(ehemals Hell)dieBroschüre»Auf denPunktgebracht«. berger Druckmaschinen AG fürdenKielerStandort verfasste eranlässlich der150-Jahrfeier derHeidel- nehmen ginger1998 indenRuhestand.ImJahr 2000 Bild-Integration ineinemdeutsch-schweizer Unter- Management-Tätigkeit mitdem Aufgabenbereich Text- type AG mitderFirma Hell fusionierte.Nach weiterer 1996 schied erausdemUnternehmenaus,alsdieLino- Pressepublikationen und Vorträge imIn-und Ausland. für Belichter undSatztechnik, geprägtdurch zahlreiche übernahm erdenMarketingbereich Pre-Presstechnik Dr.-Ing. RudolfHellGmbHinderEntwicklung. Später Elektrotechnik. 1963 begannerseine Tätigkeit beider B Die Autoren: und Telekommunikation unerlässlich ist. nis derheutigenvielfältigenMittelKommunikation Buch ausführlich mitbehandeltwirdundzum Verständ- Technik- undZeitgeschichte, dieindemvorliegenden sich mitseinerBiografie darüberhinauseinStück Als Zeitzeugedesgesamten20.Jahrhundertsverbindet schuf erdieGrundlagefürdasFernsehen. und mitderersten Aufnahmeröhre, dem»Sondenrohr«, Geräte, alsihrMassenabsatznoch nicht absehbarwar, In der Telekommunikation bauteerbereitsKleinfax- ihre Manuskripteselbstdruckreif redigierenkönnen. ihre DigitalfotosamPCoptimierenund Autoren nicht duktionstechnik würdenheute Amateurfotografen nicht Ohne seine Vorarbeit inderelektronischen Repro- Einzelnen im Alltag schuf. sondern auch dieMöglichkeiten, dieerfürjeden Maschinen zur grafischen Industriewandelte, wicklung geeigneterelektronischer Geräteund das »Graphische Gewerbe«,daserdurch dieEnt- 20. Jahrhunderts geprägt.Dasbetrifftnicht nur wie keinZweiterdieKommunikationstechnik des hat alsErfinder, Konstrukteur undUnternehmer Der Jahrhundert-IngenieurRudolfHell(1901-2002) C ganz besondersmittechnikgeschichtlichen Themen. ging. Seitdembeschäftigt ersich alsFachjournalist nach Erreichen des65.Lebensjahres,indenRuhestand Medientechnik inDarmstadt,von wo erEnde1998, nationalen Forschungsinstitutes fürZeitungs-und 1984Ab wechselte erin dasManagementeinesinter- standsmitglied inderDruckmaschinenindustrie tätig. 25 JahrealsKonstrukteur, Entwicklungsleiter und Vor- Hochschule (TU)Darmstadtundwar danach über maschinen undDruckverfahren ander Technischen Jahren Maschinenbau mitdemSchwerpunkt Druck- ORIS HRISTIAN F UCHS O , Jahrgang 1933, studierte inden1950er NNASCH , 1938, inKielgeboren,studierte

Boris Fuchs und Christian Onnasch Dr.-Ing. Rudolf Hell Sein beispielhaftes Wirken des Zeitgeschehens im Spiegelbild Der Jahrhundert-Ingenieur Dr.-Ing. Boris Fuchs undChristianOnnasch

Hell Verein / www.hell-.de Rudolf Hell Boris Fuchs und Christian Onnasch

Dr.-Ing. Rudolf Hell

Der Jahrhundert-Ingenieur im Spiegelbild des Zeitgeschehens

Sein beispielhaftes Wirken

Hell Verein / www.hell-kiel.de Boris Fuchs Maschinenbau-Ingenieur Autor

Christian Onnasch Elektro-Ingenieur Autor

Hermann Zapf Schriftdesigner Verfasser des Vorworts, Schöpfer der verwendeten Schrift Optima

Manfred Siemoneit Fachbuchautor Typograph Layout und Gestaltung

2 Hell Verein / www.hell-kiel.de Boris Fuchs und Christian Onnasch Dr.-Ing. Rudolf Hell Der Jahrhundert-Ingenieur im Spiegelbild des Zeitgeschehens

Sein beispielhaftes Wirken

3 Hell Verein / www.hell-kiel.de Inhalt

7 Vorwort von Hermann Zapf 9 Prolog

10 1901–1907: Die Kindheit in Eggmühl 13 Kleine Geschichte der Gemeinde Eggmühl 13 Der Bahnhof Eggmühl 14 Die Bahn-Telegraphie 16 Eggmühls berühmtester Sohn

17 1907–1919: Die Schulzeit in Eger 18 Kleine Geschichte der Stadt Eger 17 Der »internationale« Bahnhof Eger 18 Die Volksschule und das Rudolphinum 19 Die Sprache in Eger war deutsch

22 1919–1929: Die Studienzeit in München 22 Die turbulente Nachkriegs- und Zwischenkriegszeit 25 Die Entstehung der Technischen Hochschule München 26 Die Münchner Schule der Telegraphie 28 Die Bild-Telegraphie 30 Dr. Dieckmanns Begeisterung für die Braun’sche Röhre 31 Unbezahlter Assistent in Dr. Dieckmanns Versuchsanstalt 33 Die Bildzerleger-Röhre für Fernseher 33 Die Frühgeschichte des Fernsehens 36 Die Würdigung durch Walter Bruch 37 Die Fortsetzung durch Manfred von Ardenne 38 Die weitere Entwicklung des Fernsehens 39 Der promovierte Ingenieur Rudolf Hell

41 Die Unternehmensgründung in 41 Das pulsierende Berlin © 2005 Edition Braus trotz Depression im Wachter Verlag GmbH, Heidelberg 46 Die harten Aufbaujahre in Berlin www.editionbraus.de 46 Der Hellschreiber als Grundstein Satz und Reproduktion: Druck: Wachter GmbH, Bönnigheim 52 Die Enigma-Story Alle Rechte am Text und Bild bei den Autoren 55 Die frühe Parallele ISBN 3-89904-163-1 zu John F. Crosfield

4 Hell Verein / www.hell-kiel.de 56 Nach 1945: 107 Diversifikation Die Wiederaufbaujahre in Kiel in verwandte Gebiete 58 Kleine Geschichte der Stadt Kiel 107 Das Matrizengerät MAT 60 Ein abermals schwieriges Beginnen 108 Patro-Geräte für die Textilindustrie 62 Fuß fassen mit ersten Produkten 109 Das Registat 62 Der Klischograph 110 Die Verschlüsselungsmaschinen brachte den Durchbruch 113 Und noch viel mehr...

64 Vom Klischograph 114 Der enorme Wandel zum Helio-Klischograph des graphischen Gewerbes 65 Der Farbenklischograph 116 Von der Gutenbergpresse und der Vario-Klischograph zur eisernen Handpresse 66 Der Helio-Klischograph 117 Die Erfindung der Schnellpresse 69 Die Entwicklung 118 Die Erfindung zum »Helio Data Processing« der Rollenrotationsdruckmaschine 121 Die Reproduktionstechnik 73 Vom Telebildsender zum Pressfax für den Vierfarbendruck 74 Das Kleinfax war seiner Zeit 126 Die Entwicklung des Tiefdrucks weit voraus 129 Der Siegeszug des Offsetdrucks 75 Die Faksimileübertragung 134 Vom Bürokopierer von Zeitungsseiten zur Digitaldruckmaschine 76 Homefax-Zeitungen 138 Wie der deutschsprachige Raum als Fortsetzung von Pressfax? Hochburg des Druckmaschinenbaus wurde 79 Vom Farbscanner zum Bildbearbeitungssystem 145 Der Unternehmer 79 Die Entwicklungsgeschichte und sein Unternehmen des Farbscanners 145 Das gute Verhältnis 80 Die Parallelentwicklung zum Hause bei Hell und Crosfield 146 Der kontinuierliche Aufbau 83 Das Gentlemen-Agreement des Unternehmens 84 Wer ist John F. Crosfield? 159 Die Auslandsgesellschaft HCM 86 Die weitere Entwicklung 160 Gesellschaftlicher Höhepunkt bei den Hell-Scannern Kieler Woche 87 Die Entwicklung 163 Die zahlreichen Ehrungen zum Bildbearbeitungssystem für Dr. Hell 167 Die Verleihung des 89 Vom Fotosatz zum Digiset Werner-von-Siemens-Rings 89 Die Entwicklunggeschichte als Krönung der mechanischen Setzmaschinen 172 Der Jahrhundert-Ingenieur wird 100! 94 Fotosatz und Lichtsatz 174 Epilog 95 Die Entwicklunggeschichte 177 Abstrakts der Patente von Dr. Hell des Foto- und Lichtsatzes 96 Der Digiset arbeitete mit digitalisierten Zeichen 102 Zum Digiset gehörte ein Satzrechner 103 Der Bezug zu Konrad Zuse 105 Die Bevorzugung von Großrechnern durch Siemens

5 Hell Verein / www.hell-kiel.de 6 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vorwort

Zwei tiefgreifende Erfindungen prägten gen Leben zusammenarbeiteten und seine das 20. Jahrhundert: die Erfindungen des visionären Gedanken und Vorstellungen ersten programmierbaren Computers der zu praxisgerechten Produkten machten. Welt durch Dipl.-Ing. Konrad Zuse in Ber- Es ist keine trockene Technikgeschichte, lin mit der Konstruktion des Rechners Z3 sondern eine spannend und fachmännisch im Jahre 1943 und die digitale Darstellung geschriebene und mit Anekdoten gespick- von Bildern und Schriftzeichen durch Dr.- te Erzählung. Es ist aber auch ein Nach- Ing. Rudolf Hell. schlagewerk mit all den vielen Namen, die Viele der Erfindungen von Rudolf Hell mit Rudolf Hell zusammenkamen und das begegnen wir heute täglich; es sind Erfin- technische Umfeld mitbestimmten. dungen, die oft große Veränderungen in Als Unternehmer war er sich der Trag- vielen Bereichen unseres Lebens brachten. weite und des Ausmaßes seiner genialen In unserer ereignisreichen Zeit betrachten Ideen am Anfang mitunter gar nicht be- wir viele Dinge als etwas Selbstverständ- wusst und oft fügte sich eine prinzipielle liches, ohne darüber nachzudenken, wer Erfindung in eine andere ein. Seine 127 dies alles erdacht und deren praktische persönlichen Patente, die im Anhang mit Anwendung ermöglicht hat – kaum je- kurzen Abstrakts aufgelistet sind, zeigen mand kennt die Namen der Erfinder. nur annäherend sein ganzes Betätigungs- Mit dieser Dokumentation und Lebens- feld, die Telegrafie, Funktechnik, Faksi- geschichte soll an einen Mann erinnert mile- und Reproduktionstechnik. werden, dem wir viele Annehmlichkeiten Auch für den Nichtfachmann sind die unseres Alltags zu verdanken haben. Sie komplizierten Verfahren und Maschinen zeichnet nicht nur den beruflichen Werde- anschaulich erklärt. Es offenbart sich da- gang von Rudolf Hell nach, sondern es mit die Wichtigkeit, dass zum ersten Mal werden auch seine verschiedenen bahn- die Lebensarbeit von Rudolf Hell umfas- brechenden Erfindungen und technischen send beschrieben und gewürdigt wird. Entwicklungen in kompetenter Weise dar- Alle wesentlichen Stationen seiner Er- gestellt. Die schwierigen Jahre des Auf- findungen fanden in dem Buch ihren Nie- baus der Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH in derschlag. Bereits mit 25 Jahren erhielt er Kiel werden beschrieben, wobei auch der zusammen mit seinem Lehrer Dr. Max zeitgeschichtliche Hintergrund des Inge- Dieckmann von der Technischen Hoch- nieurs dazu gehört, um seine Erfindungen schule München ein Patent auf eine Bild- richtig einordnen zu können. Die einzel- zerlegerröhre für Fernsehkameras zuge- nen Konstruktionen erkennt man erst dann sprochen. Dies war ein Meilenstein in der in ihrer Bedeutung, wenn man um die Vor- Geschichte des Fernsehens, auf dem viele stufen und Ideen weiß, die␣ allmählich zu weitere Entwicklungen aufbauten. dem Endprodukt für die Praxis führten. Schon im Jahre 1925 entwickelte er das Natürlich gehören dazu auch Vorden- Prinzip, eine Bildvorlage punktweise zu ker, Wissenschaftler und Erfinder früherer zerlegen, sie elektronisch zu übertragen Jahrhunderte, die zu den Errungenschaften und danach wieder zusammenzusetzen, des 20. Jahrhunderts beitrugen. Vor allem ein Grundgedanke, der ihn sein ganzes Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) Leben nicht mehr los ließ. muss hier genannt werden, den Rudolf 1929 verhalf ihm ein Gerät zur Übertra- Hell sehr verehrt hat, denn Leibniz war der gung von Schriftzeichen zum ersten kom- Erfinder des binären Zahlensystems, der merziellen Erfolg: der »Hellschreiber«, der Grundlage der digitalen Technik von heute in Zeitungsredaktionen weltweit einge- und des Computers. Leibniz stellte 1673 setzt wurde. die erste, von ihm konstruierte Rechen- 1956 entwickelte er bereits ein Klein- maschine mit Staffelwalzen vor. faxgerät, ohne es vermarkten zu können, Wir begegnen in dem Buch Persönlich- bis Japaner diesen Absatzmarkt aufbauten keiten, die mit Rudolf Hell in seinem lan- und das Faxgerät populär machten.

7 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1964 wurde zum ersten Mal eine digital Hell seine Erfindung als den Beginn einer arbeitende Lichtsetzmaschine der Fach- industrialisierten elektronischen Druck- welt vorgeführt. Sie war eine Sensation für technik und er fügte hinzu, dass sich diese das traditionsbewusste Druckgewerbe des zur Informationstechnik wandeln wird. Johannes Gutenberg, das über 500 Jahre Heute erkennen wir: die Satztechnik bestimmte. Der Digiset re- Seine digitale Arbeitsweise hat wesent- volutionierte die gesamte Arbeitsweise des lich zur Rationalisierung und Automatisie- Schriftsatzes und führte Gutenbergs Kunst rung der Druck- und Reproduktionstech- in das digitale Zeitalter. nik von heute beigetragen. Mit der Hell-Digiset-Lichtsetzmaschine Sein Arbeitsfeld umfasste das gesamte wurden Setzgeschwindigkeiten von meh- Nachrichtenwesen. Selbst dem legendä- reren Millionen Buchstaben in der Stunde ren Chiffriergerät des Zweiten Weltkriegs, erreicht. Sie löste die traditionellen Lino- der »Enigma«, hat er durch eine schreiben- type- und Monotype-Setzmaschinen end- de Ausgabeeinheit zur Weiterentwicklung gültig ab, jene noch mechanisch arbeiten- verholfen. Auch das Internet wäre ohne den Erfindungen aus dem 19. Jahrhundert, die digitale Technik von Hell nicht mög- ebenso die kurze Übergangszeit des Foto- lich geworden. satzes, der bereits eine moderne Verbes- Die technischen Einzelheiten und ge- serung der Arbeitsprozesse bei der Her- schichtlichen Hintergründe und Zusam- stellung von Büchern und Zeitschriften menhänge sollten auch junge Menschen darstellte. Das ideale Gerät für umfangrei- interessieren, die mit den zahlreichen Ent- che Satzmengen war aber die digitale Auf- wicklungen der Digitaltechnik aufwach- bereitung durch die Digiset-Setzmaschine. sen. Die großen Persönlichkeiten der Tech- Vor allen Dingen auch deshalb, weil sie nikgeschichte des 20. Jahrhunderts dürfen das schwierige Problem des Fotosatzes in dabei nicht vergessen werden. Zu ihnen bezug auf Korrekturen löste. gehört ganz zuerst Dr.-Ing. Rudolf Hell. Wer das Glück hatte, für Rudolf Hell arbeiten zu dürfen, dem ist diese Zusam- HERMANN ZAPF menarbeit mit vielen schönen Erinnerun- gen verbunden. Mein Beitrag waren die ersten speziell für Digiset zu entwerfenden Schriften. Sie waren Neuland für mich; die Aufgabe war auch so völlig anders in allen ihren Einzelheiten im Vergleich zum Blei- satz und der Arbeitsweise im Fotosatz. Hells Erfindung des lichtgesteuerten Bildpunktes ermöglichte viele andere, sich daraus entwickelnde Erfindungen. Man denke dabei an die Bildschirmwiedergabe von Texten und Bildern, an Telefax, an das Internet und schließlich seit einigen Jahren auch an die digitale Fotografie durch digi- tale Kameras oder die digitalen Druckver- fahren. Nicht zu vergessen sind die viel- fältigen Möglichkeiten der Bildretusche, die leider bis hin zur Manipulation und Verfälschung gehen kann. In seiner Dankesrede zur Verleihung des Gutenberg-Preises der Stadt und der »Internationalen Gutenberg-Gesell- schaft« im Jahre 1977 bezeichnete Rudolf

8 Hell Verein / www.hell-kiel.de Prolog

Im Jahre 2000, 600 Jahre nach Johannes Rudolf Hell hat wie kein Zweiter das Gutenberg, wählten amerikanische Fach- »Graphische Gewerbe« dadurch zur grafi- journalisten diesen zum »Man of the Mill- schen Industrie geführt, dass er schon früh ennium«, zum Mann des Jahrtausends. Der die Mittel der Elektronik einsetzte, um die Gutenberg-Preisträger Dr.-Ing. Rudolf Hell, handwerklichen Fertigungsverfahren zu der im Jahre 1901 geboren wurde und drei rationalisieren und von der meisterlichen Monate vor seinem Tod, am␣ 19. Dezember Willkür individueller Selbstüberschätzung 2001, noch seinen 100. Geburtstag als Eh- zu befreien. Gleichzeitig ebnete er den renbürger der Stadt Kiel im Kieler Rathaus Weg, um die Gestaltung von Drucksachen feiern konnte, ist in mehrfacher Hinsicht zu einem Allgemeingut werden zu lassen. dafür prädestiniert, der Jahrhundert-Inge- Wenn heute jedermann gestaltete Manus- nieur genannt zu werden. Viele sprachen kripte an seinem PC erstellen und Digital- schon zu seinen Lebzeiten von ihm als fotos hinzufügen kann, so ist dies zum dem »Edison der grafischen Industrie«, um Großteil auch seinen Vorarbeiten zu ver- damit zum Ausdruck zu bringen, dass er danken. eine außergewöhnliche Gabe hatte, neue In der Telekommunikation baute Dr.Hell Ideen und Erfindungen nicht nur zu kreie- bereits Kleinfax-Geräte, als der Bedarf für ren, sondern sie auch umzusetzen und in deren Einsatz im privaten Bereich und da- die tägliche Praxis einzuführen. mit der Massenabsatz als »Bürgerfax« noch Einer seiner Wahlsprüche lautete: »In nicht absehbar waren. Zweifellos haben der Umsetzbarkeit einer Erfindung liegt spätere Hersteller von dieser Pionierarbeit die Voraussetzung des technischen Fort- profitiert und vielleicht wäre manches schritts«. Insofern ging es ihm nicht dar- anders gekommen, wenn das Produkt und um, Erfindungen um ihrer selbst willen zu dessen Weiterentwicklung in seinem Ein- schaffen und die Patentliteratur zu berei- flussbereich geblieben und nicht durch die chern, sondern um den Menschen bessere Präferenz von Fernschreibern verzögert Produktionsmittel an die Hand zu geben. worden wären. Darin sah er die Hauptaufgabe eines Inge- Dieses Buch, die Biografie von Dr.-Ing. nieurs und war stolz darauf, dieser Berufs- Rudolf Hell, eingebettet in die politischen gattung anzugehören, was er nach außen und technischen Entwicklungen in seinem hin zum Ausdruck brachte, indem er sein Umfeld, soll die Erinnerung an die tech- Unternehmen die »Dr.-Ing. Rudolf Hell nischen Großtaten und den Menschen, GmbH« nannte. der␣ diese bewirkt hat, in steter Erinnerung Mit dieser Zielsetzung scheute er sich halten. auch nicht, auf Vorerfindungen und vor- handenem Wissen aufzubauen, denn, wie er es selbst einmal formulierte, »ist in der Technik die Arbeit des Einzelnen die Fort- setzung einer Kette von Forschungsarbei- ten, an der viele Wissenschaftler beteiligt sind, wobei oft Ähnliches manchmal auch zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten entsteht«. Der geschichtlich benannte Er- finder einer bestimmten Erfindung ist da- mit oft nur der Schlussmann eines Stafet- tenlaufs, an dessen Erfolg viele beteiligt waren. Am besten wird dies bei der Ent- wicklung des Fernsehens deutlich, bei der die lichtelektrische Bildzerlegerröhre nach Dieckmann/Hell dem Ganzen einen ent- scheidenden Impuls verlieh.

9 Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Kindheit in Eggmühl

Johann Wolfgang von Goethe schrieb in südlich von Regensburg, als jüngster von

1901–1907 seiner Selbstcharakterisierung im 6. Buch drei Söhnen der Familie geboren. Seine der »Zahmen Xenien« über das Erbgut, Kindheit verbrachte er im Bahnhof von das ihm seine Eltern mitgegeben haben: Eggmühl, wo sein Vater Bahnhofsvorstand »Vom Vater hab’ ich die Statur, des Lebens der königlich-bayrischen Eisenbahngesell- ernstes Führen, vom Mütterchen die Froh- schaft war und wo die Familie Hell auch natur und Lust zu fabulieren«. wohnte.

Eggmühl, der Geburtsort von Rudolf Hell, ist heute ein Ortsteil der Gemeinde Schierling in Bayern, etwa 50 km südlich von Regensburg

Sicher ist, dass auch Rudolf Hell vom Es war die Zeitepoche einer politischen Vater die Statur geerbt hat, im Gegensatz Neuorientierung und des beschleunigten zu Goethe charakterisierte er seinen Vater technischen Fortschritts, in die Rudolf Hell Karl Hell jedoch als einen gemütlichen hineingeboren wurde. bayrischen Beamten, wie es auch der Groß- vater war, der nie richtig böse sein konnte. Die politische Umgebung Strenger sei da schon die Mutter Lidwina, Kaiser Wilhelm II. (1859-1941) hatte geborene Meyerring, gewesen, die als Toch- zur␣ Jahrhundertwende die aufmunternde ter eines Landwirts und Brauereibesitzers Parole ausgegeben: »Mit Volldampf vor- in Niederbayern, eines richtigen Gutsherrn, aus!«, womit er über die allegorische Be- schon früh gelernt hatte, das »Familien- deutung des Wortes hinaus den Einsatz der Management« in die Hand zu nehmen. Dampfmaschine in allen Arbeitsprozessen, Hervorgegangen ist daraus bei Rudolf nicht zuletzt des Verkehrswesens, speziell Hell die ideale Mischung von zielstrebigem der Eisenbahn, verstanden haben wollte. und überlegtem Handeln des Vaters und Die Umwandlung Deutschlands vom der temperamentvollen und unternehme- Agrar- in einen Industriestaat befand sich rischen Antriebskraft der Mutter. Dass auch zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach an- ein geräumiges Stück (Bauern-) Schläue, fänglichen Fehlschlägen wieder in einer Mutterwitz und hintergründiger Humor Aufschwungphase mit der Schwerindus- dazu kam, mag dem bayrischen Erbgut trie als Triebfeder. von Grund auf zuzuschreiben sein. Die rasch expandierende Eisen- und Rudolf Hell wurde am 19. Dezember Stahlerzeugung führte zur Erweiterung des 1901 in Eggmühl in Niederbayern, 50 km Eisenbahnnetzes um das Dreifache von

10 Hell Verein / www.hell-kiel.de insgesamt 50 000 km Länge und zum Auf- Berlin setzten sich die Vertreter einer mo- bau einer der größten Handelsflotten der dernen Schreibweise durch. Um jedoch Welt. Zu dem dichter werdenden Eisen- Veränderungen gegenüber den von Konrad bahnnetz kam ein Geflecht neuer Wasser- Duden 1880 festgelegten Regeln möglichst straßen, Kanäle und Binnenhäfen. gering zu halten, wurden viele Reform- Der technische Fortschrittsoptimismus wünsche abgelehnt. Immerhin wurde statt verwandelte die Städte in lärmende Indus- des »th« nur noch ein »t« und statt des »c« triezentren, die einerseits vielen Menschen ein »k« geschrieben. Außerdem sollten Arbeit und Brot gaben, aber andererseits doppelte Schreibweisen eines Wortes tun- auch zu sozialen Missständen führten. lichst vermieden werden. Mit diesem Regel- Die Arbeiterbewegung erzwang allmäh- werk fand ein jahrhundertelanges Bemühen lich politische und soziale Reformen, die um eine einheitliche Orthographie ihren anfangs vom Kaiser unterstützt, nach den Abschluss. Frühere Versuche scheiterten großen Ruhr-Streiks aber von ihm als die wiederholt an der Kleinstaaterei Deutsch- Revolte einer »vaterlands-verräterischen lands. Bande« abgeschmettert wurde. Wie sich die Bilder im Verlauf der Ge- Die alte Klassenstruktur unter der Be- schichte doch immer wiederholen, wenn völkerung blieb trotz des relativen Wohl- wir sie zum Beispiel mit der jüngsten Recht- stands erhalten und die Begeisterung für schreibreform und weiteren Experimenten alles Militärische, sowie der Drang nach im Schul- und Bildungssystem vergleichen. Weltgeltung dominierte das Denken in al- Als in diesem Jahr 1901 die Königin len Gesellschaftskreisen. Victoria von Großbritannien und Irland Mit der Industrialisierung setzte eine 80-jährig starb, ordnete Kaiser Wilhelm II., enorme Landflucht ein. Die Menschen der ja ihr Enkel war, in Deutschland eine glaubten in den Städten zu mehr Wohl- zweiwöchige Militärtrauer (Staatstrauer) an, stand zu gelangen und vertauschten scha- was selbst in konservativen Kreisen auf renweise ihre kleinen beschaulichen Ge- eine starke Kritik stieß. Er selbst hatte wohl höfte und Häusler-Häuser auf dem Lande gar nicht realisiert, dass seine Großmutter gegen die Enge von Etagenwohnungen in in den letzten Jahren ihren, wie sie sagte, Mietskasernen am Rande der Städte. »hitzköpfigen, eingebildeten und sturen Deutschland zählte damals 56,4 Millio- Enkel, seinen ungestümen Reden und ko- nen Einwohner, von denen in der Bevölke- lonialen Eseleien« gegenüber eine reser- rungsdichte 104 auf den Quadratkilome- vierte Haltung eingenommen hatte. ter kamen. Die durchschnittliche Lebens- Der Psychiater Emil Kraepelin attestier- erwartung lag bei 40 Jahren für Männer te ihm später ein periodisches und circu- und 45 für Frauen. läres Irresein, bei dem sich manische und Die 12 Millionen Haushalte unterteilten depressive Phasen abwechseln. sich zu 2% (0,25 Mio.) auf den Adel, Groß- Wilhelm II. übte so auch einen eigen- grundbesitzer, höhere Beamte und Ärzte, willigen Regierungsstil aus, setzte sich über zu 23% (2,75 Mio.) auf mittlere Grundbe- die verfassungsmäßigen Schranken seines sitzer und Beamte, zu 31,25% (3,75 Mio.) Amtes hinweg, regierte des Öfteren gegen auf Kleinbauern, Handwerker und untere die Minister und fühlte sich als sein eige- Beamte, sowie zu 43,75% (5,25 Mio.) auf ner Kanzler. Der »Eiserne Kanzler«, Fürst Lohnarbeiter, Katenbauern und Tagelöh- Otto von Bismarck (1815-1898), war schon ner. Seit der Bismarck’schen Sozialgesetz- 1890, zwei Jahre nach Kaiser Wilhelms gebung wurden Anfänge eines »Sozialen Regierungsantritt, wegen Auffassungsunter- Netzes« sichtbar. Dennoch waren 90% schieden, besonders in der Außenpolitik, der Bevölkerung vom politischen Leben »zurückgetreten worden«. ausgegrenzt – nur 10% bestimmen über Dem Kaiser war die »Bevormundung« das Schicksal der Nation. durch den Kanzler schon seit seinem Regie- Die Kritik an der Erstarrung des Schul- rungsantritt ein Dorn im Auge und er mach- betriebes in den humanistischen Gymna- te daraus auch keinen Hehl, indem er sien führte zu zahlreichen neuen Schul- lauthals verkündete: »Sechs Monate will typen mit experimentellem Charakter. Re- ich den Alten verschnaufen lassen, dann alschulen, die eine neuzeitliche Bildung regiere Ich selbst!«. Im Ausland kommen- zu vermitteln versprachen, wurden den tierte man Bismarcks Rücktritt mit dem Gymnasien rechtlich gleichgestellt. Bei der Satz: »Der Lotse verlässt das Schiff!«. Einführung einer einheitlichen Rechtschrei- Der jeder parlamentarischen Kontrolle bung durch die Rechtschreibkonferenz in entzogene Monarch nahm eigenständig

11 Hell Verein / www.hell-kiel.de Bündnisverhandlungen mit Großbritanni- Da war zunächst Thomas Alva Edison. en auf, die jedoch misslangen. In seinen Er lebte von 1847 bis 1931. Rudolf Hell späteren Jahren fiel er immer wieder durch dürfte sich also zwangsläufig mit den vie- peinliche Reden auf und verstieg sich in len Erfindungen des berühmtesten amerika- einen überzogenen Egozentrismus. So sagte nischen Erfinders beschäftigt haben, denn er einmal: »Einer nur ist Herr im Reich; sie waren in aller Munde. Zu den popu- keinen anderen dulde Ich!« und ein ande- lärsten Erfindungen Edisons zählte das Te- res Mal: »Eine Kunst, die sich über die von lephon, die Glühlampe mit der noch heute Mir bezeichneten Gesetze und Schranken üblichen Schraubfassung, die elektrische hinwegsetzt, ist keine Kunst mehr!«. Schmelzsicherung, die Filmkamera, das Als während des »Boxeraufstandes« um Kohlemikrophon, welches wir alle, viel- 1900 in Peking der deutsche Botschafter leicht unbewusst, noch in alten Telephon- apparaten benutzt haben und leider auch der »Elektrische Stuhl«. Weil Edison dem Kind eines Bahnbeam- ten das Leben gerettet hatte, durfte er zur Belohnung in der Bahnstation telegraphie- ren lernen. Während dieser Tätigkeit mach- te er seine erste wichtige Erfindung: ein telegraphisches Übertragungsgerät, mit dem Nachrichten automatisch über eine zweite Leitung gesendet werden konnten. Wenn Rudolf Hell später mit Edison vergli- chen wird, dann sicher nicht, weil beide in jungen Jahren durch die Bahn zum Telegra- phen gelangt sind, auch wenn dies eine merkwürdige Duplizität der Ereignisse ist. Es war die Praxisbezogenheit der Erfindun- gen, die diesen Vergleich nahe legte. Schon zu Edisons Zeiten gab es Patent- streitigkeiten, denn auch Edison baute na- türlich bei seinen zwischen 1000 und 1500 Patenten auf den Erkenntnissen seiner Zeit- Am 1. März 1901, auf offener Straße ermordet wurde, soll genossen und früherer Entwicklungen auf. also im Geburtsjahr der Kaiser getobt haben, Peking müsse dem So stellte sich heraus, dass ein deutscher von Rudolf Hell, wurde in Wuppertal Erdboden gleichgemacht, regelrecht rasiert Erfinder schon 25 Jahre vor Edison eine Art die Schwebebahn werden. Und als dann das deutsche Expe- Glühlampe herausgebracht hatte. Aber den- in Betrieb gesetzt. ditionskorps am 27. Juli 1900 in Wilhelms- noch gilt Edison als deren Erfinder. 1880 Hier ein Bild haven an Bord ging, wütete er: wurde der erste Dampfer mit 115 Kohle- aus dem Jahr 1903 »Kommt Ihr vor den Feind, so wird der- glühfadenlampen illuminiert, was als Sen- selbe geschlagen! Pardon wird nicht gege- sation aufgenommen wurde und natürlich ben! Gefangene werden nicht gemacht! der Vermarktung dieser neuen Beleuch- Wer Euch in die Hände fällt, sei Euch ver- tungsart half, sich schnell durchzusetzen. fallen! Wie vor tausend Jahren die Hunnen Der französische Physiker Pierre Curie unter König Etzel sich einen Namen ge- (1859-1906) konnte 1901 erstmals die von macht (…), so möge der Name Deutscher Radium abgegebene Energiemenge mess- in China auf tausend Jahre durch Euch in technisch erfassen und nannte diese die einer Weise bestätigt werden, dass niemals »Atomenergie«. Der deutsche Geologe Jo- wieder ein Chinese es wagt, einen Deut- hann Phillip Ester (1854-1920) stellte fest, schen auch nur scheel anzusehen«. dass Radioaktivität in der Natur weit häu- Die Rede ging denn als seine berüchtig- figer verbreitet ist, als bisher angenommen. te »Hunnenrede« in die Geschichte ein. Der Schweizer Robert Maillart baute die erste Stahlbetonbrücke, bei der Scheitel- Das technologische Umfeld gelenke die Betonschrumpfung auszuglei- Auf technisch-wissenschaftlichem Ge- chen halfen. In London wurde nahe dem biet gibt es Entwicklungen zu vermerken, Picadilly Circus das erste Parkhochhaus die Rudolf Hell ganz sicher, vielleicht noch mit sieben Stockwerken und einem elek- unbewusst, in seiner Technikbegeisterung trischen Fahrstuhl zur Beförderung der Au- beeinflusst haben. tos auf die verschiedenen Etagen gebaut.

12 Hell Verein / www.hell-kiel.de In Wuppertal entstand die erste Schwe- kaum etwas zu spüren und doch beein- bebahn über der Wupper, die als ein tech- flusste dieses Umfeld dessen Existenz und nisches Wunderwerk angesehen wurde. Fortentwicklung, die besonders durch das Wilhelm Maybach (1846-1929) konstru- sich so schnell ausweitende Eisenbahnnetz ierte den ersten »Mercedes«-Motorwagen, bestimmt wurde. der für die Autobauer in allen Ländern Um die kleine Gemeinde Eggmühl zu zum Vorbild wurde. Die Elektrizität fand charakterisieren und ihre Bedeutung für Eingang in die Haushalte – neben der Be- das Eisenbahnwesen zu ergründen, muss leuchtung kamen Bügeleisen, elektrischen man etwas weiter auch auf deren Geschich- Bratöfen und große, mit Unterdruck arbei- te eingehen. tende Staubsauger auf, die in Pferdewagen installiert wurden und von denen Schläu- Kleine Geschichte che zu den einzelnen, zu reinigenden der Gemeinde Eggmühl Wohnungen geführt wurden. »Dort, wo sich einmal zwei Römerstra- Der Deutsch-Amerikaner Gustav Weiß- ßen kreuzten und die durch die Kleine Aue kopf (1874-1927) aus Leutershausen, der nordwärts fließende Große Laber durch sich in den USA Gustave A. Whitehead herantretendes Hügelland nach Osten ab- nannte, baute das erste motorgetriebene gedrängt wird, breitet sich die Ortschaft Flugzeug, das am 14. August 1901 eine Eggmühl aus.« kurze Strecke flog und damit nachweislich Mit dieser topografischen Beschreibung um mehr als zwei Jahre früher dran war, beginnt in der Ortschronik die Geschichte als die PR-tüchtigen Gebrüder Wright, de- des Ortes Eggmühl, dessen erste urkund- nen dies am 17. Dezember 1903 gelang. liche Erwähnung auf den 10. März 814 Erst im Jahre 1964 forderten Luftfahrt- datiert, als vermutlich der Franke Egino historiker diese Richtigstellung ein. Weiß- hier Eigentümer einer Mühle wurde und haupt flog nicht selbst – der Name des aus der Eginmoil, bzw. Egginmuil der Orts- Testpiloten blieb anonym – weshalb wohl name Eggmühl durch wiederholte Schreib- Orville Wright der Vorzug gegeben wurde, weisenänderung entstand. der selbst flog. Dies ist eines von vielen Beispielen dafür, dass selbst spektakuläre Erfindungen von einem Prioritätenstreit nicht verschont bleiben. In USA wurden in diesem Jahr auch die ersten Kinos eingerichtet, die ausschließ- lich Spielfilme, noch in der Stummfilm- version, zeigten und wegen ihres geringen Eintrittspreises von einem Nickel = 5 Cents »Nickel-Odeons« genannt wurden. In Deutschland veröffentlichte Thomas Mann (1875-1955) seinen Roman »Die Buddenbrooks«, der den Verfall einer Lübecker Hanseatenfamilie schilderte und in dieser Stadt einen Skandal auslöste, da manche Bürger sich in den Romanfiguren wieder zu erkennen glaubten. In Stockholm wurde erstmals der Nobel- preis verliehen. Er ging u.a. an die deut- schen Wissenschaftler Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923) für Physik und Emil Zur Mühle kam eine Burg und diese war Der Bahnhof steht von Behring (1854-1917) für Physiologie seit dem frühen 12. Jahrhundert als pfalz- noch heute am Platz von 1901. und Medizin. In Mainz wurde die Interna- gräfliches Lehen eine Hofmark im Besitz Rechts im Bild tionale Gutenberg-Gesellschaft gegründet, der Truchessen von Eggmühl, deren Ge- die Rudolf-Hell- in Würzburg kam der Physiker Werner schlecht jedoch 1333 ausstarb. Schon am Straße im Ortsteil Heisenberg (1901-1976), in Berlin die Film- 16. Mai 1341 erhielt Eggmühl von Kaiser Unterdeggenbach schauspielerin Maria Magdalena v. Lorsch Ludwig, dem Bayern (1287-1347), die (1901-1992) zur Welt, die sich später den Marktrechte zugesprochen. Trotz der frü- Künstlernamen Marlene Dietrich zulegte. hen Erlangung dieser Sonderrechte verlief Von alledem war jedoch in der Stille jedoch die Geschichte des Ortes sehr ver- und Abgeschiedenheit des Ortess Eggmühl halten. In zahlreichen Verpfändungs- und

13 Hell Verein / www.hell-kiel.de Verkaufsurkunden des 14. und 15. Jahrhun- geschlagen wurden. 10 000 Tote und Ver- dert ist fast durchwegs nur von der Feste wundete hatten die Österreicher und 3000 (Burg) und dem Schloss Eggmühl, nicht die Verbündeten zu beklagen. Ein Löwen- aber vom Markt die Rede. Der ständige denkmal erinnert heute noch in Eggmühl Besitzerwechsel sowie eine völlig zersplit- an dieses dramatische Ereignis. terte Grundherrschaft hemmten trotz der Markterhebung die Entwicklung des Or- Der Bahnhof Eggmühl tes. Noch im 18. Jahrhundert zählte der Mit der Eröffnung der Bahnlinie Neu- Ort nur ganze neun Anwesen. fahrn-Eggmühl-Regensburg im Jahre 1875 erhielt der Ort eine besondere Stellung in der Region. Der Bahnhof Eggmühl war und ist nämlich der einzige Personen- bahnhof der ganzen Umgebung. Das ist bis heute so geblieben, auch nachdem im Verlauf der Gebietsreform 1978 die Ge- meindeverwaltung zusammen mit ihren verschiedenen Ortsteilen und zehn weite- ren, bis dahin selbständigen Gemeinden dem Markt Schierling zugeschlagen wur- de. Trotzdem weist der Markt Schierling bei einer Fläche von 77,69 km2 nur eine Einwohnerzahl von 7378 auf, was die für diese Gegend charakteristische weit- flächige Streuung der Ansiedlungen auch numerisch zum Ausdruck bringt. Der Bahnhof Eggmühl Ins 18. Jahrhundert fiel auch die Erbau- Selbst der Bahnhof Eggmühl bildet eine mit dem ung der Kirche St. Laurentius, die inner- separate Anhäufung von Häusern zwischen Bahnhofspersonal um 1900. halb der Umfriedung des Schlosses liegt den Gemeindeteilen Eggmühl Schloss mit Links im Bild der und damit die Eigenschaft einer Schloss- der Schlosskirche auf der einen Seite und Vater von Rudolf Hell, kirche annahm. 1812 kam der Markt Egg- Unterdeggenbach mit einer eigenen Kir- damals mühl an den Grafen Maximilian Joseph che auf der anderen Seite. Diese Teilung Bahnhofsvorsteher von Montgelas (1759-1838) und 1834 fiel wird schon durch verschiedene Ausgänge die Ortschaft dem Fürsten Maximilian Karl bei der Bahnsteigunterführung des Bahn- von Thurn und Taxis (1802-1871) aus dem hofs augenfällig. nahe gelegenen Regensburg zu. Im Jahre 1902, als Rudolf Hell gerade Am 22. April 1809 erlangte Eggmühl ein Jahr alt geworden war, wurde auf der fast Weltruhm, als hier die Schlacht zwi- Eggmühler Seite, nahe beim Bahnhof, schen dem von Bayern unterstützen napo- erstmals eine Volksschule errichtet, die sei- leonischen Truppen gegen die von Erzher- ne beiden älteren Brüder Karl und Max zog Karl (1771-1847) angeführten Öster- besuchten. Zuvor hatten die 6- bis 13- reicher stattfand und diese von ersteren jährigen Kinder von Eggmühl und Unter-

Die drei Brüder Karl, Max und Rudolf (in der Mitte mit seinem Hund) auf einer Wiese in der Nähe des Bahnhofs Eggmühl

14 Hell Verein / www.hell-kiel.de deggenbach weite Wege in umliegende haben dürfte. Für kurze Zeit erhielt damit Nachbargemeinden zurückzulegen, um zur auch die Gemeinde Schierling einen eige- Schule zu gelangen. In der neuen Schule nen Bahnhof. Heute fahren keine planmä- fanden 60 Schüler verschiedener Alters- ßigen Züge mehr auf dieser Kleinbahn- stufen Aufnahme, die alle von einem ein- strecke und der Bahnhof Eggmühl bietet zigen Lehrer gleichzeitig unterrichtet wur- stattdessen Pendlern der Umgebung sein den. P&R (Park & Ride)-Konzept an. Da die Familie Hell im Bahnhof wohn- Den jüngsten Sohn Rudolf mag hinge- te, ist anzunehmen, dass die Kinder schon gen im Bahnhof Eggmühl mehr das Eisen- früh mit dem Eisenbahnwesen und deren bahn-Nachrichten- und Signalwesen in sei- technischen Errungenschaften in Berührung nen Bann gezogen haben, das damals kamen, was sicher auch ihre Neigungen schon sehr ausgeprägt war. prägte. Vom ältesten Sohn Max ist bekannt, dass er Bauingenieur wurde, wobei ihm Die Bahn-Telegraphie vielleicht der Bau der Lokalbahn von Egg- Als im Jahre 1833 der Mathematiker mühl nach Langquaid, die am 21. Oktober Carl Friedrich Gauß und der Physiker 1903 eingeweiht wurde, die Anregung gab. Wilhelm Weber den ersten Magnetnadel- Das Erbauen von neuen Eisenbahnlinien Telegraphen erfanden, da boten sie diesen mit ihren oft waghalsigen Brücken und Tunnels war damals ein angestrebtes Betä- tigungsfeld für Bauingenieure, die zu Ruhm und Ehre in ihrem Metier kommen woll- ten, wie es der königliche Kreisbaurat und Bahningenieur Paul Camille von Denis (1795-1872) tat, der 1835 die Bahnlinie von Nürnberg nach Fürth in der Rekord- zeit von 8 Monaten errichtet hat und dafür vom König geadelt wurde. Er baute 1856 auch die Bahnstrecken um München, Nürnberg und Regensburg, bevor er sich 1866 in die Pfalz zurückzog, wo er 1847 die Ludwigsbahn zwischen der Rheinschanze, heute Ludwigshafen am Rhein, und Bexbach im Saarland geschaf- in Erwartung eines dringenden Bedarfs bei Das Bahnhofsgebäude fen hatte. Hinzu kamen Prunkbauten von der Zugvorausmeldung der 1836 gegrün- heute, also kaum verändert, dennoch aus Bahnhöfen mit ihren hohen, glasbedeckten deten Leipzig-Dresdner-Eisenbahngesell- Sicht des 83-jährigen und mit prächtig verzierten Gusseisen-Säu- schaft an. Dies scheiterte einerseits an der Dr. Hell nicht mehr so len versehenen Stahlkonstruktionshallen, noch mangelnden technischen Reife des romantisch. die alle Bahnsteige überdeckten. Gerätes, aber auch am Unverständnis der Die Schreibweise von Diese sind den Hell-Buben zumindest Verantwortlichen dieser ersten Fernbahn- Eggmühl hat sich in den Jahren geändert aus Abbildungen in Zeitungen und Zeit- strecke in Deutschland. So musste weiter- schriften bekannt gewesen. hin die Bahnstrecke mit optischen Tele- 1898 war in Paris mit dem Bahnhof der graphen gesichert werden, was bei schlech- Orléans-Bahn am Quai d’Orsay ein Prunk- ten Sichtverhältnissen, bei Nacht und Ne- bau entstanden, der sogar ein Luxushotel bel, nicht funktionieren konnte. 1837 kam von mit Gold und Spiegeln dekoriertem deshalb in England auf der Bahnstrecke Ballsaal enthielt (heute das Musée d’Orsay London-Birmingham ein Magnetnadel- beherbergend), in New York wurde mit Telegraph von Cooke und Wheatstone er- dem Great Central Terminal der größte folgreich zum Einsatz, worauf dieser zum Bahnhof der Welt gebaut und in Leipzig allgemein zu verwendenden Bahn-Tele- schickte man sich gerade an, den größten graphen erklärt wurde. Bahnhof Europas mit 26 Gleisen und ent- Ab dem Jahre 1846 wurde dieser Mag- sprechend vielen Bahnsteigen entstehen netnadel-Telegraph auch in Deutschland zu lassen. eingesetzt. 1847 benutzten ihn bereits 40 Durch den Queranschluss der Lokal- deutsche Eisenbahngesellschaften und die bahn zur Nord-Süd-Achse Regensburg- im gleichen Jahr gegründete Firma Sie- Landshut wurde der kleine Bahnhof Egg- mens & Halske begann das Gerät in gro- mühl zu einem Umsteigebahnhof, was die ßen Stückzahlen zu fertigen. Um auch nicht berufliche Stellung von Vater Hell gestärkt verkabelte Streckenposten, bzw. Schran-

15 Hell Verein / www.hell-kiel.de kenwärter in die Verständigung mit einzu- sen und Feldern und versprengten Gehöf- schließen, wurden die Magnetnadel-Tele- ten. Man kann daraus schließen, dass graphen mit elektrischen Läutwerken nach Rudolf Hell eine glückliche Kindheit in dem Siemens’schen Kurbelindikator-Prin- Eggmühl zuteil wurde. zip kombiniert. Als jedoch der druckende Morse-Tele- Eggmühls berühmtester Sohn graph 1843 seine Funktionstüchtigkeit bei Wie stark dem 83-jährigen Rudolf Hell die Erinnerung an den romantischen Bahn- hof haften geblieben war, mag daran deut- lich werden, dass er sich enttäuscht über das nüchterne Gebäude äußerte, als er es 1984 erstmals wiedersah. Er sagte darüber zwei Jahre später bei einem Interview an- lässlich seines 85. Geburtstags: »Der Bahn- hof war früher so romantisch, in der Vor- halle, lauter Bäume; der Ziegelbau so schön. Jetzt haben sie die Bäume gefällt und den Bahnhof gelb angestrichen. Es ist furcht- Das Straßenschild der Baltimore & Ohio Railroad Company bar, die ganze Romantik ist weg«. in Eggmühl zeugt in USA unter Beweis gestellt hatte, ersetzte Damals hatte ihn die Gemeinde Schier- von der Gemeinde berühmtesten Sohn er den Zeiger-Telegraphen, während die ling-Eggmühl als Ehrengast zum Festakt Läutwerke blieben. Da bereits 1849 der »175 Jahre Schlacht bei Eggmühl« einge- erste Morse-Telegraph bei der Hannover- laden und erwies ihm die hohe Ehre, eine schen Staatsbahn eingeführt worden war, Straße auf der Unterdeggenbacher Seite ist anzunehmen, dass ein solcher auch im des Ortes nach ihm zu benennen. Er gilt Bahnhof Eggmühl gute Dienste leistete und seitdem als Eggmühls berühmtester Sohn der kleine Rudolf von dessen rhythmischen und wird so in verschiedenen Gemeinde- Ticken fasziniert war, wodurch vielleicht publikationen wie auf der Gemeinde- noch unbewusst in ihm der Wunsch keim- Homepage im Internet genannt. te, bei der Weiterentwicklung dieser Tech- Dass er den Bahnhof romantischer in nik einmal mitarbeiten zu dürfen. Erinnerung hatte, als er ihn 1984 vorfand, Dazu kam der romantische kleine Bahn- mag an der Vermischung der Eindrücke hof selbst, der auf die Buben wie ein Aben- liegen, die der Spielplatz Bahnhof, wie teuer-Spielplatz gewirkt haben muss, zumal schon beschrieben, mit der Wirklichkeit da neben den größeren Zügen ab 1903 mit sich brachte. Der heutige P&R-Bahnhof mit seinen Pkw- und Fahrrad-Abstellplätzen vor dem Gebäude kann bei dieser gedanklichen Vorgabe da nicht mithalten. Inzwischen Porträtfoto hat die Gemeinde sogar der neuen Grund- der drei Brüder schule den Namen »Rudolf-Hell-Schule« Karl, Max und Rudolf gegeben. Die Verehrung für den großen (von links nach rechts) im Jahr 1919, Sohn ist also offensichtlich. also während der Zeit Nur kurz war die Zeit, die Rudolf Hell in in Eger Eggmühl verbrachte. Als er sechs Jahre alt war, wurde der Vater noch vor seiner Ein- auch die auf einem separaten Gleis fah- schulung als Leiter des Güterbahnhofs nach rende Lokalbahn Eggmühl-Langquaid kam, Eger in der damaligen österreichisch-unga- deren mit einem hohen Schornstein ver- rischen k&k-Monarchie berufen. sehene Dampf-Lokomotive man wohl we- Der Bahnhof Eger stand von seiner Grün- gen ihres holprigen Laufs den Spitznamen dung 1865 an bis 1937 als Verbindungs- »Bockerl« gegeben hatte. glied zwischen den sächsischen und bayri- Die schweren Weichenstellhebel im schen Bahnen stets unter bayrischer, bzw. Fahrdienstraum und die Drahtzüge entlang später reichsdeutscher Verwaltung, wes- der Schienen zur Betätigung der Ein- und halb dies keiner Versetzung ins Ausland Ausfahrtsignale – das alles muss die kind- gleichkam, sondern einer Beförderung des liche Phantasie stark angeregt haben, zumal königlich-bayrischen Bahnverwalters Karl dies im strengen Kontrast zu der Ruhe der Hell zu mehr Einfluss und Verantwortung umgebenden Landschaft stand, zu den Wie- in der gleichen Organisation.

16 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1907–1919 Die Schulzeit in Eger

Eger, heute tschechisch Cheb genannt, geschleift, sodass sich in der Biedermeier- liegt in einem Talkessel, der im Norden zeit das turmreiche Stadtbild wieder ein- vom Elstergebirge des Vogtlandes sowie stellte. dem sich nach Osten anschließenden Erz- gebirge und im Westen vom Fichtelgebirge Der »internationale« Bahnhof Eger umschlossen wird. Die neuzeitliche Vergrößerung der Stadt Im Bäderdreieck Karlsbad, Marienbad war weitgehend bestimmt durch die Er- und Franzensbad bildet es in der unmittel- bauung des Bahnhofs im Jahre 1865 im baren Nachbarschaft von letzterem die westliche Ecke. Kleine Geschichte der Stadt Eger Der Name der Stadt Eger wird erstmals in einer Urkunde des Königs Heinrich IV. (1050-1106) aus dem Jahre 1061 in der hochdeutschen Form als Egire erwähnt, das sich zum mittelhochdeutschen Egere (1125), Egra (1179) und Egera (1187) wan- delte. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts erfolgte die große planmäßige mittelalterliche Stadt- erweiterung, bei der der geräumige Markt- platz entstand, bis heute ein Wahrzeichen der Stadt. Als eine Reichsstadt wurde Eger zum ersten Mal in einer Urkunde aus dem Jahre 1277 bezeichnet. In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert entstanden vor der Das Wohnhaus Stadtmauer drei Vorstädte, die mit einem der Hells in Eger (heute tschechisch Wall und Graben in die Sicherungsanlagen Cheb) wie es noch eingeschlossen wurden. heute dort Im 30-jährigen Krieg erklärte die Obrig- vorzufinden ist keit Eger zur Festung. Am 25. Februar 1634 wurde in ihren Mauern der wegen eigen- Südosten, noch außerhalb des Vorstadt- williger Verhandlungen mit den Schweden geländes, wobei der unbebaute Zwischen- vom Kaiser bereits abgesetzte Oberbefehls- raum sich aber schnell mit einem Netz von haber der kaiserlichen Armee, Albrecht von Straßen und Häusern füllte. Der Bahnhof Wallenstein (1583-1634), Herzog von Eger war von Anfang an als ein Knoten- Friedland (genannt »der Friedländer«), zu- punkt zwischen den bayrischen, sächsi- sammen mit drei seiner Getreuen von den schen und österreichischen Eisenbahnlinien eigenen Obristen meuchlerisch ermordet. angelegt worden und verband so in alle Friedrich Schiller hat diesen Stoff zu vier Himmelsrichtungen. einem Drama verarbeitet, das über viele Die Bahnlinie von Eger über Waldsassen Jahre auch in Eger zu den Wallenstein- zur bayrischen Bahn bis Regensburg wur- Festspielen aufgeführt wurde. In der zum de am 15. Oktober 1865 eingeweiht, am Egerer Museum umgebauten Herberge am 1. November 1865 kam die Linie von Eger Marktplatz, wo der Mord stattfand, steht über Asch nach Hof hinzu und am selben noch heute diese Bluttat im Mittelpunkt Tag die von Eger nach Oelsnitz im Vogt- der Erinnerung. land, was die Anbindung an die sächsi- In der napoleonischen Zeit wurde die schen Bahnen brachte. Erst am 19. Sep- Festung aufgehoben und die Wehranlagen tember im Jahr 1870 erfolgte der Ausbau

17 Hell Verein / www.hell-kiel.de der Strecke von Eger nach Karlsbad und wenn das Gebäude heute keine Schule am 28. Januar 1872 die von Eger über mehr beherbergt, sondern verschiedenen Marienbad nach Pilsen zur ehemaligen Ämtern und Kleinfirmen als Unterkunft Franz-Josefs-Bahn. Durch die Verlängerung dient. der Linie Karlsbad–Eger westwärts und ost- Das langgestreckte, mehrstöckige Ge- wärts wurde 1883 die bedeutende Fern- bäude mit gotisch geschwungenen Ein- verbindung von Nürnberg nach Prag ge- gangspforten stand in einem Respekt ein- schaffen. flößenden Kontrast zu der kleinen beschau- Als die Familie Hell 1907 in Eger ein- lichen Dorfschule in Eggmühl und dürfte traf, fand sie somit eine wirtschaftlich auf- einen entsprechenden Respekt bei den blühende Stadt vor, die von den vielfälti- Hell-Buben bewirkt haben. gen Eisenbahnanbindungen profitierte. Das Später sagte Rudolf Hell einmal über erhöhte natürlich auch das Güterauf- seine Kindheit in Eger: »Ich war ein kommen im Bahnhof Eger, wo Vater Hell bisschen ein Außenseiter, der nicht mit den auf organisatorischem Gebiet alle Hände anderen Kindern auf der Straße herumtoll- voll zu tun hatte. te«. Auch erinnere er sich, dass er ein blas- Der große Rangierbahnhof mit seinen ser Junge war, dessen Kräfte und Wangen fächerförmig sich ausbreitenden Schie- man mit Rotwein zu stärken versuchte. nensträngen, Ablaufbergen, Drehscheiben, Zwei Erlebnisse aus dieser Zeit seien Kippern und Portalkränen war sicherlich ihm besonders deutlich in Erinnerung ge- für die Hell-Buben die Hauptattraktion des blieben. Eines erfülle ihn noch heute mit Ortswechsels, was für zurückgelassene Unbehagen, eine Szene aus dem Kinder- Freunde in Eggmühl zu entschädigten half. fasching: Seine Mutter hatte ihm »so ein Auch hier kamen elektrische Maschinen- schreckliches Harlekin-Kostüm gekauft« – telegraphen zur Verständigung zwischen so empfinde er es heute noch – und in dem Bergmeister am Ab- diesem Gewand stand er voller Groll auf laufberg, seinen Hemm- der Straße, entsetzt und unglücklich darü- schuhlegern an den verein- ber, dass er nicht mehr er selbst sein durfte. zelten Waggons und dem Umso lieber sei ihm ein anderes Kind- Personal auf dem Stellwerk heitserlebnis: Beim Umzug nach Eger muss- zum Einsatz, was wiede- te sein kleiner Hund in Eggmühl zurück- rum Sohn Rudolf besonders bleiben. Weil das Tier dann aber so oft interessiert haben wird. zum Bahnhofgebäude lief, dort bettelte und Entsprechend kompli- ihn suchte, hat man es schließlich doch ziert waren auch die Stell- nach Eger verfrachtet, und heute noch sei werkanlagen – ein Eldorado ihm deutlich in Erinnerung, wie der Hund für Rudolf Hell, um häufig ankam: In einem großen leeren Raum beim über Möglichkeiten der Ver- Zoll wurde eine Kiste mit Löchern hinge- einfachung nachzudenken stellt, geöffnet, und da sprang der Hund und seiner erfinderischen heraus. Die große Freude des Wieder- Phantasie freien Lauf zu las- sehens, wie der Hund an ihm hochhüpfte sen. und ihn umkoste, bleibe ihm unvergess- Vorerst galt es jedoch erst lich. einmal, die Schulbank zu Nach der Absolvierung der vier Grund- drücken. Die Familie be- schulklassen wechselte Rudolf zum eben- zog eine Wohnung in ei- falls nicht weit entfernt liegenden Rudolphi- Das Kommunionsfoto nem dreistöckigen, gutbürgerlichen Mehr- num, der Oberrealschule am Schillerring von Rudolf Hell familienhaus mit dekorativem Turmanbau (Komenského). aus dem Jahr 1911 in der Grabenstrasse 33 (heute tschechisch Dass die Schule seinen Namen trug, Evropská). muss ihm geschmeichelt haben, auch wenn damit König Rudolf von Habsburg (1218- Die Volksschule 1291) gemeint war, der 1278 den Böhmen- und das Rudolphinum könig Ottokar II. (1233-1278) in der Da traf es sich gut, dass nur zwei Stra- Schlacht auf dem Marchfeld besiegte und ßen weiter, an der Ecke Adlerstrasse so die Länder Österreich, Steiermark, Kärn- (Dukelská) und Schmerlingstrasse (Karlova) ten und Krain in seiner habsburgischen 1902 eine große Volksschule errichtet wor- Hausmacht vereinte. Das baufällige Ge- den war, an deren beiden Spitzgiebeln noch bäude wurde erst nach 1990 abgerissen. heute die Jahreszahl 1902 prangt, auch Heute klaft dort eine Baulücke.

18 Hell Verein / www.hell-kiel.de Von seiner Schulzeit sagte Rudolf Hell che beherrschte. Das änderte sich erst mit später: »In Physik und Mathematik war ich der Ausrufung der Tschechoslowakischen immer der Beste, in Sprachen mäßig und Republik 1918 als Folge des verlorenen dort, wo man viel lernen musste, war ich Ersten Weltkrieges und des Zerfalls der einfach schlecht«. österreich-ungarischen k&k-Monarchie.

Die ehemalige Volks- schule in Eger aus dem Jahr 1902 von Rudolf Hell, wie sie sich heute präsentiert

Es zeigte sich damit bei ihm schon früh Aber auch danach stieg der Anteil der tsche- sein Interesse für alles Naturwissenschaft- chischen Minderheit in Eger erst nach 1930 liche und das Auswendiglernen von blo- auf eine zweistellige Prozentzahl. Heute ßen Daten war ihm zuwider. gehört Eger (Cheb) zur Tschechischen Re- Das Schachspielen war ihm zu dieser publik und die Umgangs- und Amtsspra- Zeit eine Lieblingsbeschäftigung. Er sagte che ist ausschließlich tschechisch. darüber später: Der Erste Weltkrieg war die Urkatastro- »Mit einem Freund, einem Apotheker, phe des 20. Jahrhunderts und ist im Rück- habe ich mit großer Begeisterung Schach blick betrachtet als eine Art Ouvertüre zum gespielt. Wir sind sogar auf die Idee ge- Zweiten Weltkrieg anzusehen. Schon im kommen, mit verbundenen Augen blind Vorfeld waren durch die unüberlegte Au- zu spielen, wobei ein Dritter nach unseren ßenpolitik von Kaiser Wilhelm II. (u.a. Auf- Anweisungen die Figuren setzte. Das erfor- bau der übertrieben starken Kriegsflotte Der Schüler derte eine außerordentlich große Konzent- und Bau der Bagdadbahn von Istanbul nach Rudolf Hell besucht in Eger das ration«. Basra) Antipathien gegenüber dem Deut- Rudolphinum, schen Reich aufgebaut und Bündnisse, wie hier in einer Die Sprache in Eger war deutsch das mit Russland, zerschlagen worden. Seitenansicht Die Umgangs- und die Amtssprache und so auch die Sprache, in der an den Schu- len unterrichtet wurde, war damals in Eger ausschließlich deutsch. Dies ergab sich aus dem Ablauf der geschichtlichen Entwicklung, aus dem Ent- stehen der Stadt auf dem Gebiet des bairi- schen Nordgaus, aus der Stellung Egers als deutsche Reichsstadt und den besonderen staatsrechtlichen und durch mehrere Jahr- hunderte oppositionellen Beziehungen zu Böhmen, die sich für das als Reichspfand an Böhmen versetzte Eger seit 1322 entwi- ckelten. Wiederholt kam es vor, dass der Rat von␣ Eger tschechische Schreiben nicht zur Kenntnis nehmen konnte, weil niemand in der Stadt war, der die tschechische Spra-

19 Hell Verein / www.hell-kiel.de Das Abitur-Zeugnis von Rudolf Hell in Eger im Jahre 1919. Er sagte über sich selber: »In Physik und Mathematik war ich immer der Beste, in Sprachen mäßig und dort, wo man viel lernen musste, war ich einfach schlecht«.

20 Hell Verein / www.hell-kiel.de Doch den Auslöser lieferte die Ermor- später in Belgien. Am 3. August erfolgte dung des österreichischen Kronprinzen die Kriegserklärung an Frankreich, den Ver- Franz Ferdinand und seiner Frau Sophie bündeten Russlands. Großbritannien ver- am 28. Juni 1914 während eines offiziel- langte von Berlin ultimativ, seine Truppen len Besuchs in Sarajewo auf offener Stra- aus Belgien zurückzuziehen. Als dies nicht ße. Die Attentäter wurden sofort gefasst geschah, erklärte London am 4. August und die Bluttat hätte somit durch Aburtei- Berlin den Krieg. Erst zwei Tage später lung der Schuldigen sofort gesühnt wer- erfolgte die österreich-ungarische Kriegs- den können. Doch die politische Führung erklärung an Russland. Damit war der Kreis der k&k-Monarchie glaubte dahinter eine geschlossen und der Erste Weltkrieg tobte breiter gefasste Verschwörung der serbi- vier Jahre lang über ganz Europa. schen Nationalisten zu erkennen, die nach Rudolfs älterer Bruder Max wurde schon einem großserbischen Reich strebten und im Ersten Weltkrieg zum Militär eingezo- damit die Habsburger Monarchie zu un- gen. Von Bruder Karl ist dies nicht be- terwandern versuchten. kannt. Rudolf selbst war bei Ausbruch des Österreich-Ungarn konnte sich wegen Krieges zu jung dazu. So konnte er ohne des »Zweierbundes« auf die Nibelungen- kriegsbedingte Unterbrechung im Jahre treue von Kaiser Wilhelm II. verlassen und 1919 sein Abitur am Rudolphinum ab- plante so gestärkt einen Vergeltungsschlag legen, das ihn zum Hochschulstudium be- gegen Serbien. Dieses war sich wiederum rechtigte. der Unterstützung durch Nikolaus II von Es wird behauptet, dass er einmal eine Russland im Rahmen des pan-slawischen als unreparabel angesehene Kirchturmuhr Paktes sicher und Russland brachte durch in Eger instandsetzte, was von seinen El- die so genannte »Triple-Entente« die Un- tern als ein Fingerzeig gewertet wurde, terstützung Frankreichs mit ein. Kaiser Franz dass er ein technisches Studium anzutre- Josef I. von Österreich-Ungarn musste sich ten habe. also dessen bewusst gewesen sein, dass Es war aber vermutlich eher die bereits ein Krieg gegen Serbien einen europa- angesprochene Faszination des Eisenbahn- weiten Krieg auslösen wird. Nach einem wesens am Arbeitsplatz des Vaters und die taktisch vorgeschalteten, für Serbien unan- beginnende Elektrifizierung der Bahn, die nehmbaren Ultimatum (gerichtliche Un- seinen Wunsch prägten, an der Techni- tersuchung des Attentats durch k&k- schen Hochschule in München Elektro- Regierungsbeamte in Serbien) erklärte Wien technik zu studieren. am 28. Juli 1914 Serbien den Krieg und begann sofort mit der Beschießung Bel- grads. Am 30. Juli 1914 hatte die deutsche Reichsleitung beschlossen, am nächsten Tag, 12.00 Uhr, den Zustand der »drohen- den Kriegsgefahr« zu proklamieren und damit die Mobilmachung de facto zu be- ginnen. Am 31. Juli, nur wenige Minuten vor 12.00 Uhr traf in Berlin die ersehnte Nachricht von der Mobilmachung Russ- lands ein. Nun konnte man sich in Berlin als die Angegriffenen vor aller Welt hin- stellen, die sich gegen eine russische Of- fensive verteidigen müssen – eine verwerf- liche Taktik, wie sie später auch Hitler mit der Inszenierung von Grenzzwischenfäl- len und der Radioproklamation »Seit 4.45 Uhr wird zurück geschossen!« vor dem Einfall in Polen anwandte und damit am 1.␣ September 1939 den Zweiten Weltkrieg auslöste. Danach ging alles schnell: Am 1. August 1914 erklärte Deutschland Russland offi- ziell den Krieg, am 2. August rückten deut- sche Truppen in Luxemburg ein, einen Tag

21 Hell Verein / www.hell-kiel.de Studienzeit in München

Mit noch nicht ganz 18 Jahren trat Rudolf Die Eltern lebten in dieser Zeit noch in

1919 –1929 Hell das achtsemestrige Studium der Elek- Eger, das damals schon tschechisch war. trotechnik an der Technischen Hochschule Dadurch konnte der Vater aus Eger seinen München an, das er 1923 mit dem aka- beiden Söhnen nach München tschechi- demischen Grad eines Diplom-Ingenieurs sche Kronen schicken, was ihnen in der (Dipl.-Ing.) abschloss. Er teilte zusammen damaligen Inflationszeit große Vorteile mit seinem Bruder Max, der an der Tech- brachte. Trotzdem habe man recht beschei- nischen Hochschule München Bauinge- den gelebt. nieurwesen studierte, eine »Bude«. Rudolf Hell erinnerte sich, dass er mit So kurz nach dem Zweiten Weltkrieg seinem 100-Kronen-Wechsel sogar einem war es eine turbulente Zeit. Es gab wenig Freund das Studium bezahlen konnte, der, zu␣ essen und die Wirtin in einem Studen- obwohl Arztsohn, von seinem Vater zu der tenlokal gab ihm immer zwei Portionen Zeit kein Geld erwarten konnte. Suppe, weil er so mager war. Diese Wirtin Die Eltern siedelten später von Eger nach wurde später Inhaberin des Hotels Königs- München um und fanden dort auch ihre hof in München. Er dankte ihr die Für- letzte Ruhestätte. sorge, indem er später, immer wenn er Bruder Max wurde nach Absolvierung nach München kam, dort übernachtete. seines Studiums Bauingenieur im Range eines Berufsoffiziers bei der Wehrmacht und starb im hohen Alter von 101 Jahren in Landau in der Pfalz, wohin es ihn we- gen der Nähe zur Garnison Mannheim verschlagen hatte. Die politische Umgebung In der Chronik der Zeitgeschichte mar- kierte das Jahr 1919, in dem Rudolf Hell das Studium in München antrat, den Auf- bau der Weimarer Republik nach dem ver- lorenen Ersten Weltkrieg. Der Krieg hatte über neun Millionen Tote gefordert und massenweise kehrten invalide Soldaten in ihre Heimatstädte zurück. Die Kaufkraft vieler Währungen nahm rapide ab – in Deutschland verlor das Geld fast vollstän- dig seinen Wert. Das Hotel Königshof Er erinnere sich noch gern an ein Mario- In Genf konstituierte sich der Völker- in München heute. nettentheater, das er damals mit seinem bund, der auf Vorschlag des amerikani- Erinnerungen Bruder aufgebaut habe, sagte er bei einem an die Studienzeit schen Präsidenten Thomas W. Wilson zur wurden wach späteren Interview, fügte aber lächelnd hin- dauerhaften Friedenssicherung in Europa zu: »Eigentlich hat mir alles nur Spaß ge- eingerichtet wurde und sich vorerst zum macht, solange man es aufbauen konnte. Ziel gesetzt hatte, einen Friedensvertrag Wenn es fertig war, dann war ich schon vorzubereiten. Dabei kamen starke Inter- wieder beim nächsten«. essensunterschiede unter den Siegermäch- Ansonsten habe er als Student eher zu- ten zum Ausdruck. Während die Franzo- rückgezogen gelebt. Fotografieren, Radfah- sen vor allem umfassende Sicherheit vor ren, Skifahren seien seine Freizeitbeschäf- einem Wiedererstarken der militärisch-öko- tigungen gewesen. Studentenverbindungen nomischen Macht Deutschlands verwirk- haben ihn nie interessiert, weil er den gan- licht sehen wollten, waren die Briten im zen Aufwand bei den Verbindungen und Sinne ihrer Gleichgewichtspolitik daran in- Korps grundsätzlich ablehnte. teressiert, Deutschland nicht zu sehr zu

22 Hell Verein / www.hell-kiel.de schwächen. Im Wesentlichen setzte sich vertrags die Alleinschuld am Ausbruch des jedoch die französische Politik durch. Ersten Weltkrieges gegeben wurde. Die Deutschland auferlegten Friedens- Deutschland sollte deshalb im Rahmen bedingungen im Friedensvertrag von Ver- der Reparationszahlungen alle Verluste und sailles waren hart, entsprachen jedoch den Kriegsschäden der Siegermächte ausglei- allgemeinen Gepflogenheiten bei verlore- chen und wiedergutmachen. Die Nach- nen Kriegen. Es mussten Gebietsverluste kriegsregierung weigerte sich zunächst, hingenommen werden. Elsass-Lothringen diese Forderung zu unterschreiben. Erst als

Die Inflation wird im November 1923 mit der Einführung der Rentenmark gestoppt. Sie war kein gesetzliches Zahlungsmittel, wurde aber akteptiert und bald durch die Reichsmark abgelöst

ging an Frankreich, Posen und Westpreußen eine weitere Ablehnung zu einem Ein- als so genannter Korridor an Polen. Darüber marsch der alliierten Truppen geführt hät- hinaus drängte Frankreich auf eine entmi- te, unterzeichnete die Nachfolgeregierung litarisierte Zone entlang des Rheins und den Friedensvertrag in Versailles. Er wurde auf eine Unterstellung des Saargebietes von vielen als das »Diktat von Versailles« unter die Kontrolle des Völkerbundes. Alle bezeichnet. schweren Waffen waren an die Sieger- Der Beginn der Weimarer Republik war mächte abzuliefern und eine erneute Waf- von starken innerpolitischen Instabilitäten fenproduktion wurde untersagt. Der Wie- und Unruhen geprägt. Es kam zu heftigen deraufbau einer Luftwaffe, auch einer zivi- Kämpfen, wie der November-Revolution len Luftfahrt, wurde ebenfalls verboten. und dem Spartakus-Aufstand. Nach der Separat zur deutschen Regelung wurde Wahl der verfassungsgebenden Deutschen im Friedensvertrag von Saint-Germain-en- Nationalversammlung am 19. Januar 1919 Laye Österreich verpflichtet, Ungarn und und der Wahl von Friedrich Ebert (SPD) die Tschechoslowakei abzutreten, Südtirol zum ersten deutschen Reichspräsidenten bis zum Brenner Italien zu überlassen und trat am 11. August 1919 die Weimarer Ver- die Tschechoslowakei, Polen, Ungarn und fassung in Kraft, die den Bürgern im Rah- Jugoslawien als selbständige Staaten anzu- men von demokratisch-parlamentarischen erkennen. Die Türkei, bzw. das Osmani- Grundsätzen weitgehende Freiheiten zu- sche Reich, musste im Friedensvertrag von sicherte, jedoch von den Gegnern der Re- Sèvres einer internationalen Kontrolle und publik für ihre eigenen Zwecke missbraucht Verwaltung der Meerengen am Bosporus wurden. So kam es 1920 zum Putsch der und am Marmara-Meer zustimmen und ehemaligen Armee- und Freikorpsein- darüber hinaus verschiedene Gebietsab- heiten, der erst durch einen Generalstreik tretungen hinnehmen. Russland, bzw. die der Gewerkschaften und Beamten nieder- UdSSR, hatte der Unabhängigkeit der bal- geschlagen werden konnte. Einen Aufstand tischen Staaten sowie der Selbständigkeit der Kommunisten in Sachsen, Thüringen Finnlands zuzustimmen und große Teile und dem Ruhrgebiet warf hingegen die seiner westlichen Gebiete an Polen abzu- Reichswehr nieder. treten. Diese Gebiete sollten nach dem Mit der Weimarer Republik entstand in Willen der Siegermächte als ein Sperrgürtel Deutschland ein föderalistischer Staaten- (cordon sanitaire) gegen das kommunisti- bund, den die Bundesrepublik nach dem sche Russland dienen. Zweiten Weltkrieg in organisatorischer Hin- Besonders bedrückend wurde es auf sicht als ihr Vorbild ansah. deutscher Seite empfunden, dass innerhalb Die politische Gewalt war geteilt in der Verliererstaaten, Deutschland nach Ar- Rechtssprechung (unabhängige Gerichte), tikel 231 (Kriegsschuldartikel) des Friedens- Gesetzgebung (Reichstag, Reichsrat) und

23 Hell Verein / www.hell-kiel.de Exekutive (Regierung und Reichspräsident). (1871-1919), Rosa Luxemburg (1870-1919) Der Reichsrat war die politische Vertre- und Wilhelm Pieck (1876-1960). Die bei- tung der 18 deutschen Länder. Mit der Re- den ersteren fielen schon am 15. Januar gierungsbildung als Kanzler wurde der 1919 einem Anschlag durch Offiziere der Sozialdemokrat Phillip Scheidemann be- Gardekavallerie zum Opfer, letzterer wur- auftragt, der jedoch das Ansinnen der Re- de nach dem Zweiten Weltkrieg der erste parationszahlungen, wie schon erwähnt, Staatspräsident der Deutschen Demokrati- ablehnte und durch den Sozialdemokra- schen Republik (DDR). ten Gustav Bauer abgelöst wurde. Hitlers Deutsche Arbeiterpartei (DAP), Die SPD war damals mit 37,9% der später National-Sozialistische Deutsche Stimmen die stärkste Kraft im Reichstag. Es Arbeiterpartei (NSDAP) genannt, sollte erst folgten die konservative Zentrums-Partei am 24. Februar des Folgejahres 1920 mit einer Versammlung im Münchner Hofbräu- hauses politisch stärker in Erscheinung tre- ten. Hitler war am 16. September 1919 Mitglied bei der am 5. Januar 1919 in München gegründeten DAP geworden. Dem Reichstag entsprachen die 18 Län- derregierungen mit ihren Länderparlamen- ten (Landtage). Der bayrische Ministerprä- sident Eisner hatte in der Nacht vom 7. zum 8. November 1918 in Bayern die Re- publik ausgerufen und sich an die Spitze einer aus Unabhängigen (USPD) und Mehr- heitssozialisten gebildeten Regierung ge- stellt. Als die Landtagswahlen am 12. Ja- nuar 1919 den Bürgerlichen die Mehrheit brachte und nur 1,5% der Stimmen auf die USPD entfielen, versuchte Eisner an der Macht zu bleiben. Auf der Fahrt zum bayrischen Landtag wurde am 21. Februar 1919 Kurt Eisner (1867-1919) von Leut- nant Graf Anton Arco auf Valley erschos- sen. Dieser Mord führte am 7. April 1919 zur Bildung einer Räterepublik in Bayern. Diese Räterepublik wurde durch Trup- pen der Reichsregierung und von Freiwilli- genverbänden (Reichskorps) niedergeschla- Sehr drastisch fielen gen. Hunderte fanden dabei den Tod. So Wahlplakate in den wurden 21 Mitglieder eines katholischen 20er- und 30er Jahren mit 19,7%, die linksliberalen DDP (Deut- Gesellenvereins erschossen, weil man sie aus. sche Demokratische Partei) mit 18,5%, die irrtümlich für Spartakisten gehalten hatte. rechtskonservativen DNVP (Deutsch-Nati- Von der »Roten Armee«, wie sich die onale Volkspartei) mit 10,3% und die links Kampfgruppe der deutschen Kommunis- von der SPD stehenden USPD (Unabhän- ten nannte, waren noch am 30. April 1919 gige Sozialdemokratische Partei Deutsch- als Vergeltung für die Niederschlagung der lands) mit 7,6%. Mit 4% abgeschlagen Räterepublik zehn Geiseln, Mitglieder der waren die wirtschafts-liberale DVP (Deut- rechtsradikalen Thule-Bewegung, erschos- sche Volkspartei) von Gustav Stresemann sen worden. Am 3. Mai war der Versuch in (1878-1929), die Wirtschaftspartei mit Deutschland, eine politische Räteherrschaft 0,9% und die Deutsch-Hannoveranische nach sowjetischem Vorbild einzurichten, Partei mit 0,2%, was gerade einen Sitz im am Ende. Reichstag entsprach. Gänzlich außen vor blieb die KPD (Kom- Das technologische Umfeld munistische Partei Deutschlands), die sich Und was geschah auf nicht-politischer erst zum Jahresbeginn durch den Zusam- Bühne zu dieser Zeit in Deutschland? menschluss der Spartakisten mit den Bre- Der britische Physiker Ernest Rutherford mer Linksradikalen gebildet hatte. Ihre be- (1871-1937) setzte die erste künstliche kanntesten Vertreter waren Karl Liebknecht atomare Kettenreaktion in Gang. Seinem

24 Hell Verein / www.hell-kiel.de Landsmann, dem Astronomen Arthur Stan- Studien aller technischen Gebiete dienen ley Eddington (1882-1944), gelang durch soll. praktische Beobachtungen im All die Rich- Zwar kam es 1833 zur Gründung einer tigkeit von Einsteins Allgemeiner Relativi- so genannten »Technischen Hochschule« tätstheorie zu beweisen. an der Kameralistischen Fakultät der Uni- Walter Gropius (1883-1969) eröffnete versität München und der große Physiker in Weimar die von ihm gegründete Hoch- Georg Simon Ohm (1789-1854) war als schule für Gestaltung, die später als Bau- Ordinarius für Physik und Mathematik von haus nach Dessau umzog. Hugo Junkers 1852 bis zu seinem Lebensende Leiter des (1859-1935) entwickelte trotz des Verbots Physikalischen Kabinetts, das sich vorran- des Baus von Flugzeugen das ers- te Ganzmetall-Verkehrsflugzeug der Welt, bei dem die Passagiere erstmals in einer geschlossenen Kabine sitzen konnten. Emil Molt, der Direktor und Teilhaber einer Zigarettenfabrik mit dem Namen »Waldorf Astoria« gründete aus seinem sozialen Engagement her- aus in Stuttgart die erste Freie Wal- dorfschule für Kinder seiner Mit- arbeiter, zu der ihm der Anthropo- soph Rudolf Steiner (1861-1925) die organisatorischen und päda- gogischen Grundlagen erarbeitet hatte. Heute gibt es in Deutsch- land 179 Waldorfschulen. Der deutsche Physiker Johannes Stark (1874-1957) erhielt für den von ihm gefundenen und nach ihm benannten »Stark-Effekt« (Aufspaltung von Spektrallinien durch ein elektrisches Feld) den Nobelpreis für Physik und die englischen gig mit der Elektrizitätslehre (Ohm‘sches Das Audimax der Physiker W. H. Eccles (1875-1966) und Gesetz) beschäftigte, doch es dauerte bis Technischen zum Jahre 1868, dass die Gründung einer Universität München F. W. Jordan entwickelten den bistabilen, heute damals noch mechanischen Kippschalter, Technischen Hochschule als selbständige und deren Logo auch »Flip-Flop-Schalter« genannt (Haupt- wissenschaftliche Einheit, die allerdings anwendung bei logischen Schaltungen), der sich leicht durch einen Steuerimpuls umschalten ließ. Damit sind wir bei dem Fachgebiet angelangt, in das sich Rudolf Hell bei Antritt seines Studiums an der Technischen Hochschule München einge- schrieben hatte. Die Entstehung der Technischen Hochschule München Die Technische Hochschule München – 1970 in Technische Universität umbenannt zunächst bis 1877 »Polytechnische Schu- – gilt nach Karlsruhe als eine der ältesten le« hieß, erfolgte. Gleichzeitig wurde ein Einrichtungen in Deutschland, die um die eigenes Gebäude an der Arcisstraße von Mitte des 19. Jahrhunderts neben den Uni- Gottfried von Neureuther errichtet. versitäten gegründet wurden. Bis es zur Eröffnung einer Elektrotechni- Schon im Jahre 1823 hatten Georg von schen Abteilung an der neuen Technischen Reichenbach (1717-1826) und Joseph von Hochschule kam, vergingen noch einige Fraunhofer (1787-1826) in München die Jahre. Obwohl der Physiker Wilhelm von Forderung gestellt, eine polytechnische An- Bezold (1859-1907) schon 1876 eine Vor- stalt zu errichten, die als eine Hochschule lesung über »Elektrische Telegraphie« hielt

25 Hell Verein / www.hell-kiel.de und 1889/90 auch ein Elektrotechnisches Diese beabsichtigte Diskriminierung hat Laboratorium gegründet wurde, kam es sich im Verlauf der Zeit jedoch ins Gegen- erst 1894/95 zur Einrichtung einer Pri- teil gekehrt. In der königlichen Proklama- vatdozentur der Elektrotechnik in der All- tion zur Gleichstellung der Technischen gemeinen Abteilung der königlich-bay- Hochschule mit der Universität heißt es: rischen Technischen Hochschule, die K. »Im Namen Seiner Majestät des Königs Heinke zugesprochen wurde. Die Hoch- haben Sich Seine Königliche Hoheit Prinz Luitpold, des Königreichs Bayern Verweser, unterm 10. Januar 1901 allergnädigst be- wogen gefunden, erstens der Technischen Hochschule in München das Recht zu ge- währen, die Würde eines Doktors und ei- nes Ehrendoktors der technischen Wissen- schaften (für die Abteilung der Bauingeni- eure, der Architekten, der Maschinen- ingenieure und der Chemiker zugleich mit der Befugnis der Führung des Titels ›Dok- tor-Ingenieur‹) nach Maßgabe der von dem Staatsministerium des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten zu genehmigen- den Promotionsordnung zu verleihen; zweitens zu bestimmen, dass Studierende der Technischen Hochschule in München, welche eine der in der Verfassung dieser Hochschule vorgesehenen Diplom-Prüfung bestanden haben, nach Maßgabe der von dem Staatsministerium des Innern für Kir- chen- und Schulangelegenheiten zu erlas- senden näheren Anordnungen das Recht erhalten, den Titel ›Diplom-Ingenieur‹ zu führen«. Als Rudolf Hell 1919 in München sein Studium begann, war also die Technische Hochschule wohlgeordnet. Direktor des Physikalischen Institutes war der damals schon berühmte Geheimrat Jonathan Zen- neck (1871-1959). Den Lehrstuhl für Elek- trotechnik hatte seit 1909 und bis 1922 Rudolf Hell schulleitung wandelte die Privatdozentur L.␣ Kadrnozka (1872-1922) inne. Er dürfte (vordere Reihe Mitte) in eine ordentliche Professur mit dem Lehr- also sein Hochschullehrer zumindest bei im Kreis seiner Kommilitonen stuhl für »Elektrische Messtechnik und der Vermittlung der elektrotechnischen an der Technischen Grundzüge der Elektrotechnik« um. 1901 Grundlagen gewesen sein. Hochschule München kam mit der Berufung des 31-jährigen Viel mehr war er von den Vorlesungen Österrreichers Johann Ossana ein Lehrstuhl über »Drahtlose Telegraphie« angetan, die für »Elektrische Maschinen« hinzu. der Dozent Dr. Max Dieckmann an der Das Jahr 1901 markierte darüber hinaus Hochschule hielt. Dieser war dort nicht als die Gleichberechtigung der Technischen Hochschule gegenüber der Universität, in- dem ihr das Promotionsrecht zugespro- chen wurde. Die Universitäten sprachen sich damals gegen das Promotionsrecht für Ingenieure aus. Als sie schließlich doch nachgeben mussten, setzten sie durch, dass Dr. Max-Dieckmann dieser Doktortitel nicht »Dr. ing.« zu lau- Der frischgebackene ten habe, was im Einklang mit den uni- Diplom-Ingenieur versitären Doktortiteln wie »Dr. jur.« und Rudolf Hell war 1924 von dem »Dr. med.« logisch gewesen wäre, son- Arbeitsgebiet dern zum Unterschied zu den »echten Dok- Max Dieckmanns toren« mit »Dr.-Ing.« zu bezeichnen sei. angetan

26 Hell Verein / www.hell-kiel.de hauptamtlicher Hochschullehrer angestellt, begeistert war, dass er gleich nach seiner sondern betreute nur eine Privatdozentur Rückkehr nach Göttingen zusammen mit und leitete ansonsten die »Drahtlostele- seinem Freund Wilhelm Weber (1804- graphische und luftelektrische Versuchs- 1891), Professor für Physik, einen verbes- station« in Gräfelfing bei München. Da serten Telegraphen, einen Magnetnadel- Rudolf Hell kunstgeschichtlich interessiert Telegraphen baute, den sie, wie bereits war und entsprechende Vorlesungen ne- erwähnt, vergeblich der Leipzig-Dresdner- ben den elektrotechnischen hörte, dürfte Eisenbahngesellschaft anboten. ihn daneben die Tatsache für Dr. Dieck- Die Idee zu einem Magnetnadel-Tele- mann eingenommen haben, dass dieser, graphen hatte schon um das Jahr 1830 der nach Rudolf Hells Worten, mehr Künstler französische Physiker André Marie Ampère als Techniker war, selbst modellierte und (1775-1836) in einem Brief an Freunde seine Plastiken auch verkaufte. festgehalten. Ampère wollte jedoch zur

Die Münchner Schule André Marie Ampère der Telegraphie (1775-1836) ist heute in erster Linie durch Hier muss wiederum etwas weiter aus- die nach ihm bekannte geholt werden, um die Bedeutung der Maßeinheit für Münchner Schule der Text- und Bild-Tele- den elektrischen Strom graphie, in die sich Rudolf Hell damit be- bekannt gab, von der Historik her zu beleuchten. Schon im Jahre 1809, am 28. August, hatte der Münchner Anatomie-Professor Samuel Thomas von Sömmerring (1755- 1830) einen elektrolytischen Telegraphen, den ersten elektrischen Telegraphen über- haupt, erfunden und in der Bayrischen Aka- demie der Wissenschaften der Fachöffent- Darstellung des Alphabetes 25 Galvanos- lichkeit vorgestellt. Er wählte das Datum kope, wie er die Magnetnadel-Indikatoren bewusst so aus, um damit eine Hommage nannte, einsetzen, während Gauß und an seinen langjährigen Briefpartner und Weber mit nur zwei auskamen. Auch ge- wissenschaftlichen Freund, Johann Wolf- genüber den 25 Leitungsdrähten bei von gang von Goethe, zu dessen 60. Geburts- Sömmerring war diese Vereinfachung mög- tag zum Ausdruck zu bringen. lich geworden, da Gauß und Weber eine Das Originalgerät ist heute noch im Codierung vereinbart hatten, wobei eine Deutschen Museum in München zu be- Kombination von bis zu vier Magnetnadel- sichtigen. Es benutzt als Indikator für die Ausschlägen nach rechts oder links, je nach Buchstaben und Zahlen auf der Empfänger- Stromrichtung, den entsprechenden Buch- seite das Hochsteigen von Zersetzungs- staben des Alphabets kennzeichneten. bläschen im Elektrolyt und auf der Sender- Gauß und Weber benutzten den Tele- seite das Schließen der entsprechenden graphen über viele Jahre zur Verständi- Kontakte, die von den galvanischen Schich- gung zwischen ihren beiden Instituten, tungen einer so genannten Volta’schen Webers Physikalischen Kabinett und Gau- Säule (Batterie) mit Strom versorgt werden. ßens Magnetischen Observatorium, in Interessant ist dabei die Konstruktion Göttingen auf einer Distanz von einem des Weckers zur Ankündigung einer Nach- Kilometer. Die Verlegung der dazu erforder- richtenübermittlung. Er besteht aus einem lichen Doppelleitung in dieser Länge war austarierten Waagebalken, der auf der ei- bereits eine bemerkenswerte Leistung für nen Seite einen umgekehrten Löffel trägt, sich. Gab es doch weder Elektrolytkupfer auf den die Zersetzungsbläschen einwir- noch isolierte Kupferdrähte und auch kei- ken, den Waagebalken dadurch aus dem ne Isolatoren. Gauß und Weber hatten sich Gleichgewicht bringen und so eine auf der zusammengeschlossen, um gemeinsam anderen Seite aufliegende Kugel auf eine den Erdmagnetismus zu erforschen und Klingel abwerfen lassen, die sich durch gründeten dazu den »Göttinger Magneti- diesen Schlag federgetrieben in Gang setzt. schen Verein«, der sich zur Aufgabe ge- Einige Jahre später besuchte, der große stellt hatte, mit einem weltumspannenden Mathematiker Carl Friedrich Gauß (1777- Netz von Beobachtungs-Observatorien die 1855) von Sömmerring in München, wo er erdmagnetischen Erscheinungen in Dekli- dessen Telegraphen sah und darüber so nation, Inklination und Horizontalintensi-

27 Hell Verein / www.hell-kiel.de tät auf exakte Weise zu vermessen. In die- kehrsbedürfnis nicht gegeben sei. Darüber sem Bemühen war der Telegraph in ihren hinaus sei mit Missbrauch und zu hohen Augen nur ein Nebenprodukt. Kosten zu rechnen. Um jedoch die von ihnen gleichzeitig Es wird vermutet, dass der amerikanische erfundene Codierung in der Telegraphie Historienmaler Samuel F. B. Morse (1791- der Allgemeinheit zugänglich zu machen, 1872) auf seiner Europareise 1832 von regte Gauß seinen ehemaligen Schüler Carl diesen Vorerfindungen erfuhr und dadurch

Kurze und längere Tastendrücke auf die Gebertaste führen zu wechselnden Impulsfolgen, die die Morsezeichen bilden

August Steinheil (1801-1870), zu dieser schon auf der Schiffsüberfahrt zurück nach Zeit bereits Professor der Physik in Mün- USA zu seinem Morse-Telegraphen mit chen, dazu an, auf dem Gebiet tätig zu der␣ einspurigen Strich-Punkt-Codierung auf werden, worauf dieser einen schreibenden einem Registrierstreifen inspiriert wurde. Telegraphen mit gedruckter Zwei-Punkt- In der neuen Welt erkannte man schnell Codierung erfand. Auch dieser basierte auf die Möglichkeiten dieser bahnbrechenden Magnetnadeln, zwei an der Zahl, die, mit Erfindung und so wurde Morse als Schluss- Tintenköpfen an ihren Enden versehen, mann eines über mehrere Jahre sich erstre- abwechselnd Punkte in zwei Reihen auf ckenden Erfindungs-Stafettenlaufs der Er- einen Registrierstreifen druckten, der mit- finderruhm für den elektrischen Telegra- tels eines Uhrwerks vorwärts bewegt wur- phen allein zuteil. de. Es entstand so eine Kombination von Ergänzend sei erwähnt, dass neben dem Punkten auf beiden Seiten des Registrier- Morse-Telegraphen auch die Magnetnadel- streifens, die dem jeweiligen Buchstaben Telegraphen eine Weiterentwicklung er- entsprachen. fuhren. So kam es zu dem bereits als Bahn- Telegraph erwähnten Fünfnadel-Telegra- Samuel Finley phen von William Fothergill Cooke (1806- Brees Morse erfand den elektro- 1879) und Charles Wheatstone (1802- magnetischen 1875), der ab 1845 in einen Einnadel- Telegrafen und die Telegraphen umgewandelt wurde. nach ihm benannte Einen solchen bekam zu dieser Zeit ein Morseschrift Berliner Uhrmacher von der Preußischen Heeresverwaltung zur Reparatur zugestellt. Da er sich damit nicht auskannte, wandte er sich um Hilfe an den ihm als Tüftler bekannten Werner Siemens (1816-1892). Dieser erkannte den Fehler sofort und bas- telte mit einer Zigarrenkiste, Weißblech Auch Steinheil bemühte sich, seinen und einem Uhrzeiger eine verbesserte Aus- Telegraphen bei der Eisenbahngesellschaft führung, die er von dem mit ihm befreun- Nürnberg-Fürth unterzubringen, aber die deten Mechaniker Georg Halske (1814- Stadtkommissare der Magistratsvorstände 1890) in eine solide Form bringen ließ. der beiden Städte waren im Verein mit Am 1. Oktober 1847 gründeten beide in dem Oberpostamt Nürnberg der Meinung, einem Hinterhof unweit des Anhalter Bahn- dass ein entsprechendes Nachrichtenver- hofs in Berlin die »Telegraphenbauanstalt

28 Hell Verein / www.hell-kiel.de Siemens & Halske«, Keimzelle des heuti- Stahlpendel abtastete, wobei der Kontakt gen Welt-Konzerns. Der Siemens-Zeiger- mit den erhabenen Teilen Strom fließen telegraph kam erstmals am 28. März 1849 ließ, während die tiefer liegenden Form- zwischen -Main und Berlin zur teile eine Stromunterbrechung bewirkten. Anwendung, um die Rede des preußischen Nach jedem Pendelausschlag, begrenzt Königs Friedrich Wilhelm IV. (1795-1861) durch zwei Elektromagnete, rückte die zu übertragen, was eine Übertragungszeit Form über ein Uhrwerk um einen Schritt vor, sodass nacheinander die ganze Form- oberfläche zeilenweise abgetastet wurde. Auf der Empfängerseite stand eine glei- Eine Telegrammstation che Einrichtung zur Verfügung, bei der je- aus dem Jahre 1860. Man erkennt, dass das doch die erhabene Form durch ein elek- Signal über einen Draht trosensitiv gemachtes Papier (potassium geführt wird. Der ferro-cyanide = Berliner Blau) ersetzt wur- Gegenpol ist die Erde, de, worauf die entsprechend der Abtastung unten rechts im Bild auf der Senderseite stromführende Nadel auf der Empfängerseite sichtbare Streifen entstehen ließ. Die Streifen hatten eine der Pendel- bewegung folgende, gebogene Form, da die Nadel, sowohl auf der Sende- als auch auf der Empfängerseite, rechtwinklig am Pendel befestigt war und so Bogen zeich- nete, was jedoch nicht weiter störte. Die von 7 Stunden erforderte. Mit dem Morse- Elektromagnete an den Schwingungsenden Telegraphen hätte diese auf 65 Minuten der beiden Pendel dienten der Synchro- verkürzt werden können. Trotzdem erhiel- nisation indem sie, gegenseitig kommu- ten Siemens & Halske den Auftrag für die- nizierend, die nächste Schwingung am Sen- se Telegraphenstrecke – eine glückliche der und den Zeilenvorschub erst freigaben, Hand in der Vertriebspolitik, die dem Un- wenn die Schwingung beim Empfänger ternehmen noch öfters zuteil wurde. durchgeführt war. Frederick Collier Bakewell setzte hinge- Die Bild-Telegraphie gen die später meistgebräuchliche Trom- Die Bild-Telegraphie hat ihren Ursprung mel-Bauweise ein und bezog einen, von auf den britischen Inseln, wo der Schotte einem Uhrwerk rotierend angetriebenen Alexander Bain (1810-1877) und der Eng- Zylinder mit einer Metallfolie, auf die die länder Frederick Collier Bakewell (1829-?) zu übertragende Zeichnung mit einer ge- fast zeitgleich ihre Faksimile-Übertragungs- gen Strom isolierenden Schellacklösung einrichtungen vorstellten. aufgetragen war. Wiederum tastete eine Bain war damit etwas früher (1843), Strom führende Stahlnadel die Vorlage meldete aber seine Erfindung erst später zeilenweise ab, diesmal jedoch nicht in zum Patent an, während Bakewell (1848) parallelen Linien, sondern in Spiralenform gleich mit der Vorstellung seines Systems entsprechend der Drehung des Zylinders den Patentschutz beantragte. Dies löste in und des Vorschubs der Nadel auf einem, der Folge einige Prioritäts-Streitigkeiten parallel zur Trommelachse vorrückenden zwischen beiden aus, zeigt aber, wie häu- Support, ähnlich wie dies damals schon fig in der Technikgeschichte, zum gleichen bei Mechaniker-Drehbänken der Fall war. Zeitpunkt gleichartige Ideen quasi in der Auf der Empfängerseite stand wiederum Luft liegen können, ohne dass die Erfinder die gleiche Einrichtung zur Verfügung, wo- von ihren Arbeiten vorher Kenntnis zu bei jedoch die Folie durch ein Blatt elektro- haben brauchen. sensitiv gemachtes Papier (potassium iodide Bemerkenswert ist auch, dass gleich von = Jod-Violett) ersetzt wurde, auf dem die Anfang an die beiden Grundprinzipien von intermittierend Strom führende Stahlnadel Flachbett- und Trommel-Bauweise neben- wie bei Bain farbige Streifen hinterließ. einander entstanden. Das Problem der Synchronisation zwi- Alexander Bain wählte die Flachbett- schen Sender und Empfänger, besonders Bauweise, indem er eine Metallform mit den abgestimmten Einsatzpunkt der Spira- erhabenen Lettern und mit Zeichnungen le, konnte Bakewell jedoch nicht lösen, in Klischeeform mit einem stromführenden weshalb seine Erfindung nur dem Prinzip

29 Hell Verein / www.hell-kiel.de nach bemerkenswert blieb. Bei Bain störte steuert werden, die ein Fotopapier wie in hingegen die umständlich herzustellende einer Kamera belichtete. Das Selen und Form auf der Abtastseite. seine Wirkung als Umwandler von Licht in Diesen Nachteil behob 1856 der Italie- Strom hatte bereits 1817 der schwedische ner Giovanni Caselli (1815-1891), indem Chemiker Jöns Jacob Freiherr von Berzelius er die typographische Form durch eine (1779-1848) entdeckt. Hier setzt nun wie- Folie ersetzte, auf die die zu übertragende der die Münchner Schule der Bild-Tele- Zeichnung mittels isolierender Tinte ge- graphie ein, indem Arthur Korn damit die schrieben wurde. ersten in der Praxis eingesetzten Bild-Tele- Außerdem verwandte er statt einer fla- graphen in München baute. chen Auflage für die abzutastende Folie Arthur Korn (1870-1945) wurde 1870 in einerseits und das Aufzeichnungspapier Breslau geboren und galt als ein Wunder- andererseits eine der Pendelbewegung ent- kind, denn er studierte schon mit 15 Jah- sprechende, konkave Auflage und führte ren an der Universität Freiburg und pro- das schwere Pendel mit einer Höhe von movierte 1890 in Mathematik an der Uni- zwei Metern auch wesentlich solider aus, versität Leipzig. Nach Studienaufenthalten als dies in der Ausführung von Bain der in Paris, London, Berlin und Würzburg ha- Fall war. Das Pendel trug dabei die Nadel bilitierte er sich 1895 an der Technischen an der Pendelspitze, wodurch auf dem Hochschule München, wo er 1903 eine Aufzeichnungspapier nach dem Ausrollen außerordentliche Professur erhielt. 1904 des Blattes, parallele Linien (und nicht ge- erregte er Aufsehen in der Fachwelt mit bogene wie bei Bain) sichtbar wurden. einer fotografischen Bildübertragung zwi- Vom Prinzip her gesehen verband Caselli schen München und Nürnberg, wobei er mit der konkaven Schale (halbe Innen- auf der Senderseite, nachdem die Selen- trommel) die Ideen von Bain und Bakewell zelle sich als zu träge erwies, eine Photo- zu einem praktizierbaren Ganzen, wozu zelle und auf der Empfangsseite eine Kerr- die beiden »Streithähne« Bain und Bake- zelle einsetzte. well wohl nicht fähig gewesen waren und Es folgten im Jahre 1907 weitere Über- tragungen von München nach Berlin, von Der Sender für die Bild- Berlin nach Paris und von Paris nach telegrafie von Bakewell. London. Letzteres betraf die erste Presse- Der sich über eine Staniolfolie bewegende bild-Übertragung zwischen den Zeitungen Abtaststift unterbricht »L‘Illustration« in Paris und dem »Daily den Stromfluss, wenn er Mirror« in London. die nichtleitende Farbe 1908 legte er sein Lehramt in München (Zeichnung) trifft nieder und übernahm 1814 eine Professur an der Technischen Hochschule Berlin- Charlottenburg, die er 25 Jahre lang inne- hatte. In diese Zeit fielen seine ersten Ex- perimente mit der drahtlosen Bild-Tele- graphie. Seinen größten Erfolg konnte er am 6. Mai 1922 verzeichnen, als eine nannte dies den »Pantélégraphe« (von grie- Funkbildübertragung von Rom über Berlin chisch »pan« = alles). Der kommerzielle zur Marine-Funkstation in Otter Cliffs im Erfolg ließ danach nicht lange auf sich US-Bundesstaat Maine gelang. Es wurde warten: 1865 richtete die französische Post- dabei ein Bild des derzeitigen Papstes Pius verwaltung einen Faksimile-Dienst zwi- XI. gesendet, das danach in der Zeitung schen Paris und Lyon ein, der bis 1870 »New York World« von Joseph Pulitzer bestand und schon im ersten Jahr rund erschien. 5000 Faxe übermittelte. Korn musste als Jude 1939 Deutschland 1881 löste der Franzose D’Arlincourt verlassen und floh über Mexiko in die USA. das Synchronisierungsproblem auch bei Sein Genie wurde dort jedoch nicht er- den Trommel-Telegraphen und im gleichen kannt und er verdiente seinen Lebens- Jahr erfand der Brite Shelford Bidwell das unterhalt, indem er Elektrotechnik am Ste- »Telephoto«, wobei ein Selenpräparat auf vens Institute of Technology in Hoboken, der Senderseite zur Abtastung der Vorlage New Jersey, lehrte, ohne dass es zu wei- eingesetzt wurde und so auch Halbton- teren bedeutenden Entwicklungen kam. Er bilder erfassen konnte. Auf der Empfänger- starb dort, von der Fachwelt weitgehend seite konnte damit eine Glühlampe ge- unbeachtet, bei Kriegsende 1945.

