schuldenbremse einhalten und aus Verantwortung gegenüber den nächsten Generationen nicht mehr Geld Das alles beschließen Sie mit Ihrem Sparpaket und ausgeben. Ihrem Haushaltsbegleitgesetz. Damit verschärfen Sie die soziale Ungerechtigkeit auch regional und bei den Men- Die Frage ist allerdings nicht, ob gespart wird – denn schen. Das ist unverantwortlich. wir sind uns darin einig, dass gespart werden muss –, (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Sagen Sie es sondern wie, wo und zu wessen Lasten. laut! Sie sind gegen Sparen!) (Beifall bei der SPD – Dr. Michael Meister Was Sie machen, ist keine zukunftsfähige Politik. Sie [CDU/CSU]: Eben nicht! Sie haben es doch werden damit Ihrer Verantwortung nicht gerecht. eben alles bestritten! Überlegen Sie sich doch selber Ihre eigenen Reden!) (Beifall bei der SPD) Herr Barthle, Sie haben gesagt, der erste wichtige Punkt sei die Betrachtung der Realität. Ich habe Ihnen Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: eine Karte mitgebracht, die Sie kennen. Sie war Gegen- Nächster Redner ist der Kollege Otto Fricke für die stand der Anhörung des Haushaltsausschusses zum FDP-Fraktion. Haushaltsbegleitgesetz. Diese Karte macht farblich deut- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten lich, wie die sozialen Kürzungen, die Sie mit dem Haus- der CDU/CSU) haltsbegleitgesetz beschließen wollen, regional wirken. Alles, was auf der Karte gelb ist – das sind in erster Linie Baden-Württemberg und Bayern –, sind die Regionen, Otto Fricke (FDP): die fast gar nicht betroffen sein werden. Der dunkelrote Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Meine lieben Kolle- Teil zeigt, dass Sie nur vier Wochen nach dem 20. Jah- ginnen und Kollegen! Keiner spart mit heißem Herzen. restag der deutschen Einheit eine unsichtbare Mauer der Keiner macht das gerne. (B) (D) sozialen Kälte neu errichten. Das ist genau zu sehen. (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Aber auch im Norden und Westen gibt es struktur- NEN]: Sie kürzen mit kaltem Herzen; das ist schwache Bereiche, wo sich das Paket regional verhee- wahr! – Klaus Brandner [SPD]: Sie kürzen! rend auswirken wird. Sie sparen nicht!) (Beifall bei der SPD) Aber wer vernünftig ist, spart zur rechten Zeit und sorgt in guten Zeiten für schlechte Zeiten vor. Ich will Ihnen sagen, wie ungerecht das Paket regional wirkt. Mecklenburg-Vorpommern wird mit 82 Euro pro (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Einwohner doppelt so stark wie der Durchschnitt belas- der CDU/CSU) tet. In Bayern sind es nur 21,88 Euro pro Einwohner. Die Das ist das, was diese Koalition mit dem Haushaltsbe- Stadtstaaten sind Verlierer. Betroffen ist vor allem Berlin gleitgesetz in einem ersten Schritt umsetzt. mit knapp 100 Euro pro Einwohner. Aber auch Bremen und Hamburg müssen richtig bluten. (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Sie nimmt es den Armen weg!) In Eichstätt in Bayern betragen die Kürzungen nur 1,77 Euro pro Einwohner. In der Uckermark bzw. in Mit dem Haushalt wird der zweite Schritt folgen. Sie sind es 105 Euro. werden sehen, dass sich all Ihre Vorwürfe und all Ihr Re- den über Luftbuchungen nicht bewahrheiten, sondern Die Toppverlierer sind, regional betrachtet, Berlin, dass dieser Haushalt das einhält, wozu uns die Schulden- Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Branden- bremse in Bund, Ländern und Kommunen verpflichtet, burg, Sachsen, Bremen und Thüringen mit massiven nämlich zum vernünftigen Sparen. Unser Sparen ist Kürzungen. nichts Negatives; denn es ist ausgeglichen. (Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist es gerade Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: nicht!) Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss. Wir sparen auf allen Ebenen. Der linken Seite dieses Hauses fällt es schwer, das in der Realität anzunehmen. Bettina Hagedorn (SPD): Ich komme zum Schluss. – Aber auch diejenigen (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Richtig! Uns – mein Kollege Carsten Schneider wird mir sicherlich fällt es schwer, den Armen zu nehmen und den nachsehen, dass ich das noch sage –, die fast ungescho- Reichen zu geben, der FDP nicht!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7265

Otto Fricke (A) Ich sage den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder: (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (C) Wer Ihnen vonseiten der Politik weismachen will, man NEN]: Das ist der Gesundheitskomplex, den könne sparen, ohne Dinge zu tun, die wehtun, sollte sich Sie abschaffen wollten!) fragen, ob es ihm persönlich möglich ist, zu sparen, ohne dass etwas Unangenehmes passiert. Wenn sich das Gehirn irgendwann im Bauch befindet und man es verdaut hat, dann bleibt von Ihrer Argumen- (Christian Lange [Backnang] [SPD]: Die tation nichts mehr übrig. Frage ist: Wem tut es weh?) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Niemand nimmt gerne in einer sozialen Marktwirt- Wie begründen Sie, dass unsere Politik unsozial ist, schaft Veränderungen und Klarstellungen im sozialen angesichts der Tatsache, dass das Sparpaket 2 Milliarden Bereich vor. Euro zusätzlich für die GKV – nicht für die privaten (Bettina Hagedorn [SPD]: Bei uns Abgeordne- Krankenkassen – im Vergleich zu dem, was Sie be- ten sparen Sie keinen Cent!) schlossen haben, vorsieht? Der Vorwurf, es handele sich um ein unsoziales Haus- (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haltsbegleitgesetz und Lobbyismus, ist schlichtweg NEN]: Ihre Kopfpauschale! Was ist eigentlich von dem „mehr netto“ von Herrn Rösler ge- (Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Richtig!) blieben?) die alte Leier, die Sie seit einem Jahr anstimmen. Sie Wie begründen Sie, dass wir unsozial sind, angesichts verneigen sich immer nur vor Ihren eigenen Worten, an- der Tatsache, dass wir – daraufhin hat der Kollege statt auf die Zahlen zu achten. Frau Kollegin Hagedorn, Barthle schon hingewiesen – Aufstockern und 400-Euro- bei den Fragen, wohin die Reise in diesem Land geht Jobbern weiterhin Elterngeld gewähren? und was Spaltung ist, kommt es darauf an – das ist ein (Bettina Hagedorn [SPD]: Wow!) wesentlicher Punkt –, dass Arbeitslosigkeit abgebaut wird. Das findet doch statt. Daher sollte man nicht versu- – Genau, wow! Das ist komisch, nicht wahr? – Frau Kol- chen, anhand von Schaubildern zu zeigen, dass wir wei- legin Hagedorn, Sie haben eben die Alleinerziehenden ter spalten wollen. Es ist unsere Aufgabe als Abgeord- angesprochen. Wem helfen wir besonders? Den Allein- nete dieses Bundestages, dafür zu sorgen, dass es diesem erziehenden! Sie sagen zuerst, dass das, was wir ma- Land insgesamt besser geht. Man muss feststellen, dass chen, schrecklich sei, und dann – darin besteht der Wi- sich die Bundesrepublik Deutschland an der Spitze des derspruch –, wenn wir es machen, dass das nicht so Wachstums befindet. Wenn Ihre Argumentation stimmig wichtig sei. (B) wäre, wir machten alles schlecht, dann hieße das, dass es (D) in Deutschland ein Wachstum von 6 Prozent ohne diese (Bettina Hagedorn [SPD]: 40 Prozent aller Al- Koalition gäbe. Das glaubt Ihnen doch keiner. leinerziehenden sind im Arbeitslosengeld-II- Bereich!) (Bettina Hagedorn [SPD]: Das behauptet auch Für uns ist jede Unterstützung, die wir geben können, keiner!) wichtig. Für uns ist aber auch jede einzelne Million – wir Das jetzige Wachstum ist ein Verdienst aller Deutschen: fangen nicht erst im dreistelligen Millionenbereich an –, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer, aber auch dieser die wir einsparen können, wichtig; Koalition. In diesem Zusammenhang ist auch die An- (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kündigung zu sehen, dass wir bereit sind, zu sparen. Das NEN]: Warum macht ihr mit dem Gesetz gehört einfach dazu. Das sollten Sie ehrlicherweise sa- 51 Prozent mehr Schulden, als ihr vorher er- gen. zählt habt? Jetzt haben wir das mit 350 Millio- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – nen mehr!) Bettina Hagedorn [SPD]: Aber wo und bei denn das befähigt uns, den Generationenvertrag und die wem und zu wessen Lasten?) Verfassung einzuhalten, die uns zum Sparen verpflichtet. Was wir machen, ist sozial. Schauen Sie sich nur die (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Sozialquote an! Ich frage die Bürgerinnen und Bürger der CDU/CSU) immer wieder: Wie viel Prozent des Bundeshaushaltes gibt dieser Staat in den nächsten Jahren für Soziales aus? Als es dann dazu kam, dass Sie Ihre Alternativen darstel- Gibt er prozentual gesehen für Soziales mehr oder weni- len sollten, sind Sie – wie immer – kein einziges Mal ger als unter Rot-Grün aus? konkret geworden, weil Sie genau wissen, dass Sie das nicht bringen können, weil Sie genau wissen, dass Ihre (Bettina Hagedorn [SPD]: Da ist die Rente Alternative die Alternative ist, die Sie uns in NRW zei- drin!) gen, nämlich die Verschuldung zu erhöhen, oder weil die andere Alternative wäre, die Steuern anzuheben. Etwas Da Schwarz-Gelb prozentual gesehen mehr ausgibt als anderes gelingt Ihnen nicht. Rot-Grün, sollte man den Vorwurf des Unsozialen hintenanstellen, auf die Zahlen schauen und bei diesen (Beifall bei der FDP – Christian Lange [Back- bleiben und nicht auf irgendein Bauchgefühl vertrauen. nang] [SPD]: Schwarz-gelbe Schulden beseiti- Das ist ganz gefährlich. gen!) 7266 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Otto Fricke (A) Diese Koalition spart in der Zeit, damit wir in der Not Stichwort soziale Spaltung: Der Beitrag zur Renten- (C) etwas haben. Gleichzeitig sorgt sie dafür, dass die Wahr- versicherung bei Hartz-IV-Empfängern soll wegfallen. scheinlichkeit, dass es diesem Land schlechter geht, im- Das ist nicht nur eine weitere vorprogrammierte Alters- mer geringer wird. Machen Sie doch einfach mit, und armut, das ist, wenn man es sich genau anschaut, gehen Sie nicht nur nach Ihrem Bauch, sondern gehen Sie nach Zahlen und dem Verstand. – Herzlichen Dank. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: 2 Euro Renten- ansprüche!) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist eine Unter- auch ein Betrag, der in der Rentenkasse bei allen Ren- stellung!) tenbezieherinnen und Rentenbeziehern fehlen wird. (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Das ist der Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Punkt!) Für die Fraktion die Linke spricht nun der Kollege Roland Claus. Das Elterngeld bei Hartz-IV-Empfängern soll wegfal- len. Nun trifft Sie die Kritik und man könnte denken, die (Beifall bei der LINKEN) Koalition neige zu großen kreativen Änderungen vor dem Hintergrund dieser Kritik. Aber was macht Roland Claus (DIE LINKE): Schwarz-Gelb? Schwarz-Gelb vollzieht die Flucht in Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und den maximal möglichen Populismus, indem Sie sagen: Herren! Weil nicht selbstverständlich verständlich sein „Kein Elterngeld für Superreiche!“, und das gewisser- kann, was ein Haushaltsbegleitgesetz denn so ist, zu- maßen als ausgleichende Gerechtigkeit darstellen. Fakt nächst die Antwort auf die Frage: Was steht da drin? Es ist doch, mit dem Vorschlag erreichen Sie etwa 1 000 su- handelt sich um ein Gesetz, in dem die Balance von Ein- perreiche Paare, und auf der anderen Seite werden über nahmen und Ausgaben des Bundes geregelt wird, also 130 000 mit einer Einkommensminderung in Höhe eines Einnahmen als Steuern und Abgaben, Ausgaben als So- Viertels bedacht. Das ist zynisch, das ist Rosstäuscherei, zialleistungen, Zinsen, Verwaltung und Investitionen. erst recht vor dem Hintergrund dieser 5-Euro-Hartz-IV- Oder wenn man es einmal ganz einfach und verständlich Erhöhung. sagen möchte – für unsere Zuschauerinnen und Zu- schauer –: Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein neues (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeord- Auto kaufen. Dann haben Sie mit zwei Fragen zu tun. neten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE Sie überlegen sich: Wo kann ich sparen, und bei welcher GRÜNEN) Tante kann ich noch etwas abfassen? Auf diese Weise (B) Ich sage Ihnen einmal eines: Wenn mir vor zwei Wo- (D) habe ich Sie in die Geheimnisse von Haushaltsbegleitge- chen ein Kabarettist im Fernsehen mit dieser Idee ge- setzen eingeführt. kommen wäre, ich hätte zu dem gesagt: Auf so viel Nun kann man die gestellten Fragen gut oder schlecht Quatsch wird auch Schwarz-Gelb nicht kommen. beantworten. Das Haushaltsbegleitgesetz, das uns hier (Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN) vorliegt, gibt die denkbar schlechtesten und untauglichs- ten Antworten auf diese einfachen Fragen. Deshalb kann Ich muss sagen, ich hätte mich getäuscht, Sie sind auf so es nicht unsere Zustimmung finden. viel Quatsch gekommen. Satire ist in diesem Land wirk- (Beifall bei der LINKEN) lich schwer. Dieses Gesetz vertieft die soziale Spaltung der Gesell- Im 20. Jahr der deutschen Einheit sagen Sie den Ost- schaft, es missachtet die Situation im Osten und in struk- deutschen: Ihr seid für das Tragen der Lasten durch die turschwachen Regionen, und es entmündigt die Kommu- Finanzwirtschaftskrise zuständig. Es ist schon gesagt nen. Es ist auch in vielen weiteren Punkten, auf die ich worden, etwa die Hälfte der Lasten trägt Ostdeutschland gar nicht im Einzelnen eingehen möchte, gründlich und tragen die von sozialen Problemen betroffenen missraten. Städte und Regionen. Aus den angesagten blühenden Landschaften machen Sie zahlende Landschaften. Da Nun hat Bundesminister Schäuble dieses Gesetz im- hat die Genossin Hagedorn von der SPD mit ihrer Kritik mer mit der Begrifflichkeit eingeführt, die Bundesregie- vollkommen recht. Ich muss Sie nur daran erinnern: Die rung hätte mit diesem Gesetz einen Wendepunkt hin zur Menschen in diesen Regionen und insbesondere im Os- Haushaltskonsolidierung eingeleitet. Wenn Sie es nicht ten haben nicht vergessen, wer die Agenda 2010 einst ganz so dicke gemacht hätten, wäre unsere Kritik jetzt auf den Weg gebracht hat. nicht so scharf. Aber wenn man einmal zusammenrech- net, was Sie in dieser Legislaturperiode an Neuverschul- (Beifall bei der LINKEN) dung zusammenbringen, dann werden es – auch wenn Sie noch so optimistisch rechnen – über 200 Milliarden Sie zerstören mit dieser Politik auch mutige und krea- Euro Neuverschuldung sein. Das ist keine Wende zum tive Ansätze sowie die Suche nach neuen Entwicklungs- Besseren, das ist eine Rolle rückwärts und vor allen Din- pfaden, die es in den neuen Ländern gibt. Wir haben gen eine Irreführung der Öffentlichkeit, die wir nicht heute den ganzen Tag über die Einführung erneuerbarer mitmachen. Energien gesprochen. Wir wollen, dass der Osten end- lich als Chance begriffen wird, diese Republik zum Bes- (Beifall bei der LINKEN) seren zu verändern, und zwar in allen ihren Teilen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7267

Roland Claus (A) Sie zerstören das kommunale Gemeinwesen. Sie Schauen wir uns einmal an, womit Sie gestartet sind. (C) brauchen sich nur die Stellungnahme des Bundesrates Sie sind mit einem Sparpaket gestartet, durch das soziale anzuschauen: Ihnen wird zu Recht vorgeworfen, Lasten und ökologische Gerechtigkeit abgebaut wurde, durch nach unten zu verteilen, ohne für einen finanziellen Aus- das Belastungen einseitig auf die sozial Schwachen ge- gleich zu sorgen. Angesichts dessen ist es so interessant, schoben wurden. Das ist Ihr Ausgangspunkt, Ihr Sparpa- dass der Widerstand gegen Ihre Haushaltspolitik inzwi- ket. Jetzt schauen wir uns einmal an, was aus den restli- schen ein Widerstand ist, der nicht zuerst betriebswirt- chen Teilen, bei denen es um die Verteilung von Lasten schaftliche Aspekte im Auge hat, der zuerst nicht haus- auf starke Schultern ging, eigentlich geworden ist. Sie haltspolitische Kritiken äußert, sondern der ganz haben angekündigt, sich mit Trippelschrittchen der eindeutig das benennt, was hier stattfindet: Sie zerstören Frage des Subventionsabbaus zu nähern. Die Beratungen das gesellschaftliche Gemeinwohl. Das kann nicht hin- dieses Gesetzes haben nichts anderes gezeigt, als dass genommen werden. sich die Koalition beim Thema Subventionsabbau vom Acker gemacht hat. (Beifall bei der LINKEN) (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Wäre ein besseres Haushaltsbegleitgesetz möglich? Aber ja! Genau hier wäre der Platz gewesen, um Ansätze Sie haben keinen Mumm zum Subventionsabbau. Das für eine gerechte Lohn- und Einkommensteuerpolitik, beweisen Sie mit den Änderungen, die Sie im Gesetzge- für eine Millionärsabgabe, für eine Finanztransaktion- bungsverfahren vorgenommen haben. steuer zu schaffen. Das alles trauen Sie sich nicht, und Sie trauen sich nicht, ein kleines Stück an die Frage stattdessen kommen Sie jetzt wieder mit der alten Leier des Abbaus ökologisch schädlicher Subventionen heran- der Erhöhung der Tabaksteuer. Diese Steuer ist achtmal zugehen. Das Einzige, was noch übrig ist, ist, dass Sie erhöht worden, und das Ergebnis ist, dass das Steuerauf- Umgehungstatbestände beseitigen, die schon immer an kommen real nicht gestiegen, sondern gesunken ist. Ihre der Grenze zur Legalität waren. Politik zerstört das Gemeinwesen. Sie schadet der De- mokratie. Wir wollen eine bessere Gesellschaft und na- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) türlich auch eine bessere Regierung. Mit Verlaub, wenn man fast Kriminelle nicht mehr sub- (Beifall bei der LINKEN) ventioniert, dann ist das noch kein Einstieg in einen Sub- ventionsabbau. Da müssen Sie mehr machen, als immer Diese Regierung und vor allem die FDP versprechen nur etwas in Ihren Parteiprogrammen zu verkünden. ein Steuersystem nach dem Prinzip „einfach, niedrig und gerecht“. Dazu ist festzustellen: Einfach, niedrig und ge- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (B) recht sind in diesem Lande nur die Umfragewerte der Dann schauen wir uns an, was in den anderen Teilen (D) FDP. passiert ist: ökologischer Subventionsabbau – Fehlan- (Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. zeige bei dieser Koalition. Sie haben stattdessen gesagt, Dr. Peter Danckert [SPD]) dass Sie das jetzt mit der Tabaksteuer ausgleichen. Schon wenn man Ihrer Rechnung da glaubt, entsteht auf einmal eine Lücke von 350 Millionen Euro. Das ist ganz Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: schlicht neue Verschuldung. Diese Verschuldung resul- Nächster Redner ist der Kollege Alexander Bonde für tiert daraus, dass Sie mit diesem Gesetz vor den Lobbys die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. eingeknickt sind. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Warten Sie Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): doch mal ab!) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition begeht heute den Tag des Lobbyisten. Wir Ich weiß übrigens nicht, Kollege Fricke, woher Ihre haben heute Morgen erlebt, wie Sie der Atomlobby die Ansage: „Generationengerechtigkeit – auf jede Million Geschenke nachgetragen haben. Wir werden heute noch Euro kommt es an“ kommt, die Sie hier gerade in Vertei- erleben, wie Sie mit der Verabschiedung des Restruktu- digung eines Gesetzes abgelassen haben, mit dem Sie rierungsgesetzes den Bankenlobbys hinterherrennen. den zukünftigen Generationen 350 Millionen Euro neue Wir werden dabei erleben, wie die Deutsche Bank auf Schulden auf den Tisch gelegt haben. Kosten der Genossenschaftsbanken und der Steuerzahler (Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNIS- ein Rettungssystem präsentiert bekommt. Wir erleben SES 90/DIE GRÜNEN) hier, wie ein Gesetz, das einmal als Haushaltsbegleitge- setz gestartet ist, als „Lobbybegleitgesetz“ ins Parlament Sie sind zu feige, wenigstens ein kleines bisschen bei zurückkehrt. dem Subventionsabbau tatsächlich einmal durchzuhal- ten, den Sie alle hier schon gemeinsam verkündet hatten. (Norbert Barthle [CDU/CSU]: Unsachlicher kann Kritik nicht sein!) Da Sie gerade dabei waren, haben Sie gleich noch schnell die Kraft-Wärme-Kopplung richtig an die Wand Sie konkretisieren mit diesem Gesetz Ihr Sparpaket, gefahren. Das war der zweite große Schlag gegen die mit dem Sie angetreten sind, um der großen Herausfor- Stadtwerke, den Sie heute vollzogen haben. Sie haben derung „Einhaltung der Schuldenbremse“ wenigstens interessanterweise dort, wo es um die Schwachen in die- am Anfang ein kleines bisschen gerecht zu werden. ser Republik geht, nichts verändert. Das heißt, Sie grei- 7268 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Alexander Bonde (A) fen weiter in die Rücklagen der Rentenkasse, indem Sie Steuerschenkungsarien singen und Ihre neuen Ge- (C) Arbeitslosengeld-II-Empfängerinnen und Arbeitslosen- schenkpakete verteilen können. geld-II-Empfänger in die Grundsicherung im Alter schieben. Sie billigen den Leuten weniger Rente zu und (Otto Fricke [FDP]: 2016 sind wir noch dran? lassen die Kommunen hinterher zahlen. Haben Sie ir- Danke!) gendetwas an dieser schreienden Ungerechtigkeit geän- – Kollege Fricke, auch ich weiß, dass Sie nicht in den dert? Nein, das haben Sie nicht. Und das ist bezeichnend Genuss dieser 25 Milliarden Euro kommen. Sie tragen für diese Koalition. aktiv viel dazu bei, dass die Menschen das rechtzeitig (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) verhindern werden. Aber das Schlimme ist doch, dass Sie hier dem Anspruch, dieses Instrument wirklich so- Das zieht sich durch dieses Begleitgesetz. Jetzt kann lide anzuwenden, diesem Anspruch auf Generationenge- man sagen, dass man von Schwarz-Gelb nichts anderes rechtigkeit überhaupt nicht gerecht werden. erwartet hat. Das stimmt wahrscheinlich sogar. Ich finde, die richtige Schwierigkeit an dieser Stelle ist: Sie diskre- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ditieren auch diesen wichtigen Prozess der Einhaltung sowie bei Abgeordneten der SPD) der Schuldenbremse, weil Sie alle wissen, dass das ein Sie legen die Axt an zentrale Fragen des Sozialstaats und Prozess ist, den man nur hinbekommt, wenn man ihn der ökologischen Modernisierung, die Sie nicht voran- breit abfedert und sich die Breite der Gesellschaft daran bringen. beteiligt. (Otto Fricke [FDP]: Mach doch mal einen (Zuruf von der FDP: Indem man was macht?) konkreten Vorschlag!) Es ist das große Versagen dieser Koalition, auch tat- sächlich in eigenen Bereichen zu vermitteln, dass auch Wir haben Ihnen ein Paket von Vorschlägen für Kür- zungen in den Haushalten des Bundes vorgelegt. Gleich die starken Schultern etwas tragen müssen. Man muss es marschieren wir hier gemeinsam weiter in die Beratun- sich nur einmal ansehen: Die 1,8 Milliarden Euro, die die Kürzung oder Streichung der Rentenbeiträge für Ar- gen des Verteidigungsetats mit Herrn zu Guttenberg. Auf beitslosengeld-II-Empfänger bedeutet, sind das Vierfa- der einen Seite sagen Sie ihm, die Bundeswehrreform sei super. Gleichzeitig geben Sie ihm jetzt noch Geld in die che dessen, was starke Schultern in Ihrem Sparpaket noch tragen. Das Vierfache dessen, was die starken Hand, damit er ein Dreivierteljahr lang munter weiter in Schultern und die Wirtschaft in Ihrem Sparpaket tragen, Rüstungsprojekte und Bauten investieren kann, die bei der Schlussversion der reformierten Bundeswehr mögli- tragen die Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfänger cherweise überhaupt nicht mehr zum Tragen kommen. alleine. Mehr als diese Relation braucht man Ihnen gar (B) (D) nicht vorzuhalten. (Otto Fricke [FDP]: Das reicht! Sagen Sie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN doch einmal etwas!) sowie bei Abgeordneten der SPD) – Wir haben Ihnen Kürzungen in allen möglichen ande- Es ist schon interessant, wenn man sich dann anguckt, ren Bereichen vorgelegt, Kollege Fricke. Mit Verlaub: wie einige Redner der Koalition hier sprechen. Wir Da können Sie jetzt viel erzählen. Sie wissen doch sel- freuen uns alle darüber, dass die Konjunktur trotz dieser ber, dass es zum Schluss ein Mix aus zusätzlichen Ein- Regierung im Moment gut läuft. Die Wirtschaft hat ent- nahmen, gerechten Kürzungen im Bundeshaushalt und schieden, dieses Chaos, das Sie veranstalten, auszublen- Subventionsabbau sein muss. Stellen Sie sich nicht düm- den und ihren Job zu machen. Das ist auch die einzige mer, als Sie sind. Art und Weise, wie man mit so einer Regierungsbilanz, Ich glaube, Sie wissen alle, wie kurz Sie mit diesem wie Sie sie vorlegen, produktiv umgehen kann. Wir erle- Haushaltsbegleitgesetz springen. Ich würde mich freuen, ben aber, dass Sie sich schon wieder hierhin stellen und wenn Sie einmal in sich gingen und endlich anfingen, in dem nachlassen, was Ihre Aufgabe ist. Sie lassen näm- den Anspruch „Konsolidierung“ wirklich ernst zu neh- lich nach in der Aufgabe, zu beschreiben, wie man die men. Schuldenbremse eigentlich umsetzen kann. Das, was Sie im Haushaltsbegleitgesetz machen, ist nichts anderes als (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sagen: Dort, wo es unseren einmal wehtäte, wenn sie sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- sich in einem Minischritt beteiligen, lassen wir das ein- KEN) fach; das wird schon die aufkommende Konjunktur für uns erledigen. Vizepräsidentin Gerda Hasselfeldt: Das ist übrigens auch der Grund, warum Sie bei der Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Schuldenbremse trotz der Steuermehreinnahmen nicht Norbert Brackmann das Wort. das machen, was Ihnen die Bundesbank und der Bundes- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) rechnungshof nahelegen. Es wäre richtig, den Abbau- pfad anzupassen. Das tun Sie nicht. Sie gehen von einem alten, überhöhten Schuldenstand aus, von dem aus Sie Norbert Brackmann (CDU/CSU): die Schuldenbremse anwenden wollen. So wollen Sie Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und sich bis 2016 einen Puffer von 25 Milliarden Euro neuen Kollegen! Wenn man den heutigen Tag verfolgt hat, liegt Schulden aufbauen, damit Sie jetzt wieder Ihre neuen es sicherlich nahe, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7269

Norbert Brackmann (A) (Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Der ist tumsfreundlich gestalten und endlich Schulden abbauen, (C) noch nicht um!) also die Nettoneuverschuldung drastisch zurückführen. sich gegen Abend ein bisschen Realitätsverlust zu wün- (Beifall bei der CDU/CSU) schen und – quasi wie in einem schönen Hollywoodfilm – ein Happy End herbeizusehnen. Das wäre doch etwas Dafür ist dieses Haushaltsbegleitgesetz ein wichtiger Tolles. Schritt; denn mit diesem Haushaltsbegleitgesetz werden wir rund ein Drittel des gesamten Sparpakets schon auf (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE den Weg gebracht haben. GRÜNEN]: Das gibt es leider nicht! Wir ha- ben die Laufzeitverlängerung beschlossen! – (Bettina Hagedorn [SPD]: Ja, im Sozialbe- Jörn Wunderlich [DIE LINKE]: Der Tag ist reich!) noch lange! Das kommt noch!) Ich finde es auch irreführend – damit sind wir wieder Ich kann mir vorstellen – dieses Gefühl habe ich ein Stück weit bei Hollywood –, Herr Bonde, wenn Sie manchmal –, dass Sie angesichts der guten Leistungen uns hier weismachen wollen, dieser Regierung nervös werden. (Joachim Poß [SPD]: Irreführend sind Ihre (Lachen bei der SPD) Äußerungen!) Bei dem Abbau von Arbeitslosigkeit – wann hatten wir dass wir gerade beim Subventionsabbau und beim Ab- das letzte Mal unter 3 Millionen Arbeitslose? –, bau ökologisch fragwürdiger Subventionen überhaupt nichts getan hätten. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Joachim Poß [SPD]: Sie sind ein Meister der dem Wirtschaftsaufschwung von über 3 Prozent – wir Irreführung!) sind die Wachstumslokomotive in Europa –, bei 15 Milliarden Euro Zinsen, die wir weniger aufwenden Deswegen will ich hier nur kurz auf zwei Themen- müssen, und dem festen Verbraucherpreisindex kann kreise eingehen. Genau wie wir wissen Sie alle – Sie ha- man sich doch tatsächlich wie bei einem Happy End vor- ben es auch oft genug hier im Bundestag dargestellt –, kommen. dass bei den umweltschädlichen Subventionen, über die wir auch regelmäßig Berichte erhalten, alleine der Luft- (Beifall bei der CDU/CSU – Joachim Poß [SPD]: verkehr 11,5 Milliarden Euro von insgesamt 48 Milliar- Das Happy End suchen Sie doch!) den Euro ausmacht. (B) Aber wir wissen alle, wir leben hier nicht in Holly- Wenn wir mit diesem Haushaltsbegleitgesetz eine (D) wood, sondern haben es mit der Realität zu tun. Diese Luftverkehrsteuer einführen, ist dies auch ein deutlicher Realität ist eine ganz harte. Wir dürfen nicht vergessen, Hinweis darauf, dass wir einen der Geschäftszweige, die dass wir auch diesen nächsten Bundeshaushalt wieder fi- ökologieschädliche Subventionen erhalten, weil sie an nanzieren müssen anderen Ecken heutzutage keine Steuern bezahlen, mit (Joachim Poß [SPD]: Mit flatternden Hosen! – Zu- zur Verantwortung ziehen. Das ist aus ordnungspoliti- ruf der Abg. Bettina Hagedorn [SPD]) scher ebenso wie aus ökologischer Sicht dringend erfor- derlich. Dies ist genau der richtige Anreiz und die rich- – Frau Hagedorn, Sie wissen das doch auch –, und zwar tige Politik, die wir hier als Koalition einleiten. mit einer Kreditaufnahme, die ein Viertel des Gesamt- haushalts ausmacht. Herr Claus hat auch zu Recht darauf (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) hingewiesen, wie groß die Belastungen sind. Das Zweite ist der Abbau der Steuervergünstigungen (Bettina Hagedorn [SPD]: Deshalb muss man nicht im Bereich Energie- und Stromsteuer. Drei der 20 größ- so verteilen, wie es meine Karte zeigt!) ten Steuersubventionen mit einem Volumen von über 4 Milliarden Euro im Jahr entfallen auf Steuervergünsti- Keiner von Ihnen weist aber darauf hin, dass diese gungen für Unternehmen des produzierenden Gewerbes Belastungen daraus herrühren, dass die größte Wirt- und der Landwirtschaft. Diese Einnahmen fehlen uns. schafts- und Finanzkrise, die wir seit ewigen Zeiten ge- Wir haben erkannt, dass wir auch hier deutliche Signale habt haben, an den meisten Menschen in unserem Land setzen müssen. glücklicherweise vorbeigegangen ist und alle negativen Auswirkungen, die wir für die Menschen prognostiziert Sie wissen, dass wir vorhatten, im Bereich der Strom- hatten, nicht eingetreten sind. steuer 1,3 Milliarden Euro zu sparen. Aber wir haben in dem Diskussionsprozess erkennen müssen, dass die Ge- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- fahr bestand, bei Gießereien, bei Zementwerken, in der neten der FDP) Chemieindustrie und ähnlichen Branchen 870 000 Ar- Das rechtfertigt vorübergehend die hohen Ausgaben. beitsplätze aufs Spiel zu setzen, wenn wir den Subven- tionsabbau in der Größenordnung durchgezogen hätten, Wenn sich unsere Politik jetzt als erfolgreich erweist oder dass metallverarbeitende Handwerksbetriebe das und wir wieder mehr Luft haben, dann ist es nicht an der bis zu Zehnfache dessen hätten bezahlen müssen, was Zeit, über neue Ausgabenprogramme nachzudenken. sie jetzt bezahlen. Augen und Ohren vor der Realität zu Vielmehr müssen wir den Kurs dann weiterhin wachs- verschließen, ist nicht der richtige Weg. Den Weg, die 7270 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Norbert Brackmann (A) Belastbarkeit unserer Wirtschaft neu zu testen, werden sagen, dass sich in dem halben Jahr, nachdem Sie ange- (C) wir als Koalition hier in diesem Hause nicht mitgehen. fangen haben, die Welt verändert hat. Das Gegenteil ist richtig: Trotz dieser Regierung läuft es gut. Wir sind froh (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und darüber, dass es ökonomisch gut läuft. der FDP) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Statt der im Gesetzentwurf veranschlagten 1,3 Mil- des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) liarden Euro bringt aber auch der moderate Kurs immer- hin zusätzliche Belastungen von 800 Millionen Euro für Jetzt tun Sie so, als wäre die SPD an den Schulden diesen Bereich mit sich. Dann aber, Herr Bonde, von schuld. Das hat Herr Barthle hier zu Beginn gesagt. Es Steuergeschenken zu sprechen, ist eine völlig irrefüh- gab aber nicht nur einen Finanzminister Peer Steinbrück, rende Darstellung der Politik. Das kleine Einmaleins sondern es gab zur gleichen Zeit auch eine Bundeskanz- sollte jeder beherrschen. Man darf den Bürgerinnen und lerin von der CDU, die Angela Merkel hieß. Bürgern mit einer Ausdruckweise wie „Keine Belastung (Otto Fricke [FDP]: Sie heißt noch immer so!) energieintensiver Unternehmen“ keinen Sand in die Au- gen streuen. Solche Vorwürfe sind unseriös und einfach – Ja, sie heißt noch immer so. falsch. Wir als Koalition hingegen machen eine Politik für mehrere Hunderttausend Beschäftigte in Klein-, Mit- (Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Das ist eine tel- und Großbetrieben und nicht für eine einzelne Bran- gute Frau!) che. Deswegen ist dieses Haushaltsbegleitgesetz genau Wir haben eine deutlich bessere Lage; das ist vollkom- der richtige Weg. men klar. Danke schön. Aber geben Sie irgendeine Antwort auf die Frage, wie (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- wir die hohen Schulden, die wir aufnehmen, zurückzah- neten der FDP) len? Sie wollen in dieser Legislaturperiode über 200 Milliarden Euro Kredite aufnehmen. Das hat es vor- her noch nicht gegeben. Die FDP hat noch davon ge- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: träumt, die Steuern zu senken. Aber davon hat sie sich Das Wort hat der Kollege Carsten Schneider für die mit der Zeit verabschiedet und ist jetzt in der Realität an- SPD-Fraktion. gekommen. Was ist die Realität? Was machen Sie? Sie (Beifall bei der SPD) erhöhen die Steuern, die Tabaksteuer gleich fünfmal. (Otto Fricke [FDP]: Bist du dagegen?) Carsten Schneider (Erfurt) (SPD): (B) Das stand nicht in Ihrem Wahlprogramm; da stand etwas (D) Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! anderes. Heute erleben wir sicherlich einen maßgeblichen Tag. Jetzt, zu später Stunde, führen wir eine einstündige De- (Otto Fricke [FDP]: Bist du dagegen? Sag batte über die größten Sozialkürzungen, doch mal deine Meinung!) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Wann hören Sie Wir haben im Bereich einer ökologischen Steuerre- denn auf zu arbeiten?) form eine andere Auffassung, was die Belastung der Be- triebe betrifft. Ein Großteil der Einsparungen, die jetzt die dieses Land je erlebt hat, was von der Koalition mit überhaupt noch erbracht werden, ergibt sich aus der Ab- Alternativlosigkeit begründet wird. schaffung des Contracting – eines Betruges –, aber nicht (Zuruf von der FPD: Die höchsten Sozialaus- aus einer tatsächlichen Verbesserung bei den Einnah- gaben!) men. Die Einnahmen holen Sie sich bei den Verbrau- chern, indem Sie die Steuern erhöhen. – Die höchsten Sozialausgaben, höre ich gerade von der FDP. Dazu kann ich nur sagen: Ihre Antwort auf die Fi- Das zieht sich durch Ihre gesamte Politik, von der nanz- und Staatsfinanzierungskrise – die hohen Defizite, Luftverkehrsabgabe, die auch eine Steuer ist, bis zur die es in allen europäischen Ländern gibt, wurden von Kernbrennstoffsteuer, die zu gering etatisiert ist, aber in der spekulativen Finanzindustrie verursacht, die in vie- Ihrer Finanzplanung, Herr Schäuble, mit einem Betrag len Jahren enorme Gewinne gemacht hat – ist die Kür- von 2,3 Milliarden Euro beziffert wird. Die Anhörung zung einzig im Sozialbereich, weil Sie der Auffassung hat aber ergeben, dass Einnahmen in Höhe von maximal sind, dass dieser zu groß ist. Das haben Sie soeben hier 1,7 Milliarden Euro zu erwarten sind. bestätigt. Ich addiere diese Punkte und stelle die Frage: Reicht (Beifall bei der SPD) die Finanzplanung, die Sie uns vorlegen, eigentlich aus? Sie sagen, es handle sich um ein sehr ambitioniertes Pro- Dazu muss ich sagen, dass wir ein anderes Weltbild ha- gramm und Sie wollten ganz schnell herunter von den ben. Schulden. Wir haben jetzt ein Jahr Schwarz-Gelb hinter uns. (Otto Fricke [FDP]: Sie nicht?) Nach einem Jahr sieht man, dass Sie ein halbes Jahr nichts gemacht haben. Sie sagen immer, der Auf- Nur belasten Sie diejenigen, die sich etwas leisten kön- schwung wäre Ihrer. Aber ein halbes Jahr haben Sie erst nen, überhaupt nicht; sie kommen bei Ihnen nicht vor. einmal nichts gemacht. Sie wollen doch nicht ernsthaft Wer in diesem Land Geld hat, wer einigermaßen ver- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7271

Carsten Schneider (Erfurt) (A) dient, trägt keine Lasten und geht aus der Krise reicher 25 Milliarden Euro errechnet – als erwartet. Das bedeu- (C) hervor, als er vorher war. tet: Sie nehmen diesen zusätzlichen Puffer, um die Steu- ergeschenke, die Sie jetzt nicht durchsetzen können, am (Beifall bei der SPD) Ende der Legislaturperiode zu verteilen. Das heißt, der Das ganze System ist löcherig. Ihnen fehlt das Geld Betrug, den Sie schon im Jahr 2009 angekündigt, aber aus der Kernbrennstoffsteuer, weil Sie einen Deal mit jetzt noch nicht umgesetzt haben, wird 2013 kommen. der Atomlobby gemacht haben und sich letztendlich den (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Steuersatz haben diktieren lassen, anstatt eigenständig zu Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- entscheiden. Ihnen fehlen aufgrund Ihrer Entscheidun- NEN]) gen 350 Millionen Euro bei der Ökosteuer; Kollege Bonde hat darauf hingewiesen. Ihnen fehlen aufgrund Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der euro- der Beschlüsse zum Jahressteuergesetz, das heute noch päischen Situation, auch an den Finanzmärkten, wichtig. zu verabschieden ist, weitere 250 Millionen Euro. Der (Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP]) Finanzminister hat vorhin im Haushaltsausschuss ange- kündigt, wegen der anstehenden Steuervereinfachung – Herr Kollege Fricke, ich habe noch 30 Sekunden Re- den Ländern zusätzlich eine Kompensation in Höhe von dezeit. Sie können eine Frage stellen; dann erkläre ich es 500 Millionen Euro zu zahlen. Ihnen genau. – Wenn man die Beträge summiert, dann erkennt man: Uns liegen Stellungnahmen des Bundesrechnungs- Es besteht eine Lücke von 1,6 Milliarden Euro. Ich habe hofs und der Bundesbank, der wirklich unabhängigsten noch nicht gehört, wie Sie diesen Betrag eigentlich de- Institutionen im Bereich der Finanzen in Deutschland, cken wollen. Da frage ich mich natürlich: Was haben Sie vor. Die sagen Ihnen klipp und klar: Schummeln Sie hier vor? Mir schwant Böses. Wahrscheinlich werden Sie, nicht, tricksen Sie hier nicht, sondern nutzen Sie die weil Sie an die Reichen in diesem Land nicht herange- Mehreinnahmen, die wir aufgrund der guten Konjunktur hen – das kriegen Sie mit Ihrem Koalitionspartner FDP haben, tatsächlich zum Abbau der Neuverschuldung. – nicht hin – und Sie es auch nicht hinbekommen, eine Fi- Ansonsten sind Sie als Tiger gestartet und als Bettvorle- nanztransaktionsteuer einzuführen – Sie verhandeln da- ger gelandet. Der Finanzminister würde weiter gerupft, rüber in Brüssel nicht so ernsthaft wie über andere wie er in den Verhandlungen von der Atomlobby und der Punkte –, Industrie schon gerupft wurde. (Joachim Poß [SPD]: Die wollen das ja nicht!) (Bettina Hagedorn [SPD]: Und Pharma!) den Kurs des Abbaus der Neuverschuldung nicht so ent- Vielen Dank. (B) schieden verfolgen, wie es aufgrund der besseren Kon- (D) (Beifall bei der SPD) junktur, der steigenden Steuereinnahmen und der niedri- geren Arbeitsmarktausgaben möglich wäre. Das ist meine Prophezeiung. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Das Wort hat der Kollege Florian Toncar für die FDP- (Beifall bei der SPD – Otto Fricke [FDP]: Fraktion. Keine eigenen Konzepte!) (Beifall bei der FDP) Sie schützen Ihre Lobby. Sie ziehen den Kurs der Konsolidierung nicht wirklich durch. Ich komme zum Florian Toncar (FDP): entscheidenden Punkt: Sie kündigen groß an, ein großes Paket auf den Weg zu bringen; aber Sie bleiben in den Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Meine Damen und nächsten drei Jahren wahrscheinlich vollkommen hinter Herren! Ich will daran erinnern, dass Deutschland im dem zurück, was aufgrund der verbesserten konjunktu- letzten Frühling, als das Konsolidierungspaket vorgelegt rellen Lage möglich wäre. worden ist, zu den ersten Ländern überhaupt gehört hat, die ein Spar- und Konsolidierungspaket für den Haushalt Ich fühle mich bestätigt, insbesondere wenn ich mir vorgelegt haben. die Schuldenbremse anschaue. Da muss ich ein bisschen (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der technisch werden: Wir haben hier im Bundestag einen CDU/CSU) Abbau der Neuverschuldung in gleichmäßigen Schritten beschlossen. Das war großer Konsens. Der Ausgangs- Wenn man die Wortbeiträge heute verfolgt hat, dann punkt, der dafür gewählt wurde, ist das Defizit des erkennt man: Nur mit dieser Regierung gibt es ein Spar- Jahres 2010. Jetzt haben wir aber ein viel geringeres De- und Konsolidierungspaket. Sparen und Haushaltskonso- fizit im Jahr 2010 – das ist schon jetzt erkennbar –, als es lidierung sind von der Opposition offenkundig nicht ge- bei Aufstellung der mittelfristigen Finanzplanung im wünscht. Juni zu erwarten war. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Otto Fricke [FDP]: Du bist mit deiner Rede- der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: So zeit am Ende!) ein Paket mit Sicherheit nicht, Herr Toncar!) Nach meinen Berechnungen wird das Defizit bis Am 26. und 27. Juni 2010 fand in Toronto der G-20- 2016, bis zum Ende der mittelfristigen Finanzplanung, Gipfel statt. Im Vorfeld dieses Gipfels haben viele Part- 30 Milliarden Euro geringer sein – Kollege Bonde hat nerländer unsere Bundesregierung gefragt: Warum spart 7272 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Florian Toncar (A) ihr eigentlich? Ist der Zeitpunkt richtig? Ist das Volumen Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) richtig? Sollte man überhaupt so viel sparen? Wir haben Herr Toncar, möchten Sie eine Zwischenfrage des unsere Überzeugungen dort vertreten. Dieser Gipfel en- Kollegen Poß zulassen? dete damit, dass sich alle G-20-Länder verpflichtet ha- ben, zu sparen und ihre Haushalte Schritt für Schritt zu (Otto Fricke [FDP]: Der kommt aus Nord- konsolidieren. Insofern waren wir in Deutschland gut rhein-Westfalen!) aufgestellt und unserer Zeit ein Stück voraus. Florian Toncar (FDP): (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Bitte schön. der CDU/CSU) Wir sparen, Joachim Poß (SPD): (Klaus Brandner [SPD]: Kürzen!) Herr Kollege Toncar, können Sie bestätigen, dass von der steuerlichen Entlastung von gut 20 Milliarden Euro, aber gleichzeitig gibt diese Regierung einen Rekordbe- von der Sie sprachen – auch Ihr Parteivorsitzender trag für Bildung aus. In den nächsten vier Jahren werden Westerwelle sprach in einem heute in der Bild-Zeitung über 12 Milliarden Euro zusätzlich für Bildung ausgege- abgedruckten Interview davon –, rund 14 Milliarden ben. Das heißt, dass nicht ohne Schwerpunktsetzung ge- Euro von der Großen Koalition beschlossen wurden, und spart und konsolidiert wird. Durch höhere Ausgaben im zwar im Zusammenhang mit dem Bürgerentlastungsge- Bereich der Bildung sorgen wir für bessere Zukunft- setz und den Konjunkturpaketen? schancen der jungen Menschen. (Otto Fricke [FDP]: Darum geht es doch gar (Beifall bei der FDP – Klaus Brandner [SPD]: nicht!) Stimmt doch gar nicht! – Bettina Hagedorn Diese Entlastung wurde zum 1. Januar dieses Jahres um- [SPD]: Da nehmen Sie aber weite Bereiche gesetzt. aus!) (Otto Fricke [FDP]: Ihr seid also für Steuer- In diesem Jahr erlebten wir noch etwas anderes Be- senkungen?) merkenswertes. Zum 1. Januar dieses Jahres sind die Steuerzahler in Deutschland um mehr als 20 Milliarden Sehen Sie es nicht als Täuschung der Öffentlichkeit an, Euro entlastet worden. wenn Sie den Eindruck erwecken, Sie hätten diese Ent- lastung unter Schwarz-Gelb herbeigeführt? Das war im (Joachim Poß [SPD]: Ja! 14 Milliarden von Wesentlichen das Werk der Großen Koalition, und der (B) der Großen Koalition beschlossen!) Antreiber waren die Sozialdemokraten. (D) – Ja, Herr Kollege Poß, aber Sie haben auch gegen Steu- (Beifall bei der SPD – Lachen bei Abgeordne- erentlastungen gestimmt, zum Beispiel, als es um die Fa- ten der CDU/CSU – Otto Fricke [FDP]: Ihr milien ging. Damals haben Sie gesagt: Das ist nicht zu seid für Steuersenkungen! – Gegenruf der finanzieren. – Die Steuereinnahmen in diesem Jahr sind Abg. Bettina Hagedorn [SPD]: Und die FDP aber wesentlich besser als erwartet. Das zeigt, dass die war dagegen!) Gleichung „hohe Steuereinnahmen gleich hohe Staats- einnahmen“ falsch ist. Auch das zeigt die erfreuliche Wirtschaftsentwicklung der letzten Monate. Florian Toncar (FDP): Lieber Kollege Poß, ich kann Ihre Frage nachvollzie- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) hen. Ich bestätige das, wobei ich festhalten möchte, dass manche Ihrer Steuersenkungen in Zeiten der Großen Ko- Neben der Entlastung der Bürger konsolidieren wir alition nicht aus Überzeugung, sondern schlicht und ein- auch den Haushalt: 80 Milliarden Euro in vier Jahren. fach deshalb erfolgt sind, weil das Bundesverfassungs- Das Gegenstück zu unserer Politik kann man in Nord- gericht sie von Ihnen verlangt hat. rhein-Westfalen, wo Sie regieren, sehen. Mit das Erste, was die rot-grüne Landesregierung in Düsseldorf ange- (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: kündigt hat, war eine Erhöhung der Neuverschuldung Das ist eine dumme Unterstellung!) von 6,4 auf 9 Milliarden Euro. Zweitens halte ich fest, dass Sie und Ihre Fraktion un- (Otto Fricke [FDP]: Unglaublich!) ter anderem gegen die Erhöhung des Kindergeldes, ge- gen die Erhöhung der Kinderfreibeträge und gegen die Das ist eine um fast ein Drittel höhere Verschuldung. Die Entlastung von Familienunternehmen gestimmt haben. Bundesbürger sollten sich ganz genau anschauen, was Sie in Nordrhein-Westfalen machen; denn nicht das, was (Beifall bei der FDP – Abg. Joachim Poß Sie sagen, zählt, sondern das, was Sie machen, und das [SPD] nimmt wieder Platz) kann sich jeder in Nordrhein-Westfalen anschauen. – Ich bin immer noch bei der Beantwortung Ihrer Frage. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten (Otto Fricke [FDP], an den Abg. Joachim Poß der CDU/CSU – Alexander Bonde [BÜND- [SPD] gewandt: Was soll denn das?) NIS 90/DIE GRÜNEN]: Das öffentlich ma- chen, was ihr unter den Teppich gekehrt habt! Zum Dritten halte ich fest, dass das, was Sie, Herr Eure Schulden!) Kollege Poß, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7273

Florian Toncar (A) (Otto Fricke [FDP], an den Abg. Joachim Poß Da Sie das offensichtlich ärgert, frage ich Sie: Wie (C) [SPD] gewandt: Das geht doch nicht! Das ist konnten Sie es eigentlich zulassen, dass Ihre damalige nicht fair!) Regierung Gesetze verabschiedet hat, die handwerklich offenkundig so schlecht sind, dass sie von fast Kriminel- immer sagen – hohe Steuern, eine hohe Belastung derje- len, wie Sie sagen, missbraucht werden können? Das ist nigen, die ein unternehmerisches Risiko tragen, und eine eine Anklage gegen Ihre eigene Regierungszeit, hohe Belastung derjenigen, die in unseren Betrieben ar- beiten, bedeuten gesunde Staatsfinanzen –, schlicht und (Beifall bei der FDP) ergreifend falsch ist. die im Übrigen zeigt, dass bei den Grünen zwischen (Otto Fricke [FDP]: Der hört noch nicht ein- dem, was sie hier in der Opposition vortragen, und der mal zu! Das ist unglaublich!) Realität ihres Regierens, wenn sie denn wirklich selber Verantwortung tragen, – Am Verlauf dieses Jahres können wir erkennen, dass eine steuerliche Entlastung durchaus Wirtschaftswachs- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: tum, Arbeitsplätze und Zukunftschancen schaffen kann Kommen Sie bitte zum Ende, Herr Kollege. und sie nicht im Widerspruch zu einem gesunden Staats- haushalt steht. Florian Toncar (FDP): (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten – seit jeher Welten liegen. Bei niemand anderem ist der CDU/CSU) die Kluft zwischen Gesagtem und Handeln größer als bei Bündnis 90/Die Grünen. Ich möchte noch auf zwei Punkte in diesem Konsoli- dierungspaket eingehen, die auch heute angesprochen (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – worden sind. Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Seid ihr immer so laut bei 3 Prozent?) Der erste ist das Thema Ökosteuer. Ich denke, dass uns diese Krise gezeigt hat, dass eines in Deutschland wichtig ist: Schon seit Jahrzehnten sagen wir, dass wir Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: ein Industrie- und auch ein Produktionsstandort sein Andreas Mattfeld hat das Wort für die CDU/CSU. wollen. Wir setzen eben nicht nur auf Dienstleistungen, sondern auch auf die produzierende Industrie. Für einen Andreas Mattfeldt (CDU/CSU): großen Teil unserer Arbeitnehmer ist es wichtig, dass die Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten produzierende Industrie die entsprechenden Arbeits- Damen und Herren! Ich höre den ganzen Tag, dass die (B) plätze anbietet. Deswegen muss man, wenn man über überwältigende Mehrheit in diesem Hause für striktes (D) Energiepreise, die die produzierende Industrie betreffen, Sparen ist. Aber immer wenn es konkret wird, werden spricht, daran denken, dass diese nicht abwandert und von der Opposition Gründe genannt, warum gerade an die Arbeitsplätze verloren gehen. dem einen oder anderen Punkt nicht gespart werden darf, und dabei – das sage ich deutlich – schreckt man auch Vor diesem Hintergrund glaube ich, dass die Koali- vor populistischen Behauptungen nicht zurück. tion eine gute Lösung gefunden hat, (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Eine sehr gute!) Den Gipfel der Unverschämtheit habe ich in einer indem sie einerseits Missbrauch bei der Ökosteuer besei- SPD-Presseerklärung zum Haushaltsbegleitgesetz gele- tigt und andererseits dafür sorgt, dass die produzierende sen. Schon in der Überschrift wirft man der Regierung Industrie weiterhin in Deutschland vertreten sein kann „Soziale Kälte statt Heizkostenzuschuss“ vor und Arbeitsplätze bereitstellt. Es ist übrigens auch ein sehr sozialer Aspekt, dass wir Produktionsarbeitsplätze (Beifall bei der SPD – Zuruf von der CDU/ in Deutschland erhalten. CSU: Unglaublich!) und erklärt, dass sich diejenigen, die Anspruch auf (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) Wohngeld haben, die Heizung zukünftig kaum noch leis- Wenn der Kollege Bonde sagt, dass das, was wir bei ten werden können. Solche Aussagen sind an Populis- der Ökosteuer abschaffen, Ausnahmen seien, die nur von mus nicht mehr zu überbieten. fast Kriminellen genutzt würden – das war Ihr Wortlaut –, (Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- SPD: Das ist die Wahrheit!) NEN]: Ich meinte die Umgehungstatbe- Deshalb einige sachliche Argumente zum Thema stände!) Heizkostenpauschale. Richtig ist, dass der Heizkosten- dann ist das – insofern bin ich dankbar, dass Sie das ge- zuschuss – und zwar völlig zu Recht – Anfang 2009 ein- sagt haben, Herr Kollege Bonde – exemplarisch für Sie. geführt wurde, nachdem die Energiepreise 2008 histori- Denn eines muss man einmal festhalten: Diese Ausnah- sche Höchstwerte erreicht haben. Äußerst flexibel – das men sind von niemand anderem eingeführt worden als ist bei uns nicht immer so – hat die Politik so auf verän- von der damaligen rot-grünen Bundesregierung. derte Rahmenbedingungen reagiert und Notstände ver- hindert. Schon seinerzeit war klar, dass der Zuschuss für (Beifall der Abg. Birgit Homburger [FDP]) Heizkosten wieder abgeschafft werden muss, wenn die 7274 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Andreas Mattfeldt (A) Energiepreise sinken, und die Energiepreise sinken nun Als Verwaltungsratsmitglied einer Kommune, die (C) seit Monaten. Derzeit liegen die Energiepreise wieder Hartz-IV-Empfänger in Arbeit vermittelt, erlebe ich täg- niedriger, sodass es einfach nur folgerichtig ist, den Zu- lich, dass ein Mehr an sozialen Leistungen nicht zu einer schuss abzuschaffen. verstärkten Motivation zur Aufnahme von Arbeit und schon gar nicht zu mehr sozialer Gerechtigkeit führt. (Beifall des Abg. Norbert Barthle [CDU/ Unsere Aufgabe als Bundestag ist es, die Bedingungen CSU]) dafür zu schaffen, dass die Menschen Arbeit haben. Die Einen weiteren Schwerpunkt des Haushaltsbegleitge- Entscheidungen der Merkel-Regierung haben dafür ge- setzes betreffen notwendige Veränderungen beim Eltern- sorgt, dass sich die Arbeitslosenzahlen positiv entwi- geld. Auch hier sind Sie nicht bereit, sachlich Argu- ckeln und wir im nächsten Jahr dauerhaft weniger als mente zu bewerten, sondern werfen uns in der Presse 3 Millionen Arbeitslose haben werden. vor, dass arme Eltern künftig noch ärmer würden. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Bettina Hagedorn [SPD]: Das ist auch so!) neten der FDP) Dies ist einfach nur falsch und zeigt, Noch in 2005, also in Zeiten, in denen Rot-Grün Deutschland regiert hat, gab es über 5 Millionen Arbeits- (Beifall bei der CDU/CSU) lose; das ist noch gar nicht so lange her. Sie waren da- dass Sie eine Verteilungspolitik ausschließlich zugunsten mals nicht in der Lage, durch eine kluge Wirtschafts- der Empfänger von Sozialleistungen ankündigen und und Motivationspolitik die Rahmenbedingungen so zu dass ihnen diejenigen, die diese Leistungen hart erarbei- setzen, dass die Menschen Arbeit haben. Deshalb brau- ten, egal sind. Dies ist echte Klientelpolitik. chen wir von Ihrer Seite überhaupt keine Ratschläge zu diesem Thema. (Beifall bei der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: Wir haben das Elterngeld gemeinsam (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- eingeführt!) neten der FDP) Beim Elterngeld geht es um Gerechtigkeit für alle El- Das Haushaltsbegleitgesetz, das der Einhaltung der tern. Wir beseitigen mit dem Haushaltsbegleitgesetz ei- Schuldenbremse dient, wird dazu beitragen, dass es allen nen von Ihnen verursachten Systemfehler, der uns in der Menschen in Deutschland – ich betone: allen – dauerhaft Vergangenheit viel Geld gekostet hat. Ich betone immer besser geht. Wir als Christlich-Liberale sind uns unserer wieder: Das Elterngeld ist eine Lohnersatzleistung. Aber Verantwortung für alle Menschen bewusst. Wir fordern Hartz-IV-Empfänger haben das Elterngeld bisher zusätz- Sie auf, hieran aktiv mitzuarbeiten. (B) lich zu ihrem Lohn – sprich: ihrer Regelleistung – erhal- Herzlichen Dank. (D) ten. Dies kann man keinem Arbeitnehmer erklären. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Sicherlich wäre es auch von Ihrer Seite notwendig, einmal deutlich zu sagen, dass der Bezug von Hartz-IV- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Leistungen – gerade angesichts der enorm guten Arbeits- Bartholomäus Kalb ist der nächste Redner für die marktdaten – nur vorübergehend ist. Dies gilt zumindest CDU/CSU-Fraktion. für die Menschen, die gesundheitlich in der Lage sind, zu arbeiten. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) (Volker Kauder [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Man darf nicht suggerieren, dass dies ein dauerhafter Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Zustand ist. Das funktioniert einfach nicht. Man muss Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und den Menschen Mut machen. Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Vorteil (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und des letzten Redners vor einer namentlichen Abstimmung der FDP) ist, dass er die meisten Zuhörer hat. Der Nachteil ist, dass er die geringste Aufmerksamkeit genießt. Deshalb ist es absolut richtig, dass wir heute Verände- rungen vornehmen. Zukünftig wird das Elterngeld auf (Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU die Hartz-IV-Leistungen – genauso wie übrigens das und der FDP) Kindergeld seit eh und je; das haben Sie mit beschlossen – Trotzdem will ich meine Pflicht gerne erfüllen und noch angerechnet. auf einige Aspekte hinweisen. (Steffen Bockhahn [DIE LINKE]: Das ist ge- Wenn uns vor einem Jahr jemand vorausgesagt hätte, nauso unsozial!) dass wir heute weniger als 3 Millionen Arbeitslose ha- ben, wenn uns vor einem Jahr jemand vorausgesagt Außerdem – auch das gehört zur Gerechtigkeit – wird hätte, dass wir 2010 ein Wirtschaftswachstum von rund die Zahlung des Elterngeldes für diejenigen, die so viel 3,4 Prozent verzeichnen können, wenn uns noch im Mai verdienen, dass sie die sogenannte Reichensteuer zahlen dieses Jahres jemand vorausgesagt hätte, dass der Euro müssen, gestrichen. stabil sein und heute nahe bei 1,40 US-Dollar stehen (Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wird, dann hätten wir gesagt, dass diese Propheten wohl NEN]: Das ist ein billiger Placeboeffekt!) von einem anderen Stern sein müssen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7275

Bartholomäus Kalb (A) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (C) neten der FDP) Ich rede noch gar nicht vom Abbau des Schuldenstan- Gott sei Dank sind diese Dinge eingetreten. Sie sind des, und ich rede noch gar nicht von der Zinslast, die es eingetreten, weil die Menschen in unserem Land, die auch wert wäre, betrachtet zu werden. Verantwortlichen in der Wirtschaft, aber auch die Ver- Dazu dienen all die Maßnahmen, die wir jetzt im antwortlichen in den Betriebs- und Personalräten ge- Haushaltsbegleitgesetz und in den weiteren begleitenden meinsam die Chancen genutzt haben, die sich in der Gesetzen vorsehen. Krise ergeben haben und die wir durch politische Rah- mensetzungen geschaffen haben. Ich kann in der verfügbaren Zeit leider nicht mehr auf den Beitrag des Kollegen Bonde eingehen. Heute stellt sich heraus – Herr Kollege Poß, wir zie- hen überhaupt nicht in Zweifel, dass Sie an einigem mit- (Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gewirkt haben –, dass die Stabilisierung des Finanz- NEN]: Schade!) marktes letztlich richtig war, dass die Stabilisierung des Kollege Toncar hat darauf schon geantwortet. Sie müs- Bankensektors richtig war, dass die Maßnahmen zur sen sich dabei doch irgendetwas gedacht haben, als Sie Kurzarbeit richtig waren, dass das Konjunkturpaket im das Ökosteuergesetz geschaffen haben. Wir sind jetzt im Grunde richtig war und dass die Maßnahmen zur Ret- parlamentarischen Verfahren zu der Überzeugung ge- tung des Euro richtig waren. Die Menschen und die kommen, dass wir nicht alles beseitigen können, was Sie Wirtschaft in diesem Lande haben diese Chancen ge- an Vergünstigungen geschaffen haben, weil wir die in- nutzt. dustriellen Kerne im Land erhalten wollen. Wir haben (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und gesehen, was Großbritannien widerfahren ist, das ge- der FDP) glaubt hat, es brauche keine industriellen Kerne mehr, und nur noch auf die Finanzwirtschaft gesetzt hat. Sie haben auch die Chancen genutzt, die sich aus den Maßnahmen ergeben haben – Kollege Toncar hat darauf Jetzt ist auch nicht die Zeit – das sage ich ganz be- hingewiesen –, die wir zur Stärkung der Wirtschaft – wusst –, die Ausweitung von Leistungsgesetzen und Stichwort: Wachstumsbeschleunigungsgesetz –, zur Entlastungen anzukündigen. Jetzt müssen wir die Chan- Stärkung der Familien und zur Entlastung der Beitrags- cen zur Haushaltskonsolidierung nutzen. zahler ergriffen haben. Diese Maßnahmen haben ge- Ich bin auch der felsenfesten Überzeugung – ich weiß wirkt; sie haben den Menschen und der Wirtschaft in mich in Übereinstimmung mit den allermeisten Bürgern diesem Land gedient. im Land, mit denen ich spreche –: Die Menschen erwar- (B) Man kann nicht einfach sagen: Wenn es schlecht geht, ten von uns, dass wir solide wirtschaften, dass wir die (D) dann ist die Politik dafür verantwortlich, und wenn es Zukunft sichern und dass wir für eine dauerhafte Stabili- gut geht, hat die Politik daran überhaupt keinen Anteil. – tät der Währung sorgen. Das tun wir. Dafür unternehmen Ich denke, man muss beides sehen. Ich bin der Überzeu- wir diese Anstrengungen, auch wenn sie nicht immer je- gung, dass wir in den zurückliegenden schwierigen Jah- dem gefallen. ren unserer Verantwortung gerecht geworden sind und Herzlichen Dank. unseren Beitrag zum Aufschwung geleistet haben. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- neten der FDP) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Trotz dieser besseren Entwicklung werden wir im Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- Haushaltsjahr 2010 die höchste Neuverschuldung in der desregierung eingebrachten Entwurf eines Haushaltsbe- Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu ver- gleitgesetzes 2011. Zur Abstimmung nach § 31 der Ge- zeichnen haben. Deswegen dürfen wir in unseren Kon- schäftsordnung liegen uns eine Reihe von Erklärungen solidierungsbemühungen nicht nachlassen. Wir müssen vor, die Sie im Protokoll nachlesen können.1) die Gunst der Stunde nutzen, um die Neuverschuldung konsequent zu senken – und das nicht nur, weil wir die Der Haushaltsausschuss empfiehlt in seiner Be- Schuldenbremse im Grundgesetz verankert haben. Hin- schlussempfehlung auf den Drucksachen 17/3406 und tergrund ist, dass wir erkennen müssen, dass wir eine al- 17/3452, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf ternde Gesellschaft sind, dass die Zahl der erwerbsfähi- den Drucksachen 17/3030 und 17/3361 in der Aus- gen Personen in Deutschland in den nächsten 20 Jahren schussfassung anzunehmen. Hierzu liegen uns fünf Än- rapide zurückgehen wird, dass in der Zukunft von jetzt derungsanträge vor, über die wir zuerst abstimmen. 45 Millionen dann wahrscheinlich nur noch 37 Millio- Wir beginnen mit dem Änderungsantrag der Fraktion nen unser Bruttoinlandsprodukt erwirtschaften und da- der SPD auf Drucksache 17/3548. mit unseren Wohlstand sichern werden. Hierzu ist namentliche Abstimmung verlangt. Das heißt auf Deutsch: Die Schultern, die die Last zu tragen haben, werden weniger. Deswegen müssen wir Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die dafür sorgen, dass wir in der Zukunft den laufenden Be- vorgesehenen Plätze einzunehmen. trieb aus laufenden Einnahmen und nicht durch zusätzli- che Schulden finanzieren. 1) Anlage 7 7276 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Sind alle Urnen besetzt? – Nein, es sind noch nicht Ich bitte jetzt diejenigen, die dem Gesetzentwurf der (C) alle Urnen besetzt. Wir würden Michael Brand gern hier Bundesregierung auf den Drucksachen 17/3030 und vorne sehen, damit wir beginnen können. – Jetzt sind 17/3361 in der Ausschussfassung zustimmen wollen, um alle Urnen sind besetzt. Die Abstimmung ist eröffnet. ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung ange- Sind noch Abgeordnete anwesend, die ihre Stimme nommen. Die Koalitionsfraktionen haben dafür, die Op- nicht abgeben konnten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist positionsfraktionen dagegen gestimmt. Es gab keine die Abstimmung geschlossen. Ich bitte die Schriftführe- Enthaltungen. rinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu begin- nen. Das Ergebnis der Abstimmung wird Ihnen später Wir kommen zur bekannt gegeben. dritten Beratung Bevor ich die Sitzung unterbreche, stimmen wir noch und Schlussabstimmung. Hier stimmen wir auf Verlan- über vier Änderungsanträge der Fraktion Bündnis 90/ gen der SPD namentlich ab. Die Grünen ab. Dafür wäre es für mich wiederum hilf- reich, wenn Sie sich in den Bereich Ihrer eigenen Frak- Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die tionen begeben könnten. vorgesehenen Plätze einzunehmen. – Das haben sie ganz offensichtlich schon getan. Alle Urnen sind besetzt, und Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache ich eröffne die Abstimmung. 17/3442? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt haben Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine die einbringende Fraktion und die Linke. Die SPD-Frak- Stimmkarte nicht abgeben konnte? – Das ist nicht der tion hat sich enthalten. Die Koalitionsfraktionen haben Fall. Dann ist die Abstimmung geschlossen. Das Ergeb- dagegen gestimmt. nis der Abstimmung gebe ich Ihnen später bekannt. Jetzt bitte ich die Schriftführerinnen und Schriftführer, auszu- Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache zählen.2) 17/3443? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt. Zugestimmt Wir fahren mit Abstimmungen über Entschließungs- haben die Oppositionsfraktionen. Dagegen gestimmt ha- anträge fort. Auch dafür wäre es wieder hilfreich, wenn ben die Koalitionsfraktionen. Besprechungen zwischen Geschäftsführern und anderen Fraktionsmitgliedern woanders stattfinden könnten. – Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache Vielen Dank. 17/3444? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Wir stimmen zunächst über den Entschließungsantrag (B) Änderungsantrag ist ebenfalls abgelehnt, und zwar mit (D) dem gleichen Stimmenverhältnis wie zuvor. der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/3454 ab. Wer stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Wer stimmt für den Änderungsantrag auf Drucksache Dafür hat die SPD-Fraktion gestimmt. Dagegen haben 17/3445? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – die Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die Grünen ge- Der Änderungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die stimmt. Die Fraktion Die Linke hat sich enthalten. einbringende Fraktion. Alle anderen Fraktionen haben Wir kommen zum Entschließungsantrag der Fraktion dagegen gestimmt. Enthaltungen gab es vermutlich Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/3440. Wer keine. stimmt dafür? – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Der Entschließungsantrag ist bei Zustimmung durch die Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. einbringende Fraktion abgelehnt. Alle übrigen haben da- gegen gestimmt. Enthalten hat sich niemand. Die Sitzung ist unterbrochen. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 8 auf: (Unterbrechung von 19.36 bis 19.43 Uhr) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- richts des Ausschusses für Bildung, Forschung Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: und Technikfolgenabschätzung (18. Ausschuss) Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. – zu dem Antrag der Abgeordneten Uwe Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Schummer, Nadine Schön (St. Wendel), Albert Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Rupprecht (Weiden), weiterer Abgeordneter Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion und der Fraktion der CDU/CSU sowie der Ab- der SPD zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs geordneten Heiner Kamp, Patrick Meinhardt, der Bundesregierung zum Haushaltsbegleitgesetz 2011 Dr. Martin Neumann (Lausitz), weiterer Abge- – Drucksachen 17/3030, 17/3361, 17/3406, 17/3452 – ordneter und der Fraktion der FDP auf Drucksache 17/3548 bekannt: abgegebene Stimmen Qualitätsoffensive in der Berufsausbildung 581. Mit Ja haben gestimmt 195, mit Nein haben ge- stimmt 321, Enthaltungen 65. Der Änderungsantrag ist – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, abgelehnt.1) Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter

1) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 2) Ergebnis siehe Seite 7279 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7277

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- ben CDU/CSU und FDP, dagegen gestimmt SPD, Linke (C) tion der SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Berufliche Bildung als Garant zur Siche- Unter Nr. 2 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des rung der Teilhabechancen junger Menschen Antrags der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1759 mit und des Fachkräftebedarfs von morgen stär- dem Titel „Berufliche Bildung als Garant zur Sicherung ken der Teilhabechancen junger Menschen und des Fach- – zu dem Antrag der Abgeordneten Willi Brase, kräftebedarfs von morgen stärken“. Wer stimmt für diese Dr. Ernst Dieter Rossmann, Dr. Hans-Peter Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent- Bartels, weiterer Abgeordneter und der Frak- haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- tion der SPD men. Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dage- gen gestimmt hat die SPD-Fraktion. Enthalten haben Verordnungsermächtigung in § 43 Absatz 2 sich Linke und Bündnis 90/Die Grünen. des Berufsbildungsgesetzes entfristen Weiterhin empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 3 seiner – zu dem Antrag der Abgeordneten Agnes Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Alpers, Dr. Petra Sitte, Nicole Gohlke, weiterer Fraktion der SPD auf Drucksache 17/1745 mit dem Titel Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE „Verordnungsermächtigung in § 43 Absatz 2 des Berufs- Konsequenzen aus dem Berufsbildungsbe- bildungsgesetzes entfristen“. Wer stimmt für diese Be- richt ziehen – Ehrliche Ausbildungsstatistik schlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Enthal- vorlegen, gute Ausbildung für alle ermögli- tungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenommen. chen Zugestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt haben SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Die – zu dem Antrag der Abgeordneten Priska Hinz Fraktion Die Linke hat sich enthalten. (Herborn), Brigitte Pothmer, Kai Gehring, wei- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Unter Nr. 4 empfiehlt der Ausschuss die Ablehnung des NIS 90/DIE GRÜNEN Antrags der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/1734 mit dem Titel „Konsequenzen aus dem Berufsbildungs- Mehr Jugendlichen bessere Ausbil- bericht ziehen – Ehrliche Ausbildungsstatistik vorlegen, dungschancen geben – DualPlus unverzüg- gute Ausbildung für alle ermöglichen“. Wer stimmt für lich umsetzen diese Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – – zu der Unterrichtung durch die Bundesregie- Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- (B) rung men. Zugestimmt haben CDU/CSU, FDP und (D) Bündnis 90/Die Grünen. Dagegen hat die Fraktion Die Berufsbildungsbericht 2010 Linke gestimmt. Die SPD hat sich enthalten. – Drucksachen 17/1435, 17/1759, 17/1745, 17/1734, 17/541, 17/1550, 17/3401 – Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Nr. 5 seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des Antrags der Berichterstattung: Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache 17/541 Abgeordnete Uwe Schummer mit dem Titel „Mehr Jugendlichen bessere Ausbil- Willi Brase dungschancen geben – DualPlus unverzüglich umset- Heiner Kamp zen“. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Wer Agnes Alpers stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Die Beschlussemp- Priska Hinz (Herborn) fehlung ist angenommen bei Zustimmung durch die Ko- Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu alitionsfraktionen und die Fraktion Die Linke. Dagegen Protokoll gegeben. Es handelt sich um die Beiträge von hat die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gestimmt. Die SPD-Fraktion hat sich enthalten. Uwe Schummer, Willi Brase,1) Heiner Kamp, Agnes Alpers, Priska Hinz und Marcus Weinberg.2) Jetzt rufe ich den Zusatzpunkt 10 auf: Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- empfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes und Technikfolgenabschätzung auf Drucksache 17/4301. zur Restrukturierung und geordneten Ab- Der Ausschuss empfiehlt in Kenntnis des Berufsbil- wicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung dungsberichts 2010 auf Drucksache 17/1550 unter Nr. 1 eines Restrukturierungsfonds für Kreditinsti- seiner Beschlussempfehlung die Annahme des Antrags tute und zur Verlängerung der Verjährungs- der Fraktionen der CDU/CSU und FDP auf frist der aktienrechtlichen Organhaftung (Re- Drucksache 17/1435 mit dem Titel „Qualitätsoffensive strukturierungsgesetz) in der Berufsausbildung“. Wer stimmt für die Beschluss- empfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die – Drucksachen 17/3024, 17/3362 – Beschlussempfehlung ist angenommen. Zugestimmt ha- Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus- schusses (7. Ausschuss) 1) Der Redebeitrag wird zu einem späteren Zeitpunkt abgedruckt. 2) Anlage 9 – Drucksachen 17/3407, 17/3547 – 7278 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Berichterstattung: wird, um welche Schwerpunkte es in diesem Gesetz (C) Abgeordnete Ralph Brinkhaus geht. Manfred Zöllmer (Ulrich Kelber [SPD]: Fangen Sie einmal an, Björn Sänger sachlich zu werden!) Richard Pitterle Dr. Gerhard Schick Ich habe bereits betont, dass wir mit diesem Gesetz die notwendigen Konsequenzen aus der Finanzmarkt- Hierzu liegen je ein Entschließungsantrag der Frak- krise ziehen. Auch das Bundesfinanzministerium und tion der SPD und der Fraktion Die Linke vor. das Bundesjustizministerium haben unsere Beratungen Verabredet ist, eine Dreiviertelstunde zu debattieren. sehr konstruktiv begleitet. Es handelt sich ja um ein sehr anspruchsvolles Gesetz. Das Restrukturierungs- und In- Ich eröffne die Aussprache und gebe dem Kollegen solvenzrecht für Finanzinstitute unterscheidet sich näm- Leo Dautzenberg für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. lich stark vom Insolvenz- und Restrukturierungsrecht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- der gewerblichen Wirtschaft bzw. der Industrie. Es ging neten der FDP) hier darum, mit dem Gesetz überhaupt erst einmal das erforderliche Instrumentarium für die Restrukturierung und Abwicklung von Banken zu schaffen. Das Gesetz Leo Dautzenberg (CDU/CSU): sieht zum einen die Möglichkeit der freiwilligen Sanie- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe rung und zum anderen die Möglichkeit der Reorgani- Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Restrukturierungs- sation als hoheitlichen Akt vor. Hierfür werden die gesetz legen die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Kompetenzen sowie die präventiven Eingriffsmöglich- Bundesregierung einen Gesetzentwurf vor, in dem not- keiten der Finanzaufsicht demnächst gestärkt. wendige und richtige Konsequenzen aus der Finanz- Das Ganze wird von einem Restrukturierungsfonds marktkrise gezogen werden. Mit dem Restrukturierungs- begleitet. Es handelt sich dabei nicht um einen Rettungs- gesetz schaffen wir eine Grundlage dafür, dass der fonds, sondern, wie das Wort schon sagt, um einen Steuerzahler nicht immer als Erster dran ist, wenn es um Fonds, der bei Restrukturierung einspringt. Kein Fonds die Rettung und Neustrukturierung von Banken geht. kann ja vom Volumen her so groß gestaltet werden, dass Zwar bietet auch dieser Gesetzentwurf nicht die Gewähr mit seiner Hilfe Milliardendefizite einer systemischen dafür, dass der Steuerzahler als Letzter oder gar nicht he- Bank aufgefangen werden können. Somit geht es also rangezogen wird, aber er wird zumindest nicht mehr wie um Restrukturierung. bisher als Erster herangezogen. Der Restrukturierungsfonds wird im Grunde durch Gestatten Sie mir nach den Debatten, die wir heute (B) die Bankenabgabe gespeist. Die Diskussion darüber (D) morgen zur Geschäftsordnung geführt haben, vorweg wird kontrovers geführt. Die einen sagen, die Bankenab- eine Bemerkung an die Opposition, Herr Kollege Schick gabe sei viel zu niedrig. Die anderen sagen, die Banken- und liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD und der abgabe dürfe nicht zu hoch sein, weil den Banken sonst Linken, was die Beratung im Fachausschuss anbelangt: zu viel Eigenkapital entzogen werde. Unser Vorschlag Wir haben die Beratung des Gesetzentwurfs diese Wo- zeigt einen Weg auf, wie diese Bankenabgabe auf dem che in relativer zeitlicher Enge durchgeführt und am Verordnungsweg maßvoll ausgestaltet werden kann. Dienstagabend im Ausschuss die abschließende Bera- tung durchgeführt. Ich glaube, das Argument, dass nicht (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- genügend Zeit zur Beratung war, wird allein schon dann neten der FDP) widerlegt, wenn man bedenkt, wie lange wir beraten ha- Wir haben bewusst nur wenige Ausnahmen bei der Bei- ben und wie konstruktiv die Beratung verlaufen ist. Ich tragspflicht zugelassen. Die Landesförder- und die Bun- darf mich trotz der knappen Zeit bei meiner Fraktion da- desförderinstitute haben wir von der Abgabenpflicht ent- für bedanken, dass dies in einem vernünftigen Verfahren bunden; das ist richtig. Ansonsten haben wir den Kreis mit genügend Beratungszeit über die Bühne gegangen der Beitragspflichtigen möglichst groß gehalten und alle ist. anderen Banken nach Risikogewichtung möglichst breit einbezogen; denn das Gesamtsystem und damit alle wer- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) den in Zukunft von der Möglichkeit zur Restrukturie- Sie haben sich zumindest im Ausschuss der Verantwor- rung profitieren. tung gestellt und über die ergänzenden Punkte, die wir Wir haben in unseren parlamentarischen Beratungen eingebracht haben, sachlich beraten. eine weitere Maßnahme hinzugefügt: Das Gesetz sieht nun Begrenzungen für das Gehaltsgefüge der Banken Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: vor, die durch den Staat und demgemäß durch den Steu- Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage des erzahler rekapitalisiert werden. Ich glaube, dieses Gesetz Kollegen Schick zulassen? leistet den richtigen Beitrag, um in Zukunft Banken re- strukturieren zu können. Leo Dautzenberg (CDU/CSU): Ich hoffe, dass dieser Gesetzentwurf große Zustim- Nein, nach dem Lob möchte ich in der kurzen Zeit, mung hier im Plenum findet. die mir zur Verfügung steht, zumindest die sachlichen Vielen Dank. Punkte im Zusammenhang darlegen, Herr Kollege Schick, damit den Damen und Herren Zuhörern klar (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7279

(A) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: und 17/3452 bekannt: Abgegeben wurden 579 Stimmen. (C) Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und Mit Ja haben gestimmt 319, mit Nein 260, es gab keine Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen Enthaltungen. Der Gesetzentwurf ist damit angenom- Abstimmung über den Entwurf eines Haushaltsbegleitge- men. setzes 2011 auf Drucksachen 17/3030, 17/3361, 17/3406

Endgültiges Ergebnis Ingo Gädechens Manfred Kolbe Josef Rief Abgegebene Stimmen: 578; Dr. Thomas Gebhart Dr. Rolf Koschorrek Klaus Riegert davon Norbert Geis Hartmut Koschyk Dr. Heinz Riesenhuber Alois Gerig Thomas Kossendey Johannes Röring ja: 319 Eberhard Gienger Michael Kretschmer Dr. Norbert Röttgen nein: 259 Michael Glos Dr. Günter Krings Dr. Christian Ruck Josef Göppel Rüdiger Kruse Erwin Rüddel Ja Peter Götz Bettina Kudla Albert Rupprecht (Weiden) Dr. Wolfgang Götzer Dr. Hermann Kues Anita Schäfer (Saalstadt) CDU/CSU Ute Granold Dr. Karl A. Lamers Dr. Wolfgang Schäuble Reinhard Grindel (Heidelberg) Dr. Annette Schavan Ilse Aigner Hermann Gröhe Andreas G. Lämmel Dr. Andreas Scheuer Peter Altmaier Michael Grosse-Brömer Dr. Norbert Lammert Karl Schiewerling Peter Aumer Markus Grübel Katharina Landgraf Norbert Schindler Thomas Bareiß Manfred Grund Ulrich Lange Tankred Schipanski Norbert Barthle Monika Grütters Dr. Max Lehmer Georg Schirmbeck Günter Baumann Dr. Karl-Theodor Freiherr Paul Lehrieder Christian Schmidt (Fürth) Ernst-Reinhard Beck zu Guttenberg Dr. Ursula von der Leyen Patrick Schnieder (Reutlingen) Olav Gutting Ingbert Liebing Dr. Andreas Schockenhoff Manfred Behrens (Börde) Florian Hahn Matthias Lietz Nadine Schön (St. Wendel) Veronika Bellmann Holger Haibach Dr. Carsten Linnemann Dr. Ole Schröder Dr. Christoph Bergner Dr. Stephan Harbarth Patricia Lips Dr. Kristina Schröder Peter Beyer Jürgen Hardt Dr. Jan-Marco Luczak (Wiesbaden) Steffen Bilger Gerda Hasselfeldt Dr. Michael Luther Bernhard Schulte-Drüggelte Clemens Binninger Dr. Matthias Heider Karin Maag Uwe Schummer (B) Peter Bleser Mechthild Heil Hans-Georg von der Marwitz Armin Schuster (Weil am (D) Wolfgang Börnsen Frank Heinrich Andreas Mattfeldt Rhein) (Bönstrup) Rudolf Henke Stephan Mayer (Altötting) Detlef Seif Wolfgang Bosbach Michael Hennrich Dr. Michael Meister Johannes Selle Norbert Brackmann Jürgen Herrmann Maria Michalk Reinhold Sendker Klaus Brähmig Ansgar Heveling Dr. h. c. Hans Michelbach Dr. Patrick Sensburg Michael Brand Ernst Hinsken Dr. Mathias Middelberg Bernd Siebert Dr. Reinhard Brandl Peter Hintze Philipp Mißfelder Thomas Silberhorn Helmut Brandt Christian Hirte Dietrich Monstadt Johannes Singhammer Dr. Ralf Brauksiepe Robert Hochbaum Marlene Mortler Jens Spahn Dr. Helge Braun Karl Holmeier Dr. Gerd Müller Carola Stauche Heike Brehmer Franz-Josef Holzenkamp Stefan Müller (Erlangen) Dr. Frank Steffel Ralph Brinkhaus Joachim Hörster Dr. Philipp Murmann Erika Steinbach Gitta Connemann Anette Hübinger Bernd Neumann (Bremen) Christian Freiherr von Stetten Leo Dautzenberg Thomas Jarzombek Michaela Noll Dieter Stier Thomas Dörflinger Dr. Dieter Jasper Dr. Georg Nüßlein Gero Storjohann Marie-Luise Dött Dr. Franz Josef Jung Franz Obermeier Stephan Stracke Dr. Thomas Feist Andreas Jung (Konstanz) Henning Otte Max Straubinger Enak Ferlemann Dr. Egon Jüttner Dr. Michael Paul Karin Strenz Ingrid Fischbach Bartholomäus Kalb Rita Pawelski Thomas Strobl (Heilbronn) Hartwig Fischer (Göttingen) Hans-Werner Kammer Ulrich Petzold Lena Strothmann Dirk Fischer (Hamburg) Steffen Kampeter Dr. Joachim Pfeiffer Michael Stübgen Axel E. Fischer (Karlsruhe- Alois Karl Sibylle Pfeiffer Dr. Peter Tauber Land) Bernhard Kaster Beatrix Philipp Antje Tillmann Dr. Maria Flachsbarth Volker Kauder Ronald Pofalla Dr. Hans-Peter Uhl Klaus-Peter Flosbach Dr. Stefan Kaufmann Christoph Poland Arnold Vaatz Herbert Frankenhauser Roderich Kiesewetter Ruprecht Polenz Volkmar Vogel (Kleinsaara) Dr. Hans-Peter Friedrich Ewa Klamt Eckhard Pols Stefanie Vogelsang (Hof) Eckart von Klaeden Daniela Raab Andrea Astrid Voßhoff Michael Frieser Volkmar Klein Thomas Rachel Dr. Johann Wadephul Erich G. Fritz Jürgen Klimke Dr. Peter Ramsauer Marco Wanderwitz Dr. Michael Fuchs Julia Klöckner Eckhardt Rehberg Kai Wegner Hans-Joachim Fuchtel Axel Knoerig Katherina Reiche (Potsdam) Marcus Weinberg (Hamburg) Alexander Funk Jens Koeppen Lothar Riebsamen Peter Weiß (Emmendingen) 7280 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Sabine Weiss (Wesel I) Dr. Erwin Lotter Dr. Peter Danckert Joachim Poß (C) Ingo Wellenreuther Oliver Luksic Martin Dörmann Dr. Wilhelm Priesmeier Karl-Georg Wellmann Horst Meierhofer Elvira Drobinski-Weiß Florian Pronold Peter Wichtel Patrick Meinhardt Garrelt Duin Dr. Sascha Raabe Annette Widmann-Mauz Gabriele Molitor Sebastian Edathy Mechthild Rawert Klaus-Peter Willsch Jan Mücke Siegmund Ehrmann Gerold Reichenbach Elisabeth Winkelmeier- Petra Müller (Aachen) Petra Ernstberger Dr. Carola Reimann Becker Burkhardt Müller-Sönksen Karin Evers-Meyer Sönke Rix Dagmar Wöhrl Dr. Martin Neumann Elke Ferner René Röspel Dr. Matthias Zimmer (Lausitz) Gabriele Fograscher Dr. Ernst Dieter Rossmann Wolfgang Zöller Dirk Niebel Dr. Edgar Franke Karin Roth (Esslingen) Willi Zylajew Hans-Joachim Otto Peter Friedrich Michael Roth (Heringen) (Frankfurt) Michael Gerdes Marlene Rupprecht FDP Cornelia Pieper Martin Gerster (Tuchenbach) Gisela Piltz Anton Schaaf Jens Ackermann Iris Gleicke Dr. Christiane Ratjen- Axel Schäfer (Bochum) Christian Ahrendt Ulrike Gottschalck Damerau Bernd Scheelen Christine Aschenberg- Angelika Graf (Rosenheim) Dr. Birgit Reinemund Marianne Schieder Dugnus Kerstin Griese Dr. Peter Röhlinger (Schwandorf) Daniel Bahr (Münster) Michael Groschek Dr. Stefan Ruppert Werner Schieder (Weiden) Florian Bernschneider Michael Groß Björn Sänger Ulla Schmidt (Aachen) Sebastian Blumenthal Wolfgang Gunkel Frank Schäffler Silvia Schmidt (Eisleben) Claudia Bögel Hans-Joachim Hacker Christoph Schnurr Carsten Schneider (Erfurt) Nicole Bracht-Bendt Bettina Hagedorn Jimmy Schulz Swen Schulz (Spandau) Klaus Breil Klaus Hagemann Marina Schuster Ewald Schurer Rainer Brüderle Hubertus Heil (Peine) Dr. Erik Schweickert Frank Schwabe Angelika Brunkhorst Rolf Hempelmann Werner Simmling Rolf Schwanitz Ernst Burgbacher Dr. Barbara Hendricks Judith Skudelny Stefan Schwartze Marco Buschmann Gustav Herzog Dr. Hermann Otto Solms Dr. Carsten Sieling Sylvia Canel Gabriele Hiller-Ohm Joachim Spatz Sonja Steffen Helga Daub Petra Hinz (Essen) Dr. Max Stadler Peer Steinbrück Reiner Deutschmann Frank Hofmann (Volkach) Torsten Heiko Staffeldt Dr. Frank-Walter Steinmeier Dr. Bijan Djir-Sarai Dr. Eva Högl Dr. Rainer Stinner Kerstin Tack Patrick Döring Christel Humme Stephan Thomae Dr. h. c. Wolfgang Thierse Mechthild Dyckmans Josip Juratovic Florian Toncar Franz Thönnes Rainer Erdel Oliver Kaczmarek (B) Serkan Tören Wolfgang Tiefensee (D) Jörg van Essen Johannes Kahrs Johannes Vogel Rüdiger Veit Ulrike Flach Dr. h. c. Susanne Kastner (Lüdenscheid) Ute Vogt Otto Fricke Ulrich Kelber Dr. Daniel Volk Dr. Marlies Volkmer Dr. Edmund Peter Geisen Lars Klingbeil Dr. Guido Westerwelle Andrea Wicklein Dr. Wolfgang Gerhardt Dr. Bärbel Kofler Dr. Claudia Winterstein Heidemarie Wieczorek-Zeul Hans-Michael Goldmann Daniela Kolbe (Leipzig) Dr. Volker Wissing Waltraud Wolff Heinz Golombeck Fritz Rudolf Körper Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (Wolmirstedt) Miriam Gruß Anette Kramme Uta Zapf Joachim Günther (Plauen) Nicolette Kressl Dagmar Ziegler Dr. Christel Happach-Kasan Nein Angelika Krüger-Leißner Manfred Zöllmer Heinz-Peter Haustein Ute Kumpf Brigitte Zypries Manuel Höferlin SPD Christine Lambrecht Elke Hoff Christian Lange (Backnang) Ingrid Arndt-Brauer DIE LINKE Birgit Homburger Rainer Arnold Dr. Karl Lauterbach Dr. Werner Hoyer Heinz-Joachim Barchmann Steffen-Claudio Lemme Jan van Aken Heiner Kamp Doris Barnett Burkhard Lischka Agnes Alpers Michael Kauch Dr. Hans-Peter Bartels Gabriele Lösekrug-Möller Herbert Behrens Dr. Lutz Knopek Klaus Barthel Kirsten Lühmann Matthias W. Birkwald Pascal Kober Sören Bartol Caren Marks Heidrun Bluhm Dr. Heinrich L. Kolb Bärbel Bas Katja Mast Steffen Bockhahn Gudrun Kopp Dirk Becker Hilde Mattheis Christine Buchholz Dr. h. c. Jürgen Koppelin Uwe Beckmeyer Petra Merkel (Berlin) Eva Bulling-Schröter Sebastian Körber Lothar Binding (Heidelberg) Ullrich Meßmer Dr. Martina Bunge Holger Krestel Gerd Bollmann Dr. Matthias Miersch Roland Claus Patrick Kurth (Kyffhäuser) Klaus Brandner Franz Müntefering Sevim Dağdelen Heinz Lanfermann Willi Brase Dr. Rolf Mützenich Dr. Diether Dehm Sibylle Laurischk Bernhard Brinkmann Andrea Nahles Heidrun Dittrich Harald Leibrecht (Hildesheim) Manfred Nink Werner Dreibus Sabine Leutheusser- Edelgard Bulmahn Thomas Oppermann Dr. Dagmar Enkelmann Schnarrenberger Marco Bülow Holger Ortel Klaus Ernst Lars Lindemann Ulla Burchardt Aydan Özoğuz Wolfgang Gehrcke Dr. Martin Lindner (Berlin) Martin Burkert Heinz Paula Nicole Gohlke Michael Link (Heilbronn) Petra Crone Johannes Pflug Annette Groth Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7281

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Dr. Gregor Gysi Ingrid Remmers Kai Gehring Agnes Malczak (C) Heike Hänsel Paul Schäfer (Köln) Katrin Göring-Eckardt Jerzy Montag Dr. Rosemarie Hein Michael Schlecht Britta Haßelmann Kerstin Müller (Köln) Inge Höger Dr. Herbert Schui Bettina Herlitzius Beate Müller-Gemmeke Dr. Barbara Höll Dr. Ilja Seifert Winfried Hermann Ingrid Nestle Andrej Hunko Raju Sharma Priska Hinz (Herborn) Dr. Konstantin von Notz Ulla Jelpke Dr. Petra Sitte Ulrike Höfken Omid Nouripour Dr. Lukrezia Jochimsen Sabine Stüber Dr. Anton Hofreiter Friedrich Ostendorff Katja Kipping Alexander Süßmair Bärbel Höhn Dr. Hermann Ott Harald Koch Dr. Kirsten Tackmann Ingrid Hönlinger Brigitte Pothmer Katrin Kunert Alexander Ulrich Thilo Hoppe Tabea Rößner Caren Lay Kathrin Vogler Uwe Kekeritz Claudia Roth (Augsburg) Ralph Lenkert Halina Wawzyniak Katja Keul Krista Sager Michael Leutert Harald Weinberg Memet Kilic Manuel Sarrazin Stefan Liebich Katrin Werner Sven-Christian Kindler Elisabeth Scharfenberg Ulla Lötzer Jörn Wunderlich Maria Anna Klein-Schmeink Christine Scheel Dr. Gesine Lötzsch Ute Koczy Dr. Gerhard Schick Thomas Lutze BÜNDNIS 90/ Tom Koenigs Dr. Frithjof Schmidt Dorothée Menzner DIE GRÜNEN Sylvia Kotting-Uhl Dorothea Steiner Cornelia Möhring Volker Beck (Köln) Oliver Krischer Dr. Wolfgang Strengmann- Kornelia Möller Cornelia Behm Agnes Krumwiede Kuhn Niema Movassat Birgitt Bender Fritz Kuhn Hans-Christian Ströbele Wolfgang Nešković Alexander Bonde Stephan Kühn Dr. Harald Terpe Thomas Nord Viola von Cramon-Taubadel Renate Künast Markus Tressel Petra Pau Ekin Deligöz Markus Kurth Daniela Wagner Jens Petermann Katja Dörner Undine Kurth (Quedlinburg) Wolfgang Wieland Richard Pitterle Hans-Josef Fell Monika Lazar Dr. Valerie Wilms Yvonne Ploetz Dr. Thomas Gambke Nicole Maisch Josef Philip Winkler

