Unterwegs. Europäisch-Ethnologische
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22. Jahrgang Heft 1 / Nr. 42 Mai 2016 Preis 5,- VugsburgerN AVolkskundliche Nachrichten Augsburger Volkskundliche Nachrichten Nr. 42 Nachrichten Nr. Volkskundliche Augsburger Unterwegs Europäisch-ethnologische Perspektiven auf Mobilität ISSN: 0948-4299 Universität Augsburg Europäische Ethnologie/Volkskunde Impressum Herausgeber Prof. Dr. Günther Kronenbitter Redaktion und Layout Roman Tischberger, M.A.; Katja Boser Titelbild links oben: West German children applaud as an East German couple drive through Checkpoint Charlie, 14.11.1989. Quelle: <http://commons.wikimedia.org/wiki/File:DF- ST-91-01399.JPEG>. links unten: Reisezeit am Münchner Hauptbahnhof, 1955. Quelle: Fotosammlung Erika Groth-Schmachtenberger, Universitätsbibliothek Augsburg. rechts: Leichenzug Protestantischer Friedhof Augsburg, 18.05.2012. Quelle: Marlene Lippok. Anschrift der Redaktion Europäische Ethnologie/Volkskunde Universität Augsburg – Universitätsstraße 10 – 86135 Augsburg Tel.: 0821/598-5482 – Fax: 0821/598-5501 E-mail: [email protected] Die Augsburger Volkskunde im Internet http://www.philhist.uni-augsburg.de/lehrstuehle/volkskunde/ http://www.facebook.com/Europäische-EthnologieVolkskunde-Uni- Augsburg-1622319891366304/ Druck Verlag T. Lindemann – Stiftstraße 49 – 63075 Offenbach ISSN 0948-4299 Die Augsburger Volkskundlichen Nachrichten erscheinen im Selbstverlag. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Datenträger sowie Fotos übernehmen die Redaktion bzw. der Herausgeber keinerlei Haftung. Die Zustimmung zum Abdruck wird vorausgesetzt. Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichungen kann trotz sorgfältiger Prüfung der Redaktion des Herausgebers nicht übernommen werden. Die gewerbliche Nutzung ist nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers zulässig. Das Urheberrecht für veröffentlichte Manuskripte liegt ausschließlich beim Herausgeber. Nachdruck sowie Vervielfältigung, auch auszugsweise, oder sonstige Verwertung von Texten nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Namentlich gekennzeichnete Texte geben nicht in jedem Fall die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder. 2 Die bekleidete InhaltHand Vorwort 5 Aufsätze „Von der Zukunft schönerem Beginn“ Die Anfänge der Eisenbahn in Bayern und ihre Auswirkungen auf Mobilität von Roman Tischberger, M.A. 6 Tote auf Reisen? Mobilität und Transport von Leichen in Deutschland von Marlene Lippok, B.A. 36 Reisen als Verstehensprozess – Reiseberichte der Wende (1989–1991) von Sabrina Anders, B.A. 61 First Steps – Studentische Publikationen Augsburg in den Reiseberichten des 16. Jahrhunderts von Maria Issinskaya, B.A. 88 Der deutsche Motorradtourist auf der Route 66 Mit der Harley-Davidson unterwegs auf den Spuren eines Mythos von Teresa Grunwald, B.A. 118 3 DieInhalt bekleidete Hand Ausstellungen Autos im Stillstand und Museum in Bewegung. Das ‚museum mobile‘ im Audi Forum Ingolstadt von Christoph Salzmann, M.A. 136 Ausgestellte Auto-Mobilität. Das Mercedes-Benz Museum von Roman Tischberger, M.A. 142 4 Vorwort Liebe Leserinnen, liebe Leser! ‚Driving season‘, so wird in den USA die Hauptreisezeit in den Sommermonaten