30 Hell Verein / www.hell-kiel.de Nun aber zu Dr. Max Dieckmann, von seriöse Erfindung zur Sichtbarmachung dessen Vorlesung über »Drahtlose Tele- von␣ Wechselströmen nicht für einen sol- graphie« Rudolf Hell sehr angetan war, als chen Unsinn, wie er es nannte, missbraucht er sein Studium an die Technische Hoch- sehen. schule München begann. Prof. Brauns Lebensende war von einer großen Tragik gekennzeichnet. 1913 reiste Dr. Dieckmanns Begeisterung er als Sachverständiger in einem Patent- für die Braun’sche Röhre prozess in die USA, wurde dort vom Kriegs- Max Wilhelm Friedrich Dieckmann, wie ausbruch überrascht und interniert. Nach er mit vollem Namen ließ, wurde 1882 in Hermannsacker/Harz in Thüringen gebo- ren und studierte Mathematik und Physik in Göttingen, Leipzig und Straßburg. An der Universität Straßburg schrieb er sich bei Prof. Karl Ferdinand Braun (1850-1918) ein, der sich 1897 mit der Erfindung der Braun’schen Röhre, einem Kathodenstrahl- Oszillographen, einen Namen in der Fach- welt gemacht hatte. Prof. Brauns Verdienst gegenüber einer Vorerfindung des Physikers Julius Pflücker (1801-1868) mit der »Geißler’schen Röh- re« bestand dabei im Ausblenden eines äußerst feinen Elektronenstrahls durch eine Bohrung in der Anodenplatte. Für eine sei- ner Erfindungen, die des geschlossenen Schwingkreises mit induktiver und galva- nischer Koppelung, erhielt er 1909 zusam- men mit Guglielmo Marconi (1874-1937) den Nobelpreis für Physik zugesprochen. Brauns Arbeiten hatten das bis dahin be- stehende Marconi-Monopol in der Funk- Aufhebung der Internierung bei Kriegsende Die Laboranordnung telegraphie erschüttert. rutschte er auf der vereisten Treppe vor von Max Dieckmann und Gustav Glage Als Student von Prof. Braun wagte es seinem Wohnhaus im New Yorker Stadtteil mit der Nipkowscheibe Max Dieckmann zusammen mit seinem Brooklyn und starb an den Folgen der dabei und der Braun‘schen Kommilitonen Gustav Glage 1906 gegen erlittenen Verletzung. Röhre. Oben im Bild den Willen ihres Professors, ein Patent über Zu Anfang konnten Dieckmann und das erste Braun’sche ein »Verfahren zur Übertragung von Schrift- Glage nur Buchstaben und einfache Zeich- Rohr von 1897 zeichen und Strichzeichnungen unter Be- nungen mit ihrer Einrichtung übertragen, deren Konturen sie aus Kupferblech ausge- Professor schnitten hatten und mit einer rotierenden Karl Ferdinand Braun Scheibe abtasteten, auf der spiralförmig (1850-1918) Kontaktbürsten, ähnlich wie die Löcher bei der Nipkowscheibe von Paul Nipkow, an- gebracht waren. Es ergaben sich damit elek- trische Impulse, die auf der Oberfläche der Kathodenstrahl-Röhre punktförmig sicht- bar gemacht werden konnten. Trotzdem ist dies die Geburtsstunde der in der Textver- arbeitung und beim Fernsehen verwende- ten Kathodenstrahlröhre anzusehen, auch wenn alles gegen den Willen des Erfinders nutzung der Kathodenstrahlröhre« anzu- der Kathodenstrahlröhre geschah. Ob sie melden. Das Patent wurde ihnen auch er- sich selbst der Tragweite ihrer Erfindung teilt, aber, um sich mit ihrem Professor bewusst waren, ist jedoch fraglich. nicht völlig zu überwerfen, verfolgten die Hindernisse bei der Verwirklichung sei- beiden inzwischen zu Assistenten und ner Visionen stellten sich dem promovierte Doktoranden aufgerückten Studenten das Physiker Dr. Max Dieckmann auch 1913 Patent nicht weiter. Prof. Braun wollte seine in München in den Weg, als er dort neben

31 Hell Verein / www.hell-kiel.de der Leitung der Versuchsanstalt in Gräfelfing bewegten Zielen durch, lange bevor der eine Privatdozentur für Flugfunkwesen an Begriff »Radar« überhaupt erfunden war. der Technischen Hochschule zugesprochen Dr. Max Dieckmann hatte die Versuchs- bekommen hatte. So wurde ihm ein Vor- anstalt im Jahre 1916 in der kleinen Ge- trag über »Drahtloses Fernsehen« vom Rek- meinde Gräfelfing, im Westen Münchens tor der TH untersagt, weil er mit solchen gelegen, dort wo die Landstraße (heute Fantastereien, wie sie der Rektor nannte, auch Autobahn) München-Lindau das dem den akademischen Ruf der Hochschule Starnberger See zustrebende Würm-Tal beschädigen würde. Erst als er den Vortrags- kreuzt, gegründet, die sich so gut entwi- titel in die nichts sagende Bezeichnung ckelte, dass er kurze Zeit später ein größe- »Fernübertragungseinrichtungen von gro- res Gelände an der Gemeindegrenze nach ßer Mannigfaltigkeit« geändert hatte, be- Planegg (zwischen Prof. Kurt Huber-Straße kam er trotz Beibehaltung des Inhaltes vom und Steinkirchner Straße) erwerben konn- Rektor grünes Licht für den Vortrag erteilt. te. Wohl niemand, außer vielleicht ihm selbst, ahnte damals, dass sich daraus die Unbezahlter Assistent wichtigste deutsche Versuchsanstalt für Luft- in Dr. Dieckmanns Versuchsanstalt und Raumfahrt entwickeln würde. Der frischgebackene Diplom-Ingenieur Dr. Dieckmann wurde 1936 zum or- Rudolf Hell war 1924 von dem Arbeits- dentlichen Professor und Leiter des Institu- gebiet Dr. Dieckmanns auch weiterhin so tes für Radiotechnik an der Technischen begeistert, dass er als unbezahlter Assis- Hochschule München berufen. Ein Jahr tent bei ihm in Gräfelfing bei München zu später gründete er bei gleichzeitiger Verle- arbeiten begann. Die anfängliche Begeis- gung seiner Versuchsanstalt von Gräfelfing terung für die Bahntelegraphie war von das Flugforschungsinstitut Oberpfaffen- einer neuen Begeisterung für die Flugtele- hofen (FFO), etwas weiter westlich von graphie überstrahlt worden. Gräfelfing, das bis Ende des Zweiten Welt- kriegs ohne Unterbruch bestand. Als Fach- mann für Elektrostatik machte Prof. Dieck- mann als Gutachter sich einen Namen bei der Zeppelin-Katastrophe von Lakehurst am 6. Mai 1937. Er sah die Ursache für die Explosion darin, dass das Luftschiff »Hin- denburg« vorher eine Gewitterfront durch- flogen hatte und sich dabei statisch auflud, sodass ein Funkenschlag der bei der Lan- dung heruntergelassenen Haltetaue die Ent- zündung des Wasserstoffs herbeiführte. Durch diese plausible technische Erklärung wurden von politischer Seite geschürte Sa- botage-Theorien entkräftet. Nach dem Krieg, 1954, nahm das von Prof. Dieckmann gegründete Institut seine Arbeit wieder auf, wurde 1955 in die Deut- sche Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL) mit Sitz in Köln eingegliedert, die 1968 in Deutsches Forschungsinstitut für Luft- und Raumfahrt (DLR) umbenannt wurde. In Prof. Dieckmann In der »Drahtlostelegraphischen und luft- Oberpfaffenhofen betreibt heute die Orga- machte sich als elektrischen Versuchsanstalt Gräfelfing«, nisation das Deutsche Raumfahrt-Kontroll- Gutachter bei der Zeppelin-Katastrophe kurz DVG genannt, arbeitete man damals zentrum (GSOC = German Space Opera- von Lakehurst in der Zielsetzung an Anwendungen von tions Centre), das bei den Ariane-Träger- am 6. Mai 1937 einen elektromagnetischen Wellen für die Kom- raketen- und Satelliten-Programmen mit Namen, als er eine munikation, Navigation und Ortung von dem in Darmstadt ansässigen Europäischen Ursache für das Flugzeugen, was besonders die Luftschiffe Raumfahrt-Kontrollzentrum (ESOC = Euro- Unglück definierte betraf, denen man damals große Zukunfts- pean Space Operations Centre) der ESA chancen zusprach. Ganz allgemein wur- (European Space Agency), Pendant zur den auch elektrische Prozesse (Elektrosta- nord-amerikanischen NASA, eng zusam- tik) in der Atmosphäre untersucht und man menarbeitet. Von Oberpfaffenhofen aus will führte damals schon Radarexperimente an man in Zukunft auch die Experimente an

32 Hell Verein / www.hell-kiel.de Bord des europäischen Forschungslabors »54 Jahre, Herr Dr. Hell, liegt unsere »Columbus« kontrollieren, das nach bis- Bekanntschaft zurück. Auf der Verkehrs- herigen Planungen im Oktober 2004 zur ausstellung in München 1925 stellte Profes- internationalen Raumstation ISS gebracht sor Max Dieckmann als erster in Deutsch- und dort angedockt werden soll. land das Modell einer Fernsehübertragungs- Prof. Dieckmann starb 1960 im Alter anlage aus. Zur Bildzerlegung bewegten von 78 Jahren in Gräfelfing. Es ist anzu- schwingende Spiegelchen einen Lichtstrahl nehmen, dass er die technisch-wissen- hin und her. Weit der Zukunft voraus war schaftlichen und unternehmerisch-kom- die Bildwiedergabeseite. merziellen Erfolge seines einstigen Schü- lers Rudolf Hell noch miterleben konnte. Die Prinzipskizze der Bildzerleger-Röhre, Das Erkennen, welch große Bedeutung sein wie sie in der ersten Institut für die internationale Raumfahrt Fernsehkamera erlangt hat, war ihm leider zu erleben ver- von Dieckmann sagt geblieben. und Hell eingesetzt Zurück zu den Anfängen: Vorerst hatte wurde der Jungingenieur Rudolf Hell seine ersten Lorbeeren in der praktischen Arbeit zu ver- dienen und nur darum ging es ihm, denn er arbeitete ja ohne ein Salär zu beziehen im Institut seines Lehrers Dr. Dieckmann. Diese Einstellung war prägend für sein gan- zes zukünftiges Berufsleben, denn er sagte einmal: »Ich habe nie etwas gemacht, nur um Geld zu verdienen. Es ging mir um den Fortschritt und die praktische Anwendung.« Dieckmann verwendete dabei für die Zitat Dr. Hell: Neben dem eigentlichen Arbeitsgebiet Bildschrift die Braun‘sche Röhre, schließ- der Versuchsanstalt hatte Dr. Dieckmann lich war er einmal Assistent von Professor Ich habe nie seine schon früh gefasste Vision vom draht- Braun in Straßburg gewesen. etwas gemacht, losen Fernsehen nie aufgegeben und er Leider gelang es mir nicht, mit dem Aus- nur um Geld hatte die Begabung, auch seine Assisten- stellungsmodell eine Bildübertragung zu zu verdienen. ten für dieses Fachgebiet zu begeistern. sehen, obwohl ich, der damals 17-jährige So kam es 1925 zu einer gemeinsamen Schüler, mehrfach den Ausstellungsstand Es ging mir um Patentanmeldung von Dr. Dieckmann und besuchte. Dafür erklärte mir ein junger As- den Fortschritt Rudolf Hell mit dem Titel »Lichtelektrische sistent, der den Stand betreute und die und die prak- Bildzerlegerröhre für Fernseher«, die unter Anlage wohl auch gebaut hatte, ihr Prinzip Nummer 450 187 als Deutsches Reichs- und machte mich nach und nach mit der tische Anwen- patent erteilt wurde (siehe Anhang: Abs- punktweisen Zerlegung eines Bildes ver- dung trakts der Patente von Dr. Hell). Schon ein traut. In mir reifte in diesen Tagen der Jahr vorher hatte Dr. Dieckmann allein das Wunsch, wie dieser nur sieben Jahre ältere Patent Deutsche Reichspatent Nr. 420 567 Assistent, mich der Entwicklung der Fern- über ein »Verfahren zur elektrischen Sicht- sehtechnik zuzuwenden. barmachung bewegter Bilder« zugespro- Viel später erst erfuhr ich in einem Ge- chen bekommen. spräch, dass Sie, Dr. Hell, der Mitarbeiter von Professor Dieckmann waren, der den Die Bildzerleger-Röhre Schüler für die neue Technik begeisterte«. für Fernseher Um die Tragweite dieses frühen Fern- Das gesamte System der lichtelektrischen seh-Patentes von Dieckmann und Hell er- Bildzerlegerröhre mit Sender und Empfän- fassen zu können, erscheint es angebracht, ger wurde 1925 auf der Münchner Ver- hier einen kurzen Rückblick auf die Fern- kehrsausstellung vorgeführt, wo es der seh-Entwicklungsgeschichte einzublenden. damals 17-jährige Schüler und spätere PAL- Farbfernseh-Erfinder Walter Bruch (1908- Die Frühgeschichte des Fernsehens 1990) zu sehen bekam. Der erst 23-jährige Paul Nipkow (1860- Bei der Verleihung des Werner-von-Sie- 1940) hatte 1883 nach seinem Studium mens-Rings an Rudolf Hell 1978 erinnerte der Naturwissenschaften in Berlin die Idee, sich der zum Freund gewordene in einer dass es möglich sein müsse, Bilder von Glückwunschadresse an diese Begeben- einem Ort A zu einem Ort B zu übertra- heit mit den Worten: gen, indem man sie in Punkte zerlegt und

33 Hell Verein / www.hell-kiel.de wieder zusammenfügt. Er reichte dazu eine 1900 schlug der ostpreußische Ingeni- Patentschrift für eine runde Scheibe mit eur Otto von Bronk (1872-1951) deshalb spiralförmig angeordneten Löchern zur vor, die Trägheit der Selenzelle durch punktförmigen Zerlegung eines Bildes beim »telegraphonische«, bzw. magnetische Kaiserlichen Patentamt in Berlin ein, das Bildspeicherung zu überwinden – 30 Jahre 1885 erteilt wurde. bevor der Ungar Dénes von Mihàly diesen Paul Nipkow berichtete über seine in- Trick für sein Fernsehsystem nutzte. zwischen »Nipkowscheibe« genannte Er- Um die Entwicklungskapazitäten in der findung in der »Elektrotechnischen Zeit- Rundfunktechnik in Deutschland zu bün- schrift« und erntete Lob und Anerkennung, deln und so der Monopolstellung des in vorerst jedoch nur in Kollegenkreisen. 1886 britischen Diensten stehenden Italieners

Paul Nipkow nutzte eine rotierende Scheibe mit spiralförmig angeordneten Löchern und eine Selen- Zelle zur Umsetzung des abgescannten Bildes in elektrische Signale. War es das erste Kabel- fernsehen?

verfiel das Patent wegen Nichtweiter- Guglielmo Marconi und seiner »Marconi zahlung der Gebühren. Wireless Telegraph & Signal Company« 1889 schlug der Franzose Lazare Weiler paroli bieten zu können, erfolgte 1903, (1858-1928) ein Spiegelprisma zur Bild- auf Betreiben von Kaiser Wilhelm II., ein zerlegung vor – 40 Jahre bevor August Zusammenschluss der beiden Hochschul- Karolus (1893-1972) dieses in seinen Studiengruppen um Prof. Adolf Slaby Fernsehversuchen einsetzte. (1849-1913) und seines Assistenten Georg Im gleichen Jahr sprach Raphael Eduard Graf Arco (1869-1940) an der Technischen Liesegang (1869-1947) vom »elektrischen Hochschule Berlin-Charlottenburg, die un- Fernsehen« und beschrieb einen Bild- ter dem Schirm der AEG standen, mit der abtaster, den er »Phototel« nannte. 1891 um Prof. Ferdinand Braun und seines Assi- veröffentliche der Franzose Brillouin Ge- stenten Jonathan Zenneck an der Universi- danken zur Bildzerlegung mit zwei entge- tät Straßburg, deren Schirm von Siemens & gengesetzt rotierenden Linsenscheiben. Er Halske gebildet wurde, zur »Gesellschaft errechnete, dass 6,4 Millionen Bildpunkte für drahtlose Telegraphie m.b.H.« Schon übertragen werden müssten, um klare Fern- kurz darauf nahm dieses frühe »Joint ven- sehbilder zu erzielen. 1893 entwarf Léon ture«, an dem AEG und Siemens & Halske Le Pontois (1866-1918) in Frankreich ein je 50% hielten, den Namen »Telefunken« System mit Nipkowscheibe und einer an. Es wurde das erste deutsche Unterneh- wassergekühlten Selenzelle. Seine Gedan- men, das sich mit der Fernseh-Entwick- ken wurden von zahlreichen Kollegen auf- lung intensiv befasste, nachdem es in der gegriffen und weiterentwickelt. drahtlosen Telegraphen- und Rundfunk- 1898 stellte wiederum ein Franzose mit technik bereits große Meriten verdient und Namen Dussaud sein »Teleskop« vor, das erwirtschaftet hatte. aus einer Nipkowscheibe und einer groß- 1905 verbesserte in Erlangen Prof. Arthur flächigen Selenzelle bestand. Seine Versu- Wehnelt (1871-1944) die Braun’sche Röh- che scheiterten jedoch daran, dass weder re mit dem nach ihm benannten »Wehnelt- Selenzellen noch Lichtrelais die dazu er- Zylinder«, eine Glühkathode mit fokussie- forderliche Leistung erbringen konnten. render Wirkung, ohne die der Einsatz der

34 Hell Verein / www.hell-kiel.de Röhre zum Zwecke des Fernsehens nicht Geber mit Nipkowscheibe und einen aus möglich geworden wäre. Nur so konnten Kohlebogenlampe, Kerrzelle und Nipkow- Dieckmann und Glage 1906 die Braun’sche scheibe bestehenden Bildschreiber. Röhre für ihre bereits genannten Versuche Dénes von Mihàly siedelte im gleichen einsetzen. 1908 entwickelte der englische Jahr von Budapest nach Berlin über, wo Röntgen-Ingenieur A.A.Campell Swinton er␣ wegen der Förderung des Fernsehens ein Ideen-Konzept zu einer Elektronen- durch den Staatssekretär Hans K. A. Bre- strahl-Zellenabtastung, dessen Verwirkli- dow (1879-1959) bessere Entwicklungs- chung er als lösbar ansah. Seine Gedan- möglichkeiten sah. Er arbeitete dort beim ken wurden zur Grundlage des späteren Reichspost-Zentralamt (RPZ) in der Fern- Fernsehens. sehforschung unter deren Leiter Dr. Fritz 1911 erhielt der russische Physiker Boris Banneitz (1885-?). Es war auch im Jahre Ivovitsch Rosing (1889-1982) das Deut- 1924, als der frühe Fernseh-Pionier Paul sche Reichspatent Nr. 244 746 auf ein »Ver- Nipkow das DRP 498 415 über eine »Ein- fahren zur Übertragung von Lichtbildern richtung zur Erzielung des Synchronismus in elektrischen Apparaten, bei welchen die bei Apparaten zur elektrischen Bildübertra- Geberstelle die von einzelnen Punkten des gung« erhielt. 1925 führte der schottische Bildfeldes ausgehenden Strahlen durch ein Physiker John Logie Baird (1888-1946) drei optisches System in bestimmter Reihen- Wochen lang sein Fernseh-System im Kauf- folge auf einen gemeinsamen photoelekt- haus »Selfridge« in London der Öffentlich- rischen Empfänger gelenkt werden«. Im keit vor. Ihm gelang zum ersten Mal die gleichen Jahr führte Swinton sein Ideen- Übertragung eines menschlichen Gesich- Konzept aus dem Jahre 1908 weiter aus, tes mit plastischer Wirkung. ohne jedoch seine Theorie in der Praxis Dies war der Stand der Technik, als voll umsetzen zu können. Dieckmann und Hell auf der Münchner 1917 arbeitete der Rosing-Schüler Vla- Verkehrsausstellung ihr Fernseh-System dimir Kosma Zworykin (1889-1982) bei vorführten. Die Kette der Vorerfindungen, der russischen Marconi-Gesellschaft in St. die mit diesem historischen Rückblick deut- Petersburg und begann mit dem Aufbau lich wird, unterstreicht, was Rudolf Hell eines Labors für elektronisches Fernsehen später einmal über die Erfindertätigkeit im in Moskau. 1918 emigrierte Zworykin in Allgemeinen zum Ausdruck brachte, als er die USA und wurde bei der »Radio Corpo- sagte: ration of America (RCA)« Fachmann für »Während der Künstler weitgehend un- Hochfrequenz- und Fersehfragen. 1919 abhängig von der gegenwärtigen Kunst stellte der ungarische Physiker Dénes von Neues schaffen kann, ist der Ingenieur dar- Mihàly (1894-1953) sein erstes, funktions- auf angewiesen, auf dem vorhandenen fähiges Fernsehsystem vor, mit dem es ihm Stand der Wissenschaft und der Technik gelang, bewegte Schattenbilder über eine aufzubauen. Es ist somit die Arbeit des␣ Ein- Leitung von 5 km Länge zu übertragen. zelnen die Fortsetzung einer Kette von 1922 erfand der erst 16-jährige Schüler Forschungsarbeiten, an der viele Wissen- Philo T. Farnsworth (1906-1971) in USA schaftler beteiligt sind, wobei oft Ähnliches, einen Bildsonden-Abtaster, den er jedoch manchmal auch zur gleichen Zeit an ver- erst fünf Jahre später patentieren lassen schiedenen Orten entsteht«. konnte. Und selbst in der Kunst, zumindest in 1923 erhielt Dénes von Mihàly das Deut- der literarischen Kunst, sieht man die Not- sche Reichspatent Nr. 422 995 auf ein wendigkeit des Aufbaus auf Vorgänger- Bildabtast-System, bei dem jeder Punkt ei- schaften, wenn Thomas Mann in seinem nes Bildes zehnmal in der Sekunde von Literatur-Essay »Geist und Kunst« uns in einer Selenzelle abgetastet wurde. Im glei- der Frageform wissen lässt: »Kann man chen Jahr erfand Vladimir Zworykin in USA schreiben, ohne gelesen zu haben? Steht das »Ikonoskop«, das er bereits »elek- nicht einer auf den Schultern des ande- tronisches Fernsehen« nannte, aber erst ren?« fünf Jahre später praktisch genutzt werden In ähnlicher Weise wie Rudolf Hell cha- konnte. 1924 schuf der deutsche Physiker rakterisierte Rudolf Diesel (1858-1913), der August Karolus ein »Verfahren zur trägheits- große Ingenieur des ausgehenden 19. Jahr- freien Lichtsteuerung mittels Kerr-Effekt«, hunderts, das Wesen erfinderischen Schaf- das er unter dem Deutschen Reichspatent fens, indem er in einer Schrift über die Nr. 417 720 patentiert bekam. Bei seiner Entstehung des Diesel-Motors geschrieben Einrichtung benutzte er einen Diapositiv- hat:

35 Hell Verein / www.hell-kiel.de »Nie und nimmer kann eine Idee als Andererseits erfordert die schnelle tech- Erfindung bezeichnet werden; man neh- nische Entwicklung heute eine frühe Prio- me aus der Liste der Erfindungen heraus: ritätensicherung, was die Ideen-Paten- das Fernrohr oder die Magdeburger Halb- tierung in vielen Fällen wohl nicht vermei- kugel, den Spinnstuhl, die Nähmaschine den lässt. Ein Teufelskreis, in den das Patent- oder die Dampfmaschine, immer gilt als wesen damit geraten ist. Erfindung nur die ausgeführte Idee. Eine Erfindung ist niemals ein rein geistiges Pro- Die Würdigung durch dukt, sondern das Ergebnis des Kampfes Walter Bruch zwischen Idee und körperlicher Welt; des- Um die Erfindungshöhe des Fernseh- halb kann man auch jeder fertigen Erfin- Systems von Prof. Dieckmann und Rudolf dung nachweisen, dass ähnliche Gedan- Hell von kompetenter Seite würdigen zu ken mit mehr oder weniger Bestimmtheit lassen, sei hier nochmals Walter Bruch aus und Bewusstsein auch anderen, oft schon seiner Grußadresse zur Verleihung des lange vorher, vorgeschwebt haben. Immer Werner-von-Siemens-Rings mit den Wor- liegt zwischen der ersten Idee und der ten zitiert: fertigen Erfindung die eigentliche Arbeits- »1936, während der Olympischen Spie- und Leidenszeit des Erfinders. Immer wird le in Berlin, wurde ich nochmals ausdrück- nur ein geringer Teil der hochfliegenden lich an Herrn Dr. Hell erinnert. Die von mir Gedanken der körperlichen Welt aufge- bei Telefunken für diese Spiele gebaute zwungen werden können, immer sieht die und entwickelte Fernsehkamera war mit fertige Erfindung ganz anders aus als das dem von Vladimir Zworykin erfundenen vom Geist ursprünglich geschaute Ideal, Ikonoskop ausgerüstet. Infolge seiner Signal- das nie erreicht wird. Deshalb arbeitet auch speicherung lieferte es auch bei bedeck- jeder Erfinder mit einem unerhörten Abfall tem Himmel noch brauchbare, aber nicht an Ideen, Projekten und Versuchen. Man sehr kontrastreiche Bilder. Zitat Dr. Hell: muss viel wollen, um etwas zu erreichen. Nur kurzzeitig schien während dieser Das wenigste davon bleibt am Ende beste- Spiele die Sonne, dann sah man manchmal Erfinden hen«. auf dem Fernsehempfänger Bilder mit uns besteht Auch spätere Erfindungen von Rudolf sagenhaft vorkommendem Bildkontrast. Sie aus 10% Hell waren von dieser Wesensart erfinde- kamen von einer Kamera der mit uns kon- Inspiration rischer Tätigkeit geprägt und er fasste dies kurrierenden Fernseh AG, die mit dem Son- einmal in die prägnanten Worte zusam- den-Aufnahmerohr ausgerüstet war. Das und 90% men, »dass Erfinden aus 10% Inspiration Prinzip dieser Röhre, eine Erfindung von Transpiration und 90% Transpiration besteht«. Dr. Hell, war schon 1925 von ihm, zusam- Rudolf Diesel griff in der erwähnten men mit seinem Chef Dieckmann, zum Schrift das Patentwesen an, indem er dar- Patent angemeldet worden. Die einzige auf hinwies, dass das Patentgesetz, so sehr Bildaufnahmeröhre, deren Grundprinzip es die Erfindertätigkeit im Allgemeinen för- bis heute in Deutschland erfunden wurde. dere, doch auch hemmend zu wirken ver- Eine Zusatzerfindung des Amerikaners mag, wenn ein Patent auf eine wirkliche Farnsworth machte sie zehn Jahre später Erfindung, zu deren industrieller Realisie- für den Einsatz bei den Olympischen Spie- rung der Erfinder mühevolle Arbeit geleis- len realisierbar. Doch dabei blieb es. Für tet hat, nicht erteilt werden kann, weil sich den normalen Fernsehbetrieb konnte sie nachweisen lässt, »dass die Idee schon ir- gendwo in einer vergessenen Schrift ver- modert«. Der Fernsehpreis »Die Goldene« Insofern wünscht man sich die Zeit zu- Kamera hat rück, als Erfinder beim Patentamt noch ein die Dieckmann/ funktionsfähiges Modell ihrer Erfindung Hell-Kamera vorweisen mussten, um den beantragten zum Vorbild, die Patentschutz gewährt zu bekommen. vom Initiator des Preises wegen Und es entstammt wohl auch nicht von einer Zusatz- ungefähr, dass manche Erfinder bahnbre- erfindung als chender Erfindungen von Beruf Modell- »Farnsworth- bauer waren, wie das bei James Watt und Kamera« seiner Dampfmaschine, sowie bei Ottmar bezeichnet wird und 1936 erst- Mergenthaler mit seiner Setzmaschine der mals in Berlin Fall war. zum Einsatz kam

36 Hell Verein / www.hell-kiel.de leider nie empfindlich genug gemacht wer- einem Auto, das hinter einem Mercedes- den, für Filmabtaster war sie jedoch gut Kompressor-Sportwagen hält. Manfred von geeignet. Bis zur Zerstörung des Fernseh- Ardenne hat die Herren eingeladen, um studios in Berlin durch Bomben im Jahre ihnen erste Halbtonfernkinobilder auf ei- 1943 lieferte sie von dort hervorragende ner Braun’schen Röhre zu zeigen. Filmbilder mit 441 Zeilen. Der nur wenig über zwanzig Jahre alte Die Olympiakamera mit diesem ersten Autodidakt hatte trotz seiner Jugend schon Sondenrohr steht heute noch, wenn auch nicht mehr betriebsfähig, im Postmuseum Dr. Walter Bruch, Pionier der deutschen in Berlin; sie war Modell für die »Goldene Fernsehgeschichte und Kamera«, einem jährlich zu vergebenden Erfinder des PAL- Fernsehpreis der Zeitschrift »HÖR ZU« des Systems, war an der Axel Springer Verlags«. Entwicklung der 1936 Und Dr. Hell antwortete in seiner Dank- in Berlin eingesetzten Kamera beteiligt, die er rede darauf: während der Olym- »Lieber Herr Professor Bruch, hätten Sie pischen Spiele selbst mir 1925 Ihre Fernseh-Besessenheit mit- bediente. Es waren die geteilt, ich hätte Ihnen sehr gern unsere ersten TV-Live-Über- Apparate vorgeführt. Dass wir uns nun hier tragungen auf der Welt treffen und jetzt nicht ich, sondern Sie der große Spezialist der Fernsehtechnik sind, liegt an der Technik von damals. Ende der zwanziger Jahre war an eine weitere Ent- wicklung des Fernsehens nicht zu denken. Wir erkannten, dass zur Übertragung von Fernsehbildern mit hinreichender Auflösung extrem kurze Wellen nötig sind, die damals nicht mit ausreichender Leistung realisier- bar waren. Anders als beim Fernsehen wa- ren die Vorraussetzungen im Bereich der Faksimiletechnik gegeben, weshalb ich mich diesem Gebiet verstärkt zuwandte«. eine erstaunliche Karriere gemacht. 1925, noch als Schüler, konnte er den damaligen Die Fortführung Inhaber der Firma Radio AG D.S.Loewe, durch Manfred von Ardenne Siegmund Loewe, von der Bedeutung des Den Stafettenstab hatte Dr. Hell quasi Breitband-Widerstandsverstärkers überzeu- an einen anderen jungen Fernsehpionier gen und anregen, seine Mehrfachröhre zu weitergegeben, der auch von den vielfälti- bauen. Viel Geld bekommt von Ardenne gen Möglichkeiten der Kathodenstrahlröhre dafür. Er kann sich ein Laboratorium ein- in ihren Bann gezogen worden war. Vom richten – das Haus am Jungfernstieg – und gebürtigen Hamburger Manfred Baron von fährt jenen Mercedes-Kompressor-Wagen. Ardenne (1907-1997) ist die Rede, über Er versammelt um sich eine Reihe junger, den Walter Bruch in seinem 1967 erschie- strebsamer Ingenieure – auch ich war nenen Buch »Kleine Geschichte des Fern- damals für kurze Zeit in seinem Labo- sehens« schrieb und eine Schilderung des ratorium tätig – und er untersuchte alle weiteren Entwicklungsweges abgab: Randgebiete des Rundfunks. Seine publi- »Fritz Schröter, einer der Vorkämpfer des zistische Begabung und das Wissen, dass Fernsehens, erkannte die Bedeutung der man nur durch Offenbarung seiner Arbeit Braun’schen Röhre für dieses Gebiet schon wieder Geld für neue erhalten kann, helfen frühzeitig und schrieb darüber. Aber er ihm, bekannt zu werden. konnte selbst seine eigenen Laboratorien In seinem Labor wird auch viel foto- noch nicht überzeugen. grafiert, und es liegt nahe, dass ihn die Da kam von einer ganz anderen Seite Braun’sche Röhre als Oszillograph interes- ein neuer Impuls. Der »deus ex machina« siert, denn sie verspricht auf einfache Wei- war der junge Berliner Erfinder Manfred se gute Schirmbildaufnahmen. Unbeküm- von Ardenne, Berlin-Lichterfelde. Vor einer mert geht er an die Entwicklung solcher Villa am Jungfernstieg (in Hamburg) ent- Röhren heran und erzielt erstaunliche Er- steigen am 10. Januar 1930 Fritz Schröter, folge. So findet er, dass man an einer zu- Otto von Bronk und andere Fersehexperten sätzlichen Elektrode mit einer regelbaren

37 Hell Verein / www.hell-kiel.de Spannung gut die Feldstärke einstellen das Nachleuchten »entzerren« kann. Auf kann, braucht dazu also nicht mehr die der Funkausstellung 1931 demonstrierte zusätzliche Konzentrierspule. von Ardenne, zusammen mit der Firma Ferner benutzt er den so genannte »Weh- Loewe, ein vollelektronisches Fersehen mit neltzylinder«, der von Arthur Wehnelt an 100 Zeilen. Es war die erste öffentliche der Universität Berlin zur Konzentration Vorführung dieser Art in der Welt.« des elektronischen Strahlenbündels einge- Soweit die Berichterstattung von Walter führt worden war, für die Helligkeitssteue- Bruch über die weitere Entwicklung der rung des Schirmlichtpunktes. Zusammen Fernsehtechnik nach der lichtelektrischen mit der Vakuumfirma Leybold & Co. wird Bildzerleger-Röhre von Dieckmann und eigens eine Gesellschaft gegründet: Leybold Hell aus dem Jahre 1925. und von Ardenne. Sie fabrizieren Zubehör- Von Ardenne arbeitete nach diesem Er- teile und diese Röhren. folg nur noch wenig an der Weiterent- Auf dieser Grundlage ist es für von wicklung des Fernsehens mit und wandte Ardenne leicht, seine Röhre schnell auf sich ab 1937 ganz der Entwicklung von Fernsehen umzustellen. Viele Bausteine Rasterelektronen-Mikroskopen zu. Nach können hierfür vom Lager der Firma Ley- Ausbruch des Zweiten Weltkriegs hatte er bold und von Ardenne entnommen wer- sich kriegswichtigen Aufgaben, wie der den. Genau wie Manfred von Ardenne Entwicklung von Panorama-Radargeräten zur Abwehr von Luftangriffen und der Kern- forschung zur Entwicklung einer Atombom- Das Braun’sche Rohr von 1897 be zuzuwenden. Nach Kriegsende nahm von Ardenne das Angebot der Sowjetregierung an, den Aufbau und die Leitung eines großen tech- selbst, sind auch seine Mitarbeiter vom nisch-physikalischen Forschungslabors in mechanischen Fernsehen nicht historisch Suchumi, in Georgien zu übernehmen, wo vorbelastet. Ihnen liegen elektrische Schal- er für seine Mitarbeit an der sowjetischen tungen näher als mechanische Gebilde. Atombombe den mit 100 000 Rubel do- Im Mai 1930 kann von Ardenne auf␣ der tierten Stalin-Preis zugesprochen bekam. Braun’schen Röhre Bilder wiedergeben. Im Jahre 1955 kehrte er nach Deutsch- Noch kommen die Bilder vom mechani- land, in die DDR, zurück und betrieb mit schen Geber. dem Preisgeld ein von der DDR-Regierung Aber auch dieser mechanische Geber geduldetes privates Forschungsinstitut mit ist von Ardenne und seinen Mitarbeitern 512 Mitarbeitern auf dem »Weißen Hirsch«, ein Dorn im Auge, und so versucht er, für einer Nobeladresse in Dresden. Schwer- die sendeseitige Abtastung die Braun’sche punkte seiner Forschung waren fortan die Röhre ebenfalls zu verwenden. Noch im medizinisch-diagnostischen Technik. Er selben Jahr, am 24. Dezember 1930, kann starb dort 90-jährig im Jahre 1997. er der Fachwelt das erste vollelektronische Fernsehbild in Europa zeigen, ja das erste Die weitere Entwicklung Bild in der Welt überhaupt, das von einem der Fernsehtechnik Leuchtschirmabtaster ausgeht, wie hinfort Die Entwicklung der Fernsehtechnik ging die Braun’sche Röhre als Abtaster heißen natürlich weiter. Nachfolgend stichwort- sollte. Vermerken wir, dass noch heute fast artig die einzelnen Meilensteine: alle Film- und Diapositiv-Übertragungen in 1938 entwickelte Telefunken die erste unserem Fernsehen von Leuchtschirmab- Rechteck-Bildröhre der Welt. tastern, »flying spot«, wie sie jetzt auf gut 1939 übertrug die British Broadcasting deutsch heißen, kommen. Company (BBC) erstmals das Bootsrennen Manfred von Ardenne hat diese ersten Oxford-Cambridge im Fernsehen und auf Fernsehbilder fotografiert, und so können der New Yorker Weltausstellung eröffnete wir uns jederzeit wieder einen Begriff da- Präsident Roosewelt den regelmäßigen von machen, wie die damaligen Bilder aus- Fernsehprogrammdienst in den USA. In sahen. Die Kornstruktur des Leuchtschir- Deutschland wurde die Fernseh AG in eine mes war noch stark sichtbar, das Nach- GmbH umgewandelt und ihre Geschäfts- leuchten des Abtastschirmes führte zu anteile gingen in die Hände der Robert Verwischungen. Erst später sollten die Eng- Bosch AG über. Als einzige deutsche Firma länder Bedford und Puckle einen Weg zei- arbeitete die Fernseh GmbH auch wäh- gen und Karolus einen anderen, wie man rend des Zweiten Weltkrieges auf dem

38 Hell Verein / www.hell-kiel.de Gebiet der privaten Fernsehentwicklung August Karolus. Saba erfand das »zeilen- weiter. Bis 1945 beschäftigte sie 800 Mit- freie Fernsehen« und Philips und Grundig arbeiter. präsentierten volltransistorisierte Fernseh- 1940 gab die Columbia Broadcasting kameras. Systems (CBS) ein Farbfernsehverfahren be- 1963 erhielt Walter Bruch, nachdem er kannt und startete 1941 mit Farbfernseh- jahrelang daran gearbeitet hatte, das ame- Versuchssendungen. Die NBC betrieb im rikanische NTSC-Farbfernseh-Verfahren zu gleichen Jahr ihren ersten kommerziellen Fernsehsender. Die amerikanische Fernseh- Um das breite Publikum rechtzeitig für die Idee norm wurde mit 525 Zeilen bei 30 Bild- des Fernsehens zu wechseln pro Sekunde festgelegt. gewinnen, wurden ab Bei Kriegsende 1945 beschlagnahmten 1935 von der Reichspost die Sowjets alle erhalten gebliebenen Emp- sogenannte öffentliche fangs- und Projektionsgeräte aus den Fern- Fernsehstuben in Postämtern eingerichtet sehstuben in ihrem Besatzungsbereich und brachten sie in die Sowjetunion. In Ham- burg transportierten die Engländer die Fernsehfunk-Apparaturen nach England. Im Jahr 1951 nahm der Nordwestdeut- sche Rundfunk (NWDR) sein erstes kleines Fernsehstudio auf dem Heiliggeistfeld in verbessern, das Deutsche Bundespatent Nr. Betrieb und in USA fand die erste Fernseh- 1 179 986 für ein Farbfernseh-System, ge- übertragung von Küste zu Küste (9600 km) nannt PAL (phase alternation line), zuge- statt. 1953 erfolgte die erste Eurovisions- sprochen. Sendung mit den Krönungsfeierlichkeiten Neben dem französischen SECAM als von Königin Elisabeth. Als erstes Land in weitere Verbesserungsinnovation gegen- Asien begann Japan seinen regelmäßigen über dem NTSC, war dies das dritte Farb- Ferseh-Programmdienst und in USA über- fernsehsystem in der Welt und wurde von trug die RCA die erste Farbfernsehsendung rund 60 Ländern übernommen, nachdem von Küste zu Küste. Doch erst ein Jahr es bei der Oslo-Konferenz der CCIR 1966 später, im Jahre 1954, waren in USA die die Mehrheit der Stimmen auf sich vereini- ersten Farbfernsehgeräte käuflich zu er- gen konnte. SECAM ging aus politischen werben. Gründen trotzdem seinen eigenen Weg, 1957 wurden auf der Hannover-Messe nachdem der französische Staatspräsident Fernsehgeräte mit 90°-Ablenktechnik ge- Charles de Gaulle Lizenzen an die Ost- zeigt. Schon ein Jahr später gab es auf der staaten vermittelt hatte. gleichen Messe Geräte nach der 110°-Weit- Beide Verfahren unterscheiden sich vom winkeltechnik. NTSC-Verfahren vor allem dadurch, dass 1961 auf der ersten großen Funkaus- sie Übertragungsfehler automatisch aus- stellung in Berlin wurde ein Eidophor-Groß- schaltetet und damit ständig Farbbildqua- bildprojektor mit 8 m x 10 m Bildformat lität gewährleistet. Soweit die wichtigsten vorgeführt wurde. Es war eine Weiterent- Entwicklungsschritte bis zum Start des PAL- wicklung der Großprojektions-Anlage von Farbfernsehens 1967 in Deutschland. Der promovierte Ingenieur Rudolf Hell Zurück zu den Anfängen der Fernseh- technik im gerade erst begonnenen Be- rufsleben von Rudolf Hell. Das gemeinsa- me Patent mit Dr. Dieckmann hatte zumindest bewirkt, dass er ab sofort als bezahlter Assistent im Gräfelfinger Institut geführt wurde. Das Telefunken- Überdies vermittelte Dr. Dieckmann ihm Fernsehgerät FE VI eine Promotion an der Technischen Hoch- von 1937 schule München, indem er ihm das Disser- mit 25 Röhren tations-Thema: »Direktanzeigendes Funk- und einem Braun‘schen Rohr von peilgerät für die Luftfahrt« zukommen ließ, 35 cm Durchmesser das er mit Bravour erfüllte und so 1927 die

39 Hell Verein / www.hell-kiel.de akademische Würde eines Doktor-Ingeni- Da Dr. Hell jedoch keine Hochschul- eurs (Dr.-Ing.) erlangte. Laufbahn einschlagen wollte, hielt er schon Das Thema hatte mehr mit dem Arbeits- nach Möglichkeiten Ausschau, um sich als programm des Gräfelfinger Institutes zu Unternehmer selbständig zu machen. tun, als dass es einer neuen Interessens- Das Startkapital dazu lieferte ihm eine richtung des Doktoranden entsprach. Es Erfindung, die er ganz allein schuf und die schuf jedoch die Grundlage für den spä- seinen Namen fortan auf alle Kontinente teren Blindflug der Flugzeuge. Selbst nam- tragen sollte. Vom Hellschreiber ist die hafte Experten gaben dem Funkpeilgerät, Rede, einem Volltext-Telegraphen, der weit- wie es Dr. Hell entwickelt hatte, damals gehend mechanisch aufgebaut war und keine Chance zur Verwirklichung. sich deshalb im Betrieb als sehr robust und Allein eine amerikanische Gesellschaft störsicher erwies. in Verbindung mit der Firma Telefunken Dieses Patent, am 3. April 1929 als Deut- hatte den zukünftigen Wert dieser Erfin- sches Reichspatent Nummer 540 849 er- dung erkannt und zahlte 20 000 Mark teilt, verkaufte er für 13 000 RM an Sie- Lizenzgebühr, um es weiterverwerten zu mens & Halske in Berlin. Dazu kamen können. noch eine kleine Erbschaft der Mutter in

Faksimile-Sender und -Empfänger nach einer Selbstbau- Anleitung, wie sie von Dr. Hell am Gräfefinger Institut verfasst wurde

Nach Absolvierung der Promotion arbei- Höhe von 3000 RM und der Erlös aus dem tete Dr. Hell noch zwei Jahre am Institut, Verkauf eines Autos, denn er hatte Berlin wobei er u.a. eine Anleitung für den Selbst- als seinen zukünftigen Wirkungsort auser- bau von Bildfunk-Sender und -Empfänger wählt und dort konnte man weitgehend für die Wetterkarten-Übermittlung verfass- öffentliche Verkehrsmittel benutzen. te. Ein solches Gerätepaar ist heute im Ergänzend ein Bericht aus neuerer Zeit: Deutschen Museum in München zu be- Noch in Dietrichsdorf, wo ja Dr. Hell 1947 sichtigen. seine Firma neu gründete, wurde 1970 Seit 1926 gab es beim Rundfunksender von Hell-Ingenieuren ein Ortsverband für München schon tägliche Aussendungen Funkamateure gegründet. Bald nutzten sie von Wetterkarten, die von Dieckmann und auch die neuen Räume im Freizeit-Bau-

Hell betreut wurden. Kurze Zeit später über- ernhaus auf dem Werk III-Gelände in Kiel- nahmen auch alle Sender der Norag im Suchsdorf (Seite 150). Der Kontakt zu Dr. Norden Deutschlands diesen Dienst, der Hell war sehr gut und sein Interesse groß. besonders für die Seefahrt von großem So stimmte er natürlich auch dem Aufbau Nutzen war. der erforderlichen Antennenanlage zu. So schrieb das »Hamburger Fremden- Der Mitbegründer und heutige Vorsit- blatt 1926 über den Funkempfang von Wet- zende des Funkamateurclubs, Lothar terkarten an Bord des Hapag-Dampfers Deckert, erzählt: »Ich hatte mehrfach Kon- »Westphalia« während einer Amerikareise: takt zu Dr. Hell, da ich auf seiner Yacht »Der eigentliche Funkbildempfänger war Radar- und Funkgeräte reparierte, und ihm in der Funkkabine des Schiffes eingebaut auch über unseren Amateurfunk berichten und an den normalen Telefunken-Bord- konnte.« Lothar Deckert war es auch, der empfänger angeschlossen worden. An Bord später anlässlich des 65. Geburtstages von wurde das Gerät von den Funkoffizieren Dr. Hell das hier abgebildete Fax-Modell unter Leitung von Prof. Dr. Max Dieckmann nach alten Anleitungen gebaut hat. und seinem Assistenten Dipl.-Ing. Rudolf Zum 100. Geburtstag hat der Verein mit Hell bedient. Bis zu einer Entfernung von seinen Funkgeräten Dr. Hell noch einmal 2500 Seemeilen, das sind 4500 km, konn- weltweit in Erinnerung gebracht und auch ten alle von der Seewarte Hamburg über heute erinnern sich die Amateure durch Radio Norddeich ausgesandten Bilder als Ausstellungen und Funkaktivitäten jährlich gut lesbar empfangen werden.« gern an ihren ehemaligen Chef.

40 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1929–1945 Die Unternehmensgründung in Berlin

Dass der bekennende Bayer Rudolf Hell doch so berlinerisch treffenden Bild-Wort- ausgerechnet ins Herz von Preußen, nach Schöpfungen eines Heinrich Zille, den Ka- Berlin, übersiedelte, hatte neben der Nähe rikaturen eines Paul Simmel und weiterer zu Siemens & Halske, Telefunken und der Meister der spitzen Feder. AEG hauptsächlich mit den wirtschaftlichen Da schrieb André Maurois in der BIZ Verhältnissen der damaligen Zeit zu tun. 1928 unter dem Titel »Die verwandelte Es war die Zeit der Welt-Wirtschaftskrise, Erde – Wunder, die unsere Kinder vielleicht der gerade beginnenden Inflation und der erleben werden«: Massenarbeitslosigkeit. »Der wissenschaftliche Widerspruch von Diesen Wirren konnte man in der trotz- heute ist der Gemeinplatz von morgen. dem pulsierenden Großstadt besser begeg- Seit einigen Monaten hat es den Anschein, nen, als im damals noch etwas provinziell dass die Radio-Television, das heißt die und verschlafen anmutenden München. Übertragung eines lebenden Bildes von Außerdem saßen in Berlin mit den Reichs- einem Sender aus, im Laboratorium ver- behörden, besonders den Luftfahrtbehör- wirklicht worden ist. In wenigen Jahren den, die wichtigsten Auftraggeber für sein wird man bestimmt mit Hilfe eines Appa- Arbeitsgebiet, wie er es schon in Gräfelfing rates, der drahtlos funktioniert und vielleicht erfahren hatte. Es war nur von Nutzen, Telephotophon heißen wird, seinen Part- näher an diese Quellen heranzurücken. ner zu gleicher Zeit sehen und sprechen Um sich jedoch im historisch gewach- hören. senen Dualismus der beiden Landsmann- schaften neutral zu verhalten, sagte er in Heinrich Zille (1858-1948) skizzierte einem späteren Interview ganz salomo- humorvoll aber auch nisch: »Die Bayern haben ihre Vorzüge kritisch den Berliner und die Preußen haben ihre Vorzüge.« Alltag Das pulsierende Berlin trotz Depression Wie zukunftsorientiert man in Berlin in die Welt blickte und um den Zeitgeist auf- zuspüren, seien hier drei Artikel aus der »Berliner Illustrirte Zeitung« (BIZ) von 1928 (der orthographische Fehler im Zeitungs- kopf wurde zum Markenzeichen erhoben) zitiert. Die BIZ war die erfolgreichste Wo- chenzeitung Deutschlands zu dieser Zeit und wurde im Ullstein-Verlag mit einer Auflage von 1,8 Millionen Exemplaren he- rausgebracht. Sie stillte den Bildungshunger Und Taschenmodelle werden die Fort- eines sonst von Gemeinplätzen beriesel- setzung einer angefangenen Unterhaltung ten Massenpublikums mit gehobener Lite- mit dem Freund auch auf einer Reise oder ratur von Autoren wie Vicki Baum, Hans einem Spaziergang ermöglichen. Liebes- Fallada, Gerhard Hauptmann, Ricarda paare werden sich für 4 Uhr, 20 Minuten Huch, Thomas Mann, Arthur Schnitzler und und 16 Sekunden auf Welle 452 verab- Carl Zuckmayer in für den Leser beque- reden. men Portionen von Fortsetzungsromanen. Diese zweifache, ununterbrochene Ge- Gewürzt wurde das Ganze mit einem ge- genwart von Gesicht und Gehör wird das konnt-professionellen Bildjournalismus, Leben mächtig umgestalten. Das Lügen wird wie ihn Joseph Pulitzer schon am Ende des sehr erschwert werden. Die Damen kön- 19. Jahrhunderts in USA so erfolgreich ein- nen sich dann am Telefon nicht mehr ver- geführt hatte, und den sozialkritischen und leugnen, indem sie die Stimme ihrer Zofe

41 Hell Verein / www.hell-kiel.de nachahmen. Eine gewisse Zeitlang wird Der große Physiker Albert Einstein (1879- man Gesichtsverbindungen regeln, sie 1955) war schon 1914 von der Eidgenös- wunschgemäß herstellen oder verweigern sischen Technischen Hochschule Zürich können, aber später wird zweifellos ein nach Berlin gekommen, wo man ihm die mit einer ›Selenplatte‹ versehenes Objek- ehrenvolle Position des Direktors des da- tiv alles vermitteln, was man vom Flugzeug mals gerade gegründeten Kaiser-Wilhelm- aus in einem Garten oder in einem ganzen Institutes für physikalische Forschung an- Land sehen kann. So wie man heute Flug- getragen hatte. Die Kaiser-Wilhelm-Gesell- zeuge drahtlos vom Erdboden aus leitet, so schaft und das Kaiser-Wilhelm-Institut für wird man auch kleine Apparate erfinden, Chemie, wo Otto Hahn (1879-1968) und die ein jeder vom Bett aus oberhalb einer Lise Meitner (1878-1968) ihre radioche- Karte dirigieren kann, während auf der Lein- mischen und frühen kernphysikalischen wand dann die wechselnden Bilder der Forschungen erfolgreich betreiben konn- überflogenen Städte, Straßen Geschöpfe ten, war 1912 parallel zu der 1887 auf Vor- abrollen.« schlag von Werner von Siemens geschaf- Und in einer weiteren Ausgabe der glei- fenen »Physikalisch-Technische Reichsan- chen Zeitung aus dem Jahre 1928 schrieb stalt« (PTR) geschaffen worden, um dem der Schriftsteller Thomas Mann unter der neuen Denken in der Physik und Chemie Überschrift »Die Welt ist schön«: eine eigene Heimstatt zu geben. Der No- »Fotografieren – ich kenne die Wider- belpreisträger Philipp Lenard (1862-1947), stände humanistischer Prüderie, die sich bekannt durch das »Lenard-Fenster«, und bei diesem Wort erheben, aber ich teile sie sein nicht minder erfolgreicher Kollege und nicht. Ich begreife den würdig kultur- Nobelpreisträger Walther Nernst (1864- konservativen und antimechanistischen 1941), bekannt durch die »Nernst-Lampe« Protest gegen jede ideelle Zulassung des und den Wärmesatz in der Physik, hatten Fotografischen in der Sphäre des Geistig- schon seit 1906 und 1908 mit Denkschrif- Künstlerischen, aber ich ten zur Errichtung eines Institutes für Ra- bin praktisch wenig be- dioaktivität und Elektronenforschung ge- reit, ihm beizutreten, ja, worben. ich nehme Gelegenheit, Der theoretische Physiker Max Planck mich in diesem Punkte zu (1858-1947) entdeckte 1899 an der Berli- einer fast schon über- ner Humboldt-Universität bei der Unter- läuferischen Vorurteilslo- suchung der spektralen Energieverteilung sigkeit zu bekennen.« der von erhitzten Metallen (schwarze Strah- Und noch ein Artikel ler) ausgesandten elektromagnetischen von Josef Melik zu Ehren Wellen eine Naturkonstante, die später das Albert Einsteins an dessen »Planck’sche Wirkungsquantum« genannt 50. Geburtstag am 14. wurde. Er leitete damit eine neue Physik, März 1929: die Quanten-Physik ein. 1908 war er des- »Der Mann, der in der halb für den Nobelpreis vorgeschlagen lautlosen Stille zweier auf- worden, doch wurde statt seiner der Fran- gestockter Mansarden, die zose Gabriel Lippmann (1854-1921) vor- über seiner eigentlichen gezogen, der den Preis für seine Methode, Wohnung in einem ruhi- Farben fotografisch wiederzugeben, erhielt. gen Haus des Bayrischen Planck kam dadurch erst zehn Jahre später Albert Einstein Viertels liegen, über wissenschaftliche Pro- (1918, verliehen 1919) zum Zuge. und sein berühmtes bleme nachdenkt, gehört zu den populärs- Den zweiten Schritt zur Quanten-Phy- Energie-Masse-Gesetz ten auf dem Erdenrund, obgleich er ›nur‹ sik führte 1905 Albert Einstein in Bern eine Theorie aufgestellt hat, eine Theorie, durch, als er die Lichtquantenhypothese die keine ›praktische‹ Bedeutung hat. Er und gleichzeitig die Spezielle Relativitäts- hat weder wie Edison unzählige technisch- theorie aufstellte, in der Max Planck sein praktische, täglich und stündlich brauch- Wirkungsquantum bestätigt sah. Als dann bare Dinge erfunden noch produziert er noch der junge Däne Niels Bohr (1885- wie Ford 8000 Autos täglich, die mit ihrem 1962) 1913 seine Atomtheorie der Quan- Hupengeheul alle Stille der Welt durch- ten-Physik hinzufügte, zog diese neue Lehre schrillen. Auch sein Reklameetat – in jeder viele Wissenschaftler an; man sprach von Hinsicht – ist gleich Null. Und doch gehört einer großen Community der neuen Phy- sein Name zu den ruhmbedecktesten des sik, die in einen regen Gedankenaustausch Erdballs«. eintraten. Von einer Achse London (Sir Er-

42 Hell Verein / www.hell-kiel.de nest Rutherford) – Berlin – Wien war die schen Gesellschaft, dass sie Lise Meitner Rede. Das Labor des Ehepaares Curie in aus ihren Reihen ausschließen solle. Als Paris stand dagegen etwas abseits, was wohl die Gesellschaft sich (zunächst) weigerte, interne Gründe der französischen Wissen- dies zu tun, hängte er ein Schild an die Tür schaftspolitik hatte. seines Zimmers im Heidelberger Institut Das Publikationsorgan »Zeitschrift für mit der Aufschrift: »Mitgliedern der so ge- Physik« stand im Mittelpunkt dieses inter- nannten Deutschen Physikalischen Gesell- nationalen Gedankenaustausches und man schaft ist der Zutritt verboten«. Da jedoch lernte Deutsch, um die Physik in ihrer Mut- alle seine Assistenten in der Gesellschaft tersprache zu erlernen, wie es der österrei- chische Physiker Erwin Schrödinger (Schrö- Albert Einstein bei einem Rundfunk- der-Gleichung zur Bestimmung der Quan- Interview in USA tenzahl der Elektronen) einmal formuliert hat. In den 1920er Jahren wies Berlin die höchste Nobelpreisträgerdichte auf – eine Rolle, die heute die USA mit Boston/ Cambridge und Berkley/Stanford übernom- men haben. Mit Einsteins Berufung 1914 an das Kai- ser-Wilhelm-Institut für physikalische For- schung – es wird mancherorts behauptet, dass dieses speziell für ihn gebaut wurde – erhoffte man sich die Klärung der noch offenen Fragen in der Quanten- und Mole- kül-Physik, die er jedoch nur zum Teil er- füllen konnte. Einstein konzentrierte sich lieber auf sein ureigenes Forschungsgebiet, auf kosmologische Fragen und die Vollen- dung seiner Relativitätslehre zur so ge- nannten Allgemeinen Relativitätstheorie. Mitglied waren, ließ der physikalisch geni- 1921 (verliehen 1922) erhielt er den No- ale politische Wirrkopf eine Gartenbank belpreis bezeichnenderweise nicht für die vor seinem Zimmer aufstellen. Dort traf er Relativitätstheorie, sondern für »die Ent- sich mit seinen Mitarbeitern nach haus- deckung des photoelektrischen Effektes, die telefonischer Verabredung. Max Plancks Quantentheorie in hohem Sogar von einem »Jüdischen Rechen- Maße vollendete«. getue« war die Rede, was beweist, dass Die Fronten zwischen den Anhängern den Empirikern Lenard und Stark die Ein- und Gegnern der Quanten-Physik verhär- stein’schen Formeln offensichtlich nicht teten sich im Verlauf der Zeit immer mehr, vermittelbar waren. Diese sprichwörtlich wobei sich bei den Gegnern wissenschaft- vom Zaun gebrochene und gesuchte Kon- liche mit politischen Vorurteilen vermeng- frontation ist umso unverständlicher, als ten. Auf dem Höhepunkt dieser höchst un- Lenard und Stark es waren, die Einstein in erfreulichen Auseinandersetzungen kreier- der Anfangszeit geradezu verehrten und ten unnötigerweise die Physiker Philipp ihn als Professor für Theoretische Physik Lenard, Nobelpreisträger von 1905, und an die Humboldt-Universität holen woll- Johannes Stark, Nobelpreisträger von 1919, ten. Da in der übrigen Quanten-Physik den großmannssüchtigen Begriff von der auch vielen Nicht-Juden große Verdienste »Deutschen Physik«, was als Gegensatz zuzuschreiben waren, verstiegen sich Le- den Begriff der »Jüdischen Physik« impli- nard und Stark sogar zu dem irrwitzigen zierte. Was die Relativitätstheorie anbe- Begriff der »Weißen Juden« für arische Wis- langte, konnte damit nur Albert Einstein senschaftler, die sich vom »jüdischen Un- gemeint sein. geist infizieren ließen«. Lenard präzisierte seine »Definition« Wie Armin Hermann vom Historischen später noch mit der Aussage: »Ich hätte Institut der Universität Stuttgart 1997 in auch arische Physik der nordisch gearteten einem Vortrag anlässlich der Jahrestagung Menschen sagen können. Die Wissenschaft der Georg-Agricola-Gesellschaft in Berlin ist, wie alles, was Menschen hervorbrin- erklärte, hatten die französischen Physiker gen, rassisch, blutmäßig bedingt«. Lenard als strenge Verfechter der klassischen Phy- verlangte von der Deutschen Physikali- sik, beginnend bei Newton, d’Alembert,

43 Hell Verein / www.hell-kiel.de Laplace und Langrange, dieser überspann- emigriert waren. Das Projekt kam dadurch ten Reaktion zumindest zum Teil Vorschub schnell voran und führte bekanntlich zum geleistet, indem sie die »physique nou- Bau der ersten Atombomben, die am 6. velle« der Deutschen als einen Beweis für und 9. August 1945 über Hiroshima und die »Minderwertigkeit deutschen Geistes« Nagasaki gezündet wurden. anprangerten und die Quanten-Physik des Dieser Exkurs in die Wissenschaftsge- Max Planck als ein »mathematisch-meta- schichte mag die internationale Bedeutung physisches Delirium« apostrophierten. des Wissenschaftsstandortes Berlin im Jahre In dieser Atmosphäre des Hasses und 1929 gebührend hervorheben. Die Physik der gegenseitigen Anfeindungen konnte gilt verallgemeinert gesprochen als die Albert Einstein nicht länger bleiben, und Grundvoraussetzung aller Ingenieurwissen- so verließ er im Dezember 1932 Berlin schaften. Die »Chronik der Deutschen« weist un- ter der Jahreszahl 1929 noch eine Fülle von weiteren Ereignissen auf, die den Zeit- geist charakterisieren helfen. Im Januar ver- öffentlichte Erich Maria Kramer (1898- 1970), mit Künstlernamen, den Namen rückwärts schreibend, Remarque genannt, seinen zeitkritischen Roman »Im Westen nichts Neues«, der die anfängliche Kriegs- begeisterung der Deutschen bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges anprangerte. Die Arbeitslosenzahl stieg erstmals über die Zwei-Millionen-Grenze. Ende Februar standen drei Millionen auf der Liste der Unterstützungsempfänger der Reichsanstalt Arbeitslose und damit auch Deutschland, als abzu- für Arbeitslosenversicherung, die sich zu- in Hannover sehen war, dass die Nazis an die Macht nehmender Mittelknappheit ausgesetzt sah, 1930 kommen werden und er dadurch als Jude die die Koalitionsregierung von SPD, DDP, auch seine physische Existenz bedroht sah. Zentrum und DVP unter Kanzler Hermann Albert Einstein emigrierte in die USA, Müller (SPD) nicht lösen konnte und zu wo ihm schon bei der Ankunft im Hafen dessen Rücktritt im Folgejahr 1930 führte. von New York seine amerikanischen Freun- Im Januar wurde Heinrich Himmler zum de einen von Wochenschau-Kameras fest- Reichsführer der SS (Schutz-Staffel) ernannt gehaltenen umjubelten Empfang bereite- und damit nahm der Radikalismus und der ten. Ihm wurde eine Professur an der re- Rassenwahn der Nationalsozialisten (Na- nommierten Princeton University angebo- zis), der bald das ganze Reich überziehen ten, was ihm erlaubte, seine Studien unbe- und zum Zweiten Weltkrieg führen sollte, helligt fortzusetzen. Dort traf er 1939 mit bereits seinen Anfang. Himmler baute in Thomas Mann zusammen, dem er die zu der Folge die SS als eine Eliteeinheit der SA seinen Ehren geschaffene »Einstein-Medail- (Sturm-Abteilung) und zu einer parteiinter- le« als ersten Preisträger überreichen konn- nen Polizeiorganisation der NSDAP aus, te. In seiner Dankesrede bezeichnete Tho- die neben der Bevölkerung auch die eige- mas Mann die Physik als eine Wissen- nen Genossen zu bespitzeln hatte. schaft, »in der Dinge vor sich gehen, phan- Bei den blutigen Unruhen der Kommu- tastischer als alles, was Dichtung ersinnen nisten während Kundgebungen zum 1. Mai könnte, und wichtiger, verändernder für in Berlin wurden 31 Menschen getötet und den Menschen und sein Weltbild als alles, mehr als 1200 verhaftet. Die Radikalität was Literatur zu leisten vermag«. auf allen Seiten nahm immer mehr zu: Die Dies klingt wie eine Vorahnung auf das, Kommunisten organisierten sich im »Ro- was nur drei Jahre später kommen sollte: ten Frontkämpferbund«, die Nationalsozi- 1942 wurde der amerikanische Physiker J. alisten und ihre »Braunhemden« der SA Robert Oppenheimer (1904-1967) von der sowie der schwarz gekleideten SS verbrei- US-Regierung mit dem »Manhatten-Pro- teten immer mehr Schrecken und Terror, jekt« beauftragt, für dessen Erfüllung er die Republikaner gründeten das »Reichs- viele deutsche Quanten-Physiker rekrutie- banner Schwarz-Rot-Gold«, das der SPD ren konnte, die wie Einstein Deutschland nahe stand und Schutzgruppen organisier- den Rücken gekehrt hatten und in die USA te, und im »Stahlhelm, Bund der Frontsol-

44 Hell Verein / www.hell-kiel.de daten« sammelten sich die Rechtskonser- Zündholzkonzern Kreuger gemildert. Bei vativen und ehemalige Frontkämpfer aus den preußischen Gemeinde- und Provin- dem Ersten Weltkrieg. ziallandtagswahlen verbuchte die NSDAP Anfang Juni nahm eine internationale im Vergleich mit den Landtagswahlen vom Sachverständigenkonferenz unter Leitung Vorjahr einen Zugewinn von 158 %. Die des amerikanischen Finanzpolitikers Owen Nazis waren nun nicht mehr aufzuhalten. D. Young (1874-1962) in Paris den »Young Lichtblicke gab es auf technisch-wis- Plan« an, mit dem die deutschen Repara- senschaftlichem Gebiet, wo die Dornier- tionszahlungen neu geregelt werden soll- Werke das Riesenflugzeug »Do X« heraus- ten. Trotz spürbarer Erleichterungen ge- brachten, das von 12 Siemens-Jupiter-Mo- genüber dem vorausgegangenen »Dawes- toren angetrieben wurde, 158 Passagiere Plan« wurde die Gesamtsumme der Repa- und 11 Besatzungsmitglieder transportie-

rationszahlungen (bis zum Jahre 1988 ku- ren konnte und damit als der absolute In Berlin-Babelsberg muliert auf 112 Milliarden Goldmark fest- Superlativ im Flugzeugbau angesehen wur- kaufte Dr. Hell sein erstes Haus, das als gesetzt) von den Vertretern der Rechten de. Krupp erstellte eine Großdieselloko- Gründungsvilla seiner (Hugenberg, Seldte, Claß und Hitler) als motive mit 1450 PS Antriebsleistung und Firma anzusehen ist unannehmbar hoch beurteilt und sie agier- wenig später eine Doppellok mit 2600 PS, (links) ten mit ihren Kampagnen dagegen. Von die beide in den USA zum Einsatz kamen. vielen Historikern wird dies als der Start Felix Wankel (1902-1988) erfand damals Das Hell-Gebäude in der Kronprinzenallee Hitlers zur Machtergreifung angesehen. seinen Drehkolbenmotor, der amerikani- in Berlin wurde 1937 Ende Juni erhielt die NSDAP bei den sche Uhrmacher Warren Melvin Marrison erbaut. Dieses Bild Wahlen zum Coburger Stadtrat die absolu- die Quarzuhr und die Chemiker der Dun- stammt aus der Nach- te Mehrheit. Dies war der erste große Wahl- lop Rubber Company das Schaumgummi. kriegszeit, als das In der Medizin erfand der Gebäude von der DDR- Regierung genutzt Amerikaner Philip Drinker die wurde (rechts) »Eiserne Lunge« und der deut- sche Psychiater Hans Berger die Elektro-Encephalographie (EEC) zur Messung von Hirn- strömen zur medizinischen Diagnose von Gehirnschädi- gungen. Weiterhin entdeckte der amerikanische Chemiker Phoebus Levene (1869-1940) die Substanz Desoxyribonu- Das Riesenflugzeug kleinsäure, abgekürzt »DNA« »Do X« der geschrieben, aus der sich die Dornier-Werke Chromosomen aufbauen, wel- sieg der NSDAP auf Kommunalebene. Am che die Erbanlagen (Gene) von Lebewesen 25. Oktober 1929 markierte der »Schwar- tragen. ze Freitag« den Beginn der Weltwirtschafts- Auf literarischem Gebiet erhielt Thomas krise. Tags darauf wurden die finanziellen Mann den Literatur-Nobelpreis für seinen Schwierigkeiten des Deutschen Reiches Roman »Die Buddenbrooks«, Alfred Döblin durch eine Anleihe beim schwedischen (1878-1957) veröffentlichte sein Buch »Ber-

45 Hell Verein / www.hell-kiel.de Am Anfang war alles geräumig und nett; man saß fast gemütlich auf echtem Parkett. Die Werkstatt war unten im Keller quartiert, daneben Büroraum nur wenig berührt. Doch als dann sich mehrte der Aufträge Zahl, da zeigte es sich mit einem Mal: Der Platz reicht nicht aus mehr zu wichtigem Schaffen, für Werkstatt muss man noch Platz erraffen. So wird denn verdrängt von dem häuslichen Herde, die Herrin des Hauses. – Zu ebener Erde, wo gewesen die Küche in früheren Zeiten, ist jetzt das Büro mit gekachelten Seiten. Dann werden die Wohnzimmer mächtig gewandelt, die Böden, die Wände, die Decken verschandelt mit Kisten und Kasten, mit Nagel und Hammer, und gleichen bald einer Rumpelkammer. Doch wird die Sache allmählich schlimmer – das bisher gehütete Herrenzimmer wird schmählich entheiligt durch Konstruktionen, seit Bromnitz und Ay und Herr Heinrich dort wohnen. Und so weicht denn dem Muss und dem Druck und dem Zwang, der Chef, und entfliehet hinaus auf den Gang, Die Firma dehnt in die Breite sich aus und füllet wohl bald schon das ganze Haus. Ein einziger Ausweg, die Flucht nach oben, dem Chef blieb nur – fast war es zu loben – von allen Seiten gedrängt und gedrückt, ob doch er am Ende nach oben ausrückt? Dort aber herrschet am neuen Feuer die Hausfrau, die wie in festem Gemäuer gefangen gehalten, wenn unten Besücher sich über Zeichnungen beugen und Bücher. So groß war die Not schon und niemand hatt‘ Ruh‘, man trat nicht Parkett mehr, man trat nur auf Schuh‘. Dann hat’s über Nacht einen Knall gegeben. Nun haben Platz wir! – Ein neues Leben!

Ein Mitarbeiter lin Alexanderplatz«, Kurt Tucholsky (1890- de und im Obergeschoss sich die Privat- schrieb dieses Gedicht, 1935) brachte mit »Deutschland, Deutsch- räume befanden. das die damaligen Gefühle beim Umzug land über alles« seine Sammlung von Mit der ständigen Erweiterung des Per- in die Kronprinzen- Satiriken heraus. Angeregt durch Heinrich sonals musste sogar die gekachelte Küche allee wiederspiegelt Zilles Zeichnungen und Erzählungen drehte im Erdgeschoss als Büroraum herhalten und Piel Jutzi den sozialkritischen Stummfilm die Hausfrau sich im Obergeschoss mit »Mutter Krauses Fahrt ins Glück«. Soweit einer Kochnische zufrieden geben. die Beleuchtung des Zeitgeschehens im Es war anfangs eine sehr schlagkräftige Berlin Ende der 1920er Jahre. Truppe von nur 12 Mitarbeitern, wie sie Dr. Hell nannte, die, wenn es sein musste, Die harten Aufbaujahre in Berlin Tag und Nacht arbeitete. Unter Ihnen wa- Zitat Dr. Hell: Am 2. Mai 1929 kam Dr. Hell, gerade ren Herbert Hille, Kurt Schill, Roman Koll, 27 Jahre alt, in Berlin-Babelsberg an und Heinz Baumgarten, Heinz Groschek und Binnen einer bezog zunächst ein möbliertes Zimmer bei später Elisabeth Helms. Fast alle Genann- halben Stunde einer Dame, die ihm mit ihren »Manage- ten wurden später auch in Kiel wieder entstand die ment-Ratschlägen« – sie war Vertreterin seine Mitarbeiter. gesamte Kon- für die Auto-Union – auf die Nerven ging. Später, im Jahre 1937, bei einer kleinen Kurze Zeit später kaufte er in der Ihlen- Feier zur Einweihung neuer Räume in der zeption des straße ein Haus und baute später in der Kronprinzenallee verfasste ein Mitarbeiter Gerätes. Ich Kronprinzenallee ein Betriebsgebäude da- das oben stehende Gedicht, das mit den diktierte es zu. Das Haus in der Ihlenstraße blieb da- damaligen Gefühlen beschreibt, wie es im nach weiterhin das Wohnhaus der Familie alten Haus an der Ihlenstraße herging. Es meiner Frau Hell. Dr. Hell hatte bereits ein Jahr zuvor zeigt gleichzeitig die Verbundenheit der und danach seine Frau Martha geheiratet, die aus Mitarbeiter mit ihrem Chef. war das Patent Osnabrück stammte und in München Ge- Als Dr. Hell später, nach dem Zweiten da sang studiert hatte – auch auf verschiede- Weltkrieg einmal das Gebäude in der nen Bühnen tätig war. Ihrem Mann zuliebe Kronprinzenallee, im Ostteil der geteilten gab sie jedoch nach der Hochzeit ihren Stadt, aufsuchte und es von außen fotogra- Beruf auf, um ihm beim Aufbau seiner fierte, wies ihn ein Passant darauf hin, dass Firma voll zur Seite stehen zu können. dies strengstens verboten sei. Es war näm- Das als Wohnhaus konzipierte Gebäu- lich inzwischen der Staatssicherheitsdienst de war eine echte Gründervilla, in der die (Stasi) der DDR darin eingezogen. Kellerräume die Werkstätten aufnahmen – die dort installierte Drehbank wurde auf Der Hellschreiber als Grundstein Raten gekauft – im Erdgeschoss sich das Der schon 1929 entwickelte Hellschrei- Konstruktionsbüro und das Labor befand, ber war soweit zu perfektionieren, dass er das Chefzimmer im Flur eingerichtet wur- ab 1931 von Siemens & Halske in großen

46 Hell Verein / www.hell-kiel.de Stückzahlen gefertigt werden konnte. Ins- Erhebung auf der Spindel in zwei Reihen gesamt wurden dann mehr als 50 000 Stück übereinander doppelt aufgezeichnet wur- davon abgesetzt. den, wodurch bei Synchronisierungspro- Er sagte einmal über die Erfindung des blemen zwischen Sender und Empfänger Hellschreibers: »Binnen einer halben Stun- die Schrift sich nur diagonal nach oben de entstand die gesamte Konzeption des oder unten verschob und der Schriftzug Gerätes. Ich diktierte es meiner Frau und dennoch lesbar blieb. Durch eine Umstel- danach war das Patent da«. Die besten lung auf Wechselstrom wurde die Regist- Ideen seien ihm nie am Schreibtisch oder rierung später verbessert. Seine Übertra- im Labor gekommen, es waren Spontan- gungsleistung betrug 300 Zeichen pro Mi- eingebungen, wie diese für␣ sein weiteres nute, was einer durchschnittlichen Wörter- Berufsleben so entscheidende Erfindung. zahl von 60 entspricht. Der »schreibende Telegraph« bestach Bei der Feier zum 50-jährigen Jubiläum durch seinen mechanischen Aufbau. Basis der Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell am 2. Mai war eine matrixförmige Unterteilung jedes 1979 in Kiel präsentierte Dr.-Ing. Herbert Schriftzeichens in 49 Bildelemente, was Wüsteney, der damalige Verbindungsmann aus sieben vertikalen und sieben horizon- Das Prinzip des Hell- talen Linien gebildet schreibers. Selbst bei wurde. Das Ausfüllen nicht synchronem oder Nichtausfüllen je- Betrieb von Nocken- scheibe (Sender) und des Bildelementes er- Spindel (Empfänger) gab das gewünschte konnte man wegen Zeichen. der Doppelspindel (zwei Die Zeicheneingabe Schriftreihen) immer auf der Senderseite er- noch den Text lesen folgte über eine Tasta- tur, vergleichbar mit der einer Schreibma- schine. Statt Typenhe- beln schloss sich für jeden Buchstaben eine spezielle Nockenschei- be daran an. Beim An- schlag einer Taste wur- de die entsprechende Nockenscheibe in Gang gesetzt, die für der Siemens AG zu Dr. Hell, einen inter- jeden Buchstaben eine Umdrehung aus- essanten Rückblick auf die Entwicklungs- führte. Jede Nockenscheibe trug an ihrem geschichte des Hellschreibers, die wegen Umfang jeweils erhabene Nocken für aus- des Aufzeigens von Vorgänger-Entwicklun- gefüllte und Lücken für nicht ausgefüllte gen hier wiedergegeben werden soll. Dr. Bildelemente, und dies in sieben Sektoren Wüsteney sagte: am␣ Umfang entsprechend der sieben ver- »In den 50 Jahren, seitdem der jugend- tikalen Linien bei der Zeichenzerlegung liche und sehr mutige Herr Dr. Hell seine unterteilt. ganz, ganz kleine, eigene Firma gegründet Auf Empfangsseite steuerten die durch hat, haben sich enorme Veränderungen in elektrischen Abgriff der Nocken übermit- der Welt und auf allen technischen Gebie- telten Stromstöße einen Elektromagneten, ten ereignet. der damit einen Papierstreifen über eine Betrachten wir einmal – was hier zur Schneide gegen eine mit Druckerschwär- Frage steht – die elektrische Nachrichten- ze voreingefärbte, umlaufende Spindel mit technik. Zunächst die Telefonie zu der da- spiralförmiger Erhöhung drückte. Bei Syn- maligen Zeit«. chronlauf entstand so ein Abbild des über- Dazu sei angemerkt: Gemeint ist hier tragenen Zeichens auf dem Papier. Dabei die Neugründung der Firma nach dem verrichtete die Spindel sieben Umdrehun- Zweiten Weltkrieg in Kiel. Und was das gen pro Zeichen – für jede Linie, bzw. Telefon anbelangt: Die Erfindung des Tele- Spalte also eine Umdrehung. fons wird bekanntlich dem gebürtigen Eine technische Raffinesse bestand darin, Schotten mit amerikanischer Staatsange- dass die Zeichen mit einer zweigängigen hörigkeit Alexander Graham Bell (1847-

47 Hell Verein / www.hell-kiel.de Diese Bedienungs- anweisung wurde von Siemens dem Hellschreiber beigefügt

48 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1922) zugeschrieben, obwohl zeitgleich bindung, die über Seekabel Typendruck auch der Chicagoer Elisha Gray (1835- ermöglichte, war ganz neu: der von der 1901) ein Patent auf ein Telefon 1876 beim Western Union gebaute Mehrfachtelegraph Patentamt in Washington angemeldet hat- auf dem Emden-Azoren-New York-Kabel, te. Der eigentliche Erfinder des Telefons ist der 5 Kanäle mit je 5 Zeichen/s lieferte. jedoch nach Meinung vieler Historiker der Im drahtlosen Verkehr gelang es trotz Gelnhausener Volksschullehrer Johann Phi- der großen Erfolge der Kurzwellentechnik lipp Reis (1834-1874), der das von ihm nicht, einen Typendrucker in Betrieb zu entwickelte Magnettelefon bereits am 26. setzen. Siemens entwickelte damals ein Oktober 1861, also 15 Jahre vorher, in kompliziertes System mit mehrfacher Aus- Frankfurt am Main öffentlich vorstellte. Wie sendung jedes Zeichens und Auswertung bei so vielen Erfinden gibt es also auch nach dem von dem Franzosen Verdan an- hier Vor- und Parallelerfindungen, die es gegebenen Verfahren, aber die Versuche zu berücksichtigen gilt. »Es sah alles, aus heutiger Sicht, recht primitiv aus, wenn auch auf vielen Ge- bieten schon Ansätze für grundsätzliche Veränderungen und für eine technische Revolution zu erkennen waren. Die Fern- sprechtechnik hatte sich schnell und güns- tig entwickelt. Es gab 1929 in Deutschland 3,2 Millionen Sprechstellen. Man konnte Der Empfänder über beliebige Entfernungen telefonieren, des Hellschreibers, aber man brauchte immer für den Fernver- wie er von Siemens gebaut wurde kehr das »Fräulein vom Amt«. In den Städ- ten war man dabei, das Wählen zu auto- matisieren. Auf die Automatisierung des Fernwählverkehrs musste man noch ein scheiterten alle. Bei anderer Gelegenheit paar Jahre warten, nur in Bayern gab es die habe ich es einmal so formuliert: Ob die berühmte Netzgruppe Weilheim, mit der Welle lang, ob kurz, dem Vedan war alles die Bayern mal wieder den Preußen eine schnurz! Da mussten wir einfach verlieren. Nasenlänge voraus waren. Die Lösung lieferte van Duuren, allerdings Auf Freileitungen und pupinisierten Ka- erst etliche Jahre später. beln konnte man also beliebig weit telefo- Noch spielte das Morsesystem eine ganz nieren. Meist brauchte man noch ein Ader- große Rolle, und in der drahtlosen Tele- paar für ein Gespräch, aber es gab schon graphie blieb das noch lange so. So sehr, die Trägerfrequenz, mit der man zwei Ge- dass Dr. Hell sich nach einigen Jahren noch spräche darauf unterbringen konnte, und entschloss, Morse-Geräte zu entwickeln bald waren es deren vier – eine kleine und zu bauen. Aber die Telegraphie war Vorahnung von den 10 800 Gesprächen, schon dabei, sich in die Fernsprechkabel die man heute (1979) auf der Tube eines einzunisten. Die Unterlagerungs-Telegra- Koaxialkabels unterbringen kann. Interkon- phie benutzte den für das Fernsprechwesen tinental war der Fernsprechverkehr nur überflüssigen Bereich von 0 bis 300 Hz, drahtlos möglich, wobei die Kurzwellen und die Wechselstrom-Telegraphie machte ganz überraschende und großartige Ergeb- aus einem Fernsprechkabel für das Fern- nisse gezeigt hatten. Zum Beispiel wurde schreiben damals sechs, dann bald 12 und 1929 der Sprechverkehr mit Java aufge- heute sind es 48. Man könnte 96 daraus nommen und 1930 der mit Buenos Aires. machen, wenn der Bedarf vorhanden wäre. Das war also der Stand der Telefonie. Auf dem Apparategebiet kündigten sich Die einst so stolze Telegraphie lag zu ganz entscheidende Veränderungen an. Es dieser Zeit völlig darnieder. Auf 99 Telefon- gab in den USA schon einen Fernschrei- gespräche kam ein Telegramm. Im draht- ber, der nicht viel größer als eine Schreib- gebundenen Verkehr waren es immer noch maschine war und von der Firma Morkrun- die Hughes-Baudot-Apparate und Siemens- Kleinschmidt Corporation gebaut wurde. Schnelltelegraphen, Geräte, die bei jeder Es gab dort auch schon ein großes Netz für Einschaltung große Vorkehrungen, Syn- Fernschreibvermittlung zwischen einigen chronisierungen erforderten und nur von 1000 Teilnehmern, allerdings mit einem sehr fachmännisch geschultem Personal Handvermittlungsverfahren, das kaum be- bedient werden konnten. Die einzige Ver- friedigen konnte.

49 Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Nachrichten über solche Verände- fonierte, desto mehr zeigten sich die Män- rungen kamen nach 1918 nur sehr spär- gel in der Gefahr von Irrtümern, der Not- lich zu uns. Es hat sehr, sehr lange gedau- wendigkeit, die Empfangsstellen besetzt zu ert, bis man auf dieser Seite des Ozeans haben und dabei doch nur langsam über- Genaueres darüber wusste. Viele europäi- tragen zu können. Besonders im Funkver- sche Verwaltungen meinten auch, dass das kehr fehlte ein unter schwierigen Bedin- noch lange nicht für sie das Richtige wäre, gungen sicher schreibendes Gerät. Diese was man in Amerika macht. Aber die Firma Lücke füllte das System nach Dr. Hell durch Lorenz in Deutschland hatte eine Lizenz folgende Maßnahmen: von der Morkum-Transmit-Company erwor- 1. Die beim Empfangsgerät eintreffen- ben und baute mit Teilen, die man beim den Stromimpulse wurden aufgeschrieben Lizenzgeber bezogen hatte, die Morkum- und nicht durch eine Schaltung oder ein Kleinschmidt-Streifenschreiber nach. Relais ausgewertet. Wenn die Impulse nicht Auch Siemens hatte sich 1928 mit größ- allzu kurz sind, unterscheiden sie sich gut tem Nachdruck auf die Entwicklung von von Störungen, wie das ja der wesentliche Fernschreibern gestürzt und konnte bei der Vorteil des Morsesystems ist. 2. Die Zeichen werden durch eine gro- Eine echte Darstellung ße Zahl von Impulsen, nämlich 25, bildlich der Schrift des Hellschreiber- dargestellt. Bei starken Störungen wird so Empfängers ein Zeichen höchstens unleserlich, aber es CCITT-Konferenz 1929 in Berlin zwei Mo- wird kaum je vorkommen, dass, wie bei delle vorführen, nämlich ein mechanisches der sonstigen Telegraphie anstelle eines Zei- und ein elektrisches Gerät. Das mechani- chens ein anderes, falsches Zeichen aufge- sche hat dann mit der Zeit völlig die Ober- schrieben wird. 3. Jeder eintreffende Impuls wird mit Die Doppelspindel, zwei Punkten auch übereinander auf dem eine Skizze aus der Patentschrift. Streifen aufgeschrieben. Man stellt dabei Siehe hierzu auch an einem einfachen Regler die Geschwin- die Prinzipdarstellung digkeit so ein, dass sie zwischen dem Sen- auf Seite 47 der und Empfänger einigermaßen überein- stimmt – das genügt vollauf. Wenn die Geschwindigkeit abweicht, wandert die Aufzeichnung nach oben oder unten, aber wenn die eine Aufzeichnung durch das Abwandern zerschnitten wird, ist die zwei- te doch vollständig und einwandfrei les- bar. Man kann also Texte ohne Unterbre- hand erlangt. Auch die Firma Creed & Co. chung lesen, auch wenn die Geschwindig- in London hatte gerade angefangen, Fern- keiten nicht immer gut übereinstimmen schreiber zu bauen. Fast überhaupt nicht und Störungen auftreten. Dadurch ist jede bekannt dürfte sein, dass es damals in Kompliziertheit durch Synchronisierung Europa schon Telegraphievermittlungen in und die damit verbundene Gefahr vermie- zwei Ländern gab: Belgien und die Nieder- den. lande, wo durch Handvermittlung die Mor- Natürlich ist der Sender dabei kompli- se-Verbindungen zwischen den Endämtern zierter als der Empfänger. Bei Sendungen durchgeschaltet wurden. von Hand wurde mit 2,5 Zeichen/s und Mit einem öffentlichen Fernschreibnetz bei Verwendung von Fernschreibloch- mit Fernwahl und selbsttätiger Rückmel- streifen mit 5 Zeichen/s gearbeitet. Ent- dung des gerufenen Teilnehmeranschlusses wicklung und Fertigung lagen bei Siemens beschäftigte sich bei Siemens ein Herr Jipp, und ich hatte das Vergnügen, als erster der der später für diese Arbeiten, die die Grund- Siemens-Ingenieure mit Herrn Dr. Hell Kon- lagen des Welt-Telex-Netzes geworden sind, takt aufzunehmen. Das Geschäft lief sehr zum Dr.-Ing. eh ernannt wurde. ›Das Geld schnell an. Eine Sendesstelle und eine gro- liegt auf der Straße‹, schrieb Herr Jipp ße Anzahl von drahtlos angesteuerten damals an seine Direktion, und er hatte Empfangsstellen, das war das, was die gro- Recht damit. ßen Nachrichtenbüros (DANN, Reuters, Man kann ebenso behaupten, dass auch Agence Havas etc.) dringend brauchten. für das, was Herr Dr. Hell entwickelte, das Ein Beispiel für weitere Anwendungen Geld auf der Straße lag. Je mehr man tele- ist die Hochfrequenz-Nachrichtenüber-

50 Hell Verein / www.hell-kiel.de tragung auf den stark gestörten Hochspan- schreiber in der Funkausführung revoluti- nungsleitungen. Der spätere Feldfernschrei- onierte fortan über die deutschen Agentur- ber, ein vollständiger Apparatesatz, Sen- anwendungen hinaus das gesamte inter- der, Tonfrequenz-Generator und Tonfre- nationale Nachrichtenwesen. quenz-Empfänger und -Schreiber in einem Parallel dazu wurden Morse-Geräte wei- Tornister fand auch einen großen Absatz. terentwickelt und in Zusammenarbeit mit Es wurde berichtet, dass dieser Apparat Siemens & Halske der »Hell-Feldschreiber« noch richtig funktionierte, wenn das Kabel für den beweglichen Einsatz gebaut, wo- durchschnitten war und die Kabelenden bei die Firma Hell den Drehzahlregler in auf dem Boden lagen. der Fertigung beisteuerte. Wichtig war, dass In Fernsprechämtern wurde und wird der Feldschreiber mit stationären Geräten heute (1979) noch der Hellschreiber für kommunizieren konnte. Mit dem Erfolg Prüfzwecke eingesetzt. dieser Geräte wurden der Firma Hell immer Die Bundesbahn erhielt nach dem Zwei- mehr rüstungs-relevante Aufträge erteilt. ten Weltkrieg eine Sonderausführung für Dies betraf zum Beispiel auch die Ent- Zugmeldedienste mit Start/Stopp-Arbeits- wicklung von Rahmenteiler und Doppel- weise. Die Leitungen sind in diesem Fall rahmenteiler zur Ortung von Sendern, zwar kurz und weitgehend störungsfrei, »Eisensucher«, d. h. Metalldetektoren zur aber auch hier gehören zu einer Sendes- Ortung von Minen, sowie Formationsfüh- stelle fünf oder sechs Empfänger. Und fin- rungs-Geräten für Flugzeuge. dige Köpfe haben noch manche andere Obendrein kamen Zulieferaufträge von Anwendungen für Hellschreiber entdeckt. Siemens, wie der Zweidrahtverstärker, der Ungefähr 50 000 Geräte konnten im Ver- auch bei Hell gefertigt wurde. Die alte lauf der Jahre von Siemens ausgeliefert Idee vom Bildtelegraphen ruhte nicht, doch werden. Die Hellschreiber-Technik hat sich die Zeit war dazu noch nicht reif. Jedenfalls gelohnt, und sie hat die Grundlage gelie- musste abermals eine Kapazitätserwei- fert für weitere, großartige Entwicklungen terung durchgeführt werden. bei der Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell«. Am 15. Februar 1937 erfolgte die Ein- Soweit die Ausführungen von Dr.-Ing. weihung eines Neubaus in der Kronprin- Herbert Wüsteney bei der Jubiläumsfeier zen-Allee, bei dessen Feier das oben wie- am 2. Mai 1979 in Kiel. In der Beschrei- dergegebene Gedicht zum Besten gege- bung des Aufbaus des jungen Berliner Un- ben wurde. Das Gebäude wurde in den ternehmens fortfahrend: 1937 war die Zahl darauf folgenden Jahren mehrmals erwei- der Mitarbeiter auf 40 angestiegen, was tert. 1939/40 kam durch kriegsbedingte die Kapazität des Hauses in Berlin-Babels- Auflagen noch ein größerer Fertigungs- berg total sprengte. Eine Umsiedlung nach betrieb in Teltow, im Süden , hinzu Berlin-Dahlem, am Rande des Grunewalds und ein kleinerer in der Lindenstraße. Die und in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauptverwaltung, die Konstruktionsbüros Kaiser-Wilhelm-Institutes gelegen, war des- und die Labors blieben weiterhin in der halb unaufschiebbar geworden. Kronprinzen-Allee. Der Hellschreiber wurde nun in Zusam- Das Fertigungsprogramm umfasste nun menarbeit mit dem Reichspost-Zentralamt neben den Peilsendern, Minensuch-Gerä- (RPZ) für die drahtlose Übermittlung wei- ten und Formationsführungs-Geräten für terentwickelt. Ab 1934 kam er auf breiter die Luftwaffe auch akustische Seeminen- Basis bei der Presse in Verbindung mit zünder für die Marine, Morseschreiber, dem Deutschen Nachrichtenbüro (DNB) Übungsschreiber, Funkpeiler, Funkkom- und der Transocean GmbH zum Einsatz. passe, Ballonsender und Verschlüsselungs- Er löste ab Juli 1942 den Pressefunk all- geräte. Auch an der Entwicklung der Tele- mählich ab. Als dieser 1944 ganz einge- fonie-Verschlüsselung wurde intensiv ge- stellt wurde, waren 700 der rund 980 deut- arbeitet. schen Zeitungen mit den Hellschreiber- Angesichts dieser Rüstungsgüter mögen Empfangsgeräten ausgerüstet. Bereits seit spätere, rein pazifistisch erzogene Gene- 1935 waren sämtliche DNB-Zweigstellen rationen die Frage stellen, ob es nicht bes- im Ausland über Hellschreiber-Sender mit ser gewesen wäre, wenn Dr. Hell die Ent- der Berliner Zentrale verbunden worden. wicklung und Produktion solcher Geräte Gegenüber der Benutzung von gewöhnli- verweigert hätte. Diese Fragestellung wür- chen Fernschreibern wurde die Vermei- de jedoch die damalige Situation, in der dung von hohen Leitungskosten als zu- sich Unternehmer und besonders Wissen- sätzlicher Vorteil angesehen. Der Hell- schaftler befanden, völlig verkennen.

51 Hell Verein / www.hell-kiel.de Einerseits war es der in Dürrenmatts Phy- Führungskräfte der Hell-Werke in Berlin sikern so vortrefflich beschriebene Forscher- waren. Ein Herr Ege war danach der Leiter drang, der zunächst nicht danach fragt, zu der gesamten Entwicklung und später der welchen teuflischen Zwecken die Erfin- Betriebsdirektor des Werkes Teltow. Herrn dungen missbraucht werden können, und Promitz unterstand das Konstruktionsbüro andererseits hätte eine Weigerung in ei- – sein Nachfolger war Herr Wetzel. Herr nem totalitären Staat, wie dem NS-Staat, Hüttmann bearbeitete Funkgeräte, Peiler unmittelbar den Vorwurf der Kriegsdienst- und Ballonsender, Herr Bär die Metall- verweigerung bis zur Sabotage und zum detektoren, genannt »Eisensucher«, Herr Landesverrat nach sich gezogen. Haberland die Funkmessanlagen und die So mussten auch alle deutschen Druck- Telefonie-Verschlüsselung und Herr Haupt die Hellschreiber-Verschlüsselung. Die Enigma- All diese Arbeiten unterlagen natürlich Schlüsselmaschine, wurde im 2. Weltkrieg einer strengen Geheimhaltung, weshalb zu tausenden gebaut nur spärliches Informationsmaterial darüber und eingesetzt. heute in den Archiven zu finden ist. Auch Durch den Anschlag wurden darüber so gut wie keine Patente einer Taste (hier Q) angemeldet, da dies eine Offenlegung er- leuchtet ein Lampen- feld (hier U) fordert hätte. Das Geheimnis um die Ver- schlüsselungsmaschine »Enigma« wurde sogar bis in das Jahr 1996 geheim gehal- ten. Ihre Entwicklungsgeschichte sei des- halb hier kurz skizziert.

maschinenfabriken in dieser Zeit Werk- Die Enigma-Story zeugmaschinen (Drehbänke und Rund- »Enigma«, griechisch das Rätsel, war schleifmaschinen) zur Bearbeitung von der Name einer Verschlüsselungsmaschine, Granaten und auch Granaten selbst her- die von der deutschen Wehrmacht im Zwei- stellen, und eine Druckmaschinenfabrik ten Weltkrieg eingesetzt wurde und deren entwickelte darüber hinaus Steuergeräte Verschlüsselungs-Code lange Zeit als ab- für Fernsteuerwaffen, so genannte »Funk- solut einbruchssicher galt. Erst nach Kriegs- Getriebe«, zu denen das neutrale Ausland ende, 1975, wurde bekannt, dass er von zur Wahrung eines Nichtangriffs Zuliefe- Wissenschaftlern des britischen Geheim- rungen beisteuerte. dienstes in Bletchley Park, rund 80 km Es sei aber auch nicht unerwähnt, dass nördlich von London, zwischen den Uni- in der fast unbegrenzten Bereitstellung von versitätsstädten Oxford und Cambridge lie- Entwicklungsgeldern in Kriegszeiten für gend, geknackt wurde. Wissenschaftler und Erfinder ein großes Daran hatte die von Alan Turing (1912- Verführungspotenzial liegt, das der Philo- 1954), einem Mathematik-Professor des soph Heraklit 500 v.Chr. schon mit dem King’s College in Cambridge und Vater der Ausspruch »der Krieg ist aller Dinge Vater« Künstlichen Intelligenz (K.I.) gebaute, ers- umschrieb. te programmierbare, mit Elektronenröhren Selbst in Friedenszeiten mag dieser bestückte Rechenmaschine der Welt, ge- Spruch Gültigkeit haben, denn ohne staat- lich geförderte Rüstungsaufträge wären viele bahnbrechende Erfindungen auch für den zivilen Einsatz nicht entwickelt wor- den. Dass Dr. Hell bei diesem »Dienst für das Böse« charakterlich völlig integer blieb, beweist sein uneingeschränkter Freispruch nach dem Zusammenbruch des Dritten Reiches bei den eingehenden »Interroga- tions« durch die britische Besatzungsmacht. Durch persönliche Aufzeichnungen Dr. Hells ist uns bekannt, wer die damaligen

Das Prinzip: Drei sich automatisch verstellende Schlüsselwalzen und eine Umkehrwalze kodierten einen angeschlagenen Buchstaben mehrfach um, bis ein anderer Buchstabe dafür in einem Lampenfeld aufleuchtet

52 Hell Verein / www.hell-kiel.de nannt »Colossus«, einen wesentlichen An- von der Verschlüsselung von Nachrichten teil. Ein Buch, das Alan Turing darüber genannt wird (von griechisch »kryptein« = schon am Ende der 1940er Jahre geschrie- verborgen), Scheiben mit konzentrischen, ben hatte, wurde erst 1996 von der briti- gegenseitig verschiebbaren Alphabetringen schen Regierung zur Veröffentlichung frei- benutzt. Durch radiales Verschieben der gegeben. Das so lange gehütete Geheim- Alphabetringe gegeneinander und Able- nis unter Inkaufnahme des Verlustes der sen der Gegenseite konnte man durch die historisch begründbaren Führerschaft bei so gewonnenen verschlüsselten Zuordnun- Computern – noch vor der ENIAC 1946 in gen einen Klartext in einen Geheimtext USA – förderte die Legendenbildung um umwandeln. Der Schlüssel war dabei der die »Enigma«, die sich jüngst sogar in ei- nem Roman und einem gleichnamigen Deutsche Soldaten Spielfilm niederschlug. Dabei hatte alles arbeiten mit der Enigma im Juni 1940 ganz unspektakulär und von der Fachwelt weitgehend unbeachtet begonnen. Die Erfindung des in der Enigma ver- wendeten Prinzips geht auf den amerika- nischen Bauunternehmer Edward Hebern (1869-1952) zurück, der 1917 eine »Vor- richtung zur polyalphabetischen Substitu- tion mit unabhängigen Alphabeten« be- schrieb. Er bot sein Verfahren vergeblich dem amerikanischen Militär an; danach schien seine Arbeit vergessen. 1918 meldete der deutsche Ingenieur Arthur Scherbius (1878-1929) ein mit Ro- toren, so genannten Permutationsscheiben versehene Verschlüsselungsmaschine nach dem Hebern-Prinzip zum Patent an und gab ihr den Namen »Enigma«. Er fertigte mehrere dieser, auch Chiffriermaschine genannten Geräte in seiner Werkstatt in Berlin, der späteren Chiffriermaschinen AG, und stellte sie auf den Weltpostkongressen Abstand der Verschiebung der beiden Rin- 1923 in Bern und 1924 in Stockholm der ge und dieser musste separat und geheim Fachöffentlichkeit vor, ohne dass diese dem Adressaten vorab für die Entschlüs- davon eine besondere Notiz nahm. Die selung des Textes mittels einer gleichen Enigma glich in ihrem äußeren Aussehen Doppel-Ring-Scheibe übermittelt werden. einer etwas schwereren, rund 20 bis 30 kg Auch bei der Enigma bestand das zen- wiegenden Kofferschreibmaschine. trale Element aus Alphabetringen in Form Scherbius ließ sich jedoch nicht entmu- der bereits genannten Permutationsschei- tigen und kaufte 1927 die Patente des Nie- ben, die sich nach Antippen eines Buch- derländers Hugo Alexander Kock hinzu, stabens auf der Schreibmaschinentastatur der das Rotorprinzip in ähnlicher Weise elektrisch hintereinander fortschalteten und wie er fast zeitgleich erfunden hatte, aber am Ende auf einem Lampenfeld den ge- keinen Käufer dafür fand. Erst 1928, ein fundenen, verschlüsselten Buchstaben auf- Jahr nach Scherbius‘ Tod, interessierte sich leuchten ließ. die Deutsche Reichswehr für die Enigma Mit 26 Buchstaben des Alphabets pro und als 1933 die Nazis an die Macht ka- Scheibe und drei Scheiben im Einsatz er- men, machten sie diese Verschlüsselungs- gab sich so eine Periodenlänge von 17 576 technik zu einem Teil ihres Programms. Ab Schritten bis die Verschlüsselung an den 1929 hatte Willi Koch die Chiffriermaschi- Ausgangspunkt der Scheibendrehungen zu- nen AG in Berlin übernommen und er rückkehrte. Mit vier Scheiben waren es konnte sich zahlreicher Lieferungen von 456 976 Schritte und mit einem Steckbrett, Enigmas – geschätzt waren es um die das schon Scherbius den Scheiben vor- 100 000 Stück – an die Marine, das Heer geschaltet hatte, gingen die Schritte in die und den diplomatischen Dienst erfreuen. Millionen. Schon seit Julius Cäsar hatte man als ein Als zusätzliche Erschwernis tauschte Mittel der Kryptographie, wie die Lehre man von Übertragung zu Übertragung die

53 Hell Verein / www.hell-kiel.de Scheiben gegeneinander aus und wählte Und Rejewski, der nach der Besetzung verschiedene Startpositionen bei der er- seines Landes durch deutsche Truppen nach sten Scheibe für die fortschaltenden Schei- England geflohen war, durfte aus übertrie- bendrehungen. Allerdings mussten diese benen Geheimhaltungsgründen in Bletch- Variablen als zusätzliche Schlüssel dem ley Park nicht mitwirken. Nur britische und Adressaten vorher über die gleiche Tasta- nordamerikanische Staatsangehörige wur- tur übermitteltwerden. Zur Entschlüsselung den dort zugelassen. der Nachricht beim Adressaten hatte man Erst als Alan Turing zu dem Wissen- das Prozedere auf einer gleich eingestell- schaftler-Team hinzu stieß und nach den ten Enigma nur umzukehren. riesigen mechanisch-elektrischen Simu- Die Achillesferse der Enigma lag in ih- lationsmaschinen, genannt »Bombas«, sei- rem gleichförmigen Antrieb der Permuta- nen Röhren-Computer »Colossus« (1500 tionsscheiben und deren Weiterschaltung Röhren, 5000 Ops/s) zusammen mit Gor- wie bei einem Dekaden-Zählwerk, was don Welchman bauen durfte, was für die Mathematikern Hinweise auf das Konstruk- Finanzierung eine persönliche Interventi- tionsprinzip geben konnte. Deshalb wur- on des Premiers Winston Churchill erfor- den in Bletchley Park Mathematiker Lingui- derlich machte, kam man dem Enigma- stikern beim Knacken des Enigma-Codes Code auf die Spur und konnte so bis Kriegs- zunehmend vorgezogen. Dazu kamen aber ende 300 000 militärische Meldungen der auch Nachlässigkeiten bei der Bedienung Deutschen entschlüsseln, was besonders der Enigma am Sendeort, wodurch den den U-Boot-Krieg im Atlantik für die Alli- Mathematikern der Gegenseite die Arbeit ierten entscheidend beeinflusste. erleichtert wurde, wie das Stehenlassen Eine strenge Geheimhaltung, trotz bis der Anfangsposition der Scheiben über zu 9000 damit beschäftigten Personen, und mehrere Übertragungen hinweg, die Be- die Abgeschiedenheit von Bletchley Park nutzung stets gleich lautender Redewen- mit ihrer Barackenstadt neben dem Schloss dungen, wie den obligatorischen »Deut- sorgten dafür, dass sich die Deutschen über schen Gruß«, der unter jedem Dokument die gesamte Kriegsdauer hinweg in Sicher- zu stehen hatte, und die vielleicht aus heit wähnten. Auch nach Kriegsende wur- Langeweile erfolgte, wiederholte Aussen- de die Geheimhaltung aufrechterhalten, dung eines stets gleichen Zeichens. obwohl oder weil die Enigma danach noch Schon 1928, dem Datum des Kaufs der bei der Nato, aber auch bei den Sowjets Enigma durch die Deutsche Reichswehr, und deren Verbündeten zum Einsatz kam. hatte das polnische Militär eine Abteilung Da bei der »Enigma« die gefundenen zur Entschlüsselung der Enigma in War- Verschlüsselungen von aufleuchtenden schau eingerichtet. Polen genoss damals Lampen mühsam von Hand abgeschrie- den Ruf, die besten Mathematiker zu ha- ben werden mussten, ist anzunehmen, dass ben. Trotzdem erzielte man vier Jahre lang Dr. Hell und seine Ingenieure in Berlin keine Ergebnisse. Erst 1932 gelang es dem daran arbeiteten, eine selbst schreibende polnischen Mathematiker Marian Rejewski Enigma zu erfinden. Ob ihnen dies schon in das Geheimnis der Enigma einzudrin- damals gelungen ist, bleibt wohl auch gen. Als die Deutschen jedoch zwei Aus- weiterhin ein Geheimnis. Ebenso, ob die tausch-Permutationsscheiben einführten, Sprachverschlüsselung über das Telefon er- tappte man wieder im Dunkeln. folgreich war. 1938 war in Bletchley Park die bereits Wie schon erwähnt, durften zu dieser erwähnte Dechiffrierabteilung der Briten Zeit aus Geheimhaltungsgründen keine eingerichtet worden und 1929 überließ Patente für diese Entwicklungen angemel- Rejewski bei einer Konferenz in Warschau det werden. Interessant ist jedoch, dass Dr. sein gesamtes Wissen um die Enigma dem Hell später in Kiel mehrere Patente über Leiter von Bletchley Park, Dillwyn Knox. Verschlüsselungssysteme verfasste und er- Er übergab ihm danach sogar eine nach- teilt bekommen hat. Darunter ist auch das gebaute, drei-scheibige Enigma, nachdem Deutsche Bundespatent Nr. 885 563 (sie- ein Überläufer wichtige Hinweise dazu he Anhang »Abstrakts der Patente von Dr. dem französischen Geheimdienst verraten Hell), eingereicht am 8. Mai 1951 und hatte. Wegen des inzwischen eingeführten ausgegeben am 6. August 1953, das die fortlaufenden Wechsels der Scheiben und Enigma-Maschine insofern verbesserte, der Hinzufügung einer vierten Scheibe dass der Tastenanschlag durch Reibungs- nützte der Nachbau den Briten jedoch kupplungen zwischen den Motorantrieben wenig bei der Entschlüsselung des Codes. der Permutationsscheiben und Freigabe

54 Hell Verein / www.hell-kiel.de mittels Magneten leichter gemacht wurde, eine Verlagerung von Betriebsstätten zum sodass eine Tastgeschwindigkeit von sie- Marine-Stützpunkt in Kiel war ins Auge ben Anschlägen pro Sekunde erreicht wer- gefasst worden, wozu es jedoch nicht mehr den konnte und die Verschlüsselungsma- kam. Das Kriegsende brachte den völligen schine dadurch an einen handelsüblichen Zusammenbruch des Unternehmens. Was Fernschreiber anzuschließen war. nicht den Bomben zum Opfer fiel, wurde Die Tatsache, dass sich Dr. Hell auch requiriert oder geplündert. Dr. Hell stand noch nach dem Krieg mit der Verschlüs- danach vor einem absoluten Nichts. selungstechnik beschäftigte, ist der Grund Ein verlockendes Angebot, als gesuch- dafür, dass die Enigma-Story hier so aus- ter Spezialist nach Großbritannien auszu- führlich erzählt wurde. wandern, lehnte er ab. Getreu seinen Wahl- spruch: »Nie aufgeben!«, wollte er den Die frühe Parallele zu Neuanfang im eigenen Land beginnen. John F. Crosfield Bei den akustisch-magnetischen Seemi- nen-Zündern (es gab nach Auskunft von Hans-Karl Thomas, ehemaliger Mitarbeiter von Dr. Hell in Berlin, auch lichtelektrisch zündende Flussminen, die der Zerstörung von Brücken dienten, indem der Schatten einer Brücke die Auslösung bewirkte) ergab sich eine fast kuriose Parallelität, indem sein zukünftiger englischer Konkurrent bei Ausrüstungen für die grafische Industrie, John F. Crosfield, bei der British Navy in Portsmouth in ähnlicher Weise an der Ent- Das Angebot war ihm bei den so ge- Ein Firmenzeichen, wicklung von akustisch-magnetischen See- nannten »Interrogations«, wie sie alle wich- das Weltruf erlangte: Das Logo der Firma minen arbeitete. Dies gab in späteren Jah- tigen Wissenschaftler des Dritten Reiches Dr.-Ing. Rudolf Hell ren des öfteren zu konkurrenz-neckenden von den Siegermächten über sich ergehen GmbH Äußerungen Anlass, indem Dr. Hell zum lassen musste, zuerst in Travemünde und Beispiel behauptete, seine Seeminen hät- dann auch in London unterbreitet worden. ten sich inzwischen alle selbst zerstört, Dort erfuhr er erstmals, dass John F. Cros- während Johns Seeminen weiterhin in den field, sein späterer Konkurrent, während Weltmeeren ihr Unwesen treiben. des Krieges mit ähnlichen technischen Ent- Dr. Hell liebte es, solche Späße bei Tisch wicklungen befasst war wie er in Deutsch- zum Besten zu geben, wie er manchmal land. augenzwinkernd auch behauptete, als Bay- er im Norden sein eigenes Bier brauen zu lassen, denn auf jeder Flasche stehe »hell«, und er seinen amerikanischen Vertretern erlaubte, den Slogan »Go to Hell!« (eng- lisch »Geh’ zur Hölle!«) werbewirksam unter die Kundschaft zu streuen. Gegen Kriegsende wurde das Teltower Werk von Luftangriffen stark zerstört. 41 Betriebsangehörige fanden dabei den Tod, darunter auch Dr. Hells erster Mitarbeiter Herbert Hille. »Die Beerdigung war ein schreckliches Erlebnis«, sagte Dr. Hell darüber, »es war das einzige Mal, dass ich zusammenklappte«. Bei den Bombenangriffen war auch die Zentrale an der Kronprinzen-Allee stark in Mitleidenschaft gezogen worden, sodass Teile der Fertigungsbetriebe nach Pfaffen- heim und Stolberg ausgelagert werden mussten. Die Belegschaft war über die Jahre auf rund 1000 Beschäftigte angewachsen. Auch

55 Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Wiederaufbaujahre in Kiel 1945

Nach der bedingungslosen Kapitulation mächte auf einer Konferenz in London im Deutschlands am 7. und 9. Mai 1945 bil- August 1945 die Statuten festgelegt hatten. deten die vier Siegermächte Frankreich, Er sah die Bestrafung der Schuldigen in Großbritannien, Sowjetunion und USA das vier Kategorien vor: Verbrechen gegen den oberste Regierungsorgan. Auf der Konfe- Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen ge- renz vom 17. Juli bis 2. August 1945 in gen die Menschlichkeit und Verschwörung Potsdam hatten sie über die künftige Be- gegen den Frieden. Gegen 22 der ursprüng- handlung des ehemaligen Deutschen Rei- lich 24 Angeklagten wurde der Prozess bis ches gemeinsam beschlossen: zum Ende geführt. Zwölf wurden zum Tode, Reparationsleistungen durch Demontage einer zu lebenslänglicher Haft und die üb- von Industrien, Entnahme aus laufender rigen zu mehrjährigen Haftstrafen verur- Produktion und die Überlassung deutscher teilt. Patente; Billigung der schon begonnenen In der Deutschlandpolitik bildeten sich Vertreibung der Volksdeutschen aus Polen, in der Folge verschiedene Auffassungen der Tschechoslowakei, Rumänien und Un- zwischen den Siegermächten USA und garn, sowie der Deutschen aus den deut- UdSSR heraus, ähnlich wie dies nach dem schen Gebieten östlich der Oder-Neiße- Zweiten Weltkrieg zwischen Frankreich Linie. Dabei fiel bis zur endgültigen Rege- und Großbritannien der Fall war. Während lung durch einen Friedensvertrag Königs- die Amerikaner die Verwirklichung der wirt- berg und das nördliche Ostpreußen an die schaftlichen Einheit der drei Westzonen Sowjetunion, das übrige Ostdeutschland anstrebten, beharrten die Sowjets auf der bis zur Oder-Neiße-Linie an Polen. politischen Einheit Deutschlands nach sow- Deutschland westlich der Oder-Neiße- jetischem Vorbild. Wegen der Unerfüllbar- Linie sollte als wirtschaftliche Einheit be- keit der sowjetischen Bedingung schufen die Amerikaner den Marshall-Plan, genannt Erst die Einführung nach dem amerikanischen Außenminister der D-Mark 1948 war zugleich das Ende George C. Marshall (1880-1959), der die- des Schwarzen Marktes ses Aufbauprogramm für Europa Anfang Juni 1947 initiiert hatte. Nach seiner An- sicht hätte eine wirtschaftliche Not Europas Auswirkungen auf die amerikanische Wirt- schaft gehabt. Privatpersonen in USA un- terstützten zudem die europäische Bevöl- kerung mit sogen. »CARE«-Paketen (CARE = Cooperative for American Remittance to Europe). Der Schwarze Markt diktierte damals weitgehend das Wirtschaftsgeschehen in Deutschland. Weil Geld und Wertpapiere durch keine realen Werte gedeckt waren, wurden Zigaretten, Kaffee und Kaugum- mis zur neuen Währung der Nachkriegs- zeit. Für diese Tauschartikel waren auf dem Schwarzen Markt nahezu alle Wirtschafts- stehen bleiben und wurde in vier Besat- güter zu haben, von denen sich die Besit- zungszonen geteilt, mit Berlin als gemein- zer zur Erlangung der heiß begehrten sam zu verwaltende Stadt der Alliierten Luxusartikel zu trennen bereit waren. mit Sektoreneinteilung. Trotz aller bedrückenden Alltagsbedin- Zur Bestrafung der Kriegsverbrecher gungen begann sich überraschend schnell wurde in Nürnberg ein Internationaler Ge- ein neues kulturelles Leben zu regen. Die richtshof eingerichtet, zu dem die Sieger- fast wertlose gewordene Reichsmark mag

56 Hell Verein / www.hell-kiel.de mit dazu beigetragen haben, dass sich ihren gesamten Besitz verloren und oft neben Kino-, Fußball- und Boxveranstal- nur so viel mitnehmen können, wie sie auf tungen auch die notdürftig hergerichteten ihrem Handwagen transportieren oder Theatersäle füllten. In Berlin hatten bereits selbst tragen konnten. Dazu kamen Unter- Anfang 1946 wieder 200 Bühnen und zwei bringungsschwierigkeiten. Ein großer Teil Opernhäuser geöffnet. Nach der langen der Wohnungen war zerstört und selbst Isolation im Dritten Reich, als fast alles viele Einheimische lebten noch in behelfs- Ausländische von den Nazis als entartete mäßigen Unterkünften. Hausbesitzer und Kunst eingestuft wurde, machte die Bevöl- Mieter großer Wohnungen wurden von den kerung wissbegierig Bekanntschaft mit Behörden gezwungen, einen Teil ihrer Räu- me abzutreten. Dennoch blieb vielen Ver- triebenen nur der längere Aufenthalt in notdürftig eingerichteten Flüchtlingslagern. In diesen Flüchtlingsstrom eingeschlos- sen – über 3 Millionen strebten allein der britischen Besatzungszone zu, in der Kiel lag – kamen die Hells im Sommer 1947 von Berlin nach Kiel. Es mag verwundern, dass der beken- Carepaket nende Bayer, wie wir ihn schon einmal ge- nannt haben, für den Neuanfang Kiel aus- west-europäischen und amerikanischen gewählt hatte. Werken, wie die von Thornton Wilder, Er- War es die allgemeine Affinität der Ber- nest Hemingway und William Faukner. Das liner im Nachkriegs-Deutschland zum Land existenzialistische Theaterstück »Die ehr- bare Dirne« von Jean Paul Sartre fehlte auf Die Heimatvertriebenen hatten nur das, was sie keinem Spielplan der aus dem Boden schie- auf ihrem Wagen ßenden Zimmertheater. transportieren konnten. Auf sozial-philosophischem Gebiet kam Fast 6 Millionen mussten das Buch »Die Dialektik der Aufklärung« in den Westen von Max Horkheimer und Theodor W. Deutschlands integriert werden Adorno heraus, die aus dem amerikani- schen Exil zurückgekehrt waren, und auf literarischem Gebiet gründeten junge Schriftsteller und Journalisten in Herrlingen bei Ulm auf Initiative von Hans Werner Richter die bis heute bestehende »Gruppe 47«. Sie traten damit für eine neue Litera- tur und für ein neues, demokratisches Deutschland ein. Die Hamburger Kammer- festspiele brachten als Uraufführung das pazifistische Heimkehrerstück »Draußen vor der Tür« von Wolfgang Borchert und erfüllten mit der damit verbundenen An- klage an die Adresse der Verantwortlichen Schleswig-Holstein als Ersatz für die verlo- des Zweiten Weltkriegs eine ähnliche Auf- ren gegangenen, weiter östlich liegenden gabe wie Remarque mit seinem Roman Ostsee-Küstenregionen, oder die Bevorzu- »Im Westen nichts Neues« nach dem Ers- gung der britischen gegenüber der sowje- ten Weltkrieg. Borchert war nur einen Tag tischen Besatzungszone? Lag vielleicht der vor der Uraufführung seines Stückes, erst Grund in bereits zu Kriegszeiten begonne- 26-jährig, an den Folgen seiner Kriegsver- nen Verhandlungen mit den dortigen Ver- letzungen gestorben. waltungsstellen, als Dr. Hell zwecks Ver- Die drei westlichen Besatzungszonen lagerung von Werksteilen seiner Berliner hatten rund 5,9 Millionen Flüchtlinge auf- Betriebe und einem Sonderauftrag für die zunehmen, die integriert werden mussten. Marine nach Kiel kam, die ihm diese Re- Nicht nur die Einheimischen, sondern auch gion für einen Neuanfang als geeignet er- die Heimatvertriebenen standen dadurch scheinen ließ? Oder war es ganz einfach vor großen wirtschaftlichen und sozialen die Liebe des passionierten Seglers zum Problemen. Etwa 95 % von ihnen hatten Wasser?

