UID Jg. 11 1957 Nr. 41, Union in Deutschland
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POSTVERLAGSORT BONN NR. 41 • II JAHRGANG BONN 10 OKT. i957 UNIONUxr>^utschlaruL INFORMATIONSDIENST der Christlich Demokratischen und Christlich-Sozialen Union Auftakt in Berlin Konstituierende Sitzung des neuen Bundestages in der kommenden Woche Am Dienstag tritt der Deutsche Bundestag zu seiner ersten konstituieren- Gewählte diese Mehrheit nicht, so hat den Sitzung in Berlin zusammen. Er dokumentiert damit, vor dem deutschen der Bundespräsident binnen sieben Ta- Volk und vor aller Welt, daß er sich als die legitime Vertretung aller Deut- gen entweder ihn zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen. schen betrachtet, für die er stellvertretend seine Funktionen ausübt. Die Der folgende Artikel 64 bestimmt, daß unter fremder Gewaltherrschaft stehenden Deutschen der Zone sollen wis- die Bundesminister auf Vorschlag des sen, daß nicht nur die Abgeordneten der Bundesrepublik, sondern mit ihnen Bundeskanzlers vom Bundespräsidenten das ganze Volk den entschlossenen Willen bekunden, trotz unabsehbarer ernannt und entlassen werden. Widerstände die Wiedervereinigung zu vollenden. Die verhältnismäßig komplizierten Be- stimmungen des Artikels 63 haben bis- her deshalb keine praktische Bedeutung Das Programm der nächsten Wochen 4. Kommt eine Wahl innerhalb dieser gewonnen, weil im ersten und im zwei- Frist nicht zustande, so findet unverzüg- ten Bundestag Konrad Adenauer im er- Für den Ablauf der parlamentarischen lich ein neuer Wahlgang statt, in dem sten Wahlgang mit der absoluten Mehr- Arbeit in den nächsten Wochen hat der gewählt ist, wer die meisten Stimmen heit der Mitglieder des Bundestages zum Vorstand der CDU/CSU-Fraktion vorge- erhält. Vereinigt der Gewählte die Stim- Bundeskanzler gewählt worden ist. schlagen, daß der Bundestag am Vormit- men der Mehrheit der Mitglieder des tag des 22. Oktober den neuen Bundes- Bundestages auf sich, so muß der Bun- Am 15. September 1949 fand die S.Sit- kanzler wählen soll. Die Vereidigung despräsident ihn binnen sieben Tagen zung des ersten Bundestages in Bonn des neuen Kabinetts ist für den 23. Ok- nach der Wahl ernennen. Erreicht der Fortsetzung Seite 2 tober nachmittags vorgesehen. Am 25.Ok- tober soll die Regierungserklärung abge- geben werden, der sich am 29. und 30. Oktober die Aussprache anschließen soll. Die Fraktion der CDU/CSU schlägt für die konstituierende Sitzung am 15. Ok- Rentenreform als Vorbild v> >')er die Wiederwahl Dr. Gerstenmaiers '.im Präsidenten und Dr. Jaegers von Die britische Arbeiterpartei legte ihren Sozialplan vor dor CSU als Vizepräsidenten vor. Es ist anzunehmen, daß die SPD wiederum Der Kongreß der sozialistischen britischen Labour-Party (Arbeiterpartei) Carlo Schmid und die FDP Dr. Becker nahm einen Plan der Rentenreform an, der sich entscheidend auf die Ren- als Vizepräsidenten namhaft machen tenreform der Bundesrepublik stützt. Bereits im Frühjahr, als der Plan der wird. Weiterhin vertritt die Fraktion der Öffentlichkeit erstmals unterbreitet wurde, hatte die Labour-Party aus- CDU CSU die Auffassung, daß der Äl- testenrat wie bisher aus 15 Abgeordne- drücklich auf das deutsche Vorbild Bezug genommen. ten