Mag. Alexander Botscharow

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur wirtschaftlichen Reintegration in den Kreislauf des Geldes

Dissertation

zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften

Alpen-Adria-Universität

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften Institut für Volkswirtschaftslehre

1. Begutachter: Univ.-Prof. MMag. Dr. Gottfried Haber 2. Begutachter: Ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Franz Ofner April 2015 Danksagung II

Danksagung

Die Realisierung eines Dissertationsvorhabens erfordert nicht nur Jahre intensiver Arbeit und Bemühungen, sondern auch die Unterstützung und Mithilfe anderer. Besonderer Dank für die Annahme und das Interesse an diesem Thema gebührt Prof. Gottfried Haber. Er hat mir nicht nur in der Konzeptionsphase Wege aufgezeigt, um das Thema wissenschaftlich brauchbar zu erforschen, sondern war auch nach seinem Ruf an die Donau-Universität Krems uneingeschränkt bereit, mit mir in weiteren Terminen den jeweils aktuellen Forschungsstand zu diskutieren. Für die Bereitschaft zur Übernahme der zweiten Begutachtung und die Unterstützung bei der Erstellung des Interviewfragebogens möchte ich mich herzlich bei Herrn Prof. Franz Ofner bedanken.

Vor allem danken möchte ich meiner wunderbaren Ornella, die mir in Tiefpunkten neue Kraft und Motivation gegeben hat, sich ausdauernd meine unzähligen Überlegungen anhörte und zu Gunsten der Dissertation geduldig auf gemeinsame Zeit verzichtete. Mit strengem Auge hat sie diese Arbeit nicht nur Korrektur gelesen, sondern auch einige Abbildungen verfeinert.

Da es sich um ein berufsbegleitendes Projekt handelte, bin ich auch Kolleginnen und Kollegen zu Dank verpflichtet, ohne deren Mitwirkung eine Realisierung nur schwer vorstellbar gewesen wäre. Für die fachlichen Diskussionen und ihre akkurate Korrektur danke ich Elisabeth Starzacher, der Leiterin der Zweite Sparkasse in Kärnten. Für die Autorisierung und Freigabe der Daten sei den ehrenamtlichen Vorstandsmitgliedern Dr. Evelyn Hayden, Dr. Gerhard Ruprecht und Günter Benischek gedankt. Erwähnen möchte ich auch noch die Hilfestellung der Kollegen Mag. Johann Heep, Michael Hackauf und Natascha Kropiunik. Die zusätzliche Überprüfung der statistischen Verfahren erfolgte durch Diplom-Psychologen Ralf Grünwald.

Diese Arbeit sei den ehrenamtlichen Mitarbeitern sowie den Kunden und Interviewpartnern gewidmet, die durch ihre Bereitschaft zur Teilnahme diese Studie erst ermöglicht haben.

Inhaltsverzeichnis III INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis ………………………………...……………………………………………...VI Tabellenverzeichnis ....…………………………...…………………………………………………..VII Abkürzungsverzeichnis …………………………………………………………………………..….VIII Eidesstattliche Erklärung ….…………….…………………………………………………...………..X Abstract ……………………...…………………………………………………………………...…….XI

1 Einleitung ...... 1

1.1 Problemstellung und Zielsetzung ...... 2

1.2 Gang der Arbeit ...... 5

2 Schulden des privaten Haushaltes und die Konsequenzen ...... 6

2.1 Verschuldung...... 6 2.1.1 Soziologische Aspekte der Verschuldung ...... 8 2.1.2 Volkswirtschaftliche Aspekte der Verschuldung ...... 11 2.1.3 Risiko der Überschuldung und Überschuldungsauslöser ...... 14

2.2 Überschuldung ...... 18 2.2.1 Armutsgefährdung durch Überschuldung ...... 20 2.2.2 Überschuldung vermeiden durch Finanzbildung ...... 24

2.3 Verantwortung der Kreditgeber...... 26 2.3.1 Datenbanken zur Unterstützung der Bonitätsprüfung ...... 30 2.3.2 Umgang mit notleidenden Krediten ...... 32

2.4 Schuldenberatung ...... 36

2.5 Entschuldungsinstrumente ...... 39 2.5.1 Außergerichtlicher Ausgleich ...... 42 2.5.2 Sanierungsplan ...... 43 2.5.3 Zahlungsplan ...... 44 2.5.4 Abschöpfungsverfahren ...... 46

2.6 Privatinsolvenz aus Bankensicht ...... 48

2.7 Auswirkungen der privaten Insolvenz auf Kreditsicherheiten ...... 50

2.8 Die Schuldengenese ...... 54

2.9 Zusammenfassung des Kapitels ...... 57

3 Die Zweite Sparkasse ...... 60

3.1 Die Struktur der Sparkassen und der historische Hintergrund ...... 61

3.2 Die Sparkassen - Privatstiftung ...... 66

Inhaltsverzeichnis IV 3.3 Die Gründung und Finanzierung der Zweite Sparkasse ...... 69 3.3.1 Rechtsform und formale Organisation ...... 71 3.3.2 Das Girokonto bei der Zweite Sparkasse ...... 74 3.3.3 Gesamtes Hilfspaket der Zweite Sparkasse ...... 77 3.3.4 Die Partnerorganisationen und der Kooperationsbedarf ...... 78 3.3.5 Die Kunden der Zweite Sparkasse ...... 82 3.3.6 Ehrenamtliche Tätigkeit ...... 87

3.4 Die Rechenschaft einer eigenständigen Bank ...... 89 3.4.1 Der ökonomische Nutzen für die Erste Bank und Sparkassen ...... 93 3.4.2 Vergleichsprojekte im Bankensektor ...... 95 3.4.3 Social Banking ...... 98

3.5 Die Relevanz von Nonprofit Organisationen ...... 101 3.5.1 NPOs als gesellschaftliche Hoffnungsträger ...... 105 3.5.2 Strukturelle Kriterien und Innovationsmerkmale von NPOs ...... 108

3.6 Zusammenfassung des Kapitels ...... 112

4 Das Recht auf ein Girokonto und die Auswirkung moderner Zahlungsmittel. 115

4.1 Das Girokonto ...... 115

4.2 Die Benutzung von Zahlungsmitteln ...... 118 4.2.1 Die Auswirkungen von Zahlungsinnovationen auf das Bargeld ...... 121 4.2.2 Bezahlen im Internet ...... 124

4.3 Die Angewiesenheit auf ein Girokonto ...... 127 4.3.1 Die Kündigung des Girokontos durch die Bank ...... 133 4.3.2 Die Ablehnung der Führung eines Girokontos durch eine Bank ...... 135

4.4 Das Recht auf ein Girokonto ...... 139 4.4.1 Die Vertragsfreiheit und Privatautonomie der Banken und Sparkassen ... 146 4.4.2 Recht auf ein Girokonto im Europavergleich ...... 149 4.4.3 Zugang zu Bankkonten im EU Ländervergleich ...... 154 4.4.4 Die Selbstverpflichtung von Kreditinstituten in Deutschland ...... 158

4.5 Das Girokonto als Dienstleistung allgemeinen Interesses ...... 161

4.6 Zusammenfassung des Kapitels ...... 164

5 Exklusion und die Rolle der CSR zur Verbesserung der Inklusion ...... 168

5.1 Exklusion ...... 168 5.1.1 Risikogruppen ...... 169 5.1.2 Relative und finanzielle Deprivation ...... 171 5.1.3 Finanzielle Exklusion ...... 174 5.1.4 Folgewirkungen der finanziellen Exklusion ...... 178

Inhaltsverzeichnis V

5.2 Unternehmensethik ...... 180

5.3 Corporate Social Responsibility ...... 182

5.4 Die Rolle der CSR zur Verbesserung der finanziellen Inklusion ...... 185

5.5 Inklusion über den Geldkreislauf ...... 189

5.6 Der Beitrag der Zweite Sparkasse zur wirtschaftlichen Reintegration ...... 192

6 Empirischer Befund und Untersuchung ...... 196

6.1 Einleitung zum Forschungsbedarf und Erläuterung der Grundlagen ...... 196 6.1.1 Definition und Verfeinerung der Forschungsfrage ...... 197 6.1.2 Abgrenzung der Untersuchung ...... 199 6.1.3 Das 3-Jahres-Gespräch ...... 200

6.2 Forschungsdesign ...... 205 6.2.1 Konstruktion des Fragebogens ...... 207 6.2.2 Auswahl und Konstruktion der Stichprobe ...... 210 6.2.3 Durchführung der Datenerhebung ...... 211

6.3 Forschungsergebnisse und Diskussion ...... 214 6.3.1 Stichprobenbeschreibung ...... 215 6.3.2 Analyse und Prüfung der erhobenen Daten ...... 217 6.3.3 Methodenkritik ...... 219 6.3.4 Darstellung der Hypothesen und Fragestellungen ...... 221 6.3.4.1 Forschungsergebnisse Kategorie Schulden...... 224 6.3.4.2 Forschungsergebnisse Kategorie Girokonto ...... 232 6.3.4.3 Forschungsergebnisse Kategorie Recht auf ein Girokonto ...... 246 6.3.4.4 Forschungsergebnisse Kategorie Zweite Sparkasse ...... 258 6.3.4.5 Forschungsergebnisse Kategorie wirtschaftliche Erholung ...... 268

7 Zusammenfassung und Implikationen ...... 275

7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse ...... 275

7.2 Implikationen für die Gestaltung des Rechts auf ein Girokonto ...... 282

7.3 Implikationen für die Zweite Sparkasse ...... 287

7.4 Implikationen für die Forschung und Ausblick ...... 292

Literatur ...... 297

Anhang 1 – Interviewleitfaden ...... 313

Anhang 2 – Detailergebnisse der Interviews ...... 319

Anhang 3 – Autorisierung Zweite Sparkasse ...... 327

Abbildungsverzeichnis VI

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Struktur der Betriebserträge 1. Halbjahr 2012 ...... 13 Abbildung 2: Einkommensstruktur der Klienten der Schuldnerberatung ...... 22 Abbildung 3: Bildungsniveau der Klienten der Schuldnerberatung ...... 23 Abbildung 4: Verfahrensablauf ...... 41 Abbildung 5: Überschuldungsbiographie ...... 57 Abbildung 6: Statuten und Reglement der ersten Oesterreichischen Spar-Casse ...... 62 Abbildung 7: Entwicklung Kundenanzahl ...... 84 Abbildung 8: Kundenstruktur nach Geschlecht in Prozent 2013 ...... 85 Abbildung 9: Kundenstruktur nach Alter in Prozent 2013 ...... 85 Abbildung 10: Kundenstruktur nach Nationalität in Prozent 2013 ...... 86 Abbildung 11: Einflußstrategie von NPOs ...... 106 Abbildung 12: Durchschnittlicher privater Bankkunde ...... 116 Abbildung 13: Anteile der Zahlungsmittel am Zahlungsvolumen in Prozent ...... 119 Abbildung 14: Anteil der Zahlungsmittel an der Anzahl der Internettransaktionen ...... 125 Abbildung 15: Chancen am Arbeitsmarkt ohne Girokonto ...... 129 Abbildung 16: Zugang zu Girokonten im Europavergleich ...... 154 Abbildung 17: Durchschnittliche Kontoverfügbarkeit der Bevölkerung ...... 156 Abbildung 18: Gegenüberstellung von Kontoeröffnungen und Schließungen ...... 201 Abbildung 19: Zahlt der Kunde seine Schulden geordnet zurück? ...... 202 Abbildung 20: Schuldenstand am Beginn der Schuldenregulierung ...... 224 Abbildung 21: Verteilung der Kundenkategorien nach Einkommensklassen ...... 227 Abbildung 22: Verteilung der Kunden nach Alter ...... 230 Abbildung 23: War ihr Arbeitsplatz bei Verlust des Girokontos gefährdet? ...... 234 Abbildung 24: Hatten Sie Schwierigkeiten ohne ein Girokonto eine Anstellung zu finden? ... 236 Abbildung 25: Versuch der Kontoeröffnung bei einer anderen Bank ...... 242 Abbildung 26: Kundenbewertung des Gesamtpaketes der Zweite Sparkasse ...... 245 Abbildung 27: Benachteiligungen im Alltag mit dem Konto der Zweite Sparkasse ...... 262 Abbildung 28: Einschätzung der Befristung des Girokontos ...... 267 Abbildung 29: Kundenkategorien nach Partnerorganisationen ...... 268 Abbildung 30: Art der Schuldenregulierung ...... 270 Abbildung 31: Wer hat Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schulden maßgeblich geholfen? ..... 272

Tabellenverzeichnis VII

TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Erfolgskriterien interorganisationaler Kooperationen ...... 81 Tabelle 2: Strukturmerkmale ...... 108 Tabelle 3: Merkmale finanzieller Deprivation ...... 173 Tabelle 4: Anzahl der Untersuchungsteilnehmer ...... 216 Tabelle 5: Repräsentativität der Stichprobe in Bezug auf Geschlecht und Alter ...... 217 Tabelle 6: Darstellung der Hypothesen ...... 222 Tabelle 7: Darstellung der Forschungsfragen ...... 223 Tabelle 8: Schuldenhöhe je Altersklasse ...... 225 Tabelle 9: Einkommensverteilung ...... 228 Tabelle 10: Vergleich Altersklassen und Rückzahlung ...... 229 Tabelle 11: Vergleich Nicht-Österreicher und Österreicher ...... 231 Tabelle 12: Hat ihre Hausbank ihr Girokonto geschlossen? ...... 233 Tabelle 13: Finanzielle Exklusion ...... 238 Tabelle 14: Erfüllung Anforderung EU Richtlinie ...... 250 Tabelle 15: Einschätzung der Schuldenrückzahlung ...... 265 Tabelle 16: Hilfe bei Bewältigung der Schulden ...... 273 Tabelle 17: Einschätzung der Bewältigung der Schulden ...... 273

Abkürzungsverzeichnis VIII

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

ABGB Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch Abl Amtsblatt Abs Absatz AGB Allgemeine Geschäftsbedingungen ANOVA Analysis of Variance ASB Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatungen GmbH, ASVG Allgemeines Sozialversicherungsgesetz BB-PG Bundesbahn-Pensionsgesetz BGBl Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof, Karlsruhe BIC Business Identifier Code BIP Bruttoinlandsprodukt BWG Bankwesengesetz DSG Datenschutzgesetz EheG Ehegesetz EuGH Europäischer Gerichtshof, Luxemburg EU-SILC Statistics on Income and Living Conditions FMA Finanzmarktaufsicht, Wien GewO Gewerbeordnung IO Insolvenzordnung IRÄG Insolvenzrechtsänderungsgesetz KFG Kraftfahrgesetz KHVG Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz KSchG Konsumentenschutzgesetz KSV Kreditschutzverband von 1870, Wien Lit litera Mio Millionen Mrd Milliarden NFC Near Field Communication NPO Nonprofit Organisation OeNB Österreichische Nationalbank, Wien PostG Postgesetz PSG Privatstiftungsgesetz

Abkürzungsverzeichnis IX

RL Richtlinie SpkG Sparkassengesetz VBG Vertragsbedienstetengesetz VKrG Verbraucherkreditgesetz WKO Wirtschaftskammer Österreich, Wien Z Ziffer χ² Chi-Quadrat

Eidesstattliche Erklärung X

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und andere als die angegebenen Hilfsmittel nicht benutzt habe;

- die während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe;

- die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe;

- die Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prüfungsbehörde vorgelegt habe und dass

- die zur Plagiatskontrolle eingereichte digitale Version der Arbeit mit der gedruckten Version übereinstimmt.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Mag. Alexander Botscharow Klagenfurt am Wörthersee, 28.04.2015

Abstract XI

ABSTRACT

Überschuldete Haushalte sehen sich mit unterschiedlichen Problemlagen und Konsequenzen konfrontiert. Die kritischste Auswirkung ist der Verlust des Girokontos, der wiederum weitere Exklusionspotentiale freisetzt. Ein Anspruch auf den Erhalt eines Girokontos bei einer der am Markt tätigen Geschäftsbanken existiert de jure nicht. Die vorliegende Studie untersuchte Erfolgsfaktoren und mögliche Lösungswege aus der Kontolosigkeit anhand der Zweite Sparkasse. Durch die Darstellung der umfangreichen Konsumentenproblematik bei Überschuldung und der Beweisführung der Notwendigkeit ein Girokonto zu besitzen, wurde ein theoretischer Bezugsrahmen erzeugt. Der theoretische Hintergrund konnte durch einen Blick auf die Vorgehensweise anderer europäischer Mitgliedsstaaten und bevorstehender Anpassungserfordernisse vertieft werden. Der Beantwortung der Forschungsfrage diente ein leitfadenbasiertes Interview mit 61 Kunden der Zweite Sparkasse. Es zeigte sich, dass Kunden positiv auf die gebotene Hilfestellung des Institutes reagierten und in vielen Fällen eine wirtschaftliche Erholung eingetreten war oder zumindest eingeleitet werden konnte. Es konnte auch der Beweis erbracht werden, dass durch das Konto keine subjektiv erlebte Stigmatisierung in Alltagssituationen ausgelöst wird. Aufgrund des fortschreitenden technologischen Wandels im Zahlungsverkehr und den gewachsenen gesellschaftlichen Ansprüchen zur Absicherung von Mindestrechten, konnte weiterer Forschungsbedarf aufgedeckt werden.

Over-indebted households are confronted with various challenges and consequences of their past behaviour. Losing your current account might have the greatest financial impact on your daily life and creates potential for further exclusion. Currently none of the banks guarantee bank accounts for private individuals. The present study analyzed success factors and potential solutions to get access to current accounts based on the case of ‚Zweite Sparkasse‘. Through pointing out the need of having a bank account and mentioning the troublesome consumer topic being over-indebted created the theoretical frame of reference. Theory has been discussed in detail looking at EU member states dealing with the same challenges and their need to adapt their existing approaches. To answer the research question 61 clients of Zweite Sparkasse were asked based on a guided interview. It became apparent that clients reacted positively to the offered support of the organization and in many cases their economic situation improved or at least stabilized. As well it was proven that owning this special bank account did not give the clients any feeling of being excluded from society. The need for continuous research on the present topic being fueled by technological development concerning payments as well as by the societies claim to set minimum standards was revealed.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 1

1 Einleitung

Die Kreditaufnahme eines Haushaltes beruht auf unterschiedlichen strategischen Überlegungen und bietet die sofortige Möglichkeit Wohnbedürfnisse und Konsumwünsche zu verwirklichen. Mit dieser Transaktion wird nicht nur neues Buchgeld in die Finanzwelt geboren, sondern auch Konsum und Wirtschaftswachstum gestärkt. Zur Erfüllung der Kreditverpflichtung muss der Haushalt auf einen Teil zukünftiger Einnahmen verzichten, was dann besonders schwer fällt, wenn durch ein lebenskritisches Ereignis Einnahmequellen maßgeblich beeinträchtigt sind oder Kreditverbindlichkeiten in ihrer Anzahl und Höhe, unverhältnismäßig zum Einkommen, angehäuft wurden. Entwickelt sich aufgrund säumiger Kreditraten eine unproblematische Verschuldung zu einer kritischen Überschuldung, geht meist eine Kosteneskalation durch das Einschalten der Gläubiger von Inkassobüros, Rechtsanwälten und Gerichtsvollziehern einher. Mit zunehmender Dringlichkeit muss der Konsument in dieser gespannten Situation Gegenmaßnahmen einleiten, andernfalls folgt ein kaskadenhafter Abstieg, an dessen Ende eine mögliche Kündigung des Girokontos durch die Gläubigerbank und eine Exklusion aus Finanzdienstleistungen steht. Überschuldung entwickelt in kurzer Zeit eine Zentrifuge, die den Betroffenen ohne Hilfssystem schnell an den Rand der Gesellschaft drängt. Wird eine eingetretene Überschuldung durch negative Vermerke in Kreditregistern offenbar, umgibt den Schuldner ein unsichtbarer Schuldturm, der in unterschiedlichsten Alltagssituationen spürbar wird.

Eine funktionierende soziale Gesellschaft wird immer versuchen, die Schwächsten der Gemeinschaft zu orten und diesen auch zu helfen. Eine unfreiwillige Kontolosigkeit verursacht für geschätzte 50.000 Bürger in Österreich ein Vakuum mit negativen Folgekonsequenzen in allen Lebensbereichen. Die Zweite Sparkasse wurde gegründet, um sich ausschließlich diesem Leerraum des Bankenmarktes zu widmen. Die vorliegende Arbeit nähert sich dem Problem von Kontolosigkeit und finanzieller Exklusion. Untersucht werden soll die Relevanz einer Bank, die gegen jede marktwirtschaftliche Regel keine Gewinne machen möchte, ihre Mitarbeiter

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 2 nicht bezahlt und als Hauptprodukt nur etwas vermeintlich Selbstverständliches wie ein Girokonto anbietet und ihren Sinn und Zweck dann erfüllt sieht, wenn Kunden sie wieder verlassen.

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Basierend auf dem Gedankengang dieser Einführung widmet sich die vorliegende Dissertation einem Problem, das auf den ersten Blick in diesem Ausmaß nicht bestehen müsste. Überschuldung führt in den meisten Fällen zum Verlust des Girokontos, weil einerseits die Banken selbst beteiligte Gläubiger sind, oder aber aufgrund der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens das Konto stilllegen. Das Fehlen eines Girokontos diskriminiert den Betroffenen am Arbeitsmarkt, bei der Anmietung von Immobilien, bei der Barabwicklung von Zahlungsgeschäften aufgrund höherer Kosten und beim Erhalt von Sozialleistungen und verbannt ihn somit aus der Welt der gleichen Chancen. Derzeit sind österreichische Kreditinstitute nicht gesetzlich verpflichtet jedem Kunden ein Girokonto bei Bedarf zur Verfügung zu stellen.

Die erste Fragestellung, die sich daraus ergibt, beschäftigt sich mit den Risikofaktoren einer Überschuldung und den Überschuldungsauslösern. Dazu erfolgt die Darstellung eines charakteristischen negativen Schuldenverlaufes von den Motiven der Kreditaufnahme, bis hin zur Inanspruchnahme von Schuldnerberatung und Entschuldungsinstrumenten. Dabei soll auch deutlich hervorgehoben werden, dass es nicht ausschließlich der mangelnde Widerstand gegen omnipräsente Versuchungen der Marktwirtschaft ist, der die Schuldensituation eines Haushaltes ins Ungleichgewicht bringt, oder es nur sozial schwache Haushalte betrifft, die ihren Status durch kompensatorischen Konsum erhöhen wollen. Es ist, aufgrund kritischer Auslöser in der Schuldnerbiographie, auch die gesellschaftliche Mitte in Gefahr. Der Grad der Zugänglichkeit zu Krediten und Geld wird in der Verantwortung der Kreditgeber gesucht, um gleichzeitig auch ihre Rolle beim Umgang mit ausfallsgefährdeten Krediten zu beschreiben.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 3 In diesen Kontext wird die Wirkungsweise der Zweite Sparkasse eingebettet, woraus sich somit die nächste Fragestellung entwickelt. Als eigenständiges Bankinstitut 2006 gegründet und dennoch fest im Sparkassensektor verankert, verfolgt sie nur ihr einziges strategisches Ziel, so vielen Menschen wie möglich wieder ein Girokonto zur Verfügung zu stellen, die aufgrund einer finanziellen Notlage bei keiner anderen Geschäftsbank mehr eines erhalten. In Verbindung mit einem Maßnahmenpaket an weiteren Hilfestellungen soll der Weg aus der finanziellen Isolation begünstigt und ermöglicht werden. Von Beginn an wurde diese Initiative begleitet von der Frage nach ihrer eigenen Sinnhaftigkeit, gilt der österreichische Bankenmarkt doch als übersättigt, und befindet sich durch sichtbaren Marketingaufwand in ständiger Bemühung um neue Kunden. In der näheren Betrachtung dieses Aspektes soll die Antwort auf die Rechenschaft einer eigenständigen Bank gefunden und ihr volkswirtschaftlicher, sowie ihr ökonomischer Nutzen für die Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe beleuchtet werden. Ob und in welchem Ausmaß die Zweite Sparkasse durch ihre Unternehmenskraft von finanzieller Exklusion bedrohten Konsumenten zu helfen vermag, ohne dabei selbst stigmatisierend zu wirken, soll Kernthema dieser Arbeit sein.

Durch die Darstellung der Anwendung moderner Zahlungsmittel und Zahlungsinnovationen soll ein weiterer Beweis für die Notwendigkeit, ein Girokonto zu führen, erbracht werden. Aufgrund von Privatautonomie und Vertragsfreiheit kann ein Bankinstitut die Führung eines Girokontos jederzeit ablehnen. Der Blick auf die Rechtslage in Österreich sowie auf die Mitgliedsstaaten der gesamten Europäischen Union erlaubt eine vertiefende Auseinandersetzung mit möglichen Lösungsansätzen zur Implementierung eines Rechts auf ein Girokonto, ohne bestehende Initiativen zu gefährden. Aufgrund der korrigierenden Wirkung der Zweite Sparkasse für kontolose Konsumenten in dem derzeitigen Umfeld, muss auch ihre mögliche Rolle in einem neuen rechtlichen Bezugsrahmen untersucht werden. Die jahrelangen vergeblichen Bemühungen einzelner Interessensverbände, zur Einführung eines Rechts auf ein Girokonto, spiegeln die Relevanz dieses Themas wider.

Der theoretische Teil dieser Arbeit findet seinen Abschluss in der Erörterung der sozialen Exklusion und der Auffindung von Inklusionspotentialen im Rahmen

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 4 der Corporate Social Responsibility. Das letzte theoretische Kapitel bündelt die Forschungsfrage auf die grundsätzliche Zielsetzung dieser Arbeit und beschreibt die Eignung der Zweite Sparkasse, hinsichtlich ihrer Fähigkeit, exkludierte Konsumenten wieder in den Kreislauf des Geldes zu inkludieren und dient damit parallel als Einleitung für den Untersuchungsteil.

Die persönliche Motivation zur Erstellung dieser Forschungsarbeit entwickelte sich in den ersten Jahren der eigenen ehrenamtlichen Mitarbeit in der Zweite Sparkasse. Die aktive Teilnahme an der Vision dieses Unternehmens und das Betreten neuen Terrains ließ allmählich alte Denkstrukturen aufbrechen und den Wunsch heranreifen, profundere Kenntnis über das gesamte Kundenproblem zu erlangen. Da der unmittelbare Forschungsbereich, der durch die Existenz der Zweite Sparkasse erst erschaffen wurde, Neuland war, galt es vor allem die Annahmen zu überprüfen, die zur Gründung des Institutes geführt hatten und deshalb auch oftmals in der Öffentlichkeit zitiert wurden. Hinzu kam der Wille an eigenen Denkansätzen zu diesem Thema zu forschen und eine wissenschaftliche Grundlage zu schaffen, die eine Weiterentwicklung und Expansion des Themas in der Literatur unterstützt. Die Erkenntnisse dieser Arbeit mögen auch politischen und strategischen Entscheidungsträgern bei der Lösung dieses Konsumentenproblems dienlich sein. Zur Erstellung dieser Arbeit ist es von essentieller Bedeutung, die Rolle des neutralen Beobachters einzunehmen, um aus der Vogelperspektive das weitreichende Umfeld des Forschungsgegenstandes erkennen zu können und um alles bisher Geglaubte immer wieder in Frage zu stellen.

Der Verfasser dieser Arbeit legt großen Wert auf Gleichberechtigung der Geschlechter und versucht dies in möglichst geschlechtsneutralen Formulierungen auszudrücken. Für eine bessere Lesbarkeit wird auf Schreibweisen wie beispielsweise „Schuldner/in“ oder „KreditnehmerInnen“ verzichtet und ausdrücklich erklärt, dass dort, wo das männliche Substantiv gewählt wurde, immer beide Geschlechter gemeint sind. Auch die Schreibweise der Firmenbezeichnung für die vormals „Die Zweite Sparkasse“ wurde vom Unternehmen im Frühjahr 2010 festgelegt und dahingehend geändert, dass das großgeschriebene „Die“ entfällt und das Wort „Zweite“ ebenso nicht gebeugt wird, wie das Wort „Erste“ in Erste Bank. So ist die richtige Schreibweise „Die

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 5 Mitarbeiter der Zweite Sparkasse“ anstelle von „Die Mitarbeiter der Die Zweite Sparkasse“.1

Das umfangreiche interne statistische Zahlenmaterial wurde mit freundlicher Genehmigung der Zweite Sparkasse zur Verfügung gestellt und hinsichtlich der Veröffentlichung im Vorfeld vom gesamten Vorstand der Zweite Sparkasse begutachtet.

1.2 Gang der Arbeit

Der Aufbau dieser Arbeit erfolgt in logischen Schritten und in einer aufeinander abgestimmten Kapitelreihenfolge, die in ihrem Ablauf entlang der Chronologie einer charakteristischen Schuldnerkarriere führt. Durch die Feststellung und Aufarbeitung des Forschungsstandes und des theoretischen Hintergrundes werden Hypothesen und Fragestellungen abgeleitet, die im Untersuchungsteil einen empirischen Befund bilden.

Der Informationsverdichtung dienen nicht nur umfangreiche Statistiken der Zweite Sparkasse, sondern auch einschlägiges Zahlenwerk der staatlich anerkannten Schuldenberatung, der Wirtschafts- und Arbeiterkammer, sowie der EU-SILC2 Studien. Zur iterativen Erreichung des inhaltlichen Ziels und zur bestmöglichen Schließung der Forschungslücke, muss zusätzlich noch eine eigene Datenerhebung durchgeführt werden. Da der titelgebenden Frage, nach der Chance zur wirtschaftlichen Reintegration für Konsumenten nachgegangen werden soll, bildet die erste Kundenwelle, die die Zweite Sparkasse wieder verlassen könnte, die für den Forschungsgegenstand beobachtbare Realität. Durch ein Interview, mit einem für diese Untersuchung konstruierten Fragebogen, soll die Erklärungskraft der Hypothesen und Fragestellungen insofern erhöht werden, als dass sie auch einer zukünftigen Konfrontation mit der erfahrbaren Realität standhält.

1 Vgl. Die Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2010], S. 2. 2 EU-SILC ist eine Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen, die dienlich sind, einen Überblick über die Lebenssituation in Haushalten zu vermitteln. Teilnehmende Haushalte werden europaweit bis zu vier Jahre in Folge befragt, womit eine statistische Datengrundlage in den Bereichen Einkommen, Armut und soziale Teilhabe geschaffen wird.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 6 Entscheidend und im besonderen Fokus ist das subjektive Empfinden dieser Kunden über ihr gewährtes „…finanzielles Asyl in Form eines Habenkontos“,3 da nur sie aus erster Hand und ohne Idealisierung Auskunft darüber geben können. Um mehrere individuelle Einzelaspekte sichtbar zu machen und damit das ganze Ausmaß der Problematik besser zu verdeutlichen, werden nennenswerte Aussagen der Untersuchungsteilnehmer wörtlich und anonymisiert wiedergegeben. Dies dient sowohl der Unterstützung des Schlussplädoyers als auch der Erzeugung einer Argumentationskette. Die empirischen Befunde dienen „…als brauchbare Annäherung an die realen Phänomene…“, da sie auch bei Forschung nach dem besten methodischen Standard, „…immer die subjektiv bleibenden Wahrnehmungserlebnisse der Beobachter…“ darstellen.4 Den Abschluss bildet die Conclusio und Erläuterung des weiteren Forschungsbedarfs zum Themengebiet dieser Dissertation.

2 Schulden des privaten Haushaltes und die Konsequenzen

2.1 Verschuldung

„Es gibt kein Geld auf dieser Welt, das nicht gleichzeitig irgendjemandes Schuld ist: Neues Geld entsteht immer nur im Rahmen neuer Schulden. Denn das Geld ist ein Kind des Kredits: Sein eigentlicher Zweck ist es, diesen Kredit, aus dem es geboren wurde, wieder aus der Welt zu schaffen; nach einem mehr oder weniger langen Umweg durch den wirtschaftlichen Kreislauf; in dem es an seinen Ausgangspunkt zurückkehrt, Zins- und Zinseszins im Huckepack.“5

Verschuldung liegt vor, wenn der Lebensstil aufgrund fehlender eigener finanzieller Ressourcen kurz- oder langfristig mit fremdem Geld finanziert wird, welches den Kauf oder teilweisen Kauf jeglicher Art von Gütern und Dienstleistungen ermöglicht, „…unabhängig davon, ob diese Tatsache für die

3 Spudich [Reich und Gut 2010], S. 125. 4 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 41. 5 Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 133.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 7 verschuldeten Haushalte problematisch ist oder nicht.“6 Schulden haben einen entscheidenden Nachteil, sie haben einen Termin, zu dem sie wieder fällig sind und zurückbezahlt werden müssen. Um sie wieder vollständig zu tilgen, muss aufgrund der Zinslast zusätzliches Einkommen über den ursprünglichen Betrag der Schuld hinaus aufgewendet werden.7 Die Überschuldungsproblematik ordnet sich sozialwissenschaftlich zwischen der Notwendigkeit eines Individuums aus existenziellen Gründen einen Kredit aufzunehmen und dem Wunsch, den Grad der subjektiven Zufriedenheit zu erhöhen, ein.8 Schulden können vielerorts aufgenommen werden. Banken sind nur ein möglicher, wenn auch häufigster, Kreditgeber. Sehr hartnäckig können Schulden werden, wenn es sich um Verwaltungsstrafen und Unterhaltsrückstände handelt. Mietrückstände und nicht gezahlte Rechnungen von Energieversorgern machen Schulden zu einem existenziellen Problem und vor allem spürbar. Es gelten sowohl Personen mit Kreditverbindlichkeiten (Wohnkredite, Konsumkredite und Kontokorrentkredite oder eine Kombination daraus) als verschuldet, als auch Personen mit Zahlungsrückständen ohne Kreditverbindlichkeiten.9

Rund 40% aller österreichischen Haushalte sind verschuldet, wobei der überwiegende Teil der Konsumenten mit Krediten verantwortungsvoll umgeht und in der Lage ist, eine einmal aufgenommene Schuld mit Zinsen wieder rückzuführen. Gesamtwirtschaftliche Steigerungen des Kreditvolumens privater Haushalte stehen immer in einem engen Zusammenhang mit der Entwicklung der Immobilienpreise.10 Diese Tatsache dürfte dem Umstand Rechnung tragen, dass Kredite für die Finanzierung von Wohnraum dominierend sind. So hat knapp die Hälfte der Bewohner eigener Liegenschaften Kreditverbindlichkeiten für diesen Wohnraum.11 Unvorhersehbare Lebensereignisse können eine geregelte periodische Rückzahlung der eingegangenen Verbindlichkeiten kurz- oder langfristig gefährden oder unmöglich machen. Ein Ausbleiben der Ratenzahlung für Wohnkredite zieht durch die drohende Verwertung des

6 Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 293f. 7 Vgl. Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 150. 8 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 18. 9 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1105f. 10 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 62. 11 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1105f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 8 Wohnraums existenziell bedrohlichere Konsequenzen nach sich, als die Einstellung von Raten an ein Versandhaus. Daraus ergeben sich häufiger Zahlungsrückstände für Konsumfinanzierungen als für Wohnbaukredite.12

2.1.1 Soziologische Aspekte der Verschuldung

Die Fähigkeit zu demonstrativem Konsum hat in der Gesellschaft eine soziale Signalfunktion und dient damit der Erlangung und Erhaltung einer bestimmten Wohlstandsposition.13 Eine hohe Haushaltsverschuldung hat nicht ausschließlich ihren Ursprung in der Überbrückung existenzieller Notlagen, sondern ergibt sich häufig auch aus den Überlegungen den bestehenden sozialen Status zu sichern oder zu verbessern.14 Sedlacek sieht den Grund der wachsenden Überschuldung unseres Zeitalters in der unersättlichen und unendlichen Gier der Menschen und nicht im Mangel.15 Diese Annahme wird nicht auf jeden Schuldner zutreffen, so interpretieren Einböck/Heitzmann ihre Forschungsergebnisse, die aufbauend auf verschiedenen Phasenmodellen der Verschuldung und Überschuldung sind, dahingehend, dass Überschuldung ein Resultat aus individuellen, kollektiven und sozialen Einflussfaktoren ist.16 Der Korb an Waren und Dienstleistungen, der die minimalen und grundsätzlichen existenziellen Bedürfnisse abdeckt, wächst fortwährend, somit werden für die heutige Gesellschaft Waren essentiell, die es für frühere Generationen noch nicht waren.17

Der Symbolwert von Gütern, der unabhängig vom Gebrauchswert zusätzlich Prestige erzeugt, dient der sozialen Distinktion des Besitzers.18 Besonders bei Haushalten mit unterdurchschnittlichem Einkommen, erschafft Werbung für einen überdurchschnittlichen Lebensstandard den Nährboden für

12 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 73. 13 Vgl. Vogel [Soziale Verwundbarkeit und prekärer Wohlstand 2006], S. 348 und die dort zitierte Literatur.

14 Vgl. Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 22. 15 Vgl. Sedlacek [Die Ökonomie von Gut und Böse 2012], o. S. 16 Vgl. Einböck/Heitzmann [Überschuldungsverläufe und Überschuldungstypen 2011], S. 3 und die dort zitierte Literatur zu den Phasenmodellen von Schuldnern.

17 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 8. 18 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 295.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 9 Überschuldungssituationen.19 Für den Grad der sozialen Akzeptanz sind die jeweiligen Motive der Verschuldung und die vom gesellschaftlichen Umfeld wahrgenommene Relation der Kreditbelastung zum geschätzten verfügbaren Einkommen entscheidend.20 Für die konsumzentrierte Identitätsfindung lässt das vermittelte Bild unbegrenzter Konsummöglichkeiten das Gleichgewicht zwischen tatsächlichen Ressourcen und Wunschperspektiven leicht ins Wanken geraten.21 Investitionen für Konsumgüter oder Dienstleistungen in Erwägung zu ziehen, in dessen Genuss ein Haushalt erst durch Kreditaufnahmen gelangt, widerspricht den bekannten Theorien vom vollständig rational handelnden Wirtschaftssubjekt. Durch Marketingmechanismen und Willensschwäche verführt, werden unbedacht Kredite aufgenommen, die heute bezahlbar machen, was andernfalls geduldig über Jahre hinweg angespart werden müsste. Der Konsum wird mittels Kredit „nachgespart“. Fehr/Schwarz bestätigen in einer Reihe von Verhaltensexperimenten, dass die Verführungskraft der sofortigen Bedürfnisbefriedigung gute Vorsätze und auch eventuelle in Aussicht stehende zukünftige Vorteile zunichtemacht, „…so sind sich die meisten Menschen bewusst, dass sie für ihr Alter Geld zurücklegen sollten. Und doch erliegen viele der Versuchung, das Geld sofort auszugeben...“.22 Die bevorstehenden monatlichen Belastungen, die Kredite mit sich bringen, erfordern zukünftigen Konsumverzicht und das mit Zinsen. Es offenbart sich somit ein anderer Wert der Ware, der mit dem Preis zum Kaufzeitpunkt nicht mehr korreliert. Je nach eingeschätzter Gegenwartspräferenz kann Verschuldung und sofortiger Konsum für den Konsumenten, auch unter Berücksichtigung des Verlustes durch Schuldenzinsen, eine größere Nutzenmaximierung als Konsumverzicht darstellen.23

Der Zeitpunkt, an dem eine negative Relation zwischen monatlicher Kreditratenbelastung und frei verfügbarem Einkommen gegeben ist, markiert oftmals den Start zu einer sozialen und beruflichen Abwärtsspirale.

19 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 225. 20 Vgl. Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 1. 21 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 90. 22 Fehr/Schwarz [Psychologische Grundlagen der Ökonomie 2002], S. 13. 23 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 296.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 10 Überschuldung kann je nach Grad der finanziellen Vulnerabilität bei Eintreten eines Überschuldungsauslösers jeden Schuldner treffen. Nur die Eintrittswahrscheinlichkeit dieses Ereignisses ist bei jedem Schuldner unterschiedlich hoch, sodass durch die soziologische Betrachtung gesellschaftliche Schichten erkannt werden können, die eher das Potential in sich tragen mit Überschuldung konfrontiert zu sein. Am seltensten sind alleinlebende Frauen und Männer verschuldet, Mehrpersonenhaushalte mit Kindern sind am häufigsten mit Schulden konfrontiert.24 Verschuldung entwickelt sich parallel zum Einkommen und häuft sich bei besser verdienenden Haushalten, insbesondere für Wohnraumfinanzierungen, wobei einkommensschwache Haushalte vorwiegend konsumfinanzierungslastig sind. Am häufigsten verschuldet gilt die Altersgruppe der 35- bis 45-jährigen.25 Ob der theoretische statistische Hintergrund auch in den für diese Forschungsarbeit untersuchten Daten zu finden ist, soll mit folgenden Hypothesen geprüft werden.

H1 Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Höhe der Verschuldung.

H2 Je niedriger das Einkommen, desto geringer die Verschuldung am Beginn der Schuldenregulierung.

Wenn sich ein Haushalt verschuldet, ist dies nicht per se schlecht. Kreditaufnahme ist, sowie das Sparen auch, ein Teil des ökonomischen Handlungsrepertoires von privaten Haushalten.26 Es muss aber in der Diskussion um Verschuldung einzelner Haushalte auf jeden Fall eine Trennung zwischen Schulden die für langfristige und vermögensaufbauende Investitionen, wie Wohnraumschaffung, bei der sich Schulden kaum vermeiden lassen, und rein konsumorientierte, wie beispielsweise kurzlebige Statusgüter, erfolgen. Des Weiteren kann Verschuldung entweder eine bewusste Entscheidung sein, oder unfreiwillig zustande kommen. Sie teilt sich nach Streuli in eine hedonistische Variante für den Erwerb zusätzlicher Güter, oder in eine prekäre Variante zur

24 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1108ff. 25 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 67. 26 Vgl. Angel/Heitzmann [Auswirkungen von Überschuldung in Privathaushalten 2010], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 11 Begleichung von Zwangsausgaben, die allein schon durch laufende Lebenskosten entstehen kann.27

2.1.2 Volkswirtschaftliche Aspekte der Verschuldung

Die Aufgabe der Geldschöpfung fällt größtenteils dem Finanzsektor zu und ist eigentlich ein Kreditschöpfungsprozess, der je nach Geschäftsfall Einfluss auf die umlaufende Geldmenge hat.28 Das durch Verschuldung gewonnene und umgesetzte Nachfragepotential des Einen, bedeutet den Vermögensaufbau des Anderen. Verschuldung ist das funktionale Bindeglied zwischen Einkommensbildung und Einkommensverwendung und ist ermöglichender Teil der wirtschaftlichen Triade Konsum, Sparen und Investition.29 Dies trifft vor allem dann zu, wenn Sparen und Investieren nicht in identischen Einheiten entstehen.30 Der positive makroökonomische Effekt der Verschuldung der Haushalte entsteht durch zusätzliche Konsumnachfrage.31 Durch die Vereinbarung, mittels Kreditvertrag, zukünftig verfügbare Mittel und Kaufkraft in die Gegenwart zu transferieren, kann kreditbasiertes Wirtschaftswachstum stattfinden und prosperierend wirken. Geld entsteht und findet seinen Weg in den Wirtschaftskreislauf durch Schulden. Kreditinstitute als Finanzintermediäre transformieren Geld der Sparer in Höhe und Frist in Kredite für Investitionen oder zur Konsumbefriedigung. Da das Geld der Sparer für die Sättigung der gesamten Kreditnachfrage einer Bank meist nicht ausreichen würde, muss sich auch eine Bank am Finanzmarkt refinanzieren und verschulden, um die Aufgabe der Allokationsfunktion effizient zu erfüllen.32 Durch das dann im Wirtschaftskreislauf zirkulierende Geld, gelingt die Erhaltung von gegenseitiger Zahlungsfähigkeit für den Kreditnehmer und den Kreditgeber. Zinserträge der Kreditgeber werden in Form von neuen Krediten oder Investitionen wiederum in den Kreislauf rückgeführt.33 Reißt diese Kette an irgendeiner Stelle ab,

27 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 294. 28 Vgl. Gischer et al. [Geld, Kredit und Banken 2004], S. 160. 29 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 90. 30 Vgl. Gischer et al. [Geld, Kredit und Banken 2004], S. 21. 31 Vgl. Angel/Heitzmann [Auswirkungen von Überschuldung in Privathaushalten 2010], S. 2. 32 Vgl. Gischer et al. [Geld, Kredit und Banken 2004], S. 7f. 33 Vgl. Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 132f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 12 „…kommt es zu Zahlungsunfähigkeit und Störungen des Systems.“34 Es ist von essentieller Bedeutung, so lange wie möglich zu verhindern, dass einzelne insolvente Konsumenten aus diesem System ausgeschlossen werden, oder zumindest so rasch wie möglich wieder integriert werden können. Über die verbraucherrelevanten und sozialpolitischen Überlegungen hinaus, entstehen volkswirtschaftliche Aspekte auch durch einzelne Unternehmen, die davon abhängig sind, dass ihre Kunden und Verbraucher Forderungen und offene Rechnungen tatsächlich bedienen können.35 Österreichische Privathaushalte wendeten im Jahr 2008 mehr als fünf Milliarden Euro nur für Kapitalzinsen auf, was einem Anteil von etwa 3,2% des verfügbaren Nettoeinkommens entspricht.36 Erhöht sich die Rückzahlungsverpflichtung aufgrund steigender Zinsen, ist die Breitenwirkung höher, als bei nur einzelnen, von plötzlicher Arbeitslosigkeit, betroffenen Kreditnehmern.37

Die Handelsware einer Bank ist Geld. Mit der Verwahrung und Verleihung des Marktproduktes Geld erzielen Banken, „…die wie alle Unternehmungen ihre Produkte im Markt verkaufen…“ Gewinne.38 Der Preis für die vorübergehende Überlassung von Kaufkraft ist der Zinssatz.39 Die nachstehende Grafik verdeutlicht die Ertragslage österreichischer Banken und die Bedeutung der Einnahmen aus dem Kreditgeschäft.

