0509 Die Gründung Der CDU S. 109-110, 113.P65
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Die Gründung der CDU Kirche und Parteien nach 1945 CDU in meiner Gemeinde habe ich dadurch unter- Die Gründung der CDU stützt, daß ich einem meiner Presbyter, der mit zu den Gründern gehört, geholfen habe, aus der Zahl der bekannten Gemeindeglieder diejenigen Männer 1. Die neu entdeckte öffentliche Verant- und Frauen auszusuchen, von denen wir annahmen, wortung der Kirche daß sie wohl für die CDUzu gewinnen wären. Sie Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sahen füh- sind zum größten Teil Mitglieder geworden, wenn rende Kreise der evangelischen Kirche in Deutsch- auch einige sich zur Zeit noch zurückhalten. Aus land - neben allen Chancen einer eigenständigen meiner früheren Gemeinde übersende ich Ihnen eine kirchlichen Neuordnung - die Notwendigkeit, in neu- Aufstellung der Namen von Männern und Frauen, er Weise den Öffentlichkeitsauftrag der Kirche zu ge- von denen ich gleichfalls annehme, daß sie für die stalten.1 CDU gewonnen werden können … Sie … werden So wurde bei der ersten Kirchenversammlung des schon wissen, wie Sie diese, meine alten Freunde, deutschen Protestantismus nach dem Kriege, vom 27. erreichen und in die CDU eingliedern können. bis 31. August 1945 in Treysa, in einem kleinen Aus- … Zur politischen Arbeit gehört, wie zum Krieg- schuß ein “Wort zur Verantwortung der Kirche für führen Geld, Geld und nochmals Geld, nur daß es das öffentliche Leben“2 erarbeitet. Es war zwar kei- für die politische Arbeit freiwillig gegeben werden ne Zeit mehr zur Verabschiedung, doch wurde die- muß … Ich sende Ihnen daher mit gleicher Post ei- 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 ses Wort, wie Kurt Nowak formulierte, „zum Leitseil nen Beitrag von RM 30,- und habe bei einigen Glie- 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 3 12345678901234567 protestantischen Selbstverständnisses“ auf dem Weg dern meiner Gemeinde zusammen nochmals RM 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 der Evangelischen Kirche hin zur neuentdeckten Ver- 120,- aufgebracht ...“ 12345678901234567 12345678901234565 7 12345678901234567 12345678901234567 antwortung für das öffentliche Leben. Die rheinische Auf der Ebene der kirchenleitenden Prominenz be- 12345678901234567 12345678901234567 Kirche verschickte es an alle ihre Pfarrer, um sich schrieb Altbischof Kunst, damals Superintendent in 12345678901234567 damit zu identifizieren. In Lippstadt zögerten Anfang Herford und Verbindungsmann der westfälischen Kir- September 1945 die Protestanten noch, mit den Ka- che zur CDU, die Nähe bzw. Verflochtenheit zwi- tholiken zusammenzugehen, da noch nichts von der schen Ev. Kirche und CDU mit den Worten: Konferenz aus Treysa vorlag; in Hagen wurde das In der CDU waren damals eine Summe von Leu- Wort von Treysa von evangelischen CDU-Mitgrün- ten, die nur einfach auch Figuren in der Bekennen- dern herangezogen, da es ja ihren Weg unterstützte. den Kirche gewesen waren. Da gehörte Gustav Hei- So fand in diesem offiziösen Wort die selbstver- nemann dazu, ein Mann wie Robert Tillmanns, ein ständliche Nähe breiter kirchlicher Kreise zur ent- Mann wie Hermann Ehlers; Otto Dibelius wurde stehenden christlich-demokratischen bzw. christlich- Mitglied der CDU, Heinrich Grüber war einer der sozialen Union ihren weithin akzeptierten Nieder- Gründer der Berliner CDU, Ernst Lemmer war einer schlag. der Gründer der CDU, also da waren eine Summe Wie dies in der Gründungsphase der CDU ausse- von Leuten aus der Bekennenden Kirche, die von hen konnte, beschrieb ein westfälischer Pfarrer ge- Anfang an zur CDU gehörten; und nun bitte ich Sie, genüber dem evangelischen Hauptgeschäftsführer der was ist denn nun natürlicher als dies, daß mit denen westfälischen CDU: ein besonders herzliches und nahes Verhältnis be- „Treten wir im Interesse unserer eigentlichen Ar- stand. Die waren für uns ja gar keine Parteileute, das beit nicht öffentlich hervor, so sind wir doch keine waren ja unsere Brüder, mit denen wir auf der Syn- stummen Hunde … Die Gründung der Ortspartei der 109 Die Gründung der CDU ode oder in der Kirchenleitung oder sonstwo zusam- gust 1945 vom rein katholischen Gründungsausschuß menkamen.