Jetzt gebe ich das Wort dem Kollegen Manfred NIS 90/DIE GRÜNEN]: Recht hat er aber Zöllmer für die SPD-Fraktion. trotzdem!) (B) (Beifall bei der SPD) – Selbst der Ausschussvorsitzende hat sich bezüglich (D) des Verfahrens so oft entschuldigt, dass wir kaum mit- zählen konnten. Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Manfred Zöllmer (SPD): hat sich entschuldigt, alle haben sich entschuldigt, weil Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! sie es wirklich peinlich gefunden haben, wie hier vorge- Bevor ich zum Inhalt des Gesetzes komme und eine Be- gangen worden ist. wertung vornehme, kann ich es den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen nicht ersparen, auch Wir haben zum Teil erst am Montagabend dieser Wo- an dieser Stelle noch einmal ein paar Worte zum parla- che eine Vielzahl von Umdrucken der Koalition mit Än- mentarischen Verfahren zu verlieren, das zu der heutigen derungsvorschlägen zu dem Gesetzentwurf erhalten, die Debatte geführt hat. teilweise ganz erheblich waren. In der zweiten Sonder- sitzung des Ausschusses am Dienstag haben wir weitere Es gab eine gemeinsame Vereinbarung der Obleute, Umdrucke und Änderungsvorschläge erhalten, die bis in die nach dem ohnehin extrem dichten Zeitplan für das den späten Abend hinein diskutiert und entschieden wor- Gesetzesvorhaben die zweite und dritte Lesung des Ge- den sind. setzentwurfes im November vorsah. Dies war mit dem Bundesrat insoweit besprochen und hätte sichergestellt, Ich möchte betonen, dass wir im Ausschuss trotzdem dass das Gesetz auch zu Beginn des nächsten Jahres in konstruktiv mitgearbeitet haben. Wir haben auch darauf Kraft treten kann. Dass dieses Gesetz nunmehr – offen- verzichtet, bestimmte Verfahrensrechte in Anspruch zu bar auf Initiative der Unionsführung – in dieser Woche nehmen, die diesen Termin heute gekippt hätten. Ich durch das Verfahren gepeitscht wird, ist einem parla- bitte die Koalition, dass sie dies auch entsprechend wür- mentarischen Beratungsverfahren nicht würdig und wi- digt. derspricht den vormals einvernehmlich getroffenen Ver- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) abredungen. Ein geordnetes parlamentarisches Verfahren sieht wirk- (Beifall bei Abgeordneten der SPD und des lich anders aus. Ich möchte deutlich machen, dass wir BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Michael Ihnen das in dieser Form ein zweites Mal nicht durchge- Meister [CDU/CSU]: Das war aber ein müder hen lassen werden. Beifall, ein sehr müder Beifall! – Gegenruf des Abg. Ulrich Kelber [SPD]: Wir sind schon ab- Lassen Sie mich nun zu den Inhalten des Gesetzent- gestumpft! Das Durchpeitschen ist der Nor- wurfes kommen. Das Restrukturierungsgesetz geht in malzustand! – Britta Haßelmann [BÜND- vielen Aspekten auf einen Gesetzentwurf zur Einführung 7282 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Manfred Zöllmer (A) eines Reorganisationsplanverfahrens für systemrele- rung, die initiativ werden soll, damit zu bedrohen, dass (C) vante Kreditinstitute zur Abwehr von Gefahren für die sie abgesetzt wird. Das ist geändert worden. Verfah- Stabilität des Finanzsystems – von den damaligen SPD- rensabläufe sind gestrafft worden, und die Situation Ministern Brigitte Zypries und Peer Steinbrück am Ende ausländischer Tochterunternehmen ist ins Blickfeld ge- der Großen Koalition noch ins Verfahren eingebracht – nommen worden. Dort hat man Veränderungen vorge- zurück. nommen. Das ist in Ordnung. Bisher galt die Erkenntnis, dass große Banken nicht Aber äußerst unbefriedigend sind die mit besonders pleitegehen dürfen, da sie derart groß und vernetzt sind, heißer Nadel gestrickten Regelungen zu Boni und Ver- dass sie damit einen nicht mehr beherrschbaren Domino- gütungen. Es hatte sich erst kürzlich bei der HRE ge- effekt auslösen – mit extrem negativen wirtschaftlichen zeigt, dass sich trotz Inanspruchnahme umfassender Folgen für andere Banken, für die Unternehmen, für die staatlicher Hilfeleistungen einige Bankmanager in der Arbeitnehmer, für die Rentner, für uns alle. Um dies zu zweiten Reihe üppigste Bonizahlungen gegönnt haben. verhindern, wurden bisher in der Krise solche systemre- Nun sollte das Ganze mithilfe des Restrukturierungsge- levanten Kreditinstitute vom Staat gerettet. Diese Insti- setzes verändert werden. Wir hatten miteinander eine tute galten als „too big to fail“ oder „too interconnected entsprechende Vereinbarung getroffen. In der Presse to fail“. hieß es auf einmal vonseiten der Koalition, nun sei die- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Say it in Ger- ses Problem gelöst. Das stimmt allerdings nicht. Schaut man genau hin, welche Regelung hier getroffen worden man, please!) ist, dann kommt man zu dem Ergebnis: Nur bei der Inan- – So viel Englisch werden Sie doch wohl verstehen, Herr spruchnahme von staatlichen Rekapitalisierungsmitteln, Kauder. Davon gehe ich einfach aus. nicht aber bei anderen Stabilisierungsmaßnahmen des Staates gilt die hier vorgesehene Begrenzung zusätzli- (Volker Kauder [CDU/CSU]: Deutsch ist hier cher Bonimaßnahmen. Dies kann man wohl nur als Mo- die Amtssprache! – Gegenruf der Abg. gelpackung bezeichnen. Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann müssen Sie aber auch hoch- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) deutsch reden!) Wenn wir schon einmal beim Thema Mogelpackung Es ging nach dem Motto: In der Krise wird der Staat uns sind: Dies gilt insbesondere für die Bankenabgabe zur schon retten. Finanzierung des Restrukturierungsfonds. Ich darf die Mit dem vorliegenden Gesetz wird nun ein geordne- Bundeskanzlerin wörtlich zitieren, die im Rahmen der tes Verfahren zur Sanierung und Abwicklung von in fi- Haushaltsdebatte am 15. September in diesem Jahr hier (B) (D) nanzielle Probleme geratenen Banken etabliert und wer- an diesem Pult Folgendes gesagt hat: den die bankenaufsichtsrechtlichen Instrumente zur Es ist vollkommen klar: Je risikobehafteter das Ka- Krisenprävention gestärkt. Es gibt also quasi ein speziel- pital ist und die Geschäfte sind, umso mehr Abgabe les Insolvenzverfahren für Banken, damit zukünftig muss gezahlt werden, damit in Zukunft nicht mehr nicht mehr der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden der Steuerzahler für solche Krisen eintreten muss, muss, wenn sich Bankmanager verzockt haben. sondern die Banken das selber tun müssen. In einer ersten Stufe, dem Sanierungsverfahren, sollen So weit Frau Merkel. Kreditinstitute von sich aus durch ein frühzeitiges Ein- greifen der eigenen Geschäftsführung saniert werden. (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/ Eine zweite Stufe ist das Reorganisationsverfahren. CSU]: Endlich hat er es begriffen!) Dabei wird die Aufsicht tätig. Dieses Verfahren sieht Maßnahmen zur Beschleunigung eines Insolvenzverfah- – Warten Sie ab. rens vor. Hier wird dann auch in die Rechte von Gläubi- gern und Anteilseignern eingegriffen, wenn dies notwen- Wir haben uns einmal die Details der Regelung zur dig ist. Das Vermögen einer systemrelevanten Bank Bankenabgabe angeschaut. Ich kann nur sagen: Liebe kann ganz oder teilweise auf eine private Bank oder auf Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in dieser Republik, eine staatliche „Brückenbank“ übertragen werden, damit glauben Sie nicht, was Ihnen diese Bundeskanzlerin und die „Restbank“ abgewickelt werden kann. Zusätzlich diese Regierung in diesem Fall versprochen haben. gibt es einen Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute (Beifall bei der SPD) in Form eines Sondervermögens des Bundes. Dort müs- sen nahezu alle Kreditinstitute einzahlen. Das ist dann Es ist die traurige Wahrheit, dass hier die Unwahrheit das, was in der Öffentlichkeit unter dem Stichwort „Ban- verkündet wird. kenabgabe“ diskutiert wird. (Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Unerhört Wir hatten eine sehr ausführliche mehrstündige An- so was!) hörung zu diesem komplexen Gesetzentwurf. Diese An- Dies ist nicht nur eine Mogelpackung, sondern schlicht- hörung hat ergeben, dass es notwendig war, eine Reihe weg auch eine Täuschung der Öffentlichkeit. von Veränderungen und Verbesserungen vorzunehmen. Zum Beispiel macht es wenig Sinn, bei einem Verfahren, (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ in dem man auf Freiwilligkeit setzt, die Geschäftsfüh- CSU]: Jetzt wird es disziplinarisch!) Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7283

Manfred Zöllmer (A) Ich darf Ihnen das anhand der Details einmal deutlich Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (C) machen: So wie die Bankenabgabe von der Regierung Herr Christian Ahrendt hat das Wort für die FDP- konzipiert ist, wird sie etwa 600 Millionen Euro bis ma- Fraktion. ximal 1,3 Milliarden Euro pro Jahr für den Restrukturie- rungsfonds einbringen – (Beifall bei der FDP sowie des Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU]) (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Wollen Sie mehr?) Christian Ahrendt (FDP): je nachdem, welches Referenzjahr man zugrunde legt Frau Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und und wie sich die Konjunktur entwickelt. Die Regierung Kollegen! Die Bundesregierung hat mit dem Restruktu- hat in dem Gesetz festgelegt, dass die Zielgröße des Re- rierungsgesetz ein gutes Gesetz vorgelegt. Den Gesetz- strukturierungsfonds bei 70 Milliarden Euro liegt. entwurf haben wir zügig parlamentarisch beraten. Es ist (Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber mit Zins in der parlamentarischen Beratung noch besser gewor- und Zinseszins!) den, und ich sage Ihnen auch, an welcher Stelle. – Ja, wunderbar, „Zins und Zinseszins“. Das ist aber nur Verehrter Kollege Zöllmer, vielleicht kommt es gar die baden-württembergische Rechnung. – Nun fangen nicht so sehr auf die Frage des Bankenfonds und die Sie einmal an, zu rechnen. Was ich dargestellt habe, be- Mittel in dem Bankenfonds an, und zwar aus einem ein- deutet nichts anderes, als dass 70 bis 100 Jahre in den fachen Grunde: Wir haben etwas ganz Entscheidendes Restrukturierungsfonds eingezahlt werden muss, damit getan. Wir haben die Aufsicht gestärkt, indem wir den man im Fall einer Krise überhaupt in der Lage ist, mit § 45 des Kreditwesengesetzes ausgebaut haben. Damit den Mitteln dieses Fonds Restrukturierungsmaßnahmen sorgen wir dafür, dass die Bankenaufsicht, wenn eine zu finanzieren. 70 Milliarden Euro sind sehr wenig. Hal- Bank in eine Schieflage gerät, früh eingreifen kann. Das ten Sie sich bitte vor Augen, dass in dieser Krise allein ist eine bessere Krisenintervention als zu warten, bis es die HRE mit Garantien von über 140 Milliarden Euro zu spät ist und dann den Fonds in Anspruch zu nehmen. gerettet werden musste. Das ist der erste Erfolg dieses Gesetzes. (Zuruf von der CDU/CSU: Garantien! Das ist (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) ein Unterschied!) Der zweite Erfolg dieses Gesetzes ist, dass wir ein Sa- Dann fragen wir doch einfach einmal, was bis dahin nierungsverfahren schaffen, mit dem die Bank sich passiert. Was geschieht in den 100 Jahren dazwischen? selbst aus der Krise retten kann. Wir haben dieses Sanie- (B) Ich kann es Ihnen verraten: Dann werden erneut die rungsverfahren so definiert, dass es früh einsetzen kann, (D) Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in dieser Republik die Bank somit frühzeitig ein sinnvolles Instrumenta- zur Kasse gebeten. Es werden nicht die Banken sein, die, rium nutzen kann, um sich selbst aus der Krise zu retten. wie die Kanzlerin behauptet hat, die Kosten tragen. Wir haben etwas getan, was Sie auch nicht gemacht (Beifall bei der SPD) haben, als Sie die Verantwortung hatten: Wir haben eine Wir reden hier nur über die Kosten einer möglichen Boni-Regelung ins KWG geschrieben: Bei Banken, an zukünftigen Krise, nicht über die Beteiligung der Ban- denen der Staat mit 75 Prozent oder mehr beteiligt ist, ken an den Kosten dieser Krise. Auch das ist von der sind Boni nicht mehr zulässig. Es gibt nur noch die Bundeskanzlerin früher mehrfach anders versprochen Obergrenze von 500 000 Euro – nicht nur für die, die im worden, inzwischen ist das schamhaft beiseitegelegt Vorstand sitzen, sondern auch für die, die in der zweiten worden. Diese Überlegungen kommen bei der jetzigen und dritten Managerebene tätig sind. Regierung gar nicht mehr vor. Alle diesbezüglichen Ver- sprechungen dieser Regierung und der Kanzlerin sind Wir haben noch etwas Entscheidendes erreicht: Wir vergessen. Die Bankenabgabe in dieser Form ist der un- haben die Haftung verschärft. Wenn Sie sich den Gesetz- taugliche Versuch, der Öffentlichkeit Sand in die Augen entwurf angeschaut haben, wie er vorgelegt worden ist, zu streuen. dann haben Sie gesehen, dass vorgesehen war, die zehn- jährige Verjährungsfrist nur im Aktiengesetz einzufüh- (Beifall bei der SPD) ren. Wir schreiben die zehnjährige Verjährungsfrist für nicht sorgfältiges Handeln der Vorstände direkt ins Was wir brauchen, ist eine tatsächliche Beteiligung KWG und schaffen damit die Grundlage dafür, dass Ver- der Banken an den Kosten der Krise, keine Placebos. Es fehlungen von Vorständen lange und sorgfältig aufgear- zeigt sich deshalb wieder einmal, dass wir die Finanz- beitet und dann die Vorstände, Aufsichtsräte und die an- transaktionsteuer dringender denn je benötigen. deren Organe, die Verantwortung tragen, entsprechend (Beifall bei der SPD) in Haftung genommen werden können. Wir werden dem Gesetz daher nicht zustimmen. Wir bit- Insofern haben wir nach der zügigen parlamentari- ten um die Zustimmung zu unserem Entschließungsan- schen Beratung ein Gesetz vorliegen, das aufgrund des trag. neu geschaffenen Mechanismus einer frühen Interven- Herzlichen Dank. tion geeignet ist, künftig Bankenkrisen zu beseitigen. Es hilft auch, Banken über ein geordnetes Verfahren dort (Beifall bei der SPD) aus dem Markt zu nehmen, wo sie nicht mehr saniert 7284 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Christian Ahrendt (A) werden können. Insofern haben Sie heute Abend die Sie schaffen mit dem Gesetz eine Scheinsicherheit (C) Freude, einem guten Gesetz zuzustimmen. nach dem Motto: Wenn etwas schief geht, wird der Re- strukturierungsfonds schon einigermaßen funktionieren. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Das bedeutet im Klartext: Die Banken können weiterhin (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) fröhlich risikoreiche Spekulationsgeschäfte betreiben. Das ist nicht hinnehmbar. Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (Beifall bei der LINKEN) Der Kollege Richard Pitterle hat das Wort für die Fraktion Die Linke. Der vom Gericht eingesetzte Verwalter verfügt dem Gesetz nach über keinerlei Instrumente, um einer in (Beifall bei der LINKEN) Schieflage geratenen Bank risikoreiche Geschäfte zu un- tersagen; darauf haben die Sachverständigen in der An- Richard Pitterle (DIE LINKE): hörung hingewiesen. Auch das vorgesehene Sanierungs- Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen verfahren ist wirklichkeitsfremd. Sie verlassen sich und Kollegen! Wall Street 2 ist in den Kinos, und zwar darauf, dass es von den Vorständen einer sanierungsbe- mit dem Untertitel: Geld schläft nicht. Der Protagonist dürftigen Bank eingeleitet wird. Eher wird sich ein Ein- Gekko aus dem ersten Wall-Street-Film dürfte noch allen brecher bei der Polizei selbst anzeigen, als dass ein als Mister „Gier ist gut“ bekannt sein. In Wall Street 2 – Bankenvorstand eingesteht, dass er die Bank in eine so viel sei verraten – stellt Gekko, der gerade aus dem Schieflage gebracht hat. Das Bekanntwerden einer Sa- Gefängnis gekommen ist, fest, dass sich gar nicht so viel nierungsanzeige könnte das Aus für die Bank bedeuten, geändert hat. Sein Motto „Gier ist gut“ ist inzwischen in wenn die Kunden Angst bekommen und ihr Geld abzie- der Gesellschaft angekommen. hen. Warum erzähle ich Ihnen das? Weiterhin ist auch nicht einsichtig, warum mit der Sa- (Zuruf von der FDP: Das frage ich mich auch!) nierung und Restrukturierung der Banken das Oberlan- desgericht beschäftigt sein soll. Normalerweise befassen Fakt ist: Während das Geld nicht schläft, hat unsere sich die Amtsgerichte mit Insolvenzen. Deswegen ist die Regierung geschlafen. Außer vielen Ankündigungen ist fachliche Kompetenz dort gebündelt. wenig passiert. Zwei Jahre nach dem Ausbruch der Fi- nanzkrise wacht Schwarz-Gelb auf, bringt einen Gesetz- Frau Merkel hat beteuert, der Staat sowie die Bürge- entwurf in die Beratungen ein, um ein Gesetz zu verab- rinnen und Bürger dürften nie mehr durch die zu groß schieden, das präventiv gegen Finanzkrisen wirken soll. geratenen Banken und deren Misswirtschaft erpressbar (B) Sie bietet sogar der Opposition eine Mitwirkung an, um werden. Welch schöne Worte! Stattdessen legen Sie uns (D) den Entwurf halbgar innerhalb einer Woche durch das heute einen wirkungslosen und unausgegorenen Gesetz- Parlament zu jagen. Gekko hätte seine Freude daran. entwurf vor. Die Sachverständigen haben ihn ganz klar für ungeeignet erklärt, eine Systemkrise, wie wir sie ge- (Beifall bei der LINKEN) rade erlebt haben, zu überstehen, ohne die Steuerzahle- Wieder einmal erweisen sich die Ankündigungen der rinnen und Steuerzahler in Anspruch zu nehmen. Bundesregierung, dass die Finanzwirtschaft für die Fol- (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da müssen gen der Krise zur Verantwortung gezogen werden soll, Sie aber eine selektive Wahrnehmung von der als eine Seifenblase. Die Ziele des vorliegenden Gesetz- Anhörung haben, Herr Kollege!) entwurfs sind hochgesteckt. Die Schieflage einer sys- temrelevanten Bank soll ohne Gefahr für die Stabilität Auch dieses Gesetz ist in aller Eile mit heißer Nadel des Finanzsystems bewältigt werden. Der Finanzsektor gestrickt worden. Man kann sogar sagen, dass es zusam- soll die Kosten der Insolvenzbewältigung vorrangig mengeschustert wurde. Die Mitglieder des Rechtsaus- selbst tragen, nicht die Steuerzahlerinnen und Steuerzah- schusses kamen am Montag um 22 Uhr von einer ler. Schließlich soll das Gesetz krisenpräventiv wirken. Dienstfahrt aus Brüssel zurück – Herr Ahrendt würde Doch das ist glatter Unsinn. hierbei von einer Klassenfahrt sprechen – und wurden in der Sondersitzung am Dienstag um 8 Uhr mit 32 Ände- Selbst mit den vorgestern im Ausschuss beschlosse- rungsvorschlägen konfrontiert, die am Montagabend per nen Änderungen ist dieser Gesetzentwurf nicht geeignet, E-Mail in die Büros gesandt worden waren. die darin genannten Ziele zu erfüllen. Wiederholt wurde in der Anhörung darauf hingewiesen, dass mit einer (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das Bankenabgabe in Höhe von 1,2 Milliarden Euro pro Jahr heißt doch nicht, dass wir in Brüssel das Lesen der Restrukturierungsfonds frühestens in einem halben verlernt haben!) Jahrhundert auch nur ansatzweise genügend finanzielle Über diese wurde am Dienstagmorgen im Rechtsaus- Mittel enthalten würde, um eine Bank zu retten. Vorges- schuss nach einer gnädigerweise zugestandenen Lese- tern haben Sie in den Gesetzentwurf geschrieben, dass pause von einer Stunde ohne Erläuterung im Block abge- die Zielgröße des Fonds 70 Milliarden Euro betragen stimmt. Ich bitte Sie: Glaubt denn jemand hier im Haus, soll. Offen bleibt aber, innerhalb welcher Zeit diese Ziel- dass die Mehrheit der Abgeordneten den Inhalt der Ver- größe zu erreichen ist. Sie verkaufen die Leute für änderungen in seinem Kern erfasst hat oder Zeit hatte, dumm. Das lassen wir Ihnen nicht durchgehen. die Auswirkungen der einzelnen 32 Änderungen zu be- (Beifall bei der LINKEN) urteilen? Von der Verwirklichung der Ankündigung, die Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7285

Richard Pitterle (A) Opposition ernsthaft in die Beratung eines solch wichti- – das haben Sie im Ausschuss ja auch zugestanden – zu (C) gen Gesetzes einzubeziehen, konnte bei diesem Zeit- kurzfristig gewesen. druck keine Rede sein. Das ist weder demokratisch noch der Bedeutung der Angelegenheit angemessen. (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Da hätte ich Ihnen eine gute Anwaltskanzlei empfehlen (Beifall bei der LINKEN) können, Herr Kollege!) Demokratie stelle ich mir anders vor. Mit dem Anspruch, mit dem Sie gestartet sind, dass wir Die Vorgehensweise und die damit verbundene Man- hier eine qualitativ gute gemeinsame Gesetzgebung ma- gelhaftigkeit dieses Gesetzes werden eines Tages die chen, war dies nicht zu vereinbaren. Das muss so stehen Bürgerinnen und Bürger mit viel Steuergeld zu bezahlen bleiben. haben, wie sie es schon bei der letzten Finanzkrise erlebt (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) haben. Das ist der eigentliche Skandal. Deswegen lehnt Die Linke dieses Gesetz ab. Ich möchte auf die Kernkritikpunkte zu sprechen kommen. Der erste Punkt: Es ist richtig, eine solche Re- (Beifall bei der LINKEN) gelung zur Insolvenz von Banken, eine große Restruktu- rierung zu schaffen. Aber – das muss man dazu sagen – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: die Regelung gilt weder für die Deutsche Bank – sie ist Das Wort hat der Kollege Dr. Gerhard Schick für zu groß, als dass dieses Gesetz dies wirklich leisten Bündnis 90/Die Grünen. könnte; das ist deutlich geworden – noch für die Spar- kasse Memmingen-Lindau-Mindelheim (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Jetzt kommen die Belehrungen!) (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist meine!) Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- oder andere Sparkassen, die das mit ihrer Institutssiche- NEN): rung schon heute ohne dieses Gesetz gut machen, son- Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! dern sie gilt für eine begrenzte Gruppe von Instituten; Am Anfang dieses Gesetzgebungsprozesses standen sehr denn der Fonds, der dahinter steht, ist von der Größe her große Worte. Von einem Meilenstein war die Rede. gar nicht zur Rettung aller Banken in der Lage. Sie (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Leo schreiben als Zielgröße 70 Milliarden Euro in das Ge- Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist nach wie setz. Das wird sehr lange nicht erreicht werden können. vor der Fall! Richtig!) (B) Die Sachverständigen haben uns gesagt, dass die Be- (D) Nie wieder sollte der Steuerzahler herangezogen werden. teiligung der Gläubiger nicht wirklich gelingen wird. Ich Die Bankenabgabe sollte dafür sorgen, dass die Banken, könnte jetzt mehrere Sachverständige zitieren. Deren die Verursacher, auch wirklich zur Kasse gebeten wer- Bedenken muss man schon ernst nehmen; denn wenn den. nicht der Steuerzahler zahlen soll, dann müssten es die Anteilseigner und die Gläubiger tun. Die Sachverständi- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) gen, Herr Krahnen, Herr Schich von der OECD und Pro- – Sie klatschen zu früh. – Wenn wir uns anschauen, wie fessor Zimmer, um nur ein paar Beispiele zu nennen, Herr Dautzenberg heute ganz vorsichtig sagt, der Steuer- sagten uns, dass das so nicht funktionieren werde. Des- zahler solle zumindest nicht immer der Erste sein, wegen ist uns ganz wichtig, dass hier nachgearbeitet wird; denn die Gläubigerbeteiligung, wie sie hier gere- (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Richtig! Ja!) gelt ist, reicht nicht aus. Ich frage mich, warum das, was dann sehen wir, dass aus den ganz großen Ankündigun- man in der Schweiz mit den sogenannten Contingent gen ein überschaubares Päckchen geworden ist, was Sie Convertible Bonds machen kann, um die Beteiligung lieber zur abendlichen als zur frühmorgendlichen Stunde von Gläubigern wirklich sicherzustellen, nicht auch in diskutieren. Deutschland möglich sein soll. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Leo Das internationale Vorbild zeigt uns: Es geht konsequen- Dautzenberg [CDU/CSU]: Das hätten Sie ter, als Sie es tun. gerne, aber so ist es nicht, Herr Kollege!) Der zweite Punkt: Sie setzen beim Sanierungsverfah- Lassen Sie mich noch kurz zum Verfahren kommen. ren nach wie vor auf Freiwilligkeit. Das ist falsch. Auch Herr Dautzenberg hat gesagt, wir hätten gute Anträge das haben mehrere Sachverständige gesagt. Denn wir vorgelegt. Vielen Dank für das Kompliment. Ich kann wissen, dass die Vorstände in einem Unternehmen kein Ihnen aber gleichzeitig sagen: Es ist uns – anders als Interesse haben, in der Krisenlage selber das Verfahren sonst üblich – nicht mehr möglich gewesen, vom Minis- einzuleiten. Das haben wir an verschiedenen Beispielen terium wie üblich die Unterstützung bei der Formulie- gesehen: bei der HRE, bei der Sachsen LB und bei der rung zu bekommen, weil die Zeit zu knapp war. Zwi- Bayern LB. Wir haben es doch immer wieder gesehen. schen Montagabend und Dienstagabend war es also nicht mehr in der notwendigen Qualität möglich, Ände- (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Deshalb Auf- rungsanträge zu stellen. Deswegen ist das Verfahren sicht, Herr Kollege!) 7286 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Gerhard Schick (A) Warum setzen Sie nach den schlechten Erfahrungen im- müssen. Wir ziehen auch heute wieder die Lehren. Es (C) mer noch darauf? Nicht nur die Banker sollen aus der braucht Transparenz und Sicherheit; es muss neues Ver- Krise lernen; auch wir müssen aus diesen Fällen lernen. trauen entstehen. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Viele im Finanzmarkt Tätige wollen es auch heute Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Wir noch nicht wahrhaben: Es zerstört nun einmal die gesell- haben doch eine Eingriffsmöglichkeit geschaf- schaftliche Akzeptanz unserer sozialen Marktwirtschaft, fen!) wenn die Gewinne privatisiert werden, aber der Steuer- Deswegen hätte man hier einen Ansatz für die BaFin zahler die Verluste tragen soll. Das Engagement des schaffen müssen. Staates kann immer nur auf das Notwendigste be- schränkt sein: Das ist die Grundüberzeugung der sozia- Drittens. Bei den Bonuszahlungen bleiben Sie wieder len Marktwirtschaft; das ist unsere ordnungspolitische hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Viele in Ihren Linie im Sinne der sozialen Marktwirtschaft. Dazu ge- Reihen haben sich über die Luxuspension empört ge- hört auch die Verpflichtung des Eigentums. Deswegen zeigt, die bei der HRE zulasten des Steuerzahlers gezahlt ist zunächst einmal immer der Eigentümer für Verluste worden ist. Bei der Verschärfung – sie ist richtig – gehen zur Kasse zu bitten, nicht der Steuerzahler. Sie aber wieder nicht den nächsten entscheidenden Schritt: Sie beziehen Pensionszahlungen nicht ein. Das, (Beifall bei der CDU/CSU) was wir bei der HRE kritisiert haben, könnte wieder vor- Das vorliegende Restrukturierungsgesetz bildet den kommen. Das finden wir falsch. wichtigsten Baustein einer verbesserten Finanzmarktre- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) gulierung. Wir sind dabei, ein solideres Haus für den Fi- nanzmarkt der Zukunft zu bauen. Dieses ehrgeizige Ziel Ich möchte zum letzten Punkt kommen, der mir sehr gehen wir Baustein für Baustein an. Ich möchte daran er- wichtig ist. Ich kann überhaupt nicht verstehen, wie Sie innern, dass wir heute den fünften Gesetzentwurf zur bei der parlamentarischen Kontrolle agieren. Wie viele Bankenregulierung im weiteren Sinne beschließen; zu- von uns aus allen Fraktionen haben sich zu Recht da- vor haben wir Regelungen zum Rating und zur Ver- rüber beschwert, dass die parlamentarische Kontrolle gütungsstruktur sowie zu den Leerverkäufen und zur beim SoFFin nicht gelingt, dass hier Milliarden ohne ad- Verbriefung geschaffen. All dies dient dem Ziel der Re- äquate Kontrolle ausgegeben werden können. Jetzt ha- gulierung des Finanzmarktes. ben wir die Gelegenheit, da nachzujustieren; aber Sie nehmen nur eine Minimalverbesserung vor. Warum ha- Heute setzen wir mit dem Restrukturierungsgesetz ben Sie unsere Änderungsanträge abgelehnt, die eine unsere Eckpunkte für die Bankenrestrukturierung und (B) wirklich konsequente parlamentarische Kontrolle er- die Finanzmarktregulierung um. Zukünftig wird durch (D) möglicht hätten? die Einführung einer Insolvenzordnung für Kreditinsti- tute eine geordnete Sanierung oder Abwicklung von (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Banken möglich, die in eine Schieflage geraten sind. Das Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Sie wollten ein ist ein wesentlicher Schritt nach vorne. Unser Ziel ist es, Untersuchungsrecht!) die Schieflage einer systemrelevanten Bank ohne Gefahr Es ist uns unverständlich, dass Parlamentarier die für die Stabilität des Finanzsystems zu bewältigen. Wir Möglichkeit aus der Hand geben, im Bereich des Haus- müssen dafür Sorge tragen, dass Eigen- und Fremdkapi- halts, der Kontrolle der Administration ihrer Verantwor- talgeber die Kosten der Insolvenzbewältigung so weit tung wirklich gerecht zu werden. Da besteht nach wie wie möglich selbst tragen. Das ist mit diesem Gesetz ge- vor Korrekturbedarf. Wir fordern Sie auf, das bei nächs- währleistet. ter Gelegenheit nachzuholen. Natürlich lässt dieses Gesetzes eine parlamentarische Danke. Kontrolle zu. Sie wollten die Möglichkeit einer Untersu- chung schaffen. Wir bauen auf die parlamentarische (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Kontrolle durch gewählte Mitglieder dieses Hauses, die Dr. Michael Meister [CDU/CSU]: Ein biss- im SoFFin-Kontrollgremium arbeiten. chen mehr Lob hätte der Rede gutgetan!) Das können Sie nicht auf dem Finanzmarkt offen aus- Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: tragen. Wir haben eine ganz klare parlamentarische Kon- Der Kollege Dr. Hans Michelbach hat das Wort für trolle, die ernst zu nehmen ist. die CDU/CSU-Fraktion. (Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gerhard (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Sie haben eine Unterrichtung des Parlaments! Das ist nicht dasselbe! Die richtige Kontrolle Dr. h. c. Hans Michelbach (CDU/CSU): wollten Sie ja nicht!) Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kol- legen! Wir waren uns einig darüber: Die Exzesse, die wir Neben den wichtigen Instrumenten der Insolvenzord- auf den Finanzmärkten erlebt haben, dürfen sich nie wie- nung zur Sanierung oder Abwicklung haben wir – das ist derholen. Daher ist es eine zentrale Lehre aus der Fi- ganz wichtig – vier wesentliche Punkte vorgesehen: ers- nanzmarktkrise, dass wir eine stärkere und vor allem tens die Kostenbeteiligung der Banken, zweitens die effizientere Regulierung der Finanzmärkte erreichen Haftungsverpflichtung der Manager, drittens die Verlän- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7287

Dr. h. c. Hans Michelbach (A) gerung der Verjährungsfrist und viertens eine Bonirege- Zweitens stärken wir die Verantwortungskultur beim (C) lung. Neben den Instrumenten haben wir also wesentli- Thema Haftung, indem wir die Verjährungsfristen ver- che Elemente aufgenommen, die letzten Endes die längern. Sobald ein Unternehmen staatlich gestützt wird, Glaubwürdigkeit und die Akzeptanz der Banken in der führen wir eine Sonderprüfung durch, die sich mit der Gesellschaft wieder erhöhen werden. Deswegen ist die Frage beschäftigt, ob es seitens der Geschäftsleitung Kostenbeteiligung in Form einer Bankenabgabe richtig. Verfehlungen gegeben hat. Ich denke, das ist ein ganz Natürlich ist es völlig falsch, diese auf 100 Jahre hoch- starker Anreiz für die Verantwortlichen, freiwillig Sanie- zurechnen. Sie können die Banken nicht gleich überfor- rungsmaßnahmen durchzuführen. dern. Wir müssen die Dinge Schritt für Schritt kontrol- lieren und prüfen. Als dritten Punkt haben wir die Bankenabgabe gere- gelt, um die Risiken für die Steuerzahlerinnen und Steu- Zu der Boniregelung kann ich sagen: Im Zusammen- erzahler so weit wie möglich zu minimieren. Diese Mit- hang mit den Managementvergütungen bei staatlich un- tel werden eingesetzt, um das Finanzsystem zu terstützten Banken setzen wir ein Zeichen der Vernunft. stabilisieren. Dabei geht es nicht darum, Banken zu stüt- zen. Wenn ein Unternehmen am Markt gescheitert ist, (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) wird es auch entsprechend abgewickelt. Das wird dieses Die staatlichen Mittel, die Mittel der Steuerzahler, dür- Gesetz ermöglichen. fen nicht durch unangemessene Vergütungsleistungen Folglich ist es auch nur logisch, dass alle Banken ent- aus den notleidenden Banken abfließen. Für mich grenzt sprechend einzahlen. Denn es geht nicht darum, einzelne es an Untreue, wenn in Unternehmen, die pleite sind, Banken zu stützen, sondern darum, das gesamte System Boni gezahlt werden. Das gibt es in der Wirtschaft nicht. zu stabilisieren. Davon profitieren nämlich alle. Das ist Insolvenzverschleppung. Das ist Untreue. Bei Banken, die ihre Mittel letzten Endes vom Steuerzahler Auch die Ausnahmen, die wir gemacht haben, sind erhalten, können keine Boni gezahlt werden. logisch. Es geht darum, dass Förderbanken – das ist die KfW, das ist im Übrigen die Landwirtschaftliche Ren- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) tenbank – nicht einzahlen. Denn diese Banken gehen Wir müssen ganz deutlich darauf hinweisen: Dies ist politisch gewollt Risiken ein, die vom Staat abgesichert ein ganz wichtiger Schritt. Wir haben gute Instrumente werden. Insofern hätte es überhaupt keinen Sinn ge- für die Sanierung und Abwicklung und vier weitere we- macht, diese mit einzubeziehen. sentliche Punkte, die ich angesprochen habe. Ich glaube, Fazit: Dieses Gesetz wird eine ganz entscheidende dies ist ein guter Tag für die Anleger, für die Sparer, für Rolle spielen, um Krisen zukünftig gar nicht erst entste- (B) die Steuerzahler und für den Finanzmarkt. hen zu lassen. Es stärkt die Grundprinzipien der sozialen (D) Herzlichen Dank. Marktwirtschaft, zu der auch ein Scheitern dazugehört. Wir meinen, es ist ein Gesetz, dem Sie alle zustimmen (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) könnten. Die Sozialdemokraten werden sich enthalten. Meine Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: sehr geehrten Damen und Herren, das ist ein bisschen so Björn Sänger hat das Wort für die FDP-Fraktion. wie mit dem Anhalter, der ein schwarz-gelbes Auto vor- (Beifall bei der FDP) beifahren lässt, weil er auf ein rotes wartet. Das ist in diesem Bereich nicht akzeptabel. Überdenken Sie das noch einmal. Björn Sänger (FDP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herzlichen Dank. Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf könnte genauso (Beifall bei der FDP – Joachim Poß [SPD]: gut den Namen „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung Ihre Bankenabgabe ist inakzeptabel!) der Verantwortungskultur“ tragen. Das Gesetz wird nämlich einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der sozia- len Marktwirtschaft leisten, indem es auch das Scheitern Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: großer, systemisch relevanter Banken ermöglichen wird. Herr Brinkhaus spricht jetzt für die CDU/CSU-Frak- Gleichzeitig werden die Risiken für die Steuerzahler mi- tion. nimiert. (Beifall bei der CDU/CSU) Wie geht das? Es gibt drei Gründe: Erstens. Wir haben ein mehrstufiges Verfahren – das Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): wurde hier schon mehrfach angesprochen –, welches es Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir – da- den Verantwortlichen in den Banken ermöglicht, zu- mit meine ich nicht nur die christlich-liberale Koalition, nächst auf der Basis der Freiwilligkeit – weil das eben sondern auch die Große Koalition, Parlamentarier auf auch zur Verantwortung einer Geschäftsleitung dazuge- deutscher und europäischer Ebene und Regierungen jeg- hört – einen Sanierungsbeitrag zu leisten. Es ist voll- licher Couleur – haben uns nach der Finanzkrise im kommen richtig, Herr Kollege Schick, dass wir auf Frei- Herbst 2008 auf den Weg gemacht, um die Finanzmärkte willigkeit setzen. ein wenig besser zu gestalten und sicherer zu machen. 7288 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Ralph Brinkhaus (A) Wir alle haben uns dabei an einer gewissen Architek- dass diese nicht ausreiche, um die Kosten der Krise tat- (C) tur orientiert. Die Architektur beinhaltete folgende As- sächlich zu bewältigen. pekte: Erstens wollten wir die Aufsicht stärken. Zwei- tens wollten wir das Handeln der einzelnen Akteure, der Ich will Ihnen eines sagen: Wir werden mit dieser Banken und der Institute, auf den Finanzmärkten stärker Bankenabgabe von den Banken in Deutschland – von regulieren. Drittens waren wir so bescheiden, anzuneh- den Volksbanken bis zu den Großbanken – in einem nor- men, dass es sein kann, dass Regulierung und stärkere malen Jahr 1 Milliarde bis 1,3 Milliarden Euro einzie- Aufsicht irgendwann vielleicht doch nicht greifen, und hen. Nehmen Sie bitte nicht die Krisenjahre mit ihren deswegen brauchten wir ein Verfahren, um mit Krisen 600 Millionen Euro. Das sind keine normalen Jahre, und der Institute umzugehen und zu verhindern, dass der es wäre nicht seriös, so zu argumentieren. Kollaps einer Bank zum Kollaps des gesamten Systems (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) führt. Wir werden darüber hinaus im Rahmen des Sparpake- (Beifall bei der CDU/CSU) tes die Banken mit 2 Milliarden Euro an den Kosten der Wir – damit meine ich uns alle, schließlich waren vergangenen Krisen beteiligen. Das sind dann zusam- auch grüne Politiker auf europäischer Ebene und Sie von men schon 3 Milliarden Euro. der Großen Koalition mit dabei; das haben Sie zu Recht Wir verlangen von den gleichen Banken – und das angemerkt – haben geliefert. Wir haben geliefert, indem verlangen auch Sie von den Banken –, dass sie ihr Ei- wir die europäischen Aufsichtsstrukturen angepasst ha- genkapital stärken und dass sie auch weiterhin Kredite ben, und wir werden auch in Deutschland liefern und ausreichen, um den Mittelstand zu finanzieren. nachziehen. Wir haben geliefert, indem wir die Regulie- rung der Ratingagenturen, der Vergütungssysteme, der (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE Leerverkäufe – diese haben wir in Deutschland verboten – GRÜNEN]: Wann machen Sie das?) und der Verbriefungen gestärkt haben. Was wollen wir denn eigentlich noch erreichen! Wir Wir haben allerdings noch keine Antwort auf die müssen irgendwo auch Maß halten und die volkswirt- Frage geliefert, meine Damen und Herren, wie wir mit schaftlichen Aufgaben, die den Banken obliegen, akzep- der Schieflage einer systemischen Bank umgehen. Wir tieren, meine Damen und Herren. verabschieden hier und heute diesen Gesetzentwurf, weil das Gesetz notwendig ist. Denn es ist höchste Zeit, dass (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – wir diese Lücke in unserer Architektur schließen. Joachim Poß [SPD]: Aber regen Sie sich doch nicht auf! Sagen Sie was zu den 2 Milliarden!) (B) (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (D) Ich komme zu einem weiteren Punkt. Herr Schick, die Natürlich kann man dieses Gesetz jetzt kritisieren. Ich Grünen sagen, und das ist ihre Strategie: Jetzt haben wir glaube, kein Gesetz ist perfekt. zwar einen Gesetzentwurf, aber wir müssen einmal über (Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE die Lösung mit den Convertibles, die in der Schweiz ge- GRÜNEN]: Das kann man von Ihren Gesetzen funden worden ist, nachdenken. Das mag richtig sein. immer behaupten!) Um der Ehrlichkeit Genüge zu tun, müssten Sie auch sa- gen, dass sich andere Länder, die USA und Großbritan- Eines darf man allerdings nicht tun: diesen Gesetzent- nien, nicht für diese Lösung entschieden haben. Man wurf mit den Kritikpunkten, die Sie vorgebracht haben, kann sicherlich darüber diskutieren. Man kann sicherlich ablehnen. Das geht nicht. Ich will darauf eingehen, um auch über viele andere Vorschläge diskutieren, die ge- welche Kritikpunkte es sich im Einzelnen handelt. macht worden sind. Sie beklagen – damit meine ich insbesondere die Da- Herr Pitterle hat angemerkt, dass das Sanierungsver- men und Herren von der Linken und der SPD –, dass die fahren in den Details vielleicht nicht ganz richtig ist. Sie Regelungen über die Boni nicht ausreichend sind. Ich haben auch noch angeführt, dass es in diesem Verfahren kann dazu nur eines sagen: Wir werden auf der einen vielleicht zu viel Freiwilligkeit gibt. Aber eines muss Seite von den Banken dafür kritisiert, dass die Regelun- man akzeptieren: Wir handeln hier in einer sehr schwie- gen über die Boni zu streng sind. Auf der anderen Seite rigen Situation. In diesem Gesetz müssen Arbeitsrecht, werden wir von Ihnen dafür kritisiert, dass sie zu Gesellschaftsrecht und Steuerrecht zusammengeführt schwach sind. Das heißt, wir scheinen irgendwo einen werden. Die Bundesländer haben gegebenenfalls ein an- guten Mittelweg gefunden zu haben, der auch passt. deres Interesse als der Bund. Uns liegen Stellungnahmen (Ulrich Kelber [SPD]: Nur die Lobbyisten zu von Professoren vor, die unterschiedlicher Meinung bedienen, ist noch kein Mittelweg!) sind. Trotz dieser Gemengelage haben wir ein Gesetz aufgebaut, dass es so in Europa und in der Welt nicht Der zweite Punkt, meine Damen und Herren: Kom- gibt. Das muss man an dieser Stelle einfach einmal aner- men wir doch einmal zur Restrukturierungsabgabe und kennen. zur Bankenabgabe. Sie sagen – und das ist eine tolle SPD-Argumentation, die immer kommt; ich hätte sie vo- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- rausahnen können, Herr Zöllmer –, neten der FDP – Dr. Gerhard Schick [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, aber wenn es nicht (Manfred Zöllmer [SPD]: Sie ist auch gut!) funktioniert? – Joachim Poß [SPD]: Sagen Sie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7289

Ralph Brinkhaus (A) doch einmal etwas zu den 2 Milliarden! Was Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- (C) sind das für 2 Milliarden?) desregierung eingebrachten Entwurf eines Restrukturie- rungsgesetzes. Nach § 31 unserer Geschäftsordnung lie- Man kann nicht immer nur an Details herumkritteln gen dazu Erklärungen der Kolleginnen und Kollegen und dann nicht fertig werden. Genau das ist das Problem Schick, Gambke, Haßelmann und Paus vor.1) der Opposition. Immer wieder wird an irgendwelchen Details herumgekrittelt. Den großen Wurf habe ich von Der Finanzausschuss empfiehlt unter Nr. 1 seiner Be- Ihnen noch nicht gehört. schlussempfehlung, Drucksachen 17/3407 und 17/3547, eine Entschließung anzunehmen. Wer stimmt für diese (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Beschlussempfehlung? – Wer stimmt dagegen? – Ent- haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist angenom- Den haben wir gelandet. Wir leisten, wir liefern, Sie kri- men. Zugestimmt haben CDU/CSU, FDP und SPD. tisieren. Die Politik der Opposition in dieser Legislatur- Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion Die Linke wa- periode ist: Kritik, Kritik, Kritik, aber keinerlei kon- ren dagegen. Enthaltungen gab es keine. struktive Vorschläge. Unter Nr. 2 empfiehlt der Finanzausschuss, den Ge- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) setzentwurf der Bundesregierung, Drucksachen 17/3024 und 17/3362, in der Ausschussfassung anzunehmen. Ich Ich sage Ihnen eines: Sie haben keine Gründe, diesen bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Ausschuss- Gesetzentwurf abzulehnen. Es ist beschämend, dass sich fassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer die SPD unter dem Mantel, dass eine Finanztransaktion- stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Der Gesetzent- steuer eingeführt werden muss, allem in diesem Haus wurf ist in zweiter Beratung angenommen bei Zustim- verweigert. Das ist das goldene Kalb der SPD, um das mung der Koalitionsfraktionen. Dagegen gestimmt ha- Sie herumtanzen. ben Linke und Bündnis 90/Die Grünen. Die SPD hat (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) sich enthalten. Sie wissen eines ganz genau, Herr Zöllmer: Diese Fi- Dritte Beratung nanztransaktionsteuer hat nur Sinn, wenn wir sie auf eu- und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem ropäischer Ebene durchsetzen. Wir versuchen das. Sie Gesetzentwurf zustimmen wollen, aufzustehen. – Ge- haben verpasst, das durchzusetzen, als Sie an der Regie- genstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist rung waren. Wenn Sie wollen, dass diese Finanztransak- mit dem gleichen Stimmenverhältnis wie vorher ange- tionsteuer auf nationaler Ebene durchgesetzt wird, dass nommen. wir einen Alleingang machen, dann erklären Sie den (B) Menschen, die am Finanzplatz Frankfurt arbeiten, dass Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak- (D) Sie schuld sind, dass sie ihre Arbeitsplätze verlieren. Das tion der SPD auf Drucksache 17/3471? – Gegenprobe! – ist nicht seriös. Wer enthält sich? – Der Entschließungsantrag ist abge- lehnt. Zugestimmt hat die einbringende Fraktion, dage- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) gen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen. Die Frak- tionen Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben sich Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: enthalten. Sie müssten bitte zum Ende kommen, Herr Kollege. Wer stimmt für den Entschließungsantrag der Frak- tion Die Linke auf Drucksache 17/3472? – Wer stimmt Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): dagegen? – Enthaltungen? – Der Entschließungsantrag ist abgelehnt. Zugestimmt hat die einbringende Fraktion, Ich komme zum Schluss. In dem Wissen, dass dieses dagegen gestimmt haben die Koalitionsfraktionen und auf den Weg gebrachte Gesetz nicht perfekt ist, haben die Fraktion der SPD. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grü- wir ganz bewusst gesagt – dabei sind wir auf Ihre Anre- nen hat sich enthalten. gungen eingegangen –, dass wir dieses Gesetz in zwei Jahren evaluieren werden. Ich rufe jetzt Tagesordnungspunkt 10 auf: Beratung des Antrags der Abgeordneten Heidrun Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Bluhm, Dr. Dietmar Bartsch, Herbert Behrens, Herr Kollege, Sie müssen zum Ende kommen. weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Grundrecht auf Wohnen sozial, ökologisch Dann sprechen wir uns wieder. Ich denke, dann wer- und barrierefrei gestalten den wir sehen, dass wir ein gutes Gesetz auf den Weg gebracht haben. – Drucksache 17/3433 – Überweisungsvorschlag: Danke schön. Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (f) Innenausschuss (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Rechtsausschuss Ausschuss für Arbeit und Soziales Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Ich schließe die Aussprache. 1) Anlage 8 7290 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (A) Die Reden zu Protokoll gegeben haben die Kollegin- der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor. Über einen (C) nen und Kollegen Storjohann, Raab, Bartol, Gottschalck, Änderungsantrag werden wir später namentlich abstim- Körber, Bluhm und Wagner.1) men. Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Verabredet ist, eine halbe Stunde lang zu debattieren. Drucksache 17/3433 an die in der Tagesordnung aufge- – Dazu sehe und höre ich keinen Widerspruch. Dann ist führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Damit sind Sie ein- das so beschlossen. verstanden. Dann ist die Überweisung so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache und gebe dem Kollegen Ich rufe Tagesordnungspunkt 9 sowie Zusatzpunkt 6 Olav Gutting für die CDU/CSU-Fraktion das Wort. auf: (Beifall bei der CDU/CSU) 9 – Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Olav Gutting (CDU/CSU): Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010) Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kolle- – Drucksachen 17/2249, 17/2823 – gen! Das Jahressteuergesetz 2010 hat es, insbesondere was den Umfang anbelangt, mal wieder in sich. Im letz- – Zweite und dritte Beratung des von den Abge- ordneten Dr. Barbara Höll, , ten Jahr gab es kein Jahressteuergesetz. So hatten wir in Klaus Ernst, weiteren Abgeordneten und der diesem Jahr zusammen mit den Empfehlungen des Bun- Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs desrats über 200 Maßnahmen zu beraten. eines Gesetzes zur Abschaffung des Pro- In diesem Zusammenhang darf ich mich zunächst be- gressionsvorbehalts für Kurzarbeitergeld danken bei allen Mitberichterstatterinnen und Mitbe- – Drucksache 17/255 – richterstattern in den Fraktionen und vor allem auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des BMF. Herr Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzaus- Minister, seien Sie so gut und richten Sie es ihnen aus. schusses (7. Ausschuss) Es waren immer zielorientierte Gespräche, und es war – Drucksache 17/3449 – eine gute Zusammenarbeit. Dadurch ist es gelungen, das Jahressteuergesetz in diesem Jahr über einen Monat frü- Berichterstattung: her abzuschließen als in den vergangenen Jahren. Abgeordnete Olav Gutting Lothar Binding (Heidelberg) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Dr. Daniel Volk Das ist gut so; denn das bedeutet eine Erleichterung (B) Dr. Barbara Höll für die Praxis. So können die notwendigen Änderungen, (D) Lisa Paus die ja in der Regel zum 1. Januar des jeweils nächsten Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) Jahres in Kraft treten, bereits heute in die Praxis einflie- gemäß § 96 der Geschäftsordnung ßen, und es ist nicht so wie in den letzten Jahren, dass immer kurz vor Weihnachten die große Hektik und Be- – Drucksache 17/3466 – triebsamkeit ausbricht. Berichterstattung: Auch wenn es ganz überwiegend lediglich steuertech- Abgeordnete Norbert Barthle nische Anpassungen aus Gerichtsurteilen, EU-rechtli- Carsten Schneider (Erfurt) chen Vorgaben oder aus Anregungen von der Verwal- Otto Fricke tung waren, enthält das Jahressteuergesetz 2010 doch Roland Claus eine Reihe von erwähnenswerten Punkten, welche ich Alexander Bonde hier kurz ansprechen möchte. ZP 6 Erste Beratung des von den Abgeordneten Volker Bei der Absetzbarkeit der Kosten für das häusliche Beck (Köln), Dr. Gerhard Schick, Lisa Paus, wei- Arbeitszimmer haben wir die Entscheidung des Bundes- teren Abgeordneten und der Fraktion BÜND- verfassungsgerichts umgesetzt. Nunmehr können Ar- NIS 90/DIE GRÜNEN eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Gleichstellung der Lebens- beitnehmer wieder einen Werbungskostenabzug in Höhe partnerschaften mit der Ehe im Bereich des von bis zu 1 250 Euro jährlich für ein häusliches Ar- Steuerrechts beitszimmer vornehmen, sofern – das ist wichtig, und das halte ich auch für richtig – kein anderer Arbeitsplatz – Drucksache 17/3218 – zur Verfügung steht. Überweisungsvorschlag: Finanzausschuss (f) Die Neuregelung gilt auch rückwirkend für alle noch Innenausschuss offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007. Wir Rechtsausschuss erreichen hier für die betroffenen Menschen eine jährli- Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend che Entlastung von rund 250 Millionen Euro. Haushaltsausschuss Ganz bewusst haben wir bei den nicht privatrechtlich Zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung liegen organisierten Banken, also bei den Sparkassen und zwei Änderungsanträge und ein Entschließungsantrag Volksbanken, sowie bei den Versicherungen die umsatz- steuerliche Behandlung der Auslagerung von Finanz- 1) Anlage 10 dienstleistungen durch dieses Jahressteuergesetz nicht Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7291

Olav Gutting (A) berührt. Das sichert Arbeitsplätze gerade im ländlichen NEN]: Was glauben Sie denn, wie das aus- (C) Raum. geht?) Als Abgeordneter des Spargelwahlkreises Bruchsal- Das Füreinander-Einstehen in einer gleichgeschlecht- Schwetzingen lichen Lebenspartnerschaft erkenne ich an. Das Fürei- nander-Einstehen ist auch steuerlich entsprechend zu (Ulrich Kelber [SPD]: Spargel gibt es auch privilegieren; das ist begründbar. Ich will aber auch sa- woanders, junger Mann! Sogar besseren!) gen: Eine absolute Gleichstellung der Ehe als im Grund- will ich eine weitere sehr positive Maßnahme hervorhe- gesetz verankerte Keimzelle der Gesellschaft auf der ei- ben. Mit dem Jahressteuergesetz 2010 haben wir die zu nen Seite Recht vielfach kritisierte Steuerpflicht für viele Saison- (Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE arbeitskräfte abgeschafft. Bislang zwang diese Regelung GRÜNEN]: Es gibt viele Keimzellen!) 300 000 Saisonarbeitskräfte, davon allein 200 000 in der Landwirtschaft beschäftigte, eine Steuererklärung abzu- und der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft auf geben, obwohl in der Regel absehbar war, dass keine der anderen Seite entspricht nicht meiner Auffassung Steuerlast entsteht; seit 2009 war das so. vom Schutz der Ehe, die ich als Familie verstehe. In der Praxis lief es oft so ab, dass nicht die Arbeit- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) nehmerinnen und Arbeitnehmer eine Steuererklärung abgegeben haben, sondern zum Beispiel die Obst- und Es können daher nach meiner Meinung nicht sämtliche Spargelbauern damit belastet waren. Das ist auch nicht Rechtsvorschriften, die für Ehe und Familie gelten, eins verwunderlich. Eine Steuererklärung ist schon für einen zu eins auf Eingetragene Lebenspartnerschaften übertra- Muttersprachler eine schwierige Angelegenheit. Wenn gen werden. jemand aber aus Polen, Kroatien, Rumänien oder Bulga- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) rien kommt und der deutschen Sprache nicht hundertpro- zentig mächtig ist, dann ist es gar ein Ding der Unmög- Insgesamt haben wir mit dem vorliegenden Entwurf lichkeit, eine Einkommensteuererklärung auszufüllen. eines Jahressteuergesetzes 2010 einen guten Gesetzent- wurf vorgelegt. Wir entlasten die Menschen in diesem (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) Jahr um knapp 1 Milliarde Euro, und wir entbürokrati- Die Praxis sah so aus, dass der Bauer oder gleich ein sieren. Steuerberater einspringen musste. Die damit einherge- henden Kosten, die Bürokratiekosten, blieben natürlich Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: (B) beim Landwirt hängen, obwohl der Steuerbescheid, was Möchten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Beck (D) von vornherein völlig klar war, regelmäßig eine Steuer- zulassen? last von 0 Euro ausgewiesen hat. Wir sorgen mit dieser Maßnahme nicht nur für eine Entlastung der saisonal Be- schäftigten, sondern gleichermaßen auch für eine Entlas- Olav Gutting (CDU/CSU): tung der Arbeitgeber und der Finanzverwaltungen. Ich bin gleich fertig. Das muss jetzt nicht mehr sein. Bürokratieabbau konnten wir auch bei der Informati- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und onspflicht im Zusammenhang mit ELStAM erzielen. Die der FDP) Information der Arbeitnehmer über die gebildeten elek- Zum Schluss noch ein paar Sätze zum Gesetzentwurf tronisch gespeicherten Lohnsteuerabzugsmerkmale wird der Linken zur Abschaffung des Progressionsvorbehalts nunmehr von der Finanzverwaltung übernommen, wo- beim Kurzarbeitergeld. Es handelt sich um einen Gesetz- durch aufseiten der Arbeitgeber Bürokratiekosten von entwurf, den Sie schon mehrmals vorgelegt haben. nahezu 100 Millionen Euro eingespart werden. (Dr. Barbara Höll [DIE LINKE]: Das mussten Besonders hervorzuheben ist, dass wir im vorliegen- wir doch! Wir konnten Sie ja bisher leider den Gesetzentwurf für den im Koalitionsvertrag vorge- nicht überzeugen!) sehenen Abbau gleichheitswidriger Benachteiligungen im Steuerrecht von Lebenspartnern und Ehegatten ge- Er wird aber nicht richtiger, nur weil Sie ihn häufig ein- sorgt haben, und zwar im Erbschaftsteuer- und Schen- bringen. kungsteuergesetz sowie im Grunderwerbsteuergesetz. Im Hinblick auf die von der Opposition geforderten An- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) gleichungen im gesamten Einkommensteuerrecht plädie- Durch den Progressionsvorbehalt wird die Besteuerung ren wir allerdings dafür, zunächst die Entscheidungen nach Leistungsfähigkeit sichergestellt. Anders formu- des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten, statt einen liert: Wer mehr hat, muss mehr Steuern zahlen; so ein- Schnellschuss zu wagen. fach ist das. Würden wir Ihren Gesetzentwurf verab- (Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schieden, würden wir diesen Grundsatz auf den Kopf NEN]: Das hat längst entschieden! – Claudia stellen. Deswegen werden wir ihn ablehnen. Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Herzlichen Dank. NEN]: Ja, eben! Die gibt es doch schon! – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) 7292 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Der Teilbetrag im Sinne des § 54 Absatz 11 Satz 1 (C) Lothar Binding spricht jetzt für die SPD-Fraktion. des Körperschaftsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. April 1999 …, das zu- (Beifall bei der SPD – Claudia Roth [Augs- letzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 14. Juli burg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dem 2000 … geändert worden ist (Teilbetrag, der einer Manuskript nach wird das eine lange Rede!) Körperschaftsteuer in Höhe von 45 Prozent unterle- gen hat), erhöht sich um die Einkommensteile, die Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): nach § 34 Absatz 12 Satz 2 bis 5 einer Körper- Ich bin umfangreich vorbereitet. schaftsteuer von 45 vom Hundert unterlegen haben, – So weit war Ihnen das ja klar – Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt: Sie wissen, wie lang Ihre Redezeit ist? (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Ab- Lothar Binding (Heidelberg) (SPD): geordneten der LINKEN – Leo Dautzenberg Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und [CDU/CSU]: Das ist doch der Murks, den Sie Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Das uns eingebrockt haben unter Rot-Grün!) Jahressteuergesetz 2010 bietet die große Chance, Fehler, und der Teilbetrag, der nach dem 31. Dezember die im vergangenen Jahr oder früher gemacht worden 1998 einer Körperschaftsteuer in Höhe von 40 vom sind, zu korrigieren. Hundert ungemildert unterlegen hat, erhöht sich um (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Ja! Auch die Beträge, die nach § 34 Absatz 12 Satz 6 bis 8 ei- eure!) ner Körperschaftsteuer von 40 vom Hundert unter- legen haben, jeweils nach Abzug der Körperschaft- – Ja, auch unsere. Alle Fehler, die in der Vergangenheit steuer, der sie unterlegen haben. gemacht wurden, hättet ihr korrigieren können. – Diese Chance ist verpasst worden. Herr Brinkhaus hat vorhin (Heiterkeit und Beifall bei der SPD, der LIN- vorwurfsvoll gesagt, die SPD verweigere sich bestimm- KEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – ten Dingen. Damit hat er vollkommen recht. Wir verwei- Volker Kauder [CDU/CSU]: Können Sie es gern uns zum Beispiel einem 1-Milliarde-Euro-Ge- noch einmal vorlesen? Ich habe es nicht ver- schenk für die Hotels. standen!) (Beifall bei der SPD – Volker Kauder [CDU/ Es ist offensichtlich, dass Sie das Ziel der Einfachheit er- CSU]: Jetzt fängt der schon wieder an! Das hat (B) reicht haben. Diesem Begriff von Einfachheit verwei- (D) so einen Bart!) gern wir uns aber. Da hat Herr Brinkhaus schon wieder – Diesen Bart hätte man heute mit diesem Gesetz ab- recht. schneiden können. Dann wäre alles wunderbar gewesen. (Abg. Leo Dautzenberg [CDU/CSU] meldet (Beifall bei der SPD und der LINKEN) sich zu einer Zwischenfrage) Wir verweigern uns auch Körperschaftsteuergeschenken – Nein, im Moment kann ich keine Zwischenfrage zulas- an Konzerne, die diese nicht brauchen, Subventionen für sen. eine Klientel, die diese nicht nötig hat. Wir nehmen aber noch an anderer Stelle eine Verwei- (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Welche denn? gerungshaltung ein. Wir verweigern uns zum Beispiel Womit denn?) der Abschaffung der Rentenversicherungsbeiträge für ALG-II-Empfänger, der Abschaffung des Elterngeldes Ich will aber einmal die Frage aufwerfen, ob das Ge- für ebendiese Gruppe sowie der Abschaffung des Heiz- setz wenigstens die eine Forderung erfüllt, die speziell kostenzuschusses. die FDP elf Jahre lang wie eine Monstranz vor sich her- getragen hat. Sie hat gesagt, sie kümmere sich um Ein- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ fachheit. DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dr. Barbara (Beifall bei Abgeordneten der FDP) Höll [DIE LINKE]) Ich habe diesen Ordner mitgebracht, Das Versäumnis der Korrektur von Fehlern führt zu einem System, das sich nur dann erschließt, wenn man (Der Redner hält einen Ordner hoch) den Blick auf den Unterschied zwischen Arm und Reich in dem sich ein Quiz befindet. Der Ordner enthält den richtet. Es wird jetzt die Zulagenberechtigung bei der Gesetzentwurf und die über 36 Änderungsvorschläge. Riester-Förderung ermöglicht. Aber warum wird sie ei- Die Quizaufgabe besteht darin, in Ihren Vorschlägen gentlich ermöglicht? Weil man die Altersvorsorgerege- eine einzige einfache Formulierung zu finden. lung für die ALG-II-Empfänger zuvor abgeschafft hat. (Heiterkeit bei der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD) Ich will einmal eine Stelle vorlesen, die ein Mitarbeiter Sie meinen, das sei eine ganz tolle Regelung. In Wahr- mir vorgeschlagen hat – Sie können aber auch jede belie- heit ist es aber nur ein Placebo für diejenigen, die nichts bige andere Stelle aufschlagen –: haben und nach Inkrafttreten dieser Regelung erst recht Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7293

Lothar Binding (Heidelberg) (A) nichts haben werden. Da verweigern wir uns schon wie- festgelegt werden soll, dass wir nicht beteiligt werden, (C) der. sehen wir natürlich nicht ein. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Die Rechtsprechung des BFH hat die Möglichkeit der korrigierenden Verlustfeststellung gemäß § 10 d des Ein- Jetzt komme ich zu etwas ganz Schlimmem. Das be- kommensteuergesetzes hinsichtlich der Werbungskosten trifft wahrscheinlich weniger die Arbeitslosengeld-II- während einer Phase der Arbeitslosigkeit geschaffen. Empfänger, weshalb das auch noch nicht geregelt wurde. Wir wollen, dass die Kosten für Umschulung und Ar- Sie haben die strafbefreiende Selbstanzeige in diesem beitsplatzsuche auch nachträglich geltend gemacht wer- Gesetzentwurf nicht geregelt, obwohl der Bundesrat Ih- den können. Sie wollen das verhindern. Wie kleinlich nen das nahegelegt hat. muss man sein, um einem Arbeitslosen, der eine Um- schulung hatte und möglicherweise vergessen hat, dies (Nicolette Kressl [SPD]: Ja!) geltend zu machen, die nachträgliche Geltendmachung Es ist natürlich klar, warum Sie das noch nicht geregelt zu verwehren? haben: Die strafbefreiende Selbstanzeige ist möglicher- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten weise eine Hilfe für Leute, die mehr Geld als des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Arbeitslosengeld II haben. Nach dem Eiertanz beim An- kauf der CD in Baden-Württemberg ist das eigentlich Umgekehrt bekommt der Selbstständige fast alle Be- auch gar nicht verwunderlich. scheide unter Vorbehalt. Für ihn ist also eine automati- sche Sicherung eingebaut. Das ist der Unterschied zwi- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des schen Schwach und Stark und zwischen einer BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Verweigerung und einer Politik der Gestaltung. Die Dimension ist klar: Es gab 27 000 Selbstanzeigen (Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das infolge des Ankaufs dieser CD. Daran merkt man, um ist die Neiddebatte!) welche Größenordnung es sich im Bereich der Steuer- hinterziehung handelt. Wir glauben, dass es ein wirklich – Das ist keine Neiddebatte. So neidisch bin ich nicht auf schwerer Fehler ist, dass Sie das noch nicht geregelt ha- die Leute, die Sie schlecht behandeln. ben. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Ich will noch Folgendes sagen: Das Kabinett wollte des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) etwas Gutes tun und einen redaktionellen Fehler im Erb- (B) Über eine Bundesratsinitiative wollen wir es Lohn- schaftsteuerrecht korrigieren. Dadurch hätte die Übertra- (D) steuerhilfevereinen erlauben, ihre Mitglieder auch dann gung ganz bestimmten Verwaltungsvermögens auf zu beraten, wenn sie eine unwesentliche Beteiligung an Untergesellschaften, um die Obergesellschaft erbschaft- einem geschlossenen Fonds haben. Auch das verweigern steuerlich freizustellen, vermieden werden können. Das Sie. Warum verweigert man den Lohnsteuerhilfeverei- Parlament hat dieser guten Idee der Regierung, das zu nen die Erweiterung ihrer Befugnisse um einen Mikro- korrigieren, nicht zugestimmt und damit die Erbschaft- meter, während man ganz anderen Leuten Befugnisse steuer noch weiter ausgehöhlt. gibt, durch die ihnen fast alles erlaubt wird? (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Olav Gutting [CDU/CSU]: 100 000 Euro sind des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Leo ein Mikrometer?) Dautzenberg [CDU/CSU]: Das ist doch nicht wahr!) Auch hier gibt es eine große Ungerechtigkeit zwischen den Schwachen und den Starken. Wir verweigern uns 250 Milliarden Euro werden im Jahr vererbt. Es war der Missachtung dieser Gerechtigkeitsprinzipien. angedacht, durch die Erbschaftsteuer 4 Milliarden Euro einzunehmen. Das wird jetzt weiter abgesenkt. Wer sich (Beifall bei Abgeordneten der SPD) ausrechnen kann, wie viel 3 bis 4 Milliarden von Es gibt noch einen anderen Punkt anzusprechen. Sie 250 Milliarden Euro sind, der kennt die Bedeutung der wollen nämlich noch etwas machen, was das Parlament Erbschaftsteuer und weiß, was hier passiert und für wel- betrifft. Hier sind wir sehr sensibel, insbesondere des- che Klientel bei diesem Gesetzentwurf gearbeitet wird. halb, weil einige CDU/CSU-Kollegen zuvor, in der Gro- Ich will jetzt nicht weiter darauf eingehen. ßen Koalition, gemeinsam mit uns noch sehr vehement Die FDP erklärte uns in diesem Zusammenhang, es für die parlamentarische Beteiligung an internationalen sei eine Verschärfung der Gesetzgebung, die Gestaltung Verhandlungsprozessen eingetreten sind. Dabei ging es einzuschränken. Das muss man sich auf der Zunge zer- zum Beispiel um Doppelbesteuerungsabkommen. In gehen lassen. Ich übersetze das einmal: Es ist eine Ver- diese Prozesse wollten und sollten wir stärker eingebun- schärfung der Gesetzgebung, wenn man dagegen vor- den werden. Was passiert jetzt? Sie ermächtigen die Re- geht, dass Steuertricks angewendet und Schlupflöcher gierung, Verordnungen in Kraft zu setzen und Konsulta- ausgenutzt werden. – Das halte ich für absurd. Hier ver- tionen und Verständigungsverfahren durchzuführen, weigern wir uns total, und wir stimmen dem Gesetzent- damit das Parlament außen vor bleibt. Das wollen wir wurf auch nicht zu. nicht; wir wollen beteiligt werden. Wir können im Zwei- felsfall selbst darauf verzichten; dass aber per Gesetz Vielen Dank. 7294 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Lothar Binding (Heidelberg) (A) (Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE (Joachim Poß [SPD]: Das ist auch Comedy, (C) GRÜNEN und der LINKEN) aber schlechte Comedy!) Ich glaube, es ist unser souveränes Recht als Parlamenta- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: rier, dieses so vorzunehmen, weil wir es nämlich für Das Wort hat der Kollege Dr. Daniel Volk von der richtig halten. FDP-Fraktion. (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Sie ha- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ben eine Korrektur verhindert! Das ist die Ant- der CDU/CSU – René Röspel [SPD]: Die Par- wort!) tei der Steuervereinfacher!) Insofern ist wieder einmal klar, wo der Unterschied zwi- Dr. Daniel Volk (FDP): schen dieser Seite und jener Seite des Hauses liegt. Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Binding, (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Zum Glück!) (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Das hat am Ohr wehgetan, oder?) Sie würden immer nur die Steuern erhöhen und sagen: Die Steuerpflichtigen können noch mehr zahlen, weil das hat wirklich wehgetan, aber nicht wegen der Laut- der Staat ja mehr Geld braucht. – Für Sie in Ihrer Denk- stärke, sondern wegen des Inhalts, weil es teilweise weise ist eine hohe Besteuerung Garant dafür, dass es wirklich absurd war. Die Bestimmung, über die Sie hier auch hohe Steuereinnahmen gibt. Anders herum wird comedymäßig geredet haben – Sie haben sich beschwert, aber ein Schuh daraus; wir haben das in den letzten zehn dass das so kompliziert klingt –, ist genau die Bestim- Monaten in Deutschland beobachten können. Diese, die mung, die wir in das Jahressteuergesetz aufnehmen rechte Seite hat nämlich zu Beginn des Jahres entspre- mussten, weil das Bundesverfassungsgericht in Karls- chende Steuerentlastungen vorgenommen, ruhe Ihnen als SPD – einem SPD-geführten Finanz- ministerium – es wieder einmal schwarz auf weiß gege- (Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Für Hote- ben hat, liers!) (Leo Dautzenberg [CDU/CSU]: Aus rot-grü- die dazu geführt haben, dass die Steuereinnahmen insge- ner Zeit!) samt steigen. Wir sorgen durch eine vernünftige Steuer- dass Sie eine verfassungswidrige Steuergesetzgebung politik dafür, dass die Unternehmen in Deutschland in- vorgenommen haben. vestieren und Arbeitsplätze schaffen können. Das zeigt (B) sich jetzt an einer fantastischen Aussicht auf dem Ar- (D) (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – beitsmarkt. Wir leiden mittlerweile unter Fachkräfte- Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: SPD- mangel; das muss man sich überlegen. Die Zahl der Ar- Eigentor! SPD-Murks! – Ulrich Kelber [SPD]: beitslosen liegt unter 3 Millionen, weil wir die Grund- Er hat Ihnen genau diese Formulierung aufge- lage dafür legen, dass die Unternehmen in Deutschland schrieben!) sichere Investitionsbedingungen haben. Dementsprechend mussten wir diese Regelung so im (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – Jahressteuergesetz fassen – übrigens auch mit der Folge Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE einer nicht unerheblichen Mindereinnahme, die wir im GRÜNEN]: Das glauben Sie doch selbst jetzigen Haushalt zusätzlich verkraften müssen, weil Sie nicht!) schon damals nicht in der Lage waren, eine verfassungs- gemäße Steuergesetzgebung vorzunehmen. Das zeigt sich eben auch bei der Erbschaftsteuer. Wenn Sie jetzt an der Regierung wären, würden Sie si- Zu dem, was Sie zuletzt zur Erbschaftsteuer gesagt cherlich die Erbschaftsteuer verschärfen. Das Problem haben, möchte ich zunächst einmal klarstellen, dass wir würde sein, dass die Unternehmen in Deutschland nicht die Erbschaftsteuer nicht aushöhlen. mehr die Voraussetzungen für gutes Wirtschaften haben (Lothar Binding [Heidelberg] [SPD]: Doch!) würden. Es würden Arbeitsplätze ins Ausland verlagert und Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Die Wir lassen sie doch in der jetzigen Regelung bestehen. Arbeitslosenzahlen würden eben nicht so sinken, wie es (Lachen bei der SPD – Joachim Poß [SPD]: unter der Regierung der christlich-liberalen Koalition Großzügig!) der Fall ist. Wir nehmen keine Änderung vor. Dass wir sie aushöhlen Ich möchte noch weitere Punkte dieses Jahressteuer- würden, würde ja voraussetzen, dass wir eine Änderung gesetzes hervorheben, die wir für ganz besonders wich- vornehmen. Das machen wir eben nicht. tig halten. Wir machen einen deutlichen Schritt hin zur Gleichstellung der Eingetragenen Lebenspartnerschaf- (Nicolette Kressl [SPD]: Kabarett!) ten. Aber hier sind noch weitere Verfahren in Karlsruhe Vielmehr haben wir den Vorschlag für eine Verschärfung anhängig. Wir meinen, dass es auch eine Frage des Re- der Erbschaftsteuer, die die Unternehmen, insbesondere spektes vor dem höchsten deutschen Gericht ist, dass wir mittelständische Unternehmen, zusätzlich belasten würde, die Entscheidung abwarten, um dann gesetzgeberisch aus dem Regierungsentwurf herausgenommen. darauf zu reagieren. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7295

Dr. Daniel Volk (A) Wir haben einen Bereich entbürokratisiert. Das be- Bestehen zum Beispiel Beteiligungen an Personengesell- (C) trifft die Sonderregelung für ehemals gemeinnützige schaften oder Anteile an Kapitalgesellschaften, dann Wohnungsunternehmen. Das ist ein ganz wichtiger Be- dürfen diese Gesellschaften bis zu 50 Prozent Verwal- reich für eine Entbürokratisierung des Steuerrechts. Es tungsvermögen – also das unproduktive Vermögen, das handelt sich um eine Vereinfachung, bei der wir davon ich gerade erwähnt habe – an ihrem Gesamtvermögen ausgehen können, dass wir auf dem genannten Gebiet besitzen, um steuerfrei zu bleiben. Dies lädt zur Steuer- eine entsprechende Dynamik entwickeln werden. umgehung ein und ist verfassungsrechtlich bedenklich. Einen Punkt möchte ich hervorheben, weil wir dies- Die Folge ist: Viele Unternehmen übertragen ihr Ver- bezüglich keine gesetzliche Regelung im Jahressteuerge- waltungsvermögen einfach auf Tochtergesellschaften, setz vornehmen. Denn es ist uns gelungen, im Zuge der um auch für diesen Teil des Vermögens Steuerfreiheit zu Beratungen des Jahressteuergesetzes eine wichtige Klar- erlangen. So heißt es selbst im Gesetzentwurf – ich zi- stellung für die Praxis herbeizuführen. Ich nenne das tiere –: Stichwort: Organschaft im Rahmen des Körperschaft- steuergesetzes. Es ist uns durch ein Schreiben des Bun- Eine höhere Grenze für das Verwaltungsvermögen desfinanzministeriums gelungen, die Unsicherheiten, die im Betriebsvermögen von Beteiligungen/Tochter- gerade in den letzten Monaten in der Praxis auf diesem gesellschaften gegenüber dem Verwaltungsvermö- Gebiet entstanden sind, zu beseitigen. Deswegen brauch- gen im diese haltenden Betriebsvermögen ist nicht ten wir keine gesetzlichen Regelungen, was auch eine zu rechtfertigen und führt zu nicht gewollten steuer- Vereinfachung der Steuergesetzgebung darstellt. mindernden Gestaltungen. Insgesamt haben wir einen Entwurf zum Jahressteuer- Eine Abweichung bedarf nach Aussagen des Bundesver- gesetz vorgelegt, der im Wesentlichen davon geprägt ist, fassungsgerichtes eines besonderen sachlichen Grundes. dass wir einerseits Fehler der Vergangenheit aufarbeiten müssen, aber andererseits sehr praxisrelevante wie auch Deshalb sollte jetzt die Grenze für unproduktive Ver- praxisgerechte Regelungen vorgenommen haben. Inso- mögensteile einheitlich auf 10 Prozent festgesetzt wer- fern ist das Jahressteuergesetz ein weiterer Baustein im den. Genau das kassieren Sie jetzt ein. Sie wollen die Rahmen einer vernünftigen Steuerpolitik der schwarz- steuermindernden Regelungen beibehalten, statt den gelben Koalition. Fehler zu korrigieren, und das gegen die Empfehlung der Fachleute und der Regierung. So viel Freiheit hätte ich Vielen Dank. mir heute früh in der Debatte über das Atomgesetz ge- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten wünscht. der CDU/CSU) (B) (Beifall bei der LINKEN) (D) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Des Weiteren enthält das Jahressteuergesetz zwei Re- Das Wort hat die Kollegin Barbara Höll von der Frak- gelungen, die auf Urteilen des Bundesverfassungsge- tion Die Linke. richtes basieren. Bei der ersten Regelung geht es um die steuerliche Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszim- (Beifall bei der LINKEN) mers, die Sie gestrichen hatten. Das hat Ihnen das Bun- desverfassungsgericht um die Ohren gehauen. Jetzt Dr. Barbara Höll (DIE LINKE): schustern Sie eine Minimallösung zusammen, die der Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lebenswirklichkeit nicht Rechnung trägt. Denn viele Endlich – alle haben darauf gewartet – liegt der Gesetz- Menschen richten sich ein Arbeitszimmer ein, obwohl entwurf zum Jahressteuergesetz 2010 vor. Er beinhaltet sie ein Dienstzimmer haben, weil sie vielfach auch zu nicht nur ein paar redaktionelle Änderungen, sondern Hause arbeiten müssen. Deshalb lehnen wir Ihren Vor- auch Kröten, die wir nicht zu schlucken bereit sind. Des- schlag dazu ab. Er geht nicht weit genug. halb werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen. Die zweite Regelung betrifft die Diskriminierung ein- (Beifall bei der LINKEN) getragener Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe. Mit der bevorstehenden Verabschiedung des Gesetz- Herr Volk, ich empfehle Ihnen, die Urteile des Bundes- entwurfs zum Jahressteuergesetz zeigt die Koalition, verfassungsgerichtes zu lesen. Denn es hat eindeutig dass sie nicht bereit ist, bekannte Steuerschlupflöcher zu klargestellt, dass die Privilegierung der Ehe nicht die schließen, obwohl ihr dies selbst die Regierung im Ge- Diskriminierung der eingetragenen Lebenspartnerschaft setzentwurf vorgeschlagen hat. Denn im Rahmen der bedeuten darf. Nun heben Sie zwar endlich die Diskrimi- Neuregelung der Erbschaftsbesteuerung 2008 unterlief nierung im Bereich der Erbschaftsteuer auf, lassen aber der Großen Koalition – ich unterstelle – tatsächlich ein die Grunderwerbsteuer weg, obwohl es naheliegend redaktioneller Fehler. wäre, dies gleich mit zu regeln. Das Einkommensteuer- recht lassen Sie völlig außen vor. Wenn in der Vermögensmasse des Unternehmens der Anteil des unproduktiv genutzten Vermögens – hierzu Schon fast zynischen Charakter hat Ihr Vorschlag zur gehören Kunstgegenstände, Münzen und Wertpapiere – Zulageberechtigung für die Riester-Förderung von am Gesamtvermögen nicht über 10 Prozent liegt, dann ALG-II-Empfängerinnen und -Empfängern. Erst sparen kann dieses Unternehmen unter den bekannten Bedin- Sie die Zahlungen der Rentenbeiträge für ALG-II-Emp- gungen steuerfrei an die nächste Generation übergehen. fängerinnen und -Empfänger ein, und dann stellen Sie 7296 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Barbara Höll (A) fest, dass damit die Grundlage für die Fortführung ihrer Sie wissen genau, dass unser Vorschlag, auch im (C) Riester-Verträge wegfällt. Steuerrecht die Gleichstellung vorzunehmen, wegen des Votums des Bundesrates nicht umgesetzt werden konnte. Also müssen wir jetzt eine gesetzliche Änderung vor- Nun hat sich die Situation aber verändert. Sie wollen of- nehmen, damit sie weiter einzahlen können. – Sie ver- fenbar um jeden Preis diskriminieren und noch nicht ein- schweigen, dass es sich hier um eine doppelte Abzocke mal auf das Bundesverfassungsgericht hören. handelt; denn ein Großteil der Menschen, die vielleicht weiter riestern können, werden in Zeiten von Hartz IV (Dr. Daniel Volk [FDP]: Wir machen doch die und Niedriglöhnen im Alter auf die Grundsicherung an- Änderung!) gewiesen sein. Sie wissen genauso gut, dass dann die Worum geht es? Das Bundesverfassungsgericht hat auf- Riester-Rente gegengerechnet wird. Den Betreffenden gegeben, bis zum Ende dieses Jahres die Gleichstellung nutzt es also überhaupt nichts, wenn nun monatlich im Erbschaftsteuerrecht vorzunehmen, weil die bishe- 5 Euro eingezahlt werden. rige Regelung nicht verfassungsgemäß ist. Es geht um (Beifall bei der LINKEN) die Fälle seit 2001. Obwohl Ihnen das Bundesverfas- sungsgericht eine Änderung aufgetragen hat, verweigern Wir fordern Sie deshalb auf: Stellen Sie die eingetra- Sie eine rückwirkende Regelung. Sie gönnen das den gene Lebenspartnerschaft der Ehe vollständig gleich! Betreffenden offensichtlich nicht. Damit hat derjenige, Belassen Sie die ursprünglich im Jahressteuergesetz der einen guten Rechtsanwalt hatte, einen Vorteil und 2010 geplante Regelung zum Verwaltungsvermögen! derjenige, der keinen guten Rechtsanwalt hatte, einen Kehren Sie bei der Absetzbarkeit des häuslichen Ar- Nachteil. Das ist einfach schofel. beitszimmers wieder zur alten Regelung bis 2007 zu- rück, und schaffen Sie endlich die Abgeltungsteuer ab! (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herr Volk, wenn Sie Achtung vor Karlsruhe haben, soll- sowie bei Abgeordneten der SPD) ten Sie die gesetzlichen Grundlagen ändern und für eine Des Weiteren geht es um den Änderungsantrag, über vollständige Gleichstellung der Eingetragenen Lebens- den wir dann namentlich abstimmen werden. Das Bun- partnerschaft mit der Ehe sorgen. Dann könnte Karls- desverfassungsgericht sagt eindeutig – und zwar schon ruhe sagen: Die gesetzliche Grundlage hat sich geändert. zum zweiten Mal –, dass aus der Tatsache, dass es in Die Verfahren können wir damit für erledigt erklären. Eingetragenen Lebenspartnerschaften nicht automatisch Ich danke Ihnen. zur Kindererziehung kommt, keine Diskriminierung im Steuerrecht abgeleitet werden kann. Ich frage Sie: Wie (Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten stark müssen der Mépris von Lebenspartnerschaften von des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Lesben und Schwulen und der Wunsch nach Diskrimi- (B) (D) nierung sein, dass Sie sogar das Bundesverfassungsge- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: richt missachten? Es ist einfach mies, an dieser Stelle Das Wort hat jetzt der Kollege Dr. Gerhard Schick nicht die Gleichstellung herzustellen. Die FDP hat sie von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. immer gefordert, sich aber nicht durchgesetzt. Die Union will mit Absicht eine Diskriminierung aufrechterhalten. Geben Sie sich einen Ruck! So etwas gehört sich nicht. Dr. Gerhard Schick (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Koali- In Spanien und Frankreich ist das inzwischen Recht. So- tion sollte angesichts des von der Bundesregierung ein- gar im katholischen Irland werden Lebenspartnerschaf- gebrachten Gesetzentwurfs den Mund in Bezug auf ver- ten steuerlich gleichgestellt. Nur in Deutschland gönnen fassungswidrige Gesetzgebung nicht zu voll nehmen. Sie das den Betreffenden nicht. Das ist nicht christlich (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und nicht liberal, sondern schlecht. Stimmen Sie unse- rem Änderungsantrag zu! Das Gesetz enthält viele gute, aber auch viele schlechte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Passagen; darüber haben wir im Ausschuss im Detail sowie bei Abgeordneten der SPD und der LIN- diskutiert. Ich will mich angesichts der knappen Zeit auf KEN) die zwei Punkte konzentrieren, die wir besonders proble- matisch finden. Es geht um das Verfassungsrecht. Herr Volk, ich richte folgende Frage an Sie: Auf jedem Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Christopher Street Day sagen die Vertreter der FDP, wie Als letzter Redner zu diesem Tagesordnungspunkt hat wichtig die Gleichstellung der eingetragenen Lebens- das Wort der Kollege Peter Aumer von der CDU/CSU- partnerschaft auch im Einkommensteuerrecht ist. Aber Fraktion. Sie haben hier kein Wort zu diesem Thema verloren, (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) weil es Ihnen – zu Recht – peinlich ist. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Peter Aumer (CDU/CSU): und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Her- LINKEN – Dr. Daniel Volk [FDP]: Wer hat ren! Mit dem Jahressteuergesetz werden Maßnahmen denn 2001 die Steuergesetzgebung zu verant- umgesetzt, die sich im Laufe eines Jahres aufgrund ver- worten gehabt?) schiedener Entwicklungen im Steuerrecht ergeben ha- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7297

Peter Aumer (A) ben, und einige Akzente der christlich-liberalen Koali- Dafür sein – Herr Kollege Binding, ich weiß nicht, (C) tion werden gesetzt. Doch gerade weil das deutsche wie oft Sie gesagt haben: Wir sind dagegen! –, ist das, Steuersystem von vielen Bürgerinnen und Bürgern und was unsere Zeit heute in allen Bereichen der Gesell- auch von vielen Beteiligten aus der steuerlichen Praxis schaft braucht. Unser Steuerrecht soll dem Prinzip der als kompliziert und schwer nachvollziehbar angesehen Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit gehorchen. wird, dürfen wir, sehr geehrter Herr Binding, ein Ziel Das ist die Grundlage für ein gerechtes Steuersystem, so nicht aus den Augen verlieren, und zwar die Vereinfa- wie Sie es angesprochen haben und so wie wir es verste- chung unseres Steuerrechts. Wo immer es geht, sollten hen. wir kritisch hinterfragen, ob man nicht einfachere und insbesondere unbürokratischere Regelungen finden Meine sehr geehrten Damen und Herren, deshalb bitte kann, damit unser Steuerrecht vom Bürger verstanden ich Sie um Zustimmung zum Jahressteuergesetz 2010, und akzeptiert wird. für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung in Deutschland. Die Regierungskoalition setzt mit dem Jahressteuer- Danke für Ihre Aufmerksamkeit. gesetz 2010 konsequent ihren Kurs fort: für Wachstum und für mehr Beschäftigung. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP) Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ich schließe die Aussprache. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht das Gesetzespaket Wir kommen zur Abstimmung über den von der Bun- wichtige steuerliche Anpassungen vor und realisiert zu- desregierung eingebrachten Entwurf eines Jahressteuer- dem Maßnahmen höherer politischer Bedeutung. Viele gesetzes 2010. Der Finanzausschuss empfiehlt unter davon wurden bereits angesprochen. Buchstabe a seiner Beschlussempfehlung auf den Eine Empfehlung des Bundesrates möchte ich noch Drucksachen 17/3449 und 17/3549, den Gesetzentwurf ansprechen, und zwar die vorgeschlagene Einschränkung der Bundesregierung auf den Drucksachen 17/2249 und der nach § 6 b Einkommensteuergesetz begünstigten 17/2823 in der Ausschussfassung anzunehmen. Reinvestitionsmöglichkeiten, die vor allem im Hinblick Hierzu liegen zwei Änderungsanträge der Fraktion auf die Auswirkungen bei land- und forstwirtschaftlichen Bündnis 90/Die Grünen vor, über die wir zuerst abstim- Betrieben problematisch ist. Bei diesem Vorschlag halten men. Wer stimmt für den Änderungsantrag von Bünd- wir es für notwendig, zunächst mit der nötigen Sorgfalt nis 90/Die Grünen auf der Drucksache 17/3468? – Ge- eine vertiefte Prüfung vorzunehmen. Grundsätzlich ist (B) genstimmen? – Enthaltungen? – Der Änderungsantrag (D) das Anliegen des Bundesrates, wonach Übertragungen ist mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der von stillen Reserven bei der Veräußerung von Grundstü- SPD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktionen Die cken und Gebäuden nicht zweckwidrigen Zielen dienen Linke und Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt. dürfen, sicherlich berechtigt. Aber man muss dies prüfen und in ein angemessenes Verhältnis stellen. Wir stimmen nun über den Änderungsantrag auf Drucksache 17/3469 auf Verlangen der Fraktion von Sehr geehrter Herr Binding, Sie haben sehr viel über Bündnis 90/Die Grünen namentlich ab. Ich bitte die Verweigerung gesprochen. Für was war denn die SPD? Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgesehenen Wir haben das vorhin von Herrn Volk gehört: Wir muss- Plätze einzunehmen. – Sind alle Plätze an den Urnen be- ten etwas korrigieren, was Sie in Ihrer Regierungszeit setzt? – Das ist offenkundig der Fall. Dann eröffne ich verfassungswidrig ins Gesetz geschrieben haben. Sie ha- die Abstimmung. ben im Finanzausschuss sogar gegen diese Korrektur ge- stimmt. Für jemanden, der neu im Bundestag ist, ist das Gibt es noch Mitglieder des Hauses, die ihre Stimm- unverständlich. Dass man dann auch noch so ein Kas- karte nicht abgegeben haben? – Ich glaube, jetzt haben perltheater aufführt, lässt mich doch fragen, wie ernst- alle ihre Stimme abgegeben. Ich schließe die Abstim- haft hier Oppositionsarbeit betrieben wird. mung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit der Auszählung zu beginnen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Ulrich Kelber [SPD]: Das ist falsch korrigiert! Bis zum Vorliegen des Ergebnisses der namentlichen Das erklären wir Ihnen aber nochmal!) Abstimmung unterbreche ich die Sitzung. (Unterbrechung von 21.28 bis 21.37 Uhr) – Korrigiert ist korrigiert. Wenn wir es nicht hätten kor- rigieren müssen, dann hätten wir es auch nicht falsch korrigieren können. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet. Wir müssen bei den Steuern noch einiges tun. Unser Steuerrecht ist in weiten Teilen leistungsfeindlich, demo- Ich gebe Ihnen das von den Schriftführerinnen und tivierend und intransparent. Deswegen muss die Verein- Schriftführern ermittelte Ergebnis der namentlichen fachung und Entlastung gerade beim Einkommensteuer- Abstimmung über den Änderungsantrag des Bündnisses 90/ recht weiter auf der Agenda stehen. Die Grünen zur zweiten Beratung des von der Bundesre- gierung eingebrachten Entwurfs eines Jahressteuergeset- (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) zes 2010 bekannt: abgegebene Stimmen 558. Mit Ja ha- 7298 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) ben gestimmt 242, mit Nein haben gestimmt 316. Der darf Sie trotzdem noch dazu einladen, den Formalitäten (C) Änderungsantrag ist abgelehnt.1) beizuwohnen, damit wir das alles ordnungsgemäß über die Bühne bringen. (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP) Ich rufe den Tagesordnungspunkt 14 auf: Ich bitte nun diejenigen, die dem Gesetzentwurf der Bundesregierung auf den Drucksachen 17/2249 und Beratung des Antrags der Abgeordneten 17/2823 in der Ausschussfassung zustimmen wollen, Christine Lambrecht, Sören Bartol, Petra um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun- Ernstberger, weiterer Abgeordneter und der Frak- gen? – Der Gesetzentwurf ist damit in zweiter Beratung tion der SPD mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Maklerkosten gerecht verteilen Stimmen der Oppositionsfraktionen angenommen. – Drucksache 17/3212 – Dritte Beratung Überweisungsvorschlag: und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Rechtsausschuss (f) Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz ist mit gleichem Stimmverhältnis angenommen. Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung Wir kommen zur Abstimmung über den Entschlie- Wie ich schon sagte, sollen die Reden zu Protokoll ßungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf genommen werden. Es handelt sich um die Reden der Drucksache 17/3470. Wer stimmt für diesen Entschlie- Kollegen Dr. Jan-Marco Luczak, Christine Lambrecht, ßungsantrag? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Christian Ahrendt, Jens Petermann und Daniela Entschließungsantrag ist mit den Stimmen der Koali- Wagner.2) tionsfraktionen und der SPD-Fraktion und bei Zustim- mung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/Die Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Grünen abgelehnt. Drucksache 17/3212 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich gehe von Ih- Wir kommen zur Abstimmung über den Gesetzent- rem Einverständnis aus. Dann ist das so beschlossen. wurf der Fraktion Die Linke zur Abschaffung des Pro- gressionsvorbehalts für Kurzarbeitergeld. Der Finanz- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 21 auf: ausschuss empfiehlt unter Buchstabe b seiner Beschluss- Beratung des Antrags der Fraktion der SPD empfehlung auf den Drucksachen 17/3449 und 17/3549, Freie Wahlen in Birma fordern, die Men- (B) den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksa- (D) che 17/255 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Ge- schenrechtslage verbessern und einen nationa- setzentwurf der Fraktion Die Linke zustimmen wollen, len Dialog unterstützen um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltun- – Drucksache 17/3213 – gen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung abge- lehnt. Damit entfällt nach unserer Geschäftsordnung die Auch hier werden die Reden zu Protokoll gegeben. – weitere Beratung. Wir kommen zum Zusatzpunkt 6. In- Ich bekomme gerade die Information, dass kein Wert da- terfraktionell wird Überweisung des Gesetzentwurfs auf rauf gelegt wird, dass ich die Namen der betreffenden Drucksache 17/3218 an die in der Tagesordnung aufge- Kolleginnen und Kollegen verlese. Sie sind aber im Pro- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es dazu ander- tokoll verzeichnet.3) weitige Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist die Daher können wir gleich zur Abstimmung über den Überweisung so beschlossen. Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/3213 Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich die Ta- kommen. Wer stimmt für diesen Antrag? – Gegenstim- gesordnungspunkte aufrufe, zu denen die Reden zu Pro- men? – Enthaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen tokoll genommen werden, teile ich Ihnen mit, dass sich der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Opposi- die Fraktionen verständigt haben, den Tagesordnungs- tionsfraktionen abgelehnt. punkt 11 – es handelt sich um die Abstimmung über den Ich rufe den Tagesordnungspunkt 16 auf: Antrag „Freiheit für Gilad Shalit“ – sowie den heute Morgen aufgesetzten Zusatzpunkt 7 – hier handelt es Beratung des Antrags der Abgeordneten Jan sich um die Abstimmung über den Antrag „60 Jahre Eu- Korte, Inge Höger, Andrej Hunko, weiterer Ab- ropäische Menschenrechtskonvention“ – von der Tages- geordneter und der Fraktion DIE LINKE ordnung abzusetzen. Sind Sie mit dieser Vereinbarung Endgültiger Verzicht auf transatlantische und einverstanden? – Das ist der Fall. Dann ist das so be- europäische Flugpassagierdaten-Abkommen schlossen. – Drucksache 17/2212 – Jetzt darf ich Ihnen die erfreuliche Mitteilung ma- chen, dass unsere sehr geschätzten Geschäftsführer ver- Überweisungsvorschlag: Innenausschuss (f) einbart haben, dass die Reden zu allen weiteren Tages- Auswärtiger Ausschuss ordnungspunkten zu Protokoll genommen werden. Ich