34 Vgl. Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 133. 35 Vgl. Kathrein [Zivilrechtliche Maßnahmen gegen die Überschuldung 2008], S. 105. 36 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 127. Der Zinsaufwand (ohne Tilgung) der Kreditnehmer in Bezug auf das Gesamteinkommen der Bevölkerung.

37 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 75. 38 Vgl. Binswanger [Die Wachstumsspirale 2006], S. 115. 39 Vgl. Gischer et al. [Geld, Kredit und Banken 2004], S. 43.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 13

Abbildung 1: Struktur der Betriebserträge 1. Halbjahr 201240

Der Nettozinsertrag ist das Ergebnis von Zinserträgen abzüglich Zinsaufwendungen. Auf Basis der Ertragslage des österreichischen Kreditsektors im 1. Halbjahr 2012 ist erkennbar, dass nahezu die Hälfte der Erträge aller namhaften Banken aus dem Zinsgeschäft stammt und somit die wesentlichste Einkommensposition darstellt. Ein geringer Teil des Provisionsergebnisses ist dem Kreditgeschäft zuzurechnen.41 Das Ergebnis spiegelt auch das typische Geschäftsfeld österreichischer Kreditinstitute wider, die sich als Retailbanken überwiegend mit der Verwaltung von Spareinlagen und der Kreditvergabe beschäftigen.

Überschuldung und die darauffolgende Abhängigkeit von Gläubigern gibt es vermutlich seit der Geburtsstunde von Zahlungsmitteln. Das Konsumentenschutzgesetz, das Verbraucherkreditgesetz und etliche Bemühungen von Interessensverbänden zielen darauf ab, den Konsumenten vor Überschuldung, aber auch vor unbedachten Handlungen, zu schützen. Kathrein spricht von „… einem steten Bestreben des Gesetzgebers, die übermäßige und unmäßige Verschuldung der privaten Haushalte

40 Quelle: Wieser [Wirtschaftliche Lage des österreichischen Kreditsektors 2012], S. 25 41 Vgl. Wieser [Wirtschaftliche Lage des österreichischen Kreditsektors 2012], S. 25.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 14 zurückzudrängen.“42 Kumulieren sich hochverschuldete Haushalte, die ihre Kredite nicht mehr bedienen können, dann tragen sie in ihrer Gesamtheit das Potential, im Falle eines makroökonomischen Schocks (Zinsanstieg, steigende Arbeitslosigkeit, Einkommensrückgang), in der jeweiligen Volkswirtschaft eine Krise auszulösen, die sich wirtschaftspolitisch auf drei Ebenen auswirkt. Auf der Makroebene bricht die Konsumnachfrage ein. Die Finanzstabilität ist durch ausbleibende Kreditrückzahlung gefährdet. Auf der dritten, individuellen Ebene, entstehen Überschuldungsrisiken für Haushalte.43

2.1.3 Risiko der Überschuldung und Überschuldungsauslöser

Überschuldungsauslöser setzen den Überschuldungsprozess spürbar in Gang und stehen damit „…sichtbar am Beginn einer Kette die in (relative und absolute) Überschuldung mündet.“44 Überschuldung kann durch ein plötzlich eintretendes kritisches Ereignis oder durch einen schleichenden Prozess ausgelöst werden. Abhängig von der jeweiligen Lebenssituation können entweder unverschuldete Begebenheiten wie Arbeitslosigkeit, Krankheit und gescheiterte Selbständigkeit überschuldungsauslösend wirken, oder eine allmähliche Überschuldung wird verursacht durch einen aufwendigen Lebensstil, Kaufsucht, Spielsucht oder den kontinuierlichen Aufbau von unüberschaubar hohen Gesamtkreditverbindlichkeiten. Diese Faktoren wirken bei jedem Konsumenten unterschiedlich und sind stark abhängig von dessen gesellschaftlicher Einbindung und momentaner Phase im Lebenszyklus. Überschuldung kann in jungen Jahren bei Familiengründung, in fortgeschrittenem Alter, in Zeiten schwerer Krankheit und Lebenskrisen als auch mit beginnendem Suchtverhalten eintreten.45 Der Start typischer Überschuldungsverläufe ist aber nicht immer durch kritische Ereignisse zeitpunktbezogen, sondern entwickelt sich, wie Einböck/Heitzmann erforschten, oftmals aus prekären Lebenslagen, in denen es Haushalten nicht gelingt

42 Kathrein [Zivilrechtliche Maßnahmen gegen Überschuldung 2008], S. 103. 43 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 63. 44 Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 17. 45 Vgl. Einböck/Heitzmann [Überschuldungsverläufe und Überschuldungstypen 2011], S. 48.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 15 monatliche Ausgaben zu begleichen und sich dadurch Verbindlichkeiten und Zahlungsrückstände akkumulieren.46

Die Schuldnerberatung sieht in ihren Statistiken Arbeitslosigkeit und Einkommensverschlechterung als häufigste Gründe für eine Überschuldung, ortet aber auch den Umgang mit Geld und gescheiterte Selbständigkeit als große Risikofaktoren.47 Knobloch bezeichnet die wesentlichsten Überschuldungsauslöser als „Big Four“ und reiht sie nach ihrer Bedeutung in Verlust des Arbeitsplatzes, Beziehungstrennungen und die sich daraus ergebende Auflösung gemeinsamer Haushalte, maßloses Konsumverhalten und missglückte Selbständigkeit.48 Der KSV (Kreditschutzverband von 1870) sieht die Gründe für die Überschuldung und anschließende Zahlungsunfähigkeit weniger in einem unbedachten Umgang mit Geld, sondern in der Überschätzung einzelner Haushalte, in ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.49 Wo die Grenze zwischen unproblematischer Verschuldung und problematischer Überschuldung liegt, wird von einem externen Ordnungsrahmen und von der Anpassungsfähigkeit des Schuldners abhängen und ist insofern fließend, als dass sie sich jederzeit sowohl in die eine als auch die andere Richtung entwickeln kann.50 Die dünne Grenzlinie zwischen Verschuldung und Überschuldung sieht Streuli in der Liquidität.51

Problemtreiber und Risikofaktor in allen Fällen kann dabei die unkomplizierte Form der Girokontoüberziehung sein, die eine niederschwellige Kreditmöglichkeit darstellt. Entweder wird diese dem Konsumenten auf Nachfrage vergeben, oder automatisch aufgrund der Höhe der Gehaltseingänge errechnet. Ein dauerhaft am Rahmenlimit überzogenes Girokonto ist nicht nur zinsökonomisch die schlechteste Finanzierungsform, es beraubt dem Konsumenten die Reserve, um unerwarteten alltäglichen Finanzierungsbedarf zu decken. Sollverzinsungen für Überziehungen innerhalb des vereinbarten Rahmens bewegen sich nach einer von der Arbeiterkammer

46 Vgl. Einböck/Heitzmann [Überschuldungsverläufe und Überschuldungstypen 2011], S. 50f. 47 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8. 48 Vgl. Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 21. 49 Vgl. KSV 1870 [Insolvenzstatistik Private 2012], S. 2. 50 Vgl. Angel/Heitzmann [Auswirkungen von Überschuldung in Privathaushalten 2010], S. 2. 51 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 294.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 16 durchgeführten Studie zwischen 4% und 13,25%. Im Median beträgt die Verzinsung 9,5%. Entstehen zusätzliche Überziehungen über den vereinbarten Rahmen, werden meist zusätzliche Zinsen von bis zu 5% verrechnet, was im schlechtesten Fall einem Gesamtzinssatz von 18,5% entspricht.52 Grundsätzlich ist die Umschuldung in einen Privatkredit mit einer geringeren Verzinsung durchaus gängige Praxis und kann dem Schuldner als erschwinglichere Finanzierungsform dienlich sein. Jedoch kann eine kontinuierliche Rahmenüberschreitung bereits als Anzeichen für mögliche Zahlungsunfähigkeit interpretiert werden, da die monatlichen Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Erst recht wenn Überziehungen ständig als vermeintliche Lösung zu Krediten umgeschuldet oder aufgestockt werden. Im Hintergrund gibt es eine strukturelle Haushaltsschwäche die mit solchen Maßnahmen nicht behoben wird, denn um tatsächlich Schulden abzubauen, muss das Einkommen nachhaltig höher sein als die Ausgaben. Umschuldungen bewirken eine weitere monatliche Belastung und alsbald wird der vorherige Zustand wieder erreicht sein.53 Überschuldungsauslösend wirken auch zu hoch eingegangene Kreditverpflichtungen im Verhältnis zum Einkommen. Monatliche Kreditkosten im Haushaltsbudget zu berücksichtigen, wurde zur normalen Lebensrealität. Durch Unterschätzung der monatlichen Raten entsteht eine permanente Verschuldungssituation, die sukzessive eine ständige Erhöhung der Gesamtverbindlichkeiten verursacht. Zu einem laufend überzogenen Girokonto kommen meist auch noch Schulden aus Leasingfinanzierungen für Kraftfahrzeuge oder Einrichtungsgegenstände, sowie zusätzliche Einkaufsrahmen bei Versandhäusern. Die daraus resultierende monatliche Belastung steigt kontinuierlich an, ist jedoch in Zeiten guter Wirtschaftslage und steigender Einkommen für den durchschnittlichen Schuldner bewältigbar. Unterqualifizierte Tätigkeiten sind von Arbeitslosigkeit zuerst betroffen, so entstehen ernste existenzielle Probleme bei abflauender Konjunktur durch eine Kombination aus gesunkenem Einkommen, aufgrund des Verlustes des Arbeitsplatzes und der unverändert hohen Rückzahlungen.54 Eine Schuldenlast, die gegenwärtig noch bezahlbar ist, könnte dies in Zukunft durch ein sich änderndes Einkommen nicht mehr sein. Eine gegenwärtig zu hohe

52 Vgl. Arbeiterkammer [Wie viel Gehaltskonten wirklich kosten 2011], S. 8f. 53 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 24f. 54 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 226ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 17 Schuldenlast kann bei steigendem Einkommen in Zukunft leistbar werden.55 Wobei die Höhe der Zinsen naturgemäß eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung von Schulden spielt, so verdoppelt sich bei einem Zinssatz von 10% eine Schuld mit Zinseszins in sieben Jahren und drei Monaten.56

Schlagender und unmittelbarer in seiner Wirkung auf das Haushaltseinkommen ist der Überschuldungsauslöser Scheidung. Unverschuldet oder nicht entsteht für beide ehemaligen Ehepartner, bei gleichbleibendem Einkommen, eine geänderte Ausgabenstruktur. Da gerichtliche Scheidungsbeschlüsse einen solidarisch unter Eheleuten aufgenommenen Kredit, für den beide haften, in den meisten Fällen mit § 98 EheG (Ehegesetz)57 lösen, kann der, die eheliche Liegenschaft verlassende, Ehepartner allenfalls zum Ausfallsbürgen bestimmt werden und somit trotz Scheidung nicht gänzlich aus der Haftung entlassen werden. Der verbleibende Partner wird im Innenverhältnis, mit Wirkung für den Gläubiger, der zur Zahlung der Kreditverbindlichkeiten verpflichtete Hauptschuldner. Zu den bestehenden finanziellen Verbindlichkeiten erzeugen unmittelbare Trennungskosten, wie Anwaltshonorare und Neuerrichtung eines Haushaltes, sowie durch die Scheidung entstandene Unterhaltsverpflichtungen, schwer bewältigbare finanzielle Hürden.58

Schulz-Nieswandt und Kurscheid teilen die Risikofaktoren für die Eintrittswahrscheinlichkeit von Überschuldung in Basisrisikofaktoren (wirtschaftliche Vulnerabilität) und generative Risikofaktoren (Daseinsstil) und verbinden diese zu einem sozialen Dispositionsgefüge. Die Eintrittswahrscheinlichkeit hängt demnach von einem „…Zusammenspiel umweltbezogener und endogener Risikodispositionen ab.“59

55 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 64. 56 Vgl. Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 150. 57 EheG BGBl I 2013/15. 58 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 226. 59 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 65ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 18 2.2 Überschuldung

„Der Konsum ist zur Massenreligion geworden, und die ökonomische Marginalisierung durch Überschuldung kommt einer Exkommunikation gleich.“60

Überschuldung trifft nicht nur Randgruppen, sondern durch einschneidende biographische Ereignisse auch Personen, die vorher weit davon entfernt waren.61 Überschuldung ist kein statischer, sondern ein dynamischer Prozess, der an bestimmten Punkten der Biographie ansetzt und eine fallspezifische Dauer aufweist.62 Sie erklärt und zeigt sich in Zahlungsunfähigkeit, somit ist eine Überschuldung als möglicher Vorbote einer Zahlungsunfähigkeit zu prophezeien. Jedoch nicht zwingend, denn trotz Überschuldung wird es Haushalte geben, die ihre Verbindlichkeiten gerade noch bedienen können, und andererseits Haushalte, die vielleicht Immobilienvermögen besitzen, aber monatlichen finanziellen Verpflichtungen an anderer Stelle nicht mehr nachkommen können.63 Demnach können die Termini Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung nicht synonym verwendet werden, obwohl juristisch der Begriff Zahlungsunfähigkeit eher natürlichen Personen und Überschuldung juristischen Personen zugeordnet wird.64

Nach § 66 Abs 2 IO (Insolvenzordnung)65 wird für Zahlungsunfähigkeit angenommen, dass „…der Schuldner seine Zahlungen einstellt.“ Da diese Definition sehr vorsätzlich klingt, aber im Kern die Unfähigkeit, Zahlungen zu leisten, wohl gemeint ist, sei auf die Auslegung von Backert verwiesen, der die Definition über die Liquidität findet und verständlich formuliert, dass der freie Einkommensrest bei Zahlungsunfähigkeit geringer ist, als die für die monatlichen Zahlungen notwendige Summe.66 Ganz allgemein definiert Grohs, „…dass von Überschuldung zumeist dann gesprochen wird, wenn es nicht mehr möglich ist fällige Schulden innerhalb einer angemessenen Frist

60 Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 22. 61 Vgl. Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 36. 62 Vgl. Backert [Leben im modernen Schuldenturm 2003], S. 51. 63 Vgl. Luger [Die Bank als Gläubiger im Konkurs 2005], S. 43. 64 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 224. 65 IO BGBl I 2014/98. 66 Vgl. Backert [Armutsrisiko 2001], S. 243.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 19 zurückzuzahlen.“67 Sich verdichtende Hinweise, wie beispielsweise häufige Exekutionen oder ein Missverhältnis der wirtschaftlichen Ertragskraft zur Höhe der finanziellen Belastungen, lassen nach allgemeiner Lebenserfahrung, auf eine aufkeimende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit schließen.68 Ergänzend zum monetären Angelpunkt von Überschuldung, scheint Korczak eine geeignete Systematisierung gefunden zu haben und schlägt eine subjektive, relative und absolute Überschuldung vor. Bei der subjektiven Überschuldung sehen sich Personen psychisch und finanziell überfordert Schulden zurückzuzahlen. Bei der relativen ist eine Rückzahlung, trotz Reduktion der Lebensausgaben, nicht fristgerecht möglich und bei der absoluten Überschuldung reicht das Einkommen des Schuldners nicht mehr aus, um die bestehenden Verbindlichkeiten zu decken.69

Grohs/Maly führen als weitere deutliche Anhaltspunkte einer Überschuldung, die Notwendigkeit Umschuldungskredite in Anspruch nehmen zu müssen, keine Reserven für unvorhersehbare finanzielle Belastungen zu haben, Geld im sozialen Umfeld borgen zu müssen und die Verschiebung von Zahlungen auf den nächsten Monat an. Ständige Rahmenerhöhungen am Girokonto und darauf folgende Krediterhöhungen, um den Rahmen wieder auszugleichen, verschleiern und verschleppen die eigentliche Zahlungsunfähigkeit bereits überschuldeter Haushalte. Der verstärkte Kauf über Kreditkarten, das verzögerte oder gänzliche Ausbleiben von Zahlung der Rechnungen und Ignorieren der darauf folgenden Mahnungen, sowie Rückständen, bei unmittelbar die Existenz betreffenden Dienstleistern, wie Stromversorgern oder Vermietern, sind nur jeweils Anzeichen einer meist nicht mehr aufzuhaltenden, viel größeren Krise.70 Eine länger andauernde Säumigkeit von existenziellen Forderungen bei Miete, Strom, Gas oder Alimentationszahlungen wirkt in ihrer negativen Folgekonsequenz für den Konsumenten wie ein Brandbeschleuniger.

67 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 224. 68 Vgl. Luger [Die Bank als Gläubiger im Konkurs 2005], S. 42 und die dort zitierte Rechtsprechung.

69 Vgl. Korczak [Definition der Verschuldung im europäischen Raum 2003], S. 26. 70 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 23f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 20 Nach erfolglosen Versuchen die Forderung durch Mahnungen einzutreiben, aktiviert die Gläubigerseite Inkassobüros, Rechtsanwälte und Gerichtsvollzieher. Die offenen Rechnungen von gelieferten Waren oder erbrachten Leistungen mit Nachdruck einzufordern, ist das legitime Recht eines Gläubigers, da er seine eigene wirtschaftliche Existenz erhalten muss. Doch durch die Aktivierung von Gegenmaßnahmen wird eine Branche in Gang gesetzt, die durch ihre Dienstleistung selbst wieder Kosten verursacht und die ursprüngliche Forderung teilweise unverhältnismäßig erhöht.

2.2.1 Armutsgefährdung durch Überschuldung

Eine Armutsdefinition muss für jede Gesellschaft separat gefunden werden, da diese völlig unterschiedliche Erscheinungsformen und Ausprägungen in den jeweiligen Ländern der Welt hat. Auch innerhalb Europas wird ein Vergleich von Ländern wie Österreich, Deutschland und der Schweiz mit Bulgarien, Rumänien oder Ungarn kaum ein allgemein anwendbares Bild ergeben. Auch der von Armut betroffene Bürger wird sich im Ländervergleich mit unterschiedlichen Problemlagen konfrontiert sehen, demnach ist „…Armut in Entwicklungsländern nicht dasselbe wie Armut in Industrieländern.“71 Simmel erklärt Armut nicht zum eigenständigen Stigma, sondern sieht diese in Indizien, wie Erhalt von Sozialleistungen, Arbeitslosigkeit, Privatinsolvenz oder gerichtliche Vollstreckungen gegeben und erklärt damit, die nach wie vor gültige gegenwärtige Aussagekraft der Armutsdefinition für westlich orientierte Gesellschaften.72

Armut und Schulden sind eng miteinander verknüpft, da beide Komponenten einander beeinflussen oder produzieren können. Die Verschuldung ist dann mitverantwortlich für Armut, wenn Kredite finanzielle Schwierigkeiten nicht lösen oder überbrücken, sondern verschärfen. Klassisch sichtbare Armut wird durch eine neue Armut abgelöst, die den Handlungsspielraum für den betroffenen Haushalt dermaßen einschränkt, dass dieser in eine ausweglose Situation

71 Vgl. Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 31. 72 Vgl. Simmel [Untersuchungen über die Formen der Vergesellschaftung 1992], o. S. zitiert nach Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 31.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 21 gerät, aus der er sich selbst nicht mehr befreien kann.73 Die Bekämpfung von Armut und Überschuldung muss parallel erfolgen. Ob nun ein Haushalt existenziell gezwungen ist, sich zu verschulden, oder ein bereits verschuldeter Haushalt laufende Kreditraten nicht mehr bedienen kann, führt am Ende der Kausalkette immer zur Verringerung des frei disponiblen Einkommens und zu einer Verschlechterung der finanziellen Lage. Da Einkommen meist gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und sichtbarstes Zeichen von Armut ist, wird für die statistische Analyse versucht, Armutsgefährdung durch relative Einkommensnachteile eines Haushaltes in Relation zur Gesamtbevölkerung abzubilden.74 Bei Unterschreitung von 60% des Medians eines äquivalisierten Haushaltseinkommens, werden die in dem betreffenden Haushalt lebenden Personen als armutsgefährdet bezeichnet. Für einen Einpersonenhaushalt ergab diese Berechnungsmethode für das Jahr 2011 eine Armutsgefährdung unter einem Einkommen von € 914,-.75 Dieser Betrag umfasst alle Einkünfte aus Erwerbsarbeit, staatliche Transferleistungen und sonstigen privaten Einkommen. Das Existenzminimum für einen Einpersonenhaushalt ohne Unterhaltspflichten beträgt € 837,36.76 Unpfändbare Freibeträge in Form des Existenzminimums sind nach § 293 Abs 1 lit a ASVG (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz)77 an Ausgleichszulagenrichtsätze gebunden, die jedem Pensionsbezieher ein Mindesteinkommen sichern sollen. Eine Lohnpfändung kann sowohl Erwerbstätige als auch Pensionsbezieher auf ein Existenzminimum, und damit unter die Schwelle der Armutsgefährdung, versetzen.78 Personengruppen, die nach der Definition des Äquivalenzeinkommens als armutsgefährdet gelten, neigen zwar bei der Analyse der Kreditverbindlichkeiten von Privathaushalten mit einem Anteil von 23% eher zu Kontoüberziehungen, als Personen mit höherem Einkommen, haben aber in Summe nur eine 28%ige Verbreitung von Krediten. In höheren Einkommensgruppen liegt die Quote der Kreditverbindlichkeiten bei 48%. Der

73 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 297. 74 Vgl. Heitzmann/Till-Tentschert [Armutsgefährdung und manifeste Armut 2009], S. 92. 75 Vgl. Lamei et al. [Armuts- und Ausgrenzungsgefährdung in Österreich 2013], S. 32. 76 ASVG BGBl II 2012/44, Kundmachung des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz für das Kalenderjahr 2013.

77 ASVG BGBl II 2014/288. 78 Das Existenzminimum und die Richtsätze für die Ausgleichszulage erhöhen sich gestaffelt und abhängig von Familienstand und Anzahl Unterhaltspflichtiger.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 22 niedrige Anteil an Krediten für armutsgefährdete Konsumenten lässt sich einerseits auf einen für diese Gruppe typisch eingeschränkten Zugang zum Kreditmarkt durch restriktive Vergaberichtlinien zurückführen, und andererseits auf die realistische Einschätzung des Haushaltes selbst, durch gegenwärtige oder zukünftige Haushaltseinnahmen Kredite überhaupt bedienen zu können.79 Die Schuldnerberatung veröffentlicht in ihrem periodisch erscheinenden Schuldenreport Vergleichszahlen des Einkommens ihrer Klienten.80

Abbildung 2: Einkommensstruktur der Klienten der Schuldnerberatung81

Wenngleich 24,6% der Klienten nur über ein nicht exekutierbares Einkommen unter dem Existenzminimum (von 2011) verfügen konnten, lag das Einkommen der Klienten in über 70% der Fälle über dieser wichtigen Schwelle und rund ein Fünftel hatte ein Einkommen von € 1.500,- und darüber.82 So drängt sich bei genauer Betrachtung eher der Schluss, der durch Überschuldung überhaupt erst ausgelösten Armut auf, als der durch Überschuldung verstärkten oder gefestigten Armut. Da erstens Lohnpfändungen auch höhere Einkommen auf ein Existenzminimum und damit unter die Schwelle der Armutsgefährdung drücken können, und zweitens Einkommensbeziehern unter dem

79 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1107. 80 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8. 81 Quelle: Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8 82 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 23 Existenzminimum der Zugang zum Kreditmarkt nur sehr eingeschränkt zur Verfügung steht. Der Weg eines Schuldners bis zur Armut ist „…ein von sich gegenseitig verstärkenden Faktoren getragener Ablauf, der, je weiter er voranschreitet, sich verfestigt und verselbständigt und schließlich unumkehrbar wird.“83

Als weiterer „verstärkender Faktor“ wirkt die Exklusion vom Arbeitsmarkt als potentielles Risiko einen erworbenen sozialen Status zu verlieren, besonders wenn die Unterstützungsinstanzen Staat, Familie und eigene Absicherung unzureichend sind. Das Armutsrisiko für Arbeitslose ist mit 39% Wahrscheinlichkeit vielfach höher als für ganzjährig Beschäftigte.84 Ein überproportionales Risiko für Armutsgefährdung haben Alleinerziehende und Familien mit drei und mehr Kindern, außerdem gilt geringes Bildungsniveau seit Jahren als Armutsrisiko.85 Vor allem das Bildungsniveau bei verschuldeten Personen lässt, durch den praxisnahen Einblick anhand der Daten der Schuldnerberatung, eine klare Tendenz erkennen. Demnach kontaktieren Personen mit geringer Schulbildung häufiger eine Schuldnerberatung.86

Abbildung 3: Bildungsniveau der Klienten der Schuldnerberatung87

83 Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 298. 84 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 63. 85 Vgl. Heitzmann/Till-Tentschert [Armutsgefährdung und manifeste Armut 2009], S. 108. 86 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8. 87 Quelle: Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 8

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 24 Arbeitslosigkeitsvulnerabilität und niedriger Bildungsabschluss kristallisieren sich als Risikofaktoren für Überschuldung heraus. Beide Faktoren sind, wie die Arbeitsmarktforschung zeigt, interdependent.88 Nur den Pflichtschulabschluss haben 34,8% der Klienten der Schuldnerberatung, 54,9% haben einen Lehrabschluss oder eine berufsbildende Fachschule absolviert. Von Arbeitslosigkeit sind 36% der Klienten betroffen. Der Anteil der Klienten mit Matura und darüber hinausgehendem Bildungsniveau ist gering.

Für all diese erwähnten gefährdeten Gruppen können Schulden und ein schuldenfinanzierter Lebenswandel ein zusätzlicher Risikobeschleuniger für Armutsgefährdung sein. Die Auswirkungen von Armut sind mannigfaltig und reichen von Verlust der sozialen Kontakte, Einschränkungen im Alltag, bis hin zu mangelnden Lebensperspektiven und Stigmatisierung. Die relative Armut wird über Ressourcenverfügbarkeit definiert und versteht sich als die Ausgrenzung aus wichtigen Lebensbereichen. In der Literatur wird soziale Ausgrenzung meist als Ausschluss von gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten verstanden.89

2.2.2 Überschuldung vermeiden durch Finanzbildung

Schlechter Umgang mit Geld wird tendenziell vor allem Menschen mit grundsätzlich schlechter Allgemeinbildung zugeschrieben, da mangelnde hauswirtschaftliche Kenntnisse und falsche Einschätzung von Zinsen und Folgegebühren, zu Fehlkalkulationen des Haushaltsbudgets führen. Dieser Effekt müsste sich aufgrund der Tatsache, dass schlechte Bildung meist auch schlechte berufliche Ausbildung und daraus resultierend niedriges Einkommen bedeutet, noch verstärken. Doch eine umfangreiche Befragung zur Finanzkompetenz in Österreich durch die OeNB (Österreichische Nationalbank) bringt andere Ansatzpunkte zu Tage.90 Bei über 2.556 auswertbaren Datensätzen gaben 90% der Befragten an, über ihre finanzielle Situation immer genau Bescheid zu wissen. Die Altersklasse spielt dabei eine größere Rolle als

88 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 52. 89 Vgl. Böhnke [Am Rande der Gesellschaft 2006], S. 19. 90 Vgl. Fessler et al. [Die Finanzkompetenz 2007], S. 56ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 25 der Bildungsgrad und das Einkommen. 45% der Haushalte führen Buch über ihre Finanzen und 80% der Haushalte geben an, Rechnungen meist sofort zu bezahlen; es wurde kein Zusammenhang zwischen Zahlungsmoral und Bildungsniveau festgestellt. Die teuerste Form Finanzierungsbedarf zu decken, ist die Kontoüberziehung, hier spielt naturgemäß das Einkommen in Bezug auf die Rahmenhöhe eine entscheidende Rolle. Bei 15% der Befragten weist der Kontostand regelmäßig ein Minus aus, in diesem Cluster ist neben einer geringen Einkommenssituation auch ein hoher Grad an zusätzlichen Konsumfinanzierungen zu verzeichnen.91

Die eigene finanzielle Situation richtig einzuschätzen, ist mehr eine Frage des Alters, als der Bildung. Umso entscheidender ist der Umgang mit Geld bei Jugendlichen und jungen Familien. Wobei hier im Fokus eine wachsende Steigerung der Fähigkeit, … „laufende Ausgaben mit dem eigenen Einkommen zu decken und sich einen Überblick über die eigene Finanzlage bilden zu können…“,92 stehen muss. Die Analyse der Kreditverbindlichkeiten von Privathaushalten zeigt, dass Verschuldung mit dem Lebensalter abnimmt, da nur 15% der über 65-jährigen verschuldet sind.93 Auch wenn in dieser Altersklasse langfristige Kredite für Wohnraumschaffung meist abgezahlt sind, so ist die niedrige Finanzierungsquote nicht zuletzt auf eine wachsende Immunität gegen Verlockungen der Konsumgesellschaft und bessere Einschätzung der finanziellen Lage zurückzuführen.

Eine bessere finanzielle Allgemeinbildung zur Führung eines geordneten Haushaltsbudgets und eine Erhöhung des Produktwissens über bestehende Bankprodukte wird als eine mögliche Antwort auf Probleme, wie Überschuldung und Ausschluss vom Zugang zu Finanzdienstleistungen gesehen.94 Wobei an dieser Stelle klar anzumerken ist, dass dies nicht automatisch auf den Teil überschuldeter Menschen zutrifft, die aufgrund von Schicksalsschlägen, wie Krankheit, Jobverlust oder Scheidung in finanzielle Notlage geraten sind. Finanzbildung bekämpft den finanziellen Analphabetismus und soll da

91 Vgl. Fessler et al. [Die Finanzkompetenz 2007], S. 66. 92 Fessler et al. [Die Finanzkompetenz 2007], S. 55. 93 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1106f. 94 Vgl. Fessler et al. [Die Finanzkompetenz 2007], S. 54.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 26 ansetzen, wo unverhältnismäßige Kreditaufnahmen durch überzogenes Konsumverhalten oder Unwissenheit einen privaten Haushalt in Bedrängnis bringen. Auf europäischer Ebene fordert die EU-Kommission einzelne Mitgliedstaaten kontinuierlich auf, durch Schulungsangebote das Finanzwissen der EU-Bürger zu erweitern, um vor allem präventiv im schulischen Bereich, bei jungen noch unverschuldeten Konsumenten, das Verbraucherbewusstsein zu stärken.95 Die EU-Kommission sieht in Maßnahmen zur „Financial Education“ Vorteile für den Einzelnen, die Gesellschaft und die Wirtschaft. Der Verbraucher soll über ein ausreichendes Maß an Finanzwissen verfügen, dass es ihm möglich ist, Finanzdienstleistungen und Finanzprodukte angemessen zu verstehen und daher kompetente Entscheidungen treffen zu können. Dazu gehören Kreditprodukte ebenso wie das Einschätzen finanziell riskanter Veranlagungen.96

2.3 Verantwortung der Kreditgeber

Wenn sich auf der Subjektebene die Verantwortung für die Schuldenaufnahme und Tilgung auf den Konsumenten selbst bezieht und Variablen wie Bildung, geregeltes Einkommen und maßvoller Lebensstil selbst beeinflusst werden können, so trägt die Verantwortung auf der Objektebene der Kreditgeber mit der Einhaltung gesetzlicher Rahmenbedingungen und bedachtsamer Kreditvergabe.97 Kreditgeber befinden sich in einem Umfeld, in dem einerseits der Konsument, wohl als Folge der Konsumgesellschaft, Kredite stark nachfragt und andererseits die wirtschaftliche Notwendigkeit besteht, Gewinne zu erwirtschaften. In den vorangegangen Kapiteln wurde die soziale und volkswirtschaftliche Notwendigkeit der Kreditvergabe erläutert. Wirtschaftswachstum ist ohne Kreditvergabe nicht möglich und Banken haben auch diese volkswirtschaftliche Aufgabe zu erfüllen. In diesem Kapitel soll das Maß der Verantwortung der Kreditwirtschaft näher untersucht werden.

95 Vgl. European Commission [Initiatives in the area of financial education 2011], S. 1. 96 Vgl. ebenda, S. 3. 97 Vgl. Angel/Heitzmann [Auswirkungen von Überschuldung in Privathaushalten 2010], S. 6.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 27 Mit Inkrafttreten des VKrG (Verbraucherkreditgesetz) per 11.6.2010 sehen sich Kreditgeber verpflichtet, nicht nur eine gründliche Bonitätsprüfung des Kreditantragstellers durchzuführen, sondern auch bei sich daraus ergebenden Zweifeln an der Rückführbarkeit des Kredites den Antragsteller darauf hinzuweisen. Mit der Initiative der Verbraucherkreditrichtlinie wurde die nationale Ebene verlassen und Kreditrecht im europäischen Raum auf hohem Niveau „…vergemeinschaftet“.98 Die dem VKrG vorausgegangene Verbraucherkreditrichtlinie sah eine Verpflichtung des Kreditgebers vor, beim Kreditantragsteller Informationen einzuholen, die einen Rückschluss auf dessen Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit zulassen. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einschlägige Datenbanken zur finanziellen Historie eines Kunden zu Rate zu ziehen. Gemäß § 7 Abs 1 VKrG wurde dann genau diese Verpflichtung verankert.99 Wie § 28 Z 3 VKrG bestimmt, wurde zusätzlich ein Sanktionsmechanismus installiert, der Verwaltungsstrafen für Kreditgeber von bis zu € 10.000,- vorsieht, wenn die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers nicht ausreichend bewertet wird.100

Eine Debatte, ob aufgrund der Prüfpflicht der Kreditwürdigkeit und durch die sich daraus ergebende Warnpflicht gemäß § 7 Abs 2 VKrG,101 in der der Verbraucher über Bedenken gegen dessen Kreditwürdigkeit hingewiesen wird, dadurch auch weniger riskante Kredite vergeben werden, würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen und führt auch bei eingehendster Betrachtung vermutlich zu keinem endgültigem Resultat. Vielmehr entsteht aus dieser Überlegung eine moralische Endlosdiskussion über die Sinnhaftigkeit der Kreditvergabe an Konsumenten, deren wirtschaftliche Tragfähigkeit zum Antrag der Kreditantragstellung eher nicht gegeben ist, oder an Konsumenten, die sich mit einem geplanten Finanzierungsprojekt vermutlich übernehmen. Jedenfalls mit einer Warnung über die Bedenken der Kreditrückzahlung hat der Kreditgeber seine Sorgfaltspflichten im Gefüge der Bonitätsprüfung erfüllt. Sind dann auch noch der Kreditgeber und Kreditnehmer weiterhin bereit einen Kreditvertrag abzuschließen, kann dem Kreditgeber keine Verletzung der

98 Vgl. Kathrein [Zivilrechtliche Maßnahmen gegen die Überschuldung 2008], S. 105. 99 VKrG BGBl I 2010/28. 100 Ebenda. 101 VKrG BGBl I 2010/28.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 28 Sorgfaltspflicht angelastet werden.102 Das Gesetz sieht jedenfalls nur eine ausreichend transparente Information seitens des Kreditgebers, bei festgestellter mangelnder Kreditfähigkeit für den Verbraucher, vor, damit dieser die vollständige Tragweite der zukünftigen Zahlungsverpflichtungen erfassen kann. Ein Kreditabschlussverbot existiert in solchen Fällen nicht.103

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass speziell Banken als klassische Kreditgeber, mit dem Kredit als Kernprodukt, das allergrößte Interesse an vollständiger Rückführung offener Forderungen gegenüber Verbrauchern haben und schon allein aus diesem Gesichtspunkt eine sorgfältige Kreditprüfung durchführen werden. Überdies können Banken nicht unbegrenzt Kredite vergeben, da aufgrund der aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalausstattung ein Limit existiert.104 Der gesamte Kreditentscheidungsprozess setzt sich vorwiegend zusammen aus der Überprüfung der Leistbarkeit der monatlichen Raten, unter Berücksichtigung der monatlichen Einnahmen und Ausgabensituation, sowie eventueller Vorlasten.105 Ein verantwortungsvoller Kreditgeber wird für die Berechnung der langfristigen Tragfähigkeit auch schwankende und steigende Sollzinssätze berücksichtigen. Es gibt jedoch in der Kreditvergabe Grenzfälle, die je nach Betrachter unterschiedlich beurteilt werden können, vor allem, da Kreditentscheidungen nicht automatisiert erfolgen. Ergeben sich nach eingehender Prüfung berechtigte Zweifel an der Bedienbarkeit eines Kredites, so entspricht es der Praxis, gewisse Parameter des Antrages auf ein erträgliches Niveau, wenn möglich, zu verbessern. Erwähnt seien hier die Verstärkung von Sicherheiten, die Reduktion der Kredithöhe und das Beibringen von Bürgen.106 Auch bankintern können durch interne Richtlinien Kreditvergabeprozesse derart gesteuert werden, dass durch die Beschneidung von Entscheidungskompetenzen Einzelner das Risiko fehlerhafter Kreditentscheidungen minimiert wird. Die FMA (Finanzmarktaufsicht) fordert eine funktionale Trennung der Bereiche Markt und Marktfolge und möchte damit eine Stärkung des Risikomanagements erreichen.

102 Vgl. Stabentheiner [Die Regelung des Verbraucherkreditgesetzes 2011], S. 13. 103 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 148. 104 Vgl. Gischer et al. [Geld, Kredit und Banken 2004], S. 161. 105 Vgl. Haffner [Privatinsolvenz aus Bankensicht 2008], S. 35. 106 Vgl. Stabentheiner [Die Regelung des Verbraucherkreditgesetzes 2011], S. 14.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 29 Mit der Erwartung, dass Gewinnorientierung nicht vor Risikobereitschaft steht, aber auch nicht umgekehrt, sondern symbiotisch aufeinander abgestimmt ist.107 Dabei werden mit dem Bereich Markt meist vertriebsnahe Einheiten verstanden, die mit einem Votum108 direkt Kreditentscheidungen beeinflussen, und in diesem Kontext als Analogie zur Gewinnorientierung gesehen werden können. Ab bestimmten Kredithöhen oder Vertragsbestandteilen außerhalb der internen Richtlinien kommt der Bereich Marktfolge mit einem weiteren unabhängigen Votum zur Entscheidungsvorbereitung. Durch diese Zweifaltigkeit sollen Kreditentscheidungen objektiviert werden.109 Der Kreditnehmer weiß bei Abschluss des Kreditvertrages nicht „…ob sich die Dinge … so entwickeln werden, wie er es sich erhofft; oder ob da nicht plötzlich Hindernisse auftauchen, mit denen er überhaupt nicht gerechnet hatte.“110 Ebenso wenig ist die Zukunft dem Kreditgeber bekannt, der nur die augenblickliche wirtschaftliche und biographische Lage des Kreditnehmers beurteilen kann. Beide Vertragsparteien müssen ein dauerhaft gesichertes Einkommen voraussetzen, denn wenn jede Kreditentscheidung vom schlechtesten Szenario ausgehen würde, dann wäre es keine.111

Soweit aus Bankensicht, anders verhält es sich im Nichtbanken-Sektor. Ganz abgesehen von der komplexen Umsetzung des Verbraucherkreditgesetzes für den Versandhandel, Leasinginstitute von Autoherstellern und sonstige Warenkreditgeber, kann der bankfremde Bereich Bonitätsprüfungen nicht im selben Ausmaß wie eine Bank durchführen.112 Die Beurteilung des Kontoverhaltens und der aus persönlichen Beratungsgesprächen erlangte Einblick in den finanziellen Habitus des zukünftigen Schuldners stehen speziell dem Versandhandel nicht zur Verfügung. Da bei Warenkrediten meist ein Eigentumsvorbehalt zur Besicherung der Forderung dient, oder auch bei Leasingverträgen nach § 26 Abs 1 Z 1,2,3 und 4 VKrG der Erwerb der Sache

107 Vgl. FMA [FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft 2005], S. 16f. 108 Ist eine wie auch immer geartete Äußerung zu einem Kreditantrag und noch nicht die Entscheidung selbst.

109 Vgl. FMA [FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft 2005], S. 17. 110 Vgl. Strobl [Ohne Schulden läuft nichts 2010], S. 151. 111 Diese Überlegung entspricht auch dem lateinischen Wortsinn für Kredit „creditum – auf Treu und Glauben Anvertrautes“.

112 Vgl. Wagner [Auswirkungen des VKrG auf Warenkreditgeber 2011], S. 140f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 30 erst am Ende der vereinbarten Laufzeit erfolgt,113 hat die Bonitätsprüfung nicht den gleichen Stellenwert, wie für eine kreditvergebende Bank.

Sämtliche gültigen gesetzlichen Regelungen vermögen es nicht, eine Überschuldung von Konsumenten immer zu verhindern. Dementsprechend können weder Banken, noch bankfremde Kreditgeber, die Verantwortung zur Eindämmung von Überschuldung auf gültige gesetzliche Regelungen abstreifen. Eine iterative Lösung zur maßvollen Kreditvergabe ist stellenweise eher in der gelebten Wirtschaft und in den Sorgfaltspflichten eines ordentlichen Kaufmannes zu suchen, als in den Buchstaben des Gesetzes.

