Burgdorfer Jahrbuch 2019 86
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019 Burgdorfer Jahrbuch 2 Burgdorfer ISBN 978-3-9523481-9-2 Jahrbuch 2019 019 Burgdorfer Jahrbuch 2 Burgdorfer ISBN 978-3-9523481-9-2 Jahrbuch 2019 Burgdorfer Jahrbuch 2019 86. Jahrgang Herausgeber: Verein Burgdorfer Jahrbuch Umschlag: Vorderseite: Gerechtigkeitsfgur auf dem neuen Kronenbrunnen Rückseite: Einweihung Juni 1908 (Aufnahmen: Louis Bechstein, Sammlung Rittersaalverein Burgdorf) Gestaltung, Druck und Vertrieb: Haller+Jenzer AG, Druckzentrum, Burgdorf 034 420 13 13, [email protected] ISBN 978-3-9523481-9-2 ISSN 2234-9375 (Print) ISSN 2234-9383 (Online) Ältere Jahrbücher im Volltext im Internet: www.digibern.ch/katalog/burgdorfer-jahrbuch Inhaltsverzeichnis 9 Vorwort Markus Hofer 11 Der Vatermord von Lützelfüh 1569. Eine «grusame greweliche unerhörte mißthat» im Spiegel der zeitgenössischen Medien Hans Rudolf Lavater-Briner 33 Dem Armen rechtbescheren Heinrich Stählis Justitia-Scheibe aus Lotzwil und weitere Gerechtigkeitsbilder des 17. Jahrhunderts aus dem Raum Burgdorf Rolf Hasler und Trudi Aeschlimann 57 Erinnerungen an zwei Mägde in Bern und Burgdorf Heinz Fankhauser 69 Diamanten im Bahnschotter Das Schicksal der Schwestern Catharina Weber-Aeby und Elise Schultz-Aeby vom «Bären» Alchenfüh und ihrer Nachkommen Barbara Kummer-Behrens 93 Franz Schnyder und «Das Kalte Herz» Raff Fluri 119 100 Jahre Emmenhof Burgdorf in der Familie Schürch Viktor Kälin 5 131 Die Seite des Heimatschutzes Recht auf unser Kulturerbe Hanspeter Marmet, Präsident Regionalgruppe Burgdorf Emmental 137 Museum Schloss Burgdorf – Geschäftsbericht 2017 Daniel Furter 143 Projektbericht Sammlungsaufarbeitung 2016 – 2018 Ein Museum zieht um Simon Schweizer 147 Rittersaalverein Burgdorf – Historische Sammlung Trudi Aeschlimann 151 Helvetisches Goldmuseum Burgdorf – Goldkammer Werner Lüthi 155 Es ging los! Spatenstich zum Erweiterungsbau des Museum Franz Gertsch und ein vielseitiges Ausstellungsprogramm im Jahr 2018 Anna Wesle 163 Casino Theater Burgdorf Dina Zeder 169 Jahresbericht der Casino Gesellschaft 2017/18 Karin Fankhauser 175 Ansprache von Pfr. Manuel Dubach an der Solätte 2018 in der Stadtkirche Burgdorf 177 Chronik von Burgdorf: 1. August 2017 bis 31. Juli 2018 Viktor Kälin, Chronik Jürg Häberlin, Nachrufe 237 Subvenienten des Burgdorfer Jahrbuches 239 Inserenten und Inserate 6 IHR VIELSEITIGER MEDIENPARTNER. Wir begleiten Sie im Druck- und digitalen Medienalltag! www.haller-jenzer.ch 7 Das Burgdorfer Jahrbuch gehört in jedes Haus Alle noch erhältlichen Bücher seit 1934 sind zum ermässigten Preis von Fr. 25.– pro Band lieferbar. Vergriffene Jahrgänge: 1934, 1935, 1950, 1954, 1955, 1956, 1957, 1958, 1962, 1965, 1966, 1973, 1985, 1986, 1989 und 1994. Zu beziehen direkt bei der Druckerei Haller + Jenzer AG oder bei der Buchhandlung am Kronenplatz in Burgdorf. Neuste Ausgabe 2019: Fr. 35.