2) Anlage 11 1) Die Namensliste wird in einem Nachtrag abgedruckt. 3) Anlage 12 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7299

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Rechtsausschuss gramme oder dem United Nations Environment Pro- (C) Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gramme möglich. Ausschuss für Tourismus Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Die vierte Konferenz der Vertragsstaaten in Posen im Auch hier werden die Reden zu Protokoll gegeben.1) Jahr 2008 führt uns schließlich zum Kern des heutigen Gesetzes. Der Rat des Anpassungsfonds benötigt die Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf Rechtsfähigkeit, soweit dies zur Erfüllung seiner Aufga- Drucksache 17/2212 an die in der Tagesordnung aufge- ben, der Gewährung direkten Zugangs zur Förderung führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- durch den Anpassungsfonds, erforderlich ist. Insbeson- verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung dere ist Rechtsfähigkeit notwendig, um vertragliche Ver- so beschlossen. einbarungen mit Mittelempfängern eingehen und die Einhaltung der Projektkriterien und Treuhandstandards Ich rufe den Tagesordnungspunkt 15 auf: sicherstellen und gegebenenfalls auch durchsetzen zu Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- können. Der Rat des Anpassungsfonds muss die Einhal- gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes tung der Projektkriterien und Treuhandstandards si- zur Verleihung der Rechtsfähigkeit an den Rat cherstellen und gegebenenfalls vor Gericht durchsetzen des Anpassungsfonds können. – Drucksache 17/3027 – Die Rechtsfähigkeit des Fonds muss in der nationalen Rechtsordnung mindestens einer Vertragspartei des Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschus- Kioto-Protokolls eingeräumt werden. Deutschland hat ses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Ent- dies nun angeboten. wicklung (19. Ausschuss) Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes erhält der – Drucksache 17/3473 – Rat des Anpassungsfonds nun die notwendige Rechtsfä- higkeit in der deutschen Rechtsordnung. Diese ist funk- Berichterstattung: tional auf die Erfüllung der Aufgaben des Fonds Abgeordnete Jürgen Klimke beschränkt. Dazu gehört die Fähigkeit, Verträge zu Dr. Bärbel Kofler schließen, Vermögen zu erwerben und zu veräußern und Harald Leibrecht vor Gericht zu stehen. Der Umfang der eingeräumten Heike Hänsel Rechtsfähigkeit entspricht den Regelungen zur Rechtsfä- Thilo Hoppe higkeit des Sekretariats der Klimarahmenkonferenz und Die Reden werden zu Protokoll gegeben. den Regelungen zur Rechtsfähigkeit des Freiwilligen- (B) programms der Vereinten Nationen. Weiterhin sind (D) Rechtsstatus und Immunitäten des Rates des Anpas- Andreas G. Lämmel (CDU/CSU): sungsfonds und seiner Mitglieder und Vertreter geregelt, Heute ist ein guter Tag für die Entwicklungsländer, soweit diese für die Ausübung ihrer Funktionen erfor- speziell für jene, die von den Folgen des Klimawandels derlich sind. besonders hart betroffen sind. Die Koalition setzt an die- ser Stelle ein klares Zeichen: Deutschland ist ein ver- Neben der Erfüllung dieser rechtlichen Notwendig- lässlicher Partner in der Entwicklungszusammenarbeit. keiten stärken wir mit diesem Gesetz auch den VN- Standort Bonn. Denn die enge Zusammenarbeit zwi- Dieses Gesetz verleiht dem Rat des Anpassungsfonds schen dem Rat des Anpassungsfonds und den bereits in die Rechtsfähigkeit. Was bedeutet das? Bonn angesiedelten Sekretariaten des Klimarahmen- übereinkommens und des Kioto-Protokolls wird unter- Der Anpassungsfonds wurde auf den Konferenzen der stützt. Vertragsstaaten des Kioto-Protokolls 2001 gegründet und 2005 bestätigt. Er soll Maßnahmen zur Anpassung Weiterhin betonen wir als Deutscher Bundestag die an den Klimawandel in Entwicklungsländern fördern. Bedeutung des Themas „Anpassung an den Klimawan- Auf der dritten Konferenz der Kioto-Vertragsstaaten in del“ für Deutschland. Bali im Jahr 2007 hatte man sich auf die institutionelle Am wichtigsten ist jedoch das Signal an die Entwick- Struktur des Fonds geeinigt und einen 32-köpfigen Rat lungsländer und die Staatengemeinschaft insgesamt. als Leitungsgremium installiert. Die Weltbank agiert Das Gesetz hat für Empfängerländer, die von den Fol- vorläufig als Treuhänder des Fonds. gen des Klimawandels besonders betroffen sind, eine Eine neue Entwicklung dieser Konferenz ist die Ver- große Bedeutung. Diese warten nun seit der Konferenz einbarung der Vertragspartner, nationalen Institutionen von Bali im Jahr 2007 auf Mittelzugang für konkrete der Entwicklungsländer unmittelbaren Zugang zur För- Projekte. Ab 2011 können Vorhaben realisiert werden. derung durch den Anpassungsfonds einzuräumen. Dies ist ein Fortschritt und ein Meilenstein im Klima- Ministerien der Entwicklungsländer können somit direkt schutz: direkter Zugang für durch die Folgen des Klima- Projektförderungen beantragen. Bisher war dies nur wandels verwundbare Staaten. über die Umwege der multilateralen Durchführungsor- Der Deutsche Bundestag und die Bundesregierung ganisationen wie dem United Nations Development Pro- ermöglichen nun durch die Einräumung der Rechtsfä- higkeit des Rates die Wirksamkeit dieser Entwicklungs- 1) Anlage 13 maßnahmen. Dies ist auch ein eindeutiges Signal zur 7300 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Andreas G. Lämmel (A) 16. Weltklimakonferenz der Vereinten Nationen in Can- 2-Grad-Ziel völkerrechtlich festgeschrieben und ein glo- (C) cún vom 29. November bis zum 10. Dezember 2010. bales, mit der 2-Grad-Leitplanke konformes Budget für Deutschland geht bei der Entwicklungszusammenarbeit Kohlendioxid, also CO2, aus fossilen Quellen festgelegt und beim Klimaschutz weiter voran. werden. Dieses globale CO2-Budget ist dann auf Pro- Kopf-Basis in nationale Emissionsbudgets für alle Staa- Dr. Bärbel Kofler (SPD): ten zu unterteilen. Dem heute debattierten Gesetzentwurf haben alle Durch seine innovativen Ansätze im Bereich der Ver- Fraktionen des Deutschen Bundestages zugestimmt. Die fahrensregeln und der Verwaltung entspricht der UN- SPD-Fraktion begrüßt den Gesetzentwurf, da er ein ent- Anpassungsfonds diesem Solidargedanken und ist mit- scheidender Schritt zur Umsetzung des UN-Anpassungs- hin ein zukunftsweisender Mechanismus der internatio- fonds, eines wichtigen Instruments zur Finanzierung des nalen Klimafinanzierungsarchitektur. internationalen Klimaschutzes, ist. Durch den UN-Anpassungsfonds wird den Entwick- Die Einrichtung des UN-Anpassungsfonds ist bereits lungsländern – im Gegensatz zu vielen anderen interna- im Kioto-Protokoll von 1997 beschlossen worden. tionalen Fonds – direkter Zugang zu Finanzmitteln er- Durch die heutige Zustimmung zum vorliegenden Ge- möglicht. Dadurch wird die Eigenverantwortung der setzentwurf wird dieser Fonds endlich rechtlich in die Entwicklungsländer gestärkt. Das ist ein Grundsatz, der Lage versetzt, seine Arbeit zu machen. Der UN-Fonds sich bereits in der Paris-Agenda findet und der dem so- wurde im Laufe der vergangenen neun Jahre Schritt für zialdemokratischen Anspruch an Entwicklungspolitik Schritt aufgebaut: Bei der Klimarahmenkonferenz in als globaler Strukturpolitik entspricht. Positiv zu bewer- Marrakesch im Jahr 2001 ist mit der Einrichtung des ten ist, dass der UN-Fonds Klimaanpassung nicht gegen Fonds begonnen worden, und nach der Klimakonferenz Armutsbekämpfung ausspielt; er hilft vielmehr eine ar- auf Bali im Jahr 2007 konnte das Steuerungsgremium mutsorientierte Klimaanpassung für Entwicklungslän- des Fonds eingesetzt werden und seine Arbeit aufneh- der zu finanzieren. men. Bisher aber fehlte ihm die nötige Rechtsform, um Innovativ ist auch die Finanzierung des Anpassungs- finanzielle Zusagen an Entwicklungsländer machen zu fonds, weil er darauf angelegt ist, aus dauerhaften Geld- dürfen. Da das Steuerungsgremium des UN-Fonds sei- quellen gespeist zu werden wie auch einmalige Direkt- nen Sitz in Bonn hat, war es nun Aufgabe des deutschen zahlungen und Spenden zu absorbieren. Der Fonds hat Gesetzgebers, mit dem heute zu verabschiedenden Ge- bisher leider nur eine automatisierte Geldquelle. Er setz die nötige Rechtsgrundlage für die Arbeit des Gre- wird regelmäßig durch die Erlöse aus den Projekten des miums zu schaffen. Mit dem heutigen Tag ist auch dafür Clean-Development-Mechanismus gespeist. Das ist eine (B) der Weg frei und der Fonds nun endgültig arbeitsfähig. Möglichkeit, den Fonds mit regelmäßigem Geldzufluss (D) Ziel des Fonds ist es, diejenigen Entwicklungsländer, zu versehen. Aber hier gibt es Verbesserungsbedarf. Die die von den negativen Auswirkungen des Klimawandels Bundesregierung muss sich dafür einsetzen, dass diese besonders betroffen sind, bei der Finanzierung von kon- automatisierte Finanzierung weit höher liegt. Zum einen kreten Projekten und Programmen zur Anpassung an sollte der prozentuale Anteil am Erlös aus den CDM- den Klimawandel zu unterstützen. Für viele der armen Projekten deutlich höher sein; bisher werden 2 Prozent Länder der Welt ist die Anpassung an den Klimawandel der Erlöse aus CDM-Projekten dem UN-Anpassungs- vielmehr eine Notwendigkeit als eine Option. Sie erfor- fonds gewidmet. Zum anderen ist es für die Zukunft dert massive finanzielle Aufwendungen, den Aufbau von wichtig, dass neue dauerhafte Finanzierungsquellen für Kapazitäten auf verschiedenen Ebenen und eine stetige den Fonds gefunden werden. Erweiterung des Wissens über den Klimawandel. Da die Der UN-Anpassungsfonds eignet sich auch für di- Klimaanpassung als Aufgabe neben der Armutsbekämp- rekte Einzahlungen von Staaten. Aber leider hat sich die fung für viele Entwicklungsländer kaum zu meistern ist, Bundesregierung trotz ihrer vollmundigen Kopenhagen- bedarf sie einer zusätzlichen Finanzierung. Zusagen von 1,26 Milliarden Euro für den internationa- Der UN-Anpassungsfonds ist mithin Ausdruck eines len Klimaschutz auch bei den Direktzahlungen an den wichtigen Grundgedankens des Kioto-Protokolls: Das Fonds bisher nicht mit Ruhm bekleckert. Im Jahr 2010 Weltklima ist ein globales Gut, und wer es belastet, muss hat die Bundesregierung 10 Millionen Euro für den An- sich gegenüber allen – insbesondere den Belasteten – passungsfonds zugesagt. Beispielsweise Spanien hat in verantworten. Diese Übernahme von globaler Verant- diesem Jahr bereits 45 Millionen Euro in den Fonds ein- wortung entspricht sozialdemokratischer Überzeugung. gezahlt. Angesichts der Zusagen von Kopenhagen sollte die Bundesregierung in den kommenden Jahren auch Der Gedanke der globalen Verantwortung beinhaltet den Anpassungsfonds weiter finanzieren. Für den An- für uns Sozialdemokraten eine Lastenverteilung unter passungsfonds wurden aber über das Jahr 2010 hinaus Anwendung des Verursacherprinzips, also nach dem keine weiteren Zahlungen in Aussicht gestellt, obwohl es Kriterium der historischen Kohlenstoffschuld der einzel- sinnvoll wäre, über diesen UN-Fonds weitere Gelder für nen Staaten, und dem Solidarprinzip, also gemessen an Klimaanpassung bereitzustellen. der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Staaten. Aber nicht nur an dieser Stelle fehlt es am glaubwür- Ein Kioto-Nachfolgeprotokoll muss diesen Grundge- digen und langfristigen Engagement der Bundesregie- danken auch zukünftig weiterführen und einen entspre- rung für den internationalen Klimaschutz. Dieses Jahr chenden Budgetansatz zugrunde legen. Dazu sollte das hat die Bundesregierung insgesamt 70 Millionen Euro

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7301

Dr. Bärbel Kofler (A) der Kopenhagen-Zusage von 1,26 Milliarden Euro in 2020 ohne Vorbedingungen fordern. Aber vor allem (C) den Bundeshaushalt eingestellt. Aber bereits ab dem muss die Bundesregierung die bereits in Kopenhagen kommenden Jahr findet man die neuen Klimagelder im zugesagten 1,26 Milliarden Euro für Klimaschutz und Haushalt nicht mehr. In Kopenhagen wurden den Ent- Anpassung in Entwicklungsländern in vollem Umfang wicklungsländern zur Bekämpfung des Klimawandels von neu und zusätzlich zur Verfügung stellen. Nur so kann 2010 bis 2012 zusätzlich 420 Millionen Euro jährlich ver- Deutschland seine Vorreiterrolle im internationalen Kli- sprochen. Im Jahr 2010 sind dafür aber nur 70 Millionen maschutz zurückgewinnen. Euro zusätzlich bereitgestellt worden, davon je 35 Mil- lionen Euro im Umwelthaushalt und im Haushalt für Mehr Gelder und eine langfristig verlässliche Unter- Entwicklungspolitik; dafür wurde ein neuer Titel einge- stützung des UN-Anpassungsfonds wären weitere wichtige richtet. Dieser Titel liegt im Haushaltsentwurf für 2011 Signale in die richtige Richtung. Denn der internationale in beiden Ressorts bei null und wird folglich auch wie- Klimaschutz braucht Mittel, getrennt und unabhängig von der abgeschafft. der Armutsbekämpfung. Das Weltklima ist ein globales Gut, und es ist in unser aller Interesse, es zu schützen. Mit dem Haushaltsentwurf für 2011 verliert sich also Kohlendioxidarme Entwicklung und armutsorientierte jede Spur dieser 70 Millionen Klimaschutzmittel. Die Anpassung sind Voraussetzung dafür, dass sich alle noch laufenden Haushaltsverhandlungen lassen auch Menschen in Würde entwickeln können und auch unse- nicht die Hoffnung zu, dass die schwarz-gelbe Koalition ren Kindern noch die Chance auf eine lebenswerte Zu- daran etwas ändern wird. Vielmehr werden weitere kunft bleibt. Haushaltsperren für internationale Klimaschutzmittel von Schwarz-Gelb gefordert. Harald Leibrecht (FDP): Das macht Deutschland international zu einem un- glaubwürdigen Partner und ist ein schlechtes Beispiel Der Klimawandel ist ohne Frage eine der ganz zen- für andere Industrieländer. tralen Herausforderungen für die globale Entwicklung des 21. Jahrhunderts, und zwar nicht nur ökologisch, In der „Times of India“ erschien erst kürzlich ein sondern auch gesellschaftlich, wirtschaftlich und mögli- mahnender Artikel, der sich im Hinblick auf den Ende cherweise auch sicherheitspolitisch. November in Cancún, Mexiko, stattfindenden Klimagip- fel mit der Glaubwürdigkeit der Zusagen der Fast-Start- Deutschland soll wie alle hoch industrialisierten Initiative von Kopenhagen auseinandersetzt. In dem in Länder an der Spitze jener stehen, die sich für Klima- englischer Sprache erschienenen Artikel heißt es wie schonung einsetzen. Dazu gehören unter anderem der folgt: Einsatz regenerativer Energien und Fortschritte bei der (B) Energieeffizienz. Dazu gehört auch, dass wir mit deut- (D) The only question that the 180-plus country mem- schem Know-how in dieser Sache für uns und für deut- bers of the UN Framework Convention on Climate sche Unternehmen werben wollen. Change seek to answer is … whether they will allow the developing countries to be put to a international Deutschland beweist dadurch, dass es dem unter dem monitoring regime for their actions even as de- Kioto-Protokoll eingerichteten Anpassungsfonds Rechts- veloped countries renege on their promise to pro- fähigkeit verleihen möchte, dass es dem Klimaschutz in vide the finance. der internationalen Zusammenarbeit einen hohen Stel- Sinngemäß stellt der Autor des Artikels hier also die lenwert einräumt. Durch die Verleihung der Rechtsfä- Frage, ob die entwickelten Länder bereit sind, sich einer higkeit an den Rat des Anpassungsfonds kann dieser die internationalen Überwachung auszusetzen, die die Ein- ihm gestellten Aufgaben in angemessener Art und Weise haltung der Klimazusagen beobachtet. Und – wörtlich durchführen. Die Vertragspartner des Kioto-Protokolls übersetzt – heißt es im letzten Halbsatz auch: „…obwohl hatten die Notwendigkeit bereits vor einigen Jahren er- die Industrieländer ihr Versprechen, Klimafinanzierung kannt. Dass Deutschland sich als einer der Vertrags- bereitzustellen, verleugnen.“ partner des Kioto-Protokolls dazu bereiterklärt hat, dem Rat die Rechtsfähigkeit zu verleihen, ist vor der interna- An diesem Beispiel lässt sich unschwer erkennen, das tionalen Klimakonferenz von Cancún ein wichtiges Zei- die internationale Gemeinschaft, insbesondere die Ent- chen. wicklungsländer, genau wahrnehmen, verfolgen und be- werten, wie glaubwürdig internationale Partner und de- Der Anpassungsfonds wurde im Rahmen des Kioto- ren Zusagen sind. Protokolls ins Leben gerufen, um Entwicklungsländer bei der Bewältigung der Probleme und vielfältigen ne- Ich fordere daher die Bundesregierung auf, die Zusa- gativen Auswirkungen durch den Klimawandel zu unter- gen von Kopenhagen umzusetzen und keine Zahlentricks stützen. Der Fonds wird dabei helfen, konkrete Maßnah- im Haushalt zu versuchen. men in Entwicklungsländern zu finanzieren. Dabei Deutschland muss beim Klimagipfel in Cancún end- sollten diverse Maßnahmen zum Klimaschutz eingeleitet lich seinen Worten Taten folgen lassen und eine glaub- werden, seien es staatliche strukturelle Maßnahmen würdige und langfristige Weltklimapolitik betreiben. Die oder auch den umweltpolitischen Notwendigkeiten an- Bundesregierung muss sich in Cancún für eine weitere gepasste zielführende Privatisierungsprozesse, durch Verpflichtungsperiode des Kioto-Protokolls einsetzten, die vor allem technologische Innovationen auf den Weg und sie muss ein 30-Prozent-Reduktionsziel der EU bis gebracht werden können.

Zu Protokoll gegebene Reden 7302 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Harald Leibrecht (A) Das nun von der Bundesregierung vorgelegte Gesetz und durch vielfachen Missbrauch diskreditiertes Instru- (C) trägt dazu bei, dass der Rat durch die ihm verliehene ment halten, skeptisch. Rechtsfähigkeit Verträge schließen und somit verbindli- che Vereinbarungen mit Mittelempfängern eingehen, Wie die Entwicklungshilfeorganisation Oxfam er- Vermögen erwerben und veräußern und auch vor Ge- rechnete, ist ein Großteil der 1,26 Milliarden Euro, die richt stehen kann. Dies ist natürlich von besonderer Be- bis 2012 von Deutschland eingezahlt werden sollen, deutung, da der Rat des Anpassungsfonds die Einhal- nicht zusätzlich, weil sie bereits an anderer Stelle und tung von Standards sicherstellen und unter Umständen zum Teil vor Jahren international zugesagt worden wa- vor Gericht durchsetzen können muss. ren. Skandalös ist, dass die Bundesregierung mithilfe von Rechentricks Klimaschutzkredite an Entwicklungs- Der Fonds kann sich zu einem äußerst wichtigen In- länder in Höhe der vollen Kreditsumme anrechnet und strument entwickeln, um den Entwicklungsländern dabei nicht nur in Höhe des Beitrags, mit dem Deutschland zu helfen, ihre eigenen Fähigkeiten zur Anpassung an diese Kredite verbilligt. Das heißt im Klartext, dass die die Folgen des Klimawandels aufzubauen. Es ist wich- armen Länder diese Kredite vollständig zurückzahlen tig, dass die Länder die Anpassung an den Klimawandel müssen, was mit echten Finanzhilfen im Sinne der voll- selber vorantreiben und wir unter anderem mit diesem mundig angekündigten Versprechen der Klima-Kanzle- Gesetz etwas dazu beitragen. rin nichts zu tun hat. Mit dieser Mogelpackung wird we- der das Klima gerettet noch Vertrauen in den von Heike Hänsel (DIE LINKE): Klimafolgen besonders betroffenen Ländern geschaffen. Viele Millionen Menschen in Ländern wie Bangla- desch, Pakistan, Bolivien und Papua-Neuguinea leiden Die Linke fordert eine wirkliche Kehrtwende beim schon jetzt unter den Auswirkungen des Klimawandels. globalen Klimaschutz, die nicht nur aus Worten besteht. Diese und andere Länder des Südens haben den Klima- Die hauptsächlichen Verursacher des Klimawandels wandel nicht selbst verursacht, müssen jedoch den Preis sind die Industriestaaten, die sich ihrer Verantwortung für den Wohlstand im Norden mit der Zerstörung ihrer endlich stellen und den betroffenen Ländern helfen müs- Lebensgrundlagen bezahlen. Die Verursacher des Kli- sen. Wir verlangen eine reale Finanzierungsgrundlage, mawandels, maßgeblich die Industrienationen, müssen wie sie von Weltbank, UN-Gremien und Umwelt- und Ent- den Preis für ihren Wohlstand bisher nicht selbst zahlen. wicklungsverbänden berechnet wurde. Die Industriestaa- Deswegen begrüße ich zunächst die Entscheidung der ten müssen demnach bis 2020 jährlich 110 Milliarden Bundesregierung, sich an der Einrichtung des UN-An- Euro in den Fonds einzahlen, die nicht mit Transferzah- passungsfonds zur Finanzierung von Klimaschutz und lungen in der Entwicklungszusammenarbeit verrechnet Anpassung im globalen Süden zu beteiligen. (B) werden dürfen. Die EU soll 35 Milliarden Euro beisteu- (D) Viele Umweltschutz- und Entwicklungsorganisatio- ern; der deutsche Anteil daran beträgt 7 Milliarden nen haben seit Jahren gefordert, dass sich die Bundesre- Euro. Wir fordern, dass seitens der EU-Mitgliedstaaten gierung für den Anpassungsfonds einsetzt und halten ein relevanter Teil der Einnahmen aus den Auktionserlö- diesen vorliegenden Gesetzentwurf sogar für einen sen des europäischen Emissionshandelssystems verwen- Durchbruch. Ausschlaggebend ist, dass es für Entwick- det wird. Von diesen Summen sind die Lippenbekennt- lungsländer, die vom Klimawandel betroffen sind, nun nisse der Bundesregierung weit entfernt. erstmals möglich ist, direkte finanzielle Unterstützung aus einem internationalen Klimafonds zu erhalten, ohne Um wirklich zum Klimaschutz beizutragen, wäre es den Umweg über die Weltbank oder andere Institutionen außerdem nötig, die armen Länder beim Schutz der letz- wählen zu müssen. Das Kopenhagen-Versprechen der ten tropischen Regenwälder zu unterstützen. Es ist Bundeskanzlerin wird aber nur im Ansatz erfüllt und ist schlicht Sabotage, dass Entwicklungshilfeminister nur oberflächlich gesehen ein Fortschritt. 2010 werden Niebel die Zusage zur Unterstützung der Bundesregie- Haushaltstitel in Höhe von 350 Millionen Euro auf die rung für das ITT-Projekt zurückgezogen hat. Die ecua- Kopenhagen-Zusage angerechnet. Davon sind aber le- dorianische Regierung hat im August dieses Jahres ei- diglich 70 Millionen „frisches“ Geld; für 2011 und 2012 nen Fonds für den Yasuní-Nationalpark eingerichtet mit sollen sogar diese 70 Millionen Euro gestrichen werden. dem Ziel, die Regenwälder zu erhalten und das Öl im Boden zu lassen. Per Parlamentsbeschluss hat Ecuador In seiner gegenwärtigen Konstruktion kann der ferner festgelegt, dass das Projekt von Nachfolgeregie- Fonds bis 2012 auf maximal 500 Millionen Euro an- rungen nicht rückgängig gemacht werden kann. In den wachsen. Die Weltbank schätzt den Finanzierungsbe- letzten Jahren hat die deutsche Bundesregierung zusam- darf bei der Klimaanpassung jedoch auf bis zu 100 Mil- men mit anderen Industrieländern, darunter Kanada, liarden Euro jährlich. Der Fonds ist also deutlich Italien und Norwegen, unter anderem dieses wegwei- unterfinanziert und zu leistungsschwach angesichts der sende Klimaschutzprojekt stets unterstützt. Dass Minis- Herausforderungen von globalen Klimakatastrophen, ter Niebel dem Regenwaldprojekt nun in der entschei- Überschwemmungen, Wirbelstürmen und Wüstenbil- denden Phase den Dolchstoß verpasst, ist ein Schlag ins dung. Gesicht für Ecuador und die internationalen Bemühun- Die Finanzierung des Fonds erfolgt über den Mecha- gen um Klimaschutz. Minister Niebel, ziehen Sie Ihre nismus für umweltverträgliche Entwicklung, den Clean Absage an das ITT-Projekt zurück, und setzen Sie die Development Mechanism, CDM. Die Linke sieht die Fi- Kopenhagen-Versprechen Ihrer Bundesregierung end- nanzierung über den CDM, den wir für ein untaugliches lich in die Tat um!

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7303

(A) Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Governance-Struktur aus. Die Entwicklungsländer ha- (C) Es ist äußerst selten, dass der Ausschuss für wirt- ben nämlich die Mehrheit der Sitze in dem Rat, bei dem schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung als feder- die Entwicklungsländer direkt Projektmittel beantragen führender Ausschuss mit Gesetzen befasst ist. Selten ist können, ohne Umweg über Institutionen wie die Welt- es auch, dass wir im Entwicklungsausschuss einstimmig bank machen zu müssen. Das ist ein Novum auf dem Ge- abstimmen. Beides trifft auf den Entwurf des Gesetzes biet der Entwicklungsfinanzierung, und ich hoffe, dass zur Verleihung der Rechtsfähigkeit an den Rat des An- der Rat durch eine gute Arbeit hier einen neuen Stan- passungsfonds zu. dard setzt. Wir Grünen haben es sehr begrüßt, dass der Anpas- Ein Kriterium für die Bewilligung von Projekten ist, sungsfonds bei der Klimakonferenz in Poznan der vollen dass die Belange von besonders verletzlichen Bevölke- Operationalisierung näher gebracht wurde. Dort wurde rungsgruppen Priorität haben. Eine solche Ausrichtung auch beschlossen, dass dem Rat des Anpassungsfonds an den Ärmsten und Verletzlichsten haben wir stets die Rechtsfähigkeit verliehen werden soll, was mit der gefordert. Bei der letzten Sitzung des Rates wurden die Verabschiedung dieses Gesetzes geschehen wird. Ich ersten Projekte bewilligt, unter anderem für ein Küsten- freue mich außerordentlich, dass Deutschland angebo- schutzprojekt im Senegal und ein Wasserprojekt in städ- ten hat, dem Rat diese Rechtsfähigkeit einzuräumen; tischen Armenvierteln in Honduras. Damit möglichst denn Deutschland hatte bisher eine Führungsrolle bei bald viele sinnvolle Projekte über den Fonds finanziert der internationalen Klimapolitik und wurde auch von werden können, ist es aber wichtig, dass die notwendi- den Entwicklungsländern dafür geschätzt. Leider muss gen finanziellen Mittel hierfür bereit gestellt werden. Im ich sagen „hatte bisher eine Führungsrolle“; denn die September dieses Jahres erklärte die Managerin des An- Politik der gegenwärtigen Bundesregierung kann nicht passungsfonds, Marcia Levaggi, dass der Fonds zurzeit mehr so beschrieben werden. Aber ich habe die Hoff- über circa 150 Millionen US-Dollar verfüge. Zugleich nung, dass unsere heutige Debatte und die Arbeit des schätzt der UNFCCC, dass bis 2030 bis zu 59 Milliarden Anpassungsfonds in Bonn die Bundesregierung daran US-Dollar für die Anpassung der Entwicklungsländer erinnern, dass Deutschland ein großes Interesse hat, den an den Klimawandel benötigt werden. Die Weltbank Ruf als Vorreiter in Klimafragen und das Vertrauen der rechnet mit Kosten von bis zu 100 Milliarden US-Dollar Entwicklungsländer wiederherzustellen. Dieses Vertrau- pro Jahr. Es wird also nicht ausreichen, den Fonds mit ensverhältnis wiederherzustellen, muss allen ein Anlie- nur zwei Prozent der Umsätze des Clean Development gen sein, die an einem rechtsverbindlichen Post-Kioto- Mechanism zu speisen. Daher fordern wir die Bundes- Abkommen interessiert sind. regierung auf, sich an der finanziellen Ausstattung des Fonds kräftig zu beteiligen, ohne die bereit gestellten (B) Vertrauen stellt man aber nicht her, indem man vor Mittel auf die ODA-Quote anzurechnen. (D) Kopenhagen für drei Jahre jeweils 420 Millionen Euro Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. An den Fol- zusätzlicher Mittel für den Klimaschutz und die Anpas- gen des Klimawandels allerdings sterben schon heute sung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zu- Menschen. sagt und dann im ersten Jahr nur 70 Millionen Euro und im zweiten Jahr genau null Euro zusätzliche Mittel be- reitstellt. Vertrauen gewinnt man nicht, indem die Kli- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: magelder auf die ODA-Quote angerechnet werden. Wir Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für müssen vielmehr der historischen Verantwortung ge- wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung emp- recht werden, die wir als Mitverursacher des Klimawan- fiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache dels gegenüber den Entwicklungsländern tragen, und 17/3473, den Gesetzentwurf der Bundesregierung auf die Klimagelder tatsächlich zusätzlich, also ohne sie auf Drucksache 17/3027 anzunehmen. Ich bitte diejenigen, die ODA-Quote anzurechnen, bereitstellen. Und Ver- die dem Gesetzentwurf in der Ausschussfassung zustim- trauen gewinnt man nicht, wenn man die Gelder, die im men wollen, um ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Energie- und Klimafonds für den internationalen Klima- Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Bera- und Umweltschutz eingestellt werden sollen, sperrt, bis tung einstimmig angenommen. „eine verbindliche, umfassende Nachfolgevereinbarung des Kioto-Protokolls zum Internationalen Klimaschutz Dritte Beratung abgeschlossen wird“. All das tut die Bundesregierung und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem aber, unterstützt von den Abgeordneten der schwarz-gel- Gesetz zustimmen wollen, sich zu erheben. – Gegen- ben Koalition. Statt als Vorreiter voranzugehen, mit der stimmen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist ein- Einhaltung von internationalen Finanzzusagen Impulse stimmig angenommen. für die Klimaverhandlung zu geben und die eigene Glaubwürdigkeit zu bekräftigen, treten Sie, werte Kolle- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 18 auf: gen und Kolleginnen der Koalition, als Bremser auf und spielen Mikado: Klimaschutz erst, wenn sich andere be- Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- wegen. Dabei läuft die Zeit davon, um das 2-Grad-Ziel richts des Innenausschusses (4. Ausschuss) zu noch zu erreichen. dem Antrag der Abgeordneten Wolfgang Wieland, Dr. Konstantin von Notz, Volker Beck Lassen Sie mich noch etwas zum Rat des Anpassungs- (Köln), weiterer Abgeordneter und der Fraktion fonds sagen. Er zeichnet sich durch eine besondere BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 7304 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) Elektronischen Personalausweis nicht einfüh- Richtlinie durch die Ausgestaltung der Produkte zum (C) ren Teil gezielt unterlaufen. – Drucksachen 17/2432, 17/3451 – Die umzusetzende Richtlinie basiert dabei auf dem Prinzip der Vollharmonisierung; das heißt, der Rahmen Berichterstattung: für die Umsetzung ist klar vorgegeben, ohne dass der Abgeordnete Stephan Mayer (Altötting) Bundesgesetzgeber innerhalb des Anwendungsbereichs Frank Hofmann (Volkach) der Richtlinie Spielräume zur Abweichung nach oben Manuel Höferlin oder nach unten hätte. Der Gesetzentwurf beschäftigt Jan Korte sich daher nahezu ausschließlich mit den zur Umsetzung Wolfgang Wieland der Richtlinie erforderlichen Maßnahmen und setzt Die Reden werden zu Protokoll genommen.1) diese eins zu eins um. Bis zum Februar 2011 muss das abgeschlossen sein. Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- Ich persönlich sehe den Ansatz der Vollharmonisie- sache 17/3451, den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die rung zum Teil zwar durchaus kritisch, weil er nicht er- Grünen auf Drucksache 17/2432 abzulehnen. Wer laubt, auf nationale Besonderheiten oder angestammte stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstim- Rechtstraditionen Rücksicht zu nehmen. In diesem Fall men? – Enthaltungen? – Die Beschlussempfehlung ist allerdings ist er richtig gewählt: Typischerweise handelt mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD- es sich nämlich um grenzüberschreitende Verträge, so- Fraktion bei Gegenstimmen der Fraktionen Die Linke dass die Vollharmonisierung es beiden Seiten erlaubt, und Bündnis 90/Die Grünen angenommen. ihre jeweiligen Rechte und Pflichten zu kennen und ge- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 17 auf: gebenenfalls durchzusetzen, und gleichzeitig dadurch die Transaktionskosten für die Unternehmen reduziert Zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- werden. gierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Modernisierung der Regelungen über Teil- Inhaltlich werden die Rechte der Verbraucher durch zeit-Wohnrechteverträge, Verträge über lang- die Richtlinie und deren Umsetzung in die Regelungen fristige Urlaubsprodukte sowie Vermittlungs- vor allem des BGB gestärkt, sodass der Gesetzentwurf in verträge und Tauschsystemverträge der Fassung des Änderungsantrags der Regierungsfrak- tionen Unterstützung verdient. – Drucksache 17/2764 – Worum geht es bei der Neuregelung des Timesharing Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsaus- (B) nun genau? Die bisherige Richtlinie erfasste lediglich (D) schusses (6. Ausschuss) die klassischen Teilzeit-Wohnrechteverträge. Dies be- – Drucksache 17/3111 – deutet, dass jemand das Recht erwirbt, für eine vertrag- lich festgelegte Zeit im Jahr eine bestimmte, voll ausge- Berichterstattung: stattete Wohnung in einer Ferienanlage oder in einem Abgeordnete Dr. Jan-Marco Luczak Hotel zu Erholungs- oder Wohnzwecken nutzen zu dür- Sonja Steffen fen. Dieser Anwendungsbereich greift jedoch in heutiger Stephan Thomae Zeit zu kurz und lässt eine Reihe von Urlaubsprodukten Halina Wawzyniak außer Betracht, die sich erst in den letzten Jahren Ingrid Hönlinger etabliert haben. Gerade mit Blick auf die erheblichen Die Reden werden zu Protokoll genommen. finanziellen Konsequenzen für die Verbraucher war und ist es deshalb erforderlich, den Anwendungsbereich der Richtlinie auszudehnen. Die neue Richtlinie, die mit dem Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): vorliegenden Gesetz umgesetzt werden soll, erstreckt Mit dem Gesetz zur Modernisierung der Regelungen sich deshalb unter anderem auch auf Vermittlungsver- über Teilzeit-Wohnrechteverträge, Verträge über lang- träge, die Mitgliedschaft in Tauschsystemen oder auch fristige Urlaubsprodukte sowie Vermittlungsverträge Teilzeit-Nutzungsrechte an beweglichen Übernach- und Tauschsystemverträge behandeln wir heute unter tungsunterkünften wie Hausbooten oder Wohnimmobi- einem sehr langen Namen einen Sachverhalt, den die lien. meisten von uns unter der kurzen Bezeichnung „Time- sharing“ kennen. Für diejenigen unter uns, die mit diesen Begrifflich- keiten nicht im Detail vertraut sind, seien die Begriffe Dieses Gesetz dient der Umsetzung einer EU-Richtli- hier kurz vorgestellt: Ein Tauschsystemvertrag ist bei- nie aus dem Jahr 2009, die den Verbraucherschutz in spielsweise ein Vertrag, mit dem ein Verbraucher gegen diesem Bereich insgesamt stärken soll. Diese Timesha- Entgelt einem Tauschsystem beitritt, das diesem Ver- ring-Richtlinie ersetzt die bereits vorhandene Richtlinie braucher Zugang zu einer Übernachtungsunterkunft aus dem Jahr 1994, nachdem diese nicht mehr den tat- oder anderen Leistungen ermöglicht im Tausch gegen sächlichen Verhältnissen gerecht wurde und zwischen- die Gewährung vorübergehenden Zugangs für andere zeitlich erhebliche Lücken im Verbraucherschutz er- Personen zu den Vergünstigungen aus den Rechten, die kannt wurden. So wurde der Geltungsbereich der alten sich aus dem Vertrag des Verbrauchers ergeben. Der Tausch muss dabei nicht notwendig wechselseitig sein. 1) Anlage 14 Die Regelung hierzu findet sich in § 481 b BGB, der da- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7305

Dr. Jan-Marco Luczak (A) rüber hinaus Regelungen zum Vermittlungsvertrag vor- nun jedoch die schriftliche Abfassung des Vertrages auf (C) sieht. Sie sehen, dass der Anwendungsbereich der Richt- einem dauerhaften Datenträger aus, das Verbot der linie und damit auch unserer nationalen Regelungen elektronischen Form ist damit entfallen. Damit wird der erheblich ausgeweitet wird. technischen Entwicklung Rechnung getragen und die Abwicklung von Verträgen kostengünstiger und praxis- Ein Novum ist in diesem Zusammenhang auch der so- gerechter ausgestaltet. genannte Vertrag über ein langfristiges Urlaubsprodukt, der bereits ab einer Vertragslaufzeit von mehr als einem Nach alledem bleibt festzuhalten, dass der Gesetzent- Jahr greift. Gleiches gilt für den Teilzeit-Wohnrechtever- wurf der Bundesregierung eine gelungene Umsetzung trag, der nunmehr ebenfalls eine Vertragslaufzeit von der europäischen Timesharing-Richtlinie darstellt. Ich nur noch einem Jahr voraussetzt und damit in seinem bitte daher um Ihre Zustimmung. Anwendungsbereich zugunsten des Verbraucherschutzes erheblich ausgedehnt wird. Bislang galt eine Mindest- vertragsdauer von drei Jahren. Sonja Steffen (SPD): Ziel des heute diskutierten Gesetzentwurfs ist die Um- Für sämtliche dieser Teilzeit-Wohnrechte sehen die setzung der EU-Richtlinie vom 14. Januar 2009. Mit ihr Timesharing-Richtlinie sowie das vorliegende Gesetz soll der Schutz der Verbraucher im Hinblick auf be- nun neue Informationspflichten für die Wirtschaft vor. stimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsverträgen, Verträ- So wird eine umfassende vorvertragliche und vertragli- gen über langfristige Urlaubsprodukte sowie Wiederver- che Informationspflicht geregelt, die mit bestimmten kaufs- und Tauschverträgen an die heutigen Verhältnisse Formblättern zu erfüllen und deren Verwendung obliga- angepasst werden. torisch ist. Auch muss vor Vertragsschluss ein schriftli- cher Hinweis unter anderem auf das Widerrufsrecht er- Denn es hat sich in mehreren Mitgliedstaaten gezeigt, folgen. Auch die Rechtsfolgen von Informations- und dass der bisher geltende Verbraucherschutz unzurei- Belehrungsmängeln für die Widerrufsfrist sind klar ge- chend ist: Einerseits kann er zum Teil von den Anbietern regelt. Macht der Verbraucher von seinem Widerrufs- bewusst und gezielt unterlaufen werden; andererseits recht Gebrauch, haben wir klargestellt, dass die Kosten haben sich mittlerweile neue Urlaubsprodukte am euro- für die Vertragsabwicklung, seiner Durchführung und päischen Markt etabliert, die von der alten Richtlinie auch seiner Rückabwicklung allein beim Unternehmer noch nicht erfasst wurden. liegen. Durch die neue Richtlinie soll nun künftig europaweit In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich ein vergleichbares Verbraucherschutzniveau für ent- den Änderungsantrag der Regierungsfraktionen zum sprechende Urlaubsangebote gewährleistet werden. Da (B) neuen § 485 Abs. 2 Satz 2 BGB, der den Verbraucher in diesem Bereich vor allem grenzüberschreitende Ver- (D) durch seine offene Formulierung im Fall des Wider- träge abgeschlossen werden, folgt die EU an dieser spruchs von jeglichen Kosten freistellt. Der ursprüng- Stelle dem Prinzip der Vollharmonisierung und fordert liche Gesetzentwurf beschränkte den Kostenerstat- von den Mitgliedstaaten, die Richtlinie bis zum 23. Fe- tungsanspruch des Verbrauchers auf die notwendigen bruar 2011 in nationales Recht umzusetzen. Dieser Auf- Beurkundungskosten und wurde dem Verbraucherschutz forderung kommen wir mit der heutigen Verabschiedung damit nicht vollumfänglich gerecht. Eine Erweiterung des Gesetzentwurfs nach. auf die Kosten einer öffentlichen Beglaubigung sowie der Eintragung im Grundbuch war auch vom Bundesrat Die Umsetzung in deutsches Recht soll insbesondere gefordert worden und wird mit dem zitierten Änderungs- über Änderungen der §§ 481 bis 486 BGB erfolgen. Wei- antrag umgesetzt. tere Änderungen sind im Einführungsgesetz zum Bürger- lichen Gesetzbuch, in der BGB-Informationspflichten- Eine weitere, nicht zu vernachlässigende Neuerung Verordnung sowie im Unterlassungsklagengesetz erfor- im Bereich des Timesharing ist, dass die Übernachtung derlich. nun nicht mehr zu Erholungs- oder Wohnzwecken erfol- gen muss. Erfasst werden künftig alle Übernachtungs- Im Einzelnen: immobilien, was zu einer erheblichen Ausweitung führt. Der nach dem BGB bereits geltende Verbraucher- Auch dieses stärkt den Verbraucherschutz und ist des- schutz für Teilzeit-Wohnrechteverträge wird auf lang- halb zu begrüßen. fristige Urlaubsprodukte, Vermittlungsverträge sowie Ebenfalls positiv im Sinne des Verbraucherschutzes Tauschsystemverträge ausgeweitet. Bei Teilzeit-Wohn- sind die neuen Regelungen, die sich mit Werbe- und Ver- rechteverträgen wird die notwendige Vertragslaufzeit kaufsveranstaltungen beschäftigen. Hier hat der Unter- für das Einsetzen des Schutzes von drei Jahren auf ein nehmer nunmehr deutlich auf den gewerblichen Cha- Jahr verkürzt. rakter der Veranstaltung hinzuweisen. Auch hat er dem Verbraucher die vorvertraglichen Informationen auf Besonders wichtig erscheinen mir die Einführung ei- solchen Veranstaltungen jederzeit zugänglich zu ma- nes Widerrufsrechts innerhalb einer 14-tägigen Wider- chen. rufsfrist und das Verbot für den Anbieter, innerhalb der Frist eine Anzahlung zu verlangen. Auch werden die Un- Der Vollständigkeit halber möchte ich noch erwäh- ternehmer dazu verpflichtet, ihre Kunden vor Vertrags- nen, dass der Vertrag auch künftig mindestens in Schrift- abschluss über ihr Widerrufsrecht und das Anzahlungs- form niederzulegen ist. Im Gegensatz zu vorher reicht verbot in Textform zu informieren.

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Sonja Steffen (A) Anders als bisher führt die Verletzung der Informa- Anlagen, die den jeweiligen Mitgliedern im Tausch ge- (C) tionspflichten nicht mehr nur zu einer Verlängerung des gen ihren eigenen Platz zur Verfügung stehen. Darüber Widerrufrechts. Die Widerrufsfrist beträgt immer 14 Tage, hinaus bieten diese Organisationen vielfach hotelartige beginnt aber erst, wenn der Unternehmer seinen Infor- Serviceleistungen vor Ort an und Serviceleistungen für mations- und Belehrungspflichten nachgekommen ist. die Organisation des Urlaubs, die an Reiseveranstalter erinnern. Durch die Ausdehnung des Anzahlungsverbotes auf den gesamten Zeitraum vom Vertragsschluss bis zum Gegenüber der alten Richtlinie 94/47/EG werden Ablauf der Widerrufsfrist wird sichergestellt, dass dem nunmehr auch derartige Teilzeitwohnverträge erfasst – Verbraucher während dieser Zeit keine Kosten entste- unabhängig davon, ob sie Erholungszwecken dienen und hen. Damit werden die Möglichkeiten der Verbraucher, sich der Anwendungsbereich auf sämtliche „Tausch“- von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, deutlich Organisationen und „Tausch“-Verträge erstreckt –, die verbessert und die Gefahr der Entstehung von Kosten, vergleichbare Leistungen anbieten, die sich erst im die im Falle des Widerrufs mühsam und oft ohne Erfolg Laufe der Zeit entwickelt haben. So werden nunmehr zurückgefordert werden müssten, vermieden. zum Beispiel auch Hausboote oder Wohnmobile erfasst. Eine nachträgliche Klarstellung auf Anregung des Die Richtline schreibt Vollharmonisierung vor, um Bundesrates garantiert, dass die Verbraucher im Fall Wettbewerbsverzerrungen im Binnenmarkt zu begegnen des Widerrufs auch vor Kosten für notarielle Beurkun- und, da diese Vertragstypen überwiegend grenzüber- dungen, öffentliche Beglaubigungen oder Grundbuch- schreitend relevant sind, allen den gleichen Schutzstan- eintragungen geschützt werden. dard zu bieten. Geregelt werden sollen vorvertragliche Informationen, Formerfordernisse beim Abschluss, Insgesamt modernisieren und verbessern die EU- Widerrufsrechte, die Beendigung etc. Die Vorgabe der Richtlinie und der vorliegende Gesetzentwurf damit den Vollharmonisierung durch die Richtlinie lässt keinen bereits geltenden Verbraucherschutz im Bereich der politischen Bewertungsspielraum, sondern lediglich Teilzeit-Wohnrechteverträge sowie der unterschiedli- eine Beurteilung im Hinblick auf die handwerklich kor- chen Urlaubsprodukte. Dies wird von der SPD-Bundes- rekte Umsetzung zu. tagsfraktion ausdrücklich begrüßt. Die Regelungen der §§ 481 ff. BGB, die bereits auf Halina Wawzyniak (DIE LINKE): die alte Richtlinie zurückgehen, werden neugefasst und angepasst. Wie üblich leidet die Übersichtlichkeit und Am 14. Januar 2009 ist die Richtlinie 2008/122/EG Verständlichkeit der Normen an den Vorgaben der Richt- des Europäischen Parlaments und des Rates verabschie- linie und dem Bemühen um eine Eins-zu-eins-Umset- det worden, die die Richtlinie 94/47/EG ablöst und bis (B) zung. Soweit ersichtlich, sind die Vorgaben der Richtli- (D) zum 23. Februar 2011 durch den nationalen Gesetzge- nie umgesetzt. ber umzusetzen ist. Gegenstand der Richtlinie ist die Vollharmonisierung des Rechts in der Europäischen Welche konkreten rechtlichen Probleme allerdings Union „im Hinblick auf bestimmte Aspekte der Vermark- aus der vorliegenden Umsetzung aufgrund der mannig- tung, des Verkaufs und des Wiederverkaufs von Teilzeit- faltigen Lebenssachverhalte resultieren, wird leider die nutzungsrechten und langfristigen Urlaubsprodukten Praxis, mithin die Rechtsprechung, ausfindig machen sowie von Tauschverträgen“. Dahinter verbergen sich müssen. So ist zum Beispiel nur schwer erkennbar, wie – gemäß den Begriffsbestimmungen der Richtlinie sowie Verstöße gegen Regelungen auf der Rechtsfolgenseite der Erwägungsgründe – Verträge zwischen Verbrauche- geahndet werden können. Die Richtlinie verlangt in rinnen und Verbrauchern und Gewerbetreibenden, de- Art. 15 wirksame Sanktionsmechanismen bei Verstößen. ren Gegenstand (Urlaubs-)Unterkünfte sind, die zwar So heißt es beispielsweise in § 482 Abs. 3 BGB-E, dass gegen Entgelt, aber dauerhaft über längere Zeiträume derartige Verträge nicht als Geldanlage beworben oder nach verschiedenen Modalitäten zur Verfügung gestellt verkauft werden dürfen. Dies mag Unterlassungs- werden. ansprüche nach dem UWG oder Unterlassungsklagen auslösen. Wie jedoch in der Praxis damit der laut GE- Es geht um sogenannte Timesharing-Verträge, also Begründung stärkere Verbraucherschutz entsteht, er- spezielles „Ferienwohnrecht“. Die Richtlinie macht un- schließt sich nicht; Verstöße gegen das UWG oder Un- ter anderem in den Erwägungsgründen zur Abgrenzung terlassungsklagen lassen den Vertrag unberührt, Ver- dazu deutlich, dass Regelungsgegenstand nicht Mehr- braucherschutzorganisationen sind ohnehin finanziell fachreservierungen der gleichen Unterkunft oder Ra- und tatsächlich am Limit mit der Verfolgung. Ob eine battsysteme von Hotels für treue Kundinnen und Kunden Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB möglich ist oder gar sind. Timesharing unterscheidet sich davon, wenn auch eine Nichtigkeit nach § 134 BGB folgt, müssen Lehre in unzähligen Facetten, dass das Recht zur Nutzung als und Rechtsprechung wohl entwickeln. Ähnliche Fragen Anspruch – sei es in Form einer Vereinsmitgliedschaft, stellen sich in der Praxis beim Anzahlungsverbot nach Gesellschaftsanteil, als dingliches Nutzungsrecht etc. – § 486 BGB-E. zwischen Betreibenden und Nutzenden einer solchen Fe- rienwohnanlage ausgestaltet ist: zum Beispiel Nutzung Systematisch und strukturell unglücklich gelöst – vor zu einer festgelegten Zeit im Jahr, jedoch ohne dass Nut- dem Hintergrund der Rechtsklarheit und der Norm- zerinnen und Nutzer selbst Alleineigentum oder Mitei- adressaten – sind zum Beispiel auch die Rechtsfolgen- gentum am Objekt erwerben. In der Praxis haben große fragen im Hinblick auf darlehensfinanzierte Verträge Timesharing-Organisationen weltweit eine Vielzahl an dieses Typus. So regelt § 485 BGB-E zwar das Wider-

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Halina Wawzyniak (A) rufsrecht und einige Rechtsfolgen; dass aber bei darle- Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Widerrufsrecht (C) hensfinanzierten Verträgen § 358 Abs. 1 BGB gilt, findet des Verbrauchers. Für uns war es besonders wichtig, man nur in der Begründung. Nur wird eine Verbrauche- dass der Verbraucher bei allen Verträgen dieser Art rin bzw. ein Verbraucher das selbst im Gesetz nur mindestens ein 14-tägiges Widerrufsrecht erhält. Hinzu schwer finden, zumal auch die Regelungen zu verbunde- kommt, dass während der Widerrufsfrist ein Anzah- nen Geschäften in ihrer unglücklichen Systematik auf lungsverbot besteht. Ein weiterer wichtiger Aspekt des Richtlinien zurückgehen. Verbraucherschutzes ist, dass der Verbraucher im Falle eines Widerrufs keine Kosten tragen und auch keinen Normenklarheit und Rechtsklarheit sowie eine nach- Nutzungsersatz zahlen muss. vollziehbare Systematik müssen auch bei Richtlinienum- setzungen machbar sein. Die Bundestagsfraktion Die Ein anderes zentrales Thema in diesem Kontext ist die Linke hält daher den Entwurf eines Gesetzes zur Moder- vorvertragliche Informationspflicht des Unternehmers. nisierung der Regelungen über Teilzeit-Wohnrechtever- Die Richtlinie sieht vor, dass der Unternehmer den Ver- träge, Verträge über langfristige Urlaubsprodukte sowie braucher vor Vertragsschluss ausführlich über die we- Vermittlungsverträge und Tauschsystemverträge für sentlichen Aspekte wie über den Leistungsumfang und nicht ausreichend. den Preis samt Nebenkosten informieren muss. Dafür müssen europaweit einheitlich vorgegebene Informa- Der Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen be- tionsformulare benutzt werden. Dies dient dem Verbrau- müht sich zumindest um ein wenig Rechtsklarheit bei der cher. Er kann auf einen Blick unterschiedliche Angebote Vorgabe, dass dem Verbraucher bei Widerruf keinerlei miteinander vergleichen. Kosten entstehen dürfen. Diesem ist daher zuzustimmen. Eine große Barriere liegt oft in den unterschiedlichen Sprachen. Wie soll der Deutsche auf Spanisch seine Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Rechte verstehen? Oder wie soll der Spanier in Frank- Wir befassen uns heute mit dem Gesetzentwurf der reich seine Rechte verstehen? Um diesem Problem Bundesregierung zur Modernisierung der Regelungen Rechnung zu tragen, sieht die Richtlinie vor, dass die In- über Teilzeit-Wohnrechteverträge und andere Urlaubs- formationen und der Vertrag grundsätzlich in der Amts- produkte. Dabei geht es um das Recht des Kunden, ein sprache des Staates verfasst sein müssen, in welchem Ferienobjekt oder ein Hotel jedes Jahr für eine gewisse der Verbraucher seinen Wohnsitz hat. Zeit zu nutzen. Wir begrüßen den Gesetzentwurf der Bundesregie- Der Gesetzentwurf setzt die Richtlinie 2008/122/EG rung. Er setzt die Vorgaben der europäischen Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Ja- konstruktiv um. Die Richtlinie bringt ganz Europa auf nuar 2009 über den Schutz der Verbraucher im Hinblick (B) ein höheres Verbraucherschutzniveau, egal ob die Ver- (D) auf bestimmte Aspekte von Teilzeit-Nutzungsverträgen träge in Deutschland, Spanien oder einem anderen EU- und anderen Urlaubsprodukten um. Die Richtlinie ba- Mitgliedstaat geschlossen werden. Die Richtlinie er- siert auf dem Prinzip der Vollharmonisierung. Abwei- möglicht einen umfassenden Verbraucherschutz für Teil- chende innerstaatliche Regelungen – auch zugunsten zeit-Wohnrechte und andere Urlaubsprodukte. des Verbrauchers – sind damit innerhalb des Regelungs- umfanges der Richtlinie grundsätzlich nicht zulässig. Dr. Max Stadler, Parl. Staatssekretär bei der Bun- Auf europäischer Ebene fand die Richtlinie ebenfalls desministerin der Justiz: unsere Zustimmung. Damit begrüßen wir den Gesetzent- Seit 1994 sind die Teilzeit-Nutzungsrechte an Urlaubs- wurf der Bundesregierung. Um Ihr Verständnis für den immobilien – auch als Timesharing bekannt – europa- Inhalt der Richtlinie und deren Bedeutung zu wecken, weit geregelt. Seitdem hat sich der Markt weiterentwi- möchte ich Ihnen einen Einblick in den Regelungsgehalt ckelt, und es werden zahlreiche Produkte angeboten, mit der Richtlinie geben. denen ursprünglich niemand gerechnet hat. Gleichzeitig hat sich der bestehende Verbraucherschutz in etlichen Für welche Ferienprodukte hat die Richtlinie die An- Mitgliedstaaten der EU als nicht ausreichend herausge- wendung vorgesehen? Neu erfasst werden Teilzeit-Nut- stellt. Reisenden wurden beim Urlaub im Ausland unse- zungsrechte an beweglichen Unterkünften, wie zum Bei- riöse Produkte für teures Geld aufgeschwatzt. Um die- spiel an Hausbooten oder Wohnmobilen. Ferner werden sen Entwicklungen zu begegnen, wurde am 14. Januar erstmals langfristige Urlaubsprodukte erfasst, bei denen 2009 die EU-Richtlinie 2008/122/EG zum Schutz der es um Preisnachlässe oder andere Vergünstigungen im Verbraucher im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Zusammenhang mit einer Unterkunft geht. Das betrifft Teilzeit-Nutzungsverträgen, Verträgen über langfristige zum Beispiel die Mitgliedschaft in sogenannten Reise- Urlaubsprodukte sowie Wiederverkaufs- und Tauschver- rabattklubs. Schließlich werden Vermittlungsverträge trägen erlassen. Der vorliegende Gesetzentwurf der sowie Mitgliedschaften in Tauschsystemen über Teilzeit- Bundesregierung dient dazu, die Vorgaben dieser Richt- Wohnrechteverträge erfasst. linie in das deutsche Recht zu übertragen. Um den Schutzbereich der zugrunde gelegten Vor- Wichtigste Neuerung ist, dass das Spektrum der Ver- schriften verbraucherfreundlicher zu gestalten, wurde träge, die in den Anwendungsbereich der verbraucher- die Laufzeit auf ein Jahr verkürzt. Zuvor betrug die schützenden Spezialregelungen fallen, erheblich ausge- Laufzeit drei Jahre. Dieser erweiterte Anwendungsbe- weitet wird. So reicht bei Teilzeit-Wohnrechten in reich trägt der veränderten und ausgeweiteten Nutzung Zukunft bereits eine Vertragslaufzeit von mehr als einem der Teilzeit-Wohnrechte Rechnung. Jahr aus, während bislang nur Verträge mit einer Lauf-

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Parl. Staatssekretär Dr. Max Stadler (A) zeit von mindestens drei Jahren erfasst wurden. Erst- Fraktion Die Linke mit den Stimmen aller übrigen Frak- (C) mals ausdrücklich geregelt werden Teilzeit-Nutzungs- tionen angenommen. rechte an beweglichen Übernachtungsunterkünften wie Hausbooten oder Wohnmobilen. Außerdem werden die Dritte Beratung sogenannten langfristigen Urlaubsprodukte erfasst, bei und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die zu- denen der Verbraucher gegen Entgelt Preisnachlässe stimmen wollen, sich zu erheben. – Gegenstimmen? – oder sonstige Vergünstigungen bei der Nutzung einer Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist mit dem gleichen Unterkunft für die Dauer von mehr als einem Jahr ein- Stimmenverhältnis angenommen. geräumt bekommt. Dies betrifft zum Beispiel die Mit- gliedschaft in sogenannten Reiserabattklubs. Auch Ich rufe den Tagesordnungspunkt 19 auf: Vermittlungsverträge und die Mitgliedschaft in Tausch- Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- systemen, die Teilzeit-Wohnrechteverträge betreffen, gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Anpas- werden nun geregelt. sung des deutschen Rechts an die Verordnung Bei allen diesen Verträgen wird den Verbrauchern (EG) Nr. 380/2008 vom 18. April 2008 zur Än- künftig ein vierzehntägiges Widerrufsrecht eingeräumt. derung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 Macht ein Verbraucher von seinem Widerrufsrecht Ge- zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthalts- brauch, muss er keinen Ersatz für die bis dahin gezoge- titels für Drittstaatenangehörige nen Nutzungen zahlen und keine anderen Kosten im Zu- – Drucksache 17/3354 – sammenhang mit dem Widerruf tragen. Auch besteht ein Anzahlungsverbot während der Widerrufsfrist. Die Ver- Überweisungsvorschlag: Innenausschuss (f) braucher können also ihre Entscheidung zum Abschluss Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union des Vertrags ohne Zeitdruck und ohne Angst vor finan- ziellen Nachteilen überdenken. Die Reden werden zu Protokoll genommen. Überarbeitet und ausgeweitet sind auch die Informa- tionspflichten. Die Unternehmer müssen vor Vertrags- Reinhard Grindel (CDU/CSU): schluss ausführlich über die wesentlichen Aspekte der Mit dem Gesetz zur einheitlichen Gestaltung des Auf- angebotenen Produkte informieren und dabei europa- enthaltstitels für Drittstaatenangehörige setzen wir eine weit einheitlich vorgegebene Informationsformulare be- EU-Verordnung um, wofür die Mitgliedstaaten bis zum nutzen. Interessierte Verbraucher können so unter- 21. Mai 2011 Zeit haben. Wer jetzt also Kritik übt, hier schiedliche Angebote auf einen Blick miteinander würden Ausländer diskriminiert und würde eine Sonder- vergleichen. Die Informationen und der Vertrag müssen behandlung für Drittstaatenangehörige geschaffen, dem (B) innerhalb der EU grundsätzlich in der Amtssprache des muss man entgegenhalten, dass er mit dieser Kritik zu (D) Staates verfasst sein, in welchem der Verbraucher seinen spät kommt. Solche Überlegungen hätten bei den Bera- Wohnsitz hat. In Deutschland lebende Verbraucher, de- tungen auf europäischer Ebene berücksichtigt werden nen während ihres Urlaubs in einem änderen europäi- müssen. schen Staat ein Teilzeit-Wohnrecht angeboten wird, In der Sache geht es darum, dass die Identitätsfest- haben also einen Anspruch auf vorverträgliche Informa- stellung europaweit einheitlich geregelt wird. Das ist tionen und auf einen Vertrag in deutscher Sprache. Sie aus Sicherheitsgründen nur zu begrüßen. In der Sache sind damit besser als bisher vor Irreführung oder Miss- bedeutet der Gesetzentwurf, dass die bisher als Klebe- verständnissen geschützt. etiketten ausgestellten Aufenthaltstitel für Drittstaaten- Mit diesen Regelungen wird der Verbraucherschutz angehörige als eigenständige Dokumente in Kartenform erheblich verstärkt und europaweit vereinheitlicht. Beim ausgegeben werden. Diese Aufenthaltskarte ist mit ei- Vertragsschluss im europäischen Ausland können sich nem Chip ausgestattet, auf dem einige Daten des Titel- deutsche Verbraucher erstmals auf dasselbe hohe inhabers, aufenthaltsrechtliche Nebenbestimmungen so- Schutzniveau verlassen wie zu Hause. Gleichzeitig wird wie sein Lichtbild und zwei Fingerabdrücke gespeichert es den Timeshare-Anbietern erleichtert, ihre Produkte in werden. Diese Vorgaben werden in das nationale Recht ganz Europa anzubieten. Die Unternehmen können umgesetzt. Gleichzeitig wird – ebenso nach den Vorga- mehr Kunden erreichen, die Verbraucher aus mehr An- ben der EU – eine Aufenthaltskarte auch für Familien- bietern auswählen. Verbraucherschutz und Wirtschafts- angehörige von EU-Bürgern eingeführt, die die Staats- freundlichkeit stehen hier also in keinem Gegensatz, angehörigkeit eines Drittstaates haben. sondern sind zwei Seiten einer Medaille. Die Speicherung von Gesichtsbild und Fingerab- druck im Chip des neuen elektronischen Aufenthalts- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: titels schafft deshalb mehr Sicherheit, weil durch die Wir kommen zur Abstimmung. Der Rechtsausschuss biometrischen Erkennungsmerkmale eine verlässlichere empfiehlt in seiner Beschlussempfehlung auf Druck- Verbindung zwischen dem Ausländer und seinem tat- sache 17/3111, den Gesetzentwurf der Bundesregierung sächlichen Aufenthaltstitel geschaffen wird. Dadurch auf Drucksache 17/2764 in der Ausschussfassung anzu- verhindern wir missbräuchliche Verwendung. Die für nehmen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in alle Mitgliedstaaten einheitliche Aufenthaltskarte erfüllt der Ausschussfassung zustimmen wollen, um ihr Hand- sehr hohe technische Anforderungen, die Fälschungen zeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Der Ge- ausschließen. Die Sicherheitsbehörden wissen in Zu- setzentwurf ist in zweiter Beratung bei Enthaltung der kunft genau Bescheid, wen sie tatsächlich vor sich Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7309

Reinhard Grindel (A) haben. So können wir besser illegale Einwanderung ver- barkeit zu begrüßen. Insofern unterstützt die CDU/CSU- (C) hindern und illegalen Aufenthalt in Deutschland be- Bundestagsfraktion den Gesetzentwurf der Bundesregie- kämpfen. rung zur Einführung des elektronischen Aufenthalts- titels. Gleichzeitig wird mit dem elektronischen Aufenthalts- titel der Zugang zu neuen Technologien wie elektroni- schen Behördendiensten und der digitalen Signatur er- Daniela Kolbe (Leipzig) (SPD): öffnet. Die Einführung der Aufenthaltskarte hat also für Heute beraten wir in erster Lesung den vorliegenden den ausländischen Mitbürger auch im Alltag Vorteile, Gesetzentwurf der Bundesregierung, der im Kern die weil er sie – wie Deutsche ihren Personalausweis – einheitliche Gestaltung des Aufenthaltstitels für Dritt- künftig als elektronischen Identifikationsnachweis nut- staatenangehörige zum Kern hat. zen kann. Lassen Sie mich aber vorab der Ordnung halber eines Es hat jetzt aus dem Kreis der Länder Sorgen gege- kurz festhalten: Viel eigene Initiative oder viele eigene ben, dass die für die Ausstellung der Aufenthaltskarte zu Ideen der schwarz-gelben Bundesregierung stecken entrichtenden und angehobenen Gebühren nicht aus- nicht gerade in diesem Gesetzentwurf; denn liest man reichen könnten, den erhöhten Verwaltungsaufwand diesen Entwurf, ist er am Ende doch nichts anderes als auszugleichen. Wir werden uns im Rahmen der Aus- eine Eins-zu-eins-Anpassung des deutschen Rechts an schussberatungen mit dieser Frage nochmals eingehend eine bereits bestehende europäische Verordnung. Allein beschäftigen. Allerdings muss grundsätzlich betont wer- hätte Schwarz-Gelb inhaltlich so etwas nicht auf den den, dass die Länder als die für die Umsetzung des Auf- Weg gebracht. Von daher bin ich ganz froh, dass die EU enthaltsrechts zuständigen Ordnungsbehörden auch mit ihrer Verordnung EG 380/2008 des Rates an dieser Vorteile durch die leichtere Identifizierung des jeweili- Stelle inhaltlich etwas vorgegeben hat, was beispiels- gen Ausländers haben. Im Übrigen kann bei der Aufent- weise die Bundespolizei seit geraumer Zeit angemahnt haltskarte auch auf die im Aufbau befindlichen Systeme hat, nämlich die Abschaffung der unübersichtlichen für den neuen elektronischen Personalausweis zurück- Lage der verschiedenen Aufenthaltstitel in Europa. Mit gegriffen werden. Die Anschaffung einer neuen Techno- der Einführung eines elektronischen Aufenthaltstitels logie mit neuen technischen Funktionen ist also nicht er- wird künftig ein eigenständiges Dokument bestehen, das forderlich. einheitliche Standards für den elektronischen Datenaus- Die Einführung des neuen elektronischen Aufent- tausch im Ausländerwesen sicherstellt, wodurch die haltstitels gibt den Ausländerbehörden zwei große Chance besteht, den Datenaustausch zu beschleunigen. Chancen. Erst einmal kann die Kartei möglicherweise (B) um solche Ausländer bereinigt werden, die, ohne eine Aber – das muss man an dieser Stelle auch betonen – (D) Mitteilung zu machen, aus Deutschland verzogen sind. da wo Schwarz-Gelb etwas einbringen konnte, hat die Man bekommt also einen besseren Überblick über die Regierung es auch deutlich getan, nämlich beim Punkt tatsächliche Zahl der Drittstaatenangehörigen und da- „Kosten des Aufenthaltstitels“. Nach dem vorliegenden rüber, welchen Aufenthaltsstatus sie haben. Das gilt EU- Entwurf wird der einheitliche Aufenthaltstitel mit einer weit, sodass künftig auch Doppelanmeldungen und da- erheblichen Kostensteigerung verbunden sein und zu ei- mit das doppelte Kassieren von Sozialleistungen schnel- nem Mehraufwand bei den Ausländerbehörden führen. ler aufgedeckt werden können. Wanderungsbewegungen Was die Bundesregierung hier auf den Weg bringt, ist innerhalb der EU kann man schneller ermitteln. Zwei- schlicht eine den Kommunen übergestülpte Kostenstei- tens – ohne die Behörden jetzt überfordern zu wollen – gerung. Hier hat die Bundesregierung wahrlich all ihre ist das eine gute Gelegenheit, um beim Gespräch in der Kreativität eingesetzt, angefangen bei der in meinen Au- Behörde die Ausländer auf mögliche Integrationsange- gen explosionsartigen Produktionskostensteigerung von bote aufmerksam zu machen, soweit die Mitarbeiter den bislang 0,78 Euro auf 30 Euro für den elektronischen Eindruck haben, dass es entsprechenden Bedarf gibt. Aufenthaltstitel. Der Vorschlag der Bundesregierung zur Kompensation lautet: über die bisherigen Gebühren- Die von Oppositionspolitikern geäußerte Kritik, höchstsätze. Diese sollen schlicht durchweg angehoben Nicht-EU-Ausländer würden jetzt unter Generalver- werden. Laut dem derzeit geltenden Aufenthaltsgesetz dacht gestellt oder sogar diskriminiert, ist völlig abwe- können schon heute für die Erteilung einer Aufenthalts- gig. Nochmals: Wir setzen hier EU-Recht um. Gerade erlaubnis bis zu 80 Euro Gebühren erhoben werden; zu- die Grünen und die Linken sind es sonst immer, die pein- künftig – laut diesem Gesetzentwurf – sollen es bis zu lich darauf achten, dass EU-Vorschriften, die das 130 Euro sein. Bei der Niederlassungserlaubnis ebenso Aufenthaltsrecht für Ausländer betreffen, eins zu eins wie der Erlaubnis zum Daueraufenthalt-EG soll der Ge- umgesetzt werden. Jetzt plötzlich schlagen sie Krach. bührenhöchstsatz von derzeit 200 Euro auf künftig Das ist unglaubwürdig. Im Übrigen geben auch deut- 250 Euro angehoben werden. Nicht zuletzt sollen für die sche Staatsbürger bei den neuen EU-Reisepässen Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis die Gebühren- Fingerabdrücke ab, ohne dass man sich dadurch diskri- höchstsätze auf bis zu 90 Euro – statt der bisherigen miniert fühlen muss. Es ist auch keine zentrale Speiche- 40 Euro – angehoben werden. Das ist eine wesentliche rung im Ausländerzentralregister vorgesehen. Finger- Kostensteigerung. abdrücke und biometrische Fotos werden in Zukunft Standard in europäischen Ausweispapieren sein. Das ist Das ist in meinen Augen nicht angemessen bei einer aus Gründen der Sicherheit und leichteren Identifizier- Produktionskostensteigerung um 29,22 Euro, was im

Zu Protokoll gegebene Reden 7310 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Daniela Kolbe (Leipzig) (A) Übrigen fast 40-mal so viel ist wie bisher. Schlussend- Fingerabdrücke gespeichert werden. Vor einigen Wo- (C) lich bedeutet dies nämlich nichts anderes, als dass der chen hat dies zu einem großen Aufschrei bei der Opposi- Antragsteller bzw. bei einem Ausnahmetatbestand die tion geführt – und das, obwohl das Vorhaben schon Kommune die Kosten zu übernehmen hat. An dieser lange bekannt ist. Bereits vor zwei Jahren wurde der ent- Stelle würde mich sehr interessieren, wie diese Explo- sprechende Beschluss auf europäischer Ebene gefasst. sion bei den Produktionskosten konkret zustande kommt. Aber wie so oft hat die Opposition vorher keinen Ansatz- Von daher bitte ich die Bundesregierung, dies einmal punkt für Kritik gefunden. transparent darzulegen. Ich möchte nicht verhehlen, dass die FDP-Bundes- Kommen wir aber zurück zum Punkt „Anhebung der tagsfraktion seit jeher der Speicherung biometrischer Gebührenhöchstsätze“. Die Bundesregierung sieht also Daten im Pass, im Personalausweis und an anderen eine Anhebung um 50 Euro vor, wovon allein 30 Euro, Stellen kritisch gegenübersteht. Dabei handelt es sich wenn ich den Gesetzentwurf richtig verstanden habe, um sehr sensible Daten. Allerdings ist der Zug an dieser zur vollen Deckung der Kosten der Bundesdruckerei Stelle abgefahren: Die europäische Vereinbarung steht; vorgesehen sind und demgegenüber gerade 20 Euro den wir müssen sie nun umsetzen. Dies geschieht durch die- zusätzlichen Verwaltungsaufwand bei den Kommunen sen Gesetzentwurf. Die Kritik der Opposition ist daher darstellen sollen. Wie 20 Euro für den zusätzlichen kom- unangebracht. Von einer Stigmatisierung der Betroffe- munalen Aufwand ausreichen sollen, ist mir unklar; nen, wie es von der Opposition in der öffentlichen Dis- denn wir sprechen hier von einem nicht unerheblichen kussion dargestellt worden ist, kann nun wirklich nicht personellen und sächlichen Mehraufwand bei den zur die Rede sein. Auch werden sie nicht, wie behauptet Ausführung des Bundesgesetzes aufgerufenen Kommu- wurde, unter Generalverdacht gestellt. Bleiben Sie also nen. Daher würde mich eine Aussage von der Bundes- bitte auf dem Teppich, und kehren Sie zur sachlichen regierung interessieren, wie der sächliche Mehrauf- Diskussion zurück. wand, den im Übrigen auch der Bundesrat bemängelt, Für die weiteren Beratungen im Parlament ist aus bei den Ausländerbehörden kompensiert werden soll. unserer Sicht entscheidend, wie mit den Gebühren zu Dieser Mehraufwand wird zum Beispiel im Bereich verfahren ist. In der Stellungnahme des Bundesrates der Datenerfassung oder beim Informations- und Bera- werden bedenkenswerte Aspekte angesprochen: Die tungsaufwand zum Tragen kommen oder durch zusätzli- Herstellungskosten für diesen neuen elektronischen Auf- che Vorabsprachen je Antragsteller, durch die Qualitäts- enthaltstitel werden sich erhöhen; der Arbeitsaufwand prüfung der Chipkarten, um nur einige Punkte zu bei den Ausländerbehörden wird ansteigen. Insgesamt nennen. Wird dies auch über diesen neuen Gebühren- wird der Belastungsaufwand für die Kommunen steigen. (B) rahmen kompensiert werden, oder plant die schwarz- Ob die im Gesetzentwurf vorgesehenen Gebührenrah- (D) gelbe Bundesregierung hier das seit einem Jahr prakti- men zur Abdeckung der Kosten ausreichen, werden wir zierte übliche Spiel des „Wir beschließen in Berlin, und daher nochmals zu prüfen und zu besprechen haben. Es die Arbeit und Kosten haben die Länder und die Kom- ist begrüßenswert, dass auch die Bundesregierung be- munen“? Auch hier interessiert mich eine konkrete reits signalisiert hat, den Vorschlag des Bundesrates zu Stellungnahme der Bundesregierung. Die Realität ist prüfen. Auch die Bedenken des Deutschen Städtetages doch schon heute eine andere, wie Erhebungen von werden in unsere weiteren Überlegungen mit einfließen. Kommunen deutlich machen. Ich zitiere hier aus dem Das Interesse der Länder, die Funktion des elektroni- Bundesrat: „Bereits derzeit sind die Kommunen bei der schen Identitätsnachweises für zwei Jahre nur aus- Ausführung des Aufenthaltsgesetzes durch die nicht kos- nahmsweise auf gesonderten Antrag hin freizuschalten, tendeckenden Gebühren … finanziell erheblich belastet. ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Allerdings ist Mit der Einführung des elektronischen Aufenthaltstitels zweifelhaft, ob dies wirklich zu einer signifikanten Ver- wird sich diese Kostenbelastung der Kommunen drama- ringerung des Verwaltungsaufwands führen würde. Im tisch verschärfen.“ Von daher fordere ich die Bundes- Ausschuss werden wir noch die Gelegenheit haben, die regierung auf: Legen Sie transparent die Entstehung der angesprochenen Punkte zu diskutieren und zu klären. Kosten für den elektronischen Aufenthaltstitel dar! Sa- gen Sie uns, wie die entstehenden Kosten bei den Kom- munen abgefangen werden! Ulla Jelpke (DIE LINKE): Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf setzt die Bun- desregierung eine geänderte Verordnung der Europäi- Hartfrid Wolff (Rems-Murr) (FDP): schen Union in deutsches Recht um, die die Einheitlich- Durch den vorgelegten Gesetzentwurf werden euro- keit der in der EU ausgegebenen Aufenthaltstitel päische Vorgaben erfüllt. Die Mitgliedstaaten sind ver- sicherstellen soll. Es stellt sich hier schon grundsätzlich pflichtet, bis spätestens 21. Mai 2011 den elektronischen die Frage, wie sinnvoll das ist; denn nur eine kleine Aufenthaltstitel für Drittstaatenangehörige einzuführen. Gruppe von langfristig Aufenthaltsberechtigten kann Dieser Pflicht wird durch den vorgelegten Gesetzent- sich innerhalb der EU frei bewegen und gerät so in Si- wurf entsprochen. tuationen, in denen die Aufenthaltsberechtigung nach- gewiesen werden muss. Die Einheitlichkeit der Aufent- Verbindlich ist von europäischer Seite vorgeschrie- haltstitel ist also schon von vorneherein überflüssig. ben, entsprechende Karten mit einem Chip auszustatten. Darauf werden neben Daten des Titelinhabers wie Name Nun soll aber auch in diesem Bereich eine Tendenz und Staatsangehörigkeit auch ein Lichtbild und zwei fortgesetzt werden, die wir politisch falsch finden. Auch

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7311

Ulla Jelpke (A) die in der EU lebenden Drittstaatenangehörigen sollen sungserlaubnis 250 statt 200 Euro. Statt wie bislang ei- (C) nun eine Art elektronischen Pass erhalten. Statt der bis- ner Vorsprache des Familienvorstands bei der Auslän- lang verwendeten einheitlichen Aufkleber in den Pass- derbehörde müssen demnächst alle Familienmitglieder papieren sollen diese Menschen nun eine Chipkarte er- vorsprechen, und das aus technischen Gründen gleich halten, auf der alle möglichen Daten gespeichert mehrfach. Die hohen Gebühren decken aus diesen werden. Dazu gehören neben den wichtigsten Identitäts- Gründen nach Ansicht der Kommunen bei weitem nicht merkmalen wie Name und Geburtsdatum verpflichtend ihre Kosten. Mit dem elektronischen Aufenthaltstitel auch biometrische Daten, zwei Fingerabdrücke und ein sind auch neue Arbeitsabläufe in den kommunalen Aus- Lichtbild. Außerdem, so die Bundesregierung in ihrem länderbehörden verbunden; die Ausgabe der neuen Titel Gesetzentwurf, sollen neue technische Standards den wird zunächst zu einem starken Anstieg der Verwal- Schutz vor Fälschungen und Verfälschungen erhöhen. tungskosten führen. Allein die Stadt Köln rechnet mit ei- Damit soll auch zur Verhinderung und Bekämpfung ille- nem Mehraufwand von 1,25 Millionen Euro im ersten galer Einwanderung beigetragen werden. Jahr nach Einführung. Im Gesetzentwurf der Bundes- Der Schutz vor Fälschungen war schon ein Argument regierung heißt es dazu lapidar, diese Aufwendungen für die Einführung des elektronischen Personalauswei- könnten derzeit noch nicht beziffert werden. ses, den wir ebenfalls heute diskutieren. Wie beim Perso- Zusammengefasst: Dieses Vorhaben ist nicht nur nalausweis ist auch bei den bisher in den Ausweisdoku- komplett überflüssig, was die Verbesserung der Sicher- menten von Ausländern verwendeten Klebeetiketten heit und den vermeintlichen Schutz vor illegaler Ein- nicht bekannt, dass es hier zu Fälschungen und Verfäl- wanderung betrifft. Es ist auch ein weiterer Meilenstein schungen in einer aufsehenerregenden Zahl von Fällen in der fortschreitenden biometrischen Erfassung der Be- gekommen wäre. Zudem birgt ein elektronischer Aufent- völkerung; Ausländer dienen als Versuchskaninchen. haltstitel genau wie der elektronische Personalausweis Die Kosten für diesen politischen Irrsinn werden auf die eine ganze Reihe neuer Gefahren: Daten können auch Betroffenen und die Kommunen abgewälzt. ohne unmittelbaren Kontakt ausgelesen und für Identi- tätsdiebstahl verwendet werden. Wieder einmal wird also ein ungewisser Zugewinn an Sicherheit mit einem Memet Kilic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): unbestreitbaren Verlust an Sicherheit für den Einzelnen Ich frage mich, wie die Bundesregierung der europäi- erkauft – ein höchst zweifelhaftes Geschäft. schen Verordnung zur einheitlichen Gestaltung des Auf- Höchst zweifelhaft ist es meiner Ansicht nach auch, enthaltstitels für Drittstaatenangehörige zustimmen hier wieder einmal die ausländischen Staatsangehöri- konnte, die für Nicht-EU-Ausländer nicht nur biometri- gen in Deutschland und der EU zum Versuchskaninchen sche Passbilder, sondern auch Fingerabdrücke bei den (B) (D) für zukünftige politische Projekte zu machen. Derzeit ist Ausweisen vorschreibt. Allein in Deutschland werden die Abgabe der Fingerabdrücke für den neuen Personal- dadurch über 4 Millionen Ausländerinnen und Auslän- ausweis ja noch optional, während Nichtdeutsche nun der künftig ihre Fingerabdrücke von der zuständigen hierzu gezwungen werden sollen. Es ist jedoch keines- Ausländerbehörde abnehmen lassen müssen. wegs ausgeschlossen, dass auch hier in wenigen Jahren Ich dachte, dass die Diskussion über Fingerabdrücke eine Wendung vollzogen wird nach dem Motto: Jetzt ha- ben wir für eine Bevölkerungsgruppe schon einmal die beim Personalausweis anders ausgegangen war. Aus Erfassung der biometrischen Daten eingeführt, jetzt ma- gutem Grund sieht der Gesetzentwurf zum elektroni- chen wir es einfach für alle. – Und es gehört nicht viel schen Personalausweis keine obligatorische Abgabe Fantasie dazu, dass bei der nächsten sich bietenden von Fingerabdrücken vor. Hier wird das Recht auf infor- Gelegenheit dann auch die zentrale Erfassung dieser mationelle Selbstbestimmung respektiert, und die deut- biometrischen Daten gefordert wird. Ich erinnere nur an schen Staatsangehörigen werden nicht zum gläsernen den ehemaligen Innenminister Schäuble, der 2007 bei Bürger gemacht. Bei der Aufenthaltskarte für Drittstaa- der Einführung des elektronischen Reisepasses gefor- tenangehörige bleibt dagegen offen, wie die Ausländer- dert hatte, die erhobenen Fingerabdrücke mindestens behörden und die Bundesdruckerei ein hinreichendes bei den Meldebehörden zu speichern. Auch die EU- Niveau an Datensicherheit garantieren wollen. Der Kommission hat in der Vergangenheit schon mit Plänen Standard, der deutschen Staatsangehörigen garantiert für Aufsehen gesorgt, zentrale europäische Fingerab- wird, muss allen hier lebenden Menschen gewährt wer- druckdatenbanken einzurichten. Hier gilt der alte Lehr- den. Wir wollen keinen Zwei-Klassen-Datenschutz. satz: Wenn einmal Daten erhoben werden, dann werden Es passt zu der aktuellen herabwürdigenden Integra- auch neue Begehrlichkeiten geweckt. tionsdebatte, dass die Bundesregierung gerade jetzt ih- Lassen Sie mich am Schluss noch auf einen Aspekt ren Gesetzentwurf zur Aufenthaltskarte vorlegt und da- ganz kurz eingehen: die Kosten und der Verwaltungsauf- mit noch mehr Stimmung gegen Einwanderinnen und wand für die Kommunen. Zunächst kommen hohe Ge- Einwanderer macht, indem sie unter Generalverdacht bühren auf die Drittstaatenangehörigen zu, wenn sie die gestellt werden. Es ist erstaunlich, dass die Bundes- neue Karte beantragen, und bei jeder Gelegenheit, wenn regierung es mit der Einhaltung von europarechtlichen sich ihr Aufenthaltsstatus ändert; denn dann müssen sie Fristen für die Umsetzung von Gemeinschaftsrecht oft jedes Mal einen neuen elektronischen Aufenthaltstitel nicht so genau nimmt. Doch ausgerechnet wenn Kinder- beantragen. Für eine Aufenthaltserlaubnis werden dann und Menschenrechte von Drittstaatenangehörigen auf 180 statt bislang 130 Euro fällig, für eine Niederlas- dem Spiel stehen, ist sie übereifrig.