2.3.1 Datenbanken zur Unterstützung der Bonitätsprüfung

Kreditgeber sind durch das VKrG verpflichtet die Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers ausreichend zu überprüfen, erforderliche Informationen zu verlangen und soweit sie zur Verfügung stehen, auch von Datenbanken einzuholen. Sowohl bei Kreditvergabe, wie auch bei Eröffnung eines Girokontos, holen sich Banken Auskünfte von Datenbanken ein und verringern dadurch die Informationsasymmetrie, die zweifelsohne entsteht, wenn der Kreditantragsteller selbst die einzige Informationsquelle zur Beurteilung seiner eigenen Kreditwürdigkeit darstellt. Grundsätzlich problematisch ist immer die Qualität und Richtigkeit der Daten, wobei potentielle Kreditnehmer zumeist erst im Zuge einer neuen Kreditantragstellung von einem Eintrag in die Konsumentenkreditevidenz Kenntnis erlangen. Ein negativer Eintrag in der Warnliste führt zudem auch meist zur Ablehnung der Führung eines Girokontos durch die Bank. Jedoch hat der Kreditgeber bei Ablehnung eines Kreditantrages aufgrund einer Datenbankabfrage den Kreditnehmer nach § 7 Abs 4 VKrG über diese Abfrage zu informieren.114 Gemäß Art 2 § 28 Abs 1 und 2 DSG (Datenschutzgesetz) haben Konsumenten ein jederzeitiges Widerspruchsrecht gegen eine Aufnahme in eine öffentlich zugängliche Datenanwendung, sofern

113 VKrG BGBl I 2010/28, in unterschiedlichen Verpflichtungen und Rechten zum Erwerb des Leasinggegenstandes.

114 VKrG BGBl I 2010/28.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 31 diese nicht gesetzlich angeordnet wurde.115 Durch § 7 Abs 5 VKrG116 bilden jedoch Informationsverbundsysteme117 von kreditgebenden Institutionen zur Bonitätsbeurteilung eine Ausnahme dieses Rechts, sofern dieses bei der Datenschutzkommission registriert ist. Das Gewerbe der Kreditauskunfteien unterliegt wie § 152 GewO (Gewerbeordnung)118 bestimmt, keinerlei Befähigungsnachweisen, außer denen der allgemeinen Zugangsvoraussetzungen. Folglich entwickelte sich eine Fülle von Kreditauskunfteien auf Basis von Informationsverbundsystemen. Als die nennenswertesten und im Bankenalltag üblichsten Datensammlungen seien hier die Konsumentenkreditevidenz und die Warnliste der österreichischen Kreditinstitute angeführt.119 Die Konsumentenkreditevidenz wird vom Kreditschutzverband120 gemeinsam mit Banken zum Schutz von Gläubigerinteressen geführt, aber auch „…um sicherzustellen, dass Konsumenten nicht bei unterschiedlichen Instituten Kredite aufnehmen, die in Summe über den Rückzahlungsmöglichkeiten des Kreditwerbers liegen.“121 Zugriff haben nur finanzierende Institute mit gültigem Vertrag. Gespeichert werden personenbezogene Daten (wie Geburtsdatum, Name und Adresse), Daten zur Finanzierung (wie Kredithöhe, Laufzeit und Gewährungsdatum), aber vor allem werden Daten zum Zahlungsstatus und zum Verhalten des Konsumenten gespeichert.122

In der Warnliste finden sich Konsumenten, die durch vertragswidriges Verhalten mittels Bankomat- oder Kreditkarte unerlaubt ein Konto überzogen haben, eine bestehende Geschäftsverbindung fällig gestellt oder in die Rechtsverfolgung übergeben wurden. Somit warnen Banken sich gegenseitig vor Kunden, die

115 DSG BGBl I 2009/133. 116 VKrG BGBl I 2010/28. 117 Das Datenschutzgesetz definiert gemäß § 4 Abs 13 als Informationsverbundsystem: „Die gemeinsame Verarbeitung von Daten in einer Datenanwendung durch mehrere Auftraggeber und die gemeinsame Benützung der Daten in der Art, dass jeder Auftraggeber auch auf jene Daten im System Zugriff hat, die von den anderen Auftraggebern dem System zur Verfügung gestellt wurden.“

118 GewO BGBl I 2002/111. 119 Vgl. Souhrada-Kirchmayer [Gewerbe der Kreditauskunfteien 2011], S. 104f. 120 Gemeint ist der KSV 1870. 121 URL: https://www.ksv.at/fragen-antworten-konsumentenkreditevidenz [25.11.2013]. 122 Vgl. ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 32 ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen.123 In der Warnliste werden auch Interzedenten geführt, was sich natürlich bei Nichterfüllung der Verbindlichkeiten des Hauptschuldners auch für Bürgen und Mitschuldner bonitätsmindernd auswirken kann.

Eine vollständige und umfassende Bonitätsprüfung soll die Basis jeder Kreditvergabe sein. Falsche oder unrichtige Angaben des Kreditnehmers, die zur Erhellung seiner Bonität beitragen sollen, können durch Abfragen von Bonitätsdatenbanken zwar begrenzt, aber nie ganz ausgeschlossen werden. Einen völlig risikofreien Kredit wird es aus Sicht der Bank nicht geben. Als komplementäre Entscheidungsgrundlage sind interne Kundenratings von bestehenden Geschäftsverbindungen ebenso in Verwendung, wie letztlich auch die Erfahrung und Kompetenz der kreditvergebenden Bankangestellten eine Rolle spielen wird. Die Auswirkungen von negativen Eintragungen in Datenbanken auf die Eröffnung von Girokonten werden im Kapitel 4.3.2 noch näher erläutert.

2.3.2 Umgang mit notleidenden Krediten

Ergänzende und weiterführende Echtdaten zur Problemkreditbearbeitung, über das Maß der Bilanz und des Geschäftsberichtes hinaus, werden von Banken nur in den seltensten Fällen veröffentlicht. Den Anteil an tatsächlich eröffneten Insolvenzverfahren im Verhältnis zu den Gesamtrisikokunden bezifferte beispielsweise die Erste Bank Österreich für ihre Kreditkunden für das Jahr 2006 mit 2,4% und folgerte daraus, dass nur wenige Exekutionen in eine Insolvenz münden.124 Problemkredite in Sanierungsabteilungen zu bearbeiten und diese ständiger Analysen zu unterziehen, entspricht nicht nur banküblicher Praxis, sondern ist auch unausweichlich durch die österreichische Finanzmarktaufsicht, basierend auf den Sorgfaltspflichten gemäß § 39 Abs 1 und 2 BWG (Bankwesengesetz)125 mit Empfehlungscharakter vorgeschrieben, jedoch nicht verordnet. Die 2005 veröffentlichten Mindeststandards für das

123 Vgl. URL: https://www.ksv.at/fragen-antworten-konsumentenkreditevidenz [25.11.2013]. 124 Vgl. Haffner [Privatinsolvenz aus Bankensicht 2008], S. 33f. 125 BWG BGBl I 2013/184.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 33 Kreditgeschäft haben die Weiterentwicklung des Risikomanagements und des Risikobewusstseins zum Ziel.126 Banken arbeiten zum überwiegenden Teil mit dem ihnen anvertrauten Geld Anderer, umso lauter wird, besonders in den turbulenten Wirtschaftsjahren, dementsprechende Aufsicht gefordert. Doch trotz größtmöglicher Sorgfalt und unter Berücksichtigung aller möglichen zukünftigen Entwicklungen gehört es zum alltäglichen Geschäft der Banken und entspricht auch der Natur der Sache, dass unvorhersehbare Lebensereignisse des Kreditnehmers eintreten können, die die ordnungsgemäße Rückführung eines Kredites wesentlich, vorübergehend oder dauerhaft, gefährden. Ab Kenntniserlangung127 einer drohenden Verschlechterung eines Kreditengagements, hat die Bank ein bestimmtes Zeitfenster, welches sie durch unternehmerische Erfahrung und Kompetenz der entsprechenden Mitarbeiter nutzen kann, um einen Teil- oder Totalverlust der Forderung zu vermeiden.

Durch die Intensivbetreuung eines Kredites durch die Bank ist dieser noch nicht zwingend als notleidend zu betrachten, aber gewisse Faktoren erfordern eine besondere Wachsamkeit. Die FMA plädiert für solche Fälle für formalisierte Prozesse und würde eine Intensivbetreuung, unter anderem bei Überziehungen und Ratenrückständen, über einen bestimmten Zeitraum empfehlen.128 Jedenfalls soll mit Hilfe eines Ordnungsrahmens, der durch interne Richtlinien vorgeschrieben ist, Zufallsbearbeitung vermieden werden. Bei Sanierungsfällen ist das Prinzip der Früherkennung als oberste Priorität zu sehen, denn ist ein problematischer Sachverhalt einer vormals unauffälligen Finanzierung offenbar geworden, löst dies in jeder Bank eine Reihe von Gegenhandlungen aus. Nicht nur die Einhaltung von diversen Fristen im Mahnwesen spielt dabei eine Rolle, sondern auch das Setzen von gezielten Sanierungsmaßnahmen. Zu den üblichen und denkbaren Handlungsmöglichkeiten zählen für notleidende Finanzierungen die Prolongation von Kreditlaufzeiten, die Stundung von Kreditraten über einen bestimmten Zeitraum, die Zusammenführung mehrerer Verbindlichkeiten, Zinsfreistellungen für eine gewisse Dauer, Kontaktaufnahme mit Bürgen und dergleichen. Die Bearbeitungschronologie mag zwar in jedem

126 Vgl. FMA [FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft 2005], S. 4f. 127 Entweder durch bankinterne Risikowarnsysteme, durch den Kreditnehmer selbst oder durch Erhalt externer Informationen, wie beispielsweise KSV Meldungen oder Insolvenzen aus der Ediktsdatei des Bundesministerium für Justiz.

128 Vgl. FMA [FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft 2005], S. 30.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 34 Kreditinstitut variieren, wird sich aber im Wesentlichen mit der genauen Betrachtung der bestehenden Kreditsicherheiten, der Einschätzung der Rückführbarkeit, der intensiven Führung von Gesprächen mit dem Kreditnehmer und der Vereinbarung von Sanierungsmaßnahmen beschäftigen. Bei entsprechender Kooperationsbereitschaft des Kreditnehmers ergeben sich, oftmals durch eine intensive Betreuung, neue Chancen für beide Parteien. Auf Bankenseite werden die wirtschaftliche Erholung des Schuldners, sowie die Minimierung eines potentiellen Kreditschadens im Vordergrund stehen. Im Fokus des Kreditnehmers steht die Erhaltung von Sicherheiten, des Vermögens, wirtschaftlicher Unabhängigkeit und Kreditreputation fernab von Insolvenzlösungen.

Einem Kreditnehmer sei immer angeraten, rechtzeitig mit dem Kreditgeber bei eingetretenen oder absehbaren Zahlungsproblemen das Gespräch zu suchen, da besonders am Ausgangspunkt der Schwierigkeiten noch der ganze Umfang an möglichen Maßnahmen zur Verfügung steht. Den Konsumenten trifft nicht nur durch Z 11 AGB (Allgemeine Geschäftsbedingungen) die Informationspflicht zur Bekanntgabe wesentlicher Änderungen gegenüber dem Kreditgeber.129 Meist gibt es darüber hinaus noch zusätzliche Rahmenbedingungen für Finanzierungen, die explizit auf die Pflicht hinweisen, jedwede Änderung des Personenstandes, des Dienstverhältnisses, des Wohnsitzes und vor allem eine Reduktion des verfügbaren Haushaltseinkommens bekannt zu geben.130

Der Nutzen des Kreditnehmers kann sich durchaus auch auf die Lösung von Zahlungsschwierigkeiten anderer Art erstrecken. Dies wäre dann der Fall, wenn beispielsweise mehrere Kredite zu einem zusammengefasst werden, um die monatliche Ratenbelastung zu reduzieren, oder eine Kontoüberziehung prolongiert wird, um diverse Rechnungen zu begleichen. Die Voraussetzungen dafür werden dann gegeben sein, wenn der Zahlungsverzug nur vorübergehend und die zukünftige Wiedererlangung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit absehbar ist, ein entsprechendes Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde besteht und der Kunde gegebenenfalls auch über ausreichendes Verhandlungsgeschick verfügt. Auch hier läge der Vorteil für die Bank bei der

129 Vgl. o. V. [Allgemeine Geschäftsbedingungen Sparkassen 2013], o. S. 130 Vgl. Die Kärntner Sparkasse [Rahmenbedingungen 2010], o. S.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 35 Verhinderung von Forderungseintreibungen durch Inkassobüros oder der Versteigerung von Immobilien von dritter Seite, da vermögensschonende Maßnahmen immer zu präferieren sind.

Waren die Sanierungsmaßnahmen erfolgreich und werden Zahlungen wieder vereinbarungsgemäß geleistet, kann eine Intensivbetreuung beendet werden. Mangelt es jedoch am Kooperationswillen oder wirtschaftlicher Kraft des Kreditnehmers, oder scheitern Sanierungsmaßnahmen aufgrund anderer Faktoren, werden Kreditverbindlichkeiten nach Ablauf von Mahnfristen zur Zahlung fällig gestellt. Wobei die Ratenzahlung gemäß § 14 Abs 3 VKrG zumindest sechs Wochen rückständig sein und unter weiterer Setzung einer Zahlungsnachfrist von mindestens zwei Wochen erfolglos gemahnt werden muss.131 Als Folgekonsequenzen und der zur Verfügung stehenden Mittel einer Bank, sind ab diesem Zeitpunkt Klage, Forderungseintreibung, Gehaltsexekution, Inanspruchnahme des Bürgen, Verwertung von Sicherheiten und gerichtliche Versteigerungen von Liegenschaften möglich. Das Gesetz regelt in § 987 ABGB für beide Vertragspartner, bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, den Kreditvertrag, ohne Einhaltung einer Frist, zu kündigen.132 Dieses außerordentliche Kündigungsrecht gilt sowohl für befristete als auch unbefristete Kreditverträge.133

In der Regel erfolgt die weitere Bearbeitung durch interne Rechtsabteilungen oder externe Rechtsanwälte. Der Betreibungs- und Verwertungsaufwand ist nicht nur personalintensiv, sondern verursacht auch Folgekosten, die meist nur einer Forderung aufgeschlagen werden können, die ohnehin bereits als gänzlich oder teilweise uneinbringlich betrachtet wird. Bei dieser Gelegenheit wird auch eine Entscheidung über die Bildung entsprechender bilanziell wirksamer Risikovorsorgen notwendig sein. Um eine Erhöhung der Forderung durch Verwertungskosten, insbesondere bei Zwangsversteigerungen zu vermeiden, wären außergerichtliche Verwertungen mit Einverständnis des Sicherheitengebers möglich.

131 VKrG BGBl I 2010/28. 132 ABGB BGBl I 2010/28. 133 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 177.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 36 Eine genaue Chronologie der entsprechenden Maßnahmen und Gegenmaßnahmen ist fallspezifisch, hat jedoch in ihrer unterschiedlich langen Bearbeitungskette am Ende immer eine Fortführung oder Fälligstellung des Kreditengagements zum Ergebnis. Sollte nach Realisierung aller Sicherheiten eine Restforderung bestehen und der Kreditnehmer außer Stande sein, diese ordnungsgemäß zu bedienen, wird der Kreditgeber entweder einen Forderungsausfall verbuchen oder weiter versuchen diese einzutreiben. Spätestens zu diesem Zeitpunkt nehmen viele Kreditnehmer die Dienstleistung einer Schuldnerberatung in Anspruch, um mit einem der in Österreich angewandten Entschuldungsinstrumente eine dauerhafte Entschuldung zu erwirken. Im Jahr 2011 haben 54.324 Personen zumindest einmal Kontakt mit einer Schuldenberatung aufgenommen.134

2.4 Schuldenberatung

Die Umfrage im Rahmen der EU-SILC 2008 zum Umgang mit finanziellen Schwierigkeiten von Schuldnern ergab, dass bei auftretenden finanziellen Problemen tendenziell versucht wird, zunächst Geld im persönlichen Umfeld zu beschaffen und nicht institutionalisierte Hilfe in Anspruch zu nehmen. Auch Umschuldungen oder sonstige Vereinbarungen auf eigene Initiative zu erwirken, haben 42% der Befragten versucht. Für kurzfristig auftretende Zahlungsschwierigkeiten mit geringer Dauer werden Schuldenberatungen nur sehr selten in Anspruch genommen.135 Der Schuldner wird dann eine Schuldenberatung aufsuchen, wenn die eigene Problemlösungskompetenz an ihre Grenzen stößt und die Schulden den Haushalt ökonomisch destabilisiert haben. Die seit 1980 wirkenden und unter dem Dachverband ASB Schuldnerberatungen GmbH operierenden zehn staatlich anerkannten Beratungsstellen nehmen in Österreich eine wesentliche Rolle für die Bewältigung von Schuldenkrisen bei Privatpersonen ein.136 Die staatliche Anerkennung gewährt das Bundesministerium für Justiz und stellt damit eine Beratung nach gesetzlich festgelegten Qualitätsstandards sicher. Über die

134 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 6. 135 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1109. 136 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 227.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 37 Dachorganisation ASB Schuldnerberatungen GmbH werden die einzelnen Schuldnerberatungen kontrolliert. Finanziert von den Ländern und vom Arbeitsmarktservice, sowie als Vereine und gemeinnützige GmbHs eingerichtet, beraten Schuldnerberatungen kostenlos.137 Da die Beratung durch ausgebildete Juristen erfolgt, liegt der Vorteil, für den in rechtlichen Fragen meist überforderten Schuldner, speziell darin, dass er sich durch eine Schuldnerberatungsstelle bei Gläubigern oder bei Gericht gemäß § 192 IO vertreten lassen kann,138 so ist eine Wahrung aller Rechte und ein Ausschöpfen sämtlicher vorgesehener Optionen gewährleistet.

Die Schuldnerberatung sieht ihren volkswirtschaftlichen Nutzen in einer Studie des NPO Instituts der WU Wien aus dem Jahr 2006 bestätigt und spricht von staatlicher Ersparnis von Transferleistungen durch den Erhalt von Arbeitsplätzen und Konsumfähigkeit.139 Damit wären die staatlichen Förderungen, die Schuldnerberatungen erhalten, gerechtfertigt und gut investiert. Im Rahmen einer neuerlichen Social Return on Investment Studie für das Jahr 2011 wurde durch das NPO Kompetenzzentrum der Wirtschaftsuniversität Wien ein sozialer Mehrwert von 5,3 errechnet. Aus € 11 Mio staatlicher Förderung (für das Jahr 2011) ergeben sich demnach € 60 Mio an volkswirtschaftlichem Gegenwert in Form von erhaltenen Arbeitsplätzen für die Steuern gezahlt werden, für nicht zu leistende staatliche Sozialleistungen, für den Erhalt der psychischen Gesundheit der Betroffenen und deren Angehörige, für Ersparnisse von Gerichtskosten und für Verwaltungsentlastungen der Arbeitgeber bei Lohnpfändungen.140 Darüber hinaus sind Schuldner weiterhin in der Lage, Unterhalt zu leisten und all ihren Gläubigern eine einheitliche, höchst mögliche Rückzahlungsquote anzubieten, ohne einen Gläubiger besser zu stellen. Von den 9.633 Insolvenzeröffnungen im Jahr 2010 wurden 57,4% über die Schuldnerberatungen abgewickelt.141

137 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 13. 138 IO BGBl I 2010/29. 139 Vgl. Grohs/Moser [Armut und Überschuldung 2009], S. 228 und die dort zitierte Studie Hollerweger/Leuthner [Evaluierung der Schuldnerberatung 2006].

140 Vgl. More-Hollerweger et al. [Gesellschaftlicher Nutzen der Schuldnerberatung 2013], S. 2. 141 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 14.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 38 Mit Inanspruchnahme einer Schuldnerberatung durchbricht der Überschuldete den Überschuldungsprozess. In den Untersuchungen von Einböck/Heitzmann142 und Bader,143 die eine Vielzahl von Interviews mit überschuldeten Konsumenten führten, zeigt sich deutlich, dass der Erstkontakt mit der Schuldnerberatung gleichzeitig einen Wendepunkt im Überschuldungsverlauf darstellt und von enormer Bedeutung ist. Das Hadern und Zaudern, das diesem Termin vorausgeht, kann mitunter Jahre dauern, und hat seine Ursachen entweder in der Überzeugung, Rückstände noch selbst regeln zu können, der Scham vor dem Outing als vermeintlich gescheiterte Existenz, dem fehlenden Willen vor der Auseinandersetzung mit den eigenen Schulden oder in dem Unvermögen, Sachverhalte aufgrund von Schreib- und Leseschwächen zu verstehen. Knobloch errechnet für deutsche Schuldner durchschnittlich 66 Monate der Passivität, vom ersten Anzeichen der Überschuldung bis zur Erstberatung in einer Schuldnerberatung, und teilt die Betroffenen in früh oder spät Ratsuchende mit einer aktiven oder passiven Rolle ein. Aktive Schuldner zeichnen sich durch eigene Anstrengungen, die finanzielle Ausnahmesituation zu bereinigen, aus, wogegen Passive erst nach dem Auftreten eindeutiger Überschuldungszeichen reagieren.144

Ist die Hemmschwelle überwunden und nimmt der Schuldner die institutionelle Hilfeleistung an, setzt er damit auch ein Zeichen der Reue. Für Schulz- Nieswandts pastorale Formulierung tritt der Schuldner in eine Phase der rituellen Reinigung, er kann sich von der Versündigung an der heiligen gesellschaftlichen Ordnung durch redliches Verhalten befreien. Die Vergebung der Sünde, sei ihm durch das bürgerliche Recht gewährt.145 Dies sieht die im nächsten Kapitel angeführten, schuldbefreienden Sakramente dafür vor.

142 Einböck/Heitzmann [Überschuldungsverläufe und Überschuldungstypen 2011]. 143 Bader [Ausweg aus Stigmatisierung und Scham 2011]. 144 Vgl. Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 34f. 145 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 7f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 39 2.5 Entschuldungsinstrumente

Entschuldungsinstrumente verschaffen dem Schuldner die Möglichkeit, seine Verbindlichkeiten zu ordnen und in absehbarer Zeit rückzuführen, um einen wirtschaftlichen Neubeginn zu schaffen. Sie bieten effiziente Auswege aus der Verschuldung und räumen zugleich auch den Gläubigern Mitentscheidungsrechte ein. Der KSV schätzt die gesamten Insolvenzverbindlichkeiten in Österreich für das Jahr 2011 auf € 1.194 Mio.146 Seit 1. Jänner 1995 ist es in Österreich mit einer Novelle zur Konkursordnung auch für private Personen bei Zahlungsunfähigkeit möglich, ein gerichtliches Schuldenregulierungsverfahren147 anzustreben, sofern diese eine natürliche Person ist und kein Unternehmen betreibt.148 Das ergänzend dazu initiierte IRÄG (Insolvenzrechtsänderungsgesetz)149 aus dem Jahr 2010 umfasst neben Änderungen für insolvente Unternehmen auch Neuheiten für Insolvenzen natürlicher Personen.150

Ziel jedes Verfahrens ist es, Ordnung in Verbindlichkeiten zu bringen, die für den Schuldner meist unübersichtlich geworden und nicht mehr zu bewältigen sind. In der Phase der Begleichung der Schulden soll eine genügsame Lebensführung möglich sein. Sowohl beim außergerichtlichen, als auch bei den anderen Sanierungsmöglichkeiten, ist der Schuldner immer angehalten Formvorschriften einzuhalten, eine genaue Gläubigerliste und ein Vermögensverzeichnis zu erstellen, eine maximal mögliche Rate zu errechnen und diese den Insolvenzgläubigern als Quote anzubieten. All diese Maßnahmen setzen ein geläutertes, redliches und initiatives Verhalten des Schuldners voraus. Auch die Verfahrenskosten selbst müssen in jedem Sanierungsverfahren Deckung finden, um am Ende eine angestrebte Restschuldbefreiung zu erreichen. Mohr sieht den Interessensausgleich gegeben und attestiert den Entschuldungsverfahren weder zu gläubiger- noch

146 Vgl. KSV 1870 [Insolvenzstatistik Private 2012], S. 4. 147 Wird im alltäglichen Sprachgebrauch auch als Privatkonkurs bezeichnet. 148 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 87. 149 Mit dem IRÄG 2010 wurden nach § 275 IO auch eine Reihe vormals gebräuchlicher Begriffe und Verweise in Bundesgesetzen und Verordnungen ersetzt. So heißt es beispielsweise nunmehr Insolvenzmasse statt Konkursmasse, Insolvenzverwalter statt Masseverwalter oder Insolvenzgericht statt Konkursgericht.

150 Vgl. Mair [IRÄG 2010], S. 167.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 40 zu schuldnerfreundlich zu sein.151 Vor allem eine Eigenverwaltung des Schuldners ist erstrebenswert, da die Folgen bei Bestellung eines Insolvenzverwalters einer Unmündigkeit ähneln, aber auch die Rechtslage so ausgelegt ist, dass durch das Bestreben nach Kostengünstigkeit auf Insolvenzverwalter verzichtet werden soll. Eine Ausnahme bilden hier nur eine unübersichtliche Vermögenslage und eine zu befürchtende Gläubigerbenachteiligung.152 Mit dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ist es erst möglich ein Entschuldungsinstrument in Anspruch zu nehmen, mit Ausnahme des außergerichtlichen Ausgleichs. Zahlungsverzug, vor allem wenn dieser unbegründet ist, lässt in jedem Entschuldungsverfahren die Gesamtforderungen wieder aufleben. Gläubiger sind ab diesem Zeitpunkt nicht mehr an ihre Zustimmung gebunden und sie werden versuchen mit den bereits vorher verwendeten Methoden die Forderung einzutreiben. Darüber hinaus sinkt auch deren Kooperationsbereitschaft für neuerliche Anläufe hinsichtlich einer Schuldenregulierung.153 Der KSV beziffert, dass in mehr als 80% aller Insolvenzfälle Gläubiger noch einen Teil ihrer Forderung bekommen, in 2,5% sogar alles, in vielen Fälle aber gerade einmal 10%. Die Verfahrenskosten sind in den überwiegenden Fällen gedeckt.154

Dem Schuldner stehen die einzelnen Verfahren aber nicht zur freien Wahl, vielmehr muss er jedes einzelne mit den dafür vorgesehenen Formalien anstreben und jeweils auf die Kooperationsbereitschaft der Gläubiger hoffen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird von Amts wegen in diversen Online- und Printmedien veröffentlicht. Vor allem aber werden Gläubiger und die kontoführende Bank direkt vom Gericht verständigt. Dies bedeutet eine sofortige Sperre des Girokontos, um weitere Zahlungsabflüsse und eine Verschlechterung der finanziellen Situation zu verhindern, für die andernfalls ab diesem Zeitpunkt die Bank zur Verantwortung zu ziehen wäre. Etwaige Guthaben und Vermögen auf Depots werden gesperrt, um sowohl die Insolvenzmasse zu erhalten, als auch eine Besserstellung einzelner Gläubiger zu verhindern. Ein Zugang zu finanziellen Mitteln ist für den insolventen

151 Vgl. Mohr [Privatkonkurs 2008], S. 68. 152 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 87. 153 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 79. 154 Vgl. KSV 1870 [Insolvenzstatistik Private 2012], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 41 Schuldner bis zur Schließung des Verfahrens nur durch einen gerichtlichen Freigabebeschluss möglich.

Verfahrensablauf

Außergerichtlicher Ausgleich (Zustimmung aller Gläubiger erforderlich)

Bei Scheitern

Eröffnung eines Insolvenzverfahrens (Zinsstopp, Erlöschen von exekutiven Pfandrechten, Veröffentlichung)

Sanierungsplan Mindestquote 20 % in 2 Jahren oder Mindestquote 20 % in 5 Jahren für Private Kopf- und Kapitalmehrheit von 50% der Gläubiger erforderlich

Bei Scheitern

Vermögensverwertung (Insolvenzmasse z.B. Haus, Auto)

Zahlungsplan Mindestangebot entsprechend pfändbarem Einkommen der nächsten 5 Jahre; Deckung der Verfahrenskosten; Teilzahlungen für maximal 7 Jahre Gläubigermehrheit erforderlich!

Bei Scheitern Sanierungsplan oder Zahlungsplan

Abschöpfungsverfahren Abschöpfung des pfändbaren Einkommens für maximal 7 Jahre in denen mind. 10% der Schulden bezahlt werden müssen (oder 50% in 3 Jahren); Verfahrenskosten müssen gedeckt sein. Auch gegen Gläubigerzustimmung möglich

Wenn weniger als 10% in 7 Jahren richterliche „Billigkeitsentscheidung“

Restschuldbefreiung

Abbildung 4: Verfahrensablauf155

155 Quelle: Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 80 (leicht modifiziert und an die Änderungen des IRÄG 2010 angepasst)

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 42 In Abbildung 4 ist der gesamte Entschuldungsablauf mit den derzeit möglichen Entschuldungsinstrumenten dargestellt. Das Scheitern zwischen den einzelnen Verfahren bezieht sich auf das nicht zustande gekommene, jeweils vorgelagerte Verfahren. Gelingt es demnach dem Schuldner nicht die Gläubiger von einem außergerichtlichen Ausgleich oder einem Zahlungsplan zu überzeugen, wäre das Abschöpfungsverfahren das letztmögliche Instrumentarium. Mit diesem Abschnitt der Arbeit soll ein grundlegender Überblick über die Formen der Schuldenregulierung und deren Spezifika gegeben werden, um einerseits die typische Schuldnerkarriere weiter zu skizzieren, die ihr mögliches Ende im Betätigungsfeld der Zweite Sparkasse findet, und um andererseits dem Verständnis der Zusammenhänge und Erkenntnisse des späteren Forschungsteils zu dienen.

2.5.1 Außergerichtlicher Ausgleich

Diese Möglichkeit der Regelung einer Überschuldung setzt die Zustimmung aller Gläubiger voraus und bietet gleichzeitig nicht unwesentliche Vorteile für beide Parteien. Der Schuldner muss nachweislich und in urkundlicher Form versucht haben, eine Regelung außergerichtlich herbeizuführen, um in späterer Folge überhaupt ein Schuldenregulierungsverfahren anstreben zu können. Erst wenn bei mangelnder Kostendeckung dieser Versuch gescheitert ist oder von Beginn an aussichtslos erscheint, kann nach § 183 Abs 2 IO ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt werden, da andernfalls das Verfahren nicht eröffnet wird.156

Um Kosten für die öffentliche Hand zu vermeiden bevorzugt der Gesetzgeber bei mangelndem Vermögen eine außergerichtliche Einigung.157 Bei ausreichendem verfahrenskostendeckendem Vermögen des Schuldners ist der Versuch des Ausgleichs zwar nicht zwingend notwendig, jedoch allemal anzustreben, denn für den außergerichtlichen Ausgleich fallen keinerlei Gerichtsgebühren oder sonstige Kosten an, die vorhandenes Vermögen oder Einkommen abschmelzen würden. Die Zahlungen des Schuldners erfolgen

156 IO BGBl I 2010/29. 157 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 86.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 43 freiwillig, nicht aufgrund von Lohnpfändungen, und sind nicht an Zahlungsquoten oder zeitliche Fristen gebunden. Mit steigender Anzahl der Gläubiger sinkt die Wahrscheinlichkeit des Zustandekommens eines Ausgleiches, da es immer komplexer wird eine Übereinstimmung unter den Gläubigern zu erreichen.158 Unterschiedliche Forderungshöhen und einzelne Gläubiger wie Jugendamt, Krankenkassen, Sozialversicherung, die aufgrund gesetzlicher Rahmenbedingungen keinem Schuldenschnitt zustimmen dürfen, erschweren den außergerichtlichen Ausgleich. Dies trifft auch auf das Vorhandensein weiterer nicht beschränkbarer Forderungen wie Verwaltungsstrafen oder Mietrückstände zu. Aber nicht nur die Anzahl der Gläubiger, auch die Art der Schulden bewirkt unterschiedliche Sonderstellungen, so haben Unterhaltsverpflichtungen immer Vorrang und können bei Verzug Strafverfahren nach sich ziehen. Selbst nach einer Schuldenregulierung gibt es hier keine schuldbefreiende Wirkung, sondern ein Wiederaufleben der Restforderung.159 Einem außergerichtlichen Ausgleich müssen zwar alle Gläubiger zustimmen, jedoch können individuelle Abzahlungen der Forderungen vereinbart werden, wenn alle Gläubiger davon informiert werden und ihre Zustimmung dazu erteilen. Durch die ordnungsgemäße Tilgung des von allen Gläubigern angenommen Ausgleichs entsteht am Ende Schuldenfreiheit. Zusätzlich entgeht der Schuldner einer gewissen öffentlichen Bloßstellung und einer sanktionierenden Umwelt, da in diesem Verfahren nur einem kleinen Kreis an Beteiligten die Zahlungsschwierigkeiten offenbar werden und eine Veröffentlichung von Amts wegen klarerweise entfällt.

2.5.2 Sanierungsplan

Mit dem IRÄG 2010 wurde der vormalige Zwangsausgleich durch den Sanierungsplan ersetzt. Diese Möglichkeit der Entschuldung steht auch juristischen Personen offen, sofern die Insolvenzgläubiger zumindest 20% ihrer Forderung erhalten. In der Praxis spielte der Zwangsausgleich für private Schuldner in der Vergangenheit eine untergeordnete Rolle, weshalb sich der

158 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 52ff. 159 Vgl. ebenda, S. 70.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 44 Gesetzgeber entschlossen hat, diesen abzuschaffen und unter Beibehaltung der tauglichen Elemente durch den Sanierungsplan zu ersetzen. Erst durch Kopf- und Kapitalmehrheit der Insolvenzgläubiger kann die Annahme des Sanierungsplans erreicht werden. Erforderlich ist nach § 147 Abs 1 IO die Zustimmung mindestens der Hälfte der Insolvenzgläubiger, die auch mehr als 50% der Gesamtsumme der Forderungen auf sich vereinigen.160 Mit dieser Gesetzesänderung wurde eine wesentliche Erleichterung für den Schuldner geschaffen, die Zustimmung zu einem Sanierungsplan zu erhalten, da vorher eine Kapitalmehrheit von 75% erforderlich war und nunmehr eine Kapitalminderheit einen Sanierungsplan nicht mehr verhindern kann.161

Da der Sanierungsplan vor allem darauf abzielt gewisse Vermögensbestandteile vor der Verwertung zu bewahren, wird die Zustimmung der Gläubiger sehr stark von der Erklärung des Schuldners abhängen, wie mit dem zu verschonenden Besitz Einkommen erwirtschaftet werden kann.162 Rechtlich ist der Sanierungsplan an Höchstfristen gebunden. Eine Quote von mindestens 20% muss nach § 141 Abs 1 IO in spätestens zwei Jahren, bei natürlichen Personen, die kein Unternehmen betreiben, in maximal fünf Jahren beglichen sein.163 Die vormalige Mindestquote von 30% hat sich in der Praxis als zu hoch erwiesen und wurde durch das IRÄG 2010 reduziert.164 Bei vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans tritt die schuldbefreiende Wirkung für den, die Quote übersteigenden Betrag ein.

2.5.3 Zahlungsplan

Der Zahlungsplan hat die größte praktische Bedeutung für natürliche Personen im Insolvenzfall. Im Jahr 2011 wurden 71,7% aller Insolvenzeröffnungen, die von einer staatlich anerkannten Schuldenberatung begleitet wurden, über einen Zahlungsplan abgewickelt.165 Das Vermögen des Schuldners wird als

160 IO BGBl I 2010/29. 161 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 80. 162 Exemplarisch sei hier das Kraftfahrzeug eines Handelsreisenden angeführt. 163 IO BGBl I 2010/29. 164 Vgl. Mair [IRÄG 2010], S. 174. 165 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 14.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 45 Insolvenzmasse verwertet, wobei private Schuldner in seltenen Fällen über Vermögen verfügen, welches unter Gläubigern am Beginn einer Schuldenregulierung aufzuteilen wäre. Wenn eine nicht mehr zu bewältigende Schuldenlast keinen anderen Ausweg, als eine gerichtliche Regulierung zulässt, ist häufig davon auszugehen, dass Vermögenswerte bereits der vorangegangenen Kreditodyssee zum Opfer gefallen sind. Dennoch ist eine Tagsatzung über die Annahme eines Zahlungsplans, wie § 193 Abs IO bestimmt, erst nach Verwertung des Vermögens des Schuldners zulässig.166 Darin spiegelt sich auch der gegensätzliche Sanierungsansatz wider, der im Unterschied zum Sanierungsplan darauf abzielt, eine Restschuldbefreiung und dauerhafte Entschuldung natürlicher Personen zu erwirken, und weniger die wirtschaftliche Fortführung eines Unternehmens zu ermöglichen.167

Die Insolvenzmasse bildet beim Zahlungsplan das zukünftig zu erwartende Einkommen, wobei sich die Zahlungsquote an den pfändbaren Teilen der nächsten fünf Jahren orientieren soll.168 Fehlt bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens Vermögen, um die Verfahrenskosten decken zu können, sind für natürliche Personen Ausnahmen vorgesehen. Der Schuldner muss nach Z 1, 2 und 3 des § 183 Abs 1 IO aber ein genaues Vermögensverzeichnis, indem keine Aktiv- oder Passivstände verschwiegen werden dürfen, und einen erfüllbaren Zahlungsplan vorlegen, der glaubhaft die Verfahrenskosten durch zukünftige Einnahmen abdeckt.169 Der KSV beziffert in seiner fortlaufenden Insolvenzstatistik die mangels Masse abgewiesenen Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens auf 1.240 von 10.836 Fällen für das Jahr 2011.170

Eine fixierte Mindestquote ist im Zahlungsplan nicht vorgesehen, wird sich aber, um Chance auf Gläubigerannahme zu haben, nach den Einkommensmöglichkeiten des Schuldners richten. Gleich dem Sanierungsplan, sind auch beim Zahlungsplan, Gläubigermehrheiten für die Annahme des Angebots des Schuldners erforderlich. Die Annahme bedarf

166 IO BGBl I 2010/29. 167 Vgl. Mair [IRÄG 2010], S. 177. 168 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 85. 169 IO BGBl I 2010/29. 170 Vgl. KSV 1870 [Insolvenzstatistik Private 2012], S. 4.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 46 zusätzlich noch einer gerichtlichen Bestätigung. Bei vollständiger Erfüllung des Zahlungsplans entsteht auch hier Restschuldbefreiung. Die Dauer für die Erfüllung des Zahlungsplans kann längstens sieben Jahre betragen. Jedoch zeigt die Praxis, dass mit zunehmender Dauer die Wahrscheinlichkeit des Scheiterns des Zahlungsplanes steigt, ebenso kritisch sind Risikofaktoren, wie die halbjährliche Zahlungsweise und plötzlich auftretende Einkommensverringerungen.171 Aufgrund der häufigen Anwendung des Zahlungsplans soll die sich daraus ergebende Zahlungsfähigkeit und Erfolgsaussicht im Vergleich zu den anderen Verfahren geprüft werden.

H3 Im „Zahlungsplan“ werden Schulden eher ordnungsgemäß bedient, als in den anderen Verfahren.

2.5.4 Abschöpfungsverfahren

Kommt keines der bisher beschriebenen Entschuldungsverfahren zu Stande, wird auch gegen die Gläubigerzustimmung ein Abschöpfungsverfahren eingeleitet, sofern dies der Schuldner beantragt hat. Dieser wird sinnvollerweise nur dann Interesse an der Einleitung eines Abschöpfungsverfahren haben, wenn Gewähr ist, dass 10% der Forderungen in sieben Jahren zurückgezahlt werden können, da andernfalls die Restschuldbefreiung in Frage gestellt ist.172 Die Existenz der Möglichkeit des Abschöpfungsverfahrens stärkt die Verhandlungsposition des Schuldners bereits, bei dem Versuch, für einen Ausgleich oder Zahlungsplan allgemeine Zustimmung zu finden.173

Nur gewisse Hinderungsgründe sieht der Gesetzgeber vor, die ein Zustandekommen hemmen könnten. Dies sind vor allem Gründe, die Gläubiger vorbringen, um ein Abschöpfungsverfahren zu verhindern, wenn beispielsweise drei Jahre vor Insolvenzantrag Vermögen zu Lasten der Gläubigerforderungen verschleudert wurde oder unverhältnismäßig hohe Verbindlichkeiten begründet

171 Vgl. Grohs [Privatkonkurs und Schuldenberatung 2008], S. 24. 172 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 89. 173 Vgl. Mohr [Privatkonkurs 2008], S. 58.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 47 wurden.174 Auch bei voraussichtlicher mangelnder Kostendeckung wäre nach § 202 Abs 1 IO von Amts wegen die Einleitung des Abschöpfungsverfahrens zu verweigern.175 Für den Schuldner bedeutet diese Variante eine siebenjährige Lohnpfändung auf das Existenzminimum. Ein zu bestellender Treuhänder erhält die zu pfändenden Gehaltsteile direkt vom Arbeitgeber und verteilt diese an die Gläubiger.

Darüber hinaus bestehen auch diverse Obliegenheiten, die das Gesetz in Z 1 bis 8 § 210 Abs 1 IO regelt, und nicht nur ein Wohlverhalten voraussetzen, sondern es auch verlangen, einer angemessenen und adäquat entlohnten Arbeit nachzugehen.176 Da die das Existenzminimum übersteigenden Einkommensteile den Gläubigern zukommen, haben diese das spezielle Interesse, dass der Schuldner einer regelmäßigen Beschäftigung nachgeht und alle Einkommen auch offenlegt. Schenkungen und Erbschaften sind herauszugeben und keinem Insolvenzgläubiger sind Vorteile einzuräumen. Immerhin wurde bei 27% aller von einer Schuldnerberatung im Jahr 2011 begleiteten Insolvenzeröffnungen versucht, über ein Abschöpfungsverfahren eine Schuldenregulierung zu erwirken.177 Bei Verletzung der Obliegenheiten scheitert das Abschöpfungsverfahren und auch eine in Aussicht gewesene Schuldbefreiung. Bei Erreichen der 10%igen Mindestquote nach sieben Jahren hat der Schuldner Anspruch auf Restschuldbefreiung, darunter kann ein Richter darüber entscheiden.178 Gegen die Wahrscheinlichkeit durch siebenjährige Lohnpfändung eine Restschuldbefreiung tatsächlich zu erwirken, spricht in manchen Fällen ein zu geringes, kaum pfändbares Einkommen. Auch unregelmäßige Arbeitsverhältnisse und vormalige Selbständigkeiten mit überdurchschnittlichen Schuldenhöhen erschweren die Erreichung der 10% Hürde.179

Ein sorgenfreies Leben entsteht durch ein Abschöpfungsverfahren nicht, bedarf es doch einer erheblichen Zurückhaltung der eigenen Lebensführung. Die

174 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 88. 175 IO BGBl I 2002/75. 176 IO BGBl I 2010/29. 177 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 14. 178 Vgl. Fink [Insolvenzrecht 2010], S. 93. 179 Vgl. Grohs [Privatkonkurs und Schuldenberatung 2008], S. 25.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 48 Langzeitmotivation des Schuldners eine adäquate Arbeit zu finden oder zu behalten ist, wenn ein beträchtlicher Teil des Einkommens an die Gläubiger gezahlt werden muss, genau so gering, wie die eines Arbeitgebers, einen Schuldner mit pfändungsbedingtem administrativem Mehraufwand einzustellen.

2.6 Privatinsolvenz aus Bankensicht

Branchenanalysen zeichnen eine unangenehme gegenwärtige Situation der Risikokosten und des Wertberichtigungsbedarfs des Bankensektors. So steht für den Gesamtmarkt ein Jahresbetriebsergebnis für 2011 von € 7,4 Mrd einem Wertberichtigungsbedarf allein aus dem Kreditgeschäft von € 2,4 Mrd gegenüber.180 Kreditausfälle, die sich schlagend auf die Gewinne auswirken, gehören zum täglichen Geschäft von Banken, deshalb spielt der Umgang mit zahlungsunfähigen oder insolventen Kunden eine entscheidende Rolle in der Begrenzung der Risikokosten. Die Bearbeitung ist meist schon im Vorfeld eines sich abzeichnenden Ausfalles anzusetzen, denn nicht jeder notleidende Kredit wird über eine Privatinsolvenz gelöst, sowie auch nicht jeder gerichtlich verfolgte Kredit zwingend einen Teil- oder Totalverlust der Forderung bedeutet. Einer Bank stehen unterschiedliche Maßnahmen zur Verfügung, um zu versuchen, eine drohende Insolvenz oder gerichtliche Betreibung rechtzeitig abzuwenden. Eine rechtzeitige und entschlossene Bearbeitung erhöht den Handlungsspielraum der Bank und verhindert im besten Fall die unerwünschten Folgekonsequenzen, die eine Insolvenz durch gesetzliche Regelungen und Rahmenbedingungen mit sich bringt. Die Interessen der Bank kollidieren dann oftmals mit dem Auftrag des Insolvenzverwalters, die Insolvenzmasse so groß wie möglich zu gestalten, um möglichst hohe Quoten für alle Gläubiger zu erzielen.181 Auch mühsame Anfechtungen gemäß § 28 Abs 1, 2 und 3 von etwaigen Vermögensverschiebungen, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens seitens des Schuldners mit Benachteiligungsabsicht vorgenommen wurden, bleiben der Bank erspart.182 Eine wesentliche Rolle in der Entscheidung der Fortführung des Kreditengagements durch geeignete

180 Vgl. Wieser [Die wirtschaftliche Lage des österreichischen Kreditsektors 2012], S. 40. Gesamtbedarf für Retail und Kommerz.