57 Hell Verein / www.hell-kiel.de Dass er auch als Hochsee-Segler ein auszuwählen, im Sommer 1947 trafen Dr. Bayer im Herzen blieb, beweist die Na- Hell und seine Frau Martha im nicht min- mensgebung seiner verschiedenen Yach- der zerstörten Kiel ein, um nach einer Blei- ten, die er fortlaufend »Bavaria I, II und III« be Ausschau zu halten. Diese fanden sie nannte. Die »Bavaria III« oder »Bavaria die schließlich an der Mündung des Flusses Letzte«, wie er sie zu nennen pflegte, war Schwentine in den Kieler Hafen im Stadt- in ihren Ausmaßen (Länge 20,5 m) so groß teil Dietrichsdorf, in einem stillgelegten Gebäude der Howaldtswerke (HDW) an der Grenzstraße. In dem von Luftangriffen mit Splittereinschlägen übersäten Back- steingebäude fanden noch weitere Firmen Unterschlupf: ein Verbandsstoffhersteller, ein orthopädischer Betrieb, eine Schlosse- rei und die Post. Kiel war das Auffang- becken für viele versprengte Betriebe. Wohnraum galt im fast völlig zerstörten Stadtgebiet als größte Mangelware. Keinen Steinwurf entfernt von diesem Platz an der Schwentine verbrachte schon Albert Einstein von 1915 bis 1926 oft seine Sommerferien bei seinem Freund, dem Kie- ler Unternehmer und Erfinder des Kreisel- kompasses Hermann Anschütz-Kaempfe (1872-1931). Vielleicht hatte es Einstein auch wegen des Kieler Wissenschaftlers Max Planck (1858-1947) an die Förde ge- zogen, mit dessen Quantenphysik er sich beschäftigte (Seite 42). Anschütz, Einstein und wenig später Dr. Hell waren begeister- te Segler auf der Kieler Förde. Kleine Geschichte der Stadt Kiel Die Stadt war schon seit ihrer Gründung im Jahre 1233 (Siedlung »tom Kyle«) und der Verleihung der Lübischen Stadtrechte 1242 durch Graf Johann I, dem Sohn des Stadtgründers Graf Adolf IV, ein Ort stän- dig wechselnder Bevölkerungen und Be- setzungen. Wegen seiner Grenzlage wur- Kiel war 1945 wie die »Germania« von Krupp und sie lag de Kiel immer wieder in die Scharmützel zu 80% zerstört. sogar lange Zeit an prominenter Stelle ne- der Schaumburger Grafen mit den Dänen Im besonders mitgenommenen ben dieser am Landungssteg des Kieler hineingezogen, bis es 1460 unter König Werften-Stadtteil Yachtclubs im damaligen Kieler Olympia- Christian I (1426-1481) dänisch wurde. Der an der Schwentine hafen. Im Gegensatz zu letzterer war sie verschuldete dänische König verpfändete fand Dr. Hell jedoch voll-elektronisiert, mit einem Hell- es jedoch schon nach sechs Jahren an die eine Unterkunft, Wetterkartenschreiber zum Empfang der Hansestadt Lübeck. Erst 1496 konnte er die Keimzelle und spätere Zentrale Wetterkarten, mit einem doppelten Echo- die Stadt aus dieser Schuldverschreibung der Kieler Werke lot zur Seetiefenmessung und Elektrozügen auslösen. an allen Segelwinden versehen, um das Durch Machtteilung kam Kiel 1544 un- Schiff nur mit einem einzigen Bootsmann ter die Herrschaft der Herzöge von Got- an Bord beherrschen zu können. Bis er torf, die sich zunehmend gegen die Dänen sich jedoch dieses Hobby leisten konnte stellten. Ab 1773 fiel es dann für fast 100 war noch ein weiter Weg zurückzulegen. Jahre erneut Dänemark zu. Während der Er nutzte seine Yacht, um Ideen zu entwi- napoleonischen Kriege war es sogar von ckeln, speziell dafür entwickelte Geräte den Franzosen besetzt, kam dann unter zu testen und Geschäftsfreunde und hohe österreichische Verwaltung und wurde Staatsgäste darauf willkommen zu heißen. 1867 von Preußen übernommen. Was auch immer der Grund für die Hells Von der wirtschaftlichen Seite her be- war, Kiel als ihren zukünftigen Standort trachtet, führte Kiel trotz einer über 200

58 Hell Verein / www.hell-kiel.de Jahre währenden Zugehörigkeit zur Hanse Oberste Heeresleitung gelegt, die am 29. lange Zeit ein eher beschauliches Dasein. September 1918 von der Reichsregierung Dies änderte sich erst, als es 1865 durch ein sofortiges Waffenstillstands- und Frie- die Verlegung der Marine aus Danzig preu- densangebot an die Alliierten verlangte, ßische Marinestation und 1871 zu einem gleichzeitig aber einen letzten Angriff der Reichskriegshafen erklärt wurde. Der Ma- Hochseeflotte anordnete, um sich dank rine folgten die Werften, den Werften die eines Seesieges in letzter Minute bessere Arbeiter. Schon 1838 wurde die Maschinenfabrik und Ei- sengießerei Schweffel und Howaldt in Kiel gegründet, aus der die Howaldtswerke als eine der bedeutends- ten Werften hervorging. 1850 entwickelte man dort das erste Untersee-Boot, den »Brandtaucher«. (Der Name rührt daher, dass die- ses U-Boot zum Anbringen von Brandsätzen an feind- lichen Schiffen unter der Wasseroberfläche gedacht war). Konstruiert hatte ihn der ehemalige bayrische Artillerie-Offizier Wilhelm Bauer (1822-1875), der während seiner Lehr- und Wanderjahre um Friedensbedingungen zu verschaffen. Die So sah der Maler das Jahr 1839 als Drechsler mit dem Bau Matrosen fürchteten zu Recht, dass sie zu Fritz Stoltenberg 1907 das Schwentineufer, von Druckmaschinen bei den Dingler-Wer- diesem Zweck geopfert werden sollten und an dem 1947 die Firma ken in Zweibrücken beschäftigt war. Die- verweigerten den Gehorsam. Bei einem Dr.-Ing. Rudolf Hell ses Unternehmen war von dem bekannten Landgang beteiligten sie sich an einer neugegründet wurde Druckmaschinenpionier Christian Dingler Massendemonstration von Arbeitern und (1802-1858), über den in diesem Buch als eine Militärpatrouille in die Menge noch mehrmals zu berichten sein wird, schoss und Tote zu beklagen waren, be- gegründet worden. waffneten sich die Aufständischen und ris- 1879 erwarben die Gebrüder Howaldt sen die Macht in der Stadt an sich. Von an der Schwentinemündung eine Fläche Kaiser Wilhelm II. geliebter Marine ging so von 1 44 248 m2, wovon für die Werkstät- die Revolte im ganzen Land aus, die den ten 32 762 m2 und 60 000 m2 für Arbeiter- Untergang des Kaiserreiches am 9. No- wohnungen, Speiseräume, Hospital, Warte- vember 1918 besiegelte und von dessen schule und Turnhalle bestimmt waren. Die Rechenschaftslegung sich der Kaiser nur übrige Fläche überließ man den Arbeitern durch das Exil im holländischen Doorn für den Kartoffel- und Gemüseanbau. 1887 entziehen konnte, das ihm Königin Wil- arbeiteten bereits 635 Personen in den helmine der Niederlande als Repräsen- Howaldtswerken an der Schwentinemün- tantin eines neutralen Staates im Zweiten dung. Weltkrieg gewährt hatte. Dort starb er nach Binnen weniger Jahre war Kiel zu einer 23 Jahren am 5. Juni 1941. Großstadt herangewachsen. Bereits um Eine erneute Hochrüstung der Kieler 1800 zählte die Stadt mehr als 100 000 Wirtschaft setzte im »Dritten Reich« ein Einwohner, um 1818 sogar 300 000, die und bescherte der Stadt abermals eine sehr danach jedoch wegen der ausbleibenden einseitige Ausrichtung auf militärische Pro- Rüstungsaufträge rapid zurückgingen. In dukte. Kiel wurde deshalb im Krieg nach dieser schwierigen Situation war Kiel über 90 Bombenangriffen zu 80% zer- Schauplatz des Matrosenaufstandes von stört. Am 4. Mai 1945 wurde die Stadt an 1918, der als Signal zur Revolution, dem die Engländer übergeben und am 23. Au- Ende des Kaiserreichs und Beginn der Wei- gust 1946 zur Landeshauptstadt des neu marer Republik, führte. Der Hintergrund geschaffenen Bundeslandes Schleswig- für den Matrosenaufstand wurde durch die Holstein erklärt. Heute zählt Kiel wieder

59 Hell Verein / www.hell-kiel.de 240 000 Einwohner und erfreut sich einer rikanische Zigarette 7 bis 8 RM. Dem ge- ausgezeichneten Infrastruktur, nicht zuletzt genüber lag der Durchschnittsverdienst ei- dank des Aufbauwillens der ehemaligen nes Arbeitnehmers monatlich bei 214 RM. Flüchtlinge. In einem Schreiben an den Kieler Ober- bürgermeister beschwerte sich ein Bürger Ein abermals schwieriges Beginnen darüber, dass man ihm, einem Lungen- Im Sommer 1947, als die Hells nach Kiel kranken, die Raucherkarte entzogen hatte. kamen, herrschte überall in Deutschland Er brauchte die Karte, um auf dem Schwarz- große Not. markt Lebensmittel gegen die Karte einzu- Selbst das Grundnahrungsmittel Brot war tauschen. Mangelware. Um mit der zugeteilten Rati- Nach einer Erhebung befanden sich im on einigermaßen auszukommen, kerbten Oktober 1947 noch 3610 Personen aus␣ Kiel Mütter die tägliche Menge auf dem Rü- in Kriegsgefangenschaft, 5259 waren als cken des Brotlaibes ein. Die Scheiben wur- vermisst gemeldet. Durch Mitfahren auf den abgewogen, um die Ration gerecht den Trittbrettern der Kieler Straßenbahn unter den Familienmitgliedern aufteilen zu wurden 1947 drei Todesfälle und sieben können. schwere Verletzungen registriert. Im Fe- Im Monat Juni nahmen sich zwei Frauen bruar 1948 kamen 76 Personen wegen in Kiel wegen verlorener Lebensmittel- Schwarzhandels, Schwarzschlachtens und marken das Leben. Durch das Fehlen von Schiebereien mit Lebensmittelmarken vor winddichten Wohnungen, der dürftigen Gericht. Als trübe Erscheinungen und typi- Kleidung, des nicht ausreichenden Essens sche Großschwarzhändler wurden 12 An- und des Mangels an Brennmaterial – viele geklagte einer Fettmarken-Fälscherbande Alleebäume in der Stadt wurden von frie- in Haft genommen. Soweit das »Stimmungsbild« damals in Kiel, ermittelt aus Meldungen der »Kieler Nachrichten«, zusammengestellt von Hans- Heinrich Flenker in eiem Erinnerungsband für Dr. Hell mit dem Titel »Ein Gang durch die Zeit«. Wie sich die Aufbaujahre der neuen Fir- ma Dr.-Ing. Rudolf Hell gestalteten, ist uns durch eine Schilderung des zuerst einge- stellten Hell-Mitarbeiters Christian Sütel überliefert, die Christian Onnasch in Inter- viewform niederschrieb. Christian Sütel war auf Vermittlung eines Bekannten als Elek- trotechniker bei Dr. Hell vorstellig gewor- den, der ihn gleich mit offenen Armen empfing, ohne weitere berufliche Referen- zen von ihm zu verlangen. Der erste Ein- Das von den renden Menschen bei Nacht und Nebel druck und die Empfehlung des Freundes Howaldtswerken 1947 illegal gefällt – griff die Tuberkulose-Krank- genügtem ihm. Er sagte sogar ganz spon- gemietete Haus nach der notdürftigen heit immer stärker um sich. Das Anwach- tan bei der Begrüßung: »Herr Sütel kom- Instandsetzung sen der Säuglingssterblichkeit, eine stete men Sie rein, wann wollen Sie anfangen? Zunahme der Zerrüttung von Ehen und ein Am besten, Sie bleiben gleich hier«. Ansteigen der Kriminalität waren zu einer Auf die Frage, was sein Arbeitsgebiet akuten Gefahr für das gesamte politische, sein werde, antwortete Dr. Hell: » Ich habe wirtschaftliche und kulturelle Leben ge- soviel Arbeit, ich habe soviel Material be- worden. kommen, das haben die Engländer hierher Die Tagesration eines »Normalverbrau- gebracht – kistenweise Elektromaterial, zwei chers« bestand damals aus vier Scheiben Lastwagen voll«. Brot, zwei Esslöffel pulverisiertem Nähr- Eine richtige Firma sei das aber noch mittel, einer kleinen Tasse Magermilch, 14 g nicht gewesen, erinnerte sich Christian Fleisch, 4,5 g Käse und 4,5 g Fett. Der Sütel bei diesem Interview. Dr. Hell hatte Schwarzmarkt war zu einer festen Einrich- im Haus die obere Etage gemietet, das tung geworden. Hier kostete 1 kg Fleisch seien sechs Zimmer von rund 220 m2 ge- ca. 60 bis 80 RM, 1 kg Brot 20 bis 30 RM, wesen. Die Familie Hell nutzten sie einer- 1 kg Butter 350 bis 550 RM und eine ame- seits privat und als Arbeitszimmer für

60 Hell Verein / www.hell-kiel.de Dr. Hell. An der Stirnseite eines Zimmers mehr die Drehstähle provisorisch aus habe man die ganzen Kisten aufgestapelt. Vierkantfeilen herausschleifen musste, Die Raumsituation mag ähnlich der zu denn zum Schmieden und Härten fehlten Beginn der Firmengründung 1929 in Berlin- damals noch die Einrichtungen. Babelsberg in der Ihlenstraße ausgesehen Das Arbeiten im Labor sei nicht einfach haben, nur dass es in dem ehemaligen gewesen. Die Netzspannung fiel oft von Konstruktionsgebäude wohl keine Parkett- 220 auf 180 Volt ab. Bei einer so niedrigen fußböden und keine holz- getäfelte Wände gab. Sütel Der erste PKW von Dr. Hell in Kiel. empfand alles persönlich ge- Mit diesem Auto, staltet und hatte nicht das Ge- einem DKW, fühl, dass dies nun sein wurden Material Arbeitsplatz sei. Neben ihm beschafft, aber auch und Dr. Hell arbeitete Frau erste Kunden besucht Hell bei der Buchhaltung mit, sowie eine Raumpflegerin, die später als Mitarbeiterin der Fir- ma übernommen wurde. Zunächst galt es, eine In- ventur des vorhandenen Ma- terials durchzuführen. Dabei sei Christian Sütel auf eine von Dr. Hell schon vermisste klei- ne Mechaniker-Drehbank ge- stoßen, die auf einen Tisch montiert die erste Werkzeugmaschine des Spannung konnte nicht einmal gelötet wer- jungen Unternehmens wurde. Als die In- den. So habe man hauptsächlich dann ge- ventur beendet war, sagte Dr. Hell: »Jetzt arbeitet, wenn die Howaldtswerke Mittags- haben wir einen Berg an Material, was pause machten und die Spannung wieder können wir damit anfangen?« Sütel schlug anstieg, erinnerte sich Christian Sütel. Die vor, Rundfunkempfänger zu bauen und die- eigenen Pausen wurden entsprechend ver- se an Handwerksbetriebe für Gegenleis- legt. Auf dem ausgedienten Marine-Arse- tungen zu verschenken. Dr. Hell war da- nal fand man dann aber einen leistungs- mit einverstanden und so wurden zunächst starken, regelbaren Drehstromtransforma- einmal fünf Geräte gebaut, wobei viel Fan- tor, der das Spannungsproblem löste. tasie aufgebracht werden musste, um nicht Für die Konstruktion fehlten Zeichen- vorhandene Funktionsteile durch Ersatz- bretter. Das war jedoch kein Problem: Die schaltungen zu umgehen. Mitarbeiter – inzwischen rund zehn an der Mit Hilfe der Handwerksbetriebe als Zahl – brachten einfach ihre Bretter von zu »Unterlieferanten« konnte man an die Re- Hause mit. Auch Sütel als einziger Werk- paratur von defekten Fernschreibern als statt-Mitarbeiter musste sein Werkzeug von erstes Betätigungsfeld herangehen. Dies zu Hause mitbringen. Und weil er es auch ermöglichte schließlich einen Konstrukteur, dort brauchte, hatte er es täglich hin- und einen Technischer Zeichner und eine Se- her zu schleppen. Samstags war grund- kretärin zur Komplettierung des Teams ein- sätzlich Beschaffungstag. Da wurden ver- zustellen. schiedene Tauschzentralen und Schrott- Material und Werkzeugmaschinen wur- plätze »abgeklappert«. den weiterhin aus den umliegenden, auf- Damit nicht immer Dr. Hell oder seine gelassenen Rüstungsbetrieben »organi- Frau mit dem »Firmen-PKW« Christian siert«, wie man das Beschaffen damals Sütel begleiten mussten, finanzierte Dr.Hell nannte. So kamen bei Aufräumungsarbei- ihm einen Führerschein. Damit er bei der ten eine Fräsmaschine, eine Säulen-Bohr- Kundschaft nicht zu schäbig daher kam, maschine und ein Schleifstein zutage, die schickte er ihn zu einem Familienausflug man alle brauchen konnte und nieman- nach Hamburg, um dort einen anständi- dem gehörten. gen Koffer zu erstehen. Sütel revanchierte Ein ehemaliger Direktor der Howaldts- sich mit dem Hinweis, dass »Häuslebauer« werke kam eines Tages sogar mit zwei einen Bezugsschein für ein Fahrrad bei der nagelneuen U-Boot-Drehbänken mit allem Stadt beantragen können, worauf Dr. Hell Zubehör an, wodurch Christian Sütel nicht tatsächlich mit einem solchen Zweirad

61 Hell Verein / www.hell-kiel.de angefahren kam, das er aber so schnell ein von Lochstreifen gesteuertes Gerät. Der wie möglich gegen ein Motorrad – seine endlose, schmale Papierstreifen, der bei große Leidenschaft – eintauschte. den Zeitungen aus dem Hellschreiber- Empfänger lief, wurde über eine Schreib- Fuß fassen mit ersten Produkten maschine geführt und␣ die Stenotypistinnen Der erste Großauftrag bahnte sich an,␣ als mussten den Text lesen und abschreiben – die Besatzung die vorher bei den NS-Zei- eine mühsame Arbeit. tungen eingesammelten und in Hamburg Wir versuchten, die Arbeit zu erleich- eingelagerten Fernschreiber, »Ticker« ge- tern. So bauten wir zunächst eine Auf- nannt, zur Verteilung durch die Deutsche wickeleinheit für die Streifen. Ferner war Presse-Agentur (dpa) an die neuen Lizenz- das Einfärben der Walzen des Schreibers, träger-Zeitungen freigab. Da sei Dr. Hell was von Hand durchgeführt werden muss- auf die Idee gekommen, den Eigentümern te, eine Schmutzarbeit. Die Farbe hat man Wartungsverträge anzubieten. Dazu musste von den Fingern kaum entfernen können – man mit dem alten DKW, der oft seinen sie war schlimmer als Teer. Wenn beim Drucken die Farbe nachließ, musste eine Viele Zeitungen setzten neu eingefärbte Walze eingelegt werden. 1947 wieder den Hellschreiber ein Man hatte fünf Walzen vorrätig, die man (hier Dr. Hell). von einer Schachtel in die nächste legte, Es hat sogar wenige damit überschüssige Farbe abtropfen konn- Geräte gegeben, die den te. Wir haben uns dann dafür ein paar Text nicht mehr auf Erleichterungen ausgedacht: Wir bauten Streifen sondern auf Bogenpapier schrieben. eine Einfärbvorrichtung und Zangen zum Es kam wegen der Greifen der Walzen«. Fernschreiber aber nicht Als Zusatzeinrichtungen zum Hellschrei- mehr zu einer ber wurden den Verlagen zum Preis von größeren Serie 65 RM die Zange und für 300 RM eine Einfärbevorrichtung angeboten. Für Mor- se-Empfänger wurde eine Schreibeinheit entwickelt, die den Funkern die Arbeit beim Übersetzen erleichterte, zumal, wenn Mor- se-Signale von schnell ablaufenden, loch- bandgesteuerten Sendern eintrafen. Später kam noch ein neuer Funkemp- Geist aufzugeben drohte, die Zeitungsver- fänger für den Hellschreiber, der HE 5 (Hell- lage in Lübeck, Hamburg, Uelzen, Husum, schreiber-Empfänger) hinzu. Sie sollten Flensburg usw. aufsuchen, und überall damals 550 RM kosten. Die ersten Geräte konnte man einen Wartungsvertrag über wurden kurz vor der Währungsreform im 75 RM/Monat abschließen. Ein Gerät stell- Juni 1948 fertig und konnten dann für te dpa zum fliegenden Austausch gegen 550 DM verkauft werden. Die ersten fünf das jeweils zu wartende zur Verfügung. Geräte reichten nicht aus, sodass eine zwei- Über die frühe Firmengeschichte berich- te Serie aufgelegt werden konnte und als tend, fuhr Christian Sütel weiter fort: HE 6 für 650 DM verkauft wurde. »Mittlerweile zogen die anderen Firmen Desweiteren entwickelte Dr. Hell einen aus dem Gebäude in Dietrichsdorf aus. Blattschreiber für den Hellschreiber, der Das war ein Grund, dass Dr. Hell dort die Buchstaben nicht mehr auf einen blieb, obwohl er zwischenzeitlich kurz an schmalen Papierstreifen fortlaufend druck- Lübeck als neuen Standort gedacht hatte. te, sondern die Textzeilen auf ein Blatt In Kiel hatten wir einen wichtigen Kun- Papier untereinander setzte. Damit begann den: die Kieler Nachrichten und die Volks- die Produktion von neuen Geräten neben zeitung. Diese beiden Zeitungen und auch den Wartungsverträgen und Reparaturen. die anderen 13 Betriebe, mit denen wir Wartungsverträge abgeschlossen hatten, Der Klischograph verfügten über einen separaten Fernschreib- brachte den Durchbruch raum. Da standen auch die Hellschreiber. Und nochmals Christian Sütel wörtlich: Die dort Beschäftigten waren fast alle ehe- »Noch vor der Währungsreform tauchte malige Funker und Offiziere der Kriegsma- ein Herr Mebes bei uns auf. Er brachte rine. In Hamburg, bei der Zentrale der dpa, einen LKW mit Teilen für Telebildempfänger stand der Hellschreiber-Sender. Das war mit, ich weiß nicht woher. Aus diesen Tei-

62 Hell Verein / www.hell-kiel.de len konnten wir tatsächlich einen Telebild- doch nur leidlich und Dr. Hell hatte auch Links: empfänger zusammenbauen. Dann muss- keine genaueren Kenntnisse davon. Dies war der Labor- aufbau des ten wir uns mit den Japanern über die Die Grundidee dazu geht sogar noch Klischographen K151 Funkfrequenzen einigen. Dafür reiste Herr weiter zurück, wie in einer frühen Aus- Mebes nach Japan. gabe der Hell-Kunden-Zeitschrift »Klischo- Rechts: Zu Beginn 1950, als wir eine Anlage be- graph« nachzulesen ist. Ingenieure prüfen das triebsbereit stehen hatten, gab es in Kiel Bereits seit 1883 liegt eine Patentan- erste brauchbare Klischee, von links eine Pressekonferenz. Dort waren etwa 20 meldung des Amerikaners Forée Bain vor, nach rechts: Schweden, 25 Holländer, vier Deutsche in der vorgeschlagen wurde, ein Diaposi- die Herren Zeyen, Taudt und andere Vertreter zugegen. Der Tele- tiv lichtelektrisch mit einer Selenzelle ab- (Entwicklungsleiter bildsender wurde vorgeführt und alle wa- zutasten und durch die Selenzelle einen und späterer Geschäfts- ren begeistert davon. Nur ein Holländer, Magneten zu steuern, der einen Gravierstift führer), Liebler und Dr. Hell der seinen Zeitungsbetrieb auf dem Lande mehr oder weniger tiefe Rillen in ein Ma- hatte, war es nicht. Er sagte, wenn er ein terial hineindrücken lässt. Die technischen aktuelles Telebild habe, müsse er trotzdem Voraussetzungen fehlten jedoch damals, damit erst nach Amsterdam zur Klischee- um die Idee von Bain Wirklichkeit werden Anstalt fahren, bevor er es drucken könne. zu lassen. Da nütze die schnelle Übertragung nichts, denn ebenso schnell könne er das Bild bei der Agentur aussuchen und zur Klischee- Anstalt bringen«. Dr. Hell habe darauf sofort geantwortet: »Ich baue Ihnen eine Maschine, damit Sie von dem empfangenen Bild sofort auch zu Hause ein Klischee herstellen können.« Er wusste, dass es früher schon Versuche gegeben hatte, ein Klischee zu gravieren. Auch die anderen Interessenten machten dann den Kauf des Telebildgerätes von der Zusage der Graviermaschine abhängig. Und so entstand die erste Graviermaschi- ne: der Klischograph K 151, schloss Chri- stian Sütel seine Erinnerungen im Inter- view mit Christian Onnasch ab. Bei den Versuchen, von denen Dr. Hell gehört hatte und die ihm die Zuversicht Für viele Hell- gaben, sein Versprechen gegenüber dem Mitarbeiter begann holländischen Zeitungsverleger einlösen zu der Arbeitstag können, handelte es sich um das »Scan-a- mit einer schönen Fahrt graver«-Gerät, das Walter Howey und über die Kieler Förde. »Ute« befuhr schon George Washington jr. 1947 beim ameri- in der ersten Jahren kanischen Kamerahersteller Fairchild in der Neugründung USA entwickelt hatten. Es funktionierte je- diese Route

63 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vom Klischograph zum Helio-Klischograph

Das Jahr 1950 markiert das wieder ge- vom Vorjahr ging und die Entwicklung der wonnene Selbstvertrauen der grafischen Graviermaschine Klischograph K 151 in Lieferindustrie Deutschlands nach dem Angriff nahm. Das Personenunternehmen Zweiten Weltkrieg, indem beschlossen Dr.-Ing. Rudolf Hell stellte auf dieser Messe wurde, sich mit eigenen Fachmessen dem erstmals den Klischograph K 151 aus, wo- internationalen Wettbewerb zu stellen. bei während des Transports nach Düssel- Zu diesem Zweck waren am 24. No- dorf, auf dem Lastwagen, noch die letzten vember 1949, also nur sechs Monate nach Schaltungen verlötet wurden.

Mit dem Klischograph K 151 gelang Dr. Hell seine erste bahnbrechende Erfindung für das graphische Gewerbe

Rechts: Die Entnahme des fertigen Druckklischees vom Klischograph K 151

Der Termindruck einer Neuheitenmesse, wie sie die Drupa noch heute darstellt, erfordert oft ungewöhnliche Maßnahmen. Auf der Messe wurden dann die Klischees für die Vorführungen der Schnellpressen und Tiegel am Heidelberger Stand graviert, argwöhnisch beobachtet von den Chemi- Gründung der Bundesrepublik Deutsch- graphen, die im Klischograph den eiser- land am 23. Mai 1949, Vertreter der grafi- nen Kollegen sahen, der ihnen die␣ Arbeit schen Industrie, der Papier verarbeitenden wegnimmt. Es kam sogar zu Sabotageakte Industrie und der Druck- und Papiermaschi- der Chemigraphen, die Teile über Nacht nenindustrie in Assmannshausen am Rhein verschwinden ließen. zusammengekommen, zu denen sich am Zum Verständnis des Gravierens von Kli- 15. Dezember 1949 noch die Vertreter von schees muss zunächst erklärt werden, was elf Verbänden der Druck- und Papierwirt- ein Klischee ist. schaft in Frankfurt-Main gesellten. Sie alle Es handelt sich dabei um eine Druck- gemeinsam beschlossen, die »Internatio- form zur Wiedergabe von Bildern in Strich- nale Fachmesse Druck und Papier«, kurz oder Raster-Manier im Buchdruckverfah- »Drupa« genannt, aus der Taufe zu heben. ren. Sowohl bei der Strich- als auch bei Man entschied sich für Düsseldorf als Raster-Manier treten dabei die drucken- Ausstellungsort und nach einer erforder- den Stellen erhaben aus dem Klischee- lichen Vorbereitungszeit fand im alten material hervor, damit sie von Farbwalzen Messegelände in der Innenstadt von Düs- eingefärbt und danach wie ein gewöhnli- seldorf vom 26. Mai bis 10. Juni 1951 die cher Bürostempel auf das Papier abgedruckt erste Drupa statt. Es wurden bereits 527 werden können. In der Strich-Manier sind Aussteller gezählt, darunter 41 aus dem dies geometrische Zeichnungen, wie gera- Ausland; sie belegte 18 450 m2 Netto-Aus- de Linien, Kreise und beliebige Wellen- stellungsfläche und zog rund 300 000 Be- linien, während bei der Raster-Manier die sucher an. Halbtonbilder (z. B. Fotos) in vom Auge Es war dies auch das Jahr, in dem Dr. nicht einzeln sichtbare, größere oder klei- Hell an die Einlösung seines Versprechens nere Rasterpunkte aufgelöst werden.

64 Hell Verein / www.hell-kiel.de Als Erfinder des Tricks, Halbtonbilder in vorgeführt. Danach lief der Vertrieb schnell Rasterpunkte aufzulösen, gilt der Münch- an, zumal viele Kunden sich schon vor- ner Georg Meisenbach, der 1882 darauf her,␣ ohne den Prototyp abzuwarten, Kauf- ein Patent zugesprochen bekam. Er stellte Optionen gesichert hatten. die Rasterpunkte auf fotografischem Weg Da im Buchdruck die Klischees zur Er- durch das Kopieren des Vorlagenfilms durch langung eines gleichmäßigen Ausdrucks zwei gekreuzt übereinander liegende, lini- »zugerichtet«, d. h. in der Höhe verschie- ierte, aber durchsichtige Glasplatten hin- den unterfüttert werden müssen, erfand durch, her. Schon zuvor, 1870 in Wien, Dr. Hell 1952 auch dazu ein Verfahren hatte Carl Angerer einen ähnlichen Effekt (siehe Patent Nr. 927 813 im Anhang »Ab- mit einem Kornraster erzielt, was zu jahre- strakts der Patente von Dr. Hell). Statt die langen Patentstreitigkeiten mit Meisenbach Unterfütterung umständlich und zeitrau- führte. bend mit verschiedenen, aufeinander ge- Im Verlauf der grafischen Entwicklungs- klebten Lagen von Seidenpapier durchzu- geschichte wurden immer neue Rasterfor- führen oder separate Kreidereliefs zu ät- men und Rasterpunkt-Konstellationen, be- zen, entwickelte er eine Vorrichtung mit sonders für den Mehrfarbendruck erfun- den. Eine davon betraf das Diagonallinien- Raster, bei dem die druckenden Elemente aus parallel nebeneinander verlaufenden Linien bestehen, die je nach wiederzuge- bendem Halbton schmäler oder breiter ver- laufen. Diese Rasterform wählte Dr. Hell am Anfang für seinen Klischograph K 151, in- dem er den Gravierstichel ohne Unterbre- chung nur tiefer oder weniger tief beim Traversieren in das Klischeematerial ein- tauchen ließ. Später kamen Punktraster hin- zu, wobei der Stichel bis zu 800 mal in der␣ Sekunde verschieden tiefe, umgekehr- te Pyramiden aus dem Klischeematerial herauszuschneiden hatte. Ein Problem stellte zu Beginn die genaue Führung des Gravierstichels dar. Keine Zu- der gleichzeitig mit der Gravur des Kli- Die Reparaturabteilung lieferfirma konnte so präzise Vorschub- schees auf der Vorderseite seine Rückseite mit ihrem Leiter Christan Sütel (weißer spindeln und Gravierstichel herstellen. Die mit einem zweiten Gravierstichel »zuge- Kittel) an einem Vario- Konsequenz war, dass man sich in der richtet« wurde. Das sparte noch mehr Zeit Klischograph 281, Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell selbst an diese ein und führte darüber hinaus zu einer ein Foto aus 1963 Präzisionsfertigung heranwagen musste besseren Druckqualität. und es auch schaffte. Durch die direkte Koppelung der Ab- Der Farbklischograph tastvorrichtung mit dem Gravierschlitten und der Vario-Klischograph in einer Anordnung übereinander entstand Der Klischograph wurde das Produkt, eine äußerst kompakt konzipierte Maschi- das die jetzt als Dr.-Ing. Rudolf Hell KG ne, die auch bei beengten Raumverhält- firmierende Unternehmung nicht nur in nissen Platz fand. der Welt der Telekommunikation, sondern Neben Zink, Magnesium und Alumini- auch in der Welt der Drucker und Verleger um als Klischeematerial wurde eine etwas bekannt machte. Die Kundenzeitschrift des stärkere Astralon-Folie eingesetzt, der Dr. Unternehmens wurde deshalb »Klischo- Hell den Namen »Nolar« gab (abgeleitet graph« genannt. Das Wort wurde zum aus teilweisem Rückwärtslesen des Wortes Synonym des Einzugs moderner, d. h. elek- »Astralon«). Zusammen mit den Stahl- tronischer Fertigungsverfahren in das gra- sticheln ergab sich damit ein gutes Neben- phische Gewerbe. geschäft. Schon zehn Jahre später betrug Da nicht mehr nur in schwarz/weiß ge- die jährlich davon abgesetzte Menge: Sechs druckt wurde, sondern auch in Farbe, grün- Tonnen Nolar-Folie und 50 000 Stück dete Dr. Hell in seinem Unternehmen 1952 Stichel. Erste Probedrucke von gravierten das »Labor C«. Das geheimnisumwitterte Klischees wurden bereits 1952 bei dpa »C« stand dabei für »Color«.

65 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1956 folgte so die Vorstellung des Farb- zum Kopieren auf Offsetdruckplatten er- klischograph F 160 auf der Drupa 1954, fordert, kamen zu den üblichen Klischee- bei dem zwischen geschobene optische materialien geschwärzte Lithar-Folien hin- Filter in den Komplementärfarben Grün, zu, auf denen der Klischograph die schwar- Violett und Orange zu den drei Grundfar- ze Deckschicht, einfach wegstichelte, bzw. ben Gelb, Magenta und Cyan das Erstellen wegschabte, ohne tiefer in das Material von Farbauszügen erlaubte. Für jede Farbe einzudringen, musste das Original jedoch erneut abge- Auf einem separaten Schaltpult konnten tastet werden und auf einem Drehteller erstmals über einen Rechner einfache Farb- war dabei die unterschiedliche Raster- korrekturen durchgeführt werden. Beide Einrichtungen wiesen bereits den Weg zu dem späteren Erfolg des Unternehmens im Bau von Farbscannern und großen Bild- verarbeitungssystemen, in dem es führend sein wird. Die Elektronik hat damit Einzug in das bis dahin handwerklich geprägte graphische Gewerbe gehalten und wan- delte es zur grafischen Industrie. Der größte Erfolg auf dem Sektor des Gravierens sollte jedoch erst noch kom- men. Und wieder war es ein potenzieller Kunde, der Dr. Hell den Fingerzeig dazu gab. Heute würde man dies in Manage- ment-Lehren eine vorbildliche Kunden- bezogenheit nennen, was Dr. Hell rein intuitiv veranlasste, sich so zu entschei- den, wenn ihm die Argumente plausibel Mit dem Vario- winkelung für den rosetten- und moirée- erschienen. Wie wir schon bei der Einstel- Klischograph K 181 freien Übereinanderdruck einzustellen. lung seines ersten Kieler Mitarbeiters ge- konnten erstmals Maßstabsänderungen Das Gerät erlaubte noch keine Farbkor- sehen haben, hatte er die Fähigkeit, Chan- vorgenommen werden. rekturen. Das war den erst später hinzu- cen blitzschnell zu erkennen. Seine früh Abtast- und Gravur- kommenden Farbscannern vorbehalten. im Schachspiel geschulte, schnelle Ent- ebene lagen nun nicht Die Abtastung erfolgte von Aufsichtsvor- scheidungsfähigkeit, mag ihm dabei ge- mehr übereinander, lagen wie beim K151, doch kam bald auch holfen haben. sondern auf einer Ebene ein Diapositiv-Zusatz hinzu. Ein noch größerer Wurf gelang Dr. Hell Der Helio-Klischograph mit dem Vario-Klischograph K 181, der auf Dem kompetenten Druckhistoriker und der Drupa 1958 vorgeführt wurde und bei ehemaligen Forschungsleiter des Axel dem Dr. Hell wiederum die Flachbett-Bau- Springer Verlags in Hamburg, Otto M. Lili- weise wählte, nachdem er mit dem K 155 en, ist die Überlieferung der folgenden für flexible Druckträger auf die rotative Begebenheit in seinem Buch: Die Ge- Bauweise mit zwei fliegend gelagerten schichte des industriellen Tiefdrucks 1820- Abtast- und Gravierwalzen an einer auf 1970 zu verdanken. einem »Rollladen-Schreibtisch« stehenden Im Oktober 1959 fand im Büro von Dr. Mittelkonsole übergegangen war. Mit dem Walter Matuschke (1903-1986), dem Tech- K 181 konnte man Maßstabsänderungen nischer Direktor des Axel Springer Verlags, zwischen der abzutastenden Vorlage und im Beisein des Berichterstatters eine Be- dem zu gravierenden Klischee eingeben. sprechung mit Dr. Hell statt, die eigentlich Die Maschine war dazu janusköpfig zwei- dem noch nicht ausgereiften Farbscanner geteilt ausgeführt in die Abtastseite vorn Colorgraph von Hell galt. Mehr scherzhaft und die Gravierseite hinten. Dazwischen als ernst gemeint, sagte Dr. Matuschke befand sich ein storchschnabelähnliches dabei zu Dr. Hell: »Sie bauen so erfolgrei- Getriebe, wie es von den Matrizen-Gra- che Farbklischographen für die Klischee- viermaschinen her bekannt war. herstellung. Machen Sie doch so etwas Da neben dem Buchdruck, bzw. Hoch- auch für die Tiefdruckzylinder!«. An diese druck, wie der Oberbegriff dazu heißt, Bemerkung schloss sich eine kurze Dis- immer mehr der Offsetdruck ins Spiel ge- kussion an, und Dr. Hell nahm aus dem bracht wurde, der statt reliefartiger Kli- Tiefdrucklabor einen kleinen Isa-Zylinder schees plane Filme (negativ oder positiv) (Versuchs-Tiefdruckmaschine Isa) mit, um

66 Hell Verein / www.hell-kiel.de einige Versuche zu machen. In der Konfe- 4,5 m Ballenbreite bei einem Umfang von renz vermied Dr. Hell zu erwähnen, dass rund einem Meter) in der Graviermaschine er einen ähnlichen Vorschlag von Sun Prin- zu lösen, beauftragte Dr. Hell die bekann- ters vier Jahre vorher rundweg abgelehnt te Hamburger Drehmaschinenfabrik Hei- hatte, weil er damals nicht genügend Er- denreich & Harbeck mit dem Bau des fahrung in der Stichelbearbeitung von Kup- Maschinenkörpers. fer auf seinem Klischographen hatte. Ein Abtastzylinder zur Aufnahme der Schon im Januar 1960 kam der kleine Graviervorlage und die eigentliche Gravier- Zylinder in das Tiefdrucklabor von Sprin- maschine mit dem Tiefdruckformzylinder ger zurück und wurde auf der Labor- wurden in Achsrichtung hintereinander

versuchsmaschine angedruckt. Dieser er- gestellt und miteinander für den absoluten Ein Nachfolger des ste Zylinder war auf einer Werkzeug- Gleichlauf mechanisch gekoppelt. Für eine ersten Helio- Klischographen K 190 macher-Drehbank mit einem normalen kürzere Bearbeitungszeit wurden trotz der war der K 193, hier mit Klischograph-Gravierkopf graviert worden. von 0,8 auf 4 kHz erhöhten Gravierfre- sechs Gravierköpfen. Die Graviervorlage tastete ein Vario-Kli- quenz bis zu 6 Diamant-Gravierköpfe und Zum System gehörte schograph-Abtastkopf auf einer zweiten ebenso viele fotoelektronische Abtastköpfe noch ein ähnlich Drehbank ab. Der Druck bewies, dass eine auf Vorschub-Supporten an ihren Breitsei- konzipierte Abtastmaschine Tiefdruckzylinder-Graviermaschine mit den ten angebracht. Natürlich gehörte dazu vorhandenen Mitteln gebaut werden konn- eine umfangreiche Auswerte- und Steue- te, dass aber eine große Entwicklungsar- rungs-Elektronik. beit erforderlich sei, um zu einer in der Dr. Matuschke verlangte nach der so- Praxis brauchbaren Konstruktion zu kom- weit erfolgreichen Entwicklung der Gra- men. viermaschine von Dr. Hell, dass diese allein Dies war die Geburtsstunde des Helio- den Mitgliedern des europäischen Tief- Klischograph K190 der Dr.-Ing. Rudolf Hell KG, der fortan das fast ausschließliche Ver- Detailansicht eines Gravierkopfes fahren zur Herstellung von Tiefdruckzylin- des K 193 dern werden sollte und das manuelle Ätzen der Zylinder mit Eisenchlorid-Lösungen, sowie die halbautomatisierte Weiterent- wicklung des Vorgangs mit Ätzmaschinen ersetzte. Das Tiefdruckverfahren wurde damals, wie zum großen Teil auch noch heute, für Massendrucksachen eingesetzt, da es mit seinen vertieft, d. h. geschützt vorliegenden Druckelementen große Auf- lagen auf kostengünstigen Naturpapieren mit sehr hoher Druckqualität (der Tiefdruck lackiert quasi das Papier) erlaubt. Groß- druck-Verbandes ERA (European Rotogra- auflagige Zeitschriften und Versandhaus- vure Association) vorbehalten bleiben soll- kataloge sind deshalb die prädestinierten te. In der ERA hatten sich seit 1956 die Druckobjekte dafür. jeweils größten Tiefdruckereien aus zehn Um das Stabilitätsproblem bei den Ländern Europas zum Zwecke der Weiter- schweren Tiefdruckzylinder (heute bis zu entwicklung der Tiefdrucktechnik zusam-

67 Hell Verein / www.hell-kiel.de mengeschlossen. Dr. Hell lehnte einen Ex- parallel zur Setzerlehre studierte er an der klusivvertrag mit diesem Syndikat strikt ab, Friedrich Wilhelm-Universität Philosophie, worauf es zwischen Dr. Matuschke und Geschichte und Nationalökonomie und Dr. Hell zu einem heftigen Streit auf dem promovierte 1926 zum Dr. phil. mit einer Flur des Springer-Verlagsgebäudes in Ham- Dissertation über »Die Kombination im burg gekommen sei, der so lautstark ver- graphischen Gewebe Deutschlands«. lief, dass sogar Karl Andreas Voss, der Kom- Er legte darin dar, dass sich innerhalb pagnon von Axel Springer, aufgeschreckt des graphischen Gewerbes andere Grup- aus seinem Zimmer am anderen Ende des pierungen gebildet haben, die sich nicht Flurs herauskam. mehr als Buchdruckgewerbe bezeichnen Der Streit hatte unangenehme Folgen, lassen. Die Erzeugnisse des graphischen die weit über eine normale Störung des Gewerbes seien es, die neue Einschnitte Unternehmensfriedens hinausreichte. Dr. in␣ ihm vornehmen, weil ihre Eigenarten bestimmte Techniken und damit bestimmte Betriebsabläufe erfor- derlich machen. Es ging ihm also schon damals darum, das gra- phische Gewerbe von einer muf- figen Traditionsgebundenheit zu befreien und den modernen in- dustriellen Prinzipien zuzufüh- ren. Nach Studium und Promoti- on trat Dr. Matuschke in die Dienste des Ullstein-Verlags ein, wurde persönlicher Assistent von Rudolf Ullstein (dem Namens- geber eines Ehrenrings, den Dr. Hell später verliehen wurde) und stieg nach entscheidender Mit- hilfe beim Aufbau des Druck- hauses Tempelhof und dem Aus- bau der Zeitungsdruckerei an der Kochstraße (sie wurde die deut- sche »Fleet Street« genannt) 1934 Ein typisches Hell lehnte jede weitere Zusammenarbeit zum Geschäftsführer der Druckerei GmbH Graviersystem für den mit der ERA ab, während Dr. Matuschke des Ullstein-Verlags auf. Tiefdruck, links die Vorlagenwalze seinerseits in der ERA, in der er als Grün- Nach dem Zweiten Weltkrieg, als in mit acht Abtastköpfen, dungspräsident quasi das Sagen hatte, jede Berlin alles in Schutt und Asche lag, war er rechts der zu gravie- weitere Zusammenarbeit mit Dr. Hell für 1949 zunächst Berater des Verlegers Axel rende Kupferzylinder die Graviermaschine unterband. Schließ- Springer beim Aufbau dessen, vom Vater lich arrangierten zwei ERA-Vorstandsmit- geerbten Hammerich & Lesser Verlags, trat glieder aus den Niederlanden eine Ver- 1952 in die Geschäftsleitung des Axel mittlung, die vom Forschungs-Oberinge- Springer Verlags ein und stand bis zu sei- nieur des Axel Springer Verlags, Karl Au- ner altersbedingten Pensionierung 1968 gust Springstein, erfolgreich durchgeführt dem Gesamtbereich Technik als oberster wurde, sodass der Burgfrieden zwischen Direktor vor. In dieser Position hatte er fast den beiden »Kontrahenten« wiederherge- unbeschränkte Entscheidungsbefugnis in stellt werden konnte. allen Angelegenheiten, die für die Auf- Zur Charakterisierung von Dr. Matuschke rechterhaltung und den weiteren Ausbau und, um seine Bedeutung als Kunde von des technischen Betriebes erforderlich wa- Dr. Hell zu erklären, sei nachfolgend des- ren. Er genoss das volle Vertrauen des Ver- sen Kurzbiografie hier eingeblendet. legers Axel Springer und dieser überließ Walter Matuschke wurde am 8. Mai ihm in allen technischen Dingen freie 1903 in Berlin-Friedenau geboren und trat Hand. Die Druckerei-Neubauten in Ham- nach dem Abitur 1921 eine vierjährige burg, Ahrensburg, Berlin (wiederum in der Setzerlehre bei der bekannten Verlags- Kochstraße) und in Darmstadt, aber auch druckerei Dr. Selle & Co. an, die er mit der die bei befreundeten Druckereien im In- Gesellenprüfung 1924 abschloss. Teilweise und Ausland trugen alle in der Organisa-

68 Hell Verein / www.hell-kiel.de tionsstruktur und in der technischen Aus- einige 180 cm breite gravierte Zylinder für stattung seine Handschrift. die Rollen-Tiefdruckmaschine von Albert- Dr. Matuschke hatte ein feines Gespür Frankenthal in der Produktion der Fern- für erfolgversprechende neue Techniken seh-Zeitschrift »HÖR ZU« eingesetzt wer- und war ein engagierter Vermittler beim den konnten. Auf der Drupa 1962 stellte technischen Erfahrungsaustausch zwischen die Dr.-Ing. Rudolf Hell KG einen dieser USA und Europa und zwischen den ein- Zylinder aus und verteilte Mappen mit zelnen Unternehmen, was er durch zwei Druckmustern eines 20-seitigen Bogens mit von ihm gegründete, bzw. mitgegründete Motiven der »HÖR ZU«. Organisationen institutionalisierte. Da war Alle bis dahin bei Springer gedruckten zunächst die bereits erwähnte ERA (Euro- Zylinder waren in Kiel graviert worden. pean Rotogravure Association), die er 1956 Beim Axel Springer Verlag befand man sich zusammen mit dem Niederländer Dr. Hans damals gerade in der Planung einer neuen J. A. de Goej von De Spaarnestad und dem Tiefdruckerei »auf der grünen Wiese«, in Schweizer Ernst Oppliger von Ringier & Ahrensburg, östlich von Hamburg, wes- Co. ins Leben rief und deren Ehrenpräsident halb man von der Bestellung einer eigenen er bis zu seinem Ableben war – er starb am Anlage vorerst Abstand nahm. Der erste in 8. Mai 1986 an seinem Alterswohnsitz in der Praxis eingesetzte Helio-Klischograph Vevey am Genfer See in der Schweiz. wurde deshalb von den Graphischen Be- Eine ähnliche Einrichtung für den Zei- trieben Wilhelm Girardet in Essen bestellt tungsdruck ist die Ifra, deren Gründung und ging dort 1964 erfolgreich beim Druck 1961 als INCA (International Newspaper der Zeitschrift »Quick« in Betrieb. Colour Association) ganz allein auf seine Da inzwischen das Gleichlaufproblem Initiative zurückgeht und auch deren Ehren- auf elektronischem Weg mit einer Mutter- präsident er bis zuletzt war. Beide Organi- frequenz, das ist ein Frequenz-Modell für sationen bestehen heute noch und entwi- beide Antriebe, gelöst werden konnte und, ckelten sich zu internationalen Branchen- um der Platznot in den Druckereien Rech- vertretungen. Während ERA sich, wie der nung zu tragen, waren bei diesem Gravier- Name schon sagt, auf Europa beschränkt, maschinenpaar schon die Abtast- und Gra- ist Ifra weltweit bei der Weiterentwicklung vierseite getrennt ausgeführt worden, so- der Zeitungs- und Medientechnik tätig, und dass sie parallel nebeneinander aufgestellt betreibt neben der Zentrale in Darmstadt werden konnten und nicht mehr in der mehrere Auslandsniederlassungen, beson- gleichen Achsrichtung hintereinander ste- ders in USA und Südost-Asien. hen mussten. Kurz danach ging ein wei- Nach der Beilegung des heftigen Strei- terer Helio-Klischograph K190 zu D. C. tes mit Dr. Matuschke war Dr. Hell im Thomson nach Dundee, Schottland. Im Fe- Oktober 1960 bereit, auf der Jahrestagung bruar 1972 lieferte Dr. Hell bereits den der ERA in Darmstadt, den Kreis der euro- 100. Helio-Klischograph an die Druckerei päischen Tiefdruckerei-Leiter und Verleger des Verlags Gruner+ Jahr in Itzehoe aus, exklusiv über die Neuentwicklung unter wo zu diesem Zeitpunkt bereits vier Helio- dem Thema: »Der Roto-Klischograph« zu Klischograph-Anlagen in Betrieb standen. informieren. Der Vortrag wurde von der Selbstverständlich hatte inzwischen auch Verteilung eines am 29. September 1960 der Axel Springer Verlag seine neue große im Springer-Tiefdrucklabor gedruckten Bo- Tiefdruckerei in Ahrensburg mit mehreren gens, auf dem zwei Seiten der Haus- Graviermaschinenpaaren ausgerüstet. zeitschrift »Springer-Post« abgedruckt wa- ren, begleitet. Und in der Fachzeitschrift Die Entwicklung »Der Druckspiegel«, Ausgabe Januar 1961, zum »Helio Data Processing« veröffentlichte Dr. Hell anschließend ei- Nach diesen Pionierarbeiten erfolgte nen Artikel für die Fachöffentlichkeit unter die␣ Weiterentwicklung der Helio-Klischo- der Überschrift: »Probleme der Tiefdruck- graph-Familie fast routinemäßig, die durch gravur«, in dem er in Aussicht stellte, dass die allgemeine Entwicklung in der Elektro- es eines Tages möglich sein werde, die vier nik bestimmt war. Aus dem K 190 wurde Zylinder eines Farbsatzes gleichzeitig zu mit entsprechender Verbesserung der Elek- gravieren. tronik der K 193. Er konnte mit bis zu acht In den nächsten 14 Monaten wurden im Gravierköpfen und zehn Abtastköpfen be- Springer-Tiefdrucklabor neun, je ein Meter stückt werden. breite Tiefdruckzylinder der Bogen-Tief- Für den Verpackungs- und Dekordruck druckmaschine »Palatia« abgedruckt, bis mussten neue Anforderungen gelöst wer-

69 Hell Verein / www.hell-kiel.de den: die Gravur von nahtlosen Mustern, Dies erlaubte sogar Auflösungsumrech- sowohl in Achs- als auch in Umfangs- nungen. Auch die Bedienung wurde er- richtung. In Umfangsrichtung war das Pro- leichtert, indem alle Parameter über Bild- blem nicht leicht zu lösen, denn wenn schirm-Masken eingegeben werden konn- eine Bildvorlage auf den Abtastzylinder ten und so Arbeitsvorbereitung unabhängig aufgespannt wird, entsteht natürlich eine vom Graviervorgang ermöglicht wurde. Naht, wenn auch eine sehr schmale von Schließlich wurde sogar das schon lan- nur einigen zehntel Millimetern. Das Pro- ge angestrebte Ziel erreicht, auf den Ab- blem wurde mit der so genannten »Wech- tastvorgang ganz zu verzichten und die selabtastung« gelöst. Es wurden dazu wech- Gravierköpfe des K 306 aus dem digitalen selweise zwei Teilvorlagen von zwei Ab- Datenspeicher der Ganzseiten-Datenver- tastköpfen erfasst, wobei jede Teilvorlage arbeitungsanlage direkt zu steuern. Schon etwas mehr als den halben Umfang des lange war dazu der zum Markennamen Abtastzylinders umspannte. Ein elektroni- erhobene Begriff »HDP« (Helio Data Pro- scher Schalter schaltete genau auf den bei- cessing) geprägt worden. Dies schloss auch den Umfangshalbierungslinien von einem die so genannte O/T-Konversion ein, die Verarbeitbarkeit von für den Offsetdruck erstellten Vorlagen mit ungeeigneter Rasterung im Tiefdruck. Eine so genannte Un- scharf-Abtastung ermöglichte dabei, die Offset-Rasterung zu unterdrücken. Mit der Entwick- lung des schnellen Rechners GIPSY (Gravure Image Pro- cessing System) wurde sogar auch die Realtime-Verarbei- tung ohne Zwischenspeiche- rung der errechneten Daten möglich. Bis zu 16 Gravierköpfe, die noch mit einer Gravierfrequenz von 4 kHz arbeiteten, sorgten auch bei breiter werdenden Der erste auf den anderen Abtastkopf um, sodass die Tiefdruckzylindern für eine genügend kur- Helioklischograph Naht beim Gravieren nicht in Erscheinung ze Bearbeitungszeit. K 200, der mit digitaler Technik trat. Trotzdem wurde parallel zu dieser Wei- arbeitete Im Dekor- und Verpackungsdruck ent- terentwicklung der elektro-mechanischen standen Maschinen für Zylinder bis zu Gravur versucht, neue Technologien aus sechs Metern Ballenlänge. Da aus Kosten- der Physik für die Gravur von Tiefdruck- gründen nur mit einem Gravierkopf gear- zylindern nutzbar zu machen. Dr. Hell beitet wurde, konnte eine Gravur bis zu 20 setzte dabei auf die Elektronenstrahl-Gra- Stunden dauern, was sich bei der langen vur, während andere in der Laser-Gravur Verwendung der Zylinder in der Druck- die Zukunft sahen. maschine trotzdem rechnete. Nachteilig war nur, dass die Elektronen- Hinderlich war bei den ersten Helio- strahl-Gravur im Vakuum zu erfolgen hatte Klischograph-Graviermaschinen, dass Ab- und der ganze Zylinder samt Gravierkopf tast- und Gravierzylinder den gleichen in einem luftdichten Stahlmantel gesteckt Umfang haben mussten. Eine Maßstabs- werden musste. Die in Kiel aufgestellte änderung war nicht möglich, da das Ab- Versuchsanlage wurde deshalb auch in- tastsignal synchron ohne mechanische Um- tern ironisch das »U-Boot« genannt. wandlung (wie etwa beim Vario-Klischo- Nach der Fusion der Dr.-Ing. Rudolf Hell graph) an das Graviersystem zu übertragen GmbH mit der Linotype AG zur Linotype- war. Es kam deshalb zu Beginn der 1970er Hell AG im Jahre 1990 wurden die Ver- Jahre zur Entwicklung des digitalen Helio- suche eingestellt, womit ein jahrzehnte- Klischograph K 200, bei dem das digital langes Ringen um diese Technologiean- erfasste Abtastsignal zwischengespeichert wendung, die schon 1958 beim Battelle- werden konnte, um danach langsamer oder Institut in Frankfurt-Main begonnen hatte, schneller wieder ausgegeben zu werden. zwischenzeitlich von Burda bei Steiger-

70 Hell Verein / www.hell-kiel.de wald-Strahltechnik eine Förderung erfuhr tümer des Herstellers von Formzylinder- und schließlich bei Hell in Kiel gelandet Vorbereitungsmaschinen Kaspar Walter in war, ihr wohl – zumindest für den Tief- München, Max Rid, auf eigene Beine ge- druck – endgültiges Aus erfuhr. stellt. Auch die elektro-mechanischen Gravier- Mit der durch Kapitalverflechtung in- techniken für den Tiefdruck erhielten in tensivierten Kooperation der beiden Firmen der Linotype-Hell-Zeit keine beson- dere Förderung zu ihrer Weiterent- Dr. Hell neben der damals neuesten wicklung. Sie war eben ein Fremd- Klischographen- körper im Spektrum der das Kern- Entwicklung, dem K 200 geschäft bildenden Text- und Bild- bearbeitungssysteme und bediente zudem, nach Meinung des damali- gen Linotype-Hell-Managements, mit dem Zeitschriften- und Katalog- Tiefdruck einen zu begrenzten Markt. Zur Ausweitung der Kunden- basis in den Verpackungs- und De- kor-Tiefdruck fehlte wiederum eine Maschine im mittleren bis unteren Preissegment. Dieser Mangel konnte erst nach der Übernahme des Unternehmens durch die Heidelberger Druckma- schinen AG überwunden werden. Das Ma- wurde das Systemgeschäft mit integrierten nagement traf die kluge Entscheidung, die- Maschinen für die gesamte Herstellungs- sen Bereich 1997 in eine separate GmbH, kette für Tiefdruckzylinder ermöglicht. die »Hell Gravure Systems GmbH«, aus- Als Neukonstruktion entstand so der zugliedern. Am 1. April 2002 wurde das Helio-Klischograph K 405-Sprint, wobei Unternehmen durch den Verkauf an den der Zusatz »Sprint« darauf hinweist, dass Geschäftsführer der Hell Gravure Systems, die Gravierleistung, die über einen langen Dr. Siegfried Beißwenger, und den Eigen- Zeitraum von über 40 Jahren bei 4 kHz

Eine Versuchsanlage für die Elektronenstrahlgravur, ironischerweise auch U-Boot genannt. Die Entwicklung wurde schließlich eingestellt

71 Hell Verein / www.hell-kiel.de gelegen hatte, mit 7,5 kHz fast verdoppelt Mitgesellschafters und Geschäftsführers der werden konnte. Als vollautomatische Ver- Hell Gravure Systems GmbH, Dr. Sieg- sion mit Roboterbeladung der Formzylinder fried Beißwenger, an der Laser-Direktgravur kam zusätzlich der K 500 ins Programm von galvanisch erzeugten Kupferschichten und für den Zeitschriften- und Katalog- (nicht Zink, wie schon gehabt) und wird druck der K 406. Das neueste vollautoma- nicht wieder auf das Gebiet der Elektronen- tisch arbeitende Produkt in diesem An- strahlgravur zurückkehren, obwohl dies wendungsbereich mit 18 Gravurkanälen das ureigene Entwicklungsfeld von Dr. heißt K 6 und vereint die Summe der in Beißwenger war, als er im Jahr 1975 in die Jahrzehnten gewonnenen Erfahrungen Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH eintrat. (XtremeEngraving). Das verselbständigte Unternehmen Alle diese Maschinen wurden zur Redu- HELL Gravure Systems konnte im Jahre zierung der Schallabstrahlung mit form- 2003 mit einem Jahresumsatz von rund schönen Teleskop-Abdeckhauben versehen 50 Millionen Euro und angestrebten 70 (siehe Abbildung). Millionen Euro als die unangefochtene Für den Flexodruck wurde der HelioFlex Nr. 1 auf seinem Arbeitsgebiet bezeichnet F 2000 entwickelt und für die Bebilderung werden und ist inzwischen, um auch die von lackmaskierten Kupfertiefdruck-Form- räumliche Trennung von der Heidelberger zylindern der HelioBeam 2000. Druckmaschinen AG zu vollziehen, auf Was zukünftige Maschinengenerationen ein eigenes Areal im Kieler Stadtteil anbelangt, arbeitet man, nach Auskunft des Wellingdorf umgezogen.

Der Helio-Klischograph K 406 wurde für den Magazin- und Katalogdruck entwickelt und kann Zylinderlängen bis zu fünf Meter verarbeiten. Eine Abdeckhaube vermeidet Lärmbelästigung

72 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vom Telebildsender zum Pressfax

Der Hellschreiber und die aus ihm ent- rung von Christian Sütel im früher bereits wickelten Wetterkarten-Übertragungsein- wörtlich wiedergegebenen Interview. Es richtungen waren weitgehend elektrome- handelte sich dabei um den Dipl.-Ing. chanisch aufgebaute Geräte, bei denen Heinz Mebes, der bei Dr. Hell Leiter des kleine Elektromagnete das Papier nach Labor B für alle Arten von Bildsende-, Fax- einem Codierungsmuster an eine Farbwalze und Wetterkartengeräte-Geräte wurde. Die drückten. Vorführung eines aus den angelieferten Diese relativ einfache Konstruktion war Teilen zusammengebauten Telebildemp- bewusst so gewählt worden, um einen ro- fängers führte bekanntlich zur Entwicklung busten und störungssicheren Betrieb sicher- des ersten Klischograph K 151. zustellen. Darin lag im Endeffekt der große Mit den über Siemens erworbenen Markterfolg dieser Geräte begründet. Da- zeichnerischen und materiellen Grund- neben gab es jedoch schon seit langem lagen konnte Dr. Hell nun eigenständig Bildsender und Faksimile-Übertragungs- darangehen, Geräte für den Bildfunkdienst einrichtungen, wie wir sie früher schon bei Presseagenturen und ihren Kunden, beschrieben haben. den Verlagen, zu entwickeln. Bei seinem Neubeginn in Kiel war Dr. Hell bestrebt, sein Produktionsprogramm Der tragbare Telebild- sender S 975, passend so breit wie möglich zu fächern. Er ent- zum Empfänger schied deshalb, sich auch dem Gebiet der (siehe nächste Seite) Bild- und Faksimile-Übertragung in der Weiterentwicklung zuzuwenden. Dabei erwies sich die über die Hell- Schreiber-Lizenz gewonnene Freundschaft zum Haus Siemens als sehr hilfreich. Dort hatte man nämlich Ende 1947 beschlos- sen, nicht mehr in das Gebiet der Bild- telegraphie␣ einzusteigen und sich auf sei- ne Kernkompetenz zu konzentrieren, wie man es im heutigen Management-Jargon nennen würde. Im Rückblick betrachtet war dies, abgesehen von der Festigung der Im Gegensatz zum Hellschreiber arbei- Beziehung zu Dr. Hell (Beteiligung an der teten die Bildfunksender und -empfänger Dr.-Ing. Rudolf Hell KG), sicher keine mit einer Fotozelle auf der Abtastseite und glückliche Management-Entscheidung für einer Glimmlampe auf lichtempfindliches das Haus Siemens. Papier auf der Empfängerseite. Es kam so im Frühjahr 1948 zu einem Die Bildübertragung nahm in den Nach- Vertrag zwischen der Dr.-Ing. Rudolf Hell kriegsjahren einen großen Aufschwung und KG und der Siemens AG, wonach alle Un- zwar auf breiter Basis. Es gab weltweit terlagen und die während des Krieges aus- kaum ein Ereignis, von dem nicht in kür- gelagerten Teile dieses Arbeitsgebietes ge- zester Zeit aktuelle Bilder in Zeitungsre- gen einen Festpreis von 70 000 RM (zahl- daktionen übermittelt wurden. Mit trans- bar in Raten entsprechend der Anzahl der portablen Bildfunksendern, die anfangs als verkauften Geräte) von Siemens an Hell zu »schleppbar« statt tragbar apostrophiert übergeben waren und die Entwicklung und wurden, ab 1960 aber wirklich tragbar Fertigung von Bildübertragungsgeräten in wurden, konnten Reporter ihre Pressefotos Zukunft allein Hell überlassen wurde. Die- auch vom Ort des Geschehens direkt in ser Vertrag war auf 30 Jahre ausgelegt und die Redaktion senden. Das liebevoll als lief erst 1978 aus. »Baby-Hell« genannte Kleingerät, wurde Die erste Lieferung nach diesem Vertrag unter Pressefotografen geradezu ein Kult- war die des Herrn Mebes aus der Schilde- objekt zu jener Zeit.

73 Hell Verein / www.hell-kiel.de Auch kamen Bildfunkempfänger heraus, Insgesamt waren es 36 verschiedene die Tag und Nacht vollautomatisch Bilder Typen von Telebildsendern, die das Unter- auf einem neuartigen Zweibad-Fotopapier nehmen Dr.-Ing. Rudolf Hell von 1952 bis aufzeichneten und online entwickelten. 1978 entwickelte und in großen Stückzah- 1976 erschien ein »Dry-Silver-Papier« auf len verkaufte. Darunter waren auch solche dem Markt, das sich allein durch Wärme- für den Satellitenempfang und für die digi- zufuhr entwickeln ließ. tale Übermittlung. Das Kleinfax-Gerät war seiner Zeit weit voraus Der Telebildempfänger mit automatischer Für die Telegramm-Übermittlung entwi- Bildentwicklung ckelte Dr. Hell 1956 das Kleinfax-Gerät KF 108. Die Aufzeichnung erfolgte auf Normalpapier im DIN A5-Format auf einer Walze, wobei ein kleines Rädchen durch ein elektro-magnetisches System gegen das Papier gedrückt wurde. Dem Rädchen führ- te eine Vorrichtung in entsprechenden Zeit- abständen Tinte zu. Das Inkjet- und das elektrografische Ver- fahren, d. h. die so genannte anschlag- losen (berührungslosen) Druckverfahren, wie sie später in der Bürokommunikation auf breiter Basis eingeführt wurden, waren noch nicht erfunden, bzw. noch nicht auf Bildsender und -empfänger wurden nun dem Markt erhältlich. Unter Inkjet versteht auch im Wetterdienst eingesetzt. Ab 1964 man ein Verfahren, bei dem Tinte durch erfolgte die Aufzeichnung der Wetterkar- feinste Düsen entsprechend dem Abbild ten rund um die Uhr über Satelliten, was der Vorlage tropfenweise auf das Papier diese feiner aufgelöste Bildübertragung er- gespritzt wird. Beim elektrofotografischen forderlich machte. Bei der Polizei kamen Verfahren erzeugt eine Laserbelichtung ein ab 1973 auch solche Geräte für die Über- latentes, elektrostatisches Bild der Vorlage mittlung von Fingerabdrücken zum Ein- auf einer Halbleitertrommel, das mit elek- satz. Da Dr. Hell sich inzwischen schon in trostatisch entgegengesetzt gepoltem Farb-

Dr. Hell und Mitarbeiter des Wetteramtes Hamburg begutachten mittels Faksimile übertragene Wetterkarten

Rechts: Das Kleinfax- Gerät KF 108 im DIN-A5-Format kam 1956 auf den Markt, als der Massenbedarf noch nicht geweckt war pulver bestreut und auf Papier übertragen wird. Dort wird die Farbe durch Hitze fi- xiert. Als Fernkopierer kam 1968 ein Fax-Ge- rät auf den Markt, dessen Prinzip Geschich- te machte. Als erstes nach der internatio- anderen Bereichen intensiv mit Farbbildern nalen CCITT-Norm arbeitendes Gerät über- beschäftigt hatte, wurde ein funktionsfähi- trug das HF 146 (Hell-Fax) eine DIN A4- ges Labormodell zur Übertragung von Farb- Seite in sechs Minuten. Das dauerte we- fotos gebaut. Die Ergebnisse waren unzu- gen der hohen Leitungskosten der Deut- reichend, weshalb man in der Praxis bei schen Bundespost zu lange. Deshalb gab der Übertragung von vorgefertigten Farb- es bald das Drei- und Zwei-Minuten-Ge- auszügen blieb. rät, das HF 1048. Damit schaffte man 1976

74 Hell Verein / www.hell-kiel.de den Durchbruch. Anfangs wurde noch jede beim Schiffs-Land-Verkehr zum Einsatz. Für Text- und Weißfläche in einheitlicher Auf- den Wetterkartendienst wurde zu dieser lösung übermittelt, sodass eine DIN A4- Zeit auch der Empfänger WF 205 entwi- Seite unabhängig vom Inhalt drei Minuten ckelt, der die Bildinformation zeilenweise Übertragungszeit benötigte. Später lernten auf ein Kunststoffband schrieb, das dann die Geräte die Redundanzen zu erkennen durch einen Druckmagneten schlagartig und darauf entsprechend zu reagieren. auf das Papier übertragen wurde.

Die Faksimileübertragung 1976 gelang von Zeitungsseiten der große Durchbruch Ein Bedarf für großformatige Faksimile- mit dem Hell-Fax HF 1048 nach Übertragungseinrichtungen ergab sich mit internationaler Norm dem dezentralen Drucken von Zeitungen. CCITT und in Dies betraf einerseits international vertrie- modernem Design bene Wirtschaftszeitungen, deren hohe Transportkosten und Zeitverzug durch ver- teilte Druckorte reduziert werden konn- 1978 wurde auf Basis der CCITT-Norm ten, andererseits aber auch den Trend in der Telefaxdienst der Deutschen Bundes- der Zeitungsindustrie, mit großen Drucke- post eröffnet. Das führte zu einer neuen reineubauten wegen der besseren Verkehrs- Entwicklung nach CCITT-Norm, an der anbindung »auf die grüne Wiese« zu ge- Hell, die Deutsche Bundespost und ande- hen, während die Redaktion wegen der re internationale Institutionen beteiligt wa- Nähe zum Geschehen im Stadtzentrum ren. Als Krönung dieser Entwicklungen ent- blieb. Dies machte erforderlich, dass die stand das Ein-Minuten-Fax. Zu diesem Zeit- fertig gestalteten umbrochenen Seiten, bzw. punkt lief jedoch der Vertrag zwischen Hell ihre Filme, auf dem schnellsten Weg in die und Siemens aus, weshalb Siemens die entfernt gelegene Druckerei gelangten. weitere Entwicklung allein übernahm, je- In Deutschland behinderte lange Zeit doch auf einen Markt mit immer stärker die Deutsche Bundespost mit ihren über- werdender Konkurrenz, besonders aus zogenen Tarifen für Standleitungen die Ein- Fernost, stieß. führung von telekommunikativen Lösun- CCITT heißt, Comité Consultatif Inter- gen, wie für diesen Zweck das Faksimile. national Télégrapique et Téléfonique. Die- »Taximile« nannte man deshalb spöttisch se Institution ist ein international beraten- den Transport von Filmen mit PKWs und Taxis von der Redaktion zur Druckerei am Stadtrand. Wesentlich günstigere Tarife gab Der Hell- es hingegen in USA, Japan und Skandina- Wetterkartensender vien vor, weshalb dort die ersten Ganz- WF 205 seiten-Übertragungseinrichtungen auf Fak- simile-Basis eingerichtet wurden. So übertrug die japanische Tageszeitung »Asahi Shimbun« schon im Juni 1959 ihre Ganzseiten-Filme von Tokio nach Sapporo auf der Nordinsel Hokkaido und der Ver- lag Dow Jones in USA übermittelte ein Jahr später erstmals Ganzseiten-Filme sei- der Ausschuss für Telegrafie und Telekom- ner national verbreiteten Wirtschaftszei- munikation. Er erarbeitet technische Emp- tung »Wall Street Journal« von San Fran- fehlungen für Postverwaltungen. cisco nach dem 400 Meilen entfernt lie- Der alte Hellschreiber kam 1960 noch- genden Riverside in Kalifornien. mals als »Zetfax« zu Ehren. Es hieß so, In beiden Fällen wurden Übertragungs- weil die übertragenen Texte auf Zettel ge- einrichtungen des englischen Herstellers schrieben wurden. Es arbeitete wieder mit Muirhead unter der Bezeichnung »Page- normalem Papier und wie beim Vorläufer fax« eingesetzt, der aus der Telebild-Bran- von 1929 wurde mit einer voreingefärbten che hervorging und auf durchgeführte Ver- Farbwalze geschrieben. suche im Jahre 1953 mit zeitungsgroßen Auf der Senderseite erfasste die Signale Formaten beim »Manchester Guardian« jedoch eine Fotozelle. Das Gerät kam u. a. aufbauen konnte, die aus besagten Grün- bei Banken, Hotels, beim Flugbetrieb und den nicht realisiert werden konnten.

75 Hell Verein / www.hell-kiel.de Als Dr. Hell 1964 seine erste Ganz- tisierung in Form von Aktiengesellschaften seiten-Faksimile-Anlage »Pressfax«, ähn- wurde erst 1996 eingeleitet. lich wie das »Pagefax« von Muirhead Die damals sehr langsam eingeleitete zunächst in einer Trommel-Bauweise kon- Preisliberalisierung für die Datenfernüber- zipiert, herausbrachte, konnte auch er in tragung ging gleichzeitig einher mit einer Deutschland noch keinen Kunden dafür totalen Neukonstruktion der Pressfax-An- lage. Statt der Trommel-Bauweise wurde die Flachbett-Bauweise gewählt, was damals als revolutionär und gewagt galt, aber wesentliche Bedienungserleichte- rungen schuf und den Weg zu kosten- günstigen Konzepten auch für die Scanner- technik in der Zukunft ebnete. Das neue Pressfax war zudem auf die digitale Lasertechnologie umgestellt und mit einem neuartigen Datenkompressions- Verfahren versehen worden. Die Übertra- gungszeit einer ganzen Zeitungsseite be- trug damit nur noch rund eine Minute. Mit einem Raster-Image-Prozessor, kurz RIP genannt (Umwandlung von digitale Daten in Rasterpunkte), ausgerüstet, konnte der Faksimile-Empfänger auch zur Lichtsatz- Die ersten finden. Die erste Einrichtung ging deshalb Ausgabe als Digiset LS 210 eingesetzt wer- Pressfax-Systeme nach dem in dieser Hinsicht fortschrittli- den und wies damit schon früh auf die von Hell waren noch Trommelsysteme cheren Skandinavien, zur schwedischen Möglichkeit hin, statt des Umwegs über Tageszeitung »Aftenbladet«, die damit ihre Faksimile-Signale die Computer-Daten des Zweigdruckereien in Göteborg und Malmö Seitenumbruchs direkt zu übertragen, was versorgte. Weiter Anlagen gingen nach später auch in dieser Weise praktiziert wur- Algerien, Frankreich, Italien und in die de. Damit war die Krönung der Digiset- UdSSR (Russland). Entwicklung erreicht, über deren Anfänge Erst zu Beginn der 1980er Jahre erwach- später noch berichtet wird. te Deutschland aus seinem telekommuni- kativen Tiefschlaf, sodass auch hierzulande Homefax-Zeitungen als Fortsetzung diese Einrichtungen Käufer fanden von Pressfax? Bis 1989 war die dafür zuständige Deut- Viel ist heute davon die Rede, die Zei- sche Bundespost noch eine staatliches tung nicht mehr materiell durch Austräger Unternehmen, also eine Behörde, die erst oder die Post zu den Abonnenten bringen 1989 in die drei Bereiche Postdienst, Post- zu lassen, sondern sie immateriell ins Heim bank und Telekom aufgegliedert wurde. des Abonnenten zu transportieren, wo die- Eine wirkliche Eigenständigkeit und Priva- ser die Seiten auf seinem Faxgerät ausdru-

Der Flachbettempfänger einer Pressfaxanlage. Die Grafik zeigt oben den Laser, den Lichtweg über einen Umlenkspiegel, den mit 3000 U/min sich drehenden 10 kg schweren Polygonspiegel und das große Objektiv. Montiert ist das System auf tonnen- schwerem Beton. Dadurch wurde eine höchstmögliche Genauigkeit erreicht

76 Hell Verein / www.hell-kiel.de cken lassen kann oder sich mit dem Lesen drucken von Werbung zur Finanzierung am Bildschirm begnügt. Portable Bildschir- des Dienstes. me, wie die Tablet-Computer, sind dazu Die damit verbundenen technischen speziell entwickelt worden. Aufwendungen erwiesen sich jedoch als Auch wurden schon Kioske und Auto- zu kostspielig. Immerhin waren die Heim- maten eingerichtet, an denen man sich die Empfänger zu dieser Zeit schon so weit Zeitung seiner Wahl dezentral ausdrucken voreingestellt, dass sie von Laien mittels lassen kann. Bei der Beurteilung der Trag- Druckknopf bedient werden konnten. Auch fähigkeit dieser Lösungen ist zu bedenken, wurden die bebilderten Seiten automatisch dass es diese Homefax-Zeitungen schon von einer Vorratsrolle abgeschnitten und seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhun- in einem Fach abgelegt. derts gibt. Hier eine Zusammenfassung ih- Ende 1937 kaufte die Sendeanstalt WOR rer Entwicklungsgeschichte: in New York je einen Sender von RCA und Bereits um 1925 experimentierte die frü- Finch zusammen mit je 25 Empfängern her schon erwähnte »Radio Corporation of von beiden Systemen. Weitere vier Sende- America (RCA)« mit Radio-Faksimile-Sen- anstalten folgten dem Beispiel von WOR, dungen für den Empfang von Homefax- sodass insgesamt zwölf Sender und 300 Zeitungen, doch die Versuche wurden zu- Empfänger in Betrieb waren, wie Lee Hills gunsten einer Kurzwellenübertragung von und Timothy Sullivan in ihrem Buch »Fac- simile« 1949 berichtet haben. Die Sendeanstalt WOR strahlte in dieser Die Sendestation Zeit allnächtlich Homefax-Zeitungen aus, der neuen Baureihe indem sie die Sendezeit gleichmäßig zwi- in Flachbett-Technik des Hell- schen der RCA- und der Finch-Anlage auf- Pressfax-Systems teilte. Das RCA-System zeichnete mit ei- ner Geschwindigkeit von fünf Quadratzoll pro Minute auf eine Papierbreite von 8,5 Zoll auf, während das Finch-System nur drei Quadratzoll auf einer Papierbreite von vier Zoll erreichte. Auch im Aufzeichnungs- verfahren ergaben sich Unterschiede: Das RCA-System schrieb auf Kohlepapier, wäh- rend das Finch-System ein Wachspapier benutzte, in das die Bebilderung auf elek- trischem Wege eingebrannt wurde. Pressefotos zwischen New York und Lon- Im Jahre 1938 schlossen sich die Sender don zurückgestellt. 1926 griff Austin Cooley WOR in New York, WGN in Chicago und die Idee von RCA auf, indem er sein »Ray WLW in Cincinnati zu einem Netzwerk Photo System« herausbrachte, das mittels zusammen, indem sie abwechselnd die Corona-Funkenentladung ein Bild auf vor- nächtlichen Sendungen unter sich aufteil- präpariertes Papier erzeugte. Er bot sein ten. Den Homefax-Empfängern wurde System 27 Radiosendern in USA zwecks dadurch die Möglichkeit gegeben, die ver- Übertragung von Homefax-Zeitungen an, schiedenen Systeme und Sendeinhalte in die damit auch gleich eifrig experimen- einem breit angelegten Feldversuch zu tes- tierten; doch die Aufzeichnungsgeschwin- ten. digkeit von nur 20 Zoll in drei Minuten Doch die Versuche liefen alle auf ein war zu gering, um damit in diesem Dienst negatives Ergebnis hinaus. Als Gründe wur- erfolgreich zu sein. de angeführt: Erneute Versuche, das Ziel der Übermitt- – die Systeme sind zu langsam lung von Homefax-Zeitungen zu erreichen, (nur drei Seiten pro Minute), wurden in den Jahren 1935 und 1936 von – die schmale Papierbreite RCA, von Finch Telecommunications Inc. engt die Gestaltung der Seiten ein, und besonders von John Hogan, dem Be- – die Wiedergabequalität auf Kohle- sitzer der Radio Inventions Inc., ange- und Wachspapier ist unbefriedigend, strengt. Die Neuerungen schlossen ein ver- – die Empfängerkosten sind zu hoch bessertes Kohlepapier-Aufzeichnungsver- für den Masseneinsatz. fahren ein; auch an eine beidseitige Bebil- Die Sendungen wurden daraufhin ein- derung des Papiers zur Papiereinsparung gestellt und die Absicht, die Systeme wei- wurde gedacht, wie auch an ein Voraus- terzuentwickeln, vorerst begraben.

77 Hell Verein / www.hell-kiel.de Eine zweite Phase von Homefax-Experi- lich zum Fehlschlag auch dieser zweiten menten kam erst kurz vor Kriegsende in Phase führte. USA wieder in Gang, als der störungsfreie Die Japaner wagten Mitte der 1960er UKW-Rundfunk erfunden worden war und Jahre trotzdem einen dritten Versuch, in- die Faksimile-Aufzeichnungstechniken für dem sie Faksimilesignale in der Austast- Kriegszwecke eine so gute Weiterentwick- lücke der Fernseh-Einzelbilder übertrugen. lung erfahren hatten, dass Halbtonbilder Sie ermöglichten dadurch einen fast kos- mit einer genügenden Grauabstufung über- tenlosen Huckepack-Service. Die vier größ- ten Zeitungen des Landes – Yo- Die vertraute aktuelle miuri Shimbun, Asahi Shimbun, Heimatzeitung auf allen Weltmeeren Mainichi Shimbun und die Fi- ist heute eine nanzzeitung Nikkei – sowie das Selbstverständlichkeit nationale Fernsehen NHK be- teiligten sich an diesen Großver- suchen mit der Aufstellung von Empfängern in Warenhäusern und Hotels, um die Akzeptanz beim Publikum zu testen. Das nationale Interesse an den japanischen Versuche beschränk- te sich jedoch auf das Bestaunen tragen werden konnten. Hogans Radio In- der technischen Möglichkeiten, während ventions Inc. hatte dazu hervorragende Ent- die Bestellungen ausblieben. Das endgül- wicklungsarbeit geleistet, indem ein elek- tige Aus der Versuche wurde 1976 durch trolytisches Aufzeichnungsverfahren zur ein Verkabelungsprojekt eingeleitet. Unter Anwendung kam, das einen großen Ton- vielen anderen Diensten, die den Einwoh- wertumfang vom tiefen Schwarz bis zum nern angeboten wurden, befand sich eine lichten Grau ermöglichte. Homefax-Zeitung. In der Bewertung durch Im September 1955 schlossen sich 25 die Benutzer erhielt diese jedoch eine der US-amerikanische Zeitungsverlage zu ei- niedrigsten Einstufungen. So wurde auch ner BFA genannten Dachorganisation zu- dieser dritte Anlauf ein Misserfolg. sammen, um die Weiterentwicklung der Neue Hoffnungen kamen in den 1980er Homefax-Zeitung gemeinsam zu finanzie- Jahren mit der weiten Verbreitung von pri- ren. Gleichzeitig wurde eine Standardisie- vaten Faxgeräten auf, was viele Zeitungs- rung durchgesetzt, die eine Papierbreite verlage bewog, erneut Faksimile-Ausgaben von 9,5 Zoll (vier Spalten) und eine Auf- zu kreieren. In den 1990er kamen dann zeichnungsgeschwindigkeit von 28 Zoll pro noch die in Flugzeugen und Eisenbahn- Minute (durchschnittliche Lesegeschwin- zügen gratis verteilten Fax-Zeitungen hinzu, digkeit) vorsah. Die Geräte wurden nach doch das Internet hat auch diesen vierten dieser Standard-Spezifikation in Auftrag Anlauf zum Scheitern verurteilt. Kurznach- gegeben und mit gutem Ergebnis getestet. richten ruft man besser nach Suchbegriffen Es wurden sogar Geräte in bequeme Arm- geordnet im Internet auf, als dass man sie sessel eingebaut, wobei die Homefax-Zei- aus einem in der Seitenzahl eng begrenz- tung aus der Verlängerung der Armlehne ten Fax-Newsletter herausliest. So ist wohl hervortrat und der Leser sich nicht zum auch den jüngsten Anläufen mit Homefax- Empfangsgerät begeben musste. Zeitungen aus Automaten und Kiosken eher Die General Electric Company (GE) er- skeptisch zu begegnen. hielt schließlich den endgültigen Zuschlag, Immer mehr Zeitungen sind heute kom- die Geräte für alle BFA-Mitglieder und aus- plett als Internet-Abonnement zu erhalten, schließlich für diese zu fertigen. Besonders was wohl in erster Linie für Leser bestimmt in New York, Philadelphia und Miami wa- ist, die ihren Aufenthalt nicht im Vertei- ren danach regelmäßig Sendungen von lungsgebiet haben. Aber auch wer heute Homefax-Zeitungen zu empfangen, sodass eine Kreuzfahrt auf den Weltmeeren unter- die Federal Communication Commission nimmt, findet am frühen Morgen unter der USA den Dienst im Juli 1948 offiziell seiner Kabinentür eine Kleinausgabe einer autorisierte. Doch das immer stärker auf- bekannten Heimatzeitung. kommende Fernsehen stahl der Homefax- Zeitung die Attraktion, sodass ihre Akzep- tanz immer schwächer wurde, was schließ-

78 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vom Farbscanner zum Bildbearbeitungssystem

Das Hauptprodukt in Dr. Hells Erfinder- kommen, die danach wieder ausgegeben tätigkeit für das graphische Gewerbe, das werden konnten. Aus diesen ersten Versu- damit zur grafischen Industrie aufstieg, be- chen, die nur die Wirkprinzipien bestäti- traf die Reproduktionstechnik, d. h. die gen sollten, gingen verschiedene Patent- Herstellung von aufbereiteten Vorlagen für anmeldungen hervor, doch der Beginn des den farbigen Bilderdruck. Um die Tragwei- Zweiten Weltkriegs setzte andere Prioritä- te des dazu Geschaffenen richtig beurtei- ten, wodurch diese frühen Farbscanner- len zu können, ist wiederum ein Exkurs in Versuche vorerst in Rochester ad acta ge- die Entwicklungsgeschichte der Vorerfin- legt wurden. dungen erforderlich. Dass sie nach Kriegsende wieder aufge- Es ist kein halbes Menschenleben her, nommen wurden, ist dem Zeitschriften- dass ganze Heerscharen von weißbekittel- Verlag Time Inc. in New York zu verdan- ten Retuscheuren die Repro-Abteilungen ken, dessen im November 1936 herausge- der Druckereien und externe Repro-An- brachtes Unterhaltungs-Magazin »Life« bei stalten bevölkerten, um mittels Malpinsel der Leserschaft so gut ankam und in der und Spritzpistole die in großen Horizontal- Auflage, sowie im Umfang ständig anstieg, kameras hergestellten Farbauszug-Negati- dass die Verlagsleitung befürchten musste, ve auf gleichen Tonwertumfang zu brin- mit der dazu erforderlich werdenden ver- gen, partielle Farbtonkorrekturen durch- mehrten Repro-Arbeit nicht mehr nachzu- zuführen sowie Konturen und Lichter bes- kommen, falls man nicht über geeignete ser herauszuarbeiten. Übereinander gelegte Forschungsmaßnahmen rationellere Ferti- Maskierfilme, das sind Negative des glei- gungsmethoden finden würde. Time Inc. chen Originals, bzw. Farbauszugs mit un- gründete deshalb ein eigenes Time-Life- terschiedlicher Gradation (Dichte), brach- Forschungslabor in Springdale, Connec- ten ein erstes Rationalisierungsmittel. ticut, für diesen Zweck. Da dieses jedoch nur einen Teil der 1946 wandte sich der gerade ernannte Repro-Arbeiten, nämlich die Angleichung Direktor dieses Forschungslabors, Roswell des Tonwertumfangs, übernehmen konnte Fisher, an Eastman Kodak, um deren still- und mit dem Übereinanderkopieren eine gelegtes Farbscanner-Forschungs-Projekt zu gewisse Unschärfe in die Bilder kam, gin- übernehmen, worüber man sich schnell gen Wissenschaftler des Filmherstellers handelseinig wurde und der Wiederauf- Eastman Kodak in Rochester, New York., nahme der Arbeiten in Springdale nichts schon früh der Idee nach, durch punkt- im Wege stand. Nachdem die Entwicklung weises Abtasten (Scannen) der Farbaus- und Konstruktion soweit gediehen war, dass zug-Negative, der Intensitätsveränderung man an die Herstellung eines ersten Farb- der so gewonnenen Signale entsprechend scanners gehen konnte, wählte man den der Aufgabenstellung und der erneuten Aus- Maschinenhersteller Austin Company zum gabe (Belichtung) die aufwändige Retu- Bau von sechs Prototypen, die verschiede- schearbeit zu automatisieren. nen Kontrakt-Druckereien der Time Inc. zum Testen überlassen werden sollten. Die Entwicklungsgeschichte 1950 gründete die Time Inc. zusätzlich des Farbscanners eine Marketing-Gesellschaft zur Verwer- Eine Machbarkeitsstudie, die bei East- tung der Springdale-Entwicklungen, der man Kodak 1936 durchgeführt wurde, fiel man den Namen »Printing Development positiv aus, weshalb sich 1937 die Ent- Inc.«, kurz PDI genannt, gab. wicklungs-Ingenieure Alexander Murray 1951 wurden die sechs Farbscanner der und Richard Morse, an die Arbeit mach- A-Serie ausgeliefert, u. a. an die Groß- ten, indem sie eine Mechaniker-Drehbank druckerei R. R. Donnelley in Chicago, doch modifizierten, u. a. mit vier Mikroskopen, in der Praxis zeigten sich noch so viele Glühlampen und Fotozellen versahen, um Mängel, dass kurze Zeit später alle nach so zu umwandelbaren Stromimpulsen zu Springdale zurückgerufen werden muss-

79 Hell Verein / www.hell-kiel.de ten. Viele der erkannten Fehler waren me- Auch er hatte wie einst die Time Inc. mit chanischer Natur, weshalb man 1952 zur dem unerwarteten Erfolg und der steigen- Herstellung der zweiten Generation, de- den Seitenzahl seiner Frauenzeitschrift nen man schon den Namen PDI-Scanner »Woman« befürchtet, mit dem Mehr an gab, einen anderen Maschinenhersteller, Arbeit in der Repro nicht mehr nachkom- die Raytheon Corp. wählte. men zu können, da zudem gewerkschaft- Die Trägerfrequenz wurde von 7,5 kHz liche Restriktionen es nicht erlaubten, ge- auf 15 kHz heraufgesetzt, was eine bes- nügend Retuscheure auszubilden. Er be- sere Auflösung erlaubte. Gleichzeitig ver- teiligte sich deshalb sogar zu 50% an den größerte man das Format soweit, dass zur Entwicklungskosten. So kam es zu der besseren Kontrolle so genannte Raster- simultanen Entwicklung des »Scanatron« Stufenkeile und Farb-Messmarken am Rand bei Crosfield in Hampstead bei London des Satzspiegels angebracht werden konn- und des »Colorgraph« bei Hell in Kiel. Erst ten. Auch versah man die von Eastman als die beiden Farbscanner bei Sun Prin- Kodak speziell dafür entwickelten Filme ters in Watford nebeneinander im Betrieb mit Registerlochungen, um einen besseren standen, erfuhren die beiden Konkurren- Passer im Farbendruck halten zu können. ten vom Doppelspiel ihres Kunden. Nachdem alle Schwachstellen beseitigt John F. Crosfield schrieb später in sei- waren, wurde die Serie dieser neuen Ge- nen Berufsmemoiren »Recollections of neration von PDI-Scannern ausgeliefert. Crosfield Electronics 1947 to 1975«, dass Statt diese jedoch an potenzielle Kun- er nach Bekanntwerden der PDI-Entwick- den zu liefern, kam man bei der Time Inc. lungen sofort nach New York reiste, um auf die Marketing-Idee, so genannte PDI- Roswell Fisher, den Chef des PDI-For- Scanner-Studios einzurichten, in denen schungslaboratoriums, zu treffen und ihm Repro-Arbeiten im Lohnverfahren für die eine Kooperation in Europa anzubieten, Vielzahl von Druckereien ausgeführt wer- was dieser anfänglich auch als eine gute den sollten. Das erwies sich später im Kon- Idee ansah, die er dann aber von seinen kurrenzkampf mit den europäischen Scan- Vorgesetzten bei der Time Inc. abgelehnt ner-Herstellern als ein gravierender strate- bekam. Man verweigerte sogar die Belie- gischer Fehler. ferung der Europäer mit den speziell für Im Zuge der Einrichtung der Scanner- diesen Zweck von Eastman Kodak ent- Studios in Stanford, Connecticut, Chicago wickelten Panatomic X-Filmen, weshalb und San Francisco kam man nach Europa, Crosfield und Hell bei ihren Neuentwick- nach Amsterdam-Haarlem und Paris. Als lungen auf konventionelle Foto-Glasplatten ein weiteres Studio in London eröffnet wer- ausweichen mussten. den sollte, stieß man auf »wenig Gegenlie- Es war damit beiden auch versagt, wie be«, wie es Francis L. Cox, der damalige der PDI-Scanner rotierende Trommeln auf Leiter der PDI-Aktion, in seinen Berufs- der Abtast- und Belichtungsseite einzuset- erinnerungen 1990 im Rahmen einer Nie- zen. Stattdessen musste man die Flach- derschrift des GATF-Forschungsinstitutes in bett-Bauweise wählen. Während Crosfield Pittsburgh, Pennsylvania, genannt hat. zur Abtastung und Belichtung den »flying In Watford, nördlich von London, wur- spot« einer hochauflösenden Kathoden- den nämlich gerade die beiden ersten Farb- strahlröhre mit Spiegelumlenkung einsetz- scanner von der Dr.-Ing. Rudolf Hell KG te, wählte Hell einen ölhydraulisch schnell und von Crosfield Electronics Ltd. getestet. oszillierenden Tisch, auf dem alle drei, Wie es dazu kam, ist eine erzählenswerte vorher in einer konventionellen Kamera Geschichte für sich. erstellten Farbauszüge zur gemeinsamen Abtastung und Belichtung nebeneinander Die Parallelentwicklung befestigt waren. Dazwischen wurden die bei Hell und Crosfield abgetasteten Werte in einem großen Re- 1958 gab der allgewaltige Technikchef chenwerk nach entsprechenden Einstell- des renommierten Tiefdruckbetriebs »Sun werten farbkorrigiert. Printers« mit Namen Charles (Charly) Cook, Dieses separat stehende Rechenwerk ein etwas raubeiniger und seinen Betrieb war so groß wie ein Kleiderschrank, ent- patriarchalisch führender Mann, sowohl Dr. hielt über 500 Elektronenröhren, Relais, Hell als auch John F. Crosfield den Auftrag, Messgeräte, an der Frontseite viele Schalt- je einen Farbscanner ähnlich denen der knöpfe und setzte 8000 Watt in Wärme Time Inc. zu entwickeln, da letztere nicht um. Die Elektronik benötigte für sich al- gewillt waren, diese zu verkaufen. lein eine ganze Stunde Anheizzeit, bevor

80 Hell Verein / www.hell-kiel.de sie verlässlich genug arbeitete. Wegen der Spannungen umgewandelt werden. Durch großen zu bewegenden Massen kam es die drei Spannungswerte ist die Farbe je- bei einem möglichen Maximalformat von des einzelnen Bildpunktes definiert. Es ist 30 cm x 40 cm zu extrem langen Scanzeiten nun Aufgabe des elektronischen Rechen- von mehreren Stunden. Es konnten des- werkes, diese drei Spannungswerte so um- halb auch nur 24 Colorgraph-Anlagen in zuformen, dass daraus Werte entstehen,

Der Prototyp des Hell-Scanners hieß Colorgraph. Sein Farbrechner (links) wurde wegen seiner Größe scherzhaft als Kleiderschrank bezeichnet

Deutschland, England, Frankreich, UdSSR die den korrigierten Farbauszügen entspre- und USA abgesetzt werden. chen. Später wurden die Colorgraph-Scanner Erste konkrete Angaben über die not- mit einer Diapositiv-Direktabtastung ver- wendige Korrekturmaßnahmen hat schon sehen. Sie kamen hauptsächlich in Tief- in den 1930er Jahren Dr. Neugebauer in druckereien zum Einsatz, denn für die Ver- Dresden durch die Aufstellung der so ge- wendung im Buchdruck oder Offsetdruck, nannten ›Neugebauer’schen Gleichungen‹ d. h. für gerasterte Farbauszüge, musste zu gegeben. Diese Gleichungen beschäftigen dieser Zeit noch ein Kontaktraster zwi- sich nur mit den Verhältnissen im Buch- schengeschoben werden, was als etwas druck. Sie setzen eine gewisse statistische umständlich angesehen wurde. Das letzte Regelmäßigkeit der Rasterpunkte der Farb- Gerät soll angeblich erst 1976 außer Be- auszüge voraus und unterscheidet zwi- trieb gesetzt worden sein. schen additiver und subtraktiver Farb- Bei der Frage, wie die elektronische Farb- mischung, je nachdem, ob die einzelnen korrektur im Einzelnen funktioniert, lassen Rasterpunkte nebeneinander oder überei- wir am besten Dr. Hell selbst sprechen, so nander gedruckt werden. Daraus ergibt wie er es seinen Kunden in einer der frü- sich eine Gleichung mit acht Gliedern, in hen Ausgaben der Firmenzeitschrift »Der der die vorher besprochenen drei Farbspan- Klischograph« um die Zeit des ersten Color- nungswerte enthalten sind, und außerdem graph, d. h. zu Beginn der 1960er Jahre, noch eine Reihe von Faktoren, die durch erklärt hat. Er schrieb dort: »Man könnte die Druckfarben, Filter und andere Um- die elektronischen Farbkorrekturverfahren stände bestimmt sind. auch elektronische Maskierverfahren nen- Tatsächlich ist es Hardy und Wurzburg nen, denn das Prinzip der Korrektur ist bei gelungen, eine elektronische Rechenma- beiden ähnlich, wenn auch die Mittel ver- schine zu bauen, die durch wirklich geist- schieden sind. reiche Anordnung aus den einzelnen Span- Bei der elektronischen Farbkorrektur nungswerten in der kaum fassbaren Schnel- wird das farbige Original – entweder ein ligkeit von weit weniger als eintausendstel Gemälde, ein Farbdia oder ein Farbdruck – Sekunde die korrigierten Werte einzelner unmittelbar oder mittelbar über Farbaus- Bildpunkte ermittelt. Wenn diese Maschi- züge Punkt für Punkt mit einem Lichtstrahl ne bis heute nicht die Ergebnisse lieferte, durch drei Farbfilter hindurch abgetastet, die man erwartete, so liegt es nicht an den wobei die Intensitäten der einzelnen Farb- Elektronikern, die das Rechenwerk erfan- werte durch Fotozellen in entsprechende den, sondern daran, dass die Neugebau-

81 Hell Verein / www.hell-kiel.de er’sche Formel nicht alle Faktoren erfasst, Zahl der Abtastlinien hoch genug gewählt und somit die Rechenergebnisse für die wird. Mindestens 10 Linien pro mm sind Praxis nicht hinreichend brauchbar sind. notwendig. Will man eine besonders hohe Meine Firma hat deshalb den rein empi- Bildschärfe erzielen, so kann die Abtast- rischen Weg beschritten. Es wurden von linienzahl bis zu 20 Linien pro mm gestei- vielen Farbtafeln mit vorgegebenen Filtern gert werden. Dabei ist vorausgesetzt, dass unkorrigierte und retuschierte Farbauszüge das sich ergebende Negativ oder Positiv in hergestellt. Dies wurde öfters wiederholt. der Größe verwendet wird, in der es aufge- Dann wurde streng messtechnisch erfasst, zeichnet wird. Bei einer nachträglichen wie die Retuscheure retuschiert hatten und Vergrößerung des korrigierten Farbauszuges wie weit Vorlage und Druck mit den retu- sinkt die Linienzahl entsprechend dem schierten Auszügen übereinstimmten. Es Vergrößerungsverhältnis. zeigte sich dabei, dass die Arbeit der Retu- Der Vorteil der elektronischen Maskie- scheure sehr unterschiedlich war und of- rung gegenüber der fotografischen Metho- fensichtlich von stimmungsgemäßen Fak- de liegt in der völligen Unabhängigkeit toren abhing. Immerhin ließen sich aus von den fotografischen Gradationskurven. zahlreichen Messungen brauchbare Mit- Es ist möglich, elektronische Verstärker mit telwerte entnehmen, die in einer großen jeder gewünschten Charakteristik zu bau- Anzahl von Kurven festgelegt wurden. Die- en. Man hat sogar elektronische Apparate se Kurven gehen von den drei Spannungs- entwickelt, bei denen durch Einlegen einer werten aus, die jeder Filterfarbe zugeord- Blende die Charakteristik des Verstärkers net sind und geben die Spannungswerte der Blendenform entspricht. Ein entspre- an, die notwendig sind, einen korrigierten chendes Gerät wurde im letzten Jahr in Farbauszug elektronisch aufzuzeichnen. München von der Fogra gezeigt«. (Fogra = Es bedurfte der Arbeit eines Teams von Forschungsinstitut für das graphische Ge- Elektronikern, die theoretisch geforderten werbe). Soweit zu Dr. Hells eigenen Erklä- Beim Combi-Chroma- Veränderungen der einzelnen Spannungs- rung der elektronischen Farbkorrektur. graph 288 konnten mit werte in einem Rechenwerk auch prak- Im Jahre 1965 war es soweit, dass die Masken erstmals Texte tisch zu realisieren. Dabei hatte das Rechen- europäischen Filmhersteller den Vorsprung und Bilder von drei Abtastrommeln auf werk zwei Aufgaben zu lösen: Die Berech- von Eastman Kodak in der Entwicklung eine, rechts abgedeckte nung der drei korrigierten Farbwerte und aufgeholt hatten und sowohl Crosfield als Aufzeichnungstrommel die zusätzliche Herstellung eines Schwarz- auch Hell auf die Trommel-Bauweise mit ineinanderbelichtet werden

Rechts: Mit dem auszuges mit der Rücknahme im Schwarz geeigneten Filmen umsteigen konnten. Die Vario-Chroma- enthaltener Farben, wobei durch entspre- erste Maschine, die Dr. Hell nach diesem graph 296 konnten chende Umschaltung auch auf letzteres Prinzip herausbrachte, hieß Chromagraph erstmals Dias gescannt werden verzichtet werden kann. C 185. Sie war zweikanalig ausgelegt. Mit Dieses Rechenwerk korrigiert Bildpunkt dem einen Kanal erfolgte die Abtastung für Bildpunkt. Das Gerät erfasst daher das der Vorlage nacheinander mit den Filtern gesamte Bild nicht in einem Moment, son- Orange, Grün und Violett während mit dern tastet das Bild ähnlich wie beim Fern- dem zweiten Kanal ein Korrektursignal für sehen linienweise ab und zeichnet es auch den Schwarzauszug über eine Filterkombi- linienweise wieder auf. Der korrigierte Farb- nation abgetastet wurde. Auch beim Chro- auszug enthält daher ein Linienraster. Es magraph C 185 musste für den Buchdruck muss festgestellt werden, dass eine und Offsetdruck noch Kontaktraster zwi- Moiréebildung nicht auftritt, sondern die schengeschoben werde. Gegenüber dem