bestehen soll. Die Londoner „Times" schrieb am auf die erforderliche Höhe gebracht wer- 16. Mai 1957: „Die Vereinigten Staaten den. Wie der Bundeskanzler gewählt wird und die Bundesrepublik Deutschland ha- Zur Beitragshöhe sagt die Labour Für die Wahl des Bundeskanzlers gel- ben die Anregung zu den Hauptpunkten des Plans der Labour Party gegeben, in Party ganz klar, daß das Rentensystem ten die Bestimmungen des Artikels 63 nur dann funktionieren könne, wenn der des Grundgesetzes. Artikel 63 legt fest: dem Präsident Eisenhower und Bundes- kanzler Adenauer wenig finden würden, Arbeitnehmer während seines Berufs- 1. Der Bundeskanzler wird auf Vor- worin sie anderer Meinung sind." lebens zum Verzicht im eigenen Ver- schlag des Bundespräsidenten vom Bun- Dieser an das deutsche Vorbild ange- brauch bereit sei und wenn er ferner destage ohne Aussprache gewählt. lehnte Plan einer englischen Rentenre- bereit sei, einen eigenen Beitrag zur Aus- dehnung der nationalen Wirtschaft — 2. Gewählt ist, wer die Stimmen der form soll einer der beiden Hauptwahl- schlager der britischen Sozialisten bei Förderung der Produktivität — zu lei- Mehrheit der Mitglieder des Bundestages sten. auf sich vereinigt. Der Gewählte ist vom den nächsten Unterhauswahlen werden. Bundespräsidenten zu ernennen. Der Plan sieht vor, daß der Rentner Be- Daß die britische Arbeiterpartei sich züge bis zur halben Höhe des früheren in ihrer Rentenplanung an das Vorbild 3. Wird der Vorgeschlagene nicht ge- Arbeitseinkommens erhalten soll. Die der CDU hält, bestätigt einmal aus ganz wählt, so kann der Bundestag binnen Beiträge der Arbeitnehmer sollen erhöht anderer Richtung, was die Bundestags- vierzehn Tagen nach dem Wahlgange werden, und ebenso wie in der Bundes- wahl schon zeigte: daß die Politik der mit mehr als der Hälfte seiner Mitglie- republik ist ein beträchtlicher staatlicher Bundesregierung die Anerkennung der der einen Bundeskanzler wählen. Zuschuß vorgesehen, mit dem die Renten Arbeiterschaft findet, auch im Ausland. Fortsetzung von Seite 1 statt. Bundespräsident Heuß hatte dem damaligen Präsidenten des Bundestages Nachspiel in Hessen Dr. Köhler folgendes Schreiben übermit- Das „Trojanische Pferd" schlägt weiter um sich telt: „Ich schlage den Abgeordneten Dr. Konrad Adenauer zum Kanzler in der Die Aktion „Trojanisches Pferd" soll nach dem Willen ihrer Urheber in Bundesrepublik Deutschlands vor." aller Stille abgeblasen werden. Nach der Mitteilung der betroffenen drei Die Abstimmung hatte fojgendes Er- Kasseler Tageszeitungen sind die Strafanzeigen gegen die Urheber der Zei- gebnis: tungsanzeige und daraufhin die Beschlagnahmeverfügungen zurückgezogen. Mit Ja haben 202, mit Nein 142 gestimmt, 44 Abgeordnete haben sich der Unmittelbar vor der Bundestagswahl Die Kasseler Zeitungen beschäftigen Stimme enthalten, 1 Stimme war ungül- hatten die Parteileitungen von SPD und sich in diesem Zusammenhang weniger tig. Der Bundestag umfaßte damals 402 FDP in Frankfurt gerichtliche Schritte mit den turbulenten Vorgängen jener Mitglieder, somit hatte Dr. Adenauer gegen eine von der „Vereinigung zur Nacht vom 13./14. September, — „es kann im ersten Wahlgang die absolute Mehr- Förderung der Wahlbeteiligung und der einem um die