181 Vgl. Luger [Die Bank als Gläubiger im Konkurs 2005], S. 13. 182 IO BGBl I 2010/29.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 49 Sanierungsmaßnahmen wird die Tatsache spielen, ob es sich um eine Zahlungsunfähigkeit oder nur vorübergehende Zahlungsstockung handelt. Dabei wird die Auslegung für „vorübergehend“ in der Praxis fallunterschiedlich anzuwenden sein und in der Betriebserfahrung der Bank selbst liegen. Jedenfalls wird der Zeitraum irgendwo weit außerhalb der kreditvertraglich fixierten Mahn- und Fälligstellungsfristen, aber dennoch innerhalb von zwölf Monaten, zu suchen sein. Maßgeblich für jedes Entgegenkommen der Gläubigerbank, ist die Aussicht auf eine sich danach wieder einstellende Zahlungsregelmäßigkeit und die Kooperation des Kreditnehmers.

Ist aber eine Insolvenz nicht mehr abzuwenden, oder wird sie außerhalb des Einflussbereiches der Bank durch einen Dritten vorangetrieben, so ergeben sich daraus Vor- und Nachteile. Eine meist monate- oder jahrelange Rechtsverfolgung findet ein Ende und verursacht nicht noch weitere Folgekosten für Inkassobüros, Rechtsanwalts- und Gerichtskosten, die, sowie die Hauptforderung selbst, vermutlich ohnehin uneinbringlich gewesen wären. Durch die Rechtsverfolgung gebundene Personalressourcen werden wieder frei und verursachen nicht auch noch, zusätzlich zum Ausfallsbetrag, Personalkosten.183 Die Teilnahme an der Gläubigerversammlung ermöglicht einen Überblick über alle Forderungen des Schuldners und eine bessere Einschätzung möglicher zukünftiger Zahlungsströme, sowie ein Zusammentreffen mit dem Schuldner, das vorher unter Umständen gar nicht mehr möglich war. Durch Annahme einer Zahlungsquote kann der vorher unbekannte Ausfallsbetrag genauer abgegrenzt werden, was bei entsprechender Quote mitunter sogar zu einer Auflösung von zuvor gebildeten Wertberichtigungen führen kann, da sich durch die Insolvenz möglicherweise erst die Chance ergibt, zumindest einen Teil der Forderung zu erhalten.

In der gesamten Bandbreite an möglichen Entschuldungsinstrumenten ergeben sich aber auch Nachteile für die Bank. Neben dem größten und schmerzhaftesten Problem, des Ausfalls der Forderung, kann ein gewisser Missbrauch nie ausgeschlossen werden, der vor allem durch die mangelnde Überprüfbarkeit geradezu hingenommen werden muss. Besonders Verletzungen der Obliegenheiten sind schwer überprüfbar, so obliegt es dem

183 Vgl. Haffner [Privatinsolvenz aus Bankensicht 2008], S. 36.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 50 Schuldner nach Z 1 des § 210 Abs 1 IO „…eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben oder, wenn er ohne Beschäftigung ist, sich um eine solche zu bemühen und keine zumutbare Tätigkeit abzulehnen.“184 Die Praxis zeigt, wenn auch nur gelegentlich, dass besonders im Vorfeld einer Insolvenz entweder Vollzeit- zu Teilzeitanstellungen gewandelt oder Arbeitsverhältnisse marktunüblich nieder entlohnt werden.185 Wenn diese nach der Insolvenz und Gläubigerzustimmung des Entschuldungsverfahrens wieder ein Normalniveau erreichen, wurde einer Vereinbarung zugestimmt, die nicht den maximal zumutbaren Ertrag bringen. Infolgedessen können niedrige Quoten entstehen, die den Erhalt kaum wert sind, da sie beispielsweise von Buchungs- oder Verwaltungskosten aufgezehrt werden. In diesem Fall wird die Gläubigerbank auf eine Forderungsanmeldung gänzlich verzichten.

2.7 Auswirkungen der privaten Insolvenz auf Kreditsicherheiten

Die zusammenhängende Kette von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen im Umgang der Banken mit notleidenden Krediten wurde bereits erläutert. Tritt der Insolvenzfall ein, hat dies unterschiedliche Konsequenzen auf Kreditsicherheiten. Viele Kreditnehmer erhalten erst durch die Bereitstellung von Sicherheiten Zugang zu einem Kreditmarkt, der ihnen ohne diese entweder verwehrt gewesen wäre oder nur zu höheren Kreditkonditionen Kapital zur Verfügung gestellt hätte. Entweder werden bereits vorhandene Sicherheiten angeboten, oder oftmals dient die zu finanzierende Sache selbst als Sicherheit. Auf die Erläuterung der umfangreichen Wirkung verschiedenster Sicherheiten und jeder denkbaren Konsequenz im Insolvenzfall kann an dieser Stelle zwar verzichtet werden, jedoch scheint es sinnvoll, zumindest die für den Privatkunden gebräuchlichsten Sicherheiten und die Geltung dieser im Insolvenzfall zu untersuchen.

Um das Risiko bei Kreditvergaben an Konsumenten überschaubar zu halten, wird die Bank Sicherheiten verlangen, die bestenfalls den Gegenwert der Forderung entsprechen. In der Praxis wird dies besonders bei nicht

184 IO BGBl I 2010/29. 185 Vgl. Haffner [Privatinsolvenz aus Bankensicht 2008], S. 39.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 51 hypothekarisch besicherten Krediten, also bei reinen Konsumfinanzierungen, selten möglich sein, da der Kunde die Finanzierung, wenn der Gegenwert beispielsweise in Form von Sparguthaben vorhanden wäre, kaum benötigt hätte. Diente der Kredit zum Ankauf von Konsumgütern, dann verfällt der Zeitwert des Gutes meist auch in höherem Ausmaß, als Kredite abgezahlt werden können. Somit entstehen Forderungen, denen meist nur das monatliche Einkommen des Schuldners als Sicherheit gegenübersteht. Die Verpfändung von Einkünften aus einem Arbeitsverhältnis zählt zu den wichtigsten Sicherheiten für eine Bank. Bereits bei sich verschlechternder Zahlungsregelmäßigkeit wird die Bank eine meist stille Gehaltsverpfändung in eine offene wandeln, den Arbeitgeber über die bestehende Verpfändung schriftlich in Kenntnis setzen und auf direkte Überweisung eines bestimmten Betrages bestehen. Für Konsumenten stellt das Einkommen meist die einzige Möglichkeit dar Schulden zu bedienen und zu tilgen. Um ein im vorangegangenen Kapitel dargestelltes Entschuldungsinstrument über die vereinbarte Laufzeit schuldbefreiend zu erfüllen und alle Gläubiger gleichermaßen bedienen zu können, erlöschen Aus- und Absonderungsrechte durch Abtretung oder Verpfändung von Einkünften, gemäß § 12a Abs 1 IO längstens zwei Jahre nach Insolvenzeröffnung.186 Dies bedeutet, dass eine Pfändung auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich ist. Die Bank hat nach Ablauf von zwei Jahren insofern das Nachsehen, da diese Bestimmung vor allem darauf abzielt alle Gläubiger unabhängig von der Höhe ihrer Forderung gleichzustellen.

Bürgschaften entstehen durch die Verpflichtung eines Dritten oder auch mehrerer Personen, der oder die neben dem Hauptschuldner zusätzlich mit Einkommen und Vermögen subsidiär haften. Bei ausbleibender Zahlung des Schuldners wird der Bürge verpflichtet Zahlungen an dessen statt an den Gläubiger zu leisten, somit wird der Bürge nicht Mitschuldner sondern Nachschuldner.187 Besonders Bürgschaften tragen die Gefahr in sich, dass sie dazu neigen, den Bürgen selbst in wirtschaftliche Bedrängnis zu bringen, da Bürgschaften unter Familienangehörigen oder Eheleuten sehr gebräuchlich sind und in ihrem möglichen Risiko meist zu belanglos eingeschätzt werden. Es

186 IO BGBl I 2010/29. 187 Vgl. Schwartze [Die Bürgschaft 2012], S. 206.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 52 bestehen auch keinerlei Informationspflichten seitens des Gläubigers, der meist profundere Kenntnis über die Bonität des Schuldners besitzt, den Bürgen gegenüber.188 Bürgen haben oftmals keinen wirtschaftlichen Vorteil aus dem Finanzierungsgeschäft, weder haben sie Anteil am zur Verfügung gestellten Kapital noch an der finanzierten Sache selbst. Ist die Bürgschaft für die Finanzierung als Sicherstellung wesentlich, so ist eine entsprechende Bonitätsprüfung erforderlich.189 Ein tatsächlicher Kreditausfall tritt für eine Bank, bei voller Ersatzleistung des Bürgen, also gar nicht erst ein. Jedoch ist die tatsächliche Ersatzleistungen von Bürgen aus Sicht der Bank kritisch und mit eingeschränkter Wahrscheinlichkeit zu betrachten. Stellt die Bank die Forderung gegen den Hauptkreditnehmer fällig und versucht diese auch im Verlauf der Eintreibung den Bürgen zu klagen, kann dieser Einspruch erheben. Erfolgt der Einspruch rechtzeitig kann durch das richterliche Mäßigungsrecht die Forderung gegen die mithaftende Person gelindert werden. Sofern eine gewisse Abhängigkeit zwischen Kreditnehmer und Bürgen bei Abschluss des Bürgschaftsvertrages nachweislich ist, der Bürge nur einen geringen bis gar keinen Vorteil aus der Finanzierung gehabt hat, oder eine Unverhältnismäßigkeit zwischen Höhe des Kredites und tatsächlichem Einkommen nachweisbar ist.190 Eine Bürgschaft endet, wenn die Schuld bis zur vereinbarten Höhe oder zur Gänze getilgt ist oder in irgendeiner anderen Form erlischt. Eine außerordentliche Kündigung der Bürgschaft durch den Bürgen ist im Insolvenzfall des Hauptschuldners vom Gesetzgeber nicht vorgesehen.191 Jedoch kann der Bürge soweit er bereits vor Insolvenzeröffnung Zahlungen an Gläubiger geleistet hat, diese als Insolvenzforderung anmelden und auf eine Quote hoffen.

Die Eintragung einer Höchstbetrags- oder Festbetragshypothek im Grundbuch zählt zu den wichtigsten Sicherheiten und bietet bei richtiger Anwendung größtmöglichen Schutz der Forderung oder zumindest eines Teiles davon. Demnach ist diese bei Finanzierungen von Liegenschaften die gebräuchlichste Art der Kreditbesicherung. Einer Bank steht zwar der Zeitpunkt für die

188 Vgl. Schwartze [Die Bürgschaft 2012], S. 225f. 189 Vgl. FMA [FMA-Mindeststandards für das Kreditgeschäft 2005], S. 16f. 190 Vgl. Grohs/Maly [So werde ich meine Schulden los 2006], S. 19. 191 Vgl. Schwartze [Die Bürgschaft 2012], S. 244f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 53 Eintragung des Pfandrechts im Grundbuch frei, sie wird diese aber in der Regel unmittelbar nach Kreditvergabe vornehmen. Bei späterer Eintragung besteht im Insolvenzfall die Gefahr der Anfechtung192, oder auch die Gefahr einen oder mehrere Ränge im Grundbuch an andere Gläubiger zu verlieren. Um einen höheren Grundbuchsrang zu wahren und die eigene Forderung zu schützen, ist es möglich, einen für ein Jahr gültigen Rangordnungsbeschluss über die beabsichtigte Verpfändung im Grundbuch einverleiben zu lassen. Bei hypothekarisch besicherten Krediten ist im Zahlungsausfall die Verwertung der Liegenschaft meist das zentrale Thema. Hierbei kann die Bank dem Kunden noch Zeit einräumen die Liegenschaft am freien Markt zu verkaufen, andernfalls wird diese über eine gerichtliche Versteigerung verwertet. Wobei der Bank nach Feststellung des Liegenschaftswertes durch einen Sachverständigen nach Z 53 und 54 AGB sowohl das Recht auf einen Freihandverkauf, als auch auf eine Versteigerung zusteht.193 Mit dem Verkaufs- oder Verwertungserlös der Liegenschaft wird entweder die Gesamtforderung abgedeckt oder zumindest ein Teil davon. Etwaige Restkredite bilden dann die neue Forderung der Bank gegenüber dem Kreditnehmer, die dann bei angestrebter Insolvenz in einer Gläubigerversammlung beansprucht wird. Die Hypothek als Sicherheit dient der Bank also dazu die Forderung meist wesentlich zu reduzieren, darüber hinaus kann ein einmal erhaltener Grundbuchsrang in seiner Gesamtforderung von einem anderen Gläubiger nicht streitig gemacht werden, sofern die Eintragung des Pfandrechtes nicht unmittelbar vor Insolvenzeröffnung erfolgte.

Die Verwertung von Sparbüchern und Wertpapieren ist, vor allem wenn diese bei der kreditvergebenden Bank deponiert sind, wenig problematisch. Sparbücher werden zur wirksamen Verpfändung physisch übergeben. Wertpapiere werden durch Abschluss einer Verpfändungsvereinbarung und gegebenenfalls einer Verständigung an die Depotbank gesichert.194 Hat die Gläubigerbank konkursfeste Sicherheiten mit dem Kreditnehmer vereinbart, genießt sie bevorzugte Befriedigung der Forderung im Insolvenzfall. Somit entsteht außerhalb des Grundsatzes der Gläubigergleichbehandlung für verwertbares Vermögen mit Absonderungsrechten eine Sondermasse, von

192 Vgl. Zacherl [Banken und insolvente Kunden 2010], S. 45. 193 Vgl. o. V. [Allgemeine Geschäftsbedingungen Sparkassen 2013], o. S. 194 Vgl. Zacherl [Banken und insolvente Kunden 2010], S. 56.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 54 denen andere Gläubiger ausgeschlossen sind.195 Nach Abwicklung der Sondermasse und Befriedigung der Absonderungsgläubiger fließen restliche Vermögen gemäß § 48 Abs 2 IO in die gemeinschaftliche Insolvenzmasse.196 Auf diese Masse hat jeder Gläubiger dann zu gleichen Teilen Anspruch. Besteht, bei nicht vollständiger Abdeckung der Forderung, noch ein persönlicher Anspruch der Bank gegen den Schuldner, kann diese Restforderung nach § 48 Abs 3 IO in der Gläubigerversammlung mit Stimmrecht geltend gemacht werden.197

2.8 Die Schuldengenese

Eine Schuldenregulierung muss nicht zwangsläufig vor Gericht enden. Die Erstellung einer Bestandsaufnahme der gesamten Verbindlichkeiten und die Verhandlung von haltbaren Vereinbarungen mit Gläubigern, können für viele Schuldner schon ausreichend sein, um ein aufgeräumtes, exekutionsfreies Leben zu führen. Banken haben für die Risikobearbeitung notleidender Kredite eine Fülle von Regelungsmechanismen wie Ratenstundung, Zinssenkung, Laufzeitverlängerung und Umschuldung, die, sofern rechtzeitig eingesetzt, gerichtliche Schritte verhindern könnten. Ziel jeder Bearbeitung ist es, den Schuldner aus der Zahlungsunfähigkeit wieder in eine liquide finanzielle Situation zu bringen. Sollte dies außergerichtlich nicht gelingen, muss ein Schuldenregulierungsverfahren angestrebt werden. Schuldner können, um ein Schuldenregulierungsverfahren einzuleiten, selbst zu Gericht gehen, sich von einem Rechtsanwalt vertreten lassen oder die Hilfe einer Schuldnerberatung in Anspruch nehmen. Ein Großteil der Schuldenregulierungsverfahren wird von einer bevorrechteten Schuldnerberatung begleitet. Die einzelnen Verfahren dienen dazu, den Überschuldungsprozess zu durchbrechen und damit eine soziale Abwärtsspirale aufzuhalten, sowie die gesellschaftliche Wiedereingliederung zu gewährleisten.198

195 Vgl. Zacherl [Banken und insolvente Kunden 2010], S. 30. 196 IO BGBl I 2010/29. 197 Ebenda. 198 Vgl. Grohs [Privatkonkurs und Schuldnerberatung 2008], S. 20.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 55 Ein eingeleitetes Verfahren wird öffentlich bekannt gemacht.199 Von der Antragsstellung auf ein Insolvenzverfahren bis zur tatsächlichen Eröffnung desselben vergeht zusätzliche Zeit. Die finanzielle Wohlverhaltensperiode beginnt erst danach und ist dann gelungen, wenn sie in einer Restschuldbefreiung endet, ein etwaiger Negativvermerk im Register des KSV gelöscht und die vollständige finanzielle Rehabilitation erlangt ist. Damit errechnet sich, von Beginn der Überschuldung bis zur vollständigen Beseitigung der Spuren der finanziellen Problemlage, eine Dauer von theoretischen 19 Jahren (66 Monate bis zur Erstberatung, 4 Monate Beratungsphase, bis zu 84 Monate der Rückzahlungsphase und bei Schuldenregulierungsverfahren 84 Monate der Speicherung der Negativvermerke ab Rückzahlungsdatum im KSV).200 Durch die Prägekraft des Sozialmilieus können die für die Überschuldung mitverantwortlichen Rollenmuster auf der Subjektebene auch in der Phase der Bewältigung der Krise schwer abgelegt werden und behindern mitunter den Regenerationsprozess.201 Auch die jeweilige Verweildauer und das Wiederholungsrisiko werden dadurch maßgeblich beeinflusst. Die Wahrscheinlichkeit, die Überschuldungsphase zu überwinden, hängt von einem begleitenden Stützsystem, von den Kompetenzen der Betroffenen selbst und von den sozialpolitischen Rahmenbedingungen ab.202 Für Kreditgeber ändert sich der Aggregatzustand des Konsumenten mit einem Schuldenregulierungsverfahren von einem vormals wünschenswert und stark umworbenen Kunden zur Persona non grata. Auch die berufliche Situation, das Alter und das Einkommen spielen bei der Schuldenbewältigung naturgemäß eine Rolle. Ein möglicher Zusammenhang soll mit nachstehenden Hypothesen untersucht werden.

H4 Je höher das Einkommen, desto eher werden Schulden zurückgezahlt.

H5 Berufstätigen und im Ruhestand befindlichen Schuldnern gelingt die Schuldenregulierung eher als arbeitslosen oder karenzierten.

199 Bekanntmachungen sind in der vom Bundesministerium für Justiz veröffentlichten Insolvenzdatei ersichtlich. URL: http://www.edikte.justiz.gv.at/.

200 Vgl. Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 36. 201 Vgl. Backert [Leben im modernen Schuldenturm 2003], o. S. 202 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 107.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 56

H6 Rückzahlungsschwierigkeiten während der Phase der Schuldenregulierung haben eher Kunden der Altersklassen bis 40 Jahre.

Unabhängig davon, welches Entschuldungsverfahren eingesetzt wird, ist eine pünktliche regelmäßige Einhaltung der Zahlungsvereinbarung für den Erfolg und den endgültigen Schuldenschnitt Grundvoraussetzung. Bei Verfahren mit vielen Gläubigern kann die ordentliche halbjährliche Bedienung der Quote für manche Schuldner, die bereits vor der Schuldenregulierung überfordert waren, eine neuerliche Unübersichtlichkeit darstellen, insbesondere, wenn diese Zahlungen nicht geordnet über ein Girokonto rückgeführt werden können, sondern mühsam mit Bareinzahlungen oder händisch erstellten Überweisungen eingezahlt werden müssen. Auch die eventuell notwendige monatliche Ansparung einer halbjährlichen Rate ist ohne Girokonto und Sparkonto erschwert.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 57 2.9 Zusammenfassung des Kapitels

Überschuldungsbiografie Verschuldung Überschuldungsauslöser Für Wohnraum, Haushaltsgründung oder Arbeitslosigkeit, zu geringes Einkommen für laufende Konsum im Rahmen des Haushaltsbudgets. Haushaltsführung, Scheidung, Krankheit, Tod des Unproblematisch, kein Zahlungsverzug, Partners, Karenz, gescheiterte Selbstständigkeit, Girokonto innerhalb des Überziehungsrahmens, Verbindlichkeiten aus Bürgschaft oder Mithaftung, vollständige Kreditfähigkeit, Leistbarkeit aller unmäßiges Konsumverhalten, Lebensstil, Verpflichtungen gegeben Suchtverhalten

Überschuldung Zahlungsunfähigkeit, monatlich negatives Haushaltsbudget, Lohnpfändungen, Zwangsversteigerung, Fahrnisexekutionen, Inkassobüros, Mahnungen, Negativvermerke in Datenbanken, Zahlungsrückstände bei Miete und Energie, Aufbrauch aller finanziellen Reserven, Verschuldung im sozialen Umfeld, Einzug Leasingfahrzeuge

Eigene Lösungskompetenz des Haushaltes Keine gegenwirkenden Maßnahmen Reduktion des Konsums, Liquidierung von Dauerhafte Verfolgung durch Gläubiger, Vermögensgegenständen, Umschuldung von prekäre Lebenslage, Armutsgefährdung, Krediten, Prolongation, Versuch der Steigerung vollständiger Verlust der des Einkommens Kreditwürdigkeit, Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen durch Lohnpfändungen, soziale Isolation, gesundheitliche Beeinträchtigungen Schuldnerberatung Start des Beratungsprozesses, Versuch der außergerichtlichen Einigung, Verhandlung mit Gläubigern, Erstellung Gläubigerliste und Vermögensverzeichnis, Berechnung der maximal Gefahr Verlust des Girokontos möglichen Rate, die den Gläubigern angeboten Rückleitung der Eingänge, werden kann. Gläubigermehrheit, Wahrung von Kartensperren, Nichtdurchführung Fristen bei Insolvenzverfahren von Dauer- und Zahlungsaufträgen, Fälligstellung offener Verbindlichkeiten, Juristischer Beistand Inanspruchnahme von Einbeziehung eines Rechtsanwaltes für Bürgschaften, Sperre und außergerichtlichen Ausgleich, Vorbereitung und Kündigung aufgrund Begleitung bei Insolvenzverfahren, Insolvenzeröffnung zur Vermeidung Hilfestellung bei Rückständen gegenüber der von Masseabflüssen oder öffentlichen Hand, Verhandlung mit Gläubigern Schuldenzuwachs

Entschuldungsinstrumente Versuch des außergerichtlichen Ausgleichs, Eröffnungsantrag, Insolvenz, Veröffentlichung und Information an Gläubiger und Bank, Sperre des Girokontos, Zinsstop, Erlöschen von exekutiven Pfandrechten, Vermögensverwertung wenn noch nicht erfolgt

Wohlverhaltensperiode Pünktliche Schuldenbedienung, Einhaltung des Tilgungsplans, Obliegenheiten - keine neuen Schulden, adäquat entlohnte Arbeiten annehmen, Gläubiger über Zahlungseingänge informieren, wirtschaftlicher Neubeginn

Schuldengenese Vollständige wirtschaftliche Rehabilitation, Girokonto bei Geschäftsbank, vollwertiger Konsument, Löschung der Negativvermerke aus Schuldnerregistern und bei Auskunfteien, Wiedererlangung der Kreditwürdigkeit, erworbene oder gebilligte Restschuldbefreiung

Abbildung 5: Überschuldungsbiographie203

203 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 58 Abbildung 5 veranschaulicht eine typische Überschuldungsbiographie mit unterschiedlichen Entwicklungslinien und Passagen. Da einzelne Passagen übersprungen oder mehrmalig durchlaufen werden können, ist die unterschiedliche Verweildauer nicht in einer exakten Zeitspanne festzumachen. Der Verlauf von der Überschuldung bis zur Schuldengenese ist intermittierend und gekennzeichnet von unterschiedlich langen Pausen zwischen den einzelnen Phasen. Das Wiederholungsrisiko einzelner Phasen wird bestimmt vom Durchhaltevermögen des Schuldners, der Anzahl der Gläubiger, der Schuldenhöhe und der Lebens- und Arbeitssituation. Wenn es dem Schuldner nicht mehr gelingt, die Überschuldung mit eigener Lösungskompetenz zu überwinden und in eine rückzahlbare Verschuldung zurückzukehren, startet der Regenerationsprozess nur dann, wenn dieser durch initiatives Handeln versucht ein Entschuldungsverfahren zu erwirken. Die Zustimmung der Gläubiger zu einem der gesetzlich möglichen Entschuldungsverfahren markiert den Wendepunkt der Krise und ermöglicht nach einer Wohlverhaltensperiode eine vollständige ökonomische Reintegration. Eine gelungene Schuldengenese kennzeichnet sich durch Wiedererlangung der Kreditwürdigkeit, Löschung von Negativvermerken in Kreditregistern und einer Rückkehr in wirtschaftliche Bereiche, die vorher gänzlich oder teilweise aufgrund von Überschuldung verschlossen waren, sei es der Konsum, die soziale Integration oder der Arbeitsmarkt.

Ausgehend von einer normalen unproblematischen Haushaltsverschuldung kann durch einen Überschuldungsauslöser ein Überschuldungsszenario eintreten, welches den Haushalt unerwartet finanziell destabilisiert. Dieser Zeitpunkt markiert nicht nur den Start des Überschuldungsprozesses, sondern erfordert auch sofortiges und aktives Handeln, um durch unterschiedlichste Lösungsansätze die Passage der Überschuldung zu überwinden. In einer retrospektiven Betrachtung mögen die Gründe für eine eingetretene Überschuldung vielleicht vermeidbar gewesen sein, wenn es sich um eine Änderung des Lebensstils, ein gemäßigteres Konsumverhalten oder die Vermeidung der Übernahme einer Bürgschaft handelte. Schicksalshafte Ereignisse, die der Schuldner nicht vorhersehen oder beeinflussen konnte, wie der Tod des Partners, Krankheit, Scheidung, Unfall oder Verlust des Arbeitsplatzes führen mitunter dazu, dass der Schuldner zusätzlich psychisch

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 59 allenfalls nicht in der Lage ist sofortige Gegenmaßnahmen zu setzen, wodurch zu viel Zeit verstreicht, um alle Handlungsoptionen voll ausschöpfen zu können. Bei Eintreten in die Überschuldungsphase ist jedoch eine entschlossene und zielführende Reaktion des Schuldners notwendig, da davon in weiterer Folge die Lebensumstände auf Jahre bestimmt sind. Ohne entsprechende Gegenmaßnahmen entstehen, aufgrund der kontinuierlichen Verfolgung durch Gläubiger, prekäre Lebenslagen, sowie ein erhöhtes Risiko mit Armut oder sozialer Isolation konfrontiert zu werden.

Gleich mehrere einzelne Abschnitte der Überschuldungsbiographie wie in Abbildung 5 skizziert, bergen für Schuldner die Gefahr in sich, zusätzlich das Girokonto zu verlieren. Entweder ist die Bank selbst beteiligter Gläubiger und kündigt die gesamte Geschäftsverbindung aufgrund ausbleibender Zahlungen oder sie erlangt durch die Insolvenzdatei Kenntnis einer bevorstehenden Eröffnung eines Insolvenzverfahrens und kündigt aus diesem Grund. Der zusätzliche Verlust des Girokontos verschärft einzelne Passagen oder beschleunigt die Erreichung der nächsten und wird dadurch zum entscheidenden Faktor in der Überschuldungsbiographie. Ein Schuldenregulierungsverfahren ohne ein Girokonto abzuwickeln oder eine geregelte Anstellung zu finden, ohne, dass eine bestehende Bankverbindung nachgewiesen werden kann, erschwert die wirtschaftliche Erholung des Konsumenten und verhindert in Folge dessen auch die Befriedigung der Gläubigerinteressen. Im nächsten Abschnitt dieser Arbeit wird eine Bank vorgestellt, deren einziger Unternehmenszweck es ist, das Dilemma der Kontolosigkeit zu korrigieren. Die Zweite Sparkasse greift an diesen sensiblen Punkten der Überschuldungsbiographie ein. Sie möchte Teil eines begleitenden Stützsystems sein, um einen sich verschärfenden Abwärtstrend zu stoppen, und so die Wahrscheinlichkeit eines gelungenen Regenerationsprozesses erhöhen.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 60 3 Die Zweite Sparkasse

Die EU-SIILC Studie aus 2008 bezifferte mit hoher Verlässlichkeit die von Kontolosigkeit betroffenen Privatpersonen in Österreich. So kann davon ausgegangen werden, dass 2% der Bevölkerung, oder jeder 55. Österreicher, in einem Haushalt ohne Konto leben.204 Armutsgefährdete Menschen mit niedrigen Einkommen205 bilden mit 59.000 Personen die größte Gruppe der Kontolosen, gefolgt von geschätzten 30.000 alleinlebenden Frauen mit Pensionsbezug.206 Grundsätzlich ist die Quote eines nicht vorhandenen Kontos in Haushalten ohne Erwerbstätigkeit deutlich höher.207

Aus Überlegungen zu dieser Problematik und dem Versuch eine Antwort auf das Problem der Armutsgefährdung im Rahmen des Programms „Soziale Verantwortung“ zu finden, wurde in Diskussion mit Beratungsorganisationen die Idee einer Sparkasse als „Bank für Menschen ohne Bank“ geboren und zur Durchführungsreife entwickelt.208 Die Idee der Zweite Sparkasse ist denkbar einfach; wer bei keiner Bank mehr ein Konto bekommt, erhält über eine Vorselektion einer Partnerorganisation ein Habenkonto mit einer Bankkarte. Dieses Habenkonto stellt einen Teil eines Gesamtpaketes von Maßnahmen dar, mit dessen Hilfe eine aktive Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen wieder ermöglicht und eine soziale Ausgrenzung aus wichtigen Lebensbereichen verhindert werden soll. Ein Konto ist die Drehscheibe des persönlichen finanziellen Lebens, sei es für die Verbuchung von Gehaltseingängen, für Überweisungen von Miete, Strom und Gas oder für die geordnete Erfüllung eines Entschuldungsverfahrens. Betroffenen Menschen soll eine neue Chance gegeben werden, nachhaltig die finanzielle Lage zu verbessern und folgend wieder im Geld- und Erwerbsleben Fuß fassen zu können. In ihrer Präambel erklärt die Zweite Sparkasse „einen Beitrag zur Ermöglichung der wirtschaftlichen Teilhabe aller Menschen…“ leisten zu wollen, und

204 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 152. 205 Unter 60% des äquivalisierten Medianeinkommens von € 10.945,- per 2008, ist gleichzeitig auch die Armutsgefährdungsschwelle.

206 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 152. 207 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1113. 208 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 80.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 61 Finanzdienstleistungen anzubieten „… wo Menschen keinen Partner finden, um ihr finanzielles Leben in die eigenen Hände zu nehmen.“209 Daraus ergibt sich nach eigener Definition der Unternehmenszweck und die Aufgabe der Zweite Sparkasse „…insbesondere zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von sozial schwachen natürlichen Personen durch die Beteiligung geeigneter Bankdienstleistungen und Beratungsleistungen beizutragen.“210

In den folgenden Kapiteln soll die Entstehung der Zweite Sparkasse und deren Einbettung in die Sparkassenstruktur erläutert werden. Um die Firmenkonstruktion und Finanzierung hinter dieser Nonprofit Organisation zu verstehen, muss eine genauere Betrachtung der Sparkassen Privatstiftungen erfolgen. In Vorbereitung auf den Untersuchungsteil sind dann relevante Kapitel hinsichtlich der Wirkungsweise, der Kundenstruktur, der angebotenen Produkte und der befristeten Kundenbeziehung angeführt.

3.1 Die Struktur der Sparkassen und der historische Hintergrund

Die bis ins 18. Jahrhundert zurückreichende Firmenhistorie der Sparkassen ist ausreichend belegt und beruht nicht auf einem Gründungsmythos. Nachdem im Jahre 1778 die erste Sparkasse Deutschlands in Hamburg gegründet wurde,211 entstand auf dieser Basis in der postnapoleonischen Zeit auch die erste Oesterreichische Spar-Casse im Jahr 1819 in Wien mit dem Ziel, Menschen die bis dahin aufgrund ihres Berufes oder Standes kein Konto bei einer anderen Bank bekommen konnten, die Möglichkeit zu verschaffen, erspartes Geld mit Zinsen sicher anzulegen.212 Damit wurde es für Taglöhner, Bauern, Hausangestellte, Fabrikarbeiter und viele mehr ermöglicht, Kapital für Zeiten von Krankheit, Not oder Alter zurückzulegen.213 Wie das unten angeführte Pamphlet aus 1819 bekundet, erfolgte diese Gründung unter größtem Wohlwollen und die Sparkasse wird erkannt als „… eine Anstalt von so unverkennbarer Gemeinnützigkeit, dass von Seite der Regierung mit

209 o. V. [Satzung der Zweite Sparkasse 2007], S. 1. 210 o. V. [Satzung der Zweite Sparkasse 2007], S. 2. 211 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 25. 212 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 79. 213 Vgl. o. V. [Statuten der ersten Oesterreichischen Spar-Casse 1819], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 62 Vergnügen die Bewilligung dazu erteilt wird, dass diese Gesellschaft (…) in Wirksamkeit trete…“.214

Abbildung 6: Statuten und Reglement der ersten Oesterreichischen Spar-Casse215

214 Vgl. o. V. [Statuten der ersten Oesterreichischen Spar-Casse 1819], S. 1. 215 Quelle: o. V. [Statuten der ersten Oesterreichischen Spar-Casse 1819], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 63 Viele der im 19. Jahrhundert gegründeten Sparkassen hatten nicht das Motiv Gewinne zu erzielen, sondern Schuldner vor ansteigendem Wucher zu schützen. Durch karitative und philanthropische Stiftungen wurde Bedürftigen durch Leihgaben die Teilnahme am einkommensbasierten Wirtschaftssystem ermöglicht.216 Der Sparkassengedanke fand seinen Keim auch eingebettet in einer Phase der Aufklärung und des Humanismus, wo zunehmend verarmten Bevölkerungsschichten durch die Sparkasse die Möglichkeit zur Selbsthilfe erteilt wurde. Zunächst wurden nur Dienstleistungen wie Verwahrungs- und Verwaltungsgeschäfte angeboten, doch ab 1938 war auch der bargeldlose Zahlungsverkehr ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsbereiches der Sparkassen und zusehends erfüllten sie damit ihre bis heute gültige volkswirtschaftliche Funktion.217

In der historischen Entwicklung der jüngeren Vergangenheit wurde die Erste Bank Österreich mit der Übernahme der „GiroCredit“ im Jahr 1997 schrittweise zum Lead Institut der Sparkassen. Im selben Jahr wurde vor allem durch einen Börsengang und anderen Maßnahmen, wie ein gemeinsamer Haftungsverbund und Marktauftritt, die wirtschaftliche Lage der Erste Bank Österreich und Sparkassen gestärkt. Der Fokus wurde nach wie vor auf die jeweilige wirtschaftliche Region, kombiniert mit dem Gemeinwohlgedanken, gelegt. Viele Sparkassen änderten ab diesem Zeitpunkt auch ihre Rechtsform in eine Aktiengesellschaft und begründeten somit die vierte große Gruppe der möglichen Eigentümerschaften einer Sparkasse.218

Die rechtlichen Grundlagen der Sparkassen finden sich im Bankwesengesetz und im Sparkassengesetz. Gegründet wurden sie einst von Sparkassenvereinen oder von Gemeinden. Derzeit besteht die Sparkassengruppe aus ihrer Leadbank, der Erste Bank Österreich, und weiteren 49 Bundesländersparkassen.219 Die Dachorganisation des Sparkassensektors ist der Sparkassenverband, der gleichzeitig Interessensvertreter ist. Charakteristisch für Sparkassen ist ihre

216 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 255. 217 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 26. 218 Vgl. Ayadi et al. [Investigating diversity in the banking sector], S. 141f. 219 Vgl. Sparkassenverband [Sparkassenhandbuch 2013], o. S.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 64 Eigentümerlosigkeit als juristische Person des privaten Rechts. Das zur Verfügung gestellte Gründungskapital durch eine Gemeinde oder einen Sparkassenverein berechtigt diese oder diesen nicht am Gewinn oder Vermögen einer Sparkasse beteiligt zu sein. Allein durch die Gründung kann also kein Eigentum legitimiert werden. Es besteht nur die Möglichkeit nach § 1 Abs 2 SpkG (Sparkassengesetz)220 über Partizipations- oder Ergänzungskapital an Gewinnen oder Verlusten beteiligt zu sein.

Nunmehr existieren vier verschiedene Formen von Sparkassen in Österreich, die im folgendem kurz dargestellt werden:

 Gemeindesparkassen werden durch das unentgeltliche, zur Verfügung zu stellende, Gründungskapital zur Aufnahme des ordentlichen Geschäftsbetriebes nach Gemeindebeschluss und erfolgter Eintragung ins Firmenbuch initiiert. Das Gründungskapital kann gemäß § 2 Abs 1 und 2 SpkG nicht zurückgefordert werden und die Gemeinde wird zur Haftungsgemeinde.221

 Vereinssparkassen werden von einem vorher zu gründenden Sparkassenverein ins Leben gerufen und müssen durch unentgeltlich zur Verfügung gestelltes Gründungskapital, einen Eintrag ins Firmenbuch und der Bewilligung der Finanzmarktaufsicht rechtlich legitimiert werden. Der FMA sind nach § 5 Abs 1 SpkG die Statuten schriftlich vorzulegen.222 Nach einspruchsloser Bewilligung der FMA erlangt die Sparkasse ihre Rechtsfähigkeit. Wie § 12 Abs 1 und 2 SpkG bestimmt, würde eine Auflösung des Vereins auch eine Auflösung der Sparkasse oder einer in deren Folge gegründeten Privatstiftung nach sich ziehen.223 Die einzige Gegenleistung der gegründeten Sparkasse ist es nach § 9 SpkG, den Aufwand des Vereins zu bestreiten, dazu gehört vor allem eine

220 SpkG BGBl I 2013/184. 221 SpkG BGBl I 2004/45, siehe an dieser Stelle auch die unterschiedlichen Haftungsbestimmungen im Falle einer Zahlungsunfähigkeit. Vor allem die Kritik der EU an der Ausfallshaftung der Gemeinden hat im Sinne des Wettbewerbsrechts eine Änderung erforderlich gemacht, die für nach dem 1. April 2007 entstandene Verbindlichkeiten keine Haftung für Gemeinden mehr vorsieht.