Zu Protokoll gegebene Reden 7312 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Memet Kilic (A) Besonders traurig, aber auch empörend finde ich, Niema Movassat (C) dass selbst Kinder ab dem sechsten Lebensjahr Finger- Uwe Kekeritz abdrücke abgeben müssen. Können sich Bundesbürger- innen und -bürger eine solche erkennungsdienstliche b) Beratung des Antrags der Fraktion BÜND- Behandlung ihrer sechsjährigen Kinder oder Enkelkin- NIS 90/DIE GRÜNEN der vorstellen? Es ist schamlos, dass die europäische „Global Health Governance“ stärken – Ge- Verordnung mehrfach auf die geltenden Menschenrechte sundheitsversorgung in Entwicklungs- und und Kinderrechte hinweist und ein paar Zeilen weiter Schwellenländern voranbringen sechsjährige Kinder verpflichtet, wie in einem Strafver- fahren ihre Fingerabdrücke abzugeben. Das ist skanda- – Drucksache 17/3437 – lös. Überweisungsvorschlag: Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Unerträglich ist auch, dass die Gebühren für die Auf- Entwicklung (f) enthaltskarte um 50 Euro steigen sollen. Während der Auswärtiger Ausschuss elektronische Personalausweis für deutsche Staatsange- Ausschuss für Gesundheit hörige in Zukunft für etwa 28 Euro erhältlich sein wird, Die Reden werden zu Protokoll genommen.1) sollen Drittstaatenangehörige für die vergleichbare Auf- enthaltskarte bis zu 250 Euro zahlen. Diese eklatante Wir kommen zur Abstimmung. Benachteiligung ist mit nichts zu rechtfertigen. Tagesordnungspunkt 22 a. Der Ausschuss für wirt- Schließlich ist die Verwendung der Aufenthaltskarte schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung empfiehlt als elektronischer Identitätsnachweis problematisch. in seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/3474, Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstech- den Antrag der Fraktion der SPD auf Drucksache 17/2135 nik, BSI, empfiehlt den Ausweisinhaberinnen und -inha- abzulehnen. Wer stimmt für diese Beschlussempfeh- bern, zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu ergreifen. lung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Be- Seitens der Regierung hört man außer wenig hilfreicher schlussempfehlung ist mit den Stimmen der Koalitions- Empfehlungen wie, die Antivirensoftware stets auf dem fraktionen bei Gegenstimmen der SPD-Fraktion und aktuellen Stand zu halten, nichts. Was können Betroffene Enthaltung der Fraktionen Die Linke und Bündnis 90/ jedoch tun, wenn die Betreiber der Antivirensoftware Die Grünen angenommen. nicht schnell genug Updates anbieten oder die Anwen- Tagesordnungspunkt 22 b. Interfraktionell wird Über- derinnen und Anwender mit der Software nicht klarkom- weisung der Vorlage auf Drucksache 17/3437 an die in men? Darauf hat die Bundesregierung keine Antwort. der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschla- (B) Ich fordere die Bundesregierung auf, die Erfassung gen. Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. (D) von Fingerabdrücken nicht einzuführen und sich auf Dann ist das so beschlossen. europäischer Ebene für eine Änderung der Verordnung Ich rufe den Tagesordnungspunkt 25 a und b auf: einzusetzen. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Waltraud Wolff (Wolmirstedt), Dr. Wilhelm Interfraktionell wird Überweisung des Gesetzent- Priesmeier, Dirk Becker, weiterer Abgeordneter wurfs auf Drucksache 17/3354 an die in der Tagesord- und der Fraktion der SPD nung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Gibt es Herausforderung Klimawandel – Landwirt- andere Vorschläge? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das schaft 2050 so beschlossen. – Drucksache 17/1575 – Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 a und b auf: Überweisungsvorschlag: a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (f) richts des Ausschusses für wirtschaftliche Zu- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss) Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zu dem Antrag der Abgeordneten Karin Roth Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und (Esslingen), Burkhard Lischka, René Röspel, Entwicklung weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union Deutschlands Verantwortung für die Gesund- b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia heit in Entwicklungsländern – Vernachlässigte Behm, Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, wei- Krankheiten bekämpfen, Kinder- und Mütter- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- sterblichkeit verringern und Globalen Fonds NIS90/DIE GRÜNEN stärken Klimabilanz im Ackerbau verbessern – Drucksachen 17/2135, 17/3474 – – Drucksache 17/2487 – Berichterstattung: Überweisungsvorschlag: Abgeordnete Sabine Weiss (Wesel I) Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Karin Roth (Esslingen) Helga Daub 1) Anlage 15 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7313

(A) Verbraucherschutz (f) tigen Lebensmitteln und insbesondere tierischen Pro- (C) Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit dukten – wird darüber hinaus durch das dynamische Die Reden werden zu Protokoll gegeben. Wirtschaftswachstum in China, Indien und weiteren Schwellenländern verstärkt. Zusätzlich ist mit dem welt- weiten Bedarf an Energie und Rohstoffen die Notwen- Johannes Röring (CDU/CSU): digkeit verbunden, Biomasse aufgrund der Endlichkeit Zunächst muss ich den Kolleginnen und Kollegen der fossiler Ressourcen und aufgrund des Klimaschutzes Opposition zumindest zugute halten, dass sie mit ihren stärker für die energetische und stoffliche Verwertung zu Anträgen die Bedeutung der Landwirtschaft im Allge- nutzen. meinen bei den Themen Ernährungssicherheit, Welt- ernährung und Klimawandel anerkennen. Allerdings Wir müssen also erkennen, dass nicht nur die land- muss man feststellen, dass die inhaltliche Analyse und wirtschaftliche Produktionsmenge zunehmen muss. Beurteilung bis auf wenige Ausnahmen desaströs ist. Vielmehr zeigen darüber hinaus die aktuellen Entwick- Die Zielrichtung der Anträge ist grundsätzlich vollkom- lungen, dass die verfügbare Anbaufläche für landwirt- men verfehlt. schaftliche Produkte weltweit pro Erdenbewohner dra- Lassen Sie mich gleich zu Beginn ganz konkret eine matisch abnehmen wird; laut wissenschaftlicher These aufstellen, die ich in meinen weiteren Ausführun- Prognosen wird sie sich bis zum Jahr 2040 halbieren. gen dann erklären möchte: Die Landwirtschaft kann ei- Deshalb ist es unabdingbar, die Leistungsfähigkeit nen großen Beitrag zum Klimaschutz leisten, wenn sie unserer Kulturpflanzen und damit die Effizienz der denn effizient und intensiv betrieben wird. Landwirtschaft entscheidend zu steigern, so zum Bei- Aber nicht nur in Fragen des Klimaschutzes, sondern spiel für Pflanzen mit verbessertem Nährstoffgehalt, hö- auch in Fragen der Welternährung, des Einsatzes und herer Energiedichte, größerer Widerstandsfähigkeit der Erzeugung erneuerbarer Energien sowie zum Schutz gegen klimatischen Stress oder Widerstandsfähigkeit ge- der Biodiversität ist eine effiziente Landwirtschaft von gen Schädlinge und Krankheiten. Damit besteht die entscheidender Bedeutung. Sie ist in der Lage, eine Möglichkeit der Vermeidung von Ertrags- und Quali- wichtige Rolle für die zukünftige positive Entwicklung tätsverlusten. Auch ökologische Vorteile, wie reduzierter vieler Regionen der Welt zu übernehmen. chemischer Pflanzenschutz und verbesserter Erosions- schutz, sind zu nennen. Die Landwirtschaft ist bzw. wird in der Zukunft ohne Zweifel Betroffener des Klimawandels sein. Es ist aber Angesichts meiner Argumentation erschreckt es mich auch nicht zu verneinen, dass die landwirtschaftliche nun schon, dass die Kollegen der Grünen in ihrem An- trag die Weltbank dahin gehend zitieren, dass in Ent- (B) Produktion Treibhausgase emittiert, wobei man gleich (D) betonen muss, dass die Land- und Forstwirtschaft die wicklungsländern von bis zu 21 Prozent weniger land- einzigen Sektoren sind, die in ihrer Produktion schädli- wirtschaftlichen Erträgen bis 2080 ausgegangen wird, che Klimagase binden. Dies ist ein Punkt, den Sie zumin- und sie im weiteren Verlauf alle Maßnahmen zur Be- dest in Ihren Anträgen anerkennen und nicht auch noch kämpfung dieser Entwicklung negieren. Vielmehr setzen infrage stellen. Allerdings fehlt in Ihrer anklagenden Be- sie auf ineffiziente Anbaumethoden, glorifizieren den trachtung ein Aspekt, den ich in diesem Zusammenhang Ökoanbau und sind nicht wirklich an Lösungen interes- in die Diskussion einfließen lassen möchte: dass bei- siert, die den hungernden und mangelernährten Men- spielsweise bei den weltweiten Methanemissionen mehr schen eine Perspektive bieten. als die Hälfte auf natürliche Quellen – wie Feuchtge- Deshalb möchte ich an dieser Stelle auch die Bundes- biete, Wälder oder Termiten – zurückzuführen ist. Diese regierung lobend erwähnen, die den Lösungsansatz hin Fakten werden in Ihrer Argumentation gerne vergessen. zu einer verbesserten Effizienz als sehr bedeutend be- Die Landwirtschaft ist beim Klimawandel aber nicht trachtet und deshalb besonders den Bereich Forschung nur Betroffener oder Verursacher, sondern auch ein Teil durch diverse Aktivitäten unterstützt. Hier sind beson- der Lösung. Ihr kommt bei der Lösung globaler Kli- ders das Bundesministerium für Ernährung, Landwirt- mafragen ohne Zweifel eine zentrale Rolle zu. Ich schaft und Verbraucherschutz und das Ministerium für möchte sogar noch weiter gehen und betonen, dass ihr Bildung und Forschung zu nennen, durch die bereits grundsätzlich bei der Entwicklung einer zukunftsfähi- eine Vielzahl verschiedener Forschungsprojekte und Ak- gen, auf natürlichen Ressourcen basierenden Wirtschaft tivitäten in der Vergangenheit gestartet worden sind. Im eine entscheidende Rolle zukommt. Die Vereinten Natio- Januar 2008 wurde der Startschuss zu einer verbesser- nen, die Weltbank und viele an dem Diskussionsprozess ten Forschungsförderung gegeben. Mit 200 Millionen beteiligte Partner haben eine Reihe gesellschaftlicher Euro werden aktuell und in den nächsten Jahren Pro- Herausforderungen entdeckt, denen wir dringend be- jekte in der Bioenergie-, Agrar- und Ernährungsfor- gegnen müssen: das gleichzeitige Auftreten von Unter- schung an Hochschulen und außeruniversitären For- und Mangelernährung bei einem anhaltenden Bevölke- schungseinrichtungen in Zusammenarbeit mit Partnern rungswachstum, die Zerstörung von landwirtschaftlich aus der Wirtschaft gefördert. Das Ziel ist es, eine in der und forstlich nutzbarer Fläche, Wassermangel, die Ver- Grundlagenorientierung und im Anwendungsbezug ex- lagerung von Anbauzonen durch den globalen Klima- zellente Agrar- und Ernährungsforschung aufzubauen wandel sowie der Rückgang biologischer Vielfalt, also und mit der Ausbildung sowie mit dem Transfer in Wirt- Biodiversität. Der Anstieg der Nachfrage nach landwirt- schaft und Gesellschaft zu verbinden. Dadurch sollen schaftlichen Erzeugnissen – wie zum Beispiel hochwer- anwendungsorientierte Kompetenznetze mit internatio-

Zu Protokoll gegebene Reden 7314 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Johannes Röring (A) naler Sichtbarkeit und Attraktivität entstehen und Bei- Die Anträge enthalten aber vor allem eines: Sie for- (C) träge für die Lösung gesellschaftlicher Probleme lie- dern die Bundesregierung zum Handeln auf. So ist es fern. notwendig, den Stickstoffüberschuss zu verringern. Dies ist unstrittig; das steht ja auch in der Nachhaltigkeits- Auch aus dem Entwicklungshilfeministerium sind strategie der Bundesregierung. In den Indikatorenbe- positive Ansätze seit dem Regierungswechsel zu verneh- richten steht aber auch, dass wir hier keinen Schritt vor- men. Die Schwerpunkte in der Entwicklungshilfe liegen wärtskommen. Daher haben beide Anträge – unserer jetzt verstärkt bei der Förderung und dem Aufbau von und der der Grünen – die gemeinsame Forderung, den Agrarstrukturen in den Ländern der dritten Welt. Denn Stickstoffüberschuss auf 50 Kilogramm je Hektar zu be- nur durch eine funktionierende Landwirtschaft kann die grenzen. Dies ist notwendig. Grundlage wirtschaftlichen Handelns gelegt werden, können sich Gesellschaften weiterentwickeln und sich so Wir fordern in unserem Antrag „Herausforderung den Herausforderungen der Zukunft stellen. Klimawandel – Landwirtschaft 2050“, die größten Treib- hausgasquellen der Landwirtschaft mit einem Sofortpro- Abschließend komme ich zu dem Urteil, dass die An- gramm zu schließen. Es gilt, den Grünlandumbruch zu träge, besonders unter dem Gesichtspunkt, welche Rolle unterbinden und die Stickstoffüberschüsse zu begrenzen. die effiziente Landwirtschaft nicht nur beim Klima- schutz, sondern bei vielen weiteren gesamtgesellschaft- Ich habe es am Anfang schon angeführt: Es liegt im lichen Herausforderungen unserer Zeit spielen kann, eigenen Interesse der Landwirtschaft, den Klimawandel eine große Enttäuschung sind. Sie verschließen die Au- zu begrenzen. Was hören wir aber immer wieder? Die gen vor der Realität und flüchten sich in ideologische steigende Nachfrage nach Agrarprodukten wird als Ent- Wunschvorstellungen, anstatt effektive Lösungswege zu schuldigung für Untätigkeit im Klimaschutz angeführt. erschließen. Aus diesem Grund wird die CDU/CSU- So hat der Berliner Agrarministergipfel 2010 beschlos- Bundestagsfraktion die Anträge ablehnen. sen, landwirtschaftliche Produktion führe unvermeidlich zu Treibhausgasemissionen, zunehmende Agrarproduk- tion werde also zu einem Anstieg der Treibhausgasemis- Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): sionen führen, vor allem aus der tierischen Produktion. Es ist Zeit, zu handeln. Wir müssen den Anstieg der Das ist eine Kapitulation. Diese Feststellung leugnet globalen Durchschnittstemperatur auf höchstens 2 Grad letztendlich sowohl die Notwendigkeit als auch die Celsius begrenzen. Dies ist der Anstieg, der in der Wis- Potenziale zur Reduktion von Treibhausgasemissionen senschaft als noch beherrschbar gilt. Dieses Ziel errei- in der Landwirtschaft. Zwingend ist vielmehr auch für chen zu wollen, bedeutet: Wir müssen die Treibhausgas- die Landwirtschaft eine Festlegung konkreter Reduk- (B) emissionen bis 2020 um mindestens 40 Prozent und bis tionsziele und die Einbeziehung der Landwirtschaft in (D) 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber 1990 vermindern. das Regime zur Minderung von Treibhausgasen. Für Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft wird selbst Wir hatten im Februar im Ausschuss für Ernährung, dieser Anstieg erhebliche Auswirkungen haben. In eini- Landwirtschaft und Verbraucherschutz eine große An- gen Regionen werden Hitze- und Trockenperioden zu- hörung zum Klimaschutz durch die Landwirtschaft. Die nehmen, in anderen werden starke Regenfälle und damit Experten haben uns zum Handeln aufgefordert. Es wird einhergehend Überschwemmungen häufiger werden. Zeit, dieser Aufforderung nachzukommen. Wie das ge- Gerade die Agrarpolitik muss also auf das Erreichen der hen kann, zeigen wir mit diesen Anträgen auf. Jetzt fehlt Klimaziele drängen. Sie muss gleichzeitig – und das nur noch eine handelnde Regierung. liegt in ihrem eigenen Interesse – notwendige Maßnah- men zur Reduzierung der durch Nahrungsmittel- und Dr. Edmund Peter Geisen (FDP): Biomasseproduktion induzierten Emissionen ergreifen. Klimaschutz und Anpassung an den Klimawandel ge- hören zu den wichtigsten umwelt-, gesellschafts- und Landwirtschaftliche Produktion ist nicht klima- wirtschaftspolitischen Herausforderungen der heutigen neutral. Die Trockenlegung von Sümpfen und Mooren Zeit. Immer wieder legen wissenschaftliche Untersu- zur landwirtschaftlichen Nutzung, die Abholzung von chungen die Vermutung nahe, dass große Imperien – wie tropischen, subtropischen und borealen Wäldern, der das der Khmer im Mittelalter – aufgrund gravierender Umbruch von Grünland und Brachflächen, der intensive klimatischer Veränderungen untergegangen sind. Ackerbau mit engen Fruchtfolgen und Monokulturen, der starke Einsatz von synthetischen Düngemitteln und Leider wird die Bedeutung der Landwirtschaft für die intensive Tierhaltung tragen nachweislich zum Kli- diese Entwicklung immer noch sehr einseitig als bloßer mawandel bei. Klimakiller dargestellt. Egal, ob die Schlagzeile „Besser essen für das Klima“, „Klimakiller Kuh“ oder „Flei- Die EU-Kommission betrachtet den Klimawandel als scheslust mit fatalen Folgen“ lautet, wie jetzt während eine der Herausforderungen, an denen sich die zukünf- der ARD-Themenwoche „Essen ist leben“: Immer wird tige Agrarpolitik ausrichten muss. Wir haben mit unse- die heimische „konventionelle“ Landwirtschaft pau- rem Antrag eine Strategie vorgelegt, mit dem diese He- schal mit Negativattributen belegt. Dabei muss die Rolle rausforderung angenommen werden kann. Die Grünen der Landwirtschaft viel differenzierter betrachtet wer- konzentrieren sich in ihrem Antrag auf den Ackerbau; den. Warum? Weil sie zwar – weltweit betrachtet – zu auch in diesem Antrag werden wichtige Maßnahmen den größten Verursachern von Treibhausgasemissionen aufgezeigt. zählt, Lebensmittel aber kein Produktionsgut wie jedes

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Dr. Edmund Peter Geisen (A) andere sind, sondern unsere blanke Existenz sichern und uns! Wir brauchen den Ausstieg aus der Philosophie des (C) man den CO2-Ausstoß von Kühen eben nicht mit dem Ausstiegs! Das ist die Kernbotschaft unseres schon in von Autos vergleichen kann, denn die Autoindustrie bin- der letzten Legislatur eingebrachten Antrags „Klima- det während ihrer Produktion nun mal kein CO2! schutz durch effiziente Landwirtschaft“. Lassen Sie mich auf drei Punkte eingehen: Leider zeugen auch die Anträge von SPD und Bünd- nis 90/Die Grünen von einer einseitigen Sicht auf die Erstens. Nur eine effiziente, innovative und unterneh- Landwirtschaft. Ihre Agrarpolitiker und -politikerinnen merische Landwirtschaft, mit der standortangepasst und erweisen den heimischen Landwirten damit einen Bä- nachhaltig die Erträge zu steigern sind, kann die He- rendienst. So fordern beide Fraktionen in ihren Anträ- rausforderungen der Ernährungs- und Versorgungssi- gen zum Beispiel eine Verschärfung der Düngeverord- cherheit sowie des globalen Klimaschutzes meistern. nung und eine Steuer für mineralischen Stickstoffdünger. Das gilt für den heimischen Standort ebenso wie für die Damit steigen die Produktionskosten der heimischen Entwicklungsländer. Zur Steigerung der Produktivität in Landwirte weiter, ihre Wettbewerbsfähigkeit sinkt und der Land- und Ernährungswirtschaft müssen wir Inno- Produkte aus Ländern mit fragwürdiger Ökobilanz wer- vationen und technischen Fortschritt nutzen und nicht den preislich noch attraktiver. Davon hat weder das verteufeln: Das gilt für moderne Landtechnik genauso Klima noch unser Landwirt etwas! wie für modernste Betriebsmittel, Pflanzenzüchtung und Bewässerungssysteme. Schon in einigen osteuropäi- Auch soll die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft in schen Ländern ließe sich mit einfachsten Mitteln die konkrete Treibhausgasminderungsziele einbezogen und Produktivitätsrate um das Fünffache steigern. Dabei gilt die Bodenschutzrichtlinie angewandt werden. Neben es auch, die verantwortbaren Möglichkeiten der Bio- dem enormen Bürokratiemehraufwand stellt sich wieder technologie zu nutzen. Entsprechende Aus- und Fortbil- einmal die Frage nach dem klimarelevanten Nutzen. dung gehören dazu. Denn immer noch brauchen wir bessere wissenschaftli- che Erkenntnisse darüber, wie hoch die Klimagasemissi- Zweitens. Deutlich gesteigert werden müssen die In- onen aus der Landwirtschaft überhaupt sind. Außerdem vestitionen in die Agrarforschung – national wie inter- kann in anderen Bereichen und Branchen, so bei der national. Hier ist in den vergangenen Jahren viel zu we- Wärmedämmung in Privathaushalten oder im Verkehrs- nig passiert. Forschung und Entwicklung sind der sektor, mit weniger Aufwand mehr Klimagas eingespart Schlüssel für künftigen Wohlstand und angesichts der werden als in der Landwirtschaft. Herausforderungen des Klimawandels von entscheiden- der Bedeutung. Daneben wird die moderne, unternehmerisch-kon- ventionelle Landwirtschaft in den Anträgen pauschal als Drittens. Wir brauchen die Bioenergie – auch die aus (B) Klimakiller stigmatisiert. Der Ökolandbau hingegen soll Biomasse. Verbesserte Lebensverhältnisse in Schwellen- (D) binnen fünf Jahren auf 20 Prozent der landwirtschaftlich ländern wie China oder Indien ziehen nicht nur eine ge- genutzten Fläche ausgebaut werden – natürlich mit steigerte Nachfrage nach Lebensmitteln nach sich, der Steuermitteln. Dabei ist die Klimabelastung vieler Energiebedarf steigt ebenfalls rasant an. Gleichzeitig Tiererzeugnisse aus ökologischer Produktion pro Er- sind unsere fossilen Rohstoffvorkommen begrenzt. Die tragseinheit deutlich höher als die aus konventioneller; Alternative heißt nicht „Teller oder Tank“ – nein, für die das liegt vor allem an der extensiven Haltungsform und Liberalen gilt: „Teller und Tank“, wobei dem Teller im- dem zusätzlichen Flächenverbrauch. Von daher ist die mer Vorrang einzuräumen ist. von beiden Fraktionen geforderte Agrarwende – die Kli- Ein Wort noch zu der von uns beschlossenen Absen- mabilanz sowie die Ernährungssicherung durch Öko- kung der Agrardieselbesteuerung, die jetzt wieder von landwirtschaft zu optimieren – ein etwas wirklichkeits- SPD und Grünen so heftig als klimaschädlich kritisiert fremder Ansatz. Woher die zusätzlich nötigen Flächen wird: Haben Sie einmal ausgerechnet, wie viele Tonnen kommen sollen und wie der Güllebedarf bei massiv ver- Treibhausgase dadurch eingespart worden sind, dass ringertem Tierbestand gedeckt werden soll, bleibt ihr unter Rot-Grün der Agrardiesel deutlich höher besteuert Geheimnis. wurde? Zumal der Agrardieselanteil am gesamten Die- selkraftstoffverbrauch in Deutschland bei knapp 6 Pro- Auch wir von der FDP-Fraktion sind davon über- zent liegt. Fazit: Solche Maßnahmen helfen dem Klima zeugt, dass wir in der Agrarpolitik umdenken müssen, wenig, schaden unseren heimischen Landwirten aber allerdings in eine ganz andere Richtung, als es SPD und enorm. Die Angleichung der deutschen Agrardieselbe- Grüne wollen. Die globalen Herausforderungen bis steuerung an EU-Verhältnisse macht die Landwirtschaft 2050 sind enorm: Steigerung der Lebensmittelproduk- wettbewerbsfähiger und zukunftssicherer. Das ist gut für tion um bis zu 70 Prozent, gleichzeitig Reduktion der die gesamte Gesellschaft. Treibhausgasemissionen um mindestens 80 Prozent und massive Steigerung der Produktion nachwachsender Unsere Landwirte brauchen vernünftige Rahmenbe- Rohstoffe. Die Hungerrevolten 2008 haben uns schließ- dingungen und Planungssicherheit, um auf dem zuneh- lich gezeigt, was passiert, wenn die Nachfrage nicht mend globalisierten Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. mehr gedeckt wird. Wir von der FDP stehen voll dahin- Dazu zähle ich vor allem Kostenentlastung und Anreiz- ter, was UN-Generalsekretär Ban Ki-moon vor einiger systeme auf der Produktionsseite, Bürokratieabbau so- Zeit formulierte: „Wir müssen die historische Gelegen- wie Hilfe bei der Erschließung neuer Märkte. Hier heit für eine Wiederbelebung der Landwirtschaft nut- liegen die Chancen unserer hochwertigen Qualitätspro- zen.“ Und zwar nicht nur in Afrika, sondern auch bei dukte. Bei Bündnis 90/Die Grünen und der SPD hat man

Zu Protokoll gegebene Reden 7316 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Edmund Peter Geisen (A) angesichts solcher Anträge eher den Eindruck, statt den schutzmitteln oder bei der Rodung von Tropenwald zur (C) Landwirten Chancen zu eröffnen, wird alles getan, um Landgewinnung für neue Sojaplantagen anfangen. Das ihnen Hindernisse in den Weg zu legen. geht weiter über die notwendige fossile Energie für landwirtschaftliche Maschinen und Transportfahrzeuge Die FDP wird sich auch weiterhin als verlässlicher für Lagerung und Kühlung bis zu den Lebensmittelver- Partner der Landwirtschaft zeigen. Das gilt nicht nur für arbeitern und dem Lebensmittelhandel. Wir brauchen die Verteidigung der reduzierten Agrardieselbesteue- also eine Bilanz vom Mineralabbau zur Düngerproduk- rung, sondern auch hinsichtlich der Vermeidung über- tion bis zur Supermarkttheke. Ob dabei in der Summe flüssiger Betriebskosten und Bürokratie. Wir wollen dem dann circa 14 Prozent der Treibhausgase herauskom- Klimaschutz mit einer standortangepassten und nach- men, wie der Umweltverband WWF behauptet, oder haltigen Landwirtschaft gerecht werden. Denn nur eine 5,5 Prozent, wie der Deutsche Bauernverband betont? effiziente Landwirtschaft – den Kulturen, Böden, Witte- rungsverhältnissen und der Wirtschaftsweise angepasst Ich denke, zwei Dinge sind in dieser Diskussion wichtig: – schützt das Klima und die Nahrungssicherheit. Erstens ist die Landwirtschaft aufgrund ihrer Funktion als Nahrungslieferer nur bedingt mit anderen Bereichen, zum Beispiel Verkehr, zu vergleichen. Mit Apfel-Birnen- Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE) Vergleichen tut man ihr unrecht. Aber zweitens muss Der „Spiegel“, Ausgabe 42/2010, hat es in der ver- auch die Landwirtschaft versuchen, Treibhausgasemis- gangene Woche entdeckt: die diversen Gase beim Rind- sionen zu reduzieren. vieh. Der Artikel „Das Rülpsen der Rinder“ weist auf ein Problem hin, das zum Thema Landwirtschaft und Da Landwirtschaft nicht abstrakt ist, sondern Bäue- Klimaschutz gehört. Landwirtschaft ist Teil des Pro- rinnen und Bauern tagtäglich durch ihre wertvolle Ar- blems Klimawandel, aber wachsende Nutzpflanzen sind beit Äcker, Weiden und Wälder bewirtschaften, muss auch ein CO2-Speicher, und damit ist die Landwirtschaft eine starke Agrarwissenschaft dazu beitragen, ein gro- auch Teil der Lösung: Klimaschutz. ßes Arsenal von klimaschonenden Produktionsverfahren zu erarbeiten. Potenziale gibt es viele. Freilandhaltung In welche Richtung dieses Pendel öfter schwingt und verursacht vergleichsweise geringe Emissionen. Die welche Wege zu mehr Klimaschutz mit landwirtschaftli- Vergärung von Gülle in Biogasanlagen könnte Methan- cher Produktion führen, sind umstritten. In dem Artikel und Lachgasemissionen deutlich verringern. Düngemit- werden zwei gegensätzliche Lösungswege bezüglich der tel könnten zielgenauer eingesetzt werden. In Deutsch- Tierhaltung beschrieben. Ein Farmer aus Australien land kann nur die Hälfte des eingesetzten Stickstoffs von hält über 100 000 Rinder in extensiver Weidehaltung. den Pflanzen überhaupt genutzt werden. Mehr oder weniger natürlich leben die Tiere dort bis zu (B) ihrem Tod durch Gewehrschuss. Er macht sich kaum Ge- Für uns als Linke ist der Klimaschutz neben dem Ver- (D) danken über das Rülpsen seiner Tiere. Im fernen Rom lust an biologischer Vielfalt ein wichtiges agrarpoliti- macht sich jemand umso mehr Gedanken darüber: Ein sches Thema, auch bei der Debatte um die Neuausrich- Wissenschaftler der FAO – das ist die Landwirtschafts- tung der Gemeinsamen Agrarpolitik, GAP, nach 2013. behörde der Vereinten Nationen – redet der Intensivie- Die Linke hat dazu Vorschläge veröffentlicht. Wir wollen rung der Nutztierhaltung das Wort. Nur so könnten die Direktzahlungen aus der ersten Säule der GAP ziel- schädliche Treibhausgasemissionen pro Steak reduziert gerichteter an konkrete gesellschaftliche Leistungen werden. Nur: Ob diese Ökobilanzierung auch unter Ein- binden, also auch an Klimaschutz oder mehr Agrobiodi- rechnung aller Klimaeffekte des vorgelagerten Bereichs, versität. Zukünftig soll auf die Umnutzung von Grünland zum Beispiel des intensiven Futtermittelanbaus und -trans- zu Ackerland verzichtet werden. Durch Grünlandum- portes, noch so aufgeht? Vielleicht liegt ja, wie so oft im bruch werden klimaschädigende Treibhausgase freige- Leben, die kluge Lösung irgendwo in der Mitte? setzt, der Wasserhaushalt gerät in Bedrängnis, und die So gegensätzlich die Lösungswege auch sein mögen, Artenvielfalt geht zurück. Feldgehölze verbessern die eins ist klar: Wenn wir am 2-Grad-Ziel festhalten wollen biologische Vielfalt. – also die globale Klimaerwärmung um maximal 2 Grad Celsius –, dann müssen alle einen Beitrag dazu leisten. Die von den Grünen und der SPD eingereichten An- Das gilt für alle Wirtschaftbranchen wie auch für die träge enthalten eine Vielzahl von Vorschlägen, wie der Landwirtschaft. Allerdings muss dabei die Sonderrolle Herausforderung Klimawandel begegnet werden und der Landwirtschaft betrachtet werden: als Produzent le- wie die Landwirtschaft ihren Beitrag zur Reduzierung bensnotwendiger Güter, der Lebensmittel. Deshalb ist ihres Treibhausgasausstoßes leisten kann. Wir sollten sie eben nur bedingt mit Autobauern und Fernsehprodu- sie im Ausschuss ernsthaft diskutieren. zenten vergleichbar, auch wenn das jüngere Leute als ich vielleicht anders sehen. Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Grundlage für eine Strategie für mehr Klimaschutz in Selbst die konservative Bundesregierung schätzt den der Landwirtschaft muss eine wissenschaftlich belast- Gesamtbeitrag der Landwirtschaft an den deutschen bare Klimabilanz der landwirtschaftlichen Produktion Treibhausgasemissionen auf 11 bis 15 Prozent – ein An- sein. Dabei ist für mich schon eine wichtige Frage, wel- teil, der durchaus relevant ist. Die Agrarlobby jedoch che Teilbereiche wir denn in eine solche Rechnung ein- – und das erleben wir seit Jahren – redet den Beitrag der beziehen wollen. Aus meiner Sicht sollte diese Rechnung Landwirtschaft zum Klimawandel klein, bis hin zu der bei der Gewinnung von Mineraldüngern und Pflanzen- Behauptung, die Landwirtschaft leiste einen Beitrag

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Cornelia Behm (A) zum Klimaschutz. Damit verkehrt sie die Tatsachen völ- die Betriebe anpassen können und dass dieses Instru- (C) lig in ihr Gegenteil. ment von daher auch wirken würde. Nichtsdestotrotz fordert die Agrarlobby, die Land- Es ist in diesem Zusammenhang völlig inakzeptabel, wirtschaft von der klimapolitischen Verpflichtung, die dass die Bundesregierung bei der Frage nach zusätzli- Treibhausgasemissionen zu senken, auszunehmen, und chen Maßnahmen zur Erreichung der von der EU vor- Agrarministerin Aigner hat diese Forderung, wie für geschriebenen maximalen Ammoniakemissionen von eine Agrarministerin von der Union üblich, brav über- 550 Kilotonnen ab 2010 auf Zeit spielt und darauf ver- nommen. Aber angesichts der notwendigen Klimagasre- weist, man müsse erst einmal die neuesten Schätzungen duktion um 90 Prozent geht es nicht an, die Landwirt- abwarten, um zu sehen, ob es zu Überschreitungen schaft von den klimapolitischen Verpflichtungen kommt. Dieses Zeitspiel der Bundesregierung zeigt, dass auszunehmen. Denn wenn man die Treibhausgasemis- sie nicht bereit ist, das Notwendige und schon heute sionen um 90 Prozent senken muss, die Emissionen der Mögliche zu tun. Im Gegenteil, sie setzt auf eine Expan- Landwirtschaft von über 10 Prozent aber stabil bleiben sion der Tierhaltung und nimmt damit sogar eine Ver- sollen, hieße das im Klartext, Industrie, Verkehr und stärkung der Emissionen aus der Tierhaltung in Kauf. Haushalte dürften sich gar keine Emissionen mehr leis- Der SPD-Antrag ist sehr umfassend und geht in die ten. Das ist abwegig. Diese Zahlen zeigen demnach: richtige Richtung. Im Bereich der EU-Agrarpolitik ver- Ohne Beitrag der Landwirtschaft sind die Klimaziele treten wir jedoch eine andere Position. Während die nicht zu erreichen. SPD eine nachhaltige, klimaschonende Landwirtschaft Uns ist selbstverständlich klar, dass das keine leichte vor allem über die zweite Säule stärken will, wollen wir Aufgabe ist, wenn man die wachsende Weltbevölkerung diese globale Herausforderung auch in der ersten Säule ernähren will. Da wird man an vielen verschiedenen verankern. Für klimaschädliche Produktionsweisen darf Stellschrauben drehen müssen. So wird die Landwirt- es keine Förderung mehr geben. Zu klimaschädlichen schaft den Agrardieselverbrauch drastisch senken müs- Subventionen wie der Agrardieselbeihilfe äußert sich sen, zum Beispiel durch Umstellung auf Pflanzenöl und die SPD in ihrem Antrag nicht. Das wäre aber nötig ge- Biodiesel sowie durch effizientere Landmaschinen. Des- wesen, um ihren Standpunkt angesichts ihres wider- wegen ist es grundfalsch, den Agrardiesel steuerlich zu sprüchlichen Agierens in dieser Frage deutlich zu ma- entlasten, wie es die Bundesregierung tut. Das führt chen. Schließlich hat die Große Koalition der schwarz- gelben den Weg zum Ausbau der Agrardieselsubventio- nicht zu CO2-Einsparungen, sondern zu einem höheren Verbrauch fossiler Ressourcen. nierung geebnet. Konsequente Klimaschutzpolitik für die Landwirtschaft sieht anders aus. Die Landwirtschaft wird auch den Abbau von Humus (B) (D) und organischer Substanz durch humuszehrende Bewirt- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: schaftung, durch Grünlandumbruch und landwirtschaft- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlagen liche Nutzung von Mooren stoppen müssen. Allein die auf den Drucksachen 17/1575 und 17/2487 an die in der landwirtschaftliche Nutzung von Moorböden ist für Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. 30 Prozent der Treibhausgasemissionen der Landwirt- Sind Sie damit einverstanden? – Das ist der Fall. Dann schaft verantwortlich – auf nur acht Prozent der Agrar- ist das so beschlossen. fläche. Durch die Wiedervernässung von Mooren und die Nutzung als extensives Grünland wäre also ein gro- Ich rufe den Tagesordnungspunkt 23 auf: ßer Beitrag zur Senkung der Emissionen zu erreichen. Beratung des Antrags der Abgeordneten Karin Die Landwirte werden aber auch die Methan- und Binder, Ralph Lenkert, Dr. Barbara Höll, weiterer Lachgasemissionen aus Tierhaltung und Düngung sen- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE ken müssen. Laut Indikatorenbericht zur nationalen Ungefährliche und klimaschonende Kältemit- Nachhaltigkeitsstrategie liegen die Stickstoffüber- tel in Kfz-Klimaanlagen verwenden schüsse in der Landwirtschaft immer noch bei 145 Kilo- gramm pro Hektar. Das Ziel der Nachhaltigkeitsstrate- – Drucksache 17/3432 – gie für 2010 sind 80 Kilogramm. Die Düngeverordnung Überweisungsvorschlag: gibt sogar nur 60 Kilogramm pro Hektar vor. Dieser Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (f) überschüssige Stickstoff landet zum Teil im Grundwas- Ausschuss für Wirtschaft und Technologie ser und zum Teil als Klimagas in der Atmosphäre. Trotz- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz dem ist die Bundesregierung nicht bereit, zusätzliche Ausschuss für Gesundheit Maßnahmen zur Verminderung der Stickstoffüberschüsse Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu ergreifen. Das wären beispielsweise zusätzliche Sank- tionsmechanismen in der Düngeverordnung und eine Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu Stickstoffüberschussabgabe, die als finanzielles Instru- Protokoll genommen. ment Anreize zur Vermeidung von Stickstoffüberschüs- sen setzt. Die Tatsache, dass reine Ackerbaubetriebe und Christian Hirte (CDU/CSU): auch viele tierhaltende Betriebe keine Probleme mit der Der Klimawandel ist die globale Herausforderung Einhaltung der Quasi-Stickstoffgrenzwerte haben, son- für die Staatengemeinschaft. National wie international dern die Probleme ganz klar auf die regionalen Schwer- müssen wir heute Entscheidungen treffen, damit künftige punkte der Tierhaltung konzentriert sind, zeigt, dass sich Generationen nicht nur ausreichend mit Energie und 7318 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Christian Hirte (A) Ressourcen versorgt werden, sondern ihnen ihrerseits so stellt sich mir die berechtigte Frage, was die Folgen (C) die Spielräume zur gesellschaftlichen und wirtschaftli- wären. chen Gestaltung erhalten bleiben. Kohlendioxid als Kältemittel ist zwar sehr umwelt- Beim Klimaschutz denken viele nur an Kohlendioxid. freundlich, benötigt aber einen zehnfach höheren Druck. Wie wir wissen, ist es das Treibhausgas mit der größten Das erfordert einen weitgehenden Umbau der Klima- Menge – aber nicht das einzige und nicht das stärkste. anlage und damit auch zusätzliche Entwicklungskosten Teil- und vollfluorierte Kohlenwasserstoffe – soge- bei den Zulieferern. Zulieferfirmen agieren weltweit. nannte HFKW und FKW – und Schwefelhexafluorid Für viele Hersteller von Kfz-Klimaanlagen würde ein schädigen ebenfalls das Klima. Sie kommen als Kälte- deutscher Alleingang bedeuten, dass sie ihre Produk- mittel in vielen Kühlanlagen, den Klimaanlagen unserer tionskapazitäten in zwei verschiedene Technologielinien Autos, bei der Herstellung von Schaumstoffen, in Schall- teilen müssten: einen kleineren Teil für deutsche Fabri- schutzscheiben sowie als Treibmittel in Spraydosen zum kate und einen größeren für ausländische Fahrzeuge. Einsatz. Zudem würde das zwangsläufig bedeuten, dass die Diese Kohlenwasserstoffe schädigen das Klima 1 300- Kfz-Werkstätten sich kostenintensiv darauf einstellen müssten, sowohl Befüllungstechnologien für syntheti- bis 24 000-mal stärker als CO2 – Grund genug für die Europäische Union, mit der EU-Richtlinie 2006/40/EG sche Kältemittel ausländischer Fahrzeuge als auch zu handeln. Diese sieht vor, dass ab 2011 nur noch Käl- CO2-Füllanlagen für deutsche Fabrikate vorzuhalten. temittel in Kfz-Klimaanlagen zugelassen werden, die Sicher werden teurere Klimaanlagen auch zu höheren maximal 150-mal so klimaschädlich sind wie Kohlendi- Endpreisen bei den ohnehin schon kostenintensiven oxid. Das ist schon eine beachtliche Zahl. Zum Ver- deutschen Autos führen. Es mag ja sein, dass der Vorsit- ständnis: Ein Kilogramm des bisherigen in Autoklima- zende der Linken, Klaus Ernst, beim Autokauf nicht so anlagen verwendeten Kältemittels Tetrafluorethan ist aufs Geld schauen muss, aber ich bezweifle, ob das auch 1300-mal so umweltbelastend. Gerät die gesamte Fül- für die Mehrheit der Klientel seiner Partei zutrifft. lung einer Autoklimaanlage etwa durch einen Unfall in die Atmosphäre, entspricht das etwa 6 000 Kilometern Schlußendlich wird auch die Frage erlaubt sein, was Autofahrt. passiert, wenn die Klimaanlage eines deutschen Fabri- kats sagen wir: in China zur Reparatur muss. Können wir uns solche Klimakiller aus purem Luxus leisten? Von Haus aus bin ich Jurist, und die meisten Ju- Steht dort keine geeignete Anlage zum Befüllen mit risten würden eine solche Frage so beantworten: Es CO2 zur Verfügung, dann hat der Fahrzeugeigentümer zwei Möglichkeiten: Entweder zukünftig ohne Klimaan- (B) kommt darauf an. Es kommt darauf an, ob wir unser Be- (D) dürfnis nach Luxus beim Reisen auch wesentlich um- lage zu fahren oder sich das nächste Mal für ein nicht- weltfreundlicher erreichen können. Wenn wir diese deutsches Fahrzeug zu entscheiden. Angesichts des Frage bejahen, dann kann man auch mit gutem Gewis- Wachstumspotenzials des asiatischen Automobilmarktes sen den Schalter der Klimaanlage betätigen. sicher keine Verlockung für die Hersteller in München, Stuttgart oder Eisenach. Mit Tetrafluorethan, wie wir es derzeit noch benutzen, könnten wir die Frage nach der „Freude am Fahren“ si- Synthetische Kältemittel wie das von verschiedenen cher nicht so leicht beantworten. Da ist ein adäquater Umweltverbänden heftig kritisierte Hydrofluoroolefin, Nachfolger natürlich gefragt, und er schien auch schnell haben dagegen den unbestreitbaren Vorteil, dass sie gefunden: R744 oder einfach Kohlendioxid. So ereignete auch in herkömmlichen Anlagen funktionieren. Es ist sich im September 2007 einer dieser seltenen Momente vergleichbar sicher im Einsatz wie das bisherige, welt- in der Geschichte der deutschen Autoindustrie: Sie weit akzeptiert und kann in bewährten Anlagen verwen- wurde von Umweltverbänden gelobt. Selbst notorische det werden. Dazu ist es gegenüber dem bisherigen Kühl- VDA-Gegner wie die Deutsche Umwelt Hilfe applau- mittel deutlich besser und mit einem Global Warming dierten eifrig, als der Präsident des Verbands der Auto- Potential von 4 um den Faktor 357 klimafreundlicher. mobilindustrie, VDA, auf der Internationalen Automobil- Mit Hydrofluoroolefin als Kältemittel werden die neuen ausstellung verkündete, dass die deutschen Hersteller gesetzlichen Vorgaben nicht nur erfüllt, sondern deut- künftig Kohlendioxid als Kältemittel für Klimaanlagen lich unterschritten. Damit wird ein klimafreundlicher verwenden wollen. globaler Standard geschaffen. Eine nationale Insellösung macht keinen Sinn und Sicher würde auch die Fraktion Die Linke applau- würde zu erheblichen Wettbewerbsnachteilen für die diert haben, wenn die europäische Herstellervereini- deutsche Automobilindustrie gegenüber ihren Wettbe- gung ACEA es nicht abgelehnt hätte, ihre Mitglieder auf werbern aufgrund fehlender Skaleneffekte bei geringer die gleiche Linie festzulegen. Stattdessen hat sich die Produktionsmenge führen. Die deutsche Automobilin- ACEA für Hydrofluoroolefin als künftigen Kältemittel- dustrie dazu zu verurteilen, sich gegen den weltweiten standard entschieden, nicht ohne gute Gründe. Die Trend zu stellen, ist kurzsichtig, sichert keine Arbeits- Linke fordert in ihrem Antrag, dass die deutsche Autoin- plätze und ist für den Industriestandort Deutschland dustrie an Kohlendioxid als Kältemittel festhält, wäh- kontraproduktiv. rend sich die gesamte übrige Welt bereits anders ent- schieden hat. Würde man aber, wie die Linke es in ihrem Was die Frage der Sicherheit von Hydrofluoroolefin Antrag fordert, auf einen deutschen Alleingang setzen, betrifft, bleibt festzuhalten, dass die im Hinblick auf die

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7319

Christian Hirte (A) potenzielle Brennbarkeit des Stoffes und die mögliche etwas Kältemittel in die Umwelt und schädigt die Atmo- (C) Bildung von Flusssäure als Umwandlungsprodukt disku- sphäre. Der Rat der Klimawissenschaftler, IPCC, der tierten Sicherheitsprobleme von der Automobilindustrie die Vereinten Nationen berät, schätzt, dass weltweit sorgfältig geprüft wurden. Aufgrund dieser Prüfungen nicht nur die Anzahl der Fahrzeuge signifikant steigen kommt die Industrie zu der Einschätzung, dass diese wird, sondern vor allem die Anzahl der Fahrzeuge, die Problematik beherrschbar, einer Verwendung unter den mit einer Klimaanlage ausgestattet sind. Nach Berech- zu betrachtenden praktischen Einsatzbedingungen nicht nungen des IPCC werden allein im Jahr 2015 schädli- entgegenstehend und ein Einsatz in Klimaanlagen von che Kältemittel im Umfang von mindestens 270 Millio- Fahrzeugen unbedenklich ist. nen Tonnen CO2-Äquivalenten aus Klimaanlangen in die Die ausführlichen Tests im Rahmen des SAE-Pro- Atmosphäre gelangen und den Klimawandel verstärken. gramms, Society of Automotive Engineers, haben zudem Es besteht somit dringender Handlungsbedarf, diese gezeigt, dass Hydrofluoroolefin ein höchst energieeffi- Thematik anzugehen. Im Zentrum der Debatte stehen die zientes Kühlmittel ist und Fahrzeuge damit weniger Chemikalien, die als Kältemittel verwendet werden. Benzin verbrauchen und weniger Emissionen produzie- Während Kohlendioxid in der Klimadebatte in aller ren als Autos, die alternative Kühlmittel verwenden. Au- Munde ist, ist die Chemikalie R134a nur Experten be- ßerdem ergaben die Tests, dass CO2, eine der möglichen Alternativen, zwar ein Global Warming Potential von 1 kannt. R134a wird bislang in allen gängigen Fahrzeug- hat, aber weniger effizient ist als Hydrofluoroolefin, was klimaanlagen als Kältemittel eingesetzt. R134a ist mit- zu höheren indirekten Emissionen führt. Ähnliche Stu- verantwortlich für den Klimawandel und zählt zu den im dien wurden auch weltweit von der Automobilindustrie Kioto-Protokoll aufgeführten fluorierten Treibhausga- durchgeführt, die ein hohes Eigeninteresse an der Be- sen, die den Klimawandel beschleunigen und die Ozon- herrschung der infrage stehenden Risiken hat, schon aus schicht zerstören. Es ist 1 430-mal klimaschädlicher als Gründen der Produkthaftung. Auch nach diesen Studien CO2. Die EU hat daher für Kältemittel in Fahrzeugkli- ist ein Einsatz in Klimaanlagen als unbedenklich anzu- maanlagen einen Grenzwert festgelegt, um die Verwen- sehen und vergleichbar sicher im Einsatz wie das heu- dung klimaschädlicher Stoffe wie R134a einzudämmen tige Kältemittel. und langfristig zu verbieten. Ab dem 1. Januar nächsten Jahres ist die Verwendung des Kältemittels R134a we- Die Veröffentlichungen aller vom Umweltbundesamt gen seiner hohen Klimaschädlichkeit in Klimaanlagen und der Bundesanstalt für Materialforschung und -prü- neugenehmigter Pkw-Fahrzeugtypen verboten. Ab dem fung durchgeführten Untersuchungen stellen sicherlich 1. Januar 2017 gilt dieses Verbot für alle neu in den Ver- einen wichtigen Beitrag zur laufenden Sicherheitsdis- kehr kommenden Pkw. (B) kussion über den Einsatz neuer Kältemittel in Auto- (D) mobilklimaanlagen dar. Diese wichtigen Erkenntnisse Fraglich ist nun, durch welche Stoffe R134a ersetzt werden sowohl von den Automobilherstellern als auch werden kann. Die EU hat die Richtlinie technologieoffen den Genehmigungsbehörden für Kraftfahrzeuge bei ih- gestaltet. Vorgegeben ist nur, dass zukünftige Kältemittel ren Maßnahmen und Entscheidungen sorgfältig berück- eine Treibhausgaswirksamkeit haben dürfen, die nicht sichtigt werden. mehr als 150-mal größer ist als diejenige von Kohlendi- Ich habe in meiner letzten Rede vor diesem Haus da- oxid. In der Debatte ist nun, dass CO2 als Kältemittel für rauf hingewiesen, dass wir in Europa heute vielleicht die Klimaanlagen verwendet wird. Für CO2 sprechen ei- noch das falsche Thema diskutieren, wenn wir Klima- nige Aspekte. So ist CO2 weltweit kostengünstig in der schutzauflagen als Grund für Arbeitsplatzverluste se- erforderlichen Qualität verfügbar, da es als Abfallpro- hen. Aber manchmal gehen Klimaschutzauflagen und dukt aus industriellen Prozessen gewonnen werden der Erhalt von Arbeitsplätzen Hand in Hand. Vorausset- kann. CO2 brennt nicht und ist für den Menschen ungif- zung ist, dass man nicht durch überzogene Forderungen tig. Mit CO2 betriebene Klimaanlagen sind zudem ener- ohne zusätzlichen Nutzen Arbeitsplätze gefährdet. Da- gieeffizient und reduzieren so den Kraftstoffmehrver- her ist der Antrag der Fraktion Die Linke abzulehnen. brauch während der Fahrt. Deswegen gibt es auch Umweltverbände, die sich für die Verwendung von CO2 Frank Schwabe (SPD): als Kältemittel einsetzen. Nachdem es gerade um Landwirtschaft und Klima- Eine andere Chemikalie, die der Verband der Auto- schutz ging, behandeln wir nun einen Antrag zum Thema industrie ins Gespräch gebracht hat, ist 2,3,3,3-Tetraflu- Klimaschutz und Verkehr, allerdings nicht zu den Ver- orpropen, das unter dem Namen 1234yf in den Handel kehrsthemen, die öfters in der Diskussion sind, wie Tem- kommen soll. Der Stoff ist von seinem Hersteller chemi- polimit oder spritsparende Autos. Es geht heute nicht um kalienrechtlich als „hochentzündlich“ eingestuft wor- das Kohlendioxid, das aus der Verbrennung des Benzins den. Deswegen wurde dieses Kältemittel vom Umwelt- entsteht, sondern um die Chemikalien, mit denen die Kli- bundesamt und der Bundesanstalt für Material- maanlagen in den Autos für eine angenehme Temperatur forschung und -prüfung, BAM, untersucht. Bei hohen sorgen. Temperaturen oder bei einem Brand kann aus 1234yf Klimaanlagen gehören heute zur Standardausrüstung das Umwandlungsprodukt Flusssäure entstehen. Nach von fabrikneuen Pkw. Kaum jemand möchte inzwischen Untersuchungen im Auftrag der Automobilindustrie ist auf gutgekühlte Auto-, Bus- oder Bahnfahrten verzich- der Einsatz von 1234yf unbedenklich und vergleichbar ten. Jedoch entweicht aus den Fahrzeugen permanent sicher wie der Einsatz heutiger Kältemittel.

Zu Protokoll gegebene Reden 7320 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Frank Schwabe (A) Neben den Aspekten des Klima- und Gesundheits- organisieren: mit Energieeffizienz, Elektromobilität und (C) schutzes sollten auch der Preis und die bisher von ver- nachhaltigen Verkehrskonzepten. schiedensten Firmen geleistete Forschungs- und Ent- wicklungsarbeit berücksichtigt werden. Deutsche Aber was macht die Bundesregierung konkret, diese Kälteanlagenhersteller erforschen und verbessern seit Verpflichtung einzulösen? Im Januar 2010 hat sie Maß- Jahren die Technik von Klimaanlagen. Wir müssen da- nahmen für die Bereiche Verkehr und Gebäude angekün- rauf hinwirken, dass deutsche Unternehmen mit der von digt, Maßnahmen, die über das Integrierte Energie- und ihnen entwickelten Technik die technologische Vorrei- Klimaprogramm hinausgehen. Das Verkehrsministerium terrolle in der klimafreundlichen Fahrzeugkühlung hat ein sektorspezifisches Energie- und Klimakonzept übernehmen. für die Bereiche Verkehr und Gebäude für den Herbst versprochen. Diesen Aspekt möchte ich noch einmal allgemeiner betrachten. In unseren wirtschaftlich schwierigen Zeiten Jetzt ist Herbst, aber ein Konzept? Fehlanzeige! Die haben sich die Umwelttechnologien und Umweltinnova- SPD hat mit der Großen Anfrage „Sicherung der Tech- tionen als Motor für Wachstum und Beschäftigung ent- nologieführerschaft Deutschlands im Verkehrs- und wickelt. Das Zusammenspiel von Umwelt, Wirtschaft Baubereich“ im März 2010 genau nach den Maßnah- und Arbeit hat eine neue Qualität erreicht. Die Branche men der Bundesregierung gefragt. Wir mussten lange modernisiert die deutsche Wirtschaft – und wächst ins- auf die Antwort warten, mussten mehrmals nachfragen. gesamt sogar noch schneller, als wir erwartet haben. Dann im Oktober wurde sie vorgelegt. Aber was wurde Umwelttechnologien sind ein hervorragendes Beispiel vorgelegt? Nichtssagende Antworten auf zentrale Fra- dafür, wie wir durch Innovationen einen nachhaltigen gestellungen wie Weichenstellungen für Elektromobili- Beitrag zur Stabilisierung der Konjunktur leisten kön- tät. nen. Klimaschutz, Luftreinhaltung, Schonung von Rohstof- In der Schule gäbe es für ein derart schlampige Ar- fen, Gewässer- und Bodenschutz, der Erhalt von Biodiver- beit eine glatte 6. Für uns stellt die Art und Weise, wie sität – in all diesen Bereichen ist bereits heute eine Reihe mit unserer Anfrage vonseiten der Bundesregierung um- leistungsstarker und verlässlicher Technologien im Ein- gegangen wird, eine Missachtung des Parlaments dar. satz. In den vergangenen Jahrzehnten ist mit ihrer Hilfe viel zum Wohl der Umwelt erreicht worden. Auch in Zukunft Im Mai 2010 inszenierte die Kanzlerin einen Elektro- werden neue Technologien und Organisationsformen eine Auto-Gipfel mit viel Blitzlichtgewitter umrahmt vom bedeutende Rolle einnehmen. Nur mit Innovationen lassen Umwelt-, Verkehrs- und Wirtschaftsminister sowie der sich Wirtschaftswachstum und Schutz von Klima und Um- Bildungsministerin. Eine Plattform wurde aus der Taufe welt nachhaltig verknüpfen. gehoben – dagegen ist nichts einzuwenden –, auf der (B) alle Kompetenzen gebündelt und verschiedene Themen- (D) Lassen Sie uns deswegen auch im Bereich der Kälte- felder erarbeitetet werden sollen. Im Anschluss legt sie mittel eine Lösung finden, die dem Klimaschutz dient alles in die Hände der Automobilindustrie. Die Bundes- und die Umwelttechnologien voranbringt. regierung stiehlt sich aus der Verantwortung und ver- lässt sich auf die Industrie. Ein Leitmarkt Elektromobili- Ute Kumpf (SPD): tät fällt nicht vom Himmel, Politik muss auch Kollege Frank Schwabe hat bereits die Problematik Rahmenbedingungen setzen. von Chemikalien, die als Kältemittel in Kfz-Klimaanla- Es reicht nicht aus, sich auf den Lorbeeren der SPD gen verwendet werden, ausführlich dargelegt. Mir gibt auszuruhen. In der rot-grünen Bundesregierung und der dieser Antrag so die Gelegenheit, deutlich zu machen, Großen Koalition haben wir, die SPD, die Weichen ge- welche Rolle der Verkehr, vor allem der Kfz-Verkehr, stellt. Mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz, dem Inte- beim Klimaschutz spielt. Alle Fraktionen haben bei den grierten Energie- und Klimaprogramm, der Schaffung Debatten hier im Parlament zum Klimaschutz immer der Nationalen Plattform für Wasserstoff- und Brenn- wieder betont, wie wichtig die Reduzierung der CO - 2 stoffzellentechnologie NOW, dem Nationalen Entwick- Emissionen ist und welche Verpflichtungen wir auf euro- lungsplan Elektromobilität und dem Ziel, bis 2020 päischer und internationaler Ebene eingegangen sind. 1 Million Elektroautos auf deutsche Straßen zu bringen, Fakt ist: In der europäischen Union stammt fast ein den 500 Millionen Euro an Fördergeldern im Konjunk- Fünftel aller Treibhausgase aus dem Verkehr, woran der turprogramm II für die Forschung, Entwicklung und Er- Pkw-Verkehr einen Anteil von 72 Prozent hat – mit stei- probung von Elektromobilität in acht Modellregionen gender Tendenz. Der globale Klimawandel, die lokale bis 2011. Aber wie soll es nun in den Modellregionen Luftverschmutzung, die Zunahme des Weltenergiebedar- weitergehen? Die Regierung gibt keine Antwort. Die fes und begrenzte fossile Brennstoffe machen ein Um- Projektträger und Projektentwickler brauchen aber denken bei der Mobilität und eine Minderung der Treib- schon jetzt Signale, wie es nach dem Juni 2011 weiterge- hausgasemissionen erforderlich. hen soll. Sonst besteht die Gefahr, dass aus guten Pro- jektansätzen Projektruinen entstehen und die Konjunk- Bis 2020 sollen in Deutschland die Treibhausgas- turmittel verpuffen. emissionen um 40 Prozent, bis 2050 um 80 bis 95 Pro- zent gegenüber 1990 vermindert werden. Auch die Bun- Die Bundesregierung hat Elektromobilität zu einem desregierung hat sich auf der UN-Klimakonferenz von Schwerpunkt der Regierungsarbeit erklärt. Bis jetzt lie- Kopenhagen dazu verpflichtet. Das muss sie in konkre- gen keine Vorschläge für eine Strategie für die Einfüh- ten Maßnahmen umsetzen, um CO2-freie Mobilität zu rung der Elektromobilität auf dem Tisch. Sogar Haus-

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Ute Kumpf (A) haltsmittel wurden vergessen, und durch Anträge aus Sie auf Auszüge aus einem Gutachten der Bundesanstalt (C) Reihen der Opposition ist dem Verkehrsministerium der für Materialforschung, das im Auftrag des Umweltbun- Fehler bewusst geworden. desamtes erstellt wurde, und auf Auszüge aus einer Ant- wort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage Ihrer Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind, nach wie Fraktion. vor. 58 Prozent aller Wege und 79 Prozent aller Kilo- meter werden mit dem Pkw entweder als Fahrer oder Aber wenn Sie schon Dritte zitieren, dann doch bitte Mitfahrer zurückgelegt. Aber Studien belegen: Die Men- vollständig. Denn auch die Bundesanstalt für Material- schen sind offen für Elektromobilität und für nachhal- forschung kommt zu dem Schluss, dass R-1234yf in Kli- tige Verkehrskonzepte. 85 Prozent würden beim nächs- maanlagen zum Einsatz kommen kann, wenn entspre- ten Mal ein Elektrofahrzeug kaufen, so eine Studie der chende Sicherungsmaßnahmen ergriffen werden und Münchener Unternehmensberatung Barkawi vom Okto- eine sorgfältige Risikoanalyse erfolgt. Dem haben die ber 2009. Bei einer Umfrage des ADAC bei seinen Mit- deutschen Fahrzeughersteller umfassend Rechnung ge- gliedern im September 2009 waren es 75 Prozent. tragen und ihre Anlagen einer Sicherheitsanalyse durch den TÜV Süd unterzogen und von diesem zertifizieren Neben technischen, fahrzeugbezogenen Maßnahmen lassen. brauchen wir innovative und umweltschonende Mobili- tätskonzepte. Ein gut ausgebautes Verkehrssystem ist Internationale Studien, unter anderem durch die re- Voraussetzung für Klimaschutz und Nachhaltigkeit. In- nommierte Society of Automotive Engineers, haben zu- vestitionen in Infrastruktur sind Investitionen in die Zu- dem ergeben, dass R-1234yf in der Praxis schwer ent- kunft. flammbar ist und es nur durch das kaum anzunehmende Zusammentreffen mehrerer, bereits einzeln unwahr- Auch Elektrofahrzeuge haben dort ihren Platz. Sie scheinlicher Faktoren zu einer Kältemittelentzündung sind Bestandteil eines umfassenden und vernetzten Mo- kommen kann. Aber selbst in einem solch unwahrschein- bilitätsangebots. Ein Paradigmenwechsel muss her: lichen Fall bleiben die ermittelten Expositionswerte für vom individuellen Eigentum eines Fahrzeugs hin zum Fluorwasserstoff unter den allgemein anerkannten Konzept einer dienstleistungsbasierten Mobilität. Die Grenzwerten. Die Bundesregierung kommt deshalb in Menschen sind bereit für den Wechsel, auch das zeigen ihrer Antwort auf die Anfrage der Linksfraktion zu dem Modellversuche wie in Ulm mit car2go. Ergebnis, dass „ein Einsatz von R-1234yf in Klimaanla- Die Minister Gabriel und Tiefensee haben ein Ge- gen als unbedenklich anzusehen und vergleichbar sicher samtkonzept für eine integrierte Umwelt- und Verkehrs- im Einsatz wie das heutige Kältemittel“ ist. politik angestoßen und entwickelt. Schwarz-Gelb muss Ihrem Antrag fehlen für eine Zustimmung daher so- (B) sich gar nicht den Kopf zerbrechen, die Konzepte liegen wohl die rechtlich-formalen Voraussetzungen als auch (D) vor und müssen nur umgesetzt werden. eine überzeugende inhaltliche Begründung. Gerne kön- Eine Nationale Plattform Elektromobilität der Auto- nen wir dieses Thema im Umweltausschuss aber noch mobilindustrie alleine macht noch keinen Leitmarkt. Wir einmal vertiefen. Ich freue mich auf die weitere Debatte. brauchen eine nationale Kraftanstrengung, wir brau- chen eine konzertierte Aktion für eine CO2-freie Mobili- Ralph Lenkert (DIE LINKE): tät und brauchen politische Rahmenbedingungen für Die schwarz-gelbe Bundesregierung betreibt Klien- Elektromobilität. telpolitik für die Wirtschaft. Das ist nicht neu. Nimmt sie dabei jetzt die Gesundheitsgefährdung von Verbrauche- Dr. Lutz Knopek (FDP): rinnen und Verbrauchern billigend in Kauf? Das wäre Eigentlich kann man es sich mit der Ablehnung des nicht hinnehmbar! vorliegenden Antrags der Fraktion Die Linke einfach Statt unbedenklicher und klimaneutraler Kältemittel machen; denn das Ansinnen der Linksfraktion, be- sollen Kraftfahrzeuge in Deutschland künftig mit Kälte- stimmte Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen im nationalen mitteln gefüllt werden, die leicht in Flammen aufgehen Alleingang zu verbieten, ist schlicht europarechtswidrig. und giftige Stoffe freisetzen. Durchgesetzt hat das der Die einschlägige EU-Richtlinie 2006/40/EG setzt euro- ehemalige CDU-Verkehrsminister – paweit Standards für Emissionen aus Kfz-Klimaanlagen. mittlerweile Chef des Lobbyverbandes der Automobil- Einseitige nationale Abweichungen von dieser Richtline industrie, VDA. verstoßen gegen die Bestimmungen zum freien Waren- verkehr und die Bestimmungen zum EU-Binnenmarkt. Auf sein Betreiben hin werden künftig jährlich rund Die Forderung, sich bis zum 1. August 2011 für eine Än- 2 000 Tonnen der gefährlichen Substanz in Autoklima- derung der EU-Richtlinie einzusetzen, ist angesichts der anlagen gepumpt, die bei Unfällen Brände auslösen und üblichen Vorlaufzeiten auf europäischer Ebene zudem derart giftige Verbindungen freisetzen, dass sich Ret- völlig unrealistisch. Insofern muss man von einem rei- tungskräfte ohne Chemieschutzanzug dem Fahrzeug nen Schaufensterantrag der Linken sprechen. nicht nähern sollten. Aber auch inhaltlich machen Sie es sich zu einfach. In In der Antwort der Bundesregierung auf unsere Ihrem Antrag postulieren Sie, dass der Einsatz des Kühl- Kleine Anfrage heißt es zwar, dass das Kältemittel nicht mittels R-1234yf ein großes Risiko für Kfz-Nutzer sowie nur im Brandfall, sondern schon bei Austritt in den hei- Rettungskräfte von Polizei und Feuerwehr bei einem et- ßen Motorraum „eindeutig gesundheitlich bedenklich waigen Verkehrsunfall darstellt. Ihre Aussagen stützen ist“ und giftige Flusssäure bildet. Doch dem Einsatz in

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Ralph Lenkert (A) Neufahrzeugen soll trotzdem nichts im Wege stehen. Als trägliche Kältemittel Kohlendioxid umgerüstet werden. (C) Beleg werden Industriegutachten und der Verband der Kurz bevor die Frist abläuft, kündigen die Hersteller Deutschen Automobilindustrie zitiert: Die Sicherheits- dann aber etwas ganz anderes an. Jetzt sollen neue gif- probleme seien von der Automobilindustrie sorgfältig tige Produkte der Chemieindustrie das Wundermittel diskutiert worden. sein. Offensichtlich hofft man mal wieder bei der Auto- industrie, dass es zu spät für ein Gegensteuern der Poli- Aufgrund der Prüfungen kommt der VDA zu der tik ist. Einschätzung, dass diese Problematik beherrschbar sei. Damit werden wir künftig eine gesundheitlich be- denkliche, ätzende und brennbare Flüssigkeit in allen Ich frage: Ist die Bundesregierung Erfüllungsgehilfe Autos mit Klimaanlagen haben. Viele sicherheitstechni- der Automobillobby, oder haben Sie eine gesetzliche sche Probleme sind nicht gelöst. Keiner weiß wirklich, Vorsorgepflicht, um die Gesundheit der Bürgerinnen was bei Unfällen passiert, wenn sich der Stoff entzündet und Bürger zu schützen? und hochgiftige und stark ätzende Flusssäure freigesetzt wird. Mit diesem Mittel setzen wir die Gesundheit der 1234yf – so heißt die fatale Chemikalie – ist eine ti- Verbraucherinnen und Verbraucher aufs Spiel. ckende Zeitbombe. Werden alle Fahrzeuge mit dem ge- fährlichen Stoff gefüllt, rollen bald rund 24 000 Tonnen Umweltverbände, Umweltbundesamt und Bundesamt davon in Autos über unsere Straßen. Das Schlimme ist: für Materialforschung warnen vor dem Einsatz, und Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben keine an- selbst der Hersteller gibt in der Produktbeschreibung dere Wahl. Nach dem Willen der Automobilhersteller an, dass dieses Mittel hochentzündlich ist. Das hat soll das Kältemittel flächendeckend in allen Autos zum nichts in einer Autoklimaanlage zu suchen. Es ist völlig Einsatz kommen. Das ist ein toxisches Monopol. Die unverständlich, wie die Bundesregierung diese Warnun- Linke macht da nicht mit. gen ignorieren kann, und – so seltsam das aus dem Mund einer Grünen klingen mag – vielleicht muss man Um es noch einmal deutlich zu machen: Die schnelle die Koalition daran erinnern, dass dieses Land noch im- Entflammbarkeit und die gesundheitsschädliche Wir- mer ein Land der Autofahrer ist. Millionen von Men- kung von 1234yf sind ein großes Risiko für Kfz-Nutzer, schen werden dieses gefährliche Mittel täglich mit ihrem Ersthelfer und Rettungskräfte. Nach Angaben der Bun- Auto durch die Gegend fahren. Selbst bei bester Qualität desanstalt für Materialforschung und -prüfung, BAM, der Fahrzeuge und höchster Sicherheitsausstattung wer- sind die sicherheitstechnischen Probleme des Einsatzes den auch zukünftig leider Verkehrsunfälle vorkommen. der Chemikalie als Kältemittel in Pkw-Klimaanlagen Auch zukünftig werden Autos altern, Klimaanlagen un- (B) bisher nicht gelöst. Verbraucherinnen und Verbraucher (D) dicht und Reparaturen verschleppt. Vor allem jedoch haben bei der Kaufentscheidung keine Wahlmöglichkeit. müssen all diese Fahrzeuge mit ihren Klimaanlagen Es sei denn, sie tragen die Zusatzkosten einer aufwändi- wieder recycelt werden, und ein hochgiftiger Stoff muss gen Einzelumrüstung bei Garantieverlust. Die Bundes- dann entsorgt werden. regierung sieht einfach weg und stellt damit Profit vor Gesundheitsschutz. Ich bezweifle, ob diese Aspekte wirklich bis zu Ende gedacht wurden. Ich befürchte vielmehr, dass wir uns Die Linke fordert: Die Bundesregierung hat sicherzu- wieder sehenden Auges ein Problem mehr aufhalsen. stellen, dass Kältemittel in Kfz-Klimaanlagen bei neuen Hier wird leider nur wieder an den kleinen Vorteil heute Fahrzeugtypen ab dem 1. August 2011 keine Stoffe ent- und überhaupt nicht nachhaltig gedacht. halten, die die menschliche Gesundheit gefährden. Das heißt, sie dürfen nicht brennbar, giftig oder ätzend sein. Wir werden in der Politik wieder einmal von einer Kältemittel zum Einsatz in Autos müssen chemisch reak- großen Industrie vor vollendete Tatsachen gestellt. Die tionsträge sein und dürfen wie beispielsweise Kohlen- Bundesregierung interessiert das entweder nicht, oder dioxid keine nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt sie akzeptiert es sogar. Das ist leider völlig unverant- haben. – Einhundert Euro Mehrkosten für andere Kli- wortliche Politik gegenüber den Bürgerinnen und Bür- maanlagentypen dürfen hier nicht über die Sicherheit gern unseres Landes. Es ist spät; aber ein Umkehren ist entscheiden. noch möglich. Nutzen Sie diese Möglichkeit! Ich fordere Sie auf: Stellen Sie sich auf die Seite der Verbraucherinnen und Verbraucher und kommen Sie ih- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: rer gesetzlichen Vorsorgepflicht nach. Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf Drucksache 17/3432 an die in der Tagesordnung aufge- Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung Bei dem Problem der Kältemittel in Klimaanlagen so beschlossen. von Pkw erkennen wir einmal mehr, wie sich die Politik von einer starken industriellen Lobby treiben lässt. Seit Ich rufe den Tagesordnungspunkt 24 a und b auf: fast fünf Jahren ist die EU-Richtlinie verabschiedet. Ein Jahr später wird von den Herstellern ein Placebo ange- a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Josef kündigt: Autoklimaanlagen sollen auf das umweltver- Philip Winkler, Katja Dörner, Memet Kilic, wei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7323

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms (A) terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Eine im Zuge der Ratifizierung abgegebene Erklä- (C) NIS 90/DIE GRÜNEN rung enthält jedoch Vorbehalte, die sich insbesondere auf das elterliche Sorgerecht, die anwaltliche Vertretung Bundesrechtliche Konsequenzen aus der und weitere Rechte von Kindern im Strafverfahren sowie Rücknahme des deutschen Vorbehalts gegen auf die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, auf die UN-Kinderrechtskonvention ziehen die Bedingungen ihres Aufenthalts und auf Unterschiede – Drucksache 17/2138 – zwischen In- und Ausländern beziehen. Diese Erklärung Überweisungsvorschlag: hielt im Wesentlichen fest, dass die UN-Kinderrechts- Innenausschuss (f) konvention nicht dahin gehend ausgelegt werden darf, Rechtsausschuss dass die widerrechtliche Einreise oder der widerrechtli- Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend che Aufenthalt eines minderjährigen Ausländers allein Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe wegen dessen Minderjährigkeit erlaubt ist. Die Erklä- b) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- rung war seinerzeit auf Wunsch der Länder abgegeben richts des Ausschusses für Familie, Senioren, worden, um „Fehl- oder Überinterpretationen des Ver- Frauen und Jugend (13. Ausschuss) tragswerks“ zu vermeiden. – zu dem Antrag der Fraktion der SPD Am 3. Mai 2010 hat das Bundeskabinett nun be- schlossen, diesen Vorbehalt zurückzunehmen. Der Bun- Kinderrechte stärken – Erklärung zur UN- desrat und damit die Länder haben der Rücknahme zu- Kinderrechtskonvention zurücknehmen gestimmt. Es ist ein beachtlicher Erfolg der christlich- – zu dem Antrag der Abgeordneten Diana Golze, liberalen Koalition, diesen lange fälligen Schritt zu ge- Ulla Jelpke, Jörn Wunderlich, weiterer Abge- hen und das, was vielen Vorgängerregierungen – auch ordneter und der Fraktion DIE LINKE damals der rot-grünen Bundesregierung – nicht gelun- gen ist, endlich erfolgreich umzusetzen. Wir haben damit UN-Kinderrechtskonvention umfassend um- mehr erreicht als jede andere Regierung seit Hinterle- setzen gung der Ratifikationsurkunde zur Kinderrechtskonven- – zu dem Antrag der Abgeordneten Katja Dörner, tion. Darüber sollten wir uns alle freuen. Josef Philip Winkler, Ekin Deligöz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/ Mit der Rücknahme wird deutlich, dass die Bundesre- DIE GRÜNEN publik Deutschland Kinderrechte ohne Vorbehalt achtet und schützt. Ich denke, wir sind uns alle einig, dass mit UN-Kinderrechtskonvention unverzüglich dieser Rücknahme der Erklärungen zur Kinderrechte- (B) vollständig umsetzen konvention der Vereinten Nationen ein Durchbruch er- (D) reicht werden konnte, der eine seit vielen Jahren andau- – Drucksachen 17/57, 17/59, 17/61, 17/2509 – ernde politische Auseinandersetzung nunmehr beendet. Berichterstattung: Es ist ein Erfolg, dass die bei einigen Ländern noch vor- Abgeordnete Dr. Peter Tauber handenen Bedenken zerstreut werden konnten. Wir Marlene Rupprecht (Tuchenbach) dokumentieren damit auch nach außen, dass der Schutz Miriam Gruß von Kindern und der besondere Stellenwert, den Kinder Diana Golze für uns haben, sich auch in vollem Umfang im recht- Katja Dörner lichen Bereich abbilden. Nicht zuletzt die Kinderkom- mission des Bundestages hat ja mehrfach und unter Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu Zustimmung aller hier vertretenen Fraktionen diese Protokoll genommen. Rücknahme eingefordert.

Dr. Peter Tauber (CDU/CSU): Die Schlussfolgerung, es entstehe durch die Rück- Vor etwas mehr als 20 Jahren, am 20. November nahme der Vorbehalte gegen die UN-Kinderrechtskon- 1989, hat die Generalversammlung der Vereinten Natio- vention rechtlicher Handlungsbedarf im Bereich des nen das Übereinkommen über die Rechte des Kindes Aufenthalts- und Asylrechts, ist in der Sache jedoch un- verabschiedet. Alle Kinder auf der ganzen Welt haben zutreffend und keine logische Folge, sondern eine politi- damals verbriefte Rechte bekommen: das Recht auf sche Bewertung, bei der die CDU/CSU-Bundestagsfrak- Überleben, auf Entwicklung, auf Schutz und auf Beteili- tion schlicht zu einem anderen Ergebnis kommt. Bereits gung. heute entsprechen Aufenthalts- und Asylrecht der Kin- derrechtskonvention und genügen dem darin vorgegebe- Ich glaube, dass wir auf die vergangenen 20 Jahre nen Rahmen zweifelsohne. mit Stolz zurückblicken können, weil wir für Kinder weltweit, aber natürlich ganz besonders hier in Die Bundesregierung wird das Kindeswohl nach wie Deutschland in diesen 20 Jahren sehr viel erreicht ha- vor als einen besonders gewichtigen Gesichtspunkt in ben. Sie wissen, dass wir damals in Deutschland mit der der rechtlichen Abwägung betrachten. Es genießt – etwa Ratifizierung eine aus fünf Punkten bestehende Vorbe- bei der Anwendung des Ausländer- und Asylrechts – al- haltserklärung hinterlegt haben. Vier der fünf Punkte lerdings keinen absoluten Vorrang. Ein absoluter Vor- konnten bereits vor einiger Zeit gesetzlich geregelt wer- rang wird von der UN-Kinderrechtskonvention auch gar den. nicht gefordert. Eine ausdrückliche gesetzliche Veranke- 7324 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Peter Tauber (A) rung der Berücksichtigung des Kindeswohls ist daher tersfeststellungsverfahren angewendet werden dürfen. (C) nicht angezeigt. Das wissen Sie auch. Auch widerspricht es der Kinderrechtskonvention Aber auch an vielen anderen Stellen Ihres Antrags nicht, 16- und 17-Jährigen mehr Rechte als Jüngeren zu verwechseln Sie politische Forderungen und tatsächli- gewähren, insbesondere die Möglichkeit zu geben, im ei- che rechtliche Konsequenzen, die sich aus der Vorbe- genen Namen einen Asylantrag zu stellen. Vielmehr ge- haltsrücknahme ergeben. Ich denke, wir müssen uns währt die Kinderrechtskonvention den Vertragsparteien schon die Mühe geben, genau zu unterscheiden, was bei der Frage, bis zu welchem Alter die Rechtsträger- politische Forderung und was konkrete Rechtsfolge ist. schaft bestehen soll, einen Spielraum. Es ist internatio- Hier geht im vorliegenden Antrag einiges durcheinan- nal üblich, dass dieser auch genutzt wird. Eine Anhe- der. Es gibt darüber hinaus keinen Zweifel, dass die bung der Asylverfahrensfähigkeit auf 18 Jahre würde Bundesregierung rechtlichen Handlungsbedarf, der sich auch im Widerspruch dazu stehen, dass noch bei der ergeben könnte, fest im Blick hat. Und ich denke, dies Schaffung des im Jahr 2007 verabschiedeten Richtlinien- trifft auch auf die Bundesländer zu. umsetzungsgesetzes politische Einigkeit zwischen den Es erscheint mir an dieser Stelle auch noch einmal damaligen Koalitionspartnern darüber bestand, die aus- sehr wichtig, eindeutig klarzustellen, dass sich bereits länderrechtliche Altersgrenze unangetastet zu lassen. heute das BAMF durch den Einsatz speziell geschulter Die Asylverfahrensfähigkeit ab 16 Jahren steht im Übri- Sonderbeauftragter für unbegleitete Minderjährige alle gen auch mit der EU-Verfahrensrichtlinie im Einklang. erdenkliche Mühe gibt, den Bedürfnissen der „Flücht- Besonders wichtig ist außerdem: Bereits heute – und lingskinder“ im Sinne des Kindeswohls Rechnung zu dies ist sehr wichtig – berücksichtigt die Bundesrepublik tragen und sie, so gut es geht, begleitet und unterstützt. kinderspezifische Verfolgungsgründe wie zum Beispiel Das sollte von uns allen anerkannt werden, denn gerade in Form der Anerkennung von Genitalverstümmelung auch international ist dies keine Selbstverständlichkeit. bedrohter Mädchen und des besonderen Schutzes ehe- Und noch eines sollte an dieser Stelle gesagt sein: Es maliger Kindersoldaten. Gerade bezüglich ehemaliger gibt nur wenige Länder auf der Welt, die Kindern ein Kindersoldaten ist die Praxis des Bundesamtes bereits solch ausdifferenziertes Hilfssystem bieten wie Deutsch- mehrfach ausdrücklich auch von NGO-Seite und vom land. Insgesamt ist Deutschland in diesem Bereich sehr UNHCR gelobt worden. Die Anhörung unbegleiteter gut aufgestellt. Wer etwas anderes behauptet, springt minderjähriger Asylbewerber erfolgt bereits heute deutlich zu kurz. durch besonders und fortlaufend geschulte Mitarbeiter. Rüdiger Veit (SPD): (B) Aber auch in Zukunft werden wir auf Haft, Flugha- (D) fenverfahren oder Grenzabweisungen nicht gänzlich Am 3. Mai dieses Jahres kommentierte die Bundes- verzichten können. Dies ist uns allen bewusst. Dem justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger den Be- Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kommt dann aber schluss des Bundeskabinetts, den deutschen Vorbehalt insbesondere bei der Anordnung von Abschiebungshaft zur UN-Kinderrechtskonvention zurückzunehmen, wie ganz besondere Bedeutung zu. folgt: „Ein großer Tag für die Kinderrechte“. Die von Ihnen erwähnte Unterbringung in Aufnahme- Nach 18-jährigem Ringen war es endlich gelungen, einrichtungen bzw. Gemeinschaftsunterkünften unter- den Vorbehalt im Einvernehmen mit den Ländern zu- liegt der Zuständigkeit der Länder und entzieht sich da- rückzunehmen. Damit wurde ein Vorhaben verwirklicht, mit weitgehend dem Einfluss des Bundes. Das wissen Sie für das sich in der Vergangenheit auch die rot-grüne auch. Die Unterbringung entspricht zudem der EU-Auf- Bundestagsmehrheit mehrfach ausgesprochen hatte. nahmerichtlinie. Die Versorgung nach den Bestimmun- Leider konnte sie sich aber seinerzeit nicht gegen die gen des Asylbegleitgesetzes ist in keiner Weise diskrimi- Bundesländer durchsetzen. Das ist der jetzigen Bundes- nierend. Vielmehr knüpft sie zulässig und keinesfalls regierung gelungen. Insofern geben ich der Bundesjus- willkürlich daran an, dass es sich bei den Leistungsbe- tizministerin recht: Der 3. Mai war ein großer Tag für rechtigten um Ausländer ohne ein dauerhaftes Bleibe- die Kinderrechte. recht im Inland handelt. Im Übrigen aber teile ich die Auffassung der Bundes- justizministerin nicht. Zwei Tage nach dem erwähnten Die Forderung, dass die Altersangabe eines Kindes Kabinettsbeschluss kommentierte sie die Rücknahme „nur in Ausnahmefällen“ angezweifelt werden dürfe, ist des Vorbehalts hier im Plenum des Deutschen Bundes- für die Aufnahme in einen Gesetzestext rechtlich viel zu tages wie folgt: „Auf Bundesebene haben wir keinen Ge- unbestimmt. Dass ein Zweifelsfall angenommen wird, setzgebungsbedarf.“ Das Asyl- und Ausländerrecht sei wenn der Pass gefälscht erscheint oder angeblich ab- nicht anpassungsbedürftig. Allenfalls die Länder, so die handen gekommen ist, muss auch zukünftig Handlungs- Ministerin, sollten ihre Praxis überprüfen. Auch das grundlage sein. Ob solche Zweifel auf Ausnahmefälle Bundesinnenministerium hat bundesgesetzlichen Hand- beschränkt bleiben oder nicht, können wir nicht gesetz- lungsbedarf in Antwort auf schriftliche Fragen meiner lich festlegen. Dies hängt von dem Verhalten des Min- und anderer Fraktionen mehrfach verneint. derjährigen ab. Es ist zudem keine Regelung in der Kin- derrechtskonvention ersichtlich, die verlangen würde, Nun frage ich Sie: Warum hat es über beinahe zwei dass die Altersangabe eines Kindes nur in Ausnahmefäl- Dekaden massiven Widerstand gegen die Rücknahme len angezweifelt werden darf und dass nur bestimmte Al- des Vorbehaltes gegeben, wenn ebendiese Rücknahme

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Rüdiger Veit (A) keinerlei gesetzliche Konsequenzen nach sich ziehen dene Lösungen an, die Rechtspraxis indes schafft (C) soll? Das ergibt keinen Sinn. Wenn Sie mich fragen, so Fakten: Wenn die Pflicht zur Zuweisung in eine Aufnah- ist das Gegenteil richtig: Es gilt, die bundesgesetzliche meeinrichtung entsteht, bevor die Inobhutnahme erfolgt Rechtslage an die Kinderrechtskonvention anzupassen. ist, dann finden sich die Jugendlichen in aller Regel in Handlungsbedarf gibt es genug. Lassen Sie mich ein einer Aufnahmeeinrichtung wieder. Das war es nicht, paar Beispiele anführen: was wir 2005 erreichen wollten, als wir die Pflicht zur Inobhutnahme mit dem Kinder- und Jugendhilfeweiter- Im deutschen Asyl- und Aufenthaltsrecht gilt man ab entwicklungsgesetz, KICK, verstärkt haben. 16 als verfahrensfähig. In beinahe jedem anderen Rechtsgebiet – Ausnahmen gibt es im Sozialrecht – sind Neben der Inobhutnahme muss uns auch das Flugha- Kinder erst ab 18 verfahrensfähig. Mit gutem Grund: fenverfahren beschäftigen. Die Kinderrechtskonvention Wer vor Behörden und Gerichten handelt, kann Fehler verpflichtet uns dazu, Kinder in kindergerechten Ein- machen. Das bedeutet im Asylrecht: Minderjährige ohne richtungen unterzubringen und das Kindeswohl zu be- gesetzlichen Vertreter laufen Gefahr, einen unschlüssi- rücksichtigen. Doch im Flughafenverfahren werden gen Vortrag zu liefern, bestehende Rechtsmittel zu über- unbegleitete Minderjährige im Transitbereich unterge- sehen, Rechtsmittelfristen zu versäumen, falsche Beweis- bracht – eine kindergerechte Unterbringung im Sinne anträge zu stellen und vieles mehr. Sie benötigen einen der Kinderrechtskonvention ist das nicht. Auch steht gesetzlichen Vertreter an ihrer Seite. Die Kinderrechts- hier keine ausreichende Zeit zur Verfügung, um ein für konvention sieht jeden unter 18 als Kind an. Und sie ver- die Ermittlung des Kindeswohls gebotenes Clearingver- pflichtet die Staaten, Kindern, die ohne Begleitung ihrer fahren durchzuführen. Eltern sind, angemessenen Schutz und humanitäre Hilfe Ähnliches gilt, wenn Minderjährige beim Versuch der bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu gewähren. Nach illegalen Einreise noch an der Grenze zurückgewiesen meiner Auffassung verletzt ein Staat diese Schutzpflicht, werden. Die Zurückweisung schließt ein Clearingver- wenn er Minderjährige ohne Vertretung allein einem fahren aus. Außerdem kann sie ein Verstoß gegen das Verfahren überlässt, das für sie sprachlich ebenso wie Zurückweisungsverbot der Genfer Flüchtlingskonven- juristisch kaum zu verstehen ist. tion sein. Denn Kinder unter 16 können keinen wirksa- Auch sollten wir erwägen, Kindern regelmäßig einen men Asylantrag stellen, der dazu führen würde, dass sie Ergänzungspfleger zur Seite zu stellen. Das mag durch nicht an der Grenze zurückgewiesen werden können. Zu- die Kinderrechtskonvention nicht zwingend geboten dem können sie eventuell wegen Traumatisierungen sein. Sinnvoll aber ist es allemal. Das Aufenthalts- und oder mangelnder Kenntnis nicht beim ersten Grenzkon- Asylrecht ist so kompliziert, dass es nur für Experten takt von Verfolgungsgründen berichten, die vielmehr erst im Rahmen eines Clearingverfahrens zu ermitteln (B) verständlich ist. In den Jugendämtern, die als Vormund (D) der unbegleiteten Minderjährigen fungieren, arbeiten sind. zwar qualifizierte Kräfte. Doch sind sie zeitlich überlas- Auch bei der Abschiebungshaft gibt es Verbesse- tet und meist keine Experten auf dem Gebiet des Aufent- rungsbedarf. Die Kinderrechtskonvention verbietet Haft halts- und Asylrechts. Deshalb sollten die Jugendlichen zwar nicht grundsätzlich. Sie lässt sie aber nur als letz- durch spezialisierte Rechtsanwälte vertreten werden. tes Mittel und für die kürzest mögliche Dauer zu. Derzeit Auch müssen Minderjährige – auch die 16- und 17-Jäh- wird die Beachtung dieser Grundsätze durch die deut- rigen – stets vom Jugendamt in Obhut genommen wer- sche Rechtsprechung gewährleistet. den. Doch das geschieht nicht immer. Rechtsanwälte Doch bis Ende Dezember 2010 muss auch die Rück- und Verbände beklagen immer wieder, dass Jugend- führungsrichtlinie der EU umgesetzt werden. Sie enthält ämter die asylverfahrensrechtliche Handlungsfähigkeit weitere Garantien, etwa die ausdrückliche Beachtung zum Maßstab nehmen und aus ihr fälschlich folgern, des Kindeswohls, die Forderung nach gesonderter, die dass für 16- und 17-jährige Asylsuchende die Pflicht zur Privatsphäre sichernde Unterbringung von Familien mit Inobhutnahme nicht gelte. Wer aufenthalts- und asyl- Minderjährigen, die Gelegenheit zu Freizeitbeschäfti- rechtlich für sich sprechen könne, müsse auch nicht in gungen und zu altersgerechten Spiel- und Erholungs- Obhut genommen werden, so die ebenso häufige wie möglichkeiten sowie den Zugang zu Bildung und die irrige Annahme. Wenn wir nun die Verfahrensfähigkeit Unterbringung unter personell und materiell altersge- 16- und 17-Jähriger streichen würden, so könnte dies mäßen Bedingungen. Das ist in unserem nationalen Missverständnis nicht länger entstehen. Recht derzeit nicht vorgesehen, muss aber bis Ende 2010 umgesetzt werden. Ich sage dies auch mit mahnendem Die Verfahrensfähigkeit führt noch zu einem weiteren Blick auf ein anstehendes Gesetzesvorhaben. Der Refe- Problem. Wenn ein minderjähriger Ausländer von rentenentwurf für ein zweites Richtlinien-Umsetzungs- 16 oder 17 Jahren noch vor der jugendhilferechtlichen gesetz wird gerade noch mit den Ländern abgestimmt. Inobhutnahme einen Asylantrag stellt, entsteht die Er ist in der letzten mir bekannten Fassung in Bezug auf Pflicht der Ausländerbehörde, den Ausländer einer Auf- die eben erörterte Frage aber noch stark nachbesse- nahmeeinrichtung zuzuweisen. Andererseits besteht rungsbedürftig. aber auch die Pflicht des Jugendamtes zur Inobhut- nahme. So entsteht eine Kollision zwischen der Pflicht Lassen Sie mich auch etwas zur Altersfeststellung sa- des Jugendamtes zur Inobhutnahme und der Pflicht der gen. Hier kennen wir unterschiedliche Methoden – von Ausländerbehörde zur Zuweisung in eine Aufnahmeein- der Inaugenscheinnahme über das Clearingverfahren richtung. Die Rechtswissenschaft bietet hier verschie- bis hin zu medizinischen und zahnmedizinischen Unter-

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Rüdiger Veit (A) suchungen sowie Röntgenanalysen. Ich möchte hier Nun aber müssen Sie auch Taten folgen lassen und die (C) nicht ins Detail gehen, da die Praxis in den Ländern nötigen gesetzgeberischen Schritte einleiten. Wie diese sehr unterschiedlich ist. Sicher ist aber, dass die Alters- konkret aussehen können, dazu wird meine Fraktion in feststellung nicht immer methodisch einwandfrei ist. den kommenden Wochen einen Gesetzentwurf vorlegen, Deshalb möchte ich auf die Gefahr hinweisen, die damit der sich derzeit noch in der Abstimmung befindet. verbunden ist: Eine einzige fehlerhafte Verfahrenshand- lung kann dazu führen, dass ein eigentlich materiell be- Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (SPD): rechtigter Minderjähriger aus dem gesamten Schutzbe- Die Rücknahme der Vorbehalte zur UN-Kinderrechts- reich der Konvention herausdefiniert wird. Das ist konvention war überfällig. Mehrfach hatte der Deutsche menschenrechtlich bedenklich und muss den Ländern Bundestag die Bundesregierung dazu aufgefordert. Anlass geben, ihre Methoden der Altersfeststellung kri- Diese sah sich mit Rücksicht auf die Länder zur Rück- tisch zu prüfen. nahme lange außerstande. Dafür hat die Bundesrepublik Bevor ich schließe, möchte ich mich noch kurz einem vom Genfer UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes speziellen Problem widmen, auch wenn formal die Län- und auch von Kinderrechtsverbänden und -organisatio- der zuständig sind. Es geht um die Ergänzungspfleg- nen stets Unverständnis und deutliche Kritik geerntet. schaft. Die Pflegschaft unbegleiteter Minderjähriger ist Insofern war die Rücknahme der Vorbehalte ein wichti- ein Amt, in dem der Staat Rechtsanwälte mit einer ver- ges Signal, sowohl innenpolitisch als auch internatio- antwortungsvollen Aufgabe betraut. Für die Rechts- nal, dass Deutschland für den Schutz und die Rechte von anwälte ist es ein Geschäft, das sie ganz überwiegend Kindern eintritt. mit viel Idealismus und Engagement betreiben. Bereits Nun müssen den Worten Taten folgen. Konkreter ge- jetzt müssen viele von ihnen so viel Zeit in die Pfleg- setzlicher Änderungen bedarf es bei den minderjährigen schaften investieren, dass es sich wirtschaftlich nur sehr Flüchtlingen. begrenzt lohnt. Aktuell gibt es in meinem Heimatland Hessen eine Entwicklung, die diese Situation noch wei- Die Kinderrechtskonvention definiert in ihrem Art. 1 ter zu verschärfen droht. Bislang wurden Ergänzungs- alle Menschen, die das 18. Lebensjahr noch nicht voll- pfleger vielfach über das Rechtsanwaltsvergütungsge- endet haben, als Kinder. Nach Art. 22 der Konvention setz oder den Stundensatz für Vormünder und Betreuer haben Kinder, die den Status eines Flüchtlings begehren, vergütet. Nun urteilte jüngst das OLG Frankfurt am Anspruch auf besonderen Schutz. Ein zentrales Problem Main, dass Verfahrenspfleger auf Grundlage von Bera- bei der Behandlung minderjähriger Flüchtlinge in tungshilfe bezahlt werden sollen – das sind 99,96 Euro Deutschland liegt bisher darin, dass Minderjährige zwi- brutto. Was bedeutet das für die Anwälte? schen 16 und 18 Jahren, die Kinder im Sinne der Kon- (B) vention sind, im deutschen Asylrecht als handlungsfähig (D) Nehmen wir einmal ein Asylverfahren. Der Anwalt gelten und somit die Notwendigkeit der Bestellung eines organisiert einen Dolmetscher und führt das Mandan- gesetzlichen Vertreters entfällt. Dadurch wird ihr tengespräch. Er stellt einen schriftlichen Asylantrag, be- Schutzanspruch aus Art. 22 der Konvention ausgehöhlt. gleitet seinen Mandanten zur Anhörung und verfasst Zudem erhalten sie in der Praxis oftmals keine Leistun- gegebenenfalls einen schriftlichen Nachtrag zur An- gen nach dem Jugendhilferecht, obwohl Flüchtlinge un- hörung. Hinzu kommen der Verwaltungsaufwand für ter 18 Jahren grundsätzlich dieselben Ansprüche nach Aktenanlage, Vertretungsanzeigen, den Gang zum Ge- dem Kinder- und Jugendhilferecht haben wie ihre inlän- richt zwecks Entgegennahme der Bestallung als Verfah- dischen Altersgenossen. Meine Fraktion wird in Kürze renspfleger, regelmäßige schriftliche Berichte ans Ge- einen Gesetzentwurf mit konkreten Verbesserungen vor- richt, die Abrechnung, Absprachen mit dem Jugendamt legen. per E-Mail, Post und Telefon und den Betreuern in den jugendhilferechtlichen Einrichtungen. Zuletzt können Leider steht aber zu befürchten, dass die schwarz-gelbe noch Komplikationen im Einzelfall aufkommen, wenn Regierung es nicht ernst meint mit Verbesserungen für die der Fall etwa eine Dublin-II-Problematik beinhaltet. betroffenen Kinder. Misstrauisch musste schon die Proto- Auch erfahrene Spezialisten kommen, um all dies zu be- kollnotiz der Innenministerkonferenz vom 27./28. Mai werkstelligen, ohne Weiteres auf acht bis neun Stunden 2010 machen, nach der mehrere Länder die Zusicherung Arbeitszeit – für nicht einmal 100 Euro brutto. Wer für des Bundesministeriums des Innern begrüßen, „dass mit knappe 100 Euro einen vollen Arbeitstag investiert, wird der Rücknahme der Erklärung keine Änderung des Auf- oft nicht einmal seine Kosten decken können. Eine sol- enthalts- und Asylverfahrensrechts verbunden ist“. Als che Bezahlung ist eine grobe Missachtung anwaltlicher Kinderbeauftragte meiner Fraktion sage ich: So geht das Arbeit. Sie trägt weder der verantwortungsvollen Auf- nicht. Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention gabe und Stellung des Ergänzungspflegers noch den ratifiziert und sich damit verpflichtet, sie in nationales ökonomischen Realitäten auch nur ansatzweise Rech- Recht umzusetzen. Auch das Asyl- und Flüchtlingsrecht nung. muss selbstverständlich auf seine Übereinstimmung mit der Konvention hin überprüft werden. Doch kommen wir zurück zur Bundesebene. Ich habe zahlreichen Veränderungsbedarf aufgezeigt, und ich ap- Dass sich nun die schwarz-gelbe Regierung für die pelliere an die Bundesregierung: Bleiben Sie nicht auf längst überfällige Rücknahme der Vorbehalte feiern halbem Wege stehen! Ich erkenne an, dass Sie den Bun- lässt und von einem „großen Tag für die Kinderrechte“ desländern abtrotzen konnten, was wir, als wir noch mit- – Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger regiert haben, ihnen so lange nicht abtrotzen konnten. am 3. Mai 2010 – spricht und fast im gleichen Atemzug

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7327

Marlene Rupprecht (Tuchenbach) (A) alle Konsequenzen, die sich daraus ergeben könnten, als Sachverständiger ausdrücklich darauf hinwies, dass (C) von sich weist, ist eine Verhöhnung all derjenigen, die dem Kindeswohl im Aufenthaltsrecht nicht ausreichend jahrelang für die Rücknahme der Vorbehalte gekämpft Rechnung getragen werde und hieraus ein gesetzlicher haben – und es ist traurig für die betroffenen Kinder und Änderungsbedarf erwachse. Er forderte unter anderem Jugendlichen. Ich hoffe sehr, dass die Regierung hier ein die Abschaffung der asylrechtlichen Verfahrensmündig- Einsehen hat und mit uns an konkreten Verbesserungen keit ab 16 Jahren und die Erteilung einer Aufenthaltser- arbeitet. laubnis an geduldete unbegleitete minderjährige Flücht- linge nach 18-monatigem Aufenthalt. Ich bin gespannt, Diese Hoffnung hege ich auch für die Stärkung der ob Herr Storr die FDP-Bundesjustizministerin wird Kinderrechte im Grundgesetz. Ich wünsche mir eine überzeugen können, denn diese erklärte bislang entwe- Politik, die das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellt und der wider besseres Wissen oder aber in Unkenntnis der allen Kindern gleiche Rechte auf Förderung und Schutz Konvention, dass auf Bundesebene diesbezüglich kei- schafft. Nichts anderes möchte die UN-Kinderrechtskon- nerlei Gesetzesänderungsbedarf bestünde. Sie konnte da vention. Lassen Sie sie uns zusammen in nationales auch von ihrer Fraktionskollegin Laurischk nicht über- Recht umwandeln, zum Wohl unserer Kinder. zeugt werden, die hier im vergangenen November eben- falls klar für Gesetzesänderungen im Sinne der Kinder Ulla Jelpke (DIE LINKE): Stellung bezogen hat. Wir debattieren heute im Bundestag ein weiteres Mal Sie sehen also, dass wir hier keine Minderheitsposi- über das wichtige Thema der Rechte von Kindern, die tion vertreten, sondern eine breite gesellschaftliche Zu- als Flüchtlinge zu uns gekommen sind. Die Bundesrepu- stimmung für die umfassende Verwirklichung der Rechte blik hat nach langer Debatte endlich einen Vorbehalt zur aller Kinder und Jugendlichen herrscht. Ich appelliere UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen, der ihr vor allem an die Unionsfraktion, ihre verbohrte ideolo- zusichern sollte, dass sie ausländische Kinder schlech- gische Haltung aufzugeben und ihren Beitrag für die ter behandeln kann als inländische. Dieser Schritt ist zu vollständige Umsetzung der UN-Kinderrechtskonven- begrüßen, aber er geht ins Leere, wenn daraus keine tion zu leisten, indem sie den vorliegenden Anträgen zu- Konsequenzen gezogen werden. In den vorliegenden An- stimmt. trägen der Oppositionsfraktionen ist dargelegt, was alles zu tun wäre: Heraufsetzung der Verfahrensmündig- keit von minderjährigen Flüchtlingen von 16 auf Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 18 Jahre, Ausbau und Verbesserung der Betreuung un- NEN): begleiteter minderjähriger Flüchtlinge durch die Ju- Der vorliegende Antrag dient dem Zweck, den (B) gendfürsorge, ihre Herausnahme aus dem Flughafen- Grundsatz aus Art. 3 der UN-Kinderrechtskonvention (D) verfahren, keine Abschiebehaft für Minderjährige, keine vollständig umzusetzen. Darin heißt es, dass „bei allen Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Sam- Maßnahmen, die Kinder betreffen, das Wohl und das melunterkünften für Asylsuchende und Flüchtlinge. Un- Wohlergehen des Kindes vorrangig zu berücksichtigen begleitete Kinder und Jugendliche, deren Eltern nicht sind“. In diesem Sinne „gewährleisten die Vertragsstaa- ausfindig gemacht werden können, sollen genauso be- ten in größtmöglichem Umfang … die Entwicklung des handelt werden wie elternlose deutsche Kinder. Eine Kindes“ (Art. 6 Abs. 2). Dies gilt insbesondere für die Diskriminierung aufgrund der Herkunft darf es nicht ge- sich aus Art. 22 ergebenden Rechte von Flüchtlingskin- ben, wenn die Konvention richtig umgesetzt werden soll. dern, die gemäß Art. 20 Abs. 1 stets als besonders schutzbedürftig anzusehen sind. Nun erdreistet sich diese Bundesregierung zu be- haupten, es gebe nach der Rücknahme des Vorbehalts Vor 18 Jahren hatte die damalige schwarz-gelbe Bun- keinerlei Änderungsbedarf im Asyl- und Aufenthalts- desregierung bei Hinterlegung der Ratifzierungsur- recht, das deutsche Recht habe schon immer den Anfor- kunde zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über derungen der Kinderrechtskonvention in diesem Bereich die Rechte des Kindes – im Folgenden: UN-Kinder- entsprochen. Die Staatenberichte des Kinderrechtskomi- rechtskonvention – auch eine primär aufenthalts- und tees der Vereinten Nationen strafen diese Behauptung asylverfahrensrechtliche Aspekte betreffende Vorbe- immer wieder Lügen. Auch Pro Asyl, der Deutsche Cari- haltserklärung hinterlegt. Am 3. Mai 2010 hat das Bun- tasverband, die Nationale Koalition für die Umsetzung deskabinett beschlossen, diesen Vorbehalt zurückzuneh- der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland, das men. Dies war ein richtiger, aber auch ein überfälliger Deutsche Rote Kreuz und natürlich der Bundesfachver- Schritt. Denn seit dem Jahr 2001 hat der Deutsche Bun- band Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge haben destag die Bundesregierung mehrfach und nachdrück- sich eindeutig geäußert. Alle fordern unisono die von lich zu diesem Schritt aufgefordert. mir nur angedeuteten asyl- und aufenthaltsrechtlichen und weitere Änderungen. Alle zeigen regelmäßig auf, Nach der Rücknahme des deutschen Vorbehalts müs- dass die deutsche Rechtslage in diesem Bereich zentrale sen nun auch die bundesrechtlichen Konsequenzen Normen der Konvention verletzt. durch Gesetzesanpassungen insbesondere im Aufent- halts- und Asylverfahrensgesetz gezogen werden. Das lch will noch darauf hinweisen, dass in der gestrigen will unser Antrag erreichen. Die Rechtsauffassung des Anhörung des Innenausschusses zum Thema Bleiberecht Bundesinnenministeriums und des Bundesjustizministe- der Leiter der Stabsstelle des Integrationsbeauftragten riums, aus der Rücknahme der deutschen Vorbehaltser- von Baden-Württemberg, eines FDP-geführten Hauses, klärung ergäbe sich, insbesondere mit Blick auf das