82 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vorgängermodell wurde jedoch eine zehn- ler Richtung sei das kein Problem gewe- bis hundertfach höhere Arbeitsgeschwin- sen. Man musste den Belichtungskopf ge- digkeit erreicht. genüber dem Abtastkopf nur entsprechend 1966 ersetzte man die zweikanalige schneller oder langsamer laufen lassen. In Farbzerlegung durch eine vierkanalige. Umfangsrichtung haben sich diesbezüg- Nun wurden die drei Grundfarben sowie lich aber Schwierigkeiten ergeben. das Korrektursignal gleichzeitig erfasst. Da sei sein Forschungsleiter Dr. Peter Dadurch kamen noch höhere Arbeits- Wilby auf die brillante Idee gekommen, geschwindigkeiten und verbesserte Ergeb- die analogen Signale der Abtastung zu digi- nisse bei der Farbkorrektur zustande. Ein talisieren und zwischenzuspeichern, um Jahr später, 1967, folgte der Combi-Chro- sie entsprechend langsamer oder schneller

magraph CT 288 mit dem mehrere Vor- zur Belichtung zu schicken, schrieb John F. Links: Der Magnascan lagen (Bild in Bild oder Text in Bild usw.) Crosfield. Als man die Patentsituation sich- von Crosfied war deren erster ineinander belichtet werden konnten, wo- tete, musste man mit Entsetzen feststellen, Digitalscanner bei abgetastete Masken für die Steuerung dass Dr. Hell nur wenige Monate zuvor des Rechners sorgten. das gleiche Prinzip zum Patent angemel- Rechts: Der Während die seitherigen Chromagra- det hatte. Ein kleiner unwesentlicher Un- Chromagraph DC 300 phen nur im Maßstab 1:1 arbeiten konn- terschied habe sich nur dadurch ergeben, war der erste Digital- Scanner von Dr. Hell ten, war der 1968 auf den Markt kommen- dass bei Hell auf Magnetbänder gespei- de Vario-Chromagraph CT 296 in der Lage, chert werden sollte, während man bei ein Kleinbild-Diapositiv auf ein Format von Crosfield Festspeicher einsetzen wollte. bis zu 27 cm x 42 cm zu vergrößern. Die Da keine Ausweichlösung bestand, sei Maßstabsveränderung geschah damals er sofort nach Kiel gereist, schrieb John F. noch mit Hilfe einer einstellbaren mecha- Crosfield, um Dr. Hell persönlich zu tref- nischen Einrichtung, ähnlich derjenigen fen. Es fand ein wahres Gentlemen Agree- beim Vario-Klischograph. ment statt, indem Dr. Hell sich überaus Der große Durchbruch kam jedoch erst großzügig zeigte und darin einwilligte, 1970 mit der Digitaltechnik und dem Chro- Crosfield eine Lizenz auf das Patent zu magraph DC 300. Das »D« stand dabei für gewähren. Sie vereinbarten sogar den Aus- »Digital«. Im Vorfeld dazu ereignete sich tausch von Patenten auch auf anderen Ge- wiederum eine erzählenswerte Begeben- bieten, um sich nicht mehr gegenseitig im heit, die in den bereits erwähnten Berufs- Wege zu stehen. Sicher haben dazu die Memoiren von John F. Crosfield nachzu- vielen gemeinsamen Erlebnisse beigetra- lesen ist. gen, vom gleichen Betätigungsfeld im Zwei- ten Weltkrieg bis zum Doppelspiel ihres Das Gentlemen-Agreement gemeinsamen Kunden in Watford. Auch John Crosfield hatte nach seinen So konnte der Magnascan bei Crosfield Farbscanner-Modellen Scanatron und Dia- und der DC 300 bei Hell nach dem glei- scan um das Jahr 1967 herum beschlos- chen Grundpatent gebaut werden. Einige sen, einen variabelformatigen und digital Jahre später zahlte Crosfield an Hell eine gesteuerten Farbscanner zu entwickeln, Abstandssumme für alle zukünftigen Mag- dem er den Namen Magnascan geben nascan-Lizenzen, um damit nicht weiter wollte. Natürlich sollte er elektronisch ver- bei der Planung belastet zu sein. Beide größern und verkleinern können. In axia- wurden trotzdem die weltweit erfolgreich-

83 Hell Verein / www.hell-kiel.de sten Farbscanner-Hersteller, während sich Reading und studierte danach am berühm- PDI auf Grund ihrer falschen Marketing- ten Trinity College in Cambridge, wo schon politik um alle Chancen gebracht hatte. im 17., 18. und 19. Jahrhundert so her- Dies, obwohl auch sie einen variabel- vorragende Persönlichkeiten wie der gro- formatigen Farbscanner entwickelt hatten, ße Physiker Issac Newton, der Rechen- der jedoch die Vergrößerung oder Verklei- maschinen-Erfinder Charles Babbage, der nerung auf mechanischem Weg erzeugte. Fotopionier Henry Fox Talbot und der Spek- Einmal mehr hat sich damit in der Tech- tralfarben-Physiker James Clerk Maxwell nikgeschichte gezeigt, dass es nicht ge- studiert hatten. John Crosfield schrieb sich nügt, gute Ideen zu haben und Innovatio- dort im Fach Maschinenbau ein und schloss nen auszuführen, sondern auch die richti- das Studium 1936 mit einem »honours ge Vermarktungsstrategie einzuschlagen. degree« ab. Danach absolvierte er ein elek- Abschließend schrieb John Crosfield über trotechnisches Aufbaustudium (student dieses, für ihn so erfreuliche Treffen in apprentice), zuerst bei der British Thomson seinem Buch: »Although our companies Houston Company und dann bei ASEA in were keenly competitive Dr. Hell and I Västeras, Schweden. Die Ehrendoktorwür- remained good friends«. (»Obwohl unsere de verlieh ihm später, am 13. Juni 1980, Firmen strenge Konkurrenten waren, blie- das Cranfield Institute of Technology. ben Dr. Hell und ich gute Freunde«). Dr. 1939 ging er als Freiwilliger zur briti- Hell bestätigte dies in einem Interview, in- schen Marine und wurde dem militäri- dem er sagte: »Crosfield und ich sind gute schen Transportschiff »H.M.S. Vernon« in Freunde. Wir schreiben uns heute noch. Er Portsmouth zugeteilt, wo er über die ge- ist auch ein Erfinder, der nach dem Krieg samte Kriegszeit ein Forschungslabor für mit nichts anfing. Schon während des Krie- neue Waffensysteme leitete. Eines der letz- ges waren wir Konkurrenten«. ten Produkte dieses Labors waren akusti- Nachdem diese Freundschaft hier so sche Seeminen. herausgestellt wurde, soll nachfolgend mit 1943, während eines Aufenthaltes in den einer eingeschobenen Biografie auch er- USA lernte er Edythe Bertnet kennen, die klärt werden, wer John F. Crosfield ist. er im August 1945 in London heiratete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor. Wer ist John F. Crosfield? Im gleichen Jahr 1945 wurde er zum John Fothergill Crosfield, wie er mit voll Chief Research Engineer der Fuller Electric ausgeschriebenem Initial heißt, und den Co. in London, einem Tochterunternehmen akademischen Titeln C.B.E., D.Sc. und M.A. von ASEA, ernannt, das jedoch im Früh- (in etwa Dipl.-Elektro-und Maschinenbau- jahr 1947 wegen schlechter Geschäfts- Ing. sowie Dr.-Ing. eh bedeutend), die in gänge geschlossen wurde. ASEA bot ihm England hinter dem Namen stehen, wurde zwar an, in ihr Hauptlabor nach Schwe- den zu kommen, doch John Crosfield be- John Fothergill Crosfield schloss, sich selbständig zu machen, da er und Dr. Hell entwickelten parallel erfahren hatte, dass die Geschäftsbanken einen Farbscanner. in London auf der Suche nach einer auto- Beide Unternehmer matischen Schecksortieranlage waren, die und Erfinder haben er sich zu entwickeln traute. Er baute diese lange – ohne es zu im Dachgeschoss seines Wohnhauses in wissen – an mehreren Projekten zur gleichen Hampstead, sie funktionierte auch, doch Zeit gearbeitet wegen der unterschiedlichen Formate der Scheckhefte wurde daraus kein Geschäft. Da entsann er sich, dass eines ihrer letz- ten Projekte bei Fuller die Entwicklung einer automatischen Registerregelungsan- lage für Tiefdruckmaschinen war, das we- gen der Schließung des Labors nicht been- det werden konnte. Er gründete deshalb am 22. Oktober 1915 im Grove Lodge in im Sommer 1947 die J. F. Crosfield Ltd. und Hampstead, einem Haus, das vorher der heuerte Dennis Bent, der bei Fuller sein bekannte Dichter John Galsworthy (1867- Assistent war, als ersten Mitarbeiter an. 1933) bewohnt hatte und darin seine »For- Dennis wohnte als Junggeselle im Haus syte-Saga« zu schreiben begann, geboren. der Crosfields und arbeitet wie Crosfield Er besuchte die Leighton Park School in selbst im Dachlabor der jungen Firma an

84 Hell Verein / www.hell-kiel.de der Fertigstellung der ersten Register- zosen René Higgonet und Louis Moyroud, regelung, die sie »Autotron« nannten. Das die unter dem Markenname Lumitype bis Startkapital in Höhe von 4500 Pfund hatte 1970 von Crosfield gefertigt und vertrie- sich John Crosfield von seinen Schwestern ben wurde (außer in Frankreich). Danach Margaret und Rachel, sowie seinem Bru- wollte die in USA ansässige Photon Corp. der Edward geliehen. den Weltvertrieb allein übernehmen, wo- Die Registerregelung wurde erstmals bei rauf Crosfield mit dem Magnaset seine Amalgamated Press in London zum Druck eigene Fotosetzmaschine entwickelte, die

Dr. Hell am Digital-Scanner DC 300

der Frauenzeitschrift »Woman’s Illustrated« er später an Sun Chemical verkaufte. John eingesetzt und funktionierte perfekt. Die Crosfield beschloss, sich in diesem Be- Makulaturrate sank von 25–30% auf nur reich, wie mit dem Compuscan und dem noch 4–5%. Mit dieser Referenz sprang Hendrix-System geschehen, allein auf Ver- das Geschäft an, sodass man spezielle Räu- tretungsprodukte zu beschränken. me in der Crogsland Road anmieten und Es wurde bereits erwähnt, wie die An- weiteres Personal anstellen konnte. Um fänge bei der Farbscanner-Entwicklung eine Verwechslung mit einem gleichnami- vonstatten gingen. Nach Scanatron, Dia- gen Unternehmen zu vermeiden, firmierte scan und Magnascan, dem Produkt des John Crosfield sein Unternehmen in »Cros- Gentlemen Aggreements, wurden bei Cros- field Electronics Ltd.« um. field wie bei Hell große Bildverarbeitungs- Dem Autotron folgte das Secatron, das systeme gebaut. Webatron, das Trakatron, das Idotron und Auch mit der Vertretung für den »Scan- das Inkatron – alles elektronische Steue- a-graver« von Fairchild und der Entwick- rungen und Regelungen für Tiefdruckma- lung von automatischen Ätzmaschinen für schinen. Eine besondere Spezialität wurde die Bebilderung von Tiefdruckzylindern, der Insetter zum registergenauen Einspei- sowie der späteren Lasergravure, kam sen von im Tiefdruck vorbedruckter Papier- Crosfield den Hell-Produkten sehr nahe. bahnen in Zeitungsrotationsdruckmaschi- 1975 war die Mitarbeiterzahl in mehreren nen, um so eine Farbigkeit der Zeitung Werken auf 1300 angestiegen und zusam- herbeizuführen. Die Zeitungen waren da- men mit den Auslands-Vertretungen, den mals mehrheitlich nur in der Lage, einfar- Vorführ-Studios und Sevice-Zentren kam big, d. h. mit schwarzer Farbe (Drucker- die Zahl auf rund 2000. schwärze) zu drucken, während Tiefdruck- 1974 war Crosfield Electronics so rasch maschinen schon lange farbig produzier- gewachsen, dass es zu finanziellen Eng- ten und somit vorbedruckte Rollen liefern pässen kam. John Crosfield verkaufte des- konnten. halb sein Unternehmen an die De La Rue- Schon im Jahre 1961 stieg John Crosfield Gruppe, den wohl größten Banknoten- und mit einem Lizenzabkommen in das Ge- Wertpapierdrucker der Welt, um die Zu- schäft mit Fotosetzmaschinen ein. Es han- kunft der von ihm gegründeten Firma si- delte sich dabei um die Photon der Fran- cherzustellen. Er selbst blieb weiterhin als

85 Hell Verein / www.hell-kiel.de CEO (Chief Executive Officer) das Firmen- Macintosh und den PC nicht möglich ge- oberhaupt bis März 1975, als er für die worden wären. nächsten zehn Jahre in den Aufsichtsrat Mit einer so genannten »Lichtharke«, der De La Rue-Gruppe wechselte. Im Ok- ein Bündel von sechs Glasfasern, und zwei- tober 1989 verkaufte De La Rue das Unter- maliger Belichtung mit Laserlicht ausge- nehmen zu je 50% an die Filmhersteller rüstet, führte der Chromagraph DC 300 die DuPont und Fujifilm, was vorhersehbar Rasterung auf elektronischem Weg durch nicht lange gut gehen konnte. Kurze Zeit und war damit auch für den Offsetdruck, später erwarb Fujifilm das Unternehmen ohne die umständlichen Kontaktraster zu 100% und integrierte es mit eigenen zwischenschieben zu müssen, vollwertig Produkten in ihren Konzern. einsetzbar. Darüber hinaus konnte der Scanner durch Verwendung von Filmkas- setten im Tageslicht arbeiten, was seine Aufstellung in beengten Raumverhältnissen erleichterte. Mit Sonderausführungen wie dem Chro- magraph CP 340 wurden großformatige Posterbearbeitungen möglich. Mit dem Chromagraph CTX 330 adaptierte man ein Gerät auch für den Textil- und Tapeten- druck und mit dem Chromagraph CK 350 einen für die Kartographie. Dass der Scan- ner auch die künstlerische Schwarz-weiß- Fotografie beflügelte, beweist eine Instal- lation bei einer Druckerei im Süden San Franciscos, in der die Kunstbände des be- rühmten Fotografen Ansel Adams veröf- fentlicht wurden. Der Scanner ermöglich- Der Chromagraph Der 88-jährige John F. Crosfield lebt te es, getrennte Auszüge für die Hoch- DC 300, hier schon mit heute (2004) mit seiner Frau Edythe ab- lichter und die Schattenpartien herzustel- Laserzusatz, war der len und davon zwei verschiedene Druck- erste digital arbeitende wechseln in Florida (Winter) und London Scanner (Sommer) und erfreut sich seines Hobbys platten herzustellen, die auf einer Bogen- als Kunstmaler. Noch immer steht er gele- offsetmaschine nacheinander abgedruckt gentlich mit dem Autor Boris Fuchs in brief- wurden. Keine noch so sorgfältige Repro- lichem Kontakt und zeigt sich darin als geistig sehr rege und für alles Neue aufgeschlossen. Die weitere Entwicklung bei den Hell-Scannern Entgegen der Beschreibung in der Patentanmeldung wurde der Mit dem Combiskop kam DC 300 gleich von Beginn an mit erstmals ein hoch einem Kernspeicher für die Zwi- auflösender Farbmonitor schenspeicherung der Abtastsig- zum Einsatz, an dem noch vor dem Scannen nale ausgerüstet. Schrifteinblen- Korrekturparameter dungen und Bildüberlagerungen ermittelt werden konnten waren wie beim Combi-Chroma- graph möglich und Maßstabsän- derungen bis zu 3000%, die in dieser Höhe duktion für Nachauflagen – dann nur mit beim Vario-Chromagraph nicht erreicht einem Scan hergestellt – konnte später die wurden. Das mag nochmals verdeutlichen, Brillanz dieser Drucke wieder erreichen. dass jedes neue Gerät auf dem Vorgänger- Der nächste Schritt in der Weiterent- modell aufbauen muss, und ohne den lan- wicklung der Scannertechnik galt der opti- gen Entwicklungsweg zu durchschreiten, schen Sichtkontrolle der Scannereinstel- die Glanzleistungen der späteren Bild- lungen. 1974 war die Farbfernsehtechnik bearbeitungssysteme und auch der über soweit fortgeschritten, dass für spezielle den Ladentisch zu Niedrigpreisen verkauf- Anwendungen hochauflösende Bildschir- ten Photoshop-Programme für den Apple- me gefertigt werden konnten. Mit einem

86 Hell Verein / www.hell-kiel.de solchen Bildschirm in einer separaten Kon- ander auf. Das »Monopol der großen Drei« sole installiert, später auch auf einem war entstanden, indem bei diesen kosten- Schreibtisch frei stehend aufstellbar, ent- trächtigen Entwicklungen nur noch drei stand das Combiskop. Es konnten damit in Anbieter mithalten konnten. Neben Hell einem »pre-flight«, wie wir es heute nen- waren dies Crosfield und Scitex, letzteres nen würden, die Einstellwerte auf dem ein Unternehmen, das mit Grundlagen von Bildschirm in ihrer Wirkung auf das Farb- der militärischen Bildauswertung in der bild visuell begutachtet werden, bevor sie Textilindustrie Israels entstanden war und an den Farbscanner wei- tergegeben wurden. Das Chromacom-System stellte die absolute Weitere Forderungen Spitze der Fabbild- wurden an die Dr.-Ing. bearbeitung dar. Rudolf Hell GmbH her- Niemand ahnte damals, angetragen, vor allem der dass dies nur wenige Wunsch nach einer Sei- Jahre später mit einfachen PCs realisiert tenmontage unter Sicht- werden könnte kontrolle mit bereits ge- scannten, bearbeiteten Bildern und Texten, nach Bildretuschen und Bild- manipulationen. Aus Un- tersuchungen ergab sich, dass die für diese Forde- rungen notwendige Ge- schwindigkeit des Rech- ners enorm hoch sein müsste und wegen der hohen Daten- sich relativ schnell weltweit in seinen Ver- volumen auch größere Speicher benötigt triebsaktivitäten ausbreitete. würden. Das »Moore’sche Gesetz«, wo- Der vorerst letzte Schritt zur Rationali- nach sich die Rechnerleistungen alle ein- sierung des Arbeitsablaufs in der Repro- einhalb Jahre verdoppeln und die Speicher- technik betraf die Einführung von Arbeits- volumen dazu nur ein Jahr brauchen, lie- vorbereitungs-Stationen. Es waren schreib- ßen das Ganze nur zu einem Zeitproblem tischähnliche Arbeitsplätze mit Aufnahme- werden, bei dem man geduldig, wenn auch vorrichtungen für die Plexiglaszylindern, zuversichtlich die externe Entwicklung ab- auf denen die Bildvorlagen aufmontiert warten musste. wurden, um später in den Farbscanner ein- gesetzt zu werden. An den Arbeitsvorbe- Die Entwicklung reitungs-Stationen konnten über Konsolen zum Bildbearbeitungssystem die Farbkorrekturwerte und andere Steuer- Zum Ende der 1970er Jahre war es dann parameter bereits ermittelt und vorein- soweit, dass man mit dem System Chro- gestellt werden, um so den teuren Scanner macom an die Verwirklichung dieses Zie- von Leerlaufzeiten zu entlasten. les gehen konnte. 1980 wurde das erste Danach wurden die Plexiglaszylinder Montage- und Bildbearbeitungssystem aus- mit den darauf montierten Bildvorlagen geliefert und am 15. September 1980 er- nach den ermittelten Steuerdaten gescannt. schien die erste auf einem Chromacom- Schließlich erfolgte die Bildbearbeitung am System erstellte Farbseite in einem Werbe- Chromacom und am Ende stand die Be- katalog. Schnelle Rechner-Prozessoren, wie lichtung von gerasterten Filmen in einem sie bis dahin nur in sogenannten Super- Recorder. Die Entwicklung der Filme ge- computern Anwendung fanden, und meh- schah in Online-Entwicklungsautomaten. rere Plattenspeicher mit je bis zu 300 MB Diese »Fließstrecke« mit der Bezeichnung Speicherkapazität waren dazu einzusetzen. DC 3000 und Einschluss des Top-Scanners Die Bildbearbeitungssysteme hatten des- S 3900 wurde auf der Drupa 1990 erstmals halb auch einen hohen Verkaufspreis, der der Fachöffentlichkeit vorgeführt. in die Millionen DM ging. Trotzdem fan- Es war dies das letzte eigenständige Hell- den sie wegen ihrer rationellen Arbeits- Produkt dieser Produkt-Kategorie. Kurz weise einen fast reißenden Absatz und viele nach der Drupa 1990 fusionierten die Un- Verlage und Repro-Anstalten stellten in ih- ternehmen Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH und ren Betrieben mehrere Anlagen nebenein- Linotype AG zur Linotype-Hell AG.

87 Hell Verein / www.hell-kiel.de Damit wurde ein neues Zeitalter in der Die Grundlagen dazu lieferte schon zu Reprotechnik eingeläutet: das Zeitalter der Beginn der 1960er Jahre der französische Desktop-Reproeinrichtungen. Schon rela- Mathematiker Pierre Bézier (1910-1999), tiv früh hatte nämlich die Linotype AG der damals beim Automobil-Hersteller dieser aus USA kommenden Bestrebung, Renault mit der Entwicklung von nume- die Reprogeräte durch Benutzung von risch bahngesteuerten Werkzeugmaschinen immer leistungsfähiger werdender Com- beschäftigt war und dort mit »Unisurf« ein puter der Bürokommunikation kosten- System zur dreidimensionalen mathemati- schen Beschreibung von Ka- rosserie-Oberflächen entwi- ckelte. Dabei handelte es sich um so genannte »Spline-Funk- tionen« (parametrierte Polyno- me dritten Grades), bei denen es genügt, die Anfangs- und Endpunkte, sowie einige da- zwischen liegende Steuer- punkte, die nicht auf dem Kurvenverlauf liegen müssen, Zwei Scanner, die von sondern Tangenten zum Kur- Linotype-Hell eigens für günstiger zu gestalten, die venverlauf beschreiben, exakt zu bestim- den PC-Bereich entwickelt wurden: Hand gereicht, indem sie men, um so den Funktionsverlauf flexibel Primescan (links) ihre Belichter, bzw. Re- steuern zu können. Adobe Systems in USA und Topas (rechts) corder, »Postscript-fähig« hat die Flexibilität der Bézier-Funktionen machte. Sie ließen sich damit an die han- erkannt, die dritte Dimension weggelas- delsüblichen Computer von Apple-Mac- sen und damit, wie schon erwähnt, das intosh und PCs jeder Art anschließen. heute allgemein übliche Mittel zur Steu- Unter »PostScript« versteht man eine erung von Grafiken und Schriftzeichen Seitenbeschreibungssprache (page descrip- bei␣ der Wiedergabe in Laserdruckern und tion language) des amerikanischen Soft- Laserbelichtern geschaffen. ware-Lieferanten Adobe Systems Inc., die Mit Linocolor entwickelte Linotype-Hell seit 1982 nach Vorgängerprodukten von in der Folge auch ein eigenes System mit Xerox (1978) und der Evans & Sunderland diesen kostengünstigen Komponenten und Computer Corp. von Adobe speziell für stieg damit voll in den Trend zum Desktop- Repro ein, nachdem sich in der Satztech- Dies sind Symbole, nik das Desktop-Publishing (DTP) durch- die heute nicht nur die Fachwelt kennt. gesetzt hatte. Diese Dinge wurden damit Programme für Bild-, immer mehr zum Allgemeingut, indem Text- und heute jedermann auf seinem PC zu Hause Seitengestaltung sind Digitalbilder redigieren und Drucksachen inzwischen selbst erstellen kann. Bestandteile eines jeden PC Es sollte dabei aber nie und nimmer vergessen werden, welchen Einsatz an Geist und Geld es in der Pionierzeit be- grafische Anwendungen optimiert wurde. durft hatte, um zu dieser Leichtigkeit zu Genauer gesagt handelt es sich um eine gelangen. Befehlssprache, die einem Interpreter, d. h. einem Steuergerät des Belichters, die Struk- tur eines zu setzenden und zu druckenden Dokumentes mit ihren Grafiken, Bildern, Überschriften und Texten, einschließlich deren Platzierung, geräteunabhängig mit- teilt. Die Besonderheit bei PostScript liegt dabei darin, dass auch Schriftzeichen als Grafiken angesehen werden, indem ihre Umrissformen als mathematische Linien-, Kreisbogen- und Kurvenfunktionen vorlie- gen und danach der Weg des Belichter- strahls gesteuert wird.

88 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vom Fotosatz zum Digiset

Da Bild und Satz zusammengehören, len Rinnen, in denen die Bleilettern alpha- damit sie beim Seitenumbruch vermischt betisch geordnet nebeneinander aufgereiht werden können, wandte sich Dr. Hell auch waren und mittels einer Tastatur am unte- der Satztechnik zu, jedoch nicht, als noch ren Brettrand ausgelöst wurden, damit sie auf der alten Bleisatztechnik aufgebaut sich in einem Winkelhaken aneinander- werden musste, sondern erst, als er quasi reihen konnten. Das Ausschließen der Zei- als »Quereinsteiger« die digitale Lichtsatz- technik zur Anwendung bringen konnte. Auch hier ist zum Verständnis ein Rückgriff auf die Entwicklungsgeschichte der Setz- maschine, insbesondere der des Foto- und Handsatzlettern, Lichtsatzes unerlässlich. wie sie im Setzkasten lagen und im Winkel- Die Entwicklungsgeschichte haken aufgenommen wurden. Die Einkerbung der mechanischen Setzmaschine (Signatur) diente beim Schon als Johannes Gutenberg (1400- Setzen Kontrollzwecken 1468) Mitte des 15. Jahrhunderts sein Drucksystem erfand, stand das von ihm le und das Ablegen der Lettern nach dem entwickelte Gießinstrument für die Blei- Druck musste noch in der üblichen Weise lettern gleichberechtigt neben der Druck- von Hand geschehen. presse und beide zusammen bildeten erst Interessant ist, was Friedrich Koenig, der das komplette Ganze. Bis zum Beginn des Schnellpressenerfinder, in einem Brief an 19. Jahrhunderts war dies die einzige Art, John Walter II dazu sagte. Er schrieb: »Zur Schrifttypen zu gießen, in Setzkästen ge- Zeit, als ich um eines meiner Patente ein- ordnet abzulegen, um von hier aus im gekommen war, wurde dessen Ausrei- Winkelhaken – das ist eine winkelförmige chung durch einen jungen Mann aus Bir- Setzleiste mit Feststellhebel – von Hand zu mingham (Church) aufgehalten, und es Textzeilen zusammengestellt und nach dem zeigte sich, dass er ein Patent zu nehmen Druck wieder abgelegt zu werden. versuchte auf eine Setzmaschine. Bauer und ich lachten über die Albern- heit eines solchen Projektes. Gleichwohl gingen mir tags dar- auf manche Gedanken durch den Kopf, die mir das Ding aus- führbar erscheinen ließen, ob- gleich es mir im ersten Augen- blick ungereimt vorgekommen war«. Die technischen Anforderun- Ein Setzkasten mit Lettern, in der Hand des Setzers gen, die an Churchs’ Setzma- der Winkelhaken schine zu stellen gewesen wä- zum Sammeln der ren, konnten erst viele Jahre spä- Lettern zu einer Zeile ter erfüllt werden. Es bleibt des- Die erste Idee, den Handsatz mit einer halb unklar, ob seine Setzmaschine je ge- Setzmaschine zu automatisieren, kam im baut wurde oder deren Entwurf nur auf Jahre 1807 auf, als sich der englische Inge- dem Papier stand. Das Journal für Buch- nieur William Church damit intensiv be- druckerkunst bezeichnete seine Erfindung schäftigte. Fünfzehn Jahre später wurde ihm als »das Konglomerat des barsten Unsinn«. ein Patent auf seine Setzmaschine erteilt. Dies mag aufzeigen, welchem mutlos ma- Sie glich in ihrem Aussehen einem großen, chenden Gespött sich die frühen Erfinder aufrecht stehenden Reißbrett mit vertika- ausgesetzt sahen.

89 Hell Verein / www.hell-kiel.de Im Jahre 1833 erfand Joseph Kiegl (1795- sache – angeblich zum Schutz der Frauen 1870) in Preßburg (heute Bratislava) einen vor den giftigen Bleidämpfen. Rechen- und Ablegeapparat, an dem sich Einen weiteren Höhepunkt in der Setz- zur Finanzierung sogar der Kaiser Ferdi- maschinenentwicklung markierte 1849 die nand II. und der ungarische Hochadel be- »Tachéotype« des dänischen Schriftsetzers teiligten. Das Unternehmen scheiterte je- Christian Sörensen (1818-1861). Wie der doch und Kiegls Firma ging in Konkurs. Er Preßburger Joseph Kiegl erfuhr auch er erfand jedoch 30 Jahre später eine Matri- eine Unterstützung durch die Obrigkeit zenprägemaschine zum Abprägen der Let- seines Landes, durch König Christian VIII. tern in eine Gipsmater, um davon Drucklet- Erstmals wurden in seiner Maschine das tern zu gießen. Dieses Prinzip führte Setzen und das Ablegen vereinigt, indem schließlich zur Zeilensetzmaschine von in einem Rundturm die Setz- und Ablege- Ottmar Mergenthaler und ist deshalb als zylinder übereinander angeordnet waren. eine Vorstufe zu dieser zu betrachten. Ermöglicht wurde das automatische Ab- Der erste Betrieb mit legen durch die Verwendung von gezahn- Eine alte Grafik zeigt die einer Bleisetzmaschine ten Typen an Messingstangen. Es wurde Pianotype, an der wie an »Pianotype« geschah im damit eine Setzleistung von 50 000 Typen einer pianoähnlichen Jahr 1840. Sie wurde von pro Tag erreicht. Dafür erhielt Sörensen Klaviatur die Buchstaben eine Goldmedaille auf der Pariser Welt- ausgewählt wurden und James H. Young, Besitzer in einen manuell zu von Baumwollspinnerei- ausstellung von Napoleon III, die er kurz bedienenden en in London und Ant- vor seinem Tod 1861, krank geworden und Ausschließapparat fielen werpen, sowie von Adrien um seine Erfindung betrogen, ins Pfand- Delcambre, einem Groß- haus trug. kaufmann aus Lille in Mit dem Franzosen Charles Kastenbein Nordfrankreich, erdacht entstand 1879 wieder ein entscheidendes und gebaut. Sie umfasste Datum in der Setzmaschinenentwicklung. die Setzmaschine auf der Vermutlich beruhte die Idee dazu auf der Vorderseite der Anlage, eines mit Kastenbein befreundeten Setzers, sowie den seitlich ange- der auch ein Modell dazu anfertigte, aber brachten Ausschließappa- krank wurde, sodass er selbst die Arbeiten rat und den Ablegeapparat nicht fortsetzen konnte. Die in parallel ste- auf der Rückseite. Die Tas- henden Röhren, eingefüllten Typen wur- tatur bestand tatsächlich den über die Tastatur mittels solider Hebel aus Klaviertasten; man sprach vom »Spie- ausgelöst und mit einem Stößel seitwärts len« der Setzmaschine. in eine Röhre befördert, um so zu Zeilen Diese Technik wurde dem Webstuhl und zusammengesetzt zu werden. Da sie je- der Spinnmaschine in ihren Wirkprinzipien doch zur Bedienung vier Personen erfor- nachempfunden. Die Setzer an dieser Maschine nannte der Volksmund deshalb »Schrift- weber«. Fünf bis sieben Per- sonen waren zur Bedienung der Anlage notwendig. Auf der Pariser Industrie-Ausstellung wurde sie jedoch mit nur zwei Mädchen besetzt vorgeführt, Die Kastenbein’sche um damit die Leichtigkeit ih- Setzmaschine von 1879 rer Bedienung zu demonstrie- wurde, obwohl als ren. Danach wurde auch bei unrentabel bezeichnet, dennoch in vielen anderen Setzmaschinen immer Zeitungsbetrieben wieder Frauen eingesetzt, da eingesetzt diese, wie Dr. Brigitte Robuck in ihrem Buch (siehe Literatur- verzeichnis) nachwies, ausdauernder und derte – den Setzer, den Ausschließer, den sachkundiger bei der Bewältigung der Ableger und den Wechsler der Typenröhren Anfangsschwierigkeiten vorgingen. Erst – wurde sie am Ende als unrentabel einge- nach Einführung von Ottmar Mergenthalers stuft. Trotzdem war sie in vielen Zeitungs- Setz- und Gießmaschine wurde der Beruf häusern noch lange Zeit im Einsatz – bei des Maschinensetzers eine reine Männer- »The Times« in London bis 1908.

90 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1880 erfand der amerikanische Ingeni- entgegen der ersten Ausführung ganze Zei- eur Joseph Thorne eine Setz- und Ablege- len abprägen konnte und so gegossene maschine, die der von Sörensen sehr ähn- Schriftzeilen lieferte. lich sah, denn auch sie benutzte zwei über- Am 26. Mai 1884 erfolgte die Vorstel- einander angeordnete Zylinder für das Set- lung der »Band Machine No. 2« in Balti- zen und Ablegen. Eine umlaufende Schei- more. Statt Prägematern enthielt sie vor- be und ein endloser Sammelriemen fügten gefertigte Messing-Matrizen, die in einen die Typen zu einer Zeile zusammen. Das Kreislauf in der Maschine geschickt und

Links: Ottmar Mergenthaler, der Erfinder der Zeilensetzmaschine (sitzend und kleines Bild darunter) erklärt Whitelaw Reid die Funktion der Blower

1892 kam das Urmodell Simplex auf den Markt, technisches Vorbild aller zukünftigen Linotype-Setzmaschinen

Ausschließen erfolgte mit ge- wellten Spatien (Ausschließ- Keilen). Thomas Alva Edison (1847-1931) soll an einer Fern- übertragungseinrichtung für die Thorne-Maschine gearbei- tet haben. Nachdem Thorn da- mit eine Auszeichnung auf der Pariser Weltausstellung 1890 errang, flo- dabei für das Abgießen von Schriftzeilen rierte ihr Vertrieb in Frankreich, in der benutzt wurden. Eine Weiterentwicklung Schweiz und ab 1892 auch in Deutsch- mit pneumatischem Antrieb wurde wegen land. Insgesamt sollen es rund 2000 Ma- ihres dadurch hervorgerufenen Geräuschs schinen gewesen sein, die Absatz in die- die »Blower-Type« (Bläser-Typ) genannt. sen Ländern fanden. Sie ging am 3. Juli 1886 bei der Zeitung Es waren insgesamt mehr als 200 Setz- »The New York Tribune« in Betrieb. Ihr maschinenerfindungen, die über die Jahre Verleger, Whitelaw Reid (1837-1912), soll die Patentliteratur bereicherten, aber zu beim Anblick der ersten gegossenen Zeile keinem oder nur zu einem mäßigen kom- ausgerufen haben: »Ah, a line of type!«, merziellen Erfolg führten. Ihnen allen haf- woraus sich der spätere Name Linotype tete der Nachteil an, dass die relativ wei- ableitete. chen Bleitypen in den Setzmaschinen- 1887 kam es in Chicago zu der legen- Kreislauf geschickt wurden, wodurch die dären Setzmaschinenerfindung von James Rinnen und Röhren oft verstopften und so W. Paige. Legendär wurde die Maschine zu empfindlichen Störungen führten. wegen ihres überaus komplizierten Auf- Im Jahre 1884 trat der deutsche Immig- baus aus rund 18 000 Einzelteilen, darunter rant in USA, Ottmar Mergenthaler (1854- 800 Räder und Achsen. Der Patentprüfer 1899), in Baltimore, Maryland, erstmals soll angeblich beim Prüfen des Prototyps mit einer Matrizenprägemaschine, genannt und der dazugehörigen Dokumentation, »Rotary Mix Machine«, in Erscheinung, an die aus 613 Seiten Text und 389 Seiten der er schon seit 1878 gearbeitet hatte. Sie Zeichnungen bestand, irre geworden sein prägte, wie schon früher erwähnt, die Typen – so jedenfalls die Legendenbildung. in eine Gipsmater ab. Aus diesen Formen Tatsache ist jedoch, dass der bekannte wurden dann die Drucktypen gegossen. und erfolgreiche Schriftsteller Mark Twain Damit wurde vermieden, die␣ Original-Ty- (1835-1910) den Erfinder mit zwei Millio- pen in den Kreislauf schicken zu müssen, nen Gold-Dollar unterstützt hatte und die um diese zu schonen. Es folgte unmittel- gesamte Summe bei diesem Abenteuer bar darauf die »Band Machine No. 1«, die verlor. Als nämlich beim Prototyp ein Teil

91 Hell Verein / www.hell-kiel.de brach, konnte dies nur in der Werkstatt des veranlasste ihn, dieses Prinzip auch bei Erfinders repariert werden und niemand seiner Typograph-Setzmaschine anzuwen- wagte danach, das Risiko mit der Maschi- den, wobei durch die zwangsweise Füh- ne erneut einzugehen – die Paige-Gesell- rung der Matrizen an Gleitdrähten und das schaft ging in Konkurs. Später wurden alle Ablegen der Matrizen durch einfaches Patente und Rechte von der Linotype Schwenken des Matrizenkorbes die Ma- Company aufgekauft, wohl nur, um keinen schine wesentlich einfacher und damit Konkurrenten damit wieder aufkommen auch kostengünstiger als die »Blower-Type« gestaltet werden konnte. Die Typograph- Zur Herstellung wurde die Typograph Setzmaschine. und ihr Erfinder Company bei der Maschinenfabrik von Fred John Raphael Rogers Bright in Cleveland gegründet. Bei einem (1856-1934) 1891 von der nordamerikanischen Zei- tungsverlegervereinigung ANPA (American Newspaper Publishers Association) veran- stalteten Wettbewerb ging der Typograph vor der Linotype als Sieger hervor, wobei die Rentabilität, die Handhabung und die einfache Bauweise in der Bewertung her- vorgehoben wurden. 1894 erwarb die Linotype Company alle Patente und Rechte von Rogers einschließ- lich der Maschinenfabrik von Fred Bright, offensichtlich, um den Konkurrenten da- mit auszuschalten. Unabhängig davon und von Linotype unbeachtet war jedoch eine Fabrikation zu lassen. In einer anderen Version wird nach Kanada verlegt und dort die Interna- berichtet, dass die Liontype Company die tional Typograph Co. gegründet worden. Paige-Maschine preislich an die Wand Isidor Loewe, der Besitzer der Maschinen- drückte, um sie vom Markt fernzuhalten, fabrik Ludwig Loewe AG in Berlin, über- so wie sie es später auch mit mehreren nahm 1895 die Lizenzfertigung von den anderen Konkurrenten praktiziert hat. Kanadiern für Deutschland. 1908 entstand Cleverer ging da der amerikanische Er- so in Berlin die Zweibuchstaben-Typograph finder John Raphael Rogers (1856-1934) und 1914 das Universal-Modell. Das er-

Die Einzelbuchstaben- Setz- und Gießmaschine Monotype und ihr Erfinder Tolbert Lanston (1844-1913). Erfassungs- und Gießvorgang waren erstmals getrennt

mit seiner Typograph-Setzmaschine in klärt das lange Überleben dieser Setz- Cleveland, Ohio, zu Werke. Er setzt zuerst maschine besonders in Deutschland. wie Mergenthaler Typenstempel zu einer Eine weitere bahnbrechende Erfindung Zeile zusammen, um davon Abprägungen gelang dem Amerikaner Tolbert Lanston zu machen, die zur Herstellung von Schrift- (1844-1913), der im Jahr 1891 in Troy, zeilen abgegossen wurden. Der Erfolg von Ohio, seine Monotype-Maschine erfand. Mergenthaler mit den Messing-Matrizen Bei dieser Maschine bestand im Gegen-

92 Hell Verein / www.hell-kiel.de satz zur Linotype die ausgeschlossene Zei- 7000 Linotype-Setzmaschinen im Einsatz. le aus Einzelbuchstaben. Tast- und Gieß- Nach dem Auslaufen der Linotype-Patente vorgang waren getrennt. So konnte der war es ein Zeitungsverleger, der zum Bre- Gießvorgang mit dem heißen Blei zeit- chen des bis dahin bestehenden Linotype- versetzt und vor allem in getrennten Räu- Monopols ansetzte. men durchgeführt. Dafür lieferte der Perfo- Hermann Ridder, der Herausgeber der rator mit der Tastatur einen 32-Kanal-Loch- deutschsprachigen Zeitung in den USA streifen. »New York Staats-Zeitung« und Direktor Die Patentanmeldung war schon 1887 erfolgt. 1894 verkaufte Lanston seine Pa- tente an den englischen Earl of Dunraven, worauf in Salsford bei London die Lanston Monotype Ltd. entstand. Die bereits genannte Zeitungsverleger- vereinigung ANPA erwies sich in der Folge als ein starker Förderer der Setzmaschinen- entwicklung, was schon durch den Wett- bewerb von 1891 zum Ausdruck kam. Be- reits vor Gründung der ANPA im Jahre 1887 hatten mehrere Zeitungsverleger die Intiative ergriffen, um die Realisierung und Produktion der im Werden begriffenen Mergenthaler’schen Setzmaschine voran- zutreiben. Das »Syndicate of Prominent Newspaper Publishers«, an dem sieben Verleger, darunter Whitelaw Reid von der »New York Tribune« und Stilson Hutchins von der »Washington Post«, beteiligt waren, übernahm die Kontrolle über die Firma, aus der 1886 die Mergenthaler Printing Company hervorging. Für Ottmar Mergenthaler führte dies je- doch auch zu einigen Schwierigkeiten. Die Blower-Type fand zwar ab 1886 in den Druckereien des Syndikats vielfachen Ein- gang, doch bei der Arbeit in der täglichen Zeitungsproduktion kam es immer häu- figer zu technischen Problemen, die zum Ausfall der Maschinen führten. Mergenthaler, der die Blower-Type nicht der Nachrichtenagentur AP (Associated Oben die Maschinen- weiter vertrieben sehen wollte, bevor nicht Press) gründete 1911 die International Type- setzerei bei den »Kieler Nachrichten« alle ihre Mängel beseitigt waren, wurde setting Machine Co., die sich neben der 1976 in Bleisatztechnik. von den Syndikatsmitgliedern gezwungen, Herstellung von Matrizen und Ersatzteilen Unten zeitgleich die weiter zu produzieren. für Linotype-Setzmaschinen auch dem Bau neue Texterfassung Es kam zum Bruch zwischen ihm und einer eigenen Setzmaschine zuwandte. für den Lichtsatz Reid mit der Konsequenz, dass er sich in Im März 1913 wurde die erste Maschi- seine Werkstatt in Baltimore zurückzog, ne, die den Namen »Intertype« erhielt und um dort an der Weiterentwicklung der dem Modell 5 der Linotype sehr ähnlich Maschine zu arbeiten. Es gelangte so 1890 sah, beim »New York Journal of Commerce« die »Square Base Machine« auf den Markt aufgestellt. Sie war rund 30% billiger ge- und 1892 mit dem Modell »Simplex« die genüber der entsprechenden Linotype- Urmutter aller zukünftigen Linotype-Setz- Maschine und fand deshalb einen immer maschinen. Die Mergenthaler Printing breiter werdenden Absatz. Company war 1891 in die Mergenthaler In Deutschland dauerte es relativ lange, Linotype Company of New Jersey um- bis sich Zeitungsverleger zur Einführung benannt worden und 1896 entstand in von Setzmaschinen entschließen konnten. Berlin die Mergenthaler Setzmaschinen Die institutionalisierten Sozialbeziehungen GmbH. Bei Ottmar Mergenthalers Tod 1899 drängten auf eine konfliktfreie Technikein- – er wurde nur 45 Jahre alt – waren bereits führung; bei Setzmaschinen stand immer

93 Hell Verein / www.hell-kiel.de noch das Gespenst vom »Eisernen Kolle- -Filmstreifen haben, wobei die drei zuletzt gen« im Raum. Noch vor der Einführung genannten alle Zeichen einer Schrift in der Setzmaschinen trat deshalb am 1. Ja- Negativform enthielten. Merkmal dieses nuar 1900 ein so genannter »Setzmas- Verfahrens ist eine vollflächige optische chinentarif« in Kraft, der die Arbeits-, Lohn- Kopie eines tatsächlich als Bild vorhande- und Ausbildungsbedingungen an diesen nen Zeichens auf Film. Maschinen in allen Details vorschrieb. 2. Beim Lichtsatz – eine zur Unterschei- Nachdem die Setzmaschinen eingeführt dung zum bisherigen Fotosatz von Hell waren, hielt man wiederum, trotz des Auf- geprägte Wortschöpfung – wurden die zu

Eine Karikatur vom »Eisernen Kollegen«, mit denen die Hand- setzer versuchten, die Entwicklung von Setzmaschinen lächerlich zu machen belichtenden Zeichen auf einer Kathoden- strahlröhre (englisch Cathode-Ray-Tube, CRT) abgebildet und von dort auf Film belichtet. Für diesen Vorgang war es erfor- derlich, dass die Schrift zunächst in elek- tronisch speicherbare Elemente zerlegt, also digitalisiert wurde. Neben der CRT war also ein elektronischer Schriftspeicher das Merkmal dieses Verfahrens. In der Anfangszeit des Lichtsatzes wur- den die Zeichen längencodiert, also in ver- kommens anderer Alternativen, wie dem tikale Bildlinien zerlegt. Die Zeichen wur- Fotosatz, an ihnen relativ lange fest, zumal den folglich nicht mehr vollflächig, son- diese inzwischen zu schnellen, lochstrei- dern aus parallelen Linien zusammenge- fengesteuerten TTS-Maschinen (teletype setzt belichtet. Dieses Verfahren ließ bereits setting) ausgebaut worden waren. die Belichtung von Strichbildern zu, wenn diese zuvor ebenfalls in Bildlinien zerlegt Foto- und Lichtsatz und gespeichert wurden. Der Fotosatz wurde ursprünglich für den 3. Beim Lasersatz wurde als Lichtquelle Tief- und Offsetdruck entwickelt, da man ein Laser eingesetzt. Auch dieses Verfah- statt erhabenen Bleisatz für den Buchdruck ren verlangte einen elektronischen Schrift- Satz auf Film für die Druckform-Herstel- lung benötigte. Niemand ahnte damals, dass auch der Zeitungsdruck einmal davon profitieren und der Buchdruck durch den Offsetdruck abgelöst werden sollte. Die Entwicklung des Fotosatzes und des- sen Abwandlungen im Laufe von rund 100 Jahren wird in drei Verfahren eingeteilt: 1. Beim Fotosatz durchleuchtete eine Lichtquelle (Lampe oder Blitz) einen Schrift- speicher. Da sich ein Laserstrahl aber nicht bildträger, oder vereinfacht, ein Dia. Die- wie ein Kathodenstrahl beliebig elektro- nisch ablenken lässt, mussten zunächst ganze »Zeilen« elektronisch zwischenge- speichert werden, die aus Text-, Grafik oder Bildanteilen bestehen konnten, um aus ihnen ein Steuersignal für den Laser zu erzeugen. Merkmal für den Lasersatz war also, dass vor der eigentlichen Belichtung ein ser Schriftbildträger konnte die Form von virtuelles Speicherabbild aller sich hori- Einzeldias, Schrift-Scheiben, -Rahmen oder zontal erstreckenden Bestandteile der

94 Hell Verein / www.hell-kiel.de Druckform erzeugt werden musste. Diese Schon 1922 schlugen John Robertson, Technologie benötigte einen Raster-Image- Thomas Brown und Andrew Orrell in USA Prozessor, kurz RIP genannt. Ein lang ge- vor, Bleisetzmaschinen für den Fotosatz hegter Wunsch konnte mit dieser Technik umzubauen, aber es dauerte noch bis 1950, auch erfüllt werden: Die Belichtung von als der Linotype-Konkurrent Intertype sei- Farb-Halbtonbildern. Die Genauigkeit die- nen ersten »Fotosetter« vorstellte, der nichts ser Konstruktionen erlaubte dank Register- anderes als eine umgebaute Blei-Zeilen- lochung des Films das Belichten passerge- setzmaschine war, bei der die umlaufen- nauer Farbauszüge. den Messing-Matrizen in Querbohrungen

Links eine Schrift- scheibe mit bildlicher Darstellung der Zeichen. Sie wurden mit einer Lichtquelle auf Film projiziert. Rechts die Grundidee Dr. Hells, Zeichen nicht mehr in Bildform, sondern als Pixel digital in Speichern abzulegen

Schriftzeichen wurden im Schriftspeicher Filmnegative der einzelnen Schriftzeichen in Umrisscodierung (Vektorcodierung) vor- enthielten. gehalten. 1930 wurden dem Ungarn Edmund Uher in England verschiedene Patente auf eine Die Entwicklungsgeschichte Fotosetzmaschine erteilt, die sogar die gro- des Foto- und Lichtsatzes ße Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg Die Geschichte des Fotosatzes und des AG (M.A.N) in Augsburg dazu bewog, in ihm nachfolgenden Lichtsatzes reicht mehr dieses Geschäft mit einzusteigen. Über die als hundert Jahre zurück. Waren es zu- Lieferung von wenigen Prototypen dieser nächst nur Geräte so wurden daraus auf- »Uhertype« kam jedoch die ihrer Zeit weit grund gestiegender Anforderungen Maschi- vorauseilende Erfindung nicht hinaus. nen und Verbundsysteme. Die erste über den Prototypstatus hin- Bereits 1893 meldete Arthur Ferguson ausgehende Praxisausführung einer Foto- in England ein Patent für ein Fotosetzgerät setzmaschine war die »Lumitype«, später an. 1894 wurde dem Ungarn E. Petzsold »Photon« genannte Maschine, die 1945 und 1895 Engländer William Friese-Green den Franzosen René Higonnet und Louis Patente für Fotosatzgeräte zugesprochen. Moyroud patentiert wurde. Sie belichtete 1899 schlug Richards ein Fotosatzgerät die Schriftzeichen mit einer Stroboskop- vor, das mit Durchlicht und einem rotie- Lampe von einer schnell rotierenden Schei- renden Segment, bestückt mit Diaposi- be herunter. Sie wurde anfänglich, wie tivzeichen, arbeitete. bereits erwähnt, bei Crosfield Electronics 1915 erhielt Alfred E. Bawtree ein Pa- gebaut. tent auf ein Fotosatzgerät, bei dem die Erst 1955 entstand die Linofilm 1010␣ aus Diapositive von Schriftzeichen auf einer der, auf einer Kathodenstrahlröhre aufbau- runden, manuell drehbaren Scheibe ange- enden K. S. Paul-Fotosetzmaschine, nach- bracht waren. Im gleichen Jahr wurde dem dem die Mergenthaler Linotype Co., die Unternehmen Siemens & Halske ein Pa- US-amerikanische Muttergesellschaft der tent auf eine Fotosetzmaschine zugespro- deutschen Linotype GmbH, und die CBS chen, das die Schriftzeichen mittels Funk- Laboratories die Rechte von der K. S. Paul enentladung auf einen bewegten Streifen Ltd. in England erworben hatten. Fotopapier belichtete. Die Liste der Foto- Mit der Anwendung einer Kathoden- setzmaschinenerfindungen ließe sich lan- strahlröhre, war auch für Dr. Hell der Zeit- ge fortführen, weshalb nur noch einige punkt gekommen, um sich neben der Meilensteine erwähnt werden sollen. Reprotechnik auch der Satztechnik zuzu-

95 Hell Verein / www.hell-kiel.de wenden. Bei der Linotype 1010 wurden nes Gutenberg verglichen werden – trans- die einzelnen Schriftzeichen von einer poniert auf den modernen Lichtsatz. Auch Fotomatrix mit 256 Zeichen abgescannt Gutenberg erfand gegenüber den Korea- und simultan, also nicht gespeichert, über nern mit ihren Metall-Lettern, die sie im eine Kathodenstrahlröhre ausgegeben und Wachsausschmelzverfahren immer wieder über eine Optik auf Film projiziert. Dage- neu erstellen mussten, die quasi gespei- cherten Stahlpatrizen und Kupfermatrizen, mit denen ohne Erstellung einer neuen Form Lettern gegossen werden konnten. Das mag Dr. Hell damit im Grunde ge- meint haben, als er einmal sagte: »Eigent- lich habe ich dem Gutenberg ja ins Hand- werk gepfuscht«. Der Digiset arbeitete mit digitalisierten Zeichen Im Juli 1965 hielt Dr. Hell in Paris an- lässlich der Fachmesse TPG einen Vortrag, mit dem er die digitale Setzmaschine, den Digiset, der Fachöffentlichkeit vorstellte. Zur Untermauerung der damit erreichba- ren Qualität wurde der Wortlaut seines Als 1965 der erste gen kam Dr. Hell auf die Idee, die Schrift- Vortrags mit dem Labormodell gesetzt und Digiset-Prospekt zeichen vorher zu digitalisieren, in einem als Sonderdruck an die Zuhörer verteilt. gedruckt wurde, hatte man von der äußeren Speicher abzulegen und von dort beim Manche Kinderkrankheiten waren anfangs Form des Digiset noch Setzen abzurufen. Die Leistung konnte noch zu beseitigen, so z. B. der gelegent- keine Vorstellung. dadurch von rund 100 Zeichen pro Sekun- liche Zeilenversatz bei kontinuierlichem So entstand de beim seither üblichen Fotosatz auf eini- Vorschub des Filmmaterials und die gleich- dieses Fantasiegerät ge 1000 Zeichen pro Sekunde gesteigert mäßige Schwärzung der Schrift im Ent- werden. wickler. Tatsächlich steckten in dieser Entwick- Es verging noch ein Jahr, bis 1966 das lung die Wurzeln der Hell-Technik: die Modell Digiset 50 T1 auf der Hannover Bildzerlegung für das Fernsehen, also auch Messe mit einem Schrittantrieb des Film- der Einsatz von Kathodenstrahlröhren und vorschubs sowie einer automatischer On- die Zerlegung von Buchstaben in Linien, line-Entwicklung vorgestellt werden konn- wie prinzipiell beim Hellschreiber. te und damit diese Anfangsmängel aus- Der Umweg über den wiederholten schaltete. Scanvorgang der Buchstaben wurde damit Wenig später wurde der erste Digiset in in idealer Weise umgangen. Dr. Hells Er- den USA gezeigt. Um sich vorstellen zu findung kann durchaus mit der von Johan- können, wie damals bei Hell gearbeitet

1965 erhielt Dr. Hell im Urlaub in Griechenland den ersten, jemals mit einem Digiset belichteten Film mit dem Text »Frohe Ostern 1965«. Hier die Antwortkarte von Dr. Hell an den damaligen Laborleiter Roman Koll: »Lieber Herr Koll, Frohe Ostern. Ich habe mich sehr gefreut. Die Schrift ist, ohne Lupe gesehen, sehr gut. Jetzt gehen wir für 10 Tage mit der ALKYON auf hohe See. Dann wieder im Hilton. Grüsse auch an Ihre Mitarbeiter, Ihr Hell.«

96 Hell Verein / www.hell-kiel.de Der nebenstehende Februar Mündliche Auftragserteilung durch Dr. Hell, Arbeitsplan für die ein Lichtsatzgerät zu entwickeln Entwicklungsarbeiten am Digiset zeigt, wie März Festlegung der Matrix 30 x 30 zur Erfassung der Bildpunkte eng terminiert bei Hell gearbeitet wurde

1964 für Schriftzeichen, Entwicklung eines Abtastgeräts April Erste elektronisch gespeicherte Schriftzeichen von einem Bildrohr abfotografiert Mai Ein neuer Versuchsaufbau mit größerer Bildröhre Juni Elektronische Steuereinheiten für Zeicheneingabe, Schriftspeicher, Speicherausgabe und Bildansteuerung Juli Filmtransport für 35-mm-Film mit kontinuierlichem Antrieb August Erweiterte Zeichenmatrix auf 30 x 48 bis Jahresende Fertigstellung der Kernspeichersteuerung, diverse Tests.

Januar Lieferung des ersten Siemens-Kernspeichers Februar Aufbereitung der »Garamond« als erste Schrift, Codierung in Lochstreifen

1965 März Schrifteingabe in den neuen Kernspeicher April Eingabe des ersten zu belichtende Textes über Lochstreifen: Frohe Ostern. Der Text wird Dr. Hell in den Urlaub geschickt. Mai-Juli Umstellung von 35-mm- auf 70-mm-Film. Erstellung einer neuen Grotesk-Schrift für den Text mit dem Vortrag Dr. Hells zur TPG in Paris, Texterfassung auf Lochstreifen August Belichtung des Vortragstextes von Dr. Hell Herbst Größere Umstellung des Konzeptes: Digitale Strahlablenkung, Schrittweiser Filmvorschub, großes Spezialobjektiv (ASTRO Berlin), Silvania-Bildrohr mit 22 mm Durchmesser. Erneute Änderung der Schriftzeichen-Codierung

April Ausstellung der ersten Digiset-Setzmaschine zur Hannover-Messe, noch ohne Funktion Juni Lieferung der ersten funktionierenden Digiset-Setzmaschine

1966 an RCA/USA. Oktober Lieferung der ersten Digiset-Setzmaschine in Europa an KTAS in Kopenhagen (Dänemark). Belichtung des Kopenhagener Telefonbuchs in wenigen Nachtstunden nur 20 Monate nach mündlich erteiltem internen Entwicklungsauftrag! wurde, wird obenstehend in Tabellenform Im Herbst 1966 wurde der Digiset 50 T1 ein geraffter Ablauf der Digiset-Entwick- erstmals in Europa, in Kopenhagen bei der lung ab Februar 1964 dargestellt. Telefongesellschaft KTAS für die Telefon- Die bereits mehrmals erwähnte »Radio buchherstellung eingesetzt. In wenigen Corporation of America (RCA)«, hatte zur Stunden wurde das gesamte Telefonbuch gleichen Zeit mit dem »Videocomp« eine belichtet, wozu man bisher Wochen benö- Lichtsetzmaschine auf den Markt gebracht, tigte. Geringere Kosten und höhere Aktua- die nach dem gleichen, oder zumindest lität waren die wichtigsten Entscheidungs- ähnlichen Prinzip arbeitete. Da jedoch der kriterien bei dieser Anschaffung. Digiset als die bessere und ausgereifte Aus- Die zweite Digiset 50 T1-Anlage ging führung angesehen wurde, übernahm RCA nach Hamburg zum Axel Springer Verlag, den Digiset in ihr Vertriebsprogramm und wo sie für die Erstellung der Programm- lieferte über die Jahre mehr als 100 Anla- spalten der Fernsehzeitschrift »HÖR ZU« gen davon aus. eingesetzt wurde.

97 Hell Verein / www.hell-kiel.de So sah das erste Digiset-Model 1966 aus: Digiset 50T1 mit Kathodenstrahlröhre a b c (a), Kamera (b) und Online-Entwicklung (c)

Mit dem DS 2069 (links) wurde in Verbindung mit dem Satzrechner Text erfasst und korrigiert. Rechts der Digiskop, an dem die Gestaltung in Echtdarstellung überprüft werden konnte

Rechts: Digiset-70mm- Film aus der Produktion des Kopenhagener Die dritte Anlage wurde mit dem hoch- Erst in den 70er Jahren begann man, Schrift- Telefonbuchs von 1966 gesteckten Ziel, den Neckermann-Katalog zeichenscanner zu entwickeln. Aber auch im Textteil (für noch später durchzuführen- diese produzierten noch Lochstreifen. de Preisänderungen) zu belichten, an das Für das Einscannen von Logos und Son- Lux-Bildstudio in Neu-Isenburg bei Frank- derzeichen wurde der Digigraph, ein ver- furt-Main geliefert. einfachter Trommelscanner, geschaffen, mit Zu den Olympischen Spielen 1972 gab dem Kunden vor Ort diese Zeichen für die es in München und in Kiel aus satztech- Vorab-Speicherung generieren konnten. nischer Hinsicht eine Sensation. Neben 1974 kamen Texterfassungsgeräte hin- täglichen Berichten wurden wenige Stun- zu, die mit den ersten Intel-Prozessoren den nach den Wettkämpfen alle Ergebnisse vom Typ 8085 ausgestattet waren. Tech- über Digiset gesetzt, in Buchform gedruckt nisch gesehen, waren dies die ersten PCs, und zur Abschlussveranstaltung verteilt. als es den Begriff noch gar nicht gab. Sie Anfangs mussten noch alle Schriftzei- arbeiteten mit mehreren Schriften und mit chen mit der Hand gezeichnet, ausgezählt Sonderzeichen. Die Tastatur war kunden- und die Information der Längeneinheiten spezifisch ausgelegt. In Verbindung mit in Lochstreifen getastet werden, bevor die einem Drucker wurden die Geräte auch kompletten Schtiften in den Digiset-Spei- für interne Texte und zu Programmier- cher eingelesen werden konnten. Dafür zwecken eingesetzt. Die Satz- und Gestal- hatten auch die Kunden Lochstreifenleser. tungssoftware für das Digisetsystem war

98 Hell Verein / www.hell-kiel.de allerdings damals im Gegensatz zu den spalten der Fernseh-Zeitschrift »HÖRZU« heutigen PCs vom nachgeschalteten Satz- und erst dann für seine Zeitungen einset- rechner abhängig. Weit über tausend Ge- zen. Der Springer-Planungsstab verlangte räte fanden in wenigen Jahren Absatz. u. a. die Kompatibilität von Digiset- und Ab dem Jahre 1977 konnten darüber Bleisetzschriften, um in der Übergangszeit hinaus die über das Erfassungsgerät einge- beide Satzsysteme beliebig mischen zu gebenen und korrigierten Texte vor der können. Außerdem durfte bei der »HÖRZU« Belichtung im Digiset für Kontrollzwecke auf keinen Fall der Text mehr Platz␣ bean- in so genannte »WYSIWYG«-Darstellung spruchen, während bei den Zeitungen das (What You See Is What You Get) auf einem Erscheinungsbild mit Rücksicht auf die Digiskop genannten Bildschirm betrachtet angeblich konservative Leserschaft nicht werden. Dieses amerikanische Kürzel bezeichnet die Echtdar- Schriftzeichen mussten nicht nur mit stellung des Textes auf dem Bild- der Hand gezeichnet schirm gegenüber dem früher nur werden, sie mussten möglichen Kontrolltext in einem anfangs auch manuell einzigen Schriftgrad mit Satzbe- digitalisiert werden fehlen. Bei allen technischen Raffines- sen und Entwicklungen war ein gewichtiges Thema ein wenig ins Hintertreffen geraten, nämlich die Entwicklung von Schriften für den Digiset. Peter Käpernick, der damalige Leiter der Schriftenabteilung im Unternehmen Hell hat seine Erin- nerungen über die Entwicklung der Digiset- verändert werden durfte. Die geforderte Schriften wie folgt niedergeschrieben: Kompatibilität war aber aus technischen Während Dr. Hell für die Umsetzung seiner Gründen nicht erreichbar. Während im Erfindung Digiset ein ganzer Stab von Bleisatz jeder Schriftgrad eigene Gestal- Diplom-Ingenieuren zur Verfügung stand, tungsmerkmale hatte, wurden im Digiset befand man sich bei den Schriften völlig die Schriftgrade aus einer Grundform ver- auf Neuland. Die erste digitale Schrift größert und verkleinert. Aus Gründen der wurde von Elektronik-Ingenieuren per Hand besseren Qualität und Lesbarkeit, wurden in einen Lochstreifen gestanzt, um dann in die Schriften in verschiedene Auflösungs- den Schriftspeicher des Digiset eingelesen bereiche, zum Beispiel von 4 bis 16 Point zu werden. Die Ingenieure und wohl auch oder 8 bis 32 Point, aufgeteilt. Dr. Hell sahen nur das technische Problem, Bei einer Zusammenkunft des Planungs- die vorhandenen Bleisetzschriften in digi- stabes von Springer und␣ Mitarbeitern aus tale Daten umzusetzen, die den Kathoden- Vertrieb und Technik der Firma Hell über strahl steuerten. Mit Hilfe von Datenver- diese und weitere Probleme hatten Letztere arbeitung und entsprechender Program- einen schweren Stand. Dr. Hell wurde da- mierung würde dies sicher auch terminlich zu gerufen und es zeigte sich, wie leiden- zu lösen sein. Der Hinweis eines Druck- schaftlich er sich für seine Ideen und seine Ingenieurs aus dem Vertrieb, dass Schriften Mitarbeiter einsetzte. Als sich der Delega- eigene Gesetzte hinsichtlich Lesbarkeit, tionsleiter von Springer␣ darüber beschwer- Kultur, Kunst, Tradition und Schutz von te, die Firma Hell würde die zugesagte Gestaltung und Namen hätten, wurde Geschwindigkeit des Digiset und die ge- vorerst nicht ganz ernst genommen. forderte Schriftlieferung nie␣ erreichen, man Beim ersten Anwender, der Telefonge- werde den Digiset wieder zurückgeben, sellschaft KTAS in Kopenhagen, sollte der wurde Dr. Hell sehr erregt und verwies die Digiset für den Satz von Telefonbüchern Springer-Delegation kurzerhand des Hau- eingesetzt werden. Hier gelang es noch, in ses. Ein unerhört mutiger Vorgang. Wie Zusammenarbeit mit dem Kunden, relativ immer stand er mit seinen Erfindungen schnell die Probleme der Lesbarkeit be- über den technischen Schwierigkeiten und treffs der Schrift zu lösen. Der zweite An- einigte sich schließlich mit Dr. Walter Ma- wender, die Axel Springer AG, wollte den tuschke, dem allgewaltigen Technischen Digiset zuerst für den Satz der Programm- Direktor des Axel Springer Verlags, kleine

99 Hell Verein / www.hell-kiel.de Probleme dem großen Ziel, gemeinsam den Gutenberg-Preis erhielten und später den Zeitungssatz zu revolutionieren, unter- Dr. Hell die »Atypi«, die Vereinigung aller zuordnen. Schriftkünstler und Typographen, zu ihrem Nach diesem Vorfall bemühte sich Dr. Jahreskongress nach Kiel einlud, um den Hell, kompetente Fachleute für die Ferti- Fachleuten die hohe Qualität der neuen gung von Digisetschriften zu bekommen. Digisetschriften zu demonstrieren. Aber es gab ja nur ganz wenige Schrift- Hermann Zapf schuf Schriften, wie die gestalter und Schrifttechniker in Deutsch- »Marconi«, die »Edison« und die »Aurelia land. Und diese waren fest in den Händen Antiqua« ganz speziell für den Digiset. In der Konkurrenz, ähnlich bei Linotype, diesen Schriften wurden die Möglichkeiten Monotype und Berthold. Es begann also dieser modernen Lichtsatztechnik ausge- ein mühsamer Entwicklungsweg für Inge- schöpft.

Gleichzeitig mit Hermann Zapf konn- ten mit Max Caflisch aus der Schweiz ein renommierter Typograph als Berater und mit Gerard Unger aus den Niederlanden ein sehr begabter Schriftzeichner engagiert Eine Originalzeichnung nieure, Programmierer, Setzer und Graphi- werden. aus der CD ker in Kiel, mit Hilfe von spezieller Hard- Spezielle Aufgaben wurden in der Hell- »The world of alphabets by Hermann Zapf« und Software auf Datenverarbeitungsanla- Schriftenabteilung für den Einsatz bei den gen Schriften zu digitalisieren und auszu- Olympischen Spielen 1972 und auch für Rechts: Peter Käpernik liefern. Natürlich mussten die Schriften verschiedene Telefonbücher durchgeführt. (links), der als Leiter auch an die stete Entwicklung des Satz- Die Entwicklung all dieser Schriften␣ er- der Schriftabteilung rechnerprogramms DOSY (Digiset-orien- forderte eine enge Zusammenarbeit zwi- die Niederschrift verfasste, mit tiertes Satzsystem) angepasst werden. schen dem Schriftzeichner und der Schrift- Prof. Hermann Zapf, Dr. Hell gab immer rechtzeitig die Impulse, technik bei Hell. März 2003 auch als er sich schon aus der direkten In der ersten Phase zeichnete Prof. Zapf Firmenleitung zurückgezogen hatte. die Buchstaben noch mühsam direkt als So wurden von einem Hamburger Soft- Bitmap. d. h. aus einzelnen Pixeln zusam- ware-Unternehmen umfangreiche Pro- mengesetztes Schriftbild, die dann bei Hell gramme zur digitalen Schriftenherstellung ausgezählt und digital codiert wurden. gekauft.␣ Nach dem Testdrucken des Satzes wurde Besonders die neue Flexibilität in der die Bitmap korrigiert und der Vorgang wie- Zeichengestaltung und deren Zurichtung derholte sich entsprechend. Später wurden beim Zeichenumfang der Satzschriften, die Zeichen in analoger Form mit schwar- bei␣ Akzentbuchstaben, Sonderzeichen und zer Tusche gezeichnet und anschließend Signets zeigte sichtbar die Vorteile des␣ digi- mit dem Digigraph digitalisiert. Das Ergeb- talen Lichtsatzes gegenüber dem Bleisatz. nis, wiederum eine Bitmap, konnte nun auf Nun interessierten sich auch die künstle- einem Monitor dargestellt und mit einem rischen Schriftgestalter für die neue Tech- Cursor korrigiert werden. nik. Dr. Hell konnte Prof. Hermann Zapf, Zum Schluss zeichnete Prof. Zapf nur einen weltweit anerkannten Fachmann, für noch die Konturen der Zeichen, die nach die Entwicklung von Digisetschriften ge- den Regeln einer neuen Schriftenprogram- winnen. Nach außen zeigte sich diese␣ Ver- mierung markiert und intern im Computer bundenheit darin, dass beide nacheinander gescannt wurden. Auf dem Digiskop konn-

100 Hell Verein / www.hell-kiel.de te man die Kontur mit und ohne Mar- zur Hand. Rasch kann man die beste Form kierung darstellen. Das ließ dann eine – technisch und ökonomisch – finden, die optimale Korrektur zu. Außerdem war die zur Bewältigung einer typographischen Kombination von Zeichen und Zeichen- Aufgabe gebraucht wird... teilen möglich. So konnte man auch in Die Elektronik hilft uns neue Wege zu Kombination mit dem Satzprogramm end- beschreiten. Nicht nur, dass wir innerhalb lich Schreibschriften mit fließenden An- eines Rastersystems genaue Positionen an- schlüssen der Buchstaben setzen. Mit der Entwicklung des Laser-Digisets und dem Einbrechen der »Fourth Wave« (vierte Welle) in die Satztechnik, erhielten die mit dem Desktop-Publishing aufkom- menden Billigschriften auch Zugang zum Digiset. Damit endete leider abrupt die Produktion von Schriften bei Hell, die stets wegen der geringen Kundenzahl und be- sonders aus Qualitätsgründen relativ teuer war. Soweit der Bericht von Peter Käpernick über die Zeit der Schriftentwicklung bei Hell. Prof. Zapf sagte 1977 bei der Ver- leihung des Gutenberg-Preises an Dr. Hell über die neuen gestalterischen Möglich- keiten des Digiset in seiner Laudatio: »Manche behaupten, die Elektronik be- reite den Weg zu einer Uniformierung oder Nivellierung gestalterischer Ausdruckmittel. steuern können, auch bildliche Darstellun- Der Siemens- Hätten doch diese Leute nur etwas mehr gen einschließlich Halbtonwiedergaben Großrechner 3003. Texte und Schriften Fantasie und den Willen, sich ernsthaft mit können digital erzeugt werden, sondern für die Belichtung den neuen, gewiss auch recht komplizier- weil die hohe Qualität der Schriftwieder- über Digiset müssen ten Techniken auseinanderzusetzen, sie gabe einer Digiset-Anlage es erlaubt, direkt noch über würden bald erkennen, dass unzählige Mikrofilm-Aufzeichnungen vorzunehmen. Lochstreifen (vorn) Varianten und Möglichkeiten dem Gestal- Damit werden neue Gebiete für die Satz- eingegeben werden ter zur Verfügung stehen. Während in der herstellung erschlossen, die es bislang gar bisherigen Arbeitsweise oftmals nur ganz nicht gab. Möglichkeiten für die Technik wenige Lösungen in Betracht kamen, denn und für die Wissenschaften, die wir heute aus Zeitgründen konnte man gar nicht viele erst nur erahnen können«. Alternativen machen, hat man über Pro- Auf Grund der enorm schnellen Belich- gramme eine Vielzahl von Gestaltungen tungsleistungen eignete sich der Digiset

Ein Rechenzentrum mit dem Digiset 50 T2, gesteuert mit Magnetband-Eingabe

101 Hell Verein / www.hell-kiel.de Der Digiset gen werden, die programmtechnisch in war auf allen einer so genannten Ausnahmenliste zu- Hell-Messeständen eine Attraktion sammengefasst wurden. Da viele Verlage zu dieser Zeit sich noch keine so teure Lichtsetzmaschine leisten konnten, wurde der Satzrechner auch se- parat angeboten, um damit Lochstreifen zur Steuerung von TTS-Bleisetzmaschinen (Tele-Type-Setting) einschließlich Silben- trennung korrekt auszuschließen. Noch rechtzeitig vor der Drupa 1965 wurde das Silbentrennungsprogramm fer- tig gestellt, sodass der Digiset-Prototyp live auf der Messe Texte setzen konnte. Im Herbst 1965 kam so das erste Hell-Satz- programm bei den Nürnberger Nachrich- ten zum Einsatz. Rasch stiegen die Anforderungen. Es besonders für den Satz von Zeitungen, wurde mehr Automatisierung gefordert, im Zeitschriften, Büchern, Katalogen und Te- besonderen bei der Erstellung von Sport-, lefonbüchern. Aber auch der variable␣ Ein- Fernsehprogramm- und Börsentabellen. satz bei Akzent- und Sonderzeichen mach- Zwischenspeicher für die zu aktualisieren- te ihn gerade für Druckereien im Ausland den Tabellen, die immer wieder Korrek- interessant. Es gab kaum ein Land in Europa turen unterworfen werden mussten, waren (einschließlich dem damaligen Ostblock), Lochstreifen. in dem nicht Digiset-Anlagen arbeiteten. Ein wichtiges Handwerkzeug für Pro- Tatsächlich wurde eine Abwandlung des grammierer waren zu dieser Zeit eine Digiset, das Dicom, zur Erstellung von Handstanze und Klebestreifen. Sehr oft Mikrofiche (Mikrofilm in Kartenform) ein- gesetzt. Dr. Hell ließ dafür als Zusatz- einheit eine Mikrofilm-Kamera entwickeln, mit der 128 Telefonbuchseiten auf einer Fläche von nur 180 mm x 240 mm belich- tet werden konnte. Aus dieser Idee für die Telefonauskunft der Deutschen Bundes- post entstanden letztlich eigenständige Systeme für digitale Mikroverfilmungen. Zum Digiset gehörte ein Satzrechner Belichter, Logo- und Bild-Scanner sowie Datensichtgeräte für die Erfassung und Korrektur von Textdaten bildeten nur die Hälfte eines Digiset-Belichtungssystems. Die andere Hälfte war der Satzrechner zum Konrad Zuse Ausschließen und Silbentrennen des Tex- (1919-1995) tes. Nach ersten Tests bei Siemens wurde lebte nach dem im Sommer 1965 eine große Datenverar- Zweiten Weltkrieg beitungsanlage des Modells 3003 in Kiel in in Hessen. Sein letztes Werk Betrieb genommen. Für Zeitungsbetriebe befand sich war dieser Großrechner jedoch zu teuer, in Bad Hersfeld weshalb man im Vertrieb für diesen Ein- satzzweck kleinere Prozessrechner anbot. Noch im Vorfeld dazu galt es, ein Sil- mussten Kommandos »zu Fuß« nachge- bentrennprogramm zu entwickeln, wozu stanzt werden, wie sich mancher Entwick- eine Kooperation mit Linguistikern der Uni- ler aus dieser Zeit erinnern wird. versität Kiel eingegangen wurde. Dabei Programmiert wurde in der Program- mussten neben Regeln für die Silbentren- miersprache »Assembler«. Gesteuert wur- nung auch Ausnahmen zusammengetra- de der Digiset damals noch mit Lochstrei-

102 Hell Verein / www.hell-kiel.de fen, und zwar mit einer Lesegeschwin- Nach dreijährigem Besuch einer Vor- digkeit von 1000 Zeichen pro Sekunde. schule konnte er bereits mit neun Jahren Magnetische Datenträger folgten erst spä- das humanistische Hosianum-Gymnasium ter. Silbentrennprogramme gab es inzwi- in Braunsberg besuchen und da der Vater schen für ein Dutzend Sprachen, um im nach Hoyerswerda versetzt wurde, schloss Vertrieb damit auch in den Export gehen zu er dort 1927 im Alter von 17 Jahren mit dem können. Zum Abkürzen von immer wieder- Abitur seine schulische Ausbildung ab. Da- kehrenden Begriffen in Kleinanzeigen wur- nach studierte er an der Technischen Hoch- de ein spezielles Unterprogramm entwi- schule Berlin-Charlottenburg das Bauinge- ckelt, wie überhaupt viele Sonderwünsche nieurwesen. zu erfüllen waren. Bei Siemens als Partner von Hell wurde Konrad Zuse in Berlin vor einem Nachbau die Entwicklung leistungsfähiger Rechner seines ersten vorangetrieben. Es entstand so das System Rechners Z 1 4004. Aus Kosten- und Zeitgründen ver- suchte man, einen Teil der Lichtsatz-Soft- ware von Hell zu Siemens zu verlagern und dafür diese Großrechner einzusetzen, die ohnehin für kommerzielle Anwendun- gen bei Kunden vorgesehen waren. Auf- bauend auf den von Hell in Kiel übernom- menen Grundlagen und Erfahrungen kam es zur Entwicklung eines eigenen Satz- programms bei Siemens in München. Das Konzept ging jedoch nicht überall auf, denn diese Rechner waren zu teuer. Schon bald kamen von Kunden Anforderungen für klei- nere Satzsysteme mit leistungsfähigerer Software. So kam das Satzsystem DOSY (Digiset-orientiertes Satzsystem) zustande. Durch die Bindung zum Haus Siemens wurde als Rechner hierfür eine geradezu ideale Maschine ausgewählt: das Modell Nach erfolgreich bestandenem Diplom- 404. Es handelte sich dabei um den zuletzt Examen begann er 1935 als Statiker bei den noch von Konrad Zuse konzipierten Rech- Henschel-Flugzeugwerken, gab diese Stel- ner, bevor er sein Werk in Bad Hersfeld le aber 1936 auf, da er, wie er in seinen 1964 an die Siemens AG verkaufte. Memoiren schrieb, die stupide Rechen- Hier schließt sich ein Kreis zu einem arbeit bei der Statikberechnung leid war, Zeitgenossen Dr. Hells, der wie er, seine und richtete sich eine Erfinderwerkstatt in Karriere in Berlin begann und in dessen der Wohnung seiner Eltern ein, die inzwi- Leben und Erfindertätigkeit sich viele Par- schen nach Berlin, in den Stadtteil Kreuz- allelen zu ihm auftun. Es sei deshalb aber- berg, zurückgekehrt waren. mals ein Rückgriff auf die Historie erlaubt, Die geisttötende Rechenarbeit bei der indem wir den Lebenslauf von Konrad Zuse Statikberechnung hatte ihn auf die Idee nachfolgend kurz skizzieren. gebracht, einen Rechenautomaten mit Pro- grammsteuerung zu bauen, den er aus Der Bezug zu Konrad Zuse Kostengründen rein mechanisch mittels Konrad Zuse wurde im Jahre 1910 in Schaltblechen konzipierte, die er eigen- Berlin in der Nähe des Bahnhofs Gleisdrei- händig mit einer Laubsäge anfertigte. Der eck geboren, von wo ihm bis ins hohe Alter so entstandene Rechenautomat Z1 war die sich überschneidenden Eisenbahn- und 1938 fertig gestellt. Hochbahnbrücken, sowie die übrigen Noch bestehende Funktionsmängel führ- Bahnhofsanlagen im Gedächtnis haften ten unmittelbar danach zu einem zweiten geblieben sind. Er verließ seine Geburts- Modell mit der Bezeichnung Z2, bei dem er stadt jedoch schon mit zwei Jahren, da sein im Rechenwerk die mechanischen Schalt- Vater, ein mittlerer Postbeamter, in die glieder durch elektromechanische Relais ostpreußische Kleinstadt Braunsberg ver- ersetzte, beim Speicherwerk aber, um Platz setzt wurde. Die Familie wohnte dort im zu sparen, die mechanischen Schaltbleche Postgebäude. beibehielt. Als Zuse 1939 nach Ausbruch

103 Hell Verein / www.hell-kiel.de des Zweiten Weltkriegs zum Militärdienst Die Rechner Z1 bis Z3 wurden durch einberufen wurde, stand die Z2 kurz vor Kriegseinwirkung in Berlin zerstört, wie der Vollendung. auch die Familie dort durch Bombenan- Nach einer Militärzeit von nur einem griffe ihr gesamtes Hab und Gut verlor, halben Jahr wurde Konrad Zuse vom Mili- sodass Konrad Zuse am Kriegsende vor tärdienst freigestellt und den Henschel- einem Nichts stand. Zudem war es ihm in Flugzeugwerken als Entwicklungsingenieur den ersten Nachkriegsjahren nicht erlaubt, für ferngesteuerte Waffen zugewiesen. Er seine Arbeiten fortzuführen, denn es galt fand in dieser Zeit Kontakt zur »Deutsche ein strenges Verbot der alliierten Besat- Versuchsanstalt für Luftfahrt« (DVL), der zungsmächte auf Entwicklung elektroni- Organisation, in der Prof. Dieckmanns In- scher Geräte. stitut später aufging, die Interesse an seinen Erst 1949 konnte er, nach Oberhessen Rechenautomaten zeigte, mit denen er sich »ausgewandert«, in Neukirchen zusammen jedoch nur in den Abendstunden sowie an mit zwei Teilhabern die Zuse KG gründen, Samstagen und Sonntagen zu Hause be- die sich wiederum mit dem Bau von pro- schäftigen konnte. grammgesteuerten Rechenautomaten in 1940 erhielt er von der DVL den Auftrag elektromechanischer und elektronischer zum Bau eines dritten Gerätes, das die Bauweise beschäftigte. Bezeichnung Z3 erhielt und ein Jahr später, Der erste Großkunde des neu gegründe- 1941, in Betrieb gehen konnte. Es funktio- ten Unternehmens wurde 1954 die Firma nierte in allen Teilen einwandfrei, was in Leitz-Optik in Wetzlar, für die ein verbes- mehreren Versuchsrechnungen bewiesen serter Z 4-Rechner als Z 5 entwickelt und wurde. Die Z3 war sowohl im Rechen- als geliefert wurde. Er wurde für die arbeits- auch im Speicherwerk mit 600 bzw. 1400 aufwändigen Berechnungen von optischen elektromechanischen Relais ausgestattet. Linsensystemen eingesetzt. Der Erfolg da- Erst drei Jahre später, 1944, ging in den mit auch in anderen Unternehmen der USA die Mark I von Howard H. Aiken in optischen Industrie führte 1956 zum Bau Betrieb, was die Z3 zum ersten programm- des ersten in Deutschland in Serie produ- gesteuerten Computer der Welt machte. zierten Relaisrechners Z 11. Die damit Ein Nachbau des Z1 befindet sich im einhergehende Kapazitätserweiterung er- Museum für Technik in Berlin, des Z2 im forderte 1957 die Werksverlegung nach Deutschen Museum in München. Dort be- Bad Hersfeld. findet sich auch das Original des Z4, der als In der Mitte der 1950er Jahre setzte sich verbesserte Version des Z3 kurz vor Kriegs- in der Computerindustrie, wie man in- ende 1945 in Berlin fertig gestellt worden zwischen die Branche der programmge- war, auf abenteuerlichen Wegen nach Süd- steuerten Rechenautomaten nannte, die deutschland ins Allgäu in Sicherheit ge- Elektronik durch. Natürlich musste die bracht werden konnte und von dort zur Zuse KG diesem Trend folgen und, um dies Eidgenössischen Technischen Hochschule nach außen hin sichtbar zu machen, (ETH) nach Zürich in die Schweiz gelangte, begann man mit der Modellnummerierung wo er von 1949 bis 1955 gute Dienste bei bei 20, so wie man auch schon beim Z 11 der Berechnung von Staudämmen leistete. als erstes Serienprodukt bei 10 begonnen

Der größte CRT-Digiset war der Digiset 40T3 mit einer Kamerafläche für eine ganze Zeitungsseite

104 Hell Verein / www.hell-kiel.de hatte. Der Z 21 blieb auf dem Papier, aber und gerasterten SW-Bildern belichten konn- der Z 22 wurde der erste Röhrenrechner, ten. 1977 erreichte man die Echtzeitdarstel- der in Serienproduktion ging.1979 folgte lung einer kompletten Zeitungsseite auf der erste Transistorrechner Z 23, ebenfalls einem Bildschirm und bis 1982 kam ein in Serienproduktion. Von 1961 bis 1964 vollwertiges Redaktionssystem für den kamen dann noch die Transistorrechner Ganzseitenumbruch hinzu. Z 25 und Z 31, sowie das automatische Die Zeitungsindustrie begrüßte, dass Zeichengerät Z 64 mit dem Zusatzname eine spezielle Digigraph-Version das Ein- »Graphomat« hinzu. Heute bezeichnet scannen von Schwarz-Weiß-Halbtonbil- man solche Zeichengeräte als Plotter. dern in relativ kostengünstiger Weise er- 1964 musste jedoch Konrad Zuse aus möglichte. finanziellen Gründen sein Unternehmen an die Siemens AG verkaufen, die es zuerst Messebesucher der Drupa77 wurden mit als Zweigwerk weiterführte und am Ende einer Sofortbild-Kamera wohl aufgab, zumindest, was die Zuse- fotografiert und Produkte betrifft. Konrad Zuse starb 1995 erhielten wenige im Alter von 85 Jahren. Minuten später ihr mit Digiset belichtetes Bild, Die Bevorzugung eine Messesensation. So bekam auch Dr. Hell der Großrechner durch Siemens sein Alibi Weil das Unternehmen Hell – Dr. Hell wurde nicht mehr in solche Entscheidun- gen einbezogen – damals auf einer Messe einen Rechner von Digital Equipment Corp. für ausgeschlossenen Text auf TTS-Loch- streifen gezeigt hatte, fiel – wie schon er- wähnt – bei Siemens die Entscheidung, an dessen Stelle einen Zuse-Rechner einzu- setzen. Dieser Rechner mit der Bezeich- Zu den Nachrichtenagenturen wurden nung 404 wurde bereits im schulischen im Satzsystem DOSY Schnittstellen ge- Bereich und bei kleinen Unternehmen für schaltet, sodass Tag und Nacht alle Agentur- kommerzielle Anwendungen (Lohn- Mate- meldungen, automatisch nach Stichworten rialabrechnungen) eingesetzt. und Themen sortiert, einlaufen konnten. Als diese Entscheidung fiel, stand fest, Das komplette System wurde auf der dass Siemens die Produktion dieses Rech- Drupa 1982 in Düsseldorf vorgestellt, aber ners einstellen würde, was bei Hell aber strategische Konzernentscheidungen bei nicht bekannt war. Es wurde bei Hell der Siemens beendeten das Kapitel Digiset und Anschluss einer 300-MByte-Platte entwi- DOSY, obwohl mit dem Aufkommen von ckelt und die Satzsoftware auf diesen Rech- Postscript und den sogenannten »Outline ner umgestellt und erweitert. Erst danach Fonts«, das sind, wie früher schon erwähnt, wurde die Einstellung der Rechners auch Schriftzeichen, die nicht mehr nach Pixeln, Hell mitgeteilt. Umfangreiche Entwicklun- sondern nach ihren geometrischen Umriss- gen in Hard- und Software waren so von formen definiert werden, der Laser-Digiset einem zum anderen Tag unbrauchbar ge- LS 210 darauf ausgerichtet worden war. worden, wie in der Heidelberg-Publika- Mit dem Laser-Digiset konnten Formate tion »Auf den Punkt gebracht...« nachzu- bis zur Zeitungsseitengröße in Farbe und lesen ist. bis zum 60er Raster in hervorragender Qua- Ein Großrechner war aber für die meis- lität registergenau belichtet werden. Das ten Kunden immer noch nicht die richtige zugehörige Hell-Satzprogramm war DOSY. Lösung. Deshalb fiel die Wahl auf einen Aber auch Satzprogramme anderer Her- anderer Prozessrechner aus dem Siemens- steller waren dabei in der Lage, komplette Zweigwerk in Karlsruhe. Wegen notwen- Seiten für diese hohe Qualität aufzuberei- diger Umstellungen bei der Entwicklungs- ten, wobei bis zur Belichtung Bilddaten arbeit verging wertvolle Zeit, sodass erst und Textdaten getrennt blieben und so re- im Sommer 1976 das neue Satzsystem daktionelle Änderungen bis zum letzten DOSY zum Einsatz kommen konnte. Moment in kürzester Zeit möglich waren. Im Digiset-Bereich wurden Kameras ent- Für dieses Prinzip entwickelte man die wickelt, die komplette Zeitungsseiten im Hell-eigene Programmiersprache DISIC. Format 40 cm x 60 cm mit Text, Grafiken Zur gleicher Zeit entstand bei Adobe (USA)

105 Hell Verein / www.hell-kiel.de die Seitenbeschreibungssprache Postscript, für die Texterfassung und Digiskop für die die schließlich den Weltmarkt eroberte. Es Gestaltungskontrolle einzuschalten. Fertig konnten zwar auch schon über Chro- gestalteten Anzeigen wurden vom Xeno- macom Seiten mit Text und Bild belichtet tron-Arbeitsplatz in eine DOSY-gerechte

Der Digigraph 40 A 20 zum Digitalisieren von Signets und Strichzeichnungen

werden, wobei allerdings Texte erst zum Sprache umgewandelt und konnten an- Bild umgewandelt werden mussten und schließend mit DOSY für den Ganzseiten- folglich nachträgliche Textänderungen grö- umbruch verwendet werden. ßere Eingriffe erforderlich machten. Im Verlauf der Kooperation verlagerte 1987 gingen Hell und Siemens eine Ko- Xenotron sogar seine Deutschland-Nieder- operation mit dem englischen Satz-System- lassung von Schwalbach im Taunus nach hersteller Xenotron in Hemel Hempstead Kiel. Aber die erwähnte Konzernentschei- bei London ein, um besonders im Zeitungs- dung und die Allgemeinverfügbarkeit von druck besser Fuß fassen zu können. Es ging Postscript überrollten auch diesen Ansatz hauptsächlich um Anzeigengestaltung in zur Stärkung von Hells Marktposition im Schwarz-Weiß direkt am Bildschirm, wo- Satzbereich. rin Xenotron Pionierarbeit geleistet hatte. Wenn man heute einen Großteil der vorgenannten Arbeiten auf PCs durchfüh- ren kann, so muss wiederum darauf hin- gewiesen werden, dass die schweißtrei- bende und kostenträchtige Vorarbeit der Hell-Ingenieure einen entscheidenden An- teil daran hatte. Die durch die enorme Leistungsdichte erzielte Verkleinerung der Rechner hat dies allein nicht bewirkt. Die Software wurde weitgehend Allgemeingut, weshalb heute die auf Massenabsatz aus- gerichteten und »from the shelf« (vom Ladentisch herunter) zu habenden Pro- gramme äußerst preiswert und für jeder- mann erschwinglich sind. Der Mitautor Christian Onnasch während seiner Tätigkeit bei Hell am Digicomp

Das Xenotron-System erlaubte eigenstän- dige, interaktive WYSIWYIG-Gestaltung. Man brauchte infolge dessen auch nicht das Digiset-Rechner-System und DS 2069

106 Hell Verein / www.hell-kiel.de Diversifikation in verwandte Gebiete

Als verantwortungsbewusster Unterneh- einer Siebdruckschablone, d. h. eines farb- mer war Dr. Hell stets darauf bedacht, sein durchlässigen Vlieses mit Wachsschicht, Produktprogramm (Produkt-Portfolio) so die beim Schreiben mit der Schreibmaschi- breit wie möglich anzulegen, um gegen ne an den Schriftbildstellen durchschlagen Konjunktureinbrüche durch Splittung des wurde. Zur Stabilisierung war die Schablo- Risikos besser gefeit zu sein. Diversifikati- ne mit einer Kartonumrandung versehen. on nennt man das im heutigen Manage- Im Vervielfältigungsgerät wurde die Schab- ment-Sprachgebrauch. Er diversifizierte je- lone auf eine Trommel aufgespannt und doch nur in Gebiete, die eine gewisse bei␣ Drehung der Trommel quetschte sich Verwandtschaft zu seinem angestammten Druckfarbe aus dem Innern der Trommel Entwicklungsfeld hatten und er so die An- durch diese sowie die Schablone hindurch wendung bereits bestehender Grundtech- auf das durchlaufende Papier. Das Papier niken multiplizieren konnte. musste dazu eine etwas raue und saug- Ein solches Diversifikationsprodukt war fähige Oberfläche aufweisen. das Matrizengerät für Vervielfältiger, das er in den 1950er und 1960er Jahren in einer Gesamtstückzahl von rund 160 000 und Die bei Hell gebauten einem Vertriebserlös für Hell von 45 Milli- Matrizengeräte, hier eine ältere Version, onen DM (3000 DM pro Gerät) an die wurden ausschließlich bekannte Vervielfältiger-Firma Gestetner an die englische Firma Ltd. in London liefern konnte, davon für 29 Gestetner geliefert und Millionen DM allein in den Jahren 1964 bis dort als »Gestefax« in 1967. den Handel gebracht Das Matrizengerät MAT Bevor das elektofotografische Prinzip Solange nur Textseiten umzudrucken (siehe Kapitel »Vom Bürokopierer zur Digi- waren, genügte das Beschriften der Um- taldruckmaschine) und damit der heute druck-Schablonen mit der Schreibmaschi- übliche Bürokopierer erfunden worden ne, auch wenn dabei oft die Innenflächen war, gab es nur drei Möglichkeiten, Büro- von Buchstaben heraus brachen und da- dokumente zu vervielfältigen: durch im Druck als hässliche schwarze 1. Das Einspannen von mehreren Lagen Flächen erschienen. Kompliziert wurde Durchschlagblätter mit Kohlepapier- das Ganze, wenn neben dem Text auch Zwischenlagen in der Schreibmaschine, Skizzen, technische Zeichnungen, Tabel- 2. Das Erstellen von Fotokopien len und andere Grafiken wiedergegeben mit Kamera, Vergrößerungsgerät, werden sollten. Die Möglichkeit dazu war Entwicklerschalen und Trockner, sowie zwar vorhanden, doch die Übertragung 3. Das Anfertigen einer Schablone solcher Vorlagen auf die Schablonen war in der Schreibmaschine und Umdrucken reichlich umständlich und erforderte zudem mittels eines Vervielfältigungsgerätes. eine große Sorgfalt. Das Arbeiten mit Kohlepapier war sehr Es kam folglich darauf an, ein einfaches mühsam, wenn Korrekturen durchgeführt und leicht zu bedienendes Gerät zu ent- werden mussten, und erlaubte auch nur wickeln, mit dem auch komplizierte Vor- eine begrenzte Stückzahl von Kopien, die lagen übertragen werden konnten und das noch einigermaßen lesbar waren. Das foto- in einen Bürobetrieb hineinpasste. Diese grafische Verfahren benötigte eine Dunkel- Marktlücke schloss Dr. Hell mit dem Matri- kammer und fotografische Fertigkeiten, die zengerät MAT. im Büroumfeld nicht gegeben waren. Im Prinzip entsprach es den Bildüber- So blieb nur das Umdrucken mittels Ver- tragungsgeräten von Hell. Original und vielfältigungsgeräten nach vorheriger An- Rohschablone wurden auf eine gemein- fertigung einer Schablone, ähnlich der same Walze aufgespannt und nach der

107 Hell Verein / www.hell-kiel.de fotoelektrischen Punkt-für-Punkt-Abtastung Es wurde schließlich von der leichter zu des Originals erfolgte bei entsprechender handhabenden elektrofotografischen Ko- Verstärkung der Signale die gleichzeitige pierer-Entwicklung überholt, wie sie fortan Aufzeichnung mittels Brennnadel auf der auch von der Gestetner Ltd. angeboten Schablone. Um den Synchronlauf zu ge- wurde. währleisten waren das Abtastorgan und die␣ Brennnadel auf einem gemeinsamen Die Patro-Geräte Wagen angeordnet. Während ein Elektro- für die Textilindustrie motor die Walze drehte, wurde der Wagen Mit der Patro-Familie wurde ein weiteres mit der Optik und der Brennnadel entlang Diversifikationsprodukt und zwar für die der Vorlage, bzw. der Schablone bewegt. Textilindustrie geschaffen. Textilien, gleich- Abtastung und Aufzeichnung erfolgten so gültig in welcher Form, leben von ihrem in Spiralen, wobei die Linienzahl pro Material-, Farben- und Musterreichtum. Millimeter die Feinheit der Übertragung Farben und Muster müssen aber erst bestimmte. aufgebracht oder eingearbeitet werden. Als Zur Aufzeichnung wurde eine durch Vorlage dient dabei an der Web- und/oder besondere Zusätze elektrisch leitend ge- Textildruckmaschine eine so genannte machte Spezialschablone benutzt und »Patrone«, das ist eine technische Muster- durch das Festklemmen der Schablone auf zeichnung, die sowohl über die Farbe als der Walze des Matrizengerätes wurde die auch über die Bindung Auskunft gibt. leitende Folie elektrisch mit dem Gehäuse Durch ein Steuerkommando kann die des Gerätes verbunden. Der Ausgangs- Patronenfarbe einer beliebigen Textilfarbe transformator des zur Signalübermittlung zugeordnet werden. benutzten Verstärkers lag einpolig am Durch den Tausch von Garnen in der Gehäuse an, während der zweite Pol über Webmaschine können so auch nach einer ein mit dem Optikwagen mitwandernden Patrone ganz verschieden wirkende Gewe- Hochspannungskabel mit der Brennnadel be gleichen Musters entstehen (Farbspiel). verbunden war. Die Nadel stand nur dann Bindung nennt man die Vorschrift, nach der unter Spannung, wenn sendeseitig Zeichen sich Kettfäden und Schussfäden innerhalb abgetastet wurden. eines Gewebes kreuzen. Bindungen beein- Mit der Brennnadel aus Wolframdraht flussen die Wirkung der Farben, wie es zum wurden Löcher in die Schablone gebrannt. Beispiel an einer »ganz weißen« Tisch- Befestigt auf einer Blattfeder glitt dieser decke sichtbar wird, auf der durch die Draht unter leichtem Druck über die Folie Bindungseffekte Ornamente und Muster und immer, wenn Spannung an dem Draht sichtbar werden (Damast). anlag, wurden infolge des Druch besondere Spannungsübergangs zwi- Bindungen entstehen schen Draht und Folie Löcher selbst in einem reinweißen Gewebe gebrannt. Hielt man nach Muster. Diese Webart dem Brennen die Folie gegen wird als »Damast« das Licht, so erkannte man die bezeichnet Kopie der Vorlage als Loch- bild auf der Schablone; ebenso wurden die Umdrucke auf dem Vervielfältigungsgerät ähnlich wie im Siebdruck- verfahren mittels Durchdrü- cken einer schwarzen oder blauen Farbe erzeugt. Das Gerät MAT konnte mit 110 und 220 V Wechselstrom betrieben Am Anfang steht dabei ein Künstler werden. Die Übertragungsdauer betrug 10 (Designer), der auf weißes Papier mit Minuten bei 80 Linien/mm und bei 160 Farben und Pinsel einen Entwurf für ein und 240 Linien/mm entsprechend länger. farbiges oder mit Bindeeffekten versehenes Wie bereits eingangs erwähnt, war es so Gewebe zeichnet. Daran schließen sich erfolgreich im Markt, dass die angegebene verschieden Verfahren bis zum Endprodukt hohe Stückzahl exklusiv von der engli- an, im Web-, Strick-, Wirk- oder Knüpf- schen Gestetner Ltd. auf dem gesamten verfahren sowie im direkten Textildruck Weltmarkt abgesetzt werden konnte. oder im Transfer-Textildruck. Jedem dieser

108 Hell Verein / www.hell-kiel.de Prozesse sind bestimmte Wege der Weiter- vielen Fällen auf das Patronenzeichnen verarbeitung eigen. Aber eines gilt für alle verzichtet und der Ursprungsentwurf direkt Verfahren: Keine der Produktionsmaschinen vom »Patroscan« gelesen werden. kann nach dem reinen Künstlerentwurf produzieren. Diese muss vorher in eine Das Registat Reinzeichnung, die Patrone, umgesetzt Durch die Beschäftigung mit der Textil- werden, denn alle Maschinen brauchen industrie ergab sich noch ein weiteres Steuerinformationen: die Formzylinder für Produkt: das »Registat«. Bei der Herstel- die einzelnen Farben, ebenso die Loch- lung von teuren Stoffen müssen die Textil- streifen, Magnetplatten oder Jacquard- bahnen sehr genau auf Produktionsfehler Karten, um nur einige zu nennen. geprüft werden, bevor sie in den Handel

Das Patrosystem. Links: Der Rechner. Mitte: Der Trommel- scanner zum Abtasten der Künstlervorlage. Rechts: Die Vorrichtung zum Ausstanzen der erfassten Daten als »Jacquardkarte« zur Steuerung von Webstühlen

Zum Erlangen dieser Steuerinformatio- gelangen. Die Stoffbahnen wurden des- nen entwickelte Dr. Hell eine ganze halb früher durch so genannte Waren- Familie von Geräten: Der »Patrograph« schaustationen geführt, wo Menschen mit erstellte aus der Künstlerzeichnung die ihren Augen die Oberfläche auf Fehler Patrone, das »Patroscan« tastete parallel kontrollierten. Es ist verständlich, dass dazu die Patrone wie bei einem Faksimile- mancher Fehler – je nach physischer Gerät ab, erfasste die Daten und gab sie in Verfassung der kontrollierenden Person – einen Lochstreifen gestanzt oder auf eine übersehen wurde, was danach zu Rekla- Magnetplatte geschrieben aus, das »Patro- mationen führte und immer Ärger und skop« machte die erfassten Daten auf Kosten verursachte. einem Farbmonitor sichtbar, um danach Hier setzte Dr. Hell mit dem »Registat«- Erfassungsfehler korrigieren zu können, Gerät an, das durch optische Erfassungs- und mit dem »Patrocom« wurde die köpfe die Bahnoberfläche beidseitig und Verbindung zwischen den Farb- und Bin- unbestechlich mit stets gleichbleibender dungsinformationen und den Verarbeitungs- Intensität auf Einschlüsse, Löcher, Falten, maschinen nach einem Programm und Webfehler oder was sonst noch als Fehler Anweisungen über einen Bedienungsblatt- vom Abnehmer definiert wurde, kontrol- schreiber hergestellt. lierte. Mit diesen Geräten war es den Textil- Ähnliche Dienste konnte das Gerät auch betrieben möglich, die Fehlerrate bei der in der Papierindustrie vollbringen, womit Umsetzung der Daten zu verringern und sich ein weiterer Markt eröffnete, bei dem auch den Verarbeitungsprozess vom Ent- man mit Papierausrüstungsfirmen wie der wurf zum webfertigen Lochkarten-, Loch- von Dr. Manfred Schöller in Düren zusam- streifen- und Magnetplattensatz zu ratio- menarbeitete, die dazu die Abtaster-Stuh- nalisieren, d. h. zu beschleunigen und zu lung lieferten. automatisieren. Durch die Einführung des Der Name »Registat« stammt von einer »Patroskop« konnte in der Folge sogar in Registerregelungsanlage, die Dr. Hell schon

109 Hell Verein / www.hell-kiel.de um das Jahr 1950 zusammen mit Siemens Dr. Hell auf diesem Gebiet weist darauf entwickelt hatte und die von Siemens auch hin, dass Verschlüsselungsmaschinen ein vertrieben wurde, da man dort mit der weiteres Diversifikationsprodukt des Un- Antriebsausrüstung für Rotationsdruck- ternehmens Dr.-Ing. Rudolf Hell war, auch maschinen den besseren Kundenkontakt wenn man darüber wenig in der Firmenwer- hatte. Mit dem »Registat« ergab sich, wie bung lesen konnte. Schließlich handelte es bei mehreren Produkten, ein Konkurrenz- sich dabei um ein Produkt, das Vertraulich- fabrikat zu Crosfield, die mit ihrem »Auto- keit forderte. tron« das Einstiegsprodukt für das graphi- Um 1952 waren nämlich im Auswär- sche Gewerbe fanden. tigen Amt und im »Amt Blank«, dem spä- Es handelte sich hierbei um eine Anlage, teren Verteidigungsministerium der neu die besonders in Mehrfarben-Tiefdruck- gegründeten Bundesrepublik Deutschland, maschinen dafür sorgte, dass die einzelnen Chiffrierabteilungen entstanden, die Ver- Farben eines Vierfarbensatzes beim Druck schlüsselungsmaschinen benötigten. Um registergenau, d. h. ohne Verschiebung eine Zersplitterung der Kräfte zu vermei-

Dr. Hell war für die Verschlüsselungstechnik ein wichtiger Partner für die junge Bundes- wehr. Von links nach rechts: Fernschreiber, Lochstreifengerät, Schlüsselmaschine

gegeneinander, aufgebracht wurden. den, wurden wenig später alle krypto- Dazu waren von jeder Farbe so genannte graphischen Aktivitäten in einer »Zentral- Registermarken auf den weißen Rand des stelle für das Chiffrierwesen« (ZfCh) zu- Druckproduktes zu drucken, deren Lage sammengefasst. Ihre Aufgabe war es, für zueinander je eine Fotozelle an jedem den Bedarf aller Bundesbehörden Chiff- Druckwerk erfasste, eine Auswerteelektro- riersysteme mathematisch und technisch nik danach die Differenz ermittelte und zu entwickeln und ihre Sicherheit zu ge- entsprechende Stellbefehle an die Motoren währleisten. Sie arbeitete dabei laut einem der Registerwalzen weitergab. Dies sind Bericht von Erich Hüttenhain (1905-1990), Papierleitwalzen, die durch ihre Lage- erster Chef der ZfCh, eng mit der Industrie änderung den Bahnweg zwischen zwei zur Verschlüsselung von Fernschreiben, Druckwerken verkürzen oder verlängern später auch von Telephongesprächen und und so den Übereinanderdruck zweier Datenströmen zusammen. Zweifellos war Farben »ins Register bringen«. Mit diesen die Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell dabei ein automatischen Registerregelungsanlagen, wichtiger Partner. die im Innern der Schaltschränke wie ein Darauf deuten nicht weniger als 14 Pa- früher Rundfunkempfänger mit gläsernen tente hin, die allein Dr. Hell zwischen 1952 Verstärkerröhren aussahen, fand nach dem und 1976 auf diesem Gebiet erteilt bekom- Zweiten Weltkrieg die Elektronik erstmals men hat. Es sind dies in ihrer chronologi- Eingang in Druckmaschinen, weshalb die- schen Reihenfolge die in der nebenstehen- se eine wichtige Vorreiterrolle bei der wei- den Tabelle aufgelisteten Patente. teren Elektronisierung und Automatisie- Dass die Geheimhaltung bestimmter rung des graphischen Gewerbes spielten. Patentsachverhalte auch noch in der Nach- kriegszeit zu beachten waren, darauf wei- Die Verschlüsselungsmaschinen sen die drei letzten Patente hin, die erst Über die Weiterentwicklung der Enigma nach einer Zeitspanne von rund 15 Jahren zur »schreibenden Enigma« nach dem zur Veröffentlichung freigegeben wurden Zweiten Weltkrieg in Kiel wurde schon im (Anmeldung zu Beginn der 1960er Jahre vorausgegangenen Kapitel über die erste und Offenlegung Mitte der 1970er Jahre). Firma von Dr. Hell in Berlin berichtet. Die Die Verschlüsselungstechnik im Unter- große Zahl von Patentanmeldungen von nehmen Dr.-Ing. Rudolf Hell war, nach der