genannt. Ganz selbstverständlich werden hier Fahren und Ferien zusammengedacht. In Europa ist das (etwas) weniger naheliegend, aber die modernen Formen der Mobilität haben auch hier das Reisen nachhaltig verändert und damit auch die Fragestellungen der Europäischen Ethnologie. Reiseberichte stellen schon lange wichtige ethnografische Quellen dar, aber die Reiseerfahrung und die Bedeutung der Mobilität sind in der volkskundlichen Forschung inzwischen auch über Wallfahrt und Walz hinaus zu deren Gegenstand geworden. Diese Ausgabe der AVN macht die Vielfalt kulturwissenschaftlicher Perspektiven auf Mobilität greifbar. Roman Tischberger hat an der Entstehung der Ausstellung ‚Höchste Eisenbahn! Mobilität für alle?‘ mitgewirkt, die 2015 im Schwäbischen Volkskundemuseum Oberschönenfeld zu sehen war. Er untersucht in diesem Heft der AVN die Bedeutung der Eisenbahn für die Mobilität am Beispiel Bayerns. Marlene Lippok wirft einen Blick auf ein kaum beachtetes Thema: Während die Redewendung vom Tod als der ‚letzten Reise‘ vertraut klingt, wird doch nur selten genauer über Totentransporte und ihre Bedeutung nachgedacht. Als Verstehensprozess analysiert Sabrina Anders Reiseberichte in die (ehemalige) DDR aus den ersten Jahren nach der Wende. Maria Issinskaya gibt Einblick in das Bild der Reichsstadt Augsburg, wie es Reiseberichte der Frühen Neuzeit zeichneten, während sich Teresa Grunwald dem Mythos ‚Route 66‘ widmet. Abschließend berichten Christoph Salzmann und Roman Tischberger von zwei Orten, an denen sich alles um Mobilität, vor allem um Auto-Mobilität, dreht und die zugleich PR-Projekte zweier Firmen sind: das ‚museum mobile‘ im Audi Forum Ingolstadt und das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart. Viel Vergnügen beim Streifzug durch die Themen und Thesen dieses Heftes wünscht Ihnen Ihr 5 „Von der Zukunft schönerem Beginn“ „Von der Zukunft schönerem Beginn“ Die Anfänge der Eisenbahn in Bayern und ihre Auswirkungen auf Mobilität von Roman Tischberger Wir sind mobil. Ob mit dem Auto, dem Smartphone oder in Berufs- und Bildungsperspektiven. Mobilität ist eine Konstante unseres täglichen Lebens. Ob eine Einkaufsfahrt in die Stadt, die Urlaubsreise am Wochenende oder transnationale Migrationsbewegungen, Beispiele für Praktiken des Mobilen finden sich nahezu überall. Dabei sei Mobilität hier als ein Potenzial räumlicher Beweglichkeit betrachtet, das auch einer historischen Entwicklung unterliegt – vor allem dann, wenn man auf die Fortbewegungsmittel, also gewissermaßen die Medien des Transfers, blickt. Zunächst zeichnet sich schon der menschliche Körper durch eine gewisse Mobilität aus. Krabbelnd, robbend, sich ziehend und aufrecht gehend oder laufend: es sind vorrangig die Beine und Füße, die dem Menschen ein unabhängiges Fortkommen ermöglichen. Darüber hinaus erweitern technische Geräte, aber auch die Nutzung anderer Lebewesen die Bandbreite der Mobilität. So ist Reiten auf Tieren oder das Ziehen von Schleifen, Karren oder Wagen letztlich eine differenziertere Variante, in der der Mensch fortbewegen ‚lässt‘. Dabei kommt es zunächst nicht darauf an, ob ein lebendes Hilfsmittel wie ein Pferd oder ein technisches wie ein Karren den Transport vereinfacht. Das Entscheidende an dieser