Josef Schrage (1881-1953) Der Landrat Aus Dem Sauerland Von Erhard H

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Josef Schrage (1881-1953) Der Landrat Aus Dem Sauerland Von Erhard H Das Porträt Josef Schrage (1881-1953) Der Landrat aus dem Sauerland Von Erhard H. M. Lange In seinem öffentlichen Wirken verkörperte er in jeder Hinsicht das soziale, katholisch be­ stimmte Milieu einer durch Bodenständigkeit gekennzeichneten südwestfälischen Bevölke• rung des Sauerlandes, welches einst als Teil des Herzogtums Westfalen lange der kurkölnischen Herrschaft unterstand, bis es schließlich nach wechselvoller Geschichte 1816 zu Preußen kam. Die Rede ist von Josef Schrage, nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst für kurze Zeit Bür• germeister von Olpe und danach von 1946 bis kurz vor seinem Tode im Herbst 1953 Landrat des gleichnamigen Kreises. Was ihn über den engeren Bereich lokaler Politik ausgreifen ließ, war sein Wirken als Mitglied des Landtages, in dem er für kurze Zeit als Nachfolger von Josef Schrage. Aufnahme von 1950 Konrad Adenauer nach dessen Wahl zum Bundeskanzler bis zu den Neuwahlen im Sommer 1950 den Vorsitz der CDU-Landtagsfraktion übernahm. Als Mitglied des Parlamentarischen Rates gehörte er zudem 1948/49 zu den „Vätern und Müttern" des Grundgesetzes.1 Vor allem aber verbindet sich mit seinem Namen in Nord­ rhein-Westfalen das engagierte Eintreten für die Wiederbelebung der landschaftlichen Selbst­ verwaltung nach dem Kriege, welche in der Errichtung der beiden Landschaftsverbände Westfalen­ Lippe und Rheinland durch die Landschaftsverbandsordnung vom 12. Mai 1953 ihre Grund­ lage fand. So war es nicht zuletzt auch seiner Beharrlichkeit innerhalb und außerhalb des Land- I Der Verf. ist derzeit mit einem Forschungsprojekt zu den Biographien sämtlicher Mitglieder des Parla­ mentarischen Rates befasst, woraus sich u.a. der Anstoß für den vorliegenden ausführlicheren Beitrag ergab. Dabei weiß sich der Verf. im Hinblick auf die Biographie Schrages gegenüber Herrn Stadtarchivar Josef Wermert vom Stadtarchiv Olpe für zahlreiche Recherchen und Hinweise zu besonderem Dank verpflichtet, desgleichen gegenüber Frau Bürgermeisterin a.D. Wilma Ohly (Olpe), einer Enkelin Josef Schrages. Geschichte im Westen (GiW) Jahrgang 16 (2001), S.112-127. © Rheinland-Verlag GmbH, Köln. ISSN 0930-3286. 112 Josef Schraoe ( 1881-1953) tages zuzuschreiben, dass diese Frage immer wieder auf die politische Tagesordnung kam. Dabei blieb, wo immer er agierte, der heimatliche Raum des sauerländischen Westfalens Grund­ lage und Bezugspunkt seines politischen Wirkens.2 Herkunft und Jugend Josef Schrage wurde am 6. Mai 1881 als Sohn des Arbeiters Jacob Schrage ( 1852 - 1939) und dessen Ehefrau Josefa geb. Kraft ( 1852 - 1927) in Olpe geboren. Die Familie war wie der überwiegende Teil der dortigen Bevölkerung katholisch. Die väterliche Linie zählte zu einer der ältesten Familien Olpes. Der Name lässt sich bereits Ende des 15. Jahrhunderts in Olpe nachweisen. 1496 wird dort ein Johan Schraghe als Urkundszeuge genannt. Im Jahre 1508 findet er abermals Erwähnung, nunmehr in der Schreibweise Johann Schrage und als Bür• germeister des Ortes. Auch wenn die überlieferte Stammfolge der Familie für das 16. Jahr­ hundert eine Lücke aufweist, so lässt sich die Genealogie Josef Schrages ununterbrochen bis in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. 