110 Hell Verein / www.hell-kiel.de Patentanmeldungen Patent-Nr. Datum Titel der Patentanmeldung von Dr. Hell über Verfahren zur Chiffriertechnik 849 116 11. September 1952 Vorrichtung und Einrichtung zur Verhütung von 1952 bis 1976 unbefugten Empfanges von Hellsendungen 849 116 11. September 1952 Vorrichtung und Einrichtung zur Verhütung unbefugten Empfanges von Hellsendungen 855 876 17. November 1952 Anordnung zur geheimen telegraphischen Nach- richtenübermittlung mittels Hellschreiber 855 563 6. August 1953 Verschlüsselungsmaschine 957 311 31. Januar 1957 Vorrichtung zum Verschlüsseln und Entschlüsseln von Zeilen unter Verwendung einer mit Kodeimpulsen arbeitenden Telegraphen- oder Fernschreibmaschine und einer Schlüsselmaschine 1 012 952 2. Januar 1958 Vorrichtung zum Verschlüsseln und Entschlüsseln von Nachrichten unter Verwendung einer Fernschreibmaschine und einer Schlüsselmaschine 1 012 635 2. Januar 1958 Verfahren zur Herstellung von Schlüsselstreifen mit extrem langer Periode für Schlüssel- maschinen und Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens 1 047 837 2. Juli 1959 Verfahren zur Herstellung von verlängerten Schlüsselstreifen sehr großer Periode 1 056 400 15. Oktober 1959 Verschlüsselungsverfahren und Schlüssel- maschine zur Ausübung derselben 1 055 851 15. Oktober 1959 Komplementvorrichtung für Chiffriermaschinen 1 074 630 8. September 1960 Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von verlängerten Schlüsselstreifen sehr langer Periode für Mischgeräte zum Ver- und Entschlüsseln 1 095 312 22. Januar 1961 Vorrichtung zur Herstellung von verlängerten Schlüsselstreifen mit sehr langer Periode für Mischgeräte zum Ver- und Entschlüsseln 978 006 27. März 1975 Verfahren zum Ver- und Entschlüsseln von Halbtonbildern bei der Bildtelegraphie 978 034 22. April 1976 Verfahren zur nachträglichen Einschaltung von Nachrichtenempfänger in eine laufende, verschlüsselte Nachrichten in binärer Form übertragende Sendung 978 042 21. Oktober 1976 Verfahren und Vorrichtung zum Ver- und Entschlüssen von über Faksimile- geräte übertragener Informationen oben aufgeführten Patentauflistung zu Hell sich dennoch schon Ende der 1950er schließen, von Anfang bis Ende Chefsache Jahre mit der Schlüsseltechnik befasste. und die Beschäftigung mit dieser Technik Bereits 1958 arbeitete im Labor die erste prägte das ganze Berufsleben von Dr. Hell. bei Hell gebaute (Germanium-)Transistor- Da die Enigma von der alliierten Besat- Digitaltechnik: eine Schlüsselmaschine, de- zung bis 1972 noch als geheim eingestuft ren Schlüssel in Kombination mit auswech- wurde, durfte auch Dr. Hell zu der Zeit selbaren Lochstreifen mit Primzahllängen noch nichts damit zu tun haben. Um so errechnet wurde. 1961 wurde von Hell die bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Dr. erste Serie ausgeliefert, was man damals

111 Hell Verein / www.hell-kiel.de als »Serie« bezeichnete, d. h. weniger als Dieser Schlüssel galt von keinem Experten 100 Stück. Diese Maschinen wurden auf als knackbar. Schlüsselmaschinen wurden deutschen U-Booten eingesetzt. damals von Hell auch ins Ausland gelie- Christian Onnasch, der 1963 als junger fert, doch wurde alles sehr geheim gehal- Elektronikingenieur in die Firma Dr.-Ing. ten. Die Entwicklungsabteilung hieß da- Rudolf Hell eintrat, erinnert sich, dass die her intern »Labor S« und jeder wusste, Weiterentwicklung einer Schlüsselmaschi- dass das S für »Sondergeräte« stand. Nie- ne für Faksimile- und Bildübertragung auf mand durfte also wissen, was dort gebaut wird, jedoch des Namens wegen wurde Mit »diskreten« Bau- besondersein Interesse bei allen geweckt. elementen waren die Zeitweise arbeitete Dr. Hell auch mit damals modernen Karten des Rechenwerkes der schwedischen Firma Haggelin zusam- bestückt. Es war die men, die bereits während des Zweiten Zeit, als Germanium- Weltkriegs ihre mechanisch aufgebauten, transistoren von kompakten Verschlüsselungsmaschinen an Siliziumtransitoren abgelöst wurden. die Alliierten geliefert hatte. Dr. Hell er- Integrierten Schaltkreise warb eine Lizenz auf die Haggelin-Ma- gab es noch nicht schine und machte daraus eine elektroni- sche Version. Zur Erläuterung, was Schlüsselstreifen sind, sei wiederum ein Rückgriff auf die Historie eingefügt und die Erklärung, wie die Technik auf diesem Gebiet, in dem Dr. Hell so hervorragende Pionierleistungen vollbracht hat, weiter fortgeschritten ist. Bereits Blaise Vigenère (1523-1585) hatte im 16. Jahrhundert Schlüsselwörter erstellt, mit denen Texte verschlüsselt werden konnten. Mit der binären Schreib- weise und der Einführung von elektrisch übertragbaren Stromchiffren wurden aus den Schlüsselwörtern zufällige Folgen von Buchstaben großer Periodenlängen, die in Dr. Hells Patenten genannten Schlüssel- streifen, die mit dem Klartext in Deckung gebracht die Verschlüsselung ergaben. Der amerikanische Ingenieur Gilbert S. Vernam entwickelte daraus 1917 das »one- time-pad«-Verfahren, bei dem zum Ver- schlüsseln der Klartext- und der Schlüssel- strom Bit für Bit binär addiert werden. Der elektronischer Basis mit tausenden Tran- Empfänger kann den Text entschlüsseln, sistoren, Dioden, Kondensatoren und Wi- indem er wiederum den Schlüsselstrom zu derständen zu seiner ersten Aufgabe zähl- dem Geheimtext binär addiert. Mittels der te. Die quarzgesteuerten Taktgeber zur heutigen Computer lässt sich das Verfahren Sicherstellung des Synchronlaufs der viele sehr schnell handhaben, wegen des langen Kilometer auseinander liegenden Statio- Schlüssels wird jedoch eine umständlich nen hatte dabei äusserst hohe Genauig- lange Vorabübertragung erforderlich, die keitsforderungen zu erfüllen. Dieser Teil, zudem Risiken im Falle eines Abhören der unten am Gesamtgerät angebracht (siehe Übertragungen beinhaltet. Bild), wurde deshalb liebevoll »Hellchen« Um diesen Nachteil zu vermeiden, wur- genannt. den in den späten 1970er Jahren die Block- Die Schlüsselperioden hatten eine Län- chiffren entwickelt, bei denen jeweils in ge von ca. 20 Stunden. In den Zeiten, in Blöcken verschlüsselt wird. Der bekann- denen keine wirklichen Daten gesendet teste Algorithmus ist dabei der DES (Data wurden, schaltete die Maschine auf ein Encryption Standard), der auf dem »Lucifer- absolut synchron getaktetes Zufallssignal Chiffre« der IBM aufbaut. Im Frühjahr 1999 um, das dem natürlichen Rauschen eines wurde der DES jedoch erstmals geknackt Halbleiterbauteils abgenommen wurde. und zwar durch Probieren aller möglichen

112 Hell Verein / www.hell-kiel.de Schlüssel, was eine Rechenzeit von 24 ergebnis der Photonenausstrahlung in be- Stunden auf einem Großrechner erforder- stimmte Polarisationsrichtungen den Kom- lich machte. Heute würde man dazu mit munikationspartnern den Schlüssel vor- den vernetzt geschalteten Supercomputern gibt. noch weniger Zeit benötigen. Als Gegen- Dr. Hell wäre bestimmt hoch erfreut maßnahme wurde der Triple-DES (jeder gewesen, wenn er an dieser Weiterent- Block dreimal verschlüsselt) und der AES wicklung der Verschlüsselungstechnologie (Advanced Encryption Stan- dard) entwickelt. Letzterer Ein Lochstreifen war der eigentliche ging im Oktober 2000 aus Schlüssel, der bei einem Wettbewerb der Sender und Epfänger(n) amerikanischen Standardi- identisch sein musste. sierungsbehörde NIST her- Bewegliche Teile gab vor, wobei der belgische es in dieser letzten Generation von Hell- Algorithmus »Rijndael« von Verschlüsselungs- John Daemen und Vincent maschinen nicht mehr Rijmen von der Katholi- schen Universität Leuven das Rennen machte. Handelte es sich bisher allein um symmetrische Ver- fahren der Kryptographie, d.h. um Verfahren, bei de- nen Sender und Empfänger gleiche Schlüssel vorliegen haben müssen, hätte mitwirken können, was ihm jedoch so gehört die Zukunft den asymmetrischen das begrenzte Leben versagt hat. Verfahren, bei denen der Sender einen öffentlich zugänglichen Schlüssel (Public Und noch viel mehr... Key) benutzt und der Empfänger seinen Trotz des Umfangs können hier nicht eigenen, geheim gehaltenen Schlüssel alle Entwicklungen erwähnt werden, die vorliegen hat. Dieses vermeidet die unsi- im Laufe der Jahre die Hell-Ingenieure noch chere Vorabsendung eines Schlüssels. Das beschäftigt haben. Dafür sei an dieser Stel- Ganze funktioniert so, dass die Kommuni- le nur noch ein Kleingerät erwähnt, das kationspartner gemeinsam nach einem einmal wieder Pionierdienst leistetete und genau vorgeschriebenen Rechenprozedere um 1980 weltweit vertrieben wurde: der den geheimen Schlüssel des Empfängers Identograph, genau genommen ein Mini- erarbeiten, der auf hohen Primzahlen be- Klischograph. ruht. Es entsteht dadurch bei der Übertra- Wer weiß denn eigentlich heute noch, gung ein diskretes Logarithmusproblem, dass dieses Gerät für Plastikausweiskarten das für hohe Primzahlen für Außenstehen- in arabischen Ländern, in Australien, Me- de besonders schwer zu lösen ist. xiko, Taiwan, UdSSR, USA und natürlich Inzwischen haben jedoch der indische in Europa zum Einsatz kam? Die Plastik- Informatik-Professor Manindra Agraval und karte, von der heute jeder Bürger wohl seine beiden Studenten Neeraj Kayal und einige mit sich führt, wurde damals noch Nitin Saxena mit der nach ihnen genannten belächelt. Hell-Mitarbeiter erinnern sich AKS-Methode ein einfaches Programm mit aber natürlich an ihren eigene Firmenaus- nur zwölf Zeilen zur schnellen Primzahlen- weis, mit dem z.B. bargeldlos das Mittag- erkennung geschaffen, wodurch das Prim- essen bezahlt wurde. zahlen-Verfahren als nicht mehr so sicher angesehen wird. Da darüber hinaus keines der oben genannten Verfahren mathematisch als absolut sicher beweisbar gilt, verbinden Die Hell-Identographen sich für die Zukunft gewisse Hoffnungen K 140 und K 141 kamen mit der so genannten »Quanten-Kryptogra- weltweit zum Einsatz. phie«. Das Verfahren arbeitet auf physika- Bilder und Texte lischem Weg mit Lichtquanten (Photonen), wurden auf firmen- typischen Plastikkarten wobei unter Ausnutzung der Heisen- graviert und dienten berg’schen Unschärferelation das Zufalls- als Ausweis

113 Hell Verein / www.hell-kiel.de Der enorme Wandel im graphischen Gewerbe

Um die Tragweite der vorgenannten beinhaltete, dass die Wachsform nach Erfindungen und Produkte von Dr. Hell auf jedem Abguss verloren ging und für jedes den Wandel des graphischen Gewerbes mehrfach herzustellende Schriftzeichen zur grafischen Industrie richtig einschätzen eine neue Form angefertigt werden musste. und würdigen zu können, sei nachfolgend Diese Nachteile überwand Johannes in einem eigenen Kapitel die gesamte Gutenberg und sein bedeutendes Schaffen Entwicklungsgeschichte der Drucktechnik wird durch diese Vorerfindungen keines- von Anfang an wiedergegeben. Als Leit- wegs geschmälert. Die verkürzte Aussage, faden möge uns dabei der Zeitungs- und er sei der Erfinder der beweglichen Letter, wie dies immer wieder, besonders im Gutenberg-Jahr 2000, zu hören war, erfor- dert jedoch eine präzisere Deutung. Ihm gelang es nämlich erstmals den Letternguss ohne verlorene Form durchzuführen, in- dem er mittels Stahl-Patrizen Kupfer-Matri- Johannes Gensfleisch zen als Mutterform schlug und diese mit zur Laden, genannt einem bei relativ niedriger Temperatur Gutenberg, war gelernter schmelzenden Letternmetall aus Blei, Zinn Goldschmied. Er wurde und Antimon ausgoss. um 1400 in Mainz Die Matrizen ließen sich dadurch immer geboren, erfand die Buchdruckerkunst und wieder verwenden und über die aufbe- starb dort im Jahr 1468 wahrten Patrizen konnte man auch belie- big viele neue Matrizen schlagen. Da er Zeitschriftendruck dienen, d. h. die Spar- neben dem Handgiessinstrument erstmals ten, in denen Dr. Hell die größten Erfolge eine Druckpresse erfand, deren Prinzip er bei deren Weiterentwicklung zu verzeich- den damals schon bestehenden Wein-, Öl- nen hatte. und Knopfpressen nachempfunden hatte, Als Johannes Gutenberg Mitte des 15. gebührt ihm die Ehre, ein komplettes Jahrhunderts die Buchdruckerkunst erfand, Drucksystem geschaffen zu haben, das sich da hatte schon rund 400 Jahre vorher der über 350 Jahre fast unverändert halten Chinese Bi Sheng von beweglichen Ton- lettern gedruckt. Er kannte jedoch noch keine Druckpresse. Das Drucken geschah damals und auch noch viele Jahre danach in Asien mittels der Abreibetechnik, indem man ein Blatt Papier auf die eingefärbte Druckform legte und das Blatt auf der Rückseite so lange mit einer Bürste rieb, bis alle Stellen des Papiers mit der Druckform Tatsache oder Legende? Der Schreiner in Straß- in Berührung gekommen waren und burg, der die Zeichnung der frische Druck von der Form für Gutenbergs erste abgezogen werden konnte. Presse sah, sagte: Versuche der Chinesen, die Ton- »Aber das ist doch ein lettern durch Metalllettern zu erset- Weinkelter, den Sie von mir verlangen?« zen, schlugen fehl, da sie keine Gutenberg antwortete: Tusche entwickeln konnten, die auf »Sicher, aber ein Kelter, Metall haften blieb. Dies gelang erst der bald den herrlichsten etwa Mitte des 13. Jahrhunderts den Saft pressen wird, der je zum Löschen des Koreanern. Sie stellten Bronzelettern Menschendurstes aus in einem Wachsausschmelz-Verfah- einer Presse fließt« ren her, was jedoch den Nachteil

114 Hell Verein / www.hell-kiel.de konnte und einen rationellen Druck erst ten, wobei Zeitung nichts anderes als möglich machte. Nachricht bedeutete. Häufig widmeten Durch das Gießen der Bleilettern im sich diese frühen Flugschriften nur einem Gutenberg’schen Gießinstrument, das ge- wichtigen Ereignis, an das andere Informa- ordnete Ablegen der Lettern in einem tionen angehängt wurden. Niemand weiß Setzkasten, das Entnehmen der Lettern heute genau, wie viele Druckereien über zum Setzen einer Textzeile in einem, die welche Jahrzehnte hin wie viele dieser Lettern aneinanderreihenden Winkelhaken, Schriften publiziert haben. Klar ist aber, das Untereinandersetzen der so gewonnenen Zeilen auf Die Krönung von Gutenbergs Druckkunst einem Setzbrett, das Aus- war die 42-zeilige schließen, d. h. das Ordnen Bibel. Eigens hierfür hat und Zusammenbinden der er 290 verschiedene fertig gesetzten Seite und das Buchstabenformen Drucken in der Gutenberg- gegossen. Die farbigen Versalien sind von presse entstanden damals Hand coloriert Bücher, Flugblätter, Ablass- briefe und sonstige Akziden- zen (Gelegenheits-Drucksa- chen). Versalien am Textanfang oder auch Vignetten, das sind Ornamente, wurden im Zweifarbendruck außerhalb der Form separat mit meist roter Druckfarbe eingefärbt und danach in die übrige, schwarz eingefärbte Druck- form eingesetzt. Für die Herstellung von Illustrationen und Vignetten standen Künstler zur Verfü- gung, die Holzschnitte und Holzstiche mittels Schneid- messer und Stahlstichel aus Hirnholz- dass die Reformation im 16. Jahrhundert, scheiben (quer zur Faserrichtung des Baum- mit dem Streit um die Rechte, Organisation stamms geschnittene Holzscheiben) her- und Ausübung des christlichen Glaubens, ausarbeiteten und in der Höhe so abstimm- die Produktion wirksam angeregt hat. Mar- ten, dass sie zwischen den Textzeilen auf tin Luther hatte durch seine Forderung, der Form untergebracht werden konnten. »der Christ soll die Bibel in seiner Sprache Aufwändigere Drucke, wie Bibelseiten, selbständig lesen können«, die Lesefertigkeit wurden auch einzeln mit kunstvollen stark vorangetrieben. Wer in der Lage war, bunten und mit Blattgold unterlegten die Bibel zu lesen, konnte auch die Zeitung Verzierungen, besonders an den Versalien, lesen. von Hand mittels Feder und Malpinsel Die Nachrichtendrucke befassten sich versehen. mit vielen Bereichen des täglichen Lebens, Die frühesten überlieferten periodisch der religiösen Feste, der Handlungen der gedruckten Zeitungen stammen aus dem Obrigkeit, aber auch Wissenswertem und Jahr 1605 (Wolfenbütteler »Aviso« und Kuriosem aus aller Welt, die Handels- Straßburger »Relation«), doch es ist anzu- reisende übermittelt hatten. Im Verlauf des nehmen, dass es schon davor gedruckte 17. Jahrhunderts und mit Beendigung des Zeitungen gab, wie auch handgeschriebene Dreißigjährigen Krieges (1648) stiegen die Zeitungen (zum Beispiel die »Fugger- so gewonnenen Informationen stark an, so Briefe«) vor Gutenbergs Erfindung der dass man an täglich erscheinende Zeitun- Druckkunst durch vielfältiges Abschreiben gen denken konnte, deren erste mit dem im eine weite Verbreitung gefunden hatten. Zeitungskopf angegebenen Titel »Einkom- Das Wort »Zeitung« wurde von Presse- mende Zeitungen« 1650 in Leipzig er- frühdrucken übernommen, die im Titel oft schienen ist. Ihr Verleger war der geschäfts- die Formulierung »Newe Zeittung« führ- tüchtige Drucker Timotheus Ritzsch (1614-

115 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1678), der nach Abzug der Schweden aus Nur langsam erfuhren die einzelnen Leipzig dieses Privileg von der Sächsischen Verrichtungen beim Druck Verbesserun- Kurfürstlichen Verwaltung zugesprochen gen im Hinblick auf Arbeitserleichterun- bekam. gen und Leistungssteigerung. Das Unversal- genie Leonardo da Vinci (1452-1519) hatte Von der Gutenbergpresse zwar gegen Ende seiner Zeit am Hof von zur eisernen Handpresse Franz I in Amboise, Frankreich, in seinen Eine damalige Zeitungsdruckerei, bzw. zahlreichen, meist geheim gehaltenen einen Zeitungsverlag, hatte man sich so Technik-Vorschlägen angeregt, den Karren vorzustellen, dass da ein Redakteur saß, der Gutenbergpresse auf eine schiefe der meistens gleichzeitig Schriftsetzer und Ebene zu stellen, damit er selbsttätig mittels Drucker (»Schweizer Degen«) war, und die Schwerkraft aus der Presse rutschen und hereinkommenden Nachrichten von Han- mittels eines am Bengel befestigten Seil- delsreisenden, Postreitern und Postkut- triebs wieder eingefahren werden könne, schern und sonstigen »Wissensträgern« zu doch es dauerte noch bis Mitte des 17. Papier brachte. Jahrhunderts, dass ein Kurbeltrieb für die Damalige Postmeistereien bildeten we- Bewegung des Karrens an der Gutenberg- gen des weitgehenden Nachrichtenmono- presse eingeführt wurde. pols schon früh die stärksten Konkurrenten Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wur- zu den Druckern und Timotheus Ritzsch den die Zeitungen ausschließlich auf höl- unterlag selbst am Ende dem Konkurrenz- zernen Pressen gedruckt. Die erste eiserne kampf mit dem Postmeister Mühlenbach in Handpresse erfand um 1800 der Engländer Leipzig. Charles Lord Stanhope (1753-1816), der Am Setzkasten erstellte der Redakteur mit Hilfe des Mechanikers Robert Walker nach den Manuskripten den Satz und gab eine neue Entwicklung im Pressenbau dem Holzstecher Anweisungen, wie er die einleitete. Die entscheidende Neuerung dazugehörigen Illustrationen anzufertigen neben dem stabileren Pressenrahmen aus habe. Den ausgeschlossenen Satzspiegel Gusseisen war dabei, dass die Gewinde- schob er daraufhin auf den »Karren« der spindel zur Druckanstellung durch einen Gutenbergpresse, wo er mit zwei ballen- zusammengesetzten Hebel ersetzt wurde. förmigen Farbtampons die Form einfärbte, Dieses System erlaubte es, den Tiegel unter bevor er den Papierbogen in ein »Rähm- geringerem Kraftaufwand sanft auf die chen« einlegte, letzteres auf die Form um- Druckform zu senken, wobei es am Ende klappte, den Karren auf dem »Laufbrett« in des Zugs zu einer Kraftvermehrung kam, die Presse einschob und mit einem »Ben- die sich positiv auf das Druckergebnis – gel« den »Tiegel« über eine Gewinde- spindel auf das Paket von Form und Papier nieder senkte. Nach Ausfahren des Karrens und Hoch- klappen des Rähmchens konnte der einsei- tig bedruckte Bogen der Presse entnom- men werden. Für den Rückseitendruck musste der Bogen auf einer zweiten Presse oder auf der gleichen Presse mit gewech- selter Form erneut umgekehrt in das Rähmchen eingelegt werden. Mit geteilten Formen und nachträglichem Schneiden des Bogens in zwei Exemplare konnte das Wechseln der Form auch zwischen dem Vorder- und Rückseitendruck vermieden werden. 250 Abdrucke pro Stunde ließen sich damit erreichen.

Die prächtig verzierte eiserne Columbia-Presse von George Clymer aus dem Jahr 1815 fand weite Verbreitung

116 Hell Verein / www.hell-kiel.de besonders beim Druck kleiner Schriftgrade Später verbesserte Dingler seine Presse – auswirkte. noch zur »Zweibrücker Presse«, bei der Im Gegensatz zu den aus Holz gefertig- vier Kipphebel an die Stelle des einzigen ten Gutenbergpressen erfuhren die eiser- traten, um den Kraftanstieg auf die gesamte nen Druckpressen relativ schnell eine Viel- Fläche des Tiegels und damit auf die zahl von unterschiedenen Ausformungen, Druckform zu vergleichmäßigen. die man heute nach ihren Wirkprinzipien bei der Druckanstellung in vier Gruppen Die Erfindung der Schnellpresse aufteilt: Spindelpressen, Keilpressen, Pres- Die Sternstunde für den Zeitungsdruck sen mit einfachen oder zusammengesetz- begann am Abend des 28. November 1814, ten Hebeln und Kniehebelpressen. als zum ersten Mal »The Times« in London Die wohl berühmteste Vertreterin mit auf zwei Doppel-Schnellpressen mittels einfachen und zusammengesetzten He- Dampfantrieb gedruckt wurde.

Die Doppelschnellpresse von Friedrich Koenig, wie sie 1814 bei »The Times« in London eingesetzt wurde (Nachbau) beln ist die prächtig verzierte Columbia- Zuvor waren für diesen Zweck handbe- Presse, die der Amerikaner George Clymer triebene Stanhope-Pressen eingesetzt wor- (1754-1834) zwischen 1813 und 1816 in den. »The Times« hatte damals eine Auflage Philadelphia baute und weite Verbreitung von 5000 Exemplaren täglich, die jedoch, fand, sodass man sie heute in vielen Druck- wie üblich im kleinen Format mit geteilten museen zu sehen bekommt. 1817 ging Formen, in der Druckersprache nennt man Clymer nach London und gründete dort das im »doppelten Nutzen«, hergestellt eine Firma, obwohl er bereits 63 Jahre alt wurden. Die beiden Doppel-Schnellpres- war. Auch in Europa wurde ihr ein großer sen waren von dem deutschen Erfinder Erfolg zuteil, was schon daraus ersichtlich Friedrich Koenig (1774-1833) und seinem ist, dass sie allein in England von 25 Her- Mechaniker und Freund Andreas Bauer stellern nachgebaut wurde. (1783-1860) in London gebaut worden. Als Vertreterin der Kniehebelpressen sei Dorthin waren sie beide ausgewandert, um die Dingler-Presse genannt, die der Deut- von der höher entwickelten Maschinenbau- sche Christian Dingler 1837 in Zweibrü- technik und Metallverarbeitungskunst der cken baute und auf den Markt brachte. Engländer zu lernen. Nach seinen eigenen Worten hatte sie Friedrich Koenig hatte schon vorher in Ähnlichkeit mit der in Nordamerika so Deutschland versucht, eine Schnellpresse beliebten Washington-Presse. Sie bestand zu bauen, die er 1803 in Suhl in Thüringen in ihrem Wirkprinzip aus einem kippbaren begann, aber wegen des Mangels an geeig- Zapfen zwischen Tiegel und Pressenrah- neten Metallverarbeitungsverfahren weit- men, der mit einem Hebel über den so gehend aus Holz gefertigt werden musste. genannten »Totpunkt« geführt wurde und Dieser und weitere Gründe führten dazu, dabei den Kraftanstieg auf den Tiegel dass er den Bau vor der Fertigstellung auf- bewirkte. gab. Er nahm Verbindung zu möglichen

117 Hell Verein / www.hell-kiel.de Partnern in London auf und siedelte im rede hin, eine wichtige Nachricht vom November 1806 dorthin um. Kontinent müsse abgewartet, um noch in In London gründete er 1807 mit zwei die Zeitung aufgenommen zu werden. Als englischen Partnern eine Maschinenfabrik, dann die beiden Doppel-Schnellpressen um eine Schnellpresse zu entwickeln und die Auflage gedruckt hatten, trat John Wal- zu bauen. Drei Jahre später erhielt er ein ter II vor die Handpressendrucker hin mit Patent auf seine Maschine. Er benötigte ein dem Ausruf: »The Times is already printed weiteres Jahr, um sie in Betrieb zu setzen. by steam!« (Die Times ist bereits mittels Dampf gedruckt worden!), was natürlich bei diesen eine Niedergeschlagenheit und Zorn hervorrief. Der Verleger ermahnte sie zur Ruhe und versprach jedem seinen seitherigen Lohn weiterzuzahlen, bis für sein Unterkommen gesorgt sei. Enttäuschung machte sich später auch bei Friedrich Koenig und seinem Freund Andreas Bauer breit, als die Zusammenar- beit mit den englischen Partnern in der gemeinsamen Maschinenfabrik immer un- erfreulicher wurde. Friedrich Koenig ver- ließ deshalb am 10. August 1817 London, um im säkularisierten Kloster Oberzell bei Würzburg ein neues Unternehmen aufzu- bauen, das er allein mit Andreas Bauer betreiben wollte. Es ist dies die noch heute am gegenüber liegenden Mainufer beste- hende Koenig & Bauer AG, Keimzelle aller Ein Schnellpressensaal Sie entsprach wie die Suhler Presse einer Druckmaschinenfabriken in Deutschland einer Großdruckerei mechanisierten eisernen Handpresse, denn (siehe Kapitel: »Wie der deutschsprachige aus dem 19. Jahrhundert sie verwandte zur Druckanstellung immer Raum Hochburg des Druckmaschinen- noch den Tiegel. Die Druckleistung war baus wurde«). dementsprechend mit 400 Bogen pro Schnellpressen wurden besonders in Stunde relativ bescheiden. ihren Antriebssystemen (Rechenantrieb wie Er begann deshalb sogleich mit der bei Wäschemangeln bzw. Kurbelantrieb, Konstruktion einer zweiten Maschine, die Eisenbahnantrieb, Planetenradantrieb) stän- statt des planen Tiegels wie die damals dig weiterentwickelt. Es entstanden neben schon bestehenden Kupferstich- und Litho- Stoppzylindermaschinen Eintouren-, Zwei- graphie-Pressen einen runden Druckzylin- touren- und Schwingzylindermaschinen. der einsetzte, im Dezember 1812 fertig Um den steigenden Auflagen der Zeitun- gestellt war und 800 Bogen pro Stunde gen gerecht zu werden, kamen darüber erreichte. Sie konnte endlich dem Times- hinaus Mehrfach-Schnellpressen zum Ein- Verleger John Walter II (1776-1847) gefal- satz, das sind Schnellpressen mit mehreren len, und nachdem ihm daran zur Leistungs- Papierbogen-Anlegern, um so die Leistung steigerung auf 1100 Bogen pro Stunde das jeder Maschine zu vervielfachen. Haupt- Prinzip einer Doppel-Schnellpresse erklärt hindernis bei der Leistungssteigerung bil- worden war, bestellte er spontan zwei dete aber nach wie vor die flache Druck- Doppel-Schnellpressen, die zwei Jahre form mit dem schweren Karren, der in der später zu dem eingangs erwähnten Ereignis Schnellpresse hin- und herbewegt werden bei »The Times« führten. musste. Für ein kontinuierlich laufendes Die Einführung des Schnellpressen- rotatives System fehlte eine Rundform. drucks bei »The Times« lief nicht ohne eine gewisse Dramatik ab. Man hatte nämlich Die Erfindung den Druckern an den Stanhope-Pressen der Rollenrotationsdruckmaschine verschwiegen, dass im Nachbargebäude Der erste, der diese Rundform durch die Doppel-Schnellpressen aufgestellt wur- Aneinanderreihen von keilförmigen Let- den und eine Dampfmaschine zu deren tern auf einem Zylinder erzeugen wollte, Antrieb bereitstand. war der Engländer William Nicholson, der Am Abend des 28. November 1814 hielt schon 1790 ein Patent auf seine Idee man die Handpressendrucker mit der Aus- erhielt.

118 Hell Verein / www.hell-kiel.de Diese Idee griff 1846 der spätere Ge- Über einen Charles Craske (1822-1905) neralpostmeister Sir Rowland Hill (1795- kam die Kunde von den biegbaren Präge- 1879) mit dem Bau einer Maschine auf, die matern nach Nordamerika und 1854 ge- aber nicht zur Zufriedenheit funktionier- lang es ihm, damit halbrunde Stereotypie- te. Er verwandte keilförmige Lettern, die platten für eine Bogenrotation bei der immer wieder durch die Fliehkraft aus den Zeitung »The New York Herald« herzustel- Klemmvorrichtungen herausgeschleudert len. Die führende Druckmaschinenfabrik wurden, sodass Sir Rowland schließlich in USA war damals die von Robert Hoe &

Eine echte Rotationsmaschine erfand 1859 William Bullock. Sie kam wenig später bei der Zeitung »The New York Tribune« zum Einsatz

das Vorhaben aufgab und sich mit der Company in New York. Um den Zeitungs- Einführung der ersten Briefmarke der Welt verlegern ein Mittel zur Beherrschung der (Black Penny) der Organisation des Post- ständig steigenden Auflagen an die Hand wesens zuwandte, was ihm die größeren zu geben, bauten diese wahre Monster- Meriten, u. a. die Erhebung in den Adels- maschinen nach dem Bogenrotationsma- stand einbrachte. schinen-Prinzip mit bis zu zehn Bogenan- 1829 gelang dem Franzosen Jean Baptiste legern, so genannte »ten feeder«, und Genoux in Paris die Erfindung der »nassen« Ausmaßen, die riesige Hallen auf mehre- Prägemater, mit der Druckformen durch ren Etagen füllten. Prägen und Ausgie- Eine echte Rotationsdruckmaschine, die Die erste Briefmarke ßen mit Letternmetall von Papierrollen gespeist druckte, erfand der Welt: vervielfältigt werden William Bullock (1813-1867) in einer die Black-Penny konnten. Diesem Ver- ersten Version 1859 (Prototyp und Patent- fahren gab der sehr anmeldung) und in einer zweiten, verkauf- berühmte Druckpio- fähigen Version 1863, die bei der Zeitung nier Firmin Didot »The New York Tribune« zum Einsatz kam. den Namen »Stereo- Nach dem erfolgreichen Anlauf der Ma- typie«. Der Schwei- schine in der täglichen Zeitungsproduktion zer James Dellagana gründete Bullock eine eigene Druckma- lernte das Geheimnis schinenfabrik, in der er jedoch alles weit- dieses Verfahrens in Paris bei Genoux gehend selbst machen musste. Im April kennen und eröffnete 1855 in London zu- 1887 überwachte er die Inbetriebnahme sammen mit seinem dort ansässigen Bruder einer von ihm gelieferten Rotationsdruck- ein Geschäft zur Herstellung von Flach- maschine beim »Philadelphia Public Led- Stereotypien. Dabei muss er auf die Idee ger« in Philadelphia, wobei sein Fuß vom des Rundbiegens der Matern gekommen Antriebsriemen der Maschine erfasst wur- sein, denn von 1856 an experimentierte de. Neun Tage später erlag er seinen dabei man bei »The Times« mit solchen Rund- zugezogenen, schweren Verletzungen. formen auf einer von Augustus Applegath Sein Unternehmen, die Bullock Printing entwickelten Bogenrotation, die jedoch Press Company, bestand jedoch viele Jahre mit Papierbogen und nicht von Papier- fort, trotz schärfster Konkurrenz durch die rollen gespeist wurde. länger etablierte Firma Hoe und weiterer

119 Hell Verein / www.hell-kiel.de Unternehmen, denen er die entscheiden- Zeitung »Die Presse« in Wien geliefert. den Impulse zur Weiterentwicklung des Dies war ein Alarmzeichen für die Zeitungsdrucks vermittelt hatte. deutschen Druckmaschinenhersteller, die Richard March Hoe (1812-1886), der sich bis dahin auf ihre Mehrfach-Schnell- Sohn des Firmengründers Robert Hoe pressen beschränkt hatten. (1784-1833), der sich gern mit seinem Noch im selben Jahr beschloss der militärischen Dienstgrad »Colonel« an- Verwaltungsrat der MAN in Augsburg, den reden ließ, verteidigte zunächst seine Chefkonstrukteur für Schnellpressen, Gus-

Die Rotations- Druckmaschine von Albert Frankenthal 1930. Wegen des roten Anstrichs nannte man sie den »Roten Teufel«. Sie war mit 60000 Druckexemplaren pro Stunde die schnellste Maschine ihrer Art

monsterförmigen Bogenrotationsdruck- tav Bissinger (1828-1890), nach England maschinen und beabsichtige nicht, in das zu entsenden, woraus der Bau der ersten weniger lukrative Geschäft mit Rollen- MAN-Rollenrotationsdruckmaschine 1873 rotationsdruckmaschinen einzusteigen. resultierte. Dass er es dennoch tat, daran war sein 1876 führte Friedrich Koenig jun., der Freund Edward Lloyd in London schuld, Sohn des Schnellpressenerfinders, den Ro- der ihm gegenüber den Wunsch äußerte, tationsdruckmaschinenbau auch bei Koenig eine solche Maschine von ihm zum Druck & Bauer in Würzburg ein. von »Lloyd‘s Weekly Newspaper« geliefert Die Bullock- und die Walter-Rotationen zu bekommen, was er nicht ablehnen und damit auch die europäischen Versio- konnte. Hoe versprach sogar, die Rotation nen, konnten damals nur ungefalzte Bogen in London bauen zu lassen, woraus später plan auslegen, worauf sich ein extern aus- eine britische Niederlassung des amerika- zuführender Schneide- und Falzvorgang nischen Unternehmens hervorging. anschließen musste. Dass die Firma Hoe Die Kunde von den amerikanischen Rol- im Jahre 1875 einen, an die Rotation an- lenrotationsdruckmaschinen kam so nach schließbaren Falzapparat herausbrachte, England. Dem Sohn des Times-Verlegers war wiederum einer Kundenforderung zu mit dem gleichen Namen, John Walter III verdanken, die diesmal von der schotti- (1818-1894), genügten wenige ihm über- schen Zeitung »Glasgow Herald« kam. mittelte Angaben, um 1866 nach seinen Der geniale Chefkonstrukteur und Mit- Skizzen vom Mechaniker John Calverley gesellschafter der Firma Hoe mit Namen eine eigene Rollenrotationsdruckmaschine, Stephan Davis Tucker (1818-1902) hatte die »Walter Rotary«, bauen zu lassen. bereits im Jahr 1853 einen Sammelzylinder Unmittelbar nach der Inbetriebnahme der erdacht, den der Colonel erst 20 Jahre ersten Walter-Maschine wurde eine zwei- später zum Patent anmelden ließ, da er, te, verbesserte Version unter der Bezeich- wie␣ schon gesagt, in das Geschäft mit Rol- nung »Victory Press« in Liverpool aufge- lenrotationsdruckmaschinen zum Schutz stellt und eine dritte Maschine an die seiner Bogendruck-Monster nicht einstei-

120 Hell Verein / www.hell-kiel.de gen wollte. Tucker gelang es unter dem sammen mit dem Druckereiplaner George Druck des schottischen Auftrages zu dem E. Pancoast (1862-1939) des Zeitungsver- Sammelzylinder noch einen rotierenden legers William Randolph Hearst (1863- Falzzylinder zu erfinden, mit dem sich sein 1951). Pancoast entwickelte, und dies Name bis heute verbindet. bereits im Jahre 1897, zusammen mit Hoe Im Juni 1876 wurde die so ausgestattete die erste 64seitige Zeitungsdruckmaschine Maschine nach Glasgow in Schottland für den Vierfarbendruck von Comics und geliefert und erreichte auf Anhieb eine Halbtonbildern. Leistung von 12 000 Zeitungsexemplaren William Randolph Hearst und Joseph pro Stunde. Ohne Einschaltung des Sam- Pulitzer (1847-1911), die beiden Zeitungs- melzylinders ergab dies 24 000 Exemplare Magnaten, lieferten sich damals einen pro Stunde. erbitterten Konkurrenzkampf mit ihren 1881 folgte der aus gebogenen Blechen Zeitungen »New York Journal« und »New gefertigte Falztrichter zur Anfertigung eines York World«, beide mit einer Auflage von je Längsfalzes vor dem Querfalz (»Tucker- einer Million, um die Vorherrschaft auf Falz«) und 1882 die Wendestange zum dem Markt der gerade aufgekommenen Übereinanderwenden der einzelnen Papier- »Yellow Press«. Der Name »Yellow Press«, stränge im Falzapparat-Überbau. der mit dem deutschen Wort »Regen- Damit war die Rotation komplett und bogen-Presse« nur ungenügend umschrie- ihre Bauweise wurde allmählich Allge- ben wird, rührt von den »Yellow Kids« meingut, sodass auch die europäischen (gelbe Bengel) her, die man in die Comics Versionen damit ausgerüstet werden konn- einfügen ließ, um mittels dieser gelben, ten. Der so genannte »Rote Teufel«, der zu flächigen Marken die Farbführung in den Beginn der 1930er Jahre von der Schnell- Farbwerken der Rotation nach visueller pressenfabrik Frankenthal, Albert & Cie. an Beurteilung der Farbsättigung besser kon- den Ullstein-Verlag in Berlin geliefert trollieren zu können. wurde (Ullstein galt damals bereits als die schnellste Druckerei der Welt mit nur 8 Die Reproduktionstechnik Minuten zwischen Eingang der letzten für den Vierfarbendruck Nachricht und Auslieferung der gedruck- Bevor man jedoch Produkte im Vierfar- ten Zeitung), stellte sogar einen Kulminati- bendruck herstellen kann, muss die dazu- onspunkt in der bis dahin erreichten gehörige Druckform erstellt werden. Die Entwicklung von Rotationsdruckmaschinen Technik zur Herstellung dieser Druckfor- dar. Erstmals wurden Leistungen von 60 000 men wird im Branchenjargon Reproduk- Exemplaren pro Stunde erreicht und die tiontechnik, kurz »Repro« genannt und hat Maschinenkonstruktion wies mit Stahl- ihre eigene Entwicklungsgeschichte. guss- statt Gusseisen-Seiten- wänden, Steh- und Längs- Eine Kupferstichwerkstatt im 16. Jahrhundert. wellen mit Kegelradgetrie- Kupferstich und ben statt Stirnradzügen, Radierung Kurzfarbwerken mit Farb- waren die Druckstöcke zufuhr über steuerbare Dü- zur Illustration sen und Nockenwellen im von Drucken vor der Erfindung Falzapparat Merkmale auf, der Reprotechnik wie sie damals nur im Automobilbau bekannt wa- ren. Ihr Konstrukteur Paul Dietrich war denn auch einer, der aus diesem Me- tier zum Druckmaschinen- bau gekommen war. Bei der Weiterentwick- lung der Rollenrotations- druckmaschinen zum Vierfarbendruck wa- Sie beginnt bereits mit einem Kupfer- ren es wiederum die Nordamerikaner, die stecher und Maler im 18. Jahrhundert. Sein diese Technik aus der Taufe hoben, und Name ist Jacob Christofle Le Blon (1667- zwar war es abermals der damalige Markt- 1741). Er war der Urenkel des berühmten führer bei Zeitungsdruckmaschinen, die Matthias Merian; er kam 1667 in Frankfurt Robert Hoe & Company in New York␣ zu- am Main zur Welt.

121 Hell Verein / www.hell-kiel.de Nach Erlernen des Kupferstecher-Hand- indem er vorgab, er sei auf die Idee mit der werks ging Le Blon auf Wanderschaft, nach Schwarzplatte gekommen. Später gab er Rom und Amsterdam, wo er die Kupfer- den Schwindel zu, doch seine Söhne schabkunst erlernte, und kam schließlich führten nach Ablauf des Privilegs das nach London. Dort erfand er 1710 den Geschäft mit den Vierfarbdrucken weiter. Dreifarbendruck nach rein manueller Ma- Jacob Christofle Le Blon hatte bei seinen nier, den er ab 1720 in der von ihm Drucken auf die bereits seit dem frühen 15. gegründeten Firma »Picture Office« ver- Jahrhundert bestehende Kupferstichtechnik, marktete. Das Kapital dazu hatte ihm der bzw. die seit dem Jahre 1642 bestehende englische Oberst John Guise vorgestreckt. Kupferschabtechnik – als Erfinder letzterer Er druckte von manchen, von ihm selbst gilt der hessische Kammerjunker Ludwig erstellten, dreifarbigen Kupferstichen bis von Siegen – zurückgegriffen. Ende des 18. zu 1000 Exemplare. Trotzdem ging das Jahrhunderts trat jedoch eine andere Tech- Unternehmen 1723 in Konkurs und Le nik für das Erstellen von Illustrationen im Blon konnte sich dem Schuldturm nur Druck hinzu, die der Münchner Wander- durch eine unverzügliche Flucht bei Nacht schauspieler und Bühnenautor Alois und Nebel nach Frankreich entziehen. Senefelder (1771-1834) nach vielen Versu- Über sein Verfahren, dreifarbige Drucke chen mit Hoch- und Tiefätzungen auf mit drei Kupferplatten im Übereinander- Solnhoferner Schiefersteinen seine »che- druck anzufertigen, verfasste er ein Lehr- mische Druckerey« nannte. buch mit dem Titel »Coloritto«. Das Buch Eigentlich wollte er nur ein billiges beschreibt jedoch nur die einzelnen Ver- Umdruckverfahren für das Vervielfältigen fahrensschritte. Woher er das Gefühl für die teurer Notenblätter schaffen und entdeckte manuelle Herstellung der drei Farbauszüge dabei das Phänomen der gegenseitig sich erlangte, blieb in seinem künstlerischen abstoßenden Wirkung von Fettzeichnung Genius verborgen. Als ge- Joseph Nicéphore übter Maler hatte er sich Niépce (1565-1833) die Erfahrung angeeignet, experimentierte mit wo im Bild das Gelb, das lichtempfindlichen Stoffen, um ein Blau und das Rot aufge- Verfahren zur direkten bracht werden musste, um Bildaufzeichnung mit im Übereinanderdruck der der »Camera Obscura« drei Kupferplatten von zu finden Gelb, Blau und Rot die Mischfarben␣ entstehen zu lassen. In Frankreich war zu dieser Zeit die Kupferschabkunst noch und Wasser auf der Kalkstein-Oberfläche wenig entwickelt, sodass eine königliche des Solnhofener Schiefer. Die rührselige Kommission, die sein Ersuchen auf Er- Geschichte vom Wäschezettel der Mutter, langung eines Privilegs zur Vermarktung den Alois Senefelder aus einer augenblick- seiner Erfindung prüfte, zu dem Ergebnis lichen Ermanglung von Papier auf den␣ be- kam, sein Verfahren sei zu schwierig zu sagten Stein schrieb, um später davon␣ einen erlernen und auch zu kostspielig. Erst als er Abzug zu machen, ist historisch erwiesen ein zweites Gesuch␣ einreichte, bei dem er und beweist die Fähigkeit Senefelders für den drei Buntplatten eine Schwarzplatte Dramaturgie auch im Alltag. Das Patent, für eine bessere Konturenführung hinzuge- mit dem Solnhofener Schiefer zu drucken, fügt hatte, wurde ihm das königliche löste einen Prioritätenstreit mit dem Geisti- Privileg auf 20 Jahre gewährt. Er erhielt gen Rat Simon Schmidt (1760-1840) aus, vom König sogar eine Leibrente zugespro- der seinerseits vorgab, den Druck vom chen und starb mit 74 Jahren im Jahr 1741 Stein zuerst erfunden zu haben, was aber in Paris als wohlhabender Mann. Er gilt wohl nur das Hoch- oder Tiefätzen der seitdem als der Erfinder der Vierfarben- Schrift und Bebilderung betraf. druck-Reproduktionstechnik, auch wenn Senefelder gab zu, dass er das Hoch- und damals noch kein fotografisches Verfahren Tiefätzen für sich nicht beanspruche, in- im Spiel war. dem er schrieb: »Ich war nicht der erste Sein ehemaliger Gehilfe, Jaques Gautier Erfinder, weder des Stein-Stichs, noch des Dagoty, versuchte Le Blon noch zu seinen Abdrucks von Steinen; geätzt wurde auf Lebzeiten das Privileg streitig zu machen, Steinplatten Jahrhunderte vor mir«.

122 Hell Verein / www.hell-kiel.de Und in der Tat gibt es einen Kalenders- Weg, quasi automatisch auf den Stein zu tein mit hoch geätzter Schrift und Orna- übertragen. menten schon aus dem Jahre 1599. Bei Auf die bereits 1793 gefasste Idee, für die diesem wurde wahrscheinlich die Zeich- Übertragung die »camera obscura«, bzw. nung von Hand mit Abdecklack aufge- eine mit einer optischen Linse versehenen bracht und danach geätzt. Eigentlich hätte Kamera einzusetzen, kam er erst im Jahre man von diesem Kalenderstein, wenn auch 1816 zurück. Es gelang ihm so, vom Fenster seines Zimmers auf dem Familiensitz Gras in Châlon-sur-Saône einige Aufnahmen zu Der erste Photoapparat machen, die sich jedoch in der Haltbarkeit von Nicéphore Niépce, etwa 1820-1830. wegen des Chromsilbers als nicht von Im Gegensatz zur langer Dauer erwiesen. »Camera Obscura« Da er keinen Weg fand, die Bilder zu hatte diese Kamera fixieren, – erst 1819 erfand Sir John Hershel schon eine Linse (1792-1871) die unterschwefelsauren Sal- ze als Fixiermittel für alle Silbersalze – gab er die Arbeiten mit dem Chromsilber auf und wandte sich Versuchen mit anderen Stoffen zu. Nach vielen vergeblichen Versuchen mit Phosphor und Guajakharz kam er auf die Verwendung von Asphalt, seitenverkehrt, drucken können. Er stellte dessen Lichtempfindlichkeit ihm wohl aus eine frühe Art der erst später erfundenen der Literatur bekannt war – schon Senebier Chemigraphie, der Anfertigung von Kli- hatte darauf hingewiesen. Er löste dazu schees, dar. Asphalt in hellem Petroleum auf und Mit Senefelders Erfindung, die zerst zur bestrich damit eine Glasplatte, die unter Unterscheidung gegenüber den lithogra- einem transparent gemachten Stich belich- phischen Steineinschlüssen »Polyautogra- tet wurde. Die Belichtungszeit betrug phie« und erst später »Lithographie« ge- dabei zwei bis drei Stunden. Unter den nannt wurde, brach 1798 das Zeitalter des dunklen Stellen der Vorlage blieb die Flachdrucks an, dessen Weiterentwicklung zum Offsetdruck das heute dominierende Das älteste Foto der Welt von Verfahren bei fast allen Arten von Druck- Nicéphore Niépce sachen ist. Dazu jedoch später mehr. aus dem Jahr 1822. Für die Reproduktionstechnik bedeuten- Die Belichtungszeit der ist zu vermerken, dass 1813 der Fran- dauerte zehn Stunden zose Nicéphore Niépce (1765-1833) da- mit begann, mit dem lithographischen Ver- fahren zu experimentieren. Um 1812 war die Kunde von Senefelders Erfindung nach Frankreich gelangt. Niépce versuchte das Lithographieren, wie man das Umzeich- nen von Vorlagen auf den Stein bezeichne- Eine spätere te, auf photochemischem Weg zu rationa- Nachstellung lisieren. Er hatte schon 1793 zusammen des Motivs mit seinem Bruder Claude Versuche mit einer Lochkamera, der »camera obscura«, und den von Jean Senebier 1780 erfunde- nen, lichtempfindlichen Silbersalz-Sub- straten gemacht hatte. Sie erfanden so die Photographie in ihrem Grundprinzip bereits zu diesem frühen Zeitpunkt. Nicéphore Niépce überzog den Litho- grapie-Stein mit einem lichtempfindlichen Firnis, deckte ihn mit einer durch Eintau- Asphaltschicht unverändert, während sie chen in Wachs transparent gemachten unter den hellen Stellen aushärtete. Der Zeichnung ab und setzte das Ganze␣ stun- unveränderte Teil wurde anschließend denlang dem Sonnenlicht aus. Es gelang mit einem Gemisch von Lavendelöl und ihm so, das Original auf photochemischem hellem Petroleum ausgewaschen. Zurück

123 Hell Verein / www.hell-kiel.de blieb auf der Glasplatte ein Asphaltrelief Erfindung die Bezeichnung »Daguerreoty- des Bildes der Vorlage. pie«. Schon vorher, 1826 hatte Carl August Da er danach anstelle der Glasplatten Steinheil in München, den wir schon von Solnhofener Steinplatten verwendete und der Telegraphie-Geschichte her kennen, darauf die von der Asphaltschicht befreiten ein neues lichtstarkes Objektiv entwickelt. Stellen tief ätzte, um so wie von einem 1835 stellte der englische Gelehrte␣ Wil- Kupferstich Abzüge zu machen, war damit liam Henry Fox Talbot (1800-1877) zum die erste photo-chemisch hergestellte ersten Mal Papiernegative mit einer Sil- Druckform, die Chemigraphie geboren. berjodidschicht her und kopierte das in Allerdings litt das Verfahren unter der Wachs transparent gemachte Negativ auf geringen Lichtempfindlichkeit des Asphal- ein weiteres Papierblatt zur Erzeugung tes und der dadurch bedingten sehr langen eines Positivs. Er erhielt darauf ein briti- Belichtungszeiten. sches Patent. 1833 erfand er die ersten Bis dahin hatte Niépce alle Drucke nur haltbaren Positivbilder auf Silberbromid- durch Kopieren einer transparent gemach- papieren und forderte gegenüber Daguerre ten Vorlage herstellen können. Die Ver- mit seinem Jodsilberpapier die Priorität. wendung einer Kamera, einer von ihm 1840 verbesserte er sein Aufnahmeverfah- selbst gefertigten mit Irisblende am Objek- ren und nannte es »Kalotypie«. Er konnte tiv und Lederbalg zur Fokusierung durch damit beliebig viele Kopien herstellen. Distanzveränderung, gelang ihm erst 1823 1847 verwendete Claude Maria Francois mit einer Landschaftsaufnahme, wobei er Niépce de Saint Victor (1805-1870), ein das Bild sechs bis acht Stunden lang␣ be- Neffe von Niécephore Niépce, erstmals für lichten musste. Damit war erstmals eine die photographischen Negative statt Papier haltbare Photographie geschaffen worden. Glas und benutzte dazu eine Eiweißschicht In den folgenden Jahren ging Niépce auf (jodiertes Albumin). Damit war die Grund- die Verwendung von Kupfer- und Zinn- lage für die spätere Reproduktionsfotografie platten über und kam damit wieder ins geschaffen. Fahrwasser der Chemigraphie zurück. 1848 erzielte Alexander Edmund Bec- Immer handelte es sich dabei jedoch um querel (1820-1891) farbige Bilder auf Tiefätzungen, die »Heliographie« oder die Chlorsilberplatten, die jedoch nicht haltbar »Heliogravüre« (Vorgänger des Tiefdrucks), gemacht werden konnten. 1851 erfand wie Niépce sie nannte, und nicht um schließlich Sir Frederic Scott Archer (1813- hochgeätzte Klischees, wie sie im Buch- 1857) das Jodsilber-Kollodium-Verfahren, druck gebraucht werden und seither nur das über 100 Jahre führend in der Repro- in␣ Form von manuell hergestellten Holz- duktionsfotografie war. schnitten und Holzstichen vorlagen. 1851 stellte der Franzose Firmin Gillot Noch ein anderer Franzose experimen- (1820-1872) in Paris erstmals Klischees für tierte zu dieser Zeit mit lichtempfindlichen den Buchdruck, so genannte »Zinkotypien«, Schichten zur Herstellung photographischer her. Es wurden ihm 1851 und 1868 Patente darauf erteilt. Sein Schüler, der Österrei- Die Erfindung und cher Carl Angerer (1838-1915), brachte Weiterentwicklung der Rastertechnologoie nach seiner Rückkehr nach Wien ein␣ eige- war die Grundlage nes Verfahren zur Herstellung von Halb- für die Entwicklung ton-Kornraster-Klischees heraus, was ihm der Reprodutionstechnik endgültig aber erst 1870 gelang. Er geriet dieserhalb in einen heftigen Patentstreit mit dem Deutschen Georg Meisenbach (1841- 1912), der 1882 in München zuerst das Linien-Raster, dann das drehbare Raster und schließlich das Kreuzlinien-Raster und damit die »Autotypie« erfand. 1861 entdeckte der englische Physiker James Clerk Maxwell (1831-1879) die Bilder. Sein Name ist Louis Jacques Mandé Farbzerlegung eines Bildes mit Hilfe von Daguerre (1787-1851). Er verband sich Lichtfiltern und schaffte damit die Grund- 1829 mit Niécephore Niépce zur gemein- lage für die Farbfotografie. Er stellte also auf samen Verbesserung ihrer Erfindungen. physikalischem Weg das her, was Jacob 1831 erfand er die Silberjodidschichten Christofle Le Blon rein intuitiv bei seiner und nach Niépces Tod 1833 erhielt seine Malkunst hervorgebracht hatte. Der Fran-

124 Hell Verein / www.hell-kiel.de zose Louis Ducos du Hauron (1837-1929) herrschte. Alle diese Kamerahersteller gibt stellte auf dieser Grundlage aufbauend bei es heute nicht mehr und ihre Produkte sind seinen Versuchen drei Negative hinter␣ far- nur noch in Museen zu bewundern. bigen Glasfiltern her, machte davon die Der bisher aufgezeigte enorme Wandel komplementären (gelben, roten und blau- des graphischen Gewerbes zur grafischen en) Kopien im Pigmentverfahren und␣ ver- Industrie macht im historischen Rückblick einigte diese drei Farbschichten durch deutlich, dass jede einzelne Erfindung auf Übereinanderlegen im Sinne der späteren vorausgegangene aufbaut und der Erfinder/ Dreifarbenverfahren zu einem fotografi- Unternehmer schon zu allen Zeiten ein schen Bild. Damit war eigentlich schon das Gespür dafür haben musste, wohin die Grundprinzip der späteren »Farbrepro« Entwicklung geht, bzw. was den Abneh- geschaffen worden. mern Arbeitserleichterungen bringt und Es fehlte jedoch noch der Farbfilm. Es deshalb bei ihnen ankommt. dauerte bis 1890, als der französiche Sor-bonne-Pro- Reprokameras, vertikal oder horizontal fessor für Physik, Gabriel angeordnet, waren aus Lippmann (1845-1921), die der Reproduktions- erste brauchbare Farbfoto- technik nicht mehr grafie vorweisen konnte, für wegzudenken die er 1908 den Nobelpreis er-hielt. Mit der Farbzerlegung von farbigen Filmen in die drei Grundfarben und die Ras- terung der Farbauszüge war alles vorhanden, was es zur Herstellung von foto-chemisch erzeugten Dr. Hell hatte dieses Gespür und die Druckformen für den Farbendruck braucht, Fähigkeit, die vorausgegangenen Erfindun- doch der Teufel steckt bekanntlich im gen auf ihre Verbesserungsmöglichkeiten Detail und so wurde es noch eine geraume hin kritisch zu hinterfragen. Er zeigte auch Zeit benötigt, bis die Technik Eingang in die schon früh die heute zur Managementlehre Druckereien fand. erhobene Kundennähe, um Anregungen Nachdem der Deutsche Eugen Albert aus dem Abnehmerkreis aufzunehmen und (1856-1929), Sohn des Lichtdruck-Erfin- für neue Entwicklungen zu verwerten. ders Joseph Albert, das Maskierverfahren Dass eingefahrene Routinen und auch erfunden hatte, war damit auch das␣ Prob- lieb gewonnene Gewohnheiten bei der lem der Erstellung eines Schwarzauszugs raschen Entwicklung der Technik auf der für den Vierfarbendruck gelöst. Die Farb- Strecke bleiben, ist der Preis für immer drucke bekamen dadurch eine bessere bessere, erschwingliche und einen höhe- Detailschärfe, wie es sich schon bei Le ren Lebensstandard sichernde Produkte. Blon gezeigt hatte. Die dabei gewollt auftretenden Rationalisie- Für Retuschearbeit in der »Repro« wur- rungseffekte (höhere Produktionsgeschwin- de bereits 1870 in den USA die Spritzpi- digkeit, weniger Verarbeitungsschritte, Au- stole eingesetzt, die ab 1883 auch in tomatisierung etc.) kommen in der Gesamt- Europa zur Anwendung kam. Um 1900 sicht der Volkswirtschaft allen zugute, auch beschäftigte sich der Göttinger Physik- wenn die damit einhergehende Arbeits- Professor Karl Schwarzschild (1873-1916) losigkeit das Gegenteil zu beweisen scheint. mit der Sensimetrie und erfand damit␣ im Dass am Ende dieses Rationalisierungs- Prinzip das Densitometer für die Belich- trends Computer immer mehr Computer tungssteuerung in der Reproduktionsfoto- erzeugen werden, ist ein populistischer grafie. Slogan, der das Wesen erfinderischerTätig- Im Jahr 1930 stellte die Firma Klimsch & keit völlig verkennt. Auf Künstlicher Intel- Co. in Frankfurt am Main die erste Vertikal- ligenz aufgebaute Kreativitätsmethoden Reprokamera her, die eine ständige Weiter- machen erst deutlich, wie schwer der␣ in- entwicklung erfuhr und viele weitere tuitive Funke nachzustellen ist. Und im Kamerahersteller auf den Plan rief. Damit Heer der Wissenschaftler von Großfor- war die wichtigste Repro-Ausrüstung ge- schungseinrichtungen zeigt sich immer schaffen, die bis zum Aufkommen der wieder, dass es die von Einzelpersonen Farbscanner die Repro-Abteilungen be- geprägten Inseln sind, die den zündenden

125 Hell Verein / www.hell-kiel.de Funken für bahnbrechende Erfindungen finden sich auch im Kattundruck, für den hervorbringen. Thomas Bell 1783 ein englisches Patent Wie die Handpresse durch die Schnell- auf eine Stoffdruckmaschine erteilt bekam, presse und die Schnellpresse im Zeitungs- die von runden und vertieft gravierten druck durch die Rotationsdruckmaschine Druckformen druckte. ersetzt wurde, und wie dem Holzschnitt Die erste Tiefdruckmaschine, die für das und Holzstich die Chemigraphie und der Bedrucken von Papier bestimmt war, fand Repro-Kamera der Farbscanner folgte, so der Druckhistoriker und ehemalige For- wird es immer wieder neue Entwicklungen schungsleiter des Axel Springer Verlags, geben, die die alten ablösen. Otto M. Lilien (1907-1990), von dem in Bei den␣ Farbscannern war es die »Demo- dieser Biografie schon unter dem Kapitel kratisierungswelle«, die diese durch Mas- Helio-Klischograph die Rede war, in Paris. senprodukte ersetzte. Vielleicht wird die Dort hatte sich Auguste Godchaux 1860 eine Tiefdruckmaschine für den Schön- und Albrecht Dürer, Maler, Widerdruck (beidseitigen Druck der Papier- Zeichner und Kupferstecher lebte bahn) patentieren lassen. Nachforschun- von 1471 bis 1528. gen von Lilien ergaben, dass diese Maschi- Tiefdrucker von heute ne tatsächlich gebaut und betrieben wor- sehen in den alten den war. Es gibt sogar Beweise, dass min- Kupferstechern ihre destens zwei Maschinen nach diesem Pa- »Vorfahren« tent bestanden und viele Jahre produziert haben. Beim Anblick alter Fotos erstaunt, wie sehr die damalige Konstruktion von Godchaux bereits viel später gebauten Tiefdruckmaschinen glich. Die Fortentwick- lung konzentrierte sich denn auch mehr auf die Verfahrenstechnik. Nachdem die Kunst des Ätzens schon seit dem frühen Mittelalter bekannt war und Mitte des 19. Jahrhunderts das Raster- nächste Entwicklungsstufe auf holografi- kopieren hinzukam, erfanden 1864 der schen Systemen aufbauen. Der Ideen und Engländer Joseph. W. Swan (1828-1914) Visionen gibt es viele, aber erst die mit die Übertragung von Gelatinebilder auf Mühe,␣ Entbehrungen und Enttäuschungen Metall und der Böhme Karl Kliˇc (1841- verwirklichte Idee ist eine Erfindung zu 1926) im Jahre 1879 die sog. »Staubkorn- nennen, wie es Rudolf Diesel und sinnge- Heliogravüre«. Ob Karl Kliˇc wirklich der mäß auch Rudolf Hell einst gesagt haben. Erfinder der »Heliogravüre« war, wie man das Tiefdruckverfahren in seiner Anfangs- Die Entwicklung zeit nannte, lässt sich heute nicht mehr mit der Tiefdrucktechnik letzter Bestimmtheit beweisen. Da wir in der Erzählung der Entwick- Jedenfalls war Kliˇc der erste, der nicht lungsgeschichte des Druckens beim Buch- im Verborgenen als Einzelgänger arbeite- druck (Hochdruck) stehen geblieben wa- te, sondern andere gegen gutes Honorar in ren, Dr. Hell aber mit dem Helio-Klischo- seinem Verfahren unterwies und das Wis- graph dem Tiefdruck das entscheidende sen und Können dadurch von Wien bis Mittel zur Weiterentwicklung seiner Form- nach London weiter trug. Dort verbündete herstellung gegeben hat, soll nachfolgend er sich mit dem Chemigraphen Samuel in einem historischen Rückblick auch der Fawcett (1862-1934), woraus die erste Entwicklungsweg dieser Drucksparte auf- industriell arbeitende Tiefdruckerei, die gezeigt werden. »Rembrandt Intaglio Printing Company Die Tiefdrucker sehen ihre »Vorfahren« Ltd.« in Lancaster, hervorging. (Das Wort in den frühen Kupferstechern, weshalb sich »Intaglio« steht im Englischen für vertiefte die Anfangszeit des Tiefdrucks etwas ver- Druckformen, wie Kupfer- und Stahlstiche). schwommen darstellt. Auch wurde das Ver- Durch strengste Geheimhaltungsmaßnah- fahren lange Zeit geheim gehalten, um men besaß die Firma über zehn Jahre ein Tiefdrucke, die nachträglich mit einem Monopol im Rastertiefdruck. Prägerand versehen wurden, als Imitatio- In Deutschland begannen sich Ende des nen von wertvollen Stichen und Radierun- 19. Jahrhunderts zwei Männer mit dem gen teuer verkaufen zu können. Vorläufer einschlägigen Problem zu beschäftigen und

126 Hell Verein / www.hell-kiel.de diesbezügliche Patente anzumelden: Dr. um, wo die Elsässische Maschinenfabrik Eduard Mertens (1860-1919) und Ernst ansässig war. Am Ostersonntag des Jahres Rolffs (1859-1939). Es dauerte bis zum 1910 erschien so die »Freiburger Zeitung« Jahre 1907, dass beide die Produktion nach in Freiburg im Breisgau mit zwei Beilagen ihrem Verfahren aufnehmen konnten. Im von je vier Seiten in einer Auflage von Jahre 1904 waren jedoch schon maschi- 20 000 Exemplaren. Diese zeigten auf den nell gedruckte Rastertiefdrucke, »Mezzo- Außenseiten Bilder im Tiefdruck, die in- tinto-Gravüre« genannt, von der Drucke- nerhalb des normalen, im Buchdruck er- rei und Verlag Friedrich Bruckmann in Mün- stellten Zeitungsdrucks standen. chen auf den Markt gebracht worden. Die Hybridmaschine, wie man diese Art Dies kam dadurch zustande, dass in Eng- Maschinen später nannte und auf der diese land der Österreicher Theodor Reich (1861- Zeitungs-Beilagen hergestellt worden wa- 1939) mit dem Maschinenfabrikanten John ren, bestand aus einer Buchdruck-Zeitungs-

Gegenüberstellung Hochdruck und Tiefdruck bei Rotationsmaschinen. Im Hochdruck (links) sind die druckenden Teile erhaben, beim Tiefdruck (rechts) liegen sie in den Vertiefungen des Druck- zylinders. Infolge dessen muss im Tiefdruck die Farbe nach dem Farbbad von der Oberfläche mittels einer Rakel entfernt werden

Wood (1851-1936) zusammengekommen rotationsmaschine der Vogtländischen Ma- war, beide zusammen eine Tiefdruck- schinen AG (VOMAG) in Plauen, die mit maschine entwickelten, deren zweite Reich einem von Mertens konzipierten und in bei seiner Übersiedelung nach München der Elsässischen Maschinenfabrik gebau- mit zu Bruckmann nahm und deren dritte ten Tiefdruckwerk ergänzt worden war. in die USA exportiert wurde. In USA for- Damit ergab sich ein Ereignis für das mierte sich daraufhin 1904 die American Tiefdruckverfahren allgemein, indem es Photogravure Company. Kopien, die von erstmals ganz offen präsentiert wurde. diesen Maschinen angefertigt wurden, führ- Der Tiefdruck hat gegenüber dem Buch- ten zu einem breit angelegten Bau von druck den Vorteil, dass er Halbtonbilder Tiefdruckmaschinen. mit höherer Qualität, fast fotografisch, auf Zurück zu Mertens und Rolffs: Ersterer preiswerten Naturpapieren wiedergeben gründet bereits 1897 in Berlin die Graphi- kann. Durch seine niederviskose Druck- sche Gesellschaft, um Druckwalzen für den farbe lackiert er quasi das Papier und er- Stoff- und Tapetendruck herzustellen. Rolffs zeugt einen Glanz im Druck, ohne das widmete sich in seiner Textilfabrik in Sieg- Papier mit einem teuren Kreidestrich dazu burg ebenfalls Problemen des Stoffdrucks. vorher präparieren zu müssen, wie es bei Kommerzielle Drucke auf Papier stellte Kunstdruckpapieren der Fall ist. Ein Nach- er erst 1906 in der inzwischen gegründe- teil besteht jedoch in der relativ aufwändi- ten Deutschen Photogravue AG in Sieg- gen Formherstellung, weshalb er heute burg her. Auch an anderen Orten Europas hauptsächlich für Massendrucksachen wie wurde um die Jahrhundertwende intensiv großauflagige Zeitschriften und Versand- daran gearbeitet, das Geheimnis der engli- hauskataloge eingesetzt wird. schen Rembrandt-Drucke zu enträtseln. Nach diesem Erfolg in Freiburg im Breis- Bald nach der Gründung der Deutschen gau wurde der Tiefdruck das bevorzugte Photogravure AG und nach Abschluss von Illustrationsdruckverfahren für Zeitungen, Nebenverträgen zwischen Rolffs und Mer- woraus sich später die eigenständigen Tief- tens konzentrierte sich letzterer auf die druck-Illustrierten (Zeitschriften) entwickel- Entwicklung des Tiefdrucks für Zeitungen. ten. Schon am 19. September 1910 kün- Er siedelte 1907 nach Mühlhausen im Elsass digte das »Hamburger Fremdenblatt« an,

127 Hell Verein / www.hell-kiel.de dass man die Mertens-Lizenz erworben phische Schnellpressen zu Bogentiefdruck- habe, und am 19. Februar 1911 kam die maschinen umgebaut worden waren und »Frankfurter Zeitung« mit vier ganzseitigen von 1913 an die speziell für diesen Zweck Anzeigen im Tiefdruck heraus. Im Mai 1912 konzipierten Palatia-Bogentiefdruckma- folgte schließlich die Einführung des Tief- schinen entstanden sind. Bereits zu die- drucks bei Mosse in Berlin zum Druck der sem frühen Zeitpunkt wurden auch Rollen- zweimal wöchentlich erscheinenden Bei- tiefdruckmaschinen in Frankenthal gebaut, lage »Der Weltspiegel« und viele weitere worauf sich die Stärke dieses, jetzt zum Zeitungsverlage folgten dem Beispiel. Koenig & Bauer-Konzern (KBA) gehören- In der Folge und besonders nach dem den Unternehmens, stützt. Weltweit sind Zweiten Weltkrieg verschwanden die se- es nur noch zwei Unternehmen, die Illu- parat eingerichteten Tiefdruck-Abteilungen strations-Tiefdruckmaschinen fertigen. immer mehr aus den Zeitungsbetrieben. Die Herstellung der Tiefdruckform war An ihre Stelle traten die Illustrierten (Zeit- nach wie vor sehr aufwändig. Nicht nur schriften) als selbständige Verlagsprodukte. der mehrstufige, mechanische Bearbei- Dazu kamen die Versandhauskataloge, die tungsprozess der Druckzylinder, sondern in Millionenauflagen mit hoher Seitenzahl auch die Übertragung der Vorlage auf die herauskamen und wegen der zahlreichen, Zylinderoberfläche gestaltete sich sehr originalgetreuen Abbildungen auf höchst- kompliziert, sodass man die Tiefdruck-Ätzer mögliche Druckqualität angewiesen wa- als Künstler und hochgeschätzte Meister ren. Sie erwiesen sich dadurch für den ihres Fachs ansah. Tiefdruck geradezu als prädestiniert. Die Zur Herstellung der Tiefdruckform muss- Illustrations-Tiefdruckmaschinen wurden te zunächst ein sogenanntes Pigmentpa- dazu immer leistungsfähiger gestaltet und pier (mit braun/orange eingefärbter Gelati- erreichen heute mit Papierbahnbreiten um ne beschichtetes Trägerpapier) mit einer 4,3 m und Bahngeschwindigkeiten von Chromsalzlösung lichtempfindlich ge- 17 Metern pro Sekunde in der Summe die macht werden, um darauf den Vorlagen- höchste Produktionsleistung aller Druck- Film durch eine Rasterscheibe hindurch in verfahren überhaupt. einem Belichtungsrahmen zu kopieren. Daneben gab es zur Herstellung von Eine Klimatisierung und Staubfreiheit des Kunstdrucken und auf hohe Druckqualität Arbeitsraumes war dabei Bedingung. Man angewiesenen Drucksachen, auch Bogen- sprach deshalb auch etwas spöttisch bei tiefdruckmaschinen, deren erste im Jahre den Tiefdruck-Ätzereien von den »Heili- 1813 im Kempewerk in␣ Nürnberg nach gen Hallen« eines jeden Tiefdruckbetriebes, Plänen von Carl Blecher entstand. Da die in denen man sogar nicht husten dürfe, um Elsässische Maschinenfabrik keine Falz- nicht die Ätzer bei der Arbeit zu stören. apparate oder Planoauslagen (Bogenaus- In einer speziell Übertragungsmaschine leger) baute, die ihre Tiefdruckwerke erst (Walzenpresse) wurde danach der kopier- zu einer eigenständigen Tiefdruckmaschine te Pigmentpapierbogen nach kurzem An- komplettiert hätten, wurde nach dem Er- feuchten auf den hochglanzpolierten und folg in Freiburg zwischen ihr und der vorher entfetteten Kupfer-Formzylinder auf- Schnellpressenfabrik Koenig & Bauer AG gequetscht. Dies musste wegen der Passer- in Würzburg eine Vereinbarung zur Zu- haltigkeit im Vierfarbendruck mit äußers- sammenarbeit geschlossen. ter Präzision erfolgen. Eine Übertragungs- Im Mai 1913 konstituierte sich das Inter- maschine stellte dies mit Registermarken nationale Tiefdrucksyndikat, in dem sich sicher, während die Rückseite des Pigment- die vier Verfahrensentwickler, die Interna- papiers zusätzlich mittels einer Klebefolie tionale Tiefdruck GmbH in Berlin, die gegen Dehnungen stabilisiert wurde. Nach Mertens Tiefdruck GmbH in Mannheim, Abziehen des Trägerpapiers und Ausspü- die Rotogravure Deutsche Tiefdruck GmbH len der löslichen Gelatine mit lauwarmem in Berlin mit den Maschinenherstellern Wasser, verblieb ein, dem Bild der Vorlage Kempewerk, Elsässische Maschinenfabrik, entsprechendes, durch das Licht des Kopier- Maschinenfabrik Johannisberg in Geisen- vorgangs gehärtetes Gelatinerelief auf dem heim am Rhein und der Schnellpressen- Zylinder bestehen. Lücken zwischen der fabrik Koenig & Bauer in Würzburg zu- Gelatineschicht mussten mit Asphaltlack sammenschlossen. abgedeckt werden, um ein Angreifen der Außerhalb dieses Syndikats stand die Ätze an diesen Stellen zu vermeiden. Da- Schnellpressenfabrik Albert & Cie. in␣ Fran- nach konnte der Ätzvorgang beginnen. Der kenthal, bei der schon um 1910 lithogra- Zylinder wurde dazu in einem Gestell mit

128 Hell Verein / www.hell-kiel.de Auffangwanne langsam von Hand gedreht, zielle Handpresse, die so genannte »Stan- während der Ätzer fortlaufend eine genpresse«, die mit einer Art schwenk- Eisenchloridlösung in verschiedenen Kon- baren Holzrakel (Reiber-Prinzip) den Druck zentrationen über die Zylinderoberfläche durch Überstreichen des Papierbogens von goss. Dort, wo das Gelatinerelief am tiefs- der Rückseite nacheinander aufbrachte, um ten war, konnte die Eisenchloridlösung das den empfindlichen Lithographie-Stein nicht Kupfer zuerst und damit auch am längsten zu stark mit der vol- angreifen, d. h. am tiefsten ätzen. len Last wie bei ei- Alois Senefelder war der Erfinder Es wird klar, dass die Gleichmäßigkeit nem Drucktiegel zu der Lithographie, der Ätzung und das Erreichen des richti- belasten. Da diese auch Steindruck gen Zeitpunktes zur Beendigung des Ätz- Stangenpresse nur genannt, vorgangs vom Ätzer ein hohes Maß an schwer zu bedienen und damit auch Können und viel gewonnener Erfahrung war, baute er gleich der Erfinder des Offsetdrucks erforderte. Nachdem mit Wasser das Eisen- danach noch eine chlorid, Gelatinereste und mit Lösungs- Version mit einem mittel auch Lackabdeckungen abgespült großen, eine breite worden waren, konnte der Tiefdruckform- Druckzone aufwei- zylinder in der Tiefdruckmaschine einge- senden Druckzylinder. Lange Zeit bestan- setzt werden. den beide Systeme – wohl aus Kosten- Meistens erfolgte vorher ein Andruck, gründen – nebeneinander. was Korrekturen auf dem Zylinder mit Sti- Die ersten Steindruck-Schnellpressen chel und galvanischen Auf- und Abtrag- entstanden in Frankreich. Die Lithographie methoden nach sich zog. Zur besseren wurde anfangs als ein Druckverfahren für Standfestigkeit des Zylinders im Fortdruck Künstler angesehen, wobei Künstler wie wurde – auch heute noch – nach dem An- Henri de Toulouse-Lautrec auch noch spä- druck in einem galvanischen Bad hartver- ter, als die Photographie bereits zur Ver- chromt. fügung stand, direkt auf den Stein ihre Mit der Entwicklung des Helio-Klischo- Plakat-Motive zeichneten. Das mag erklä- graphen durch Dr. Hell wurde die so viel Sorgfalt erforderlich machende Pigment- Alois Senefelder erfand 1797 nicht nur den papier-Übertragung und der komplizierte Steindruck, die Litho- Ätzprozess auf einen einzigen Arbeits- graphie, sondern auch schritt, die elektro-mechanische Gravur die Stangenpresse, reduziert. Zwar ist nach wie vor der Kupfer- mit der er dann die zylinder vorher mechanisch mit Drehen, ersten Drucke herstellen konnte. Das Foto Schleifen und Polieren, bzw. Finishen zu stammt aus dem bearbeiten, doch die eigentliche Formher- Druckereimuseum des stellung ist sicherer, präziser und rationel- Traunsteiner Tageblattes ler in ihrem Ablauf geworden. Die Fort- entwicklung zu »Computer-to-Cylinder« wäre ohne die Erfindung der Gravierma- schine nicht möglich gewesen. Der Siegeszug des Offsetdrucks Während der Tiefdruck nur einen Markt- anteil von rund 10% weltweit hält und der klassische Hochdruck im Aussterben be- griffen ist, – der Flexodruck als Untergrup- pe dagegen gewinnt immer mehr Markt- ren, warum gerade Frankreich und Paris anteile speziell im Verpackungsdruck – be- das Eldorado des Steindrucks wurde. Für findet sich der Offsetdruck seit Jahren auf die Steindruck-Schnellpresse von Nicolle der Siegerstraße, und zwar in allen Berei- wird das Jahr 1846 genannt. chen von Drucksachen. Der Digitaldruck 1851 folgte als erste nicht-französische ist im Vergleich dazu ein gerade erst auf- Steindruck-Schnellpresse die Maschine von keimendes Pflänzchen. Georg Sigl in Wien. Alexander Dupuy baute Der Offsetdruck entwickelte sich aus seine erste lithographische Schnellpresse der Lithographie. Der schon erwähnte Alois 1860 wiederum in Paris. Bei ihm waren Senefelder erfand um 1798 für seiner »che- die Schwaben Louis Faber und Adolf Schlei- mischen Druckerei« auch gleich eine spe- cher beschäftigt, die später seine Teilhaber

129 Hell Verein / www.hell-kiel.de wurden. Der deutsch-französische Krieg Material übertragen wird«. Verbal in die- von 1870/71 vertrieb Faber und Schleicher ser allgemeinen Form wurde also das aus Frankreich, worauf diese in Offenbach Offsetdruckverfahren damals bereits erfun- am Main eine Werkstätte zum Bau von den. Angewandt wurde es jedoch nur im lithographischen Druckmaschinen (Mar- Blechdruck, und zwar in Verbindung mit kenname ROLAND) gründeten, die heute dem Buchdruckverfahren. den Bogendruckmaschinenteil der MAN Den ersten Versuch, das indirekte Ver- ROLAND Druckmaschinen AG bildet. fahren mit der Lithographie in Verbindung zu bringen, machte 1903 ein gewisser L.S. Morris in USA. Er baute die Maschine nicht Offsetdruck ist ein indirektes Druckverfahren, selbst, sondern verkaufte seine technischen bei dem druckende und Zeichnungen an die George Mann & Co. nichtdruckende Teile auf in Leeds, England. Angeblich funktionierte einer Ebene liegen. die Maschine nicht. In alt-englischem Sar- Der Offsetdruck beruht auf kasmus wurde dazu in den Akten notiert: dem Abstoßprinzip zwischen Wasser und Fett. »The only slight drawback was that the Indirekt heißt: der Druck machine, as Morris had conceived it, just erfolgt zunächst auf ein did not work« (Der einzige geringfügige Gummituch und von da Nachteil war der, dass die Maschine, wie aus auf Papier sie Morris erdacht hatte, einfach nicht funk- tionierte). Dies mag als ein weiterer Be- weis dafür gelten, dass eine Erfindung zum Senefelder hatte schon Ideen entwickelt, Scheitern verurteilt ist, wenn nicht der wie die flache Form der Schiefersteine Tatendrang und die Besessenheit des Erfin- durch eine Rundform ersetzt werden könn- ders ihre Vollendung selbst vorantreibt. te, indem er das Schiefermaterial zermah- Im gleichen Jahr, also 1903, wurde ein len und mit Lösungsmittel versetzt auf weiterer Versuch in USA von Robert Flet- Metallplatten aufbringen wollte. Doch erst cher Rogers unternommen. Er konstruierte das Entdecken der Zinkplatte mit licht- eine Zinkdruck-Rotary für gleichzeitigen empfindlicher Beschichtung als geeignete Schön- und Widerdruck, die nach einer Form und die damit einhergehenden »Zink- Seite im indirekten Gummidruckverfahren druck-Rotarys« brachten den Erfolg. Die arbeitete. Es war dies also eine »halbe Off- erste wird 1886 Ruddiman Johnston in setdruckmaschine«. Sie hatte zwei Platten- Edinburgh zugeschrieben; erste Schutz- zylinder, zwischen denen ein Gummituch- rechte eines Franzosen bestanden bereits zylinder angeordnet war. Ein besonderer seit 1835. An die Stelle des langsam hin- Gegendruckzylinder war nicht vorhanden. und hergehenden Steines trat der rotieren- Dies ist besonders bemerkenswert, da da- de Zylinder mit der aufgespannten, leich- mit auch der spätere Gummi-gegen-Gum- ten und biegsamen Metallplatte. Die Nord- mi-Druck des Caspar Hermann bereits, amerikaner ersetzten später das Zink durch zumindest teilweise, vorerfunden worden Aluminium, da sie den Rohstoff und die war. Rogers meldete seine Erfindung am geeigneten Aluminiumwalzwerke besaßen. 30. November 1903 in USA zum Patent Neben der Zinkdruck-Rotary kann die an. Auch ein deutsches Patent wurde be- indirekt druckende Buchdruckmaschine für antragt und am 27. November 1903 als den Blechdruck als eine Vorläuferin der Deutsches Reichspatent Nr. 179 219 erteilt. Offsetdruckmaschine angesehen werden. Es ist jedoch nicht bekannt, ob diese Ma- Die erste Blechdruck-Schnellpresse wurde schine tatsächlich gebaut wurde oder ob 1869/70 von Pelaz und Huguenet in Frank- sie nur auf dem Papier stand. reich gebaut. Für den in der Praxis erprobten Offset- In England kam es schon 1875 zur Er- druck gibt es wieder einmal zwei Erfinder, teilung von Patenten auf indirekte Übertra- die simultan, ohne voneinander zu wis- gungs-Druckverfahren mit Gummizylinder sen, zur gleichen Zeit, 1904, auf die glei- für den Blechdruck. Sechs Jahre später er- che Idee kamen, nämlich lithographische hielten die Franzosen Champenois und Druckplatten indirekt, d.h. über einen Missier ein französisches Patent auf »Neu- Gummituchzylinder, abzudrucken. erungen an Druckmaschinen, dadurch ge- Da ist zunächst der Nordamerikaner Ira kennzeichnet, dass der Abdruck von der Washington Rubel (1860-1908), dem die Form zunächst auf einen elastischen Stoff folgende Story zugeschrieben wird: Rubel und von diesem auf das zu bedruckende betrieb eine kleine Stein- und Zinkdruckerei

130 Hell Verein / www.hell-kiel.de in Nutley im Staate New Jersey. Eines Ta- Bei der Potter Printing Press Company ges haben sich beim Bedrucken von har- entwickelte man aus den Unterlagen von tem Banknotenpapier mit Rasterabbildun- Rubel eine eigene Maschine, die man als gen Schwierigkeiten ergeben. Rubel ließ »Potter Offset Press« bis 1926, dem Zeit- daher zum Erreichen eines besseren Druck- punkt als Potter von Harris übernommen ergebnisses ein Gummituch auf den Gegen- wurde, mit Erfolg vertrieb. Über Rubel kam druckzylinder aufziehen, mit dem die Ar- die Kunde vom Offsetdruck nach London. beit fortgesetzt wurde. Die Bogenanlegerin Ein Druckbogen, den Rubel bei der Bank- notendruckerei De La Rue & Sons »Aus Versehen« druckte Ltd. in London hinterlegt hatte und der Amerikaner den der Chefkonstrukteur Arthur Iran Washington Rubel Evans von der Druckmaschinen- einen Bogen beidseitig fabrik George Mann & Co., Leeds, und erkannte so die dort liegen sah, genügte ihm, der Wirkung des Gummi- tuchs. Hier seine erste bereits an der Morris-Maschine Bogenoffsetmaschine gearbeitet hatte und zu dem pein- lichen Fehlschluss kam, um die Rubel’sche Offsetmaschine nach- zuempfinden. Die schmerzliche Erfahrung,die Ira Washington Rubel mit dieser erneuten Indiskretion machte, hat habe manchmal aus Unachtsamkeit einen wohl dazu beigetragen, dass er so früh Bogen ausgelassen, sodass␣ unbeabsichtigt starb. George Mann wurde jedoch durch der Farbabdruck auf das Gummituch ge- diese Nachempfindung die erste Offset- langte. Von dort wurde er auf die Rück- druckmaschinenfabrik in Europa. Erste seite des nächstfolgenden Bogens übertra- Lizenznehmerin für Deutschland wurde gen. Als Rubel einen dieser Fehldrucke die Leipziger Schnellpressenfabrik von näher inspizierte, stellte er fest, dass der Schwiers, Werner & Stein. Ausdruck auf der Rückseite zwar seiten- Der zweite Erfinder, dem die gleiche verkehrt, aber besser als der der Vordersei- Erfindung zum gleichen Zeitpunkt zuge- te war. Er machte weitere Versuche und schrieben wird, ist der deutsche Immigrant fand seine Beobachtungen bestätigt. in USA mit Namen Caspar Hermann (1871- Nach dieser Entdeckung über- nahm Rubel das Prinzip des indi- Zur gleichen Zeit wie rekten Gummidrucks zum Bau Rubel erfand der deutsche Immigrant von eigenen Maschinen, für die Caspar Hermann er bald die Bezeichnung »Offset- in den USA seine Bogen- maschine« benutzte, von »off- offset-Druckmaschine. set« (absetzen). Er war es auch, Er gab die Druckerei auf und der 1907 in Deutschland das erste Patent auf widmete sich ganz der Verwer- einen Rollenoffset- tung seiner Erfindung, war darin Druckmaschine erhielt jedoch – wohl wegen mangeln- der kaufmännischer Kenntnisse – wenig erfolgreich. Er hatte sich schon früh mit dem Chicagoer Lithographen Alex Sherwood zum so genannten »Sherbel Syn- dicate« verbunden. Die von ih- nen darin vertriebenen Offset- druckmaschinen ließen sie bei der Potter 1934). Er war gelernter Steindrucker und Printing Press Company in Plainfield, New Lithograph und wanderte schon im Alter Jersey fertigen. von 18 Jahren nach Nordamerika aus. Das Doch nach einem Jahr ging das Syndi- war im Jahre 1889. Er fand Anstellung bei kat in Konkurs und Rubel reiste nach Druckereien als Chromo-Andrucker (Chro- London, um einen neuen Finanzier für sei- mo-Andrucke = Prüfdrucke für Farbsätze) ne Erfindung zu suchen. Er starb dort 1908, und machte sich in den Jahren 1896-1898 erst 48-jährig. mit der Excelsior Litho Co. in New York

131 Hell Verein / www.hell-kiel.de selbständig. Anschließend war Hermann Schniedewind soll er später einmal danach als Faktor in einer großen Druckerei in gefragt worden sein – er lebte von 1871- Brooklyn beschäftigt. Dann ging er nach 1934 – und geantwortet haben: Richmond in Virginia, nach Baltimore und »Ich wollte bessere Abdrucke von Zink nach Washington, wo er in verschiedenen bekommen und kannte die Fähigkeit des Stellungen tätig war, um seine Kenntnisse Kautschuks im Annehmen und Abgeben zu erweitern. In seiner Unrast suchte er der Druckfarbe. Daher versprach ich mir schon in diesen jungen Jahren nach␣ Mög- vom Einsatz eines Gummituchzylinders lichkeiten, die Lithographie in Leistung und zwischen Druckform und Papier bessere Qualität zu verbessern. Drucke. In einer kleinen Druckerei in

Impression: Eine Lithografie (Steindruck) aus dem Jahr 1830 zeigt die Stadt Würzburg, Keimzelle der Druckmaschinen- Hersteller

Als Caspar Hermann 1903 sein erstes Baltimore hatte ich eine kleine Zinkdruck- Patent auf eine lithographische Sechs- Rotary in meiner Abteilung, die ich ent- farbenmaschine für indirekten Gummi- sprechend umbaute. Der Erfolg war über- druck anzumelden versuchte, hatte er kei- zeugend«. ne Kenntnis von den bereits bestehenden Caspar Hermann hatte neue Ideen für Patenten im Blechdruck, die ihm vorgehal- den Mehrfarbendruck, für mit Endlospapier ten wurden und zur Ablehnung seiner An- gespeiste Rollenoffsetmaschinen und Ma- meldung führten. Er ließ sich jedoch nicht schinen für den gleichzeitigen Schön- und entmutigen und fuhr in seinem Bemühen Widerdruck (beidseitiger Druck), für die er fort, dem Offsetdruck bei Drucksachen je- zur damaligen Zeit in den USA keine Mög- der Art zum Durchbruch zu verhelfen. lichkeiten der Verwirklichung sah. Er trat So schrieb er im Dezember 1904 die deshalb im Mai 1907 die Rückreise nach Firma Harris Automatic Press Company in Deutschland an, obwohl er bereits die Niles, Ohio an und schlug vor, deren Buch- amerikanische Staatsangehörigkeit erwor- druck- Bogenrotationsmaschinen in Off- ben hatte, und kam am 27. Mai 1907 mit setmaschinen umzubauen. Noch im glei- seiner Familie in Bremerhaven an, um vor- chen Monat antwortete die Firma Harris erst bei seinem Bruder in Helmbrechts/ und am 5. Januar 1905 kam es zu der Oberfranken Unterschlupf zu finden. Vier Vertragsunterzeichnung, wonach Hermann Tage vorher war ihm ein Patent vom Kai- dem Unternehmen all sein Wissen um den serlichen Patentamt erteilt worden, dessen Offsetdruck zur Verfügung zu stellen und Bedeutung damals nur wenige, um nicht auch sein Können beim Umbau der ersten zu sagen keiner außer ihm, erkannten. Maschinen einzubringen hatte. Die Harris Hatte das Offsetdruckverfahren gegenü- Automatic Press Company der Brüder ber dem herkömmlichen Buchdruckverfah- Alfred und Charles Harris wurde dadurch ren in der Maschinenkonfiguration den neben der von Ira Washington Rubel die kostenträchtigen Nachteil, dass es einen zweite Offsetdruckmaschinenfabrik in Zylinder, nämlich den Gummituchzylinder, USA, die darin erfolgreicher operierte, als mehr pro Druckwerk benötigte, so konnte die ihres Konkurrenten Rubel. dieser nach dem Hermann’schen Patent Woher Caspar Hermann das Können dadurch vermieden werden, dass man den und das Wissen hatte, das bleibt etwas im Gegendruckzylinder einsparte, indem man Dunkeln. Laut seinem Biografen Hermann die Gummituchzylinder zweier Druckwer-

132 Hell Verein / www.hell-kiel.de ke gegeneinander drucken ließ und so Letzterer kaufte dann auch die erste Ma- Schön- und Widerdruck gleichzeitig durch- schine. Weitere Maschinen wurden an die führte. Wir sprechen heute dabei vom Dr. Selle-Eysler AG in Berlin, an Oscar Gummi-gegen-Gummi-Druck. Evert in Nordhausen und an die Firma Wie Friedrich Koenig ein Jahrhundert Edgar Herfurth & Co., Verlag der Leipziger zuvor quer durch ganz Europa reisen muss- Neuesten Nachrichten, geliefert. Letzter te, um einen Geldgeber für seinen Erfin- druckte darauf die Sonntagszeitung »Der dungsgedanken zu finden, so schrieb auch Sportsonntag« mit vielen großflächigen Caspar Hermann alle bedeutenden Druck- Abbildungen. maschinenfabriken an, jedoch ohne Erfolg. Der Durchbruch zum Rollenoffset war Um sich und seine Familie über Wasser zu damit geschafft und die VOMAG wurde halten, baute er auf eigene Rechnung nicht quasi gegen ihren anfänglichen Willen der verkaufbare Harris-Buchdruck-Bogenrota- alleinige Hersteller dieser Gummi-gegen- tionsmaschinen bei der Maschinenbau- Gummi-Rollenoffsetmaschinen. Alle Kon- Gesellschaft Zweibrücken, die die deut- kurrenten, die danach auch ins Rollenoff- sche Harris-Vertretung besaß, auf Bogen- setgeschäft drängten, mussten Umwege mit offsetmaschinen um, die den Namen »Tri- dem so genannten Drei-Zylinder-System umph« erhielten und später als die ersten oder dem Satelliten-System (mit zentralem deutschen Bogenoffsetmaschinen gefeiert Gegendruckzylinder) gehen. Auf dem wurden. Er beriet die Schnellpressenfabrik kostengünstigen Gummi-gegen-Gummi- Frankenthal, Albert & Cie. in Frankenthal Prinzip hielt die VOMAG durch den Er- im Offsetdruck – Gummi-gegen-Gummi werb des Hermann’schen Patentes ein Mo- im Bogendruck – und arbeitete zeitweilig nopol. Dies betraf die ganze Zeit zwischen bei der Leipziger Schnellpressenfabrik von den beiden Weltkriegen. Schwiers, Werner & Stein, die bekanntlich Kurz vor seinem Ableben 1934 in Leipzig eine Lizenz von George Mann & Co. aus erfand Caspar Hermann noch den wasser- Leeds in England erworben hatten. Sein losen Offsetdruck und konnte eindrucks- Patent auf eine Gummi-gegen-Gummi- volle Druckmuster davon sowohl im Bo- Rollenoffsetmaschine wollte jedoch nie- gen- als auch im Rollendruck vorweisen. mand haben. Doch eine Patentanmeldung darauf wurde Am 13. September 1910 gab er nochmals ihm verweigert – auch wollte wie vordem ein Inserat in einer Fachzeitschrift auf und beim Rollenoffset niemand seine Erfindung diesmal brachte die Anzeige die gewünsch- haben. Im letzten Drittel des 20. Jahrhun- te Verbindung zustande. Am 15. September derts nahmen Amerikaner (3M) und Japaner 1910 meldete sich der damalige Inhaber (Toray) Entwicklungen in diesem Verfahren der bekannten Druckwalzenfabrik Felix wieder auf und heute verbinden sich da- Böttcher in Leipzig, Ernst Herrmann, mit mit, besonders im Computer-to-Press-Ver- einem Brief bei ihm. Herrmann (im Ge- fahren, große Zukunftshoffnungen. gensatz zu Caspar Hermann mit zwei »r« Während die von Caspar Hermann␣ kon- im Namen geschrieben) war von der Idee zipierten Rollenoffsetmaschinen haupt- so überzeugt, dass er kurzerhand die sächlich für den Zeitungsdruck bestimmt Vogtländische Maschinenbau AG, kurz waren, begann Anfang der 1940er Jahre in VOMAG genannt, in Plauen/Vogtland ver- den USA ein anderer deutscher Immigrant anlasste – er war gleichzeitig Generalver- mit Namen John F. Webendorfer mit der treter dieser Druckmaschinenfabrik – eine Entwicklung von Rollenoffsetmaschinen für Rollenoffsetmaschine nach Caspar Her- den Akzidenzdruck. Er übernahm von manns Plänen herzustellen. Ernst Herr- Caspar Hermann unbekümmert das Gum- mann übernahm dafür die Kosten. mi-gegen-Gummi-Prinzip, stellt die beiden Am 25. Juni 1912 wurde die »Univer- Druckwerke, die über ihre Gummituch- sal« genannte Schön/Widerdruck-Rollen- zylinder zusammenarbeiteten, jedoch nicht offsetmaschine bei Felix Böttcher in Leipzig horizontal nebeneinander, sondern verti- im Druck vorgeführt. Die Maschine kam kal übereinander, wodurch er zu stehen- anschließend 1914 auf der Leipziger »Bu- den Doppeldruckwerken kam. Die Papier- gra«, der großen grafischen Fachmesse vor bahn passierte hierbei die so gewonnene der »Drupa« in Düsseldorf, zur Ausstel- Druckeinheit in horizontaler Richtung und lung und fand dort Anerkennung durch bei Anordnung von vier Druckeineinheiten prominente Verleger wie Julius Brandstetter, dieser Art␣ hintereinander konnte damit in Rudolf Ullstein und Dr. Petersmann, Inha- einem Durchgang ein beidseitiger Vierfar- ber der Großdruckerei Spamer in Leipzig. bendruck erzeugt werden.