– 8 Vorwort Markus Hofer Werte Freundinnen und Freunde des Burgdorfer Jahrbuchs, geschätzte Leserinnen und Leser Das Burgdorfer Jahrbuch 2019 setzt sich mit dem Thema «alles, was recht ist…» auseinander. Die verschiedenen Texte offenbaren, dass Fragen der Moral und Gerechtigkeit, des Anstands sowie der Rechtsprechung und Strafe unsere Vorfahren genauso beschäftigten wie unsere heutige Gesell- schaft. Dabei stehen nicht abstrakte juristische Gesetzestexte im Zentrum der einzelnen Aufsätze, sondern Wertvorstellungen, Mentalitäten und Er- fahrungen von Menschen verschiedener Epochen. Diese Anschaulichkeit in Kombination mit zahlreichen Illustrationen macht die Lektüre des Burg- dorfer Jahrbuchs zu einem ganz besonderen Lesevergnügen. Mit einem schauerlichen Kriminalfall aus dem Jahr 1596 in der Gemeinde Lützelfüh beschäftigt sich Hans Rudolf Lavater-Briner. Der 21-jährige Hans Kupferschmid ermordete seinen Vater, den er zuvor bestohlen hatte. Ob- wohl er die brutale Tat als Selbstmord zu verschleiern versuchte, wurde er überführt und hingerichtet. Die «grusame» Mordgeschichte weckte lang- anhaltendes Interesse bis nach Deutschland und fand Eingang in Lieder und Kurzgeschichten, die der moralischen Ermahnung dienten, zugleich aber auch die Sensationslust der Bevölkerung stillten. Rolf Hasler und Trudi Aeschlimann stellen in ihrem Beitrag die kunstvolle Justitia-Scheibe aus Lotzwil vor, die der Burgdorfer Heinrich Stähli im Jahr 1656 in seiner Funktion als Vogt von Lotzwil stiftete, sowie weitere Gerech- tigkeitsbilder aus dem 17. Jahrhundert aus dem Raum Burgdorf. Mittels solcher allegorischen Darstellungen wurden damals gängige Idealvorstel- lungen von Gerechtigkeit zum Ausdruck gebracht. Heinz Fankhauser beleuchtet die nicht immer spannungsfreien Bezie- hungen zwischen Dienstboten und Herrschaften im 19. Jahrhundert. Die grundsätzlichen Anstellungsbedingungen regelte die Dienstboten-Ord- 9 nung aus dem Jahr 1838. Allerdings musste auch die persönliche Che- mie zwischen Arbeitgeber und -nehmer stimmen. Dies war beim Ehepaar Haller-von Greyerz und der Magd Elisabeth Fankhauser offensichtlich der Fall: Letztere wirkte während 58 Jahren im Haushalt der Pfarrfamilie. Kon- fiktträchtiger erwies sich dagegen das Arbeitsverhältnis zwischen Pfarrer Ludwig Fankhauser und dem Dienstmädchen Sophie Fankhauser auf dem Bleichegut in Burgdorf. Barbara Kummer-Behrens spürt dem Schicksal der beiden Schwestern Catharina Weber-Aeby (1834–1893) und Elise Schultz-Aeby (1842–1906), Töchter des «Bären»-Wirts von Alchenfüh, sowie ihrer Nachkommen nach. Die abenteuerliche und teils tragische Familiengeschichte führt bis nach Südafrika und in die USA. Sie weist Berührungspunkte mit histori- schen Ereignissen wie dem Bau der Gotthard-Bahn und dem Burenkrieg auf. Nach glücklichen Jahren erlitten beide Aeby-Frauen schwere Schick- salsschläge. Ihre Geschichte zeigt, dass das Leben manchmal ungerecht sein kann. Raff Fluri erzählt von der abenteuerlichen Entdeckung des Stummflms «Das Kalte Herz» mit dem Burgdorfer Regisseur Franz Schnyder in der Hauptrolle und gibt Einblicke in dessen Entstehungsgeschichte. Die Verfl- mung des Wilhelm-Hauff-Märchens wurde zu Beginn der 1930er-Jahre in Deutschland von einem jungen Team umgesetzt. Regie führte Karl Ulrich Schnabel. Angesichts der politischen Situation im nationalsozialistischen Deutschland konnte der Film nie der Öffentlichkeit präsentiert werden. Dank Fluris aufwendiger Restaurationsarbeit feierte «Das Kalte Herz» am 30. April 2016 im Kino Krone in Burgdorf nachträglich