Zu Protokoll gegebene Reden 7328 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Josef Philip Winkler (A) Asyl- und Aufenthaltsrecht, „kein legislativer Hand- ren, Frauen und Jugend auf Drucksache 17/2509. Der (C) lungsbedarf“, ist insofern nicht nachzuvollziehen, als Ausschuss empfiehlt unter Buchstabe a seiner Be- dann völlig unverständlich ist, warum die Bundesregie- schlussempfehlung, den Antrag der Fraktion der SPD rung seit 18 Jahren mit allen Mitteln versucht hat, die auf Drucksache 17/57 mit dem Titel „Kinderrechte stär- Rücknahme einer angeblich völlig folgenlosen Vorbe- ken – Erklärung zur UN-Kinderrechtskonvention zu- haltserklärung zu verhindern. rücknehmen“ für erledigt zu erklären. Wer stimmt für diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent- Denn es trifft nicht zu, dass ausländischen Kindern haltungen? – Das scheint einstimmig angenommen wor- schon heute alle sich aus der UN-Kinderrechtskonven- den zu sein. tion tatsächlich ergebenden Rechte gewährt werden. Auch wenn einzelne Regelungen der Verwaltungspraxis Unter Buchstabe b empfiehlt der Ausschuss die Ab- Spielräume bieten, ist der Gesetzgeber trotzdem selbst lehnung des Antrags der Fraktion Die Linke auf gefordert. Andernfalls besteht die Gefahr uneinheitli- Drucksache 17/59 mit dem Titel „UN-Kinderrechtskon- cher Standards innerhalb Deutschlands. vention umfassend umsetzen“. Wer stimmt für diese Be- schlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dies gilt insbesondere für die zentrale Frage der Die Beschlussempfehlung ist mit den Stimmen der Ko- Handlungsfähigkeit von Minderjährigen. Art. 1 der UN- alitionsfraktionen bei Gegenstimmen der Fraktionen Die Kinderrechtskonvention ist ebenso eindeutig wie § 7 Linke und Bündnis 90/Die Grünen und bei Enthaltung Abs. 1 SGB VIII. Minderjährig ist demnach, wer „das der SPD-Fraktion angenommen. achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hat“ bzw. wer „noch nicht 18 Jahre alt ist“. Es ist daher sinnvoll, Schließlich empfiehlt der Ausschuss unter Buch- eine entsprechende Klarstellung sowohl im Aufenthalts- stabe c seiner Beschlussempfehlung die Ablehnung des gesetz als auch im Asylverfahrensgesetz zu verankern. Antrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Druck- Denn viele Probleme beim Schutz minderjähriger aus- sache 17/61 mit dem Titel „UN-Kinderrechtskonvention ländischer Kinder und Jugendlicher in Deutschland unverzüglich vollständig umsetzen“. Wer stimmt für haben ihre Ursache in dem angeblichen Vorrang der diese Beschlussempfehlung? – Gegenstimmen? – Ent- Regelungen im Asyl- und Aufenthaltsrecht über die haltungen? – Die Beschlussempfehlung ist mit den Stim- Handlungsfähigkeit von Minderjährigen gegenüber den men der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Schutzvorschriften des SGB VIII – was immer zulasten Oppositionsfraktionen angenommen. der ausländischen Minderjährigen ging. Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf: Insbesondere der Schutzbedürftigkeit unbegleiteter Beratung des Antrags der Abgeordneten Cornelia minderjähriger Flüchtlinge wird nicht ausreichend Behm, Ulrike Höfken, Friedrich Ostendorff, wei- (B) Rechnung getragen. Für Letztere bewirken die Vorbe- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- (D) haltserklärung und die jetzige Rechtsauffassung der NIS 90/DIE GRÜNEN Bundesregierung, dass sie mit 16 Jahren in Deutschland schon wie Erwachsene behandelt werden. Diese Kinder Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und haben oftmals eine Odyssee mit dramatischen Erlebnis- Küstenschutz“ auf Ökologisierung und nach- sen hinter sich. Sie haben unter Armut gelitten, haben haltige ländliche Entwicklung konzentrieren Kriege erlebt, mussten oftmals sogar als Kindersoldaten – Drucksache 17/3222 – mitwirken oder wurden sexuell ausgebeutet. Es geht um Überweisungsvorschlag: Kinder und Jugendliche, die traumatisiert sind und ei- Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und gentlich dringend unsere Hilfe brauchen. Ihnen bleibt Verbraucherschutz (f) aber der Zugang zu Jugendhilfemaßnahmen verwehrt. Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit In asyl- und ausländerrechtlichen Fragen werden die Ausschuss für Tourismus ordnungspolitischen Interessen höher bewertet als das Die Reden zu diesem Tagesordnungspunkt werden zu Wohl der Kinder. Protokoll genommen. Wir Grünen meinen aber: Das Kindeswohl muss ge- nerell Vorrang vor ausländerrechtlichen Aspekten ha- Franz-Josef Holzenkamp (CDU/CSU): ben. Es bleibt zu hoffen, dass sich im weiteren parlamen- Sie versuchen es ja immer wieder. Jedes Mal unter ei- tarischen Verfahren für diese Auffassung im Sinne des nem anderen Mäntelchen, in verschiedenen Variationen: Kindeswohls eine breite Mehrheit finden wird. Doch das Thema bleibt doch wieder gleich: Gute Land- wirtschaft, schlechte Landwirtschaft. Mit anderen Wor- ten: Ökolandbau gegen konventionelle Landwirtschaft. Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: Ich kann es nicht mehr hören! Die penetrante Wiederho- Wir kommen zunächst zu Tagesordnungspunkt 24 a. lung durch Ihre Fraktion macht die Aussage nicht wah- Interfraktionell wird die Überweisung der Vorlage auf rer und glaubwürdiger. Drucksache 17/2138 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- Wie sieht denn diesmal das Mäntelchen aus, das Sie verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung dem Thema umhängen, liebe Kolleginnen und Kollegen so beschlossen. der grünen Fraktion? „Gemeinschaftsaufgabe ,Agrar- struktur und Küstenschutz‘ auf Ökologisierung und Tagesordnungspunkt 24 b. Abstimmung über die Be- nachhaltige ländliche Entwicklung konzentrieren“. So schlussempfehlung des Ausschusses für Familie, Senio- heißt Ihr Antrag. 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Franz-Josef Holzenkamp (A) Zack! Da kommt sie wieder, die grüne Moralkeule. Die Grünen als Innovationsverhinderungspartei wür- (C) den wahrscheinlich heute noch darüber diskutieren, ge- Also schauen wir uns doch einfach einmal die Ent- nauso, wie Sie gern die Mobiltelefone wegen angebli- wicklung der Gemeinschaftsaufgabe an. Ohne die Haus- cher Strahlungen verhindert hätten, die Produktion von haltsnotwendigkeiten, denen sich die aktuelle Koalition Insulin aus Deutschland vertrieben haben und bis zum durch Maßnahmen gegen die internationale Finanz- und heutigen Tage sich weigern, wissenschaftliche Erkennt- Wirtschaftkrise stellen muss, hat Frau Künast als Land- nisse zur grünen Gentechnik zu akzeptieren. wirtschaftsministerin die Gemeinschaftsaufgabe dras- tisch auf etwa 600 Millionen Euro gekürzt. Das sind also Die Gemeinschaftsaufgabe richtet sich nicht einseitig den Grünen die Menschen in den ländlichen Regionen auf die landwirtschaftliche Produktion. Sie betrachtet wert. Doch was interessiert mich mein Handeln von ges- den ländlichen Raum als Ganzes, als Kulturlandschaft. tern. In der Opposition heißt es dann, von der Regierung Dazu gehört natürlich auch deren Pflege und der Schutz. fordern, wozu man selbst nicht in der Lage war. Also, Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bei je- sollten hierzu einmal die Beschlüsse der Agrarminister dem Antrag, den Sie künftig zur GAK stellen, schreiben zur Erweiterung der Maßnahmen in der GAK 2009 und Sie bitte hinein: Als wir an der Macht waren, haben wir 2010 aufmerksam studieren. schnellstens die Mittel für den ländlichen Raum gekürzt. Das können Sie nicht getan haben, sonst würde Ihr Das wäre mal ehrlich. Antrag nicht den Eindruck erwecken, Umweltmaßnah- Kommen wir nun zu Ihren Forderungen. Man hat bei men würden in der GAK kaum zum Tragen kommen. Ihnen das Gefühl, wenn auf einer Maßnahme kein Öko- Ich nenne Ihnen einige, die seit 2009 zu den bereits siegel draufklebt, dann ist sie nicht gut. Lassen wir doch bestehenden Maßnahmen hinzugekommen sind: Die bitte mal die Kirche im Dorf. Prämien für Agrarumweltmaßnahmen einschließlich Um es vorwegzunehmen: Ihr Antrag ist nicht nur der Sommerweideprämie und des Ökolandbaus wurden überflüssig, er ist in seiner einseitigen Ausrichtung eine erhöht. Der klimaschonende Anbau der Körnerlegumi- Gefahr für den ländlichen Raum! Sie verstehen, dass wir nosen kann gefördert werden, genauso wie das Anlegen gar nicht anders können, als ihn abzulehnen. bestimmter Grünlandstreifen. Darüber hinaus wurden die Fördersätze für das Regionalmanagement erhöht, Die Gemeinschaftsaufgabe hat sich seit Jahren be- wodurch zum Beispiel der Bau von Nahwärme- und Bio- währt. Sie ist ein sinnvolles Förderinstrument, und dies gasleitungen besser gefördert wird. auch, weil sie ständig weiterentwickelt worden ist. Der breite Ansatz reicht von der einzelbetrieblichen Investi- Von einer Einseitigkeit oder falschen Ausrichtung der (B) tionsförderung über Agrarumweltmaßnahmen bis hin zu Gemeinschaftsaufgabe kann also gar keine Rede sein. (D) der Breitbandverkabelung des ländlichen Raumes. Im Gegenteil: Die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruk- tur und Küstenschutz“ ist auf einem guten Weg. Sie ist Würden wir Ihrem Antrag folgen und die über die eine Stütze für den ländlichen Raum – in jeglicher Hin- GAK geförderten Maßnahmen einseitig auf ökologisch sicht. Lassen wir es nicht zu, dass diese Stütze gekappt umstellen, würden wir den breit angelegten und gerade wird. Ihr Antrag wird abgelehnt. deshalb erfolgreichen Pfad der GAK verlassen. Unser Ziel ist und bleibt eine innovative, leistungsfä- Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (SPD): hige und auf den Weltmärkten erfolgreiche Landwirt- Im November wird die EU-Kommission ihre Vor- schaft. Dadurch werden Arbeitsplätze in den Regionen schläge für die Gemeinsame Agrarpolitik nach 2013 geschaffen, nicht nur in der Landwirtschaft, sondern vorstellen. Die Reform der europäischen Agrarpolitik auch in den vor- und nachgelagerten Bereichen. Wir un- wird auch Auswirkungen auf unsere Gemeinschaftsauf- terscheiden dabei nicht zwischen guter und schlechter gabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küsten- Landwirtschaft. schutzes“ haben. Es geht in der Reform der Gemeinsa- men Agrarpolitik darum, diese Politik an die neuen Ich habe das ja bereits mehrfach auch im Plenum ge- Herausforderungen anzupassen. Es geht darum, erste sagt: Wer einmal praktischen Anschauungsunterricht und zweite Säule neu zu justieren. möchte, wie ein erfolgreiches Cluster funktioniert, den lade ich gern in meinen Wahlkreis, ins Oldenburger Wir haben in unserem Positionspapier deutlich ge- Münsterland, ein. Hier sieht man die erfolgreiche Ver- macht, dass die zukünftige Aufgabe sein wird, einen Aus- knüpfung von Landwirtschaft und vor- bzw. nachgela- gleich zwischen den gesellschaftlichen Anforderungen gerter Wirtschaft. Hier wurden Arbeitsplätze geschaffen. an eine nachhaltige Landbewirtschaftung, der Erhal- Hier herrscht in manchen Gemeinden quasi Vollbeschäf- tung lebenswerter Kulturlandschaften, der Entwicklung tigung. Auch das ist der ländliche Raum. ländlicher Räume und der Marktausrichtung landwirt- schaftlicher Unternehmen herzustellen. Wir haben auch Aber so sieht es nicht überall aus. Und deswegen ist deutlich gemacht, dass die zweite Säule als umfassender die Ausrichtung der GAK auf innovative Weiterentwick- Politikansatz zur integrierten ländlichen Entwicklung lung der Infrastruktur so wichtig. Erst unter Führung weiterentwickelt werden muss. von CDU/CSU hat das BMELV in der GAK Mittel für den Breitbandausbau in den ländlichen Regionen bereit- Es ist richtig, darüber zu diskutieren, ob die Ausge- gestellt. Hier steht noch viel Arbeit vor uns. Aber wir ha- staltung der GAK noch den aktuellen Anforderungen ben den Anschub dafür geleistet. entspricht. Ich würde mich freuen, wenn wir den Antrag

Zu Protokoll gegebene Reden 7330 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Waltraud Wolff (Wolmirstedt) (A) der Grünen zu einer konstruktiven Diskussion dazu nut- Damit wird die Gemeinschaftsaufgabe zum Stein- (C) zen können. Wir dürfen diese Diskussion aber nicht los- bruch für alles, was wünschenswert ist. Die Grünen sug- gelöst von der Diskussion um die Gemeinsame Agrarpo- gerieren, die Gemeinschaftsaufgabe hätte keine Berech- litik führen. Das, was dort entschieden wird, werden wir tigung mehr. Das Gegenteil ist der Fall. auch in der GAK umsetzen müssen. Das Grundgesetz fordert in Art. 106 Absatz 3, dass Es gibt Handlungsbedarf. Ich will nur einen Punkt „die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundes- ausführlich darstellen: Die Politik für die ländlichen gebiet gewahrt wird“. Angesichts der Verschiedenheit Räume ist in Deutschland größtenteils sektorspezifisch der ländlichen Räume ist es eine nur schwer zu bewälti- ausgerichtet; sie wird damit der Vielfalt der ländlichen gende politische Aufgabe, diesem Auftrag des Grundge- Räume und der Förderung der Ausarbeitung ortsbezo- setzes zu genügen. gener Programme nicht gerecht. Dies hat die OECD 2007 in einem Prüfbericht zur Politik für Ländliche Die in der letzten Legislaturperiode durchgeführte Räume für Deutschland festgestellt. Es fehlt die Beteili- Anhörung im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft gung lokaler und regionaler Einrichtungen. und Verbraucherschutz hat ergeben, dass die geladenen Experten überwiegend die Gemeinschaftsaufgabe als LEADER und „Regionen Aktiv“ sind erfolgreich; sie ein Instrument angesehen haben, mit dem erfolgreich haben jedoch weiterhin Nischencharakter. Inhaltlich die Entwicklung in den ländlichen Räumen gestaltet sieht die OECD vor allem problematisch, dass Pro- wird. Auf Grundlage des Art. 91 a Grundgesetz sahen gramme zur Sicherung der Daseinsvorsorge in ländli- die Experten hier allerdings den Bedarf einer neuen Ak- chen Regionen immer noch die Ausnahme sind. Die zentuierung. OECD fordert eine tiefgreifende Änderung der Politik- konzeption, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ange- Der vorliegende Antrag von Bündnis 90/Die Grünen messen war, den Herausforderungen aber nicht mehr fordert dagegen eine grundlegende Neuausrichtung die- gerecht wird. ses Gesetzes einschließlich der Änderung des Grundge- setzes. Die im Forderungsteil aufgelisteten Vorschläge Wir haben noch unter Rot-Grün mit dem Modellwett- sind jedoch in ihrer Gesamtheit weder geeignet, die bewerb „Regionen Aktiv“ gezeigt, dass gerade ein An- GAK zu verbessern, noch ist zu erwarten, dass die satz, wie er mit LEADER verfolgt wird, sehr erfolgreich Grundgesetzänderung mit diesen Forderungen so be- sein kann. Er trägt der Vielfalt der ländlichen Räume gründet wird, dass sie eine Mehrheit im Deutschen Bun- Rechnung; es gibt nicht den ländlichen Raum und kei- destag erhält. Damit wird der Antrag zum Klientelan- nen definierten Entwicklungspfad. Für uns bedeutet es trag. auch, dass die Regionen und die Akteure vor Ort ge- (B) stärkt werden müssen. Der Modellwettbewerb „Regio- Das oben genannte Beispiel, Finanzierung der Struk- (D) nen Aktiv“ hat gezeigt, dass dies erfolgreich sein kann. tur der Schulverpflegung aus der GAK, ist dafür ein Bei- Die Menschen vor Ort kennen die Stärken ihrer Region, spiel. Genauso könnte man verlangen, dass aus den Mit- auf die die ländliche Entwicklung aufbauen kann. teln der Förderung des Ökolandbaus Schulbücher für Biologie gekauft werden. Mit ideologisch motivierten, Vitale ländliche Räume sind für die Zukunft entschei- realitätsfernen Vorschlägen kommen wir nicht weiter. dend – für die Landwirtschaft und für die Menschen, die dort leben. Wir müssen die Gemeinschaftsaufgabe „Ver- Leitbild der Grünen ist der Museumsbauernhof. Die besserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ GAK soll entgegen ihrer bisherigen Zielsetzung dazu zukunftsfähig ausgestalten. Leider müssen wir diese dienen, den bisher erfolgten Strukturwandel hin zu einer Diskussion zu einem Zeitpunkt führen, an dem die Koali- unternehmerischen Landwirtschaft rückgängig zu ma- tion die Gemeinschaftsaufgabe als sparpolitischen chen. Bestes Beispiel dafür sind die ewig gestrigen poli- Steinbruch missbraucht. Die Koalition verspielt politi- tischen Forderungen von Bündnis 90/Die Grünen nach schen Gestaltungsspielraum; sie verspielt damit Zu- einer Mengensteuerung bei der Milch. Die positive Preis- kunftschancen für die ländlichen Räume. entwicklung der letzten Monate am Milchmarkt von ehe- mals 20 Cent auf inzwischen über 30 Cent hat eindeutig Es ist notwendig, die integrierte ländliche Entwick- belegt, dass der Markt und eben nicht die Planwirtschaft lung innerhalb der GAK zu stärken. Es ist notwendig, das Zukunftsmodell für die heimischen Milchbauern ist. die von der EU-Kommission identifizierten neuen He- Mit den geforderten Mindest- und Richtpreisen sowie rausforderungen in der GAK nachzuvollziehen. Darüber der Angebotsregulierung verbauen die Grünen den zu- müssen wir diskutieren. Auf diese Diskussion freue ich kunftsorientierten, heimischen Landwirten lukrative in- mich. ternationale Absatzmärkte. Das wiederum führt zu ei- nem deutlichen Verlust an Wertschöpfung und damit an Arbeitsplätzen im ländlichen Raum in Deutschland. Sol- Dr. Christel Happach-Kasan (FDP): che planwirtschaftlichen Instrumente passen nicht in Unter der Überschrift ihres Antrages „Gemein- eine soziale Marktwirtschaft. schaftsaufgabe ,Agrarstruktur und Küstenschutz‘ auf Ökologisierung und nachhaltige Entwicklung konzen- Die Gemeinschaftsaufgabe soll die ländlichen Räume trieren“ fordern Bündnis 90/Die Grünen „mit der Ge- fit machen für die Zukunft, und den demografisch be- meinschaftsaufgabe einen Beitrag zum Strukturaufbau dingten Änderungsdruck abfedern. Wir stimmen mit der für eine gesunde, regionale und ökologische Schulver- Analyse überein, dass die Mittel in der Gemeinschafts- pflegung zu erbringen“. aufgabe geringer werden und dass alle Ausgaben auf

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7331

Dr. Christel Happach-Kasan (A) ihre Effizienz und Wirksamkeit überprüft werden müs- kehren, wie es oftmals der Fall ist – morgens nehmen sie (C) sen. Aktuelle Bedürfnisse und Entwicklungen müssen die Schülerinnen und Schüler mit, abends spucken sie sich in der GAK widerspiegeln, die Chancen des ländli- sie wieder aus, und in den Ferien fahren sie dann gar chen Raumes hängen nicht nur von der Landwirtschaft nicht. Wer nicht automobil ist, hat kaum Bewegungs- ab. Um den Bevölkerungsschwund und insbesondere die spielraum. Die mobil sind, ziehen weg. Vor allem junge Abwanderung junger Menschen aufzuhalten, sind at- Frauen verlassen das Dorf auf der Suche nach Alterna- traktive Arbeitsplätze in allen Sektoren notwendig. Tou- tiven, und das sind vorrangig, aber nicht nur, existenzsi- rismus, Dienstleistungsgewerbe und das Handwerk chernde Arbeitsplätze oder Kinderbetreuung. müssen gerade in strukturschwachen Regionen zusätz- lich gefördert werden. Der Breitbandausbau ist ein Die Abwanderung, sosehr sie als individuelle Lösung wichtiges Beispiel für neue Fördertatbestände, die jetzt nachvollziehbar ist, setzt eine Spirale in Gang, die die über die GAK gefördert werden. Probleme verschärft – sowohl am Ort, der verlassen wird, als auch am Ort der Zuwanderung, weil dann dort Die wünschenswerte stärkere Ökologisierung der Kitaplätze oder bezahlbarer Wohnraum knapp werden. Landwirtschaft und die Förderung des Ökolandbaus Die Antwort der Bundesregierung auf unsere Kleine An- sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Der Ökolandbau frage zur Gleichstellung in ländlichen Räumen zeigt, ist keinesfalls immer und an jedem Ort die nachhaltigste dass das Problem bekannt ist. Sie hat aber weder Ideen Art der Bewirtschaftung, gleichwohl hat er als Marke- noch Konzepte für eine Lösung des Problems. Konzep- tinginstrument eine Berechtigung. Studien von Professor tions- und hilflos schaut sie den fortziehenden Frauen Dr. Taube von der Christian-Albrechts-Universität Kiel hinterher. haben gezeigt, dass moderne Anbaumethoden den von den Anbauverbänden des ökologischen Landbaus emp- In der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine fohlenen Methoden oftmals überlegen sind. Betrachtet Anfrage mit der Drucksachennummer 17/2799 „Gleich- man die Belastung der Natur im Verhältnis zum Ertrag stellung in ländlichen Räumen – Situation von Frauen und nicht zur Fläche, so schneidet konventionelle Land- und Mädchen in kleinen Städten und Dörfern“ heißt es: wirtschaft abhängig vom Standort oftmals besser ab als Die Förderungsgrundsätze des GAK-Rahmenplans der Ökolandbau. enthalten … keine auf den Ausgleich von etwaigen Negative ökologische Folgen von Landbewirtschaf- Defiziten der tatsächlichen Gleichstellung gerichte- tung werden insbesondere als Folge der EEG-Förde- ten differenzierten Fördertatbestände oder Förder- rung deutlich. Wir werden daher folgerichtig das EEG voraussetzungen. ändern. Das bedeutet im Klartext: Obwohl Frauen in unglei- (B) Die uneinsichtige Fokussierung von Bündnis 90/Die chen Lebensverhältnissen leben und benachteiligt wer- (D) Grünen auf extensive Landwirtschaft zeigt sich auch in den, werden sie genauso wie die Männer behandelt. Das den Forderungen zum Umbau der europäischen Ge- ist ein systematischer Fehler; denn es wird Ungleichbe- meinsamen Agrarpolitik, GAP, nach 2013. Wir Libera- handlung gebraucht, wenn Gleichstellungspolitik wirk- len sind überzeugt, dass nur eine innovative, nachhal- lich ernst gemeint wird, also eine geschlechtergerechte tige und unternehmerische Landwirtschaft die Förderung der Landwirtschaft und der ländlichen Herausforderungen der Zukunft meistern kann. Europa Räume. Dazu könnte eine Gleichstellungsbeauftragte in ist landwirtschaftlicher Gunststandort und dennoch Net- der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Verteilung der Gel- toimporteur von Biomasse für Ernährung und energeti- der aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarpolitik und sche Nutzung. Klimawandel, weltweites Bevölkerungs- Küstenschutz, GAK, beitragen, oder ein bestimmter An- wachstum und der Verlust von Ackerflächen können nur teil der GAK-Mittel könnte für Frauenprojekte reserviert durch die Nutzung des Fortschritts und ständige Steige- werden. rungen der Effizienz landwirtschaftlicher Produktion Die Grünen haben nun einen Antrag zum ländlichen bewältigt werden. Die GAP und auf nationaler Ebene Raum vorgelegt. Man könnte meinen, sie würden sich die Maßnahmen durch den Europäischen Landwirt- darin genau diesem Aspekt widmen, doch: Fehlanzeige! schaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes, Sie sind hinsichtlich Gleichstellungspolitik im Dorf ge- ELER, speziell im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe nauso blind wie die schwarz-gelbe Bundesregierung. müssen die deutschen Landwirte hierbei unterstützen. Richtig ist, dass die GAK das zentrale Instrument für die Auch wenn einzelne Punkte im Antrag durchaus ak- gezielte Unterstützung der ländlichen Räume und gegen zeptabel sind, ist er in der Gesamtkonzeption nicht ge- die Abwanderung ist. Neben den Fördermitteln aus eignet, die Bewältigung der bedeutenden Herausforde- Brüssel sind die Gelder der GAK wichtige Quelle für die rungen, vor denen die Landwirtschaft und der ländliche strukturschwachen Regionen. Die Debatte zur EU- Raum stehen, zu unterstützen. Agrarpolitik für die Förderperiode 2014 bis 2020 muss deshalb auch Anlass für einen Geschlechtergerechtig- keitscheck sein. Hierbei gehört die GAK, mit der die Dr. Kirsten Tackmann (DIE LINKE): Brüssel-Gelder kofinanziert und die Brüssel-Vorgaben Immer mehr Menschen verlassen ihre Dörfer und umgesetzt werden, ebenso auf den Prüfstand. kehren dem ländlichen Raum den Rücken. Es fehlt an vielem: Arbeitsplätze, von denen man leben kann, leben- Die Grundidee der Grünen, die GAK zu einer Ge- dige Dörfer mit Bäcker, Kneipe, Sparkasse und Tante- meinschaftsaufgabe für die ländliche Entwicklung und Emma-Laden, Busse, die nicht nur zwei Mal am Tag ver- den Küstenschutz umzubauen, ist grundsätzlich richtig.

Zu Protokoll gegebene Reden 7332 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

Dr. Kirsten Tackmann (A) Die landwirtschaftlichen Betriebe, Gärtnereien oder erzielt werden. Das gilt auch für die Gemeinschaftsauf- (C) Forsteinrichtungen sind wichtige Säulen der ländlichen gabe zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küs- Wirtschaft. Sie gilt es weiter zu stärken. Aber sie sind tenschutzes, GAK. Auf entsprechende Vorschläge aus nur eine Säule. Ländliche Räume sind mehr als Land- dem schwarz-gelben Lager bin ich gespannt. wirtschaft, ländliche Wirtschaft mehr als Ackerbau, Viehzucht oder Gartenarbeit. Gerade für junge Frauen Eine kritische Prüfung des aktuellen Förderkatalogs können in Klein- und Kleinstbetrieben mögliche Ein- zeigt, dass über die GAK immer noch eine Reihe von kommensalternativen geboten werden. Voraussetzung ist Maßnahmen gefördert wird, die für die ländliche Ent- aber zum Beispiel der Anschluss des Dorfes ans schnelle wicklung entweder bedeutungslos sind oder sogar einen Internet. Hier gibt es Fortschritte; aber es bleibt noch negativen Effekt haben. Als Beispiel möchte ich hier genug zu tun. Großteile der Agrarinvestitionsförderung nennen. Das dem Bundesagrarministerium nachgeordnete Johann- Doch der Antrag der Grünen ist nicht nur auf dem Heinrich-von-Thünen-Institut hat der Investitionsförde- gleichstellungspolitischen Auge blind. Auch umweltpoli- rung bereits im Jahr 2008 bescheinigt, dass sie kaum zur tisch befinden sich die Grünen auf dem Holzweg. Sie Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe machen eine einfache Rechnung auf: Kleinbauer gut, beiträgt. Hier werden eher Mitnahmeeffekte erzeugt und Biobauer gut – alle anderen nicht gut. im Gegensatz zu einer verantwortlichen Investitions- Das stimmt so nicht! Diese Polarisierung schadet so- politik Arbeitsplätze vernichtet. So die Schlussfolgerun- gar diesen Betrieben, weil sie spaltet, wo gemeinsames gen des bundeseigenen Instituts. 100 Millionen Euro ist Agieren sinnvoll ist. Die Grünen behaupten, nur diese diese Fördermaßnahme gegen jede volkswirtschaftliche Landwirtschaftsbetriebe seien den neuen Herausforde- Vernunft Ministerin Aigner jedes Jahr wert. rungen Klimaschutz, Biodiversität, erneuerbare Ener- Dieser Politik ohne Gestaltungswillen setzen wir gien und Wassermanagement gewachsen. Diese These Bündnisgrünen klare Vorschläge für eine Neustrukturie- ist absurd. Wir als Linke wissen, dass alle Betriebe, egal rung der Gemeinschaftsaufgabe mit den Schwerpunkten ob groß oder klein, bio- oder konventionell bewirtschaf- ökologische Wettbewerbsfähigkeit, nachhaltige ländli- tet, ihren Beitrag leisten müssen und können, und viele che Entwicklung und Küstenschutz entgegen. Dafür wol- wollen es auch. Für das Klima verzichten sie auf Grün- len wir den ökologischen Landbau und die bäuerliche, landumnutzung in Ackerflächen, oder sie bauen ihr Tier- strukturangepasste und umweltschonende Landwirt- futter selbst an. Für die biologische Vielfalt legen sie schaft stärken. Kein anderer Bereich in der Landwirt- Feldgehölze, Lerchenfenster oder Blühstreifen an, und schaft kann Zuwachsraten wie der Ökolandbau vorwei- sie nutzen seltene Tierrassen. Zur Unterstützung solcher sen. Kein anderes Landnutzungssystem leistet Vergleich- Maßnahmen haben wir als Linke ein Konzept der EU- (B) bares für Natur-, Umwelt- und Klimaschutz. Kein ande- (D) Direktzahlungen vorgeschlagen, mit dem konkrete ge- rer Zweig der Landwirtschaft engagiert sich stärker für sellschaftliche Leistungen in den Bereichen Biodiversi- die Erhöhung der Wertschöpfung im ländlichen Raum. tät und Klimaschutz zielgerichteter honoriert werden. Eine Konzentration der Fördermittel in diesem Bereich Ich möchte auch kurz erwähnen, was mir am Grünen- ist deshalb wirtschaftlich vernünftig sowie umwelt- und Antrag gut gefällt. Die Forderung nach mehr Transpa- klimapolitisch verantwortungsvoll. Gleichzeitig ist es renz und politischer Mitbestimmung bei der Erstellung notwendig, die Agrar-Umwelt-Maßnahmen in Bezug auf des GAK-Rahmenplans ist richtig. Die GAK-Fehler der die neuen Herausforderungen Klimaschutz, Erhalt der vergangenen Jahre sind darauf zurückzuführen, dass die Biodiversität, verbessertes Wassermanagement sowie Pläne nicht öffentlich, sondern in Hinterzimmern poli- Ausbau der erneuerbaren Energien und artgerechte tisch ausgehandelt wurden. Wenn die GAK zu einer Ge- Tierhaltung weiterzuentwickeln. meinschaftsaufgabe für die ländlichen Räume werden soll, muss dies mit den relevanten Akteurs- und Interes- Förderpolitik soll zielorientiert und transparent sein. sensgruppen vor Ort abgestimmt werden. Nur wenn Deshalb müssen künftig integrierte Entwicklungskon- diese einbezogen sind, gibt es die Chance, die Situation zepte zur Grundlage der gesamten Wirtschafts- und Re- in den Dörfern zu verbessern. Denn dann werden Pro- gionalförderung werden. Auf dieser Basis ist es dann jekte umgesetzt, weil sie vor Ort passen und benötigt auch sinnvoll, die Förderung der Marktstrukturverbes- werden, und nicht nur, weil dafür eben Geld zur Verfü- serung, der Diversifizierung und der Unternehmens- gung steht. gründung auf Kleinst- und Kleinunternehmen der länd- lichen Wirtschaft zu begrenzen und dabei insbesondere den Aufbau von Wertschöpfungsketten, Regionalver- Cornelia Behm (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): marktung und Unternehmenskooperationen zu unter- Die ländliche Entwicklung ist die wohlfeile Melkkuh stützen. der schwarz-gelben Agrarpolitik. Sie wird von Union und FDP zur Ader gelassen, um über den Agrardiesel Dorferneuerung und -entwicklung wollen wir zu ei- die Gier der Agrarkonzerne nach Steuersubventionen zu ner qualifizierten Fördermaßnahme mit einer dauerhaf- stillen. Schön, dass sich diese unverblümte Klientelpoli- ten Struktur- und Beschäftigungswirksamkeit weiterent- tik in so eifrigem Wählerzuspruch niederschlägt. Wenn wickeln und die zusätzliche Aktivierung privater das Geld aber weniger wird, zeigt sich politische Klug- Investitionen als Bewilligungsvoraussetzung stärker ge- heit vor allem daran, ob es gelingt, die verbleibenden wichten. Dazu muss die eigenverantwortliche Arbeit der Mittel so einzusetzen, dass damit optimale Ergebnisse Leader-Aktionsgruppen deutlich gestärkt und die Ein-

Zu Protokoll gegebene Reden Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7333

(A) führung von Regionalbudgets und revolvierenden Regio- Wir sind damit am Schluss unserer heutigen Tages- (C) nalfonds als Regelförderung vorangetrieben werden. ordnung. Ich berufe die nächste Sitzung des Deutschen Bun- Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms: destages auf morgen, Freitag, den 29. Oktober 2010, Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf 9 Uhr, ein. Drucksache 17/3222 an die in der Tagesordnung aufge- führten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit ein- Die Sitzung ist geschlossen. verstanden? – Das ist der Fall. Dann ist die Überweisung so beschlossen. (Schluss: 21.53 Uhr)

(B) (D)

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7335

(A) Anlagen zum Stenografischen Bericht (C)

Anlage 1 – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klima- Liste der entschuldigten Abgeordneten fonds“ (EKFG) – Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergeset- entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich zes (KernbrStG) (Tagesordnungspunkt 4 a und b) Bätzing-Lichtenthäler, SPD 28.10.2010 Sabine Die Ablösung endlicher Energiequellen durch erneuer- Beck (Bremen), BÜNDNIS 90/ 28.10.2010 bare Energien ist eine entscheidende Frage für die mensch- Marieluise DIE GRÜNEN liche Zivilisation. Längere Laufzeiten von Kernkraftwer- ken stützen den notwendigen technologischen Wandel Binder, Karin DIE LINKE 28.10.2010 nicht, sondern sie bremsen ihn. Noch in diesem Jahrzehnt wird der Systemkonflikt zwischen dezentralen Energien Friedhoff, Paul K. FDP 28.10.2010 und zentralen Großkraftwerken offen ausbrechen.

Golze, Diana DIE LINKE 28.10.2010 Mit der elften Änderung des Atomgesetzes werden den Kernkraftwerken feste Liefermengen zugesagt; Zwi- Hartmann (Wackern- SPD 28.10.2010 schenbilanzen zum Abgleich mit der Entwicklung erneu- heim), Michael erbarer Stromquellen sind nicht vorgesehen. Nur so be- käme aber der Begriff „Brückentechnologie“ seinen Heinen-Esser, Ursula CDU/CSU 28.10.2010 echten Sinn. Krichbaum, Gunther CDU/CSU 28.10.2010 Die Laufzeitverlängerung von durchschnittlich zwölf Jahren ist überdies nicht technisch, sondern juristisch Lühmann, Kirsten SPD 28.10.2010 durch die Beteiligungsschwelle des Bundesrats begründet. Nietan, Dietmar SPD 28.10.2010 Wirtschaftlich führt die Laufzeitverlängerung zur Fes- tigung des Oligopols der vier größten Stromerzeuger. Er- (D) (B) Oswald, Eduard CDU/CSU 28.10.2010 neuerbare Energien eröffnen demgegenüber erstmals eine breite Eigentumsstreuung und Wertschöpfung im Energie- Pau, Petra DIE LINKE 28.10.2010 sektor. Handwerker, Kommunen, Hausbesitzer, Mieter, Landwirte und Waldeigentümer profitieren von diesem Paus, Lisa BÜNDNIS 90/ 28.10.2010 Wandel. Das wird durch die Laufzeitverlängerung gefähr- DIE GRÜNEN det. Bereits die Ankündigung der Laufzeitverlängerung Schreiner, Ottmar SPD 28.10.2010 führte dazu, dass im ganzen Land Gemeinden ihre Aus- baupläne für erneuerbare Energien zurückstellen. Schwarzelühr-Sutter, SPD 28.10.2010 Rita Schließlich bedeuten zwölf Jahre mehr Laufzeit auch zwölfmal 500 Tonnen mehr hochradioaktiven Abfall. Senger-Schäfer, Kathrin DIE LINKE 28.10.2010 Wir halten die Verlängerung der Laufzeiten von Kern- Süßmair, Alexander DIE LINKE 28.10.2010 kraftwerken um durchschnittlich zwölf Jahre in der Ge- samtabwägung nicht für verantwortbar und stimmen Dr. Wiefelspütz, Dieter SPD 28.10.2010 deshalb dagegen.

Zimmermann, Sabine DIE LINKE 28.10.2010 Anlage 3

Anlage 2 Erklärung nach § 31 GO Erklärung nach § 31 GO der Abgeordneten Oliver Krischer, Volker Beck (Köln), Katja Dörner, Kai Gehring, Britta der Abgeordneten Josef Göppel und Rüdiger Haßelmann, Bettina Herlitzius, Maria Anna Kruse (beide CDU/CSU) zu den namentlichen Klein-Schmeink, Markus Kurth, Kerstin Abstimmungen: Müller (Köln) und Friedrich Ostendorff (alle – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zu den namentli- des Atomgesetzes chen Abstimmungen: – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Ände- – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung rung des Atomgesetzes des Atomgesetzes 7336 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Ände- Die Urananreicherungsanlage, UAA, in Gronau ist (C) rung des Atomgesetzes die einzige ihrer Art in Deutschland und maßgeblicher Teil der atomaren Brennstoffkette zum Betrieb von – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Atomkraftwerken. Durch die Laufzeitverlängerung müs- Sondervermögens „Energie- und Klima- sen in Gronau erheblich mehr Brennstäbe hergestellt und fonds“ (EKFG) in Verbindung damit eine Vielzahl von Atomtransporten durchgeführt werden. Dies stellt eine unverantwortbare – Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergeset- Gefährdung der Region dar. Ein Zwischenfall im Januar zes (KernbrStG) dieses Jahres, bei dem ein Arbeiter verstrahlt wurde, (Tagesordnungspunkt 4 a und b) zeigte das Gefahrenpotenzial der UAA ebenso wie der durch den Unfall offenbar gewordene völlig unzurei- Wir stimmen gegen die 11. Atomgesetznovelle, die chende Katastrophenschutz für die Anlage. eine Laufzeitverlängerung für alle deutschen Atomkraft- Die sogenannte Konditionierungsanlage der Gesell- werke vorsieht. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die schaft für Nuklear-Service in Duisburg, in der radioak- gegen die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken tive Abfälle für ihre Einlagerung vorbereitet werden, sprechen, Sicherheits- und Proliferationsgefahren, unge- liegt unmittelbar an einem Wohngebiet und stellt eine löste Endlagerfrage, Systemkonflikt mit dem Ausbau er- nicht zu unterschätzende Gefahr für die dort lebenden neuerbarer Energien, Zementierung der Marktmacht der Menschen dar. Durch die Laufzeitverlängerungen für vier Atomkonzerne und vieles mehr. Atomkraftwerke wird diese Anlage nun möglicherweise Wir möchten uns hier auf die Darlegung der Gründe in größerem Umfang in Anspruch genommen. Das leh- beschränken, die negative Auswirkungen auf unser Bun- nen wir ab. desland NRW haben, obwohl dort zum Glück schon seit In Jülich und Hamm-Uentrop befinden sich riesige vielen Jahren kein Atomkraftwerk mehr in Betrieb ist. und hochproblematische Altlasten früherer Atomaben- teuer, deren Rückbau aber unseren Enkeln und Urenkeln Die Laufzeitverlängerung gefährdet geplante und ge- überlassen wird. Das zeigt die fehlende Nachhaltigkeit tätigte Investitionen von kommunalen Stadtwerken und der Atomkraft. neuen Energieunternehmen in NRW. Im Vertrauen auf Planungssicherheit durch den Ausstieg aus der Atom- In Jülich wurde der Hochtemperatur-Versuchsreaktor kraft haben diese Unternehmen Investitionen in neue AVR Jülich 1988 stillgelegt. Der Reaktor ist bis heute Kraftwerkskapazitäten – vor allem mit erneuerbaren – über 20 Jahre später – nicht zurückgebaut. Der Reak- Energien und in Kraft-Wärme-Kopplung – durchgeführt torbehälter ist so stark verstrahlt, dass er nicht zerlegt (B) oder geplant. Durch die Konkurrenz alter, abgeschriebe- werden kann. Der 2 000 Tonnen schwere und 26 Meter (D) ner Atomkraftwerke sind diese Investitionen nun nicht hohe Behälter muss als Ganzes in eine eigens errichtete, mehr wirtschaftlich. Notwendige Investitionen in die Er- wenige Hundert Meter entfernte Lagerhalle gebracht neuerung unserer Stromerzeugung werden so verhindert, werden. Nach einigen Jahrzehnten ist die Strahlung viel- regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze in NRW ge- leicht so weit abgeklungen, dass unsere Enkel und Uren- fährdet. Laufzeitverlängerungen konterkarieren somit kel das Problem losen können. Nur durch den Wegtrans- die Ziele der NRW-Landesregierung und vieler Unter- port lässt sich das nach einem schweren Unfall 1978 nehmen in NRW zum Ausbau einer klimafreundlichen stark verstrahlte Erdreich unter dem Reaktor sanieren. und dezentralen Energieversorgung. Bisher hat der „Rückbau“ des Reaktors in Jülich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler schon sage und Im münsterländischen Ahaus befindet sich das größte schreibe über 700 Millionen Euro gekostet. Am Ende Zwischenlager für abgebrannte Brennelemente abseits werden es sicher über 1 Milliarde Euro Kosten sein. der Atomkraftwerke. Die Bundesregierung hat bisher in keinster Weise dargelegt, ob die dezentralen Atommüll- Der Bau des Nachfolgemodells des AVR Jülich, der zwischenlager an den Standorten der Atomkraftwerke THTR Hamm-Uentrop, kostete über 2 Milliarden Euro ausreichen, den zusätzlichen, durch die Laufzeitverlän- und musste 1988 nach nur gut drei Betriebsjahren wegen technischer Unzulänglichkeiten und dauerhafter Pannen gerungen verursachten Müll aufzunehmen. Die Regie- stillgelegt werden. Seitdem hat allein der „sichere Ein- rungsfraktionen haben Fragen und Diskussionen zu die- schluss“ der Anlage mehrere Hundert Millionen Euro sem Thema in der Anhörung und den Sitzungen des gekostet. Der „Erhaltungsbetrieb“ der Anlage ver- zuständigen Ausschusses verhindert. Es ist zu befürch- schlingt jährlich 5 Millionen Euro. An einen Rückbau ten, dass mangels Zwischenlagerkapazitäten an den der Anlage ist erst ab dem Jahr 2027 zu denken, wenn AKW-Standorten massenweise Atommüll infolge der die Strahlung im Reaktor abgenommen hat. Nahezu Laufzeitverlängerung mit einer Vielzahl von Atomtrans- sämtliche Kosten von AVR und THTR tragen die Steuer- porten nach Ahaus gebracht werden muss. Damit droht zahlerinnen und Steuerzahler. Die Energiekonzerne ha- Ahaus zum dauerhaften Endlager der Republik zu werden, ben sich bei den Kosten einen schlanken Fuß gemacht. weil die Bundesregierung mit ihrer unverantwortlichen Festlegung auf Gorleben das Finden eines geeigneten End- Atomkraft ist das Gegenteil einer nachhaltigen Ener- lagerstandortes verhindert. Die langfristige Lagerung gieerzeugung und verletzt eklatant die Generationenge- von Atommüll in Ahaus in einer in Leichtbau- rechtigkeit. Die Folgen müssen unsere Kinder, Enkel weise stellt ein unverantwortliches Risiko für Mensch und deren Nachfahren ausbaden. Deshalb ist die Lauf- und Natur im Münsterland und darüber hinaus dar. zeitverlängerung von Atomkraftwerken, die noch sehr Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7337

(A) viel mehr als den ohnehin schon vorhanden Atommüll kaum gefüllten Sondervermögens „Energie- und Klima- (C) produziert, aus diesem und vielen weiteren Gründen un- fonds“ nicht gelingen. Eine Laufzeitverlängerung für die verantwortlich und wird von uns abgelehnt. Atomkraftwerke wird insbesondere den Ausbau der er- neuerbaren Energien bremsen und die effizienten und klimafreundlichen Energieträger aus dem Strommarkt Anlage 4 drängen. Massive Arbeitsplatzverluste in dieser Wachs- tumsbranche sind zu befürchten. Erklärung nach § 31 GO Der Gesetzgebungszeitplan für die Beratung der Ge- der Abgeordneten Heinz-Joachim Barchmann, setzentwürfe ist eine Farce und missachtet die demokra- Uwe Beckmeyer, Gerd Bollmann, Edelgard tischen Mitwirkungsrechte des Bundestages und des Bulmahn, Garrelt Duin, Petra Ernstberger, Bundesrates. Ohne dass etwa drängende Fristen einzu- Karin Evers-Meyer, Lars Klingbeil, Dr. Bärbel halten wären, wurde das Verfahren in weniger als vier Kofler, Gabriele Lösekrug-Möller, Kirsten Wochen abgeschlossen. Insbesondere für die inhaltliche Lühmann, Caren Marks, Dr. Matthias Miersch, Fachdebatte der Änderung des Atomgesetzes blieb dabei Holger Ortel, Dr. Wilhelm Priesmeier, weniger als eine Stunde Beratungszeit. Eine Vielzahl Dr. Carola Reimann, Dr. Martin Schwanholz, von Fragen konnte entweder nicht gestellt werden oder Dr. Carsten Sieling und Kerstin Tack (alle SPD) blieb schlicht unbeantwortet, da eine geordnete Befra- zu den namentlichen Abstimmungen: gung der Bundesregierung blockiert wurde. – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes Wir lehnen alle Gesetzentwürfe, die uns in Verbin- dung mit dem Energiekonzept der Bundesregierung vor- – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Ände- gelegt wurden, ab und erklären unsere entschiedene rung des Atomgesetzes Missbilligung des Gesetzgebungszeitplans und des par- lamentarischen Vorgehens der Koalitionsfraktionen – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines CDU/CSU und FDP. Sondervermögens „Energie- und Klima- fonds“ (EKFG) – Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergeset- Anlage 5 zes (KernbrStG) Erklärungen nach § 31 GO (Tagesordnungspunkt 4 a und b) zu den namentlichen Abstimmungen: (B) Der Ablauf der parlamentarischen Beratung der elften (D) und zwölften Änderung des Atomgesetzes sowie weite- – Entwurf eines Elften Gesetzes zur Änderung rer Gesetzentwürfe, an deren Ende Laufzeitverlängerun- des Atomgesetzes gen für die deutschen Atomkraftwerke stehen und in denen die Sicherheitsanforderungen für die Anlagen ge- – Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Ände- ändert werden, steht im krassen Widerspruch zu der ge- rung des Atomgesetzes sellschaftlichen Bedeutung, die diese Änderung für die – Entwurf eines Gesetzes zur Errichtung eines Zukunft der Energiepolitik, für den Klimaschutz, den Sondervermögens „Energie- und Klima- Wettbewerb im Energiemarkt und die Arbeitsplätze in fonds“ (EKFG) Deutschland hat. In der Folge dieser Gesetzesänderungen werden – Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergeset- Atomkraftwerke bis circa zum Jahr 2040 weiterbetrieben zes (KernbrStG) werden können, obwohl weder ein Endlager für hochra- (Tagesordnungspunkt 4 a und b) dioaktive Abfälle vorhanden ist, noch Vorsorge gegen gezielte terroristische Angriffe getroffen wird. Damit wird mit der Sicherheit und der Lebensqualität vieler Viola von Cramon-Taubadel (BÜNDNIS 90/DIE nachfolgender Generationen leichtfertig und verantwor- GRÜNEN): Ich stimme gegen die elfte Atomgesetzno- tungslos umgegangen und der gesellschaftliche Frieden velle, die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraft- aufs Spiel gesetzt. Ohne sachlichen Grund werden die werke in Deutschland vorsieht, weil ich diese gesetzli- von Rot-Grün eingeleitete Energiewende sowie der mit che Änderung für ein energiepolitisches Desaster halte. den Energiekonzernen gefundene Konsens aufgekün- digt. Ich kann und möchte es nicht verantworten, dass wir in Unkenntnis der Frage, wo wir und wie wir unseren Darüber hinaus werden den vier großen Energieerzeu- hochradioaktiven Atommüll entsorgen werden, weiteren gern zusätzliche Milliardengewinne aus bereits abge- nichtabbaubaren Müll produzieren. Wir addieren mit schriebenen Atomkraftwerken ermöglicht. Wir bewerten dieser Gesetzesnovelle weitere 4 000 Tonnen atomaren das Vorhaben der Bundesregierung insgesamt als eine Mülls. Nicht erst seit den Geschehnissen in der Asse Kapitulation vor Lobbyinteressen. Der Plan, die erhebli- wissen wir, dass es keinen sicheren Platz für diesen Müll chen Gewinne der Konzerne für die Energiewende und geben wird. Diese Fragen der Entsorgung stark strahlen- die Haushaltskonsolidierung abzuschöpfen, wird auf Ba- den Mülls reichen wir somit zwangsläufig unbeantwortet sis einer halbherzigen Kernbrennstoffsteuer und eines an die nächsten Generationen weiter. 7338 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Außerdem darf der Ausbau erneuerbarer Energien auf Zweitens. Eine Verlängerung der Laufzeiten von Atom- (C) diesem Weg nicht weiter blockiert werden: kraftwerken wird die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien erheblich schwächen. Damit wird aus ideologi- Mit der Verlängerung der Laufzeiten werden Investi- schen Gründen einer zukunftslosen Form der Energie- tionen in moderne Kraftwerke, aber vor allem wird der erzeugung der Vorrang gegenüber innovativen Ener- notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien zurück- gieformen gegeben. gefahren. Drittens. Es ist unter Sicherheitsaspekten unverant- Das Wachstum bei erneuerbaren Energiequellen, das wortlich, zum Teil eindeutig überalterte Reaktoren län- wir zum einen dringend für einen ernst gemeinten Kli- ger als bisher vorgesehen in Betrieb zu halten. Das Ri- maschutz benötigen, aber das zum anderen für mehr als siko eines Störfalls bzw. einer Schadensauslösung durch 300 000 neue Arbeitsplätze in der Branche verantwort- externe Einwirkung würde sich dadurch erhöhen. lich ist, wurde bereits seit der ersten Ankündigung der Laufzeitverlängerung deutlich abgebremst. Das ist we- Viertens. Es wäre zudem unverantwortlich, die mit ei- der gut für den Klimaschutz in Deutschland und in ner Laufzeitverlängerung verbundene vermehrte Pro- Europa noch für die langfristige, nachhaltige Arbeits- duktion von hochradioaktivem Atommüll zu billigen, platzentwicklung in unserem Land. ohne dass ein geeignetes Endlager vorhanden ist. Es ist bezeichnend, dass die schwarz-gelbe Koalition am heuti- Ich sehe Deutschland auch in einer Vorbildfunktion gen Tag, an dem über die Mehrproduktion von hochge- für andere Staaten, die energiepolitisch demnächst rich- fährlichem Atommüll abgestimmt wird, unter Verstoß tungsweisende Entscheidungen vornehmen. Diese Ge- gegen die Geschäftsordnung des Bundestages eigen- setzesnovelle sendet ein fatales Signal in die Welt. mächtig die Sitzung des Gorleben-Untersuchungsaus- Deutschland hat sich hiermit von einer zukunftsfähigen schusses abgesagt hat, in der ein Wissenschaftler gehört Energiepolitik verabschiedet. werden sollte, der aufgrund eigener Messbefunde eine Deutschland wird zunächst einmal keinen Wettlauf kritische Haltung bezüglich der Eignung des Erkun- um die innovativsten Energieformen gewinnen; das Ren- dungsbergwerkes Gorleben als mögliches atomares End- nen werden andere gewinnen. Genau bei diesem Wettbe- lager hat. werb darf Deutschland seine „Poolposition“ nicht verge- ben. Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Im Dezember 1990 bin ich mit einer Gruppe von Aber mit dem heutigen Gesetz setzen wir bei diesem Interessierten nach Weißrussland gereist. Wer dort war Wettlauf aus. Wir dienen nicht mehr als Ideengeber für oder wer gar einmal die sogenannte verbotene Zone be- andere Regionen, sondern führen stattdessen den eige- (B) treten hat, wird nie wieder von der Beherrschbarkeit und (D) nen, den Energiebinnenmarkt wieder in die energiepoli- technischen Kontrollierbarkeit von Atomkraft überzeugt tische Steinzeit zurück. sein können. Wer die verwaisten Dörfer und Städte in Finanziell wird dieses Gesetz für die Verbrauche- der Sperrzone um den explodierten Reaktor herum gese- rinnen und Verbraucher keine Erleichterung bringen. hen hat, die Krankheiten und Folgen des Unglücks, unter Denn anders als angekündigt werden die Strompreise denen die Menschen in der Region bis heute leiden, der auch mit den verlängerten Laufzeiten für die Atomkraft wird nie wieder von der vermeintlichen Fortschrittlich- kaum gesenkt. Es führt gleichzeitig jedoch zu einer Ver- keit von Atomkraft überzeugt sein. In der DDR war jede schiebung finanzieller Ressourcen zugunsten der vier Kritik an der Energieerzeugung durch Kernkraftwerke großen Energieerzeuger, die weitgehend die Profiteure tabu. Die Arbeit in den Abbaustätten des bis 1990 dritt- der Novelle sind. größten Uranproduzenten weltweit war mit vielen Privi- legien verbunden. Sie wurde aufgrund der jahrelangen Kontamination mit radioaktivem Staub von vielen der Sebastian Edathy (SPD): Die dem Bundestag heute Bergleute mit Krankheit bezahlt, mitunter mit frühem vorliegenden Gesetzentwürfe von CDU/CSU und FDP Krebstod. zur Umsetzung ihres angeblichen „Energiekonzeptes“ lehne ich ab. Doch natürlich wussten auch wir in der DDR, warum im Mai 1986 plötzlich so viel Salat und Gemüse in den Der Ablauf der parlamentarischen Beratung war der Regalen der Läden lag – Waren, die im Westen keiner Bedeutung des Themas unangemessen; insbesondere mehr kaufen wollte. Aber protestieren oder sich öffent- wurden Auskunftsrechte der Opposition missachtet. lich positionieren gegen den blinden Fortschrittsglauben Inhaltlich besonders verwerflich ist der Vorschlag der durfte man nicht. 21 Jahre nach der friedlichen Revolu- Koalitionsfraktionen, die Laufzeiten deutscher Atom- tion leben wir in einem Land, in dem es möglich ist, öf- kraftwerke erheblich zu verlängern, und zwar aus vier fentlich Protest gegen Atomkraft und den nachweislich Gründen: falschen Glauben an die Beherrschbarkeit und Kontrol- lierbarkeit von Atomkraft zu äußern. Ich bin froh, dass Erstens. Die Absicht, den in Regierungsverantwor- viele Menschen dies dauerhaft und mit großem Engage- tung der SPD vereinbarten Atomenergieausstieg aufzu- ment tun. Ich bin froh, dass sie es auch heute Morgen heben, lässt einen bereits überwundenen gesellschaftli- hier in unmittelbarer Nähe des Parlamentes, das über die chen Konflikt wieder aufbrechen und polarisiert ohne Verlängerung der Laufzeiten für Kernkraftwerke zu ent- Not unsere Gesellschaft. scheiden hat, tun. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7339

(A) Denn Atomkraft ist weder sicher noch sauber. Auch winnung. Doch es gibt zwei Gründe, warum ich mein (C) in deutschen Atomkraftwerken sind meldepflichtige Gewissen gebunden sehe. Störfälle an der Tagesordnung. Reaktoren wie Biblis A Das ist zum einen die Verlässlichkeit politischer Aus- entsprechen schon lange nicht mehr den Sicherheitsan- sagen und Vereinbarungen. Wir sollten unser Wort hal- forderungen, von den Gefahren durch terroristische An- ten, im Großen wie im Kleinen. Einen Ausstieg aus der schläge ganz zu schweigen. Die Frage des Endlagers für Kernkraft zu vereinbaren und diesen dann zurückzuneh- den strahlenden Müll ist nach wie vor ungeklärt. Der Be- men, auch nur partiell, stellt die Glaubwürdigkeit politi- trieb der deutschen Atomkraftwerke ist zu 100 Prozent scher Aussagen insgesamt infrage. Ich persönlich habe abhängig von Uranimporten, die häufig aus den Krisen- bereits während meiner Kandidatur als Bundestagsabge- regionen dieser Welt stammen. Der Abbau und Import ordneter im vergangenen Jahr meine ablehnende Posi- des Urans ist im Übrigen höchst energieintensiv, von tion zur Laufzeitverlängerung deutlich gemacht. Als Klimaschutz keine Spur. Mensch, als Christ und als Pastor haben Menschen mir In Ostthüringen und im Erzgebirge wird heute kein immer wieder eine große Aufrichtigkeit und Glaubwür- Uran mehr abgebaut. Die Minen sind geschlossen; die digkeit bestätigt. Diesen Wert will ich bewahren. Darum Landschaft wird unter anderem durch den Nachfolger werde ich auch in diesem Fall zu meinem Wort stehen. der Wismut AG renaturiert. Und in den vergangenen Zum anderen bleiben bei aller Einsicht in die Begrün- Jahren sind in Thüringen Tausende neuer Arbeitsplätze dung des Gesetzentwurfes die grundsätzlichen Argu- im Bereich der erneuerbaren Energien entstanden. Erfin- mente gegen die Kernkraft: Wir wissen bis heute nicht, dergeist, Mut zur Investition und die Vision einer Strom- wie wir den Atommüll entsorgen können; die Risiken der erzeugung ohne mutwillige Schädigung von Mensch und Kernkraft sind nicht bis ins Letzte kalkulierbar. Entspre- Natur haben ein kleines, grünes Wirtschaftswunder er- chend wissen wir nicht, welches Erbe wir den nachfol- zeugt. Der Anteil erneuerbarer Energien am Energiever- genden Generationen überlassen werden. Der schnellst- brauch hat sich in den vergangenen zehn Jahren seit dem mögliche Ausstieg aus der Kernkraft ist daher geboten. Beschluss zum Ausstieg aus der Atomkraft und der Ver- abschiedung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes ver- Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dreifacht. In einer strukturschwachen, mit den Folgen NEN): Ich stimme gegen die elfte Atomgesetznovelle, der DDR-Misswirtschaft kämpfenden Region ist eine die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke Zukunftsbranche herangewachsen. in Deutschland vorsieht, weil ich persönlich von der Laufzeitverlängerung besonders betroffen bin. In mei- Diese läuft nun Gefahr, ihre mühsam erkämpfte nem Bundesland liegt neben Biblis B auch das älteste Marktfähigkeit, die entstandenen Arbeitsplätze und den (B) Atomkraftwerk Biblis A, das besonders viele Mängel (D) technologischen Vorsprung durch die Verlängerung der aufweist. Der Reaktor Biblis A ging am 16. Juli 1974 Laufzeiten von alten Atommeilern zu verlieren. Kleine ans Netz. Sein Sicherheitszustand entspricht dem Stand und mittelständische Unternehmen sind in ihrer Existenz der Technik der 1970er-Jahre. Was das bedeutet, zeigen bedroht, während die vier großen deutschen Energiekon- die folgenden Fakten über den Sicherheitszustand des zerne mit zusätzlichen Gewinnen durch den Weiterbe- Reaktors: trieb ihrer längst abgeschriebenen Altreaktoren rechnen können. Diese offensichtliche Begünstigung rückwärts- Biblis A weist über 400 meldepflichtige Zwischen- gewandter Energiepolitik und Schwächung einer ökolo- fälle auf; pro Betriebsjahr sind das 12. Damit führt es die gisch nachhaltigen Energiegewinnung halte ich als Ab- Pannenstatistik deutscher AKW an. geordnete von Bündnis 90/Die Grünen für grundfalsch. Biblis A ist gegen Störfälle schlechter geschützt als Die Inkaufnahme des Verlustes Tausender Arbeitsplätze neuere AKW, weil zum Beispiel Sicherheitssysteme im in einer Zukunftsbranche als Folge eines Milliardenge- Störfall ausfallen können. Insbesondere bei Lecks oder schenks an die Atomlobby ist für mich als Thüringer Ab- Rissen von Rohrleitungen ist deshalb das Risiko unbe- geordnete ein Skandal sondergleichen. herrschbarer Ereignisse deutlich höher als bei neueren AKW. Frank Heinrich (CDU/CSU): In der Abstimmung Die Störfallbeherrschung ist nicht sichergestellt, weil um die Verlängerung der Laufzeiten von Kernkraftwer- unter anderem ein unabhängiges Notkühlsystem fehlt. ken werde ich von meinem Recht auf Gewissensfreiheit Gebrauch machen und den Gesetzentwurf zur Änderung Das AKW ist gegen Erdbeben und Druckwellen von des Atomgesetzes ablehnen. Dies möchte ich im Folgen- außen, zum Beispiel durch Explosionen, weit weniger den begründen. geschützt, als es dem Stand der Technik entspricht. Zwar kann ich der Argumentation meiner Partei, die Zudem verfügt es nicht über ein dem Stand der Tech- von Kernkraft als einer Brückentechnologie spricht, an nik entsprechendes unabhängiges und verbunkertes Not- standssystem. einigen Stellen folgen: Erstens findet kein völliger „Aus- stieg aus dem Ausstieg“ statt, zweitens sollen die Versor- Die Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes auf das gungssicherheit der Verbraucherinnen und Verbraucher AKW Biblis A hat das Öko-Institut im Jahr 2007 unter- gewährleistet und der Strom bezahlbar bleiben, drittens sucht. Demnach ist eine großflächige Zerstörung des Re- dient die Verwendung eines Großteils der Gewinne dem aktorgebäudes nicht auszuschließen, würde es in der Aufbau einer Infrastruktur zur regenerativen Energiege- Folge zu einer Kernschmelze mit rascher Freisetzung 7340 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) großer Mengen Radioaktivität kommen, würde ein Ge- Entgegen den Behauptungen von RWE, Eon und Co (C) biet von 10 000 Quadratkilometern zur Katastrophen- ist es nicht die Umlage für die erneuerbaren Energien, zone. die die Strompreise treibt. Nach einer Analyse des Bun- des der Energieverbraucher von März 2010 bereichern Biblis A wäre, wenn sich der Betreiber RWE dem sich die Stromkonzerne seit 2007 mit fast 6 Milliarden Geist der Ausstiegsverhandlungen verpflichtet gefühlt Euro pro Jahr auf Kosten der Verbraucher, ohne dass re- hätte, längst stillgelegt. Nur durch künstliche Drosse- ale Gründe wie höhere Bezugspreise, Steuern und Abga- lung, fragwürdige Revisionen und die Übertragung von ben dafür vorliegen. Während die Stromkosten in einem Reststrommengen aus dem stillgelegten AKW Stade Durchschnittshaushalt in den letzten 10 Jahren um circa wurde die Betriebserlaubnis bis heute gerettet. 30 Euro gestiegen sind, hat die EEG-Umlage im glei- Diese Strategie soll jetzt nach Willen der Koalition chen Zeitraum nur um 5 Euro zugelegt. Auch der Chef satte Früchte tragen. Acht Jahre längere Laufzeit würden der Regulierungsbehörde, Matthias Kurth, und der Vor- RWE Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe bringen. Ob sitzende der Monopolkommission, Justus Haucap, haben es zu Nachrüstungen beim völlig inakzeptablen Sicher- davor gewarnt, ungerechtfertigte Preiserhöhungen den heitszustand kommt, steht dagegen in den Sternen. Ein erneuerbaren Energien in die Schuhe zu schieben. derart unsicherer Reaktor wie Biblis A muss sofort abge- Der aktuelle Anstieg der Energieumlage um circa 70 schaltet werden. Jede Verlängerung der Laufzeit ist aus Euro jährlich für einen Vier-Personen-Haushalt ist im meiner Sicht unverantwortlich. Wesentlichen eine Folge der verunsichernden Hü-und- Hott-Politik der Bundesregierung im Umgang mit der Bärbel Höhn (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das Solarförderung. Schwarz-Gelb hat mit einer extremen Gesetz, das die Laufzeiten der 17 deutschen Atomkraft- Förderungskürzung zum 1. Juli eine Art Torschlusspanik werke verlängert, lehne ich entschieden ab. und so einen geballten Ansturm auf Solaranlagen ausge- löst, statt für einen stetigen Ausbau zu sorgen. Ich lehne das Gesetz ab, weil es einen gesellschaftli- chen Großkonflikt wieder anfacht, den die rot-grüne Mit den Laufzeitverlängerungen behindert die schwarz- Bundesregierung mit dem Atomkonsens im Jahr 2000 gelbe Regierung nicht nur Investitionen in Zukunftstech- nach Jahrzehnten harter Auseinandersetzungen befriedet nologien, -jobs und Klimaschutz, sondern auch die lang- hatte. fristige Unabhängigkeit und Entkoppelung der Verbrau- Ich lehne das Gesetz ab, weil längere AKW-Laufzei- cherpreise von den endlichen Brennstoffen Uran und ten mehr Atommüll bedeuten, dessen sichere Lagerung Kohle. Sie zementiert die Monopole und verhindert fai- für die nächsten Zehntausende von Jahren ein ungelöstes ren Wettbewerb. Die Stadtwerke wollen milliarden- (B) Problem ist, das wir in unverantwortlicher Weise nach- schwere Investitionen stoppen, weil sie befürchten, dass (D) kommenden Generationen überlassen. Schwarz-Gelb die Vormachtstellung der großen Kon- zerne auf Jahre festschreibt. Hochriskante Atomkraft- Ich lehne das Gesetz ab, weil längere AKW-Laufzei- werke sind keine Brückentechnologie, sondern verhin- ten durch die mit zunehmendem Alter immer störanfälli- dern mit ihrer schweren Regulierbarkeit den neuen geren Atomkraftwerke erhöhte Sicherheitsrisiken für Strommix mit viel Sonne und Wind. Mensch und Umwelt bedeuten. Ich lehne das Gesetz ab, weil die Laufzeitverlänge- Ingrid Hönlinger (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In rung den Ausbau der erneuerbaren Energien behindert, unmittelbarer Nachbarschaft zu meinem Wahlkreis Lud- Wettbewerb auf dem Strommarkt verhindert und das wigsburg befindet sich einer der ältesten Atommeiler in Oligopol der marktbeherrschenden vier großen Energie- ganz Deutschland. Das AKW Neckarwestheim 1 hat sei- konzerne zementiert. nen Betrieb im Jahr 1976 aufgenommen. Mit über 400 meldepflichtigen Zwischenfällen ist er einer der Ich lehne das Gesetz ab, weil es im Deutschen Bun- pannenanfälligsten Reaktoren in Deutschland. Die Alte- destag nicht angemessen beraten wurde, weil im Verfah- rungsrelevanz zeigt sich in der signifikant höheren Stör- ren elementare Abgeordnetenrechte verletzt wurden und anfälligkeit. Mitarbeiter und Umgebung sind einem hö- die geplante Umgehung des Bundesrates gegen das heren Strahlungsrisiko ausgesetzt, Sicherheitssysteme Grundgesetz verstößt. entsprechen nicht dem heutigen Stand der Technik. Es Deshalb werde ich dem Gesetz nicht zustimmen und, besteht die Gefahr eines schnelleren Risswachstums, die sollte es verabschiedet werden, alles dafür tun, es wieder Notstromversorgung ist schlecht gesichert, die Kühlmit- rückgängig zu machen. telreserven sind relativ gering, es gibt keine Sicherheit bei Abstürzen von größeren Passagierjets. Ich kann als Abgeordnete des Wahlkreises Ludwigsburg einen Wei- Ulrike Höfken (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Lauf- terbetrieb dieses Uralt-Atomkraftwerkes nicht unterstüt- zeitverlängerungen bremsen den Ausbau der erneuerba- zen. Neckarwestheim gehört zu den ältesten Meilern und ren Energien und verteuern den Strom. Erst im Oktober sollte sofort stillgelegt werden. wurden in Rheinland-Pfalz und deutschlandweit Strom- preiserhöhungen angekündigt. Die Stromrechnung ent- Ich stimme auch gegen die elfte Atomgesetznovelle, wickelt sich damit für viele Verbraucherinnen und Ver- die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke braucher zu einer zweiten Miete und Kostenfalle, die sie in Deutschland vorsieht. Diese Laufzeitverlängerung be- nicht kontrollieren können. hindert den Ausbau des boomenden Zukunftsmarktes Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7341

(A) der erneuerbaren Energien. Atomenergie ist schwer zu Gesetzesnovelle zur Änderung des Atomgesetzes abzu- (C) regulieren und daher nicht vereinbar mit dem, was wir in geben. Deutschland jetzt brauchen: einen sinnvollen Energie- mix aus Wind- und Sonnenenergie, Biogas und anderen Als Niedersächsin und Mutter von drei Kindern fühle erneuerbaren Energien. Die Laufzeitverlängerungen be- ich mich in besonderem Maße von dem Deal der hindern zugleich die Entwicklung kleiner dezentraler schwarz-gelben Koalition mit den Energiekonzernen Energieversorger und einen wirklichen Wettbewerb auf persönlich betroffen. dem Energiemarkt. Die Verlierer sind hierbei die vielen Ich lebe mit meiner Familie in Nienburg an der We- Regionen, in denen bereits ganze Gemeinden und viele ser. Das liegt auf halber Strecke zwischen den Atom- Bauern ein zweites Standbein in der Energiewirtschaft kraftwerken Grohnde und Unterweser. aufgebaut haben. Die Atomkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW Das AKW Unterweser sollte nach der noch geltenden können bei einer Laufzeitverlängerung auch weiterhin Gesetzeslage bereits im Herbst 2011 vom Netz gehen. die Preise diktieren und einen fairen Wettbewerb auf Das hat auch seinen Grund: Der Druckwasserreaktor dem Strommarkt verhindern. Ihr Interesse an der Lauf- dieses AKW entspricht dem Stand der 70er-Jahre. Es zeitverlängerung ist verständlich; denn durch die abge- fehlt ein ausreichend dicker Sicherheitsbehälter, der bei schriebenen Altmeiler verdienen die Konzerne 1 bis einem Unfall als Barriere gegen das Austreten von Ra- 2 Millionen Euro pro Tag. Die Laufzeitverlängerungen dioaktivität wirken könnte. Die Stahlbetonkuppel ist nur der Atomkraftwerke führen dazu, dass nicht in moderne 80 Zentimeter dick und könnte einem Flugzeugabsturz Kraftwerke investiert wird. Sie gefährden zudem die Ar- nicht standhalten. Seit 1998 kam es zu Ausfällen von Si- beitsplätze von 340 000 Menschen, die bereits heute im cherheitsventilen, Kurzschlüssen im Generator und zu Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten. Das heißt: Fehlern im Notkühlsystem. Wenn wir mehr für den Klimaschutz tun wollen, bedeu- Jetzt soll dieser Reaktor nach dem Willen der Mehr- tet das Atomausstieg, und zwar so schnell wie möglich. heit in diesem Hohen Hause bis 2020 in Betrieb bleiben. Mit meiner Ablehnung der Atomgesetznovelle will Das ist unverantwortlich! ich auch betonen, dass der atomare Müllberg mit seinem Die erst in den 80er-Jahren gebauten AKW Grohnde Strahlenrisiko noch stärker die kommenden Generatio- und Emsland dürfen ohnehin bis 2017 bzw. 2020 weiter- nen belastet. Ungeklärt sind die erhöhten Fälle von Leu- laufen; aber auch dort treten immer wieder Störfälle auf. kämie bei Kindern im Umfeld von Atomanlagen. Die Seit Inbetriebnahme des AKW Emsland hat es in diesem Nutzung der Atomenergie ist vom umweltschädlichen allein 330 solcher Störfälle gegeben. Durch die Aufkün- Abbau des Urans bis hin zur ungeklärten Entsorgung des (B) digung des Atomkonsenes verschiebt sich der Ausstieg (D) Atommülls eine nicht verantwortbare Hochrisikotechno- auf unabsehbare Zeit. Das elfte Änderungsgesetz zum logie, von der wir uns schnellstmöglich verabschieden Atomgesetz verlängert die Laufzeiten dieser beiden müssen. Ich lehne diese Risikotechnologie ab; sie ist AKW zunächst um 14 Jahre bis 2031 bzw. 2034. Aber eine Bürde für alle nachfolgenden Generationen. das ist noch nicht alles: Durch eine Übertragung von Stromerzeugungsrechten von älteren auf neuere Kraft- Dr. Egon Jüttner (CDU/CSU): Ich kann dem Ener- werke könnte es noch zu einer weiteren Verlängerung giekonzept nicht zustimmen, da ich zum einen eine Ver- kommen. So wird sich auch die übernächste Generation längerung der Laufzeiten von Kernkraftwerken nicht von Niedersachsen auf Antiatomdemonstrationen ein- befürworte und zum anderen auch nach den Ausschuss- richten müssen. beratungen nicht feststellen kann, dass in dem Konzept eine gezielte Regelung für Stadtwerke bzw. kommunale Die Zwischenlager von Grohnde und Emsland haben Unternehmen enthalten ist. Es werden Mittel für die Ge- nicht die Kapazität, den gesamten durch die Verlänge- bäudesanierung bereitgestellt, die zwar den Kommunen rung anfallenden Atommüll aufzunehmen. Ich will mei- und dem ortsansässigen Handwerk zugutekommen, nen Kindern die Antwort nicht schuldig bleiben müssen, nicht jedoch den Stadtwerken. Die zur Abstimmung ste- wenn sie eines Tages fragen: Wo warst du, als ihr uns da- henden Gesetze begünstigen darüber hinaus die großen mals diesen Mist eingebrockt habt? Anbieter. Sie stellen keine Wettbewerbsgerechtigkeit dar, beispielsweise was die Investitionen in die Off- In meinem Bundesland liegen auch Schacht Konrad, shorewindanlagen betrifft. die Asse und der größte Schwarzbau aller Zeiten: Gorle- ben. Hier soll für Jahrtausende der hochradioaktive Müll Ich erkenne jedoch positiv an, dass durch die neuen aus den Atomkraftwerken der gesamten Bundesrepublik Gesetze ein hohes Finanzvolumen zur Förderung erneu- eingelagert werden. Tag für Tag produzieren die deut- erbarer Energien zur Verfügung gestellt wird. schen Atomkraftwerke hochradioaktiven Müll, und mit Nach Abwägung aller Gesichtspunkte habe ich mich der in diesem Gesetz vorgesehenen Laufzeitverlänge- entschlossen, mich der Stimme zu enthalten. rung werden Tausende Tonnen Müll hinzukommen, die über Generationen hinweg strahlen. Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In Ver- Die Bundesregierung hat sich entschieden, den Salz- antwortung gegenüber meinen Kindern und den künfti- stock Gorleben weiter zum Endlager auszubauen, und gen Generationen sehe ich mich gezwungen, heute eine das, obwohl Gorleben nur aufgrund politischer Vorfest- persönliche Erklärung zu der Abstimmung über die elfte legung und dreister Manipulation von Gutachten in der 7342 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Zeit der Kohl-Regierung seine zentrale Rolle in der End- schnellabschaltung. Das AKW Grohnde ist zwar gegen (C) lagersuche erhalten hat. den Absturz eines Militärflugzeugs des Typs „Phantom“ ausgelegt. Dem Absturz schwerer Maschinen, etwa eines Die Bundesregierung führt im Feststellungsteil dieses Passagierflugzeugs, würde es nicht standhalten. Gesetzes aus, dass sie auch Schacht Konrad als Endlager für radioaktive Abfalle nutzen will. Damit würde Nie- Die Abschaltung des Reaktors ist nach Atomaus- dersachsen endgültig zum Atomklo der Nation! stiegsgesetz für 2017 zu erwarten. Jetzt soll er bis nach Sicher ist dabei nur eins: Ein sicheres Endlager für 2030 in Betrieb bleiben. Das hätte unter anderem zur diese Art Müll gibt es nicht und wird es nie geben! Folge, dass das genehmigte Zwischenlager neben dem Reaktor zu klein würde. Es müsste erweitert werden, Die Erfahrung mit der Asse hat gezeigt, was den was ich als eine vermeidbare und schwerwiegende Erhö- Menschen in diesem Land schon alles als sichere Lösung hung der Risiken bewerte. verkauft worden ist. An einem völlig ungeeigneten Ort wurden falsch deklarierte radioaktive Abfälle einfach Die Laufzeitverlängerung führt nicht nur beim AKW wild durcheinander in die Stollen gekippt – nach dem Grohnde, sondern auch bei den anderen 16 AKW zu Motto: Nach uns die Sintflut. Und die Sintflut kam mehr gefährlichem Atommüll und stellt eine unverant- schneller als erwartet. Wassereinbrüche wurden bewusst wortbare Hypothek für kommende Generationen dar. übersehen. Seit 2008 ist nicht mehr zu verbergen, dass Radioaktiver Abfall strahlt über Jahrmillionen. Auch die Lauge in der Asse radioaktiv kontaminiert ist. nach über 50 Jahren ziviler Nutzung der Atomenergie existiert weltweit kein Endlager für hochradioaktiven Keiner kann übersehen, was die radioaktive Verseu- Müll. Und trotzdem wird weiter fortlaufend Atommüll chung der Lauge für Folgen für Mensch und Umwelt ha- produziert. In Deutschland verspricht die Atomlobby mit ben wird, und keiner kann beziffern, wie hoch in Zu- Gorleben eine Lösung der Endlagerfrage. Doch ein kunft die Kosten für die Rückholung des Atommülls schlüssiges Endlagerkonzept gibt es nicht. Dennoch will oder die weitere Einlagerung – wo auch immer – sein Schwarz-Gelb die Laufzeiten verlängern. Das ist wie werden. Fliegen ohne Landebahn. Klar ist nur: Politische Vor- Wir bürden unseren Kindern und zukünftigen Genera- festlegungen und dreiste Manipulationen von Gutachten tionen neben den gesundheitlichen Risiken auch finan- durch die Kohl-Regierung haben überhaupt erst zur Fest- zielle Lasten auf, während die Atomkonzerne sich mit legung auf Gorleben geführt. Das schlimme Scheitern den Gewinnen die Taschen füllen und die Koalition ihre des sogenannten Forschungsendlagers Asse zeigt, dass Haftung selbst bei einem Super-GAU auf 2,5 Milliarden wir von einem sicheren Endlager weiter entfernt sind Euro beschränkt. denn je. Ausgerechnet das Salzbergwerk Asse galt als (B) Prototyp für Gorleben. Gerade in Gorleben und im ge- (D) Die Atomkraftwerke gefährden uns, unsere Kinder samten Wendland sind die Menschen viel zu lange und und weitere Generationen. Sie drohen Umwelt und Men- zu infam hinters Licht geführt worden. Nun sollen mit schen zu verseuchen, bieten gefährliche Ziele für Terror- der Laufzeitverlängerung 4 500 Tonnen mehr Atommüll angriffe und produzieren Megatonnen an hochradioakti- produziert werden, und die unhaltbare Vorfestlegung auf vem Müll, der nirgendwo sicher gelagert werden kann. Gorleben als Atomklo soll mit dem nächsten Castor- Ich sehe mich gegenüber der nächsten Generation transport weiter manifestiert werden. Das muss ein Ende verpflichtet, alles zu tun, um das Inkrafttreten dieses Ge- haben. Ich sage deshalb Nein zur Laufzeitverlängerung setzes zu verhindern, und ich fange damit an, indem ich und Nein zum Atomklo Gorleben. Gorleben ist politisch es hier und heute ablehne. verbrannt. Stattdessen brauchen wir einen Neustart in der Endlagersuche. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gerade als Mitglied der jungen Generation kann ich NEN): Ich stimme gegen die elfte Atomgesetznovelle, nicht verantworten, dass zum einen weiterhin mehr strah- die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke lender Müll produziert wird und zum anderen eine zu- in Deutschland vorsieht, weil ich aus demokratischen, kunftsfähige Energieversorgung und erfolgreicher Kli- ökologischen und sozialen Gründen gegen Atomkraft maschutz verhindert werden. Klimaschutz ist vor allem bin und auch persönlich von der Laufzeitverlängerung durch den Ausbau erneuerbarer Energien zu erreichen. betroffen bin. In meiner Region liegt das AKW Der Atomausstieg wäre deshalb das beste Klimaschutz- Grohnde, das besonders viele Mängel aufweist. Es ist programm, da er klare Investitionsbedingungen für er- unverantwortlich, die Laufzeit des AKW Grohnde zu neuerbare Energien schafft. Bei einer Laufzeitverlänge- verlängern. rung dagegen werden die Atomkonzerne schon aus Auch wenn der Reaktor in Grohnde eine sogenannte Renditegründen alle Hebel für eine Begrenzung des Aus- Vor-Konvoi-Anlage ist, die häufig von den Betreibern baus der erneuerbaren Energien in Bewegung setzen, da- als besonders sicherer Reaktortyp angepriesen wird, ist mit ihre Altmeiler nicht vom Markt gedrängt werden. Das das AKW angesichts seines vergleichsweise geringen würde notwendige Investitionen in moderne Kraftwerke Alters mit rund 220 meldepflichtigen Zwischenfällen verschleppen und damit sowohl die Versorgungssicher- sehr störanfällig. Im Jahr 1996 gab es einen Störfall der heit als auch zukunftsfähige Arbeitsplätze gefährden. sogenannten INES-Stufe 1, bei dem ein Drucklassventil Schon heute arbeiten in der Branche der erneuerbaren falsch geöffnet wurde. Allein im Juli 2005 kam es wegen Energien 340 000 Menschen. Nur ein schnellstmöglicher verschiedener Störungen zweimal zu einer Reaktor- Atomausstieg bedeutet den schnellstmöglichen Ausbau Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7343

(A) der Erneuerbaren! Die Marktdominanz der vier großen Das AKW Philippsburg 1 ging im Jahr 1980 ans Netz (C) Energieversorger muss gebrochen werden! und ist damit eines der ältesten Atomkraftwerke Deutsch- lands. Nach Ausstiegsbeschluss würde Philippsburg 1 Die Atomkraft trägt natürlich auch nicht zum Klima- etwa Mitte 2012 stillgelegt. Nach den Plänen der Regie- schutz bei. Atomkraft ist keine Schlüsseltechnologie, rung und der Koalitionsfraktionen soll Philippsburg 1 sondern im weltweiten Maßstab eine Marginalie. Die ak- jetzt mindestens acht Jahre länger am Netz sein. tuell 436 Atomkraftwerke decken lediglich 2 Prozent des weltweiten Endenergieverbrauchs. Selbst in Deutschland Die Technologie von Philippsburg 1 stammt noch aus bringen es die 17 AKW gerade einmal auf einen Anteil den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts (Siedewasser- von 6 Prozent. National wie global wird die Bedeutung reaktor Baulinie 69 wie Isar 1 und Brunsbüttel). Bei dem der Atomkraft künftig deutlich abnehmen. Reaktor besteht ein erhöhtes Risiko gegenüber jüngeren Reaktoren, dass zum Beispiel bei einem Rohrbruch ra- Heute bereits exportiert Deutschland im großen Stil dioaktiver Dampf entweicht. Strom. Seit 2006 liegt der jährliche Nettostromexport bei rund 20 Milliarden Kilowattstunden, obwohl viele Philippsburg 1 ist nicht gegen Flugzeugabstürze gesi- Atommeiler gedrosselt werden oder wegen Störfällen, chert; selbst der Absturz eines Leichtflugzeugs könnte technischer Mängel oder Wartungsarbeiten zeitweise die viel zu dünne Außenhaut zerstören und eine Kata- stillstehen. Die Mär von der Stromlücke ist nur eine strophe auslösen. dreiste Lüge der Atomlobby. Am 20. Mai 2010 sagte Umweltminister Röttgen dazu Die Milliardensubventionen, die von Anfang an in im FA Z-lnterview: Atomkraft geflossen sind, lehne ich als Mitglied des Drei Haushaltsausschusses aufs Schärfste ab. Eine Studie des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft, FÖS, – Atomkraftwerke – schätzt die bislang erfolgten Subventionen für deutsche AKW auf 204 Milliarden Euro. Künftig könnten weitere haben keinen Schutz gegen Flugzeugabstürze. Die 100 Milliarden Euro dazukommen. Ohne Laufzeitver- Kraftwerke müssen etappenweise auf den Stand der längerungen! Ein Großteil der Subventionen entfällt da- Nachrüsttechnik gebracht werden. bei auf indirekte Subventionen und Privilegien. Kosten Philippsburg 1 ist eines dieser drei AKW. Bis vor dem für Umweltverschmutzungen, radioaktive Verseuchung Spitzentreffen im Kanzleramt am 5. September sah der und Gesundheitsgefährdungen sowie die lediglich be- BMU-Entwurf für die Atomgesetznovelle vor, nachträg- schränkte finanzielle Haftung der AKW-Betreiber sind liche bauliche Schutzmaßnahmen vorzuschreiben. Die dabei noch gar nicht berücksichtigt. Ich setze mich dafür geplante Regelung wurde aber ersatzlos gestrichen. (B) ein, die Subventionen für die Atomkonzerne deutlich zu- (D) rückzuführen. Dass weiterhin Milliarden Steuergelder Seit Inbetriebnahme gab es über 330 meldepflichtige für die Förderung dieser hochgefährlichen Technologie Zwischenfälle in Philippsburg 1 – das sind rund elf pro und die Milliardenprofite der Atomkonzerne verwendet Jahr – darunter: werden, ist ein riesiger Skandal. 1983 gelangt wegen defekter Brennelemente radioak- Unverantwortlich finde ich das undemokratische Ver- tives Jod in die Umwelt. fahren im Bundestag. Die schwarz-gelbe Koalition hat das Verfahren gegen alle demokratischen Gepflogenhei- 2001 wird der Reaktor hochgefahren, obwohl das ten, zum Teil unter Missachtung der Geschäftsordnung, Notkühlsystem nicht funktionstüchtig ist. durchgepeitscht: Anträge auf Anhörungen wurden nicht 2007 tritt wegen eines Bedienungsfehlers Stickstoff befasst, mein Antragsrecht wurde mir im Umweltaus- aus. schuss verweigert, Geschäftsordnungsanträge wurden nicht behandelt oder gar von vorneherein ausgeschlos- Den tatsächlichen Anlagenzustand kennen weder das sen. BMU noch die Landesatomaufsicht Baden-Württem- berg. Ihnen liegt die vollständige technische Dokumen- Dieses und noch viele weitere Gründe machen es für tation des Zustands der deutschen AKW nicht vor, wie in mich unabdingbar, die elfte Atomgesetznovelle, die eine einer Antwort an mich eingeräumt wurde (Drucksache Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke in Deutsch- 17/1887). land vorsieht, abzulehnen. Es bleibt dabei: Atomkraft, nein danke! Die Zukunft ist erneuerbar! Bei den schärferen Zwischenfällen mit Reaktor- schnellabschaltung, sozusagen mit Notbremsung des AKW, liegt Philippsburg 1 zusammen mit Neckar- Sylvia Kotting-Uhl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): westheim 1 bundesweit an der Spitze, sowohl absolut als Ich stimme gegen die elfte Atomgesetznovelle, die eine auch pro Betriebsjahr (Stand Ende 2009). Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke in Deutsch- land vorsieht. Mein Wahlkreis Karlsruhe-Stadt liegt Forschungsergebnisse des Berliner Professors circa 20 Kilometer von den beiden Atomkraftwerken Manfred Zehn ziehen die Stabilität der Schweißnähte am Philippsburg 1 und 2 im Landkreis Karlsruhe-Land ent- Reaktordruckbehälter der AKW-Baureihe, zu der Phi- fernt. Als Abgeordnete des Deutschen Bundestages lippsburg 1 gehört, in Zweifel. Ein Riss könnte zum ex- fühle ich mich verantwortlich für die Sicherheit der plosiven Austreten radioaktiven Dampfes führen und ka- Menschen in meinem Wahlkreis. tastrophale Folgen haben. 7344 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Somit gehört Philippsburg 1 zu jenen sieben ältesten Deutschland ist ein großer Fehler. Sie ist ein Fehler aus (C) AKW, die schnellstmöglich stillgelegt werden sollten. Für verschiedenen Gründen. Zum einen behindert das Fest- die Stromversorgung ist das leistungsschwache Alt-AKW halten an der atomaren Stromerzeugung den Ausbau der überflüssig. Deutschland produziert Rekordstrom- erneuerbaren Energien. Alle im Bundestag vertretenen überschüsse, allein im ersten Halbjahr 2010 rund 11 Tera- Parteien sind sich einig, dass die künftige Energieversor- wattstunden. gung auf Erneuerbare umgestellt werden muss. Der ver- einbarte Ausstieg aus der Atomenergie hat den Zeitrah- Neben diesem persönlichen Grund der Nähe meines men festgelegt, und dieser Zeitrahmen ist im Konsens Wahlkreises zu Philippsburg lehne ich die Laufzeitver- mit den Atomkonzernen getroffen worden. Die Aufkün- längerungen für alle Atomkraftwerke ab. Sie sind über- digung dieses Konsenses beschert den Stromkonzernen flüssig für die Stromversorgung, kontraproduktiv für Milliardengewinne. Zudem zementiert sie die Markt- günstige Strompreise, weil sie Wettbewerb auf dem macht einiger weniger zum Nachteil eines fairen Wettbe- Strommarkt verhindern, und verlangsamen den Ausbau werbs und zum Nachteil der größten Wachstumsbranche der erneuerbaren Energien. Sie verlängern das Risiko ei- in der BRD. nes atomaren Unfalls und vergrößern die Menge des Atommülls. Die Verlängerung der Laufzeiten hat aber noch einen viel schlimmeren Effekt: Unsere AKW sind in die Jahre Undine Kurth (Quedlinburg) (BÜNDNIS 90/DIE gekommen. Alle AKW in Deutschland wurden errichtet GRÜNEN): Der vorgelegte Gesetzentwurf bedeutet eine mit einer geplanten Laufzeit von 40 Jahren. Weltweit hat Aufweichung des Atomkonsenses vom Juni 2000. Die bisher fast kein AKW dieses Alter erreicht. Nein, sie wur- Laufzeitverlängerung der deutschen Atomkraftwerke den mit einer durchschnittlichen Laufzeit von 25 Jahren kommt allein den vier großen Energieversorgern Eon, abgeschaltet. Denn das Material in einem Atomreaktor EnBW, RWE und Vattenfall zugute. Die Länder und ist einer erheblichen Beanspruchung ausgesetzt. Die Kommunen werden wirtschaftlich belastet und haben er- Rohrleitungen werden spröde, Rissbildungen treten auf, hebliche zusätzliche Verwaltungs- und Sicherungsaufga- kurz: die Reaktoren altern genauso wie jede andere tech- ben zu übernehmen. Der weitere Ausbau erneuerbarer nische Einrichtung auch. Und nicht alle Komponenten Energien wird blockiert. Weitere Unmengen an Atom- eines AKW sind austauschbar. müll werden produziert. Der Weg in eine tragbare ener- In Bayern stehen AKW an drei Standorten: Grafen- getische Zukunft ohne Kohlendioxid bei der Energieer- rheinfeld, Gundremmingen und Ohu. Die Alterungspro- zeugung und ohne ungelöste Endlagerproblematik wird blematik betrifft alle Anlagen, genauso wie die erhöhten vehement verbaut. Das sind schwerwiegende wirtschaft- Leukämieraten von Kleinkindern, die in der Nähe aller liche, ökologische und soziale Folgen, vor denen die (B) AKW auftreten. Vor allem aber der Altreaktor Isar 1 in (D) Bundesregierung geflissentlich die Augen verschließt. Ohu bei Landshut stellt eine enorme Gefahr für die Be- All dies sind ausreichende Gründe, gegen das Ände- völkerung dar. Da der Reaktor keine Kuppel besitzt, ist rungsgesetz zu stimmen. er nicht einmal gegen den Absturz eines Kleinflugzeugs Hinzu kommt aber, dass die parlamentarische Bera- gesichert. Viele Mängel des Reaktors sind konstruk- tung des Gesetzentwurfes unzureichend war. Die Wahr- tionsbedingt und können nicht behoben werden. Deshalb nehmung der Rechte der Abgeordneten, sich gründlich ist Isar 1 der Reaktor in Bayern, bei dem höchstes Risiko mit dem Gesetz und seinen Folgen sowie mit kompli- mit höchstem Schadensmaß zusammenkommt. zierten juristischen Fragen auseinanderzusetzen, war er- Die Vorwarnzeit der Bevölkerung schmilzt bei einer heblich beeinträchtigt. Das ist ganz und gar inakzepta- Kernschmelze auf wenige Stunden zusammen. Das hat bel. die Gesellschaft für Reaktorsicherheit festgestellt. Der Die heutige Entscheidung, eine Risikotechnologie Reaktor Isar 1 sollte nach dem Atomkonsens im nächs- länger einzusetzen als noch vor zehn Jahren einvernehm- ten Jahr abgeschaltet werden. Die Bevölkerung, die nicht lich mit den Atomkonzernen vereinbart, ist von so gro- mehr mit der Bedrohung dieses Reaktors leben will, hält ßer Tragweite, dass sich der von der Bundesregierung wöchentlich vor Isar 1 eine Mahnwache ab. Jeden Montag und den sie tragenden Fraktionen praktizierte instrumen- kommen Hunderte von Menschen, die sich von dieser telle Umgang mit dem Parlament verbietet. Die Bera- Regierung verraten fühlen. Eine Laufzeitverlängerung tung im federführenden Umweltausschuss kann nur als der deutschen Atomkraftwerke ist ein Verrat am Sicher- Farce bezeichnet werden. Sie verstieß gegen Geist und heitsempfinden der Bevölkerung und ein Kniefall vor Buchstaben der Geschäftsordnung. Das aber hat unsere den Profitinteressen der Stromkonzerne. parlamentarische Demokratie nicht verdient, zumal da- mit deren Akzeptanz in der Bevölkerung untergraben Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wird. Zunehmend sind die Bürgerinnen und Bürger em- NEN): „Wir haben die Erde von unseren Kindern nur ge- pört über das „Durchregieren“ am Bürgerwillen vorbei. borgt“ – dieser alte grüne Slogan bringt es auf den Ich stimme gegen die Änderung des Atomgesetzes Punkt, warum ich heute hier gegen die elfte Atomgesetz- und gegen die Aushebelung der parlamentarischen Mit- novelle stimme und warum ich eine persönliche Erklä- bestimmung. rung gegen die Laufzeitverlängerung aller Atomkraft- werke in Deutschland abgeben möchte. Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Die Politik der Bundesregierung und der Regierungs- Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken in fraktionen ist unverantwortlich und vor allem ohne jegli- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7345