222 SpkG BGBl I 2001/97. 223 SpkG BGBl I 2001/97.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 65 mindestens einmal jährlich stattfindende Vereinsversammlung, der unter anderem die Aufnahme und der Ausschluss von Vereinsmitgliedern, die Erstellung der Satzung der Sparkasse und die Entgegennahme des Berichts über den Jahresabschluss obliegt.224

 Sparkassen-Aktiengesellschaften entstehen gemäß § 1 Abs 3 SpkG nach „...Einbringung des Unternehmens oder des bankgeschäftlichen Teilbetriebes einer Sparkasse in eine Aktiengesellschaft…“.225 Die Führung der Bezeichnung „Sparkasse“ im Firmenwortlaut ist weiterhin gestattet, da die neu entstandene Sparkassen-Aktiengesellschaft weiterhin dem Sektorverbund angehört, alle Konzessionen und Bewilligungen aufrecht bleiben und auch eine Mindestbeteiligung durch die Sparkasse selbst gehalten werden muss. Auf jeden Fall wird die dadurch gewonnene eigenständige Verantwortung und die Möglichkeit Eigenkapital durch Ausgabe von Aktien zu stärken, in der heutigen Bankenlandschaft als bestmögliche Rechtsform gesehen. Trotz einiger weniger Sonderregelungen im speziellen die Haftungsfrage betreffend, da diese ja einst Gemeinde- oder Vereinssparkassen waren, gilt für eine Sparkassen-Aktiengesellschaft die Gewaltentrennung zwischen den für eine Aktiengesellschaft üblichen Organen. Dazu zählt die Hauptversammlung der Aktienanteilseigner und der Aufsichtsrat, als dessen gewähltes Organ, welches wiederum den Vorstand als drittes Organ bestellt.226

 Anteilsvewaltungs-Sparkassen haben die Aufgabe ihre Anteile an der Sparkassen-Aktiengesellschaft zu verwalten, in die sie ihr Unternehmen eingebracht haben. Diese Form kann auch als Sparkassen-Holding verstanden werden. Die Frage der Haftung, der weiteren Aufgaben, der Möglichkeit zur Auflösung der Anteilsverwaltung und der Umgang mit Ergänzungs- und Partizipationskapital sind in der Literatur strittig.227

224 SpkG BGBl I 2001/97. 225 SpkG BGBl I 2013/184. 226 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 44f. 227 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 54ff. und die dort zitierte Literatur.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 66 Alle Sparkassen, Sparkassen-Aktiengesellschaften und Sparkassen- Privatstiftungen gehören dem Sparkassenprüfungsverband an. Der Prüfungsverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und ist zur Durchführung der Prüfung der Jahresabschlüsse228 berechtigt. Des Weiteren können gemäß § 24 Abs 1 und 2 SpkG Sonderprüfungen bei Unregelmäßigkeiten, bei sich verschlechternder Ertragslage und bei Umwandlung der Sparkasse in eine Privatstiftung durchgeführt werden.229 Im Zuge der Prüfung des Jahresabschlusses stellt der Prüfungsverband auch die Wahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme einer Haftung durch die Gemeinde fest. Der Vorstand der Gemeindesparkasse übermittelt verpflichtend nach § 2 Abs 1 SpkG binnen sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres den haftungsrechtlichen Prüfbericht an die betreffende Gemeinde und die FMA.230

3.2 Die Sparkassen - Privatstiftung

Im Zuge des Beitritts Österreichs zur damaligen Europäischen Gemeinschaft im Jahr 1995 und der sich darauf folgenden ändernden Bankenlandschaft ermöglichte eine Novellierung des Sparkassengesetzes im Jahr 1999 Anteilsverwaltungs-Sparkassen in Privatstiftungen umzuwandeln.231 Z 3 des § 27a Abs 4 SpkG sah somit eine formwechselnde Umwandlung in eine Privatstiftung vor, sofern bereits in der Stiftungserklärung Begünstigte angeführt werden, deren „…Aufgabenbereich ausschließlich die Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke zum Gegenstand haben darf.“232 In der Stiftungserklärung wird durch den Stifter der Zweck begründet, dem das gestiftete und verwaltete Vermögen dienen soll. Die Stiftungserklärung ist, ähnlich der Satzung einer Sparkasse oder einem Gesellschaftsvertrag, die Rechtsgrundlage einer Privatstiftung. Das PSG (Privatstiftungsgesetz) sieht eine Widmung an die Privatstiftung von Vermögen in der Höhe von mindestens € 70.000 vor, wobei dies auch in Form von Unternehmensanteilen, Immobilien,

228 Der Prüfungsverband ist in diesem Sinne auch Abschlussprüfer der Sparkassen und Sparkassen-Aktiengesellschaften.

229 SpkG BGBl I 2006/141. 230 SpkG BGBl I 2004/45. 231 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 20. 232 SpkG BGBl I 2013/184 und die dort angeführten Auflagen.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 67 Kunstgegenständen oder ähnlichem erfolgen kann.233 Klar geregelt ist, welche Funktionen eine Privatstiftung nicht übernehmen darf. Dazu zählen nach Art 1 § 1 PSG die Ausübung einer gewerbsmäßigen Tätigkeit, die Geschäftsführung einer Handelsgesellschaft und die Möglichkeit unbeschränkt haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft zu sein,234 dies allein aus dem Umstand, da „…hinter der Privatstiftung kein Eigentümer steht, der das Risiko dieser wirtschaftlichen Tätigkeit trägt.“235 Wird eine Gemeindesparkasse in eine Privatstiftung eingebracht, beschränkt sich die Haftung der Gemeinde gemäß § 2 Abs 1 SpkG auf Verbindlichkeiten, die bis zum nächsten Bilanzstichtag nach Eintragung ins Firmenbuch entstanden sind.236

Wie Art 1 § 3 Abs 1 PSG vorsieht, können sowohl natürliche als auch juristische Personen Stifter einer Privatstiftung sein.237 Als Stifter der Sparkassen – Privatstiftung gilt immer die Sparkasse und nicht jene Personen, die seinerzeit die Sparkasse gegründet haben. Das der Stiftung zu widmende Vermögen wird durch die Schlussbilanz festgestellt und wird sich in der Regel aus den an der Sparkasse gehaltenen Aktien ergeben. Dieses sich ergebende Stiftungsvermögen ist dauerhaft gewidmet und ist von der Stiftung zu erhalten, bestenfalls auch zu vermehren,238 demnach dürfen Zuwendungen an den Kreis der Begünstigten nach Z 1 und 4 des § 27a Abs 4 SpkG nur aus Erträgen des Vermögens getätigt werden.239

Die klassischen Organe einer Stiftung sind, ähnlich der Aktiengesellschaft, der Aufsichtsrat, der den Stiftungsvorstand mit der Geschäftsführung und Vertretung beauftragt, und ein Stiftungsprüfer, im Falle der Sparkassen – Privatstiftung ist dies der Prüfungsverband. Dem Stiftungsvorstand kommt auch die Überwachung der Erfüllung des Stiftungszweckes zu und dieser entscheidet über die Ausschüttung an Begünstigte. Darüber hinaus verwaltet er die Anteile

233 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 82. 234 PSG BGBl I 2005/120. 235 Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 85. 236 SpkG BGBl I 2004/45. 237 SpkG BGBl 1993/694. 238 Anders als im PSG, welches keinen zwingenden Erhalt des Stiftungsvermögens vorsieht. 239 SpkG BGBl I 2013/184.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 68 an der Sparkassen Aktiengesellschaft, ohne jedoch in diese konzernleitend einzugreifen.240

Die Motive für die Sparkassen eine Stiftung zu gründen, liegen neben dem Ziel „eigentümerloses“ Vermögen zu schaffen und dieses altruistisch einzusetzen, sicherlich auch noch in steuerrechtlichen und strategischen Überlegungen. So wird sie als Rechtspersönlichkeit in juristischem Sinne auch gerne als Festung gegen feindliche Übernahmen verstanden und wird als Stärkung des Sparkassensektors gesehen, da auch weiterhin Unabhängigkeit von politischem Einfluss gewährleistet ist. Die Trennung von Eigentümer und operativer Geschäftsführung sollte, als weiteres Motiv, den Handlungsfreiraum erweitern und bot vor allem größeren Sparkassen, die in einem ganzen Bundesland agieren, eine Steigerung der Effizienz und Professionalität, da diese nicht mehr von kommunalen Führungsstrukturen abhängig waren.241 Aus der Verpflichtung zur Haftung für Verbindlichkeiten der Sparkassen AG bildet die Sparkassen – Privatstiftung eine Art Sicherheitspolster. Da die Stiftung ihr Vermögen auch vermehren soll, entsteht überdies ein Vorteil für die Sparkasse bei etwaigen Kapitalerhöhungen, da die Stiftung ein Bezugsrecht hat und substanzerhaltend agieren wird. Eine gänzliche Thesaurierung von Gewinnen durch die Stiftung ist nicht vorgesehen, jedoch haben definierte Begünstigte keinerlei klagbaren Anspruch auf Zuwendungen.242

Privatstiftungen erlebten in den letzten 20 Jahren aufgrund begünstigter Besteuerung einen Gründerboom. Kaum 10% davon haben jedoch in ihrem Stiftungszweck gemeinnützige Unterstützungen vorgesehen. Vorrangig haben diese Stiftungen den Sinn und Zweck, Vermögen für den Stifter oder dessen Erben anzuhäufen. Was unweigerlich auch dazu führt, dass Privatvermögen in der zweiten und dritten Generation meist von Wirtschaftstreuhändern und Anwälten verwaltet wird und nicht mehr dem Esprit und Unternehmergeist des Gründers unterliegt.243 Durch die Gemeinwohlorientierung der Sparkassen- Privatstiftungen entsteht ein volkswirtschaftlicher Nutzen und durch dieses

240 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 155. 241 Vgl. Ayadi et al. [Investigating diversity in the banking sector], S. 143. 242 Vgl. Perl [Die Sparkassen – Privatstiftung 2005], S. 139. 243 Vgl. Spudich [Reich und Gut 2010], S. 45f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 69 Konstrukt ist es möglich, den ursprünglichen Gründungszweck weiterhin, unabhängig von den handelnden Personen, umzusetzen. Derzeit werden über 34 Sparkassenstiftungen Teile ihrer Dividenden an soziale Einrichtungen und Projekte, sowie zur Förderung und Stärkung der jeweiligen Region ausgeschüttet. Auf dieser Basis konnte auch das benötigte Kapital zur Gründung der „Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse“ aufgebracht werden.244

3.3 Die Gründung und Finanzierung der Zweite Sparkasse

Obwohl weder ein gesetzlicher Auftrag noch eine Verpflichtung, diese Aufgabe zu übernehmen, bestand, wurde dem ursprünglichen, gemeinnützigen Sparkassengedanken folgend, am 15.05.2006 auf Initiative der „ERSTE Stiftung“245 und mit dem vorhandenen Erbe der Sparkassenhistorie, „Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse“ als eigenständiges Institut gegründet. Das nach Z 5 des § 5 Abs 1 BWG erforderliche Gründungskapital von € 5,8 Mio wurde von der Stiftung als größter Aktionär der Erste Bank Österreich zur Verfügung gestellt.246 Die Konzessionserteilung erfolgt in Österreich durch die FMA. Der Antragsteller hat nach Z 3 des § 4 Abs 3 BWG auch Angaben über den Geschäftsplan zu machen, „…aus dem die Art der geplanten Geschäfte, (…) Steuerung und Begrenzung der bankgeschäftlichen und bankbetrieblichen Risiken (…) hervorgehen; weiters hat der Geschäftsplan eine Budgetrechnung für die ersten drei Geschäftsjahre zu enthalten.“247 Auch im Lichte der Allgemeinen Sorgfaltspflichten nach § 39 Abs 1 und 2 BWG mutet das Geschäftsmodell der Zweite Sparkasse waghalsig an, da nicht nur die Notwendigkeit besteht, bankbetriebliche Risiken beurteilen, steuern und überwachen zu können, sondern auch auf die Gesamtertragslage des Kreditinstitutes Bedacht genommen werden muss.248 Wenn der Geschäftsplan von Anfang an vorsieht keine Gewinne zu erwirtschaften und nur Kunden mit schlechtester Bonität zu übernehmen, kann ein gewisser Grad an

244 Vgl. Sparkassenverband [Sparkassenhandbuch 2013], o. S. 245 In Langform: „Die Erste Österreichische Spar-Casse Privatstiftung“. 246 BWG BGBl I 2014/59. Es ist für die Erteilung der Konzession erforderlich, ein Anfangskapital von mindestens € 5 Mio einzubringen. Die übrigen € 800 Tausend waren als Verbrauchsgeld für die Instandsetzung und Aufrechterhaltung des laufenden Betriebes vorgesehen.

247 BWG BGBl I 2013/184. 248 BWG BGBl I 2013/184.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 70 Verwunderung seitens der Behörden nachvollzogen werden. Innerhalb eines komplexen Regelwerks sind die Österreichische Nationalbank, Finanzmarktaufsicht, Prüfungsverbände, Wirtschaftsprüfer und interne Revisionen ständige Wegbegleiter der Geschäftsführung jeder Bank. Dies gilt ebenso für die Zweite Sparkasse. Mit einer Patronatserklärung und der Übernahme einer Ausfallshaftung durch das Lead Institut (Erste Bank Österreich) war die Konzessionserteilung möglich und die Zweite Sparkasse konnte am Bankenmarkt mit folgender Liste an Konzessionen debütieren:

 Die Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage (Einlagengeschäft).  Die Durchführung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs und des Abrechnungsverkehrs in laufender Rechnung für andere (Girogeschäft).  Der Abschluss von Geldkreditverträgen und die Gewährung von Gelddarlehen (Kreditgeschäft).  Die Ausgabe von elektronischem Geld (E-Geldgeschäft).249

Aufgrund der Ausführung der angeführten konzessionierten gewerblichen Bankgeschäfte ist die Zweite Sparkasse gemäß § 1 Abs 1 BWG als Kreditinstitut anzusehen.250 In der alltäglichen Praxis der Zweite Sparkasse kommt dem Girogeschäft die größte Bedeutung zu, eine Gewährung von Gelddarlehen erfolgt derzeit nicht. Im November 2006 wird die erste Filiale in Wien eröffnet. Mit Ende des Jahres 2013 stieg die Anzahl der Kunden auf 8.283, welche von rund 360 ehrenamtlichen Mitarbeitern in 7 Filialen betreut werden. Diese Filialen befinden sich in den Städten , , Klagenfurt, Linz, , Villach und Wien. Die Filialen haben keinen klassischen Kassenbetrieb, sondern dienen als Beratungsstützpunkte. In den Bundesländern ohne eigene Filiale wird durch Korrespondenzsparkassen das Leistungsangebot der Zweite Sparkasse durch deren Räumlichkeiten und ehrenamtliche Mitarbeiter für das Erstgespräch und die Entgegennahme von notwendigen Unterlagen und Daten sichergestellt, daraus ergibt sich eine nahezu österreichweite Flächendeckung.251

249 Vgl. FMA [Liste der Konzessionen 2013], o. S. 250 BWG BGBl I 2014/59. 251 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 71 Im Jahr der Gründung ging die Erste Bank Österreich mit 93 von 100 möglichen Punkten als Siegerin im Ranking des „Center of Corporate Citizenship “ hervor.252 Dieses Ranking spiegelt das gesellschaftliche Engagement der Unternehmen wider und auch im Jahr 2008 wurde der zweite Platz belegt.253 Die Zweite Sparkasse selbst erhielt in den darauffolgenden Jahren etliche Auszeichnungen, wie Sozialmarie, Greinecker Seniorenpreis, betrieblicher Sozialpreis, Dubai International Award und Trigos.254

3.3.1 Rechtsform und formale Organisation

Die Zweite Sparkasse wurde als Verein „Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse“ mit 37 Vereinsmitgliedern und Sitz in Wien gegründet.255 Sowohl der Verein als auch sonstige juristische und natürliche Personen sind von jeder Beteiligung am Vermögen oder Gewinn ausgeschlossen.256 Zwei ehrenamtliche Vorstandsmitglieder wurden durch den achtköpfigen Sparkassenrat der Zweite Sparkasse mit der Geschäftsführung und der Vertretung nach außen betraut.257 Im Jänner 2014 wurde ein dritter ehrenamtlicher Vorstand für die Bereiche Marketing, Produktmanagement, Filialkooperation und Recht installiert. Somit sind die Organe der Zweite Sparkasse der Vorstand und der Sparkassenrat. Alle Tätigkeiten werden ehrenamtlich und unentgeltlich ausgeführt, dies trifft auch auf die rund 362 Mitarbeiter zu, die den täglichen Bankbetrieb aufrechterhalten und Beratungsgespräche führen.258

In ihrer Rechtsform als Vereinssparkasse wird die Zweite Sparkasse unter einer eigenständigen Bankleitzahl geführt.259 Demnach sind, wie bei jedem anderen Kreditinstitut auch, sämtliche behördlichen Prüfungen durch die FMA oder

252 Vgl. URL: http://www.cccaustria.at/index.php?option=com_content&task= view&id=22&Itemid=32 [18.12.2008].

253 Vgl. Lammer [Die Verantwortung des Geldes 2007], S. 5. 254 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Zweite-Sparkasse/Auszeichnungen [20.11.2013].

255 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 80. 256 Vgl. o. V. [Satzung der Zweite Sparkasse 2007], S. 2. 257 Vgl. Sparkassenverband [Sparkassenhandbuch 2013], S. 263f. 258 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2011], S. 11. 259 Bankleitzahl 20112 oder nunmehr BIC GIBAAT21.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 72 OeNB möglich und erforderlich. Die jeweils internen Revisionen der entsprechenden Ländersparkassen prüfen regelmäßig die Einhaltung des BWG, der Sorgfaltspflicht, der Geschäftsabläufe, der Solvabilitätsverordnung, des operationalen Risikos und dergleichen. Ehrenamtliche Mitarbeiter unterliegen dem Bankgeheimnis. Nach § 38 Abs 1 BWG ist wie folgt geregelt und definiert: „Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen dürfen Geheimnisse, die ihnen ausschließlich aufgrund der Geschäftsverbindung mit Kunden (...) anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten…“260 Eine Ausnahme ist jedoch für die Umsetzung der Strategie der Zweite Sparkasse unerlässlich. Um zu gewährleisten, dass wirklich nur unterstützungsbedürftige Kunden ihren Weg in die Zweite Sparkasse finden, ist eine schriftliche Empfehlung einer Partnerorganisation notwendig.261 Umgekehrt ist es für Partnerorganisationen, wie vorrangig die Schuldnerberatung, unerlässlich bei Bedarf Informationen über das Kontogebaren des Klienten einzuholen, um Schuldenregulierungsverfahren oder ähnliches ordnungsgemäß abwickeln zu können. In diesem Fall wird die Sonderregelung zum Bankgeheimnis gemäß Z 5 des § 38 Abs 2 BWG genutzt, die unter anderen Ausnahmefällen auch die Entbindung vom Bankgeheimnis vorsieht, wenn „…der Kunde der Offenbarung des Geheimnisses ausdrücklich und schriftlich zustimmt.“262 Der Kunde unterfertigt in diesem Fall, dass gegen die Bestimmungen des Bankgeheimnisses beispielsweise Informationen über Kontoführung oder Zahlungsströme preisgegeben werden dürfen. Dies jedoch ausschließlich nur gegenüber der vermittelnden Partnerorganisation, da eine Entbindungserklärung in ihrer Reichweite überschaubar und in Bezug auf die Art der Daten, den Zweck der Übermittlung und den Kreis der Empfänger ausreichend konkretisiert sein muss.263 Demnach besteht auch ein Bankgeheimnis zwischen der Zweite Sparkasse und dem Erste Bank/Sparkassensektor, auch wenn Mitarbeiter in Doppelfunktion tätig sind, können diese dennoch keine Kontoauskünfte an die jeweilige „Fremdbank“ erteilen, zumal hier auch eine scharfe technische Trennlinie besteht und die

260 BWG BGBl I 2007/108. 261 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Partner [21.12.2013]. 262 BWG BGBl I 2007/108. 263 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 48.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 73 gegenseitigen Kundendatenbanken nicht eingesehen werden können. Allein schon die Tatsache, dass jemand Kunde ist, fällt unter das Bankgeheimnis.

In ihrer formalen Organisation hat die Zweite Sparkasse die in der Sparkassengruppe verwendete Aufbau- und Ablauforganisation in reduzierter Form implementiert. Dadurch konnten Reibungsverluste und Organisationsmisserfolge von Beginn an auf ein Minimum begrenzt werden. Die umfangreichen regulatorischen Erfordernisse zu Datenschutz, operationalem Risiko, Sicherheitspolitik und Fragen des Krisenmanagements wurden auch auf diese Weise erfüllt. Die Zweite Sparkasse führt keine eigenen AGB, sondern bedient sich ohne Einschränkung der jeweils gültigen Fassung der AGB der österreichischen Sparkassen. Wobei der Teil des Regelwerks, der sich auf Belastungsbuchungen, Verwertung von Sicherheiten, Finanzierungen oder das Wertpapiergeschäft bezieht, insofern nicht relevant ist, da diese Punkte ausnahmslos nicht zu den Geschäftsfeldern zählen. Ein möglicher Reingewinn, nach Steuern und Bildung einer Haftrücklage, verbleibt im Unternehmen. Über die detaillierte Verwendung des Gewinns entscheidet der Sparkassenrat. Festzustellen ist dieser Gewinn mit einem Jahresabschluss der zuzüglich eines Lageberichts dem Sparkassen-Prüfungsverband vorzulegen ist.264 Verluste würden nur dann aufgrund der Patronatserklärung der Erste Bank Österreich ausgeglichen werden, wenn die € 5 Mio Grenze des Gründungskapitals gefährdet wäre. Zum weiteren Schutze der Verbindlichkeiten gegenüber Kunden ist die Zweite Sparkasse in den gemeinsamen Haftungsverbund der Sparkassengruppe integriert, deren Mitglieder gemeinschaftlich nach § 30 BWG eine Kreditinstitutsgruppe265 bilden und solidarisch die Erfüllung der Verbindlichkeiten gegenüber Kunden garantieren.266

Die Geschäftsentwicklung der ersten Jahre wurde hauptsächlich von den Zinsen auf das eingesetzte Kapital getragen. Der Umstand, dass überhaupt Gewinne erwirtschaftet werden können ist möglich, da kein Personalaufwand und auch keine Risikokosten entstehen. Die Betriebserträge ergeben sich aus Zinserträgen aus der Veranlagung des Gründungskapitals, der Verwaltung der

264 Vgl. o. V. [Satzung der Zweite Sparkasse 2007], S. 13. 265 BWG BGBl I 2014/59. 266 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2011], S. 7.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 74 Kundeneinlagen, sowie aus der Vergütung der Erste Bank Österreich und Bundesländersparkassen für die in ihrem Einzugsgebiet von der Zweite Sparkasse betreuten Kunden. Die Betriebsaufwendungen konzentrieren sich auf EDV Kosten für die Kontoführung der Kunden, die Kontopauschalen für die Nutzung der Infrastruktur der Erste Bank Österreich, Betriebskosten für die Geschäftsräume sowie Miet- und Reinigungskosten. Nach geringen Verlusten in den ersten Jahren wurde für das Geschäftsjahr 2011 im Jahresabschluss ein Bilanzgewinn von € 1.390,- nach Gewinnvortrag aus dem Jahr 2010 und einer Rücklagenzuführung ausgewiesen.267 Das Jahr 2012 wurde mit einem Gewinn von € 18.000,- abgeschlossen, obwohl sich die Nettozinserträge in einem niedrigen Zinsumfeld verringert haben. In den einzelnen Bilanzpositionen haben sich die Refundierungszahlungen268 der Erste Bank Österreich und beteiligten Sparkassen, sowie auch die gesamten Aufwendungen nicht wesentlich verändert. Für das Jahr 2013 konnte der Gewinn auf € 39.000,- gesteigert werden. Das Eigenkapital beträgt € 5,7 Mio und entspricht somit 50,2% der Bilanzsumme.269 Die Bilanzentwicklung der letzten Jahre zeigt auch eine kontinuierliche Steigerung der Verbindlichkeiten gegenüber Kunden und ist Indiz für stetiges Kundenwachstum.270

3.3.2 Das Girokonto bei der Zweite Sparkasse

Nur wenn ein Kunde kein Girokonto271 bei einer anderen Bank hat und zugleich eine aufrechte Betreuung und Empfehlung durch eine Partnerorganisation besteht, kann ein Konto bei der Zweite Sparkasse eröffnet werden.272 Rahmenverträge für Girokonten werden in der Zweite Sparkasse für die Dauer von drei Jahren abgeschlossen. Von Anfang an wird dem Kunden damit signalisiert, dass die Führung eines Kontos bei der Zweite Sparkasse nur eine Zwischenlösung sein kann. Einerseits ist es für die Organisation aufgrund der

267 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2011], S. 10. 268 Die Refundierungen belaufen sich pro Kunde und Jahr auf € 40,-. 269 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013], S. 4. 270 Vgl. ebenda, S. 2. 271 Auch wenn ein Girokonto existieren sollte, dies aber nicht zur freien Disponierung zur Verfügung steht, gelten die Voraussetzungen als erfüllt.

272 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 81.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 75 monatlichen Neueröffnungen unerlässlich ältere Girokonten wieder aufzulösen, da die personellen Ressourcen nur begrenzt sind. Andererseits würde die Zweite Sparkasse andernfalls im Laufe der Zeit zur regulären Bankverbindung werden, die eben keine Kontoführungsgebühr einhebt. Der Kreis der Begünstigten oder der Hilfesuchenden ist klar abgegrenzt und soll speziell diesen als Grundlage für eine reguläre Bankverbindung zu einem späteren Zeitpunkt dienen.

Das offiziell als Basiskonto bezeichnete Girokonto bietet alle, dem modernen Standard entsprechenden, technischen Möglichkeiten zur Durchführung des Zahlungsverkehrs. Daueraufträge, Einziehungsaufträge sowie Abbuchungsaufträge werden entweder vom jeweiligen Mitarbeiter erstellt, oder der Kunde erfasst diese selbständig im Netbanking. Das Konto kann vorrangig über die Bankomatkarte, die wie bei jeder anderen Bank in vollem Umfang zur Verfügung steht, belastet werden. Damit sind Zahlungen an Bankomatkassen im Handel bis hin zu Barbehebungen im Ausland möglich. Zusätzlich können Kunden der Zweite Sparkasse den Foyerbereich der gesamten Sparkassengruppe in jedem Bundesland mitbenützen. Dadurch sind Abfragen des Kontostandes, Kontoauszüge, Ein- und Auszahlungen und die Durchführung von Überweisungen regionaler möglich.273 Neben der Netbanking Funktion steht auch der Smartphone Zugang offen. Das Basiskonto steht kostenlos zur Verfügung, lediglich eine Kontoführungskaution von € 9,- wird pro Quartal eingehoben, die der Kunde bei Auflösung unverzinst zurück erhält.274 Die Kaution wird aus Sicherheitsgründen einbehalten, damit eine Kontoschließung ohne Überziehung erfolgen kann. Da das Konto ausschließlich und ausnahmslos im Haben geführt wird, können durch Aufträge die mangels Deckung nicht durchgeführt werden, geringfügige Überziehungen durch Spesen entstehen. Die fehlende Möglichkeit das Konto zu überziehen, soll den administrativen Aufwand der Zweite Sparkasse reduzieren und vor Risikoausfällen schützen, aber auch Kunden zur Kontodisziplin erziehen, die es meist nicht gewohnt sind, fixe Ausgaben im Budget rechtzeitig einzuplanen und die Kontobewegungen dauerhaft im Blickfeld zu haben.

273 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Leistungen/BasisKonto [20.12.2013]. 274 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 81.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 76 Zeichnungsberechtigungen für Ehegatten oder andere Personen sind nicht vorgesehen.

Die Befristung des Kontos auf drei Jahre wird von der Zweite Sparkasse nur in begründeten Ausnahmefällen verlängert, auf die im Untersuchungsteil noch sehr detailliert eingegangen wird. Alle anderen Formen der vorzeitigen Kündigung, sowohl durch den Zahlungsdienstnutzer, als auch durch den Zahlungsdienstleister regelt das ZaDiG (Zahlungsdienstegesetz). Ein auf bestimmte Zeit abgeschlossener Rahmenvertrag kann vom Zahlungsdienstnutzer gemäß § 30 Abs 1 ZaDiG jederzeit gekündigt werden.275 Eine Kündigungsfrist von höchstens einem Monat wäre zulässig, wobei in diesem Fall, bei vorheriger Vereinbarung im Rahmenvertrag, bei Kündigung innerhalb der ersten zwölf Monate der Zahlungsdienstleister eine angemessene Kündigungsentschädigung verlangen kann. Diese etwaige Entschädigung für zeitanteilig periodisch angefallene Entgelte wird von der Zweite Sparkasse nicht verrechnet. Der Zahlungsdienstleister kann, wie § 30 Abs 2 und 3 ZaDiG bestimmt, einen befristeten Rahmenvertrag überhaupt nicht ordentlich kündigen.276 Eine außerordentliche Kündigung ist nur bei sachlicher Rechtfertigung möglich und begründet sich in der Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses und ist grundsätzlich in der Hemisphäre des Vertragspartners zu suchen.277 So werden Konten in der Zweite Sparkasse nur dann gekündigt, wenn sich der jeweilige Kunde wiederholt nicht an die Vereinbarungen gehalten hat, sich gegenüber Mitarbeitern unangemessen verhält, das Konto über einen längeren Zeitraum nicht als solches führt oder betrügerisch handelt. Jedenfalls sollte die Kontoverbindung die Dauer von 3 Jahren bei der Zweite Sparkasse im Idealfall nicht übersteigen. Daraus zu erwartende Hindernisse sollen mit nachstehender Forschungsfrage beantwortet werden: F1 Wenn negative Bonitätshinweise in der Datenbank des KSV ersichtlich sind, haben Kunden dann auch nach einer 3-jährigen Kontoverbindung bei der Zweite Sparkasse immer noch Schwierigkeiten, ein Girokonto bei einer anderen Geschäftsbank zu eröffnen?

275 ZaDiG BGBl I 2009/66. 276 Ebenda. 277 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 119.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 77 Auch die eigene Einschätzung der Kunden zur Befristung des Kontos ist für die Untersuchung von größtem Interesse.

H7 Kunden mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis € 1.000,- glauben, dass eine Befristung des Kontos auf 3 Jahre nicht ausreichend ist.

H8 Eine ordnungsgemäße Schuldenrückzahlung führt zu der Überzeugung, dass die Befristung des Kontos auf 3 Jahre ausreichend ist.

Das angebotene Konto erfüllt alle gebräuchlichen und üblichen Marktstandards mit den typischen Funktionen, demnach hat der Kunde der Zweite Sparkasse kein Kontosurrogat in einer Parallelbankenwelt, sondern ein vollwertiges Bankprodukt. Das Konto ist kein singuläres Produkt sondern als Teil eines gesamten Paketes zu verstehen.

3.3.3 Gesamtes Hilfspaket der Zweite Sparkasse

Mit der Eröffnung eines Girokontos erhält der Kunde automatisch einen kostenlosen Versicherungsschutz, der bis zur Auflösung des Kontos gültig ist. Dieser umfasst eine kostenlose Rechtsberatung pro Quartal und eine Unfallversicherung, die bei Invalidität oder Unfalltod Absicherung für den Kontoinhaber oder die im Haushalt lebende Familie bietet. Der zusätzliche Abschluss einer Haushalts- und Haftpflichtversicherung ist für € 3,- monatlich möglich. Versichert sind die üblichen Schadensfälle, die im Haushalt eintreten können, sowie im Rahmen der Haftpflichtversicherung auch die Schadloshaltung Dritter.278

Zum Zwecke des Aufbaus eines kleinen Kapitals, um finanzielle Rücklagen zu bilden, oder die Halbjahresrate für die Erfüllung der Insolvenzquote anzusparen, besteht die Möglichkeit eines Aufbaukontos. Dies erfüllt die Aufgaben eines Sparbuches und ist ebenso kostenlos. Ein Aufbau-Bausparvertrag wird ohne

278 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Leistungen/Versicherungsschutz [20.12.2013].

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 78 Verwaltungsgebühren bei vorzeitiger Auflösung ab einer Mindesteinzahlung von € 10,- monatlich angeboten.279

Die Zweite Sparkasse gewährt weder Kredite, Überziehungsmöglichkeiten auf Girokonten, noch finanzielle Hilfestellungen oder Haftungen in irgendeiner Form. Demnach beschränkt sich das angebotene Paket auf die Basisversorgung mit Finanzprodukten und die ergänzende Beratungsleistung. Speziell das Angebot an Versicherungen soll Kunden in Schadensfällen vor weiterer finanzieller Destabilisierung schützen, da diese in den meisten Fällen bei Betreuungsübernahme durch die Zweite Sparkasse über keinerlei Versicherungsschutz mehr verfügen. Der jeweilige tatsächliche Kundenbedarf ist individuell, aber in Summe soll durch diese Grundversorgung eine Umgebung geschaffen werden, die den Regenerationsprozess des Kunden begünstigt.

3.3.4 Die Partnerorganisationen und der Kooperationsbedarf

Das gesamte Hilfspaket erstreckt sich über einen Wirkungsbereich, der von der Zweite Sparkasse alleine nicht mehr zur Verfügung gestellt werden könnte. So erfordert die Umsetzung der Strategie eine Kooperation mit internen Konzernpartnern und externen Beratungspartnern, die sich über drei Bereiche darstellt und sowohl Profit als auch Nonprofit Unternehmen involviert.

 Im ersten Bereich besteht der größte Kooperationsbedarf mit der Erste Bank Österreich als Konzernmutter und den jeweiligen Landessparkassen. Die Zweite Sparkasse ist zwar eine eigenständige Bank, aber nur innerhalb der Sparkassengruppe dauerhaft lebensfähig, da sie auf den fortwährenden Know-how- und Kompetenztransfer angewiesen ist. Dies betrifft Mitarbeiter der Organisation, die größtenteils in Doppelfunktionen innerhalb der Erste Bank Österreich und Sparkassen für die Zweite Sparkasse tätig sind, sowie auch die Bereitstellung und Wartung von Betriebssoftware, Automatentechnik und Infrastruktur. Über die technische Lebensader hinaus partizipiert die

279 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 82.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 79 Zweite Sparkasse auch an allen Lösungen, die aufgrund rechtlicher und aufsichtsrelevanter Erfordernisse innerhalb der Gruppe gefunden werden müssen. Eingebettet in den Haftungsverbund können einzelne organisatorische Einheiten wie Revisionen, Rechtsabteilungen, Controlling und Rechnungswesen übergreifend agieren, und rechtliche Anforderungen, wie Compliance, Geldwäsche, Verbraucherkreditgesetz, Allgemeine Geschäftsbedingungen einheitlich für die Gruppe erfüllt werden.

 Durch die Kooperation mit weiteren Profit Unternehmen im zweiten Bereich, wie der Wiener Städtische Versicherung und der konzerninternen Bausparkasse werden komplementäre Produkte angeboten, die die Zweite Sparkasse andernfalls nicht im Produktportfolio hätte. Außerdem sind im Konzessionsumfang ohnehin die in Zusammenhang mit der Banktätigkeit stehenden Hilfstätigkeiten, wie die Vermittlung von Versicherungsverträgen und Bausparverträgen, enthalten.280 Besonders die Partnerschaft mit dem Versicherungsinstitut ermöglicht es, Kunden gegen elementare und existenzbedrohende Ereignisse abzusichern, bei gleichzeitiger Auslagerung des Schadensrisikos. Die Wiener Städtische Versicherung verzeichnet zwar für Kunden Schadensanträge im Bereich Haushaltsversicherung, Rechtschutz und Unfallversicherung im dreistelligen Bereich, bezeichnet das gesamte Schadensaufkommen nach fünf Jahren Kooperation aber als gering.281

 Der dritte Bereich der notwendigen Kooperationen betrifft die Zusammenarbeit mit 23 sozialen Einrichtungen, die Hilfestellungen in den unterschiedlichsten Krisensituationen bieten.282 Ohne bei einer sozialen Einrichtung in Beratung zu sein und von dieser eine Empfehlung zu bekommen, ist eine Kontoeröffnung nicht vorgesehen. Durch diese Vorselektion soll nicht nur der ernste Wille zur Verbesserung der persönlichen Situation im Vordergrund stehen, sondern auch die

280 Vgl. o. V. [Satzung der Zweite Sparkasse 2007], S. 3. 281 Vgl. Die Zweite Sparkasse [Newsletter 2/2012], S. 3. 282 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Partner [21.12.2013].

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 80 knappen Kapazitäten der Zweite Sparkasse zielorientiert, bei wirklich Bedürftigen, eingesetzt werden. Da die Kontoführung kostenlos ist, wäre ohne diesen Filter mit einem größeren Kundenansturm zu rechnen, an dessen Ende eine etwaige Bedürftigkeit nicht durch den ehrenamtlichen Mitarbeiter festgestellt werden könnte. Darüber hinaus kann eine professionelle Lebensberatung nur von psychologisch geschultem Personal in Hilfseinrichtungen erfolgen, die Zweite Sparkasse bietet weder Schuldenberatung noch Sozialberatung an.

Aufgrund des Geflechts an Kooperationen und Allianzen ergeben sich unterschiedliche symbiotische Wirkungen. Profit und Nonprofit Unternehmen werden nur dann sozial-ökonomische Allianzen eingehen, wenn damit grundsätzlich Aussicht auf Erfolg verbunden ist und diese zur Erreichung der eigenen Ziele dient. Insofern wird der daraus erwachsende Kooperationserfolg unterschiedlich interpretiert. Vordergründig muss eine strategische Kooperation mehr Effektivität in der Erfüllung der organisationsindividuellen Ziele erbringen, als dies im Alleingang der Fall wäre, auch um eine kontinuierliche Fortführung der Partnerschaft zu rechtfertigen.283 Geschätzte 20% der Klienten von Wohlfahrtsorganisationen erreichen aufgrund von Kontolosigkeit die angestrebten Beratungsziele nicht.284 Erfolg muss jedoch nicht zwingend in finanziellen Maßstäben gemessen werden. Der Erwerb neuer Kompetenzen und impliziten Wissens, die Erhöhung der Problemlösungsfähigkeit, die Bewertung überholter Handlungsmuster, sowie Synergiepotentiale, die erst im Laufe der Kooperation erwachsen, sind nicht zu beziffernde Effekte, die sich durch das Eingehen einer Allianz eröffnen.285 Pankau teilt dazu den Erfolg in einen strategischen und operativen und liefert passende Erfolgsindikatoren, anhand derer Profit Unternehmen Allianzen zusätzlich bewerten müssen.

283 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 186. 284 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 2. 285 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 189.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 81

Erfolgskriterien Erfolgsindikatoren

Gewinn, Umsatz, Kosten, "operativer" / finanzieller Erfolg Cash Flow, Produktivität, Wertschöpfungssteigerung, Return on Investment, Unternehmenswertsteigerung Börsenkurs, Kurs-Gewinn- Steigerung des Reinertrags Verhältnis, Marktkapitalisierung

Ergebniserfolg "Strategischer" Erfolg Verbesserung der Wettbewerbsposition, Marktanteil, Markenpräsenz, Komparative Bekanntheitsgrad, Wettbewerbsvorteile, Neuproduktumsatz Unique Selling Position, Markterschließung, Marktmacht

Tabelle 1: Erfolgskriterien interorganisationaler Kooperationen286

Die Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatung hat sich zur wesentlichsten und bedeutungsvollsten externen Kooperation entwickelt. Über 70% der Kunden der Zweite Sparkasse wurden von Schuldnerberatungen empfohlen, an zweiter Stelle steht die Caritas mit rund 15%.287 Damit wurde im Laufe der ersten Jahre automatisch der Schwerpunkt des Bankinstitutes gefunden, nämlich überschuldete Personen auf ihrem Weg in die wirtschaftliche Reintegration zu begleiten. Zugleich wurde das Habenkonto der Zweite Sparkasse selbst ein komplementäres Produkt und eine weitere mögliche Hilfsmaßnahme, die die Schuldnerberatung ihren Klienten anbieten kann. Die Schuldnerberatung hat das Ziel Bürgern in der Bewältigung ihrer Schuldenkrise oder ihrer Überschuldung beratend und organisatorisch zu helfen. Ein verpflichtendes Habenkonto für jedermann wird seit Jahren gefordert, da speziell diese Organisation die Problemlage unmittelbar in ihrer alltäglichen Arbeit erkennt. Diese Kooperation wurde zur Interdependenz, da ein gemeinsames strategisches Ziel klar definiert ist und daraus wechselseitige Vorteile entstehen, die alleine nicht erreicht oder alternativ nicht beschafft werden könnten. Ob sich ein messbarer Kooperationserfolg nachweisen lässt, soll mit folgender Hypothese untersucht werden.

286 Quelle: Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 187 287 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 82

H9 Kunden, die von der bevorrechteten Schuldnerberatung empfohlen wurden, haben höhere Chancen auf eine ordnungsgemäße Schuldenrückführung.

Auch für andere Partnerorganisationen stellt die Kooperation mit der Zweite Sparkasse eine weitere Erfüllung ihrer eigenen Arbeit dar, jedoch ist immer kritisch zu betrachten, dass mit der Anzahl der Kooperationen auch das Maß der Abhängigkeit steigt. Einzelne Kooperationspartner handeln stets autonom und können die Partnerschaft jederzeit beenden. Eine labile Balance und die Gefahr des gemeinsamen Scheiterns sind besonders dann gegeben, wenn heterogene Ziele verfolgt werden.288

3.3.5 Die Kunden der Zweite Sparkasse

Der idealtypische Ablauf einer Kundenbeziehung beginnt mit einer schriftlichen Empfehlung einer Partnerorganisation, auf deren Basis unmittelbar ein Girokonto eröffnet wird. Nach Ausstellung einer Bankomatkarte wird der Kunde in einem persönlichen Beratungsgespräch über die Funktionsweise und die automatisch integrierten Leistungen des Kontos informiert, sowie auf die zeitliche Befristung und fehlende Überziehungsmöglichkeit hingewiesen. Im Rahmen des Erstgespräches werden notwendige Daueraufträge erfasst, allenfalls erforderliche oder gewünschte zusätzliche Dienstleistungen wie Haushalts- und Haftpflichtversicherung oder Bausparen werden ebenso besprochen. Nach Legitimierung durch Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises und Unterfertigung sämtlicher Dokumente wird der PIN Code mit der Bankomatkarte überreicht und ab diesem Zeitpunkt ist das Girokonto voll funktions- und einsatzfähig. Sollte in einem schwebenden Insolvenzverfahren auch bereits ein gerichtlicher Freigabebeschluss vorhanden sein, kann über ein eventuelles Kontoguthaben bereits verfügt werden. Eine weitere intensivere Betreuung ist zwar nicht vorgesehen, im Bedarfsfall aber möglich. Die Kunden sollen das erhaltene Girokonto weitestgehend selbst verwalten, und können dazu sowohl Onlinebanking als auch die Selbstbedienungsterminals in den Foyers aller Sparkassen für den

288 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 184.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 83 Zahlungsverkehr nutzen.289 Spätestens nach drei Jahren wird der Kunde zu einem Gespräch eingeladen, in dem aufgrund der finanziellen Lage und der sozialen Situation festgestellt wird, ob die Zweite Sparkasse wieder verlassen werden kann oder die Geschäftsbeziehung verlängert werden soll.

Seit der Gründung 2006 wurden insgesamt 12.159 Konten eröffnet. 3.876 Kunden haben die Zweite Sparkasse wieder verlassen, woraus sich per 31.12.2013 ein Kundenstock von 8.283 ergibt. Kontoschließungen ergaben sich für 1.415 Kunden aus der Übernahme durch die Erste Bank Österreich und Sparkassen.290 Weitere Schließungen entfallen auf Überleitungen an andere Geschäftsbanken, oder resultieren daraus, dass Kunden nicht zum Erstgespräch erschienen sind, das Konto nie genutzt wurde, Terminvereinbarungen nicht möglich waren, Kunden zwischenzeitlich verstorben sind oder aus sonstigen Gründen. Belief sich das gesamte Kundenvermögen im ersten Jahr nach der Gründung noch auf € 382.000,-, so betragen die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden per Ende 2013 € 4,5 Mio und stellen im Wesentlichen die täglich fälligen Guthabenstände der Kunden auf Girokonten und Sparbüchern dar.291

289 Vgl. URL: http://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/Leistungen/BasisKonto [20.12.2013]. 290 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013], S. 4. 291 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 84

8.283 7.998 7.677

6.721

5.065

3.520

1.291

Abbildung 7: Entwicklung Kundenanzahl292

Nach signifikanten Zuwächsen in den ersten Jahren nach der Gründung konnte der Trend ab dem Jahr 2010 durch die beginnenden Überleitungen an Geschäftsbanken entschärft werden. Die in den Jahren darauf folgenden Kundenzunahmen fielen dadurch statistisch moderater aus, wären aber ohne gleichzeitige Kundenüberleitung ungebrochen hoch. Im Jahr 2013 wurden 1.389 Girokonten eröffnet, zeitgleich wurden 1.103 Konten wieder geschlossen, was zu einem Nettozuwachs von 285 führte.293 Vor allem der Bruttozuwachs verdeutlicht die latente Notwendigkeit, finanziell genesene Kunden wieder an andere Banken überzuleiten, da andernfalls die Zweite Sparkasse in wenigen Jahren an Kapazitätsgrenzen stoßen würde. Der genaue Verlauf der Grenzlinie ist zwar unbekannt, wird aber in der Restriktion der ehrenamtlichen Mitarbeiter liegen. Einer höheren Kundenanzahl kann nur mit einer höheren Mitarbeiteranzahl begegnet werden. Unter diesen Voraussetzungen errechnet sich ein Schließungsbedarf von ungefähr 1.000 Konten jährlich. Die nachfolgenden Grafiken veranschaulichen die Herkunft, das Alter und das Geschlecht der gesamten Kunden per 31.12.2013.

292 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014], S. 2 293 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013], S. 6.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 85

34,8

65,2

Männlich Weiblich

Abbildung 8: Kundenstruktur nach Geschlecht in Prozent 2013294

Mit einem überwiegenden Anteil von 65,2% ist die Überschuldungsproblematik ein verstärkt männliches Thema. Die Geschlechterverteilung der Kunden hat sich von Beginn an kaum verändert. An dieser Stelle ergibt sich folgende Hypothese.

H10 Männer haben am Beginn der Schuldenregulierung mehr Schulden als Frauen.

Abbildung 9: Kundenstruktur nach Alter in Prozent 2013295

294 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2014], S. 3 295 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2014], S. 3

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 86 Unter Betrachtung der Altersklassen verteilt sich die Problemlage annähernd gleich auf die unterschiedlichen Altersdekaden. Eine Ausnahme bildet die Kundengruppe der unter 30-jährigen. Aufgrund des geringen Anteils von 10% in Relation zu den gesamten Kunden, kann festgestellt werden, dass die Überschuldungsproblematik häufig erst im mittleren Lebensalter schlagend wird. Die Kundengruppe der über 50-jährigen stellt zwar statistisch das größte Alterscluster, umfasst aber mehrere Lebensdekaden.

Abbildung 10: Kundenstruktur nach Nationalität in Prozent 2013296

Die Mehrzahl der Kunden sind österreichische Staatsbürger. Die Einteilung nach der Herkunft zeigt seit mehreren Jahren ein ähnliches Bild.297 Wie sich die Herkunft auf die Höhe der Schulden auswirkt, soll mit nachstehender Hypothese untersucht werden.

H11 Nicht-Österreicher haben im Vergleich zu Österreichern eine geringere Verschuldung, da der Zugang zum Kreditmarkt nur beschränkt möglich ist.

296 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014], S. 2 297 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 87 Ob sich durch die Nutzung des Girokontos im alltäglichen Zahlungsverkehr oder bei Angabe der Bankverbindung ein Nachteil für Kunden ergibt, wird im Forschungsteil dieser Arbeit noch näher untersucht werden.