3 Die dabei teilweise erfolgten Berufs­ nennungen sind nicht zuletzt Ausdruck der sich in den Jahrhunderten vollziehenden regio­ nalen politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungsprozesse, welche wirtschafts­ geschichtlich vor allem in der Eisenerzeugung und -verarbeitung ihren Schwerpunkt fanden. 4 So begegnet uns 1612 ein Hammerteilhaber namens Hans Schrage, gefolgt von dem Kaiser­ lichen Notar und Bergschreiber Heinrich Schrage, der mit Walburga ab Hardt, der Tochter eines Notars aus Bilstein, verheiratet war. Im 18. Jahrhundert findet sich ein Stückschmied namens Wilhelm Schrage ( 1731 - 1796). Schließlich der soziale Abstieg aus dem Handwerkerstand in das wachsende Heer der Fabrikarbeiter! Als ihr Vertreter erscheint Josef Schrages Vater. Am Ort war er Vizepräsident des Katholischen Arbeitervereins und gehörte viele Jahre für das Zentrum der Stadtverordnetenversammlung an, dabei lange Zeit, u.a. bedingt durch das die sozial benachteiligten Schichten diskriminierende 2 Die Biographie Schrages hat bisher keine umfassende Würdigung gefunden. Vielmehr liegen nur einige Kurzbeiträge vor, so. u.a. von: Tonis Harnischmacher: Die Ehrenbürger der Stadt Olpe, in: Heimatstimmen aus dem Kreise Olpe, Olpe 1957 (26. Folge), S. 1375- 1385 (daselbst S. 1382- 1384); Manfred Schöne: Die Bürgenneister von Olpe seit l 795. in: Heimatstimmen aus dem Kreis Olpe 1962 (49. Folge), S. 181 - 197 (daselbst S. 193- 194); Joseph Schrage, in: Jochen Krause, Menschen der Heimat Teil I, Olpe l 987, S. 90-94; Josef Schrage, in: Nordrhein-Westfalen und die Entstehung des Grundgesetzes, Hrsg. Karl Josef Denzer, Düsseldorf l 989, S. l 78- l 80; Josef Schrage- Von den Nazis verfolgt und als Demokrat in hohen Ämtern, in: 1906-1981. 75JahreIG Metall im Kreise Olpe, Hrsg. IG Metall Olpe,Olpe 1981 , S. 22.-Der nicht allzu umfangreiche Nachlass befindet sich im Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf sowie im Archiv für Christlich-Demokratische Politik in St. Augustin. -Vgl. Inventar zu den Nachlässen der deutschen Arbeiterbewegung, Bearb. Hans-Holger Paul , München u.a. l 993, S. 583 f. 3 Zur Genealogie: Stammfolge Schrage aus Olpe, in: Heimatstimmen aus dem Kreise Olpe l 95 l (7. Folge), S. 443 f. ; dazu auch Norbert Scheele (t ): Olper Bürgerbuch. Familienkundliches aus der frühen Stadtge­ schichte, Olpe l 984, S. 243- 246. 4 Vgl. dazu Horst Ruegenberg: Die Wirtschaftsgeschichte des Kreises Olpe, in: Albert K. Hömberg: Heimat­ chronik des Kreises Olpe, 2. erw. u. verb. Aufl., Köln l 967, S. 203-3 l l; aus der älteren Literatur: Franz Sondermann: Geschichte der Eisenindustrie im Krei se Olpe, Münster l 907. 113 Erhard H. M. Lancre Dreiklassen-Wahlrecht, als einziger Vertreter der Arbeiterschaft. Die Mutter, Tochter eines Seiler­ meisters, kam gleichfalls aus einer in Olpe ansässigen Familie. Das Elternhaus wurde schon in frühen Jahren Treffpunkt der politisch interessierten christlichen Arbeiterbewegung.5 Demzufolge bot die Familie einen fest gefügten Rahmen, der durch eine traditionelle Bindung an das katholische Milieu und eine über Generationen gewachsene Bodenständigkeit gekenn­ zeichnet war. Hinzu kam ein reges Interesse an