seine Premiere. Dem Engagement von Schnyder, Schnabel und aller weiteren Mitwirkenden wi- derfuhr somit späte Gerechtigkeit. Viktor Kälin blickt auf die traditionsreiche Geschichte des renommierten Gasthofs Emmenhof in der Zähringerstadt zurück, der seit bald hundert Jahren von der Familie Schürch geführt wird. Selbstverständlich fehlen auch keineswegs die Berichte der hiesigen Muse- en und Kulturinstitutionen, die Stadtchronik und die Nachrufe auf verstor- bene Persönlichkeiten, an deren Wirken und Leben erinnert werden soll. Das «Jahrbuch-Team» hat erneut eine Fülle von interessanten Beiträgen zusammengetragen, die Ihnen – liebe Leserin und lieber Leser – die lokale Vergangenheit auf eindrückliche und lebendige Weise näherbringt. Den Redaktoren und Autoren gebührt – «alles, was recht ist» – an dieser Stelle ein grosses Dankeschön. 10 Der Vatermord von Lützelfüh 1569. Eine «grusame greweliche unerhörte mißthat» im Spiegel der zeitgenössischen Medien Hans Rudolf Lavater-Briner «Ein unmenschlich grusame that» Kaum dass der Leichnam des alten Uli Kupferschmid vom Rachisberg bei Lützelfüh erkaltet war, als die Nachricht von seiner brutalen Ermordung schon bei den Theologen in Zürich die Runde machte. Am 13. Mai 1569 informierte Heinrich Bullinger, Zwinglis Nachfolger am Grossmünster, To- bias Egli in Chur darüber: «Im Bernpiet zuo Lützelfüe ist ein groß unerhört mord fürgangen; dann ein sun sinem vatter ein summ gälts verstolen, inn darnach ermürt und uffgehänkt an ein strick, alls ob er sich selbs libloß [entleibt] gethan. Alls man aber uff die sach kummen, ist der sun, der vattermorder, 3. Maij nach gepür gestraafft.»1 Mehr Einzelheiten vertraute der im bernischen Amsoldingen geborene Grossmünsterpropst Wolfgang Haller († 1601) seinem Schreibkalender an, den er von 1544 bis 1576 täglich nachführte: «Am 3. Maij ward zuo Lüzelfüe in Bern piet in der herschafft Brandis mit füwrinen zangen 4 mal gepfetzt [gezwickt], demnach grederet und uff dem rad gehenckt Hans Kupferschmid, 21 jar alt, so sin frommen [rechtschaffenen] vatter mit ei nem strick erwürgt und i‹h›nn darzuo gehenckt hatt, als hette er sich selb erhenckt, und im zevor 700 Pfund bars gelts gestolen hatt. Ein unmensch liche grusame that was [war] es.»2 Fast scheint es, als möchte Haller sich selbst und den Nachgeborenen die nicht minder «unmenschliche grusame» Bestrafung des Täters erklären. Es wird im Folgenden zu zeigen sein, dass die genannten Zürcher Intellek- tuellen keineswegs die einzigen Zeitgenossen waren, die den auf einem abgelegenen Emmentaler Hof begangenen Mord für mitteilenswert fan- den. Die mit offensichtlich hohen Gefühlswerten aufgeladene Nachricht – die Menschen damals empfanden sie als «grewelich, jämerlich, erschröck- lich, gottlos» und «wunder schrecklich» – wurde über alle früh-neuzeitlich verfügbaren Informationskanäle bis ins ferne Schlesien verteilt. 11 Überlieferungsschema des Mordfalls von Lützelfüh 1569 Eine schlüssige Erklärung für das überregionale Interesse an diesem Fall liefert selbstverständlich Sigmund Freud, der den Vatermord bekanntlich als «das Haupt- und Urverbrechen der Menschheit wie des einzelnen» be- schrieben hat.3 Und in der Tat haben die patriarchalischen Gesellschaften