“ für den vorläufigen Vorstand der dann am 2. Sep- tember in Bochum gegründeten Christlich-Demokra- 2. Die Anfänge in Westfalen tischen Partei für Westfalen vorgeschlagen wurden. Die geschlossenen evangelischen Gebiete lagen in Es ist daher kein Wunder, daß die Evangelischen den Ostwestfalen und im Siegerland, wo in der Weima- in der katholischen Arbeiterschaft verankerten rer Zeit auch der Christlich-Soziale Volksdienst als Zentrumsvertretern wie „Offiziere ohne Mannschaf- Versuch einer evangelischen Partei einen stärkeren ten“ erschienen. Rückhalt gehabt hat. Hier war Herford mit dem frü- In Bochum stieß dann der aus der christlich-sozia- heren deutschnationalen Oberbürgermeister, dem Fa- len Tradition Stoeckers kommende Hagener Verle- brikanten Dr. Friedrich Holzapfel, ein wesentliches ger Otto Rippel dazu, der von der DNVP zum Volks- evangelisches Zentrum der entstehenden Christlich- dienst gegangen war und ihn im Reichstag vertreten demokratischen Partei. In der Anfangszeit der CDU hatte. Ebenso kam hinzu der frühere preußische sind als Evangelische neben Holzapfel zunächst nur Kultusminister Otto Boelitz, ehemals DVP, der sich zu nennen: der Betheler Verwaltungsdirektor Johan- im Kreis Soest um die Bildung einer nichtsozial- nes Kunze und aus dem Dortmunder Gründerkreis, istischen Sammelpartei „nach den Grundwahrheiten der sich sehr schnell zum Zentrum der westfälischen und Lebenskräften der Religion“ bemühte und mit CDU entwickelte, der in der evangelischen der Bochumer Gründung den Tag gekommen sah, Jungmännerarbeit führend tätige Kaufmann Christi- an dem „nach den ausgestandenen, gemeinsamen an Ebert; alle drei kamen aus der Bekennenden Kir- Leiden, die beiden großen christlichen Bekenntnisse che. - Mühsam waren die Anfänge auf evangelischer sich auch zu gemeinsamer Arbeit zusammengefun- Seite. So waren sie die Evangelischen, die Ende Au- den“ hätten. Holzapfel, der zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt wurde, betonte die Alternati- ve „christlich oder nicht christlich“ als die entschei- dende Frage „für die Rettung Deutschlands“; die 12345678901234567 12345678901234567 Christen müßten „wie ein Block“ zusammenstehen, 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 um sich „gegen die drohende Walze einer 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 christentumsfeindlichen Politik behaupten“ zu kön- 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234565 7 nen. Die bisherige „Zersplitterung wäre mit Schuld, 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 12345678901234567 daß das furchtbare Unglück über“ sie „gekommen 12345678901234567 wäre“. - In die Programmkommission, in der gemein- sam mit rheinischen CDU-Vertretern gearbeitet wer- den sollte, wurde auf evangelischer Seite außer Ebert der Bochumer Pfarrer Paul Bischoff gewählt. 3. Die Evangelische Kirchenleitung in Westfalen In diesem engen Miteinander von evangelischen Theologen und Laien in der Gründungsphase der CDU sah sich auch die Kirchenleitung der Westfäli- schen Kirche selber herausgefordert. Ihre Überlegun- gen zu der Frage, „ob Vertreter der Evangelischen Kirche sich an dem wiederauflebenden Parteileben beteiligen sollen“ bzw., „ob sich die Evangelische Kirche auf eine der bisher genannten politischen Par- teien festlegen oder die Gründung einer evangeli- Abb. 25: Otto Rippel, Hagen - Mitglied des ersten schen Partei von sich aus betreiben soll“, fanden ihre Landesvorstandes der CDU Westfalen Fortsetzung in einem Gespräch mit 15 Vertretern des “kirchlichen Lebens“ am 19. September 1945 in 110 Die Gründung der CDU Bochum-Stiepel. Danach stimmte die Kirchenleitung und Hans Iwand in Dortmund waren die treibenden in ihrer Sitzung vom 21. September dem Vorschlag Kräfte in Westfalen; Karl Kochs Nachfolger als west- von Präses Koch zu, „folgende Grundgedanken den fälischer Präses, Ernst Wilm, verstärkte diese Linie Superintendenten für die Amtsbrüder zu übermit- der Öffnung für Gespräche mit der Sozialdemokra- teln“: tie. „Die Kirche kann sich nicht auf eine politische Par- tei festlegen, aber auch nicht abseits stehen und den 4. Drei Beispiele evangelischer Beteili- Standpunkt vertreten, sie sei an politischen Dingen gung bei lokalen CDU-Gründungen nicht interessiert. Sie kann z.B. die Totalisierung des Als Pfarrer Bischoff bei Beginn des politischen Le- Staates, die Entwertung der Persönlichkeit, die bens in Bochum sah, wie die katholische Kirche sich Materialisierung des Lebens nicht unbeteiligt verkün- engagierte, während die evangelische sich zurück- digen lassen oder hinnehmen. Ein evgl. Christ darf hielt, wurde er selber aktiv. Er nahm u.a. Kontakt zu einer kirchenfeindlichen Partei nicht angehören. Pfarrer Hermann Lutze in Wuppertal auf, der dort zu Es ist wichtig, daß die Kirche Fühlung behält mit den Gründern der CDU aus den Kreisen der Beken- den evgl. Mitgliedern der verschiedenen Parteien ... nenden Kirche heraus gehörte. Zu den für die CDU Endlich wird für nützlich erklärt, in den Kirchenge- aktiven Protestanten gehörte in Bochum auch der meinden evgl. Kreise oder Arbeitsgemeinschaften stark kirchlich engagierte, im Straßenbahnwesen tä- einzurichten, in denen die Kirche zu besonderen Fra- tige Direktor Tilman Beckers, der in der Weimarer gen des politischen Lebens (z.B. Schulfrage) Stel- Zeit dem Volksdienst angehört hatte; er war Vorsit- lung nehmen und auf die politische Willensbildung zender des