133 Hell Verein / www.hell-kiel.de Webendorfer war zu dieser Zeit Mitar- obsiegte auf allen Gebieten, im Zeitungs- beiter der American Type Founders Com- druck wie im Akzidenzdruck, der Offset- pany, kurz ATF genannt, in Elisabeth, New druck. Auch bei den Bogendruckmaschinen Jersey. Sie brachten deshalb die erste konnten Buchdruck-Bogenrotationsmaschi- Rollenoffsetmaschine dieser Bauart auf den nen den Trend zu Bogenoffsetmaschinen Markt. Der Zweite Weltkrieg bremste na- nicht aufhalten, sodass man beim Off- türlich die Aktivitäten von Webendorfer, setdruckverfahren heute vom allein beherr- sodass seine Ideen erst in den 1950er und schenden Druckverfahren sprechen kann. Dr. Hell richtete sich schon Die Speedmaster früh auf diesen Trendwechsel ein, der Heidelberger Druckmaschinen AG als er zu den Nolar-Folien bei ist eine Bogen- seinem Klischograph auch Lithar- Offsetmaschine, Folien für den Offsetdruck entwi- die sich durch ihre ckelte, wie überhaupt auch alle Modularität seine übrigen Entwicklungen, die kundenspezifisch ausbauen lässt Farbscanner und der Digiset, auf den Offsetdruck ausgerichtet wa- ren. Vom Bürokopierer zur Digitaldruckmaschine Neben den weiterhin markt- führenden Offsetdruckmaschinen wurde eine völlig neue Art von Druckmaschinen entwickelt, de- 1960er Jahren greifen konnten. Neben den nen allgemein große Zukunftsperspektiven Druckeinheiten entwickelte er passende zugesprochen werden. Es ist dies die Falzapparate, Einzugwerke und Kühlwal- Gruppe der Digitaldruckmaschinen, die zen, denn sie wurden mit Trocknern der sich jedoch keineswegs einheitlich, son- Firma Ben Offen in Chicago betrieben, um dern sehr heterogen präsentiert. Dies ist der im Heatset-Verfahren den Farbauftrag durch Fall sowohl, was die verschiedenen Ent- Austreiben von hochsiedenden Lösungs- wicklungsstufen (Computer-to-Press bis mitteln mittels Hitze zu verfestigen und Computer-to-Print), als auch, was die durch das Schmelzen der Druckfarben-Har- unterschiedlichen, anschlaglosen Druck- ze den Drucken Glanz zu verleihen. verfahren (Elektrofotografie, Ionografie, Auf der Drupa 1962 in Düsseldorf␣ wur- Magnetografie, Inkjet, Thermografie und den die ATF-Rollenoffsetmaschinen und an- Thermo-Transfer) anbelangt. Auffallend ist dere Konkurrenzmaschinen aus USA erst- jedoch der große Anteil des elektrofoto- mals in Europa vorgestellt, was einen wah- grafischen Verfahrens an den Digital- ren Boom im Vertrieb dieser Maschinen- druckmaschinen, was auf dessen Über- gattung auslöste und auch die europäi- legenheit über die anderen Verfahren im schen Hersteller bewog, in diese Maschi- praktischen Einsatz hinweist. Die Entwick- nenbauart verstärkt einzusteigen. lungsgeschichte der Elektrofotografie geht Zur Drupa im Jahre 1967 folgte die bis in die Mitte der 1930er Jahre zurück. Als amerikanische Druckmaschinenfabrik Erfinder gilt der Amerikaner Chester F. Carl- Miehle-Goss-Dexter, kurz auch MGD ge- son. nannt, aus Chicago, Illinois, mit breiteren Chester Floyd Carlson mit vollem Na- Zeitungs-Rollenoffsetmaschinen, was das men und in der Kurzform »Chet« gerufen Aufbruchsignal auch für die Zeitungs- war der Sohn schwedischer Einwanderer in branche setzte, in dieses Druckverfahren der 3. Generation und wurde am 8. Februar einzusteigen und den herkömmlichen 1906 in Seattle im Bundesstaat Washington Buchdruck aufzugeben. an der Westküste der USA geboren. Seine Zwar versuchte man mit Zwischenlösun- Eltern starben schon früh an Knochenmark- gen wie dem indirekten Buchdruck, Di- Tuberkulose, sodass er vorzeitig und mit Litho (auf direkte Lithographie umgebaute Schulden das Studium am California Insti- Buchdruckwerke) und dem Buchdruck- tute of Technology mit dem Grad eines Verwandten Flexodruck den Buchdruck zu Bachelor of Science in Physik im Jahre retten, um nicht vollständig neue Maschi- 1930 abschließen musste. In der gerade nen anschaffen zu müssen, doch am Ende beginnenden Krisenzeit war es schwer,

134 Hell Verein / www.hell-kiel.de eine Anstellung zu finden – er schrieb 82 suches: »10-22-38, Astoria« (Astoria auf Bewerbungen und erhielt ebenso viel Long Island war damit gemeint) und legten Absagen, wie er später einmal sagte. Am diese auf die Metallplatte. Ende klappte es bei den Bell Laboratories in Im vorher verdunkelten Raum wurde die New York als Assistent des Leiters der Metallplatte durch die Glasplatte hindurch Patent-Abteilung, doch mit der sich aus- einige Sekunden lang mit einer starken weitenden Weltwirtschaftskrise folgte 1933 Lampe beleuchtet. Dann wurde die Glas- schon wieder die Entlassung. platte entfernt und Bärlappsamen, der sehr kleine Samenkörner aufweist, auf die Metallplatte gestreut. Nach dem Abblasen Chester Floyd Carlson gilt als Vater blieben die Samenkörner nur an den, unter des elektrostatischen der Schrift gelegenen, unbelichteten Stel- Druckens len der Metallplatte haften – an den belichteten Stellen waren die Ladung und damit auch die Samenkörner verschwun- den. Anschließend wurde ein Blatt Wachs- papier auf die Platte gedrückt und mit dem Bärlappsamen abgezogen. Die erste elektro- fotografische Kopie war damit entstanden. Natürlich entsprach dieses Verfahren nur dem Prinzip nach dem, was moderne Kopierer heute mit Halbleitertrommel, Ionisierstäben und Toner hervorbringen. Eine neue Chance bekam er in einem Doch das Prinzip konnte damit gut erklärt Patentanwaltsbüro in der Nähe der Wall werden. Die Anstrengungen von Carlson, Street in New York, wo er sich mittels einer das Verfahren zu vermarkten waren jedoch Lehre und dem Besuch einer Abendschule wenig erfolgreich. Alle Firmen, denen er zum staatlich anerkannten Patentanwalt sein Patent zur Weiterentwicklung anbot, weiterbilden konnte, sodass er danach eine darunter so gut geführte Unternehmen wie besser bezahlte Stelle in der Patentab- IBM, General Electric und RCA, hatten ein teilung der Firma P.R. Mallory Co. erhielt, »enthusiastisches Fehlen an Interesse«, wie die er bis zum Jahre 1945 innehatte. Schon er es später etwas sarkastisch ausdrückte. lange hatte ihn das stupide Abzeichnen Carlson ließ sich jedoch nicht entmuti- von Patentzeichnungen gestört, das einen gen und hielt alle Fortschritte, die er zwi- Großteil seiner Arbeitszeit in Anspruch nahm und er sann auf Abhilfe. Die Lektüre Am 22. Oktober 1938 eines Buches über Elektrostatik, das er sich gelang Carlson der Druck einer mit in der Bibliothek ausgeliehen hatte, brach- Schwefel beschichteten te ihn auf eine Idee, die er gleich schriftlich und elektrisch auf- festhielt und am 18. Oktober 1937 zum geladenen Metallplatte Patent anmeldete. Doch die Idee und das Patent musste zuerst erprobt werden, bevor damit Geld zu verdienen war. Nach vielen gescheiter- schenzeitlich gemacht hatte, mit weiteren ten Versuchen, die er nur an den Wochen- Patentanmeldungen fest. Als Namen für enden in seiner Küche zuhause zur »Freu- sein Verfahren hatte er schon damals den de« seiner Anwohner (Schwefelgerüche) Ausdruck »Elektrofotografie« gewählt. 1944 durchführen konnte – die Wochentage kam er mit Vertretern des Battelle Memorial waren mit der Arbeit im Patentbüro und die Institut in Columbus, Ohio, zusammen, die Abende mit den Abendkursen belegt – gerade die Battelle Development Corpora- gelang ihm schließlich am 22. Oktober tion gegründet hatte, um darüber neue 1938 der Durchbruch mit Hilfe des gerade Erfindungen zur Marktreife zu führen. Sie aus Deutschland geflohenen Physikers gewährten ihm 3000 US-Dollar gegen Otto Kornei, den er dafür bezahlte. Sie Beteiligung am Erfolg. beschichteten eine Metallplatte mit Schwe- Erst drei Jahre später konnte Carlson den fel und luden sie elektrisch auf, indem sie Präsidenten der Firma Haloid in Rochester, die Platte mit einem Baumwolltuch rieben. New York, Joseph C. Wilson, davon über- Anschließend beschrifteten sie eine Glas- zeugen und dazu bringen, einen Kopierer platte mit dem Datum und Ort des Ver- nach Carlsons Plänen zu bauen. Haloid

135 Hell Verein / www.hell-kiel.de stellten damals in der Nachbarschaft von übernommen hatten. Unterschiede erga- Eastman-Kodak Fotopapier und sonstiges ben sich im Wesentlichen nur durch die Zubehör für Fotolabors her und machten Wahl der Toner: Trockentoner oder Flüssig- damit 1946 einen Umsatz von 6,7 Millio- toner, beide unter Hitze abbindend. Bei nen US-Dollar bei rund 100 000 Dollar ersteren hatte man darüber hinaus zwi- Nettogewinn. 16 Jahre später, 1962, erziel- schen Einkomponenten- und Zweikompo- ten sie mit Carlsons Produkten einen nenten-Tonern zu unterscheiden. Die zwei Umsatz von über 100 Millionen US-Dollar Komponenten bei letzteren ergaben sich bei rund 12 Millionen Nettogewinn. 1950 durch größere Carrier-Partikel, die auf ihrer Oberfläche die eigentlichen Toner-Partikel transportierten und nach Abgabe wieder Prinzip der Xerographie: zurückkehren, um erneut Toner-Partikel Eine Halbleitertrommel durch Adhäsion aufzunehmen. wird elektrisch aufgeladen. Mit der Erfindung des Lasers, die dem Die Ladung bleibt an unbelichteten Stellen US-Amerikaner Gordon Gould, damals erhalten und kann noch Physik-Student an der Columbia- trockenen Pulvertoner University in New York, am 11. November aufnehmen, der dann 1957 gelang, wandelte sich der analog heiß auf dem Papier arbeitende Bürokopierer zum digital das fixiert wird Bild auflösenden (scannenden) und ebenso wiedergebenden Laserdrucker. Die Entwicklung benötigte natürlich Zeit. Im Jahre 1975 war es dann aber soweit, als␣ der amerikanische Computer- war der erste Trockenkopierer auf den riese IBM mit␣ dem »IBM 3800« den ers- Markt gekommen, jedoch konnte bei ihm ten␣ Hochleistungs-Laserdrucker vorstellen noch von keiner einfachen Bedienung die konnte, der in der Stunde bis zu 3800 Rede sein. Um eine Kopie herzustellen, DIN A4-Seiten herstellen. Der eigentliche musste der Benutzer 39 Arbeitsschritte Startschuss, mit dem daraus ein für jeder- ausführen. mann erschwinglicher Heim-Drucker ge- Da die Bezeichnung »Elektrofotografie« macht werden konnte, fiel bei der CeBIT- für das Marketing nicht gut geeignet schien, Messe 1984 in Hannover mit der Vorstel- wählte Wilson nach dem Vorschlag eines lung des Apple-Macintosh-Computers, der Professors der Ohio University den Namen im Paket mit einem Laserdrucker, genannt »Xerographie«, von griechisch »trocken schreiben«. Die Firma Haloid nannte sich deshalb ab 1958 in Haloid Xerox, Inc. um. Einige Monate später, 1959, kam der erste vollautomatische Kopierer auf den Markt, der »Xerox 914«. Er machte 6 Kopien 1959 kam der erste pro Minute auf Normalpapier. So vollautomatische zuverlässig wie die heutigen Modelle Kopierer auf den Markt, war er jedoch noch nicht. Bei einer die Xerox 914. Diese machte damals schon Präsentation von zwei Kopierern fing selbständig sechs Kopien der eine plötzlich Feuer, was sicher keine pro Minute gute Reklame war. Trotzdem wurde der auf Normalpapier Xerox 914 ein großer Markterfolg, sodass sich die Firma Haloid Xerox, Inc. bald in Xerox Corporation umbenannte. Chester Floyd Carlson starb am 19. Sep- tember 1968 auf der Straße, als er gerade die 57th Street hinunterging und plötzlich tot umfiel. Er hinterließ ein Vermögen von »LaserWriter«, angeboten wurde. Viele 150 Millionen US-Dollar, die er zum gro- Nachahmer folgten diesem Beispiel und ßen Teil wohltätigen Institutionen zugute revolutionierten damit den Kleinsachen- kommen ließ. druck herkömmlicher Weise. Nach Ablauf von Carlsons Patenten kam Da die Laserdrucker eine zu begrenzte eine Vielzahl von Kopierer-Herstellern auf, Leistung aufwiesen, um für größere Auf- die alle das elektrofotografische Verfahren lagen eingesetzt zu werden, war zu er-

136 Hell Verein / www.hell-kiel.de warten, dass man das elektrofotografische Bürste entfernt, sodass die␣ gereinigte Prinzip früher oder später auch in richtige Chromstahlhülse erneut zur Bebilderung Druckmaschinen einbauen wird. bereit stand. Hiermit wurde also ein Dies geschah dann auf der Ipex-Messe Kompromiss zwischen Computer-to-Press 1993 in Birmingham, wo das israelische und Computer-to-Print geschlossen. Unternehmen Indigo seine E-Print 1000 Interessant ist in diesem Zusammenhang und das niederländische Unternehmen die Feststellung, dass das letztes Patent von Xeikon seine DPC/32 vorstellten. Beide Dr. Hell mit der Nummer 2 725 093, aus- druckten mehrfarbig im elektrofotografi- gegeben am 5. April 1984, angemeldet am schen Verfahren, die E-Print 1000 von 3. Juni 1977, eine Druckmaschine nach Bogen auf Bogen, die DCP/32 von Rolle auf dem Computer-to-Press-Verfahren be- Bogen. Bei der E-Print 1000 kam noch schreibt, bei dem die Druckform mittels hinzu, dass sie einen besonderen Flüssig- Energiezufuhr durch Laser-, Anoden- oder toner einsetzte, der elektrostatisch auf Ultraschall-Strahlen für den Flachdruck einen Gummituchzylinder übertragen, dort (Offsetdruck) erzeugt wird (siehe Anhang: weich-plastifizierte, sodass er ohne Rück- »Abstrakts der Patente von Dr. Hell«). stände auf dem Gummi zu hinterlassen, als weiche Plättchen auf das Papier übertragen Den große Durchbruch werden konnte. Man sprach denn auch schaffte Apple 1984, wegen des zwischengeschalteten Gummi- als sie auf der CeBIT in Hannover tuchzylinders werbewirksam gern von den LaserWriter einer digitalen Offsetdruckmaschine. vorstellten Die traditionellen Druckmaschinenher- steller konterten gegen das Aufkommen dieser Digitaldruckmaschinen mit so ge- nannten Computer-to-Press-Modellen, bei denen im Gegensatz zu den elektrofoto- grafisch arbeitenden Computer-to-Print- Modellen der Newcomer die konventio- Als Eindruckwerk für letzte Nachrichten nelle Druckform beibehalten, aber in der in Zeitungen und zur Adressierung von Maschine (Press) digital bebildert und für Druckexemplaren hatte sich schon seit den Druck fertig gemacht wurde. Die längerem ein weiteres anschlagloses Druck- Anwendung des schon 1934 von Caspar verfahren angeboten: das »Inkjet«-Verfah- Hermann erfundenen wasserlosen Offset- ren, zu Deutsch der Tintenstrahldruck. druck-Verfahrens ermöglichte dies. Die Die ältesten Patente diesen Tintenstrahl- Heidelberger Druckmaschinen AG und die druck betreffend, stammen bereits aus dem Koenig & Bauer AG (KBA) gingen konse- Jahre 1867 und betrafen damals die␣ Auf- quent diesen Weg und waren und sind zeichnung von Morse-Signalen auf Papier. darin sehr erfolgreich. Bei den Heidelber- Im Jahre 1928 erfand der General Electric- gern kam später noch in einem Jointventure Ingenieur Clarence W.Hansell die elektri- mit Kodak eine besonders leistungsfähige sche Ablenkung des Düsenstrahls und Computer-to-Print-Maschine, die »Nex- 1947 ließ er sich zusätzlich die luftunter- press« hinzu, wie man sich auch schon stützte, piezoelektrische Tropfenbildung vorher auf dem Gebiet der nur schwarz/ patentieren. Verfeinerungen von Hansells weiß druckenden Doku-Pressen, der lang- Erfindung betrafen die Patentanmeldungen gestreckten Verarbeitungslinien für Büro- von Genscher 1937 (Tropfenbildung durch broschüren, durch Zukauf dieser Sparte pulsierenden Druck) und Sweet 1960 (in- von Kodak engagiert hatte. dividuelle, elektrostatische Tropfenablen- Einen ganz anderen Weg schlug der kung). Die Patente von letzterem dienten Druckmaschinenhersteller MAN ROLAND der schwedischen Firma AB Dick für eine bei seiner Neuentwicklung »DICOweb« erste Praxisanwendung der Tintenstrahl- ein, die zur Drupa-Messe 1995 erstmals Technologie im Druck. Diese wurde später vorgestellt wurde. Eine nackte Chromstahl- u. a. auch von IBM übernommen. hülse wurde bei ihr im Thermo-Transfer- Im Jahre 1965 bekam der deutsche, in Verfahren in der Maschine mittels eines Schweden an der Universität von Lund Lasers digital bebildert und davon im lehrende Physiker, Carl Hellmuth Hertz, konventionellen Offsetverfahren gedruckt. die elektrostatische Tropfenbildung paten- Nach dem Druck wurde der Thermoauftrag tiert. Hellmuth Hertz war der Sohn des automatisch mit Lösungsmittel und einer Physik-Nobelpreisträgers Gustav Hertz von

137 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1925, der nach seiner Deportation in die und damit auch in der grafischen Industrie. UdSSR in der DDR einen Lehrstuhl für So wurden diese schon früh in den Ver- Experimentalphysik an der Universität sandräumen von großen Druckereien ein- Leipzig zugesprochen bekommen hatte gesetzt, um damit die einzelnen Exemplare und seinerseits der Neffe des berühmten und Verpackungen mit Adressen im Pro- Heinrich Hertz, Entdecker der elektromag- duktfluss zu versehen. netischen Wellen, war. Auf dem Patent von Immer mehr ersetzt der Tintenstrahl- Carl Hellmuth Hertz baute das feinauf- druck den Siebdruck im Verpackungs- lösende »Spray away-Verfahren« auf, das druck, da man damit die Form einspart, ein zu Beginn der 1970er Jahre auch in␣ deut- Überlackieren überflüssig wird, und nahezu schen Forschungslabors, u. a. bei Agfa in alle Materialien, ob flach oder rund, starr Leverkusen, zwecks Weiterentwicklung oder flexibel bis zu druckempfindlich ver- zum Einsatz kam. arbeiten kann. Beispiele von bedruckten Materialien sind Papier, Karton, Wellpap- Beim Tintenstrahl- pe, Schaumkernplatten, Textilien/Stoffe, Druckverfahren schießen mit 40m/s Netze, Selbstklebeetiketten, Vinyl, Banner- bis zu einer Million Materialien, Platten und vieles mehr. Der Tropfen pro Sekunde Werbung wurden dadurch ganz neue Mög- auf das Papier lichkeiten, besonders in der Außenwerbung erschlossen. Für die Aktualisierung von Zeitungen, Zeitschriften und Katalogen kommen die Tintenstrahldrucker bis jetzt nur vereinzelt zum Einsatz, doch wird über die Bebilde- rung von Druckformen mit der Tinten- strahl-Technologie nachgedacht und damit experimentiert. Viel Forschungsarbeit er- folgt auf diesem Gebiet hinter verschlosse- Das erste »Drop-on-demand-Verfahren« nen Türen bei den traditionellen Druck- wurde Mitte der 1970er Jahre von einer maschinenherstellern, die im steten Wett- Gruppe um Joachim Heinzl bei Siemens lauf mit den Newcomers, die auf den erfunden. Prof. Dr.-Ing. Joachim Heinzl lehrt lukrativen Druckmaschinenmarkt drängen, heute an der Technischen Universität ihr Wirkungsfeld erfolgreich verteidigen. München und ist dort Inhaber des Lehr- stuhls für Feingeräte und Mikroelektronik. Wie der deutschsprachige Raum Siemens stellte mit dem Ergebnis der Hochburg des Entwicklungen der Gruppe Heinzl ab 1977 Druckmaschinenbaus wurde einen gut funktionierenden, mittels Piezo- Es erscheint als ein Phänomen, dass sich röhrchen gesteuerten Tintenstrahldrucker, im deutschsprachigen Raum eine so starke den »PT 80i«, her, der mit 12 Düsen␣ ver- Ballung an großen Druckmaschinenfabri- sehen, bereits 270 Zeichen in der Sekunde ken und in ihrem Gefolge auch eine Viel- drucken konnte. Siemens hatte damit eine zahl von Herstellern von Peripheriegeräten Führungsposition bei der Entwicklung der für den Druck gebildet hat. Zu dessen Er- Tintenstrahldrucker eingenommen. Weil klärung mag die nachfolgend wiedergege- man in der Pionierzeit noch ohne ernsthaf- bene Gründungsgeschichte der drei welt- te Konkurrenz war, ansehnliche Stückzah- größten Druckmaschinenhersteller dienen. len vom PT 80i zu guten Preisen absetzten Als der Schnellpressen-Erfinder Friedrich konnte, versäumte man – so wird vermutet Koenig zusammen mit seinem Mechaniker - die weitere Entwicklung voranzutreiben. und Freund Andreas Bauer 1817 im seit Als dann ab 1984 Tintenstrahldrucker von 1803 säkularisierten Kloster Oberzell bei Epson und kurz darauf von Hewlett-Packert Würzburg die erste Druckmaschinenfabrik (HP), sowie Canon mit der bahnbrechen- der Welt gründete, hatte er bald darauf den »Bubble-jet-Technologie« von Prof. seine beiden Neffen Fritz Helbig und Karl Hara auf den Markt kamen, schaffte man Reichenbach, Söhne seiner, aus zwei ver- den Anschluss nicht mehr. schiedenen Ehen stammenden Schwester Die digitalen Tintenstrahldrucker fanden Marie Koenig, als Mitarbeiter in die Firma ihren Markt nicht nur bei preiswerten PC- genommen. Im großen Konventbau war Druckern, sondern auch bei den vielfältig- der Fabrikationsbetrieb und in den Refek- sten Anwendungen in der Versandtechnik torien war die Maschinenmontage einge-

138 Hell Verein / www.hell-kiel.de richtet worden, während die Antriebs- Bereits Ende 1840 machte sich Sigl in energie für die Bearbeitungsmaschinen Berlin selbständig und errichtete 1846 vor zwei auf dem Klostergelände, nahe dem der Haustür seiner ehemaligen Lehrherren Mainufer stehende Mühlen lieferten. Helbig und Müller in Wien einen Zweig- Fritz Helbig schied nach dem Tod von betrieb. 1851 baute er eine Steindruck- Friedrich Koenig 1833 im Unfrieden mit Schnellpresse, von der auch schon im Andreas Bauer aus dem Unternehmen aus Kapitel Offsetdruck die Rede war. Es gelang und gründete 1836 zusammen mit dem, ihm bis zum Jahre 1881 über 2000 Schnell- auch vorher bei Koenig & Bauer beschäftigt pressen zu verkaufen und zu bauen. gewesenen Modellschreiner Leo Müller in Nach dem Tod von Fritz Helbig 1842 Wien eine Druckmaschinenfabrik. Sie lie- und von Leo Müller 1844 führte Müllers ferte dem Würzburger Unternehmen gleich Witwe den Betrieb weiter, worin sie vom

Das säkularisierte Kloster Oberzell bei Würzburg war eine Keimzelle aller Druckmaschinen im deutsch sprechenden Raum. Noch heute haben die drei größten Druckmaschinen- hersteller der Welt ihren Sitz in Deutschland

von Anfang an einen heftigen Konkurrenz- Werkmeister Heinrich Löser unterstützt kampf, zumal sie mit einer Schnellpresse wurde. Dieser, vermutlich vom Erfolg Ge- mit »Eisenbahn-Antrieb« (Kurbeltrieb) ge- org Sigls ermuntert, begann 1848 ein genüber dem so genannten »Mangel-An- eigenes Unternehmen in Wien aufzubau- trieb« (Zahnrechen-Antrieb mit auf und ab en. Während seiner Tätigkeit als Werkmeis- steigendem Antriebsritzel) der Würzburger ter bei Helbig & Müller erlernte bei ihm ab ein besseres und kostengünstigeres An- 1939 Ludwig Kaiser den Schnellpressen- triebssystem gefunden hatten. bau. Ihn zog Löser in sein eigenes Unter- Der durchschlagende Erfolg der Wiener nehmen herüber und beförderte ihn zum Druckmaschinenhersteller bestärkte ande- Chefkonstrukteur und später zum Werk- re, es ihnen gleich zu tun. Wie Friedrich meister für alle Belange. Kasischke in der Koenig & Bauer-Chronik Nach dem Tode Heinrich Lösers 1865 berichtet hat, überzeugte Georg Sigl, seit übernahm nach zwei Jahren Ludwig Kaiser 1837 als Schlosser bei Helbig & Müller in mit seinem Partner Ferdinand Fried das Wien tätig, den in Zweibrücken ansässigen Unternehmen. Fünf Jahre danach verließ Fabrikanten Christian Dingler, der bis da- Fried als Gesellschafter die Fabrik, die sich hin nur eiseren Handpressen gebaut hatte, nun etwas hochtrabend aber werbewirk- in die Fertigung von Schnellpressen einzu- sam den Namen »Kaiser der Schnellpres- steigen. Sigl leitete daraufhin bei Dingler sen« gab. Noch vor seinem Tod 1894 als Werkmeister den Schnellpressenbau. übergab Ludwig Kaiser im Jahre 1890 das Welche Rolle die Maschinenbau-Gesell- Unternehmen an seine Söhne Ludwig und schaft in Zweibrücken auch bei der Ent- Karl. Das Unternehmen firmierte nun unter wicklung der ersten deutschen Bogenoff- »L. Kaiser Söhne« und seit 1908 als Schnell- setmaschine »Triumph« gespielt hat, ist in pressenfabrik Mödling vormals L. Kaiser dieser Biografie im Kapitel Offsetdruck Söhne AG. 1914 erwarb die Koenig & nachzulesen. Bauer AG 40 % der Aktien und wurde 1921

139 Hell Verein / www.hell-kiel.de alleiniger Eigentümer des Unternehmens, Ludwig Sander (1790-1877) war ein das seit 1995 den Konzernnamen KBA- Kaufmann mit ausgeprägtem technischem Mödling Aktiengesellschaft trägt. Interesse und seit 1812 in Augsburg tätig. Ein weiterer Mitarbeiter aus der Druck- Mit Hilfe des Mechanikers Jean Gaspard maschinenfabrik von Helbig & Müller Dollfuß (1812-1889) baute er eine leis- machte sich nach dem Gelernten mit tungsfähige Maschinenfabrik auf, die er ab einem eigenen Unternehmen selbständig. 1841 für drei Jahre an Dollfuß verpachtete. Sein Name ist Johannes Klein, der 1846 in Nach Ablauf des Vertrags entschied sich seine Heimatgemeinde Geisenheim am Sander 1844 für zwei neue Pächter, näm- Rhein zurückkehrte und in der Schmiede lich Carl Reichenbach und dessen Schwa-

Ansicht der MAN AG, das Werk Augsburg in den 1920er Jahren

seines Vaters zusammen mit seinem Freund ger Carl Buz. Das Unternehmen hieß nun Johannes Forst eiserne Handpressen baute. »C. Reichenbach’sche Maschinenfabrik«. Als mit Johann Bohn ein weiterer Ge- Reichenbach begann zunächst eiserne sellschafter sich ihnen anschloss, wagten Handpressen und danach Schnellpressen sie sich in den Schnellpressenbau. Daraus in den mechanischen Werkstätten zu entwickelte sich die Johannisberg-Druck- bauen und wurde dadurch wie sein Stief- maschinenfabrik GmbH Geisenheim (ge- bruder Fritz Helbig ein ernstzunehmender nannt nach dem Schloss Johannisberg Konkurrent seines Onkels in Würzburg. oberhalb von Geisenheim), die nach dem Ludwig Sander verkaufte am 31. De- Zweiten Weltkrieg mit der nordamerika- zember 1855 seine Fabrik an Reichenbach nischen Druckmaschinenfabrik Miller in und Buz, die das Unternehmen zwei Jahre Pittsburgh, Pennsylvania, zusammenging später in »Maschinenfabrik Augsburg AG« und später von der MAN ROLAND Druck- umfirmierten. Carl Reichenbach zog sich maschinen AG übernommen wurde. nach einigen Querelen aus der Geschäfts- Der zweite Neffe Friedrich Koenigs, Karl leitung zurück, begleitete aber bis zu sei- Reichenbach (1801-1883), war nach sei- nem Tode 1883 das Unternehmen als Mit- ner Ausbildung in Oberzell auf Empfeh- glied im Aufsichtsrat. Unter Carl Buz und lung seines Onkels 1824 vom Verleger seinen Söhnen wurde der Bau von Diesel- Georg Freiherr Cotta von Cottendorf (1796- Motoren ein zweites Standbein des Unter- 1863) in dessen Augsburger Druckerei als nehmens und es war hier, wo Rudolf Diesel Maschinenmeister eingestellt worden. Rei- seine bahnbrechende Erfindung machte. chenbach wurde ab 1829 durch Heirat Im Jahre 1898 schloss sich das Augsburger Schwager des Buchdruckers Geiger. Ohne Unternehmen mit der 1841 von Friedrich seine Stellung als Maschinenmeister bei Klett gegründeten »Maschinenbau Actien- von Cotta aufzugeben, eröffneten beide gesellschaft, Nürnberg« zur »Vereinigten eine Buchdruckerei in Augsburg. Nach Maschinenfabrik Augsburg und Maschinen- dem Tod Geigers heiratete Carl August Buz gesellschaft Nürnberg AG, Augsburg« zu- (1803-1870) dessen Witwe und wurde sammen, die sich im Jahre 1908 in »Ma- dadurch der neue Schwager von Reichen- schinenfabrik Augsburg-Nürnberg AG, bach und auch gleichzeitig Mitbesitzer der Augsburg«, kurz M.A.N genannt, um- Buchdruckerei. firmierte.

140 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1920 erwarb die 1873 gegründete »Gute- bach’schen Maschinenfabrik nach Augs- hoffnungshütte (GHH), Actienverein für burg, wo er Montageleiter der Schnellpres- Bergbau und Hüttenbetrieb, Oberhausen« sen-Abteilung wurde. Auf einer seiner die Aktienmehrheit an der M.A.N und es Geschäftsreisen kam er in Frankenthal in war unter deren Ägide, dass die M.A.N zu der Pfalz am Rhein mit dem Glockengießer einem der größten Maschinenbaukonzerne Andreas Hamm zusammen und sie be- Deutschlands aufstieg. 1979 erfolgte die schlossen 1861, die Maschinenfabrik in Verschmelzung der Roland Offsetmaschi- der von Hamm 1850 eingerichteten Glo- nenfabrik Faber & Schleicher, Offenbach ckengießerei von Albert & Hamm zur Her- am Main, mit dem ausgegliederten Druck- stellung von Schnellpressen zu gründen.

Die Keimzelle der Heidelberger Druckmaschinen AG wurde 1850 gegründet. Heidelberg produziert heute an 17 inter- nationalen Standorten, hier die größte Fabrik in Wiesloch

maschinenbereich der M.A.N zur »MAN 1873 trennten sich beide und nach einer Roland Druckmaschinen AG, Augsburg«. Zwischenphase, in der sich Hamm nur Später, insbesondere nach der politischen noch dem Glockenguss widmete – er hatte Wende in Deutschland, kamen die Firmen sich in den Kopf gesetzt, mit der Kaiser- »Miller-Johannisberg GmbH, Geisenheim glocke für den Kölner Dom die drittgrößte am Rhein« und die zur Plamag gewandelte Glocke der Welt mit 586 Zentner Gewicht Vomag in Plauen im Vogtland hinzu, wo- zu gießen – begann er mit Sohn Karl wieder durch damit der zweitgrößte Druckma- Schnellpressen in eigener Regie zu bauen. schinenhersteller der Welt entstand. Andreas Albert hatte zur Fortführung 1986 erfolgte darüber hinaus die Ver- seines Betriebes auf einem anderen Areal schmelzung der M.A.N auf die Gute- in Frankenthal als neuen Teilhaber den hoffnungshütte Aktienverein AG zur MAN Kaufmann Wilhelm Molitor gefunden, der AG, bei gleichzeitiger Verlegung der Kon- nach Alberts Tod 1882 die Schnellpressen- zernzentrale von Oberhausen nach Mün- fabrik Albert & Cie. zusammen mit Alois chen. Damit ist die MAN Roland Druckma- Albert, dem ältesten Sohn von Andreas, schinen AG heute im alleinigen Besitz der sowie Kommerzienrat Jean Ganss weiter- Konzernmutter MAN AG, deren Aktien führte und sie in eine Aktiengesellschaft wiederum weit gestreut sind. Der gegen- umwandelte. wärtige Vorstandsvorsitzende von MAN 1891 schied Molitor aus der Firma aus Roland, Gerd Finkbeiner, ist deshalb gleich- und gründete in Heidelberg mit der Witwe zeitig Vorstandsmitglied bei der MAN AG. Philippine Arnold die Maschinenfabrik Bei Koenig & Bauer erlernte ab 1835 Molitor & Cie. Philippine Arnold trat␣ be- auch ein Andreas Albert (1823-1882) das reits nach sechs Monaten wieder aus dem Schlosserhandwerk. Nach zehn Jahren har- Unternehmen aus und an ihrer Stelle kam ter Gesellenzeit im gleichen Unternehmen Wilhelm Müller in das Unternehmen. unter dem strengen Werksleiter Andreas Müller war bis dahin bei der Schnellpressen- Bauer – Friedrich Koenig war bereits 1833 fabrik Albert & Cie. in Frankenthal als gestorben – wechselte er zur C. Reichen- talentierter Jungingenieur tätig gewesen.

141 Hell Verein / www.hell-kiel.de Andreas Hamm starb am 22. Juni 1894. Banken und da die Rheinelektra später von Sein Sohn Karl wollte das Unternehmen der größeren Rheinisch-Westfälischen Elek- nicht mehr im gleichen Umfang weiter- trizitäts-AG (RWE) übernommen wurde, führen und schloss am 19. August 1895 ging das Unternehmen in deren Besitz mit␣ Molitors neuem Partner Wilhelm Mül- über. ler einen Vertrag über den Verkauf der Im Sommer 2004 trennte sich die RWE Hamm’schen Schnellpressen- und Maschi- von ihrem Heidelberger Aktienpaket, um nenfabrik. Die Übernahme erfolgte am 15. sich nach langer Vorankündigung auf ihre September 1895 mit der Berechtigung, das Kernkompetenz, die Energiewirtschaft, zu Unternehmen als »A. Hamm« und dem konzentrieren. Seitdem ist die Heidelberger Zusatz »Schnellpressenfabrik und Eisen- Druckmaschinen AG ein vollständig bör- gießerei« weiterführen zu dürfen. sennotiertes Unternehmen und nicht mehr Danach liquidierten Molitor und Müller an einen, eventuell eine eigene Unter- am 22. Mai 1896 die Maschinenfabrik nehmenspolitik verfolgenden Großaktio- Molitor & Cie. und ließen am selben Tag die när gebunden. Vorstandsvorsitzender wur- Schnellpressenfabrik und Eisengießerei A. de der im Werk selbst groß gewordene Hamm OHG in das Handelsregister der Bernhard Schreier. Stadt Heidelberg eintragen. 1899 wurde Mit den Werken Heidelberg, Wiesloch, die OHG in eine Aktiengesellschaft umge- Amstetten und Brandenburg ist die Hei- wandelt und 1905 in »Schnellpressen- delberger Druckmaschinen AG der mit fabrik Heidelberg AG« umbenannt. Infolge Abstand größte Druckmaschinenhersteller der zunehmend sinkenden Erträge (gestie- der Welt. Besonders das Werk Wiesloch gene Löhne, höhere Materialkosten und mit seiner Weitläufigkeit wird in Presse- lange Zahlungsziele der Kunden) musste berichten immer wieder mit der Automobil- das Unternehmen immer mehr Bankkredi- industrie und nicht mit anderen Druck- te aufnehmen. maschinenfabriken verglichen. 1915/16 besaßen zwei Geschäftsbanken Dazu hatte Dr. eh. Hubert H. A. Stern- nahezu 99 % der Aktien der Schnellpressen- berg schon früh in Anlehnung an Henry fabrik Heidelberg AG und sahen sich damit Ford mit einer arbeitsteiligen Fabrikorga- in der schwierigen Lage, gleichzeitig An- nisation und der Einführung der Fließ- teilseigner und Gläubiger des Unterneh- bandfertigung den Grundstein gelegt. Dr. mens zu sein. Sternberg war denn auch der erste Drupa- Im Verlauf der Jahre 1916 bis 1919 ging Präsident und wurde in späteren Jahren als die Schnellpressenfabrik erst teilweise und Ehrenpräsident dieser, alle anderen Fach- dann vollständig in den Besitz des Maschi- messen überragenden Messe für Druck und nenbaukonzerns von Richard Kahn über. Papier liebevoll mit dem Übernamen Dieser hatte vor dem Krieg eine Flugzeug- Drupapa apostrophiert. Unter seiner Ägide- fabrik in gegründet und in Mann- kam es während der zweiten Drupa 1954 heim Motoren, Drehbänke und Schrauben auf dem Heidelberg-Stand zu der Sensati- gefertigt, die in der Kriegszeit großen Ab- on, dass der Bundespräsidenten Theodor satz fanden. Im Herbst 1925 geriet der Heuß am Stand ein gedrucktes Bild von Kahn-Konzern jedoch in Konkurs, wobei sich in Empfang nehmen konnte, das kurz die Schnellpressenfabrik Heidelberg AG, vorher, als er die Messehallen betrat, auf- die Maschinenfabrik AG Geislingen und genommen worden war. Nur durch das die Vereinigten Fabriken C. Maquet AG, schnelle Gravieren des dazu erforderlichen Heidelberg, unter die Treuhänderschaft der Klischees am benachbarten Stand von Dr.- Deutschen Bank gestellt wurden. Ing. Rudolf Hell konnte dieser Geschwin- Im Juli 1926 trat mit Hubert H. A. digkeitsrekord erzielt werden. Ein einprä- (Heinrich Adalbert) Sternberg eine Füh- gendes Beispiel für das erfolgreiche Zu- rungspersönlichkeit in das Firmenkonsor- sammenwirken von Vorstufen- und Druck- tium ein, die durch Innovationen und maschinentechnik. strenge Organisation, besonders im Ferti- Nachzutragen ist, dass die Schnellpres- gungsbereich (Fließband-Montage) und im senfabrik Albert & Cie.AG, die sich in den Marketing (Vorführwagen, Schulungen, 1960er Jahren in Albert Frankenthal AG weltweiter Service), das Unternehmen in umbenannt hatte, Ende der 1980er Jahre Schwung brachte und schließlich zur Welt- von der Koenig & Bauer AG übernommen spitze führte. Im März 1940 erwarb der wurde, wodurch diese die Kurzbezeichnung regionale Elektrizitätsgesellschaft Rhein- KBA annahm. Die Koenig & Bauer AG hatte elektra AG, Mannheim, die Aktien von den die Aktienmehrheit der Albert-Frankenthal

142 Hell Verein / www.hell-kiel.de AG von der Landesregierung des Bundes- Auch zur Maschinenfabrik Winkler, landes Rheinland-Pfalz käuflich erworben, Fallert & Cie., kurz Wifag genannt, in Bern die ihrerseits bei Ende des Zweiten Welt- in der deutschsprachigen Schweiz, lässt krieges diese nach Auflösung der Besat- sich eine Brücke schlagen, indem Fritz zungszonen von der französischen Besat- Fallert, der Partner von Carl Winkler bei der zungsbehörde zugewiesen bekam. Firmengründung 1904, zuvor bei der Hei- Wie das Unternehmen in den Besitz der delberger Schnellpressenfabrik als Proku- Besatzungsmacht kam, ist eine Geschichte rist tätig war. Carl Winkler war ebenfalls für sich. 1935 war nämlich das Unterneh- Deutscher und hatte seine Kenntnisse als men insolvent geworden und konnte nur Druckmaschinentechniker bei der Groß- durch einen Teillohnverzicht der Mitarbei- druckerei Spamer in Leipzig erworben, be- ter und eine allgemeine Sammelaktion vor vor er auf Wanderschaft ging und sich dem Konkurs gerettet werden. Die Absicht war, die neuen Ak- tien des Unternehmens in eine Stiftung zu Gunsten der Beleg- schaft einzubringen. Die Treu- händerschaft dafür übernahm die im Dritten Reich dafür zu- ständige Organisation NS-Ar- beitsfront. Infolge des Krieges kam es jedoch nicht mehr zur Gründung Logos der drei großen des Stiftungsvereins, sodass nach Kriegs- Druckmaschinen- ende das Unternehmen sich in NS-Besitz hersteller befand und deshalb von den französischen Deutschlands Besatzungsbehörden beschlagnahmt und in alfabetischer Reihenfolge: unter Sequester gestellt wurde. Heidelberg, Einen ähnlichen Weg, was die Über- Koenig & Bauer und nahme anbelangt, ging die Dresdner MAN-Roland Schnellpressenfabrik, die 1898 von dem Frankenthaler Reiseingenieur Joseph Hauß dabei in der Drucktechnik weiterbildete. in␣ Coswig bei Radebeul nahe Dresden Besonders durch die Erfindung des Winkler- mitgegründet worden war. Der von Hauß Gießwerkes für Stereotypie-Druckplatten entwickelte Planetenantrieb der Dresdner wurde er mit seinem Unternehmen so er- Schnellpressen gab ihnen den Produkt- folgreich, dass er in 1920 mit Schweizer namen »Planeta«, der später auch in␣ Kurz- Partnern ein ernst zu nehmender Mitbieter form das ganze Unternehmen bezeichne- beim Erwerb der M.A.N durch Paul Reusch te. 1910 erhielt die Dresdner Schnellpres- von der Gutehoffnungshütte wurde. Das senfabrik die Unternehmensform einer Unternehmen Wifag befindet sich heute im Aktiengesellschaft. Besitz der Familie des ehemaligen Notars Am 15. November 1923 erfolgte der und inzwischen verstorbenen Otto Wirz in Zusammenschluss der Dresdner Schnell- Bern, dessen Tochter Dr. Ursula Wirz noch pressenfabrik AG mit der Leipziger Schnell- heute das Unternehmen als Verwaltungs- pressenfabrik, vormals Schwiers, Werner & ratpräsidentin leitet. Stein. Das fusionierte Unternehmen nann- Diese lange und komplizierte »Ahnen- te sich nun »Dresden-Leipziger Schnell- tafel« mag, wie eingangs gesagt, erklären, pressenfabrik AG«. 1932 wurde dann der warum sich im deutschsprachigen Raum, bis zuletzt gebräuchliche Firmenname besonders in Deutschland, mit den drei »PLANETA Druckmaschinen AG« einge- weltgrößten Druckmaschinenfabriken ein führt. Nach der politischen Wende in der Schwerpunkt dieses Industriezweiges ge- DDR übernahm die Koenig & Bauer AG bildet hat, in dessen Gefolge sich auch auch dieses Unternehmen und gliederte es zahlreiche Hersteller der vor- und nach- in den KBA-Konzern ein. KBA wurde gelagerten Arbeitsstufen der Branche an- dadurch zum drittgrößten Hersteller von schlossen. Druckmaschinen auf dem Weltmarkt, des- Die Ahnentafel ist in dieser Ausführlich- sen Aktienmehrheit mit der Familie Bolza- keit noch nirgends erschienen,weshalb auf Schünemann und weiteren Familienzwei- eine Straffung und Kürzung – der Leser gen in der fünften und sechsten Generation möge das verzeihen – nicht vorgenommen sich noch im Familienbesitz befindet. wurde.

143 Hell Verein / www.hell-kiel.de Von 1945 bis 1985 ist in Kiel eine große Aufbauleistung erzielt worden. Darin einzubeziehen ist auch der Aufbau der Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell. Aus einem unscheinbaren In der Fertigung und im Endgeräte-Prüffeld war und kriegsbeschädigten Haus von 1945 wurde ein Präzision höchstes Gebot. Oft wurden Werkzeuge weltbekanntes Unternehmen (vergleiche dazu die Bilder und Messeinrichtungen dafür selbst entwickelt, auf den Seiten 58 und 60) weil solche mit der geforderten Genauigkeit auf dem Markt nicht erhältlich waren

144 Hell Verein / www.hell-kiel.de Der Unternehmer und sein Unternehmen

Standen bisher die Erfindungen von Dr. Hell und die daraus resultierenden Produk- te im Vordergrund unserer Berichterstat- tung, so soll im Folgenden dem Unterneh- mer Dr. Hell und seinem Unternehmen unsere ganze Aufmerksamkeit gewidmet werden. Wir wollen uns dabei auf seine Kieler Zeit beschränken. Es wurde schon erwähnt, dass der␣ Neu- anfang in Kiel-Dietrichsdorf im Jahre 1947 unter einfachsten Verhältnissen begonnen werden musste und dieser Weg mit großen Schwierigkeiten gepflastert war. Als Keim- zelle des jungen Unternehmens diente ein von den Howaldtswerken übernommenes Gebäude, in dem Konstruktionsbüros un- tergebracht waren. Dort mietete Dr. Hell den ersten Stock an – die übrigen Räume Stütze half besonders in den Anfangsjahren Das Verhältnis von waren schon von anderen Betrieben belegt der Dr.-Ing. Rudolf Hell KG sehr, im Markt Dr. Hell zur Firma Siemens war seit der worden. Die Personengesellschaft Dr.-Ing. dauerhaft Fuß zu fassen. Firmengründung 1929 Rudolf Hell bestand zu Beginn nur aus Daneben wurden auf mehreren Gebie- eng und freundschaft- Dr.␣ Hell als Inhaber und seinem Werkstatt- ten zur Vermeidung von Doppelarbeit lich geprägt. Hier Dr. Techniker Christian Sütel, sowie Frau Möl- technische Vereinbarungen getroffen, Er- Hell im Gespräch mit ler, seine lebenslange Sekretärin und später fahrungen und Unterlagen zur Verfügung Dr. Peter von Siemens (rechts) verheiratete Frau Prestin, und Frau Köhler, gestellt und vertriebliche Maßnahmen im Büro. Wenn zwei Hände␣ fehlten, und gegenseitig abgestimmt. dies war sehr oft der Fall, half die im Auch in der Fertigung erfolgte eine enge gleichen Haus␣ wohnende Ehefrau Martha Kooperation. So wurden in den ersten Jah- Hell aus. Sie war es auch, die ihm die Kraft, ren nach der Gründung der␣ Kommandit- Mut und Zuversicht gab, um zu neuen gesellschaft von Siemens Klischographen Ufern zu gelangen, und dabei auch Rück- für Hell gebaut, die sich im Verlauf der Zeit schläge zu überwinden. auf über 1000 Stück summierten. Hierdurch Schon früh, eigentlich schon seit der ergab sich eine spürbare Entlastung der Lizenzvergabe für den Hellschreiber im doch sehr begrenzten Fertigungskapazitäten Jahre 1929, aber erst recht nach dem␣ Ver- in Kiel. Genauso war die Herstellung von tragsabschluss zur Überlassung des Ge- Baugruppen für den Vario-Klischograph schäftsfeldes Bildtelegraphie im Jahre 1948, durch das Siemens-Werk Braunschweig entwickelte sich zwischen Dr. Hell und der eine wertvolle Hilfe. Die Endprüfung der Siemens AG ein inniges Verhältnis. Geräte erfolgte aber immer in Kiel. Mit dem Aufschwung des Geschäftes Das gute Verhältnis zum konnte das Gebäude in Kiel-Dietrichsdorf, Hause Siemens in dem man seither nur zur Miete war, Zunächst gab es eine Kommanditbetei- käuflich erworben werden. Die Familie ligung von Siemens an der Dr.-Ing. Rudolf Hell war bereits ausgezogen und in ein Hell KG mit einer Minderheitsbeteiligung Haus in Heikendorf umgesiedelt. Die im von 49%. So entstanden im Laufe der Zeit Gebäude mit untergebrachten Fremdfirmen immer engere Beziehungen zu den zentra- suchten sich andere Betriebsräume, sodass len Abteilungen der Siemens AG. an eine Wiederherstellung des durch␣ Bom- Durch Siemens erfolgte Beratung und benangriffe stark beschädigten Gebäude- Information in vielen kaufmännischen, ver- traktes herangegangen und auch an eine traglichen und rechtlichen Fragen. Diese Erweiterung gedacht werden konnte.

145 Hell Verein / www.hell-kiel.de Das schräge Dach des Gebäudes wurde Gesamt-Fertigungsfläche in den drei Wer- durch Umbau in praktischere Betriebs- ken von insgesamt 43 000 m2 an. räume umgestaltet. Schließlich kamen Trotz des schnellen Wachstums fühlte noch das Herrichten eines Seitentraktes sich Dr. Hell immer seinen Mitarbeitern und der Bau einer Werkshalle␣ hinzu, die geradezu familiär verbunden. Auf Betriebs- später noch aufgestockt wurde. Die Bau- ausflügen mischte er sich gern »unters maßnahmen nahmen kein Ende, da der Volk« und plauderte mit jedem. Viele stürmische Absatz der Hell-Geräte ständig »Geschichten« über ihn, den Herrn Dok- wachsende Entwicklungs- und Fertigungs- tor, machen noch heute die Runde, wenn kapazitäten erforderlich machte. sich Firmenpensionäre bei ihren zweimal im Jahr stattfindenden Rentnertreffen, je- Das erste Richtfest 1950 weils an einem Nachmittag, in der Werks- nach der Währungs- reform. Es ist der Anbau kantine im Werk Suchsdorf treffen. Da Dr. an der Schwentine- Hell obendrein ein begeisterter Segler war, straße neben mischt sich dabei wohl auch manches den Howaldtswerken. Seemanns-Garn darunter. Der schräge Dachboden So erzählt man sich folgende Geschich- diente anfangs als Konstruktionsbüro. te: 1964 fand der letzte gemeinsame Aus- Später, als der flug der ganzen Firma auf dem Schiff gegenüberliegende Teil »Wappen von Hamburg« statt. Bei herrli- angebaut war, chem Sommerwetter ging die Reise nach wurde hier die Kantine Sonderburg in Dänemark. Dr. Hell war eingerichtet natürlich dabei. Er zeigte – wie immer – viel Interesse für die Mitarbeiter. So sprach er mit diesem und jenem und erkundigt sich manchmal auch etwas detaillierter nach dem Arbeitsplatz. Daraufhin erhielt er von einem, wohl noch neuen Mitarbeiter die Gegenfrage: »Und wo arbeitest Du?«. Die Der kontinuierliche Aufbau richtigen Hellianer schlagen sich darüber des Unternehmens noch heute vor Lachen auf die Schenkel. So wurden in chronologischer Reihen- Einmal wurde ein Mitarbeiter auf dem folge die in der unten stehenden Übersicht Nachhauseweg an der Firmenpforte von aufgeführten Baumaßnahmen ausgeführt. Dr. Hell aus dem Wagen heraus angespro- Im gleichen Maße wie die Fertigungs- chen, ob er ihn ein Stück des Weges mit- werke wuchsen, stieg auch die Mitarbeiter- nehmen könne. Der Mitarbeiter wagte es zahl. Waren es 1954 insgesamt 304␣ Per- nicht, dieses Angebot ob der damit verbun- sonen, die in den 3100 m2 großen Räumen denen hohen Ehre abzulehnen, obwohl er des Werkes l in Dietrichsdorf beschäftigt seinen eigenen Wagen gleich neben der waren, so wuchs diese Zahl in den näch- Firma geparkt hatte. Nachdem ihn Dr. Hell sten zehn Jahren, d. h. 1964 auf 1443 und nach Hause gebracht hatte, lief er heimlich bis 1970 auf 2079 Personen und einer zurück, um seinen Wagen zu holen.

1950 bis 1952 Wiederaufbau des 1962 Erweiterung Werk l um durch Bomben zerstörten Anbaus sechsgeschossigen Flügel und 1954 Ergänzung des Mittelflügels und zweigeschossigen Bürotrakt Schaffung einer Maschinenhalle 1965 Kauf von Werk ll in Gaarden 1957 Einrichtung einer Werksküche, 1967 Pacht Siemens-Werk Suchsdorf, Pacht einer Lagerhalle später Erwerb als Werk III, zu- am Fischmarkt sätzlicher Erwerb eines 12 000 m2 1959 Erstellung eines sechsgeschos- großen Grundstück neben Werk ll sigen Neubaus, Bezug 1960 1969 Erweiterung Werk ll in Gaarden, 1960 Erwerb eines anliegenden Grund- Erweiterung Werk lll in Suchsdorf stücks, Aufstockung Südflügel 1978 Schaffung eines zentralen 1961 Ergänzung Mittelflügel um ein Entwicklungszentrums auf dem Stockwerk, Pacht weiterer Ferti- ehemaligen Parkplatz Werk I gungsstätte in Gaarden (Werk ll) Dietrichsdorf

146 Hell Verein / www.hell-kiel.de Eine weitere Geschichte besagt, dass ein Ziel erreicht war, quittierte er das mit einem neuer Pförtner ihn einmal an einem␣ Sonn- knappen »Es geht«. Fügte er jedoch den tag nicht ins Werk ließ. Auf seine Erklärung Familiennamen des Angesprochenen hin- hin, er sei der Dr. Hell höchst persönlich, zu, so kam diese Beurteilung einem Tadel antwortete der Pförtner, das könne jeder gleich. Auch offensichtliche Fehler und sagen. Versuchsabbrüche quittierte er mit einem Dr. Hell musste schließlich unverrichte- knappen: »Das war’s, auf Wiedersehen!«. ter Dinge nach Hause gehen, zeigte sich Man musste ein feines Gespür haben, aber nicht nachtragend, sondern ließ dem um seine Reaktionen richtig beurteilen zu neuen Pförtner am nächsten Tag sogar eine können. Wurde jedoch ein grober Unfug

1961 wurde das Werk Gaarden gepachtet, später gekauft. Es hieß seitdem Werk II und diente zunächst als Fertigungsstätte. Später wurden dort auch Studios für die Kundenausbildung eingerichtet

Belohnung zukommen, ob seiner pflicht- betrieben oder fühlte er sich sogar hinter- bewussten Bewachung des Werkes. gangen, so konnte er sehr energisch einen Älteren Mitarbeitern ist in Erinnerung Hinauswurf vollziehen. So geschehen bei geblieben, dass Dr. Hell sie bei ihrer Ein- einem Mitarbeiter, der heimlich Elektrolyt- stellung nicht nach Zeugnissen fragte. Ihm kondensatoren entwendete und draußen genügte der erste Eindruck, den sie beim privat verkaufte. Das Ganze kam heraus, Vorstellungsgespräch auf ihn machten. Er als einer seiner Hehler eine Nachbestel- verhandelte auch nicht über Gehälter, lung im Werk direkt aufgeben wollte. sondern sicherte ihnen zu: »Ich bezahle Zwischen den einzelnen Labors herrsch- Sie!«. Sie alle entdeckten nämlich␣ danach, te ein belebendes Wettbewerbsverhältnis. dass sie mehr in der Gehaltstüte hatten, die Hatte ein Labor zum Beispiel eine Flip- es bis in die 1960-ziger Jahre noch gab, als Flop-Schaltfrequenz von 1200 Hz erreicht, ihre Kollegen in anderen␣ Betrieben. Und so überbot in der darauffolgenden Woche manchmal war ganz unerwartet ein Extra- das Nachbar-Labor diese Marke mit Scheck in der Tüte zu finden, womit die 2400 Hz. Dieses Wettbewerbsdenken führte besonderen Leistungen des Mitarbeiters schon früh zu Produkten, die ihrer Zeit weit anerkannt wurden. voraus waren. So konnte bereits 1990 ein Die Fluktuationsrate war deshalb auch Flachbett-Scanner im Format DIN A4 vor- äußerst gering. »Überall wechselten die gestellt werden und 1974 verfügte Hell als Leute«, sagte später ein Rentner, »nicht je- Terminal über einen »PC« mit dem Intel doch bei Hell. Als einer es dennoch tat, ging 8085-Prozessor (»Intel inside«), lange be- das wie ein Lauffeuer durch das Werk«. vor der Markt dafür bereit war. Zur Motivation überforderte Dr. Hell Noch weit früher hatte ein Mitarbeiter seine Mitarbeiter ganz bewusst. Wenn das eine Quarz-Uhr entwickelt und sagte trotz

147 Hell Verein / www.hell-kiel.de ihres damaligen Aufwandes voraus, dass Was morgen früh das ÜBI macht dies eines Tages ein Massenprodukt werde. das ist die Frage dieser Nacht. Ebenso sprach Heinz Mebes schon kurze Herr Lindemann ging schon um zwei, Zeit nach seiner Einstellung in den frühen zurückgeblieben sind noch drei. 1950er Jahren von dem »Fax-Riesen«, der Herr Steinmetz liest den Stromlaufplan, eines Tages aus seinem Schlaf erwachen Wiertalla stößt die Software an. werde. Sogar ein Geldschein-Prüfgerät Den Kaffee für den frühen Morgen wurde damals bei Hell entwickelt, aber muss Onnasch bei Kollegen borgen. wegen mangelndem Marktbedarf nicht Die Merker und die Haltepunkte weiterverfolgt. Heute könnte man damit sind kaum ein Lichtblick – einen Massenabsatz aufziehen. mehr ein Funke. Zwei Geschichten, die charakterisieren, Und Schleifen lassen sich kaum stoppen, wie Dr. Hell allein schon durch die␣ Aus- sind mehr geeignet, uns zu foppen. strahlung seiner Persönlichkeit Menschen Die Uhr zeigt vier, für sich gewinnen konnte, gab sein lang- wir sind noch hier. jähriger Mitarbeiter und Geschäftsführer Die Hoffnung niemals aufzugeben Dr. Roland Fuchs bei Dr. Hells 80.␣ Ge- ist unser Ziel wofür wir leben! burtstag zum Besten: »Im Konstruktionsbüro diskutierte einmal Dr. Hell mit einigen Konstrukteuren den Zurück zu den Ausführungen von Dr. Klischograph. Es war etwa 19 Uhr abends Fuchs: »In der Anfangsphase der RCA-Ver- und noch voller Betrieb, als ein Mitarbeiter handlungen kamen viele Manager der RCA sich anschickte wegzugehen. Dr. Hell ganz aus USA nach Kiel, um einmal die Firma erstaunt: ›Wollen Sie schon gehen?‹. Hell zu sehen. Wir waren alle im Konferenz- Aber niemand nahm daran Anstoß. Es raum versammelt, nur Dr. Hell war nicht ist bezeichnend für den Charme, den Dr. da. Es half auch kein Telefonieren, er war Hell gegenüber Mitarbeitern und auch den ganzen Tag unauffindbar, obwohl ja gegenüber Kunden entwickelte; man konn- ein Besprechungstermin vereinbart war. Die te ihm nichts übel nehmen. Arbeit macht Amerikaner waren ›sauer‹. Am nächsten eben Freude«. Tag trafen sich alle mit Dr. Hell auf der Bavaria zu einem Segeltörn, wo er char- Im Labor hatte es mant erklärte, dass er sich am Vortag etwas damals noch anders ausgesehen. Die verspätet habe. Dabei lächelte er, und alle Mitarbeiter kamen mit waren sehr von seiner Persönlichkeit ein- weißem Kittel oder mit genommen«. Krawatte. Auch die Und aus seiner Vertriebspraxis erzählte Messgeräte, wie hier auf Dr. Fuchs bei dieser Gelegenheit über die dem Bild, werden von den Ingenieuren wechselvollen Gefühle, die manche Hell- von heute wie in einem Produkte bei Kunden zu Anfang auslösten: Museum angesehen »Die ersten Probedrucke von gravierten Klischees wurden 1952 auf einer Versamm- lung der dpa in gezeigt. Der Standard-Klischograph war zunächst bei Tageszeitungen eingesetzt, um Klischees für die Bilder anzufertigen. Vorher waren fast keine Bilder in der Zeitung, weil die Klischeeherstellung ohne Klischograph so umständlich war. Innerhalb weniger Jahre hatte sich das Gesicht der Tageszeitung durch den Klischograph und durch die Charakteristisch ist auch das nachste- vielen Bilder völlig verändert. Es war leben- hende Gedicht, das Christian Onnasch ein diger geworden. Trotzdem gab es auch paar Jahre später anlässlich einer nächt- viele Kritiker, besonders in der Schweiz. Die lichen Arbeit verfasst hat. Es musste drin- Basler Klischeeanstalt Schwitter setzte sogar gend ein Übertragungs-Interface (kurz ÜBI) ein Inserat in die Zeitung, in dem auf die zwischen Datensichtgeräten und Satzrech- Überlegenheit der Schweizer Handarbeit ner fertig werden. Später sagte man: eine gegenüber den neumodischen Gravier- Schnittstelle zwischen PC und Rechner. So maschinen von Dr. Hell hingewiesen wur- erlebte er die Nacht für das ÜBI: de. Dr. Hell hat später Herrn Schwitter auf

148 Hell Verein / www.hell-kiel.de dieses Inserat angesprochen, der davon gestockt werden konnte. Mit Siemens jedoch nichts mehr wissen wollte«. wurde vereinbart, keine weiteren Mittel Und Dr. Fuchs fuhr in seinen Erzählun- darin einzustellen, da in Zukunft genügend gen fort: Mittel aus dem laufenden Geschäft zur »Zu dieser Zeit sprach Dr. Hell auch Verfügung stehen werden. davon, dass man eines Tages feinere Raster Eine Besonderheit im sozialen Engage- und später sogar Farbklischees gravieren ment von Dr. Hell für seine Mitarbeiter könne. Die Chemigraphen waren dadurch stellte das Projekt »Bauernhaus« dar. Es sehr beunruhigt. Dr. Hell arbei- tete offensichtlich an einer Ent- wicklung, die ihre Interessen stören würden. Sie besuchten ihn deshalb und boten ihm an, die Erfindung aufzukaufen und einzumotten. Dr. Hell aber blieb fest und lehnte ab. Später sind dann diese Chemigraphen unse- re besten Kunden geworden. Im Januar 1957 veröffentlich- te Dr. Hell einen Aufsatz in der Fachzeitschrift ›Der Druckspie- gel‹ über elektronische Farb- korrektur. Ein Weintrauben-Stil- leben war mit dem Farbklischo- graph F 160 auf Magnesium graviert und entstand, als das Werk Suchsdorf erweitert Zu seinen »runden« von Herrn Jennewein nachgeätzt worden. wurde und ein altes Bauernhaus, das auf Geburtstagen hat Dr. Hell enge und Zum ersten Mal hatte sich ein bekannter dem Gelände stand, der Spitzhacke zum dienstalte Mitarbeiter Chemigraph an diesem ketzerischen Werk Opfer fallen sollte. Da meinte jemand, aus mit ihren Ehepartnern beteiligt, das Bild hatte Geschichte ge- ihm ließe sich doch ein ideales Freizeit- eingeladen, so wie hier macht. Dr. Hell schrieb dazu am Schluss zentrum machen. Dr. Hell war über diese im Kieler Schloss dieses Aufsatzes: ›In wenigen Jahren wer- Idee seines Mitarbeiters so begeistert, dass den diese Geräte zum festen Bestandteil er umgehend das Bauernhaus als Zentrum aller grafischen Betriebe gehören‹. der kulturellen und sportlichen Freizeit- Die technischen Verbesserungen durch beschäftigung aller Mitarbeiter herrichten Hell-Elektronik haben in der Druckindustrie ließ. Um es auch in die Verantwortung der nicht nur zur Rationalisierung beigetragen Mitarbeiter zu stellen und so von vorn und den wirtschaftlichen Nutzen für die herein jeden Zwang auszuschließen, wur- Unternehmen erhöht, sie helfen auch dem de mit dem Bauerhausverein e.V. eine Facharbeiter an der Maschine. Sie bieten eigenständige Organisation geschaffen, die mehr Sicherheit und mehr Gesundheit, sie von einem von den Mitgliedern gewählten humanisieren die Arbeit. Man vergleiche Vorstand geführt wurde. einmal eine Tiefdruckätzerei von früher mit Das für diesen Zweck umgebaute Bau- Schwamm und Säure, Gummischürze und ernhaus füllte sich daraufhin schnell mit Gummistiefel und dem heutigen, beinahe Leben und wurde zu einem Synonym für klinisch sauberen Graviersaal mit Helio- das Zusammenhörigkeitsgefühl der »Hellia- Klischograph. Oder die Hitze an den␣ Setz- ner«. Es wurden Vortragsabende, Heimat- maschinen mit dem flüssigen Blei gegenü- theater-Aufführungen, Dichterlesungen, ber der elektronischen Lichtsetzmaschine, Hobby-Ausstellungen, Kinderfeste, Rentner- deren Bedienungspersonal weiße Kittel treffen und der traditionelle »Tanz in den trägt. Der schönste Beweis für den Fort- 1.␣ Mai« veranstaltet. Darüber hinaus trafen schritt ist die Bezeichnung ›Varionaut‹, die sich hier auch die Schach-Gruppe, die ein Bediener am Vario-Klischograph für Sportschützen und die Tischtennisgruppe seine Tätigkeit selbst geprägt hat.« zu ihren Trainings und Wettkämpfen – und Soweit zu den Ausführungen von Dr. natürlich auch zu ihren zahlreichen Sieges- Fuchs bei der besagten Veranstaltung. feiern. Letzteres betraf ebenso die weiteren Schon 1954 hatte Dr. Hell die Hell- Betriebssportgruppen, die zu ihrer Betäti- Altersfürsorge ins Leben gerufen, die mit gung externe Sportstätten aufsuchen muss- einem Stammkapital von 20 000 DM be- ten. Die Handball-Gruppe errang sogar gann, das bis 1963 auf 1 Million DM auf- mehrmals die Kieler Stadtmeisterschaft.

149 Hell Verein / www.hell-kiel.de In Kiel gab es zu Beginn der 1980er Jahre zungen dazu ein. 1975 wurden 25 »Azu- 118 Betriebssportgemeinschaften, die zum bis« (Auszubildende, zu der Zeit nannte Teil damals schon seit 25 Jahren bestanden. man sie aber noch Lehrlinge) bei Hell ein- Große sportliche Erfolge errangen die Hel- gestellt, 1976 waren es bereits 31, 1977 = lianer außerdem im Fußball, im Kegeln, im 40, 1978 = 45 und 1979 = 60. Bald schon Bowling, im Squash und im Segeln. Für den erreichte die Gesamtzahl der Auszubilden- Nachwuchs der Segel-Gruppe wurden␣ so- den, die bei Hell in die Lehre gingen, die gar eigens Boote gespendet, wie überhaupt stolze Zahl 250. Dies mag die hohe Dyna- die Sportgeräte und Trikots von der Firma mik von Dr. Hells Unternehmen und seine Hell beigesteuert wurden. in vorbildlicher Weise wahrgenommene Für das leibliche Wohl der Hell-Mitar- Verantwortung für die Ausbildung der Ju- beiter sorgte schon früh eine werkseigene gend unterstreichen. Es galt aber auch in Kantine, die später an das Catering-Unter- Kiel und im Umland als eine Ehre, bei Dr.

Am Rande auf dem Fabrikgeländes liegt das Bauernhaus, das von den Hellianern als Freizeitheim genutzt wird

nehmen Eurest verpachtet wurde. Die jähr- Hell als Auszubildender angenommen zu lichen Verbrauchszahlen dieser Kantine werden, wie heute noch viele Ehemalige waren so beeindruckend, dass sie sogar die zu berichten wissen. »Kieler Nachrichten« vom 28. April 1979 Die Ausbildung bei Hell umfasste den veröffentlichten: Mechanikbereich mit Maschinenschlossern Es wurden 190 000 Tassen Kaffee pro für das Fräsen, Drehen, Bohren und die Jahr ausgeschenkt, 30 000 Eier »in die Montage ebenso wie den Elektrobereich Pfanne gehauen« 90 000 Stück Kuchen, mit Nachrichtengerätemechanikern und 130 000 Brötchen, 1300 Zentner Kartof- der Weiterbildungsmöglichkeit zum Infor- feln, 7000 Kilogramm Frisch- und noch matikelektroniker. Auch Technische Zeich- einmal die gleiche Menge an Frostgemüse ner und Zeichnerinnen im Verhältnis von verzehrt – und 6000 Tafeln Schokolade für rund 1:2 wurden bei Hell ausgebildet. Eine den kleinen Hunger so zwischendurch Sondergruppe umfasste junge Sonder- vernascht. schüler ohne Hauptschulabschluss, die Ein großes Anliegen war für Dr. Hell die nach einjährigen Probezeit eine zweijäh- Aus- und Weiterbildung seiner Mitarbei- rige Ausbildung zum Werkzeugmaschi- ter, bzw. Mitarbeiterinnen, denn 40 % der nenwerker durchliefen. Ebenso leistete Dr. gewerblichen und 25 % der kaufmänni- Hell in der Weiterbildung seiner älteren schen Hell-Belegschaft waren schon da- Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen Vorbild- mals weiblichen Geschlechts. Der verhält- liches. Es wurden auch die Weiterbildungs- nismäßig hohe Anteil bei den gewerblichen einrichtungen von Siemens benutzt. Dazu Arbeitnehmerinnen ergab sich aus den gehörten Trainingsprogramme für die in- hochempfindlichen, aus kleinsten Teilen zwischen oft benötigte englische Sprache, zusammengesetzten Hell-Geräten, deren natürlich am Wochenende. Dafür stellten Montage feinstes Fingerspitzengefühl ver- nach Aussage von Christian Onnasch alle langte. Offensichtlich bringen Frauen von gerne ihre Freizeit zur Verfügung. ihrer Natur und quasi angeborenen Ge- Es war für Dr. Hell eine Selbstverständ- schicklichkeit her die besseren Vorausset- lichkeit, dass er die staatlichen Auflagen

150 Hell Verein / www.hell-kiel.de zur Versehrteneingliederung nicht nur er- finanzielle Schwierigkeiten geraten würde. Bis zu 250 Lehrlinge füllte, sondern übererfüllte. Zu dieser Zeit So schenkte er den Betrag dem bedürfti- im Jahr waren in der Firma Hell tätig. wurden sechs von hundert Arbeitsplätzen gen Mitarbeiter«. Es wurde in vielen bei Hell von Schwerbehinderten oder ih- In besonderen Fällen gewährte er wäh- Berufe ausgebildet nen Gleichgestellten eingenommen. rend der schwierigen Nachkriegsjahre auch Eine ausgesprochene Besonderheit war Kartoffel- und Kohlegeld. Christian Sütel, zu diesem frühen Zeitpunkt die Ausbil- der erste Mitarbeiter von Dr. Hell, war dung von in- und ausländischem Kunden- viele Jahre Betriebsratmitglied und vertrat personal an Hell-Geräten. Zwar spendete die Arbeitnehmerinteressen später auch im man an zahlreiche externe Ausbildungs- Aufsichtsrat des Unternehmens Dr.-Ing. stätten immer wieder Geräte, doch auf dem Rudolf Hell. jeweils letzten Stand der Technik konnten Zwei frühe Führungskräfte verdienen nur die Hell-eigenen Ausbildungs-Studios besonders hervorgehoben zu werden: Der sein. Die Investition in diese Studios war zuvor bereits erwähnte Dr. rer. nat. Roland gut und weitblickend angelegt. Amortisierte Fuchs als Kaufmännischer Direktor und sie sich doch schon dadurch, dass welt- der Dipl.-Ing. Heinz Taudt als Technischer weit ein großes Potenzial an fähigem Tech- niker-, Service- und Wartungspersonal zur Christian Sütel und Verfügung stand, das dem guten Funktio- Dr. Hell im Jahr 1981. Christian Sütel nieren der Hell-Geräte in der Praxis zugute war seit 1947 der erste kam und damit den Vertrieb zukünftiger Mitarbeiter von Geräte förderte. Dr. Hell, später Mitglied »Einmal«, erinnerte sich Christian Sütel, des Betriebsrates und schließlich auch Mit- »hat ein Mitarbeiter Dr. Hell um einen glied des Aufsichtsrates Kredit gebeten, da sein Kind krank gewor- den war. Dr. Hell gewährte 2000 DM und als sich der Personalchef bei Dr. Hell er- kundigte, in welchen Raten die Rückzah- lung zu erfolgen habe, argumentierte Dr. Hell, dass der Mitarbeiter dann ja erneut in

Zeilen des Dankes von Herrn Dr. Hell an die Reparatur- abteilung, die Christian Sütel leitete

151 Hell Verein / www.hell-kiel.de Direktor. Heinz Taudt war bereits 1948 als Scheidt, ganz plötzlich verstorben war und zwanzigster Mitarbeiter in die Firma Dr.- das Institut deshalb verwaist dastand. Am Ing. Rudolf Hell eingetreten, während Dr. Randes sei hier vermerkt, dass Heinz Taudt Roland Fuchs erst 1953 dazu stieß. Beide in Kiel ein Segelboot hatte, also auch pri- genossen sie das volle Vertrauen von Dr. vat dieses Interesse mit Dr. Hells teilte. Hell, weshalb ihre Lebensläufe hier kurz Dr. Roland Fuchs wurde am 28. Mai geschildert werden sollen, denn sie sa- 1915, d. h. im gleichen Jahr wie Heinz gen auch etwas über den Menschen Taudt, in Chemnitz geboren und studierte aus, der sie ausgewählt hat. Technische Physik an der Technischen Heinz Taudt wurde am 21. Mai Hochschule in Dresden. Noch während 1915 in Berlin geboren. Die des Krieges begann seine berufliche Lauf- Jugendzeit bis zum Ab- bahn als Entwicklungsingenieur bei der schluss des Physik-Studi- »Elac« in Kiel. ums an der Technischen Nachdem er im Jahre 1951 an der Hochschule Berlin-Char- Universität Kiel zum Dr. rer. nat. promo- lottenburg verbrachte er viert und ein Jahr als Patentingenieur in der dort. Taudt kam in den pharmazeutischen Industrie tätig war, trat letzten Kriegsjahren nach er am␣ 1. März 1953 in die Firma Dr.-Ing. Schleswig-Holstein und Rudolf Hell ein. Er übernahm zunächst die wurde nach dem Krieg Patentabteilung und 1954 übertrug ihm hier ansässig. Nach seinem Dr. Hell die Leitung des Vertriebs seines Eintritt in die Firma Dr.-Ing. Unternehmens. 1960 erhielt Dr. Fuchs Rudolf Hell war er in der Prokura und 1962 wurde er zum Direktor Entwicklung tätig. Morse- ernannt. Er baute ein weltweites Vertriebs- Geräte, Klischographen, Farb- und Servicenetz auf, das den Hell-Erzeug- scanner sind die Geräte, die nissen stetig steigende Umsätze brachte Schon sehr früh hatte unter seiner Leitung geschaffen wurden. und neue Märkte erschloss. Auch er schied Dr. Hell aus dem 1958 erteilte ihm Dr. Hell Prokura für sein 1980 altersbedingt zusammen mit Heinz Kreis seiner Mitarbeiter Unternehmen und 1962 ernannte er ihn Taudt aus dem Unternehmen aus. Leider diejenigen gefunden, die gemeinsam mit ihm zum Direktor. Anfang 1970 übernahm waren beiden nicht lange der Ruhestand bis zum Ruhestand Heinz Taudt nach dem überraschenden Tod und der Rückblick auf ihre Erfolge im die Firma leiteten: des Fabrikdirektor Heise zusätzlich die Lei- Unternehmen vergönnt. Sie starben beide Heinz Taudt und tung der Fabrikation – eine Aufgabe, bei relativ früh. Dr. Roland Fuchs. Eine der er schon nach kurzer Zeit beachtliche Und noch ein weiterer, enger Mitarbei- Karikatur aus der Abschiedsfeier dieser Erfolge erzielte. Es spricht für seinen Ge- ter von Dr. Hell muss hier erwähnt werden, beiden Mitarbeiter meinsinn, dass er nach seinem alters- der, wie es wohl seinem Berufsstand ent- aus dem Jahr 1980 bedingten Ausscheiden aus dem Unterneh- spricht, immer etwas im Hintergrund zu men 1980 die kommissarische Leitung des stehen schien. Es ist dies Hans Daudt, der Forschungsinstitutes Fogra in München (For- als Leiter des Konstruktionsbüros die per- schungsinstitut für das graphische Gewer- sonell größte Abteilung des Unternehmens be) übernahm, als dessen Leiter, Dr. Peter Dr.-Ing. Rudolf Hell bis zu seiner Pensio-

Sie leiteten gemeinsam mit Dr. Hell viele Jahre das Unternehmen: Heinz Taudt (links) und Dr. Roland Fuchs (rechts). Nach Übergabe der Geschäftsführung in jüngere Hände wurden sie Mitglieder des Aufsichtsrates (Bild von1981)

152 Hell Verein / www.hell-kiel.de nierung 1975 führte. Er war am 1. April neuen Produkte. Seine Fähigkeit, Mitarbei- 1947 in die neu gegründete Firma als ter und Kunden im Gespräch fast suggestiv siebter Mitarbeiter eingetreten und wurde zu beeinflussen, hat alle immer wieder damit einer der ältesten und verdientesten beeindruckt. Mitstreiter von Dr. Hell. Dank der geschickten und ausdauern- Bei dessen Verabschiedung sagte Dr. den Vertriebstätigkeit von Dr. Roland Fuchs Hell: » Wenn man weiß, welche Entwick- stiegen die Umsatzzahlen des Unterneh- lung die Technik in den letzten 30 Jahren mens schnell an. Waren 1956 »nur« 7,5 genommen hat, wie unsere Geräte in dieser Millionen DM Umsatz bei einem positiven Zeit weiterentwickelt wurden und sich Jahresergebnis von 400 000 DM zu ver- gleichzeitig unser Produktionsprogramm zeichnen, so stieg dieser neun Jahre später, verbreitert hat, dann kann man die Aufgabe ermessen, die unser Konstruktionsbüro und Helga Prestin, Sekretärin von Dr. Hell sein Leiter in dieser Zeit leisten musste. ab April 1947, Hans Daudt hat diese schwierige Aufgabe hier mit Dr. Hell mit besonderer Gründlichkeit und persön- an ihrem 40-jährigen lichem Einsatz gemeistert und dabei seine Dienstjubiläum. Mitarbeiter in menschlich vorbildlicher Sie blieb die Vertraute bis zum Tode Weise geführt und betreut. Für diese Lei- von Rudolf Hell stung, die einen wesentlichen Beitrag zum Weltruf unserer Firma darstellt, gebührt Hans Daudt besondere Anerkennung«. Fasst man zusammen, was diese Füh- rungskräfte an Dr. Hell besonders ge- schätzt haben, so kann man es auf den fol- genden gemeinsamen Nenner bringen: Er war eine glückliche Kombination aus Erfindergeist, Begeisterungsfähigkeit für alles Neue, schnellem Erkennen von An- d. h.1965, auf 50,1 Millionen DM bei wendungsmöglichkeiten in der grafischen einem Jahresüberschuss nach Steuern von Industrie, seinem Durchhaltevermögen mit 4,1 Millionen DM an. 1963 betrug der einem geradezu unbeirrbaren Glauben an Jahresüberschuss sogar 7,3 Millionen DM die am Ende einsetzende erfolgreiche bei 48,9 Millionen DM Umsatz. 1964 Überwindung von technischen Proble- waren die Umsatzzahlen kurzfristig um men, der Fähigkeit gute Mitarbeiter zu 12% eingebrochen, da sich die Entwick- erkennen und mit Lob und Tadel zur lungsarbeiten am Helio-Klischograph und Höchstleistung zu motivieren, einem knall- Colorgraph verzögert hatten. hartes Verhandlungsgeschick und oft unter- Wie wichtig die Diversifikationsprodukte schätzten Gespür für wichtige finanzielle in der Anfangszeit des Unternehmens und kaufmännische Fragen. Dr. Hell war waren, zeigt ein Blick auf den Geschäft- immer der beste Akquisiteur für seine bericht des Jahres 1965.

Karikatur aus dem Jahr 1980. Sie zeigt, dass Dr. Roland Fuchs sich endlich ganz dem Golfspielen und Heinz Taudt sich dem Segeln widmen konnten

153 Hell Verein / www.hell-kiel.de Seit 1980 bilden sie die Geschäftsführung der Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH: Bernd Rusitzka,Geschäftsbereich Kaufmännische Aufgaben und Arbeitsdirektor, Ernst-Erich Marhencke,Vorsitzender der Geschäftsführung und Geschäfts- bereich Vertrieb sowie Dr.-Ing. Klaus Wellendorf, Geschäftsbereich Technik

Auch wenn Dr. Hell nicht mehr die Geschäfte selbst führte, war er als Ehrenvorsitzender seiner Firma dennoch weltweit unterwegs und besuchte Kunden, wie hier 1983 in Tokio, wo er dem Präsidenten Toyoaki Nemoto der Firma Senmeisha Co Ltd. eine Rosenthal-Vase überreichte. Rechts ein Cromacom-System im 1984 größten Repro- Betrieb Süd-Ost-Asiens Columbia Offset in Singapur Rechte Seite: Im Jahr 1982 war das Unternehmen Dr. Hell im Kieler Stadgebiet in fünf Werke unterteilt. Aufgrund dieser Situation wurde beschlossen, die Abteilungen wieder zu zentralisieren, wie es ursprünglich im Werk I in Kiel-Dietrichsdorf der Fall war. So konzentrierte man sich auf den Ausbau von Werk III in Kiel-Suchsdorf. Rechts das Werk in Suchsdorf in das nach umfangreicher Erweiterung 1990 schließlich alle Abteilungen einziehen konnten

154 Hell Verein / www.hell-kiel.de 155 Hell Verein / www.hell-kiel.de Vom Jahresumsatz von 50,1 Millionen Verantwortlichkeiten im Entwicklungsbe- DM entfielen 21%, nämlich 10,6 Millio- reich in drei Abteilungen unterteilt worden: nen DM auf die Matrizengeräte für die Entwicklung l Direktor Taudt, Entwicklung Vervielfältiger der Firma Gestetner in Lon- ll Heinz Mebes und Entwicklung lll Dr. don und 19%, das sind 9,45 Millionen DM Wellendorf, kommissarisch. Den Vertrieb auf nicht näher definierte Rechengeräte leitete Direktor Dr. Fuchs, den kaufmän- aus öffentlichen Aufträgen (Verschlüsse- nischen Bereich Direktor Stock und die lungsmaschinen?). Den Löwenanteil von Fabrikleitung oblag Direktor Heise. Im Stab 32% bzw. 15 Millionen DM nahmen die von Dr. Hell waren neben den Herren Klischographen für den Buchdruck ein, Dr.␣ Wellendorf und Marhencke noch Herr wozu noch 1 Millionen DM Klischograph- Kümmerli für das Personal- und Rech- OEM-Lieferungen für Siemens kamen. nungswesen sowie Herr Stock für das Interessant ist auch, dass im Geschäfts- Patentwesen aufgeführt. bericht 1965 die Umsätze an Gebrauchs- In 1969 überstieg der Bestelleingang mit materialien für die Klischographen (Folien 109 Millionen DM erstmals die Hundert- und Stichel) mit 4,3 Millionen DM zu millionengrenze, darunter 50 Digiset-An- Buche schlugen. Der Colorgraph kam erst lagen im Wert von 13 Millionen DM, die auf 1,2 Millionen DM, die Faxgeräte auf von RCA in USA geordert worden waren. 2,9 und die Telebildgeräte auf 2,8 Millio- Aus der UdSSR kam ein Großauftrag über nen DM. Morsegeräte trugen mit rund Klischographen im Wert von 7 Millionen einer Millionen DM zum Jahresumsatz bei. DM herein. Der Jahresumsatz belief sich 1966 wurde Dr. Hell persönlich von einschließlich Mehrwertsteuer auf 77,8 einem schweren Schicksalsschlag getrof- Millionen DM. Im darauf folgenden Jahr fen. Seine Frau Martha, mit der er 40 Jahre 1970 stieg er auf 89,2 Millionen DM bei verheiratet war und die schon in seiner 85,8 Millionen DM Auftragseingang. Insge- Berliner Zeit und auch in Kiel Freuden und samt also eine sehr erfreuliche Geschäfts- Schmerzen der Aufbaujahre mit ihm geteilt entwicklung, wie dies schon an der␣ Per- hatte, starb an einem Krebsleiden. In dieser sonalentwicklung abzulesen war. Zeit war es ihm wichtig mit den Führungs- Das Jahr 1971 markierte, wie schon kräften Heinz Taudt und Dr. Roland Fuchs erwähnt, den Zeitpunkt, da Dr. Hell sich zwei Menschen an seiner Seite zu haben, aus dem Tagesgeschäft zurückzog und in denen er voll vertrauen konnte. Er, der den Aufsichtsrat wechselte. Da der seit- vorher fast nie Urlaub gemacht hatte, fuhr herige Aufsichtsratvorsitzende, Dr.-Ing. Kurt mit seinem Segelboot irgendwo hin, um Reche, von 1954 bis zu seiner Pensionie- seine Trauer fernab der heimischen Umge- rung 1971 Vorstandsmitglied der Siemens bung zu durchleiden. Doch das Leben AG, – er hatte seit Gründung der Dr.- Ing. musste weitergehen und so half ihm sehr, Rudolf Hell KG 1954 die Interessen von dass er 1967 seine zweite Frau Jutta kennen Siemens bei Hell wahrgenommen – am 22. lernte, die ihm gemeinsam mit Tochter Februar 1972 unerwartet starb, hatte er Veronika bis zu seinem Lebensende zur auch gleich den Aufsichtsratsvorsitz wahr- Seite stand und ihn, als dies notwendig zunehmen. Als Stellvertreter stand ihm wurde, auch liebevoll pflegte. Prof. Dr. Heinz Gumin, stellvertretendes 1968 nahm die Dr.-Ing. Rudolf Hell KG Vorstandsmitglied der Siemens AG in Aufträge von Siemens und ColorMetal München, zur Seite. herein, wodurch der Jahresumsatz auf 61,5 Auch in der Geschäftsführung ergab sich Millionen DM stieg. Das Organigramm eine Änderung, indem Ernst-Erich Mar- wies damals bereits die Herren Dr.-Ing. hencke als stellvertretender Geschäftsfüh- Klaus Wellendorf als Assistent von Dr. Hell rer (ab 1977 ordentlicher Geschäftsführer) und Dipl.-Kfm. Ernst-Erich Marhencke als in dieses Gremium aufgenommen wurde, Leiter der Organisation im Stab von Dr. dem weiterhin Heinz Taudt und Dr. Roland 1956 Hell aus. Beide wurden schon früh von Fuchs als ordentliche Geschäftsführer an- Dr. Hell auf ihre späteren Führungsauf- gehörten. Durch die 60%ige und kurz gaben als Geschäftsführer der Gesellschaft darauf 80%ige Mehrheitsbeteiligung von nach Taudt und Dr. Fuchs vorbereitet. Auch Siemens an der Dr.-Ing. Rudolf Hell KG, die 7,5 Helga Prestin, die Sekretärin von Dr. Hell, inzwischen zu einer GmbH umgewandelt MIO Umsatz die ihm fast die ganze Kieler Zeit zur Seite worden war, musste eine Angleichung an stand, wurde in diesem Organigramm er- den Geschäftsjahreszeitraum der Siemens wähnt, was ihre Bedeutung im Unterneh- AG erfolgen und 1972/73 ein Rumpf- men unterstreicht. In der Linie waren die geschäftsjahr zwischengeschoben werden.

156 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1971 war der Umsatz erwartungsgemäß Dr. Klaus Jordan für das Ressort Vertrieb auf 92,3 Millionen DM angestiegen. erweitert, der allerdings schon 1988/89 aus In den nächsten zwölf Jahren, von 1973/ dieser Verantwortung ausschied. 74 bis 1985/86, stieg der Umsatz von 107,8 Mit dem Geschäftsjahr 1986/87 kam der auf 640,7 Millionen DM. Auch der Jahres- große Schock, der sich schon im Vorjahr überschuss erhöhte sich von 2,6 kontinu- »seismographisch« mit dem enormen Ge- ierlich über stellenweise 12 und 15 Millio- winnrückgang angekündigt hatte. Infolge nen auf 9 Millionen DM in 1984/85. Doch konjunktureller, aber auch produkt-struk- 1985/86 sackte dieser auf 570 000 DM ab, tureller Gründe gingen der Auftragsein- was als Vorbote einer schwierigen Zeit gang um 35% auf 400 Millionen DM und gewertet werden konnte. Ab 1. Juni 1980 der Umsatz um 30% auf 451 Millionen waren nach dem altersbedingten Ausschei- DM zurück. Besonders betroffen waren da- den von Heinz Taudt und Dr. Roland Fuchs bei die Reproduktionstechnik mit dem die Herren Dipl.-Kfm. Ernst-Erich Marhen- Chromacom-System und den Einzelscan- cke, Dr.-Ing. Klaus Wellendorf und Dipl.- nern. Im Jahresergebnis hatte sich ein 1990 Kfm. Bernd Rusitska zu Geschäftsführern Fehlbetrag von 159,9 Millionen DM erge- ernannt worden. ben, der auf Grund des Ergebnisabfüh- Ernst-Erich Marhencke wurde gleichzei- rungsvertrages von der Siemens AG ausge- tig zum Sprecher und 1982/83 zum Vor- glichen wurde. Natürlich hatte dies Aus- 684 sitzenden der Geschäftsführung ernannt. wirkungen auf den Personalstand, der noch Ihm wurde in Personalunion die Ressort- im Geschäftsjahr um 11% auf 2542 Per- MIO Umsatz verantwortung für den Vertrieb übertragen. sonen zurückgenommen wurde. Die Pla- Dr. Klaus Wellendorf stand dem Gesamt- nung sah vor, bis Ende März 1988 durch bereich Technik vor und Bernd Rusitska Frühpensionierungen, Fluktuation und Auf- übernahm den Bereich Kaufmännische hebungsverträge zu einer Personalreduktion Aufgaben. Wie Ernst-Erich Marhencke hat- auf 2000 und bis Ende September 1988 auf te auch Bernd Rusitska seine Sporen vor 1800 Mitarbeiter zu kommen. Außerdem Eintritt in die Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH in sollte bis Ende 1988 das Werk l in Die- der Zentralabteilung Finanzen der Siemens trichsdorf geschlossen werden. AG verdient. Dort war er mit Fragen der Durch weitere Korrekturmaßnahmen Finanzierung und Bilanzierung der Aus- stieg zwar der Auftragseingang im Ge- landsgesellschaften sowie der Konsolidie- schäftsjahr 1987/88 um 16% auf 462 Mil- rung in einer Weltbilanz beschäftigt gewe- lionen DM, doch der Umsatz ging erneut sen. Ernst-Erich Marhencke hatte bei Sie- um 8% auf 415 Millionen DM zurück, so- mens breite Kenntnisse auf dem Gebiet dass wiederum ein Jahresfehlbetrag, aller- Innen- und Außenfinanzierung, Konzern- dings vermindert auf 36,4 Millionen, aus- Rechnungslegung sowie Beteiligungsver- gewiesen werden musste. Erst 1988/89 waltung erworben. kam man mit einem Überschuss von 8,4 Dr. Klaus Wellendorf studierte als gebür- Millionen DM wieder in die schwarzen tiger Kieler (Jahrgang 1931) an der Techni- Zahlen zurück. Auftragseingang und Um- schen Hochschule Hannover Fernmelde- satz waren um 15 und 26% angestiegen und Hochfrequenztechnik und trat bereits und die Mitarbeiterzahl um 7% auf 2379 1957 als Dipl.-Ing. in die Entwicklungs- Personen aufgestockt worden. Ein weiterer abteilung der Firma Hell ein, wo er sich mit Anstieg im Auftragseingang um 22% auf Codierungstechnik, Nachrichtenverschlüs- 648 Millionen DM und im Umsatz um selung und Zeitungsseiten-Übertragung 31% auf 684 Millionen DM ergab sich in über Breitbandkanäle beschäftigte. Er pro- 1989/90 bei einem Jahresüberschuss von movierte neben seiner beruflichen Praxis 18,7 Millionen auf dem Gebiet der digitalen Netzwerke Mit dieser Erholung des Unternehmens und Rechenlogik und wurde anschließend, konnte die Siemens AG in Verhandlungen wie schon erwähnt, Assistent von Dr. Hell. mit der Linotype AG in Eschborn eintreten, Ab dem Geschäftsjahr 1981/82, als Sie- um dem alten Wunsch des Linotype-Vor- mens seine Beteiligung an Hell auf 100% standsvorsitzenden, Dr. jur. Wolfgang Kum- aufstockte, schied Dr. Hell aus dem Auf- mer, nach einer Vereinigung beider Unter- sichtsrat aus und wurde zu dessen Ehren- nehmen näher zu treten. Da Linotype seine vorsitzenden ernannt. Als amtierender Auf- Stärke im Textbereich hatte und Hell im sichtsratsvorsitzender rückte sein Stellver- Bildbereich dominierte, schien dieses Zu- treter, Prof. Dr. rer. nat. Heinz Gumin nach. sammengehen logisch und unternehme- Die Geschäftsführung wurde 1985/86 um risch für beide Seiten vorteilhaft.

157 Hell Verein / www.hell-kiel.de Nachdem das Bundeskartellamt dem bereits erwähnte »Vierte Welle« der Satz- Erwerb der Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH und Bildrevolution die grafische Industrie durch die Linotype AG und einer Betei- erreicht, sodass bei den traditionellen ligung der Siemens AG mit einem Drittel Geräten und Maschinen ein enormer Preis- an Linotype grünes Licht gegeben hatte, verfall und Nachfrage-Rückgang einsetzte. wurde die Fusion der beiden Firmen per Die Linotype-Hell AG wurde deshalb im 1.␣ Oktober 1990 vollzogen. Im Mai 1991 vierten Quartal 1990 unter keinem guten wurde auf der Hauptversammlung der Stern geboren.

»Ich habe natürlich fusionierten Gesellschaft der Name Lino- 1995 übernahm die Heidelberger Druck- auch Skizzen gemacht«, type-Hell AG gegeben. maschinen AG die Linotype-Hell AG zur sagte Dr. Hell, nach seinen Erfindungen Vorsitzender des Vorstandes wurde Dr. Realisierung der Vision ihres Vorstandsvor- gefragt. Dies ist eine Wolfgang Kummer, der seitherige Vorstands- sitzenden, Hartmut Mehdorn, später Vor- Skizze von ihm aus vorsitzende der Linotype AG, und stellver- standsvorsitzender der Deutschen Bahn, dem Jahr 1968 für eine tretender Vorstandsvorsitzender Ernst-Erich des Komplettangebots von Vorstufe, Druck- Weiterentwicklung Marhencke. Aus der Hell-Geschäftsfüh- maschine und Weiterverarbeitung. Als des Digiset. Unten links der Vermerk: rung wechselten auch Bernd Rusitska und zwischenzeitlicher Vorstandvorsitzender 1 Kopie an H. Mäck- Dr. Klaus Wellendorf in den Vorstand der wurde Bernhard Schreier, der spätere Vor- bach am 3. Dez. 68. neuen Linotype-Hell AG. standvorsitzende der Heidelberger Druck- Damit war der damalige Der Umsatz der zusammengeschlosse- maschinen AG, nach Kiel und Eschborn Leiter der Patent- nen Unternehmen erreichte ein Volumen berufen, der die anstehenden Sanierungs- abteilung gemeint von 1,5 Milliarden DM und beschäftigte arbeiten erfolgreich durchführte. mehrere Tausend Mitarbeiter. Eingeschlos- Zurück zu Dr. Hell, den die unerfreu- sen waren auch die ausländischen Gesell- liche Entwicklung seines Unternehmens schaften der Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH in bestimmt nicht unberührt ließ. Er konnte USA, Großbritannien und Japan. jedoch gewiss sein, dass ohne seine zahl- Doch die Entscheidung kam im Grunde reichen Erfindungen die »Vierte Welle«, zu spät und der Zeitpunkt war darüber die das angestammte Geschäftsfeld über- hinaus ungünstig. Schon hatte nämlich die spülte, zumindest bis zu diesem Zeitpunkt

158 Hell Verein / www.hell-kiel.de noch nicht hätte entstehen können und er Bild-Zeitung wirklich aktuelle Bilder zu so die Grundlagen für eine »Demokrati- bekommen. Er machte dann die Zeitung sierung« der Text- und Bildbearbeitung für fast ausschließlich mit Bildern. Vielleicht alle geschaffen hat. acht Tage lang voll mit Bildern und mit Auf die Frage eines Journalisten, wie wenig Text. Er sah dann ein, dass es doch man zum Erfinder wird, sagte er einmal der übertriebene Weg war, nur Bilder zu verschmitzt: »Das fällt einem beim Rasie- bringen, und hat allmählich die bildhafte ren ein!« Doch er gab gleich zu, dass dies Zeitung von heute entwickelt«. ironisch gemeint sei, ergänzte jedoch er- klärend: »Ich finde, wenn andere Leute etwas erzählen, machen sie das alles so kompliziert. Das Leben sehen sie alle so kompliziert. Sie sehen nicht den Kern. Auch Psychologen, die machen diesen Satz und jenen Satz. Wenn ich so kompliziert ge- dacht hätte, hätte ich nie was erfunden«. Und er präzisierte seine Aussage zudem mit den Worten: »Man muss primitiv den- ken können, um zu erfinden. Das kommt später, das Komplizierte, wenn ein Gerät einen gewissen Stand erreicht hat, dann muss man denken, was kann ich da ver- bessern. Aber der Grundgedanke muss einfach sein. Ich habe natürlich auch Skiz- zen gemacht, ich möchte das und das tech- nisch so haben. Ich habe es dann auch ausgearbeitet. Aber man soll die Welt nicht Die Auslandsgesellschaft HCM Das Netz von Vertriebs- so kompliziert machen«. Diese Einstellung Von den diversen Auslandsgesellschaften und Servicestationen der Dr.-Ing- Rudolf Hell spiegelte sich auch in seiner Sprache wider. der Dr.-Ing. Rudolf Hell KG – diese ein- GmbH war weltweit In Gesprächen mit ehemaligen Hell-Mit- gerechnet arbeiteten zeitweise weit über gespannt arbeitern wird immer wieder lobend er- 3000 Beschäftigte für das Unternehmen – wähnt: Was Dr. Hell sagte und wie er es verdient eine hier besonders aufgeführt zu sagte, das konnte jeder verstehen, nicht werden. Es ist dies die HCM Corporation in verdreht, nicht überladen mit Fremdwör- Great Neck auf Long Island bei New York. tern und nicht geheimnisvoll, wie es sonst Sie wurde 1959 mit einem Startkapital von so oft gerne gemacht wird. US-Dollar 300000 gegründet, wovon die Über seine Meinung zum technischen Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell 51% hielt, Fortschritt sagte Dr. Hell einmal: »Man während das restliche Kapital von der kann mir vorwerfen, durch meine Arbeit so Firma Hilpert Trading Ltd. beigesteuert und so viele Drucker arbeitslos gemacht zu wurde. Die Gründung wurde dadurch haben. Ja, mein Gott, das ist wahr und ist ausgelöst, dass die amerikanischen Kun- nicht wahr. Durch meine Arbeit sind jetzt den die ungenügende Betreuung durch Zitat Dr. Hell: Bilder in rauen Mengen verfügbar. Früher die␣ seitherige Vertretung bemängelten und war doch der Zustand so, wenn da ein Fuß- auch sonst mit dieser Repräsentanz Diffe- Man muss ballspiel am Sonntag gewesen war, dann renzen bestanden. primitiv denken hat man am Montag nicht das Bild von Die HCM Corporation übernahm das können, diesem Sonntag gezeigt, sondern das von Vertriebsprogramm der Firmen Dr.-Ing. um zu erfinden vor einer Woche, da nur das fertig war. Das Rudolf Hell KG in Kiel und der Bogen- ist effektiv wahr. Und nun gibt es aktuelle offsetdruckmaschinenfabrik Color Metal Bilder, weil man die Druckvorlagen eben AG in Zürich, Schweiz, woher sich das heute in Sekunden herstellen kann. Kürzel HCM = Hell-Color Metal ableitete. Bevor Axel Springer die Bild-Zeitung her- 1963 erfolgte eine Umorganisation, indem ausgab, war er bei mir in Kiel. Er hätte die mit 48% am Kapital beteiligte Hilpert- gehört, dass wir ein Gerät bauen, mit dem Gruppe aus der HCM Corporation aus- man Klischees, also Druckvorlagen, kurz- schied und dieses Paket treuhänderisch fristig herstellen kann; er möchte wissen, von der Siemens Overseas Ltd. übernom- wie das geht. Da haben wir ihm den Kli- men wurde. schographen gezeigt. Er war sehr begeistert Als am 1. April 1966 mit der »Radio Cor- und hat sofort ein Gerät bestellt, um in seine poration of America (RCA)« ein Vertriebs-

159 Hell Verein / www.hell-kiel.de vertrag infolge der Einstellung von deren dieses schweizerischen Unternehmens für »Videocomp«-Lichtsetzmaschine zugun- ihre innovativen Ideen und solide Bauart sten des Digiset abgeschlossen wurde und bekannt – 1980 war dort sogar mit der RCA neben dem Vertrieb des Digiset in »Chromaprint 4074« eine mit Hell-Elek- USA auch den der Chromagraph-Scanner tronik ausgestattete und in Fortdruckge- für ihre »Graphic Systems Division« forder- schwindigkeit arbeitende Vierfarben-An- te, wurde der HCM dadurch ein wesent- druckmaschine von kräftiger Reihenbau- licher Bestandteil ihres Vertriebsprogramms weise entstanden – doch das Betriebs- geschehen in einem unbekannten Umfeld ließ sich aus der Distanz Kiel–Zürich nicht steuern. Im Jahre 1986 war deshalb das endgültige Aus für diesen relativ kleinen und schon lange kränkelnden Druckmaschi- nenhersteller gekommen. Nachdem Mitte 1970 die RCA durch Aufgabe ihrer »Graphic Systems Division« von dem mit Hell geschlossenen Vertrag zurücktrat, wurde der Vertrieb der Chroma- graph-Scanner wieder von HCM übernom- men. In relativ kurzer Zeit konnten über 250 Anlagen davon in USA verkauft wer- den. Im gleichen Zeitraum kamen mit dem Absatz von mehreren großen Tiefdruck- anlagen von Albert-Frankenthal 30 Helio- Klischograph-Einrichtungen hinzu. Ende der 1970er Jahren wurde mit der »Hell Graphics Systems, Incorporation« (HGS) in Hauppage, Long Island, N.Y., Zur ANPA-Messe 1979 entzogen. Zwar blieben ihr die Standard- neben der HCM in Great Neck, Long in den USA wurde und Vario-Klischographen, sowie die Helio- Island, N.Y., ein Fertigungsbetrieb in USA in Erinnerung an die 2 Herkunft von Dr. Hell Klischographen, doch diese reichten nicht auf einem Gelände von 18 000 m und 2 von der Tochter- aus, um verlustfrei über die Runden zu einer Nutzfläche von 4000 m errichtet. gesellschaft HCM kommen. HCM konzentrierte sich deshalb Man suchte damit der tendenziell sich ein Messestand immer mehr auf den Tiefdruck und über- verändernden Dollarschwäche zu begeg- im Bavarian-Look nahm in den 1970er Jahren u.a. auch den nen und auch die aus dem amerikanischen aufgebaut. Im Vordergrund USA-Vertrieb für Tiefdruckmaschinen der Markt kommenden technologischen Im- ein Digiset-System Albert-Frankenthal AG. pulse und Entwicklungsanregungen, sowie 200T1 mit die daraus entstehenden Techniken besser Fiberglasröhre aufnehmen und in die Hell-Produktlinien integrieren zu können. Es wurden dort insbesondere die Chromagraphen DC 350 und CP 340, das Chromacom-System, so- wie die neue Andruckmaschine Chroma- print gefertigt. Als President von HCM und HGS zeichnete zu dieser Zeit Charles (Charly) Sack, ein Hüne von über zwei Meter Körperlänge, dem ein angenehmes Wesen und ein großes Verhandlungs- Dr. Hell geschick eigen waren, verantwortlich. und Dr. Wellendorf anläßlich der Print 1985 auf dem Messe- Gesellschaftlicher Höhepunkt stand der HCM, USA Kieler Woche Als passioniertem Segler war für Dr.␣ Hell, Im Verlauf dieser Umstrukturierungen der eigentlich privat sehr zurückgezogen war Dr. Hell Mehrheitsaktionär beim Bo- lebte, die Kieler Woche der gesellschaft- genoffsetdruckmaschinenhersteller Color liche Höhepunkt im Jahr. Hier traf er mit Metal AG in Zürich geworden – eine nicht weniger als drei Bundespräsidenten Akquisition, die er bald bereuen musste. zusammen: zunächst mit Heinrich Lübke, Zwar waren die Bogenoffsetmaschinen dann mit Gustav Heinemann und schließ-

160 Hell Verein / www.hell-kiel.de lich mit Walter Scheel. Er konnte ihnen mit auch Marinesegler vor Ort die Regatta för- seiner Yacht Bavaria nicht nur einen Logen- dern wollten, wurde für das folgende Jahr platz bei der Regatta bieten, sondern lud eine weitere Wettfahrt verabredet. Die sie auch zu Werksbesichtigungen ein, von Kieler Sommerregatta wurde zu einer In- denen sie allesamt sehr angetan waren. stitution. 1892 lagen erstmals 100 Mel- So berichtete die Werkszeitschrift »für dungen vor, neben europäischen Ländern uns alle« über den Besuch des Bundesprä- beteiligten sich auch US-amerikanische sidenten Walter Scheel im Werk Suchs- Segler. Bis 1888 hatte der NRV das noch dorf, als dieser erklärte, was technischer namenlose Segelereignis allein organisiert, Fortschritt, Rationalisierung und alle damit dann kam der »Marine-Regatta-Verein«␣ hin- verbundenen gesellschaftspolitischen Ver- zu, aus dem im Mai 1891 der »Kaiserliche änderungen bedeuten. Das sei ihm am Yachtclub« (KYC, später Kieler Yacht-Club Beispiel der Druckindustrie am deutlich- e.V.) hervorging, dessen Kommodore Prinz sten geworden. Heinrich wurde. Seit der Diskussion um diese Probleme, 1894 hat man erstmals in der Presse von auch im Zusammenhang mit dem Mitbe- der Kieler Woche gesprochen. An der nahm stimmungsgesetz, habe er ein besonderes Interesse an der gesamten Medientechnik. Umso dankbarer sei er, dass er im Hause Hell nun aus erster Hand zu diesem The- menkomplex informiert wurde und sein Meinungsbild sachlich bereichern konnte. Dr. Hell und Geschäftsführer Taudt er- läuterten dem Bundespräsidenten beim Rundgang durch das Werk Suchsdorf die Fertigung unserer Produkte und die Tech- nik der einzelnen Hell-Geräte, so aus der Firmenzeitung. Scheel war ein aufmerk- samer und interessierter Zuhörer. Dennoch nutzte er auch die Gelegenheit zu ein paar kleinen Schnacks mit einzelnen Mitarbei- tern am Rande des Rundgangs. Das wiede- rum und seine temperamentvolle und un- komplizierte Art lockerten die Atmosphäre auf und gaben dem hohen offiziellen Be- such eine äußerst sympathische Note. nun auch regelmäßig Kaiser Wilhelm II. Die Kieler Woche Zum Schluss kam noch ein Hauch Kie- teil. 1895 schloss sich an die Kieler Woche war auch für Dr. Hell die mit Pomp und Marinebesuch aus vie- immer ein gesellschaft- ler Woche hinzu: Bei herrlichem Sonnen- licher Höhepunkt. schein gab das »Laakegate Skoles Musik- len Ländern inszenierte Eröffnung des »Kai- 2. von links: korps« auf dem Rasen vor der Werkshalle ser-Wilhelm-Kanals«, des heutigen »Nord- Heinrich Lübke, ein munteres, fröhliches Konzert. 81 nor- Ostsee-Kanals« an. Das Segelereignis war Bundespräsident von wegische Schüler, sieben bis siebzehn Jah- längst umrahmt von der Kriegsflotte und Deutschland, sollte die Welt- und See-Geltung des Kai- 2. von rechts: re alt, musizierten traditionsgemäß zur Kie- Ministerpräsident von ler Woche für unsere Mitarbeiter, diesmal serreichs demonstrieren. Inzwischen ka- Schleswig-Holstein aber vor allem für unseren Bundespräsi- men bis zu 500 Yachten nach Kiel, besuch- Dr. Gerhard Stoltenberg denten und seine Begleiter. ten der Zar Alexander III. (1892), König und ganz rechts Die Kieler Woche blickt inzwischen auf Leopold II. von Belgien (1897) und auch Dr. Rudolf Hell an Bord der Hell-Yacht eine 120-jährige Tradition zurück. In der der englische König Eduard VII. (1904) die »Bavaria« offiziellen Chronik, die im Internet unter Kieler Woche. Sein Besuch sollte dazu bei- www.geschichte.schleswig-holstein.de ab- tragen, die vor allem durch das deutsche zurufen ist, heißt es dazu: Flottenbauprogramm gestörten Beziehun- »Am 23. Juli 1882 starteten 20 Yachten, gen zum Vereinigten Königreich zu ver- darunter eine dänische, vor dem Düstern- bessern. Mit dem Fest für die neuen Kanal- brooker Ufer in Kiel zu einer Regatta auf schleusen konnte 1914 erneut ein Glanz- der Förde. Tausende von Schaulustigen punkt gesetzt werden. Das Attentat auf säumten die Ufer. Der Versuch des »Nord- den österreichischen Thronfolger in Sara- deutschen Regattavereins« (NRV) außer- jewo fiel mitten in die Kieler Woche. Die halb von Hamburg eine Wettfahrt zu orga- Regatten wurden abgebrochen, auch sie- nisieren, wurde als Erfolg angesehen. Da ben britische Kriegsschiffe brachen ihren

161 Hell Verein / www.hell-kiel.de Besuch daraufhin ab. Zum Abschied sig- mit der »Eigenbrötelei restlos Schluss ma- nalisierten sie »Friends for now and friends chen«. Die gleichgeschalteten Zeitungen for ever«. prophezeiten die Rückkehr zu alter Größe. Nach dem Ersten Weltkrieg sollte die In der Tat kamen 540 Boote aus 14 Nati- Kieler Woche kein Fest der Elite mehr sein, onen. Den ausländischen Gästen gegen- bei dem das Volk nur zusehen darf. Aus über war man offen, freundlich und betont dem Segelfest wollte man ein Sportfest friedlich. Gleichzeitig wurden die Organi- machen. Doch in letzter Minute wurde sationen der NSDAP mobilisiert, um mit Aufmärschen und Großveranstal- Der Ausschnitt aus tungen die Macht des »Dritten einem Gemälde aus dem Kieler Yacht-Club Reiches« nach innen und außen zeigt zur Kieler Woche zu demonstrieren. 1903 die Segelyacht Nach dem »Zweiten Weltkrieg« »Meteor« von Kaisers nahmen die britischen Besatzer Wilhelm II die Tradition wieder auf. Schon im September 1945 gab es eine »Kiel Week«, 1946 die zweite. Die Stadt indessen tat sich mit dem Erbe schwer. Sie ließ nicht das große Segelereignis, sondern die Herbst- wochen für Kunst und Wissen- schaft aus den 1920er Jahren wie- der aufleben. 1948 gab es erstmals zwei Kieler Wochen: im Sommer ein noch bescheidenes Segel- treffen und im Herbst die Kultur. Ausrichter der Regatten war der »Kieler Yacht-Club« (KYC). Er hatte alles abgesagt. Die Annahme der Versailler sich 1946 neu gegründet, nachdem der Friedensbedingungen stand unmittelbar »Kaiserliche Yacht-Club« von den National- bevor. In diesen Tagen »tiefster Demüti- sozialisten zum »Yacht-Club von Deutsch- gung« wollte der »Kaiserliche Yachtclub« land« gemacht worden war, den schließlich nicht zu fröhlichen Wettkämpfen auffor- die Briten auflösten und dessen Eigentum dern. Damit war auch die Idee des Kieler sie␣ beschlagnahmten. 1949 wurden dann Sportfestes zu den Akten gelegt. Sport und Kultur zu einer einzigen Kieler Ab 1920 gab es wieder die Regatten zur Woche vereinigt, wie sie heute noch be- Kieler Woche. Da die Zeiten der großen gangen wird. Yachtschoner mit ihren Herrenseglern Kapitän Hell und␣ professionellen Mannschaften vorbei war begeisterter Segler war, wurden kleine Bootsklassen gefördert. und Mitglied des Kieler Yacht-Clubs Die Meldezahlen der Nachkriegsjahre la- (KYC) gen niedrig. Man hatte andere Sorgen. Po- litisch war Deutschland isoliert, und so blieb man lange unter sich. Nur einige Segler aus dem neutralen Schweden ka- men nach Kiel. Erst nach 1926 ging es wieder aufwärts. Nachdem Deutschland in den Völkerbund aufgenommen worden war, wurde die Kieler Woche wieder zu einem internatio- nalen Treffen für Segler und die Marine. 1933 nahmen sich die Nationalsozialisten der Kieler Woche an, die »im Interesse des Volksganzen in Zukunft mehr zu einer Veranstaltung des ganzen Volkes« werden 1954 bot Kiel wieder das größte Segler- sollte und sie wurde zur »Reichssache« treffen der Welt. Die Segel- und Kultur- erklärt. Reichssportführer Hans von Tscham- woche wurde auch wieder ein Forum für mer und Osten übernahm 1934 die Orga- die Diplomatie. Bonner Prominenz traf nisation. »Mit eisernem Besen« wollte er sich am Rande der Kieler Woche mit aus-

162 Hell Verein / www.hell-kiel.de ländischen Politikern. Besonders die Be- eine Chromagraph-Anlage aus Kiel. Der ziehungen zu den skandinavischen Nach- Heilige Vater wünschte ausdrücklich bei barn wurden reaktiviert. In den 1970er bis der Einweihung des Studios den Mann 1990er Jahren setzte die Kieler Woche kennen zu lernen, der diese bewunderns- wesentliche Akzente für eine Annäherung werte Technik hervorgebracht hat. Mit Dr. an die Staaten des Ostblocks. 1957 – die Hell waren auch Prof. Dr. Heinz Gumin, Kieler Woche feierte ihr 75jähriges Beste- der Vorsitzende des Aufsichtsrates und hen – kamen 300 Yachten mit 800 Seglern Ernst-Erich Marhencke, der Vorsitzende der

aus 13 Nationen. Dazu hatte die junge Geschäftsführung der Dr.-Ing. Rudolf Hell Es war der Wunsch von Bundesmarine Flottenbesuche aus USA, GmbH zur Papst-Audienz nach Rom ge- Papst Johannis Paul II, 1984 anlässlich der Großbritannien und Frankreich. kommen. Eröffnung des Scanner- Mit den olympischen Spielen 1972 – die Studios und in der Segelwettbewerbe fanden in Kiel statt – Die zahlreichen Ehrungen Vatikanischen Bibliothek kam die Großseglerparade hinzu; nach für Dr. Hell Ernst-Erich Marhencke dem Vorbild der Spiellinie des Münchner Dr. Hell wurden im Verlauf seines langen (Geschäftsführer der Dr.-Ing. Rudolf Hell Olympiageländes gibt es seit 1974 die Berufslebens viele Ehrungen zuteil, ob- GmbH), den großen »Spiellinie an der Kiellinie«. 1982 erlebte wohl er einmal sagte, dass ihm eine gute Erfinder Dr. Hell und die Kieler Woche anlässlich ihres 100- Freundschaft lieber sei als eine Ehrung. den Aufsichtsratsvorsit- jährigen Jubiläums einen glanzvollen Hö- Schon 1962 ehrte ihn die Photographische zenden der Firma, hepunkt. Inzwischen melden sich jedes Gesellschaft in Wien mit einer Goldme- Dr. Heinz Gumin persönlich zu begrüßen Jahr bis zu 4000 Segler mit 1600 Jollen und daille. 1967 verlieh ihm der Bundespräsi- (von links nach rechts) Yachten zu den Wettbewerben an. dent das Große Verdienstkreuz zum Ver- Eine Windjammer-Parade gibt es jetzt dienstorden der Bundesrepublik Deutsch- Links: links vom Papst jedes Jahr. Die Kieler Woche findet immer land. Erzbischof Alfons in der letzten Juni-Woche statt, wobei das 1968 wurde ihm der Ullstein-Ring für Stickler, Präfekt der Vatikanischen Biblio- Abschlussfest auf den letzten Sonntag im besondere Leistungen um die grafische thek, rechts Senator Juni fallen muss. Technik zugesprochen, im gleichen Jahr Hans Weitpert Mehr als die Staatsoberhäupter, denen der mit 10000 DM dotierte Kulturpreis der Dr. Hell bei den alljährlich stattfindenden Stadt Kiel und 1969 die Segnatura AIGEC Kieler Wochen begegnete, wird ihm, dem der Union Italienne des Exports et Conseil- Bayern und Katholiken, die Begegnung mit eures Graphiques. Papst Johannes Paul II. in Rom bedeutet Um die Bedeutung des Ullstein-Rings haben. Diese fand im Frühjahr 1984 statt, herauszustellen und zu würdigen, sei als im Vatikan auf Initiative von Senator nachfolgend wiedergegeben, was der Groß- Hans Weitpert vom Belser Verlag in Stutt- neffe Rudolf Ullsteins mit Namen Bartho- gart ein Reproduktionsstudio eingerichtet lomew Ullstein darüber in der Jubiläums- wurde, um kostbare Bücher aus dem schrift »Presse-und Verlagsgeschichte im riesigen Schatz der Vatikan-Bibliothek als Zeichen der Eule« im Jahre 2002 zum 125- Faksimile-Ausgaben herausbringen zu kön- jährigen Jubiläum des Ullstein-Verlags nen. Kernstück der Einrichtung war dabei darüber schrieb:

163 Hell Verein / www.hell-kiel.de »Rudolf Ullsteins Interesse an techni- schen Reproduktion gewürdigt und gleich- schen Neuerungen führte zur Schaffung zeitig anerkannt, dass sein Lebenswerk des Ullstein-Rings, einer Auszeichnung des wesentlich zur Bewältigung aktueller Bundesverbandes Druck und Medien. Die- Gegenwartsprobleme beigetragen hat. Die ser Ring, der mit dem Ullstein-Preis für akademische Feier, an der Rektor, Dekane hervorragende Dienstleistungen und Ent- und Professoren der Technischen Univer- wicklungen in der Druckbranche verliehen sität sowie geladene Gäste, ihnen voran wird, verkörpert viel von der Wesensart Dr.␣ Peter von Siemens, teilnahmen, be- Rudolfs und verbindet seinen Namen gann mit einer sehr humorvollen Rede von Prof. Dr.␣ Kessler, des Dekans der Fakultät Dr. Hell bei der für Maschinenwesen und Elektrotechnik Verleihung der und Inhaber des Lehrstuhls für elektrische Ehrendoktorwürde durch die Technische Antriebe. Universität München Die Laudatio, die eigentliche Festrede zu Ehren Dr. Hells, leitete Prof. Dr. Meinke mit einem persönlichen Erlebnis ein, das ihn indirekt mit Dr. Hell in Verbindung gebracht hatte: Damals, vor 40 Jahren, kurz nach dem Studium, hatte Professor Meinke bei der AEG einen Funksender zu entwi- ckeln, der mit der »Hell-Tasting« arbeiten kann. Dabei stieß er auf den von Dr. Hell entwickelten, nach ihm benannten und später weltweit bekannt gewordenen Hell- Schreiber. Die Erinnerung an diese Bege- weiterhin mit der Branche, die ihm so am benheit veranlasste Professor Meinke, die Herzen lag. Rudolf (Ullstein) wäre ein Laudatio zu halten. In seiner Rede be- begeisterter Nutzer der neuen Kommuni- schrieb er dann die weiteren Erfindungen, kationsmöglichkeiten gewesen, die sowohl die zunächst auf dem Prinzip des Hell- den traditionellen Druckbereich, neue Schreibers aufbauten, nämlich dem Zer- Verfahren und die gesamte Bandbreite der legen von Buchstaben, Ziffern und Bildern elektronischen Möglichkeiten umfassen. in Striche, und die zur Bildzerlegerröhre – Diese erweitern und verbessern die Mög- den Anfängen des Fernsehens – führten. lichkeiten zur Information und Unterhal- Dann kam das Abtasten mit der Foto- tung vieler Menschen – ein zentraler zelle, das die Faksimile- und Reproduktions- Grundsatz aus den großen Tagen Ullsteins, technik entscheidend beeinflusste und zur der bis heute Gültigkeit besitzt. Der Uhrenturm Der Ullstein-Ring ist eine Nachbildung der Technischen des Siegelrings von Firmengründer Leopold Universität München Ullstein, dem Vater von Rudolf. Dessen Original wurde dem Bundesverband Druck und Medien von seinem Enkelsohn Frede- rick Ullstein zur Verfügung gestellt. Die Träger des Rings dürfen stolz auf ihren Beitrag zur Weiterentwicklung der Druck- branche in den Bereichen Technik, Organi- sation und Management sein. Sie empfin- den bestimmt ebenso wie Rudolf die Faszination für das Allerbeste der Gegen- wart und besitzen hoffentlich auch den Glauben an das Zukünftige«. Am 9. Februar 1973 verlieh die Techni- sche Universität München Dr. Hell die Ehrendoktorwürde eines Dr.-Ing. eh. Der Senat der Technischen Universität hat mit dieser Ehrung rückblickend Dr. Hells ent- Entwicklung der Telebildgeräte, Faksimile- scheidende Leistung für die wissenschaft- geräte, Klischographen, Chromagraphen lichen und technischen Fortschritte in der und später auch zum Digiset führte. Es war Nachrichtenübertragung und in der grafi- anfangs nicht leicht, die Fachleute davon

164 Hell Verein / www.hell-kiel.de zu überzeugen, dass die neuen Techniken die kleinen und mittleren Betriebe auch in wirtschaftlicher, schneller und qualitativ Zukunft eine Lebensfähigkeit und Berech- besser sein werden. Aber nicht nur die rein tigung gegeben. technisch-wissenschaftlichen Erfindungen Am 25. Juni 1977 wurde er als erster Dr. Hells sind zu würdigen, hob Professor Techniker in den erlauchten Kreis der Meinke hervor, seine unternehmerische Gutenberg-Preis-Träger aufgenommen. Die Leistung ist ebenso bedeutend, denn es war Laudatio auf ihn hielt der ihm unmittelbar für Dr. Hell selbstverständlich, dass wis- vorausgegangene Gutenberg-Preisträger senschaftliche Ergebnisse erst durch eine praktische Nutzung einen wirtschaftlichen Erfolg und damit weitere Entwicklungen ermögli- chen. Bei den meisten Wissen- schaftlern lasse die Kreativität mit zunehmendem Alter nach. Dr. Hell jedoch »hört überhaupt nicht auf, zu erfinden«, und damit kenn- zeichnete Professor Meinke den Geehrten wohl am treffendsten. Der Dekan der Fakultät für Maschinenwesen und Elektotechnik überreichte dann Dr. Hell die Urkunde über die Ehrenpromotion der Technischen Universität Mün- chen. Dr. Hell sagte in seiner Dankrede, er freue sich besonders darüber, dass ihm die Würde eines Dr.-Ing. eh. von der Universität ver- liehen worden sei, an der er vor 50 Jahren und international bekannte Schriftschöpfer, Oberbürgermeister studierte und an deren Telegraphischen Typograph, Kalligraph und Buchgestalter, der Stadt Mainz Institut er bei Prof. Dr. Dieckmann seine Prof. Hermann Zapf. Jockel Fuchs überreicht Dr. Hell Doktorarbeit über Funkpeilung geschrie- Bei seiner Dankesrede für den Guten- am 25. Juni 1977 ben habe. Und weiter erklärte er: »Ich berg-Preis gab Dr. Hell einen interessanten den Gutenberg-Preis werde wiederholt als Erfinder bezeichnet. Einblick in sein Denken, die Zukunft des Ich glaube, es ist die normale Aufgabe eines Druckens betreffend. Er sagte wörtlich zu jeden im Forschungs- und Entwicklungs- diesem Thema: bereich tätigen Ingenieurs, neue Aufgaben- »Bevor ich über die heutige, von der stellungen und Lösungen zu finden, die Elektronik zunehmend beherrschten Druck- dann zu Patenten führen können. Diese technik berichte, möchte ich kurz zweiein- Patente sollten aber kein Monopol für die halb Jahrhunderte zurückblicken und an Anwender sein«. einen großen Denker, ein Universalgenie, Wesentliche Voraussetzungen für den erinnern, der wie Gutenberg mit Mainz Erfolg eines Unternehmens seien: unent- Verbindung hatte: ich meine den Doktor wegte Arbeit, Fleiß, fachtechnische Weiter- der juristischen Wissenschaften Gottfried bildung, Freude und Besessenheit am Wilhelm Leibniz, der alle damaligen Ge- Fachgebiet. »Die Arbeit muss zum Hobby biete des Wissens übersah und beherrsch- werden«, sagte Dr. Hell – und er erhob te, so auch die Mathematik. damit eine Forderung, mit der er sich selbst Leibniz erdachte die binäre Arithmetik, exzellent charakterisierte. Aus seiner Erfah- wir würden heute sagen das duale Rech- rung als Unternehmer hält es Dr. Hell für nen, ein System, das nur mit dem Begriff 0 notwendig, dass sich kleinere und mittlere und 1 arbeitet, wobei diese Begriffe für den Firmen auf enge, noch unerschlossene zu- tiefreligiösen Leibniz eine theologische kunftsreiche Fachgebiete spezialisieren und Bedeutung hatten: Die 0 war das Nichts dabei alle verfügbaren Mittel für eine sehr und die 1 das Sein, die beiden Gegensätze, gezielte Forschung und Entwicklung ein- aus denen die Welt nach der Philosophie setzen. Bei sorgsamer Abgrenzung des von damals bestand. Eben dieses binäre eigenen Arbeitsgebietes gegen größere Rechensystem ist die␣ Grundlage der heuti- Unternehmen sei trotz der zunehmenden gen elektronischen Rechner, die unsere Tendenz zum Firmenzusammenschluss für technische Welt revolutionieren.