3.3.6 Ehrenamtliche Tätigkeit

Als ehrenamtliche Arbeit wird eine Arbeitsleistung verstanden, der kein monetärer Geldfluss gegenübersteht.298 Vielfach wird das Ehrenamt in der Literatur auch als Freiwilligenarbeit bezeichnet. Dieser Terminus entspricht zwar eher den englischen Ausdrücken „volunteer labor“ und „voluntary work“ ist aber insofern missverständlich, da damit auch Spenden und freiwillige Mitgliedschaft angesprochen sind.299 Mehr als die Hälfte aller Österreicher leisten zumindest gelegentlich ehrenamtliche Arbeit, dies entspricht einem Arbeitseinsatz von 481.000 fiktiven ganztags beschäftigten Erwerbstätigen.300 Diese Zahlen variieren je nach Schätzvariante, dennoch, ohne das Ehrenamt scheint der Dritte Sektor nicht funktionsfähig zu sein. Im überwiegenden Teil nimmt die ehrenamtliche Tätigkeit meist einen nebenberuflichen Charakter ein, in der sich die unentgeltliche Mitarbeit auf einige Stunden pro Woche beschränkt.301 In Summe kann der wöchentliche Stundeneinsatz mit 16,7 Mio Stunden beziffert werden. Hauptbetätigungsfelder sind die soziale Arbeit und die Nachbarschaftshilfe die bereits 50% des Gesamtarbeitsvolumens ausmachen.302

Größere Gewinne sind mit dem Geschäftsmodell der Zweite Sparkasse nicht zu erzielen und auch nicht vorgesehen. Die Strategie und das Konzept können nur durch ehrenamtliche Mitarbeiter umgesetzt werden. Unter Berücksichtigung des durchschnittlichen Personalaufwandes von 30,4% der Betriebserträge im österreichischen Kreditsektor303 offenbart sich der hohe Wert dieser Ehrenamtlichkeit. Mit 362 Mitarbeitern (205 Aktive und 157 Pensionisten)

298 Vgl. Badelt [Ehrenamtliche Arbeit im Nonprofit Sektor 2002], S. 573. 299 Vgl. Simsa [NPOs und die Gesellschaft 2002], S. 135. 300 Vgl. Badelt [Der Nonprofit Sektor in Österreich 2002], S. 77. 301 Vgl. Badelt [Ehrenamtliche Arbeit im Nonprofit Sektor 2002], S. 577. 302 Vgl. More-Hollerweger [Armutsbekämpung und Ehrenamt 2009], S. 406. 303 Vgl. Wieser [Wirtschaftliche Lage des österreichischen Kreditsektors 2012], S. 27.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 88 österreichweit wäre die Zweite Sparkasse bereits als mittelgroßes Institut304 innerhalb der Gruppe einzustufen und würde, um die Mitarbeiter auch entlohnen zu können, trotz geringer Stundenzahl hohe Betriebserträge erwirtschaften müssen. Durchschnittlich steht ein ehrenamtlicher Mitarbeiter ungefähr 3 bis 4 Stunden im Monat, meist nach dem Hauptberuf, ab 16 Uhr in der Zweite Sparkasse für ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung.305 Pensionisten teilen sich den geplanten Einsatz individuell ein. Zu den Aufgaben zählen die Eröffnung von Konten, Kundentelefonate, die Betreuung von Laufkunden, die Bearbeitung von Kundenemails und die Führung von Erstgesprächen sowie allgemeinen Beratungsgesprächen. Durch die hohe Anzahl der aktiven ehrenamtlichen Mitarbeiter ist durch deren Doppelfunktion eine identifikationsstiftende Wirkung dieses Themas in den beteiligten Landessparkassen gewährleistet.

Ehrenamtliche Tätigkeit als Laienarbeit per se zu bezeichnen, wäre insofern nicht angemessen, da bestimmte Tätigkeiten in NPOs professionelle Arbeitsleistungen erfordern, die auf allen hierarchischen Ebenen stattfinden. Die Professionalität ist in der Zweite Sparkasse durch die ausschließliche Tätigkeit von aktiven oder pensionierten Mitarbeitern der Erste Bank Österreich oder Sparkassen gewährleistet. Diese haben langjährige Erfahrungen im Umgang und in persönlichen Gesprächen mit Kunden und verfügen auch über notwendige fachliche bankspezifische Kompetenz. Die Ambivalenz liegt in der Betreuung von Kunden, die bereits im regulären Sparkassengeschäft zahlungsunfähig geworden sind und unter Umständen in weiterer Folge denselben Mitarbeitern in der Zweite Sparkasse wieder begegnen. Da im Alltagsgeschäft bei Verschlechterung der Zahlungsfähigkeit des Kunden nicht dasselbe Fingerspitzengefühl wie in der Zweite Sparkasse angewendet werden kann, führt dies eventuell zu vorbelasteten Kundenbeziehungen. In solchen Fällen hat der entsprechende Mitarbeiter ein Vetorecht und kann die Führung des Kontoeröffnungsgespräches ablehnen.

Der Beweggrund, warum Menschen aus altruistischen Motiven ehrenamtlich tätig sind, ist letztlich eine philosophische Frage. In der sozialen

304 Vgl. Sparkassenverband [Sparkassenhandbuch 2013], o. S. 305 Vgl. Hayden [Die Zweite Sparkasse 2008], S. 82.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 89 Grundausstattung eines Menschen ist die Verfolgung egoistischer Interessen stark verankert. Auch hinter Altruismus könne sich ein subtiles egoistisches Motiv verbergen, um persönliche Befriedigung zu erlangen oder das Ansehen in der Gesellschaft zu heben.306 Bestimmte Menschentypen jedoch empfinden ehrenamtliches Engagement als Verpflichtung aus einem inneren Pflichtbewusstsein. Die Arbeit in NPOs spricht auch ein tief verwurzeltes Bedürfnis an, ein Teil von etwas Großem zu sein.307 Ökonomisch gesehen geht es darum, den Nutzen einer anderen Person zu erhöhen. Es kann in verschiedener Weise auch Nutzen für den Ehrenamtlichen entstehen, dazu zählen soziale Integration, Erwerb von sozialem Status bis hin zur sinnvollen Freizeitgestaltung. Gerade in Lebensphasen der Unsicherheit und Umstrukturierung können Helfer oftmals positive Auswirkungen der ehrenamtlichen Tätigkeit auf die eigene Zufriedenheit und Kompetenzerweiterung gewinnen.308 Die Fähigkeit um Hilfe zu bitten oder anderen Hilfe anzubieten, Konflikte zu lösen, Vertrauen aufzubauen und solidarisches Verhalten sind Ausdruck von sozialem Kapital.309 Bei Bevölkerungsgruppen mit höherem Bildungsniveau steigt der Beteiligungsgrad.310

3.4 Die Rechenschaft einer eigenständigen Bank

Kontinuierlich seit der Gründung ist die Zweite Sparkasse mit der Frage konfrontiert, warum es überhaupt notwendig sei, eine eigenständige Bank zu führen, wenn es ebenso gut im normalen Bankgeschäft möglich wäre, Girokonten für Bedürftige anzubieten.

Die Zweite Sparkasse versteht sich als eine sinnvolle Ergänzung zur Erste Bank Österreich und den Sparkassen, welche den Gründungsgedanken zwar im Auge behalten, jedoch durch die wirtschaftlich notwendige Ertragsorientierung in dieser Frage nicht im selben Ausmaß

306 Vgl. Rifkin [Die empathische Zivilisation 2010], S. 101. 307 Vgl. Frumkin [On being nonprofit 2002], S. 29. 308 Vgl. ebenda, S. 58f. 309 Vgl. More-Hollerweger [Armutsbekämpfung und Ehrenamt 2009], S. 403. 310 Vgl. ebenda, S. 407.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 90 gemeinwohlorientiert handeln können, wie es der Zweite Sparkasse möglich ist. Einem Unternehmen ist kaum zuzumuten alle Anforderungen der Corporate Social Responsibility mit uneingeschränkter Konsequenz zu erfüllen, wenn unter regulären Wettbewerbsbedingungen grundsätzlich erforderlich ist, Arbeitsplätze zu sichern, hohe Löhne zu zahlen, ökologisch nachhaltig zu produzieren, gesellschaftliches Engagement zu beweisen, Aktionäre zufrieden zu stellen und in Forschung und Entwicklung zu investieren.311 Das Konstrukt, das hinter der Finanzierung, der Gründung und des Fortbestandes der Zweite Sparkasse steht, garantiert eine bilanzielle Trennung.

Als vollwertiges Unternehmen liegt der Vorteil gegenüber gemeinnützigen Vereinen oder wohltätigen Projekten auch darin, dass Unternehmen es gewohnt sind, zielbewusst und mit effizientem Mitteleinsatz zu arbeiten.312 Bereits in der Gründungsphase ist die Möglichkeit zu schaffen, das Sozialunternehmen autark am Markt überlebensfähig zu machen. Gewinne sollen bestenfalls in einer Höhe erzielt werden, dass die Kosten gedeckt werden, kein zusätzliches laufendes Kapital eingebracht werden muss und ein kleiner Teil in zukünftige Entwicklung investiert werden kann. Dazu gehören klar vorgegebene Unternehmensziele und Strategien, die durch eine eigenständige Führungsstruktur gewährleistet und umgesetzt werden. Die Zweite Sparkasse soll zwar kostenbewusst agieren, ist aber nicht an die Prinzipien der Gewinnmaximierung gebunden, dadurch entschärft sich ein wesentlicher Zielkonflikt des Managements.

Die Überlegungen eine eigenständige Bank zu führen, beruhen nicht ausschließlich auf wirtschaftlichen Aspekten, sondern spiegeln interne und externe Erfordernisse wider. Der Beratungsbedarf für Kunden der Zweite Sparkasse unterscheidet sich von dem des täglichen Bankgeschäftes. Vor allem das Fachwissen über die rechtlichen Konsequenzen nach der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens müsste bei einer weit breiteren Masse an Mitarbeitern geschult werden und würde einen erheblichen Kostenaufwand erzeugen. So ist vor allem für die unmittelbare Zeit nach Eröffnung des Verfahrens ein gerichtlicher Freigabebeschluss notwendig, um betroffenen

311 Vgl. Suchanek/Lin-Hi [Verantwortung von Unternehmen 2008], S. 73. 312 Vgl. Spudich [Reich und gut 2010], S. 110.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 91 Kunden Zugang zu bestimmten Kontoeingängen (Gehalt, Arbeitslosenbezug, Pension usw.) bis zur Entscheidung des Verfahrens zu ermöglichen. Nicht im Freigabebeschluss angeführte Eingänge müssen wieder an den Auftraggeber rückgebucht werden. Ein Verwaltungsaufwand dieser Größenordnung würde den normalen Geschäftsalltag erschweren und birgt das Risiko für die Bank, nicht rechtskonform gehandelt zu haben. Auch verschiedenste gesetzliche Regelungen, besonders im Zahlungsdienstegesetz, sehen Vorgehensweisen von Banken vor, die der Strategie und der Vereinbarung der Zweite Sparkasse gegenläufig sind. So ist die Ablehnung der Ausführung eines Zahlungsauftrages, in welcher Form dieser auch immer erteilt wird, mangels Kontodeckung nur zulässig, wenn eine Kontodeckung nicht in absehbarer Zeit erfolgt. Überschneiden sich Zahlungsaufträge und Kontoeingänge, mit denen üblicherweise zu rechnen ist, ist eine Ablehnung gemäß § 39 Abs 2 ZaDiG unzulässig.313 Der Zahlungsdienstnutzer ist über Gründe und Möglichkeiten der Verbesserung einer Ablehnung eines Zahlungsauftrages umgehend in Kenntnis zu setzen.314 Zu den weiteren internen Überlegungen zählen auch aufsichtsrelevante Anforderungen, die es grundsätzlich vorsehen, ausfallsgefährdete Kunden in dementsprechenden Risikoklassen zu führen und im Falle von ausstehenden Forderungen auch adäquate Risikovorsorgen zu bilden, die sich negativ auf die Eigenkapitalquote auswirken. Auch wenn für diese spezielle Kundengruppe weder Kontoüberziehungen noch Kreditvergaben vorgesehen sind, so bedeutet deren Betreuung innerhalb der alltäglichen Geschäftsstrategie eine zusätzliche Belastung für die Mitarbeiter und das System. Es müsste ein Parallelsystem für automatisierte Vorgänge, wie Mahnwesen, Überziehungssystematik oder Überwachungslogik gefunden werden, andernfalls entschwinden diese Kunden in einer größeren Kundenmasse, in der nicht auf deren spezielle Bedürfnisse eingegangen werden kann. Vor allem, da für Kunden der Zweite Sparkasse nur ein reduziertes Leistungsspektrum angeboten wird. Aus organisatorischen Gesichtspunkten scheint die de facto Auslagerung durchaus sinnvoll, da das Konzept der Zweite Sparkasse konzentrierter und mit einem höheren Maß an Verständnis umgesetzt werden kann, womit gewährleistet ist, dass die organisatorische und personelle Ressourcenbindung kalkulierbar bleibt.

313 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 102. 314 ZaDiG BGBl I 2009/66.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 92 Für die Außenwirkung kommt den Reaktionen bestehender Kunden der Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe die größte Bedeutung zu. In jeder unternehmensinternen Kostenrechnung gleichen ordnungsgemäß zahlende Kunden, Verluste von uneinbringlichen Forderungen anderer Kunden, durch einen kalkulatorischen Ausgleich aus. Durch diese Kalkulation ergeben sich Preise und Gebühren, die nach außen gewiss nicht die Transparenz aufweisen, um festzustellen, welcher tatsächliche Anteil am Gesamtpreis auf den Risikokostenausgleich entfällt. Das Gerechtigkeitsgefühl wäre aber dann besonders strapaziert und die Akzeptanz nur gering, wenn langjährigen, redlichen Kunden offenbar wird, dass der Überschuldete noch mit einem kostenlosen Girokonto belohnt wird, während sie selbst für alle Bankdienstleistungen zahlen müssen. Verstärkt wird diese Befürchtung von einem latenten allgemeinen Verbraucherwunsch nach einem generellen kostenlosen Girokonto, der auch spürbar von Verbraucherorganisationen unterstützt wird.315 Eine Bank ist, wie jedes andere Dienstleistungsunternehmen, auf Dienstleistungserträge angewiesen, und müsste folgerichtig entgangene Kontoführungsgebühren durch andere Preiserhöhungsmaßnahmen ersetzen. Eine grundsätzliche Trennung von der alltäglichen Bankgeschäftswelt scheint nicht nur für die Betreuung bestehender Kunden leichter verträglich zu sein, sondern vor allem auch für die Kunden der Zweite Sparkasse, da sehr viel Wert darauf gelegt wird, dass überschuldete oder in Not geratene Konsumenten nicht Bittsteller, sondern vollwertige Kunden einer regulären Geschäftsbank sind. In der Notwendigkeit, ein Girokonto bei der Zweite Sparkasse zu führen, soll nichts Ehrenrühriges liegen. Das gesamte Serviceleistungsangebot ist speziell auf diese Kundengruppe ausgerichtet und soll nicht zur Dauerlösung werden, sondern eine Überbrückungsfunktion erfüllen.

Aus rein praktikablen Gründen finden sich eine Reihe von Argumenten, die die Existenz der Zweite Sparkasse nachvollziehbar rechtfertigen, auch wenn manche passende Gegenargumente zulässig bleiben. Nicht nur, dass ein separates Kundenerlebnis erzeugt werden kann, auch auf der Organisationsebene scheinen die Vorteile zu überwiegen. In der Gesamtbetrachtung bleibt noch nachstehend die Frage zu klären, in welchem

315 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 4.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 93 Ausmaß sich dieses soziale Projekt auf die Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe nachhaltig auszuwirken vermag und welche strategischen Zusatzerfolge dadurch entstehen können.

3.4.1 Der ökonomische Nutzen für die Erste Bank und Sparkassen

Aufgrund des hohen Einsatzes von finanziellen Mitteln und Ressourcen für die Gründung der Zweite Sparkasse erschließt sich, unter strenger Beachtung des ökonomischen Prinzips, der direkte wirtschaftliche Nutzen für die Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe nicht auf den ersten Blick. Anderen, in Form von Aktiengesellschaften strukturierten Banken, dürfte die Umsetzung eines solchen Projektes schwerer fallen, als der Erste Bank Österreich, die sich aufgrund ihrer eigenen Historie nach wie vor dem Gemeinwohlgedanken verpflichtet sieht und deren Haupteigentümer eine Stiftung ist. Aber nur durch das Finden von Lösungen, die sich dauerhaft selbst erhalten, kann das Vermögen der Stiftungen sinnvoll und mit adäquater Hebelwirkung ausgegeben werden.316 Zusehends geraten Profit Unternehmen, durch die Auswirkung ihrer Tätigkeit auf gesellschaftlich sensible Bereiche, in den Focus öffentlichen Interesses. Dabei steht dann meist die soziale Ausrichtung und Kompetenz auf dem Prüfstand.317 Mit der Auslagerung und Führung einer eigenständigen Bank, die sich überwiegend von der Verzinsung des Gründungskapitals selbst erhalten kann, ist es der Erste Bank Österreich und jeder einzelnen Sparkasse möglich, soziales Engagement zu beweisen, ohne Auswirkungen auf den wirtschaftlichen Erfolg des eigenen Unternehmens zu verspüren, welches trotz aller sozialen Verantwortung marktwirtschaftlichen Mechanismen unterworfen ist.

Dass Banken mit der Notwendigkeit, Basiskonten für jedermann zu führen, in absehbarerer Zukunft konfrontiert sein werden, beweist der Regulierungsdruck seitens der Europäischen Union. Bei Umsetzung dieses Reformbedarfs in nationales Recht kann davon ausgegangen werden, dass die Ausgangslage für die Erste Bank Österreich im Vergleich zu anderen Banken wesentlich

316 Vgl. Spudich [Reich und Gut 2010], S. 11. 317 Vgl. Pankau [Sozial ökonomische Allianzen 2002], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 94 komfortabler ist. Der Sparkassenverband weist bereits in unterschiedlichen Stellungnahmen an die Europäische Kommission auf das Projekt hin und betont, damit die Forderungen der Kommission bereits erfüllt zu haben.318 Durch die Existenz der Zweite Sparkasse gelingt die Beweisführung von erfolgreich vergebenen Girokonten an bedürftige oder überschuldete Konsumenten. Ein Rechtszwang zum Abschluss eines Kontovertrages mit jedem Konsumenten wäre, mit dem Verweis auf die eigens dafür gegründete Bank einfach umzusetzen und würde den gesamten Sparkassensektor vor unerwarteten Kosten schützen.

Die Zweite Sparkasse wird nicht im Sinne des klassischen Marketings beworben. Öffentliche Inszenierungen erfolgen nur selten und meist im Rahmen neuer Filialeröffnungen oder im Zuge von Preisverleihungen. Selbst unter Mitarbeitern von sozialen Einrichtungen ist der Bekanntheitsgrad überschaubar.319 Es wird sogar intern davon ausgegangen, dass nicht alle Mitarbeiter der Erste Bank Österreich und Sparkassen die exakte Strategie und die Voraussetzungen ein Konto zu eröffnen ad hoc beantworten könnten. Die strikte Verwehrung eines Eigenmarketings entkräftet Vorwürfe, die Zweite Sparkasse würde nur der Imageverbesserung der Marke dienen. Da sich das Thema aber ohnehin kaum eignet, um sinnvoll beworben zu werden, würde jegliche Werbemaßnahme eher einen Schatten auf das Projekt werfen. Dennoch dient die Unterstützung von gemeinnützigen Zwecken der Etablierung und Pflege des Markenimages. Die Authentizität und die Ernsthaftigkeit des Unternehmens stellt die eigentliche Werbebotschaft dar und der Glanz des Projektes strahlt unweigerlich auf den gesamten Konzern ab.

Es drängt sich die Frage auf, ob sich sozial verantwortliches Handeln auch positiv auf die Ertragslage oder die Gewinnentwicklung des Unternehmens auswirkt. Eine Meta-Studie, die 52 Studien über drei Jahrzehnte berücksichtigt, bestätigt eine deutliche Korrelation. Zugleich wird keine Notwendigkeit gesehen, verpflichtende Rahmenbedingungen für das Management zu schaffen, um soziales Handeln zu erzwingen. Der Wirkungszusammenhang für sich allein

318 In Kapitel 4.4 und den unmittelbar darauf folgenden wird der zu erwartende rechtliche Regulierungsbedarf umfassend dargestellt.

319 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 95 reicht schon aus, um verantwortliches Handeln zu generieren.320 Diese Meta- Studie erbringt den Teilbeweis, dass soziales Engagement immer auch im Sinne einer Nutzen- und Profitmaximierung einhergehen kann, dennoch aber ein unternehmerisches Wagnis bleibt. Ob gleich eine eigenständige Bank gegründet werden musste, wird nie ganz beantwortet werden können, die Sparkassengruppe hat sich eben für diesen Weg entschieden. Die Überlegungen sind nachvollziehbar und zweckmäßig, dennoch gelingt es anderen Banken dieses Thema in ihre Alltagsgeschäfte mit speziellen Kontoprodukten zu implementieren.

Ob Kunden diesen ihnen gebotenen Mehrwert auch für eine Zeit nach der Zweite Sparkasse sehen und wie sie sich dem Konzern verbunden oder verpflichtet fühlen, soll näherungsweise mit nachstehenden Hypothese beleuchtet werden.

H12 Kunden, die nach der Zeit bei der Zweite Sparkasse ein Konto bei der Kärntner Sparkasse führen möchten, versuchen nicht ein Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen.

H13 Kunden die angaben, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse bei der Bewältigung der Schuldensituation „sehr stark“ behilflich sein konnte, sind auch eher bereit im Anschluss bei der Kärntner Sparkasse ein Girokonto zu eröffnen.

3.4.2 Vergleichsprojekte im Bankensektor

Vergleichsprojekte zu beurteilen, soll nicht Fokus dieser Arbeit sein. Aber ein Blick auf diese Projekte lohnt insofern, als dass in deren Kontext die Arbeit der Zweite Sparkasse einer weiteren Bewertung unterzogen werden kann.

Die Bank Austria bietet seit April 2011 das „Erfolgskonto Light“ mit vollem Leistungsumfang an, mit der einzigen Ausnahme, der Möglichkeit einer

320 Vgl. Orlitzky et al. [Corporate Social and Financial Performance 2003], S. 406f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 96 Überziehung.321 Die Bank Austria unterstreicht in ihrer Produktbeschreibung die Notwendigkeit eines Girokontos für den alltäglichen Gebrauch und sieht darin ihren Beitrag zur Verbesserung der „Financial Inclusion“ geleistet, da dieses Konto speziell für Menschen zur Verfügung gestellt wird, „…die in wirtschaftlichen Schwierigkeiten waren oder sind.“322 Für eine Kontoführungsgebühr von rund € 15,- im Quartal sind alle Habenbuchungen, Selbstbedienungs-Kontoauszüge, Online Banking und die Verwaltung von Daueraufträgen inkludiert. Die Kontoeröffnung und Betreuung der Kunden erfolgt über eine eigene Serviceline.323

Die BAWAG/PSK Gruppe bietet jedem Konsumenten mit dem „Neue Chance Konto“ die Führung eines Girokontos auf Habenbasis an, welches jedoch nur in Postämtern eröffnet werden kann. Ab einem bestimmten durchschnittlichen Saldo ist die Kontoführung kostenlos, darunter fallen bankübliche quartalsmäßige Gebühren an. Darüber hinaus werden manuelle Buchungen verrechnet. Eine Bankomatkarte gibt es für dieses Konto nicht. Jedem Antragsteller wird die Führung des Kontos gewährt, es sei denn, es gibt eine aufrechte Verurteilung wegen eines Betrugsdeliktes oder eine schwebende Klage betreffend einer offenen Forderung der BAWAG/PSK. Dieses Konto wird als „…Antidiskriminierungsmaßnahme und Mittel gegen soziale Ausgrenzung“ gesehen.324 Interessant ist hier, dass vor allem zwischen den beiden Bankinitiativen, BAWAG/PSK und Zweite Sparkasse ein kleiner merklicher Wettbewerb entsteht, wo es anscheinend nicht vermieden werden kann, auf die jeweilige andere Initiative mit kleinen Spitzen zu referenzieren. So ist das „Neue Chance Konto“ keine Sozialinitiative sondern ein vollwertiges Bankprodukt in allen BAWAG/PSK Filialen für einen vollwertigen Kunden, der nie „…das Gefühl haben muss, etwas geschenkt zu bekommen (…) auch so wird eine Zweiklassengesellschaft verhindert.“325 Die Zweite Sparkasse wiederum verweist in Bezug auf das Engagement der BAWAG/PSK, dass es bei der

321 Vgl. URL: http://www.bankaustria.at/ueber-uns-nachhaltigkeit-kunden-privatkunden.jsp [14.07.2013].

322 Ebenda. 323 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [asbrief 2011], S. 2. 324 Vgl. URL: https://www.bawagpsk.com/BAWAG/Ueber_uns/Presse/29656/ Das_Neue_Chance_Konto_der_BAWAG_P.S.K..html [14.10.2012].

325 Ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 97 Zweite Sparkasse eine Bankomatkarte gibt, das Angebot mehr als nur ein Konto darstellt und im Übrigen nichts kostet. Ehrenamtliche Mitarbeiter nehmen sich Zeit für einen willkommenen Kunden und das Gesamtpaket dient der optimalen Verbesserung der Lebenssituation und Absicherung möglicher weiterer Risiken.326

Die BAWAG/PSK scheint mit dem Neue Chance Konto den Beweis erbracht zu haben, dass eine Integration in den normalen Geschäftsbetrieb einer Bank möglich ist und dies auch zumindest kostendeckend erfolgen kann.327 Eine Diskriminierung sieht Valina in beiden Projekten. Die Zweite Sparkasse durch ihre eigens verwendete Namensgebung und durch die obligatorische Vorselektion durch eine soziale Partnerorganisation, und die BAWAG/PSK durch die Verweigerung einer Bankomatkarte, bei gleichzeitig hohen Kosten für Kontoführung und Bartransaktionen.328 Unter Berücksichtigung der einzelnen Eintrittsbarrieren (Vermittlung einer Partnerorganisation bei der Zweite Sparkasse, keine offenen Verbindlichkeiten bei der BAWAG/PSK) wird es nur sehr wenige Konsumenten geben, die im Umkehrschluss alle Ausschließungskriterien auf sich vereinen und deshalb bei keinem der beiden Institute ein Girokonto erhalten. Dennoch reichen die vorhandenen Angebote bei weitem nicht aus, um alle darauf angewiesenen Konsumenten auch tatsächlich mit Girokonten zu versorgen. Eine Begründung dafür liegt im Bekanntheitsgrad. Bei einer von der Schuldnerberatung unter Mitarbeitern sozialer Einrichtungen durchgeführten Online Befragung konnte festgestellt werden, dass die drei Konzepte nicht ausreichend bekannt sind. Den höchsten Bekanntheitsgrad hat das Konto der Zweite Sparkasse mit knapp 50% (von 350 Befragten) den geringsten das Bank Austria „Konto light“ mit unter 10%. Bei erwähnenswerten Einzelmeldungen wurden die unnötig hohen Einstiegshürden und ein nicht Vorhandensein der Zweite Sparkasse in allen Bundesländern kritisiert.329

326 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2010], o. S. 327 Vgl. Valina [Girokonto als Bestandteil adäquater Daseinsvorsorge], S. 45. 328 Vgl. ebenda, S. 83. 329 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 98 Offen bleibt, anhand welcher Kriterien und in welcher Form die Bank Austria oder die BAWAG/PSK die soziale Bedürftigkeit der Kunden, die für das jeweilige Konto in Frage kommen, feststellt. Aber wenn sich die Zweite Sparkasse immer wieder die Frage stellen lassen muss, warum eine eigene Bank gegründet wurde, um Konten zur Verfügung zu stellen, dann drängt sich bei dem „Neue Chance Konto“ der BAWAG/PSK und dem „Erfolgskonto Light“ der Bank Austria die ähnliche Frage nach der Notwendigkeit, dafür eigene spezielle Kontoprodukte zu kreieren, ebenso auf. Vor allem da immer wieder betont wird, dass jeder Kunde ein ganz normaler Bankkunde ist.

Die Einführung separater Kontomodelle der Bank Austria und der BAWAG/PSK für Konsumenten, die nach banküblichen Kriterien eigentlich kein Girokonto bekommen würden, mag im gesellschaftlichen Verantwortungsdruck, aufgrund des Wettbewerbes oder in der Überlegung, dem Recht auf ein Girokonto entgegen zu wirken, begründet sein. Aber an dieser Stelle sei klar festgehalten, dass jedwede Kritik an den drei Initiativen solange eigentlich unangebracht ist, wie sich andere Banken in Österreich an diesem Thema nicht beteiligen. Nur weil sich diese Banken dem Problem angenommen haben, wäre es nicht gebührlich, dass sie damit zwangsläufig die ganze Breitseite der Diskussion um Diskriminierung von Kontolosen auch zu führen hätten. Jedenfalls ist zu vermeiden, dass Finanzinstituten, die ein höheres Maß an sozialer Verantwortung übernehmen, daraus sogar Nachteile erwachsen.330 Alle anderen über 30 am österreichischen Markt tätigen Banken entziehen sich der Verantwortung und damit auch gleichzeitig der Kritik.

3.4.3 Social Banking

Unter diesem Oberbegriff subsumieren sich alle Aktivitäten über das klassische Bankgeschäft hinaus, die durch eine ökologische oder soziale Ausrichtung versuchen, benachteiligte Gruppen, Gebiete oder Wirtschaftsbereiche wirtschaftlich nachhaltig zu fördern, ohne die betriebswirtschaftlichen Grundlagen des Bankgeschäftes in Frage zu stellen.331 Dass die Idee zurück

330 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 14. 331 Vgl. Reifner [Social Banking 1997], S. 207.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 99 reicht bis ins 19. Jahrhundert beweisen die Sparkassen selbst, die zur Unterstützung von finanziell Benachteiligten und kreditunwürdigen Bürgern nach dieser Definition als Social Banks gegründet wurden. Für Social Banking gibt es keine vorgefertigten Konzepte oder Verhaltenskodizes, vielmehr wird dem Thema durch Ideenreichtum und Engagement einzelner Banken Leben eingehaucht. Mögliche Bereiche, die sich für Social Banking Projekte eignen, sind die Bekämpfung von Armut, Förderungsprojekte für Unternehmensgründer, die Erhöhung des Finanzwissens, die Erleichterung des Zugangs zum Kreditmarkt oder die Prävention von Überschuldung. Alle denkbaren Themen sind begleitet von einem hohen volkswirtschaftlichen Nutzen. Die Notwendigkeit der Integration sozialer Aufgaben in die private Wirtschaft richtet sich speziell an Banken, da sie es sind, die gesellschaftlichen Reichtum verwalten und organisieren und mit dem Mittel der Kreditvergabe das selbstständige wirtschaftliche Handeln bestimmen. Vor allem die Entscheidung, wer diese Chancen bekommt und wer davon ausgeschlossen wird, ist ein wesentlicher Faktor für die privatwirtschaftliche Entwicklung einer Gesellschaft.332

Vorwiegend in Regionen und Gebieten, wo das Anbieten von marktüblichen Bankdienstleistungen keine gewünschten wirtschaftlichen Erträge erwarten lässt und ein Erschließen dieser Martkpotenziale nur mit zielgerichteten, innovativen Konzepten möglich ist, kann Social Banking den Kontakt zwischen Bank und Kundengruppe herstellen oder aufrecht erhalten. Dieser Vorteil entsteht auch dann, wenn in bestimmten Fällen die Begrifflichkeit des „social“ zwar sozial motiviertes Handeln suggeriert, aber in der traditionellen Definition nur ein Vehikel zur Marktvergrößerung ist, in dem sich Geschäftsbanken in einem weiteren Nischensegment steigende Erträge oder Markterschließung auf unkonventionellem Wege durch Konzentration auf benachteiligte Gebiete oder Problemgruppen erhoffen.333

Der moderne Kunde denkt darüber nach, welchem Bestimmungszweck seine Einlagen zugeführt werden und fühlt sich dann am wohlsten, wenn sein Investment zusätzlich zu einer Rendite auch einen sozialen Mehrwert bewirkt, und nicht spekulativen Zwecken an Finanzmärkten dient. Besonders im Lichte

332 Vgl. Reifner [Social Banking 1997], S. 206. 333 Vgl. Bendig et al. [Der neue Kosmos 2010], o. S.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 100 der Finanzkrise erleben alternative Bankenmodelle einen Kundenzuwachs der mit bekannten Geschäftsmodellen in einem gesättigten Bankenmarkt nicht zu erreichen wäre. Vier Schlüsselbanken im abgegrenzten Social Banking Markt334 in Deutschland wird in den Jahren 2009 und 2010 ein Gesamtzuwachs von 139.000 Kunden zugeschrieben. Die aggregierte Bilanzsumme der Institute stieg jährlich um durchschnittlich 31% und überschritt die vier Milliarden Euro Marke.335 Das Betätigungsfeld ist breit gefächert, da einige Banken sich vorrangig mit umweltbezogenen Themen beschäftigen, Wert auf Investitionen von alternativen Energieformen legen und ihre Nachhaltigkeit in diesem Spielfeld suchen. Andere haben wiederum Kunden im Fokus, die erschwerten Zugang zu Krediten und Finanzdienstleistungen haben.

Das weitreichende und derzeit nach wie vor in diesem Bereich als Überprojekt des Social Banking zu verstehende Konzept der Mikrokredite der Grameen Bank soll in diesem Kontext nicht unerwähnt bleiben. Mit der Kreditvergabe an die ärmsten der Bevölkerung der umliegenden Dörfer um Bangladesch konnten nicht nur Menschen aus der Armut befreit werden, sondern es wurde dadurch auch ganzen Generationen der Weg zur Selbstbestimmtheit, zu mehr Bildung und zu einem wirtschaftlich unabhängigen Leben ermöglicht. Begonnen hat die Mikrokreditvergabe an 42 Personen in einem Dorf, deren Gesamtschulden sich auf 27 Dollar, die sie örtlichen Kredithaien schuldeten, summierten. Durch die Kreditübernahme mit geringer Verzinsung konnten sich die Menschen freikaufen und den Teufelskreislauf von Abhängigkeiten durchbrechen. Vielen Menschen, vorwiegend Frauen, wurde die Möglichkeit geboten, mit dem geborgten Kapital Rohstoffe oder Nutztiere für einen weiteren Produktionsprozess anzuschaffen.336 Gegenwärtig betreuen 12.500 Mitarbeiter 8 Millionen Kreditnehmer aus über 80.000 Dörfern. Die Rückzahlungsquote beträgt 98% und die Bank wird als Genossenschaft geführt deren Eigentümer zu 95% die Kreditnehmer selbst sind. Durch Anbieten vieler anderer günstiger und nachhaltig erzeugter Produkte und Dienstleistungen hat sich die Bank zu einem Sozialunternehmen entwickelt mit dem eisernen Grundsatz keine

334 Hierzu werden gezählt die EthikBank, die GLS Bank, die Triodos Bank und die UmweltBank. 335 Vgl. o. V. [Nachhaltigkeit und Transparenz bei Banken gefragt 2011], o. S. 336 Vgl. Spudich [Reich und gut 2010], S. 90f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 101 Dividende auszuzahlen.337 Demnach kann mit verantwortungsvoller Kreditvergabe und der Möglichkeit Geld anzusparen, einem Teil der Bevölkerung die Partizipation an einem gewissen Wohlstand ermöglicht werden.

Das Konzept der Grameen Bank ähnelt dem Gründungsgedanken der Sparkassen, die auch gegründet wurden, um Menschen ein Konto oder ein Sparbuch zur Verfügung zu stellen, die aufgrund ihres Standes oder Berufes zur damaligen Zeit keines bekommen haben. Mit den seinerzeitigen Sparkassen wurde die Möglichkeit geschaffen, Zinsen für erspartes Geld zu erhalten und Kredite nicht zu Wucherzinsen bei sonstigen Kreditgebern aufnehmen zu müssen. Der Gründungsgedanke hat nach 200 Jahren bei genauer Betrachtung nichts an Brisanz verloren, berücksichtigt man die Überlegungen, die der Grameen Bank, aber auch der Zweite Sparkasse zugrunde liegen. In Europa hat sich zu Gründungszeiten der Sparkassen ein Wandel von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft vollzogen, der heute auch im Wirkungsbereich von Mikrofinanzierungen mancher Länder erkennbar ist.338 Der Unterschied, der unserer moderneren und wirtschaftlich etablierten Gesellschaft zuzuschreiben ist, ist die Tatsache, dass Kunden der Zweite Sparkasse nicht vordergründig aus der Armut, sondern vor der Armut gerettet werden müssen.

3.5 Die Relevanz von Nonprofit Organisationen

NPOs gelten als nicht mehr wegzudenkender Wirtschaftsfaktor. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil im kulturellen und sozialen Leben einer entwickelten Gesellschaft und nehmen auch in Form von Interessensvertretungen eine politische Rolle ein.339 Da eine konkrete Vorstellung über den neudeutschen Begriff „Nonprofit Organisation“ fehlt, werden Unternehmungen, die weder dem staatlichen noch dem marktwirtschaftlichen Sektor angehören, auch als „Dritter Sektor“ bezeichnet. Da sich die Entwicklung der NPOs teilweise auch

337 Vgl. Spudich [Reich und gut 2010], S. 94f. 338 Vgl. ebenda, S. 128. 339 Vgl. Badelt [Handbuch der Nonprofit Organisation 2002], S. 5.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 102 unbemerkt von öffentlichem Interesse abspielt, wird gelegentlich auch vom vergessenen Sektor gesprochen.340 Privat organisierte Gesellschaften übernehmen zusehends soziale Verantwortung und bilden neben einem ökonomischen Wert eine Ergänzung zu staatlicher Verantwortung. In ihrem abgegrenzten Betätigungsfeld erzeugen sie durch unmittelbare Nähe und der Arbeit mit Betroffenen und benachteiligten Personengruppen eine Form von Interessensvertretung. Diese können teils offen, in Form von Gewerkschaften oder Interessensverbänden, an politischen Entscheidungsprozessen mitwirken und nehmen dadurch einen gewichtigen Platz in einer demokratischen Gesellschaft ein. In anderen Bereichen stellen NPOs die Versorgung von Randgruppen mit sozialen Dienstleistungen sicher.341 NPOs erwachsen auch aus einem vorhandenen Mangel, der insbesondere aus Staatsversagen oder Marktversagen entsteht. Damit agieren sie in Bereichen, wo andere Institutionen Leistungen nicht, oder nicht in vollem Umfang, zur gänzlichen Befriedigung von Konsumentenbedürfnissen erbringen können.342 Vor allem, wenn die öffentliche Hand nicht in der Lage ist, öffentliche Güter für alle Klientengruppen zur Verfügung zu stellen, entsteht daraus eine quantitative Unterversorgung. Des Weiteren ist aber auch der demographischen Veränderung und der Marktentwicklung ein Großteil des beachtlichen Wachstums des Dritten Sektors beizumessen. Das traditionelle Familienkonstrukt an dem Sozialsysteme ausgerichtet sind existiert kaum mehr, so ergeben sich unterschiedliche Bedürfnisse von der Kindergartenbetreuung bis zur Altenpflege. Die rasante technische Entwicklung im Kommunikationswesen, im Gesundheits- und Sozialbereich sowie auch auf den Finanzmärkten, mit der auch die Entwicklung rechtlicher Rahmenbedingungen nicht Schritt halten kann, geben der Ökonomisierung des Dritten Sektor zusätzlich Auftrieb.343

NPOs mildern oder verhindern mit ihren Aktivitäten Risiken, die aus der gegenwärtigen Gesellschaft entstehen und können als gesellschaftliche Antwort auf diese Risikoproduktion interpretiert werden. Als Nebenfolge ihrer

340 Vgl. Salcher [Non-Profit-Organisationen in Österreich 2008], S. 9. 341 Vgl. Badelt [Marktversagen und Staatsversagen 2002], S. 109f. 342 Vgl. ebenda, S. 114. 343 Vgl. Anheier [Wandlungsprozesse im Dritten Sektor 2000], S. 18f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 103 Produktivität setzen Industrie, Wissenschaft und Technik unterschiedliche Risiken frei, die die Gesellschaft mit Folgeproblemen konfrontiert. Durch diese Rückwirkung entstehen die Aufgaben für NPOs in Bereichen wie Umweltschutz, Arbeitnehmerschutz, Menschenrechte, Katastrophenhilfe, Sozialhilfe, Altenpflege und Tierschutz, um einige zu nennen. Im Bereich der sozialen Arbeit stellen sich diese Risiken als existenzielle oder finanzielle Notlage dar.344 Die geschichtliche Entwicklung zeigt, dass soziale Bewegungen im hohen Maße Einfluss auf die Entstehung von NPOs haben. Der Organisations- und Aktionsradius war meist unscharf, jedoch immer Ausdruck eines Protestes gegen eine bestimmte Problemlage. Stetig aber doch, konnte im Laufe der Jahrzehnte sozialer Wandel herbeigeführt und günstig beeinflusst werden, vor allem Frauen-, Ökologie-, Friedens- und Arbeiterbewegungen seien hier erwähnt.345 So waren es nicht staatliche Institutionen die Greenpeace oder die SOS Kinderdörfer erfunden haben, sondern Unternehmer, die soziale Produkte am Markt einführen konnten und zur rechten Zeit Bedürfnisse erkannt haben.346 Durch spezialisierte Organisationen kann Hilfe institutionalisiert und zur professionellen Unterstützung werden, auf die der Hilfesuchende, in Erwartung der Lösung seiner Probleme, zurückgreifen kann.347 Das Anbieten einer Problemlösung ist gleichzeitig das Produkt, das am Markt platziert werden muss, um als gesamte Organisation entweder einen möglichst großen Teil des gesamten Spendenaufkommens zu erhalten, um subventioniert zu werden, oder um den Bedarf an finanziellen Mitteln gegenüber Stiftungen und Wohltätern zu rechtfertigen. NPOs stehen demnach nicht nur im Leistungswettbewerb zueinander, sondern teilweise auch zu staatlichen und privaten Betrieben.348

Die Existenz und die Anzahl von Nonprofit Organisationen in einem Staat werden als Höhe des Demokratiegrades interpretiert. Durch nicht staatliche Organisationen ist es möglich, politische Landschaften aufgrund von Lobbyismus und Überzeugung zu verändern und Bürgern durch die

344 Vgl. Simsa [NPOs und die Gesellschaft 2002], S. 131. 345 Vgl. ebenda, S. 134. 346 Vgl. Spudich [Reich und Gut 2010], S. 10. 347 Vgl. Wagner [Inklusion/Exklusion 2006], S. 146. 348 Vgl. Salcher [Non-Profit-Organisationen in Österreich 2008], S. 10.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 104 Übertragung von mehr Eigenverantwortung die Möglichkeit zu bieten, den Markt dort zu regulieren, wo sich Angebot und Nachfrage nicht treffen oder eine Ungerechtigkeit erkennbar wird.349 Greenpeace kann heute beispielsweise enormen Druck auf Unternehmen ausüben und deren Geschäfte massiv stören, sei es durch Aufrufe zum Boykott oder Erzeugung bleibender Imageschäden. Kein Unternehmen kann in seiner öffentlichen Wirkung dauerhaft ein Feindbild von Greenpeace sein.

Grundsätzlich verfügen NPOs über formalrechtliche Organisationsformen und sind auf Dauer angelegt. Sie verwalten sich selbst und haben eine eigene unabhängige Führungsstruktur.350 Aufgrund der Vielzahl der im Nonprofit Sektor operierenden Organisationen scheint die Unterscheidung von Salcher auf Basis von vier Wirkungsbereichen als sinnvoll:

 Wirtschaftliche NPOs, Ziel ist die Förderung wirtschaftlicher Interessen (Arbeitnehmerverbände, Genossenschaften)  Soziokulturelle NPOs, bewegen sich im Umfeld kultureller und gesellschaftlicher Aktivitäten (Sportvereine, sonstige Gruppierungen)  Karitative NPOs, Ziel ist die Gemeinnützigkeit und das Anbieten von Hilfe für ein sozialschwaches Klientel (Entwicklungsvereine, Selbsthilfegruppen)  Politische NPOs, Ziele sind politisch motiviert.351

Die NPOs organisieren sich zumeist als Vereine, wie dies formalrechtlich auch bei der Zweite Sparkasse der Fall war. Die Wurzel der Gründung von NPOs wird im vielzitierten fortschreitenden Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung gesehen. Aus diesem Umstand entsteht dennoch die Frage, wie viel soziale Verantwortung ein Staat überhaupt hat und ob ein Staat für jedweden erdenklichen fremd- oder selbstverschuldeten Lebensumstand die passende Lösung anbieten muss. Der Staat musste sich im Zuge der Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von privaten und

349 Vgl. Frumkin [On being nonprofit 2002], S. 31. 350 Vgl. Salcher [Non-Profit-Organisationen in Österreich 2008], S. 13. 351 Vgl. ebenda, S. 12.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 105 öffentlichen Unternehmen, aber auch um Budgetdefizite zu reduzieren, sukzessive von ehemaligen Aufgaben trennen.352

3.5.1 NPOs als gesellschaftliche Hoffnungsträger

NPOs wachsen in deren Anzahl sowie auch in deren wirtschaftlicher Potenz und werden zunehmend zu Hoffnungsträgern für Chancen der Demokratisierung, der Veränderung und der Integration.353 Sie sind eine mögliche Antwort auf Folgeprobleme, verursacht von Funktionssystemen, d.h. moderne Institutionen setzen aufgrund ihrer Produktivität Nebenfolgen und Selbstbedrohungspotentiale frei. Simsa bezeichnet es als „…System kritischer Öffentlichkeit…“ und meint damit ein Parallelsystem zu vorhandenen Funktionssystemen, in dem die Gesellschaft auf Folgeprobleme reagiert, die kein bestehendes Funktionssystem abdeckt.354 In den letzten Jahrzehnten hat sich auch der gesellschaftliche Kontext geändert indem sich NPOs bewegen, so treten in der postmaterialistischen Ära Themen wie Umweltschutz, Bildung und nicht näher definierte aber geforderte Lebensqualität zumindest bei einem kritischeren und informierten Teil der Gesellschaft in den Vordergrund. Infolge des Strebens nach verstärkter Partizipation formieren sich soziale Bewegungen, Protestgruppen und alternative gesellschaftliche Interessensgruppen, die Unternehmen in ihren Handlungsspielräumen wesentlich beeinträchtigen können.355 Konfrontiert mit medialer und direkter Auseinandersetzung müssen Profit Unternehmen erkennen, dass sie in vielen Fällen nicht unabhängig von NPOs agieren können, da sie nicht selten füreinander gegenseitig Umwelt darstellen.356

Wie NPOs gesellschaftlich Einfluss nehmen können, lässt sich in vier Strategien systematisieren. Eine Einteilung mithilfe dieses Rasters kann das Fundament für taktische Entscheidungen und Identitätsentwicklung in NPOs sein.