Art von Mobilität ist die Kombination einer aktiven, fortbewegenden Komponente und einer passiven, die fortbewegt wird. Eine solche (Tier-)Technik-Mensch-Mobilität erhöht einerseits die Bequemlichkeit der Distanzüberwindung als auch die Effizienz in Geschwindigkeit, Reichweite oder Transportvolumen. Im Lauf der Jahrhunderte hat sich die Art und Weise wie wir mobil sind, radikal geändert. Das Augenfälligste ist die zunehmende Nutzung eines technischen anstelle eines muskulär-körperlichen Antriebs und die damit historisch neuen Möglichkeiten der Mobilität zu Land, Wasser und in der 6 „Von der Zukunft schönerem Beginn“ Luft. Durch die Schifffahrt, die Eisenbahn oder das Automobil sind große Distanzen überwindbar geworden und die Entfernungen zwischen Räumen gefühlt geschrumpft. Gefühlt deshalb, weil Distanzen zwischen zwei Punkten je nach genutztem Verkehrsmittel gleich bleiben, aber die Überbrückung von Entfernung eine unterschiedliche Dauer von Zeit in Anspruch nimmt. Wolfgang Kaschuba nennt diese Erfahrung „Zeit als Dauer des Raumes“1. Das historische Wegmaß der Bayerischen Poststunde zeigt die Verbindung von Zeit zur Durchquerung des Raumes ebenso anschaulich wie es heute die Maßeinheit des Kilometers pro Stunde vermag. Zum Vergleich: Im Jahr 2016 dauert eine Reise auf dem Frachtschiff von Mitteleuropa nach Australien etwa sechs Wochen2, ein Brief benötigt für die Strecke im Durchschnitt 5,8 Tage3. Im Flugzeug benötigt der Transfer von München bis Sydney etwa zwischen 24 und 30 Stunden4 und eine E-Mail, auch wenn es sich hierbei nur um eine virtuelle Mobilität handelt, ist binnen Sekunden am ‚anderen Ende der Welt‘. Neue industrielle Technologien wirken sich auf die Mobilität der Menschen aus. Im Besonderen gilt das für die Zeit des 19. Jh., in der der mobile Horizont rückblickend recht überschaubar scheint. Ausgehend von Kutsch- und Postverkehr kamen Dampfmaschinen in vielfältigem Einsatz als Antrieb von Fortbewegungsmitteln hinzu. Jahrzehnte darauf ergänzten elektrischer Strom und Verbrennungsmotoren das Portfolio technischer Antriebe. Eine wichtige Wegbereiterin dieser Zeit war die Eisenbahn. Sie entwickelte sich nicht nur zum wichtigsten Transportmittel der Industrialisierung, sondern ermöglichte es auch reisenden Personen schneller und komfortabler als bislang gekannt Strecken zu überwinden und neue Räume zu erfahren. Das Spektrum der Mobilität beschränkte sich bis ins 19. Jh. hinein zu größten Teilen auf Fuhrwerke und Schiffe. Die Fahrt mit der Kutsche über Straßen, im besten Falle eine gepflasterte oder geschotterte Chaussee, war trotz ihrer 1 Kaschuba, Wolfgang: Die Überwindung der Distanz. Zeit und Raum in der europäischen Moderne. Frankfurt a.M. 2004, S. 14f. 2 Gudde, Arne: Frachtschiffreisen. Europa – Australien (o.J.), <http://www.langsamreisen.de/frachtschiffreisen/ europa-australien/italien-asien-australien/> (18.03.2016). 3 Deutsche Post AG: Länderinformationen und internationale Brieflaufzeiten (o.J.), <https://www.deutschepost. de/de/b/briefe-ins-ausland/laenderinformationen.html> (18.03.2016). 4 Deutsche Lufthansa AG: Flüge München Sydney (o.J.), <http://www.lufthansa.com/flug/flug-muenchen- sydney> (18.03.2016). 7 „Von der Zukunft schönerem Beginn“ fortschrittlichen