165 Hell Verein / www.hell-kiel.de Ein System, das tausende und abertau- Natürlich besteht auch die Möglichkeit, sende Leute beschäftigt und fasziniert, das Bilder in einzelne Bildpunkte zu zerlegen, heute bereits im Haushalt als Taschenrech- in den Speicher einzugeben und wieder ab- ner verwendet wird und gleichzeitig als zurufen. Mehrfarbige Bilder werden zuerst Computer die Arbeit großer Organisatio- elektronisch in ihre Farbkomponenten zer- nen automatisiert. Ein Rechensystem, das legt, dabei auch korrigiert und dann ge- auch unsere Druckindustrie völlig neu speichert. Die Auflösung von Schrift und orientiert hat. Bild in Punkte und deren Speicherung sind die wesentliche Grundlage für die Anwen- Gottfried Wilhelm Leibniz dung der Computertechnik in der Druck- (1646-1716) entwickelte industrie... das Binäre System, Betrachten wir die Entwicklung unserer ohne das heute Druckmaschinen. Sie wurden im letzten kein Computer Jahrzehnt nicht grundsätzlich verändert, es arbeiten könnte wurden lediglich elektrotechnische und elektronische Kontrollfunktionen eingeführt, die Betriebssicherheit und Druckgeschwin- digkeit wurden erhöht. Die Druckwerke arbeiten aber immer noch in herkömm- licher Art mit einer Druckform. Dies ist der Stand von heute, was wird die Zukunft bringen? Aus der Technik der Kopiergeräte erwächst dem Drucker eine Für Gutenberg waren die Grundelemente Konkurrenz. Bei neuen elektrografischen des geschriebenen Wortes die Schriftzei- Geräten wird eine statisch aufgeladene chen. Er formte diese Schriftzeichen mit Druckform vor jedem Abdruck erneut großer technischer und künstlerischer Be- durch einen Laserstrahl entladen, der, gabung und fügte sie wieder zu Worten unmittelbar aus dem Computer gesteuert, zusammen. die Aufnahme der Farbe vorbereitet, das Wir heute verstehen den Druck als eine heißt, die Druckform wird nach jedem Vielzahl von Punkten, die, als Grundele- Abdruck erneut bearbeitet. mente aneinandergereiht, den Eindruck Ein anderes Verfahren arbeitet ohne von Schriftzeichen, Worten und Bildern Druckform. Eine große Zahl von Farb- geben, wobei die Punkte als solche nicht düsen, vom Computer gesteuert, spritzt die mehr zu erkennen sind. Es lag nahe, die Druckfarbe unmittelbar auf den zu bedru- Gesetzmäßigkeiten der Lage der gewählten ckenden Stoff. Grundelemente der Schriftzeichen zu er- Alle Geräte dieser Art sind Druckmaschi- fassen und die Positionierung eben jener nen, denen jedoch noch qualitative Män- Einzelpunkte einem elektronischen Spei- gel anhaften und deren Arbeitsgeschwin- cher einzugeben. digkeit nicht hinreicht. Die Verbesserung Noch vor wenigen Jahren schien dieser dieser und auch anderer neuer Verfahren Gedanke utopisch, die dafür notwendigen ist denkbar, und ich bin überzeugt, dass Speicher hätten zuviel Raum beansprucht diese in nächster Zukunft realisiert werden. und wären viel zu teuer gewesen. Doch die Die Aufgabenstellung für eine Druckma- Elektronik hat auch dieses Problem gelöst. schine der Zukunft ist klar: Von der elek- Für die Speicherung einer Zeitungsseite ist tronisch gespeicherten Druckvorlage ist heute ein Speicher von der Größe einer ohne jeden Zwischenprozess und ohne Schallplatte (1977) und morgen nur noch Herstellung einer Druckform Druckfarbe einer großen Münze erforderlich. auf dem bedruckenden Stoff kenntlich zu Das Schriftzeichenbild selbst kann je- machen. doch nicht vom Computer geformt wer- Damit geht die Ära Gutenberg zu Ende – den, hier hat ein Schriftbildner einzugrei- begreift man sie als Zeitalter des Druck- fen, der die Schriftzeichen entwirft. Dem handwerks, – und wir stehen erst am Elektroniker verbleibt lediglich, die künst- Anfang einer industrialisierten elektroni- lerisch gestaltete Schriftform mit Hilfe eines schen Drucktechnik. Computer und Halb- Gerätes zu analysieren und elektronisch zu leiter-Elektronenstrahlen und Laserstrahlen speichern, wobei jederzeit abgerufen, auf bestimmen künftig das Aussehen eines einem Bildschirm gezeigt oder unmittelbar Druckgerätes; die Drucktechnik wandelt ausgedruckt werden kann. sich zur Informationstechnik...

166 Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Industrie hat dem Handwerk und Rantzau-Baus im Kieler Schloss statt. Das Gewerbe den Rang abgelaufen. Technik Datum der Preisverleihung wird jeweils und Wissenschaft haben der Entwicklung auf den Geburtstag von Werner von Sie- aller Hilfsmittel, deren sich der Mensch mens ausgerichtet. Seine Laudatio schloss bedient, neue Maßstäbe gesetzt. Als Guten- Professor Kind: »Wer nicht den Rückschritt berg vor 500 Jahren den Buchdruck erfand, will, muss dem Fortschritt eine Gasse schla- legte er den Anfang für diesen Weg, denn gen, damit Forscher wie Sie, Herr Dr. Hell, ohne das gedruckte Wort wäre die Verbrei- ihren Weg für uns alle gehen können«. tung der Wissenschaften nicht möglich gewesen. Auch ein Mann wie Leibniz wäre ohne Bücher nicht zu dem umfassenden Wissen gekommen, und seine Ideen hätten nicht gleichermaßen wirksam werden können. Wir haben daher gerade heute allen Grund, des Mainzer Patriziersohnes Guten- berg zu gedenken und ihm für seine geniale Erfindung zu danken. Seine kulturelle Lei- stung in das Zeitalter der modernen Tech- nik umzusetzen, ist uns heute aufgegeben. Wir stehen noch am Anfang dieses Weges«. Wie recht Dr. Hell bei seiner im Jahre 1977 gegebenen Prognose und seinem Aufruf, in dieser Richtung konsequent weiterzuarbeiten, hatte. Zu Beginn des 21.␣ Jahrhunderts wurden in seinem Werk Suchsdorf die von ihm prognostizierten Digitaldruckmaschinen von der Heidel- Die Glückwunschadresse seines unmit- Überreichung des berger Druckmaschinen AG hergestellt. Sie telbaren Vorgängers bei der Verleihung des Siemens-Ring durch Professor hießen Digimaster und Nexpress und Werner-von-Siemens-Rings, Prof. Dr.-Ing. Dr. Dieter Kind, dem könnten auch Hellpress heißen. eh. Walter Bruch, wurde bereits früher er- Vorsitzenden des Dr. Hell sprach 1977 von einer Speicher- wähnt. Der erste Ringträger 1916 war Carl Stiftungsrates größe einer Schallplatte für eine Zeitungs- seite und erwartete in Zukunft eine Redu- zierung auf die Größe einer Münze. Selbst er ahnte noch nicht, dass später eine ganze Zeitung auf wenigen Quadratmillimetern gespeichert werden konnte. Die Verleihung des Werner-von- Siemens-Rings als Krönung Eine der größten Ehrungen wurde Dr. Hell am 13. Dezember 1979 zuteil, die Verleihung des Werner-von-Siemens-Rings, der Ehrenring für Verdienste um die Natur- wissenschaft und Technik. Der Siemens- Ring ist ein Goldring mit stilisierter Nach- bildung der Blätter und Früchte des Lor- beers, mit Smaragden und Rubinen be- setzt. Gastgeber und Veranstalter war der Stiftungsrat der Stiftung Werner-von-Sie- von Linde und es folgten ihm, um einige Max Hell (rechts) mens-Ring mit seinem Vorsitzenden Pro- der bekannten Persönlichkeiten zu nen- war gekommen, um seinem jüngeren Bruder fessor Dr.-Ing. Dieter Kind. Als Gäste wa- nen, Carl Freiherr Auer von Welsbach, Carl zu der Auszeichnung ren u. a. anwesend der Bundespräsidenten Bosch, Oskar von Miller, Hugo Junkers, zu gratulieren Dr. Karl Carstens, Schirmherr der Stiftung, Hermann Röchling, Jonathan Zenneck, und der Aufsichtsratsvorsitzende der Sie- Otto Bayer, Fritz Leonhardt, Konrad Zuse, mens AG, Dr. Peter von Siemens. Die Feier Siegfried Meurer, Ludwig Bölkow, Wernher fand im Festsaal der Stiftung Pommern des von Braun und Walter Bruch.

167 Hell Verein / www.hell-kiel.de Dr. Hell antwortete auf diese Ehrung, Momenten schnell entschlossen zu sein indem er einen Einblick in sein Verständnis und ohne lange Überlegung das Richtige gab, was Unternehmer sein für ihn bedeu- zu tun, ist mir während meines ganzen tet. Er sagte dazu wörtlich: Lebens ziemlich treu geblieben. In zahl- »Lassen Sie mich erst einmal fragen: reichen Fällen hat mich diese Fähigkeit Welche Voraussetzungen soll ein Unter- vor␣ Schaden bewahrt und in schwierigen nehmer erfüllen, wie hat er sich zu Lebenslagen richtig geleitet. verhalten? Ich habe im Jahre 1942 von In der Regel war es das wissenschaftlich- meinem Freund Szepanski ein Buch be- technische Interesse, das mich einer Auf- kommen, das bis heute mein wertvollstes gabe zuführte. Indessen will ich auch die ist: die Lebenserinnerungen von Werner- mächtige Einwirkung nicht unterschätzen, von-Siemens in der Originalausgabe von welche der Erfolg und das ihm entspringen- 1892. Auf der ersten Seite steht eine de Bewusstsein, Nützliches zu schaffen Widmung für Professor Sachau, geschrie- und zugleich tausenden von fleißigen ben vom Verfasser. Sicher ahnte mein Arbeitern dadurch ihr Brot zu geben, auf Freund damals nicht, was er mir mit diesem den Menschen ausübt.« Buch geschenkt hat. Ich darf Ihnen daraus Und aus seiner eigenen Erfahrung als Erfinder und Unternehmer resümierte er Werner von Siemens, der Gründer des nach am Ende seiner Dankesrede: »Die kreative ihm benannten Arbeit des ernst zu nehmenden Erfinders Weltunternehmens im technischen Bereich erfordert eine umfassende Ausbildung und spezielle Kenntnisse in seinem Arbeitsgebiet. Der Erfinder muss mit schöpferischer Fantasie neue Methoden und Verfahren finden. Er muss seine Technik konsequent und zielbe- wusst durchdenken, die möglichen Varian- ten bei der Lösung einer speziellen Aufgabe voraussehen und mit oft langwieriger Versuchsarbeit brauchbare Geräte entwi- ckeln. Dem Unternehmer obliegt die Aufgabe der Führung des Unternehmens, das er, um ihn vom Manager zu unterscheiden, auf die Zeilen zitieren, die für mich etwas Be- eigene Rechnung und damit auf eigenes sonderes bedeuten und die Grundlage für Risiko betreibt. Er ist es, der die Erfinder jeden sind, der als selbständiger Erfinder leiten soll und ihnen die Aufgabenstellung und Unternehmer tätig sein will und die, zuweist. Der Unternehmer hat für die wirt- nachträglich gesehen␣ auch für mein Leben schaftliche Auswertung der Erfindung Sor- richtungsweisend waren. ge zu tragen. ›Wenn ich zum Schluss mein Leben über- Vereint sich die Befähigung zum Erfinder blicke‹, schrieb Werner-von-Siemens, ›und und zum Unternehmer in einer Person, so die bedingungslosen Ursachen und trei- ist auch der wirtschaftliche Erfolg gesichert. benden Kräfte aufsuche, die mich über alle Ich halte den volkswirtschaftlichen Allge- Hindernisse und Gefahren hinweg zu einer meinnutzen, der mit jedem gut geführten Lebensstellung führten, welche mir Aner- Unternehmen verbunden ist, für ein we- kennung und innere Befriedigung brachte sentliches Fundament unserer Zukunft. und mich überreichlich mit den materiellen Aber ich gehe noch weiter. Ich behaupte, Gütern des Lebens versah, so muss ich zu- dass es ohne die bahnbrechende Leistung nächst anerkennen, dass das glückliche des dynamischen Unternehmers auch in Zusammentreffen vieler Umstände dazu Zukunft keinen technischen Fortschritt und mitgewirkt hat und ich überhaupt dem kein Wirtschaftswachstum geben wird – glücklichen Zufall viel dabei zu danken und beide sind lebensnotwendig. habe‹. Der Unternehmer wird dadurch zur Erfolg und Misserfolg, Sieg und Nie- Schlüsselfigur der freien Marktwirtschaft. derlage hängen im menschlichen Leben Und nur wenn es uns gelingt, die freie vielfach von der rechtzeitigen und rich- Marktwirtschaft zu erhalten, können wir tigen Benutzung sich darbietender Gelegen- die Voraussetzung zu einer freien Kultur- heiten ab. Die Eigenschaft, in kritischen und Geistesentwicklung erfüllen. In diesem

168 Hell Verein / www.hell-kiel.de Sinne wird die unternehmerische Leistung Hell GmbH dort präsentiert, trifft aber auch immer auch eine politische sein. Damit will das Bild, – das wir von uns und unserer ich aber weder dem Unternehmer, dem Firma haben, dass wir nämlich ein Unter- Manager, noch dem Erfinder die allgemei- nehmen sind, in dem viel dafür getan wird, ne Verantwortung für die wirtschaftliche um immer bessere Technik für mehr Entwicklung aufbürden. Der zunehmende Anwender und größere Märkte produzie- Einfluss der Politik auf die Wirtschaft lässt ren und verkaufen zu können. Ein Welt- unternehmen mit einer per- sonalen Firmengeschichte, Der Hell-Betriebsrat überreicht einen Teller dessen Firmengründer durch an den Firmengründer sein persönliches Engagement Dr.-Ing Rudolf Hell. seine Mitarbeiter für den tech- von links nach rechts: nischen Fortschritt zu moti- Christian Sütel und vieren wusste. Ein Betrieb mit Wilhelm Wulf (beide Arbeitnehmervertreter einer selten geradlinigen und im Aufsichtsrat, konsequenten Entwicklung Wulf Betriebsrats- des Innovationsbereichs und vorsitzender), Dr. seiner Produkte, denkt man Jochen Mackenrodt an das heute noch gemein- (Siemens, Aufsichtrats- vorsitzender), Dr. Hell same Grundprinzip aller Hell- Geräte. Ein Unternehmen mit beachtlichen Erfolgen auf dem Weltmarkt. Die Festveranstaltung fand sich nicht vermeiden. Darum wird es im Werk I in einem Kreis von rund hundert immer eine wichtige Aufgabe des Politikers geladenen Gästen statt: Vertreter aus der sein, die Wirtschaft als die tragende Säule Landespolitik, aus Wissenschaft und Wirt- des Staates anzuerkennen und zu fördern«. schaft sowie Freunden des Hauses und Dies umreißt in vorzüglicher Weise und einige, langjährige Mitarbeiter. Aus den dazu noch aus berufenem Munde die Auf- Grußworten und Ansprachen ergab sich gaben des Erfinders und Unternehmers im Verbund mit anderen, weshalb hier auch nicht weiter kommentierend eingegriffen werden soll. In den Ehrungen fortfahrend: Am 2. Mai 1979, zum 50. Firmenjubiläum seines Unternehmens (Gründung 1929 in Berlin), verlieh die Universität Kiel Dr. Hell die Ehrenbürgerwürde. Die Werkszeitschrift »für uns alle« vom 6. Juli 1979 berichtete darüber mit der Überschrift »50 Jahre Firma Hell – ein Grund zum Feiern?«. Ganz gewiss. Es gab sogar vielfache Gründe dafür. Schon allein die Tatsache, dass die Hell-Technik in seinen 50 Jahren die ge- samte Medienlandschaft entscheidend und revolutionär verändert hat, musste gefeiert werden. Außerdem ist es eine seltene Fügung, wenn der Firmengründer, der diese Entwicklung vor 50 Jahren eingeleitet hat, an diesem Tag unter uns sein konnte. »Produkte, Menschen, Betriebsstätten erneut ein Firmenbild, das hier, wenn auch 50-Jahr-Feier der Firma, und der Geist, der darin weht«, so defi- nur in knappen Zügen wiedergegeben Dr.-Ing. Hell GmbH nierte Eberhard Friese, der Verfasser unse- werden soll, da die Mitarbeiterinnen und in der ersten Reihe von links nach rechts: rer kleinen, zum Jubiläum erschienenen Mitarbeiter diese Veranstaltung nicht miter- Prof. Dr. Heinz Gumin, Broschüre, die Elemente, aus denen sich leben konnten. Für diese war eine Parallel- Dr. Gerhard Stoltenberg, ein Firmenporträt zusammensetzt. Zwar veranstaltung im Werk organisiert worden. Frau Jutta Hell, trägt dieses Firmenporträt den individuel- »Man kann leider nicht gleichzeitig auf Dr.-Ing Rudolf Hell len Stempel des Verfassers, wie sich die zwei Hochzeiten tanzen«, so Dr. Hell.

169 Hell Verein / www.hell-kiel.de Dominierend in allen Reden war die sichtsratsvorsitzender der Hell GmbH – Würdigung Dr. Hells und seiner Erfinder- allen Mitarbeitern und der Geschäftslei- und Unternehmerpersönlichkeit. Er war tung: »Was insbesondere in den letzten der eindeutige Mittelpunkt dieser Feier- Jahren hier in Kiel entstanden ist, verdient stunde, worüber er sich auch sichtlich auch unter Berücksichtigung internationa- freute. Doch gleichzeitig und ebenso deut- ler Maßstäbe große Bewunderung. Sie lich versuchte er in seinen kurzen Beiträ- haben etwas zustande gebracht«, so fuhr er gen, die Geschäftserfolge auf die Leistun- fort, »woran wir sogar bei der Siemens AG gen seiner Mitarbeiter abzuleiten. Wohl heute partiell arbeiten, nämlich große mit recht. Dennoch werden seine Person Marktanteile in Ländern zu erringen, die und seine Leistung immer im Vordergrund international als die Länder großer elektro- stehen, wenn es darum geht, unsere Firma technischer Märkte bekannt sind«. Die zu beschreiben. Schon in den Grußworten USA, England, Japan, Frankreich nannte er des Ministerpräsidenten des Landes Schles- als Beispiele. In der Zusammenarbeit mit wig-Holstein, Dr. Gerhard Stoltenberg, Dr. Hell habe er, Gumin, gelernt, dass diese klang dieses an, als er Dr. Hell einen geni- Erfolge im Wesentlichen auf die Fähigkeit alen Mann nannte, dessen Lebensleistung der Motivation der Mitarbeiter zurückzu- und Lebensweg ein hervorragendes Bei- führen seien. spiel sei. In diesem Zusammenhang wies Profes- Höhepunkt der Festveranstaltung war sor Gumin darauf hin, dass die Zusammen- die Verleihung die Ehrenbürgerwürde der arbeit Dr. Hells mit der Siemens AG auch Kieler Universität an Dr. Hell durch Pro- schon seit 50 Jahren bestehe, und er be- fessor Kaltefleiter, den Vizepräsidenten der tonte, dass die große Siemens AG und die Universität. »Dr. Hell«, so führte Kaltefleiter kleine Hell GmbH immer gut miteinander aus, »wird als der radikale Erneuerer geehrt, gekonnt hätten. Er zitiere dieses Beispiel der Gutenberg zum alten Mann gemacht der guten Kooperation immer besonders hat«. Indem er sich ständig darum bemüh- gern, auch um gegen die falsche, leider te, neue Erkenntnisse in verständlicher sehr häufige Behauptung anzugehen, dass Form zu übermitteln, habe Dr. Hell auf dem bei solchen Verbindungen die kleineren Gebiet der zwischenmenschlichen Kom- Gesellschaften benachteiligt würden. Über munikation schon immer im Sinne der den Rückblick von Dr.-Ing. Herbert Wüste- ureigensten Aufgabe der Universität gehan- ney auf die Entwicklung des Hellschreibers delt und sich stets wie ein Universitäts- wurde bereits weiter vorn berichtet. bürger verhalten. Dr. Hell stellte während Bei diesem Jubiläum kam auch ein däni- seines Dankes in seiner Bescheidenheit scher Geschäftsfreund zu Wort, der ein richtig, dass Gutenbergs Verdienste Ewig- wunderbares Gleichnis für die ausbre- keitswert haben, auch wenn sie durch die chende Erfindungsgabe von Dr. Hell vor- Technik überholt wurden. brachte. Er sagte: »Ein französischer Insek- Auch Professor Gumin, der stellvertre- tenforscher mit Namen Fabre hat einmal tende Aufsichtsratsvorsitzende der Hell sehr packend ein Experiment beschrieben, GmbH, der als Vorstandsmitglied der Sie- das er mit kleinen Raupen gemacht hat. mens AG deren Glückwünsche überbrach- Diese Raupen haben die Eigenart, Prozessi- te, stellte Dr. Hells hohe Verdienste heraus. onen zu bilden, indem jeder seine zwei Er habe ihn, wie er sagte, »eines gelehrt, vordersten Gangwarzen auf den Hinter- nämlich weniger die Technologie im Vor- körper des vorhergehenden legte. Sie bil- dergrund zu sehen« als vielmehr die Frage; deten so eine Prozession, weshalb sie Pro- »Was haben die Anwender für Probleme zessionsraupen genannt werden. Vorne und wie kann man diese lösen?«. Technolo- geht einer wie alle anderen, der allerdings gie nie als Selbstzweck zu sehen, dieses keinen Vordermann hat, auf den er seine wünsche er, sollte auch bei der Siemens AG Gangwarzen aufsetzen kann. Sein Instinkt ein Dauerthema bleiben. sagt ihm jedoch, dass er trotzdem weiter- Die andere, ebenso wichtige Vorausset- laufen muss, und ihm obliegt es nun, den zung zum Erfolg sei Dr. Hells Fähigkeit Weg zu finden. »motivierte Mitarbeiter in seiner Umge- Es sind Nachttiere, diese Raupen, und bung zu finden«, denn, so erläuterte abends gehen sie an einen Baum hoch, um Gumin weiter, »ein Mensch, der etwas dessen Blätter zu fressen. Da verbringen sie bewegen will, braucht Mitarbeiter«. Bei die ganze Nacht, und am Morgen finden sie dieser Gelegenheit dankte er – und dieses wieder zusammen. Jeder hat nämlich hin- nun vor allem als stellvertretender Auf- ter sich einen kleinen Faden gesponnen,

170 Hell Verein / www.hell-kiel.de Stern der Bundesrepublik Deutschland, 1980 erhielt Dr. Hell also die höchste Auszeichnung, die dieses das Große Land an seine Bürger zu vergeben hat, Bundesverdienstkreuz mit Stern nachdem ihm schon 1967 das Verdienst- kreuz zum Verdienstorden zuerkannt wor- den war. In der Laudatio zur Ordensver- leihung wurden die Verdienste Dr. Hells um die Ausbildung herausgestellt, wenn da gesagt wurde: »Sie haben sich intensiv für die Ausbildung junger Menschen einge- setzt und hier in Ihrem Betrieb eine Ausbildungsstätte geschaffen, die vorbild- lich auf diesem Gebiet ist. Darüber hinaus haben Sie technisch-wissenschaftliche Vor- haben großzügig und in uneigennütziger Weise unterstützt und sind tätiges Mitglied in einer Reihe von nationalen und interna- tionalen Organisationen und Verbänden. Ihre Tätigkeit und Ihre Leistungen haben sich in hohem Maße direkt und indirekt zum Wohle der Allgemeinheit ausgewirkt. Sie haben sich durch Ihre berufliche und insbesondere auch durch ihre außerbe- rufliche, unermüdliche Tätigkeit in Wissen- schaft und Technik und im öffentlichen und über diesen Faden kommen sie an die Leben hohe Verdienste und bleibende gleiche Stelle, bilden eine Prozession und Achtung erworben. Ihre Erfindungen ha- wandern weiter. ben die Entwicklung der grafischen Indus- Nun machte Fabre das folgende Experi- trie in der ganzen Welt nachhaltig beein- ment: Er beschaffte sich einen Topf mit Erde flusst und die wesentlichen Grundlagen für und pflante in die Mitte einen kleinen Baum die Rationalisierung, für die Automatisie- von der Sorte, von der die Raupen gern rung und für eine Leistungssteigerung in fressen. Die Prozession der Raupen lenkte diesem Gewerbezweig geschaffen. Die Fabre in den Topf, ließ sie im Kreis um den Hell-Geräte sind ein Beitrag zur Erhöhung Baum herum marschieren und verband des deutschen Ansehens in der Welt«. den Schlussmann des Zirkels mit dem Vor- dermann. Die Prozession wanderte so Dr. Hell bei der Verleihung ständig im Kreis um den Baum herum und der FDI-Medaille ein jeder glaubt, dass vorne derjenige ist, der sie lenkt. Sie wanderten und wanderten ringsherum, und die Nacht verging ohne dass sie sich dem Baum genähert hatten. Am Morgen sind sie alle fürchterlich hun- grig. Jeder ist im Glauben, der Vordermann werde schon für sie sorgen. Die Prozession wird immer langsamer und verhungert schließlich. Was denen fehlt, schloss Fabre daraus, ist eine Ausbrecher, ein Genie, das imstande gewesen wäre, neue Wege zu gehen, die keiner von ihnen sonst sich hätte vorstellen können«. Unschwer ist bei die- sem Gleichnis festzustellen, wen der däni- sche Geschäftsfreund damit charakterisie- ren wollte. Dr. Hell hatte zweifellos die Eigenschaften eines solchen Ausbrechers und Genies, das die Gefolgschaft zu neuen Danach kamen als besondere Auszeich- Pfründen führen konnte. nungen der grafischen Branche die »Robert 1980 überreichte der Bundespräsident F. Reed Technology Medal« der Society of Dr. Hell das Große Verdienstkreuz mit Fellows der nordamerikanischen grafischen

171 Hell Verein / www.hell-kiel.de Forschungsvereinigung GATF (Graphic Arts weiten, von der Stadtautobahn wird mit Technical Foundation) und 1981 die FDI- großen Tafeln auf die Dr.-Hell-Straße hin- Medaille der Führungskräfte der Druck- gewiesen. Postum hat sogar der Stadtrat industrie in Deutschland, die ihm auf dem von Heidelberg beschlossen, im neuen In- Drucker-Kongress’81 verliehen wurde. dustriegebiet an der Rohrbacher Straße eine Während die Preisträger der Reed-Medail- Dr.-Hell-Straße einzurichten. So wird hof- le bis dahin vornehmlich Chemiker waren, fentlich sein Name über die Vergänglich- die sich besonders bei der Weiterentwick- keit von Firmennamen hinweg für alle Zei- lung des Offsetdruckverfahrens verdient ten erhalten bleiben. gemacht hatten, wurde mit Dr. Hell erst- Eine kleine Begebenheit, die sich an- mals ein Elektroniker geehrt. lässlich dieser Straßeneinweihung abspiel-

Im November 1981 wurde Dr. Hell Ehrenbürger seiner neuen Heimatstadt Kiel. Dr. Hell spricht vor der Ratsversammlung

Bild rechts: Mitte März 2001 wurde die Straße zum ehemaligen Werk III in Dr.-Hell-Straße um- benannt. Dabei waren (von links nach rechts): Wolfgang Pfizenmaier, Heidelberger Druckmaschinen AG, Dr. Hell, kurz vor seinem 100. Geburtstag, Oberbürgermeister Norbert Gansel

In seiner Laudatio gab Dr. Albert R. te, soll nicht vorenthalten werden, zeigt sie Materazzi, ebenfalls Medaillenträger, zu, doch, wie »helle« Dr. Hell so kurz vor dass vielen amerikanischen Druckern die seinem 100. Geburtstag noch gewesen ist: Elektronik immer noch recht sonderbar Dipl.-Ing Wolfgang Pfizenmaier, Vorstands- (curious) erscheine. Trotzdem haben die mitglied der Heidelberger Druckmaschi- Elektronik und die Arbeiten Dr. Hells die nen AG, zeigte an diesem Tag Dr. Hell die Druck-Vorstufen im letzten Jahrzehnt in Fertigung der Helio-Klischographen, wor- USA außerordentlich vorangebracht, wes- auf ihn Dr. Hell fragte: »Warum zeigen Sie halb Dr. Hell in USA einen großen Ruf mir das?« Er darauf: »Weil Sie das alles genieße. Dies komme letzten Endes auch erfunden haben«. Dr. Hell: »Verkaufen Sie im starken Anwachsen der Hell-Niederlas- denn noch viele davon?« Seine Antwort: sung HCM zum Ausdruck. Die Preis- »Ja, sehr viele«. Worauf Dr. Hell ihn mit verleihung fand im historischen Rahmen der Antwort verblüffte: »Und was habe ich des für die USA geschichtsträchtigen Ortes davon?« Williamsburg statt. Am 19. November 1981 erhielt Dr. Hell Der Jahrhundert-Ingenieur die Ehrenbürgerrechte der schleswig- wird 100! holsteinischen Landeshauptstadt Kiel zu- Am 30. November 1987 wurde Dr. Hell gesprochen und Mitte 2001 benannte, wie in die Erfindergalerie des Deutschen Pa- vordem schon sein Geburtsort, auch die tentamtes in München aufgenommen. Bei Stadt Kiel eine Straße nach seinem Na- ihrer Eröffnung am 13. September 1984 men, nämlich die, die zu seinem ehemali- sagte Ministerpräsident Franz-Josef Strauß: gen Werk in Suchsdorf führt. Schon von »Es ist eine gute Idee, deutsche Pioniere

172 Hell Verein / www.hell-kiel.de der Technik an dem Ort, wo ihre Leistung seinen 100. Geburtstag feiern konnte.␣ Auch zur geschützten Erfindung wurde, eine der Erste Bürgermeister seines Geburts- Galerie zu widmen... Erfinder und Erfin- ortes, der Gemeinde Schierling-Eggmühl, dungen gehören zusammen. Einem Volk, Otto Gascher, sowie das für das Werk Kiel das wie kein anderes auf den Rohstoff Geist zuständige Vorstandsmitglied der Heidel- angewiesen ist, das von der Erfindung lebt berger Druckmaschinen AG, Wolfgang und auf Innovationen setzt, steht es gut an, Pfizenmaier waren mit Grußbotschaften auch die Persönlichkeit des Erfinders ge- gekommen. Die Laudatio hielt der Mitau- bührend zu würdigen, damit sich vor al- tor dieser Biografie. Ehemalige Mitarbeiter lem die Jugend ein Bild machen und ein bauten auf einem alten Feuerschiff vor Kiel Vorbild nehmen kann«. eine Funkstation zu Dr. Hells Ehren auf – Wer in die Erfindergalerie aufgenom- ganz in der alten Tradi- men werden soll, wird von der Versamm- tion der Wetterkarten- lung der technischen Mitglieder des Deut- Dienste zu Beginn sei- schen Patentamtes vorgeschlagen, die un- ner beruflichen Karrie- ter Vorsitz seines Präsidenten beraten, der re. Ein Funkfeuerwerk selbst keine Stimme hat. Es werden aus- zu seinem Geburtstag schließlich lebende Erfinder geehrt, »die und ein liebevolles Zei- unsere Zeit gestalten und wesentliche Ge- chen der Verbunden- biete moderner Technik geprägt haben«, heit mit seinen Mitar- wie es in der Präambel zu der Ehrung beitern. heißt. Leider starb Dr. Hell Außer Dr. Hell wurden 1987 in diese nur knapp drei Monate Galerie aufgenommen: Béla Barényi (Kraft- nach diesem Fest, am fahrzeugtechnik), Oskar Erich Peter (Spann- 11. März 2002, als habe elemente) und Nobelpreisträger Ernst Ruska er nur noch diesen Tag (Elektronenmikroskop). Ihre Portraits ge- erleben wollen. Auf staltete der Maler Jakob Forthuber. Schon dem Eichhof-Friedhof in Kiel, in der Nähe Boris Fuchs hält zuvor waren Ludwig Bölkow (Luft- und der Friedhofskapelle (8c-170) fand er seine zur Feier des 100. Geburtstages Raumfahrt), Walter Bruch (PAL-Farbfernseh- letzte Ruhestätte. Den Grabstein schmückt von Dr. Hell System), Artur Fischer (Befestigungstech- ein Segelschiff, dem ein Putto Wind in die im Kieler Rathaus nologie), Hermann Oberth (Raumfahrt), Segel bläst und das ein anderer an einer die Laudatio Hans Sauer (Relaistechnik), Felix Wankel Treidelleine zieht. (Kreiskolbenmotor) und Konrad Zuse (Com- Das vorliegende Buch, die Biografie puter) in die Erfindergalerie aufgenommen seines Lebens, möge die Erinnerung an worden. diesen außergewöhnlichen Menschen, der Beim Festakt zur Enthüllung der Gemäl- die Eigenschaften eines genialen Erfinders, Dr. Hell bei seiner de der vier Geehrten sagte der Präsident eines erfolgreichen Unternehmers sowie 100-Jahr-Feier mit des Deutschen Patentamtes, Dr. Erich eines verständnisvollen Vorgesetzten sei- Stadtpräsidenten ner Mitarbeiter in idealer Weise in sich Cathy Kietzer Häußler: »Die Erfindergalerie soll den und seinem ersten Dank des Deutschen Patentamtes an alle vereinigte, für die Nachwelt und alle Zeit Kieler Mitarbeiter deutschen Erfinder für ihre bisher erbrach- erhalten. Christian Sütel ten hervorragenden Leistungen zum Ausdruck bringen und An- sporn für künftige Leistungen sein, die unverzichtbar sind, wenn die vielfältigen Probleme der Zukunft gelöst werden sol- len«. Die größte Ehre wurde Dr. Hell jedoch vom Allerhöchsten zuteil, indem er am 19. Dezem- ber 2001 im historischen Kieler Rathaus noch mit Freunden, vielen ehemaligen Mitarbeitern und den Honoratioren der Stadt, wie der Stadtpräsidentin, Cathy Kietzer, und des Kieler Ober- bürgermeisters, Norbert Gansel,

173 Hell Verein / www.hell-kiel.de Epilog

Wenn es heute keine Dr.-Ing. Rudolf Hersteller der großen Bildbearbeitungs- Hell GmbH mehr gibt, wie auch der Name systeme waren jedoch verheerend. Crosfield Electronics Ltd. und viele weite- Kosteten diese Systeme ehemals Millio- re, einst blühende Unternehmen der Druck- nen DM pro Anlage, so waren fast gleich vorstufen-Branche verschwunden sind, so leistungsfähige Alternativen plötzlich zu liegt dies wohl im Wesentlichen in der weniger als einem Zehntel dieses Preises Urgewalt einer technischen Revolution auf dem Markt zu haben. Hardware und begründet, die in den späten 1980er und Software konnten zunehmend »from the frühen 1990er Jahren den ganzen Vor- shelf«, d. h. über den Ladentisch, bzw. aus stufenbereich ergriffen hat. John Seybold, dem Regal heraus, gekauft werden. Zwar bzw. sein Sohn Jonathan und dessen Team stellten sich Unternehmen wie die Lino- von Marktbeobachtern schuf dafür den type-Hell AG mit ihren Produkten darauf Begriff der »Fourth Wave«, der vierten ein, doch durch die allgemeine Verfüg- Welle, die über die Vorstufentechnik her- barkeit von Software-Programmen und der eingebrochen ist. (Die erste Welle betrifft zunehmende Konkurrenzkampf unter den nach dieser Definition die Einführung der PC-Herstellern mit sogenannten »clones« Bleisetzmaschinen, die zweite den Wech- (Nachahm-Produkten), gab es keinen Spiel- sel auf Fotosatz und die dritte die Integrati- raum mehr für Neuentwicklungen auf on von Text und Bild in proprietären diesem Gebiet und es hätte zwangsläufig Systemen, das sind Systeme, die speziell zum Aus für das Unternehmen führen für die Druckindustrie geschaffen wurden). müssen, wenn es nicht zur Übernahme Die vierte Welle war eigentlich ein durch die Heidelberger Druckmaschinen logischer Schritt, nachdem die Computer AG gekommen wäre. der Bürokommunikation, die PCs und Diesem Teufelszyklus der technischen Apple-Macintoshs, immer leistungsfähiger Entwicklung hätte man nur entfliehen geworden waren, sodass sie Aufgaben der können, wenn rechtzeitig ganz neue Pro- proprietären Systeme, die auf der mittleren dukte ins Fertigungsprogramm gekommen Datenverarbeitung, auf ehemaligen Pro- wären oder wenn man sich direkt an dieser zessrechnern aufgebaut hatten, überneh- vierten Welle beteiligt hätte. Die Grund- men konnten. Der Vorteil war neben dem lagen dafür waren vorhanden: PC, Flach- vorteilhaften Preis die Anbindung an die bettscanner, Software zur Text- und Bild- allgemeine technische Entwicklung in der gestaltung und vieles mehr. Es hätte des Massenfertigung von Computern, ohne Mutes bedurft, seine bisherigen Produkte immer wieder kostspielige Adaptionen selbst gegen eigene Konkurrenz zu bieten. durchführen zu müssen, die der techni- Ein Schritt, der unterblieb, weil große Um- schen Entwicklung nur hinterher hinken strukturierung der Firma in sehr kurzer Zeit konnten. Die Software, sowohl die der notwendig gewesen wäre. Dieser Schritt Farbkorrektur (PhotoShop u.a.), als auch hätte längst gemacht werden müssen, um die der Grafik- und Fontbeschreibungen die vierte Welle selbst auszulösen. (TrueType u.a.) war weitgehend Allge- Man kann darüber spekulieren, ob nicht meingut geworden, sodass auch von dieser Dr. Hell, wäre er noch in dieser Phase im Seite kein Hindernis bestand, die großen Unternehmen aktiv gewesen, diesen Schritt Bildbearbeitungssysteme durch PC/Mac- gegangen wäre. Vieles spricht dafür, wenn Netzwerke zu ersetzen. Die Bürokommu- man die Innovationsfreude, die er bei so nikation hatte zudem kleine preiswerte vielen und unterschiedlichen Produkten Flachbett-Scanner und Dia-Abtaster entwi- zutage brachte in dieser Geschichte seines ckelt, die für viele Anwendungen in der Erfinderlebens zurückverfolgt. Es muss bit- grafischen Technik, besonders bei Zei- ter für ihn gewesen sein, dass er zwar ein tungen, genügten. hohes Lebensalter erreichte, die körper- Die wirtschaftlichen Auswirkungen die- lichen Kräfte jedoch zunehmend nachlie- ser vierten Welle auf die angestammten ßen, die ein solches Tun erfordert hätten.

174 Hell Verein / www.hell-kiel.de Die Heidelberger Druckmaschinen AG der drupa2004 in Düsseldorf untermauert stellte nach der Übernahme des Unterneh- die Zuversicht, dass dieses Erbe nicht nur mens und einer Phase der Bereinigung des im Namen, sondern auch im Produkt, einer Fertigungsprogramms für den Vorstufen- gesicherten Zukunft entgegensehen kann. bereich nur noch kleinere Scanner und Über den erklärbaren Niedergang der Belichter, sowie spezielle Ausführungen Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH und der Lino- für die Anwendung »Computer-to-Plate type-Hell AG, den Spekulationen über (CtP)« her. In der Software-Entwicklung dessen Vermeidbarkeit und der Hoffnung konzentrierte man sich auf Workflow- der wenigstens teilweisen Weiterführung Lösungen für den gesamten Druckprozess in Form der Hell Gravure Systems GmbH einschließlich der vor- und nachgelagerten hinaus stellt die in diesem Buch erzählte Fertigungsprozesse. Die übrigen Produkte, Firmengschichte ein leuchtendes Beispiel außer der Linotype Library (Schriften- für die Erklärung dar, dass erfolgreiche entwicklung), wurden eingestellt oder an Firmengründungen nicht nur in der Grün- kleinere Firmen verkauft, so auch das derzeit, sondern auch im 20. Jahrhundert Linotype-Geschäft mit Zeitungs-Satzsyste- im␣ Schatten von Großkonzernen möglich men und das ursprüngliche Hell-Geschäft waren und immer möglich sein werden. mit Helio-Klischographen für den Tief- Voraussetzung dafür ist jedoch das Vor- druck. handensein eines innovativen Geistes im Das Werk in Kiel-Suchsdorf erhielt mit Unternehmen unter der Führung einer Per- der Entwicklung und Fertigung von Digital- sönlichkeit, die sowohl im Management- druckmaschinen entsprechend der Vision bereich als auch bei den Produkten inno- von Dr. Hell aus dem Jahre 1977 zunächst vativ denkt und die Marktchancen für eine neue Zukunft. Wie stark jedoch Erfindungen richtig einschätzen kann. Die weiterhin jedes Unternehmen den Kon- heute so hoch gepriesene Kundennähe und junkturschwankungen ausgesetzt ist und Innovationsfreudigkeit scheint sich oft nur dabei sich auf schmerzliche Einschnitte in einem verbalen Marketing-Gehabe zu einstellen muss, erfuhr das Werk Ende erschöpfen und nicht ganzheitlich gelebt 2002, als aus Rationalisierungsgründen zu werden. und als Antwort auf den starken Konjunk- Dr.-Ing. Rudolf Hell hat all diese Fähig- tureinbruch die Digitaldruckmaschinen- keiten als Wissenschaftler, Erfinder und Montage von Kiel nach Rochester, N.Y. Unternehmer in idealer Weise in sich ver- (USA) verlagert und auch die CtP-Belichter- einigt und vorgelebt. Damit das Vorbild Fertigung aus Kiel nach Wiesloch abgezo- seines Wirkens auch zukünftigen Genera- gen werden mussten. tionen als Ansporn zur Nachahmung er- Schließlich wurde im Frühjahr 2004 so- halten bleibt, wurde dieses Buch, die gar die gesamte Digitaldruck-Sparte an Biografie seines beruflichen Lebens, ge- Kodak in Rochester, N.Y. verkauft und das schrieben. Werk in Kiel bis auf eine Software-Ent- wicklungsgruppe aufgelöst. In der »Hell Gravure Systems GmbH«, die wegen der Ferne zum eigenen Pro- gramm im guten Einvernehmen mit dem Vorstand schon früher aus der Heidelberger Druckmaschinen AG ausgegliedert wurde, lebt jedoch der Name von Dr.-Ing. Rudolf Hell fort und das Werk erhielt durch die Verbindung mit dem Unternehmen Kas- par␣ Walter in München die notwendige Rückenstärkung. Der respektable Auftritt dieses Gemeinschaftsunternehmens auf

175 Hell Verein / www.hell-kiel.de Werk I im Winter 1980

176 Hell Verein / www.hell-kiel.de Abstrakts der Patente von Dr. Hell

Der große Erfinder Dr.-Ing. Rudolf Hell gen. Sie entspricht eher einem juristisch hat im Verlauf seines Berufslebens von geprägten Konstrukt, bei dem vorrangig 1927-1977, also in 50 Jahren, insgesamt ordnende Gesichtspunkte den Satzaufbau 127 Patente erteilt bekommen. Sie betref- bestimmen. Die chronologische Aufzeich- fen die Telegrafie (47), die Faksimiletechnik nung über eine Spanne von 50 Jahren, von (41), die Reproduktionstechnik (24) und die Funktechnik (15). In der nachfolgenden Auflistung werden diese chronologisch nach dem Ausgabe- datum aufgeführt, wobei jeweils der Patent- anspruch 1 als Abstrakt zur Beschreibung des Patentes dienen soll. Der Aufbau und die Formulierung für die Anmelung eines Patents unterliegt einem strengen Formalismus. Der Patentsprache entsprechend steht der eigentliche Patent- anspruch nach der Formulierung »dadurch gekennzeichnet« oder »gekennzeichnet durch«, wobei diese Formulierung den Trennungsstrich zwischen der allgemei- nen Beschreibung des Patentgegenstands und dem Patentanspruch bildet. Da der gesamte Paragraph nach der Patent-Regel

1927-1977, zeigt darüber hinaus, dass die Das Bundes-Patentamt Patentsprache im Verlauf der Jahre immer mit Sitz in München komplexer wurde. Insofern gibt die Lektüre im Jahr 2004 der Auflistung auch einen Einblick in den historischen Wandel des Patentwesens. Wiederholte Patentanmeldungen – den gleichen Gegenstand betreffend – weisen auf eine verstärkte Entwicklungsaktivität in dem jeweiligen Bereich hin. Unerwähnt bleibt in der Auflistung, wie viele der auf- geführten deutschen Patente auch im Aus- land angemeldet und erteilt wurden. Auch umfasst die Auflistung allein die persön- nur einen einzigen, grammatikalisch unun- lichen Patente von Dr. Hell und nicht die terbrochenen Satz umfassen darf, entste- seines gesamten Unternehmens. hen durch die endlos wirkende Anein- anderreihung von Eigenschaften und die oft unnatürlich klingenden Satzverbindun- gen nur schwer für den Laien verständliche Schachtelsätze. Auch die Patentsprache an sich ist schon ungewöhnlich und weit davon entfernt, literarischen Wertvorstellungen zu genü-

177 Hell Verein / www.hell-kiel.de Lichtelektrische Bildzerlegerröhre derart mit der Hilfsfrequenz verbunden ist, dass für Fernseher bei einer Abweichung des Fahrzeugs aus der (1) Deutsches Reichspatent Nr. 450 187 durch das elektromagnetische Feld gegebenen Erfinder: Dr. Max Dieckmann Senderichtung der Steuerantrieb durch die Hilfs- und Dipl.-Ing. Rudolf Hell frequenz so lange in der einen oder anderen Patentinhaber: Die Erfinder Richtung eingeschaltet wird, bis das Fahrzeug Ausgegeben am 3. Oktober 1927 wieder die durch das Bezugssystem bedingte Lage einnimmt. Patentanspruch 1: Lichtelektrische Bildzerleger- röhre für Fernseher, bei welcher auf einer lichte- Verfahren lektrischen Schicht das zu übertragende Bild ent- zur Ortsbestimmung von Fahrzeugen worfen wird, dadurch gekennzeichnet, dass das über begrenzten Flächengebieten von der lichtelektrischen Schicht ausgehende Kathodenstrahlbündel, das in seinen Querschnitts- (5) Deutsches Reichspatent Nr. 507 501 intensitäten den Helligkeitswerten der Bildfläche Erfinder: Dr. Max Dieckmann entspricht, durch zwei zueinander senkrecht an- und Dr.-Ing. Rudolf Hell geordnete elektrische oder magnetische Wechsel- Inhaber: Die Erfinder felder geeigneter Periodenzahl periodisch so ab- Ausgegeben am 4. September 1930 gelenkt wird, dass zeitlich nach und nach alle Patentanspruch 1: Verfahren zur Ortsbestimmung Querschnittsteile des Bündels die Anode treffen. von Fahrzeugen über begrenzten Flächengebieten, wie Hafeneinfahrten, Flugplätzen oder Flugstre- Verfahren zur Gleichtrittregelung cken, mit Hilfe einer Reihe von in ihrer Reich- von Bildwalzen weite begrenzten, gesetzmäßig angeordneten nach dem d’Arlincourtschen Prinzip elektromagnetischen Feldern verschiedener Fre- (2) Deutsches Reichspatent Nr. 469 012 quenz, dadurch gekennzeichnet, dass die elek- Erfinder: Dr. Max Dieckmann tromagnetischen Felder durch drahtlose Sender und Dipl.-Ing. Rudolf Hell erzeugt werden und dass sie im Fahrzeug durch Inhaber: Die Erfinder einen Empfänger aufgenommen werden, der eine Ausgegeben am 28. November 1926 Reihe von entsprechend der Lage der Felder an- geordneten Resonanzindikatoren einwirkt, die auf Patentanspruch 1: Verfahren zur Gleichtrittrege- die ihnen zugeordneten Felder abgestimmt sind, lung von Bildwalzen nach dem d’Arlincourtschen so dass jeweils der Indikator maximal anspricht, Prinzip, dadurch gekennzeichnet, dass die Gleich- über dessen ihm zugeordneten Feld sich das Fahr- trittregelung der Empfänger durch eine genau zeug gerade befindet. definierte Stromstossgruppe erfolgt und die Dre- hung der Achse der Bildwalze in Abhängigkeit Vorrichtung von der Bewegung des Entriegelungsschaltwerkes zur elektrischen Übertragung gebracht wird, derart, dass es nur auf die eintref- von Schriftzeichen fende Stromstoßgruppe anspricht und auslöst. (6) Deutsches Reichspatent Nr. 540 849 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Funkentelegraphische Peileinrichtung Inhaber: Der Erfinder (3) Deutsches Reichspatent Nr. 482 281 Ausgegeben am 10. Dezember 1931 Erfinder: Dr. Max Dieckmann Patentanspruch 1 gestrichen durch Entscheid des und Dr.-Ing. Rudolf Hell Reichspatentamtes vom 27. Mai 1937. Patentan- Patentinhaber: Die Erfinder spruch 2 aufrechterhalten: Vorrichtung nach An- Ausgegeben am 22. August 1929 spruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vom Emp- Patentanspruch 1: Funkentelegraphische Peilein- fänger jeder Bildpunkt zwei- oder mehrmals re- richtung, gekennzeichnet durch zwei mit der Pe- gistriert wird, wobei die Entfernung gleichzeitig riode eines Hilfsgenerators wechselnd eingeschal- registrierter Bildpunkte gleich der Breite der Ab- tete Hochfrequenzverstärkerstufen, durch die die tastzeile ist, so dass bei allen Phasenzuordnungen Richtantenne mit verschiedenem Richtungssinn zwischen Sender und Empfänger mindestens eine an die ungerichtete Antenne angekoppelt wird. Schriftreihe unverzerrt registriert wird.

Vorrichtung zum Selbststeuern Vorrichtung von Fahrzeugen, zur elektrischen Übertragung insbesondere Luftfahrzeugen von Schriftzeichen (4) Deutsches Reichspatent Nr. 489 798 (7) Deutsches Reichspatent Nr. 541 935 Erfinder: Dr. Max Dieckmann Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und Dipl.-Ing. Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Inhaber: Die Erfinder Ausgegeben am 24. Dezember 1931 Ausgegeben am 2. Januar 1930 Patentanspruch 1: Vorrichtung nach Patent Nr. Patentanspruch 1: Eine Vorrichtung zum Selbst- 540 849 zur elektrischen Übertragung von Schrift- steuern von Fahrzeugen, insbesondere Luftfahr- zeichen nach einem teleautographischen Bild- zeugen, bei der ein funkentelegraphischer Sen- übertragungsverfahren, bei dem alle zur Übertra- der auf eine auf dem Fahrzeug angebrachte Emp- gung vorgesehenen Schriftzeichen oder die ent- fangseinrichtung wirkt, die selbsttätig die Steuer- sprechenden Bildpunkte auf einer Sendewalze einrichtung des Fahrzeuges beeinflusst, dadurch oder einem Sendeblatt aufgebracht sind, dadurch gekennzeichnet, dass die Empfangseinrichtung gekennzeichnet, dass ein isolierender Streifen zwi- aus einer einzigen gerichteten Empfangsantenne schen Sendeblatt und Abtastfedern mit jeweils besteht, die mit einer ungerichteten Antenne zu- einer Lochung die Abtastung des einer Abtastfe- sammenwirkt, wobei die Empfangseinrichtung der zugeordneten Teiles der Steuerwalze freigibt.

1927 bis 1931 bis 1927

178 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1932 bis 1934

Einrichtung tragen, und dass ferner durch die Anordnung zur selbständigen Steuerung von Fahrzeugen zusätzlicher Kompensationsglieder der gesamte mittels Erdinduktionskompass Kraftfluss in der Gebervorrichtung konstant und (8) Deutsches Reichspatent Nr. 542 570 unabhängig von der Rotorstellung ist. Erfinder: Dr. Max Dieckmann Vorrichtung zur elektrochemischen und Dr.-Ing. Rudolf Hell Registrierung der von einem Sender übermit- Inhaber: Die Erfinder telten Impulse, insbesondere für die Zwecke Ausgegeben am 7. Januar 1932 der elektrischen Bildübertragung, unter der Patentanspruch 1: Einrichtung zur selbständigen Benutzung angefeuchteten Empfangspapiers Steuerung von Fahrzeugen mittels Erdinduktions- (10) Deutsches Reichspatent Nr. 579 155 kompass, dadurch gekennzeichnet, dass der Kurs- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell anzeiger in bestimmten Zeitabschnitten durch Inhaber: Der Erfinder einen mechanisch geschwenkten Drahtbügel auf Ausgegeben am 8. Juni 1933 eine Kontaktsegmentunterlage gedrückt wird, Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektrochemi- wodurch je nach Zeigerstellung verschiedene schen Registrierung der von einem Sender über- Stromkreise geschlossen werden. mittelten Impulse, insbesondere für die Zwecke der elektrischen Bildübertragung unter der Benut- Gebervorrichtung zur rückwirkungsfreien zung angefeuchteten Empfangspapiers, dadurch Fernübertragung gekennzeichnet, dass die das Empfangspapier von Abweichungen einer Zeigerstellung durchsetzende Flüssigkeit lediglich nur an der für aus einer ausgezeichneten Lage die Registrierung in Betracht kommenden Seite (9) Deutsches Reichspatent Nr. 565 939 durch eine Trockenvorrichtung entzogen ist. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Regelvorrichtung für Hauptstrommotoren Ausgegeben am 24. November 1932 (11) Deutsches Reichspatent Nr. 591 611 Patentanspruch 1: Gebervorrichtung zur rück- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell wirkungsfreien Fernübertragung von Abweichun- Inhaber: Der Erfinder gen einer Zeigerstellung aus einer ausgezeichne- Ausgegeben am 4. Januar 1934 ten Lage, bei der im Geber die elektrische oder Patentanspruch 1: Regelvorrichtung für Haupt- magnetische Koppelung zwischen einem Stator strommotoren durch einen Fliehkraftschalter pa- und einem Rotor geändert wird, dadurch ge- rallel zum Anker gelegten, mitumlaufenden Wi- kennzeichnet, dass der Stator und der Rotor zwei derstand, dadurch gekennzeichnet, dass der Wi- oder mehrere induktive oder kapazitive, zur Dreh- derstand an zwei um 180° auseinanderliegende achse des Rotors symmetrische Koppelungsglieder Kollektorsegmente unmittelbar angeschlossen ist.

Die Erteilungsurkunde eines der berühmtesten Patente Dr. Hells für das Patent des Hell- Schreibers mit der Nummer 540849

179 Hell Verein / www.hell-kiel.de Einrichtung zur Synchronisierung Anordnung zur Gleichlaufregelung unter Verwendung von Telegraphengeräten, eines Fliehkraftkontaktreglers welche Schriftzeichen in Bildpunkte zerlegt (12) Deutsches Reichspatent Nr. 623 759 zeilenmäßig aufzeichnen Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell (16) Deutsches Reichspatent Nr. 658 527 und Dipl.-Ing. Herbert Wüsteney Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Siemens & Halske AG, Inhaber: Siemens & Halske AG Berlin-Siemensstadt in Berlin-Siemensstadt Ausgegeben am 12. Dezember 1935 Ausgegeben am 2. April 1938 Patentanspruch 1: Einrichtung zur Synchronisie- Patentanspruch 1: Anordnung zur Gleichlaufrege- rung mehrerer Motoren unter Verwendung eines lung von Telegraphengeräten, welche Schriftzei- Fliehkraftkontaktgebers, welcher der zusätzlichen chen in Bildpunkte zerlegt durch ein Magnet- Wirkung eines durch Wechselwirkung zwischen system und ein umlaufendes Aufzeichnungsorgan einem Kontaktpaar in Abhängigkeit von übertra- zeilenweise aufzeichnen, dadurch gekennzeich- genen Synchronisierstromstößen gesteuerten Elek- net, dass die empfangenen, den Schriftzeichen tromagneten unterworfen ist, dadurch gekenn- entsprechenden Telegraphierzeichen unabhängig zeichnet, dass der eine Kontakt des regelnden von deren Sichtbarmachung auf der Aufzeichnungs- Kontaktpaares von der Fliehmasse des Reglers, fläche innerhalb der Abtastzeit der Begrenzungs- der zweite Kontakt von dem Elektromagneten in flächen der Aufzeichnungsunterlage über eine von Abhängigkeit von den Synchronisierungsstrom- der Welle des rotierenden Aufzeichnungsorgans stößen verstellt wird. betätigte Kontakteinrichtung die Phasenregelung steuern. Fliehkraftregler für Gleichstrommaschinen Schreibsystem (13) Deutsches Reichspatent Nr. 645 566 zur Registrierung von Morsezeichen, Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Schriftzeichen und Bildpunkten Inhaber: Der Erfinder (17) Deutsches Reichspatent Nr. 668 102 Ausgegeben am 29. Mai 1937 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Patentanspruch 1: Fliehkraftregler für Gleichstrom- Inhaber: Der Erfinder maschinen, dadurch gekennzeichnet, dass der Ausgegeben am 26. November 1938 Anker der Maschine über einen zusätzlichen Kol- Patentanspruch 1: Schreibsystem zur Registrie- lektor eine höhere Gleichspannung entnommen rung von Morsezeichen, Schriftzeichen und Bild- wird, die eine zusätzliche Feldwicklung speist punkten, dadurch gekennzeichnet, dass durch und vom Fliehkraftregler beeinflusst wird. eine am Anker des Magneten vorgesehene Füh- rung die Schreibleiste bei der Betätigung des Verfahren Ankers freigegeben und unter dem Einfluss be- zur Verkleinerung der Tastfrequenz sonderer Federn in erster Näherung unabhängig oder Modulationsfrequenz von der Anzugskraft des Magneten gegen die bei der Übertragung von Schriftbildern Schreibspindel gedrückt wird. (14) Deutsches Reichspatent Nr. 648 100 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Empfangsanordnung Inhaber: Der Erfinder für die Übertragung von Schriftzeichen Ausgegeben am 22. Juli 1937 (18) Deutsches Reichspatent Nr. 668 821 Patentanspruch 1: Verfahren zur Verkleinerung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell der Tastfrequenz oder Modulationsfrequenz bei Inhaber: Siemens & Halske AG der Übertragung von Schriftbildern, dadurch ge- in Berlin-Siemensstadt kennzeichnet, dass die Querstriche der abzutas- Ausgegeben am 10. Dezember 1938 tenden Schriftzeichenbilder bis auf etwa die Brei- Patentanspruch 1: Empfangsanordnung für die te der Zwischenräume zwischen den Querstri- Übertragung von Schriftzeichen, die im Sender chen verbreitert sind und dass zum Ausgleich mit Hilfe einer Tastatur bzw. eines Lochstreifens und zur Erreichung einer unverzerrten Wiederga- einzeln durch festgelegte Impulsreihen in Bild- be die übertragenen Zeichenimpulse mit verzö- punkte zerlegt übertragen und durch ein Magnet- gertem Einsatz wirksam werden. system und ein umlaufendes Abtastorgan aufge- zeichnet werden, dadurch gekennzeichnet, dass Anordnung der Empfangsapparat derart als Blattschreib- von bildpunktmäßigen Aussendungen empfänger verwendbar gemacht wird, dass die von Schriftzeichen die einzelnen Schriftzeichen bildenden Bildzeilen (15) Deutsches Reichspatent Nr. 649 892 zu Bildzeilengruppen für ein oder mehrere Schrift- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zeichen in der Weise zusammengefasst werden, Inhaber: Der Erfinder dass eine oder mehrere Bildzeilengruppen die Ausgegeben am 10. September 1937 Schriftzeilen des Blattes bilden, und dass beim Patentanspruch 1: Anordnung zur bildpunktmäßi- Zeilenwechsel das die Aufzeichnung bewirkende gen Aussendung von Schriftzeichen, bei der die Magnetsystem oder bei feststehendem Magnet- Bildpunktfolge durch Tastenkontakte vorbereitet system der Wagen in der von anderen Blatt- und durch Schaltwerke nacheinander geschlossen druckern her bekannten Weise an den Zeilenan- wird, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bildung fang zurückgeführt wird. der vertikalen Schriftzeichenreihen besondere Zei- lenverteiler angeordnet sind, die durch einen wei- teren Verteiler wahlweise angeschlossen werde.

1935 bis 1938 bis 1935

180 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1939 bis 1940

Abgeschirmter Hochfrequenzübertrager zeichnung der übertragenen Zeichen erfolgt, da- mit Eisenkern durch gekennzeichnet, dass der Druckhammer (19) Deutsches Reichspatent Nr. 669 922 mittels zweier (oder mehrerer) Stege den Auf- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zeichnungsträger so gegen die Spindel drückt Inhaber: Der Erfinder und ihn spannt, dass die Einfärbung des Auf- Ausgegeben am 7. Januar 1939 zeichnungsträgers ohne Anschlagen der Stege an der Spindel erfolgen kann, eine genaue Justie- Patentanspruch 1: Hochfrequenzübertrager mit rung des Druckhammers also nicht erforderlich Eisenkern, dessen Spulen nebeneinander oder ist. konzentrisch übereinander angeordnet und ge- genseitig kapazitiv abgeschirmt sind, dadurch ge- Schreiber für Morsezeichen und Bild- kennzeichnet, dass die Abschirmfläche aus meh- telegrafenimpulse reren Streifen besteht, die ihrerseits aus zueinan- der parallel verlaufenden isolierten Leitern beste- (23) Deutsches Reichspatent Nr. 694 437 hen, dass diese Streifen so zwischen den Spulen Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell angeordnet sind, dass sie im wesentlichen senk- Inhaber: Der Erfinder recht zum jeweiligen Windungsverlauf der Spu- Ausgegeben am 1. August 1940 len liegen, und dass die äußeren Enden der Strei- Patentanspruch 1: Schreiber für Morsezeichen fen mit den außen um die Spulen liegenden und und Bildtelegrafenimpulse, bei denen eine am an einer Stelle unterbrochenen Ringleiter leitend Schreibgerät befestigte Aufspultrommel für den verbunden sind. Papierstreifen über eine Reibungskupplung ange- trieben wird, dadurch gekennzeichnet, dass beim Farbrädchen für Morseschreiber Lösen der Vorschubrolle und Gegenrolle die Auf- (20) Deutsches Reichspatent Nr. 670 640 spultrommel angehalten wird. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Anordnung zur Aufzeichnung Ausgegeben am 21. Januar 1938 von Schriftzeichen, die durch Bildelementen entsprechende Patentanspruch 1: Farbrädchen für Morseschrei- Impulsreihen durch ein Magnetsystem ber, das durch eine aufliegende Farbrolle, bevor- und einer umlaufende Schreibspindel zugt eine Filzrolle, eingefärbt wird, dadurch ge- übertragen und deren Linien kennzeichnet, dass in der als Farbträger verwen- aus gleich langen, parallel zur Auf- deten Oberfläche des Rädchens Einschliffe ange- zeichnungsrichtung verlaufenden Strichen bracht sind. zusammengesetzt werden (24) Deutsches Reichspatent Nr. 698 550 Schaltung für Übungsmorseschreiber Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell mit Motorantrieb, Inhaber: Der Erfinder die wahlweise aus einem Wechselstrom- Ausgegeben am 13. November 1940 oder Gleichstromnetz gespeist werden können Patentanspruch 1: Anordnung zur Aufzeichnung von Schriftzeichen, die durch Bildelementen ent- (21) Deutsches Reichspatent Nr. 682 595 sprechende Impulsreihen durch ein Magnetsystem Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und eine umlaufende Schreibspindel übertragen Inhaber: Der Erfinder und deren Linien aus gleich langen, parallel zur Ausgegeben am 18. Oktober 1939 Aufzeichnungsrichtung verlaufenden Strichen Patentanspruch 1: Schaltung für Übungsmorse- zusammengesetzt werden, dadurch gekennzeich- schreiber mit Motorantrieb, die wahlweise aus net, dass jeder dieser einzelnen zur Aufzeich- einem Wechselstrom- oder Gleichstromnetz ge- nungsrichtung parallel verlaufenden Striche bei speist werden können, dadurch gekennzeichnet, der Drehung der Spindel durch je eine Zahn- dass in Serie zum Motor ein Transformator liegt, spitze bzw. Zahnschneide kontinuierlich auf dem der bei Wechselstrombetrieb Niederspannung Registrierstreifen aufgezeichnet wird, solange die erzeugt, die mit dem Gleichrichter gleichgerich- Druckleiste gegen die Schreibspindel zur Auf- tet das Schreibsystem betätigt, während bei zeichnung eines senkrecht zur Aufzeichnungs- Gleichstrombetrieb der Gleichrichter zur Verrie- richtung liegenden Zeichenteils angedrückt ist. gelung der Sekundärseite des Transformators ge- gen den Gleichstrom der dann notwendigen Hilfs- Telegrafenempfänger batterie dient und die Primärwicklung des Trans- für Morseschrift o. dgl. formators im Starkstromkreis verbleibt. (25) Deutsches Reichspatent Nr. 698 583 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Druckhammer Inhaber: Der Erfinder für Bildübertragungsgeräte Ausgegeben am 13. November 1940 und Fernschreiber Patentanspruch 1: Telegrafenempfänger für Morse- (22) Deutsches Reichspatent Nr. 683 628 schrift o. dgl., dadurch gekennzeichnet, dass auf Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell dem Papierstreifen zwei in der Längsrichtung pa- Inhaber: Der Erfinder rallel verlaufende Aufzeichnungen hergestellt Ausgegeben am 10. November 1939 werden, von denen die eine die Zeichen in der Patentanspruch 1: Druckhammer für Bildübertra- üblichen Weise als Striche aufzeichnet, während gungsgeräte und Fernschreiber, durch den der die andere die Zeichen in an sich auch bekannter Aufzeichnungsträger in gekrümmter Bahn mit der Weise durch Aneinanderreihen ungefähr gleich Schreibspindel in Berührung gebracht wird, ins- langer Striche, deren Richtung annähernd senk- besondere für solche Geräte, bei denen durch ein recht zur Aufzeichnungsrichtung verläuft, flächen- umlaufendes Abtastorgan eine punktweise Auf- weise zum Abdruck bringt.

181 Hell Verein / www.hell-kiel.de Anordnung zur dämmerungsfreien Peilung gleichzeitig gegebener Telegramme, insbesonde- (26) Deutsches Reichspatent Nr. 699 680 re Morsesprüche, dadurch gekennzeichnet, dass Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell die in bekannter Weise durch einen Sendeteiler Inhaber: Der Erfinder nacheinander auf einen Kanal gegebenen Strom- Ausgegeben am 4. Dezember 1940 stöße einen einzigen Empfangsmagneten steu- ern, der in bekannter Weise zusammen mit einer Patentanspruch 1: Anordnung zur dämmerungs- Schreibspindel die Stromstöße linienweise quer freien Peilung mittels Rahmenpeiler, dadurch ge- zur Bewegungsrichtung eines Schreibstreifens kennzeichnet, dass ein geschlossener Peilrahmen aufzeichnet. durch einen bevorzugt vertikal liegenden Leiter in zwei gleiche, zu diesem Leiter symmetrische Anordnung Hälften geteilt ist und dass der Peilempfänger an zur Übertragung von Telegrafiezeichen diesen Vertikalleiter angekoppelt ist. (30) Deutsches Reichspatent Nr. 718 018 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Verfahren Inhaber: Der Erfinder zur Übertragung von Schriftzeichen, Ausgegeben am 2. März 1942 die in Bildpunkte aufgelöst auf einer Sendewalze aufgetragen sind Patentanspruch 1: Anordnung zur Übertragung von Telegrafiezeichen, die als Kontaktstücke ent- (27) Deutsches Reichspatent Nr. 707 536 sprechender Zahl und Länge auf einer umlaufen- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell den Walze gespeichert und bei Druck der einem Inhaber: Der Erfinder Zeichen zugeordneten Taste durch einen Emp- Ausgegeben am 25. Juni 1941 fangsmagneten auf einem Streifen aufgezeichnet Patentanspruch 1: Verfahren zur Übertragung von werden, dadurch gekennzeichnet, dass den Schriftzeichen, welche in Bildpunkte aufgelöst Kontaktstücken jedes Zeichens auf der Walze auf einer Sendewalze aufgetragen sind, die für weitere Kontaktstücke oder Nocken zugeordnet die Aussendung eines jeden Schriftzeichens be- sind, die den Streifenantrieb entsprechend der sonders anläuft, dadurch gekennzeichnet, dass Länge eines Zeichens steuern. der Einfluss der ungleichförmigen Walzenge- schwindigkeit, welche durch ein allmähliches Verfahren und Gerät Anlaufen und eine Verzögerung vor dem Anhal- zum funktechnischen Peilen frequenz- ten bedingt ist, auf die Aussendung der Bild- veränderlicher Sender elemente wieder ausgeglichen wird. (31) Deutsches Reichspatent Nr. 719 471 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Anordnung und Kurt Möller zur Start-Stop-Synchronisierung Inhaber: Dr.-Ing. Rudolf Hell von Bildübertragungsgeräten, Ferndrucker Ausgegeben am 9. April 1942 und Fernschreiber, bei denen die einzelnen Zeichen Patentanspruch 1: Verfahren zum funktechnischen durch Impulse übertragen werden Peilen frequenzveränderlicher Sender durch Ein- stellen des Peilers auf die Maximum- oder Mini- (28) Deutsches Reichspatent Nr. 710 253 mumbedingung des Peilempfanges, dadurch ge- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell kennzeichnet, dass die Abstimmung des Peil- Inhaber: Der Erfinder empfängers zur Erzeugung knackender Empfangs- Ausgegeben am 8. September 1941 geräusche in einem mindestens die größten Fre- Patentanspruch 1: Anordnung zur Start-Stop-Syn- quenzschwankungen des Senders umfassenden chronisierung von Bildübertragungsgeräten, Fern- Bereich für jede Peilung mehrmals vorzugsweise drucker und Fernschreiber, insbesondere von sol- periodisch verändert (gewobbelt) wird. chen, bei␣ denen die einzelnen Schriftzeichen durch Impulse übertragen werden, die Zeichen- Anordnung für Schreibempfänger teilen entsprechen, dadurch gekennzeichnet, dass mit selbsttätigem Anlassen das sendende und alle jeweils empfangenden und verzögertem Stillsetzen Geräte mit einer innerhalb der Toleranzgrenze des Streifens gleicher Drehzahl angetrieben und nach jeder (32) Deutsches Reichspatent Nr. 728 257 Umdrehung angehalten werden, jedoch durch Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell einen Startimpuls das sendende Gerät gegenüber Inhaber: Der Erfinder dem Empfänger mit einer solchen Verzögerung in Ausgegeben am 9. Oktober 1942 Bewegung gesetzt wird, dass das empfangende Gerät mit Sicherheit die Ruhestellung wieder er- Patentanspruch 1: Eine Anordnung für Schreib- reicht hat, ehe der nächste Startimpuls ausgesen- empfänger mit selbsttätigem Anlassen und verzö- det wird. gertem Stillsetzen des Streifens mittels eines in Reihe mit dem Empfangsmagneten liegenden oder vom Empfangsmagneten gesteuerten zusätzlichen, Anordnung abfallverzögerten Magneten, dadurch gekenn- zur Aufzeichnung mehrerer im absatzweisen zeichnet, dass im Ruhezustand eine Feder den Mehrfachbetrieb gleichzeitig gegebener Telegramme Streifen über eine Andruckrolle bekannter Art in losem, noch unwirksamem Eingriff mit einer dau- (29) Deutsches Reichspatent Nr. 718 017 ernd umlaufenden Antriebsrolle hält und der zu- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell sätzliche in Abhängigkeit vom Empfang der Tele- Inhaber: Der Erfinder graphiezeichen gesteuerte abfallverzögerte Mag- Ausgegeben am 2. März 1942 net beim Anziehen seines an der Andruckrolle Patentanspruch 1: Anordnung zur Aufzeichnung angreifenden Ankers erst die Mitnahme des Strei- mehrerer im absatzweisen Mehrfachbetrieb fens bewirkt.

1940 bis 1942 bis 1940

182 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1943 bis 1944

Verfahren Drucktelegrafenempfänger zur Registrierung des Verlaufes mit Typenrad veränderlicher Stromkurven (35) Deutsches Reichspatent Nr. 735 564 (33) Deutsches Reichspatent Nr. 730 625 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Inhaber: Der Erfinder Ausgegeben am 19. Mai 1943 Ausgegeben am 14. Januar 1943 Patentanspruch 1: Drucktelegrafenempfänger mit Patentanspruch 1: Verfahren zur Registrierung des Typenrad, dessen Fortschaltung vom Empfangs- Verlaufs veränderlicher Stromkurven mittels ei- magneten eingeleitet und von einem Steuerrad ner linienweise aufzeichnenden Schreibspirale, um je Stromschritt zu- oder abnehmende Winkel- gegen die das Schreibpapier durch eine Schreib- wege gesteuert wird, insbesondere für das Fün- leiste gedrückt wird, dadurch gekennzeichnet, feralphabet, dadurch gekennzeichnet, dass das dass der zu registrierende Kurvenzug periodisch Steuerrad bei jedem Zeichen unabhängig vom derart verändert wird, dass ein␣ Schreibmagnet in Typenrad, jedoch in einem bestimmten Geschwin- an sich bekannter Weise zusammen mit einer in digkeitsverhältnis zu diesem umläuft und bei sei- der gleichen Periode linienweise abtastenden nem Umlauf die Anzahl der Schritte bzw. die Schreibspirale die jeweiligen Momentanwerte der Größe des Winkelweges des Typenrades je Strom- zu registrierenden Kurve als nebeneinander lie- schritt bestimmt. gende Linien entsprechender Länge aufzeichnet. Anordnung für Fernschreiber Vorrichtung mit Start-Stop-Betrieb zur elektrischen Übertragung von Schrift- (36) Deutsches Reichspatent Nr. 739 880 und Bildzeichen Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und Walter Ay (34) Deutsches Reichspatent Nr. 733 838 Inhaber: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder. Dr.-Ing. Rudolf Hell Ausgegeben am 7. Oktober 1943 Inhaber: Der Erfinder Patentanspruch Nr. 1: Anordnung für Fernschrei- Ausgegeben am 2, April 1943 ber mit Start-Stop-Betrieb, bei denen durch Druck Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektrischen einer Taste ohne Zuhilfenahme der umlaufenden Übertragung von Schrift- und Bildzeichen, bei Teile eine Sperrvorrichtung für alle Tasten betätigt der die einzelnen Schriftzeichen, in Bildpunkte und für die Dauer der Abtastung des gedrückten Zeichens verklinkt wird, dadurch gekennzeich- net, dass die Verklinkung durch die im Start-Stop- Betrieb umlaufenden Teile wieder gelöst wird und zur Verklinkung eine die umlaufenden Teile für eine Umdrehung freigebende Klinke dient.

Fernschreiber, bei denen die Zeichen Dieses Gerät hat Dr. Hell durch umlaufende, zu Beginn jeder Abtast- bzw. Aufzeichenlinie ankuppelbare Organe 1928 für die damals große gegeben und durch eine dauernd Schar begeisterter Funk- umlaufende, mit Geberantrieb synchrone bastler entworfen. Über oder annähernd synchrone Schreibspindel eine mechanisch ange- aufgezeichnet werden. triebene Walze wird beim Sender die Zeichnung (37) Deutsches Reichspatent Nr. 741 784 abgetastet und beim Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Empfänger wieder auf- Inhaber: Siemens & Halske AG gezeichnet. Dieses alte in Berlin-Siemensstadt Gerät steht heute im Ausgegeben am 17. November 1943 Schifffahrtsmuseum Kiel Patentanspruch 1: Fernschreiber, bei denen die zerlegt, durch entsprechend festgelegte Impuls- Zeichen durch umlaufende, zu Beginn jeder Ab- folgen übertragen werden, wobei alle zur Über- tast- bzw. Aufzeichenlinie ankuppelbare Organe tragung vorgesehenen Schriftzeichen oder die gegeben und durch eine dauernd umlaufende, entsprechenden Bildpunkte auf einer Sendewalze mit dem Geberantrieb synchrone oder annähernd aufgebracht sind und die Abtastglieder durch Drü- synchrone Schreibspindel aufgezeichnet werden, cken einer Taste der Sendetastatur auf das jeweils dadurch gekennzeichnet, dass die die Schreib- zu übertragende Schriftzeichen gerichtet werden spindel tragende Achse über ein Vorgelege eine und durch die Anordnung mechanischer oder Welle antreibt, welche die Kupplung für die elektrischer Tastensperren, die von der Sende- Geberwalze und das Vorgelege für den absatz- walze gesteuert werden, das Aussenden von weisen Streifenantrieb trägt. Schriftzeichen erst nach Beendigung der Über- tragung des vorherigen Schriftzeichens möglich Schaltung zur Erzielung von ist und trotz dauernd rotierender Sendewalze scharf begrenzten Telegrafieimpulsen eine Wiederholung der Abtastung nach einmali- bei stark verzerrten Stromkurven ger Aussendung des Schriftzeichens, unabhängig davon, ob die Taste noch niedergedrückt ist, ver- (38) Deutsches Reichspatent Nr. 746 738 hindert wird, dadurch gekennzeichnet, dass die Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell von der Sendewalze gesteuerte Tastensperre auch Inhaber: Der Erfinder die Abtastglieder nach einmaliger Aussendung Ausgegeben am 21. August 1944 des Schriftzeichens außer Eingriff mit der Sende- Patentanspruch 1: Schaltung zur Erzielung von walze bringt. scharf begrenzten Telegrafieimpulsen bei stark

183 Hell Verein / www.hell-kiel.de verzerrten Stromkurven, bei der die Impulse auf Blattschreiber nach dem System den Gitterkreis einer extrem stark gesperrten Ver- des Hellschreibers stärkerröhre gegeben werden, der einen hohen (42) Deutsches Bundespatent Nr. 825 277 Widerstand und eine dazu parallel liegende Ka- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell pazität enthält, dadurch gekennzeichnet, dass Inhaber: Der Erfinder zwischen dem Gitter und der Kathode der Ver- Ausgegeben am 24. Januar 1952 stärkerröhre in an sich bekannter Weise eine zwei- Patentanspruch 1: Blattschreiber nach dem Sys- te Kathodenstrecke liegt und der Emissionsein- tem des Hellschreibers, dadurch gekennzeich- satz der zweiten Kathodenstrecke durch eine be- sondere Gleichspannung einstellbar ist. net, dass das Blatt im Rhythmus der Hellzeichen durch eine Magnetleiste in ganzer Breite angeho- ben und gegen eine über dem Blatt laufende Einfärbvorrichtung Spindel gedrückt wird. (39) Deutsches Bundespatent Nr. 814 304 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Ausgegeben am 20. September 1951 Patentanspruch 1: Vorrichtung zur Einfärbung von Farbrollen, dadurch gekennzeichnet, dass die ein- zufärbende Farbrolle gegen eine schräg auf der Achse sitzende Scheibe gedrückt wird, die die Farbe aus einem Behälter aufnimmt und an die Verfahren zur sichtbaren Registrierung von Farbrolle abgibt. elektrischen oder magnetischen Impulsen (43) Deutsches Bundespatent Nr. 839 368 Anordnung zum Anlassen und Anhalten Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell von Hellschreibern Inhaber: Der Erfinder und ähnlichen Telegraphiegeräten Ausgegeben am 19. Mai 1952 (40) Deutsches Bundespatent Nr. 816 422 Patentanspruch 1: Verfahren zur sichtbaren Im- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell pulsbeaufschlagung eines Aufzeichnungsträgers, Inhaber: Der Erfinder der außerdem nach einem Magnetogrammver- Ausgegeben am 11. Oktober 1951 fahren abgetastet werden kann, dadurch gekenn- Patentanspruch 1: Anordnung zum Anlassen und zeichnet, dass auf elektromechanischem, mecha- Anhalten von Hellschreibern und ähnlichen Tele- nischem oder chemischem Wege eine mit oder graphiegeräten, dadurch gekennzeichnet, dass ohne optische Hilfsmittel visuell erkennbare Ver- jedes der fernzubedienenden Geräte ein Zusatz- änderung des magnetischen Zustandes des Auf- gerät, vorzugsweise ein Frequenzrelais, zum Emp- zeichnungsträgers bei dessen Impulsbeaufschla- fang zweier ganz bestimmter, der betreffenden gung vorgenommen wird und dass einerseits da- Schreibstation zugeordneten Frequenzen besitzt durch beim Nachrichtenempfang eine visuelle und dass sendseitig eine Beeinflussung dieses Auswertbarkeit des Aufzeichnungsträgers besteht Zusatzgeräts durch die Aussendung einer Impuls- und dass andererseits durch die Abtastmöglichkeit folge beliebiger zeitlicher Dauer erfolgt, deren des Aufzeichnungsträgers nach einem Magneto- Impulsfolgefrequenz, je nachdem es sich um Ein- grammverfahren der Aufzeichnungsträger sich zu schaltung oder Stilllegung handelt, einer der oben- einer Speicherung und gegebenenfalls Weiter- erwähnten Abstimmfrequenzen entspricht und gabe der einmal aufgebrachten Impulse eignet. zahlenmäßig für diese Frequenzen Werte gewählt werden, die unter der höchsten beim Hellschrei- Verfahren zur Übertragung ber auftretenden Bildpunktfrequenzen liegt. von Schriftzeichen (44) Deutsches Bundespatent Nr. 838 322 Einrichtung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zum Messen des Gangunterschiedes Inhaber: Siemens & Halske AG von Uhren in Berlin und München (41) Deutsches Bundespatent Nr. 817 038 Ausgegeben am 23. Mai 1952 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Patentanspruch 1: Verfahren zur Übertragung von Inhaber: Der Erfinder Schriftzeichen nach dem Hell-System oder ei- Ausgegeben am 15. Oktober 1951 nem ähnlichen Verfahren, bei dem die einzeln in Patentanspruch 1: Einrichtung zum Messen des Bildpunkte zerlegten und als Impulsreihen ge- Gangunterschiedes von Uhren gegenüber einer sendeten Schriftzeichen empfangsseitig durch das Frequenznormalen durch Beobachtung der Ver- Abtastorgan eines Schreibers kontinuierlich auf- änderung des optisch sichtbar gemachten Phasen- gezeichnet werden, dadurch gekennzeichnet, dass unterschiedes zwischen den durch ein Mikro- von den Schriftzeichenfeldern nur das eigent- phon in elektrische Spannungsimpulse umgesetz- liche Schriftzeichengebiet, in dem Schriftzeichen- ten Uhrenschlägen und einer Vergleichsimpuls- punkte erwartet werden können, in Bildpunkte folge höherer Frequenz, dadurch gekennzeich- zerlegt und die entsprechenden Impulsreihen net, dass die Vergleichsimpulsfolge sägezahnför- ohne Hinzunahme der Schriftzeichenlücken pau- mige scharfe, zweckmäßig rechteckige Impulse senlos übertragen werden, während die emp- aufweist und beide Spannungen an einen Pegel- fangsseitige Aufzeichnung der Schriftzeichen- messer gelegt sind, der die durch Überlagerung gebiete durch Abtastsprünge derart unterbrochen der beiden Impulsfolgen gebildete Summengleich- wird, dass auf dem Registrierstreifen oder -blatt spannung bestimmt und mittels eines Instruments zwischen den einzelnen Schriftzeichen entspre- oder sonstigen Indikators anzeigt. chende Lücken entstehen.

1951 bis 1952 bis 1951

184 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1953

Verfahren und Einrichtung zwei Schlüsselreihen zunächst eine resultierende zur Verhütung unbefugten Empfanges von Schlüsselreihe und dann aus mehreren, z.B. zwei Hellsendungen resultierenden Schlüsselreihen eine Gesamtresul- (45) Deutsches Bundespatent Nr. 849 116 tierende gebildet wird. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Siemens & Halske AG Anordnung für Fernschreiber in Berlin und München mit Kontaktwalzen, Ausgegeben am 11. September 1953 bei denen durch Druck einer Taste eine Sperrvorrichtung betätigt wird Patentanspruch 1: Verfahren und Einrichtung zur Beschränkung des Empfangs von Hellsendungen (48) Deutsches Bundespatent Nr. 856 605 auf bevorrechtigte Empfänger, dadurch gekenn- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zeichnet, dass die Zeichen und Pausen der für die Inhaber: Siemens & Halske AG bevorrechtigten Empfänger bestimmten Hell- in Berlin und München sendungen in von der Fernschreib- und Bild- Ausgegeben am 24. November 1952 übertragungstechnik her bekannter Weise mit ver- Patentanspruch 1: Anordnung für Fernschreiber schiedenen, jedoch in der Bandbreite der übli- mit Kontaktwalzen, bei denen durch Druck einer chen Empfänger fallenden Träger- oder Modula- Taste ohne Zuhilfenahme der umlaufenden Teile tionsfrequenzen gesendet werden und die bevor- eine allen Tasten gemeinsame Sperrvorrichtung rechtigten Empfänger mit einer die eine der bei- betätigt wird, die eine Klinke steuert, welche die den Frequenzen ganz oder teilweise unterdrü- Sperrvorrichtung in ihrer Sperrlage sperrt und die ckenden Siebanordnung versehen sind. Walze freigibt und nach einer Walzenumdrehung die Walze sperrt und die Sperrvorrichtung frei- Fernschreib-Empfangseinrichtung gibt, dadurch gekennzeichnet, dass die Klinke für elektrische Impulsübertragung, vorzugs- durch einen von der Sperrvorrichtung angetrie- weise nach dem Fünfer- benen Riegel in der die Walze sperrenden Lage oder Siebener-Alphabet gehalten wird, bis die Walze eine Drehung voll- (46) Deutsches Bundespatent Nr. 853 005 endet hat. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Verfahren und Einrichtung Ausgegeben am 20. Oktober 1952 zur Synchronisierung von Hellschreibern Patentanspruch 1: Fernschreib-Empfangsein- richtung für elektrische Impulsübertragung, vor- (49) Deutsches Bundespatent Nr. 856 606 zugsweise nach dem Fünfer- oder Siebener-Al- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell phabet, dadurch gekennzeichnet, dass eine An- Inhaber: Siemens & Halske AG zahl von (für das Fünfer-Alphabet fünf, für das in Berlin und München Siebener-Alphabet sieben) Speichern vorgesehen Ausgegeben am 24. November 1952 ist, die die nacheinander empfangenen Impulse Patentanspruch 1: Verfahren und Einrichtung zur in einer ihrer jeweiligen Kombination entspre- Gleichlaufregelung von Empfangsanordnungen chenden Weise speichern und in den Zwischen- für Schriftzeichenübertragung nach dem Hell- räumen zwischen je zwei ein Schriftzeichen dar- System oder einem ähnlichen Verfahren, bei dem stellenden Impulsreihen gemeinsam auf einen die Schriftzeichen, einzeln in Bildpunkte zerlegt, Wählschalter umschaltbar sind, der durch die als festgelegte Impulsreihen gesendet und emp- Speicher in bestimmter Weise eingestellt und nach fangsseitig kontinuierlich abgetastet werden, da- jeder erfolgten Einstellung elektronisch abgetas- durch gekennzeichnet, dass der Sendung wäh- tet wird und einen zur Abtastung synchron sämt- rend der Übertragung von Zeichen und Pausen liche Bereitschaftsstellungen durchlaufenden laufend Impulsfolgen überlagert werden, die emp- Typendruckermechanismus in dem Augenblick fangsseitig zur Synchronisierung des Antriebs- zu drucken veranlasst, in dem die der vorherge- motors der Schreibeinrichtung benutzt und im gangenen Impulskombination entsprechende Stromkreis des Schreibsystems wieder heraus- Schaltstellung des Wählschalters bei der Abta- gesiebt, bzw. unterdrückt werden. stung unterstrichen wird. Verfahren und Einrichtung Anordnung zur geheimen zum Synchronisieren der Sende- telegraphischen Nachrichtenübermittlung und Empfangsanlage mittels Hellschreiber für Schriftzeichenübertragungen nach einem (47) Deutsches Bundespatent Nr. 855 876 Abtastverfahren Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell (50) Deutsches Bundespatent Nr. 863 358 Inhaber: Der Erfinder Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Ausgegeben am 17. November 1952 Inhaber: Siemens & Halske AG Patentanspruch 1: Anordnung zur Verschlüsse- in Berlin und München lung von Schriftzeichenübertragungen nach dem Ausgegeben am 15. Januar 1953 Hellsystem oder einem ähnlichen Verfahren, bei Patentanspruch 1: Verfahren zur Gleichlaufrege- dem Schriftzeichen einzeln in Bildpunkte zerlegt lung von Empfangsanordnungen für Bildübertra- als festgelegte Impulsreihen gesendet und gung, vorzugsweise Schriftzeichenübertragung, empfangsseitig kontinuierlich abgetastet und auf- nach einem Abtastverfahren, vorzugsweise nach gezeichnet werden, durch Überlagerung der Klar- dem Hellsystem oder einem ähnlichen System, textzeichen mit den Schlüsselzeichen, die durch bei dem die Schriftzeichen einzeln in Bildpunkte Vereinigung von mehreren Schlüsselzeichen- zerlegt als festgelegte Impulsreihen gesendet und reihen verschiedener Periode entstanden sind, empfangsseitig gleichzeitig kontinuierlich abge- dadurch gekennzeichnet, dass aus mehreren, z.B. tastet und aufgezeichnet werden, mit einer von

185 Hell Verein / www.hell-kiel.de der Sichtbarmachung unabhängigen Abtastung mit einer Mehrzahl von, beispielsweise drei oder der an den Schriftzeichen angrenzenden Randzo- vier Schreibelementen, die auf einem umlaufen- nen und Mitteln, welche dann eine beschleuni- den endlosen Träger, beispielsweise Band oder gende oder verzögernde Korrektur der empfangs- Kette, derart angeordnet sind, dass unmittelbar seitigen Antriebseinrichtung bewirken, wenn auf nach Beendigung der Beschriftung einer Zeile den Randzonen Bildpunkte abgetastet werden, durch ein Schreibelement am Beginn der nächs- dadurch gekennzeichnet, dass in einer Zone gro- ten Zeile das Schreibelement seine Tätigkeit auf- ßer Sollwertabweichungen die Phase und in ei- nimmt, dadurch gekennzeichnet, dass längs der ner Zone kleiner Sollwertabweichungen die Dreh- am Aufzeichnungsträger verlaufenden Bahn eine zahl des zu regelnden Antriebs verändert wird. synchron mit dem endlosen Träger umlaufende Führungsspindel derart angeordnet ist, dass ein Schreibelement jedesmal am Anfang einer Zeile von der Spindel erfasst, von ihr bis ans Ende der Zeile geführt und dort von der Spindel wieder freigegeben wird.

Faksimile-Schreiber für Schriftzeichenübertragung mit baulicher Vereinigung des Schreibsystems, Blattschreiber nach dem Hell-System des Antriebsmotors und des für den Betrieb des Schreibsystems (51) Deutsches Bundespatent Nr. 866 052 erforderlichen Verstärkers Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Siemens & Halske AG (54) Deutsches Bundespatent Nr. 872 515 in Berlin und München Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Ausgegeben am 5. Februar 1953 Inhaber: Siemens & Halske AG in Berlin und München Patentanspruch 1: Blattschreiber nach dem Hell- Ausgegeben am 5. Juni 1953 System, bei dem die streifenweise in Bildelemente zerlegten, vom Sender fortlaufend in Form ent- Patentanspruch 1: Faksimile-Schreiber für Schrift- sprechender Impulsreihen gesendeten Schrift- zeichenübertragung mit baulicher Vereinigung des zeichen auf einem Schreibblatt in quer zur Papier- Schreibsystems, des Antriebsmotors und des für vorschubrichtung verlaufenden Schreibzeilen den Betrieb des Schreibsystems erforderlichen aufgezeichnet werden, dadurch gekennzeichnet, Verstärkers, dadurch gekennzeichnet, dass mit dass Schreibblatt und die Schreibeinrichtung re- dem Schreibsystem, dem Antriebsmotor und dem lativ zueinander derart geführt sind, dass die letz- für den Betrieb des Schreibsystems erforderli- ten Schriftzeichen einer jeden Schreibzeile gleich- chen Verstärker außerdem auch der gegen Funken- zeitig am Anfang der folgenden Zeile aufgezeich- störung empfindliche Teil des Empfangsverstär- net werde. kers zu einem einheitlichen Bauteil mit zweck- mäßig gemeinsamem Gehäuse vereinigt und zur Anordnung zur Herstellung Vermeidung störender Beeinflussung des Emp- des Gleichlaufs von Fernschreibern fangsverstärkers bei gleichzeitiger Gewichts- und Raumeinsparung an Stelle eines elektrisch gere- (52) Deutsches Bundespatent Nr. 757 304 gelten Motors ein hinsichtlich Drehzahlkonstanz Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und -genauigkeit gleichwertiger, mechanisch ge- Inhaber: Der Erfinder regelter Motor nach Art der an sich bekannten Ausgegeben am 16. April 1953 Plattenspielermotoren als Antriebsmotor verwen- Patentanspruch Nr. 1: Anordnung zur Herstel- det ist. lung des Gleichlaufs von Fernschreibern, bei de- nen Gebe- und Empfangsorgane bei Tastendruck Verfahren zur Übertragung für eine Umdrehung mit den Antriebsorganen von Schriftzeichen nach dem Hell-System gekuppelt und mit einer innerhalb der Toleranz- mittels Blattschreiber grenzen gleicher Drehzahl angetrieben werden, (55) Deutsches Bundespatent Nr. 832 444 jedoch der Geber gegenüber dem Empfänger ver- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zögert in Gang gesetzt wird, dadurch gekenn- Inhaber: Siemens & Halske AG zeichnet, dass Gebe- und Antriebsorgan durch in Berlin und München eine Zahnklinkenkupplung derart geringer Zähne- Ausgegeben am 18. Juni 1953 zahl verbunden ist, dass nur gekuppelt werden kann, nachdem das Antriebsorgan nach Entkupp- Patentanspruch 1: Verfahren zur Übertragung von lung des Geberorgans einen Weg zurückgelegt Schriftzeichen nach dem Hell-System oder ei- hat, der so groß ist, dass der Empfänger inzwi- nem ähnlichen Verfahren, bei dem die einzeln in schen in die Ausgangsstellung zurückgekehrt ist. Bildpunkte zerlegten und als festgelegte Impuls- reihen gesendeten Schriftzeichen empfangsseitig Schreibeinrichtung durch das Abtastorgan des Schreibers nachein- für kontinuierliche, zeilenweise ander auf einem Blatt in untereinander liegenden Beschriftung von Blattflächen Schriftzeilen kontinuierlich aufgezeichnet wer- den, dadurch gekennzeichnet, dass die Schrift- (53) Deutsches Bundespatent Nr. 876 704 zeichen in sinnvoll abgeteilten Gruppen ausge- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell sendet werden, deren Sendezeiten untereinander Inhaber: Der Erfinder stets gleich sind und der Abtastdauer einer Schreib- Ausgegeben am 18. Mai 1953 zeile des Schreibers entsprechen, und dass deren Patentanspruch 1: Schreibeinrichtung für kontinu- Anfänge mit den Anfängen der Schreibzeilen in ierliche, zeilenweise Beschriftung von Blattflächen Übereinstimmung gebracht werden.

1953

186 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1953

Anordnung zur Peilung Elektrische Fliehkraftregeleinrichtung mit kurzen und ultrakurzen Wellen (60) Deutsches Bundespatent Nr. 812 629 (56) Deutsches Bundespatent Nr. 755 712 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Inhaber: Der Erfinder Ausgegeben am 17. August 1953 Ausgegeben am 29. Juni 1953 Patentanspruch 1: Elektrischer Fliehkraftregler, Patentanspruch 1: Anordnung zur Peilung von dessen Fliehgewicht gegen eine ruhend angeord- kurzen und ultrakurzen Wellen mittels einer dreh- nete einstellbare Feder arbeitet, die über einen baren Dipolantenne, dadurch gekennzeichnet, zum Motor koaxial und auf einen feststehenden dass der an den Empfänger aperiodisch angekop- Kontakt arbeitenden Übertragungsteil ihre Kraft- pelte Dipol gegen die Nutzwelle verstimmt ist wirkung auf das Fliehgewicht ausübt, nach Patent und dass die Dipolhälften an eine mit ihnen 803 577, beispielsweise für Telegraphenapparate, annähernd symmetrisch in einer Vertikalebene wie Morseschnellgeber, Morseschreiber, auch liegende Hilfsantenne veränderbar kapazitiv an- Streifenaufwickelmaschinen, dadurch gekenn- gekoppelt sind, die ebenfalls gegen die Nutz- zeichnet, dass mit dem Einstellorgan für die Feder- welle verstimmt ist. spannung ein oder mehrere zusätzliche Schalt- mittel kombiniert sind, die alternativ oder gleich- Elektrischer Fliehkraftregler zeitig zur Veränderung der durch den Motor be- (57) Deutsches Bundespatent Nr. 803 577 wirkten Antriebsgeschwindigkeit dienen. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Verfahren zur elektrischen Ausgegeben am 6. Juli 1953 Übertragung von Bildern, Zeichnungen und Schriftsätzen Patentanspruch 1: Elektrischer Fliehkraftregler, dessen Fliehgewicht einerseits gegen eine Feder (61) Deutsches Bundespatent Nr. 848 660 arbeitet und andererseits über einen zum Motor Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell axialen Übertragungsteil auf einen feststehenden Inhaber: Der Erfinder Kontakt arbeitet, dadurch gekennzeichnet, dass Ausgegeben am 19. November 1953 die Feder ruhend angeordnet ist und über den Patentanspruch 1: Verfahren zur elektrischen Über- axialen Übertragungsteil ihre Kraftwirkung zum tragung von Bildern, Zeichnungen und Schriftsät- Fliehgewicht ausübt. zen oder dgl. durch Abtastung nach Linien, die sich im wesentlichen über das ganze Bildfeld Verfahren zur Übertragung erstrecken, dadurch gekennzeichnet, dass von Schriftzeichen nach dem Hell-System sendeseitig ein Rasterbild derart nach den Bild- mittels Blattschreiber rasterlinien abgetastet wird, dass innerhalb der (58) Deutsches Bundespatent Nr. 880 318 endlichen Breite der Abtastlinien Schwarzweiß- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell wechsel nur in Längserstreckung, aber nicht in Inhaber: Siemens & Halske AG Breitenerstreckung auftreten. in Berlin und München Ausgegeben am 22. Juli 1953 Registriereinrichtung zur Aufzeichnung der Bewegung Patentanspruch 1: Einrichtung zur Übertragung eines verstellbar gelagerten Gliedes von Schriftzeichen nach dem Hell-System oder einem ähnlichen System mit empfangsseitiger Auf- (62) Deutsches Bundespatent Nr. 898 521 zeichnung der Schriftzeichen auf einem Blatt- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell schreiber nach Patent 832 444, dadurch gekenn- Inhaber: Der Erfinder zeichnet, dass sendeseitig eine Zähl- und An- Ausgegeben am 30. November 1953 zeigenanordnung vorgesehen ist, die die Stellung Patentanspruch 1: Registriereinrichtung zur Auf- des empfangsseitigen Abtastorgans anzeigt. zeichnung eines verstellbar gelagerten Gliedes, wie beispielsweise des Markierorgans eines Verschlüsselungsmaschine Morseschreibers oder der Zeiger eines Messins- (59) Deutsches Bundespatent Nr. 885 563 trumentes, bei der die Registrierung durch eine Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell eingefärbte Walze erfolgt und der Registrierstreifen Inhaber: Der Erfinder unter dieser Walze läuft ohne diese zu berühren, Ausgegeben am 5. August 1953 und das Markierorgan an einer Stelle gegen die Patentanspruch 1: Verschlüsselungsmaschine, bei der den einzelnen Schriftzeichen elektrische Stromwege zugeordnet sind, wobei zur Vertau- schung dieser Stromwege eine Reihe von Permutationsscheiben vorgesehen sind, dadurch gekennzeichnet, dass diese Permutationsscheiben über Reibungsglieder angetrieben werden, wo- bei die Freigabe durch Magnete durchgeführt wird, die den einzelnen Scheiben zugeordnet sind.