(A) che Empathie für die Menschen in diesem Land, die sich 2001 wurde der Reaktor hochgefahren, obwohl das (C) mehrheitlich für einen Atomausstieg aussprechen. Notkühlsystem nicht funktionstüchtig war. Als Bundestagsabgeordnete aus Baden-Württemberg 2007 trat wegen eines Bedienungsfehlers Stickstoff fühle ich mich besonders betroffen von dieser unsägli- aus. chen Entscheidung heute; denn in meinem Bundesland Überhaupt kennen weder BMU noch die Landes- Baden-Württemberg sind insgesamt vier AKW am Netz: atomaufsicht Baden-Württemberg den tatsächlichen An- Philippsburg 1 und 2 und Neckarwestheim 1 und 2. lagenzustand. Die vollständige technische Dokumenta- Ich bekomme fast täglich Anrufe, Briefe und E-Mails tion des Zustands der deutschen AKW liegt nicht vor, von besorgten Bürgerinnen und Bürger, die mich bitten, wie in einer Antwort an uns eingeräumt wurde (Druck- etwas gegen die Laufzeitverlängerung zu unternehmen. sache 17/1887). Als Abgeordnete sind wir in der Pflicht, die Ängste und Und es kommt noch schlimmer: Bei den schärferen Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Deshalb wollte Zwischenfällen mit Reaktorschnellabschaltung, sozusa- ich auch gestern im Umweltausschuss mein verbrieftes gen mit Notbremsung des AKW, liegt Philippsburg 1 zu- Recht wahrnehmen und einen Änderungsantrag stellen. sammen mit Neckarwestheim 1 sogar bundesweit an der Sie, die Regierungsfraktionen, aber haben dies abge- Spitze, sowohl absolut als auch pro Betriebsjahr (Stand lehnt. Sie verweigern nicht nur eine verantwortungsvolle Ende 2009). inhaltliche Diskussion, sie peitschen auch noch Ihre un- sägliche Klientelpolitik in einer extrem undemokrati- Philippsburg 1 gehört somit zu den sieben ältesten schen Art und Weise durch den Bundestag. AKW, die schnellstmöglich stillgelegt werden sollten. Für die Stromversorgung ist das leistungsschwache Alt- Damit bleibt mir jetzt nur noch diese persönliche Er- AKW überflüssig, zumal Deutschland Rekordstrom- klärung, um mein Anliegen zu verdeutlichen. überschüsse produziert. Das AKW Philippsburg 1 beispielsweise ging im Jahr Ich kann es einfach nicht verstehen, wie all diese Fak- 1980 ans Netz und ist damit eines der ältesten AKW in ten ignoriert werden können, zumal dann auch noch die Deutschland. Nach Ausstiegsbeschluss würde Philipps- ungelöste Endlagerfrage hinzukommt. Hier geht es um burg 1 etwa Mitte 2012 stillgelegt. Nach den Plänen der die Sicherheit der Menschen; denn wir haben die Erde Regierung soll Philippsburg 1 jetzt mindestens acht von unseren Kindern nur geborgt. Jahre länger laufen. Ich bin mir aber ganz sicher: Wir werden in nicht Die Technologie von Philippsburg 1 stammt aber allzu langer Zeit den Atomausstieg wieder umsetzen – (B) noch aus den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Bei denn wir haben die Mehrheit der Bevölkerung an unserer (D) dem Reaktor besteht ein erhöhtes Risiko, dass radioakti- Seite. ver Dampf entweicht, zum Beispiel bei einem Rohr- bruch. Claudia Roth (Augsburg) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Philippsburg 1 ist auch nicht gegen Flugzeugabstürze NEN): Was diese Woche im Umweltausschuss passiert gesichert; selbst der Absturz eines Leichtflugzeugs ist, wird für lange Zeit nicht in Vergessenheit geraten: könnte die viel zu dünne Außenhaut zerstören und eine Rechtstaatliche Regeln und parlamentarische Umgangs- Katastrophe auslösen. formen wurden von den Abgeordneten der Regierungs- koalition mit Füßen getreten, bei einem Thema, das nicht Am 20. Mai 2010 sagte Umweltminister Röttgen dazu nur uns Grüne, sondern riesige Gruppen aus allen Teilen im FAZ-Interview: der Gesellschaft seit Jahren und Jahrzehnten bewegt. Drei Die Aufkündigung des Atomkonsenses ist eine un- missverständliche Kampfansage an die atomkritische – Atomkraftwerke – Mehrheit der Bevölkerung, an Stadtwerke und neue haben keinen Schutz gegen Flugzeugabstürze. Die Energieversorger sowie an zahllose Unternehmen, die Kraftwerke müssen etappenweise auf den Stand der Arbeitsplätze mit dem Ausbau erneuerbarer Energien Nachrüsttechnik gebracht werden. und mit Energieeffizienz geschaffen haben. Philippsburg 1 ist eines dieser drei AKW. Bis vor dem Mit der Laufzeitverlängerung dreht die Bundesregie- Spitzentreffen im Kanzleramt am 5. September sah der rung das energiepolitische Rad um zehn Jahre zurück BMU-Entwurf für die Atomgesetznovelle noch vor, und versucht, die Energiewende mit Atomausstieg und nachträgliche bauliche Schutzmaßnahmen vorzuschrei- Ausbau der erneuerbaren Energien zu beenden. Schrott- ben. Die geplante Regelung wurde aber ersatzlos gestri- reaktoren wie Isar oder Grafenrheinfeld, die in der Nähe chen. Die Menschen sind also zu Recht besorgt. meines Wahlkreises Augsburg Atomstrom produzieren, sollen noch Jahre laufen können, obwohl sie etwa gegen Aber das ist noch nicht alles. Seit Inbetriebnahme gab Flugzeugabstürze nicht gesichert werden können. Wie es über 330 meldepflichtige Zwischenfälle in Philipps- sollten sie auch? Die Konstruktionspläne des Kernkraft- burg 1, das sind rund elf pro Jahr: werks Isar stammen aus den 60er-Jahren. 1983 gelangte wegen defekter Brennelemente radio- Die Regierung macht den schmutzigen Deal „Geld aktives Jod in die Umwelt. gegen Sicherheit“: Statt der selbst von Umweltminister 7346 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Röttgen errechneten 20 Milliarden Euro für dringend Dass die Atomgesetznovelle ohne Länderzustimmung (C) notwendige Sicherheitsmaßnahmen will die Bundes- durchgepeitscht werden soll und dass der sogenannte regierung laut Geheimvertrag die Kosten für die Betrei- Fonds-Vertrag zwischen Bundesregierung und Atom- ber jetzt auf maximal 8,5 Milliarden Euro begrenzen – konzernen am Parlament vorbei ausgekungelt wurde, ist jede weitere Investition dürfen sie von ihren vereinbar- undemokratisch und verfassungswidrig. Wir werden in ten Zahlungen abziehen. Karlsruhe dafür kämpfen, dass diese Laufzeitverlänge- rung nicht Realität wird. Die Laufzeitverlängerung bremst die erneuerbaren Energien aus. Das Gerede von der „Brückentechnologie“ ist eine gezielte Irreführung. Nach den Plänen der Bun- Elisabeth Scharfenberg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ich stimme gegen die elfte Atomgesetznovelle, desregierung soll sich der Ausbau in den nächsten Jahren die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke drastisch verlangsamen; der Ausbau der Windkraft an in Deutschland vorsieht. Diese Laufzeitverlängerung be- Land würde sich um zwei Drittel, der von Solarstrom um hindert den Ausbau des boomenden Zukunftsmarktes rund drei Viertel verringern. Sie zementiert die Markt- der erneuerbaren Energien. Denn Atomenergie ist dominanz der vier Stromkonzerne. Für kleine Anbieter schwer zu regulieren und daher nicht vereinbar mit dem, und Stadtwerke wird die Laufzeitverlängerung teuer und was wir in Deutschland jetzt brauchen: einen sinnvollen schlägt mit rund 7 Milliarden Euro Verlust zu Buche. Energiemix aus Wind- und Sonnenenergie, Biogas und Enorme Zusatzgewinne, die nur unzureichend abge- anderen erneuerbaren Energien. Die Laufzeitverlänge- schöpft werden, stärken die Marktmacht einzelner Groß- rungen behindern zugleich die Entwicklung kleiner, de- konzerne und führen zu massiven Wettbewerbsnachtei- zentraler Energieversorger und einen wirklichen Wettbe- len für andere Anbieter. Die EU-Kommission muss den werb auf dem Energiemarkt. Die Verlierer sind hierbei deutschen Atomdeal deshalb wettbewerbsrechtlich prü- die vielen Regionen, in denen bereits ganze Gemeinden fen. und viele Bauern ein zweites Standbein in der Energie- Die Laufzeitverlängerung spült 70 Milliarden Euro wirtschaft aufgebaut haben. Extraprofit in die Kassen der Atomkonzerne. Lediglich Zudem haben die Atomkonzerne Eon, RWE, Vatten- ein Bruchteil soll durch eine Brennelementesteuer und fall und EnBW bei einer Laufzeitverlängerung schon den im Geheimvertrag mit den Atomkonzernen ausge- aus Gründen der Gewinnmaximierung kein Interesse handelten „Energie- und Klimafonds“ abgeschöpft wer- am Ausbau der erneuerbaren Energien; denn durch die den. Dabei spielt die Regierung Sicherheit gegen Geld abgeschriebenen Altmeiler verdienen die Konzerne aus: Je mehr in Nachrüstung investiert wird, umso weni- 1 bis 2 Millionen Euro pro Tag. Damit werden die vier ger müssen die Atomkonzerne in den Fonds einzahlen. großen Stromkonzerne auch weiterhin die Preise diktie- (D) (B) Ob und inwieweit nach 2016 weitere Gelder aus den zu- ren und einen fairen Wettbewerb auf dem Strommarkt sätzlichen Atomprofiten in den Fonds fließen, ist unklar. verhindern. Die Laufzeitverlängerungen der Atomkraft- Trotzdem wird die Laufzeitverlängerung den Strom werke führen also nicht zum Klimaschutz, sondern im nicht billiger machen, im Gegenteil: Weniger Wettbe- Gegenteil dazu, dass eben nicht in moderne Kraftwerke werb stärkt die Macht des Oligopols und führt stets zu investiert wird. Sie gefährden zudem die Arbeitsplätze steigenden Preisen. von 340 000 Menschen, die bereits heute im Bereich der erneuerbaren Energien arbeiten. Das heißt: Wenn wir Das Schrumpfen der weltweiten Uranressourcen ver- mehr für den Klimaschutz tun wollen, bedeutet das teuert das Uran und macht Atomkraft auch aus diesem Atomausstieg, und zwar so schnell wie möglich. Grund zu einer untragbaren und unsicheren Energie- quelle. Schwarz-Gelb gaukelt den Bürgern jedoch vor, Ich stimme außerdem gegen die elfte Atomgesetzno- ausgerechnet die Atomkraft würde Deutschland import- velle und die Laufzeitverlängerungen der AKW, weil unabhängig machen und sei ein Ausweg aus der Ener- weder die Sicherheitsfragen bei einem Flugzeugabsturz gieressourcenverknappung. Stattdessen schafft Atom- noch die Frage der Endlagerung des Atommülls geklärt kraft geopolitische Risiken und macht uns abhängig von sind. Ungeklärt sind auch weiterhin die vielen Fälle von den Herkunftsländern. Außerdem blendet die Bundes- Leukämie im Umfeld von Atomanlagen. Ich bin gegen regierung vollständig die untragbaren Arbeitsbedingun- den Fortbetrieb dieser Risikotechnologie, die eine Bürde gen und Umweltverschmutzungen aus, die mit dem für alle nachfolgenden Generationen darstellt, und das, Uranabbau einhergehen und dringend beendet werden ohne einen realistischen und nachhaltigen Beitrag zu un- müssen. Wir fordern von der Bundesregierung auch in serer Energieversorgung zu leisten. Dafür ist der Preis, diesem Punkt Transparenz. den wir alle zahlen, zu hoch. Der Atomausstieg ist aus Sicherheitsgründen ebenso Christine Scheel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): wie aus energie-, klima- und wirtschaftspolitischen Die Atomkraft ist eine unberechenbare Risikotechnolo- Gründen vernünftig und auch geboten. Er hat entschei- gie. Daher war und ist der Atomausstieg richtig, und an dend dazu beigetragen, die Energiewende zugunsten er- ihm sollte nicht gerüttelt werden. Schwarz-Gelb hat sich neuerbarer Energien, Klimaschutz, Arbeitsplätze und heute gegen die Sicherheit, gegen Arbeitsplätze und ge- technische Innovation einzuleiten. Bündnis 90/Die Grü- gen eine saubere Energie ausgesprochen. nen kämpfen mit aller Kraft dafür, den Weg in eine um- welt- und sozialverträgliche Energieversorgung ohne Die von der schwarz-gelben Koalition jetzt im Bun- Atomkraft weiterzugehen. destag verabschiedete Laufzeitverlängerung für Atom- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7347

(A) kraftwerke ist ein Geschenk für die großen Energiekon- millionen. Auch nach über 50 Jahren ziviler Nutzung der (C) zerne. Sie zementiert die Marktmacht der Konzerne Atomenergie existiert weltweit kein Endlager für hoch- über Jahrzehnte, bremst die erneuerbaren Energien aus radioaktiven Müll. Und trotzdem wird weiter fortlaufend und erhöht die Menge hochradioaktiven Mülls um rund Atommüll produziert. Die Atomkraft trägt auch nichts 400 Tonnen jährlich. zum Klimaschutz bei. Atomkraft ist keine Schlüssel- technologie, sondern im weltweiten Maßstab eine Mar- Jedes Jahr Laufzeitverlängerung bringt der Atomwirt- ginalie. Die aktuell 436 Atomkraftwerke decken ledig- schaft bis zu 10 Milliarden Euro Zusatzgewinne. Für lich 2 Prozent des weltweiten Endenergieverbrauchs. kleine Anbieter und Stadtwerke dürfte die heutige Ent- Selbst in Deutschland bringen es die 17 AKW gerade scheidung dagegen rund 7 Milliarden Euro kosten. Kon- einmal auf einen Anteil von 6 Prozent. sequenz für alle Stromverbraucher: Weniger Wettbewerb heißt höhere Preise. In meiner Region liegen die AKW Biblis A und B, die besonders viele Mängel aufweisen. Außerdem liegt di- Dazu sind mit dem Atomdeal viele Arbeitsplätze ge- rekt in meinem Wahlkreis das nach sehr kurzer Laufzeit fährdet, weil die Zukunftsbranche der erneuerbaren stillgelegte Atomkraftwerk Mülheim-Kärlich. Die Still- Energien ausgebremst wird. Im Bereich der Erneuerba- legung 2001 war nach einer Reihe meldepflichtiger Stör- ren gibt es mittlerweile 340 000 Beschäftigte, in der fälle unausweichlich und richtig. Das AKW wird nun Atomwirtschaft nicht viel mehr als 30 000. aber noch von der Stromlobby dazu benutzt, den Uraltre- Ich setze mich nicht nur heute, sondern auch in Zu- aktor Biblis B durch Übertragung von Restlaufzeiten kunft mit aller Kraft dafür ein, dass diese Laufzeitverlän- möglichst lange laufen zu lassen. gerung nicht Realität wird: für die Sicherheit der Bevöl- kerung, für Arbeitsplätze und für eine saubere und Der Reaktoren Biblis A und B gingen 1974 und 1976 bezahlbare Energieversorgung. ans Netz. Sie gehören zu den ältesten AKW Deutsch- lands. Ihr Sicherheitszustand entspricht dem Stand der Technik der 1970er-Jahre. Ute Vogt (SPD): Was wir heute und in den letzten Wochen und Monaten im Zusammenhang mit der elften Dies bedeutet für Biblis A und B 35 und 33 melde- und zwölften Änderung des Atomgesetzes erlebt haben, pflichtige Zwischenfälle pro Jahr, was ihnen Spitzen- ist beschämend und eine Missachtung unserer parlamen- positionen in der Pannenstatistik garantiert. Bei einem Ter- tarischen Demokratie und unserer Verfassung. rorangriff in Deutschland wären die Reaktoren Biblis A und B bereits durch den Absturz eines Kleinflugzeugs Die schwarz-gelbe Bundesregierung schadet unse- gefährdet, denn sie besitzen nicht einmal eine Schutz- rem Land und zerstört den gesellschaftlichen Konsens hülle. Nicht auszudenken, was ein Unfall bzw. ein terro- (B) zum Atomausstieg, allein um den Gewinninteressen der ristischer Anschlag auf ein AKW bewirken würde. Mög- (D) vier großen Energieversorger und Atomkraftbetreiber zu liche Auswirkungen hat das Öko-Institut im Jahr 2007 dienen. am Beispiel der Anlage Biblis A, dem gegenwärtig ältes- Die Bundesregierung nimmt in Kauf, dass circa ten Kernkraftwerk in Deutschland, untersucht. In einem 5 000 Tonnen zusätzlicher hochradioaktiver Atommüll Gebiet von 10 000 Quadratkilometern würden Katastro- entsteht, obwohl schon für den heute vorhandenen Atom- phenschutzmaßnahmen erforderlich. Die gesundheitli- müll weltweit noch keine sichere Lagerstätte existiert. chen Folgen würden vor allem in Spätschäden wie Krebserkrankungen bestehen. Die ökonomischen Schä- Es macht mich fassungslos, dass solche Entscheidun- den wären gigantisch, die Lebensgrundlage von Millio- gen im Parlament nicht ausreichend und angemessen nen Menschen zerstört. diskutiert werden, dafür aber die vier Energiekonzerne außerhalb des Parlaments bis ins Detail nicht nur mitre- Biblis A wäre, wenn sich der Betreiber RWE dem den, sondern bei den Gesetzentwürfen die Feder führen. Geist der Ausstiegsverhandlungen verpflichtet gefühlt hätte, längst stillgelegt. Nur durch künstliche Drosse- Ich schäme mich, dass wir eine Regierung haben, die lung, fragwürdige Revisionen und die Übertragung von sich nicht scheut, ausgewiesene Repräsentanten der Atom- Reststrommengen aus dem stillgelegten AKW Stade industrie ganz unverfroren in Spitzenpositionen des zu- wurde die Betriebserlaubnis bis heute gerettet. ständigen Ministeriums zu platzieren. Diese Strategie soll jetzt nach Willen der Koalition Die heutigen Abstimmungen zur elften und zwölften satte Früchte tragen. Acht Jahre längere Laufzeit würden Änderung des Atomgesetzes verstoßen insgesamt gegen RWE Zusatzeinnahmen in Milliardenhöhe bringen. Ob die Grundsätze der parlamentarischen Demokratie, und es zu Nachrüstungen beim völlig inakzeptablen Sicher- in ihren Inhalten schaden sie dem Volk, für dessen Wohl heitszustand kommt, steht dagegen in den Sternen. Ein wir wirken sollen. derart unsicherer Reaktor wie Biblis A muss sofort abge- schaltet werden. Jede Verlängerung der Laufzeit ist aus Josef Philip Winkler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- meiner Sicht unverantwortlich. NEN): Ich stimme gegen die elfte Atomgesetznovelle, die eine Laufzeitverlängerung für alle Atomkraftwerke Biblis B ist für die Stromversorgung ebenfalls nicht in Deutschland vorsieht. länger erforderlich. Bereits heute stehen ausreichend Re- servekapazitäten zur Verfügung, um das Wegfallen des Längere Laufzeiten werden zu mehr gefährlichem Atomstroms zu kompensieren. In den vergangenen Jah- Atommüll führen. Radioaktiver Abfall strahlt über Jahr- ren stand Biblis B, ebenso wie Biblis A, monatelang 7348 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) still, ohne dass es Anzeichen eines Stromengpasses ge- froh sind, wenn sie ein für sie geeignetes Auto (welches (C) geben hätte. Im Gegenteil: Deutschland hat in den Jah- in der Regel teurer sein muss, weil größer und/oder mit ren jeweils Rekordüberschüsse im Stromexport erzielt. Sonderausstattungen versehen) erwerben und unterhal- Nach dem bislang gültigen Atomgesetz müsste der Re- ten können. Mehrere Autos im Haushalt zu führen, damit aktor spätestens im laufenden Jahr stillgelegt werden. eines ausschließlich für die Beförderung des berechtig- Nur mithilfe eines Tricks sowie der Übertragung von ten Schwerbehinderten genutzt wird, ist schon aus finan- Reststrommengen aus der Bauruine in Mülheim-Kärlich ziellen Gründen absurd und hat mit dem wirklichen Le- konnte er weiter in Betrieb bleiben. Dies ist angesichts ben nichts zu tun. Die bestehenden Einschränkungen bei der gravierenden Sicherheitsdefizite nicht hinnehmbar. der Gewährung der Steuerbefreiung als Nachteilsaus- Biblis A und B gehören sofort abgeschaltet. gleich für die Einschränkungen in der Mobilität konter- karieren die selbstgesetzten Ziele des Bundes und seine Der Ausstieg aus dem Atomausstieg ist nicht hin- Verpflichtungen, die sich aus der UN-Behindertenrechts- nehmbar. konvention und anderen Bundesgesetzen ergeben. Ich teile zum Zweiten auch nicht die Auffassung der Anlage 6 Mehrheit des Ausschusses, dass die bestehenden weite- ren Möglichkeiten an Nachteilsausgleich durch das Ein- Erklärung nach § 31 GO kommensteuergesetz – § 33 – eine ausreichende Alterna- des Abgeordneten Dr. Ilja Seifert (DIE LINKE) tive bieten. Gerade der im ersten Punkt angesprochene zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung Personenkreis ist in der Regel nicht in der Lage, für zur Sammelübersicht 152 zu Petitionen (Tages- seine Mehrkosten nennenswerte Beiträge von der Steuer ordnungspunkt 34 l) abzusetzen, da bei den geringen Einkommen keine oder nur geringe Steuern gezahlt werden. Ich lehne die Beschlussempfehlung des Petitionsaus- Es gibt drittens auch ökonomische und ökologische schusses (2. Ausschuss) – Sammelübersicht 152 zu Peti- Gründe, die gegen den Erwerb mehrerer Pkw in einem tionen – auf Drucksache 17/3228 ab, weil damit dem Haushalt aus oben genannten Gesichtspunkten sprechen. Anliegen der Petentinnen und Petenten der unter dem Stichwort „Kraftfahrzeugsteuer“ zusammengefassten Mein Fazit: Der Bundestag schließt heute mehrere Petitionen mit den laufenden Nummern 12 bis 16 der Petitionen zur Kfz-Steuer ab, ohne sich der berechtigten oben genannten Drucksache nicht Rechnung getragen Anliegen der Menschen anzunehmen und die Bundesre- wird. gierung aufzufordern, akzeptable Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Dies findet nicht meine Zustimmung. Die (B) In diesen Petitionen fordern Menschen mit Behinde- Linke wird – gemeinsam mit den Petenten und Behin- (D) rungen und deren Angehörige, dass die vollständige dertenverbänden – am Thema dranbleiben. bzw. teilweise Steuerbefreiung für Fahrzeuge von Schwerbehinderten (siehe § 3 a KraftStG – Vergünsti- gungen für Schwerbehinderte) auch dann gilt, wenn das Anlage 7 Fahrzeug nicht nur für die Fortbewegung oder Haus- haltsführung der behinderten Person genutzt wird. Erklärung nach § 31 GO Der Petitionsausschuss kam mehrheitlich, das heißt zur namentlichen Abstimmung über den Entwurf mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und in Über- eines Haushaltsbegleitgesetzes 2011 (HBeglG einstimmung mit der Bundesregierung zur Einschät- 2011) (Tagesordnungspunkt 7) zung, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil er keine Möglichkeit sieht, „im Sinne des Anliegens des Nicole Bracht-Bendt (FDP): Das Haushaltsbegleit- Petenten tätig zu werden.“ gesetz 2011 sieht für den deutschen Steuerzahler neue Diese Einschätzung teile ich nicht und deshalb wer- Belastungen vor. Mit der Erhöhung der Tabaksteuer den die Fraktion Die Linke und ich gegen diese Be- steigt die Steuerlast für Bürgerinnen und Bürger aller schlussempfehlung stimmen. Einkommensklassen. Die Luftverkehrsabgabe geht ins- besondere zulasten der Mitte der Gesellschaft. Warum sollten die Petitionen an die Bundesregierung als Material und den Bundestagsfraktionen zur Kenntnis Daher sehe ich beide Maßnahmen kritisch. Als Bun- gegeben werden – das war der (abgelehnte) Vorschlag destagsabgeordnete zählt für mich die Verantwortung aus der Opposition? gegenüber dem deutschen Steuerzahler. Gerade eine Mehrbelastung der Bürgerinnen und Bürger halte ich für Erstens, weil der Motorisierungsgrad von Haushalten nicht wünschenswert. mit Schwerbehinderten niedriger ist als von Haushalten ohne Menschen mit Behinderungen, obwohl diese Fami- Dennoch werde ich nach eingehender Abwägung dem lien angesichts der zahlreichen Barrieren bei den Ver- Haushaltsbegleitgesetz 2011 und den Maßnahmen, die kehrsangeboten von Bus, Bahn und Taxis in viel größe- es insgesamt vorsieht, gemeinsam mit meiner Fraktion rem Maße auf das eigene Auto angewiesen sind. zustimmen. Ursache für den geringeren Motorisierungsgrad ist nicht die fehlende Lust zum Erwerb weiterer Pkw sondern das Klaus Brähmig (CDU/CSU): In den letzten Wochen fehlende Geld. Ich kenne viele Schwerbehinderte, die habe ich mich innerhalb der Fraktion, im Ausschuss und Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7349

(A) in Schriftwechseln mit den Ministerien vehement dafür Dies begründet im Ergebnis meine Enthaltung zum (C) eingesetzt, dass Israel und Ägypten bei der geplanten Haushaltsbegleitgesetz 2011. Luftverkehrsteuer von der Distanzklasse zwei – 25 Euro – in die Distanzklasse eins – 8 Euro – wechseln können. Leider konnte ich für diese Lösung keine Mehrheit fin- Frank Schäffler (FDP): Die Verabschiedung des den. Da nach einem Jahr eine Evaluierung der Luft- Haushaltsbegleitgesetzes veranlasst mich, von meinem verkehrsteuer und ihrer Auswirkungen in Aussicht ge- parlamentarischen Recht Gebrauch zu machen, mein stellt wird, will ich diese Zeit nutzen, um ein Umdenken Abstimmungsverhalten vor dem Deutschen Bundestag in dieser Frage herbeizuführen. darzulegen. Unabhängig von diesen veränderungswürdigen De- Der Haushalt muss nach meiner festen Überzeugung tails stimme ich dem Haushaltsbegleitgesetz auf Druck- über Einsparungen auf der Ausgabenseite saniert werden sache 17/3030 zu. und nicht über die Erschließung neuer Einnahmequellen durch weitere Steuern und Abgaben. Dr. Carsten Linnemann (CDU/CSU): Das Haus- Das Gesetz sieht eine weitere – wenn auch abgemil- haltsbegleitgesetz 2011 enthält wichtige Maßnahmen, derte – Belastung für die energieintensiven Unterneh- um die Konsolidierung unserer Staatsfinanzen weiter vo- men in Deutschland vor. Die Abmilderung ist gegenüber ranzutreiben und Deutschland endlich auf einen zwar den ursprünglichen Planungen notwendig und ein wich- unpopulären, aber dringend notwendigen Sparkurs zu tiger Beitrag für den Erhalt von Schlüsselindustrien in bringen. Deutschland. Dennoch ist auch der gefundene Kompro- Dabei ist es auch richtig, dass der Bereich Arbeit und miss eine Steuererhöhung für die betroffenen Unterneh- Soziales durch dieses Gesetz in die Konsolidierungsbe- men. mühungen einbezogen wird, zumal er mehr als 50 Pro- zent der Bundesausgaben einnimmt. Ich bekenne mich Meine Bedenken richten sich darüber hinaus aber ins- daher ausdrücklich zu den im vorliegenden Gesetzent- besondere gegen die Einführung einer Luftverkehr- wurf geplanten Korrekturen bei verschiedenen Sozial- steuer. Sie ist ökonomisch falsch. Eine isolierte Erhe- leistungen, wie zum Beispiel beim Elterngeld, das künf- bung der Steuer, die ab 2011 jährliche Steuereinnahmen tig auf Leistungen nach dem SGB II angerechnet werden in Höhe von 1 Milliarde Euro erbringen soll, wird zu ei- soll. Da das Elterngeld vom Grundsatz her als eine Leis- nem deutlichen Rückgang der Passagierzahlen und folg- tung konzipiert wurde, die den Verdienstausfall eines zu- lich zu Arbeitsplatzverlusten an deutschen Flughäfen vor Erwerbstätigen ausgleichen soll, Arbeitslose aber führen – insbesondere in Grenzregionen. So hat die Ein- führung einer gestaffelten Flugticketabgabe in den Nie- (B) keinen Verdienstausfall haben, ist dieser Schritt ord- (D) nungspolitisch richtig. derlanden im Jahr 2008 zu Einnahmeausfällen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro geführt. Die Niederlande haben Trotzdem geht der vorliegende Gesetzentwurf nicht die Flugticketabgabe daher bereits nach einem Jahr wie- weit genug: Nach bestehender Rechtslage erhalten Haus- der abgeschafft. Auch für den Wirtschaftsstandort Deutsch- frauen und Hausmänner ohne vorheriges Arbeitseinkom- land ist der Luftverkehr ein wichtiger Faktor, was nicht men ebenfalls Elterngeld. Dies widerspricht aus den ge- nur die flughafennahe Ansiedlung von mehr als 9 200 nannten Gründen ebenfalls dem Kerngedanken des Unternehmen mit Direktinvestitionen von 425 Milliar- Elterngeldes. Die neuen Bestimmungen zum Elterngeld den Euro und 2,2 Millionen Arbeitsplätzen verdeutlicht. hätten also konsequenterweise auch auf diese Personen- Um ähnliche Auswirkungen wie in den Niederlanden zu gruppe ausgedehnt werden müssen. Stattdessen werden vermeiden, gilt es, die internationale Wettbewerbsfähig- einzelne Personengruppen beliebig herausgegriffen und keit unserer Luftverkehrsstandorte zu erhalten. Dies war bedient; ein ordnungspolitisches Prinzip ist nicht mehr auch die Zielrichtung, mit der die christlich-liberale Ko- erkennbar, das Lohnersatzprinzip wird ad absurdum ge- alition angetreten ist. führt. Eine Luftverkehrsteuer belastet in erster Linie den Dr. Erwin Lotter (FDP): In mehr als 25 Jahren habe privaten Flugverkehr und hier insbesondere die Urlaubs- ich mich als praktizierender Arzt in den Dienst der Ge- flüge. Hinzu kommt, dass sie als ökologische Erzie- sundheit meiner Patienten gestellt. Es ist mit meinem hungsmaßnahme die Reisefreiheit gerade für Familien Gewissen nicht vereinbar, einer Tabaksteuererhöhung erheblich einschränkt. Diese Bedenken habe ich inner- zuzustimmen, mit der nicht nur keine Lenkungswir- halb meiner Fraktion mehrfach geäußert. kung im Sinne einer verantwortlichen Gesundheitsvor- und -fürsorge verbunden ist, sondern die – aufgrund der Positiv ist zu bewerten, dass das Haushaltsbegleitge- fiskalpolitischen Begründung – vielmehr ihren Sinn aus setz auch durch Maßnahmen auf der Ausgabenseite die der Annahme mindestens gleichbleibenden Raucherver- Grundlage für die Reduzierung der Neuverschuldung haltens zieht. Ich aber kann als Parlamentarier nicht des Bundes ist. Diese Reduzierung geht in die richtige meine Stimme einer Maßnahme geben, die ich als Arzt Richtung. aus tiefer Überzeugung ablehne. Nach Abwägung der genannten unterschiedlichen Die wirtschafts- und arbeitsmarktpolitisch gebotene Gesichtspunkte werde ich dem Gesetzentwurf wegen der Behandlung energieintensiver Unternehmen im Rahmen gebotenen Solidarität mit meiner Fraktion, die den Ge- der Ökosteuer unterstütze ich dagegen ausdrücklich. setzentwurf mehrheitlich trägt, zustimmen. 7350 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Stefanie Vogelsang (CDU/CSU): Im Rahmen der der Finanzmarktregulierung. Daher ist es umso unver- (C) Beratungen über die geplante Luftverkehrsteuer habe ich ständlicher, dass die Koalitionsfraktionen sich überstürzt mich in den vergangenen Wochen innerhalb meiner und extrem kurzfristig vom überfraktionell geplanten Fraktion, im Ausschuss sowie in zahlreichen Schrift- Beratungsablauf verabschiedet haben: Statt wie verein- wechseln mit Ministerien und Ländervertretern enga- bart die parlamentarischen Beratungen ab der zweiten giert dafür eingesetzt, dass die Spreizung der Luftver- Novemberwoche zum Abschluss zu bringen, hat die Ko- kehrsteuer zwischen den beiden großen deutschen alition das Gesetz nun in einem Hauruckverfahren Airlines Lufthansa und Air Berlin gerechter aufgeteilt durchs Parlament gepeitscht. und somit wettbewerbsfreundlicher ausgestaltet wird. Zu meinem großen Bedauern konnte ich in dieser Frage Für die Opposition des Bundestags war und ist dieses keine Mehrheit herstellen. Zudem bedauere ich sehr, überstürzte Verfahren eine Zumutung: Noch nicht ein- dass Israel und Ägypten nicht von der Distanzklasse 2 mal 24 Stunden vor Beginn der abschließenden Beratun- – 25 Euro – in die Distanzklasse 1 – 8 Euro – wechseln gen im Finanzausschuss wurden die Fraktionen hierüber können. Ich hoffe sehr, dass in dem verbleibenden Jahr informiert. Genauso kurzfristig gingen über 30 Geset- – bis zur ersten Evaluierung der Luftverkehrsteuer – ein zesänderungen ein. Umdenken stattfinden und mein bereits unterbreiteter Mit diesem unabgestimmten, jegliche Verabredungen Lösungsvorschlag auf große Zustimmung innerhalb mei- missachtenden und überhetzten Verfahren wurde unserer ner Fraktion sowie im gesamten Hause stoßen wird. Fraktion die Möglichkeit genommen, sich in dem Um- Unabhängig von der Einführung einer Luftverkehr- fang konstruktiv mit eigenen Änderungs- und Verbesse- steuer stimme ich dem Haushaltsbegleitgesetz auf rungsvorschlägen einzubringen, wie es beabsichtigt und Drucksache 17/3030 zu. geplant war: Es fehlte schlicht die Zeit. Auch wurde es unmöglich, die Ergebnisse der Sachverständigenanhö- rung ins Gesetz einfließen zu lassen. Viele wichtige Im- Kai Wegener (CDU/CSU): Im Rahmen der Beratun- pulse der Rechts-, Wirtschafts- und Finanzmarktexper- gen über die geplante Luftverkehrsteuer habe ich mich in ten ließen sich nicht mehr aufnehmen. Kurz: Union und den vergangenen Wochen innerhalb meiner Fraktion, im FDP machten eine angemessene Beratung unmöglich. Ausschuss für Wirtschaft und Technologie sowie in zahl- reichen Schriftwechseln mit Ministerien und Länderver- Auch deshalb springt das Gesetz inhaltlich nun in we- tretern engagiert dafür eingesetzt dass die Spreizung der sentlichen Bereichen zu kurz. Zum Beispiel bei den Luftverkehrsteuer zwischen den beiden großen deutschen neuen Bonideckelungen: Zwar wird die Gehaltsgrenze Airlines Lufthansa und Air Berlin gerechter auf-geteilt von 500 000 Euro bei Banken, die Kapitalhilfen des und somit wettbewerbsfreundlicher ausgestaltet wird. Zu Bundes erhalten haben, vom Management auf alle Mit- (B) meinem großen Bedauern konnte ich in dieser Frage keine arbeiter der jeweiligen Bank ausgeweitet. Doch auch (D) Mehrheit herstellen. Zudem bedauere ich sehr, dass Israel künftig wird die Einhaltung dieser Gehaltsgrenzen nicht und Ägypten nicht von der Distanzklasse 2 – 25 Euro – in kontrolliert; stattdessen vertrauen Bundesregierung und die Distanzklasse 1 – 8 Euro – wechseln können. Ich hoffe Koalition lieber weiter blind auf die Banken. Und Lu- sehr, dass in dem verbleibenden Jahr – bis zur ersten Eva- xusrenten wie bei der vollverstaatlichten Hypo Real Es- luierung der Luftverkehrsteuer – ein Umdenken stattfin- tate, bei der ein ehemaliger Manager nach nur 19 Mona- den und mein bereits unterbreiteter Lösungsvorschlag auf ten in der Bank ab dem 60. Lebensjahr jeden Monat eine große Zustimmung innerhalb meiner Fraktion sowie im Pension von 20 000 Euro erhält, werden gar nicht erst gesamten Hause stoßen wird. geregelt und bleiben damit auch künftig möglich. Unabhängig von der Einführung einer Luftverkehr- Schließlich wäre es erforderlich gewesen, Gehalts- und steuer stimme ich dem Haushaltsbegleitgesetz auf Pensionsgrenzen auch bei Banken einzuziehen, die Drucksache 17/3030 zu. „nur“ Garantie-, aber keine Kapitalhilfen erhalten. Die Erreichung des zentralen Ziels des Gesetzes – die künftige Beteiligung der Bankgläubiger an den Kosten Anlage 8 etwaiger Rettungen – bleibt zudem äußerst ungewiss: Erklärung nach § 31 GO Mit mehreren Wochen dauert das Verfahren, bei dem die Gläubiger einem Teilverzicht ihrer Forderungen zustim- der Abgeordneten Dr. Gerhard Schick, men müssen, viel zu lange und steht in diametralem Ge- Dr. Thomas Gambke, Britta Haßelmann und gensatz zu den kurzfristigen Wochenendrettungen, die Lisa Paus (alle BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) wir in der Krise immer wieder erlebt haben. Zumal zur Abstimmung über den Entwurf eines Geset- bleibt zweifelhaft, ob Gläubiger im Ausland überhaupt zes zur Restrukturierung und geordneten Ab- rechtsfest und auf Basis deutscher Gesetze zu einem Ret- wicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung tungsbeitrag bewogen werden können. Stattdessen wäre eines Restrukturierungsfonds für Kreditinsti- es nötig gewesen festzulegen, dass Banken einen Teil ih- tute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist rer Anleihen als „Schulden mit bedingter Wandlung“ der aktienrechtlichen Organhaftung (Restruktu- (sogenannte CoCo-Bonds) begeben müssen. So könnte rierungsgesetz) (Zusatztagesordnungspunkt 10) rechts- und anfechtungssicher sichergestellt werden, dass Gläubiger im In- wie Ausland im Ernstfall ihren Das Banken-Restrukturierungsgesetz ist laut Union Beitrag leisten müssen. Erst vor wenigen Wochen hat und FDP ein „epochales“ Werk und ein „Meilenstein“ in eine Schweizer Expertenkommission aus Vertretern von Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7351

(A) Banken und Finanzaufsicht sich genau für diesen Weg Marcus Weinberg (Hamburg) (CDU/CSU): Die (C) ausgesprochen. Das zeigt, dass dieser Weg auch in jungen Menschen in Deutschland und ihre Potenziale Deutschland gangbar und möglich gewesen wäre. Statt- sind die Basis für unsere zukünftige Entwicklung. Sie dessen hat die Koalition eine wichtige Chance vertan, si- verdienen faire Chancen zum Beginn ihres Arbeitsle- cherzustellen, dass in der nächsten Krise nicht wieder bens. Faire Startchancen ins Erwerbsleben bieten jungen die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler statt der Gläubi- Menschen eine bestmögliche Lebensgestaltung und hel- ger die Zeche übernehmen müssen. fen darüber hinaus den Unternehmen. Denn die Wirt- schaft wird bald jeden Menschen brauchen. Auch die erforderliche Stärkung der parlamentari- schen Kontrolle und der Transparenz bei staatlichen Wir wissen aber auch, dass wir in den kommenden Bankenstabilisierungen wurde nicht angepackt. So ha- Jahren vor dem Problem stehen, zu wenige Nachwuchs- ben wir vorgeschlagen, dass das parlamentarische Kon- kräfte zu haben. Dazu führen der gesellschaftliche struk- trollgremium über die staatlichen Bankenhilfen und die turelle und vor allem der demografische Wandel sowie Hilfen aus dem noch zu schaffenden Restrukturierungs- die Arbeitsmarktentwicklung. fonds Zugang zu den Akten im Zusammenhang staatli- Das ist für alle Beteiligten nichts Neues. Und nur wer cher Rettungs- und Stabilisierungsmaßnahmen erhalten heute ausbildet, wird morgen und übermorgen über aus- sowie eigene Gutachten in Auftrag geben und Sachver- reichend Fachkräfte verfügen und die vorhandenen Po- ständige laden kann. Auch wollten wir Mitspracherechte tenziale ausschöpfen können. des Parlaments bei der Benennung der Spitze der Fi- nanzmarktstabilisierungsanstalt sicherstellen und regel- Laut Berechnungen des Institutes der deutschen Wirt- mäßige Anhörungen im Finanzausschuss verankern. All schaft wird bis zum Jahr 2030 zwischen Angebot und diese Vorschläge hat die Koalition abgelehnt. Transpa- Nachfrage eine Lücke von fünf Millionen Arbeitskräften renz und parlamentarische Kontrolle bei den Bankenret- entstehen. tungen kommen damit auch in Zukunft viel zu kurz. Entgegen den Äußerungen meiner Vorredner ist das Dass Parlamentarier in dieser Form eigene Kontrollmög- Ausbildungsjahr 2009 positiv zu bewerten. Dazu hat der lichkeiten aus der Hand geben, ist für uns unverständ- Ausbildungspakt einen wesentlichen Beitrag geleistet. lich. Die Ausbildungssituation hat sich verbessert, sowohl Bei einem gründlichen Gesetzgebungsverfahren wäre was die Ausbildungsplätze als auch was die Zahl der es möglicherweise in einzelnen Punkten gelungen, ge- versorgten Bewerber angeht. Es gab erstmals im Jahr meinsam Verbesserungen zu erzielen. Die Verantwor- 2008 seit dem Jahr 2001 mehr unbesetzte Ausbildungs- tung dafür, dass dies nicht möglich war, tragen Union, plätze – 19 500 – als unversorgte Bewerber – 14 500. Es wurden 76 000 mehr Ausbildungsverträge abgeschlos- (B) FDP und Bundesregierung. (D) sen, obwohl die Zahl der Schulabgänger sogar gesunken ist. Damit wurde das zweitbeste Ergebnis seit 20 Jahren Anlage 9 erreicht, nämlich seit 1990. Laut Berufsbildungsbericht 2010 wurde also das Ziel, jährlich durchschnittlich Zu Protokoll gegebene Reden 60 000 neue Ausbildungsplätze und 30 000 neue auszu- bildende Unternehmen zu gewinnen, erreicht. Aus die- zur Beratung der Beschlussempfehlung und des sem Grund wird der erfolgreiche Ausbildungspakt bis Berichts zu: 2014 mit neuen Schwerpunkten und neuen Paktpartnern fortgeführt. – Antrag: Qualitätsoffensive in der Berufsaus- bildung Der Berufsbildungsbericht 2010 zeigt darüber hinaus, dass sich das duale System der beruflichen Bildung ins- – Antrag: Berufliche Bildung als Garant zur gesamt bewährt hat. Und diese gute Bilanz des Jahres Sicherung der Teilhabechancen junger Men- 2009 ziehen wir trotz sehr schwieriger wirtschaftlicher schen und des Fachkräftebedarfs von mor- Rahmenbedingungen. gen stärken Das duale System ist praxisorientiert, „DualPlus“ – Antrag: Verordnungsermächtigung in § 43 kehrt dieses Prinzip um. Außerdem wird die berufliche Absatz 2 des Berufsbildungsgesetzes entfris- Ausbildung durch die Wirtschaft gesteuert, der Staat ten kann und soll dabei unterstützen. – Antrag: Konsequenzen aus dem Berufsbil- Das System der dualen Berufsausbildung ist erfolg- dungsbericht ziehen – Ehrliche Ausbil- reich, da es zu einer schnelleren Integration in den Ar- dungsstatistik vorlegen, gute Ausbildung für beitsmarkt führt. Das belegen die Zahlen der Jugendar- alle ermöglichen beitslosigkeit, die ein verlässlicher Indikator ist. In Deutschland ist die Jugendarbeitslosigkeit mit 11 Pro- – Antrag: Mehr Jugendlichen bessere Ausbil- zent geringer als in anderen europäischen Staaten: dungschancen geben – DualPlus unverzüg- 35 Prozent in Spanien, 22,5 Prozent in Frankreich und lich umsetzen 17,5 Prozent im verschulten System Großbritanniens. – Unterrichtung: Berufsbildungsbericht 2010 Das beweist einmal mehr, dass Deutschlands berufliche Ausbildung krisenfest und stabil ist. Wir haben im dua- (Tagesordnungspunkt 8) len System europaweit die besten Daten in der Qualifi- 7352 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) kation für einen Beruf. Die Notwendigkeit für eine Än- Viele Ihrer Forderungen haben wir bereits schon län- (C) derung des Systems ist nicht ersichtlich, auch gibt es ger umgesetzt, andere finden sich in dem verlängerten dafür keine Fürsprecher bei den Kammern und in der Ausbildungspakt wieder. Eine Lektüre des Textes kann Wirtschaft. ich deshalb nur empfehlen. Lesen bildet, das gilt nicht nur für die Auszubildenden in unserem Land. Wir leiten nun eine qualitative Initiative ein, bei der wir alle Jugendlichen mitnehmen wollen. Es gilt, sowohl in der Breite als auch in der Spitze zu fördern. Das heißt, Uwe Schummer (CDU/CSU): Die Krise hat gezeigt: wir werden leistungsschwächere Jugendliche, Jugendli- Duale Ausbildung ist ein Standortvorteil. Qualifizierte che mit Migrationshintergrund sowie die Leistungsstar- Arbeitnehmer und duale Ausbildung gehören eng zu- ken fördern, sodass mehr von ihnen in eine berufliche sammen – in der Praxis für die Praxis. Ausbildung kommen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist in hochgelobten PISA- Ländern wie Finnland und Schweden mit über 20 Pro- Auf die Lage der Jugendlichen mit Migrationshinter- zent dreimal so hoch wie in Deutschland. Die Arbeitslo- grund und die Situation der Altbewerber ist dabei beson- senquote von Meistern und Technikern ist mit 2,9 Pro- deres Augenmerk zu richten. Noch immer verlassen zent niedrig; bei Akademikern beträgt sie 3 Prozent, bei doppelt so viele Migrantinnen und Migranten die Schule allen anderen im Vergleichszeitraum 7,1 Prozent. ohne Abschluss wie ihre deutschen Altersgenossen. Auch die Ausbildungsbeteiligung von Jugendlichen mit 83 Prozent aller Patente werden von den Beschäftigten Migrationshintergrund liegt mit 32 Prozent deutlich un- in den Unternehmen entwickelt. Es gibt jedoch eine de- ter derjenigen der deutschen jungen Menschen mit mografische Lücke. 2008 verließen 909 000 junge Men- 68 Prozent. Obwohl mehr Altbewerber im Jahr 2009 ei- schen die Schule, 2018 werden es unter 800 000 sein. nen Ausbildungsplatz erhielten, blieben 45,7 Prozent noch unversorgt. Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht jährliche Auftragsverluste von 14,4 Milliarden Euro, dieses Jahr Folgende Maßnahmen müssen zukünftig ergriffen aufgrund ansteigender Konjunktur von 20 Milliarden werden, um die Fortschritte des Ausbildungspaktes fort- Euro. Der Koalitionsantrag zur Berufsausbildung steht zuentwickeln: Dazu gehört eine verbesserte Berufsorien- für eine organische Weiterentwicklung im dualen Sys- tierung, um eine gezielte Berufsvorbereitung zu ermögli- tem. So sank die Zahl der Altbewerber von 385 000 auf chen. Die Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss unter 200 000. 35 000 junge Menschen erhalten eine sollen schnellstmöglich umgesetzt werden, insbesondere EQ-Maßnahme. Die Übernahme liegt bei 75 Prozent – sollen zukünftig 30 000 Jugendliche mit erhöhtem För- eine echte Brücke in Beschäftigung. derbedarf begleitet werden. Die Maßnahmen beim Über- (B) Der Ausbildungspakt wurde verlängert und auf Ju- (D) gang zwischen Schule und Ausbildung werden effizien- gendliche mit Förderbedarf und Leistungsstärke konzen- ter gestaltet, um Jugendlichen schneller einen geeigneten triert. Es sollen jährlich 60.000 neue Ausbildungsplätze, Ausbildungsplatz anbieten zu können. 30 000 neue Ausbildungsbetriebe und 30 000 Einstiegs- Die SPD konstatiert nun in ihrem Antrag, dass das qualifizierungen angeworben werden. Mit den Ländern Ausbildungsplatzangebot bei weitem nicht ausreiche sind wichtige Partner hinzugekommen. und dass es angeblich keine demografiebedingte Entlas- Der Ausbildungspakt hat seit 2004 fast 300 000 neue tung geben werde. Dabei hat Ihr Kollege Olaf Scholz Ausbildungsplätze mobilisiert – 300 000 neue Chancen am 23. April des vergangenen Jahres selbst hier im Ple- für junge Menschen. Wer das herunterredet, der redet zy- num erklärt, dass es sehr schnell dazu kommen werde, nisch. 2007 ging es in der Großen Koalition um eine dass nicht jeder Ausbildungsplatz besetzt werden neue Dynamik des Paktes. Die Zahl der Anwerbung könne. Mir erschließt sich nicht, warum die SPD nun neuer Ausbildungsplätze wurde von jährlich 30 000 auf mehr Ausbildungsplätze fordert, ihr doch aber selbst 60 000 verdoppelt. nur zu gut bewusst sein muss, dass wir diese Plätze ei- nes Tages oder – wie Kollege Scholz betont – in Kürze Als dritter großer Ausbilder – neben IHK und Hand- nicht werden besetzen können. Vielmehr setzen wir da- werk – kam der Bundesverband der Freien Berufe hinzu. rauf, alle Jugendlichen mitzunehmen, ihnen eine Per- Der neue Pakt wird die Qualität der Berufsausbildung spektive zu geben und nicht leer stehende Ausbildungs- verbessern. plätze zu schaffen. Es geht deshalb um die Abstimmung von Angebot und Nachfrage und die passgenaue Berufs- Erfolg hat, wer frühzeitig fördert. 82 000 Schüler er- orientierung und anschließende Vermittlung, in Unter- hielten 2009 zwei Jahre vor der Schulentlassung über stützung durch Kammern, Unternehmen und Wirtschaft. 14 Tage eine Berufsorientierung in einer überbetriebli- Nichtsdestotrotz haben wir das Ziel von 60 000 Ausbil- chen Werkstatt. Dieses Jahr werden es 100 000 sein. dungsplätzen und 30 000 ausbildenden Unternehmen in Die Zahl der Schulabbrecher ist von 100 000 auf den verlängerten Ausbildungspakt aufgenommen. 60 000 gesunken. Eine Berufsperspektive ist die beste Motivation für den Schulabschluss. Hinzu kommen die Verbesserung der Datenlage, ein effizienteres Übergangssystem und die Sicherstellung In einem europäischen Bildungsraum mit sinkenden der Ausbildungsreife von der Breite in die Spitze, die Schülerzahlen steigt die Mobilität. Deshalb wollen wir Fortentwicklung der Berufsorientierung und der Vermitt- Jugendwohnheime wieder unterstützen mit begleitenden lung zwischen Unternehmen und Auszubildenden. Hilfen. 200 000 Schüler und Auszubildende nutzen sie Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7353

(A) jährlich. Die Bundesregierung hat eine Studie in Auftrag gen nach Ausbildungszwangsabgaben und Zielgrößen (C) gegeben, die 2011 veröffentlicht wird. bei Ausbildungsplätzen realitätsfremd! Im Bildungsbericht der OECD von 2010 heißt es: Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen Politik „Deutschland hat eine Spitzenposition. Dies ist auf das für die Zukunft gestalten. Packen wir die alten DGB- gut ausgebaute Berufsbildungssystem und dort auf die Flugblätter doch in die Mottenkiste! Sie passen nicht duale Ausbildung zurückzuführen, die sowohl eine mehr in unsere Zeit. breite Basisqualifizierung als auch einen guten Über- Ganz im Gegensatz zu dem jüngst abgeschlossenen gang von Bildung in Beschäftigung erreicht.“ Das ist Ausbildungspakt. Dieser nimmt die veränderten Rah- auch die Botschaft unseres Antrages. Ich empfehle Zu- menbedingungen fest in den Blick und stellt sich den stimmung von allen Seiten des Hauses. neuen Herausforderungen.

Heiner Kamp (FDP): Literaturnobelpreisträger Die positive Entwicklung am Ausbildungsmarkt lässt Albert Camus hat einmal geschrieben: „Die wahre Groß- sich an harten Fakten festmachen: Für den schönsten zügigkeit der Zukunft gegenüber besteht darin, in der Kreis unseres Landes – Gütersloh – werden 13 Prozent Gegenwart alles zu geben.“ mehr Ausbildungsstellen als im Vorjahr gemeldet. Gleichzeitig gibt es 4 Prozent weniger Bewerber. Die Bildungspolitik ist Zukunftspolitik für die Menschen Zahl der noch unversorgten Bewerber ist um 20 Prozent in unserem Land, und weil die Koalitionsfraktionen die zurückgegangen. Zudem wird allen noch ein Ausbil- Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Kontext stär- dungs- oder Qualifizierungsangebot garantiert. Mein ken und ausbauen wollen, legen wir einen Schwerpunkt persönlicher Dank gilt den Unternehmen, die bereits im auf Bildung und Forschung in dieser Legislaturperiode. Ausklang der Krise und im beginnenden Aufschwung Mit einem historischen Mittelaufwuchs machen wir die Weichen klug gestellt haben. Das ist nicht nur unter- echte Zukunftspolitik für Deutschland, indem wir heute nehmerisch klug, sondern auch gesellschaftlich verant- großzügig und klug für morgen vorsorgen. Das Potenzial wortungsvoll. in den Köpfen unserer Menschen ist der Wohlstand von Mit der Jugendarbeitslosigkeit verhält es sich wie mit morgen. dem Mangel an Ausbildungsplätzen: Sie geht drastisch Unsere duale Ausbildung ist im internationalen Wett- zurück! Vom Krisenjahr 2009 bis zum September 2010 ist bewerb ein echtes Plus. Andere Länder beneiden uns da- die Zahl der Arbeitslosen unter 25 um nahezu 60 000 Per- rum. Auch die OECD bestätigt mittlerweile den hohen sonen – halb Paderborn – gesunken! Und das Jahr ist Wert unserer beruflichen Ausbildung. Darüber sollten noch nicht um! Diese Entwicklung ist ausgesprochen er- (B) wir uns freuen. Es ist aber nicht Anlass genug, um sich freulich, das sind gute Nachrichten für die jungen Leute! (D) zufrieden zurückzulehnen. Wir müssen das duale Aus- Doch das reicht uns natürlich nicht! Wir müssen die bildungssystem weiter stärken. Wer stattdessen die au- Berufsorientierung stärken und an der Ausbildungsreife ßerbetriebliche Ausbildung aufblähen will oder gar mit arbeiten. Das sind die zentralen Säulen des Ausbildungs- hirnrissigen Theoriekonstruktionen Bürokratiemonster paktes. Gerade deswegen war es klug von Bundesminis- in die Welt setzt, legt die Axt an die Zukunftsfähigkeit ter Brüderle, die KMK und die Integrationsbeauftragte unseres Ausbildungssystems. in den Pakt miteinzubinden. Wir sollten stattdessen darüber sprechen, welche aus- Auch die Gewerkschaften wurden zur Mitarbeit ein- gleichende Wirkung eine duale Ausbildung gerade auch geladen. Doch im Unterschied zu den Ländern und der bei Lernschwachen entfalten kann! Integrationsbeauftragten zierte man sich. Die Hü-Hott- Strategie des DGB sagt mehr als tausend Worte, ist allzu Beispiele gibt es haufenweise: Schauen wir uns die entlarvend. Man hat sich nicht von alten Denkmustern Deutsche Telekom an! Hier gibt es hervorragende Erfah- lösen können oder wollen. Es wäre eine Chance für die rungen! Man setzt sich dort gezielt für Lernschwache Gewerkschaften gewesen; denn die pragmatische Arbeit ein. Das geschieht nicht aus reiner Menschenliebe. Die der bisherigen Paktpartner hat sich bewährt, die Bilanz Telekom kann bereits heute in den neuen Ländern Aus- kann sich mehr als sehen lassen. bildungsplätze nicht besetzen, und in Zukunft wird sich die Lage noch verschärfen. Deswegen hat der Personal- Wer Mitwirkungsmöglichkeiten fordert, diese auch vorstand recht, wenn er eine breitere Aufstellung in der zugestanden bekommt, sollte die Gelegenheit auch nut- Nachwuchsgewinnung fordert. Er sagt: Weg vom Ab- zen. Man bekommt sonst den Eindruck vermittelt, dass gleich an immer gleichen Standards, hin zur Entdeckung es den Gewerkschaften die ganze Zeit nur um die politi- individueller Begabung. – So muss vor den heutigen sche Konfrontation ging. Doch was ist mit der Verant- Rahmenbedingungen die Marschroute lauten! Die FDP wortung für die jungen Leute? Die haben bei diesem hat er an seiner Seite! Ränkespielchen des DGB offensichtlich zu keinem Zeit- punkt eine Rolle gespielt. Ich bin froh, dass die übrigen Der Berufsbildungsbericht 2010 bestärkt uns. Er Paktpartner ihrer Verantwortung gerecht geworden sind. kommt zu dem Ergebnis, dass sich die Schieflage am Der Pakt wird deswegen wie in den vergangenen Jahren Ausbildungsmarkt umgekehrt hat. Das Problem sind erfolgreich fortgeführt! nicht länger die fehlenden Ausbildungsplätze, sondern der Mangel an Auszubildenden. Der Fachkräftemangel Aus dem Berufsbildungsbericht und den aktuellen ist das Problem der Zukunft. Deswegen sind Forderun- Zahlen zum Arbeits- und Ausbildungsmarkt ziehen wir 7354 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) eine zentrale Schlussfolgerung: Wir stehen vor neuen ten beim Übergang in die Ausbildung hatten. Hierzu (C) Herausforderungen. Noch viel mehr als früher gilt: Es zählen Sie auch die Gruppe der Migrantinnen. Sie wol- darf keiner verloren gehen! Mit gemeinsamen Anstren- len – ich zitiere – „vor allem die Ausbildungsreife ver- gungen werden wir die besten Voraussetzungen dafür bessern“. Hier geht es nicht um Reife, sondern um die schaffen, um dieses Ziel zu erreichen. Ausgrenzung von Migrantinnen und Migranten – und die fängt schon viel früher an. Bereits in der Grund- Der Ausbildungspakt ist für die Zielerreichung ein schule müssen die in Bayern mehr als sechsmal so viel zentraler Baustein. Fortschritt statt Stillstand, das ist das Leistung erbringen wie deutsche Kinder, um ein Gymna- Motto christlich-liberaler Bildungspolitik. sium zu besuchen. Haben sie die Schule dann mit einem Union und FDP sind großzügig gegenüber der Zu- Realschulabschluss absolviert, erhält nur die Hälfte eine kunft: Wir geben heute alles, um Chancen für morgen zu Ausbildung. Und hier sagen wir eindeutig: Es liegt nicht sichern! Ich bitte um Annahme der Beschlussempfeh- an der Leistung von Migrantinnen und Migranten, son- lung. dern an den Steinen, die wir ihnen in den Weg legen. Nach einer BIBB-Studie haben sie das gleiche Inte- Agnes Alpers (DIE LINKE): Wir haben viele junge resse an einer Ausbildung. Auch ihre Strategie, einen Menschen ohne Ausbildungsplatz. Sie finden keinen, Ausbildungsplatz zu erhalten, unterscheidet sich kaum. weil es zu wenige gibt. Das ist die Realität, die die Bun- Bei gleichen Noten erhalten Jugendliche mit türkischem desregierung endlich anerkennen muss. Migrationshintergrund nur halb so oft einen gewünsch- 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ten Ausbildungsplatz wie Deutsche. Um es mit den Wor- haben keine Berufsausbildung. Über 84 000 haben laut ten eines Jugendlichen auszudrücken: Meine Familie hat Bundesagentur in diesem Jahr keinen Ausbildungsplatz einen deutschen Pass, ich habe einen Realschulabschluss erhalten, und die Zahl der Ausbildungsplätze ist seit Be- mit 2,1, aber ich bekomme keine Tischlerausbildung, ginn des Ausbildungspaktes sogar um 8 Prozent einge- weil ich Serhat heiße. brochen. Der Pakt ist ein Ausbildungsplatzvernichter, Ihre Integrationspolitik in der beruflichen Bildung und das feiern Sie auch noch als Erfolg. Als Linke for- heißt: Ausgrenzung statt Teilhabe und Schuldzuweisun- dern wir Sie auf: Begraben Sie diesen Ausbildungspakt gen statt Verantwortung für Jugendliche zu übernehmen. und schaffen Sie endlich Ausbildungsplätze für alle! So etwas lehnen wir als Linke ab. Wir wollen, dass alle Bei den Paktverhandlungen hat sich nur der Deutsche einen guten Ausbildungsplatz erhalten. Schließen Sie Gewerkschaftsbund hinter die Jugendlichen gestellt. Sie endlich einen Ausbildungspakt mit den Jugendlichen waren gegen Schmalspurausbildungen, haben für eine und lassen Sie uns alle gemeinsam die Umlage einfüh- (B) ehrliche Statistik gestritten. Wir Linke ziehen den Hut ren. (D) vor dem DGB, sich nicht am Pakt zu beteiligen. Priska Hinz (Herborn) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Da nützt es auch nichts, Herr Kollege Rupprecht, NEN): Zwar wird sich die öffentliche Debatte heute in wenn sie den DGB als Bremser und Miesmacher be- erster Linie um das wichtige Thema Atom drehen, doch schimpfen. Fegen Sie besser vor Ihrer eigenen Tür: möchte ich Ihren Blick auf ein anderes, für die Zukunft 190 Millionen Euro im nächsten Haushaltjahr bei beruf- unseres Landes ebenfalls äußerst relevantes Thema len- licher Bildung kürzen und als williger Handlanger der ken: auf die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. Wirtschaft auftreten: Das ist Ihre Devise. Leisten Sie endlich Ihren Beitrag zu einer Ausbildungsbilanz, bei Nun haben am Dienstag die Paktpartner feierlich die der die jungen Menschen nicht unter den Teppich ge- Verlängerung des Ausbildungspakets beschlossen, und kehrt werden. ich kann nur sagen: Grund zum Feiern gibt es nicht. Ins- besondere drei Punkte sollten uns stutzig machen: Der Jeder zweite Jugendliche hat in diesem Jahr keinen Pakt wurde am Ende doch ohne die Gewerkschaften be- Ausbildungsplatz erhalten. Wie wollen Sie all diesen schlossen, inhaltlich sind die Vereinbarungen zudem jungen Menschen erklären, dass Sie die 60 000 zusätzli- mutlos und bieten keine Lösungen an, wie der Über- chen Ausbildungsstellen im Pakt nicht verbindlich fest- gangsdschungel zwischen Schule und Ausbildung abge- geschrieben haben? Die Wirtschaft verspricht jetzt wie- schafft werden kann und wie es uns gelingt, den 1,5 Mil- der zusätzliche Ausbildungsplätze. Die Zahlen der lionen jungen Menschen ohne Ausbildungsabschluss vergangenen Jahre haben aber gezeigt, dass sich die Un- den Weg zu einem Berufsabschluss zu ebnen. ternehmer nicht an ihre Zusagen gehalten haben. Statt nun durchzugreifen und konsequent für Ausbildungs- Lassen Sie mich zunächst festhalten: Natürlich ist es plätze einzutreten, stempeln Sie viele junge Menschen positiv, dass die Gruppe der beteiligten Partner erweitert als ausbildungsunwillig und -unfähig ab. wurde, dass die Kultusministerkonferenz und die Beauf- Als Linke sagen wir Ihnen: Sprechen Sie doch mal tragte für Migration hinzugekommen sind. Aber: Die mit den Betroffenen. Alle wollen sich eine Zukunft in Bundesregierung ist daran gescheitert, die Gewerkschaf- unserer Gesellschaft aufbauen. Und hierzu benötigen Sie ten einzubeziehen. Ein einflussreicher Player wie die eine verlässliche Politik und keine Regierung, die auf sie Gewerkschaften hätte den Pakt mit seinem Wissen berei- draufhaut. chert. Aber statt frühzeitig Verhandlungen mit den Ge- werkschaften aufzunehmen, haben Kanzlerin Merkel, Im neuen Ausbildungspakt wollen Sie verstärkt Ju- Wirtschaftsminister Brüderle und Bildungsministerin gendliche in den Blick nehmen, die bisher Schwierigkei- Schavan in den letzten Wochen nur wild durcheinander Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7355

(A) geredet, wie der Fachkräftemangel zu beheben sei, aber fig in einer Lebensphase, in der sie nicht so ohne Weiteres (C) scheinbar vergessen, dass der Termin zur Unterzeich- auf ihr gesamtes Gehalt über den Zeitraum einer dreijäh- nung des Paktes schon lange feststand. Herr Brüderle hat rigen Ausbildung verzichten können. DualPlus kann da- gewartet und gewartet, bis er überhaupt Verhandlungen rauf reagieren, eine solche Form der Ausbildung ist aufgenommen hat. Selbst als sich Frau Merkel von durchlässiger und kompatibler mit der Weiterbildung. oberster Stelle eingeschaltet hat, hat sie es nicht ge- schafft, eine Einigung zu erzielen. Das ist ein Armuts- Durch die Einbeziehung der überbetrieblichen Aus- zeugnis. bildungsstätten und der damit einhergehenden starken individuellen Betreuung wird es leichter ermöglicht, Ich denke, wir sind uns einig, dass am Übergangssys- dass die Bewerber nicht überflüssigerweise eine kom- tem dringend etwas getan werden muss und dass es sich plette Ausbildung durchlaufen müssen. Zunächst wird zu einem unübersichtlichen Dschungel entwickelt hat. im Rahmen einer qualifizierten Beratung festgestellt, Dies haben auch die Paktpartner erkannt und sich auf die welche Themenbereiche der Interessent noch nicht abge- Fahnen geschrieben, die bisherigen Schwierigkeiten deckt hat. Dann können ihm gezielt die passenden Mo- beim Übergang in die Ausbildung stärker in den Blick zu dule zugeordnet werden, um später erfolgreich die Ex- nehmen. Bravo! Aber was folgt daraus? Wird das Über- ternenprüfung absolvieren zu können. Dabei sollten die gangssystem, so wie wir Grüne es fordern, abgeschafft? Module so flexibel eingesetzt werden können, dass Teil- Wird allen Jugendlichen, die in Warteschleifen festste- zeitlösungen möglich sind und die Menschen ihre beruf- cken in Zukunft ein Ausbildungsplatz zur Verfügung ste- liche Tätigkeit weiterhin ausüben können. Für die Er- hen? Leider nein. Die Ideen sind mutlos, im Pakt fehlen mittlung der bereits bestehenden nonformalen und klare Verpflichtungen, endlich das Übergangssystem ab- informellen Berufsqualifikationen muss die Weiterent- zuschaffen. wicklung des deutschen Qualifikationsrahmens einen wichtigen Beitrag leisten. Es stimmt, die Situation hat sich verbessert. Aber 250 000 Altbewerber, eine Versorgungslücke von 68 000 Natürlich spielt auch die Finanzierung einer Weiterbil- Stellen, 12 300 Unversorgte nach Übergang in Maßnah- dung eine entscheidende Rolle: Für vollschulische Fort- men. Das darf uns nicht ruhen lassen! bildungsgänge mit Ausbildungsabschluss wollen wir die Finanzierung über unser grünes Erwachsenenbildungs- Wir fordern: Das Ausbildungssystem muss strukturell förderungsgesetz ermöglichen. Statt der komplizierten, reformiert werden, die Beteiligung der Unternehmen ge- wenig zielgenauen und oft entmutigend bürokratischen steigert und die Motivation der jungen Menschen durch Förderung mit Ausbildungsbeihilfe, Schüler-BAföG, Stu- die Anerkennung einzelner Lernschritte gestärkt werden. dierenden-BAföG, Kinderfreibeträgen etc. soll so eine Wir haben mit unserem Modell DualPlus schon vor eini- transparente Grundlage für Weiterbildung geschaffen und (B) ger Zeit ein Konzept vorgelegt, wie allen Jugendlichen (D) damit eine positive Haltung gegenüber Weiterbildung ge- eine Ausbildung mit hohen betrieblichen Anteilen zuge- weckt werden. sichert werden kann. Unter Einbeziehung von überbe- trieblichen Ausbildungsstätten werden neue Ausbildungs- Die Verbesserung des Ausbildungssystems wartet im- stellen geschaffen, die auch in Krisenzeiten Bestand mer noch auf Tatkraft und den Veränderungswillen der haben. Hamburg ist ein gutes Beispiel, wie ein solches Bildungsministerin. Frau Schavan hat auf diese Pro- grünes Konzept umgesetzt werden kann, an dem alle an bleme keine stichhaltigen Antworten. Sie ist eine Meis- einem Tisch sitzen, im Konsens mit den Sozialpartnern terin darin, Programm mit viel Trara anzukündigen. Das und dem politisch-gesellschaftlichen Umfeld. Fatale daran ist nur: Es kommt am Ende nicht viel dabei rum. Das angekündigte Programm der Bildungsketten Hinzu kommen circa 1,5 Millionen junge Menschen reicht nicht weit genug und ist völlig unabgestimmt. Und bis 29 Jahre ohne Berufsabschluss, die in mehr oder als würde sie ihre eigenen Worte nicht ernst nehmen, minder prekären Verhältnissen Gelegenheitsjobs aus- will sie die Mittel für die Berufsorientierung massiv sen- üben, ohne eine langfristige Perspektive zu haben. Sie ken. verdienen schlecht und sind bei Kündigungen immer die Ersten, die betroffen sind. Für diese Menschen müssen Frau Ministerin, wenn Sie schon keine eigenen Ideen wir mehr tun! Für sie tragen wir eine Verantwortung, für haben, dann lernen Sie von uns. Wir haben Ihnen mit un- sie müssen endlich passgenaue Weiterbildungsangebote serem Konzept DualPlus den Weg aufgezeigt. zur Verfügung stehen, die den Menschen ohne Berufsab- schluss Erfolgserlebnisse und Lust am Lernen verschaf- fen und ihnen das Nachholen eines Abschluss ermögli- Anlage 10 chen. Zu Protokoll gegebene Reden Die Bundesregierung muss endlich kluge Weiterbil- dungskonzepte für diese Menschen anbieten. Unser Mo- zur Beratung des Antrags: Grundrecht auf dell DualPlus bietet dafür mit seinem modularen Charakter Wohnen sozial, ökologisch und barrierefrei ge- gute Anknüpfungspunkte. Menschen, auch ohne offiziel- stalten (Tagesordnungspunkt 10) len Berufsabschluss, verfügen häufig über langjährige Berufserfahrung. Es ist nicht sinnvoll, wenn sie eine kom- Gero Storjohann (CDU/CSU): Zu Beginn meines plette Berufsausbildung durchlaufen müssten. Sie haben Vortrags und im Hinblick auf den vorliegenden Antrag sich im Verlauf ihres Lebens bereits zahlreiche anrech- der Linken halte ich es für notwendig, zunächst einige nungsfähige Kompetenzen erarbeitet. Und: Sie sind häu- Dinge ins rechte Licht zu rücken: Die Wohnungsversor- 7356 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) gung in Deutschland ist gut. Die Mieten und Immobi- Wohnungsbereich haben uns die Linken unterstützt, Sie (C) lienpreise haben sich in den letzten Jahren stabil entwi- fordern Umweltschutz im Gebäudebereich und stimmen ckelt. Die christlich-liberale Koalition reagiert mit einer konsequent gegen alle Vorschläge, die diese Forderung Vielzahl von Maßnahmen angemessen auf die Heraus- umsetzen. Dies ist in höchstem Maße unglaubwürdig. forderungen des demografischen Wandels und des Kli- Wir schaffen mit dem CO -Gebäudesanierungspro- maschutzes. Die Linken verweigern sich diesen Tatsa- 2 chen. Ihr Antrag trifft Aussagen, die schlicht falsch sind. gramm und den KfW-Fördermitteln sowie mit den Ener- gieausweisen Anreize für Immobilienbesitzer und Ver- Die Fraktion Die Linke zeichnet in ihrem Antrag ein mieter, in Umwelt- und Klimaschutz zu investieren. dramatisches Bild von der Wohnungssituation in Alleine zwischen 2006 und 2008 wurden im Rahmen des Deutschland, das mit der Realität nichts, aber auch gar CO2-Gebäudesanierungsprogramms 800 000 Wohnun- nichts zu tun hat. Ich empfehle Ihnen die Lektüre des gen umfassend energetisch saniert bzw. energieeffizient jüngsten Berichtes über die Wohnungs- und Immobilien- errichtet. Der Wohnungsbestand in Deutschland wird wirtschaft in Deutschland. Wenn Sie diesen Bericht gele- immer ökologischer, und das ist ein toller Erfolg. sen hätten, dann wäre Ihnen aufgefallen: Im Bereich des sozialen Wohnens, des ökologischen Wohnens und des Drittens sprechen Sie in Ihrem Antrag die demografi- barrierefreien Wohnens erzielen wir kontinuierliche Er- sche Entwicklung an. Die Menschen in Deutschland folge. werden erfreulicherweise immer älter. In der Tat hat das natürlich auch Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt Einiges von dem, was Sie in Ihrem Antrag fordern, ist in unserem Land. Treppen können ein großes Hindernis längst Realität. Ich möchte das an einigen Punkten deut- im Alltag darstellen. Badezimmer müssen behinderten- lich machen: gerecht ausgestaltet werden. Und Rollstuhlfahrer benöti- gen Wohnungen ohne erhöhte Türschwellen. In Ihrem Antrag fordern Sie erstens eine soziale Aus- gestaltung des Wohnens in Deutschland. Auch Men- Um für diese Fälle Lösungen anzubieten, hat die Bun- schen mit geringen Einkommen sollen menschenwürdig desregierung in den vergangenen Jahren Förderpro- wohnen können. Hier sage ich Ihnen: Das ist in Form gramme aufgesetzt. Mehr und mehr Wohnungen in des Wohngeldes längst geltendes Recht. Deutschland werden alters- und behindertengerecht um- Das Wohngeld ist ein zentrales Instrument einer so- gebaut. Mit dem Konjunkturpaket I haben wir zusätzli- zialen Wohnungspolitik. Deshalb entwickeln wir das che Gelder für altersgerechte Wohnungsanpassungen Wohngeld auch kontinuierlich weiter. Mit dem Wohn- bereitgestellt. Das Förderprogramm „Altersgerecht Um- geld ermöglichen wir es auch einkommensschwachen bauen“ kann von Wohnungseigentümern, privaten Ver- Haushalten, in einer angemessenen und familiengerech- mietern und Mietern gleichermaßen in Anspruch genom- (B) (D) ten Wohnung zu leben. Dabei berechnet sich das Wohn- men werden. Seit April 2009 werden von der KfW geld ganz spezifisch nach dem individuellen Bedarf des entsprechende Förderzusagen erteilt. Hierdurch erzielen Haushalts und den regional unterschiedlichen Miethö- wir bereits heute gute Verbesserungen. Und in den hen. Es ist ein treffsicheres und marktkonformes Mittel nächsten Jahren wird sich der Markt an die steigende der Wohnungspolitik. Es sichert soziales Wohnen in Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen weiter an- Deutschland für diejenigen, die nur geringes Einkom- passen. Wir unterstützen und fördern den weiteren Aus- men haben. Im Ergebnis kann in Deutschland jeder men- bau barrierefreien Wohnens in Deutschland. schenwürdig wohnen. Es dürfte deutlich geworden sein, dass die Linken in Die Linken erwecken mit ihrem Antrag den Eindruck, ihren Forderungen nach einem sozialen, ökologischen als ob wir in Deutschland ein Problem großer Woh- und barrierefreien Recht auf Wohnen der realen Politik nungsnot hätten. Wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, hinterherlaufen. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion dass Sie hier solche Unwahrheiten verbreiten. und als unionsgeführte Koalition fördern die Anpassung des Wohnungsmarktes an die tatsächlichen Bedürfnisse An dieser Stelle auch noch eine Anmerkung zur Ent- einer sich verändernden Gesellschaft. wicklung der Mieten: Zwischen 1997 und 2007 stiegen die Nettokaltmieten jährlich um durchschnittlich 1,1 Pro- Ihr Antrag verweigert sich der Realität auf dem deut- zent. Dies liegt unter der durchschnittlichen Preissteige- schen Wohnungsmarkt. Auf dieser Grundlage ist eine rung in dieser Zeit um jährlich 1,5 Prozent. Von einer be- vernünftige Diskussion nicht möglich. Wir als CDU/ sorgniserregenden Entwicklung der Mieten kann keine CSU-Bundestagsfraktion werden Ihren Antrag nicht un- Rede sein. Hören Sie also auf, mit Ihrem Antrag einen terstützen. falschen Eindruck zu erwecken! Daniela Raab (CDU/CSU): Ich sehe ja ein, dass Sie Dann fordern Sie in Ihrem Antrag zweitens ein Recht wieder einmal einen Forderungskatalog erstellt haben auf ökologisches Wohnen. Ich muss zugeben, dass ich und nun das allumfassende Handeln der Bundesregie- mich hierüber ein wenig gewundert habe. Seit Jahren rung fordern; denn das ist ja nun einmal Ihr Job in der richtet die Bundesregierung schließlich ein großes Au- Opposition. genmerk auf die ökologische Sanierung des Gebäudebe- standes. Unser Energiekonzept formuliert sogar das ehr- In Ihrem Antrag liest man also das eine und das an- geizige Ziel, bis zum Jahr 2050 80 Prozent weniger dere und denkt sich dabei: Das machen wir doch alles! CO2-Ausstoß im Gebäudebereich zu realisieren. Aber: An anderer Stelle denkt man vielleicht: Das klingt nach bei keiner dieser klimaschutzorientierten Regelungen im Enteignung und Sozialismus pur. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7357

(A) Zunächst liest man, dass nirgendwo in Deutschland Wohnungsmarkt- und Stadtentwicklung sind eng mit- (C) ein bedarfsgerechtes Angebot an Wohnraum existiert. einander verknüpft. So gab und gibt es zahlreiche Pro- Aha. Dann liest man, dass Angebot und Nachfrage auf gramme, auch langfristig – heute sagt man gerne: nach- dem Wohnungsmarkt regional divergieren. Das stimmt. haltig – angelegte Linien, die sich mit den bekannten Sachlich falsch ist, wenn Sie in Ihrem Antrag davon Problemen auf dem Wohnungsmarkt in Deutschland be- sprechen, dass von der Bundesregierung weder im Woh- schäftigen. nungsbestand als auch im Wohnungsbau ökologische und demografische Erfordernisse adäquat und vor allem Die energetische Sanierung des Gebäudebestands ist nachhaltig berücksichtigt werden. zum Beispiel ein zentrales Handlungsfeld der Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung und wird zurzeit Die Wohnungsversorgung in Deutschland ist gut. besonders forciert. Auch da gab es schon erfolgreiche Hohe bauliche Qualität und Ausstattungsstandards sind Projekte, zum Beispiel um die Eigentümer von Groß- Ergebnis eines seit Jahrzehnten hohen Investitionsni- wohnsiedlungen bei der Erstellung integrierter Konzepte veaus in Neubau und Bestand. Grundlage hierfür sind und differenzierter Investitionsstrategien zu unterstüt- bewährte ordnungsrechtliche Rahmenbedingungen, ge- zen und somit die energetische Sanierung zu initiieren zielte förderpolitische Impulse und wirksame soziale bzw. zu beschleunigen. Dazu hat das Bundesministerium Sicherungsinstrumente. Mietrecht und Steuerrecht ge- für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, BMVBS, 2009 währleisten gleichermaßen die Wirtschaftlichkeit der den Wettbewerb „Energetische Sanierung von Groß- Wohnungsvermietung und den Schutz der Mieterinnen wohnsiedlungen auf der Grundlage integrierter Stadtteil- und Mieter. entwicklungskonzepte“ ausgelobt. Gegenstand des Gerade die nachhaltige Stadtentwicklungspolitik hat Wettbewerbs war die Erarbeitung integrierter und nach- angesichts der wirtschaftlichen, kulturellen und gesell- haltiger Beiträge auf Quartiersebene, die gesamtheitliche schaftlichen Entwicklung in unserem Land eine enorme Strategien und Maßnahmen zu den Bausteinen Energie- Bedeutung, wird bereits vielfach berücksichtigt, und wir einsparung und Energieeffizienz, Stadtteilentwicklung, haben uns diesbezüglich hohe Ziele gesetzt: die Bewälti- Wohnungswirtschaft, Finanzierung, Partizipation sowie gung der Folgen des demografischen und wirtschafts- Durchführung gleichermaßen berücksichtigen. Der strukturellen Wandels, den Klimaschutz, den Erhalt his- Wettbewerb gab den Auftakt zur Entwicklung oder Wei- torischer Bausubstanz und Stadtstrukturen, die Wieder- terentwicklung integrierter Stadtteilentwicklungskon- und Umnutzung von Brachflächen und die Barrierear- zepte unter Einbeziehung energetischer Aspekte. Die mut im Wohnumfeld. energetische Sanierung soll im Rahmen einer integrier- ten Entwicklungsplanung dafür genutzt werden, die Sie sprechen in Ihren Forderungen all die guten und Großwohnsiedlung insgesamt aufzuwerten. (B) erfolgreichen Förderprogramme an. Diese Programme (D) zeigen ja, dass wir eben diese Nachhaltigkeit verfolgen Natürlich gibt es unterschiedliche Ansprüche an Woh- und dass wir ebendiese veränderten Lebensbedingungen nungen, die befriedigt werden müssen. Es gibt in der und Tendenzen in der Bevölkerung erkennen und ent- Stadt eine andere Klientel als auf dem Land, Familien sprechend durch unsere Programme und Planungen um- möchten anders wohnen als Singles etc. Um dem gerecht setzen. zu werden, wird aber auch viel getan. Für die Städte ist es zum Beispiel ein zentrales Anliegen einer nachhalti- Neu – und, wie ich finde, gerade für die infrastruktur- gen Stadtentwicklungspolitik, die Standortqualität zu schwachen ländlichen Gebiete wichtig – ist das Städte- stärken und die Attraktivität der Stadtquartiere für alle bauförderprogramm „Kleine/Städte und Gemeinden – Bevölkerungsgruppen zu verbessern. Hohe städtebauli- überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“. Dieses che Qualitäten und bedarfsgerechte Wohnraumangebote Programm wurde neu aufgelegt, obwohl wir sparen müs- können wesentlich dazu beitragen, die Suburbanisierung sen. Hier wird die aktive Zusammenarbeit über Gemein- abzuschwächen und eine Rückbesinnung auf die Vorteile degrenzen hinweg unterstützt. Ziel ist, die nötige Infra- urbaner Lebensformen zu begünstigen. Die Förderung struktur für die kommunale Daseinsvorsorge arbeitsteilig des städtischen Wohnens wird auf allen politischen Ebe- zu organisieren. Hier wird auch berücksichtigt, dass wir nen als ein zentrales Ziel angesehen und ist für die Stadt- in einer föderalen Struktur leben. entwicklung von strategischer Bedeutung. Insbesondere Soziale Wohnraumförderung ist die Aufgabe des So- für Familien mit Kindern möchten die Städte wieder ein zialstaates. Seine wesentlichen Ansatzpunkte sind die attraktiver Wohnstandort sein. Gewährung von Wohngeld zur Stärkung der Mietzah- lungsfähigkeit und die soziale Wohnraumförderung. Auch bei dem Thema Wohnen im Alter sind wir auf Diese beiden Punkte werden auch von der Bundesregie- dem besten Wege. Die Wohneigentumsquote ist weiter rung ernst genommen und verfolgt. Im Rahmen der Fö- gestiegen und lag 2008 bei gut 43 Prozent. Die Bedin- deralismusreform unterliegen sie aber den Ländern. gungen für den Erwerb von Wohneigentum sind gegen- wärtig auch nach der Abschaffung der Eigenheimzulage Aber auch der Bund will Wohnraum und Infrastruktur im langfristigen Vergleich sehr günstig. Gründe sind gestalten. Dies soll sowohl alten-, generationengerecht niedrige Hypothekenzinsen, stabile Immobilienpreise und, wo sachgerecht, integrativ gestaltet werden, und die und in den letzten Jahren moderat gestiegene Einkom- erforderlichen Service- und Hilfestrukturen sollen auch men. Die Wohneigentumsbildung findet zunehmend im in Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft ausgebaut Bestand statt. Der Eigenheimbau bleibt aber eine wich- und weiterentwickelt werden. tige Stütze der Bautätigkeit. Von 2008 knapp 200 000 7358 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) fertiggestellten Wohneinheiten entfallen rund 80 Prozent Die Heizkostenkomponente, erst 2009 auf Betreiben der (C) auf Eigenheime und Eigentumswohnungen. SPD eingeführt, soll abgeschafft werden. Die Heizkos- ten sind gesunken, sagt die Regierung. Auch wenn man Die Bundesregierung hat im Rahmen des Maßnahmen- sich solche Zahlen vielleicht irgendwie zurechtrechnen pakets „Beschäftigungssicherung durch Wachstumsstär- kann: Gibt es jemanden, der nicht von zukünftig weiter kung“ Mittel für das KfW-Förderprogramm „Altersge- steigenden Kosten für Haushaltsenergie ausgeht? Ein- recht Umbauen“ bereitgestellt, mit dem die Anpassung kommensschwache werden alleingelassen und in Grund- des Wohnungsbestands und des Wohnumfelds an diese sicherung gedrängt; so sieht es zurzeit aus. Eine solche Bedürfnisse gefördert wird. Die KfW-Bankengruppe Politik wird dafür sorgen, dass sich Menschen ihre Woh- förderte das altersgerechte Umbauen im Jahr 2010 be- nung nicht mehr leisten können. reits mit über 100 Millionen Euro. Mit der KfW-Förde- rung können zum Beispiel Aufzüge eingebaut, Türen Es gilt also in der Tat auf einiges zu achten, damit der verbreitert oder Bäder barrierearm umgebaut werden. Wohnungsmarkt ausgeglichen bleibt. Leider wird uns Das hilft Menschen mit altersbedingt eingeschränkter der vorliegende Antrag dabei nicht weiterhelfen. Lassen Mobilität oder Behinderungen genauso wie Familien mit Sie mich das anhand dreier Beispiele deutlich machen. Kindern. Mit ihrem seit dem 1. Juli 2010 eigenständigen Programm „Altersgerecht Umbauen“ fördert die KfW Erstens. Die Linksfraktion fordert, die Einzelpro- barrierearmes Wohnen. Es ist komfortabel für Menschen gramme der Städtebauförderung zusammenzulegen, und jeden Alters, doch „altersgerecht“ sind derzeit nur das in einer Situation, in der wir in den Haushaltsbera- 1 Prozent aller Wohnungen in Deutschland. tungen um eine ausreichende Ausstattung dieser Pro- gramme kämpfen. Die verschiedenen Programme haben Mit ihrem Förderprogramm will die KfW einen Bei- sich mit den Jahren aufgrund des unterschiedlichen Be- trag dazu leisten, dass vor allem ältere Menschen – dank darfs entwickelt. Wieso wollen Sie das aufgeben? Kein reduzierter Wohnbarrieren – so lange wie möglich in ih- Wort dazu in Ihrem Antrag. ren eigenen vier Wänden leben können. Das Wohneigen- tum bleibt für viele Menschen ein wichtiger Baustein für Zweitens. Die Linksfraktion fordert ein gesetzlich ga- die Altersvorsorge. Seine Notwendigkeit wird durch die rantiertes Recht auf eine menschenwürdige Wohnung. Veränderung der Altersstruktur verstärkt. Über Wohnungslosigkeit haben wir neulich hier debat- Daher wurde das selbstgenutzte Wohneigentum mit tiert; wir werden das auf Berichterstatterebene auch bald dem Eigenheimrentengesetz besser in die geförderte ka- fortsetzen. Der Wohnungslosigkeit konnten wir bisher pitalgedeckte private Altersvorsorge, die Riester-Rente, zum Beispiel über Mietrecht und Wohngeld ganz gut be- integriert. gegnen. Zudem sind hauptsächlich die Länder zuständig, (B) und in einigen Landesverfassungen ist schon ein Grund- (D) Zuletzt möchte ich noch kurz erwähnen, dass Sie in recht auf Wohnen verankert. Deshalb fragt sich, ob eine Ihrem Antrag sehr einseitig sind. Sie fordern ja geradezu besondere bundesgesetzliche Regelung wirklich eine die Verstaatlichung des Wohnungsmarktes. Kommunale dringende Notwendigkeit ist. Ich verschließe mich Ih- Wohnungsunternehmen habe eine große Bedeutung; rem Ansinnen ja nicht grundsätzlich; aber konkrete Um- aber Sie verkennen die Bedeutung der privaten Woh- setzungsvorschläge bleiben Sie schuldig. Dafür fordern nungswirtschaft für die soziale Sicherung des Wohnens, Sie eine deutliche Ausweitung des Wohngeldes. In mei- der zusätzliche Lasten aufgebürdet werden sollen. ner Realität kämpfen wir aber gerade darum, eine Ver- schlechterung beim Wohngeld zu verhindern. Ich hätte Eine Verschärfung des ausgewogenen sozialen Miet- das auch gerne anders, aber über höheres Wohngeld rechts und ein Zwang zu energetischer Sanierung würde müssen wir derzeit nun wirklich nicht reden. sich nachteilig auf die Bereitschaft zu Investitionen in Wohnimmobilien auswirken und damit das im Wesentli- Drittes Beispiel. Gefordert wird ein Rechtsanspruch chen austarierte Gleichgewicht von Angebot und Nach- für Mieter auf energetische Sanierung. Schön und gut, frage gefährden. wenn man davon ausgeht, dass alle Wohnungen Heu- schreckeninvestoren gehören, die nicht wissen, wohin Sören Bartol (SPD): Auch und gerade die SPD- mit ihrem Geld. Die Welt sieht aber anders aus. Es gibt Bundestagsfraktion sieht es als eine zentrale staatliche auch den Privatvermieter, der es sich nicht leisten kann, Aufgabe, Grundlagen zu schaffen, damit jedem Men- seine eine vermietete Wohnung zu sanieren. Über diese schen angemessener Wohnraum zur Verfügung steht. Themen diskutieren wir gerade intensiv, auch weil die Deshalb setzen wir uns beispielsweise für eine gerechte Bundesregierung die Mittel für die CO2-Gebäudesanie- Aufteilung der Kosten für energetische Gebäudesanie- rung massiv zurückfahren will. In dieser Situation kann rung ein. Staat, Vermieter und Mieter müssen ihren Teil man doch nicht mit einem so undifferenzierten Antrag dazu beitragen, dass in Zukunft im Gebäudebereich we- kommen. niger CO2 entsteht. Die Regierung will übrigens einen anderen Weg gehen und Mieter stärker zur Kasse bitten. Die Linksfraktion macht mit diesem Antrag gleich Das ist mieterfeindliche Politik, die unser bewährtes, fai- eine ganze Reihe Fässer auf, beschränkt die Begründung res Mietrecht aushebelt. aber auf ein paar Sätze. So ist ihr Antrag keine Grund- lage für eine zielführende Debatte. Das ist schade; denn Ähnlich ist es beim Wohngeld, das zu einer ausgewo- bei einigen Aspekten wären es sicher wert gewesen, sich genen Bevölkerungsstruktur in den Stadtteilen beiträgt. ernsthafter mit ihnen zu befassen. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7359