352 Vgl. Salcher [Non-Profit-Organisationen in Österreich 2008], S. 11. 353 Vgl. Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 191. 354 Vgl. ebenda, S. 195ff. 355 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 98f. 356 Vgl. ebenda, S. 28.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 106 Zusätzlich wird das Ausmaß der Kopplung der Aktivitäten an dem Verursacher als extensiv oder intensiv unterschieden.357 Viele Unternehmen gehen bewusst Kollaborationen mit NPOs ein, um damit beispielsweise der Öffentlichkeit ein besonderes Interesse an Umweltschutz zu demonstrieren, um an dem Wissen einer NPO zu partizipieren oder zukünftigen Antagonisten im Vorfeld bereits Wind aus den Segeln zu nehmen.

hoch

Schadensbegrenzung Konfrontation Divergenz von Logiken und Interpre-

tations-

tendenzen Leistungserbringung - konkurrierend Kooperation

- ergänzend

gering

extensiv Ausmaß der Kopplung intensiv

Abbildung 11: Einflußstrategie von NPOs358

In welcher Ausbreitung eine konfrontative Strategie Veränderungen herbeiführen kann, hängt grundsätzlich von dem gemeinsamen Betätigungsfeld der Adressaten und der NPO ab.359 Wo sich gemeinsame Nenner schwer finden lassen, wird ein Mindestmaß an Konfrontation erst den Anstoß für mögliche Veränderungen geben. Eine kooperative Strategie kann bei kompatiblen Zwecken von Kooperationspartnern, mit dem gemeinsamen Ziel Ergebnisse zu optimieren, verfolgt werden. Die Entscheidung zur Kooperation setzt zweckrationale Systeme voraus, die ein bestimmtes Verständnis über den Einfluss und die Gestaltbarkeit ihres Umfeldes teilen. Durch Kooperationen können den teilhabenden Systemen gehobene strategische Einflüsse zufallen und im Zusammenwirken ihrer Kräfte kann oftmals mehr erreicht werden, als

357 Vgl. Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 200. 358 Quelle: Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 200 359 Vgl. Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 201.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 107 durch die Summe ihrer Einzelhandlungen.360 Jedoch trägt eine Kooperation auch die latente Gefahr des Scheiterns in sich, und stellt demnach eben nur eine mögliche Strategie zum Erfolg von NPOs dar. Die Einhaltung einer notwendigen Distanz der NPO zum Kooperationspartner allerdings ist insofern von Bedeutung, da sie andernfalls Gefahr laufen könnte, vereinnahmt und identitätslos zu werden. Eine schadensbegrenzende Strategie verfolgen NPOs, wenn sie ihren Aktionsradius auf die Milderung negativer Effekte eines Funktionssystems legen. Der Organisationszweck ist es, negative Folgewirkungen auf konkrete Lebensbedingungen annehmbarer und erträglicher zu machen.361 Da ursächliche Probleme zu Beginn oftmals mit schadensbegrenzender Strategie in Angriff genommen werden, sich aber zu Kooperationen entwickeln können, finden NPOs ihre Wirkungsweise im Laufe der Zeit in unterschiedlichen Typologien und sind demnach nicht immer eindeutig zuordenbar.362

Auch die Zweite Sparkasse wirkt nach diesem Raster in verschiedenen Strategien. Das Anbieten von Girokonten für Kunden, die bei keiner anderen Bank mehr ein Konto bekommen, kann auf dieser Ebene als Strategie der Schadensbegrenzung klassifiziert werden. Die Leistungserbringung am Markt erfolgt ergänzend und nicht konkurrierend. Die Kooperationsstrategie wird nur mit anderen NPOs erfüllt, eine Zusammenarbeit oder Konfrontation mit dem Verursacher der Kontolosigkeit, den ursprünglichen Gläubigern, erfolgt nicht.

360 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 134f. 361 Vgl. Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 203. 362 Vgl. ebenda, S. 205.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 108 3.5.2 Strukturelle Kriterien und Innovationsmerkmale von NPOs

In ihrer originären Aufgabenorientierung unterscheiden sich Nonprofit Organisationen nahezu in allen Strukturmerkmalen von Profit Organisationen.

Strukturmerkmal Profit Organisation Nonprofit Organisation

Spezifische Hauptziel Gewinn und Rentabilität Leistungserbringung Fremdbedarf von Kunden Nachfrager auf Märkten Nachfragern jenseits von Märkten Marktsteuerung Orientierung am Markt, Steuerung der sekundär, Kunden- und Organisationsentscheidungen mitgliedergerechte Konkurrenzverhalten Entscheidung Marktfähige Produzierte Güter Kollektivgüter Individualgüter Kapitaleinlagen und Mitgliederbeiträge, Finanzmittel Gewinnrücklagen Spenden Hauptsächlich Hauptamtliche Faktor Arbeit ehrenamtliche Arbeitnehmer Mitarbeiter Kein Indikator für Gewinnorientierte Gesamteffizienz, Erfolgskontrolle Kennzahlen ROI, schwierige Gewinn Nutzenmessung

Tabelle 2: Strukturmerkmale363

Während gewinnorientierte Unternehmen Güter herstellen oder Dienstleistungen anbieten müssen, die marktfähig sind, erschaffen NPOs Kollektivgüter für einen eingeschränkten Kreis von Nachfragern. Soweit überhaupt ein Preis für diese Güter oder Dienstleistungen verlangt wird oder gezahlt werden kann, so entspricht er meist nicht dem Wert der notwendig

363 Quelle: Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 17

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 109 wäre, um Gewinne zu erwirtschaften oder Rentabilität herzustellen. Wäre dies der Fall, würde sich ohnehin ein Anbieter am Markt finden und das Einschreiten einer NPO wäre nicht erforderlich. Durch die mangelnde Rentabilität befinden sich Nonprofit Organisationen in einer Dauerabhängigkeit von Spenden, staatlichen Subventionen oder sonstigem Mäzenatentum. In der Rechtfertigung dieser Abhängigkeit und um finanzielle Kürzungen zu vermeiden, spielt die Erfolgskontrolle eine entscheidende Rolle. Da klassische Unternehmenskennzahlen nicht ausreichend Aussagekraft entfalten können, müssen andere Indikatoren zur Messung der Effizienz herangezogen werden. Die Existenzberechtigung wird über den Hilfszweck, die Anzahl der erreichten Hilfesuchenden, das Argument mangelnder Alternativen, die strategisch oder politisch erreichten Ziele, den Zweck zur Erhaltung kultureller Güter, die Notwendigkeit einer medizinische Grundversorgung oder ähnlichem definiert. Die Feststellung dieser Gründe ist entweder offensichtlich und allgemein bekannt, oder ist durch Studien und Statistiken überprüfbar. Die Zweite Sparkasse wird als eigenständige konzessionierte Bank geführt und ist allein schon aus diesem Aspekt gemäß § 43 Abs 1 BWG364 verpflichtet einen Jahresabschluss, unter Berücksichtigung der nach § 51 Abs 1 bis 14 BWG365 erschöpfend aufgezählten Vorschriften zu einzelnen Bilanzposten, zu erstellen. Der tatsächliche Erfolg des Unternehmens wird aber dennoch in Kundenanzahl, Verweildauer der Kunden und wieder erfolgreich beendeten Kundenbeziehungen gesehen.

Der größte Erfolgsfaktor ist die anfängliche Innovation. Es gibt NPOs die Neues in die Welt bringen, während andere Bestehendes bewahren. Doch erst durch Innovationen werden NPOs zu Lieferanten von Pionierleistungen für die Gesellschaft. Das Leitbild solcher Unternehmungen spiegelt meist den Gründungsgedanken und den gesellschaftlichen Nutzen wider, besonders durch innovative Ideen ist es möglich auf einzelne Problemlagen effizienter als gewinnorientierte Unternehmen oder öffentliche Institutionen zu reagieren.366 Generell bietet der Nonprofit Sektor einen guten Nährboden für neue innovative Projekte. Zum einen sind die handelnden Personen hochgradig motiviert und

364 BWG BGBl I 2014/59. 365 BWG BGBl I 2007/60. 366 Vgl. Schüller [Innovationsmanagement in NPOs 2002], S. 489f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 110 zum anderen sind die Eintrittsbarrieren für die Gründung einer Unternehmung geringer.367 Gerade die freiwillige Selbstbindung von Unternehmen an Aufgaben, deren Relevanz von großem öffentlichem Interesse ist, stiftet gesellschaftlichen Zusatznutzen.368 Ob eine Nonprofit Organisation letztlich erfolgreich ist, hängt sowohl stark vom Grad der Innovation ab, die auf mehreren Ebenen stattfinden kann, als auch von den Persönlichkeiten die der Anfangsidee mit ihrem Engagement Leben einhauchen.369 Gegründet werden solche Unternehmen meist aus einer offensichtlichen Notwendigkeit oder einer kollektiv erlebten Ungerechtigkeit. Entweder erscheinen sie als Leistungspioniere, die von staatlichen oder gewinnorientierten Organisationen nicht erbrachte Leistungen anbieten, oder als Themenpioniere, die neue Probleme politisieren und diesen Raum in der Öffentlichkeit geben.370 Nicht selten fungieren sie damit als Wegbereiter für andere Organisationen.

Corporate Social Innovation umfasst als Begriff die Ideen und die Lösungen, die sich aufgrund einer lohnenden Kooperation von Profit und Nonprofit Unternehmen abseits von herkömmlicher Wohltätigkeit entwickeln können. Der Grad innovativer Ideen kann auch über Unternehmensgrenzen hinweg wirken, wenn grundsätzlich eine gewisse Risiko- und Veränderungsbereitschaft gegeben ist, die sich wie folgt auswirken kann.371

 Profit und Nonprofit Partner entwickeln gemeinsam einen klaren Geschäftsplan, der zur jeweiligen Firmenpolitik und zu den Organisationszielen passt.

 Alle Partner investieren in das gemeinsame Vorhaben bei entsprechendem Ressourceneinsatz.

 Die Partner verankern sich in dem vereinbarten Sozialraum.

367 Vgl. Frumkin [On being nonprofit 2002], S. 130. 368 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 125. 369 Vgl. Frumkin [On being nonprofit 2002], S. 131. 370 Vgl. Simsa [Gesellschaftliche Funktionen und Formen von NPOs 2000], S. 198f. 371 Vgl. Kanter [From Spare Change to Real Change 1999], o. S. zitiert nach Stark [Gesellschaftliche Verantwortung in Unternehmen 2008], S. 346f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 111  Von Beginn an müssen Verbindungen und Netzwerke zu Schlüsselpersonen und Organisationen hergestellt werden, um den Transfer in andere Bereiche sicherzustellen.

 Soziale Innovationen brauchen einen langen Atem und die Bereitschaft auf nicht absehbare Veränderungen zu reagieren.

Stark resümiert, dass innovative Organisationen und Gesellschaften es sich nicht leisten können, nur aus der Vergangenheit zu lernen, zukünftige Entwicklungen müssen erspürt werden, um diese wertschöpfend für Organisation und Gesellschaft umzusetzen.372 Im Falle der Gründung der Zweite Sparkasse entstand eine innovative Schnittmenge aus der eigenen vorhandenen Firmengeschichte und dem Unternehmenswillen sozial engagiert zu sein, um den Stiftungszweck breitest möglich zu erfüllen. Aber auch wenn die Stiftung offizieller Gründer und Geldgeber der Zweite Sparkasse war, so ist diese doch federführend von der Erste Bank Österreich selbst gegründet worden. Eine grundsätzliche Kooperation zwischen Profit und Nonprofit Unternehmen, die sich am Markt findet und neue Synergien entfaltet, kann bei der Zweite Sparkasse aufgrund dieser Unternehmensnähe nicht hergeleitet werden.

Überhaupt scheint eine eindeutige Klassifizierung der Zweite Sparkasse jenseits der rechtlichen Organisationsform zu fehlen und auch nicht ganz einfach feststellbar zu sein. Gegründet wurde sie im Ideenrahmen des Social Banking und kann nach diesen Definitionen durchaus als Social Bank bezeichnet werden. Gleichzeitig erfüllt die Zweite Sparkasse den überwiegenden Teil der Strukturmerkmale, die eine Nonprofit Organisation von einem Profit Unternehmen unterscheiden und setzt auch eine typisch NPOs zuordenbare Strategie um. Wobei sich die Ideen einer Social Bank und die Grundsätze einer NPO nicht gegenseitig ausschließen und in einem Unternehmen vereinbar sind. Ob die Zweite Sparkasse als Social Bank synchron auch als NPO geführt wird, gilt zu klären. Die Gründung der Bank erfolgte aus den Ressourcen eines Profit Unternehmens und nach wie vor

372 Vgl. Stark [Gesellschaftliche Verantwortung in Unternehmen 2008], S. 348.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 112 besteht ein Abhängigkeitsverhältnis (Zugang zu ehrenamtlichen Mitarbeitern, Verwendung gleicher technischer Plattformen, sektoreinheitliche Umsetzung von rechtlichen Erfordernissen). Darum ist die Annahme, es handle sich um eine reine Nonprofit Organisation, überprüfungswürdig und führt zu der Frage:

F3 Kann die Zweite Sparkasse als unabhängige Nonprofit Organisation verstanden werden?

3.6 Zusammenfassung des Kapitels

In einer globalisierten Welt hat ein Unternehmen multiple Rollen in Wirtschaft und Gesellschaft zu übernehmen, eine einseitige Ausbeutung des Systems, in der ein Unternehmen tätig ist, zerstört dessen eigene Existenzgrundlage.373 Auf dem Fundament einer bedeutenden Firmenhistorie entstand nach langen Vorbereitungen im Jahr 2006 eine der unkonventionellsten Banken des österreichischen Bankenmarktes. Da die Zweite Sparkasse gerade noch vor der großen Krise gegründet wurde, bewahrt es die Idee vor der Kritik einer sozial angehauchten Politur des krisengezeichneten Bankenimages, vor allem auch später, in den Jahren, als die Erste Group Staatshilfe in Form von Partizipationskapital in Anspruch genommen hat. Den finanziellen Rahmen für die Gründung ermöglichte die Stiftung der Erste Bank Österreich. Die Verwaltung von Unternehmensvermögen in Form einer Stiftung, die gleichzeitig auch Eigentümer ist und nach einer vorgegebenen Satzung handelt, gewährleistet durch eine langfristige Ausrichtung den Erhalt und die Vermehrung des Unternehmenswertes. So ist zu erkennen, dass besonders eine gewisse Kontinuität in der Eigentümerschaft, kombiniert mit einer bedeutenden Unternehmenshistorie, wesentliche Faktoren für das Übernehmen von Unternehmensverantwortung darstellen, insbesondere auch, wenn Ethik aus früheren Generationen abgeleitet wird.374 Die Stiftung ist, im Gegensatz zu Vorständen von Aktiengesellschaften, einfacher in der Lage, erwirtschaftete Gewinne zugunsten eines gemeinnützigen Engagements zu verwenden. Denn streng genommen kann Organuntreue und die Veruntreuung von Vermögen

373 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 270. 374 Vgl. Schöffmann [Unternehmensverantwortung 2008], S. 355.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 113 vorliegen, wenn „…Spenden ohne erkennbaren Nutzen für das Unternehmen und seine Anteilseigner getätigt werden.“375

Konsumenten, die aufgrund von Überschuldung oder sonstigen Notlagen kein Girokonto bei einer Geschäftsbank mehr bekommen, sind die Zielgruppe, der die Zweite Sparkasse Beistand bieten möchte. Mit Hilfe von Kooperationspartnern aus dem Nonprofit Bereich und einer klaren Strategie werden befristete Girokonten angeboten. Die Betroffenen selbst sind nicht Bittsteller und von immerwährenden mäzenatischen Spenden abhängig, sondern sehen sich als nahezu vollwertige Bankkunden einem eigenständigen Bankinstitut gegenüber. Da fast dreiviertel aller Kunden der Zweite Sparkasse von Schuldnerberatungen empfohlen werden, ergibt sich das Hauptbetätigungsfeld in der Hilfestellung für überschuldete Konsumenten. Bis Ende des Jahres 2013 konnte 8.283 Kunden in 7 Filialen geholfen werden. Besonders die regionale Verankerung der Sparkassen gibt den sinnhaften Rahmen der Führung und Existenz der Zweite Sparkasse vor, frei nach der Überlegung, hier wird das Geschäft gemacht und hier soll die Region auch gestärkt werden. Im Vergleich zu global tätigen Unternehmen meint Schöffmann dazu:

„Ein Unternehmen wie die Deutsche Bank, das über die Hälfte seines Umsatzes im Ausland tätigt und zu mehr als der Hälfte in ausländischem Besitz ist, muss und wird einen anderen Bezugsrahmen für sein gesellschaftliches Engagement wählen als die örtliche Volksbank.“376

Nonprofit Organisationen bewegen sich in Aktionsfeldern, die schwer in monetärem Gegenwert darstellbar sind. Fernab bankentypischer Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen kann der Organisationserfolg nur alternativ gemessen werden. Die Anzahl der Kunden, die mit einem Girokonto als notwendige finanzielle Drehscheibe versorgt werden konnten, beziffern den wahren Organisationserfolg der Zweite Sparkasse. Wie in jeder anderen Organisation muss dieser Erfolg auch nachweisbar sein und die geschaffene Dienstleistung muss auch ausreichend am Markt platziert werden können, um

375 Schöffmann [Unternehmensverantwortung 2008], S. 356. 376 Ebenda, S. 357.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 114 eine kontinuierliche Existenz zu rechtfertigen. Die Entstehung einer NPO ist stark an den Versuch der Zivilgesellschaft gekoppelt, staatliche Defizite auszugleichen. Wo der Staat nicht für ausreichende Versorgung von Gütern oder Dienstleistungen sorgen kann, entwickelt sich ein Nährboden für NPOs, die damit die Rolle einer gesellschaftlichen Warnfunktion einnehmen. Die Zweite Sparkasse ist nicht wie viele andere NPOs von staatlichen Förderungen abhängig und demnach weder weisungsgebunden noch in ihrem Handeln politisch beeinflussbar. Der Strom des subtilen politischen Einflusses geht vielmehr von der Existenz der Zweite Sparkasse aus, da der Dunkelziffer der „Kontolosen“, die weder Vertretung noch eine Lobby haben, nun Namen und Gesichter zugeordnet werden können.

Da in diesem Fall eine Nonprofit Organisation von einer Profit Organisation gegründet wurde, muss jede weitere Allianz kritischen Gedanken standhalten. Es ist nicht gelungen, das Unternehmen vollständig wirtschaftlich abzukoppeln, auch wenn es einen angemessenen Teil zur Selbsterhaltung beitragen kann. Die gelebte und erhaltene Unternehmensnähe scheint aber durchaus erwünscht und verhindert formale und informelle Organisationswidersprüche. Kritisch zu betrachten sind Kooperation von Nonprofit und Profit Unternehmen jedenfalls dann, wenn sie seitens der Profit Organisation geschaffen werden, um sich gegen drohende soziale Ansprüche zu wehren. Die Rechenschaft zur Führung eines eigenen Bankinstitutes für diese spezielle Kundengruppe wurde im Kapitel 3.4 umfangreich dargestellt. Ergänzend dazu kann festgestellt werden, dass für die Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe, durch die Führung einer eigenständigen Bank, einerseits die Möglichkeit geschaffen wurde ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden und andererseits ein Argument entstanden ist, welches jeder Rüge im Hinblick auf den Umgang mit unerwünschten Kunden im alltäglichen Bankgeschäft entgegenwirkt.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 115 4 Das Recht auf ein Girokonto und die Auswirkung moderner Zahlungsmittel

In diesem Kapitel soll ausführlich untersucht werden, warum die Führung eines Girokontos für den modernen Konsumenten zum unverzichtbaren Bestandteil des finanziellen Lebens wurde und welche umfangreichen Beeinträchtigungen sich andernfalls daraus ergeben können. Da das Girokonto die Basis aller Finanzdienstleistungen darstellt, ist der Mangel desselben einem finanziellen Analphabetismus gleichzusetzen. In wie weit der österreichische Rechtsstaat Rahmenbedingungen verändern kann oder muss, um eine flächendeckende Versorgung mit Girokonten zu gewährleisten, soll weiterer Gegenstand der Untersuchung sein.

4.1 Das Girokonto

Bei Kontoeröffnung hat der zukünftige Kontoinhaber gemäß § 30 Abs 1 BWG, nebst dem Vorhandensein seiner vollen Geschäftsfähigkeit, seine Identität mittels Vorlage eines amtlichen Lichtbildausweises persönlich nachzuweisen.377 Der Girokontovertrag ist Grundlage für das Girogeschäft, welches die Durchführung des bargeldlosen Zahlungs- und Abrechnungsverkehrs in laufender Rechnung für andere darstellt. Wechselseitige Ansprüche werden in regelmäßigen Abständen saldiert, ein sich daraus ergebender Saldo ist festzustellen und abzurechnen.378 Der Girokontovertrag hat nach § 34 BWG den Jahreszinssatz für ein Guthaben zu beinhalten und der Kontoinhaber ist mittels Kontoauszug zumindest einmal vierteljährlich über den Kontostand seitens des Kreditinstitutes zu informieren.379 Das ZaDiG regelt seit 1.11.2009 die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern. Ein Rahmenvertrag im Sinne des § 3 Abs 12 ZaDiG ist ein Zahlungsdienstvertrag, „…der die zukünftige Ausführung einzelner und aufeinander folgender Zahlungsvorgänge regelt.“380 Ein klassisches Girokonto mit Überziehungsmöglichkeit wird auf jeden Fall als Zahlungskonto mit

377 BWG BGBl I 2013/184. 378 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 55. 379 BWG BGBl I 2010/28. 380 ZaDiG BGBl I 2009/66.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 116 Zahlungsdienstvertrag verstanden.381 Wesentlich dabei ist der vom Zahler oder Zahlungsempfänger mittels Zahlungsauftrag ausgelöste Zahlungsvorgang. Darlehenskonten, Verrechnungskonto, Ansparkonten für Bausparverträge und ähnliche fallen üblicherweise nicht unter den Begriff des Zahlungskontos. Das Konto ist oft das notwendige Trägerinstrument, um weitere Bankdienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Erst durch ein Girokonto erschließen sich für den privaten Bankkunden alltäglich notwendige Dienstleistungen, wie Ein- und Auszahlungen von Bargeld und sämtliche Transaktionen im Zahlungsverkehr.

Abbildung 12: Durchschnittlicher privater Bankkunde382

Insbesondere die Ausführung von Zahlungsdiensten definiert ein Zahlungskonto. Folgende Tätigkeiten sind gemäß Z 1 bis 6 des § 1 Abs 2 ZaDiG Zahlungsdienste:383

 Ein- und Auszahlungsgeschäfte sind Dienste die Bareinzahlungen und Barbehebungen ermöglichen.

381 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 60. 382 Quelle: o. V. [Zahlungsverkehr in Österreich im Vergleich zur Europa 2003], S. 3 383 BWG BGBl I 2009/66.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 117  Zahlungsgeschäfte sind Dienste zur Durchführung von Lastschriften, Zahlungskartengeschäfte und die Durchführung von Überweisungen einschließlich Daueraufträgen. o Lastschrift ist die Belastung des Kontos des Zahlers durch einen vom Empfänger ausgelösten Zahlungsvorgang, wobei die Zustimmung des Zahlers gegenüber dem Zahlungsempfänger und Zahlungsdienstleister gegeben sein muss. o Zahlungskartengeschäft ist die Abbuchung vom Konto des Zahlers und Weiterleitung des Geldes. Veranlasst wird die Transaktion mittels Zahlungskarte. o Überweisungen werden mittels Auftrag durch den Zahler auf das Konto des Zahlungsempfängers transferiert. Diese werden üblicherweise auch für Transaktionen zwischen mehreren Konten eines Verbrauchers verwendet.

 Zahlungsgeschäfte mit Kreditgewährung sind Zahlungsdienste unter Einräumung eines Kredit- oder Überziehungsrahmens. Darunter fallen alle Überweisungen und Lastschriften, die die Ausnützung des Überziehungsrahmens auslösen sowie auch Zahlungen mit Kreditkarte mit aufschiebender Zahlungswirkung.

 Zahlungsinstrumentengeschäft ist die Ausgabe von Zahlungsinstrumenten oder die Annahme und Abrechnung von Zahlungsinstrumenten, wobei die Ausgabenobergrenze für Verwendung eines bestimmten Zahlungsinstrumentes mit dem Verbraucher individuell zu vereinbaren ist.

 Finanztransfergeschäfte sind Dienste, bei denen ohne Einrichtung eines Zahlungskontos auf den Namen des Zahlers oder des Zahlungsempfängers ein Geldbetrag ausschließlich zum Transfer an einen Zahlungsempfänger entgegengenommen wird, oder bei dem der Geldbetrag im Namen des Zahlungsempfängers entgegengenommen und diesem verfügbar gemacht wird.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 118  Digitalisiertes Zahlungsgeschäft ist die Ausführung von Zahlungsvorgängen, bei denen die Zustimmung des Zahlers über ein Telekommunikations-, Digital- oder IT-Gerät ausgelöst wird. Der Betreiber des IT-Systems fungiert nur als zwischengeschaltete Stelle zwischen Kunden und Händler. Beispielsweise sind das Zahlungen, die mittels Mobiltelefon bei Kauf von Parkscheinen oder Automatenwaren über den Mobilfunknetzbetreiber abgewickelt werden.384

4.2 Die Benutzung von Zahlungsmitteln

Um die Bedeutsamkeit eines Girokontos für den Verbraucher zu veranschaulichen, ist es von Vorteil die Verwendung der verschiedenen Zahlungssysteme zu beleuchten. Unter Zahlungssystem wird nach § 3 Abs 6 ZaDiG ein System definiert, welches dem „...Transfer von Geldbeträgen mit formalen und standardisierten Regeln und einheitlichen Vorschriften für die Verarbeitung, das Clearing oder die Verrechnung von Zahlungsvorgängen…“ dient.385 Die Zahlung von Waren und Dienstleistungen mittels Zahlungskarte wird als Anweisung des Karteninhabers an den Zahlungsdienstleister gesehen. Bei Benützung der Bankomatkarte erfolgt die Anlastung des Zahlungsbetrages auf dem definierten Girokonto unmittelbar, bei Verwendung einer Kreditkarte wird dem Zahlungsdienstnutzer dagegen bis zur nächsten periodischen Abrechnung der Zahlungsbetrag nicht in Rechnung gestellt.386 Als weitere mögliche Funktion einer Zahlungskarte kann diese als elektronische Geldbörse nach vorhergehender Aufladung genutzt werden. Nachstehende Abbildung spiegelt die Umfrageergebnisse der OeNB zur Nutzung von Zahlungsmitteln auf Basis eines Zahlungstagebuchs wider.

384 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 61f. 385 ZaDiG BGBl I 2013/184. 386 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 121.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 119

Abbildung 13: Anteile der Zahlungsmittel am Zahlungsvolumen in Prozent387

Ein Trend des stetig abnehmenden Teils der Bargeldbewegungen ist zwar durchaus erkennbar, erfolgte jedoch im Laufe der Jahre nicht in dem rapiden Ausmaß, wie es der technologische Fortschritt vermuten lassen würde. Das Bezahlen mit Bargeld zählt nach wie vor zur mit Abstand häufigsten Zahlungsmethode. Der Rückgang der Barzahlungen bedeutet den gleichzeitigen Anstieg der Zahlungen an Bankomatkassen. Waren 1989 österreichweit nur 225 Bankomatkassen im Einsatz sind es im Jahr 2005 bereits über 82.000, dementsprechend wuchs auch das Volumen dieser Transaktionen auf € 11,2 Mrd. an. Im Jahr 2013 verfügen bereits 90% aller Österreicher über eine Karte mit Bankomatfunktion.388 Dass in dem Segment der Geldübertragungen mittels Karte mit Zahlungsfunktion weiteres Wachstumspotential gegeben ist, ergibt sich aus einem Blick auf die Zahlungsgepflogenheiten anderer europäischer Länder. Im EU Vergleich rangiert Österreich in Bezug auf die Anzahl an elektronischen Zahlungstransaktionen pro Einwohner und Jahr deutlich unter dem Durchschnitt des Euroraums und liegt somit hinter Ländern wie Finnland, Irland, den

387 Quelle: Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 66 (leicht modifiziert)

388 Vgl. Schulz/Stix [Ergebnisse der OeNB Zahlungsmittelumfrage 2013], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 120 Niederlanden, Frankreich und Portugal nur auf Platz 10. Allein in Finnland werden fünfmal so viele Kartentransaktionen durchgeführt wie in Österreich.389 Auch die Höhe des Zahlungsbetrages spielt bei der Wahl des Zahlungsmittels eine entscheidende Rolle. Der Anteil der Bankomatzahlungen unter € 25,- lag 2005 bei 42%. Die OeNB kommt in ihrer Studie zu dem Ergebnis, dass die Akzeptanz kleinere Zahlungsbeträge mittels Bankomatkarte zu bezahlen, offenkundig zugenommen hat, demnach wäre auch für die Zahlung von Kleinbeträgen für die nächsten Jahre ein Verhaltenstrend abzusehen.390 Speziell die flächendeckende Einführung neuer Bankomatkarten mit NFC (Near Field Communication) Technologie bezweckt Zahlungstransaktionen von Beträgen bis zu € 25,- noch einfacher unbar werden zu lassen. Durch diese Zahlungsinnovation ist es möglich ohne Eingabe eines Codes und nur durch kontaktlose Übertragung von Bankomatkarte und Bankomatkassa den Rechnungsbetrag zu begleichen. Aufgrund der zukünftigen Standardausstattung jeder Bankomatkarte, der Praktikabilität und dem Wegfall des Aufladevorgangs ist eine höhere Akzeptanz der NFC Zahlungen zu erwarten, als dies bei der Quick-Funktion, die von Konsumenten nicht hinreichend angenommen wurde, der Fall ist. Der Anteil von Zahlungstransaktionen mittels Kreditkarte stagniert auf niedrigem Niveau, obwohl 28% der Bevölkerung eine Kreditkarte besitzen. Zuwächse von Zahlungsabwicklungen mittels Kreditkarte entstehen vorwiegend bei Bestellung von Waren oder Dienstleistungen im Internet.391

Jede Zahlungsmethode, die die Barzahlung verdrängt oder substituiert, erhöht die Notwendigkeit eines Konsumenten ein Girokonto zu führen, da fast alle Methoden darauf beruhen. Aufgrund des derzeit vorliegenden Zahlenmaterials zählt die Barzahlung nach wie vor zu der am häufigsten gewählten Zahlungsmethode und die Trendumkehr zu Gunsten von Zahlungskarten erfolgt trotz technologischer Möglichkeiten nur langsam. Einzelne branchenspezifische Entwicklungen können aber durchaus für Konsumenten ohne Girokonto zum Problem werden. Besonders erwähnt seien hier Branchen in denen der Anteil der Zahlungstransaktionen mittels Zahlungskarte schon signifikant hoch ist, wie

389 Vgl. Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 61. 390 Vgl. Mooslechner et al. [Wie wird in Österreich bezahlt 2006], S. 130ff. 391 Vgl. Schulz/Stix [Ergebnisse der OeNB Zahlungsmittelumfrage 2013], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 121 die Lebensmittelbranche, Tankstellenbetriebe oder auch Baumärkte.392 Ohne Zahlungskarte ist es bereits jetzt nicht mehr möglich Tankautomaten mit integrierter Zahlungsfunktion, Tabakautomaten oder automatische Abholstationen der Post AG zu benützen. Der strukturelle Ausbau von Bankomatkassen, besonders unter dem Aspekt der einfacheren und kostengünstigeren Abwicklung von Zahlungsströmen, kann zusätzlich Bargeldtransaktionen zurückdrängen. Bargeld verursacht jedem Unternehmen zusätzliche Kosten, welche durch die notwendige sichere Aufbewahrung, den Schutz vor Raub und Diebstahl, den Transport zur Bank, bis hin zu entgangenen Zinsen entstehen können. Kassenpersonal ist nicht nur dem Risiko ausgesetzt Falschgeld anzunehmen oder Kassendifferenzen zu erzeugen, sondern muss am Ende eines Arbeitstages Bargeld zählen und abrechnen. Elektronische Zahlungen verursachen diese Kosten und Nachteile nicht und haben deshalb für Unternehmen eine höhere Attraktivität. Neben der Praktikabilität Zahlungsvorgänge unbar abzuwickeln, ist aus Unternehmersicht die psychologische Wirkung des Ersatzes von Bargeld nicht außer Acht zu lassen. Die kognitive Verbindung zwischen dem Konsum und der tatsächlichen Zahlung ist bei Verwendung von Zahlungskarten nur schwach gekoppelt, bei Barzahlung hingegen stark. Somit wird der zu zahlende Betrag, der mittels Zahlungskarte beglichen wird, im Geiste abdiskontiert und heruntergespielt.393

Aus diesen Überlegungen wird der Handel die Möglichkeiten der unbaren Zahlungsmethoden forcieren und in manchen Branchen sogar vollständig auf Bargeldtransaktionen verzichten, um neben der Kostenersparnis auch unabhängiger von Personalressourcen und gewerblichen Öffnungszeiten zu sein.

4.2.1 Die Auswirkungen von Zahlungsinnovationen auf das Bargeld

Mit der Verdrängung oder dem Ersatz von Bargeldtransaktionen durch alternative Zahlungsmethoden steigt zwangsläufig die Notwendigkeit für den Konsumenten ein Girokonto zu besitzen, da nur dadurch der uneingeschränkte

392 Vgl. Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 74. 393 Vgl. Angel [Sozioökonomische Aspekte der Verschuldung 2008], S. 18.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 122 Zugang zu Waren und Dienstleistungen gewährleistet ist. Den Umlauf des Bargeldes auf nationaler Ebene zu beziffern ist seit der Einführung des Euro als gemeinsames gesetzliches Zahlungsmittel nicht mehr möglich und fällt auch nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich einzelner Zentralbanken.394 Die Ausgabe und Rücknahme von Bargeld, die Sicherstellung einer ausreichenden Quantität und Qualität, die Investitionen in die Fälschungssicherheit und die Lagerung und Distribution verursachen für Zentralbanken hohe Kosten. Aus diesem Grund sehen diese sich mit dem Erfordernis von Kostensenkung und Effizienzsteigerung konfrontiert, was einen Rückzug aus dem traditionellen Kreislaufsystem zur Folge hat. So beschränken sich Zentralbanken zusehends nur mehr auf Druck und Ausgabe von Banknoten und Münzen und überlassen Geschäftsbanken die restlichen Aufgaben der Administration des Bargeldes.395 Neben den Bargeldkosten die für Zentralbanken und Geschäftsbanken entstehen, ergeben sich noch weitere Bargeldkosten, die dem Handel zuzurechnen sind. In Summe werden diese Kosten auf 0,47% des BIP geschätzt, wobei dem Handel mit 0,23% der größte Kostenanteil zufällt.396 Auf der volkswirtschaftlichen Ebene beschäftigen sich Zentralbanken unterschiedlichster Länder mit der veränderten Wirkungskette des Geldangebotes auf den Transmissionsmechanismus und der zukünftigen Bedeutung des Bargelds.397 Hier formuliert sich die Überlegung, inwieweit ein Abnehmen des realen Geldbestandes zumindest im monetaristischen Transmissionsansatz Auswirkungen auf das Preisniveau hat.398

Aus reiner Kostensicht wäre eine Verringerung der Bargeldtransaktionen für den Handel und für Zentral- und Geschäftsbanken von Vorteil, doch kommt Bargeld, in Bezug auf den Erhalt des Vertrauens der österreichischen Bevölkerung in die Zahlungsmittel, die höchste Bedeutung zu. Das von einem österreichischen Konsumenten mitgeführte Bargeld beläuft sich auf durchschnittlich € 67,-.399 Opportunitätskosten, wie entgangene Zinsen oder

394 Vgl. Schautzer [Bargeldlogistik in Österreich und im Euroraum 2007], S. 148. 395 Vgl. ebenda, S. 152ff. 396 Vgl. Schautzer [Bargeldlogistik in Österreich und im Euroraum 2007], S. 158. 397 Vgl. Stix/Summer [Technologischer Wandel im Zahlungsmittelbereich 2010], S. 98. 398 Vgl. Borchert [Geld und Kredite 1999], S. 206. 399 Vgl. Schulz/Stix [Ergebnisse der OeNB Zahlungsmittelumfrage 2013], S. 4.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 123 Wertverlust, spielen für den Konsumenten nur eine untergeordnete Rolle, da die Nachvollziehbarkeit der getätigten Transaktion, die Verfügbarkeit und die Anonymität des Bargeldes höher geschätzt werden.400 Diese Verhaltenshypothese ist ein Resultat aus der Präferenz des Konsumenten mit der Verwendung von Bargeld einen besseren Überblick über seine Ausgaben zu haben, was die im Vergleich zu den vorhandenen technischen Möglichkeiten nur langsam abnehmenden Barzahlungstransaktionen der letzten Jahre erklärt. Auch in der Berechnung von Bargeldlagerbeständen einzelner Zentralbanken für die Administration des Bargeldumlaufs, werden direkte und indirekte Faktoren mitberücksichtigt, die nicht unmittelbar für eine Verschiebung des Bargeldes zu Gunsten eines anderen Zahlungsmittels sprechen. So wird neben wirtschaftlicher Verflechtung, Tourismus und Pendlerbewegung auch die Neigung zur Bargeldhortung, der Vorzug für bestimmte Zahlungsmittel und der saisonale Bargeldbedarf mitberücksichtigt.401 Eine hohe Bankomatdichte mit der Möglichkeit ohne Gebühren Bargeld zu beheben, sorgt für ständige Verfügbarkeit von Bargeld.402 Folglich ist davon auszugehen, dass auch bei weiterer Verbreitung elektronischer Zahlungsmittel, diese dennoch das Bargeld mittelfristig nicht zur Gänze verdrängen werden.403

Ein mögliches Zahlungsproblem für Konsumenten ohne Girokonto entsteht also noch nicht flächendeckend, sondern vorerst dort, wo keine weiteren alternativen Zahlungsmethoden mehr zur Verfügung stehen. Die Einführung und Etablierung neuer Zahlungsinnovationen, bei schleichender Substitution von Bargeld, schränkt gleichzeitig die persönlichen Freiheitsgrade kontoloser Konsumenten ein. Die Probleme häufen sich zusehends und beginnen bei Expresskassen die nur mit Zahlungskarte in Anspruch genommen werden können bis hin zu der fehlenden Möglichkeit einen Flug zu buchen. Auch wenn eine Flugbuchung nicht zu den typischen Problemfeldern eines Konsumenten ohne Girokonto zählt, soll an dieser Stelle, aufgrund des Potentials alltäglich übliche Geschäftspraxis zu werden, das wegweisende Urteil des deutschen BGH

400 Vgl. Schautzer [Bargeldlogistik in Österreich und im Euroraum 2007], S. 159. 401 Vgl. ebenda, S. 151. 402 Vgl. Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 56. 403 Vgl. Stix/Summer [Technologischer Wandel im Zahlungsmittelbereich 2010], S. 101.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 124 (Bundesgerichtshof) gegen die Fluggesellschaft Ryanair zitiert werden.404 Die Fluglinie hob zusätzliche Gebühren für das Bezahlen mittels Kreditkarte ein, ohne ein echte alternative Zahlungsvariante oder Barzahlung anzubieten. Der BGH sah darin zwar eine unangemessene Benachteiligung der Verbraucher, bestätigte zugleich aber, dass Barzahlungen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden können, besonders wenn diese für beide Parteien mit erheblichem Mehraufwand verbunden wäre. Nun wird zwar keine zusätzliche Gebühr mehr eingehoben aber ein Kunde ohne Kreditkarte kann dennoch keinen Flug buchen. Die Liste von Personenverkehrsunternehmen, die keinen Schalterverkauf mehr betreiben und den Ticketverkauf nur mehr in voller Leistungsbreite über Internet anbieten, oder höchstens noch über ein eingeschränktes Automatenangebot, ließe sich beliebig erweitern. Besonders um Preisnachlässe oder wünschenswerte Produktzusätze, wie eine Sitzplatzwahl oder ähnliches in Anspruch nehmen zu können, müssen Tickets im Internet gekauft werden, und bleiben so dem Barzahler verwehrt.

Die bevorstehenden absehbaren Zahlungsmethoden der neuesten Generation, wie beispielsweise Smartphone-Payment, Überweisungen per SMS von digitalisierter Währung, biometrische Lösungen via Fingerprint oder Zahlung durch Gesichtserkennung können aufgrund ihrer unüberschaubaren Vielfalt und ihrer unterschiedlichen Entwicklungsstände nicht in extenso aufgezählt werden. Jede Zahlungsinnovation wird Barzahlungsströme beeinflussen, allein schon deshalb, da sie für Konsumenten durch neue Funktionalitäten eine Ausweitung der persönlichen Komfortzone mit sich bringen und dadurch ständige bargeldlose Liquidität entsteht.

4.2.2 Bezahlen im Internet

In Österreich haben über 66% der Konsumenten ab 14 Jahren Zugang zum Internet, sei es nun im privaten Umfeld, im öffentlichen Raum, durch den Arbeitsplatz, an der Schule oder der Universität. Bereits sechs von zehn Internetnutzern (oder 34% der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren) haben bereits

404 BGH Karlsruhe, Urt. vom 20.05.2010, AZ: Xa Zr 68/09, BB 2010, 1866.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 125 2006 Waren oder Dienstleistungen im Internet bestellt.405 Im Jahr 2013 wuchs der Anteil der Internetznutzer, die bereits Waren bestellt haben, auf 70%.406 Dementsprechend ist es von großem Interesse, welche Zahlungsmittel vorrangig für die Bezahlung für im Internet bestellte Waren benutzt werden. Die OeNB kommt mittels Umfrage und Aufzeichnungen in einem Zahlungstagebuch auf das Ergebnis, dass für den durchschnittlichen Einkauf im Internet € 141,- ausgegeben werden. Das am häufigsten gewählte Zahlungsmittel bei Onlinegeschäften ist die Banküberweisung, gefolgt von der Bezahlung mittels Kreditkarten. Gemeinsam werden mit diesen beiden Zahlungsmitteln über 80% der Transaktionen abgewickelt. Die für Internetbestellungen vorgesehenen Spezialzahlungsformen werden kaum genutzt.