Rechtssicherheit in heit der Mitglieder erreicht. Die Bundes- politischen Willensbildung" veröffent- Deutschland dabei Angst und Bange kanzlerwahl des Jahres 1953 fand am lichte Anzeige in den deutschen Tages- werden" (Hessische Nachrichten) —, son- 9. Oktober in der 2. Sitzung des zweiten zeitungen erwirkt, die das von Erich dern verfolgen vor allem die Reaktion Bundestages in Bonn statt. Bundespräsi- Ollenhauer und Reinhold Maier gemein- im Regierungslager Wiesbaden nach dent Heuss hatte wiederum dem Bun- sam gezogene „Trojanische Pferd" zeigte. dem geschehenen Unheil. destag die Wahl Adenauers vorgeschla- In Frankfurt wurden auf Grund einer gen. Das endgültige Ergebnis weist fol- Verfügung des Frankfurter Amtsgerichts Aus den Darstellungen der Kasseler gende Zahlen auf: Zeitungen mit dieser Anzeige beschlag- Presse geht hervor, daß der Kasseler nahmt, doch hob das Frankfurter Land- Oberstaatsanwalt, der sich im Urlaub Abgegebene Stimmen 467 gericht diese Verfügung wieder auf. In befand, mit dem Hinweis, eine hohe darunter Ja-Stimmen 305 Kassel dagegen wurde die Beschlag- Staatsperson ' stehe hinter dem Straf- darunter Nein-Stimmen 148 nahmung rigoros durchgeführt. Das war, antrag, aus dem Bett geholt wurde und darunter Enthaltungen 14 so stellten die Kasseler Zeitungen fest, in Aktion trat. „Nun ist die große Wahl- „ein schwerwiegender Eingriff in die kanone nach hinten losgegangen, abtJ Bei einer Mitgliederzahl von 487 be- Pressefreiheit, der seit 1945 ohne Bei- getroffen und betroffen ist nicht etwa trug die absolute Mehrheit der stimm- spiel ist". die Feuerleitung, sondern der Richt- berechtigten Abgeordneten 244 Stimmen. Der Frankfurter Generalstaatsanwalt kanonier, der Oberstaatsanwalt. Ihn Damit hatte Adenauer die absolute hat nunmehr den Vorschlag gemacht, läßt man jetzt fallen, ja, als der Ge- Mehrheit erhalten und war zum 2. Mal einen Sondersenat aus drei Oberlandes- maßregelte in Wiesbaden das landes- zum Bundeskanzler gewählt. gerichtsräten und zwei Pressevertretern väterliche Ohr sucht, wird er kaltlächelnd Bei der Wahl von 1949 haben im we- zu bilden, der für Beschlagnahmen aus- abgewiesen" (Kasseler Post, 5./6. Ok- sentlichen die Parteien der damaligen schließlich zuständig sein soll. tober 1957). Der Deutsche Presserat hat, wie der Koalition (CDU/CSU. FDP und DP) für Die „Hessischen Nachrichten" (5. Ok- Konrad Adenauer gestimmt, bei der Deutsche Journalistenverband berichtet, in einer Sitzung am 8. Oktober ohne da- tober 1957) kommentieren folgender- Wahl von 1953 kamen auf Grund der maßen: „Der Kasseler Oberstaatsanwalt damaligen Koalitionserweiterung die mit zum Inhalt des Inserates selbst Stel- Stimmen des BHE hinzu. lung zu nehmen, die Beschlagnahmeak- war während seiner ganzen Amtszeit in tion „Trojanisches Pferd" als einen Kassel außerordentlich aufgeschlossen Für die Wahl des dritten Bundeskanz- schweren Eingriff in das Grundrecht der gegenüber allen Anliegen der Presse, bis lers ist die Tatsache maßgebend, daß die Pressefreiheit verurteilt. Er hält es für er vom Ministerpräsidenten zu dieser CDU/CSU, über eine feste absolute erforderlich, daß die Wiederholung sol- überflüssigen Aktion gegen die Zeitungen Mehrheit im Bundestag verfügt. cher Vorgänge in Zukunft