(A) Ulrike Gottschalck (SPD): Liebe Kolleginnen und zwischen Zivilgesellschaft und Gemeinde, ohne dass (C) Kollegen von den Linken, dem Titel Ihres Antrages staatlicher Druck ausgeübt werden muss. Kommunalpo- „Wohnen sozial, ökologisch und barrierefrei gestalten“ litik und auch die Verwaltung sowie die Bürgermeisterin- könnte man ja zustimmen. Wer will das nicht? Auch die nen und Bürgermeister beteiligen in einem Prozess so- Stoßrichtung des Antrages könnte man unterstützen. wohl die Hauseigentümer als auch die Bewohnerinnen Aber der markige Titel wird leider nicht mit Inhalten ge- und Bewohner, die Gewerbetreibenden vor Ort und Ini- füllt. Viele Forderungen – teilweise auch ideologische – tiativen und Vereine. Durch die Einbeziehung aller rele- werden in den Raum gestellt, ohne wirkliche Handlungs- vanten öffentlichen und privaten Träger können so städ- perspektiven aufzuzeigen. Das ist deutlich zu wenig, um tebauliche Investitionen die gelebte Demokratie vor Ort das Wohnen und das Zusammenleben in unserer Gesell- voranbringen. schaft zukunftsfest zu machen. „Nirgendwo in der Bun- desrepublik Deutschland existiert ein bedarfsgerechtes Eine bloße Forderung nach mehr Rekommunalisie- Angebot an Wohnraum“ – ich denke, dieses Zitat aus Ih- rung, wie es im Antrag der Linken anklingt, reicht hier rem Antrag belegt die Realitätsferne. Meine sehr verehr- meiner Meinung nach nicht aus; denn wenn die Kommu- ten Damen und Herren von der Linken, wie schon Sören nen kein oder weniger Geld für sozialen Wohnungsbau Bartol beschrieben hat, handelt es sich bei ihrem Antrag und Förder- und Integrationsprogramme wie „Die so- leider um bloße Ankündigungspolitik. ziale Stadt“ bekommen, können sie auch keine weiteren Investitionen tätigen. Das gefährdet die Entwicklung Angesichts der demografischen Entwicklung stehen gleichwertiger Lebensverhältnisse. Städte und Gemeinden vor neuen Herausforderungen, die nur als Gemeinschaftsaufgabe zwischen Bund, Land Die Lebenswelten sind im Wandel. Das Wohnen als und kommunaler Ebene sinnvoll gemeistert werden kön- soziales Gut ist ein wichtiger und lebendiger Bestandteil nen. Daher ist es auch so bitter, dass CDU/CSU und FDP einer sich wandelnden Gesellschaft. Auf die Herausfor- elementare Bausteine der nationalen Stadtentwicklungs- derungen der Zukunft gilt es im Jetzt zu reagieren. We- politik wie die Städtebauförderung und die Mittel für die der können bloße Gedankenspiele die Situation verbes- CO2-Sanierung von Gebäuden kürzen und die Entwick- sern noch Kürzungen und Streichungen. lung in den Kommunen nachhaltig schädigen. Dies be- stätigten auch alle Experten in der gestrigen Anhörung. Städtebau ist der richtige Ansatzpunkt. Gerade für die Sebastian Körber (FDP): Die Gestaltung einer zu- Kommunen ist die Halbierung der Mittel eine große Be- kunftsorientierten Wohnungspolitik ist eine der schwie- lastung; denn sie müssen die Herausforderungen des de- rigsten, wichtigsten, aber auch eine der reizvollsten Auf- mografischen Wandels bewältigen und soziale und bar- gaben. Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum (B) rierefreie Wohnverhältnisse schaffen sowie lebenswerte ist und bleibt dabei ein wesentlicher Bereich der Da- (D) Innenstädte erhalten, nicht nur für Menschen mit Behin- seinsvorsorge für diese Koalition. derung, sondern für eine Gesellschaft, in der ein großer Das bedeutet aber nicht – und damit komme ich zum Teil der Menschen zunehmend auf Barrierefreiheit ange- vorliegenden Antrag –, dass die Wohnraumversorgung wiesen sein wird. am besten staatlicherseits organisiert wird. Denn Woh- Sie schlagen vor, die Einzelprogramme der Städte- nen als Grundbedürfnis bedeutet stets mehr als nur die bauförderung in einem Städtebauförderprogramm für Bereitstellung von Wohnraum. Wer die Bereitstellung Kommunen zusammenzufassen. Ich befürchte, dass Sie von Wohnraum als einziges Kriterium sieht, sei an die mit Ihrer Forderung den Kommunen einen Bärendienst Trabantenstädte in der DDR und anderen sozialistischen erweisen; denn am Ende des Prozesses könnte noch Staaten erinnert, die das Wohnen aus meiner Sicht – das mehr Geld fehlen. Auch die von Ihnen gewünschten Ab- sage ich auch als Architekt – nicht gerade lebenswert stimmungsprozedere für Kriterien zwischen Bund, Land, machten. Kommunen und Stadtumland erscheinen mir in der Pra- xis relativ schwierig und eher eine Hürde zu sein. Was Die Linke tischt heute allerhand programmatischen die Menschen in den Kommunen tatsächlich brauchen, Plattenbau auf. Bekanntlich gab es Art. 37 der DDR-Ver- ist eine bedarfsgerechte Förderung, die beispielsweise fassung, der jedem DDR-Bürger das Recht auf Wohn- barrierefreies Wohnen ermöglicht oder durch Denkmal- raum für sich und seine Familie – entsprechend den schutzmaßnahmen die Lebensqualität in den Städten und volkswirtschaftlichen Möglichkeiten – zusprach. Wie Gemeinden erhält und erhöht. Nur mit solchen konkre- das in der Realität ausgesehen hat, wissen wir alle. Viel- ten Ansätzen, meine Damen und Herren von der Linken, leicht will die Linke dahin zurück; wir – und die Mehr- erreicht man eine „menschenwürdige soziale und ökolo- heit der Menschen – wollen das sicher nicht. gische Verfasstheit des Wohnens“, wie Sie es sich etwas Unser Grundgesetz dagegen ist eine Verfassung der verklausuliert in Ihrem Antrag wünschen. Grundrechte, der Freiheitsrechte und keine Verfassung Für uns Sozialdemokraten ist eine Abstimmung in den der detaillierten Einzelansprüche. Im Grundgesetz ist be- Kommunen und mit den Menschen vor Ort Dreh- und reits festgelegt, dass Deutschland ein Sozialstaat ist – Angelpunkt des Erfolges. Darüber hinaus haben die und dass Eigentum verpflichtet. Dank dieser beiden Kommunen einen unschlagbaren Vorteil in puncto bür- Leitsätze ist bereits heute mit Verfassungsrang garan- gerschaftliches Engagement und Ehrenamt, den der An- tiert, dass jeder Deutsche eine angemessene Wohnung trag der Linken völlig ausspart. Eine kluge und sozial ge- bekommt. Unsere Sozialgesetzgebung bildet die Kon- rechte Wohnungsbaupolitik fördert die Zusammenarbeit kretisierung dieser Grundsätze. Die FDP-Fraktion lehnt 7360 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) daher die Aufnahme des Rechts auf Wohnen in die Ver- Der Antrag der Linken wird den Herausforderungen (C) fassung ab. aus ökologischen, demografischen, sozialen und städte- baulichen Anforderungen nicht gerecht. Wir stehen als Sie versteigen sich in Ihrem Antrag auf Seite 1 zu fol- Koalition für eine zukunftsfähige Wohnungspolitik jen- gendem Satz: „Nirgendwo in der Bundesrepublik seits von Ideologie und Symbolpolitik und zum Wohle Deutschland existiert ein bedarfsgerechtes Angebot an der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wohnraum.“ Anstelle des Linke-Parteichefs Klaus Ernst, Ihrem „Experten“ für bedarfsgerechten Wohn- raum, würde ich auch nicht mehr auf der feudalen Luxu- Heidrun Bluhm (DIE LINKE): Die Fraktion Die salm wohnen wollen. „Auf der Alm da gibt’s kei’ Sünd“, Linke legt ihnen heute, ausgelöst durch die Bundestags- sagt man bei uns. Kommen Sie mal wieder ins Tal mit drucksache 16/13325 – das ist die Unterrichtung des Ihren Forderungen! Glaubwürdigkeit sieht anders aus. Deutschen Bundestages durch die Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft in Deutsch- In der bayerischen Verfassung steht in Art. 106 der land vom 4. Juni 2009 –, ein völlig neues Konzept zur Satz: „Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine Entwicklung des Wohnungsmarktes in Deutschland vor. angemessene Wohnung.“ Dieser Satz findet sich dort seit 1946. Sowohl im Bericht der Bundesregierung als auch in der dazu stattgefundenen Expertenanhörung wird der Die heutige Wohnraumsituation kann nicht mit der di- Wohnungsmarkt in Deutschland im Durchschnitt als gut rekten Nachkriegszeit, zu der Deutschland in Trümmern eingeschätzt. Aber es wird gleichwohl auf eine Reihe lag, verglichen werden. Mittlerweile sind diese Zeiten drängender Probleme aufmerksam gemacht; denn trotz der dramatischen Wohnungsnot vorbei. der guten Gesamteinschätzung existiert fast nirgendwo ein bedarfsgerechtes Angebot an Wohnraum. Die Mehr- Zur Erinnerung: Im Rahmen der Föderalismusreform zahl unserer Wohnungen entspricht in keiner Weise den ist die Zuständigkeit für die soziale Wohnraumförderung klimatischen und energetischen Anforderungen, alters- 2006 vom Bund auf die Länder übergegangen. Alles, gerechten und barrierefreien Kriterien, also den ökologi- was Sie in diesem Schaufensterantrag als „Wunschzet- schen und demografischen Erfordernissen, und ebenso tel“ aufgeschrieben haben, hätten Sie also schon in den wenig den städtebaulichen Herausforderungen und not- Ländern Berlin und Brandenburg, in denen Sie mitregie- wendigen Flächenverbrauchseinsparungen. Es ist also, ren, in Angriff nehmen können. Das tun Sie aber nicht. sprichwörtlich ausgedrückt, wie mit der Kuh, die ertrun- Unsere Wohnungsversorgung darf zu Recht als gut ken ist, obwohl der Graben im Durchschnitt nur 50 Zen- bezeichnet werden. Im Unterschied zu anderen EU-Län- timeter tief war. (B) dern ist der Wohnungsmarkt bei uns kleinteilig struktu- Wir sind der Auffassung, dass Wohnen als elementa- (D) riert und durch einen hohen Anteil von Privateigentü- res, existenzielles Bedürfnis des Menschen zu den ge- mern gekennzeichnet. Mietwohnungen sind in allen setzlich garantierten Grundrechten gehört, weil es für ein Qualitäten vorhanden. Auch für einkommensschwächere menschenwürdiges Leben ebenso wichtig ist wie Essen, Haushalte muss Wohnraum verfügbar und bezahlbar Kleidung, Bildung und Gesundheit. Diese Erfordernisse bleiben. Den einkommensschwachen Haushalten wird und die gegenwärtige regierungsgesteuerte Geisterfahrt bei den Wohnkosten geholfen. Das ist wichtig für die auf der Gegenspur von sozial gerechter Wohnungspolitik Menschen, nicht Symbolpolitik à la Linke. und zukunftsfähigem Städtebau machen überdeutlich, dass jetzt dringend gehandelt werden muss. Die Men- Um die Kosten für Mieter langfristig auf einem Ni- schen und die Branchen brauchen eine langfristige, be- veau zu halten oder zu senken, sind vor allem energeti- lastbare und unumkehrbare bundespolitische Orientie- sche Umbaumaßnahmen erforderlich. Die gestrige An- rung, wenn wir sie bei der Lösung der Probleme hörung im Bauausschuss hat das unterstrichen. Die einbeziehen wollen. stillen Reserven im Gebäudebestand werden nur akti- viert werden, wenn wir Anreize setzen, aber keine Wir wollen eine Wohnungs- und Städtebaupolitik, die Zwangssanierungen anordnen. Wir wollen die Energie- die tiefgreifenden sozialen, demografischen, ökologi- einsparpotenziale im Gebäudebestand mobilisieren und schen und wirtschaftlichen Veränderungen, vor denen neue Gebäude mit möglichst geringem Energiebedarf er- unsere Gesellschaft als Ganzes steht, konzeptionell und stellen. Dazu gehört die effektive Ausgestaltung des allumfassend betrachtet und auf die sich die Menschen CO2-Gebäudesanierungsprogramms zur Steigerung der dieser und kommender Generationen, auf die sich die Sanierungsquote. Hier werden im Rahmen des Energie- Länder und Kommunen, die Hauseigentümer und die und Klimafonds 500 Millionen Euro Programmmittel Bauwirtschaft ebenso wie die Mieterinnen und Mieter neu und damit insgesamt rund 1 Milliarde Euro 2011 zur verlassen können, weil sie eben nicht der jeweiligen Verfügung gestellt. Das ist ein wichtiger Beitrag zu un- Kassenlage, nicht kurzfristigen Renditeerwartungen, serer Modernisierungsoffensive für Gebäude. nicht irgendwelchen Klientelinteressen, sondern nur dem Grundgesetz und damit allen Bürgerinnen und Bürgern Um den Wohnungsbestand auf Dauer marktfähig zu verpflichtet ist. halten, sind auch altersgerechte und zwar möglichst bar- rierefreie Anpassungsmaßnahmen im Wohnungsbestand Heute beraten wir unseren Konzeptvorschlag in erster und -umfeld unumgänglich. So können ältere und mobi- Lesung. Ich lade Sie ein, über eine neue Objektförderung litätseingeschränkte Menschen so lange wie möglich in zu diskutieren, die die Lasten gerecht auf alle Schultern ihrer vertrauten Umgebung wohnen. verteilt, die Mieterinnen und Mieter, aber auch die Woh- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7361

(A) nungseigentümer nicht überfordert, langfristige Kon- und können falsche Hoffnungen wecken. Schließlich (C) junkturanreize für die Bauwirtschaft gibt und Länder muss der garantierte Wohnraum auch zur Verfügung ste- und Kommunen entsprechend ihrer regionalen Erforder- hen – und zwar dort, wo er gebraucht wird. Die bloße nisse mitbestimmen lässt. Ich lade Sie ein, über eine Formulierung eines „Grundrechts auf Wohnen“ bleibt neue Subjektförderung zu diskutieren, die allen Bürge- ohne konkrete Hinterlegung materiell wirksamer Maß- rinnen und Bürgern ermöglicht, moderne, familien- und nahmen folgenlos und weicht einer Auseinandersetzung altengerechte, aber auch barrierefreie Wohnungen zu be- um die zweifellos vorhandenen Interessenkonflikte aus. zahlbaren Mieten zu finden oder mit unserer Hilfe selbst zu finanzieren. Auch beim zweiten Spiegelstrich ist nicht eindeutig, mit welchem Instrument Sie angemessene Mieten erzie- Niemals werden wir die ehrgeizigen Ziele erreichen, len wollen und wie der von Ihnen geforderte einkom- über die wir uns im Übrigen fraktionsübergreifend einig mensgerechte Ausgleich der Wohnkostenbelastungen sind, wenn wir der jährlichen Kassenlage des Bundes- stattfinden soll. haushaltes allein folgen und Fördermittel zusam- menstreichen, bis sie passen, wenn wir Energieeinspar- Sie fordern außerdem, dass die Räumung von Wohn- verordnungen erlassen oder Energiekonzepte raum unzulässig sei, wenn kein zumutbarer Ersatzwohn- verabschieden, die allein die Vermieter verpflichten, de- raum zur Verfügung steht. Eine solche Regelung würde nen dann nichts anderes übrig bleibt, als die Lasten an den Hauseigentümer in seinen Rechten zu stark ein- die Mieter weiterzugeben und dann auf die Marktregu- schränken. Er muss sich von Mietparteien trennen kön- lierung zu vertrauen, wenn die Bauwirtschaft sich stän- nen, die ihn wirtschaftlich schädigen. Sie wollen mit der dig neu auf unberechenbare Marktbedingungen einstel- Forderung eigentlich Menschen vor Obdachlosigkeit be- len muss und heute mit Konjunkturprogrammen rechnen wahren. Das ist ja auch durchaus eine richtige Zielset- kann, um sich schon morgen mit der Kürzung der För- zung, doch gibt es bereits heute Instrumente für den ge- dergelder auseinandersetzen zu müssen. wünschten Schutz. Mit dem Wiedereinweisungsrecht der Kommunen können diese bei drohender Obdachlosigkeit Wohnen ist Daseinsvorsorge und damit vorrangig den Räumungsschuldner wieder in die Wohnräume ein- Aufgabe des Staates, der Länder und Kommunen. Also weisen. Darüber hinaus sollten in den Kommunen die nehmen wir diese Aufgabe ernst, und folgen Sie meiner präventiven Instrumente wie zum Beispiel die Woh- Einladung. Ich freue mich auf die Diskussion. nungssicherungsstellen ausgebaut werden. Mit Ihren Forderungen für eine Neuausgestaltung des Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wohngeldes subventionieren Sie indirekt die Vermieter. Dem Antrag der Linken-Fraktion liegt eine grundsätz- Diese hätten keinerlei Veranlassung, bezahlbaren Wohn- (B) lich richtige Analyse der aktuellen Situation des deut- raum zur Verfügung zu stellen, da ja alles vom Staat be- (D) schen Wohnungsmarktes zugrunde. Die zwei zentralen zahlt wird. Die grüne Bundestagsfraktion hingegen will Herausforderungen sind die energetische Gebäudesanie- einen dynamischen Anpassungsmechanismus einfüh- rung und der altersgerechte Umbau; darin sind wir uns ren, der das Wohngeld in regelmäßigen Abständen über- einig. Allein 40 Prozent der deutschlandweiten Endener- prüft und gegebenenfalls anpasst. Außerdem wollen wir gie wird im Gebäudebereich verbraucht, und bis 2013 die Heizkostenkomponente perspektivisch so ausgestal- brauchen wir nach Angaben der Kommission „Wohnen ten, dass der Anreiz erhöht wird, energetisch sanierten im Alter“ 2,5 Millionen zusätzliche altersgerechte Woh- Wohnraum anzubieten und nachzufragen. nungen. Bei der Eigentümerstruktur möchte ich anmerken, Diese Herausforderungen müssen so gemeistert wer- dass die Veräußerung von städtischem Wohnungsbe- den, dass sie für die Mieterinnen und Mieter sozialver- stand durchaus vernünftig sein kann, sofern es sich um träglich, aber auch für die Eigentümerinnen und Eigen- den Verkauf an kommunale Wohnungsunternehmen, in tümer wirtschaftlich tragbar sind. Deswegen brauchen jedem Fall an Bestandshalter handelt. wir neben dem ordnungs- und mietrechtlichen Rahmen auch entsprechende Anreize für die kleinen Eigentümer Sie sehen, wir stehen vor großen Herausforderungen, und die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft. und wir werden unseren Beitrag leisten, um diesen zu begegnen. Ich möchte mich nun den einzelnen Forderungspunk- ten des Antrages widmen. Ihre Ansätze zur Objektförde- rung sind durchaus interessant und werden von uns im Anlage 11 weiteren Beratungsverfahren noch eingehender geprüft und diskutiert. Zu Protokoll gegebene Reden Bei der Subjektförderung schlagen Sie im ersten zur Beratung des Antrags: Maklerkosten ge- Spiegelstrich vor, das „Recht auf eine menschenwürdige recht verteilen (Tagesordnungspunkt 14) Wohnung und auf die Versorgung mit Wasser und Ener- gie … gesetzlich zu garantieren“. Wenn Sie das ins Dr. Jan-Marco Luczak (CDU/CSU): Wir diskutie- Grundgesetz aufnehmen möchten, dann müssen Sie das ren hier und heute über einen Antrag der SPD, der das auch so deutlich schreiben. Hier würde ich mir mehr Ziel verfolgt, gesetzlich vorzuschreiben, dass Makler- Klarheit wünschen. Ein Hinweis sei erlaubt: Solche for- provisionen für die Vermittlung von Miet- und Eigen- mulierten Grundrechte erzeugen auch viele Illusionen tumswohnungen zu gleichen Teilen auf die Vertragspar- 7362 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) teien verteilt werden sollen. Sie beklagen, dass Makler ben? Oder ist es nicht vielleicht klug, sich zu überlegen, (C) bei der Vermittlung von Mietwohnungen zwar regelmä- woher diese Unterschiede kommen? Davon findet sich ßig vom Vermieter beauftragt werden, die zu zahlende in Ihrem Antrag kein Wort. Provision aber „fast ausnahmslos“ vom Mieter zu tragen sei. Mietinteressenten hätten daher häufig Probleme, die Ich sage: Eine bundesweit einheitliche, durch staatli- mit der Wohnungsvermittlung verbundenen Kosten auf- che Regulierung festgelegte Regelung wird den unter- zubringen. schiedlichen Interessenlagen und bestehenden regiona- len Unterschieden in keiner Weise gerecht. Ich stehe jetzt vor dem Problem, dass ich zu diesem Antrag ganze zwölf Minuten reden soll. Ich sage Ihnen Man muss sich auch verdeutlichen, dass eine solche ganz ehrlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regelung einen ganz erheblichen Eingriff in die privat- SPD: Das gibt Ihr Antrag nicht her! autonome Gestaltungsfreiheit der Parteien bedeuten würde. Dafür müsste es schon wirklich bedeutende Ich will Ihnen auch gerne sagen, warum: Ihr Antrag Gründe geben, um einen solchen Eingriff zu rechtferti- geht erstens von falschen Annahmen aus. Zweitens ist er gen. Solche Gründe kann ich aber nicht erkennen. vom ganzen Ansatz her auf staatliche Reglementierung ausgelegt und damit ordnungspolitisch verfehlt. Im Gegenteil: Ihr Antrag blendet völlig die Entwick- lungen und Veränderungen auf dem Immobilienmarkt Zu den falschen Annahmen: Ich bin vor kurzem sel- aus, die sich zum Beispiel durch die technischen Mög- ber umgezogen, hier in Berlin. Ich habe durchaus lange lichkeiten des Internets ergeben. Es gibt heutzutage di- nach einer Wohnung gesucht, mir viele angeschaut und verse Plattformen im Internet, die eine Abwicklung ohne mich deshalb intensiv mit dem Immobilienmarkt ausei- Makler ohne Weiteres möglich machen. Die Internetseite nandergesetzt. Ich kann Ihnen also aus persönlicher Er- immobilienscout.de stellt zum Beispiel über 1,2 Millio- fahrung berichten. Meiner Erfahrung nach haben Sie zu- nen Immobilienangebote pro Monat zur Verfügung; das mindest in Berlin keinerlei Probleme, eine Wohnung umfasst ebenso Miet- wie Kaufimmobilien. Diese Inter- gänzlich ohne Provision zu mieten. Sogar die weit über- netportale ermöglichen es dem Miet- oder Kaufinteres- wiegende Mehrheit von Wohnungen wurde ohne Mak- senten, sich schnell – und ganz ohne Makler – einen lercourtage zur Miete angeboten. Sehr wahrscheinlich Überblick über das Angebot zu verschaffen und eine ge- hat auch der eine oder andere von den hier Anwesenden eignete Immobilie auszusuchen. Dabei können auch ge- die gleiche Erfahrung gemacht. Der Bundestag hat sich zielt solche Angebote ausgesondert werden, die provi- vor etwas mehr als einem Jahr zu seiner 17. Legislatur- sionspflichtig sind. Aber vor allem kann auch der periode neu zusammengesetzt. Ich gehe davon aus, dass Vermieter oder Verkäufer mit nur wenigen Klicks seine auch einige der Kollegen aus der SPD-Fraktion sich eine Immobilie im Internet anbieten. Einen Makler braucht er (B) neue Wohnung in Berlin gesucht haben dürften – auch hierfür nicht. (D) wenn es natürlich so war, dass wegen des Wahlergebnis- ses mehr von Ihnen aus Berlin weg- denn zugezogen Allein aufgrund dieser in den letzten Jahren stark zu- sind. nehmenden Anbahnung und Abwicklung von Vertrags- verhältnissen über das Internet besteht immer weniger Jedenfalls dürften Sie bei Ihrer Suche aber keine an- die Notwendigkeit, überhaupt einen Makler zu beauftra- deren Erfahrungen gemacht haben als ich. Entweder ha- gen. Es fallen also auch immer weniger Provisionen an. ben Sie ein extremes Kurzzeitgedächtnis, oder Sie blen- den Ihre Erinnerungen aus, weil Sie daraus politisches Auch schreiben Sie an anderer Stelle selbst, dass „die Kapital zu schlagen versuchen. Anbahnung des Vertrags … häufiger direkt über den Vermieter oder den Verwalter“ erfolgt. Das ist richtig. Nun mag die Situation am Wohnungsmarkt in ande- Sie nehmen das aber nicht zum Anlass, Ihren Antrag zu ren Regionen als Berlin anders sein. In den neuen Bun- überprüfen, sondern ignorieren diese Tatsache einfach. desländern ist es in der Tat zum Beispiel eher üblich, dass eine Provision verlangt wird; und es ist auch eher Das vermeintliche Problem, das Sie mit Ihrem Antrag üblich, dass der Mieter diese Provision alleine zahlen aufgreifen, ist also – wenn es überhaupt je eines war – in muss. Gänzlich anders ist es hingegen zum Beispiel in den letzen Jahren deutlich kleiner geworden und wird Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Dort ist zukünftig noch kleiner werden. Damit schwindet zu- es – soweit überhaupt eine Provision verlangt wird – gleich die Rechtfertigung für einen solch gravierenden vollkommen üblich, die Maklercourtage auf Mieter und staatlichen Eingriff, wie Sie ihn hier vorschlagen. Vermieter gleichmäßig aufzuteilen. Dort ist die Situation Ich bin wirklich niemand, der immer und alles dem also genau so, wie Sie es durch Ihren Antrag erreichen Markt zur Regelung überlassen will. Aber an dieser wollen. Einer gesetzlichen Regelung und eines staatli- Stelle funktioniert der Marktmechanismus von Angebot chen Eingriffes hat es hierzu nicht bedurft. und Nachfrage. Deswegen ist es ordnungspolitisch völ- Fest steht also: Die Situation bei Maklerprovisionen lig verfehlt, hier staatlich intervenieren zu wollen. für Mietwohnungen hat sich in Deutschland regional Meine Damen und Herren von der SPD, es kommt vollkommen unterschiedlich entwickelt und unterliegt noch eines hinzu: Ihr Antrag ist – selbst wenn man sein Veränderungen. Das schreiben Sie selbst in Ihrem An- ordnungspolitisch fragwürdiges Anliegen teilen würde – trag. kontraproduktiv. Denn er lässt völlig außer Acht, dass es Ist das aber nun ein Grund, diese Unterschiede durch nicht nur Außen-, sondern auch Innenprovisionen gibt. ein Gesetz und damit durch staatlichen Zwang aufzuhe- Von einer Innenprovision spricht man, wenn der Vermie- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7363

(A) ter zwar einen Makler beauftragt, die Provision aber nur der hereinzuholen. Das belastet aber – und diesmal dau- (C) im Innenverhältnis, nämlich zwischen Vermieter und erhaft – den Mieter. Makler, anfällt. Ein Mieter mag insofern tatsächlich mit einem Makler verhandeln, wird davon aber finanziell gar Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen von nicht belastet, weil der Vermieter die Provision zahlen der SPD, ich erwarte normalerweise eigentlich kein Ver- muss. Das kommt auch gar nicht so selten vor. Denn ge- ständnis von Ihnen; aber angesichts dieses Antrags, der rade in Wohnungsmärkten, die durch ein großes Angebot inhaltlich inkonsistent ist, der nicht zu Ende gedacht ist gekennzeichnet sind, ist es für den Vermieter ein klarer und der ordnungspolitisch völlig verfehlt ist, muss ich Wettbewerbsvorteil, keine Provision zu nehmen, wenn Sie dann doch um Verständnis bitten, dass die Union die- er seine Wohnung schnell wieder belegt haben möchte. sem Antrag beim besten Willen nicht folgen kann. Tatsächlich überlegen es sich viele Vermieter daher sehr genau, ob sie überhaupt einen Makler einschalten und, Christine Lambrecht (SPD): Ich bin im Vorfeld der wenn ja, ob sie nicht lieber selber die Courtage entrich- ersten Lesung unseres Antrags zur gerechten Verteilung ten. der Maklerkosten mehrfach darauf angesprochen wor- Wenn Sie also davon sprechen, dass es für den Ver- den, warum wir diesen Antrag gerade jetzt stellen. Ich mieter „keine Hemmschwelle“ gebe, einen Makler zu könnte hämisch antworten, dass wir die derzeit von der beauftragen, weil die Kosten dafür ja ohnehin der Mieter Bundesregierung mit Blick auf die Mieter geplanten Be- zu tragen habe, geht das nicht nur an den Realitäten vor- lastungen im Rahmen der Modernisierungskosten mit bei, sondern beweist auch – zurückhaltend formuliert – dieser Initiative abfedern wollen. Der Deutsche Mieter- nicht gerade ökonomischen Sachverstand. Denn was bund mutmaßte schon, das aktuelle Motto der Bundesre- würden Sie mit Ihrem Antrag erreichen, die Kosten für gierung in der Mietpolitik laute „Streichen und Ver- Provisionen verbindlich auf Mieter und Vermieter aufzu- schlechtern“. Doch dazu zu einem anderen Zeitpunkt teilen? Sie erreichen, dass auch diese Innenprovisionen mehr. Unser heutiger Antrag ist die Reaktion auf eine zukünftig geteilt werden müssen oder dass nur noch Au- bedenkliche Entwicklung des Mietwohnungsmarktes in ßenprovisionen abgeschlossen werden, damit wenigs- großen Städten und Universitätsstädten. tens die Hälfte der Mieter zahlt. Im Ergebnis würden Sie den Mieter also sogar schlechterstellen. Das zeigt nur Nach Auskunft des Deutschen Mieterbundes ist in allzu deutlich, dass Sie Ihren Entwurf ganz offensicht- den genannten Bereichen ein steigendes Defizit an Miet- lich nicht bis zum Ende gedacht haben. wohnungen zu verzeichnen, und dies bei ansteigender Nachfrage. Man muss keine Statistik bemühen, um zu Bislang haben wir überwiegend von Mietern und Ver- wissen, dass, je ungünstiger das Verhältnis von Angebot mietern gesprochen. Aber ihr Entwurf will ja auch das (B) und Nachfrage bei Mietwohnungen ist, desto eher ein (D) Verhältnis von Käufern und Verkäufern von Wohnimmo- Makler in die Vermittlung der Mietwohnung eingebun- bilien reglementieren. Hier wird es nun ganz absurd. Je- den wird. Das ist ein einfaches Marktprinzip, das keiner der Verkäufer will einen bestimmten Preis für sein Ver- Erläuterung bedarf. Ich bin sicher, jeder hier im Haus hat kaufsobjekt erzielen. Jeder Käufer ist bereit, einen diese Erfahrung bereits einmal gemacht, spätestens bei bestimmten Betrag auszugeben. Wenn Sie nun den Ver- der Suche einer Wohnung in Berlin. Weshalb sollten käufer gesetzlich zwingen, die Hälfte der Provision zu Vermieter bzw. Wohnungsverwaltungen auch auf die zahlen, kann man sich doch an drei Fingern abzählen, Dienste des Maklers verzichten? Schließlich bedeutet was als Nächstes passiert. Selbstverständlich wird die die Einschaltung des Maklers aus ihrer Sicht in der Re- vom Verkäufer zu tragende Provision schlicht auf den Kaufpreis umgelegt. Zumindest würde jeder wirtschaft- gel doch lediglich eine Arbeitserleichterung. Sie müssen lich denkende Mensch so handeln. Eine wirkliche Ent- sich weder mit der Inserierung der Wohnung in Zeitung lastung ist das für den Käufer also keineswegs. Im Ge- oder Internet befassen, noch die Wohnungsbesichtigung genteil, im Ergebnis hätte das für alle Beteiligten eine mit Mietinteressenten durchführen, noch sich anschlie- Kostenerhöhung zur Folge. ßend mit Gehaltsnachweisen, Mietschuldenfreiheitsbe- stätigungen und Schufa-Auskünften befassen. Der Einzige, der sich darüber freuen dürfte, ist der Makler, weil er bei einem höheren Kaufpreis dann eine Um Ihnen das Ausmaß der Inanspruchnahme zu ver- höhere Provision verdient. Ihr Antrag wird aber sicher- deutlichen, möchte ich ein paar Zahlen nennen. Derzeit lich auch bei den Notaren auf Zustimmung stoßen. Denn haben wir in Deutschland circa 22 bis 23 Millionen Miet- diese profitieren wegen der dann höheren Gebühren verhältnisse bei einer Umzugsquote von 11 Prozent. An- ebenfalls von einem höheren Kaufpreis. gesichts steigender Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt in puncto Flexibilität wird sich diese Quote tendenziell Aber mal ehrlich: Wollen Sie tatsächlich den Maklern eher erhöhen als sinken. Das heißt, wir verzeichnen pro und Notaren zu einer Einnahmeverbesserung auf Kosten Jahr circa 2,3 bis 2,5 Millionen Neuvermietungen. Nach der Käufer verhelfen? Da ich mir das nicht wirklich vor- sehr vorsichtigen Schätzungen wird bei der Vermietung stellen kann, scheint sich auch hier wieder zu bestätigen, jeder zweiten Wohnung mittlerweile ein Makler einge- dass Sie nicht bis zum Ende gedacht haben. schaltet. Dies bedeutet, dass über 1 Million Mietverträge Bei der Miete verhält es sich im Übrigen im Kern über Makler vermittelt werden. Die 50-prozentige Quote auch nicht viel anders. Auch hier wird es bei marktratio- bildet natürlich nur den Bundesdurchschnitt ab. Wie be- nalem Verhalten zu einer Erhöhung der verlangten Miete reits dargestellt, ist die Quote in großen Städten und Uni- kommen, um die Hälfte der Provision über die Zeit wie- versitätsstädten wesentlich höher. 7364 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Und wer trägt die Kosten? Derjenige, der auf die im Internet schalten, ohne überhaupt mit dem Eigentü- (C) Dienstleistung des Maklers sicher gerne verzichtet hätte, mer Kontakt aufzunehmen. Solche Verstöße stehen nämlich der Mieter. selbstverständlich unter Bußgeldsanktion und lösen kei- nen Provisionsanspruch aus. Diese Kostentragungspflicht des Mieters, die ange- sichts der Beauftragung durch den Vermieter als unge- Die Forderung der SPD-Fraktion lässt aber insgesamt recht empfunden wird, ist wie folgt begründet. § 652 des den falschen Eindruck entstehen, dass Mieter bzw. Käu- Bürgerlichen Gesetzbuchs regelt zwar die Voraussetzun- fer stets rechtelos und dem vermeintlich bösen Makler gen, unter denen ein Makler die sogenannte Maklercour- ausgeliefert seien. tage verlangen kann. Das Zustandekommen des Makler- vertrags mit dem Mieter wird von der Rechtsprechung Dabei gibt es Sonderbestimmungen nach dem Gesetz jedoch regelmäßig dann angenommen, wenn der Interes- zur Regelung der Wohnungsvermittlung, die zahlreiche sent einen vom Makler vermittelten Besichtigungstermin Abweichungen vom BGB-Maklerrecht durch zwingende in Kenntnis des Provisionsverlangens wahrnimmt. Für Rechtsnormen zugunsten des Maklerkunden beinhalten. den Käufer von Wohneigentum gilt übrigens Entspre- Das Gesetz bezweckt allgemein, die Wohnungsuchenden chendes. vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen zu schützen, die sich häufig aus missbräuchlichen Vertrags- Die dadurch nebenher für den Mieter entstehenden gestaltungen oder unlauteren Geschäftsmethoden für sie Kosten sind enorm, darf der Makler doch bei erfolgrei- ergeben. Ein angemessener Ausgleich besteht beispiels- cher Vermittlung einer Mietwohnung gemäß § 3 Wohn- weise darin, dass der Immobilienmakler keinen Provisi- raumvermittlungsgesetz zwei Nettomieten zuzüglich onsanspruch hat, wenn ein Mietvertrag über dieselben Umsatzsteuer verlangen. Für eine durchschnittlich Wohnräume lediglich verlängert, fortgesetzt oder erneu- große, sagen wir vierköpfige, Familie mit einer Woh- ert oder wenn eine Option ausgeübt wird. Auch steht nungsgröße von 120 Quadratmetern in Berlin-Mitte be- dem Makler ein Anspruch nicht zu, wenn er Eigentümer, deutet dies Maklerkosten in Höhe von etwa 3 000 Euro, Verwalter, Mieter oder Vermieter ist und gleichzeitig als die neben den Kosten für Doppeltmieten, Umzugsunter- Wohnungsvermittler auftritt. Gleiches gilt, wenn der nehmen und den bei jedem Einzug erforderlichen Neu- Wohnungsvermittler mit dem Eigentümer, Verwalter anschaffungen anfallen. Das ist für die meisten kein Pap- oder Vermieter in irgendeiner Form rechtlich oder wirt- penstiel. Im Gegenteil, viele Mietwohnungsuchende schaftlich verbunden ist. haben größte Probleme damit, diese Kosten aufzubrin- Um den Besonderheiten bei der Anbahnung des Mak- gen. lervertrags angemessen Rechnung zu tragen, hat auch Da der Makler mehrheitlich vom Vermieter beauftragt die höchstrichterliche Rechtsprechung die allgemeinen (B) wird und seine Dienstleistung dem Vermieter zumindest Vertragsregeln um einen maklerspezifischen Rechtssatz (D) auch zugutekommt, ist es mehr als angebracht, Mieter ergänzt. Danach ist es Sache des Maklers, etwaige Un- und Vermieter gesetzlich zu gleichen Teilen an den da- klarheiten aufseiten des Interessenten aus dem Wege zu mit verbundenen Kosten zu beteiligen – eine Forderung, schaffen, was in der Regel nur durch ein ausdrückliches die vom Deutschen Mieterbund ausdrücklich begrüßt Provisionsverlangen hinreichend verlässlich geschehen wird. kann. Das reine Gefallenlassen oder die Entgegennahme Christian Ahrendt (FDP): Der Antrag der SPD- von wesentlichen Maklerdienstleistungen rechtfertigt Fraktion, einen Regelungsvorschlag dahin gehend zu nach diesen Rechtsgrundsätzen nicht in jedem Fall und formulieren, dass Vermieter und Mieter von Mietwoh- nicht ohne Weiteres die Annahme eines Vertragsab- nungen sowie Verkäufer und Käufer von Wohneigentum schlusses. Wer sich also an einen Makler wendet, der mit die Kosten des Maklers zu gleichen Teilen tragen müs- „Angeboten“ werbend im geschäftlichen Verkehr auf- sen, lehnt die FDP entschieden ab. Im Folgenden möchte tritt, erklärt damit noch nicht schlüssig seine Bereitschaft ich die Gründe erläutern, aber zunächst etwas Grund- zur Zahlung einer Maklerprovision für den Fall, dass ein sätzliches: Hauptvertrag über das angebotene Objekt zustande kommt. Der Immobilienmakler darf für die Wohnungsvermitt- lung vom Wohnungssuchenden eine Courtage fordern, Nach der Rechtsprechung des BGH darf der Interes- die maximal zwei Monatsmieten zuzüglich der gesetzli- sent nämlich, soweit ihm Gegenteiliges nicht bekannt ist, chen Umsatzsteuer beträgt. Die Höhe der Provision bei davon ausgehen, dass der Makler das Objekt von dem Kaufimmobilien ist hingegen gesetzlich nicht geregelt. Verkäufer an die Hand bekommen hat und deshalb mit In beiden Fällen ist demjenigen, der die Kosten am Ende der angetragenen Weitergabe von Informationen eine des Tages trägt, nicht genommen, nach besten Künsten Leistung für den Verkäufer erbringen will. Trifft das zu, die Höhe der Maklerprovision zu verhandeln. muss der Interessent die auf ihn abgewälzten Maklerkos- ten nicht tragen. In Deutschland gibt es etwa 15 000 Immobilienmak- ler, die nach Abschluss des Mietvertrages zu Recht ihre Doch wie ist überhaupt die tatsächliche Situation? Es Leistung vergütet bekommen wollen. Wie in vielen ist richtig, dass in einigen Bundesländern die Provision Dienstleistungsbranchen befinden sich leider auch unter hauptsächlich vom Mieter bzw. Käufer getragen wird. In den Immobilienmaklern schwarze Schafe, die die loka- Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, len Zeitungsannoncen lesen und dann eigene Annoncen Rheinland-Pfalz und Saarland wird hingegen meistens Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7365

(A) geteilt. In manchen Gebieten, wie in den neuen Bundes- um ein im Bürgerlichen Gesetzbuch übliches Privat- (C) ländern oder ländlichen Regionen, warten Vermieter rechtsverhältnis auf Augenhöhe. Monate, bis sie einen Besichtigungstermin vereinbaren können. Die Nachfrage ist dort so gering, dass die Mak- Um zu verhindern, dass die überlegene Position aus- lerleistung unentbehrlich ist und daher fast immer vom genutzt wird, fordern wir eine gesetzliche Regelung. Vermieter bezahlt wird. An dieser Situation kann man Dazu müsste das Gesetz zur Regelung der Wohnungs- sehr gut sehen, dass die Forderung der SPD-Fraktion vermittlung dahin gehend geändert werden, dass eine nicht zu Ende gedacht und unsinnig ist. In einigen Fällen Abwälzung von Maklerkosten auf den Vertragspartner, kann sie sogar dazu führen, dass der Mieter deutlich be- der gar keinen Makler bestellt hat, ausgeschlossen ist. nachteiligt wird. Hier würde die gesetzliche Regelung Denkbar wäre eine Regelung ähnlich des § 555 BGB, der die Vereinbarung einer Vertragsstrafe des Mieters im im Sinne der SPD bedeuten, dass eine Provisionspflicht Mietvertrag ausschließt. Damit könnte der sozialen für den Mieter festgeschrieben würde, obwohl der Ver- Schieflage entgegengewirkt werden, ohne die Staats- mieter gerade dazu bereit ist, die Maklerkosten zu tra- kasse um auch nur einen Cent zu belasten. gen. Bei zu geringer Nachfrage wird er nämlich nur so sein Objekt los. Der vorliegende Vorschlag der SPD lautet aber, dass Mieter bzw. Käufer und Vermieter bzw. Verkäufer die Was schließlich eine gesetzliche Verteilung der Mak- Kosten des Maklers zu gleichen Teilen tragen sollen. lerkosten verbietet, ist der Grundsatz der Vertragsfrei- Aber wozu? Weshalb wollen Sie die Mieter und Käufer heit. Dieses Prinzip erlaubt es nämlich, die Maklerkosten nicht ganz von dieser Last befreien? Warum, liebe Mit- auf den Mieter bzw. Käufer zu übertragen. Es ist jedem glieder der SPD-Fraktion, wollen Sie diese soziale freigestellt, ob und mit wem und zu welchen Bedingun- Schieflage abgemildert aufrechterhalten? gen er einen Vertrag eingehen will. Das gilt nur dann nicht, wenn ein gesetzliches Verbot besteht. Aus diesem Heißt es nicht in einem alten Sprichwort: „Wer die Prinzip wird die Privatautonomie hergeleitet, die für die Musik bestellt, bezahlt sie auch“? Meines Erachtens rechtliche Ausgestaltung der vertraglichen Schuldver- sollte man hier einmal genau hinsehen. Die Vorteile der hältnisse offensichtlich ist und verfassungsrechtlich un- Maklerbeauftragung genießt größtenteils der Vermieter ter dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit steht. oder Verkäufer, dem dadurch viel Arbeit wie die Schal- Das vertragliche Schuldrecht des BGB basiert in diesem tung von Anzeigen, Kontakt mit Interessenten, Besichti- Sinne auf der Idee, dass Vertragspartner ihren Leistungs- gungen oder Terminkoordination abgenommen wird. austausch selbst organisieren. Zusammenfassend kann die Vertragsfreiheit damit als das eigentlich leitende Aber welche Vorteile genießt der zukünftige Mieter oder Käufer? Er muss sich selbst im Internet oder in Zei- (B) Prinzip des vertraglichen Schuldrechts bezeichnet wer- (D) den und darf auf keinen Fall durch eine vermeintlich gut tungen einen Überblick über die Inserate verschaffen, gemeinte Mieter- bzw. Käuferschutzregel ausgehöhlt den Makler kontaktieren usw. Zu guter Letzt zahlt er für die Musik des Vermieters oder Verkäufers bei Abschluss werden. eines Miet- oder Kaufvertrages. Es gibt also sehr viele Gründe, weshalb der Antrag Auf der anderen Seite hat der Bundesgerichtshof in der SPD-Fraktion nicht zustimmungsfähig ist. seinem Urteil vom 16. Januar 2008 Mieter in ihre Schranken verwiesen, die eigenmächtig und ohne Rück- Jens Petermann (DIE LINKE): Der Antrag der SPD sprache mit dem Vermieter Reparaturen beauftragten. „Maklerkosten gerecht verteilen“ ist sicher ein Schritt in Übersetzt heißt das, wenn zum Beispiel ein Mieter die die richtige Richtung; aber weshalb sollen Mieter von Fliesen im Bad durch einen Fliesenleger erneuern lässt, Mietwohnungen oder Käufer von Wohnungseigentum ohne vorher seinen Vermieter oder die Hausverwaltung überhaupt irgendeinen Anteil an den Maklerkosten über- zu fragen, so hat er auch die Rechnung für seine „Mu- nehmen? Im Moment ist es so, dass der Vermieter oder sik“ selbst zu zahlen. Verkäufer einen Makler bestellt, der für sein Objekt ei- Deshalb sagt die Linke: Es darf nicht mit zweierlei nen Mieter oder Käufer finden soll. Zahlen muss das der Maß gemessen werden. Beauftragt ein Vermieter oder Mieter allein und im Falle eines Kaufs der Käufer antei- Verkäufer einen Makler, so soll er die Maklerprovision lig. Es ist nicht einzusehen, warum jemand für etwas be- zahlen. Sollte ein Miet- oder Kaufinteressent einen Mak- zahlt, was er nicht bestellt hat und was ihm nicht einmal ler beauftragen, für ihn eine Immobilie zu suchen, ist es einen Nutzen einbringt. nur gerecht, wenn er auch die Maklerprovision dafür Gerade in Großstädten wird die Situation der Woh- zahlt. nungsuchenden ausgenutzt, die oft gar keine Wahl haben und sich teilweise auf deutlich höhere Maklerprovisio- Daniela Wagner (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): In nen einlassen müssen, um überhaupt eine Wohnung zu den meisten regionalen Mietwohnungsmärkten in bekommen. Der Wohnungsuchende ist hier eindeutig in Deutschland ist die Vermittlung von Mietwohnungen per der schwächeren Position, sodass er eines besonderen Wohnungsmakler üblich. Die direkte Vermittlung über Schutzes bedarf. Die Verhandlungsmacht liegt bei knap- die Hausverwaltung oder Eigentümer findet in vielen re- pem Wohnraum eindeutig beim Vermieter, sodass man gionalen Mietwohnungsmärkten kaum noch statt. Die hier zwangsläufig von einem Über-/Unterordnungsver- Wohnungsinteressenten und potenziellen Mieter selbst hältnis sprechen muss. Es handelt sich also nicht mehr beauftragen eher selten einen Makler. Das Gros der Auf- 7366 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) träge für die Wohnungsmakler wird von den Eigentü- hende Regelung oft eine wirtschaftlich durchaus spür- (C) mern oder Hausverwaltungen bestellt. bare Hürde und eine extreme Belastung dar, und das gilt nicht nur für Leistungsträger unserer Gesellschaft. Das Besonders bei professionellen Hausverwaltungen ist ist falsch – auch vor dem Hintergrund, dass den Men- eine Vermietung der Wohnung auf dem Wohnungsmarkt schen heute ein hohes Maß an Mobilität und Umzugsbe- über Makler eigentlich nicht zwingend notwendig. In an- reitschaft abverlangt wird. gespannten Wohnungsmärkten führen geringer Leer- stand, minimale Neubautätigkeit im Mietwohnungssek- Es wäre daher sinnvoll, zu prüfen, ob die Einführung tor und hohe Nachfrage nach Mietwohnungen zu hohen des Bestellerprinzips in das Gesetz über die Vermittlung Mietpreisen, wie beispielsweise in einigen Städten und von Wohnraum eine Möglichkeit darstellen könnte, die Gemeinden des Rhein-Main-Gebiets oder im Großraum Mieter zu entlasten. München. Die Maklercourtage kommt dann noch als weiterer Preissteigerungsfaktor hinzu. Angesichts flexi- bilisierter Arbeitsverhältnisse und verkürzter Mietver- Anlage 12 hältnisse bedeutet eine hohe Maklercourtage faktisch eine zusätzliche Mieterhöhung durch die Hintertür. Zu Protokoll gegebene Reden Hinzu kommt, dass die Maklerprovision nicht an den zur Beratung des Antrags: Freie Wahlen in Leistungsaufwand des Maklers, sondern an den Wert der Birma fordern, die Menschenrechtslage verbes- Miete für die betreffende Wohnung gebunden ist. In Zu- sern und einen nationalen Dialog unterstützen sammenhang mit der freien Mietpreisfindung bei Wie- (Tagesordnungspunkt 21 dervermietung oder Anstieg der ortsüblichen Vergleichs- ) miete führt dies automatisch zu einem Anstieg der Maklerprovisionen – ohne irgendeine verbesserte Leis- Jürgen Klimke (CDU/CSU): Erstmals seit 20 Jahren tung vonseiten des Maklers. wird in Myanmar am 7. November 2010 in landesweiten Als einzige Vertragsparteien im Gesetz über die Woh- Wahlen ein Parlament gewählt. Alles deutet darauf hin, nungsvermittlung sind die Wohnungsvermittler und der dass die Wahlen weder frei noch fair sein werden. Der Wohnungsuchende genannt. Die dritte unabdingbare bisherige Verlauf des Wahlprozesses entspricht in keiner Vertragspartei, der Besitzer der Mietwohnung, fehlt im Weise den demokratischen Standards, wie wir sie erwar- Gesetz zur Regelung der Wohnungsvermittlung völlig. ten und kennen. Dieser hat aber den Hauptnutzen an den Tätigkeiten ei- Die Wahlen finden in einem Land statt – das möchte nes Maklers – Inserat, Besichtigung, Bonitätsprüfung ich gleich zum Anfang meiner Rede unumwunden klar- (B) und Vertragsabschluss – und einer schnellen Wiederver- stellen –, in dem die humanitären, menschenrechtlichen (D) mietung. und demokratischen Grundlagen von einer fremden- Der Beruf des Immobilienmaklers ist weder ein ge- feindlichen Militärregierung seit Jahrzehnten mit Füßen schützter Begriff noch ein Ausbildungsberuf. Konkret getreten werden. Die Situation in Myanmar charakteri- bedeutet dies, dass alle dem Beruf des Immobilienmak- siert eine Militärdiktatur, die die grundlegenden Men- lers nachgehen können, die nach § 34 c der Gewerbeord- schenrechte vollständig missachtet, keinerlei Presse- und nung (GewO) eine Erlaubnis zur Ausübung dieses Beru- Meinungsfreiheit zulässt, Religionsfreiheit verhindert, fes bekommen. Drogenanbau ermöglicht und hohe HIV-Infektionsraten duldet. Das Regime hat seinen Kredit seit Jahrzehnten, Die Kosten für Maklerprovisionen bei der Vermitt- spätestens nach der Niederschlagung der versuchten lung von Mietwohnungen belaufen sich laut § 3 Abs. 2 friedlichen Revolution im September 2007, verspielt. Es Satz 1 des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermitt- hat das ehedem reichste Land Südostasiens wirtschaft- lung auf zwei Monatsnettomieten plus Umsatzsteuer. lich ruiniert. Es hat die Universitäten geschlossen, Par- Angesichts formal fehlender und kaum vorher feststell- teien und Gewerkschaften zerschlagen. Aus Angst vor barer Qualifikation der Mietwohnungsmakler muss die dem eigenen Volk hat es sich aus der ehemaligen Haupt- Frage erlaubt sein, ob diese zwei Monatsmieten wirklich stadt Rangun in das Landesinnere zurückgezogen, die eine berufsangemessene Vergütung darstellen. Die Mak- Armee bis an die Zähne bewaffnet, Tausende von Men- lerprovision bezahlt in der Regel nicht der Besteller, also schen in Gefängnisse geworfen und zur Zwangsarbeit in die Vermieter und Hausverwaltungen, sondern der Mie- Straßenbau und Steinbrüchen verurteilt. ter selbst. Auf dieser Grundlage, vor dem Hintergrund der kom- Da die Kostentragungspflicht beim Mieter liegt, be- menden Wahlen und der dramatischen Bilanz der Mili- steht für den Vermieter überhaupt keine Veranlassung, tärregierung, diskutieren wir einen SPD-Antrag, dessen auf einen Makler zu verzichten und die Wohnung selbst- Beschreibung zur Lage des Landes weitestgehend zu- ständig am Mietwohnungsmarkt anzubieten. Dies stellt treffend ist. Doch was die SPD-Kollegen aus ihrem mo- eine Externalisierung betriebswirtschaftlicher Kosten ralischen Lehnstuhl an Lösungen und Konzepten in die- zuungunsten Dritter, konkret der Mietwohnungsinteres- sem Antrag präsentieren, hält keiner realitätsnahen senten, dar. Das ist so nicht nachvollziehbar. Richtiger Debatte stand. Die wahren Chancen der Wahlen und die wäre: Wer bestellt, bezahlt. geschichtlichen sowie tagesaktuellen außenpolitischen Für Mietwohnungsinteressenten, die aus beruflichen Kenntnisse über Myanmar scheinen bei der SPD nicht zu Gründen häufiger umziehen müssen, stellt die beste- existieren. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7367

(A) Ein Beispiel aus Ihrem Antrag beschreibt diesen durch die Sanktionen war es dem Militär möglich, sich (C) Missstand besonders, behaupten Sie doch, dass die zur privilegierten Herrschaftsschicht zu entwickeln. Da- ASEAN ebenfalls oder weiterhin an einer strikten Nicht- her gehören die Sanktionen mittelfristig abgeschafft, und einmischungspolitik festhält. Ja, haben Sie die Debatte die westliche Gemeinschaft sollte endlich die Konzepte in den letzten Jahren überhaupt verfolgt? Wie können des Landes im Rahmen von Infrastruktur und wirtschaft- Sie ernsthaft in einem Antrag im Bundestag einen derar- licher Öffnung nachhaltiger anerkennen. tigen Unsinn verbreiten? Haben Sie nicht bemerkt, mit welcher deutlichen Sprache Länder wie Thailand, Indo- Es gibt keine realistische Alternative zu den Wahlen, nesien, Malaysia, die Philippinen oder Singapur Myan- wie sie jetzt von der SPDC vorbereitet wurden. Wir kön- mar massiv kritisieren und dies auch in der ASEAN the- nen uns entscheiden: Entweder wir arbeiten an dem win- matisieren? – Dies ist nur ein Beispiel aus diesem Antrag zigen Schritt der Öffnung mit, oder wir akzeptieren wei- und kein gutes Beispiel für die Asienkenntnisse der terhin 100 Prozent Militärdiktatur. Wollen Sie von der SPD. SPD das wirklich? Aus Ihrem Antrag jedenfalls kann ich nichts anderes herauslesen. Klar ist: Die Wahlen können Ich bin mir sehr sicher, dass ein solcher außenpoliti- einen Ausweg aus der politischen Stagnation und eine scher Antrag der SPD in der letzten Legislaturperiode allmähliche Transformation zu demokratischen Verhält- nicht möglich gewesen wäre; denn zu dieser Zeit gab es nissen einleiten, während ihr Scheitern die bestehende noch den ausgewiesenen Asienfachmann Detlef Situation fortsetzen oder gar verschlimmern würde, zum Dzembritzki in den Reihen der Sozialdemokraten, der Beispiel durch neue bewaffnete Auseinandersetzungen. diesen Antrag der Unwissenheit, formuliert von den der- zeitigen SPD-Außenpolitikern, sofort gestoppt hätte. Schauen wir in die Geschichte zurück: Eine Legiti- mierung einer dem Militär nahestehenden Regierung be- Die einseitigen Schlüsse und Forderungen, die Sie in deutet nicht zwangsläufig deren Verewigung. Wirt- Ihrem Antrag ziehen, widersprechen allen ausgewiese- schaftliche und soziale Fortschritte bringen Kräfte her- nen Asienkennern aus Wissenschaft, widersprechen der vor, die den derzeitigen engen politischen Rahmen in Myanmar zivilgesellschaftlich engagierten Böll-Stif- sprengen mögen. Selbst Thailand hat eine derartige tung, der Myanmar-Diaspora in Deutschland und sogar Phase der „disziplinierten Demokratie“ mit Erfolg Ihrer eigenen Friedrich-Ebert-Stiftung. Gerade Ihre Stif- durchlebt, nämlich während der Phase der „politischen tung kommt nämlich in ihrer jüngsten Studie zu dem Offensive“ unter General Prem 1981 bis 1988. Schluss, dass diese Wahlen ein entscheidender Fort- schritt für das Land sein können. Ihr Antrag gehört noch Eine Neubestimmung des Verhältnisses zu Daw Aung einmal komplett überarbeitet. Es ist nicht zielführend, San Suu Kyi ist überfällig. Die beste Lösung wäre, wenn sie bewogen werden könnte, mit der gewählten Regie- (B) ihn als Grundlage unserer heutigen Debatte anzusehen. (D) Es ist doch viel wichtiger – und dafür steht die Unions- rung zu kooperieren, statt um die Macht zu konkurrieren. fraktion –, dass mit den Mitteln der Diplomatie weitere Aus persönlichen Gesprächen weiß ich, dass sie diesen Schritte für eine Öffnung des Landes vorgenommen Schritt ins Auge fassen wird; denn eine Fortsetzung des werden. konfrontativen Kurses als Antiregierungsopposition ohne konstruktives Programm würde Spaltungen fördern Zurzeit werden große internationale und nationale Er- und die nationale und auch internationale Spannung tor- wartungen um den Umgang und Ausgang der Wahlen pedieren. gehegt. Viel ausschlaggebender ist für mich die Zeit nach den Wahlen. Die Umsetzung des Wahlgesetzes ist Wir müssen der neuen Regierung in Myanmar auch entscheidend für eine weitere Öffnung des Landes. Des- zeigen, dass wir den Einfluss der VR China an den Gren- halb plane ich Anfang Januar eine Reise nach Myanmar, zen Myanmars gemeinsam eindämmen können; so kann um mich über die Umsetzung zu informieren. weiteres Vertrauen entstehen. Meine Leitfrage für die Zukunft Myanmars ist, ob Die ethnischen Minderheiten müssen in dem neuen Chancen auf einen politischen Wandel im Zusammen- politischen System Myanmars endlich integriert werden. hang mit diesen Wahlen bestehen oder nicht? Ich möchte Ungefähr zwei Drittel der an den Wahlen teilnehmenden an dieser Stelle ausdrücklich optimistisch sein, da ich bei Parteien vertreten ethnische Minderheiten. Dies ist eine meinen Besuchen in dem Land immer wieder spüre, dass Chance. Ich hoffe, dass die Minderheiten auf der Grund- es viel Ansatzpunkte der Weiterentwicklung außerhalb lage der Verfassung größere Eigenständigkeit erhalten aller alten politischen Eliten, gibt. werden. Im Besonderen weise ich auf die Kompromiss- vorschläge der derzeitigen Militärs hin, dass die bisheri- Genauso wie die Böll-Stiftung sehe ich eine wach- gen ethnisch dominierten Waffenstillstandstruppen sich sende Zivilgesellschaft aus Künstlern, Filmemachern, in Grenzmilizen umorganisieren. Diese würden halb Autoren und Wissenschaftlern, die die Gesellschaft von dem Militär unterstellt, deren Autonomie aber in hinrei- unten neu positionieren wollen. Die Wahlen sind eine chender Weise gewahrt. Dies könnte ein weiteres Kon- Chance, diesen Menschen ein größeres Gewicht zu ver- zept sein, Vertrauen aufzubauen. leihen. Die Wahlen werden die Chance eröffnen, die Ein- Den Sanktionen wird mittlerweile in der internationa- Mann-Herrschaft des General Than Shwe aufzulösen. len Debatte eine Teilschuld eingeräumt. Die 20-jährige Zwar wird er nach den Wahlen immer noch der mäch- Politik der Ausgrenzung und des Drucks hatten die fakti- tigste Mann sein; jedoch verlagert die neue Verfassung sche Verfestigung des Militärregimes zur Folge. Nur selbst im Rahmen der Militärs die Macht auf verschie- 7368 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) dene Institutionen und Individuen. Die neue Machtbi- Wir können also schon vor der Wahl sagen: Demokra- (C) lanz zwischen Militär und Präsident kann sich positiv tisch wird diese nicht. Auch nicht ansatzweise fair. Hof- auf weitere Schritte hin zu einer Demokratie auswirken. fen müssen wir, dass sie nicht auch noch mit Gewaltan- Dies und der Übergang zu einem Mehrparteiensystem wendung einhergehen. eröffnen die Chance, dass das System weniger monoli- thisch sein wird als bisher. Der Bundestag hat sich schon häufiger mit der politi- schen und menschenrechtlichen Situation in diesem Ich könnte an dieser Stelle noch viele weitere vertrau- Land beschäftigt. Deutschland hat auch Hilfe nach dem ensbildende Maßnahmen erwähnen, die die Chancen Tsunami 2004 und dem ebenfalls verheerenden Zyklon dieser Wahlen verdeutlichen. Klar ist: Die „Kultur des Nargis 2008 geleistet. Leider kam die Hilfe damals nur Autokratismus“ wird in Myanmar vorbei sein. Die für sehr zögerlich – wenn überhaupt – bei den Bedürftigen uns manchmal zu langsame Gestaltung hin zu einer „Art an, weil die Junta die Auslieferung und Verteilung ver- von Demokratie“ geht weiter. Die SPD wird diesem An- hindert hat. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass die Junta spruch in ihrem Antrag nicht gerecht, und daher lehnen nur in ihrem eigenen Interesse und nicht im Interesse der wir diesen ab. Birmanen handelt. Das erkennen wir auch an der ver- breiteten Armut, an dem Hunger und der schlechten Bil- Angelika Graf (Rosenheim) (SPD): Heute vor genau dungssituation. einer Woche hat Birma von seiner Militärjunta eine neue Im letzten Jahr hat mich ein engagierter Bürger mei- Fahne bekommen. Drei Streifen: Oben ist sie gelb, in der nes Wahlkreises, ein Künstler und Veranstalter von Aus- Mitte grün und unten rot. Im Zentrum der Fahne befindet stellungen, um Hilfe bei der Finanzierung einer Ausstel- sich ein weißer Stern. Nach der neuen Verfassung, wel- lung von birmanischen Künstlern in Deutschland che mit den Wahlen am 7. November in Kraft treten soll, gebeten. Die Ausstellung wurde schließlich ein Erfolg, sollten diese Farben für Solidarität, Frieden, Ruhe, Mut und das Auswärtige Amt war dabei sehr hilfreich. Aber und Entschlossenheit stehen. es war ein Kreuz. Vor allem, weil ich selbst hier in Hoffnung dürfen wir darauf für Birma wohl dennoch Deutschland auf meine Wortwahl bei der Eröffnung der nicht haben, und das, obwohl die Birmanen am Ausstellung achten musste. Ich habe an Kritik nicht ge- 7. November erstmals seit 20 Jahren wieder nationale spart, doch hätte ich sie zu konfrontativ geäußert, hätte und regionale Parlamente wählen dürfen. ich sowohl die unter Schwierigkeiten eingereisten bir- manische Künstler und Künstlerinnen als auch ihre An- Seit den letzten Wahlen 1990 regiert die Militärjunta gehörigen in ernsthafte Gefahr für Leib und Leben ge- gegen den Willen der burmesischen Bevölkerung. Da- bracht. mals hatte die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi (B) der Partei „National League for Democracy“, NLD, die Der birmanische Komiker Zarganar, der aufgrund (D) Wahlen mit überwältigender Mehrheit gewonnen; nun des internationalen Erfolgs seiner politischen Witze steht die Oppositionsführerin und Friedensnobelpreisträ- eine 35-jährige Haftstrafe zu verbüßen hat, bringt das gerin von den letzten 20 Jahren bereits 15 Jahre unter folgendermaßen auf den Punkt: „Ein Birmaner reist nach ständigem Hausarrest. Ihre Partei wurde kürzlich Indien, um zum Zahnarzt zu gehen. Der fragt: ,Hey, ihr zwangsaufgelöst, weil sie sich weigerte, für die Zulas- habt Zahnärzte in eurem Land. Warum kommst du nach sung zur Wahl Suu Kyi aus der Partei auszuschließen. Indien?‘ Da entgegnet der Birmane: ,Bei uns darf ich das Maul nicht aufmachen.‘“ Die aktuellen Wahlgesetze erlauben der Militärjunta umfassende Kontrolle über die Wahlen und dementspre- Die Birmanen werden neben der Meinungsfreiheit chend über ihren Ausgang. Trotz der insgesamt 37 antre- auch der elementarsten Menschenrechte beraubt. Viele tenden Parteien ist die von der Junta unterstützte Partei der ethnischen Gruppen in diesem Vielvölkerstaat, wie „Union für Solidarität und Entwicklung“ als einzige in die Karen, Shan, Kokang und Rohingya, welche sich fast allen Wahlkreisen vertreten. Viele der anderen nicht in das Junta-System drängen lassen wollen, werden 36 Parteien wurden zudem von der Junta selbst gegrün- terrorisiert, angegriffen, ins Ausland vertrieben und ihre det – augenscheinlich um den Anschein eines Mehrpar- Kinder werden zwangsweise für die Armee rekrutiert! teiensystems zu erwecken. Die verschiedenen Militärjuntas kontrollieren und terro- risieren die gewaltgebeutelte Bevölkerung seit mehr als Das sind nicht die einzigen Kritikpunkte. Hinzu 50 Jahren, und Aussicht auf Besserung ist nicht in Sicht. kommt, dass 25 Prozent der Sitze vorab für Angehörige des Militärs reserviert sind. Und dass buddhistische Die starken Nachbarländer Birmas, Indien und China, Mönche sowie 2 200 politische Gefangene von der Wahl lassen trotz der ökonomischen Verflechtungen die Mög- ausgeschlossen sind. Außerdem soll die Wahlkommis- lichkeit auf politische Einflussnahme ungenutzt. Peking sion die Wahl in 3 000 von verschiedenen ethnischen hat sogar vor der Einmischung des Westens in die souve- Gruppen bewohnten Dörfern abgesagt haben. ränen Angelegenheiten Birmas gewarnt. Auch die ASEAN-Gemeinschaft lässt Birmas Junta gewähren. Bedauerlicherweise und trotz der Angebote und Auf- Häufig – so scheint es – weil die Militärjunta zumindest rufe des UN-Generalsekretärs Ban Ki-moon, internatio- die politische Stabilität bietet, weiter birmanische Bo- nale Wahlbeobachter zuzulassen und die Oppositions- denschätze wie Jade und andere Edelsteine zu fördern. führerin nicht von der Wahl auszuschließen, zeigt sich der Juntachef Than Shwe wie gewohnt abweisend. Nicht Wir Abgeordneten von der SPD-Bundestagsfraktion einmal Journalisten ist die Einreise zur Wahl gestattet. halten es für unabdingbar, dass der Empfehlung von UN- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7369

(A) Sonderberichterstatter Tomas Ojea Quintana in seinem ten, die Möglichkeit, wieder am öffentlichen und politi- (C) Fortschrittsbericht über die Menschenrechtslage in schen Leben in Birma teilzunehmen. Erstmals wurde Birma Folge geleistet wird und die Vereinten Nationen wieder die Möglichkeit geschaffen, neue Parteien zu bil- eine Kommission zur Untersuchung der Verbrechen in den. 37 neu registrierte Parteien treten bei der Wahl an. Birma einsetzen. Meine Damen und Herren von der Opposition, Ihnen muss klar sein, dass nach der Wahl einige neue Parla- In unserem Antrag fordern wir daneben die Bundesre- mentsmitglieder Minderheiten angehören werden. gierung auf, auf internationaler Ebene auf freie und faire Auch das ist ein Fortschritt. Verteufeln wir also bitte Wahlen zu drängen sowie Aung San Suu Kyi und die nicht – wie in Ihrem Antrag geschehen – die komplette weiteren politischen Gefangenen freizulassen. In diesem Wahl. Wir sollten diese Entwicklungen nicht ganz außen Sinne bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. vor lassen. Aber natürlich müssen wir weiter auf freie Wahlen drängen, weiter die Lage der Menschenrechte Dr. Bijan Djir-Sarai (FDP): Die Situation in Birma anprangern, und weiter den Dialog mit der Regierung in ist politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich immer Birma suchen, auch wenn die bisherigen Erfahrungen noch angespannt. Die Bevölkerung ist völlig verarmt, mit dem birmanischen Regime weiter zur Vorsicht mah- das Land wirtschaftlich und moralisch ruiniert. Man nen. muss kein Intellektueller sein, um das sehen zu können. Ist man aber ein Intellektueller in Birma, so bekommt In dem Antrag, der hier zur Debatte steht, finde ich man für die intelligente humoristische Aufarbeitung der viele Forderungen, die sich hervorragend anhören. Real- Situation schnell die volle Härte der Regierung zu spü- politisch können sie nicht gestellt werden, weil auf der ren. So geht es derzeit dem birmanischen Intellektuellen, Gegenseite kein Ansprechpartner ist, der uns zuhört; Künstler und Komiker Zarganar. Er hat es gewagt, sich denn bisher existiert keine Dialogbasis, auf deren mit dem eigenen Land kritisch auseinanderzusetzen. Die Grundlage wir dann als anerkannte und gehörte Ge- Folge: Man landet für viele Jahre im Gefängnis, natür- sprächspartner die Menschenrechtslage anprangern kön- lich ohne Prozess. nen. Komisch ist diese Realität nicht. Dies ist nur ein Bei- In diesem Antrag finde ich aber auch Forderungen, die spiel, das aufzeigt, dass die Menschenrechtslage in nahelegen, die Bundesregierung kümmere sich nicht um Birma weiterhin düster ist. Nun wird es zum ersten Mal die Wahlbeobachtung. Solche Forderungen halte ich nicht seit 20 Jahren am 7. November wieder Wahlen geben. für sinnvoll. Ich kann Ihnen versprechen: Die Bundesre- Dies ist ein wichtiger und willkommener erster Schritt gierung wird auch weiterhin Wahlbeobachtermissionen hin zu mehr Reformen und mehr Demokratie. Dieser nicht torpedieren. (B) Schritt ist jedoch bei weitem nicht ausreichend; denn Nicht zuletzt finde ich in diesem Antrag Forderungen, (D) neue unfaire Wahlgesetze und Maßnahmen schränken die in ihrer Schwammigkeit nicht aufzeigen, welche Ta- wiederum die Reformfähigkeit des Landes ein. Daher ten wir eigentlich erwarten. Was bedeuten denn für Sie, finde ich es absolut zu begrüßen, dass die SPD hier einen liebe Antragsteller, „nachhaltige Autonomieregelun- Antrag zu diesem Thema einbringt, dem ich von der In- gen“? Das kann für mich zu weitreichend sein. Die Zer- tention her gerne zustimme. splitterung des Landes wollen wir auf keinen Fall voran- treiben. Ja, es ist enttäuschend, dass ein Viertel der Parla- mentssitze und Schlüsselfunktionen in der Regierung be- Ja, was die Menschen in Birma, die seit Jahrzehnten reits vergeben ist. Hier sichert sich das Militärregime unter der brutalen Militärdiktatur leiden, brauchen, sind schon im vorhinein eine ungeheure Machtfülle. Das ist Taten. Die Militärregierung wird sich nicht eines Tages mit unserem Anspruch an freie und faire Wahlen nicht in Wohlgefallen auflösen; da haben Sie völlig recht. vereinbar. Ja, wir verurteilen den Schachzug der Regie- Aber über allen Maßnahmen muss der Grundsatz stehen: rung, durch neue Wahlgesetze die Opposition zu spalten. Was auch immer unternommen wird, muss gemein- Oppositionsmitglieder nicht zu den Wahlen zuzulassen, schaftlich angegangen werden. Die EU muss gemeinsam weil sie schon eine Gefängnisstrafe des Regimes abge- handeln und mit einer Stimme sprechen. Diesen Ansatz büßt haben, ist ein Beispiel dafür. Das neue Parteienge- vermisse ich in Ihrem Antrag leider. Die Einbindung in setz ist schon so zugeschnitten, dass die größte demokra- den Kontext der europäischen Staatengemeinschaft fehlt tische Oppositionspartei NLD gezielt verhindert wird. fast komplett. Es existiert bereits eine gemeinsame EU- Ja, wir sind tief besorgt darüber, dass die Einbindung Strategie. Es existiert auch eine Liste mit Sanktionen ethnischer Minderheiten gerade durch die neu vorgese- dem Land gegenüber – ganz konkreten Maßnahmen, Ta- henen Regionalparlamente nicht funktioniert, da wesent- ten. liche Gruppen durch die Wahlkommission ausgegrenzt werden. Nach dieser Wahl müssen wir uns darüber Gedanken machen, müssen wir ganz realpolitisch schauen, wie wir Dennoch sehen wir als FDP diese Wahl als eine zum Beispiel mit den neu gewählten Parlamentsmitglie- Schwelle zu einer neuen politischen Etappe. Die Einbe- dern verfahren. Das werden keine einfachen Fragestel- rufung eines nationalen Parlamentes und das Inkrafttre- lungen sein, die wir international gemeinsam angehen ten der Verfassung von 2008 kann einen Fortschritt be- müssen, und das werden wir mit großer Verantwortung deuten. Solange der Wahlausgang nicht erneut von den tun. Wir dürfen die Menschen in Birma, die sich unter Militärführern ignoriert wird, kann diese Wahl für die größter Lebensgefahr für Freiheit und Demokratie, für demokratische Opposition eine neue Möglichkeit bedeu- bessere Lebensbedingungen und die Beachtung ihrer ei- 7370 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) genen Menschenrechte eingesetzt haben, nicht im Stich Birmas eigene wirtschaftliche und geostrategische Inte- (C) lassen. ressen. Ich sage Ihnen: Dies ist nicht der richtige Weg, um Demokratie und Menschenrechte zu fördern. Und Wir müssen weiterhin den ASEAN-Staaten gegen- wenn wir ehrlich sind, sind Deutschland und die EU über verdeutlichen, dass wir mit der Einbindung Birmas kaum glaubwürdiger. Die Bundesregierung hat bei- in diese ASEAN-Gemeinschaft immer noch Hoffnung spielsweise Kasachstan bei seiner Kandidatur für den verbinden, Hoffnung, dass die ASEAN-Staaten nicht nur OSZE-Vorsitz unterstützt, trotz bekannter schwerer von der trügerischen Stabilität des Landes profitieren Menschenrechtsverletzungen und Folter in den staatli- wollen, Hoffnung, dass die Staaten der Region positiv auf einen Reformprozess in Birma einwirken. chen Gefängnissen. Wir als Bundesrepublik Deutschland müssen der Re- Abgesehen davon sind die Forderungen im Antrag gierung von Birma weiterhin deutlich machen, dass wir der SPD aber richtig. Wir unterstützen insbesondere ein zu einem wirklich bereit sind, nämlich das gesamte Land weltweites Waffenembargo gegen Birma sowie den An- auf dem Weg demokratischer und rechtsstaatlicher Re- satz, im Rahmen der ASEAN-Gruppe Verbesserungen formen zu unterstützen. Über 2 200 politische Gefan- zu erreichen. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu. Uns gene in Birma erleiden zurzeit unerträgliche Haftbedin- geht es darum, ein möglichst starkes Signal für die Men- gungen. Diesen Menschen müssen wir helfen – durch schenrechte in Birma auszusenden. eine strikte Politik, aber auch durch Dialog. Unsere Di- plomatie ist Friedenspolitik, und dieser Verantwortung Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stellen wir uns. NEN): Seit den 80er-Jahren habe ich in Verbänden und später als Europaabgeordneter die demokratische Oppo- Katrin Werner (DIE LINKE): Es besteht kein Zwei- sition in Birma unterstützt. In diesen vielen Jahren gab fel: In Birma herrscht eine der schlimmsten Militärdikta- es Zeichen der Hoffnung, wie den Wahlsieg von Aung turen weltweit. Schon jetzt steht fest, dass die bevorste- San Suu Kyi 1990, aber leider auch viele bittere Rück- henden Parlamentswahlen eine Farce sein werden. schläge. Auf die Unterdrückung der Wahlgewinner von Schließlich hat sich die Militärjunta ihre eigenen Wahl- 1990 haben wir Europäer mit Solidarität gegenüber der gesetze maßschneidern lassen. Anders als 1990 soll es demokratischen Opposition und Isolation und Sanktio- keinen Überraschungssieg der Opposition geben. Jegli- nen gegenüber der Militärjunta reagiert. Dieser Kurs war ches Anzeichen für zivilen Protest soll im Keim erstickt richtig. werden. Aber nach nun zwanzig Jahren, in denen sich wenig (B) Kritik ist nicht erwünscht, die Missstände aber blei- zum Besseren verändert hat, sollten wir unsere Strategie (D) ben – vom Militär erzwungene Friedhofsruhe hin oder überdenken – und, wie ich finde, auch modifizieren. Da- her! für spricht, dass die Opposition in Birma – wie ich in Das Militär hat Birma wirtschaftlich ruiniert und die vielen Gesprächen erfahren habe – mittlerweile eine politische Opposition, die Zivilgesellschaft und die Ge- Doppelstrategie fährt. Einige Oppositionsgruppen boy- werkschaften massiv unterdrückt. Die Angehörigen von kottieren die kommende Wahl, die weder frei noch fair ethnischen Minderheiten werden diskriminiert und mili- sein werden. Andere Oppositionsgruppen nehmen an tärisch bekämpft. Viele von ihnen versuchen, als Boots- den Wahlen teil, weil sie die kleinen Chancen zur Verän- flüchtlinge nach Thailand zu entkommen. derung nutzen wollen. Denn auch wenn die neue Verfas- sung und die Wahlen kein Zeichen für einen demokrati- Kritik an der Menschenrechtslage wird als Einmi- schen Wandel sind, wird sich das Regime zumindest schung von außen interpretiert. Selbst nach dem verhee- personell verändern. Daran lässt sich anknüpfen. renden Tsunami 2004 wurde jegliche humanitäre Hilfe abgelehnt. Die Abschottung von der Außenwelt war dem Damit wir uns nicht missverstehen: Die Lage in Regime wichtiger als das Überleben der eigenen Bevöl- Birma ist so katastrophal wie sie es seit vielen Jahren ist. kerung. Noch immer gibt es Tausende politische Gefangene. Stellvertretend für die menschenfeindliche Willkür Noch immer befindet sich die Friedensnobelpreisträge- steht das Schicksal der Trägerin des Friedensnobelprei- rin Aung San Suu Kyi in Hausarrest. Noch immer wird ses Suu Kyi. Sie befindet sich schon seit 2003, also seit die Reformbewegung der Mönche unterdrückt. Die Le- sieben Jahren, unter Hausarrest und gilt den Militärs of- bensbedingungen der Bevölkerung sind von bitterer Ar- fenbar dennoch als gefährlichster Mensch Birmas. mut geprägt. Die Rechte ethnischer Minderheiten wer- den systematisch gebrochen. Den Menschen in Birma muss dringend geholfen werden! Ich denke, allein schon die Tatsache, dass der Deshalb sage ich: Wir sollten unsere bisherige Strate- Bundestag über Birma diskutiert, setzt ein wichtiges Zei- gie modifizieren, nicht sie über den Haufen zu werfen. chen. Das reicht aber nicht. Die EU-Sanktionen müssen Die Forderungen nach einer Öffnung des Landes und beibehalten werden, genauso wie die ASEAN-Staaten- nach Freilassung der politischen Gefangengen und ins- gruppe mehr diplomatischen Druck ausüben muss. Die besondere von Aung San Suu Kyi müssen wir weiterhin SPD meint, dass auch einzelne Großmächte wie Indien, laut vortragen. Solange es hier kein Entgegenkommen China oder Russland Druck machen sollten. Allerdings des Regimes gibt, so lange müssen die Sanktionen der verfolgen die drei Länder als wichtigste Handelspartner EU in Kraft bleiben. Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7371

(A) Aber wir sollten uns bei der humanitären Hilfe und behauptet. Jetzt sind Passagierdaten und andere Maß- (C) der Entwicklungspolitik stärker engagieren. Nicht um nahmen wieder Ausgeburten des Obrigkeitsstaates, um dem Regime zu helfen, sondern den Menschen dort. die Bürger zu gängeln und zu kontrollieren, Maßnah- men, die wir in Wirklichkeit gar nicht brauchen. Es ist jedoch auch klar, dass die EU alleine in Birma wenig erreichen wird. Die Sanktionen bleiben ineffektiv, Es gibt in der Frage, ob und wie man Passagierdaten solange China diese nicht unterstützen. Das Verhalten speichern oder auswerten sollte, mehr als nur ein simples gegenüber dem Regime in Birma bleibt ein Schandfleck Ja oder Nein. Das Thema Terrorismusbekämpfung ist chinesischer Außenpolitik. Den Druck auf China, aber mir zu ernst, als dass ich es wie die Linke für politische auch auf die ASEAN-Staaten müssen wir aufrechterhal- Grabenkämpfe instrumentalisieren möchte. Deutsch- ten. Deshalb ist für mich klar: Ein Freihandelsabkom- land hat auch weiterhin eine hohe abstrakte Bedrohung. men mit der ASEAN sollten wir als EU nur unterzeich- Das gilt es zunächst, anzuerkennen. So haben unsere Si- nen, falls es spürbare Veränderungen in Birma gibt – cherheitsbehörden seit 2008 Reisen von 140 Deutschen oder Birma nicht in das Abkommen mit aufgenommen nach Pakistan registriert, die dort Terrorausbildungslager würde. besuchten. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass terroristische und kriminelle Netzwerke zunehmend in- Und leider bleibt es bei dem Skandal, dass die Bun- ternational, über Landesgrenzen hinweg agieren. Mobili- desregierung politischen Flüchtlingen aus Birma bei der tät spielt hier eine große Rolle, und Mobilität bedeutet Asylantragstellung möglichst viele Steine in den Weg auch die Nutzung von Flugzeugen – nicht nur, wenn es legt. Ich fordere Sie auf: Ändern Sie das! um Terrorismus geht, sondern auch bei Menschenhan- del, Schmuggel, Drogenkriminalität. An dieser interna- tional vernetzten Entwicklung muss sich auch unsere Si- Anlage 13 cherheitspolitik orientieren. Es gilt also, gemeinsam mit Zu Protokoll gegebene Reden unseren Partnern wirksame Lösungen zu finden, wie es in der Vergangenheit in vielen Bereichen schon gelungen zur Beratung des Antrags: Endgültiger Verzicht ist. auf transatlantische und europäische Flugpassa- gierdaten-Abkommen (Tagesordnungspunkt 16) Die Frage lautet deshalb, in welchen Bereichen und in welchem Umfang wir Passagierdaten im Sinne unserer Sicherheit nutzen können und müssen. Die Flugpassa- Armin Schuster (Weil am Rhein) (CDU/CSU): An- gierdaten – englisch abgekürzt: PNR – stammen von den fang dieses Jahres haben wir im Innenausschuss über ei- Fluggesellschaften und enthalten die Angaben, die der nen Anschlagsversuch auf eine Passagiermaschine nach Reisende gegenüber der Fluggesellschaft gemacht hat, (B) Detroit am ersten Weihnachtstag gesprochen, und wir (D) unter anderem Name, Geburtsdatum und Adresse, Ge- haben diskutiert, wie es sein kann, dass der Attentäter päck, Ausgangspunkt und Ziel der Reise, aber auch Zah- seinerzeit nicht erkannt wurde, obwohl die US-Behörden lungsdaten. Manche Gesellschaften fragen ihre Passa- vom Vater des Terrorverdächtigen vor Reiseantritt ge- giere aus Servicegründen auch nach ihren Ess- warnt wurden. Wir waren uns im Ausschuss seinerzeit gewohnheiten. Einige dieser Daten sind unter Sicher- alle einig, dass der sogenannte Detroit-Bomber in Ams- heitsgesichtspunkten relevant. Mit diesen gespeicherten terdam nicht hätte in dieses Flugzeug gelangen dürfen. Fluggastdaten kann man am Flughafen in Echtzeit eine Doch den Kontrollstellen auf dem Flughafen von Ams- Risikoanalyse durchführen. Damit sollen sowohl terro- terdam ging es nicht anders, als es zum Beispiel denen in ristische Anschläge als auch schwere Kriminalität ver- Frankfurt am Main ergangen wäre. Passagierdaten hatten hindert werden. Das heißt: Anhand der vorliegenden Da- wir nicht im Vorfeld, und Zugriff auf die relevante BKA- ten kommen wir am Flughafen computergestützt zu dem Datei für Terrorgefährder haben unsere Beamten an den Schluss, dass hier möglicherweise ein Terrorverdächti- Flughäfen ebenfalls nicht. Ich erinnere mich noch, dass ger fliegen möchte und deshalb besondere Sorgfalt bei auch Frau Jelpke von der Linken hierüber empört war. der Kontrolle notwendig ist. Mit dieser Information hätte Wir können nun herzlich darüber diskutieren, woran der Detroit-Attentäter einer wesentlich intensiveren Lei- es gelegen haben mag, dass ein Terrorverdächtiger, der besvisitation unterzogen werden können, und der mitge- den Behörden hätte bekannt sein müssen, ohne ver- führte Sprengstoff wäre mit an Sicherheit grenzender stärkte Kontrollen oder Überwachung ein Flugzeug be- Wahrscheinlichkeit identifiziert worden. Immer dann, steigen konnte. Mir fiele da manches ein, was zu verbes- wenn Sie selbst in einer Linienmaschine sitzen, werden sern wäre. Eines ist aber klar: Wenn wir pauschal und Sie froh darüber sein, wenn die Daten der Passagiere auf von vorneherein jedes Flugpassagierdaten-Abkommen diese Weise überprüft werden. Davon profitieren wir in ablehnen, wird das gerade nicht zu mehr Sicherheit bei- Deutschland und Europa gleichermaßen wie unsere Part- tragen und werden wir freiwillig auf die Chance verzich- ner zum Beispiel in den USA. ten, solche Attentatsversuche rechtzeitig zu verhindern. Wer pauschal jede Speicherung und Nutzung von Da- Umso bemerkenswerter finde ich daher den Antrag, ten ablehnt, wie es im vorliegenden Antrag der Fall ist den Sie heute hier vorlegen. Die Überprüfung von Passa- und wie die Linken das häufig tun – ich sage nur: gierdaten ist für die Linke offensichtlich nur dann akzep- SWIFT und Prüm-ähnliches Abkommen mit den USA –, tabel, wenn von der Bedrohung in allen Zeitungen zu le- der erweist unserer Sicherheit keinen Dienst. Und weil sen ist. Nach dem Motto: „Was interessiert mich mein uns hier Schwarz-weiß-Malerei nicht weiterbringt, müs- Geschwätz von gestern“ wird nun das genaue Gegenteil sen wir uns natürlich auch fragen, in welchem Rahmen 7372 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Fluggastdaten gespeichert und genutzt werden können. Der Austausch von Informationen ist eine wesentli- (C) Datensicherheit und besonders der Schutz von persönli- che Voraussetzung, um unseren Sicherheitsbehörden bei chen Daten spielen hier eine große Rolle. grenzüberschreitenden Aktivitäten von Terroristen und Kriminellen die Möglichkeit zu geben, Bedrohungen Aktuell findet ein Datenaustausch zwischen der EU rechtzeitig zu erkennen und abzuwehren, und zwar be- und den USA auf Grundlage eines vorläufigen Abkom- vor Schaden eintritt. In diesem Sinne möchte ich Sie mens statt. Flüge innerhalb der Europäischen Union dazu ermutigen, Ihr Schwarz-Weiß-Denken abzulegen. werden nicht erfasst. Die Bundesregierung hat diesem Wir brauchen eine Vernetzung von Fluggastdaten; aber Abkommen zugestimmt, um einen reibungslosen Flug- sie muss kontrolliert geschehen und darf nicht in Daten- verkehr mit den USA zu gewährleisten. Die EU-Daten- sammelwut ausufern. Dafür setzt sich die Bundesregie- schutzrichtlinien erlauben einen Datenaustausch mit so- rung ein. Nur so leisten wir einen Beitrag zu mehr Si- genannten Drittländern, also Ländern außerhalb der EU, cherheit und zum Schutz unserer Freiheit. nur dann, wenn ein Abkommen vorliegt, das Mindest- standards im Datenschutz gewährleistet. Im Übrigen ar- Wir lehnen Ihren Antrag ab. beitet die Europäische Kommission an verbindlichen Rahmenbedingungen für den Austausch von Fluggastda- Wolfgang Gunkel (SPD): Die Abkommen zu den ten. Hier sind auch die Deutschen gefragt, wenn es da- Flugpassagierdaten begleiten uns nun schon viele Jahre rum geht, bessere Datenschutzstandards anzumahnen. in der politischen Auseinandersetzung. Meine Meinung Genau das tun die Bundesregierung und der Innenminis- zu dem Thema hat sich nicht grundlegend geändert. ter. Nach wie vor halte ich wenig von dem anlassbezogenen Austausch von teilweise hochsensiblen persönlichen Da- Seitdem 2001 unter Rot-Grün begonnen wurde, Flug- ten. Sicher, es war in der vergangenen Wahlperiode nicht gastdaten zur Bekämpfung von Terrorismus und organi- immer einfach bis nahezu unmöglich, Datenschutzbe- sierter Kriminalität auszuwerten, hat sich gerade im Hin- denken nachhaltig anzubringen und das Recht auf infor- blick auf das Thema Datenschutz einiges getan. Ich bin mationelle Selbstbestimmung des Einzelnen wirklich überzeugt, dass wir auch in den weiteren Verhandlungen ernst zu nehmen. Koalitionszwänge lernt ja nun auch die zu sehr guten Datenschutzstandards kommen, die die ef- liberale FDP kennen. fektive Nutzung von Passagierdaten ermöglichen und damit zu unser aller Sicherheit beitragen. Dazu bedarf es Die Diskussionen um die Flugpassagierdaten und die verlässlicher Standards: Wir brauchen eine klare Zweck- entsprechenden Abkommen mit den Vereinigten Staaten bindung für Terrorismus und Schwerstkriminalität und von Amerika sind nur ein kleines Mosaiksteinchen in eine Einschränkung der zu übermittelnden Daten auf das dem Gefüge der Sicherheitsgesetze, die uns die Drohku- (B) notwenige Maß. Feste, begrenzte Speicherfristen sind lisse bevorstehender terroristischer Angriffe bescherte, (D) notwendig. Wir brauchen hohe Hürden, Kontrollen und eine Bedrohung, die im Übrigen auf einmal gar nicht eine verlässliche Aufsicht über die Nutzung der Daten. mehr so hoch ist, wenn die amerikanische Regierung Wir müssen über Transparenz für den Flugreisenden bei Reisewarnungen für Deutschland an ihre Bürgerinnen der Erhebung und Auswertung seiner Daten nachden- und Bürger herausgibt und wirtschaftliche Nachteile im ken. Es muss möglich sein, Rechtsmittel bei Verletzung Tourismusgewerbe zu befürchten sind. der Datenschutzrichtlinien einzulegen. Wir fordern au- Das Europäische Parlament hat eine endgültige Ab- ßerdem eine regelmäßige Überprüfung der Abkommen. stimmung zu den geplanten Abkommen vorerst verscho- Zuletzt muss auch klar und restriktiv festgeschrieben ben. Momentan wird eine Resolution abgestimmt, die in werden, unter welchen Bedingungen Daten an andere Si- der übernächsten Woche verabschiedet werden soll. Ein cherheitsbehörden weitergegeben werden. erstes Abkommen wurde wegen formeller Fehler vom Europäischen Gerichtshof 2006 für nichtig erklärt. 2007 Dass wir dabei natürlich die Rechtsprechung des wurde dann ein weiteres Abkommen zu Flugpassagier- Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen und uns sehr daten abgeschlossen, welches derzeit vorläufig ange- präzise an den Vorgaben aus Karlsruhe orientieren, ver- wendet wird. Dieses Abkommen aus dem Jahr 2007 steht sich von selbst. Ich möchte aber auch davor war- wies unter Datenschutzgesichtspunkten nicht unwesent- nen, den Eindruck zu erwecken, dass Deutschland die liche Verbesserungen zu seinem Vorgänger auf. Unter europäische Position in den Verhandlungen nach seinen anderem beinhaltet es einen bereichsspezifischen Daten- Wünschen definieren kann. Auch in dieser Hinsicht geht schutz, der in seinen wichtigsten Punkten die Zweckbin- der Antrag der Linken weit an der Realität vorbei. Wir dung der erfassten und übermittelten Daten garantiert. Europäer müssen aber so selbstbewusst sein, hohe Da- tenschutzstandards dafür einzufordern und die Speicher- Weder tragbar noch verantwortbar wäre es gewesen, dauer auf ein vernünftiges Maß zu beschränken. Außer- offene Bücher mit den kompletten Datensätzen der be- dem müssen wir der Sammelwut einen Riegel troffenen Bürgerinnen und Bürger zur unbeschränkten vorschieben und stattdessen intelligent mit den Daten Einsicht freizugeben. Momentan werden sensible Daten, umgehen. Dazu müssen sich Ermittlungsbehörden gut also personenbezogene Daten wie politische Meinungen, vernetzen und austauschen können. Es geht also nicht religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen, even- um die Menge der Daten; der Nutzen liegt vielmehr im tuelle Gewerkschaftszugehörigkeiten oder Daten über Umgang mit ihnen. So hat Deutschland auch in den Be- die Gesundheit oder das Sexualleben einer Person, nicht ratungen zurückhaltend agiert und einen Prüfvorbehalt gespeichert, sondern automatisch gelöscht. Nur in Aus- formuliert. nahmefällen, wenn das Leben von betroffenen Personen Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7373