Fünf Lochstreifen unterschiedlicher Länge bilden in diesem Schlüsselgerät einen unperiodischen Schlüssel sehr großer Länge, der mit den Nutzdaten gemischt wurde

187 Hell Verein / www.hell-kiel.de Farbwalze gedrückt wird, dadurch gekennzeich- legte Impulsreihen gesendet und empfangsseitig net, dass durch die Bedienung nur eines Griffes kontinuierlich abgetastet und aufgezeichnet wer- (Farbrollenhebel) alle Zugänge zu dem Gerät für den, mit einer von der Sichtbarmachung unab- das Einlegen des Registrierpapiers freigegeben hängigen Abtastung der an den Schriftzei- werden. chenbereich angrenzenden Randzonen und Mit- teln, welche dann eine beschleunigende oder Blattschreiber für Hellempfang verzögernde Korrektur des Antriebes bewirken, wenn auf den Randzonen Bildpunkte abgetastet (63) Deutsches Bundespatent Nr. 848 970 werden, dadurch gekennzeichnet, dass eine ein- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell mal eingeschlagene Korrekturtendenz (Beschleu- Inhaber: Siemens & Halske AG nigung oder Verzögerung) so lange beibehalten in Berlin und München wird, bis während einer gewissen Zeit keine Bild- Ausgegeben am 12. Dezember 1953 punkte mehr auf die Randzone fallen. Patentanspruch 1: Blattschreiber für Hellzeichen, bei welchem das Schreibblatt über eine Walze Einrichtung zur Gleichlaufregelung mit Längsstegen gelegt ist und eine auf einer von Empfangsanordnungen Führung befestigte Schneide in axialer Richtung für Schriftzeichen längs der Walze geleitet, wobei die Länge der nach dem Hell-System Schneide gleich oder größer als der Abstand zweier Walzenstege voneinander ist und die (66) Deutsches Bundespatent Nr. 851 826 Schneide durch eine von einer Magnetanordnung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell betätigte Führungsleiste im Rhythmus der Hell- und Dipl.-Ing. Heinz Taudt zeichen gegen das Blatt gedrückt wird und Mar- Inhaber: Siemens & Halske AG kierungen auf dem Blatt verursacht, dadurch ge- in Berlin und München kennzeichnet, dass mehrere Schneiden auf einer Ausgegeben am 8. März 1954 Führungsanordnung, vorzugsweise einem umlau- Patentanspruch 1: Einrichtung zur Gleichlauf- fenden endlosen Band , Kette oder dgl., angeord- regelung von Empfangsanordnungen für Schrift- net sind und dass eine sich längs der Walze zeichenübertragung nach dem Hell-System oder erstreckende Druckleiste vorgesehen ist, die die einem ähnlichen System, bei dem die Schriftzei- Schneide, bzw. Schneiden unter Wirkung der chen einzeln in Bildpunkte zerlegt und als festge- Magnetanordnung gegen das Schreibblatt drückt. legte Impulsreihen gesendet und empfangsseitig kontinuierlich abgetastet und aufgezeichnet wer- Blattschreiber für die Aufzeichnung den, mit einer von der Sichtbarmachung unab- von Schriftzeichen hängigen, gesonderten Abtastung jeder der bei- den an den␣ Schriftzeichenbereich angrenzenden (64) Deutsches Bundespatent Nr. 847 024 Randzonen, denen je ein Korrekturmittel zuge- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell ordnet ist, von denen das eine beschleunigende Inhaber: Siemens & Halske AG und das andere eine verzögernde Korrektur des in Berlin und München Antriebs bewirkt, wenn auf der entsprechenden Ausgegeben am 21. Dezember 1953 Randzone Bildpunkte abgetastet werden nach Patentanspruch 1: Blattschreiber für die Aufzeich- Patent 838 765, dadurch gekennzeichnet, dass nung von Schriftzeichen, die einer linienweisen zwei weitere Abtastmittel für die obere und unte- Abtastung der einzelnen Schriftzeichen entspre- re Schriftzeichenfeldhälfte vorgesehen sind, von chen, dadurch gekennzeichnet, dass dem Schreib- denen jedes für sich die Summe der empfange- blatt eine oder mehrere Druckleisten unterlegt nen Spannungsimpulse bildet und die derart ge- sind, deren Berührungslinie mit dem Blatt sich geneinander geschaltet sind, dass eine auf ihre synchron mit der linienweisen Abtastung im Ge- Spannungsdifferenz ansprechende Einrichtung, ber innerhalb der Länge einer Bildlinie verschiebt, z. B. ein polarisiertes Relais, gesteuert wird, die wobei ein oder mehrere in Richtung der Druck- mit den durch die Randzonenabtastungen ge- leisten über dem Blatt gleitende, von Magnet- steuerten Korrekturmittel derart zusammenwir- systemen im Rhythmus der empfangenen Impul- ken, dass nur dann eine Korrektur zustande se gegen das Schreibblatt gedrückte Zwischen- kommt, wenn die Randzonenabtastung und die glieder durch einen zwischengelagerten Farbträger Bildfeldabtastung denselben Korrektursinn erge- Markierungen hervorrufen. ben.

Verfahren und Einrichtung Verfahren zur Herstellung zur Gleichlaufregelung von Druckformen mit von Empfangsanordnungen wählbarem Reproduktionsmaßstab für Schriftzeichenübertragung durch lichtelektrische Übertragung von nach dem Hell-System Bildvorlagen (65) Deutsches Bundespatent Nr. 838 765 (67) Deutsches Bundespatent Nr. 924 306 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und Dipl.-Ing. Heinz Taudt Inhaber: Der Erfinder Inhaber: Siemens & Halske AG Ausgegeben am 7. März 1955 in Berlin und München Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von Ausgegeben am 11. Januar 1954 Druckformen mit wählbarem Reproduktions- Patentanspruch 1: Verfahren zur Gleichlaufrege- maßstab durch lichtelektrische Übertragung von lung von Empfangsanordnungen für Schriftzei- Bildvorlagen, dadurch gekennzeichnet, dass das chenübertragung nach dem Hell-System oder von einer Bildvorlage projizierte Bild oder ein einem ähnlichen Verfahren, bei dem die Schrift- Teil desselben zur Steuerung eines Gravierwerkes zeichen, einzeln in Bildpunkte zerlegt, als festge- lichtelektrisch abgetastet wird.

1953 bis 1955 bis 1953

188 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1955

Verfahren Sender ein Einschaltsignal ausgesandt wird, das zur elektromechanischen Herstellung Zeichen sowohl für den selektiven Anruf des Emp- von Druckformen fängers als auch für die phasenrichtige Einleitung mit wählbarem Reproduktionsmaßstab der Bildaufzeichnung enthält und dass Einschalt- (68) Deutsches Bundespatent Nr. 927 666 und Bildsignal frequenzmoduliert übertragen wer- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell den. Inhaber: Der Erfinder Ausgegeben am 12. Mai 1955 Verfahren Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von zur elekromechanischen Herstellung Druckformen mit wählbarem Reproduktions- von Hochdruckformen nach Strichvorlagen maßstab, wobei das von einer Bildvorlage proji- (71) Deutsches Bundespatent Nr. 930 491 zierte Bild oder Teil desselben zur Steuerung ei- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell nes Gravierwerkzeuges lichtelektrisch abgetastet Inhaber: Der Erfinder wird, nach Patent 924 306, dadurch gekennzeich- Ausgegeben am 18. Juli 1955 net, dass ein die Druckplatte tragender Gravier- Patentanspruch 1: Verfahren zur elektromechani- tisch mitsamt dem projizierten Bild und der schen Herstellung von Hochdruckformen nach Projektionseinrichtung in einer oder in beiden Strichvorlagen mittels eines durch eine lichtelek- Abtastrichtungen relativ zum Abtast- und Gra- trische Abtastvorrichtung gesteuerten Gravier- vierorgan bewegt wird. werkzeugs, dadurch gekennzeichnet, dass das Gravierwerkzeug während des Abtastens eines Verfahren zum Zurichten weißen Flächenelements der Vorlage, das von gerasterter Klischees einem getönten Flächenelement genügend weit (69) Deutsches Bundespatent Nr. 927 813 entfernt liegt, tiefer in das zu bearbeitende Mate- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell rial geführt wird als beim Abtasten eines Flächen- Inhaber: Der Erfinder elements, das in der unmittelbaren Umgebung Ausgegeben am 16. Mai 1955 eines getönten Flächenelements liegt, indem Patentanspruch 1: Verfahren zum Zurichten ge- gleichzeitig mit der Abtastung des Flächenele- rasterter Klischees, dadurch gekennzeichnet, dass ments auch dessen Umgebung mit Hilfe einer Rasterelemente auf der Vorderseite des Klischees zusätzlichen Abtastanordnung abgetastet wird. einzeln oder zu mehreren lichtelektrisch abge- tastet werden und gleichzeitig in Abhängigkeit Verfahren zur Herstellung von der Größe der Rasterelemente ein der Abtast- von gerasterten Druckformen vorrichtung gegenüberstehendes Werkzeug ge- durch lichtelektrische Übertragung steuert wird, das die Rückseite des Klischees oder von Bildvorlagen eine zusätzliche Zurichtplatte graviert. (71) Deutsches Bundespatent Nr. 932 947 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Der erste Klischograph Ausgegeben am 12. September 1955 erzeugte 800 Näpchen in Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von der Sekunde. Die Bild- gerasterten Druckformen durch lichtelektrische qualität reichte gerade für Übertragung von Bildvorlagen, dadurch gekenn- Schwarz-Weiß-Bilder für zeichnet, dass auf der Druckplatte in zwei im Zeitungen. Heute sind die allgemeinen um annähernd 90° versetzten Rich- Maschinen der Hell tungen mittels eines elektromagnetisch gesteuer- Gravure Systems GmbH ten Schneidestichels kontinuierliche, parallele fast zehn mal so schnell. Linien eingeschnitten werden, deren Schnitt- Die Näpfchen im breiten von der Tönung der entsprechenden Bild- Kupferzylinder entstehen linien der Bildvorlage abhängig sind und deren mit unvorstellbarer gegenseitige Abstände der gewünschten Raster- Präzision. Die Farbdrucke breite entsprechen. erreichen nahezu beste Fotoqualität Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung gerasterter Negative (73) Deutsches Bundespatent Nr. 933 369 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: der Erfinder Ausgegeben am 22 September 1955 Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung Verfahren zum automatischen Betrieb von von gerasterten Negativen mit den Methoden der Bildtelegraphieempfängern Bildtelegraphie, dadurch gekennzeichnet, dass lichtempfindliches, durch eine Empfindlichkeits- (70) Deutsches Bundespatent Nr. 930 035 schwelle ausgezeichnetes Material unter Zwi- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell schenschaltung einer Blendeneinrichtung unver- Inhaber: Der Erfinder änderlicher Größe durch ein Beleuchtungssystem Ausgegeben am 7. Juli 1955 punktweise belichtet wird, wodurch dessen Patentanspruch 1: Verfahren zum automatischen Helligkeit so gesteuert ist, dass sie stets eine Betrieb eines oder mehrerer Bildtelegraphie- Funktion der Helligkeit der abgetasteten Bild- empfänger, dadurch gekennzeichnet, dass vom elemente ist.

189 Hell Verein / www.hell-kiel.de Verfahren zur Übertragung von schen den Tonwerten der ungefärbten Kunststoff- mit einer Schreibmaschine Folie und der gefärbten Oberfläche ein großer auf einen bandförmigen Schriftträger Kontrast besteht, welcher der Farbempfindlich- gedruckte Schriftzeichen keit der lichtelektrischen Abtastvorrichtung zum durch photoelektrische Abtastung Schneiden des Zurichtungsreliefs angepasst ist. der Schriftzeichen nach dem Hell-System 12 (74) Deutsches Bundespatent Nr. 939 159 Farbauszugsverfahren für Mehrfarbendruck Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell durch punktförmige Abtastung Inhaber: Der Erfinder einer farbigen Vorlage Ausgegeben am 16. Februar 1956 (77) Deutsches Bundespatent Nr. 940 622 Patentanspruch 1: Verfahren zur Übertragung von Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell mit einer Schreibmaschine auf einen bandför- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell migen Schriftträger gedruckter Schriftzeichen in Kiel-Dietrichsdorf durch photoelektrische Abtastung der Schriftzei- Ausgegeben am 22. März 1956 chen in Abtastlinien nach dem Hell-System, da- Patentanspruch 1: Farbauszugsverfahren für Mehr- durch gekennzeichnet, dass gleichzeitig mit dem farbendruck durch punktförmige Abtastung einer farbigen Vorlage und gleichzeitige Her- stellung der korrigierten Farbauszüge bzw. Farbauszugsklischees unter Ver- wendung von zwischen geschalteten Farbauswählvorrichtungen und Verstär- kerkanälen, dadurch gekennzeichnet, dass aus der abgetasteten Farbe nur die Grundfarbe des Farbauszugs und ein Korrekturfarbengemisch herausgegriffen werden, wobei der Farbauszugskanal durch den Korrekturfarbenkanal derart beeinflusst wird, dass eine Korrektur der Ton- und Drucken eines Buchstabens durch die Schreib- Farbwerte des Auszugs erfolgt und eine Belich- maschine eine Lochmarkierung auf den Schrift- tungs- bzw. Graviervorrichtung steuert. träger aufgebracht wird, die in einer definierten Lage zum Buchstabenfeld liegt und mit der im Sender die Transportvorrichtung für den Papier- Vorrichtung zur Herstellung vorschub und die damit mechanisch gekoppelte gerasterter Druckformen Abtastvorrichtung zwangsläufig derart gesteuert durch lichtelektrische Übertragung werden, dass der Bildraster mit dem Abtastraster von Bildern jedes einzelnen Buchstabenfeldes zur Deckung (78) Deutsches Bundespatent Nr. 940 624 gebracht wird. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Verfahren zur Herstellung in Kiel-Dietrichsdorf gerasterter Druckformen Ausgegeben am 22. März 1956 durch lichtelektrische Übertragung Patentanspruch 1: Vorrichtung zur Herstellung von Bildvorlagen gerasterter Druckformen durch lichtelektrische (75) Deutsches Bundespatent Nr. 938 351 Übertragung von Bildern, gekennzeichnet durch Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell einen relativ zu den Abtast- und Gravierorganen Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell zwangsläufig geführten Schlitten, auf dessen ei- in Kiel-Dietrichsdorf ner Seite die abzutastende Bildvorlage liegt und Ausgegeben am 1. März 1956 auf dessen Rückseite die Druckform spiegelbild- Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung ge- lich entsteht. rasterter Druckformen durch lichtelektrische Über- tragung von Bildvorlagen, dadurch gekennzeich- Registriereinrichtung net, dass eine Bildvorlage und ein zusätzlich auf- für Messgeräte, Fernanzeiger od. dgl. gebrachtes Rasternetz durch ein und dieselbe (79) Deutsches Bundespatent Nr. 941 324 Abtastvorrichtung gleichzeitig abgetastet werden. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Kunststoff-Folien in Kiel-Dietrichsdorf für die Herstellung von Druckformen Ausgegeben am 5. April 1956 durch lichtelektrische Übertragung von Bildern Patentanspruch 1: Registriereinrichtung für Mess- geräte, Fernanzeiger, Telegraphenimpulse od. dgl. (76) Deutsches Bundespatent Nr. 940 558 mit einem quer zur Vorschubrichtung eines Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Registrierstreifens beweglichen, die Messwerte Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell übertragenden Abtaster, dadurch gekennzeich- in Kiel-Dietrichsdorf net, dass als Gegendruckkörper zum Abtaster Ausgegeben am 22. März 1956 eine quer zur Vorschubrichtung sich erstrecken- Patentanspruch 1: Kunststoff-Folien für die Her- de Walze vorgesehen ist, die mittels einer Färb- stellung von Druckformen durch lichtelektrische einrichtung ständig eingefärbt wird, während – Übertragung von Bildern, dadurch gekennzeich- zweckmäßigerweise auf der Seite des Abtasters – net, dass eine dünne Oberflächenschicht einer der Registrierstreifen über feste Auflageflächen Kunststoff-Folie, ohne ihre Schnitteigenschaften geführt ist, die den Streifen in geringem Abstand wesentlich zu ändern, so eingefärbt ist, dass zwi- von der Walze abstützen.

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190 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1956 Verfahren zur Herstellung Vorrichtung von gerasterten Negativen zur elektromechanischen Aufzeichnung durch punktweise Belichtung von Telegraphenimpulsen (80) Deutsches Bundespatent Nr. 941 341 (83) Deutsches Bundespatent Nr. 942 639 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell und Hans Daudt in Kiel-Dietrichsdorf Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Ausgegeben am 5. April 1956 in Kiel-Dietrichsdorf Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von Ausgegeben am 3. Mai 1956 gerasterten Negativen durch punktweise Belich- Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektromecha- tung eines lichtempfindlichen Materials mit nischen Aufzeichnung von Telegraphenimpulsen, Empfindlichkeitsschwelle unter Zwischenschal- dadurch gekennzeichnet, dass eine Kugel bzw. tung einer Blende konstanter Größe, wobei die ein Rad im Ende des zu einem Schreibhebel aus- Belichtung und damit die Größe eines Raster- gebildeten Ankers des Empfangsmagneten dreh- elements durch die Helligkeit des abgetasteten bar gelagert ist und sowohl während des Emp- Bildelements gesteuert wird, wie durch ein ton- fangs von Impulsen als auch während der Impuls- und farbrichtig korrigierte Helligkeitsmodulation pausen einem umlaufenden elastischen Farbträger des intermittierenden Beleuchtungssystems mit- dauernd anliegt, wobei die Kugel bzw. das Rad tels Lichtrelais oder steuerbarer Gasentladungs- eingefärbt und gleichzeitig angetrieben wird. lampe, nach Patent 933 369, dadurch gekenn- zeichnet, dass die feste zwischengeschaltete Blen- Registriereinrichtung de am Ort der Ein- und Austrittspupille eines (84) Deutsches Bundespatent Nr. 943 500 abbildenden Objektivs angeordnet wird. Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Vorrichtung in Kiel-Dietrichsdorf zur Herstellung von Druckformen Ausgegeben am 24. Mai 1956 (81) Deutsches Bundespatent Nr. 941 833 Patentanspruch 1: Registriereinrichtung mit einer Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell durch eine Färbeinrichtung ständig eingefärbten, Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell als Gegendruckkörper zu dem die Messwerte in Kiel-Dietrichsdorf übertragenden Abtaster dienenden und quer zur Ausgegeben am 19. April 1956 Vorschubrichtung des Registrierstreifens sich er- Patentanspruch 1: Vorrichtung zur Herstellung streckenden Walze nach Patent 941 324, dadurch von Druckformen, mittels derer eine Bildvorlage gekennzeichnet, dass zum Antrieb der Gegen- auf der einen Seite ein relativ zu den Abtast- druckwalze und der Zugwalze zum Transport des organen zwangsläufig geführten Schlittens abge- Registrierstreifens ein gemeinsamer Motor vorge- tastet und die Druckform auf der Rückseite des sehen ist, der mit dem Abtaster zusammen in gleichen Schlittens spiegelbildlich erzeugt wird, einem gemeinsamen Gehäuse angeordnet ist. wobei die Bewegungsrichtung des Schlittens durch eine Umsteuereinrichtung jeweils bei Er- Verfahren reichen des Bildrandes umgekehrt wird, nach zur elektromechanischen Herstellung Patent 940 624, dadurch gekennzeichnet, dass in von Hochdruckformen nach Strichvorlagen dem Schlitten ein auswechselbarer Einsatz ange- (85) Deutsches Bundespatent Nr. 944 233 ordnet ist, der die Bildvorlage und die Druckplat- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell te sowie den mit zwei Anschlägen für eine elek- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell tromagnetische Kupplung zusammenwirkenden in Kiel-Dietrichsdorf Umsteuerrahmen trägt, und der eine Größe hat, Ausgegeben am 7. Juni 1956 die den Abmessungen der Bildvorlage entspricht. Patentanspruch 1: Verfahren zur elektromechani- Verfahren zur phasenrichtigen Auslösung schen Herstellung von Hochdruckformen nach der umlaufenden Sende- bzw. Strichvorlagen mittels eines durch eine lichtelek- Empfangsorgane von Telegraphengeräten trische Abtastvorrichtung gesteuerten Gravier- mittels Phasensignal werkzeuges, wobei außer einem Bildelement auch (82) Deutsches Bundespatent Nr. 941 855 dessen Umgebung zur zusätzlichen Steuerung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell des Gravierwerkzeuges abgetastet wird, nach Pa- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell tent 930 491, dadurch gekennzeichnet, dass von in Kiel-Dietrichsdorf der Umgebung des Bildelementes nur eine am Ausgegeben am 19. April 1956 Rande dieses Bereichs liegende schmale Zone abgetastet wird, welche, in Abtastrichtung gese- Patentanspruch 1: Verfahren zur phasenrichtigen hen, vor dem Bildelement liegt. Auslösung umlaufender Sende- bzw. Empfangs- organe von Telegraphengeräten mittels Phasen- Verfahren zum Herstellen signal, dadurch gekennzeichnet, dass die Um- gerasterter Klischees unter Verwendung drehung eines mit der Solldrehzahl angetriebe- der Methode der Bildtelegraphie nen rotierenden Organs von relativ zum Sende- bzw. Empfangsorgan kleinen Trägheitsmoment (86) Deutsches Bundespatent Nr. 946 329 phasenrichtig ausgelöst wird und das eigentliche Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Sende- bzw. Empfangsorgan, welches unter Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Zwischenschaltung einer Rutschkupplung einen in Kiel-Dietrichsdorf Antrieb mit einer größeren Drehzahl erfährt, auf Ausgegeben am 26. Juli 1956 die Stellung dieses Organs kleinen Trägheitsmo- Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von ments ständig eingestellt wird. gerasterten Klischees unter Verwendung der Me-

191 Hell Verein / www.hell-kiel.de thode der Bildtelegraphie, dadurch gekennzeich- Verfahren zum phasenrichtigen Starten net, dass ein spanabhebendes Werkzeug durch der Bildwalzen von kombinierten Impulse, deren Modulation durch die Kombinati- Bildsende- und -empfangsgeräten, on aus einer Zeitmodulation und einer Amplitu- bei denen Abtast- und Aufzeichnungs- denmodulation gebildet wird, elektromechanisch vorrichtung gegeneinander versetzt sind gesteuert wird, wobei sowohl die Zeitmodulation (89) Deutsches Bundespatent Nr. 950 469 als ach die Amplitudenmodulation der Impulse Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Funktionen der von der Vorlage lichtelektrisch Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell abgenommenen Helligkeitswerte sind und die in Kiel-Dietrichsdorf Impulsfrequenz der gewünschten Rasterfrequenz Ausgegeben am 11. Oktober 1956 entspricht. Patentanspruch 1: Verfahren zum phasenrichtigen Starten der Bildwalzen mehrerer miteinander ver- kehrender kombinierter Bildsende- und -emp- fangsgeräte von dem als Sender arbeitenden Ge- rät aus einer für alle Bildwalzen beliebigen An- fangslage heraus, wobei Aufzeichnungs- und Ab- tastorgan längs des Walzenumfanges winkelmäßig gegeneinander versetzt sind, und unter Verwen- dung von Phasenkupplungen, dadurch gekenn- zeichnet, dass durch Auslösen eines Startsignals zunächst in allen Geräten die Antriebsmotoren eingeschaltet und die kraftschlüssigen Kupplun- gen der Motoren mit den Bildwalzen ausgerückt werden, dass sodann durch Reibungskupplungen Verfahren zur Herstellung alle Bildwalzen in dieselbe Ausgangsstellung ge- von gerasterten Druckformen bracht werden, wo sie einrasten, und dass an- nach den Verfahren der Bildtelegraphie schließend durch Unterbrechung des Startsignals durch Abtastung einer Bildvorlage für den Sender dessen Motor kraftschlüssig an die und gleichzeitige punktweise Sendewalze angekuppelt wird und dass durch Bearbeitung des Druckformmaterials Schaltmittel, die von der aus der Startstellung mittels eines Gravierwerkzeuges anlaufenden Sendewalze gesteuert werden, das (87) Deutsches Bundespatent Nr. 949 443 Startsignal an die Empfänger übernommen und Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell so lange ausgesendet wird, wie die Sendewalze Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell braucht, um den Winkelabstand zwischen Auf- in Kiel-Dietrichsdorf zeichnungs- und Abtastorgan zu durchlaufen, Ausgegeben am 20. September 1956 worauf die Empfängerwalze kraftschlüssig mit ih- Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von ren Antriebsmotoren gekuppelt werden. gerasterten Druckformen nach den Verfahren der Bildtelegraphie durch Abtastung einer Bildvor- Gravierstichel zur Herstellung lage und gleichzeitige Bearbeitung des Druck- gerasterter Klischees formmaterials mittels eines Gravierwerkzeuges, (90) Deutsches Bundespatent Nr. 952 266 wobei zwischen dem jeweiligen Helligkeitswert Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell des abgetasteten Flächenelements und der Ein- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell dringtiefe des Gravierwerkzeuges ein festgelegter in Kiel-Dietrichsdorf funktioneller Zusammenhang für den gesamten Ausgegeben am 15. November 1956 Tonwertbereich besteht, dadurch gekennzeich- Patentanspruch 1: Gravierstichel für nach den net, dass mittels einer zusätzlichen Abtastvor- Methoden der Bildtelegraphie arbeitenden Ma- richtung auch ein größerer Bereich der Umge- schinen zur Herstellung gerasterter Klischees, bung des eigentlichen Abtastflächenelements auf dadurch gekennzeichnet, dass die Schneide des der Vorlage abgetastet und der mittlere Hellig- Stichels aus einem löffelartigen Teil und einem keitswert dieses Flächenbereiches zur Änderung beiderseitig geradlinigen Ansatz besteht, wobei des funktionellen Zusammenhangs im gesamten die größere Breite des löffelartigen Teiles kleiner Tonwertbereich oder nur in einem bzw. mehre- ist als der Abstand zweier Rasterpunkte und der ren Teilbereichen verwandt wird. Schnittpunkt zwischen der Verlängerung des Ab- satzes und der Stichelachse im Stichelinneren Verfahren zum Abtasten liegt. von Morselochstreifen (88) Deutsches Bundespatent Nr. 949 486 Blattschreiber Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell für Faksimile-Empfänger und Alfred Samlowski (91) Deutsches Bundespatent Nr. 954 070 Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell in Kiel-Dietrichsdorf Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Patentanspruch 1: Verfahren zum Abtasten und in Kiel-Dietrichsdorf Anhalten eines normalen Morselochstreifens nach Ausgegeben am 13. Dezember 1956 der Abtastung jedes Morsezeichens für eine Zeit- Patentanspruch 1: Blattschreiberverfahren für Fak- dauer, die größer ist, als dem Abstand zweier auf- simile-Empfänger, dadurch gekennzeichnet, dass einander folgender Morsezeichen des Lochstrei- die empfangenen Zeichen der sendeseitig abge- fens entspricht, dadurch gekennzeichnet, dass tasteten Bildzeichen laufend hintereinander auf das Anhalten durch den Zwischenraum zweier einem bewegten, endlosen Band mittels eines Morsezeichen ausgelöst wird. Farbe abgebenden Schreibsystems aufgezeichnet

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192 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1957 und mindestens für die Länge einer Zeile gespei- einer Trommel oder Teiltrommel angeordnet sind, chert werden und dass anschließend jede einzel- welche über einstellbare Antriebsvorrichtungen ne gespeicherte Zeile nacheinander durch einen derart miteinander verbunden sind, dass die bei- periodisch wirkenden Druckmechanismus auf den Trommeln oder Teiltrommeln im ausnutzbaren einmal gegen ein senkrecht zur Bandlaufrichtung Winkelbereich mit Winkelgeschwindigkeiten ro- transportiertes Papierblatt phasenrichtig unterei- tieren, deren Verhältnis dem gewünschten nander abgedruckt wird. Reproduktionsmaßstab entspricht, und dass die Vorschubeinrichtungen für die Abtast- und Verfahren zum Herstellen Gravierorgane über einstellbare Antriebsvor- gerasterter Klischees richtungen derart gekoppelt sind, dass das Ver- hältnis der beiden Vorschubgrößen dem ge- (92) Deutsches Bundespatent Nr. 957 126 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell wünschten Reproduktionsmaßstab oder dem ge- wünschtem Raster oder beidem entspricht. Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in Kiel-Diertrichsdorf Vorrichtung zur elektromechanischen Her- Ausgegeben am 31. Januar 1957 stellung von Druckformen Patentanspruch 1: Verfahren zum Herstellen ge- mit veränderbarem Reproduktionsmaßstab rasterter Klischees, bei welchen ein spanabhe- (95) Deutsches Bundespatent Nr. 965 619 bendes Werkzeug, in jedem Rasterpunkt Vertie- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell fungen entsprechend den Helligkeitswerten der Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Bildvorlage in einem Material erzeugt, dadurch in Kiel-Dietrichsdorf gekennzeichnet, dass ein Zwischenschichtma- Ausgegeben am 13. Juni 1957 terial mit einer gut spanbildenden Grundschicht, in die die Vertiefungen geschnitten werden, und Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektromecha- einer nicht spanbildenden Oberschicht, die dün- nischen Herstellung von gerasterten und unge- ner und härter als die Grundschicht ist und an der rasterten Druckformen nach Bildvorlagen mit der Span der Grundschicht beim Herausführen wählbarem und kontinuierlich einstellbarem Re- des Schneidwerkzeugs abreißt, benutzt wird. produktionsmaßstab durch punktförmige Abtas- tung einer Bildvorlage mittels eines Abtast- lichtstrahls und lichtelektrisch gesteuerte punkt- Vorrichtung zum Verschlüsseln förmige Bearbeitung einer Druckform mittels ei- und Entschlüsseln von Zeichen nes Gravierwerkzeuges, wobei bei gerasterten unter Verwendung einer mit Kodeimpulsen Druckformen den Steuerspannungen des Gravier- arbeitenden Telegraphen- oder Fern- systems eine Rasterfrequenz überlagert wird, da- schreibmaschine durch gekennzeichnet, dass die Bildvorlage und und einer Schlüsselmaschine die ihr geometrisch ähnliche Druckform auf je (93) Deutsches Bundespatent Nr. 957 311 einem feststehenden Tisch mit einstellbarem ge- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell genseitigem Abstand in je einem verstellbaren Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Rahmen angeordnet sind, wobei Bildvorlage und in Kiel-Dietrichsdorf Druckform in paralleler Lage so zueinander an- Patentanspruch 1: Vorrichtung zum Verschlüsseln geordnet sind, dass entsprechende Kanten paral- bzw. Entschlüsseln von Zeichen, die auf dem lel sind und die Verbindungslinie der Mittelpunk- Übertragungswege durch Impulsgruppen und te von Bildvorlage und Druckform auf beiden während des Schlüsselvorganges auf der Sende- senkrecht steht, dass ferner ein aus einer aus- bzw. Empfangsseite durch Einzelzeichen darge- wechselbaren punktförmigen Lichtquelle beste- stellt werden, unter Verwendung einer mit Kode- hendes Abtastsystem und ein damit starr verbun- impulsen arbeitenden Telegraphen- oder Fern- denes, aus einer elektromagnetischen oder -dy- schreibmaschine und einer Schlüsselmaschine, namischen Antriebsvorrichtung und einem Gra- dadurch gekennzeichnet, dass sowohl auf der vierwerkzeug bestehenden Graviersystem dicht Sende- wie auch auf der Empfangsseite das Typen- über der Druckformoberfläche angeordnet sind, rad eines Telegraphen- bzw. Fernschreibgerätes wobei Lichtquelle und Gravierwerkzeug zuein- mit dem Chiffrierrad einer mechanischen oder ander entgegengesetzt gerichtet sind und in einer elektrischen Schlüsselmaschine gekoppelt ist, die Flucht liegen, derart, dass das Gravierwerkzeug das Zeichen in seiner Gesamtheit ver- bzw. ent- der zu bearbeitenden Druckform und die Licht- schlüsselt. quelle der Bildvorlage zugekehrt ist, dass ferner Mittel vorgesehen sind, die bewirken, dass Ab- Vorrichtung zur elektomechanischen Her- tast- und Graviersystem sich zeilenweise über die stellung von Druckformen Druckform hin- und herbewegen und nach Been- mit veränderlichen Reproduktionsmaßstab digung der Gravur jeder Zeile einen einstellbaren Vorschubschritt, dessen Größe dem gewählten (94) Deutsches Bundespatent Nr. 960 608 Raster entspricht, senkrecht zur Gravierrichtung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell ausführen, dass weiter auf der gemeinsamen Sym- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell metrieachse von Bildvorlage und Druckform zwi- in Kiel-Dietrichsdorf schen beiden ein hinsichtlich der Brennweite Ausgegeben am 21. März 1957 veränder- oder auswechselbares Objektiv ver- Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektromecha- schiebbar angeordnet ist, das die Lichtquelle auf nischen Herstellung von gerasterten oder unge- der Bildvorlage als Lichtpunkt abbildet und dass rasterten Druckformen mit wählbarem Reproduk- schließlich mehrere Fotozellen rotationssymme- tionsmaßstab durch photoelektrische Abtastung trisch in gleichen Abständen oder eine ringförmi- einer Bildvorlage und dadurch bewirkende Steu- ge Fotozelle um die Objektivachse zwischen Bild- erung einer Graviervorrichtung, dadurch gekenn- vorlage und Objektiv in der Nähe des Objektivs zeichnet, dass Bildvorlage und Druckform auf je angeordnet ist.

193 Hell Verein / www.hell-kiel.de Verfahren zur elektromechanischen richtung gesteuert wird, derart, dass die eine Ab- Herstellung von Tiefdruckformen lenkspannung für den Elektronenstrahl der jewei- (96) Deutsches Bundespatent Nr. 1 004 923 ligen Gravierzeilenlängen (dem Tischhub) und Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf hell die andere dem Vorschubweg des Graviersystems Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in Bezug auf den Graviertisch proportional ist. in Kiel-Dietrichsdorf Ausgegeben am 29. August 1957 Vorrichtung zur elektrischen Übertragung Patentanspruch 1: Verfahren zur elektromechani- von in Bildelemente zerlegten Schriftzeichen schen Herstellung gerasterter Tiefdruckformen mit nach dem Hell-System durch photo- versetztem Backsteinraster durch photoelektrische elektrische Abtastung von Zeichenfolgen Abtastung einer Bildvorlage und hierdurch ge- (98) Deutsches Bundespatent Nr. 1 004 659 steuerte gleichzeitige punktförmige Gravierung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell einer Druckform in aufeinander folgenden Zeilen Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell mittels eines Gravierwerkzeuges, wodurch den in Kiel-Dietrichsdorf Steuerspannungen bzw. -strömen für das elektri- Ausgegeben am 19. September 1957 sche Antriebssystem des Gravierwerkzeuges eine Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektrischen Rasterfrequenz überlagert wird, dadurch gekenn- Übertragung von Schriftzeichen durch photoelek- zeichnet, dass jede Backsteinreihe mit einer trische Abtastung der bei der Zerlegung der Schrift- Linienzahl graviert wird, die gleich dem Quoti- zeichen in Bildelemente nach dem Hell-System enten aus Backsteinhöhe und Stegbreite ist, dass erhaltenen Zeichenfolgen, die auf dem Umfang die Flächen der herausgeschnittenen Backsteine einer rotierenden Sendetrommel nebeneinander gleich groß sind, dass die Tiefe der herausge- angeordnet sind, unter Verwendung eines Sys- schnittenen Backsteinelemente proportional der tems von übereinander liegenden und gegen- Schwärzung der abgestasteten Bildpunkte ist, dass einander verschiebbaren, alle Zeichenfolgen er- der Quervorschub des Abtast- und Graviersystems fassenden Lochblenden, die durch wählbare Ein- senkrecht zur Gravierrichtung nach Beendigung stellung ihrer möglichen Verschiebungskombi- der Gravur jedes Backsteinstreifens innerhalb nationen die Abtastung jeweils einer und nur einer Backsteinreihe gleich der Stegbreite ist und einer Zeichenfolge gestatten, dadurch gekenn- nach Beendigung der Gravur einer Backstein- zeichnet, dass das Blendensystem aus einer ge- reihe zwei Stegbreiten beträgt und dass die Phase genüber der Anzahl abzutastender Zeichenfolgen jeder Backsteinreihe um 180° verschoben wird. in kleinstmöglicher Anzahl von gleich langen, rechteckigen, länglichen Schlitzblenden besteht, Verfahren und Vorrichtung deren erste, in Richtung ihrer Längsausrichtung zur elektromechanischen Herstellung von gesehen, zwei gleich lange, hintereinander liegen- gerasterten oder ungerasterten Druckformen de, aneinandergrenzende, seitlich um die Schlitz- mit veränderbarem Reproduktionsmaßstab breite gegeneinander versetzte Schlitze hat und (97) Deutsches Bundespatent Nr. 1 004 475 deren jede folgende immer doppelt so viele mit- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell einander abwechselnde, seitlich gegeneinander Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell versetzte halb so lange Schlitze wie die vorherge- in Kiel-Dietrichsdorf hende aufweist, dass ferner die Blenden des Ausgegeben am 5. September 1957 Blendensystems in ihrer Längsausdehnung paral- lel zur Trommelachse dicht vor der Trommel- Patentanspruch 1: Vorrichtung zur elektromecha- oberfläche und senkrecht zu ihrer Längsausdeh- nischen Herstellung von gerasterten oder un- nung verschiebbar angeordnet sind und dass gerasterten Druckformen mit veränderbarem schließlich die Blenden an Wählscheiben befes- Reproduktionsmaßstab durch punktförmige Ab- tigt sind, deren Verschiebungskombinationen tastung eines optischen Bildes der zu reproduzie- durch Tasten einstellbar sind. renden Bildvorlage in aufeinander folgenden Zei- len und hierdurch gesteuerte punktförmige Bear- Vorrichtung zum Verschlüsseln beitung einer Druckform mittels eines Gravier- und Entschlüsseln von Nachrichten werkzeuges unter Verwendung eines hin- und unter Verwendung hergehenden Graviertisches, auf dem die ver- einer Fernschreibmaschine schiedenen Druckformplatten aufgespannt wer- und einer Schlüsselmaschine den, und einer Bildzerlegerröhre, dadurch ge- kennzeichnet, dass die zu reproduzierende Bild- (99) Deutsches Bundespatent Nr. 1 012 952 vorlage vermittels einer Abbildungsoptik mit ver- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell änderbarem Abbildungsmaßstab auf die Photo- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell kathode bzw. Mosaikplatte der Bildzerlegerröhre in Kiel-Dietrichsdorf in immer gleicher Größe abgebildet wird, dass Ausgegeben am 2. Januar 1958 das optische Bild durch einen Elektronenstrahl Patentanspruch 1: Vorrichtung zum Ver- und Ent- zeilenförmig abgetastet wird, dass die modulier- schlüsseln von Nachrichten unter Verwendung ten Bildströme der Röhre die Eindringtiefe des einer Fernschreibmaschine und einer Schlüssel- Gravierwerkzeuges in die Druckplatte steuern, maschine, dadurch gekennzeichnet, dass die dass die Ablenkung des Elektronenstrahles in der Druckerwelle der Fernschreibmaschine zur Dre- einen Koordinatenrichtung durch die Relativ- hung des Typenrades der Schlüsselmaschine um bewegung des Graviertisches in Bezug auf das den jeweiligen Schlüsselschritt dient, während Graviersystem in der Gravierrichtung und die Ab- die zu ver- oder entschlüsselnden Zeichen am lenkung des Elektronenstrahls in der zur ersten Typenrad anderweitig eingestellt werden, wobei senkrechten Koordinatenrichtung durch die rela- die Gesamtdrehung des Typenrades als Summe tive Vorschubbewegung des Graviersystems in der Einstellschritte und der Schlüselschritte das Bezug auf den Graviertisch senkrecht zur Gravier- ver- bzw. entschlüsselte Zeichen ergibt.

1957 bis 1958 1957

194 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1958 bis 1959 Verfahren zur Herstellung von schwarz-weißer Bildelemente erhaltenen binä- Schlüsselstreifen mit extrem langer Periode ren Zeichenfolgen eindeutig zugeordnet sind, für Schlüsselmaschinen und Vorrichtung unter Verwendung der magnetischen Kurzzeit- zur Durchführung des Verfahrens speicherung, gekennzeichnet durch die Kombi- (100) Deutsches Bundespatent Nr. 1 012 635 nation der nachfolgenden bekannten Mittel: Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell a) eine nach Art der Schreibmaschine angeordne- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell te Tastatur mit einer Anzahl der zu übertragenden in Kiel-Dietrichsdorf Schriftzeichen entsprechenden Anzahl an Typen- Ausgegeben am 2. Januar 1958 hebeln und durch diese betätigten Typenhebel mit Typenköpfen, auf denen je eine den zu über- Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von tragenden Schriftzeichen zugeordnete Zeichen- Schlüsselstreifen sehr langer Periode mit einer folge magnetisch dargestellt ist; kleinen Anzahl n (n = 3...7) von Folgen binärer b) ein umlaufender magnetisierbarer Speicher, an Zeichen, die in n nebeneinander stehenden Spal- den die Typenköpfe durch Betätigung der Tasten ten parallel zur Längsausdehnung des Streifens kurzzeitig herangeführt und auf dem die magne- tischen Darstellungen der einzelnen Zeichen- folgen jeweils auf einmal magnetisch aufgezeich- net werden; c) ein magnetischer Abtastkopf, durch den unmit- telbar anschließend an die Aufzeichnung einer Zeichenfolge die einzelnen Zeichen dieser Folge zeitlich nacheinander abgetastet und als Impulse ausgesendet werden; angeordnet sind, unter Verwendung von un- d) ein magnetischer Löschkopf, durch den die periodischen Schlüsselstreifen, deren Länge klein Zeichenfolge nach der Abtastung gelöscht wird. gegenüber der Länge der zu verschlüsselnden Klartextstreifen ist, mit der gleichen Anzahl n von Verfahren zur Beseitigung des Schneidgrates gesetzlosen, willkürlich gewählten Folgen der bi- bei mittels elektronischer Klischee- nären Zeichen mit ungefähr statistischer Gleich- maschinen druckfertig verteilung dieser beiden Zeichen, dadurch ge- hergestellter gerasterter Druckformen kennzeichnet, dass jede Zeichenfolge oder Teil- folge des periodischen Schlüsselstreifens in je (102) Deutsches Bundespatent Nr. 1 025 720 einem Speicher unterschiedlichen Fassungsver- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell mögens gespeichert wird, von deren Fassungs- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell zahlen keine zwei einen gemeinschaftlichen Tei- in Kiel-Dietrichsdorf ler haben und wobei die Zeichenanzahl der längs- Ausgegeben am 28. August 1958 ten Folge gleich der Fassungszahl des größten Patentanspruch 1: Verfahren zur Beseitigung des Speichers ist, dass anschließend die gespeicher- Schneidgrates und zur Tieferlegung sowie zur ten Zeichenfolgen aus einer beliebig wählbaren Versteilung der Flanken der Rasterelemente bei relativen Ausgangsstellung zueinander periodisch mittels elektronischer Klischeemaschinen druck- wiederkehrend mit gleicher Zeichengeschwin- fertig hergestellten metallischen Druckformen digkeit je einer Abfragevorrichtung angeboten zwecks Rückenzurichtung und Herstellung von werden, deren jede auf eines der binären Zei- Matern nach Patent 941 171, dadurch gekenn- chen einstellbar und ansprechbar ist, und dass zeichnet, dass die zu bearbeitende metallische schließlich nur bei gleichzeitigem Ansprechen Druckformplatte vor ihrer elektromechanischen aller n Abfragevorrichtungen auf eine vorher ver- Gravierung mit einer gegen chemische Einflüsse einbarte und eingestellte, n Zeichen enthaltende schützende Schicht überzogen wird, die an den Zeichenkombination (Code-Gruppe) aus einer ge- stehen bleibenden Stellen (Schwarzpunkten) der gebenen anderen, sich periodisch mit derselben Metalloberfläche durch das Gravierwerkzeug Zeichengeschwindigkeit einer Registriervorrich- nicht entfernt wird, und dass anschließend nach tung laufend anbietenden, willkürlich gewählten der Gravierung die gesamte Oberfläche der Druck- Reihenfolge der 2 hoch n möglichen verschiede- form gleichmäßig einem kurzen Ätzprozess mit nen Zeichenkombinationen, wobei 2 hoch n mit einem Ätzmittel unterzogen wird. keiner der Speicherfassungszahlen einen gemein- samen Teiler hat, die gerade anliegende Zeichen- Verfahren und Vorrichtung kombination (Code-Gruppe) ausgewählt und auf zum automatischen Empfangen und Drucken einem Streifen registriert wird. von Faksimilogrammen (103) Deutsches Bundespatent Nr. 1 035 194 Vorrichtung zum Aussenden von Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell in Bildelemente zerlegten Schriftzeichen Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell nach dem Hell-System mittels Impulsfolgen in Kiel-Dietrichsdorf (101) Deutsches Bundespatent Nr. 969 210 Ausgegeben am 8. Januar 1959 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf hell Patentanspruch 1: Verfahren zum vollautomati- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell schen Empfangen der Ausfülltexte von Formula- in Kiel-Dietrichsdorf ren, wie Fahrkarten, Schecks od. dgl., die von Ausgegeben am 14. Mai 1958 einer Zentrale oder mehreren Zentralen im Faksi- Patentanspruch 1: Vorrichtung zum Aussenden miletelegraphieverfahren gesendet werden, da- von in Bildelemente zerlegten Schriftzeichen nach durch gekennzeichnet, dass zunächst der Aus- dem Hell-System mittels Impulsfolgen, die den fülltext durch das Schreibsystem des Empfängers bei der Zerlegung der einzelnen Schriftzeichen- auf der Empfangswalze mittels Druckfarbe aufge- felder in gleichbleibende Anzahl gleich großer zeichnet wird, dass nach Beendigung der Auf-

195 Hell Verein / www.hell-kiel.de zeichnung die Empfangswalze wieder in ihre Aus- kombinationen abgefragt werden, und die Abfra- gangsstellung gebracht wird, dass sodann ein For- ge der zweiten Zeichenkombination die Abtast- mular oder mehrere Formulare zwischen Emp- vorrichtung veranlasst, wirksam zu werden und fangswalze und einer Gegendruckwalze, welche so lange zu bleiben, als dieselbe Zeichenkombi- auf der Empfangswalze rollt, eingeführt werden, nation (Code-Gruppe) oder andere, von der ers- dass die Empfangswalze eine oder mehrere Um- ten verschiedene Zeichenkombinationen (Code- drehungen ausführt und den aufgezeichneten Aus- Gruppen) abgefragt werden, dass die Zeichen fülltext dabei auf ein Formular oder auf mehrere jeder abgetasteten Zeichenkombination nach Formulare abdruckt, und dass nach Beendigung einem Pyramidenschema so lange multiplikativ des Druckvorgangs die Aufzeichnung auf der miteinander überlagert werden, bis pro Kombi- Empfangswalze gelöscht und die Walze wieder nation nur noch ein einziges Zeichen übrig bleibt, in ihre Empfangsstellung gebracht wird. und dass die Überlagerungsergebnisse auf einem Schlüsselstreifen in Form einer einzigen Zeichen- Verfahren zur Herstellung folge registriert werden, der, mit dem Klartext- von Schlüsselstreifen sehr großer Periode streifen überlagert, den Geheimtextstreifen ergibt. (104) Deutsches Bundespatent Nr. 1 047 837 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Verfahren und Vorrichtung Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell zur elektronischen Farbkorrektur in Kiel-Dietrichsdorf (105) Deutsches Bundespatent Nr. Ausgegeben am 2. Juli 1959 Nr. 1 053 311 Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell verlängerten Schlüsselstreifen sehr großer Perio- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell de für Schlüsselmaschinen mit einer einzigen in Kiel-Dietrichsdorf Folge von Aufzeichnungen binärer Zeichen zum Ausgegeben am 10. September 1959 Verschlüsseln von auf einem Klartextstreifen in Patentanspruch 1: Verfahren zur elektronischen binären Zeichen registrierten Impulsfolgen, die Farbkorrektur für die Reproduktion farblicher Bild- den zu übertragenden Informationen eines Hell- vorlagen, wobei nach Art der Bildtelegraphie eine oder Faksimilesenders zugeordnet sind, unter Ver- farbige Vorlage selbst oder drei nach ihr herge- wendung von unperiodischen Schlüsselstreifen, stellte photographische Farbauszüge unmittelbar deren Länge klein gegenüber der Länge der zu abgetastet werden, dadurch gekennzeichnet, dass verschlüsselnden Klartextstreifen ist, mit einer klei- die drei stetig veränderlichen Farbmesswerte x, y, nen Anzahl n (n = 3 bis 7) von gesetzlosen, will- z (z. B. die Normfarbwerte nach DIN 5033) der kürlich gewählten Folgen von Aufzeichnungen farbigen Bildpunkte des zu reproduzierenden der binären Zeichen mit ungefähr statistischer Originals durch je eine hinreichend große An- Gleichverteilung dieser beiden Zeichen, wobei zahl verschiedener diskreter Werte ersetzt wer- die Zeichen der Folgen in n nebeneinander ste- den, dass die drei stetig veränderlichen Farbdosie- henden Spalten parallel zur Längsausdehnung rungen u, v, w (z. B. die relativen Rasterpunkt- des Streifens so angeordnet sind, dass sie quer größen bzw. Näpfchentiefen) für die farbigen Bild- zum Streifen wechselnde Kombinationen zu je n punkte der Reproduktion, welche mit den Farb- Zeichen (Code-Gruppen) ergeben, und unter Ver- messwerten x, y, z durch drei empirisch oder wendung von Speicher- und Abfragevorrichtungen theoretisch ermittelte Funktionen u = b(x, y, z), v nach Patent 1 012 635, dadurch gekennzeichnet, = r(x, y, z), w = g(x,y,z) zusammenhängen, eben- dass jede Zeichenfolge oder Zeichenteilfolge des falls durch je eine hinreichend große Anzahl dis- unperiodischen Schlüsselstreifens in je einer kreter Werte ersetzt werden, dass die durch pro- Speichervorrichtung unterschiedlichen Fassungs- portionale elektrische Signale dargestellten vermögens gespeichert wird, von deren Fassungs- Farbmesswerte einem elektrischen Speicher ent- zahlen keine zwei einen gemeinschaftlichen Tei- sprechend der Abtastgeschwindigkeit laufend zu- ler haben und wobei die Zeichenanzahl der längs- geführt werden und dass die durch proportionale ten Folge gleich der Fassungszahl des größten elektrische Signale dargestellten Farbdosierungen Speichers ist, dass jede gespeicherte Zeichen- dem elektronischen Speicher laufend entnom- folge aus einer beliebig wählbaren relativen Aus- men werden in Zeitintervallen, die gleich oder gangsstellung der Speichervorrichtung zueinan- kleiner sind als die Zeit, die zur Abtastung eines der periodisch wiederkehrend mit gleicher Zei- Bildpunktes benötigt wird. chengeschwindigkeit je n Abfragevorrichtungen angeboten wird, die mit den entsprechenden Ab- Verschlüsselungsverfahren fragevorrichtungen der übrigen Speichervor- und Schlüsselmaschine richtungen zu n Querabfragesystemen von je n zur Ausübung desselben Abfragevorrichtungen zusammengefasst sind, de- ren jedes je einer Abtastvorrichtung für jede (106) Deutsches Bundespatent Nr. 1 056 400 Speichervorrichtung zugeordnet ist, dass jedes Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Querabfragesystem auf je zwei voneinander Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell verschiedene Querzeichenkombinationen (Code- in Kiel-Dietrichsdorf Gruppen) von je n Zeichen eingestellt ist und Ausgegeben am 15. Oktober 1959 diese aus den gespeicherten Zeichenfolgen aus- Patentanspruch 1: Verfahren zur Erzeugung einer wählt, derart, dass die Abfrage der ersten einge- Folge von Elementen aus einer Menge von Buch- stellten Zeichenkombination (Code-Gruppe) die staben oder Ziffern und zum Verschlüsseln, bei dem betreffenden Abfragesystem zugeordnete Ab- dem Stromwege über mehrere hintereinander ge- fragevorrichtung veranlasst, unwirksam zu wer- schaltete, umlaufende, mit Kontakten versehene den und so lange zu bleiben, als dieselbe Permutationsscheiben geführt und während der Zeichenkombination (Code-Gruppe) oder ande- Umdrehung der Scheiben verändert werden, da- re, von der zweiten verschiedenen Zeichen- durch gekennzeichnet, dass die Auswahl eines

1959

196 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1959 bis 1960 einzelnen Elementes aus der Menge ohne eine ihrem oberen Enden am Gravier- und Bildtisch vor den Permutationsscheiben vorgenommene drehbar gelagert sind, durch einen die beiden Tastung durch die Permutationsscheiben selbst␣ da- Schwinghebel miteinander verbindenden, in ei- durch erfolgt, dass die eingangsseitig verbunde- ner zu den Tischebenen senkrechten und parallel nen Stromwege, je nach der Stellung der Permu- zur Ebene der beiden Schwinghebel angeordne- tationsscheiben zueinander, innerhalb der Schei- ten, in derselben Richtung wie die Tische hin- benanordnung selbst einzeln, mehrere gleichzei- und hergehenden, zwangsläufig geführten Schlit- tig durchgeschaltet oder unterbrochen werden. ten, an dem die beiden Schwinghebel zwischen ihren Enden um Achsen drehbar angeordnet sind, Komplementvorrichtung die entsprechend dem gewünschten Reproduk- für Chiffriermaschinen tionsmaßstab am Schlitten der Höhe nach ver- (107) Deutsches Bundespatent Nr. 1 055 851 stellbar sind, ferner durch einen den Gravier- und Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Abtastkopf miteinander verbindenden, horizon- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell tal angeordneten, zweiseitigen Hebel zur Kupp- in Kiel-Dietrichsdorf lung der Vorschubbewegungen beider Köpfe, des- Ausgegeben am 15. Oktober 1959 sen eines Ende am Gravierkopf und dessen ande- res Ende am Abtastkopf um je eine vertikale Ach- Patentanspruch 1: Komplementvorrichtung für se drehbar gelagert ist und dessen zwischen sei- Chiffriermaschinen, bei denen eine Anzahl Stift- nen beiden Endpunkten gelegene vertikale Dreh- räder, deren Stiftzahlen teilerfremd sind, um eine achse entsprechend dem gewünschten Repro- gemeinsame Achse über verschiedene Zahnrad- duktionsmaßstab am Maschinengehäuse horizon- übersetzungen, deren Übersetzungsverhältnisse tal verstellbar ist. ebenfalls teilerfremd sind, durch die Zähne von verschiebbaren Gleitstangen einer rotierenden Vorrichtung Stangentrommel im nicht verschobenen Zustan- zur Steuerung der periodischen Auslösung de der Stangen unregelmäßig, aber schrittgleich des Druckmechanismus antreibbar sind, welche Gleitstangen mittels un- eines druckenden Faksimileblattschreibers regelmäßig aufgesetzter Reiter bei Auflaufen ge- gen die Stiftlücken der Stifträder eingefallene Ab- (109) Deutsches Bundespatent Nr. 1 061 364 fragehebel unregelmäßig seitlich verschiebbar Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell sind, und wobei die Gleitstangenzähne auf dem Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Umfang der Stangentrommel mit unregelmäßi- in Kiel-Dietrichsdorf gen Lücken versehene Zahnräder bilden, deren Ausgegeben am 2. Juni 1960 letzteres über ein Zwischenrad auf ein Alphabet- Patentanspruch 1: Vorrichtung zur Steuerung der rad antreibend einwirkungsfähig ist, dessen unre- periodischen Auslösung des Druckmechanismus gelmäßige Drehungen zum Verschlüsseln ver- eines druckenden Faksimileblattschreibers unter wendbar sind, gekennzeichnet durch eine paral- Zugrundelegung eines Faksimilesenders, der pe- lel zur Achse der Stangentrommel angeordnete, riodisch nach jeder Zeile (Umdrehung der Sende- axial verschiebbare, unter dem Zug einer Feder trommel) ein Startsignal aussendet, und unter stehende Mitnehmerstange, auf der ein Schieber Verwendung des Start-Stop-Prinzips nach Patent verschiebbar und vor jedem der Abfragehebel 954 070, dadurch gekennzeichnet, dass ein Halte- einrastbar angeordnet ist, und an deren einem magnet und ein über eine Rutschkupplung durch Ende eine Mitnahmevorrichtung derart befestigt den Antriebsmotor des Faksimileblattschreibers ist, dass sie das das Alphabetrad antreibende angetriebenes, mit einer größeren als der der Zwischenrad auf einer Achse dann und nur dann Folgefrequenz der Startsignale entsprechenden verschiebt, wenn durch das Einfallen desjenigen Drehzahl umlaufendes Steuerglied bei jedem Abtasthebels, vor dem der Schieber eingerastet Startsignal für nur eine einzige Umdrehung frei- ist in eine Lücke des zugehörigen Stiftrades der gibt. Schieber und damit die Mitnehmerstange freige- geben wird, mit einer derartigen Zuordnung der Zahnradübersetzungen zueinander, dass die Dre- hung des Alphabetrades der zu der Zähnezahl der verschobenen Gleistangen komplementären Zähnezahl der jeweils nicht verschobenen Gleit- stangen der Stangentrommel entspricht.

Elektronische Klischiermaschine mit veränder- Verfahren und Vorrichtung barem Reproduktionsmaßstab zur elektronischen Farbkorrektur (108) Deutsches Bundespatent Nr. 1 057 877 (110) Deutsches Bundespatent Nr. 1 077 062 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell, Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Dipl.-Ing. Roman Koll in Kiel-Dietrichsdorf und Dipl.-Ing. Fritz-Otto Zeyen Ausgegeben am 5. November 1959 Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Patentanspruch 1: Elektronische Klischiermaschi- in Kiel-Dietrichsdorf ne vom Zwei-Tisch-Typus zur elektromechani- Ausgegeben am 25. August 1960 schen Herstellung von Druckformen mit stetig Patentanspruch 1: Verfahren zur elektronischen veränderbarem Reproduktionsmaßstab, gekenn- Farbkorrektur für die Reproduktion farbiger Bild- zeichnet durch ein Paar sich in einer vertikalen vorlagen, wobei nach Art der Bildtelegraphie Ebene in derselben Richtung hin- und herbewe- eine farbige Bildvorlage selbst oder drei nach ihr gende, einseitige Schwinghebel, welche an ihren hergestellte photographische Farbausüge abge- unteren Enden am Maschinengehäuse und an tastet werden und die auf diese Weise gewonne-

197 Hell Verein / www.hell-kiel.de nen Farbmesswerte in Farbdosierungswerte um- ander folgende Treffer bestimmte Gruppen aus je gerechnet werden nach Patent 1 053 311, da- n Impulsen vorübergehend speichern und diese durch gekennzeichnet, dass die drei stetig Gruppen jeweils in Form einer vollständigen veränderlichen Farbmesswertspannungen mit je Impulskombination zur Basis n einer Registrier- einer Wechselspannung gleicher Frequenz addi- vorrichtung, z. B. einer Lochstreifenstanze, selbst- tiv überlagert (gewobbelt) werden, deren Fre- tätig zuführen. quenz mindestens gleich der doppelten höchsten Signalfrequenz (Bildpunktfrequenz) und deren Verfahren und elektronische Vorrichtung Amplitude mindestens gleich einer halben zur Aussendung von Schriftzeichen Quantenstufe ist, dass die gewobbelten Farb- im Hell-Code oder einem ähnlichen Code messwertspannungen periodisch und kurzzeitig für Blattschreiber (Faksimileverfahren) mit einer Frequenz abgefragt werden, die ein (112) Deutsches Bundespatent Nr. 1 086 738 Vielfaches der Wobbelfrequenz ist, und dass die Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell abgefragten gewobbelten Signalmomentanwerte Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in an sich bekannter Weise quantifiziert werden. in Kiel-Dietrichsdorf Ausgegeben am 2. Februar 1961 Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von verlängerten Schlüssel- Patentanspruch1: Verfahren zur Aussendung von streifen sehr langer Periode für Mischgeräte Schriftzeichen im Hell-Code oder einem diesem zum Ver- und Entschlüsseln ähnlichen Code für Blattschreiberempfang (Faksi- mileverfahren), dadurch gekennzeichnet, dass die (111) Deutsches Bundespatent Nr. 1 074 630 den auszusendenden Hell-Code oder einem die- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und Dipl.-Ing. Roman Koll Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in Kiel-Dietrichsdorf Ausgegeben am 8. September 1960 Patentanspruch 1: Verfahren zur Herstellung von verlängerten Schlüsselstreifen sehr langer Perio- de in einem binären Fernschreibcode zur Basis n für Mischgeräte zum Ver- und Entschlüsseln unter sem ähnlichen Code zugeordneten Impulsfolgen Verwendung von n unperiodischen, relativ kur- nacheinander jeweils in einem von zwei Impuls- zen, aus den beiden binären Zeichenelementen Zeilenspeichern abwechselnd gespeichert wer- Loch und Nichtloch bestehenden Spalten mit den, dass aus dem jeweils gefüllten Speicher teilerfremden Zeichenelementeanzahlen, die in Impulsfolgen entnommen werden, die jeweils einem treppenförmig abgestuften Urschlüssel- eine Abtastlinie einer Schriftzeile in Zeilenrichtung streifen enthalten sind, wobei diese Spalten, mit darstellen, und dass diese Impulsfolgen nach- einer beliebigen relativen Ausgangsstellung zuein- einander Linie für Linie in der Reihenfolge, wie ander beginnend, von einer sich quer über alle n sie die Schriftzeile von oben nach unten zusam- Spalten erstreckenden, aus n Abfrageeinrichtun- mensetzen, gelesen, ausgesendet und von einem gen bestehenden Querabfrageeinrichtung auf Auf- Faksimileblattschreiber aufgezeichnet werde. treten einer in deren Steuereinrichtung einge- Vorrichtung zur Herstellung von stellten Trefferkombination zyklisch und perio- verlängerten Schlüsselfolgen disch abgetastet werden und die Querabfrage- mit sehr langer Periode für Mischgeräte einrichtung bei jedem Trefferfall eine Registrier- zur Ver- und Entschlüsselung einrichtung auslöst, deren zugeordneter Abfrage- einrichtung eine gegebene andere, willkürlich (113) Deutsches Bundespatent Nr. 1 095 312 gewählte Folge aus den Zeichenelementen zy- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell klisch und periodisch mit derselben Zeichen- und Dipl.-Ing. Roman Koll geschwindigkeit wie bei der Trefferabtastung lau- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell fend angeboten wird und eine Registrierung der in Kiel-Diertrichsdorf aus dieser anderen Folge jeweils gerade im Treffer- Ausgegeben am 22. Juni 1961 zeitpunkt anliegenden Zeichenelemente bewirkt, Patentanspruch 1: Vorrichtung zur Durchführung nach Patent 1 912 635, dadurch gekennzeichnet, des Verfahrens zur Herstellung von verlängerten dass gleichzeitig Schlüsselfolgen mit sehr langer Periode aus Zei- a) als Speicher mit teilerfremden Zeichenele- chenelementekombinationen in einem binären menteanzahlen für n entsprechend verschieden Fernschreibcode zur Basis n für Mischgeräte zur lange Zeichenelementfolgen (Spalten) jeder von Ver- und Entschlüsseln unter Verwendung einer ebenfalls n verschiedenen, ebenso langen Ur- gegenüber diesen Schlüsselfolgen kurzen, perio- schlüsselstreifen mit Lochkombinationen zur Ba- denfreien, willkürlich gewählten Urschlüsselfolge sis n zu einem endlosen Band zusammengefügt aus Zeichenelementekombinationen desselben wird, von dessen n jeweils unter sich gleich lan- Codes, aus deren jeweils 1. bis n. Zeichenele- gen Spalten je eine verabredete ausgewählt wird, menten insgesamt n Zeichenelementen insgesamt b) mehrere auf verschiedene Trefferkombinationen n Zeichenelementefolgen mit voneinander ver- eingestellte Querabfrageeinrichtungen vorgese- schiedenen, kleinen gemeinschaftlichen Teiler hen sind, aufweisenden Zeichenelementeanzahlen oder c) die Registriervorrichtung bzw. der dieser zuge- derartige Spalten gebildet werden, deren jede in ordneten Abfrageeinrichtung angebotene Impuls- je einem von n Speichern gespeichert wird, und folge aus regelmäßig abwechselnden positiven die, so gespeichert, alle mit einer beliebig wähl- und negativen Impulsen besteht, baren und verabredeten relativen Ausgangsstel- d) zwei oder mehrere elektronische Zwischen- lung zueinander beginnend, gleichzeitig und pe- speicher vorgesehen sind, die jeweils n aufein- riodisch mit gleicher Schrittgeschwindigkeit je

1960 bis 1961 1960

198 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1963 bis 1964 einer Abfragevorrichtung angeboten werden, wel- Verfahren che bei jeder »Trefferkombination« das aus einer zur Kontrolle der Betriebsbereitschaft anderen Zeichenfolge mit statistischer Verteilung eines Faksimileempfängers jeweils gerade anliegende Zeichen zum Aufbau durch den mit ihm in Verbindung der verlängerten Schlüsselfolge auswählt, nach stehenden Faksimilesender Patent 1 012 635, gekennzeichnet (115) Deutsches Bundespatent Nr. 1 151 534 a) durch eine Gesamtanzahl der zu speichernden Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell binären Zeichenelemente der Spalten gleiche An- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell zahl elektronisch abfragbarer Speicherelemente, in Kiel-Dietrichsdorf die den verschiedenen Spalten entsprechend in Ausgegeben am 14. Mai 1964 verschiedenen Speichern (Speicherelemen- Patentanspruch 1: Verfahren zur Kontrolle der tefolgen) angeordnet und auf je einen ihrer bei- Betriebsbereitschaft eines Faksimileempfängers den binären Zustände entsprechend dem zuge- durch den mit ihm in Verbindung stehenden ordneten binären Zeichenelement eingestellt sind, Faksimilesender, dadurch gekennzeichnet, dass und die bei beliebig häufiger Abfrage ihre gespei- nachdem Sender und Empfänger durch das cherte binäre Information nicht verlieren, sendeseitige Start- und Phasensignal gestartet und b) durch einen als Taktgeber dienenden Impuls- in Phase gebracht worden sind, jedoch noch be- generator, dessen Frequenz die Schrittgeschwin- vor mit der Bildübertragung begonnen wird, der digkeit beim Abfragen der Speicherelemente be- Empfänger selbsttätig einmal ein Rücksignal an stimmt, den Sender gibt, worauf dieser mit der Bild- c) durch je einen elektronischen Zähler für jeden übertragung beginnt, und dass der Sender bei Speicher, welcher periodisch die Impulse des Ausbleiben des Rücksignals selbsttätig angehal- Impulsgenerators bis zu einer Anzahl zählt, die ten wird. gleich der Anzahl der Speicherelemente des ent- sprechenden Speichers ist, Blattschreiberverfahren d) durch je eine Anzeigevorrichtung für jeden für Hellschriftzeichen unter Verwendung Zähler, welche eine der jeweils vorhandenen einer laufend eingefärbten, Speicherelementeanzahl des Speichers gleiche rotierenden Schreibschraubenlinie Anzahl Ausgänge hat, an denen beim Abzählen (116) Deutsches Bundespatent Nr. 1 157 258 der Impulse nacheinander impulsweise Potenzial- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell änderungen auftreten, Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell e) durch je eine Einstellvorrichtung für jeden Zäh- in Kiel-Dietrichsdorf ler, durch welche der Zähler auf ein beliebiges Ausgegeben am 4. Juni 1964 Zählergebnis innerhalb seines Zählbereiches ein- Patentanspruch 1: Blattschreiber für Hellschrift- gestellt werden kann, und schließlich zeichen unter Verwendung einer laufend einge- f) durch je eine der Anzahl der Speicherelemente färbt rotierenden Schreibschraubenspindel und jedes Speichers gleiche Anzahl von elektroni- einer dieser gegenüberstehenden elektromagne- schen Abfragevorrichtungen, deren Eingänge je- tisch betätigten Schreibschneide für die Aufzeich- weils mit den zugeordneten Speicherelementen nung der in Form von Impulsen empfangenen des betreffenden Speichers, deren Steuereingänge Hellschriftzeichen, dadurch gekennzeichnet, dass jeweils mit dem dazugehörigen Ausgang der zu zwischen der Schreibschraubenspindel und der dem Speicher gehörenden Anzeigevorrichtung Schreibschneide ein sowohl hinsichtlich seines verbunden sind und deren Ausgänge an je eine Verwendungszweckes als Zwischenaufzeich- gemeinschaftliche von insgesamt n entsprechend nungsträger als auch hinsichtlich seiner Form an der Speicheranzahl vorhandenen Ausgangs- sich bekanntes endloses flexibles Band hindurch- leitungen angeschlossen sind, an deren Klem- bewegt wird, auf dem mit Hellschriftzeichen bild- men im Takt des Impulsgenerators laufend nach- elementeweise in nebeneinander stehenden, einander die Zeichenelementekombinationen der senkrecht zur Bewegungsrichtung des Bandes ori- verlängerten Schlüsselfolge in Form von Impuls- entierten Spalten aufzeichnet und für die Länge kombinationen erscheinen. einer Schriftzeile gespeichert werden, dass an- schließend die einzelnen gespeicherten Schrift- Verfahren und Vorrichtung zeilen nacheinander in an sich bekannter Weise zur Erzeugung einer Trägerfrequenz mittels eines periodisch wirkenden Druckmecha- bei photoelektrischer Abtastung nismus jeweils in ihrer Gesamtheit auf ein senk- von Bildvorlagen recht zur Bahnlaufrichtung bewegtes Papierblatt (114) Deutsches Bundespatent Nr. 1 086 273 untereinander umgedruckt werden und dass in Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell an sich bekannter Weise jeweils nach Umdruck und Dipl.-Ing. Gerhard Graefe einer gespeicherten Zeile die Schriftzeichen die- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell ser Zeile auf dem Band wieder gelöscht werden. in Kiel-Dietrichsdorf Ausgegeben am 18. Juli 1963 Verfahren und Vorrichtung zum Aufspannen von Bildvorlagen und/oder Patentanspruch 1: Verfahren zur Erzeugung einer Aufzeichnungsträgern auf Trommeln Trägerfrequenz bei der photoelektrischen Abtas- tung von Bildvorlagen unter Verwendung einer (117) Deutsches Bundespatent Nr. 1 103 960 feststehenden Schlitzblende zum Abtasten der Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Bildzeilen und einer rotierenden Spiralschlitz- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell scheibe zum Abtasten der Bildpunkte einer Zeile in Kiel-Dietrichsdorf als Abtastorgane, dadurch gekennzeichnet, dass Ausgegeben am 1. Oktober 1964 die Erzeugung der Trägerfrequenz durch die Ab- Patentanspruch 1: Verfahren zum Aufspannen von tastorgane selbst vorgenommen wird. Bildvorlagen und/oder Aufzeichnungsträgern auf

199 Hell Verein / www.hell-kiel.de Trommeln, vorzugsweise für die Bildtelegraphie Aufzeichnungspapier angekommen ist, der Pu- und die Reproduktionstechnik, unter Verwendung der durch die elektrostatischen Kräfte eines im- zweier Klemmschienen zum Befestigen der ge- pulsweise zwischen der mit einer elektrisch lei- genüberliegenden Blattkanten, dadurch gekenn- tenden Oberfläche versehenen Papiertransport- zeichnet, dass wenigstens eine der beiden Klemm- walze und einer dieser gegenüberliegenden schienen durch magnetische Kraft auf der Trom- Gegenelektrode von mindestens Zeilenlänge er- melfläche festgehalten wird. zeugten konstanten homogenen elektrostatischen Feldes, durch das sich Band und Papier bewegen, Verfahren und Vorrichtung zur vom Band auf das Papier herübergezogen und verbesserten Wiedergabe dort durch Wärmeeinwirkung fixiert wird, und quer zur Abtastrichtung liegender Striche bei der Faksimileübertragung (118) Deutsches Bundespatent Nr. 1 138 422 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell und Dipl.-Ing. Roman Koll Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in Kiel-Dietrichsdorf Ausgegeben am 1. April 1965 dass schließlich hinter der Übertragungsstelle (in Patentanspruch 1: Verfahren zur verbesserten Wie- Bandlaufrichtung gesehen), aber vor der Auf- dergabe quer zur Abtastrichtung liegender Stri- zeichnungsstelle, das Band entladen und von che bei der Faksimileübertragung, bei der die haften gebliebenen Puderteilchen gereinigt wird. Bildsignale einen Träger auftasten, dadurch ge- kennzeichnet, dass der Träger jeweils mit Einset- Verfahren zen eines Bildsignals stets in der gleichen Phasen- zum Registrieren von nach Bildelementen lage von neuem eingeschaltet wird und minde- zerlegten Schriftzeichen oder Bildern stens für eine volle Periode eingeschaltet bleibt, (120) Deutsches Bundespatent Nr. 977 238 und dass der Träger mit Ende der Bildsignals Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell wieder abgeschaltet wird. Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell in Kiel-Dietrichsdorf Blattschreiberverfahren Ausgegeben am 22. Juli 1965 für Hell-Schriftzeichen unter Verwendung (angemeldet am 23. Juni 1953) eines umlaufenden, endlosen, als Zwischen- Patentanspruch 1: Verfahren zur punkt- und zei- aufzeichnungsträger dienenden Bandes lenförmigen Aufzeichnung von nach Bildelemen- (119) Deutsches Bundespatent Nr. 1 178 459 ten zerlegten Schriftzeichen oder Bildvorlagen Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell für die Zwecke der Bild- oder Faksimiletelegraphie Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell unter Verwendung eines elektrostatischen La- in Kiel-Dietrichsdorf dungsbildes, das auf einem mit einer Isolierschicht Ausgegeben am 22. April 1965 versehenen Aufzeichnungsträger aufgebracht und mittels feinteiligen Puders sichtbar gemacht wird, Patentanspruch 1: Blattschreibverfahren für Hell- dadurch gekennzeichnet, dass auf elektromecha- Schriftzeichen, unter Verwendung eines umlau- nische oder elektrische Weise die Feldstärke ei- fenden, endlosen, als Zwischenaufzeichnungs- nes zwischen einer zwangsläufig geführten Elek- träger dienenden Bandes, auf das die in Form von trode und einer Gegenelektrode herrschenden Impulsfolgen empfangenen Hell-Schriftzeichen Feldes, in dem sich der Aufzeichnungsträger be- aufgezeichnet und mindestens für die Länge ei- findet, durch die Abtastung der Schrift- und Bild- ner Schriftzeile gespeichert werden, wobei die vorlage entsprechend der Helligkeit der Schrift- einzelnen gespeicherten Schriftzeilen nachein- zeichen- oder Bildelemente moduliert wird. ander jeweils in ihrer Gesamtheit auf ein senk- recht zur Bahnlaufrichtung transportiertes Papier- Verfahren blatt phasenrichtig untereinander übertragen wer- zur beschleunigten Fernübertragung den, und jeweils nach Übertragung einer gespei- von Wetterkarten cherten Schriftzeile die aufgezeichneten Schrift- zeichen dieser Zeile auf dem Band wieder ge- (121) Deutsches Bundespatent Nr. 1 190 975 löscht werden, dadurch gekennzeichnet, dass an Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell der Aufzeichnungsstelle punktweise Ladungen in Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell nebeneinander stehenden Spalten auf das Band in Kiel-Dietrichsdorf aufgesprüht werden, und zwar mittels eines Sys- Ausgegeben am 9. Dezember 1965 tems von fünf bis sieben in gleichen Abständen in Patentanspruch 1: Verfahren zur beschleunigten einer zur Bandlaufrichtung nahezu senkrechten Fernübertragung von Wetterkarten, dadurch ge- Ebene parallel untereinander und dicht vor dem kennzeichnet, dass die zu übertragende Wetter- Band angeordneten Spitzenelektroden, die durch karte in ein reguläres Maschennetz eingeteilt wird, einen Gruppenverteiler periodisch nacheinander dass alle üblichen Wetterkarteneintragungen in an eine durch die empfangenen Hell-Impulse der Weise genormt, bzw. angenähert werden, auf- bzw. zugeschaltete Hochspannungsquelle dass diese aus einer endlichen Anzahl von Wet- durchgeschaltet werden, dass hinter der Auf- terkartensymbolen wie Ziffern, Buchstaben, me- zeichnungsstelle (in Bandlaufrichtung gesehen) teorologischen Signaturen und geradlinigen Stre- das geladene Band mit einem entgegengesetzt ckenabschnitten verschiedener diskreter Lagen, geladenen xerographischen Puder eingestäubt Längen und Richtungen bestehen, derart, dass wird, dass sodann periodisch jedesmal, nachdem jedes der verwendeten Symbole vollständig in ein bestäubter Bandabschnitt mit einer aufge- einer Netzmasche enthalten ist, dass die endlich zeichneten, vollständigen Schriftzeile vor dem vielen verschiedenen Symbole kodiert werden,

1965

200 Hell Verein / www.hell-kiel.de 1966 bis 1976 dass die Wetterkarte Masche für Masche abgetas- Verfahren zum Ver- und Entschlüsseln tet wird und die in den Maschen angetroffenen von Halbtonbildern bei der Bildtelegrahie Symbole durch Vergleich mit allen Symbolen iden- (124) Deutsches Bundespatent Nr. 978 006 tifiziert werden, dass die den identifizierten Sym- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell bolen zugeordneten Kodekombinationen deko- Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell diert werden und dass die hierbei gewonnenen in Kiel-Dietrichsdorf Spannungsquanten die Steuerung der Aufzeich- Ausgegeben am 27. März 1975 nung der zugeordneten Wetterkartensymbole (angemeldet am 18. Juli 1960) mittels eines Schnelldruckverfahrens auf einem Wetterkartenformular bewirken. Patentanspruch 1: Verfahren zum Ver- und Ent- schlüsseln von Halbtonbildern bei der Bildtele- graphie, unter Verwendung eines Schlüsselhalb- Blattaufzeichnungsverfahren tonbildes, welches synchron mit dem zu ver- für Bildtelegraphieempfänger schlüsselnden Geheimbild in einander entspre- (122) Deutsches Bundespatent Nr. 1 212 136 chenden Bildpunkten abgetastet wird, dadurch Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell gekennzeichnet, dass das Klarbildsignal bzw. Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell Geheimbildsignal mit dem Schlüsselbildsignal in Kiel-Dietrichsdorf nach einer von der linearen verschiedenen Misch- Ausgegeben am 8. September 1966 funktion M (K, G, S) = 0 ge- bzw. entmischt wird. Patentanspruch 1: Blattaufzeichnungsverfahren für Bildtelegraphieempfänger unter Verwendung ei- Verfahren zur nachträglichen Einschaltung nes umlaufenden, endlosen, als Zwischenaufzei- von Nachrichtenempfängern chnungsträger dienenden Bandes, auf das die in eine laufende, verschlüsselte Nachrichten empfangenen Bildsignale der sendeseitig abge- in binärer Form übertragende Sendung tasteten Bildzeilen laufend hintereinander aufge- (125) Deutsches Bundespatent Nr. 978 034 zeichnet und mindestens für die Länge einer Zei- Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell le gespeichert werden, wobei die einzelnen ge- und Dipl.-Ing. Roman Koll speicherten Zeilen nacheinander jeweils in ihrer Inhaber: Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH Gesamtheit auf ein senkrecht zur Bandlaufrichtung in Kiel-Dietrichsdorf transportiertes Papierblatt phasenrichtig unterei- Ausgegeben am 22. April 1976 nander übertragen werden, und nach Übertra- (angemeldet am 19. Juli 1961) gung einer gespeicherten Zeile die aufgezeichne- Patentanspruch 1: Verfahren zur nachträglichen ten Bildpunkte dieser Zeile auf dem Band wieder Einschaltung von Nachrichtenempfängern in eine gelöscht werden, dadurch gekennzeichnet, dass laufende, verschlüsselte Nachrichten in binär ko- an der Aufzeichnungsstelle die Feldstärke eines dierter Form übertragende Sendung, dadurch ge- zwischen zwei sich gegenüberstehenden Elektro- kennzeichnet, dass nach im Verhältnis zur ge- den erzeugten elektrostatischen Feldes, durch das samten Übertragungszeit kurzen, periodischen sich das Band bewegt, durch die empfangenen Zeitabständen vom Sender ein besonderes, nicht Bildsignale elektrisch moduliert wird. zur Aufzeichnung eines Nachrichtenelements bestimmtes Signal ausgesendet wird, welches so- Verfahren zur Einsparung wohl im Sender als auch bei den Empfängern die von Übertragungszeit oder Bandbreite Einstellung eines neuen, bisher noch nicht ver- bei der Übertragung des durch die räumliche wendeten Abschnitts des Schlüsselablaufs veran- Verteilung einer meteorologischen Größe lasst. bestimmten Inhalts von Wetterkarten (123) Deutsches Bundespatent Nr. 1 206 948 Verfahren und Vorrichtung Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell zum Ver- und Entschlüsseln Inhaber: Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell von über Faksimilegeräte in Kiel-Dietrichsdorf zu übertragenden Informationen Ausgegeben am 28. August 1969 (126) Deutsches Bundespatent Nr. 978 042 Patentanspruch 1: Verfahren zur Einsparung von Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Übertragungszeit oder Bandbreite bei der Über- Inhaber: Dr.-Ing. Rudolf Hell GmbH tragung des durch räumliche Verteilung einer me- in Kiel-Dietrichsdorf teorologischen Größe, vorzugsweise des Luft- Ausgegeben am 21. Oktober 1976 drucks, bestimmten Inhalts von Wetterkarten un- (angemeldet am 8. Mai 1959) ter Verwendung eines bei der sendenden Wetter- Patentanspruch 1: Verfahren zum Ver- und Ent- zentrale vorhandenen elektronischen Rechen- schlüsseln von über Faksimilegeräte zu übertra- speichers, in welchem die von den einzelnen genden Informationen wie halbtonfreien Strich- meteorologischen Beobachtungsstationen des der zeichnungen, Schriftstücken od. dgl., bei dem Zentrale zugewiesenen geographischen Gebiets die Ver- bzw. Entschlüsselung durch Mischen der angelieferten Werte der betreffenden meteorolo- Bildimpulse bzw. Geheimimpulse mit Schlüs- gischen Größe in Abhängigkeit von den Ortskoor- selimpulsen erfolgt und die Schlüsselimpulse un- dinaten interpoliert werden, dadurch gekenn- regelmäßig erzeugt werden, dadurch gekenn- zeichnet, dass die gespeicherte meteorologische zeichnet, dass ein den ganzen Schlüsselvorgang Größe in vorgegebener Reihenfolge von Ortsnetz- beherrschender Takt eingeführt wird, dessen Fre- punkten, vorzugsweise längsparallel, äquidistanter quenz mindestens gleich der höchsten bei der aufeinander folgender Koordinatennetzlinien ab- Aufzeichnung vorkommenden Bildpunktfrequenz gefragt wird, dass die abgefragten Werte übertra- (~ 2000 Hz) ist, dass die Schlüsselimpulse zeit- gen, empfangsseitig registrierten Werte in eine lich in der Weise quantifiziert werden, dass sie sichtbare Aufzeichnung auf einem Wetterkarten- eingeordnet und auf eine volle Taktperiode ver- formular umgesetzt werden. längert werden, dass ferner auch die Bildimpulse

201 Hell Verein / www.hell-kiel.de oder die Geheimimpulse zeitlich quantifiziert wer- den, indem sie in den Takt eingeordnet und auf das zunächstliegende ganzzahlige Vielfache (das Nullfache eingeschlossen) der Taktperiode ver- kürzt bzw. verlängert werden.

Druckverfahren und Anordnung zu dessen Durchführung (127) Deutsches Bundespatent Nr. 2 725 093 Erfinder: Dr.-Ing. Rudolf Hell Inhaber: Der Erfinder Ausgegeben am 5. April 1984 (angemeldet am 3. Juni 1977) Patentanspruch 1: Druckverfahren, bei dem durch Energieeinwirkung eine bildmäßig latente Verän- derung des Bedruckstoffs bewirkt und mittels ei- nes Entwicklungsvorgangs sichtbar gemacht wird, dadurch gekennzeichnet, dass durch die Energie- einwirkung die Aufnahmefähigkeit des Bedruck- stoffs für Feuchtmittel und Farbe verändert und die Entwicklung mittels des vom Flachdruck be- kannten Druckformeinfärbeverfahrens durchge- führt wird.

1984

202 Hell Verein / www.hell-kiel.de Namensverzeichnis

Adams, Ansehn 86 Bruch, Walter 33, 36, 39, 167 Fawcett, Samuel 126 Adolf IV. Graf 58 Bruckmann, Friedrich 127 Farnsworth, Philo T. 35, 36 Adorno, Theodor W. 57 Bullock, William 119 Ferguson, Arthur 95 Agrawal, Manindra 113 Buz, Carl August 140 Finkbeiner, Gerd 141 Aiken, Howard 104 Fisher, Roswell 79, 80 Albert, Alois 114 Cäsar, Julius 53 Ford, Henry 142 Albert, Andreas 141 Caflisch, Max 100 Forst, Johannes 140 Albert, Eugen 125 Calverley, John 120 Franz Ferdinand, Kronprinz 21 Albert, Joseph 125 Carlson, Chester Floyd 134, 135, 136 Fraunhofer, Joseph von 25 Alexander III., Zar von Russland 161 Carstens, Karl 167 Fried, Ferdinand 139 Ampére, André Marie 27 Caselli, Giovanni 30 Friese, Eberhard 169 Angerer, Carl 65, 124 Church, William 89 Friese-Green, William 95 Anschütz-Kaempfe, Hermann 58 Churchill, Winston 54 Fuchs, Jockel 165 Applegath, Augustus 119 Clymer, George 117 Fuchs, Roland 148, 151, 152, 156 Archer, Sir Frederic Scott 124 Cook, Charles 80 Arco auf Valley, Graf Anton 24 Cooke, William F. 15, 28 Galsworthy, John 84 Arco, Georg von 34 Cooley, Austin 77 Gansel, Norbert 172, 173 Ardenne, Baron Manfred von 37, 38 Cotta, Frh. Georg 140 Ganss, Jean 141 Arnold, Philippine 141 Craske, Charles 119 Gascher, Otto 173 Crosfield, John F. 55, 80, 83, 84, 85, 86 Gauß, Carl Friedrich 15, 28 Babbage, Charles 84 Curie, Pierre 12, 43 Genoux, Jean Baptiste 119 Bain, Alexander 29 Gillot, Firmin 124 Bain, Forée 63 Daemen, John 113 Glage, Gustav 31, 35 Baird, John Logie 35 Dagoty, Jacques Gautier 123 Godchaux, Auguste 126 Bakewell, Frederick Collier 29 Daguerre, Louis Jacques Mandé 124 Goethe, Johann Wolfgang von 10, 27 Banneitz, Fritz 35 Daller, Reiner 208 Gould, Gordon 136 Bauer, Andreas 117, 118, 138, 141 Daudt, Hans 152, 153 Gray, Elisha 49 Bauer, Gustav 24 Da Vinci, Leonardo 116 Gropius, Walter 25 Bauer, Wilhelm 59 Deckert, Lothar 90 Groschek, Heinz 46 Baum, Vicki 41 De Goeij, Hans J.A. 69 Grupen, Peter 208 Baumgarten, Heinz 46 Delcambre, Adrien 90 Guise, John 122 Bawtree, Alfred E. 95 Dellagana, James 119 Gumin, Heinz 156, 157, 163, 169, 170 Bayer, Otto 167 Demmerle, Rolf 208 Gutenberg, Johannes 114 Bedford und Puckle 38 Denis, Paul Camille von 15 Behring, Emil von 13 Didot, Firmin 119 Hahn, Otto 42 Beißwenger, Siegfried 71, 72, 208 Dieckmann, Max 26, 31, 32, 33, 35, Haller, Prof. Dr.-Ing. Karl 208 Bell, Alexander Graham 47 39, 40, 104 Halske, Georg 28 Bell, Thomas 126 Diesel, Rudolf 35, 36, 140 Hamm Andreas 141, 142 Bent, Dennis 84 Dietrich, Marlene 13 Hamm, Karl 141, 142 Bequerel, Edmund A. 124 Dietrich, Paul 121 Hansell, Clarence W. 137 Berger, Hans 45 Dingler, Christian 59, 117, 139 Harris, Alfred 132 Berzellius, Frh. Jöns Jakob von 30 Dollfuß, Gaspard 140 Harris, Charles 132 Bézier, Pierre 88 Döblin, Alfred 45 Hase, Günter 208 Bezold, Wilhelm von 25 Dölves, Jürgen 208 Hauptmann, Gerhard 41 Bidwell, Shelford 30 Drinker, Philip 45 Hauß, Joseph 143 Bi Sheng 114 Ducos, du Hauron Louis 125 Häußler, Erich 173 Bismarck, Fürst Otto von 11 Dunraven, Earl of 93 Hearst, William Randolph 121 Bissinger, Gustav 120 Dupuy, Alexander 129 Hebern, Edward 53 Blecher, Carl 128 Ebert, Friedrich 23 Heinemann, Gustav 160 Bölkow, Ludwig 167 Eccles, W.H. 25 Heinke, K. 26 Bohn, Johann 140 Eddington, Arthur Stanley 25 Heinzl, Joachim 138 Bohr, Niels 42 Edison, Thomas Alva 12, 42, 91 Heisenberg, Werner 13 Bolza-Schünemann, Familie 143 Einstein, Albert 25, 42, 43, 44, 58 Helbig, Fritz 138, 139 Borchert, Wolfgang 57 Eisner, Kurt 24 Hell, Jutta 156, 169, 208 Bosch, Carl 167 Elster, Johann Phillip 12 Hell, Karl jun. 14, 16, 21 Brandstetter, Julius 133 Evans, Arthur 131 Hell, Karl sen. 10, 16, 18 Braun, Karl Ferdinand 31, 34 Evert, Oscar 133 Hell, Lidwina 10 Braun, Wernherr von 167 Hell, Martha 46, 61, 145, 156 Bredow, Hans K. H. 35 Faber, Louis 129 Hell, Max 14, 15, 16, 21, 22, 167 Bright, Fred 92 Fallada, Hans 41 Helms, Elisabeth 46 Bronk, Otto von 34, 37 Fallert, Fritz 143 Hemingway, Ernest 57 Brown, Thomas 95 Faukner, William 57 Hennig, Eberhard 208

203 Hell Verein / www.hell-kiel.de Herfurth, Edgar 133 Königin Wilhelmine 59 Niépce, Claude 123 Hermann, Armin 43 Koll, Roman 46, 96 Niépce, Nicéphore 123, 124 Hermann, Caspar 130, 131, 132, 133, Korn, Arthur 30 Niépce de Saint Victor, Claude M.F. 137 Kornei, Otto 135 124 Herrmann, Ernst 133 Kraepelin, Emil 11 Nikolaus II., Zar 21 Hershel, Sir John 123 Kummer, Wolfgang 157, 158 Nipkow, Paul 31, 34, 35 Hertz, Carl Hellmuth 137, 138 Hertz, Gustav 137 Lange, Ursula 208 Offen, Ben 134 Hertz, Heinrich 138 Lanston, Tolbert 92 Ohm, Georg Simon 25 Heuß, Theodor 142 Le Blon, Jacob Christofle 121, 122 Oppenheimer, J. Robert 44 Higgonet, Louis 85, 95 Leibniz, Gottfried Wilhelm 165, 166 Oppliger, Ernst 69 Hill, Sir Rowland 119 Lenard, Philipp 42, 43 Orrell, Thomas 95 Hille, Herbert 46, 55 Leonhardt, Fritz 167 Ossana, Johann 26 Himmler, Heinrich 44 Le Pontois, Léon 34 Ottokar II. von Böhmen 18 Hitler, Adolf 24 Levene, Phoebus 45 Hoe, Robert 119 Liebknecht, Karl 24 Paige, James W. 91 Hoe, Richard March 120 Liesegang, Raphael Eduard 34 Pancoast, George E. 121 Hogan, John 77 Lilien, Otto M. 66, 126 Paul, K.S. 95 Horkheimer, Max 57 Linde, Carl von 167 Petzold, E. 95 Howey, Walter 63 Lindemann, Eckhard 208 Pfizenmaier, Wolfgang 172, 173, 208 Huch, Ricarda 41 Lippmann, Gabriel 42, 125 Pflüger, Julius Pulitzer, Joseph 31 Hugel, Klaus 208 Lloyd, Edward 120 Pieck, Wilhelm 24 Hüttenhain, Erich 110 Löser, Heinrich 139 Pius XI., Papst 30 Hutchins, Stilson 93 Loewe, Isidor 92 Planck, Max 42, 43, 58 Loewe, Sigmund 37 Prestin, Helga 145, 153, 156 Preuß, Dr. Dieter 208 Johann I, Graf 58 Lübke, Heinrich 160, 161 Pulitzer, Joseph 30, 41, 121 Johannes Paul II. 163 Luitpold Prinz von Bayern 26 Luxemburg, Rosa 24 Johnston, Ruddiman 130 Reche, Kurt 156 Jordan, F.W. 25 Mackenrodt, Jochen 169 Reichenbach, Georg von 25 Jordan, Klaus 157 Maillart, Robert 12 Reichenbach, Karl 138, 140 Junkers, Hugo 25, 167 Mann, Thomas 13, 35, 41, 42, 44, 45 Reich, Theodor 127 Jutzi, Piel 46 Marconi, Guglielmo 31, 34 Reid, Whitelaw 91, 93 Marek, Gesine 208 Reis, Johann Philipp 49 Kadrnozka, L. 26 Marhencke, Ernst-Erich 154, 156, 157, Rejewski, Marian 54 Kahn, Richard 142 158, 163 Remarque, Erich Maria 44 Kaiser Ferdinand II. 90 Marrison, Warren Melvin 45 Reusch, Paul 143 Kaiser Franz Josef I. 21 Marshall, George C. 56 Richter, Hans Werner 57 Kaiser, Karl 139 Materazzi, Albert R. 172 Rid, Max 71 Kaiser, Ludwig 139 Matuschke, Walter 66, 67, 68, 69, 99 Ridder, Hermann 93 Kaiser, Ludwig jun. 139 Maurois, André 41 Rijmen, Vincent 113 Kaiser Ludwig, der Bayer 13 Maxwell, James Clerk 84,124 Ritzsch, Timotheus 115, 116 Kaiser Wilhelm II. 10, 11, 19, 21, 34, Maybach, Wilhelm 13 Robertson, John 95 59, 161 Mebes, Heinz 62, 73, 148 Robuck, Brigitte 90 Käpernick, Peter 99, 100, 101 Mehdorn, Hartmut 158 Röchling, Hermann 167 Karl, Erzherzog von Österreich 14 Meisenbach, Georg 65, 124 Röntgen, Wilhelm Conrad 13 Karolus, August 34, 35, 39 Meitner, Lise 42, 43 Röttgermann, Dieter 208 Kasischke, Frieda 139 Melik, Josef 42 Rogers, John R. 92 Kastenbein, Charles 90 Mergenthaler, Ottmar 90, 91 Rogers, Robert Fletcher 130 Kayal, Neeraj 133 Mertens, Eduard 127 Rolffs, Ernst 127 Kiegl, Joseph 90 Meurer, Siegfried 167 Rosing, Boris Ivovitsch 35 Kietzer, Cathy 173 Milhàly, Dénes von 34, 35 Rudolf von Habsburg 18 Kind, Dieter 167 Miller, Oskar von 167 Rubel, Ira Washington 130, 131 Klein, Johannes 140 Molt, Emil 25 Rusitska, Bernd 154, 157, 158 Klett, Friedrich 140 Molitor, Wilhelm 141 Rutherford, Ernest 24, 43 Kliˇc, Karl 126 Montgelas, Graf Maximilian Joseph von Knox, Dillwyn 54 14 Sack, Charles 160 Koch, Willi 53 Morse, Richard 79 Sander, Ludwig 140 Kock, Hugo Alexander 53 Morse, Samuel Finley Breese 28 Sartre, Jean Paul 57 König Christian I. 58 Morris, L.S. 130 Saxena, Nitin 113 König Christian VIII. 90 Moyroud, Louis 85, 95 Schauenburg, Peter 208 König Eduard VII 161 Müller, Hermann 44 Scheel, Walter 160 König Etzel 12 Müller, Leo 138 Scheidemann, Phillip 24 König Franz I. 116 Müller, Wilhelm 141 Scheidt, Peter 152 Koenig, Friedrich 89, 117, 118, 133, Murray, Alexander 79 Scherbius, Arthur 53 138, 141 Schill, Kurt 46 König Friedrich Wilhelm IV. 29 Napoleon III. 90 Schiller, Friedrich 17 Koenig, Friedrich jun. 120 Nemoto, Toyoaki 154 Schleicher, Adolf 129 König Heinrich IV. 17 Nernst, Walther 42 Schmidt, Simon 122 König Leopold II. 161 Neureuther, Gottfried von 25 Schniedewind, Hermann 132 König, Marie 138 Newton, Isaac 84 Schnitzler, Arthur 41 Königin Victoria 11 Nicholson, William 118 Schöller, Manfred 109

204 Hell Verein / www.hell-kiel.de Schreier, Bernhard 142, 158 Whentston, Charles 15, 28 Schrödinger, Erwin 43 Whitehead, Gustave 13 Schröter, Fritz 37 Wilby, Peter 83 Schwarzschild, Karl 125 Wilder, Thornton 57 Senebier, Jean 123 Wilson, Joseph C. 135 Senefelder, Alois 122, 129, 130 Wilson, Thomas W. 22 Seybold, John 174 Winkler, Carl 143 Seybold, Jonathan 174 Wirz, Otto 143 Sherwood, Axel 131 Wirz, Ursula 143 Siegen, Ludwig von 122 Wood, John 127 Siemens, Peter von 145, 164, 167 Wright, Orville 13 Siemens, Werner von 28, 42, 168 Wüsteney, Herbert 47, 170 Sigl, Georg 129, 139 Wulf, Wilhelm 169 Simmel, Paul 41 Young, James H. 90 Slaby, Adolf 34 Young, Owen D. 45 Sömmerring, Samuel Thomas von 27 Sörensen, Christian 90 Zapf, Hermann 100, 101, 165 Springer, Axel 68 Zenneck, Jonathan 26, 34, 167 Springstein, Karl-August 68 Zille, Heinrich 41, 46 Stanhope, Charles Lord 116 Zuckmayer, Carl 41 Stark, Johannes 25, 43 Zuse, Konrad 102, 103, 104, 105, 167 Steiner, Rudolf 25 Zworykin, Vladimir Kosma 35 36 Steinheil, Carl August 28, 124 Sternberg, Hubert H.A. 142 Stoltenberg, Gerhard 161, 169, 170 Strauß, Franz Josef 172 Stresemann, Gustav 24 Strickler, Erzbischof Alfons 163 Sütel, Christian 60, 61, 62, 63, 145, 151, 169, 173, 208 Swan, Joseph W. 126 Swinton, A.A. Campell 35

Talbot, William Henry Fox 84, 124 Taudt, Heinz 151, 152, 156 Thomas, Hans-Karl 55 Thorne, Joseph 91 Thurn und Taxis, Maximilian Karl v. 14 Toulouse-Lautrec, Henri de 129 Tschammer und Osten, Hans von 162 Tucholsky, Kurt 46 Tucker, Stephan Daris 120 Turing, Alan 52, 53, 54 Twain, Mark 91

Uher, Edmund 95 Ullstein, Bartholomew 163 Ullstein, Frederick 164 Ullstein, Leopold 164 Ullstein, Rudolf 68, 133, 163, 164 Unger, Gerard 100

Vernam, Gilbert 112 Vigenère, Blaise 112 Voss, Karl Andreas 68

Walker, Robert 116 Wallenstein, Albrecht von 17 Walter, John II 89, 118 Walter, John III 120 Walter, Kaspar 175 Wankel, Felix 45 Marrison, Warren Melvin 45 Washington, George jun. 63 Webendorfer, John F. 63 Weber, Wilhelm 15, 27 Wehnelt, Arthur 34, 38 Weiler, Lazare 34 Weitpert, Hans 163 Welchman, Gordon 54 Wellendorf, Klaus 154, 156, 157, 158 Welsbach, Auer von 167

205 Hell Verein / www.hell-kiel.de Literaturverzeichnis

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207 Hell Verein / www.hell-kiel.de Dank für Unterstützung

Die Recherchen zu dieser Biografie des Biografie gewonnen werden. Auch wäh- Jahrhundert-Ingenieurs Rudolf Hell began- rend dieser Phase erfuhren die Autoren nen bereits vor dem Jahre 2000, als die zahlreiche Unterstützungen, für die sie sich Heidelberger Druckmaschinen AG ihr 150- an dieser Stelle bedanken möchten. jähriges Firmenjubiläum feierte und dazu Es war besonders Frau Jutta Hell, die mit der Standort Kiel die Broschüre »Auf den ausführlichen Gesprächen, Fotos und Un- Punkt gebracht ...« herausbrachte, die von terlagen die Persönlichkeit von Rudolf Hell Christian Onnasch textlich und redaktio- aus einem familiären Blickfeld heraus nell betreut und von Manfred Siemoneit beleuchtete. Auch Frau Ursula Lage, die gestaltet wurde. Schon damals galt der seit über 50 Jahren bei der Familie Hell im Dank für die Mitarbeit den ehemaligen Haushalt tätig ist, konnte einige wichtige »Hellianern« Jürgen Dölves, Peter Grupen, Hinweise beisteuern. Bei einem abend- Eberhard Hennig, Dieter Röttgermann, lichen Treffen wurden Interviews mit den Peter Schauenburg und Christian Sütel. Hell-Pensionären Günter Hase, Eberhard Christian Sütel konnte durch das von Henning, Jürgen Dölves, Peter Käpernick, Christian Onnasch niedergeschrieben Inter- Eckhard Lindemann, Dieter Röttgermann view über die ersten Jahre der Nachkriegs- und Christian Sütel geführt, das mit ihren geschichte der Firma Dr.-Ing. Rudolf Hell lebhaften Erinnerungen, gespickt mit humor- GmbH wesentliche Informationen beitra- vollen Anekdoten, der Biografie Lebendig- gen. Dr. Siegfried Beißwenger als Geschäfts- keit verlieh. führer der Hell Gravure Systems GmbH hat Prof. Dr.-Ing. Karl Haller von der Sektion uns bei den Recherchen über den Tiefdruck- Druck der Fachhochschule München hat es bereich seiner Firma unterstützt. in dankenswerter Weise übernommen, das Zum 100. Geburtstag Dr. Hells brachte Manuskript schon in einer frühen Version die Heidelberger Druckmaschinen AG gegenzulesen und von manchen Fehlern eine Broschüre heraus, die seinen beruf- und Fehleinschätzungen zu befreien. Ohne lichen Werdegang von Dr. Hell chrono- diese zahlreichen Unterstützungen hätten logisch auflistete. Zu deren Erstellung die Autoren die Arbeit nicht in der gebote- trugen bei: die Familie Hell, Boris Fuchs, nen Zeit und Form durchführen können. Peter Grupen, Christian Onnasch, Christian Natürlich kamen auch viele Hilfen aus Sütel und Reiner Daller vom Siemens- der angegebenen Literatur, doch kann Archiv München neben den Heidelberg- diese wegen ihres statischen Charakters die Mitarbeitern Rolf Demmerle, Klaus Hugel, dynamische Unmittelbarkeit von Informa- Soeren Lange, Dr.␣ Dieter Preuß von der tionen durch Zeitzeugen nicht ersetzen. Hell-Patentabteilung und Frau Gesine Der Heidelberger Druckmaschinen AG, Marek vom historischen Archiv. der Hell Gravure Systems GmbH, der Boris Fuchs wurde aus diesem Redak- Koenig & Bauer AG und der Gemeinde tionsteam vom Heidelberger Vorstandsmit- Schierling danken die Autoren für die Sub- glied Wolfgang Pfizenmaier mit der Ehre skription einer großen Anzahl von Druck- betraut, am 19. Dezember 2001 die Lauda- exemplaren, ohne die der Verlag nicht tio auf Dr. Hells 100. Geburtstag im Kieler imstande gewesen wäre, das Buch zu Rathaus zu halten. Als Dr. Hell knapp drei einem vernünftigen Exemplarpreis heraus- Monate danach am 11. März 2002 starb, zubringen. regte Prof. Hermann Zapf an, die Laudatio in eine Biografie zu erweitern. Boris Fuchs BORIS FUCHS, CHRISTIAN ONNASCH tat sich daraufhin nach textlichen Vorarbei- ten mit Christian Onnasch zusammen, sowohl für textliche Erweiterungen als auch für die Auswahl und Reproduktion der Bilder. Manfred Siemoneit konnte für die Gestaltung und das Layout dieser

208 Hell Verein / www.hell-kiel.de 209 Hell Verein / www.hell-kiel.de (ehemals Hell)dieBroschüre»Auf denPunktgebracht«. berger Druckmaschinen AG fürdenKielerStandort verfasste eranlässlich der150-Jahrfeier derHeidel- nehmen ginger1998 indenRuhestand.ImJahr 2000 Bild-Integration ineinemdeutsch-schweizer Unter- Management-Tätigkeit mitdem Aufgabenbereich Text- type AG mitderFirma Hell fusionierte.Nach weiterer 1996 schied erausdemUnternehmenaus,alsdieLino- Pressepublikationen und Vorträge imIn-und Ausland. für Belichter undSatztechnik, geprägtdurch zahlreiche übernahm erdenMarketingbereich Pre-Presstechnik Dr.-Ing. RudolfHellGmbHinderEntwicklung. Später Elektrotechnik. 1963 begannerseine Tätigkeit beider B Die Autoren: und Telekommunikation unerlässlich ist. nis derheutigenvielfältigenMittelKommunikation Buch ausführlich mitbehandeltwirdundzum Verständ- Technik- undZeitgeschichte, dieindemvorliegenden sich mitseinerBiografie darüberhinauseinStück Als Zeitzeugedesgesamten20.Jahrhundertsverbindet schuf erdieGrundlagefürdasFernsehen. und mitderersten Aufnahmeröhre, dem»Sondenrohr«, Geräte, alsihrMassenabsatznoch nicht absehbarwar, In der Telekommunikation bauteerbereitsKleinfax- ihre Manuskripteselbstdruckreif redigierenkönnen. ihre DigitalfotosamPCoptimierenund Autoren nicht duktionstechnik würdenheute Amateurfotografen nicht Ohne seine Vorarbeit inderelektronischen Repro- Einzelnen im Alltag schuf. sondern auch dieMöglichkeiten, dieerfürjeden Maschinen zur grafischen Industriewandelte, wicklung geeigneterelektronischer Geräteund das »Graphische Gewerbe«,daserdurch dieEnt- 20. Jahrhunderts geprägt.Dasbetrifftnicht nur wie keinZweiterdieKommunikationstechnik des hat alsErfinder, Konstrukteur undUnternehmer Der Jahrhundert-IngenieurRudolfHell(1901-2002) C ganz besondersmittechnikgeschichtlichen Themen. ging. Seitdembeschäftigt ersich alsFachjournalist nach Erreichen des65.Lebensjahres,indenRuhestand Medientechnik inDarmstadt,von wo erEnde1998, nationalen Forschungsinstitutes fürZeitungs-und 1984Ab wechselte erin dasManagementeinesinter- standsmitglied inderDruckmaschinenindustrie tätig. 25 JahrealsKonstrukteur, Entwicklungsleiter und Vor- Hochschule (TU)Darmstadtundwar danach über maschinen undDruckverfahren ander Technischen Jahren Maschinenbau mitdemSchwerpunkt Druck- ORIS HRISTIAN F UCHS O , Jahrgang 1933, studierte inden1950er NNASCH , 1938, inKielgeboren,studierte Hell Verein / www.hell-kiel.de

Boris Fuchs und Christian Onnasch Dr.-Ing. Rudolf Hell Sein beispielhaftes Wirken des Zeitgeschehens im Spiegelbild Der Jahrhundert-Ingenieur Dr.-Ing. Boris Fuchs undChristianOnnasch

Rudolf Hell