öffentlichen Dingen, vornehmlich des eigenen Lebensraumes, doch auch ein Bewusstsein für die sozialen Gefahren, welche in der Industria­ lisierung lagen, war schließlich das Schicksal der eigenen Familie selber augenfällig davon betroffen. Aber obwohl die Arbeiterlöhne in der abgelegenen sauerländischen Region um einiges unter denjenigen in den neu aufblühenden Industriebezirken des Ruhrgebietes lagen, richtet sich der Blick nicht ungebrochen auf die sozialistischen Lehren eines Marx und Engels oder auch diejenigen eines Lassalle oder Bebe), sondern ließ sich von den maßvolleren Strömun• gen der christlich-sozialen Bewegung leiten. Letzteres entsprach der weitgehend verbreiteten Bewusstseinshaltung im Raume Olpe, der zu einer "Hochburg der christlichen Gewerkschafts­ bewegung" wurde. Denn von einem klassenbewussten Proletariat, wie es in den dicht besie­ delten Industriegebieten vorzufinden war, konnte hier angesichts des noch weitgehend länd• lichen Charakters der Gegend, in der kirchliche Bindungen und familiäre Traditionen nach wie vor eine zentrale Bedeutung besaßen, nicht die Rede sein. Seine sozialpolitischen Leit­ bilder suchte man dabei im Bereich der katholischen Kirche, deren Autorität bei allen internen Konflikten zur Sozialpolitik weiter unangefochten blieb. 6 So erhielten selbst bei den Wahlen zur Weimarer Nationalversammlung vom 19. Februar 1919 die Sozialdemokraten in Olpe trotz des dortigen hohen Arbeiteranteils lediglich 2. 750 Stimmen, wohingegen das Zentrum auf 21.313 Stimmen kam. 7 Josef Schrage begann nach dem Besuch der Volksschule zunächst im Kreise Olpe als Arbeiter in der Metallindustrie. Zusätzlich bildete er sich im Selbststudium und durch schulischen Ergänzungsunterricht in der örtlichen Handwerker-Sonntagsschule fort. 8 Im Jahre 1907 heiratete er mit 26 Jahren die rund ein Jahr jüngere Wilhelmine Schmidt (1882- 1956), welche gleich­ falls aus Olpe stammte. 9 Aus der Ehe sollten neun Kinder hervorgehen, von denen allerdings zwei bereits in früher Kindheit verstarben. 5 Michael Olberts: Der Wiederbeginn des politischen Lebens in der Stadt Olpe nach 1945 (Masch.-Manu­ skript), Olpe 1975, S. 29. 6 Vgl. Franz Neuhaus: Geschichte der Gewerkschaft im Kreis Olpe, Olpe 1966, S. 7 ff. Einen besonderen Einfluss gewann dabei der aus Hanemicke im Kreise Olpe stammende katholische Geistliche und Sozi­ alpolitiker Franz Hitze ( 1851 - 1921 ). - Zur Biographie: Hubert Mockenhaupt: Franz Hitze ( 1851 - 1921 ), in: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem Katholizismus des 20. Jahrhunderts Bd. 1, Hrsg. Rudolf Morsey, Mainz 1973, S. 53 -64 u. S. 299 f. (L. ); Heinrich Weber: Franz Hitze, in: Rheinisch-Westfälische Wirtschafts­ biographien Bd. 1, Münster 1932 (Neudruck 1974), S. 318- 338 (L.). 7 Vgl. Herbert Kühr: Zwischen den beiden Kriegen. Die politischen Bewegungen im Olper Kreisgebiet. Der Kampf der Parteien und ihre Erfolge, Olpe 1966, S. 18. 8 Michael Olberts: Der Wiederbeginn (wie Anm. 5), S. 29; Tonis Hamischmacher: Die Ehrenbürger (wie Anm. 2), S. 1383. 9 Stammfolge Schrage (wie Anm. 3), S. 444. 114 Josef Schraoe (1881-1953) Christlicher Gewerkschafter und Zentrumspolitiker Wie für viele seiner sozialen Herkunft war für den heranreifenden Josef Schrage
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