(A) oder Dritten gefährdet oder ernsthaft beeinträchtigt wer- Der Antrag der Fraktion Die Linke ist an dieser Stelle, (C) den könnte, kann auf diese Daten zugegriffen werden. wenn er den generellen Verzicht auf solche Abkommen formuliert, nicht realistisch; denn ohne Abkommen gäbe Die festgelegte Dauer, für die die Daten gespeichert es auch keine rechtliche Verpflichtung der USA, gewisse werden, kann unter verschiedenen Gesichtspunkten be- Datenschutzstandards einzuhalten. Weniger Rechtsklar- trachtet werden. Prinzipiell erscheint auch mir die fest- heit wäre die Folge. Außerdem dürfen wir nicht ignorie- gesetzte Speicherdauer von 15 Jahren als sehr lang. Un- ren, dass sich die Fluggesellschaften geradezu verpflich- ter dem Blickwinkel, dass die Vereinigten Staaten tet fühlen, die Passagierdaten weiterzugeben, um nicht zunächst eine Dauer von 40 Jahren planten, kann man den Entzug der Landerechte zu riskieren. Dass kein EU- mit der Reduzierung um mehr als die Hälfte der Zeit je- Bürger mehr in die USA einreisen darf, wäre eine doch leben. ebenso unrealistische Folge, die sicher auch nicht von Doch damit komme ich auch schon zu einigen negati- der Fraktion Die Linke gewünscht ist. ven Aspekten. Tatsächlich erfolgt nur während der ers- Der Antrag der Fraktion Die Linke ist ein Signal in ten sieben Jahre der gerade beschriebenen Speicherdauer die richtige Richtung, die Persönlichkeitsrechte nicht im eine auswertungsfähige Speicherung. In den darauffol- Sicherheitswahn aus dem Auge zu verlieren. Er ist aber genden Jahren sind die Daten gewissermaßen archiviert überzogen. Die SPD-Bundestagsfraktion wird den An- und nur unter zusätzlichen Datenschutzvorkehrungen trag deshalb ablehnen. zugänglich. Warum die US-amerikanische Seite dennoch auf einer so langen Speicherzeit beharrt, macht mich stutzig. Jimmy Schulz (FDP): Seit dem 11. September 2001 sind eine Reihe von Maßnahmen im Kampf gegen den Die EU verhandelt derzeit mit den Vereinigten Staa- Terrorismus getroffen worden. Viele Maßnahmen bedeu- ten von Amerika über ein transatlantisches Datenschutz- teten dabei eine deutliche Einschränkung von Bürger- abkommen. Dabei wird – wenig überraschend – deut- rechten. Die Sammlung und der Austausch von Flug- lich, dass die unterschiedlichen Datenschutzniveaus in gastdaten, PNR, ist eine dieser Maßnahmen. Im Kampf Europa und den USA die Verhandlungen stark erschwe- gegen den Terrorismus ist für die FDP aber entschei- ren. Ebenso umstritten ist, ob es sich um ein Rahmenab- dend, dass die Bekämpfung des Terrorismus möglichst kommen handelt, das einen einheitlichen Datenschutz- effektiv und dabei unbedingt mit dem geringstmöglichen standard für alle, auch die bisher verabschiedeten Eingriff in die Bürgerechte verbunden ist. Abkommen, umfasst. Die EU fordert ein solches Rah- menabkommen, das sich auch auf die Abkommen zu den Die Sammlung und Weitergabe von Fluggastdaten be- Fluggastdaten erstrecken würde. Dies wäre auf alle Fälle trifft eine große Zahl von Personen und ihre persönli- (B) zu begrüßen; denn wenn es schon Datenaustausch geben chen Daten. Es handelt sich um einen erheblichen Ein- (D) soll, dann zu unseren und den europäischen Bedingun- griff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. gen. Eine Orientierung an den Datenschutzstandards der Wir haben uns deswegen sehr lange und eingehend mit USA wäre ein absoluter Rückschritt. PNR beschäftigt. Wir von der FDP haben uns immer sehr kritisch zu diesem Thema geäußert – zum Beispiel Für meine Fraktion, sowohl hier im Deutschen Bun- in unserem Antrag auf Drucksache 16/8115 –, insbeson- destag als auch im Europäischen Parlament, ist es demzu- dere bezüglich des USA-Abkommens, da die Daten- folge elementar wichtig, dass europäische Datenschutz- schutzstandards und die Rechtsschutzgarantien dieses standards beim Abschluss des Abkommens eingehalten Abkommens keineswegs akzeptabel sind. Aus diesem werden. Stichworte, die hier fallen müssen, sind Trans- Grund haben wir auch im Koalitionsvertrag vereinbart, parenz, Rechtsschutz sowie eine genaue und abschlie- dass das USA-Abkommen kein Maßstab für andere ßende Begrenzung nach Art und Umfang der zu übermit- mögliche Abkommen sein darf. Wie im Koalitionsver- telnden Daten, insbesondere bei der Weitergabe an trag vereinbart, setzen wir uns für ein höheres Daten- Dritte. Der Zweck der Datenübermittlung muss klar auf schutzniveau in den EU-Verhandlungen ein. die Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität beschränkt werden. Die Linke fordert in ihrem Antrag einen sofortigen Verzicht auf PNR insgesamt. Wir sehen aber endlich po- Das derzeit verhandelte Abkommen der Europäischen sitivere Bewegungen in der EU. Die Mitteilung der Union mit den Vereinigten Staaten von Amerika zum Kommission zu den Eckpunkten für die künftige Weiter- Datenschutz muss Grundlage aller weiteren transatlanti- entwicklung von PNR-Abkommen mit Drittstaaten ge- schen Abkommen sein. Wir brauchen ein Rahmenab- nügt im Großen und Ganzen unseren Anforderungen und kommen als Orientierung für alle weiteren Verträge. Al- stellt eine wesentliche Verbesserung zu den jetzigen Ab- les andere wäre bloß Stückwerk. Insofern fordert die kommen dar. Die liberalen Bemühungen auf EU-Niveau SPD auch bei einem Abkommen zum Austausch von haben sich also gelohnt. Flugpassagierdaten die Einhaltung von datenschutz- rechtlichen Garantien, und zwar nicht auf dem Niveau Wir sind zufrieden, dass die Kommission sich für in- der US-amerikanischen. Die Stichworte hatte ich bereits ternationale Standards bei PNR-Abkommen einsetzt, die genannt. ein hohes Datenschutzniveau vorsehen. Die Kommis- sion will Datenschutz- und Datensicherheitsgarantien in Eine Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa den Empfängerstaaten zur Voraussetzung beim Ab- in Sicherheitsfragen ist geboten. Über die konkrete Aus- schluss von PNR-Abkommen machen und die Weiter- gestaltung dieser Zusammenarbeit wird zu reden sein. übermittlung an andere Stellen im Empfängerstaat oder 7374 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) außerhalb beschränken. Zusätzlich sollen Auskunfts- Verträgen abgeschlossen. Doch erst mit dem Abkommen (C) und Rechtsschutzgarantien Betroffener verankert und aus dem Jahre 2007 konnte den vom Europäischen Ge- die Transparenz bezüglich der Erhebung und der mögli- richtshof angemahnten (Rechts-)Bedingungen entspro- chen Nutzung verbessert werden. Dies hat die FDP im- chen werden. Alle Vorgängerabkommen konnten einer mer gefordert. gerichtlichen Prüfung aus einer ganzen Reihe von Grün- den nicht standhalten. Wir begrüßen auch, dass die Kommission voraus- sichtlich die Abkommen mit den USA, Australien und Doch auch dieses noch immer aktuelle Abkommen ist Kanada überarbeiten möchte. Ich möchte nochmals be- aus Sicht meiner Fraktion, ja aus der Sicht von kritischen tonen, dass das USA-Abkommen unter Datenschutzge- Juristinnen und Juristen, Nichtregierungsorganisationen sichtspunkten besonders kritikwürdig ist. Auf der Basis und Bürgerrechtlerinnen und Bürgerrechtlern hochgra- der Mitteilung der Kommission könnten zukünftige Ab- dig problematisch. Argumente, die dies untermauern und kommen jedoch erheblich besser ausfallen. Die Aufhe- allesamt im Abkommen selbst zu finden sind, wurden in bung geschlossener Abkommen, wie von den Linken in zahlreichen Debatten im Bundestag in der letzten Legis- ihrem Antrag gefordert, kommt aktuell nicht infrage. laturperiode öffentlich gemacht. Deshalb nur einige Auch ist es momentan nicht angemessen, da eine Nicht- Stichworte hierzu: hohe Speicherfristen von bis zu weitergabe von Daten bedeuten würde, dass die Flug- 15 Jahren, die anlasslose Speicherung von persönlichen zeuge ihre Landerechte in dem entsprechenden Land Daten eines jeden Fluggastes – unter anderem Kreditkar- verlören oder aber die Daten dann ohne jede Rechtssi- teninformationen, Sachbearbeiterinformationen, Infor- cherheit weitergegeben würden. mationen zu Reiserouten – und ein unzureichendes Klage-, Einsichts- und Datenschutzniveau für EU-Bür- Die Kommission hat im Übrigen noch weitere FDP- ger in den USA müssen rechtsstaatliche Bedenken her- Forderungen aufgegriffen: die Zweckbindung zur Be- vorrufen. kämpfung von Terrorismus und schwerer Kriminalität aufgrund international anerkannter Definitionen, die Be- Die Linke hat aus zwei Gründen die Debatte aus der schränkung der Übermittlung von Daten auf ein Min- vergangenen Legislaturperiode erneut aufgegriffen. Zum destmaß, die generelle Verbesserung der Datensicherheit einen konnten und können weder EU-Kommission und und die Etablierung einer unabhängigen Datenschutzauf- Bundesregierung eine aussagekräftige Evaluation des sicht. Abkommens vorweisen, die den Nutzen des Instruments des Datenaustausches im sogenannten Kampf gegen den Obwohl wir eine Verbesserung sehen, gibt es natür- internationalen Terrorismus belegt; es liegen keine be- lich Kritikpunkte. Sind zum Beispiel die Nutzung und lastbaren Zahlen oder Informationen vor, die eine signi- die Speicherung von sensiblen Daten überhaupt erlaubt? (B) fikante Erhöhung der Sicherheit für Flugreisende, die (D) Ich möchte unterstreichen, dass die Grundlagen für PNR USA und die Mitgliedstaaten der Europäischen Union noch fehlen. Wir brauchen also eine Überprüfung der im Vergleich zu der Zeit ohne Fluggastdatenabkommen Notwendigkeit und der Proportionalität. Wir schließen beschreiben könnten. uns hier dem Europäischen Parlament und dem deut- schen Bundesdatenschutzbeauftragten an, der bereits vor Zum Zweiten ist durch die Entscheidung des Europäi- ungefähr einem Jahr die Kommission aufgefordert hat, schen Parlaments im Mai dieses Jahres auch für den die PNR-Abkommen unter dem Gesichtspunkt der Ver- Deutschen Bundestag eine neue politische Situation ent- hältnismäßigkeit zu prüfen. Hierbei ist auch in Betracht standen. Im Mai lehnten es die Europaparlamentarier ab, zu ziehen, ob nicht die API-Daten als ausreichend ange- dem seit 2007 gültigen EU-USA-Abkommen nachträg- sehen werden könnten, um den gewünschten Zweck zu lich ihren Segen zu geben. Der Vertrag von Lissabon erreichen. Diese Untersuchung wollen wir abwarten. sieht vor, dass das Europäische Parlament dem Abkom- Das ist für uns entscheidend. Auch neue Verhandlungs- men seine Zustimmung ex post geben muss. Auch die mandate mit den USA, Australien und Kanada müssen beiden anderen Datenabkommen mit Australien und Ka- auf Proportionalität getestet werden, bevor sie im Rat nada konnten das EP bislang nicht passieren. Vielmehr angenommen werden. forderte das Parlament die EU-Kommission auf, bis spä- testens Juli 2010 einen kohärenten Ansatz in Bezug auf Wir werden uns, zusammen mit unseren liberalen die Nutzung von Fluggastdatensätzen vorzulegen. Dem ist Kollegen in Brüssel, weiter für effektive und verhältnis- die Kommission leider erst am 21. September nachge- mäßige Sicherheitsmaßnahmen einsetzen. kommen. Das EU-Parlament drängt zudem auf Neuver- handlungen mit den drei Staaten, wobei das Hauptaugen- Jan Korte (DIE LINKE): Die Fraktion Die Linke for- merk neben der Gewährung eines hohen Datenschutzes dert mit dem vorliegenden Antrag den endgültigen Ver- vor allem auf der Aushandlung eines gemeinsamen und zicht auf die transatlantischen und die geplanten europäi- vergleichbaren Abkommens liegt. Zukünftig sollen nicht schen Flugpassagierdaten-Abkommen. bilaterale Verträge geschlossen werden, sondern ein ge- meinsamer mit allen Staaten, denen nach dem Abschluss Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 arbei- eines solchen Abkommens ist. Bereits jetzt haben wei- ten europäische und US-amerikanische Sicherheitsbe- tere Staaten wie Südkorea und Indien Interesse daran an- hörden intensiv an der Vernetzung und dem Austausch gemeldet. einer Vielzahl personenbezogener und hochsensibler Da- ten, so auch an dem Austausch von Flugpassagierdaten. Die Linke begrüßt ausdrücklich, dass das Europäische Zu diesem Zweck wurde eine Vielzahl von bilateralen Parlament dem Missbrauchsversuch der EU-Kommis- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7375

(A) sion vorerst widerstand, zu einem einfachen Abnick-Par- Religionszugehörigkeit zulassen, Daten über das Reise- (C) lament zu werden zu einem Sachverhalt, den das EP büro, die Telefonnummer am Zielort, die Mitreisenden, selbst nicht mit- und ausgestalten konnte. Gleichzeitig den Sitzplatz usw. usf. Was mit diesen Daten passiert, ist sind wir aber der Meinung – und dies haben die Ver- nur teilweise geklärt und bisher auch in den Abkommen handlungen 2007 mit den USA gezeigt –, dass es nach nicht genug geregelt. Ginge es nur darum, zu sehen, wer derzeitiger Lage nicht möglich ist, ein an Bürger- und da auf einen zukommt, also gewissermaßen eine Vorab- Freiheitsrechten orientiertes Abkommen im Ergebnis kontrolle vor Erreichen der Grenze, fragt man sich: Wa- neuer Verhandlungen zu erhalten. Die Erfahrungen mit rum dann all die anderen Daten? – Es geht aber auch um dem existierenden Abkommen haben gezeigt, dass ein den Abgleich mit Flug- und Einreiseverbotslisten, und ausreichendes Datenschutzniveau in den Vereinigten da haben ja schon verschiedentlich Menschen böse und Staaten nicht erkennbar ist. So ist es nur sehr schwer auf falschen Angaben gegründete Erfahrungen machen möglich, die verbrieften Auskunftsrechte über gespei- müssen. cherte personenbezogene Daten in Washington in An- spruch zu nehmen. Der Kern des Problems ist aber die Vorratsdatenspei- cherung, die hier stattfindet; denn die Speicherfrist endet Zum anderen handelt es sich bei dem aktuellen und mitnichten mit der Einreise im Zielland oder wenigstens wohl auch bei dem nun neu auszuhandelnden Abkom- nach erfolgter Rückreise. Stattdessen wird ein Datenpool men um eine anlasslose Datenspeicherung auf Vorrat; geschaffen, und wenn es einen solchen gibt, dann wird er dies sagt die Kommission im Übrigen selber in ihren auch genutzt. Wer sich die einschlägigen Debatten hier Mitteilungen. Das ist aus deutscher Sicht nicht zu akzep- im Hause und die zähen Diskussionen mit den USA ins tieren. Ich möchte an dieser Stelle an die Entscheidung Gedächtnis ruft, der weiß: So ein Datenberg wird von des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeiche- Profilern ausgewertet und per Data-Mining durchleuch- rung erinnern. Dort heißt es, „dass durch die vorsorgli- tet. Und das ist weit jenseits jeden Zwecks, für den die che Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten Daten erhoben wurden. Da ging es um die Abwicklung der Spielraum für weitere anlasslose Datensammlungen eines Fluges, nichts sonst, und nicht um die Fütterung ei- auch über den Weg der EU erheblich enger wird“. Auch ner Datei, deren Verwendung sich – das vor allem die vor diesem Hintergrund sollte sich der Bundestag der leidige Erfahrung mit den USA – der Kontrolle und dem Forderung der Fraktion Die Linke nach einem endgülti- Rechtsweg weitgehend entzieht. gen Verzicht auf den transatlantischen Datenaustausch Die Bundesregierung darf deswegen nicht kritiklos von Flugpassagierdaten anschließen. Gleiches gilt für den Weg des dauernden Datensammelns und -transferie- den Aufbau eines europäischen Fluggastdatenaustausch- rens weitergehen. Sie muss schon bei den Verhandlun- systems. (B) gen über die Mandate endlich klare, bürgerrechtliche (D) Es wird Zeit, Datengroßprojekte, die unter dem Vor- Grenzen ziehen. wand des vermeintlichen Schutzes der Zivilbevölkerung und kritischer Infrastruktur aufgesetzt wurden, in ihrem Kern aber Bürgerrechte abbauen und den Datenschutz Anlage 14 schleifen, zurückzudrehen und für die Zukunft zu unter- lassen – sowohl in Deutschland als auch in der Europäi- Zu Protokoll gegebene Reden schen Union. zur Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts: Elektronischen Personalausweis nicht Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): einführen (Tagesordnungspunkt 18) Der EU-Rat will noch in diesem Jahr Verhandlungsman- date verabschieden, auf deren Grundlage neue und Stephan Mayer (Altötting) (CDU/CSU): Ab kom- – man hofft es jedenfalls – bessere Abkommen zur Wei- mender Woche wird über die Kommunalverwaltungen tergabe von Fluggastdaten mit den USA, Kanada und der neue Personalausweis im Scheckkartenformat ausge- Australien ausgehandelt werden sollen. Außerdem soll geben und den bisherigen Personalausweis ersetzen. Der eine Konzeption für ein EU-eigenes PNR-System vorge- neue elektronische Personalausweis bietet zahlreiche legt werden, bei dem es nicht mehr nur darum geht, wel- wichtige und zukunftsweisende Innovationen, die insbe- che Daten an wen weitergegeben werden, sondern bei sondere der rasanten technischen Entwicklung der letz- dem die EU selbst den großen Datensammler gibt. ten Jahre und den veränderten Kommunikationswegen und -gewohnheiten Rechnung tragen. Sowohl die Mög- Das alles infrage zu stellen, ist, wie der vorliegende lichkeit der elektronischen Identifikation, eID, als auch Antrag es tut, dringend nötig. Dringend nötig ist auch, die qualifizierte Signatur werden unter höchsten Sicher- die jetzige Praxis jedenfalls zu beenden; denn momentan heitsstandards die Nutzung des Ausweises in der digita- werden mit viel zu wenigen Beschränkungen viel zu len Welt ermöglichen. Persönlich werde ich in der kom- viele Daten weitergereicht. Die Passagierdaten – eben menden Woche zur Beantragung des neuen Ausweises jene PNR – enthalten ja nicht nur Name und Vorname, schnellstmöglich das Bürgeramt meiner Heimatstadt sondern auch Daten, aus denen sich noch viel mehr In- Neuötting aufsuchen. formationen über einzelne Personen gewinnen lassen, zum Beispiel Daten, aus denen sich die Zugehörigkeit zu In Ihrem Antrag sprechen Sie richtigerweise das bis- einer Partei oder einer Gewerkschaft erkennen lässt, Da- herige Ausweisdokument an, auf dem – wie auch Ihnen ten über das gewählte Essen, die Rückschlüsse auf die von den Grünen sicher bekannt ist – bereits vier biome- 7376 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) trische Daten, nämlich Körpergröße, Augenfarbe, Licht- erproben E-Business- und E-Government-Anbieter in (C) bild und Unterschrift, enthalten sind. Durch die Erweite- praktischen Anwendungstests die elektronische Identi- rung um das digitale Bild und die explizit freiwillige tätsnachweisfunktion des neuen Ausweises in ihren On- Speicherung von Fingerabdrücken wird eine stärkere lineangeboten. Die Beantragung, Ausstellung und Sper- und nachvollziehbare Bindung zwischen Ausweisinha- rung von Ausweisen wurden durch ausgewählte ber und Dokument erreicht. Die missbräuchliche Ver- kommunale Behörden seit Anfang 2010 in einem Feld- wendung gestohlener Ausweise wird somit zweifelsfrei test evaluiert, dessen Ergebnisse ebenfalls noch vor dem erschwert. „Roll-out“ in die laufende Projektabwicklung eingeflos- In Ihrer Argumentation hinsichtlich möglicher Sicher- sen sind. heitsbedenken, dem zweiten Aspekt Ihres Antrages, räu- Hinsichtlich der in dem Antrag der Bundestagsfrak- men Sie erfreulicherweise die Sinnhaftigkeit und Notwen- tion Bündnis 90/Die Grünen formulierten Sorgen bele- digkeit der Verbesserung der sicheren Kommunikation gen insbesondere die Ergebnisse der Studie „Restrisiken im Internet ein. Umso erstaunlicher erscheint mir die beim Einsatz der AusweisApp auf dem Bürger-PC …“ Tatsache, dass Sie eine weitere Karte für den Versand- den „deutlichen“ Sicherheitsgewinn gegenüber den bis- handel fordern. Wollen Sie dann auch eine weitere Karte her üblichen Verfahren zur Identifikation oder Kommu- für die Kommunikation mit Behörden? Und noch eine nikation über das Internet. Bezüglich der eID-Funktion Karte für sicheren privaten Austausch? Neben der feh- wird explizit die Verbesserung des Schutzniveaus gegen- lenden praktischen Tauglichkeit dieses Vorschlages wi- über der „herkömmlichen Authentisierung mit Passwör- derspricht dies auch dem Gebot der Datensparsamkeit. tern“ bestätigt. Der neue elektronische Personalausweis führt all diese Möglichkeiten zusammen. Ab dem 1. November In den letzten Wochen wurden in der Öffentlichkeit werden die Ausweisinhaber sich im Internet elektronisch stellenweise Bedenken insbesondere gegenüber den Ba- sowohl gegenüber Behörden als auch gegenüber privat- sislesegeräten geäußert. Die Studie weist ebenfalls da- wirtschaftlichen Dienstleistungsanbietern, beispiels- rauf hin, dass beim Komfortlesegerät aufgrund des ex- weise beim Onlineshopping, Onlinebanking oder beim ternen PIN-Eingabefeldes und durch das zusätzliche Onlinekauf von Tickets jedweder Art, ausweisen kön- Display im Lesegerät das Sicherheitsniveau nochmals nen. Gleichzeitig erhält der Ausweisinhaber über ein angehoben wird. So wird ein Ausspionieren der PIN ver- Zertifikat die Bestätigung, dass die von ihm aufgerufene hindert, und die Gegenstelle der Authentisierung sowie Website auch dazu berechtigt ist, seine Daten abzufra- Berechtigungen können vertrauenswürdig angezeigt gen. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist die werden. Unterschiedliche Anwendungen werden unter- Tatsache, dass über Art und Umfang der zur Verfügung schiedliche Sicherheitsastandards verlangen, sodass die (B) (D) gestellten Daten stets die Hoheit und völlige Kontrolle Anwendungen, die sinnvollerweise mit dem Basislese- bei den Bürgerinnen und Bürgern verbleibt. Ein Ausle- gerät verfügbar sind, auch eine hohe Sicherheit gewähr- sen privater Informationen ohne Kenntnis oder gar ge- leisten. Anwendungen, bei denen die qualifizierte elek- gen den Willen der Nutzenden ist im Vergleich zu allen tronische Signatur genutzt wird, werden voraussichtlich bisher verfügbaren Modellen erheblich erschwert. über Standard- oder Komfortlesegeräte zu verwenden sein. Es ist sichergestellt, dass alle Informationen und Übertragungen mit modernen, dauerhaft wirksamen und Damit nachvollziehbar und eindeutig verknüpft ist die international anerkannten Verschlüsselungsverfahren si- Integrität des Computers des Bürgers. Entsprechende Si- cher geschützt werden. Der neue elektronische Personal- cherungsmaßnahmen sind allerdings bereits heute drin- ausweis ist mit physikalischen und elektronischen Si- gend angeraten, wenn Onlinetransaktionen oder vertrau- cherheitsmerkmalen auf höchstem technologischem liche Kommunikation durchgeführt werden. Der Schutz Niveau ausgestattet. des eigenen Computers vor Schadprogrammen mithilfe Auch unter Berücksichtigung der Schnelligkeit von von Antivirenprogrammen und Firewalls verdient nicht technischen Innovationen ist über die gesamte Gültig- erst mit der Nutzung des neuen Ausweises besondere keitsdauer von zehn Jahren sichergestellt, dass die tech- Aufmerksamkeit. Die wichtigsten Hinweise, um das oh- nische Aufwandsschwelle für Fälschungs- oder Verfäl- nehin deutlich verbesserte Schutzniveau auch verbrau- schungsversuche sowie auch sogenannte Hacking- cherseitig weiter zu erhöhen, sind für jeden im Internet Angriffe auf den Chip im Personalausweis ausreichend abrufbar. Gerade in Verbindung mit der Einführung zum hoch ist. Ich teile ausdrücklich die Einschätzung der 1. November sollte auf die zahl- und umfangreichen Hil- christlich-liberalen Bundesregierung, dass so die Wahr- festellungen und Informationsangebote nochmals ver- scheinlichkeit, dass die Algorithmen des neuen Perso- mehrt hingewiesen werden. nalausweises vor Ablauf der Gültigkeitsdauer von zehn In vielen Gesprächen mit Bürgerinnen und Bürgern Jahren nicht mehr sicher sind, vernachlässigbar gering aus meinem Bundeswahlkreis gewinne ich diesbezüglich ist. zunehmend den Eindruck, dass sowohl das Interesse als Am 15. Oktober dieses Jahres wurden die vom Bun- auch das Wissen über die Chancen des neuen Personal- desministerium des Innern beauftragten Begleitstudien ausweises stetig wachsen. Deshalb habe ich die Hoff- vorgestellt. Die umfangreichen Tests im Vorfeld der Ein- nung, dass sich – eine entsprechende Verbreitung vo- führung bestätigen die positive Prognose hinsichtlich des rausgesetzt – die allein im vergangenen Jahr durch das hohen Schutzniveaus. Seit Oktober 2009 erprobten und Bundeskriminalamt veröffentlichte Zahl von 6 800 ver- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7377

(A) zeichneten Fällen des digitalen Identitätsdiebstahls er- Personalausweis und somit eine modernes Identitätsdo- (C) heblich reduzieren wird. kument. Das ist nichts Neues, sondern das Produkt eines sehr aufwendigen Gesetzgebungsvorhabens, das die Wie ich bereits in meiner letzten Rede zum elektroni- Große Koalition in der vergangenen Legislaturperiode schen Personalausweis ausgeführt habe, ist mir, als Be- erfolgreich durchgeführt hat. – Mit diesem Satz habe ich richtererstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für meine letzte Rede zu diesem Antrag begonnen, dabei den Bereich des Datenschutzes im Innenausschuss des bleibt es auch jetzt. Mit seriösem politischem Handeln Deutschen Bundestages, selbstverständlich der Aspekt hat dieser Antrag jedenfalls nichts mehr zu tun, schon der Datensicherheit ein besonderes Anliegen. Sollten gar nicht zu diesem Zeitpunkt, eine Woche vor Einfüh- technische Innovationen in der Zukunft die Sicherheit rung. Wer fünf Tage vor Einführung des neuen Auswei- bestehender Konzepte unterminieren, wird damit aber ses mit diesem Antrag daherkommt und die Einführung auch die Weiterentwicklung der Sicherheitstechnologien verhindern will, dem spreche ich ein seriöses politisches einhergehen. Zu diesem bisher nicht vorhersehbaren Zeit- Anliegen ab. punkt werden die zuständigen Behörden, insbesondere das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstech- Sie machen wieder auf Protestkultur, um kurzfristig nik, entsprechende Anpassungen vornehmen müssen politisches Kapital aus Stimmungen und Ängsten in der und dies selbstverständlich auch tun. Bevölkerung zu schlagen. Ihre Regierungsfähigkeit stel- len Sie so nicht unter Beweis – ganz im Gegenteil. Mit der näherrückenden Einführung wird die große Würde man dem Antrag der Grünen folgen und das ge- Zahl von Einsatzmöglichkeiten, die der neue Personal- samte Projekt jetzt einstampfen, hätte man nicht nur ausweis bietet und bieten wird, immer deutlicher. Zahl- mehrere Hundert Millionen Euro sinnlos in den Sand ge- reiche Wirtschaftsunternehmen haben bereits angekün- setzt, sondern auch keine Lösung für eine sichere Identi- digt oder begonnen, innovative Dienste zu entwickeln fizierung im elektronischen Geschäftsverkehr geschaf- und dem Verbraucher anzubieten. Mit der erhöhten Si- fen. Ihr Vorschlag, die Einführung einer eigenständigen cherheit und Praxisnähe wird somit auch ein erheblicher Karte, der sogenannten Wolfgang-Wieland-Gedächtnis- Komfortgewinn in verschiedenen Lebensbereichen ein- karte – ich habe hierzu bereits Stellung genommen –, zu hergehen. Einfacheres Anmelden bei Portalen oder prüfen, zeigt Ihre mangelnde Problemlösungskompe- Shops oder vereinfachte Schadensmeldung bei den Ver- tenz. So wird allenfalls das Portemonnaie dicker, aber sicherern ist hier sicher erst der Anfang einer sehr wahr- kein praxistaugliches Ausweisdokument für das Internet scheinlichen Erfolgsgeschichte. Entscheidend in diesem geschaffen. Zusammenhang ist, dass den Verbraucherinnen und Ver- brauchern der Mehrwert nicht nur in Bezug auf soge- Mit dem neuen scheckkartengroßen Ausweis wird ein (B) nannte E-Government-Szenarien, sondern auch für wei- Standard-Identitätsnachweis für die Onlinewelt bereitge- (D) tere Lebensbereiche deutlich wird. Davon bin ich stellt, den die Bürgerinnen und Bürger sowohl gegen- allerdings fest überzeugt. über Behörden als auch gegenüber privatwirtschaftli- chen Dienstleistern nutzen können – natürlich freiwillig, Der Ausweisinhaber selbst behält die volle Kontrolle genauso wie auch die Abgabe der Fingerabdrücke frei- darüber, welche seiner persönlichen Daten an den An- willig ist. Zu den verschieden Funktionen des Ausweises bieter übermittelt werden. Aufgrund seines Sicherheits- habe ich bereits mehrfach hier im Plenum ausgeführt; konzeptes hilft der neue Personalausweis, Internetkrimi- das möchte ich an dieser Stelle nicht wiederholen. nalität zu bekämpfen und das Vertrauen der Bevölkerung in elektronische Transaktionen zu steigern. Nicht zuletzt Die Umstellung vom alten auf den neuen Personal- für den Jugendschutz sind erhebliche Verbesserungen zu ausweis läuft weitgehend reibungslos; das hören wir aus erwarten. Prozesse wie Login, Adressverifikation und der Verwaltung. Das ist für ein solches Mammutprojekt Altersnachweis können wirtschaftlicher und schneller nicht selbstverständlich. Außerdem wird das neue Doku- realisiert werden. Meiner Überzeugung nach werden ment von vielen Bürgerinnen und Bürgern sehr positiv sich die massiven Vorteile dieses neuen Ausweises angenommen. Hieran konnten auch die zum Teil absur- schnell verbreiten. den Schauermärchen über vermeintliche Sicherheitslü- cken nichts ändern. Es ist dem Bürger klar, dass er EC- Wenn die Verfahren institutionalisiert sind und eine Karten und PIN getrennt halten muss. Es ist dem Bürger gewisse Schwelle der Verbreitung überschritten ist, wer- klar, dass er beim Onlinebanking Firewall und Antivi- den auch von Ihnen von Bündnis 90/Die Grünen diese rensoftware braucht, und es wird dem Bürger erklärt, zahlreichen Vorteile nicht mehr zu leugnen sein. dass dieses Schutzniveau auch für die besonderen Funk- Der neue Personalausweis ist eine Innovation, die tionen des E-Personalausweises gelten muss. über eine zeitgemäße Neuauflage eines Ausweisdoku- Über die angeblichen Sicherheitsrisiken wurde in den ments weit hinausgeht. Die Sicherheitsbedenken sind Medien viel berichtet. Das ist nichts Neues; wir hatten weitestgehend unbegründet. Bürgerrechte werden in kei- viele dieser Diskussionen bereits bei der Einführung des ner Weise beschnitten, und ich hoffe sehr, dass die Bür- elektronischen Reisepasses. Klar ist aber auch, dass die gerinnen und Bürger schnell die Chancen dieses Viel- Einführung neuer Technologien immer mit gewissen Ri- zweckwerkzeuges kennen- und schätzen lernen. siken verbunden ist. Auch wenn es die Grünen nicht in- teressiert: Nur so ist technischer Fortschritt möglich. Frank Hofmann (Volkach) (SPD): Wir bekommen Beim elektronischen Personalausweis sind die Risiken ab dem 1. November 2010 den neuen elektronischen jedoch überschau- und beherrschbar. Diese Einschät- 7378 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) zung wird von den Grünen jetzt wohl nicht mehr geteilt. Nicht zuletzt meine eigene Fraktion, die FDP, hat sich (C) Die Grünen sind da flexibel, mal dafür, mal ein bisschen lange Zeit den Kopf zerbrochen, ob die Vorteile und dafür und jetzt eben dagegen. Dass sich eine solche Ein- Nutzen des neuen Ausweises den notwendigen Aufwand stellung dauerhaft auszahlt, halte ich für fragwürdig. zur Absicherung der gespeicherten Daten rechtfertigen. Wir beantworten diese Frage heute mit einem kritischen Zu den beschriebenen Sicherheitsproblemen im Ein- Ja. Denn der elektronische Personalausweis verfügt zelnen. Die Meldung des Chaos Computer Club lautete, – wie übrigens selbst kritischste Experten wie zum Bei- die PIN würde beim einfachen Lesegerät über die Tasta- spiel der Chaos Computer Club bestätigen – über ein tur eingegeben und könne so mittels eines Trojaners aus- sehr hohes Sicherheitsniveau. Alle gespeicherten Daten gelesen werden. Diese Key-Logger-Problematik ist nun auf dem Ausweis sind auf sicherheitstechnisch hohem wirklich ein alter Hut und zeigt sich so auch beim ganz Niveau verschlüsselt. normalen Onlinebanking. Auch hier kann man den An- wender nicht völlig aus seiner Verantwortung entlassen. Dennoch möchte ich selbstverständlich bestehende So ist es nötig, den PC im Hinblick auf die Firewall und Gefahrenquellen nicht verschweigen. Sie liegen in der die Antivirensoftware auf dem neuesten Stand zu halten. – technischen Umgebung des Ausweises sowie beim Nut- Dieses Problem zeigt sich jedoch nur bei Lesegeräten zer. So können die Zugangsdaten theoretisch und mit der Basisversion. Dort muss man die PIN über die PC- großem Aufwand ausgespäht werden, wenn ein Aus- Tastatur eingeben. So kann die Zahlenkombination weisinhaber ein Lesegerät ohne Tastatur benutzt und da- leichter durch Spähsoftware von Hackern abgegriffen rüber hinaus seine Zugangsdaten per Tastatur auf einem werden. Hier kann sich auch die Bundesregierung, die Computer eingibt, der nicht vor Virenangriffen geschützt die Basisgeräte mit Steuergeldern kostenlos unters Volk ist und dessen Betriebssystem seit langem nicht mehr ak- bringt, nicht aus Ihrer Verantwortung verabschieden. Es tualisiert wurde. Das Bundesamt für Sicherheit in der In- ist nötig, dass die Verwender eine Handreichung und formationstechnik, BSI, hat aber keine Anhaltspunkte Unterstützung beispielsweise durch das Bundesamt für dafür, dass bei einem normal geschützten Computer das Sicherheit in der Informationstechnologie bekommen, Abfangen der PIN möglich ist. Jeder heimische PC mit um so der Gefahr von Hacker-Angriffen wirksam ent- einem gängigen kostenlosen Virenscanner und aktuali- gegnen zu können. Noch besser wäre es allerdings, wenn sierten Versionen von Browser und Betriebssystem da- die Bundesregierung darauf hinarbeiten würde, nur si- gegen ist weitestgehend vor Datenklau geschützt. chere Geräte mit eingebauter Tastatur in Verkehr zu brin- gen. Aber ein gewichtiger Grund für die Nichteinfüh- Diese sicherheitstechnische Minimalanforderung an je- rung ist das nicht. den Internetnutzer ist aber unabhängig von der Nutzung eines elektronischen Personalausweises eine Selbstver- ständlichkeit. Wer im Internet unterwegs ist und beim Ein- (B) Auch hier zeigt sich, dass die Bundesregierung mit (D) der konkreten Umsetzung eines, wie ich stets betont kaufen Bankdaten preisgibt, wer per E-Mail Privates aus- habe, richtigen Projekts zum Teil überfordert ist. Dies tauscht, wer beruflich Dienstliches verschickt: Jeder konnte man auch bei der Gebührenverordnung für den Internetnutzer muss heute Sorge dafür tragen, dass er Personalausweis sehen, bei der das Innenministerium sich vor dem Ausspähen seiner Daten schützt. Dies konzeptlos vorgegangen ist. Im Ergebnis müssen nun Ju- sollte so selbstverständlich sein wie das Abschließen der gendliche und Kommunen die Zeche zahlen. Auch eigenen Haustür, wenn man die Wohnung verlässt. Alles hierzu habe ich bereits ausführlich Stellung genommen. andere ist fahrlässig. Deswegen setze ich mich unabhän- gig von der Einführung des elektronischen Personal- Ich kann den Grünen nur raten: Machen Sie keine tak- ausweises schon lange dafür ein, dass wir die Medien- tischen Spielchen bei sinnvollen Projekten wie diesem. bildung aller Bürgerinnen und Bürger fördern, vom Nutzen Sie Ihre neugewonnene Motivation aus dem ak- Kindergarten an bis ins hohe Alter. Denn mit einem vor- tuellen Umfragehoch, und setzen Sie sich mit dem Total- handenen Bewusstsein um die potenziellen Risiken jeder versagen der schwarz-gelben Bundesregierung auseinan- Nutzung des Internets und einem vernünftigen Maß an der. Hier ist berechtigte Kritik angebracht. Wachsamkeit lassen sich die allermeisten Risiken im Netz so gut wie ausschließen. Manuel Höferlin (FDP): Je näher die Einführung des elektronischen Personalausweises rückt, desto hekti- Ich will aber hier nicht nur über die natürlichen Risi- scher – und vor allem unsachlicher – wird die Debatte ken eines jeden technischen Produktes sprechen, son- um ihn geführt. Dies ist besonders bedauerlich, weil eine dern auch die Fortschritte bei der Dokumentensicherheit kritische Auseinandersetzung aller Beteiligten mit die- des neuen Ausweises aufzeigen. Durch die Verwendung sem neuen Instrument des Meldewesens heute und in eines biometrischen Passfotos wird die Verwendung des Zukunft unabdingbar ist. Anstelle von Panikmache, Ausweises durch andere Personen als den rechtmäßigen Halbwahrheiten und Fehlinformationen muss Aufklä- Besitzer zusätzlich erschwert; die Fingerabdrücke, deren rung über die technischen, wirtschaftlichen und Büro- Aufnahme freiwillig ist, sind ein zusätzliches, nicht kratie reduzierenden Funktionen des elektronischen Per- fälschbares Instrument, das den Missbrauch des Auswei- sonalausweises treten. ses weiter reduziert. Die Nutzung der freiwilligen elek- tronischen Funktionen des Ausweises gelingt nur, wenn Mit gutem Recht sorgen sich Bürgerinnen und Bür- sowohl der Ausweis als auch die Anmeldedaten vorlie- ger, die sogenannte „Netzgemeinde“ und – oftmals et- gen; das heißt, ein verlorener oder gestohlener Ausweis was durchsichtig – die Vertreter der Parteien um die Si- allein stellt kein größeres Risiko dar, solange nicht die cherheit der persönlichen Daten auf dem neuen Ausweis. persönlichen Zugangsdaten vorliegen. Hier unterschei- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7379

(A) det sich der neue Ausweis nicht von einer EC-Karte, bei konstruktiven und kritischen Begleitung der Einfüh- (C) der auch jeder weiß, dass sie niemals mit der Geheim- rungsphase des elektronischen Personalausweises dazu zahl zusammen aufbewahrt werden darf. bei, dass wir die Chancen des neuen Ausweises in seiner ganzen Bandbreite nutzen und Risiken rechtzeitig erken- Vielfach ist Kritik an dem höheren Preis des elektro- nen! nischen Personalausweises zu vernehmen. Wir Liberale nehmen diese Kritik ernst. Dem höheren Preis, der auf die zehnjährige Geltungsdauer des Ausweises übrigens Jan Korte (DIE LINKE): Die Einführung dieses un- gerade einmal 2 Euro pro Jahr ausmacht, steht aber auch ausgereiften Pfusch-Persos ist hochgradig sicherheitsge- ein ungleich höheres Maß an Möglichkeiten des neuen fährdend und verantwortungslos. Auch wenn es bei der Ausweises gegenüber. So ermöglicht die zweifelsfreie Politik dieser Bundesregierung eigentlich nicht anders Identifizierung des Ausweisbesitzers neue Möglichkei- zu erwarten war, müssen wir heute feststellen, dass Sie ten im Bereich des E-Government und des Handels. Der beim elektronischen Personalausweis leider völlig bera- neue Ausweis kann dazu beitragen, dass zum Beispiel tungsresistent sind. Sie kommen einfach nicht von ihrem behinderte Menschen, für die der Gang ins Rathaus, zur Biometrie-Trip herunter. Völlig dogmatisch hält der Krankenkasse oder zum Einkaufen nur schwer oder gar Bundesinnenminister an einem seiner Lieblingsspiel- nicht möglich ist, neue Teilhabemöglichkeiten eröffnet zeuge fest. Niemand scheint ihn bei seinem Treiben auf- werden, wenn sie mehr Angelegenheiten selbst und si- halten zu können. Koste es, was es wolle, werden seit cher online regeln können. Auch für Bürgerinnen und Jahren die aberwitzigsten biometrietechnischen Spiele- Bürger im ländlichen Raum kann eine sichere Online- reien aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informa- Identifizierung unzählige Wege und Kilometer sparen. tionstechnik gegen jeden Rat und jede Expertise durch- Last, but not least: Wer kann heute voraussagen, wie geboxt. So ist es auch beim neuen Personalausweis, ganz wir in zehn Jahren leben werden? Welche Verwaltungs- gleich, ob Verbraucherschützer die Kosten bemängeln vorgänge, welche Geschäftsmodelle, welche Arbeits- und Datenschützer und Computerexperten massive Si- plätze werden sich komplett ins Internet verlagert ha- cherheitsbedenken äußern, ganz gleich, ob Forscher zu ben? Mit dem elektronischen Personalausweis schaffen dem Ergebnis kommen, dass der neue Personalausweis wir die Voraussetzung dafür, dass Deutschland mit dem noch völlig unausgereift ist und massive Sicherheitslü- technischen Fortschritt mithalten kann. Wir eröffnen uns cken aufweist oder fast alle Nutzungsszenarien nur den Optionen, ohne heute schon entscheiden zu müssen, wel- Diensteanbietern und meist nicht dem Endnutzer helfen. che wir nutzen wollen und werden. Es wäre töricht, auf diese Chancen zu verzichten. So wird also am kommenden Montag, am 1. Novem- ber, der neue elektronische Personalausweis kommen. (B) (D) Für all diejenigen, bei denen die Skepsis vor dem Das ist bedauerlich, und ich kann nur hoffen, dass sich neuen Ausweis überwiegt, sei nochmals klipp und klar noch möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in den erwähnt: Abgesehen vom biometrischen Passbild sind letzten Wochen und Monaten einen der bisherigen Per- alle neuen und zusätzlichen Funktionen des elektroni- sonalausweise besorgt haben. Die Bundesregierung ließ schen Personalausweises freiwillig. Fingerabdrücke allen verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bür- müssen nicht abgegeben werden. Der innenliegende gern, die verhindern wollten, diesen Pfusch-Perso die Chip kann deaktiviert werden. Die digitale Signatur nächsten zehn Jahre mit sich herumtragen zu müssen, ja muss ohnehin gesondert aufgebracht werden; niemand nur diese Wahl. erhält diese unwissentlich oder gegen seinen Willen. Wer zunächst den Ausweis nicht vollumfänglich nutzen Nachdem sich die FDP im Juli von ihren sehr ver- will, kann auch später noch die elektronischen Funktio- nünftigen Positionen aus der letzten Legislaturperiode nen aktivieren lassen. verabschiedet hatte, war klar, wo das hier enden würde. Die FDP lehnt deshalb die Forderung der Grünen, auf In ihrem damaligen Antrag „Keine Einführung des elek- die Einführung des elektronischen Personalausweises zu tronischen Personalausweises“ forderte die FDP noch verzichten, entschieden ab. ganz richtig, dass der Deutsche Bundestag die Einfüh- rung des elektronischen Personalausweises ablehnen Ich möchte dennoch gerne kurz auf die zweite Forde- solle, weil die umfangreiche Erfassung und Speicherung rung der Grünen eingehen. Anstelle des elektronischen der biometrischen Daten zur elektronischen Identifizie- Personalausweises solle die Einführung einer Identifika- rung nicht notwendig sei und mehr Nachteile als Vorteile tionskarte für den Onlinehandel geprüft werden. Dazu mit sich bringe. Damals kamen Sie, liebe Kolleginnen kann ich nur sagen: Die Bundesregierung denkt weder und Kollegen von der FDP, zu dem Ergebnis, dass die über die Einführung einer „Bundes-Shopping-Card“ zwangsweise Verwendung von biometrischen Daten al- nach, noch wird sie das unter liberaler Beteiligung je tun. ler Bundesbürger unverhältnismäßig sei. Ihr Parlamenta- Aus Steuergeldern soll nach Auffassung der Grünen ein rischer Geschäftsführer, Herr Ahrendt, forderte selbst nur für das Einkaufen im Internet zu nutzendes Produkt vor einem halben Jahr noch, der Staat müsse sich bei sei- entwickelt werden. Diese Forderung ist grotesk und be- ner Datensammelwut zurücknehmen und deshalb die weist die haushaltspolitische Verantwortungslosigkeit Entscheidung für den Ausweis korrigieren. Davon ist der Grünen. jetzt nirgendwo mehr die Rede. Man kann sich des Ein- Ich lade heute alle Fraktionen des Deutschen Bundes- drucks nicht erwehren, dass hier eine kollektive Gehirn- tages ein: Tragen Sie in den nächsten Jahren mit einer wäsche durch ihren Koalitionspartner stattgefunden hat. 7380 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) Innenminister Thomas de Maizière wird nach wie vor sen konnte: Bei der Billigvariante kann Schadsoftware, (C) nicht müde, zu erklären, dass „dieser neue Personalaus- etwa ein sogenannter Trojaner, die sechsstellige PIN weis … die sicherste elektronische Identitätskarte, die es mitlesen. Von den zehn beim Fraunhofer-Institut für Of- auf dem Markt gibt“, sei. Wenn das stimmt, wirft das fene Kommunikationssysteme gelisteten Herstellern nicht gerade ein gutes Licht auf die Anbieter von elek- stellen nur zwei auch die sicherste Variante, den Kom- tronischen Identitätskarten. Bedauerlicherweise sind bei fortleser, her. Aber, wie gesagt, diese Komfortleser sind hoheitlichen Dokumenten die von Ihnen immer so ge- bislang noch überhaupt nicht zertifiziert und für den priesenen Marktgesetze außer Kraft gesetzt: Wenn der Markt zugelassen. Dabei braucht man ein Gerät der letzte alte Personalausweis abgelaufen ist, gibt es prak- höchsten Sicherheitsklasse, will man alle angepriesenen tisch eine gesetzliche Verpflichtung zum Besitz von un- Fähigkeiten des neuen Personalausweises nutzen: Die ausgereiften Pfuschprodukten. Unterschriftsfunktion, mit der man online Dokumente rechtsverbindlich unterzeichnen kann, wird nur mit ei- Aber schauen wir uns den derzeitigen Stand einmal nem Komfortleser für mehr als 150 Euro möglich sein. etwas genauer an. Für Onlineangebote bietet der neue Das heißt also: Sicherheit wird es beim nPA vorerst nicht Personalausweis einige zusätzliche Optionen: eine elek- geben; denn von den einzig erhältlichen Lesegeräten rät tronische Identitätsbestätigung, eID, eine kostenpflich- die Bundesregierung aus Sicherheitsgründen ab. tige, digitale Signatur, QES, zum elektronischen Unter- schreiben und eine Pseudonymfunktion zur Bestätigung Aber zurück zum Mantra des Innenministers. Selbst der Person, ohne persönliche Informationen von sich wenn man naiverweise annimmt, dass der neue Perso- preisgeben zu müssen. Um diese Funktionen nutzen zu nalausweis zum jetzigen Zeitpunkt sicher ist, dann stellt können, braucht man spezielle Lesegeräte, über die der sich doch die Frage, wie lange das so bleiben wird. Auch Ausweis mit einem Computer verbunden wird. Dies noch so sichere technische Systeme werden inzwischen birgt jedoch ein großes Sicherheitsproblem, da viele in ziemlich kurzen Zeiträumen überwunden. Da wäre es Computer ungenügend geschützt sind. Deutschland be- naiv, anzunehmen, dass dies nun ausgerechnet bei die- fand sich Anfang des Jahres auf der Rangliste der Länder sem Produkt, dessen Überwindung Kriminellen unge- mit den meisten infizierten Rechnern auf Platz drei. ahnte Möglichkeiten bietet, anders sein sollte. Nach Schätzungen von IT-Sicherheitsexperten sollen mehrere Hunderttausend Rechner in Deutschland von Es muss hier auch noch einmal festgehalten werden, sogenannten illegalen Botnetzen genutzt werden. Auf dass die angeblich fehlende Sicherheit des jetzigen Per- den infizierten und gekaperten Rechnern befinden sich sonalausweises Ihnen nur als populärer Vorwand für ein ohne Wissen der Benutzerinnen und Benutzer Schadpro- Projekt diente, das die Bürgerinnen und Bürger nie ge- gramme, mit deren Hilfe die Ressourcen des PCs von braucht und auch nicht gewollt haben. Es ging und geht (B) Kriminellen unbemerkt genutzt und auch PINs von Ihnen um die Schaffung eines Marktes für biometrische (D) Bankkonten ausgeforscht werden können. Die Sorge um Techniken, um ihre möglichst umfassende Einführung die Sicherheit der persönlichen Daten ist in Deutschland und darum, einen großen Teil der Entwicklungskosten also zu Recht groß. Einer aktuellen Studie des IT-Dienst- via Steuergelder und Gebühren den Bürgerinnen und leisters Unisys zufolge würden jedoch nur wenige Bür- Bürgern in Rechnung zu stellen. Dafür nehmen Sie sogar ger für mehr Schutz auch einen größeren Aufwand be- eklatante Risiken in Kauf und zwingen die Bürgerinnen treiben. 72 Prozent, der in dieser Studie in Deutschland und Bürger in eine biometrische Marktgemeinschaft. Befragten, machen sich ernsthaft Sorgen um einen mög- Auch wer ganz sicher gehen will und die auf den Markt lichen Identitätsdiebstahl. Dennoch hielten sich die per- geworfenen unsicheren Billigprodukte von Lesegeräten sönlichen Anstrengungen für die eigene Datensicherheit nicht nutzen will, wer weiß, dass eine nichtprofessio- in Grenzen. Nur 37 Prozent der Befragten würden zum nelle, gängige Sicherheitsstruktur des privaten PCs nie Beispiel schwer zu knackende Passwörter nutzen und sie ganz sicher sein kann, wer die teuren und heute halb- regelmäßig ändern, und 19 Prozent hält ihre Antiviren- wegs sicheren Komfortlesegeräte nicht kaufen kann oder software nicht auf dem aktuellen Stand. In einer solchen will, wer aus diesen guten, vernünftigen Gründen be- Situation Pflichtdokumente mit einem Identitätsschlüs- stimmte Funktionen des nPA nicht benutzen will, der fi- sel für Internetgeschäfte und E-Government zu verknüp- nanziert trotzdem das ganze Projekt mit, weil jede und fen und dabei den Bürgerinnen und Bürgern auch noch jeder verpflichtet ist, einen Personalausweis zu benut- Sicherheit vorzugaukeln, ist hochgradig unverantwort- zen. Hier wird bewusst und zwangsweise eine unsichere lich. Technik auf Kosten der kritischen Nutzerinnen und Nut- Wenn man aber versucht, durch die Hardware einem zer eingeführt. Missbrauch möglichst gut vorzubeugen, sollte man laut Eine solche Politik lehnen wir strikt ab. Identitäts- Innenministerium einen vom Bundesamt für Sicherheit schlüssel für Internet und E-Government dürfen auf kei- in der Informationstechnik, BSI, zertifizierten Standard- nen Fall mit Pflichtdokumenten kombiniert werden. Der oder besser noch Komfortleser benutzen. Doch die der- Antrag der Grünen hat daher unsere volle Unterstützung. zeit zur Verfügung stehenden Lesegeräte sind Mangel- ware: Bislang sind überhaupt erst drei Modelle offiziell zertifiziert, von deren Benutzung das Bundesinnen- Wolfgang Wieland (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): ministerium aber aus Sicherheitsgründen abrät, da alle Nächste Woche soll es nun so weit sein: Der vom Bun- drei Geräte nur Basisleser sind, deren Sicherheitspro- desinnenminister gepriesene neue Personalausweis bleme der Chaos Computer Club erst kürzlich nachwei- kommt in die Ämter. Dort teilt man die Begeisterung des Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7381

(A) Ministers keineswegs; denn vor Ort bedeutet der neue eben nicht. Niemand kann seriös für zehn Jahre die Si- (C) Ausweis vor allem höhere Kosten und mehr Arbeit. cherheit garantieren; das lässt die rasante technische Ent- wicklung nicht zu. Also müsste man, bei entsprechend Landauf, landab rechnen die Kämmerer mit roten hohen Kosten, die Karte häufiger austauschen. Die ho- Zahlen. Von den drastisch gestiegenen Gebühren von hen Anschaffungskosten entstehen übrigens allen, auch 28,80 Euro, die von den Bürgerinnen und Bürgern zu denen, die von den neuen Funktionen keinen Gebrauch zahlen sind, gehen gerade einmal sechs Euro an die machen wollen. kommunalen Ämter. Die rechnen aber mit zehn bis 15 Euro anfallenden Kosten. Für den neuen Ausweis Wie praktisch die neue Karte sein wird, hängt zudem braucht es nämlich zwei- bis viermal so viel Beratungs- sehr stark von der Akzeptanz bei den Unternehmen ab. zeit wie für den bisherigen; entsprechend ist der Perso- Die Bundesregierung hat uns jüngst gesagt, noch nicht nalbedarf. Und da sind die Kosten für neue Computer, zwei Dutzend würden sich dafür interessieren, und dieje- Anpassung der Einrichtung, Verkabelung, Beschaffung nigen, die dies interessiert, stellen fest: Um die sichere von ausreichenden Sicherheitsschränken und nicht zu- Übertragung zu gewährleisten, muss in teure Infrastruk- letzt die Schulung des Personals noch gar nicht mit ein- tur oder entsprechende Dienstleistungen investiert wer- gerechnet. Faktisch subventionieren die Kommunen je- den. Ich bin skeptisch, ob kleine und mittelständische den Ausweis nach eigenen Angaben mit bis zu neun Unternehmen sich das leisten können und leisten werden Euro – und das in Zeiten knapper Kassen, die von und ob damit der Nutzen wirklich so groß ist. Schwarz-Gelb noch weiter geleert werden. Auch die Hohe Kosten, unklarer Nutzen, ungewisse Sicherheit – Bürgerinnen und Bürger haben nicht „mehr netto“, son- das sind drei Argumente, die dafür sprechen, den Aus- dern zahlen, auch wenn sie die neuen Funktionen gar weis Ausweis sein zu lassen, also beim bisherigen Perso- nicht haben wollen, fast 20 Euro mehr für ihren Aus- nalausweis zu bleiben. Die eID-Funktion sollte besser weis. – Das ist die eine Subvention, um den neuen Aus- auf einer separaten Karte eingeführt werden. Dann kann weis so schnell wie möglich unters Volk zu bringen. sich dafür entscheiden – und bezahlen –, wer will. Die zweite Subvention sind die Lesegeräte. Der Bund verschenkt handliche kleine Kartenleser, mit denen die elektronische Identifikationsfunktion vom heimischen Anlage 15 PC aus genutzt werden kann. Schade nur, dass man hier Zu Protokoll gegebene Reden ausnahmsweise mal gespart hat und nur Geräte der un- tersten Sicherheitsstufe verteilt. Die lassen auf schlecht zur Beratung: geschützten Computern – und von denen gibt es Hun- – Beschlussempfehlung und Bericht: Deutsch- (B) derttausende – Datendieben die Hintertür weit offen. lands Verantwortung für die Gesundheit in (D) Das hat auch eine Studie ergeben, die das BMI selbst be- Entwicklungsländern – Vernachlässigte auftragt hatte. Eine Alternative gibt es allerdings kaum: Krankheiten bekämpfen, Kinder- und Müt- Die ins Feld geführten sichereren Leser mit entsprechen- tersterblichkeit verringern und Globalen der Zertifizierung des BSI sind noch gar nicht auf dem Fonds stärken Markt. – Antrag: „Global Health Governance“ stär- Das führt zu den konkreten fachlichen Bedenken. Zu- ken – Gesundheitsversorgung in Entwick- nächst: Ist dieser Ausweis nötig? Als neue Version des lungs- und Schwellenländern voranbringen Personalausweises sicher nicht. Das jetzige Modell ist fälschungssicher, wie uns auch der sonst nicht zum Aus- (Tagesordnungspunkt 22 a und b) räumen von Sicherheitsbedenken neigende BKA-Präsi- dent bestätigt hat. Als Personalausweis ist das neue Mo- Sabine Weiss (Wesel I) (CDU/CSU): Gesundheit in dell eher unsicherer; da bleibt die Gefahr des den Entwicklungsländern – darüber sind wir uns sicher unbefugten, heimlichen Auslesens der Daten auf dem schnell einig – ist nach wie vor ein Thema, bei dem noch RFID-Chip. Warum auch der Fingerabdruck gespeichert dringender Handlungsbedarf besteht. Nach wie vor ster- werden kann, bleibt das Geheimnis der Regierung. Sie ben jährlich 8 Millionen Kinder an vermeidbaren Krank- hat offenbar keinen wirklichen Grund zur Erhebung des heiten, bevor sie das fünfte Lebensjahr vollendet haben. Abdrucks; sonst wäre die Speicherung verpflichtend. Wo Nach wie vor sterben 350 000 Frauen an Geburtskompli- aber kein Grund genannt werden kann, muss der Staat kationen, die eigentlich mit relativ wenig Aufwand ver- auf die Erfassung verzichten. mieden werden können. Ich will hier gar nicht tiefer in die Analyse gehen; das alles haben wir in unseren Unter- Bis hierhin also nichts Neues durch den neuen Aus- lagen, und das ist in dem heute vorliegenden Antrag der weis. In der Tat neu ist die elektronische Identifikations- SPD ja auch in allen Einzelheiten detailliert dargelegt funktion. Damit soll man sich gegenüber zertifizierten und analysiert. Onlinehändlern ausweisen können. Das hat ein paar Fußangeln in Sicherheitsfragen – die Problematik der Wir sind uns einig, dass hier Handlungsbedarf gege- Lesegeräte habe ich genannt –, auch wenn hier im We- ben ist, und dem stellen wir uns: Weltweite Gesundheit sentlichen mit wirklich aktueller Sicherheitstechnik ge- ist ein Schwerpunktthema der deutschen Entwicklungs- arbeitet wurde. Nur: Aktuell bleibt nicht aktuell. Der zusammenarbeit. Auch international ist das Thema Ge- Ausweis soll zehn Jahre gelten. Für einen Personalaus- sundheit endlich weiter ins Zentrum gerückt. Zunächst weis ist das richtig, aber für ein sensibles IT-Produkt hatten wir alle mit Sorge zur Kenntnis genommen, dass 7382 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) die Millenniumsziele vier und fünf zu denen gehörten, in ben und dass ich nicht die Verantwortung dafür überneh- (C) denen bislang noch am wenigsten Fortschritte erzielt men möchte, dass Menschen wieder am HIV-Virus ster- werden konnten. Aber tatsächlich ist es in diesem Jahr ben, weil wir unsere Finanzierung zurückgezogen haben. endlich gelungen, diese „vergessenen Ziele“ ganz oben auf die internationale Tagesordnung zu setzen. Diese Diskussion haben wir leidenschaftlich geführt, und das Ergebnis kann sich sehen lassen: 200 Millionen Beim G-8-Gipfel und auf der New Yorker Konferenz Euro im kommenden Jahr und Verpflichtungsermächti- zum Stand der Millenniumsziele standen die Fragen der gungen in gleicher Höhe für 2012 und 2013. Damit ist weltweiten Gesundheit immer wieder an prominenter Deutschland nach wie vor der drittgrößte Geber welt- Stelle, und da wurde nicht nur diskutiert, da sind auch weit. Das sollten wir zur Kenntnis nehmen und nicht so- ganz handfeste Beschlüsse gefasst worden. Auf dem fort wieder kleinreden. 600 Millionen für drei Jahre, das G-8-Gipfel gab es die Muskoka-Initiative mit der Zu- sind keine Peanuts, und das ist keine nationale Schande. sage, zwischen 2011 und 2015 5 Milliarden US-Dollar 600 Millionen Euro sind eine Menge Geld, und damit zusätzlich für die Verbesserung der Mütter- und Kinder- wird weltweit eine Menge Gutes bewirkt. Natürlich ist gesundheit auszugeben. Klares Ziel ist es, die Kinder- mehr schöner. Wem sage ich das? Mehr Geld ist immer sterblichkeit um 1,3 Millionen Leben zu verringern, die gut und hilfreich; auch mir fielen sofort etliche Bereiche Müttersterblichkeit um zusätzliche 64 000 Leben zu sen- ein, wo ich zugunsten der Weltgesundheit Gelder um- ken und 12 Millionen Paaren die Möglichkeit zu geben, schichten würde. Wir alle wünschen uns unbegrenzte selbstbestimmt zu verhüten. Mittel; aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert. Auf dem MDG-Gipfel wurde die 40-Milliarden-Dol- Seien wir ehrlich: Vor dem Hintergrund der Schulden- lar-Strategie der Vereinten Nationen zur Erreichung der bremse und mit Blick auf die streckenweise drastischen Millenniumsziele vier und fünf formuliert – ein Aktions- Kürzungen in anderen Etats kann sich der Etat für die plan, der in beispielhafter Weise auf das Zusammenspiel Entwicklungszusammenarbeit nicht nur sehen lassen; es von Staaten, nichtstaatlichen Organisationen und Zivil- ist sogar ein guter Haushalt. Zusammen mit dem Bil- gesellschaft setzt. In der Tat muss dies Hand in Hand ge- dungshaushalt ist der Bereich der wirtschaftlichen Zu- hen; das Thema Gesundheit ist nicht erfolgreich von sammenarbeit und Entwicklung der einzige, der nicht oben herab zu regeln. Hier kann jeder selbst Verantwor- nur nicht gekürzt wurde, hier gibt es sogar eine, wenn tung übernehmen, und wir müssen dafür sorgen, dass auch kleine, Steigerung. Das zeigt den Stellenwert des dies auch den Menschen in den armen Ländern möglich Themas, das zeigt den Einsatz der Kolleginnen und Kol- wird. legen im Ausschuss, das zeigt den Einsatz des Ministers, und das sollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von Deutschland hat in diesem Sommer ebenfalls kon- der Opposition, dann auch einmal positiv zur Kenntnis (B) krete Zusagen gegeben: Zusätzlich zu den bisher jährlich nehmen. (D) 300 Millionen Euro für MDG 4 und MDG 5 werden wir in den kommenden fünf Jahren im Rahmen der Mus- Bei der Einbringung Ihres Antrags habe ich schon ge- koka-Initiative noch einmal 400 Millionen Euro für sagt: Wenn man die finanziellen Bedürfnisse Ihrer mehr Gesundheit weltweit zur Verfügung stellen. 34 Forderungen grob überschlägt, hätten Sie diese selbst in Zeiten von Rot-Grün nicht durchsetzen können. Das Ich sage daher: Dieser Sommer 2010 war ein guter Gleiche gilt für Ihre Forderungen nach mehr Geld für Sommer für die Gesundheit von Kindern und Müttern. den Globalen Fonds und im Entwicklungsetat allgemein. Dieser Sommer war ein guter Sommer für die Schwächs- Das lässt sich wohlfeil fordern; aber wenn es um die ten und Verletzlichsten auf unserer Erde. Vergessen wir Durchsetzung geht, dann haben wir uns doch mit unse- nicht: Die Folgen der Weltwirtschaftskrise waren und ren Haushältern und mit nicht minder berechtigten Be- sind die unangenehmen Wegbegleiter bei allen politi- gehrlichkeiten der anderen Fachressorts auseinanderzu- schen Entscheidungen, national wie international, und setzen. Wenn Sie dann einmal ehrlich sind, dann wissen dies wird sich in den nächsten Jahren auch nicht so Sie quer durch die Fraktionen: Die Nachrichten vom schnell ändern. Wenn es in einer solchen Situation ge- Sommer 2010 sind gute Nachrichten für die Gesundheit lingt, nicht nur den Status quo zu halten, sondern sogar weltweit. noch mehr Mittel bereitzustellen, dann ist das eine gute Nachricht für die weltweite Gesundheit, und dies lassen Herzlichen Dank an alle, die hierzu beigetragen ha- wir uns auch nicht kleinreden. ben, hier im Parlament, im Ministerium, aber auch und besonders bei unseren Partnern in den NGOs, den Kir- Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, chen und den Entwicklungshilfeträgern vor Ort. versuchen, uns in eine Ecke zu drängen, in der wir uns quasi herzlos und kalt aus der Verantwortung für den Globalen Fonds stehlen wollen. Das will ich so nicht un- Sibylle Pfeiffer (CDU/CSU): Neben der Würde des kommentiert stehen lassen, weil es nicht der Wahrheit Menschen sind die körperliche Unversehrtheit und die entspricht. Natürlich ist der Globale Fonds keine heilige eigene Gesundheit das höchste Grundrecht, das wir be- Kuh. Man darf seine Wirksamkeit hinterfragen und so- sitzen. Um das zu gewährleisten, brauchen wir ein funk- gar kritisch überprüfen, ob das Geld, das wir Jahr für tionierendes Gesundheitswesen. Doch gerade das fehlt Jahr dort hineingeben, auch gut angelegtes Geld ist. Das in vielen Ländern. Daher sind der Aufbau und die Unter- ist weder herzlos noch kalt, sondern unsere Aufgabe als stützung von funktionierenden Gesundheitsstrukturen in verantwortliche Politikerinnen und Politiker. Aber ich den Partnerländern der deutschen Entwicklungszusam- sage auch, dass wir derzeit kein besseres Instrument ha- menarbeit einer der Schwerpunkte unserer Arbeit. Das Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7383

(A) BMZ hat dazu ein eigenes Sektorkonzept erarbeitet, und dern Subsahara-Afrikas und Südasiens. Dass vor dieser (C) auch unsere Durchführungsorganisationen messen dem menschlichen Katastrophe die Welt nicht die Augen ver- Recht auf Gesundheit eine hohe Bedeutung zu. Doch lei- schließt, ist richtig und nachvollziehbar. der stößt unsere Arbeit oftmals an Grenzen: Mit unseren begrenzten Mitteln schaffen wir es nicht immer, die Part- Das kaum vorhandene medizinische nationale Fach- nerländer beim Aufbau ihrer Gesundheitssysteme so er- personal arbeitet oft in Projekten der NROs oder der in- folgreich zu unterstützen, wie wir alle uns das wünschen. ternationalen Geber, und das häufig für Gehälter, die Die Gründe dafür sind von Land zu Land, von Region zu weit über dem Landesüblichen liegen, oder es wandert Region unterschiedlich. gar in den reichen „Norden“ ab. Bei unserer Arztdichte muss man auch den eigenen Anspruch an das deutsche Leider wird in der deutschen Debatte dieses Thema Gesundheitswesen einmal kritisch hinterfragen. Im Er- auf Fragen der Wirkstoffforschung und Arzneimittel- gebnis fehlt den staatlichen Gesundheitssystemen somit preise oder die Rolle der internationalen Institutionen das Personal, um wenigstens eine flächendeckende Ba- und Organisationen verkürzt. Das ist zweifelsohne sehr sisversorgung für die eigene Bevölkerung organisieren wichtig; aber selbst unter idealtypischen Bedingungen zu können, durch die eine Vielzahl Menschenleben ge- hätte ich immer noch gewaltige Probleme in den Län- rettet würde. Projekte von außen können das nicht leis- dern vor Ort. Daher ist die zentrale Frage wie in vielen ten, da sie örtlich begrenzt sind, mitunter nur bestimmte anderen Sektoren der Entwicklungszusammenarbeit medizinische Indikationen behandeln oder nur einen ge- auch: Sind die Partnerländer vor Ort sowohl in der Lage ringen Teil der Bevölkerung erreichen. als auch willens, ihre Aufgaben wahrzunehmen und ent- sprechende Politiken umzusetzen? Denn es gibt viele Mein Appell richtet sich daher an ein Umdenken über Faktoren, die den Aufbau funktionierender Gesundheits- unsere Art der Unterstützung. Wir müssen die Strukturen systeme behindern, manche sind hausgemacht, in eini- in den Partnerländern verbessern und sie so in die Lage gen Fällen müssen wir uns – auch die Zivilgesellschaft – versetzen, funktionierende Gesundheitssysteme aufzu- an die eigene Nase fassen. bauen. Alle Hilfe von außen und Projekte der Zivilge- sellschaft können das nicht ersetzen, sondern nur ergän- Den Ministerialbehörden der Partnerländer fehlen oft- zen. Um das zu erreichen, braucht es viel Zeit, Beratung mals das Personal, die Strukturen, die Haushaltsmittel und Geldmittel und eine internationale Abstimmung der und manchmal leider auch – ich sage es einmal euphe- Geber, internationaler Organisationen und NROs. In na- mistisch – der politische Wille, um mit Unterstützung tionalen Alleingängen sind unser Einfluss und unsere der Gebergemeinschaft ein flächendeckendes Gesund- Wirkung begrenzt. heitssystem aufzubauen. Sie sind überfordert und kaum in der Lage, langfristige und tragfähige Konzepte zu ent- Aber auch die WHO muss dringend reformiert wer- (B) (D) werfen und dann auch umzusetzen. Trotz all der Erfolge den, um eine zentralere Rolle zu spielen. In Fragen der beispielsweise bei der Erforschung neuer Wirkstoffe Effizienz ist das Wirken der WHO alles andere als opti- fehlt es dann an den Strukturen vor Ort, um diese auch mal. Ich kann daher einigen Passagen im Antrag der effektiv zur Bekämpfung der sogenannten vernachläs- Grünen durchaus zustimmen. Nur: Mir fehlt hier die sigten Krankheiten einsetzen zu können. Hinzu kommen klare Aufforderung an die nationalen Regierungen der Faktoren wie Armut, Hunger und fehlende finanzielle Entwicklungsländer, auch ihre Hausaufgaben zu ma- Ressourcen, die für humanitäre Katastrophen Ursache chen; denn auch sie tragen eine große Mitverantwortung und Folge zugleich sind. für die Schwierigkeiten, vor denen wir stehen. Vor über zwei Jahren haben wir im Bundestag schon Doch trotz aller Hiobsbotschaften gibt es auch Indizes über diesen Teufelskreislauf diskutiert. Ich zitiere: und Meldungen, die Mut machen. So stieg die gesund- „Krankheiten sind nicht nur die Folge der Armut, son- heitsrelevante Entwicklungszusammenarbeit, ODA, von dern auch deren Ursache. Arme Menschen werden weltweit knapp 7 Milliarden US-Dollar im Jahr 2000 auf krank, und kranke Menschen werden arm.“ Doch diesen mehr als 17 Milliarden US-Dollar im Jahr 2008. Da- Teufelskreislauf zu durchbrechen, ist unheimlich schwer. durch konnte beispielsweise die Kindersterblichkeit trotz Ohne die Schaffung eines entsprechenden Gesundheits- erheblicher regionaler Unterschiede weltweit deutlich systems wird wirtschaftlicher Aufschwung verhindert, abgesenkt werden: zwischen 1990 und 2007 um 27 Pro- und ohne wirtschaftlichen Aufschwung gibt es kaum zent. Aussicht auf eine funktionierende Krankenversorgung für eine ganze Gesellschaft. Dadurch entsteht menschli- Vor allem die Länder Subsahara-Afrikas haben den ches Leid gerade im ländlichen Raum der ärmsten Län- Anschluss aber noch nicht geschafft, und die menschli- der, welches internationale Nichtregierungsorganisatio- chen Katastrophen, die sich dort abspielen, sind Grund nen und die Gebergemeinschaft lindern wollen. Sie genug, weiter in den Sektor Gesundheit zu investieren. bauen örtliche Krankenstationen auf, kümmern sich um Denn sie sind eine moralische Katastrophe für den Rest die Behandlung von Epidemien oder die Versorgung von der Menschheit. jungen Müttern und ihren Kindern. Doch trotz aller Be- mühungen sterben jedes Jahr fast 9 Millionen Kleinkin- Karin Roth (Esslingen) (SPD): Der Antrag der SPD, der an Krankheiten, die größtenteils vermeidbar wären – den wir heute beraten, ist ein Arbeitsprogramm für eine sogar mehr als an HIV/Aids, Malaria und Tuberkulose, notwendige, kohärente und zielorientierte Gesundheits- auf die sich die Debatte manchmal konzentriert. Über politik für die Entwicklungsländer, um die gesundheits- 7 Millionen dieser Opfer stammen aus den ärmsten Län- bezogenen Millenniumsentwicklungsziele bis 2015 auch 7384 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) nur annähernd erreichen zu können. Der Bundesregie- Instrument hierzu sind die sogenannten Produktentwick- (C) rung würde es nicht schaden, sich an diesem Antrag zu lungspartnerschaften. orientieren. Immerhin – das möchte ich ausdrücklich als positiv Bei Regierungsantritt hieß es, Gesundheit sei ein erwähnen – ist das Forschungsministerium jetzt in die Schwerpunkt in der künftigen Entwicklungszusammen- Förderung der Produktentwicklungspartnerschaften ein- arbeit. Was das bedeutete, hat man gesehen: Sofort soll- gestiegen. Das begrüßen wir ausdrücklich. Aber was für ten dem Globalen Fonds die für 2010 zugesagten Mittel ein zögerlicher, halbherziger Anfang. Die Summen, die gestrichen werden. Und so ging es weiter. Ab 2012 soll- Sie dafür vorsehen, sind gemessen am Bedarf und im in- ten die bisherigen 200 Millionen Euro jährlich wegfal- ternationalen Vergleich sehr, sehr bescheiden. Daher for- len. Nur Protest von NGOs und Opposition hat die Ko- dern wir eine erhebliche Aufstockung der Gesamtmittel. alition, den Minister und die Bundeskanzlerin vor einer internationalen Blamage bewahrt. Jetzt sind im Haushalt Es geht hier nicht nur um die Entwicklung ganz neuer immerhin Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre Medikamente, sondern auch um eine Verbesserung der 2012 und 2013 jeweils in Höhe von 200 Millionen Euro Effizienz. Wenn Sie eine Therapie haben, die über Wo- eingestellt. chen eine regelmäßige Einnahme verlangt, können Sie sich in etwa vorstellen, was im Feld passiert. Geforscht Mittelstreichung, Brechen von internationalen Zusa- werden muss daher auch an Therapien, die kürzer, gen, fehlende Konzepte und Orientierungslosigkeit schneller und mit geringeren Nebenwirkungen laufen. kennzeichnen das Agieren des Ministers im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit insgesamt und im Ge- Ebenso wichtig wie die Entwicklung neuer Medika- sundheitsbereich insbesondere. Monate nach der Zusage mente und Impfstoffe ist der Zugang zu preiswerten Ge- der Kanzlerin auf dem G-8-Gipfel in Kanada, 80 Millio- nerika und Medikamenten. Das TRIPS-Abkommen hat in nen Euro pro Jahr für die Bekämpfung von Mütter- und Verbindung mit der Doha-Erklärung die richtigen Voraus- Kindersterblichkeit zusätzlich bereitzustellen, weiß man setzungen geschaffen. Jetzt muss die Bundesregierung im Ministerium nicht, wie man diese Zusage realisiert. aber dafür Sorge tragen, dass nicht plötzlich durch soge- Man hat schlicht keine Ahnung. Und so geht es weiter. nannte TRIPS-plus-Abkommen genau dieser Geist un- Dabei ist es ganz einfach, liebe Kolleginnen und Kolle- terlaufen wird. Ich fordere die Bundesregierung noch gen von der Regierungskoalition. Mit diesem Antrag ha- einmal nachdrücklich dazu auf, beispielsweise beim ben Sie ein Arbeitsprogramm, dass Sie Punkt für Punkt kurz vor dem Abschluss stehenden EU-Indien-Handels- abarbeiten könnten. Ich weiß, dass in Ihren Reihen als abkommen streng darauf zu achten, dass in der Frage der Gegenargument zu dem Antrag lediglich die angeblich Generika keine Rückschritte zugunsten der Pharmain- dustrie und zulasten der Gesundheit von Millionen Be- (B) fehlende Gegenfinanzierung genannt wird. Lesen Sie (D) den ganzen Antrag; auch zu diesem Punkt werden Sie dürftigen gemacht wird. Vorschläge finden, wie zum Beispiel die Einführung ei- Wenn wir auch nur annähernd die gesundheitsbezoge- ner Finanztransaktionsteuer auch zur Finanzierung der nen Millenniumsziele erreichen wollen, müssen wir han- Entwicklungszusammenarbeit. deln und Geld in die Hand nehmen. Das Ziel einer ODA- Ich möchte hier einige Punkte herausgreifen. Der Quote von 0,51 Prozent für 2010 wurde weit verfehlt. Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose Wir müssen die WHO stärken und reformieren, damit sie und Malaria ist eines der effizientesten und wirksamsten wieder die Leitfunktion in globalen Gesundheitsfragen Instrumente zur Bekämpfung der drei großen Krankhei- übernehmen kann. Wir müssen den Partnerländern dabei ten, die jedes Jahr Millionen Menschenleben kostet. Es helfen, ihre Gesundheitssysteme auf- und auszubauen. ist eine deutlich höhere Unterstützung notwendig, um Wir müssen mehr Gesundheitspersonal ausbilden und Menschenleben zu retten; dabei bleiben wir. Eine ähnli- verhindern, dass es nach Europa oder sonstwohin ab- che Wirkung im Kampf gegen die „großen Drei“ kann wandert. Wir müssen den Zugang zu Medikamenten ver- man nicht mit bilateralen Instrumenten, wie von Minis- bessern, die Effizienz steigern und neue Medikamente ter Niebel angestrebt, erreichen. Der Globale Fonds ist entwickeln. eines der Argumente, warum das verbohrte Beharren auf Zu all den notwendigen Schritten gibt es sowohl be- eine Mittelverteilung von zwei Drittel bilateral zu einem währte Instrumente und Maßnahmen als auch neue und Drittel multilateral weder zielführend noch ergebnisori- innovative. In unserem Antrag haben wir Ihnen die not- entiert ist. Das sagen nicht nur wir; das können Sie auch wendigen und machbaren Schritte aufgezeigt und auch im neuen DAC-Peer-Review nachlesen – vielleicht glau- zur Finanzierung entsprechende Vorschläge wie die Fi- ben Sie ja dem. Auch ein gebetsmühlenartiges Wieder- nanztransaktionsteuer gemacht. Jetzt sind Sie am Zuge. holen, dass dies im Koalitionsvertrag stünde, gibt dem Handeln Sie, denn es geht um die Glaubwürdigkeit Ganzen keinen wirklichen Sinn. Deutschlands in der Welt. Zweitens. Verfügbarkeit und Zugang zu Medikamen- ten ist für die Bekämpfung der Krankheiten entschei- Helga Daub (FDP): Gesundheit in den Entwick- dend. Die vernachlässigten Krankheiten fordern in den lungsländern ist ein Thema in der Entwicklungspolitik, Entwicklungsländern Millionen von Toten, insbesondere das erfreulicherweise immer mehr in den Focus des Inte- von Kindern. Daher sind die Forschung und die Ent- resses rückt. Das zeigt unter anderem die Einsetzung des wicklung entsprechender Medikamente und Impfstoffe Unterausschusses Gesundheit in den Entwicklungslän- von essenzieller Bedeutung. Ein besonders effizientes dern – ein Zeichen des Willens, diesen Bereich zum Er- Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7385

(A) folg zu führen. Das heißt, der Deutsche Bundestag er- Widersprechen möchte ich Ihrer Forderung, „auf eu- (C) kennt die Bedeutung des Themas und will sich den ropäischer Ebene dafür Sorge zu tragen, dass nicht wei- drängenden Fragen zur Gesundheitsversorgung in Ent- terhin unter Berufung auf das TRIPS-Abkommen Gene- wicklungsländern nachdrücklich widmen. rika, die sich lediglich im Transit befinden, beschlag- nahmt werden“. Hier bleiben wir bei unserer Ablehnung; In der Zielsetzung sind wir uns oft über die Fraktions- denn Beschlagnahmungen von Generika im deutschen grenzen hinaus näher, als man glauben könnte. Der hier Transit sind sinnvoll, wenn der dringende Verdacht be- vorliegende Antrag der SPD-Fraktion ist ein gutes Bei- steht, dass diese eine Fälschung sein könnten. Das gilt spiel hierfür, auch wenn er in einigen Punkten bereits auch dem Schutz der Empfänger. Die Vorgehensweise veraltet ist. Ich meine damit zum Beispiel die Forderun- bleibt nötig, um sicherzustellen, dass keine gesundheits- gen zwei und drei, die das Vorfeld des Milleniumgipfels gefährdenden Medikamente in Umlauf geraten. und der Wiederauffüllungskonferenz für den Global Fund in New York betreffen. Hier konnten wir im Zuge Erlauben Sie mir noch ein Wort zur ODA-Quote. Wir der Haushaltsberatungen schon wichtige Schritte gehen; haben schon so viel darüber gesprochen, diskutiert und wir alle hoffen, dass der Antrag des AWZ, den Global uns auch Unsachliches dazu an den Kopf werfen lassen Fund auch im Bundeshaushalt 2011 und darüber hinaus müssen. Noch einmal: Diese Bundesregierung hat sich mit 200 Millionen Euro für die nächsten Jahren zu unter- von Beginn an der ODA-Quoten-Herausforderung ge- stützen, den Haushaltsausschuss passieren wird. stellt; sie kennt die Problematik, weiß, wie – ich möchte hier unseren Minister zitieren – „sportlich“ diese He- Die FDP-Fraktion teilt, wie Sie wissen, viele Ansich- rausforderung ist. Leider blenden Sie, liebe Kolleginnen ten, insbesondere was die Forschung bei vernachlässigten und Kollegen der SPD, wie so oft auch in diesem Antrag Krankheiten oder die Rolle der Bekämpfung von Tuber- völlig aus, dass die Verantwortung der letzten elf Jahre kulose, Malaria und Aids bei der Senkung der Kinder- in ihren Reihen lag. Das Ziel teilen wir, aber einseitige und Müttersterblichkeit, zweier wesentlicher Millenium Schuldzuweisungen nicht. Es wäre besser gewesen, der Development Goals – die Ziele vier und fünf –, spielt. Versuchung zu widerstehen, in diesem Antrag gebets- Die Rückschlüsse und Forderungen, die die SPD in die- mühlenartig die ODA-Quote zu wiederholen. sem Antrag zieht bzw. stellt, sind allerdings nur bedingt teilbar. Wir hatten in der letzten AWZ-Sitzung ja ausrei- Somit wird die FDP-Fraktion, trotz vieler inhaltlicher chend Gelegenheit, uns über die Forderungen, die in die- Gemeinsamkeiten, die wir mit der SPD bezüglich der sem Antrag aufgelistet sind, zu unterhalten. Verbesserung der Gesundheit in Entwicklungsländern haben, diesem Antrag nicht zustimmen können. Der GFATM ist zweifellos ein wichtiges Instrument Ich komme nun zum zweiten Antrag, den wir heute (B) zur Bekämpfung von HIV/Aids, Malaria und Tuberku- hier debattieren, zu dem Antrag der Grünen zum Thema (D) lose. Doch eine Verengung und alleinige Konzentration „Global Governance stärken“. Herr Kekeritz, Sie und auf den GFATM im Kampf gegen diese Krankheiten Ihre Kollegen haben hier einen fachlich und sachlich gu- wird den Gegebenheiten vor Ort nicht gerecht. Auch ten Antrag formuliert, dem wir in vielen Punkten zustim- darf man bei aller Wertschätzung nicht den kritischen men könnten. Sie beschreiben zu Recht den Handlungs- Blick verlieren. Auch wir schätzen die Arbeit des Global bedarf bezüglich Koordination, Übersichtlichkeit und Fund; aber man muss darauf achten, ihn nicht zum „All- Effizienz innerhalb der WHO und ihre zukünftige Rolle heilmittel“ zu stilisieren. Der GFATM ist ein Instrument, betreffend. Auch Ihrer Aufforderung, die WHO möge das ambulante Hilfe leistet, aber weniger dazu geeignet ihre Kooperation mit der WTO, World Trade Organisa- ist, gesundheitliche Basisversorgung und Infrastruktur tion, und der WIPO, World Intellectual Property Organi- zu gewährleisten. Hier will die Bundesregierung mit den sation, verstärken, stimmen wir, ergänzt um die bilateralen Projekten, die Deutschland in den Partnerlän- UNCTAD, United Nations Conference on Trade and De- dern durchführt, langfristige Strukturen schaffen, die velopment, zu. selbsttragende Gesundheitsversorgung sichern kann. Dieser Antrag wäre in vielen Punkten grundsätzlich Nicht zuletzt muss natürlich auch auf die Haushalts- zustimmungsfähig, wäre nicht die völlige Konzentration lage geachtet werden, die derzeit keinerlei Erhöhungen auf die WHO. Selbst bei deren Reformierung und Stär- über das Maß hinaus duldet. So wünschenswert eine kung würden wir uns das Recht vorbehalten, auch bilate- deutliche Finanzierungserhöhung für viele gute Organi- rale Unterstützung im Gesundheitsbereich zu leisten. sationen wäre – solange wir nicht den Goldschatz am Natürlich wollen wir als drittgrößter Geber zum regulä- Ende des Regenbogens gefunden haben, bleiben diese ren Haushalt der Weltgesundheitsorganisation diese vo- Forderungen Wunschdenken, die bei manchem Ihrer ranbringen und nutzen, um essenzielle Beiträge zur Ver- Kollegen bis hin zur unseriösen Gaukelei reichen. besserung der Weltgesundheit zu leisten. Liebe Frau Roth, die SPD weist in ihrem Antrag zu Wo wir als FDP großen Handlungsbedarf sehen, ist in Recht auf die bedeutende Rolle der Forschung hin, deren der Umsetzung der gesteckten Ziele und in gewisser Ziel die Entwicklung von neuen und effizienteren Thera- Weise auch in Bezug auf die Maßnahmen. Finanzierung pien ist. Seien Sie versichert: Da stehen wir Seite an von Gesundheit ist für uns ein produktives Investment, Seite. Wir wollen auch darauf drängen, dass dieser so das dem Dreiklang von Armutsbekämpfung, Menschen- wichtige Bereich stärker gefördert wird, um somit auch rechten und Wirtschaftswachstum zugutekommt. Nur die großen Forschungspotenziale zu nutzen, die wir hier gesunde Menschen sind in der Lage, sich selbst zu hel- in Deutschland haben. fen. Wir müssen auch zur Kenntnis nehmen, dass dort, 7386 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010

(A) wo Regierungen noch nicht einmal in der Lage sind, eine Sterben weggeschickt werden müssen, weil kein Geld (C) Basisgesundheitsversorgung zu gewährleisten, viele pri- mehr für die nötigen Medikamente vorhanden ist. vate und gemeinnützige Projekte bei der Bereitstellung Ärzte ohne Grenzen hat diesen Umstand folgender- von Absicherung gegen Gesundheitsrisiken einen wich- maßen kommentiert: „Der heutige Tag markiert einen tigen Beitrag leisten. Damit ist die Zusammenarbeit mit traurigen Wendepunkt im Kampf gegen Aids, Tuberku- Nichtregierungsorganisationen und dem Privatsektor in lose und Malaria. Die führenden Politiker der Welt ha- Deutschland und in den Partnerländern zentral für den ben heute den Globalen Fonds offiziell unterfinanziert. Erfolg unserer Politik. Die Rolle der WHO als Koordi- Diese Entscheidung wird dazu führen, dass Millionen nator darf hier nicht unter-, aber auch nicht überschätzt Menschen an Krankheiten sterben werden, die behandel- werden. Es ist bekannt, dass das BMZ und wir als FDP- bar wären.“ Es ist wirklich erbärmlich: Die Bundesregie- Fraktion auch die bilaterale Hilfe für effizient halten und rung heuchelt auf dem Millenniumsgipfel in New York einen multilateralen Abfluss von Geldern an die WHO in internationale Verantwortung. Frau Merkel erklärt voll- einer Struktur, wie Sie sie andeuten, skeptisch betrach- mundig, sich natürlich weiter mit voller Kraft für die ten. Millenniumsziele einzusetzen. Ein paar Wochen später, Wie gesagt, trotz einiger inhaltlicher Differenzen ha- wenn es konkret wird, tut sie das Gegenteil. Na ja, der ben Sie mit diesem Antrag wichtige Punkte in die parla- deutsche Sitz im Sicherheitsrat war da wohl schon in tro- mentarische Diskussion eingebracht. Ich freue mich sehr ckenen Tüchern. Wen kümmern da die Versprechungen auf die weiteren Diskussionen zu diesem wichtigen von gestern? Thema und die weitere Beschäftigung mit diesem An- Zu einigen im vorliegenden SPD-Antrag enthaltenen trag. Forderungen möchte ich noch einige Worte sagen: Seit nunmehr 16 Jahren gilt die Faustregel, dass maxi- Niema Movassat (DIE LINKE): Nächste Woche mal ein Drittel der deutschen Entwicklungszusammen- werde ich mit dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusam- arbeit in multilaterale Projekte fließen soll. Gerade ange- menarbeit und Entwicklung nach Lesotho reisen. Leso- sichts des großen Erfolgs multilateraler Initiativen im tho ist ein Beispiel für die dramatische Lage im Bereich Gesundheitsbereich ist dies völlig überholt. Die Koali- der Gesundheit in Entwicklungsländern. 23 Prozent der tion und Herr Niebel haben das leider immer noch nicht Menschen dort leiden an HIV/Aids; die durchschnittli- verstanden. che Lebenserwartung liegt gerade einmal bei circa 35 Jahren. Lesotho ist dabei nur ein trauriges Beispiel Die Fraktion Die Linke unterstützt die Forderung von vielen. nach mehr öffentlicher Unterstützung für die Forschung zu vernachlässigten Krankheiten. Die Linke hat bereits (B) (D) Wir beraten heute den Antrag der SPD zum Thema 2009 in einem Antrag die Bundesregierung aufgefordert, „Gesundheit in Entwicklungsländern“. Dieser enthält mindestens 10 Prozent der für die „Pharmainitiative“ ganze 34 Forderungen an die Bundesregierung. Ich finde verausgabten Mittel für die Erforschung vernachlässigter es sehr positiv, dass die SPD sich so eingehend mit dem Krankheiten und Armutskrankheiten vorzusehen. Gene- Thema beschäftigt; das möchte ich hier einmal festhal- rell muss die Bundesregierung endlich mehr Geld für öf- ten. Einige Forderungen bezüglich des Globalen Fonds, fentliche Forschung in diesem Bereich in die Hand neh- denen sich Die Linke vorbehaltlos anschließen konnte, men. sind allerdings mittlerweile überholt. So hat die Wieder- auffüllungskonferenz für den Globalen Fonds zur Be- Wir begrüßen außerdem, dass die Bundesregierung kämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose Anfang endlich in die Förderung von Produktentwicklungspart- dieses Monats nicht zur notwendigen Mittelaufstockung nerschaften einsteigt, wobei die Ausgrenzung von Aids geführt. und Tuberkulose hierbei ein Fehler ist. Die ausgelobten Fördermittel für 2011 in Höhe von 7 Millionen Euro Deutschland hätte sich hier fast völlig vor der Weltge- können nur ein erster Schritt sein. Zum Vergleich: 2008 meinschaft blamiert. Erst nach großem öffentlichen wurden für Produktentwicklungspartnerschaften im Be- Druck ist Entwicklungsminister Niebel zurückgerudert reich vernachlässigter Krankheiten insgesamt 390 Mil- und hat den deutschen Beitrag nicht, wie ursprünglich lionen Euro aufgewendet. von ihm vorgesehen, ab 2012 gestrichen, sondern auf Zur verbesserten Forschung an vernachlässigten dem jetzigen Niveau von 200 Millionen Euro jährlich Krankheiten ist weiterhin die Schaffung eines For- beibehalten. Diese Summe ist dennoch alles andere als schungspools nötig, durch den auch die Hersteller von rühmlich, um nicht zu sagen, jämmerlich. Deutschland Medikamenten für die Erreichung der Gesundheitsmil- hätte zumindest eine Verdopplung seiner Beiträge bis lenniumsziele in die Pflicht genommen werden könnten. 2013 zusagen müssen. Denn nur um eine Fortsetzung der bisherigen Arbeit zu gewährleisten, wären insgesamt Last, but not least möchte ich auf einen zentralen Un- mindestens 13 Milliarden US-Dollar nötig gewesen. Zur terschied zwischen der SPD und der Linken eingehen, Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele im Ge- was das grundsätzliche Herangehen an das Thema „Ge- sundheitsbereich wären sogar 17 Milliarden US-Dollar sundheit in Entwicklungsländern“ angeht. In der Jakarta- erforderlich. Insgesamt hat der Globale Fonds aber am Deklaration von 1997 heißt es, dass „Frieden, Schutz, Ende nur 11,7 Milliarden US-Dollar an Zusagen erhal- Bildung, soziale Sicherheit, soziale Beziehungen, Ernäh- ten. Dies bedeutet im Klartext, dass in den nächsten Jah- rung, Einkommen, das Empowerment von Frauen, ein ren etwa Aids-Patientinnen und -patienten schlicht zum stabiles Ökosystem, nachhaltiger Ressourcenverbrauch, Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 68. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 28. Oktober 2010 7387

(A) soziale Gerechtigkeit, Respekt vor den Menschenrechten Die derzeitigen Strukturen der Global Health Gover- (C) und Gerechtigkeit“ Voraussetzungen für Gesundheit nance sind zu unübersichtlich und ineffizient, um effek- sind. Die Deklaration benennt Armut als größte Gefahr tive Gesundheitssysteme aufbauen zu können. Unzählige für die Gesundheit. Dem stimmen wir voll zu. Die im Organisationen arbeiten nebeneinander her, kämpfen um vorliegenden Antrag geforderte Gesundheitssystemför- Geld und Aufmerksamkeit und treiben ihre Programme derung wird ohne Frieden und soziale Gerechtigkeit voran. Dies erschwert die Umsetzung nationaler Strate- nicht erfolgreich sein. Da die SPD diese Aspekte völlig gien zur Entwicklung eigener, auf die Situation des jewei- außen vor gelassen hat, können wir dem Antrag leider ligen Landes zugeschnittener Gesundheitsprogramme, die nicht zustimmen und werden uns enthalten. den individuellen Interessen des jeweiligen Landes ge- recht werden. Uwe Kekeritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir Wir brauchen also, um die Ziele zu erreichen, eine debattieren heute über die globale Gesundheit. Das bessere globale Koordination. Die Gebergemeinschaft heißt, wir sprechen weder ausschließlich über die WHO muss mit den jeweiligen nationalen Regierungen ge- noch über den Globalen Fonds noch über irgendeine an- meinsam Programme, Konzepte und Strategien zum dere der unzähligen globalen Gesundheitsorganisatio- nen, sondern wir haben inhaltliche Ziele. Diese sind im Aufbau von Gesundheitssystemen vorantreiben. Dabei Antrag der SPD gut nachvollziehbar erläutert: For- wird die Eigenverantwortung der Partnerländer gestärkt. schung zu vernachlässigten Krankheiten und die Be- Die zentrale, koordinierende Rolle in diesem Prozess kämpfung von HIV/Aids, Tuberkulose und Malaria müs- kann nur die WHO übernehmen. sen intensiver erfolgen, und die Verbesserung von Es versteht sich von allein, dass auch die WHO selbst Mütter- und Kindergesundheit muss mehr in den Fokus reformiert werden muss. Dies haben wir in unserem An- der Anstrengungen gestellt werden, um nur die wichtigs- trag ausdrücklich betont. Unabhängig davon bleibt ten Schlagworte zu nennen. All diese Punkte erläutert jedoch richtig, dass nur die WHO die demokratische Le- der Antrag der SPD mit vielen Details. gitimation bzw. das alleinige Mandat der Weltgemein- Trotzdem werden wir uns enthalten. Zum einen ist der schaft, also der UN hat, die „leitende und koordinierende Antrag in Teilen veraltet, gerade was die MDG-Konfe- Stelle des internationalen Gesundheitswesens“ zu sein. renz und die Wiederauffüllungskonferenz des Globalen Genau so wurde es der WHO bei ihrer Gründung in die Fonds angeht. Vor allem aber haben wir bei einigen Verfassung geschrieben. wichtigen Details des Antrags eine andere Position, zum Beispiel was die Höhe der Forderungen beim Globalen Wir haben in unserem Antrag ganz konkrete Vor- Fonds angeht. Wir plädieren hier für 300 Millionen Euro schläge gemacht, wie es gelingen kann, eine koordinierte (B) pro Jahr, nicht für 420 Millionen Euro wie die SPD. Am und kohärente globale Gesundheitspolitik zu organisie- (D) relevantesten ist für uns jedoch, dass nicht der Globale ren. Zum einen hat die WHO bislang kaum ihre Kompe- Fonds der zentrale Akteur der internationalen Gesund- tenz genutzt, internationale Verträge zu initiieren. Denk- heitspolitik werden soll, sondern die Weltgesundheits- bar wäre die Aushandlung eines völkerrechtlichen organisation. Vertrags, der die WHO als Koordinatorin der globalen Gesundheitsinitiativen bekräftigt und die vielen Akteure Ich gehe davon aus, dass wir uns alle der Zielsetzung dazu verpflichtet, ihre Programme unter der Leitung der des SPD-Antrages anschließen. Diesen Konsens teilen WHO zu harmonisieren. Es müssen konkrete Mechanis- wir mit den unzähligen nationalen und internationalen men geschaffen werden, wie die Koordinierung durch Gesundheitsinitiativen, die jeden Tag dafür kämpfen, die WHO aussehen könnte. Dabei muss das Mitsprache- dass sich die globale Gesundheitssituation verbessert. recht aller Beteiligten sichergestellt sein. Ein neu zu Gerade aus diesem Grund ist es jedoch unabdingbar, gründendes Komitee C, zu den existierenden Komitees dass wir die vorhandenen Kräfte bündeln, um die glo- A und B, könnte diese Arbeit leisten. Dieses Komitee bale Gesundheitspolitik effizienter zu gestalten. Um das wäre bei der Weltgesundheitsversammlung angesiedelt, zu erreichen, fordert die SPD in ihrem Antrag, sogar di- würde den Initiativen eine Plattform geben, sich zu prä- rekt im Titel, die Stärkung des Globalen Fonds. Der sentieren, und gleichzeitig verbindliche Abstimmungen Fonds ist ohne Zweifel ein wichtiger Akteur der globa- ermöglichen. len Gesundheitsarchitektur; aber er ist nur einer unter vielen. Wir Grünen plädieren hingegen dafür, vor allem Dies sind ganz konkrete Ansätze, die wir alle voran- die WHO in ihrer politischen Stellung zu stärken, um treiben sollten, um unsere gemeinsamen Ziele letztlich dort eine Koordination der globalen Gesundheitsinitiati- zu erreichen. Ich hoffe auf Ihre Unterstützung bei die- ven anzusiedeln. sem Anliegen. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-7980