Abbildung 14: Anteil der Zahlungsmittel an der Anzahl der Internettransaktionen407

Auch die 2011 durchgeführte OeNB-Zahlungsmittelerhebung408 deckt sich weitgehend mit der hier analysierten Umfrage und bestätigt eine Dominanz von bankbasierten Zahlungsverfahren (Banküberweisung und Lastschrift). Der noch geringe Anteil der Zahlungen mittels Kreditkarte dürfte zumindest für Österreich auf den Umstand zurückzuführen sein, dass mit einem Kreditkartenbesitz von unter 30% der Bevölkerung über 14 Jahre generell die Marktdurchdringung

405 Vgl. Stix/Wagner [Wie zahlen die Österreicher im Internet 2006], S. 85. 406 Vgl. Schulz/Stix [Ergebnisse der OeNB Zahlungsmittelumfrage 2013], S. 3. 407 Quelle: Stix/Wagner [Wie zahlen die Österreicher im Internet 2006], S. 91 408 Vgl. Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 58ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 126 niedrig ist und infolgedessen auch nicht in hohem Maße Zahlungstransaktionen mit Kreditkarte durchgeführt werden können.409 Dieses Verhältnis beginnt sich jedoch deutlich zugunsten von Kreditkartentransaktionen zu drehen.410

Die Nutzung des Internets und des daraus folgenden Zahlungsverhaltens bei Internetkäufen variiert erwartungsgemäß nach soziodemographischen Merkmalen erheblich. So nutzen Männer das Internet häufiger als Frauen und bestellen auch mehr Waren und Dienstleistungen. Mit steigendem Grad der Bildung wächst auch der Anteil der Internetnutzung und Bestellung. In der Gruppe der 14- bis 29-jährigen nutzen bereits 81% das Internet und mit 51% dieses Anteils ist auch der Anteil derer, die Waren und Dienstleistungen bestellen am höchsten. Nutzt jemand das Internet, dann bestellt er auch mit großer Wahrscheinlichkeit, aus Gründen der Bequemlichkeit, der Ungebundenheit an Ladenöffnungszeiten, des besseren Preisvergleichs und größerem Angebotes wegen.411 Jedenfalls verlagern immer mehr Anbieter den Vertrieb ihrer Güter und Dienstleistungen zusätzlich, teilweise oder auch gänzlich in die virtuelle Welt. Ein mangelnder Zugang zu Zahlungsmitteln bedeutet nicht nur für den Verbraucher, sondern auch für den Anbieter eine Einschränkung der Möglichkeiten des Binnenmarktes und dadurch eine Hemmung der wirtschaftlichen Entwicklung.412

Für Konsumenten ohne Girokonto kann aber aufgrund der Möglichkeit per Nachnahme zu bestellen, welche immerhin mit 13% den dritten Platz in der Zahlungsmittelstatistik einnimmt, nicht davon ausgegangen werden, dass Internetbestellung per se unmöglich sind. Das vor allem seitens der EU- Kommission vorgebrachte Argument, der Konsument hätte keinen Zugang zu inländischen oder grenzübergreifenden günstigeren Online Gütern, kann für Österreich zumindest nicht uneingeschränkt bestätigt werden.413 Dennoch ist festzuhalten, dass sich auch für diesen komplementären Konsumkanal eine weitere Ausschlusssituation für kontolose Konsumenten entwickelt, die sich vor

409 Vgl. Mooslechner et al. [Zahlungsmittelnutzung in Österreich 2013], S. 58. 410 Vgl. Schulz/Stix [Ergebnisse der OeNB Zahlungsmittelumfrage 2013], S. 3. 411 Vgl. Stix/Wagner [Wie zahlen die Österreicher im Internet 2006], S. 95f. 412 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 4. 413 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 127 allem aus den dominierenden Zahlungsmethoden ergibt, und dem mangelnden Angebot, bei allen Onlineanbietern per Nachnahme bestellen zu können.

4.3 Die Angewiesenheit auf ein Girokonto

Kein Konto zu besitzen kommt einer wirtschaftlichen Ausbürgerung gleich, es kann davon ausgegangen werden, dass der moderne Mensch in unseren Breiten heutzutage ohne ein Girokonto zwar juristisch, aber nicht mehr als Konsument, voll geschäftsfähig ist. Der Gebrauch von Bargeld wird zusehends und schleichend durch elektronische Zahlungsmittel ersetzt. Auch der Zugang zu weiteren Finanzdienstleistungen wie Darlehen, Kreditkarten, Hypotheken und vor allem zu den Funktionalitäten eines Girokontos, wie Daueraufträge und Einziehungsaufträge, bleiben dem Konsumenten verwehrt. Der Zugangsschlüssel zum Wirkungskreis der Finanzdienstleistung ist das Girokonto.414 Der Begriff der „Angewiesenheit“ basiert auf der Überlegung, dass der Verbraucher zur Teilnahme am heutigen Wirtschaftsleben auf die Führung eines Girokontos ökonomisch angewiesen ist. So ist der Verbraucher auch insofern abhängig, als dass ihm durch das Fehlen eines Girokontos in zentralen Lebensbereichen erhebliche Nachteile in Form von schlechteren Chancen entstehen.415 Die zu erwartenden Schwierigkeiten bei einer Arbeitsplatz- oder Wohnungssuche kommen im engeren Sinne einer Diskriminierung gleich. In einer im Frühjahr 2012 in Österreich durchgeführten Online Befragung in sozialen Einrichtungen gaben 79% von 350 Mitarbeitern an, ihre Klienten haben Schwierigkeiten beim Zugang zu einem Girokonto. Überschuldung, ein Eintrag in der Warnliste und Kreditrückstände zählen zu den am häufigsten genannten Problemfeldern, die meist mit Folgekonsequenzen im Alltag parallel auftreten, wie beispielsweise Schwierigkeiten Transferleistungen zu erhalten, Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche oder mit dem aktuellen Arbeitgeber.416

Allen voran die Problematik ohne ein Girokonto eine Anstellung zu finden, wird durch eine von Modjawer durchgeführte Umfrage unter 17 der größten

414 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 1. 415 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 36. 416 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 1.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 128 Arbeitgeber Österreichs (inkl. der Gemeinde Wien), die im Jahr 2007 in Summe 511.800 Angestellte und Arbeiter beschäftigten, verdeutlicht.417 Zehn der befragten Unternehmen lehnten die Einstellung kategorisch ab, drei Unternehmen würden zumindest für Aushilfetätigkeiten ungern eine Ausnahme machen. Der administrative Mehraufwand wäre für die meisten Arbeitgeber zu aufwendig, was unter Berücksichtigung der hohen Mitarbeiterzahlen auch durchaus verständlich und nachvollziehbar erscheint. Desweiteren ist es für die Österreichischen Bundesbahnen rechtlich nicht möglich einen Arbeitnehmer ohne ein Girokonto einzustellen. Nicht nur die Liste der potentiellen Arbeitgeber scheint stark eingeschränkt zu sein und dementsprechend auch die Verwirklichungschancen des Arbeitssuchenden, es ist auch von einem längeren Verbleib in der Arbeitslosigkeit auszugehen. An dieser Stelle wird das Thema zum volkswirtschaftlichen Problem, da dadurch längerer Arbeitslosenbezug erforderlich ist und gleichzeitig von Betroffenen auch keine Steuerleistung erfolgen kann. Privatwirtschaftlich erschweren mangelnde Einkommenschancen die ordnungsgemäße Bedienung von Verbindlichkeiten oder vereinbarten Raten, oder sind wesentliches Hemmnis einer Schuldenregulierung. Gleichzeitig bestätigte die zitierte Umfrage auch, dass einer Einstellung mit einem Konto der Zweite Sparkasse nichts im Wege steht, wenn auch die Persönlichkeit und Qualifizierung dann genau geprüft wird. Ob die Erlebniswelt der Kunden der Zweite Sparkasse mit der Untersuchung der 17 größten Arbeitgeber übereinstimmt, führt zu einer zentralen Frage:

F4 Haben Personen ohne Girokonto Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz zu finden?

417 Vgl. Modjawer [Ohne Girokonto ist die Existenz in Frage gestellt 2007], S. 64ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 129

Abbildung 15: Chancen am Arbeitsmarkt ohne Girokonto418

418 Quelle: Modjawer [Ohne Girokonto ist die Existenz in Frage gestellt 2007], S. 66 (leicht modifiziert)

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 130 Nicht nur die mangelnde Kontoverbindung stellt ein Arbeitsmarkthindernis dar, sondern auch die oft parallel auftretenden Begleiterscheinungen einer drohenden Lohnpfändung. Im Rahmen einer Bewerbung um einen Arbeitsplatz, entsteht für einen Arbeitnehmer, der mit einer Eintreibung konfrontiert ist, ein erheblicher Nachteil im Vergleich zu einem anderen Bewerber. Der zukünftige Arbeitgeber hat durch die Beachtung diverser Lohnpfändungen einen Mehraufwand in der Lohnkostenrechnung zu berücksichtigen und wird überdies den allgemeinen Leumund des Bewerbers in Frage stellen. Aber es besteht nicht nur die Gefahr, keinen Arbeitsplatz zu bekommen oder Bewerbungsnachteile gegenüber einem Gleichqualifizierten zu haben, sondern auch die bestehende Beschäftigung zu verlieren.

Wie in Kapitel 4.4 noch näher ausgeführt wird, wurden in Österreich schon diverse Entschließungsanträge419 zum Thema Recht auf ein Girokonto eingebracht und behandelt. Bereits 2003 wurde in einem Entschließungsantrag darauf hingewiesen, dass besonders für einige Beschäftigungsverhältnisse im öffentlichen Dienst die Verpflichtung für den Dienstnehmer besteht ein Girokonto zu führen.420 So ist beispielsweise nach § 18 Abs 4 VBG (Vertragsbedienstetengesetz) „…der Vertragsbedienstete (…) verpflichtet, für die Möglichkeit vorzusorgen, dass die ihm gebührenden Geldleistungen unbar auf ein Konto überwiesen werden können.“421 Ausgenommen sind nur Mitarbeiter, die für einen vorübergehenden Bedarf aufgenommen werden. Die Rechtslage ist nach wie vor unverändert und beantwortet auch zwangsläufig die Frage, ob ein Arbeitssuchender ohne Girokonto als Vertragsbediensteter eingestellt werden kann, wenn es denn schon von Gesetzeswegen her nicht möglich ist. Auch bestimmte Versorgungsleistungen werden nur an anspruchsberechtigte Personen mit Girokonto ausgezahlt. So ist nach § 32 Abs 3 BB-PG (Bundesbahn-Pensionsgesetz) „…die Auszahlung wiederkehrender Geldleistungen nur zulässig, wenn der Anspruchsberechtigte über das Konto, auf das die Geldleistungen überwiesen werden sollen, verfügungsberechtigt ist.

419 Entschließungsanträgen im Nationalrat kommt zwar politische Bedeutung zu, rechtlich verbindlich sind diese jedoch nicht. Durch Entschließungen können aber politische Maßnahmen entstehen in dem die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzesentwurfs zur Lösung einer bestimmten Problemlage aufgefordert wird. Meist werden selbständige Anträge von Abgeordneten eingebracht.

420 Entschließungsantrag 55/A(E) XXII.GP. 421 VBG BGBl I 2011/140.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 131 Außerdem muss sich das Kreditinstitut verpflichten, die wiederkehrenden Geldleistungen den Österreichischen Bundesbahnen zu ersetzen, die infolge des Todes des Anspruchsberechtigten zu Unrecht auf dessen Konto überwiesen worden sind.“422 Wenn nun ein Pensionist der österreichischen Bundesbahnen sein Girokonto verliert, so verliert er auch folgerichtig sein Bezugsrecht.

Neben dem zentralen Erfordernis ein Girokonto zu besitzen, um ungehindert und mit gleichen Chancen am Arbeitsmarkt und am Wirtschaftsleben teilnehmen zu können, entsteht die Angewiesenheit auch auf der Kostenseite eines Haushaltes. Durch die Verrechnung von Zahlscheingebühren sind Konsumenten von zusätzlichen Zahlscheinspesen betroffen, die bei Führung eines Girokontos nicht entstehen würden. Dabei handelt es sich nicht nur um die Spesen, die bei der Bank durch die Zahlung mittels Zahlschein entstehen, sondern auch die zusätzlichen Spesen, die Unternehmen verrechnen und mit einem administrativen Mehraufwand rechtfertigen, wenn die Rechnung nicht mittels Einziehungs- oder Dauerauftrag unbar beglichen wird. Die Schlechterstellung mittels Strafgebühren oder zusätzlicher Entgelte von Zahlungsinstrumenten, die für Unternehmen als Zahlungsempfänger möglicherweise ineffizienter erscheinen, ist seit der Einführung des ZaDiG per 01.11.2009 nicht zulässig. Der Zahlungsempfänger muss interne, eventuelle Mehrkosten, bereits in das Gesamtentgelt einpreisen. Eine Ermäßigung bei Benutzung eines bestimmten Zahlungsinstrumentes darf dem Zahler nach § 27 Abs 4 und 6 ZaDiG hingegen angeboten werden.423 Höhere Kosten entstehen dem Konsumenten somit indirekt, da einzelne Unternehmen bei elektronischer Zahlung Nachlässe gewähren, in dessen Genuss er ohne Girokonto nicht kommt.424 Die bleibende zu überprüfende Fragestellung lautet somit:

F5 Sind Konsumenten ohne Girokonto mit höheren Kosten für die Abwicklung ihrer Zahlungstransaktionen konfrontiert?

422 BB-PG BGBl I 2008/147. 423 ZaDiG BGBl I 2009/66. 424 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 132 Auch die Veränderung der Kommunikation zwischen dem Staat und seinen Bürgern bekräftigt die Notwendigkeit ein Girokonto zu besitzen. Eine vollständige Eingliederung aller Bürger in ein Electronic Government schließt auf jeden Fall elektronische Transferzahlungen mit ein. Sozialhilfe, Arbeitslosenentgelte oder Pensionen können für die öffentliche Verwaltung nur mit erheblichem Mehraufwand unbar überwiesen werden. Die öffentliche Hand wird zunehmend unter Druck geraten, und diesen auch ausüben, Zahlungen kosteneffizienter an ihre Empfänger zu überweisen. Aber auch bei der Einhebung von Gebühren und Abgaben sieht die Strategie des Electronic Government eine weitgehend automatisierte Abwicklung vor, die derzeit zwar noch alle Bezahlsysteme umfasst, aber gleichzeitig als E-Government Werkzeug, neben der Bürgerkarte, dem elektronischen Akt, der elektronischen Signatur und der elektronischen Zustellung, bereits die elektronische Zahlung (e-payment) anführt.425 Die langfristige personelle Aufrechterhaltung von Amtskassen für Bareinzahlungen scheint in diesem Kontext, und im Lichte der zu erwartenden geringen Nutzung, illusorisch.

Die Angewiesenheit eines Konsumenten auf die Führung eines Girokontos ergibt sich aus den Darstellungen in den vorangegangenen Kapiteln und nachstehend, taxativ aufgezählten, jeweiligen Alltagssituationen und Problemlagen:

 Benachteiligung am Arbeitsmarkt426  Probleme bei Anmietung von Immobilien  Eingeschränkter oder verwehrter Zugang zum Kreditmarkt  Höhere Kosten bei Barabwicklung von Zahlungsvorgängen oder keine Möglichkeit der Inanspruchnahme von Preisnachlässen  Mangelnder Zugang zum virtuellen Konsum und eingeschränkter Zugang zum Binnenmarkt  Verdrängung des Bargeldes durch technologische Entwicklung und alternative Zahlungsmethoden

425 Vgl. URL: http://www.oesterreich.gv.at/site/5227/Default.aspx [15.07.2014]. 426 Vgl. European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 7.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 133  Staatlich getriebene Notwendigkeit durch E-Government und unbare Abwicklung von Sozialleistungen und Transferzahlungen427  Drohende finanzielle und soziale Ausgrenzung.428

4.3.1 Die Kündigung des Girokontos durch die Bank

Der überwiegende Teil der Konsumenten, die mit den Nachteilen der Kontolosigkeit konfrontiert sind, hatte in ihrer Vergangenheit ein Konto, das ihnen aber aufgrund bestimmter Umstände durch die Bank gekündigt wurde. Auf Basis der AGB der Banken ist die Geschäftsbeziehung zwischen Bank und Kunde für sämtliche Geschäftsarten durch Einzelverträge geregelt. In diesen finden sich sowohl Übereinkünfte für die jeweilige Geschäftsart, als auch für die Zeit der Vertragsabwicklung.429 Von Beginn an geregelt sind bereits die Fristigkeiten und kausalen Konsequenzen bei Zahlungsverzug. Darüber hinaus umfasst die Mitwirkungspflicht und Haftung des Kunden gemäß Z 13 AGB insbesondere die Verpflichtung zur „…Mitteilung des Verlustes oder der Einschränkung der Geschäftsfähigkeit.“430 Und diese ist klar gegeben, wenn über das Vermögen des Kunden ein Schuldenregulierungsverfahren eröffnet wird, oder in einem bereits früher eröffneten Sanierungsverfahren der Status auf Insolvenz geändert wird. Die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit ergibt sich aus dem Verfahren mit dem Entzug der Eigenverwaltung. Abgesehen von der Informationspflicht des Kunden diese Tatsache dem Kreditinstitut mitzuteilen, erlangt dieses, mittels laufender Überprüfung der Insolvenzdatei, ohnehin Kenntnis über ein anhängiges Verfahren.

H14 Kunden deren Girokonto bei Bekanntwerden der Schuldenregulierung gekündigt wurde, haben eher Angst die Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten, wenn sie das Konto nicht mehr bei der Zweite Sparkasse führen.

427 Als erstes europäisches Land nimmt vor allem Schweden eine Vorreiterrolle in der Substitution von Bargeld ein und forciert Kartenzahlungen, um die Verbrechensbekämpfung zu stärken und die Schattenwirtschaft zurückzudrängen.

428 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 3. 429 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 19. 430 Vgl. o. V. [Allgemeine Geschäftsbedingungen Sparkassen 2013], o. S.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 134 Die AGB Banken sehen für beide Seiten die Möglichkeit einer Kündigung von unbefristeten Girokontoverträgen vor. Ein auf unbestimmte Dauer abgeschlossener Girokontovertrag kann vom Verbraucher nach Z 23 Abs 2 und 4 AGB jederzeit gekündigt werden und von der Bank nach Einhaltung einer Frist von zwei Monaten.431 Bei Vorliegen wichtiger Gründe kann das Vertragsverhältnis jederzeit von beiden Vertragspartnern mit sofortiger Wirkung gemäß Z 24 Abs 2 AGB gekündigt werden, insbesondere, „…wenn eine Verschlechterung oder Gefährdung der Vermögensverhältnisse des Kunden oder eines Mitverpflichteten eintritt und dadurch die Erfüllung von Verbindlichkeiten gegenüber dem Kreditinstitut gefährdet ist.“432 Entweder wird die Bank über diverse Datenbanken Kenntnis davon erlangen, wenn ein Kunde insolvent wird, oder aber die Bank hat den Kunden bereits selbst aufgrund von Zahlungsrückständen ausgemahnt und etwaige Kreditverbindlichkeiten fällig gestellt. In der Regel wird das Kreditinstitut das finanzielle Gebaren des Kunden kennen und eine Fälligstellung in der Praxis dann anstreben, wenn sich die Überschuldung des Kreditnehmers unkontrolliert vergrößert, Einkommen langfristig oder dauerhaft ausfällt, der Schuldner von dritter Seite auf Rückzahlung einer Verpflichtung geklagt wird oder alle Mahnstufen durchlaufen wurden.

Die Rechtsfolgen einer Kündigung sind für den Kunden weitreichend, so werden bei Beendigung der gesamten oder einzelnen Geschäftsverbindungen umgehend alle Schuldbeträge fällig. Der Kunde ist im Zuge dessen auch verpflichtet, das Kreditinstitut von für ihn übernommenen Verpflichtungen zu befreien. Erfolgte Gutschriften werden rückgeführt. In der Praxis bedeutet eine Kündigung, speziell nach Bekanntwerden der Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens, für den Kunden eine Sperre aller Konten und Wertpapierdepots sowie der Bankomat- und Kreditkarten. Alle Daueraufträge und Einziehungsaufträge der Konten werden gelöscht. Zugriffsrechte für Onlinebanking und Zutrittsberechtigungen zu Bankschließfächern werden entzogen. Ab diesem Zeitpunkt wird der Kunde auch nicht mehr von Vertriebsmitarbeitern betreut, sondern wird an die jeweilige Sanierungs- oder Rechtsabteilung zur weiteren Bearbeitung übergeben. Ob mit dem Zeitpunkt

431 Vgl. o. V. [Allgemeine Geschäftsbedingungen Sparkassen 2013], o. S. 432 Ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 135 des Kontoverlustes das bestehende Arbeitsverhältnis gefährdet ist, soll durch folgende Hypothese und wesentliche Kernfrage überprüft werden.

H15 Durch den Verlust des Girokontos war der Arbeitsplatz des Betroffenen gefährdet.

4.3.2 Die Ablehnung der Führung eines Girokontos durch eine Bank

Die Kündigung des Girokontos durch die Bank zwingt den Konsumenten, sich zwangsläufig bei einem anderen Institut um eine neue Kontoverbindung zu bemühen. Geschäftlicher Usus von Banken ist es aber, Kunden die Eröffnung von Girokonten zu verweigern, wenn die Bonitätsprüfung einen grundsätzlichen Zweifel der Kreditwürdigkeit ergibt. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit stellt eine ex ante Betrachtung dar und bedeutet, dass der Verbraucher zukünftig fähig sein wird, Zahlungsverpflichtungen, die aus einer Geschäftsverbindung entstehen, vollständig zu erfüllen.433 Wie schon in Kapitel 2.3.1 detailliert erläutert wurde, müssen seitens des Kreditgebers Datenbanken zur Bonitätsprüfung des Kreditnehmers herangezogen werden.

Hat ein Konsument in diesen Datenbanken negative Hinweise wie Mahnung, Klage, Fälligstellung oder ähnliches vermerkt, erschwert dies den Zugang zu Kontoverbindungen oder Krediten erheblich. Kreditgewährende Institutionen agieren auf diese Anzeichen schlechtester Bonität dann mit dementsprechender Vorsicht und verweigern meist eine Geschäftsbeziehung. Auch die Eröffnung eines selbst auf Habenbasis geführten Girokontos, wird von Banken in diesem Fall überwiegend abgelehnt. Zu groß scheint das Risiko zu sein, die durch die Kontoführung unmittelbar entstehenden Kosten, mangels Kontodeckung nicht verrechnen zu können. Konsumenten haben zwar Anspruch auf Löschung ihrer Daten, dieser ist aber an bestimmte Fristen gebunden. So wären Daten zu Kredit- oder Leasingschulden ohne Zahlungsanstand spätestens 90 Tage nach vollständiger Rückzahlung löschungsfähig, jedoch mit Zahlungsbeanstandung spätestens nach 5 Jahren. Bei nicht vollständiger Rückführung oder sonstigen schuldbefreienden

433 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 147.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 136 Ereignissen entsteht erst 7 Jahre nach Tilgung der Schuld Anspruch auf Löschung der gespeicherten Daten.434 Der Makel der Zahlungsschwierigkeiten der Vergangenheit haftet dem Konsument demzufolge lange Zeit an. Die Warnliste, die ebenso vom KSV geführt wird, gibt Auskunft über unerlaubten Gebrauch von Kredit- und Bankomatkarten und enthält vor allem Hinweise von Fälligstellungen und Rechtsverfolgungen von Girokonten und Krediten.435 Gelöscht werden können Eintragungen bei vollständiger Bezahlung der Schuld nach drei Jahren, andernfalls erst nach sieben Jahren.436 Die Dauer der Fristen „…ist in dem Umstand der Warnfunktion der Liste begründet: Sie soll helfen, das Risiko einer neuerlichen Krediteinräumung zu beurteilen…“, denn „...durch die Führung des Betroffenen in der ‚Warnliste‘ werden seine späteren Möglichkeiten, in ein Vertragsverhältnis zu einem Geldinstitut zu treten, wesentlich betroffen. Dadurch sind auch seine wirtschaftlichen Dispositionsmöglichkeiten stark beschränkt.“437 Im Unterschied zur Konsumentenkreditevidenz werden in der Warnliste auch säumige Kontoinhaber eines nicht verbrieften Kontorahmens angeführt.438 Somit wiegt für die Eröffnung von Girokonten die Warnliste schwerer. Mit einem negativen Hinweis in dieser Datenbank, wird es in der Praxis für den Betroffenen kaum mehr möglich sein, ein Girokonto zu bekommen. Inwieweit diese Datenbanken korrekt geführt werden und in welcher Form daraus Nachteile für den einzelnen Konsumenten entstehen könnten, soll hier nicht näher erforscht werden, jedenfalls besteht gemäß Art 2 § 6 Abs 1 und 4 DSG die Verpflichtung, die Daten nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise zu verwenden und sie sachlich gerechtfertigt auf den neuesten Stand zu bringen.439 Grundsätzlich ist die Eröffnung eines Girokontos auch bei vorliegenden negativen Hinweisen nicht unmöglich, liegt aber im Ermessen der Bank.

Verbraucher mit negativer Bonitätsgeschichte sind für Banken auch aus kommerzieller Sicht oftmals nicht attraktiv genug, da in dieser Kundengruppe

434 Vgl. URL: https://www.ksv.at/fragen-antworten-konsumentenkreditevidenz [25.11.2013]. 435 Vgl. ebenda.

436 Bescheid der Datenschutzkommission 23.11.2001, GZ K095.014/016-DSK/2001. 437 Ebenda. 438 Vgl. Gelbmann et al. [Konsumentenrecht und Banken 2011], S. 151. 439 DSG BGBl I 1999/165.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 137 mit dem Verkauf zusätzlicher Anschlussprodukte unmittelbar nicht zu rechnen ist. Damit wäre die Führung eines Girokontos unter Umständen nicht kostendeckend, da die finanzielle Historie auch hinsichtlich der Kreditwürdigkeit keine neuerlichen Finanzierungen zulässt. Es kann auch keine Kontoüberziehung gewährt werden, die meist mit höheren Sollzinsen verbunden ist und für Banken einen wesentlichen und einträglichen Geschäftszweig darstellt. Der Zahlungsverkehr, isoliert betrachtet, wird von Banken als defizitärer Geschäftszweig dargestellt. Eine der Kernforderungen, in einer bereits 2002 von der Beratungsfirma McKinsey durchgeführten Studie im Auftrag der Bundessparte Bank und Versicherung der Wirtschaftskammer Österreich war, die Rationalisierungsbemühungen im österreichischen Zahlungsverkehr wesentlich zu intensivieren, „…da das Geschäft mit privaten Girokonten für österreichische Banken ein Verlustgeschäft ist.“440 Desweiteren attestiert die Studie dem Geschäftsfeld der Girokonten weit davon entfernt zu sein, mit einem positiven Ergebnis abzuschließen und beziffert den Jahresverlust für 2001 mit einer Höhe von € 152 Mio. Eine notwendige Kostenreduktion bedeutet in diesem Zusammenhang vor allem die Hauptkostentreiber, Bartransaktion und Überweisung, in Richtung Zahlungsautomaten oder Onlineabwicklung zu verlagern, da in dem Geschäft mit Girokonten kaum Erlössteigerungen zu erwarten sein dürften.441 Einmaleffekte wie die EURO Umstellung mögen zwar einen nicht unwesentlichen Kostenanteil dazu beigetragen haben, jedoch sieht sich besonders der Zahlungsverkehr laufend mit technischen Adaptionen konfrontiert, wie zuletzt die SEPA Umstellung, die eine kontinuierliche Budgetierung von Sondermaßnahmen erforderlich machen dürfte.

Auf Basis eines einheitlich vergleichbaren Warenkorbes an Bankdienstleistungen, die an ein Girokonto gekoppelt sind, wurden im Rahmen einer Studie im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich die durchschnittlichen Kontoführungsgebühren in Österreich mit 11 weiteren EU Ländern verglichen. Das Nutzungsverhalten österreichischer Bankkunden führt zu der Aussage, dass in Österreich im Schnitt € 50,8 weniger für die jährliche

440 URL: http://www.raiffeisenblatt.at/eBusiness/01_template1/121810312645017022- 121809748930559302_243101523672726937-233322969554784525-NA-30-NA.html [18.12.2013].

441 Vgl. ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 138 Kontoführung gezahlt werden muss, als in den Vergleichsländern. Würde man das Nutzungsverhalten mit den durchschnittlichen Europreisen bewerten, müssten österreichische Kontoinhaber tatsächlich € 68,2 mehr für ein Girokonto bezahlen. Dies ist vor allem auf den Umstand zurückzuführen, dass heimische Banken vorwiegend Kontopakete anbieten, in denen viele Leistungen pauschal abgegolten sind. Zusätzlich können die niedrigen Preise als Indikator für einen starken Wettbewerb interpretiert werden.442 Dass das Geschäft mit Girokonten defizitär ist, wird von Konsumentenschützern durchaus angezweifelt und kritisiert, aber unabhängig von der tatsächlichen Sachlage, hat diese Kritik für die Ablehnung eines Girokontos kaum Relevanz.443 Wenn interne Berechnungen von Banken zu eben diesen Schlüssen kommen, so steht es dem jeweiligen Institut derzeit frei, strategisch zu entscheiden, mit welcher Kundengruppe Geschäftsbeziehungen eingegangen werden und mit welcher nicht. Verstärkt werden diese Überlegungen vom allgemeinen Kostendruck, Deckungsbeitragsrechnungen und aufgrund abnehmender Erlöse durch regulatorische Maßnahmen. Wären mit der Führung von Girokonten und mit den sich daraus ergebenden Gebühren des Zahlungsverkehrs satte Gewinne zu erwirtschaften, hätten Kreditinstitute kaum Interesse den Zugang zu beschränken.444

Gänzlich dem Wirkungsbereich und der freiwilligen Entscheidung einer Bank ein Girokonto zu führen, entziehen sich aber die rechtlichen Verpflichtungen einer Bank, bei Kontoeröffnung eine Identitätsprüfung durchzuführen und einen Wohnsitz in der Kundendatenbank zu erfassen.445 Kann ein Kunde seine Identität nicht zweifelsfrei nachweisen, wird die Führung eines Girokontos gemäß der Sorgfaltspflicht von Banken verweigert.446 Demnach sollen Banken „… ein systematisches Verfahren für die Feststellung der Identität neuer Kunden schaffen und keine Geschäftsbeziehung eingehen, bevor die Identität eines neuen Kunden befriedigend abgeklärt ist.“447 Wenngleich die

442 Vgl. o. V. [Zahlungsverkehr in Österreich im Vergleich zu Europa 2010], S. 6ff. Studie im Auftrag der WKO durchgeführt von Capgemini.

443 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 58f. 444 Vgl. ebenda, S. 62. 445 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 2. 446 Vgl. Freeland et al. [Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität 2001], S. 5. 447 Freeland et al. [Sorgfaltspflicht bei der Feststellung der Kundenidentität 2001], S. 5.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 139 Sorgfaltspflichten hauptsächlich hinsichtlich der Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung, sowie deren Bekämpfung und Eindämmung, erstellt worden ist,448 so schließt dies trotzdem jede neue Kundenverbindung mit ein und verursacht dann Probleme, wenn Konsumenten keinen amtlichen Lichtbildausweis besitzen oder eben keinen ordentlichen Wohnsitz haben. Mit dieser Maßnahme soll auch die Vergabe von Girokonten an real nicht existierende Namen und Personen verhindert werden.

Das zu beleuchtende Problemfeld beginnt also erst nach der Erfüllung rechtlicher Mindeststandards und betrifft nur darüberhinausgehende einschränkende Auswahlkriterien, die von Banken selbst bestimmt werden, wie die Verwehrung eines Kontos bei Arbeitslosigkeit oder Schuldenregulierung. Auch strategische Überlegungen von Privatbanken können bestimmte Kundengruppen ausschließen oder bevorzugen, wenn beispielsweise versucht wird, nur wohlhabende Privatkunden mit Wertpapiervermögen zu akquirieren. Auch wird nicht jede Bank die technischen, personellen oder infrastrukturellen Voraussetzungen erfüllen, Girokonten für eine breite Kundenmasse zur Verfügung zu stellen.

Zusammenfassend trifft die Verwehrung eines Girokontos vorwiegend den wirtschaftlich und sozial schwachen Konsumenten, der meist in Verbindung mit einer negativen Kredithistorie für eine reibungslose zukünftige Geschäftsverbindung, aus Sicht der Banken, nicht geeignet zu sein scheint.449 Die Allgemeinheit der Verbraucher ist davon nicht betroffen, bildet sie doch die stark umworbene Kundenmasse, die Banken als Kunden gewinnen möchten.

4.4 Das Recht auf ein Girokonto

Vor allem durch die Technologisierung vollzieht sich in bestimmten Branchen Fortschritt in einem so erheblichen Tempo, dass dies nicht selten tiefgreifende und länger wirkende Folgen nach sich zieht. Gesetzgeber hinken dieser

448 RL 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, ABl L 2005/309, 15.

449 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 50f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 140 Entwicklung meist spürbar nach, vor allem, weil ein Großteil dieser vorwiegend technischen Evolution weder durch politische oder demokratische Prozesse hervorgerufen wird, sondern vielmehr durch wirtschaftliche Tätigkeit von Unternehmen.450 Ein Girokonto ist die Grundvoraussetzung einer Teilnahme am modernen Geldleben. Ein Ausschluss aus Zahlungsverkehrsdienstleistungen bedeutet Marktteilnehmern den Marktzugang zu erschweren oder zu verwehren. Verbraucherschützer bekräftigen immer wieder ihre langjährige Forderung, einen gesetzlichen Anspruch auf Führung eines Girokontos auf Habenbasis als wirtschaftliches Grundrecht einzuführen. Auch die Schuldnerberatung weicht nicht von der Forderung auf eine gesetzliche Einführung eines Girokontos als Allgemeingut ab und sieht keine Alternative zum Girokonto als Basisprodukt, welches dem Zahlungsverkehr dient. Die Verwehrung eines Girokontos ist wie der Ausschluss, ein öffentliches Verkehrsmittel benutzen zu dürfen.451 Die Kreditwirtschaft selbst hat mit einem sukzessiven Verdrängen der Barzahlungsmöglichkeit aus der Bankdienstleistung einen unverzichtbaren Lebensbestandteil gemacht, dennoch ist die Ausgrenzung einzelner Marktteilnehmer freigestellt.

Grundrechtliche und sozialrechtliche Ansprüche können sich nur gegen den Staat richten, die Führung von Girokonten liegt aber in der Hand der Privatwirtschaft, somit ergibt sich die Frage, in welchem Ausmaß und mit welcher Maßnahme der Staat überhaupt regulierend eingreifen kann und möchte.452 In dem Versuch, eine legistische Lösung zu finden, wird in erster Linie einmal die Frage zu klären sein, welches Ressort grundsätzlich dafür zuständig ist. Die wenigen Bemühungen einzelner österreichischer Parlamentarier in den letzten Jahren zeigen deutlich, dass sowohl durch die Frage der Entscheidungszuständigkeit, als auch durch starke Widerstände aus der Wirtschaft, eine Gesetzesfindung für Österreich allein kaum umsetzbar zu sein scheint.

Ein Blick in parlamentarische Materialen der Vergangenheit offenbart die unterschiedlichen Interessenslagen. Das Bundesministerium für Finanzen sieht

450 Vgl. Stark [Gesellschaftliche Verantwortung in Unternehmen 2008], S. 339. 451 Vgl. Grohs [Privatkonkurs und Schuldenberatung 2008], S. 24. 452 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 149.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 141 sich als grundsätzlich nicht zuständig und verweist als geeigneten Regelungsort die Problematik an das Bundesministerium für Justiz und hier insbesondere auf das Konsumentenschutzgesetz. Die Einführung eines Kontrahierungszwanges für Kreditinstitute widerspricht dem Grundsatz der Vertragsfreiheit und würde in das verfassungsgesetzliche Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums eingreifen.453 In der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage betreffend „Recht auf ein Girokonto“ verweist das Bundesministerium für Finanzen auf Informationen der Wirtschaftskammer Österreich, wonach Personen mangelnder Bonität in allen zu rechtfertigenden Fällen eine Kontoverbindung erhalten. Die Überwälzung von Spesen und Gebühren für die Führung von Konten für mittellose Personen auf andere Bankgeschäfte oder Kunden, wird zusätzlich als verfassungsrechtliche Problematik gesehen.454

Das Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz bestätigt in der Anfragebeantwortung derselben parlamentarischen Anfrage betreffend „Recht auf ein Girokonto“ zumindest die Ressortzuständigkeit. Gleichzeitig jedoch erachtet die Konsumentenschutzsektion das Problem in der Praxis als übertrieben, da aufgrund der engen Kooperation mit den Schuldnerberatungen gelegentlich seitens des Ministeriums bei Banken für Kunden interveniert wurde und es für jeden dieser Fälle gelungen ist, ein Girokonto zu bekommen. Die Kompetenz für eine zivilrechtliche Regelung wird dann letzten Endes wieder beim Bundesministerium für Finanzen gesehen.455

Weder das Bundesministerium für Finanzen noch für soziale Sicherheit sehen einen Handlungsbedarf für die rechtliche Regelung betreffend eines Girokontos für alle Bürger, unabhängig ihrer wirtschaftlichen Situation oder sonstigen Hinderungsgründe. Die Dachorganisation der staatlich anerkannten Schuldnerberatungen geht davon aus, dass über 50.000 Menschen in Österreich ein Girokonto eröffnen würden, wäre ihnen der Zugang dazu nicht verwehrt.456 Es wird kaum möglich sein eine exakte Anzahl festzulegen,

453 Anfragebeantwortung 2400/AB XXII.GP. 454 Ebenda. 455 Anfragebeantwortung 2646/AB XXII.GP. 456 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Access to a basic payment account 2010], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 142 bezweifelt werden kann jedoch aufgrund der Erfahrungsberichte der Schuldnerberatungsstellen, dass es dem Sozialministerium gelingen dürfte, für jeden dieser Kunden selbst nach Intervention, ein Girokonto zu vermitteln. Zusätzlich ist mit Einleitung von Privatinsolvenzen zunehmend eine Kündigung von Girokonten zu beobachten und auch nach erfolgreicher Regulierung dürften „…diese Kunden im Bankdienstleistungsbereich unerwünscht bleiben.“457

In einem neuerlichen Entschließungsantrag an das österreichische Parlament wird wiederum der Finanzminister aufgefordert, dem Nationalrat einen Gesetzesvorschlag zur Beschlussfassung vorzulegen, der das Recht auf ein bezahlbares Girokonto auf Habenbasis vorsieht.458 In der Begründung der Antragstellung werden Schwierigkeiten bei der Bewältigung des alltäglichen Finanzgebarens, ohne die Möglichkeiten Transaktionen über ein Girokonto zu regeln, angeführt. Da sich an den Grundrechten aber nichts geändert hat, insbesondere dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, und sowohl das Finanz- als auch das Sozialministerium mit den bereits erwähnten parlamentarischen Anfragebeantwortungen das Problem im Hinblick auf seine Relevanz als übertrieben erachten, scheint eine rechtliche Verankerung des Rechts auf ein Girokonto weiterhin schwer umsetzbar zu sein. Obwohl sich das Problem im Laufe der Zeit von einem verbraucherschutzrechtlichen zu einem sozialpolitischen gewandelt hat, da es nicht die Gesamtheit der Verbraucher betrifft, sondern vorwiegend wirtschaftlich und sozial Benachteiligte sowie überschuldete Haushalte.459 Eine Regelung zielt damit auf den Schutz sozial Schwacher und Benachteiligter ab.

Auf die Aufforderung aus dem Jahr 2009 an Interessensvertretungen im Konsultationspapier der EU zum Thema „Finanzielle Eingliederung - Ein Konto für jedermann“ Stellungnahmen abzugeben, haben sich auch österreichische Verbände zu Wort gemeldet, daher kann davon ausgegangen werden, dass diese Stellungnahmen auch die grundsätzlich gültige Meinung zu diesem Thema darstellen. Mit dem Konsultationspapier konzentrierte sich die Kommission auf Fragen der Zweckmäßigkeit eines rechtlichen Zugangs für

457 Grohs [Privatkonkurs und Schuldenberatung 2008], S. 20. 458 Entschließungsantrag 145/A(E) XXIV.GP. 459 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 88f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 143 jeden EU-Gebietsansässigen, auf die Abwägung und Überprüfung der bisherigen Annahmen zu diesem Thema und auf die Eventualität der freiwilligen Verpflichtung und Verhaltensänderung von Finanzdienstleistern. Abschließend stellt die Kommission grundsätzlich die Frage, ob das Thema der finanziellen Eingliederung überhaupt und in welcher Form auf EU Ebene behandelt werden soll.460

Erwartungsgemäß sind bei den Befürwortern dieses Rechts die Bundesarbeiterkammer, die Dachorganisation der österreichischen Schuldnerberatungen und die Caritas zu finden.461 Dementsprechend bekräftigt die Schuldnerberatung die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung und sieht eine sich verstärkende Problematik, vor allem für Konsumenten in und nach Insolvenzverfahren. Die bisherigen Bemühungen und Verhaltenskodizes der Kreditwirtschaft haben sich als nicht ausreichend erwiesen. Des Weiteren präzisiert sie auch die erforderliche Ausgestaltung eines dafür notwendigen Girokontos, das zu vernünftigen Kosten zumindest die Funktionen bieten soll, die im modernen Gesellschaftsleben für essentielle Banktransaktionen notwendig sind.462

Als übertrieben hält die österreichische Wirtschaftskammer in der Stellungnahme für den Bereich „Bank and Insurance“, als Vertreterin der gesamten Bankenwirtschaft, die Darstellung finanzieller Ausgrenzung und bezieht sich damit auf statistische Umfragedaten des Konsultationspapiers, wonach nur 2% der EU-Bürger keinen Zugang zu einem Girokonto hätten. Damit, so schlussfolgert die Wirtschaftskammer, sei kein regulatives Eingreifen seitens der EU erforderlich und sieht den Handlungsort eher auf nationaler Ebene. Die Gründe kein Konto zu führen, differieren in jedem europäischen Land zu stark, als dass ein einheitliches System gefunden werden könnte, deshalb sollten bestehende nationale „best practice“ Lösungen unterstützt werden. Damit wird auch auf die marktgetriebenen bisherigen und zukünftigen Bemühungen und Umsetzungen der Bankenbranche verwiesen, die neue rechtliche Vorschriften obsolet machen. Die Frage der kostenlosen Führung

460 Vgl. Europäische Kommission [Ein Konto für jedermann 2009], S. 4ff. 461 Vgl. Valina [Girokonto als Bestandteil adäquater Daseinsvorsorge 2010], S. 28ff. 462 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Access to a basic payment account 2010], S. 3f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 144 eines speziellen Kontos wird kategorisch abgelehnt, da diese auf eine andere Kundenschicht umgewälzt werden müssten.463

Der Sparkassenverband begrüßt in seiner Stellungnahme zu dem selben Papier, alle Aktivitäten die bereits unternommen wurden, um die Lücke von Konsumenten ohne Girokonto zu schließen, sieht aber auch gleichzeitig erhebliche Länderunterschiede innerhalb Europas, weshalb Konsumenten kein Konto bekommen oder bewusst keines wollen. Eine Kohärenz zwischen sozialer Ausgrenzung und der Verfügbarkeit eines Girokontos wird nicht anerkannt und der gewährleistete Zugang dazu kann auch nicht als Allheilmittel gegen soziale Ausgrenzung verstanden werden.464 Banken sollen zumindest nicht verpflichtet werden, eine soziale Rolle in der Gesellschaft zu spielen. Der Verband weist auf die grundsätzliche gemeinnützige Verankerung der Sparkassen in der jeweiligen Region hin und versteht dies als einen selbstverständlichen Teil der Corporate Identity. Als Beweis dafür wird auf die Existenz der Zweite Sparkasse verwiesen. Demnach wird eine Rechtsvorschrift auf europäischer Ebene als nicht notwendig erachtet und ebenso wie die Wirtschaftskammer, sieht der Sparkassenverband die Lösungskompetenz aufgrund der vielfältigen Problemlagen zu diesem Thema bei den Mitgliedsstaaten selbst, vor allem auch, weil die nationalen Behörden sich offensichtlich selbst noch uneins über eine genaue Regelung sind.465

Im Jahr 2012 nahm die Europäische Kommission eine erneute „Konsultation zu Bankkonten“ vor, mit dem Hinweis „…auf die Gewährung eines reibungslos funktionierenden und wettbewerbsfähigen Bankenmarkts für Privatkunden...“.466 Auch in der Stellungnahme auf diese zweite Konsultation antwortet der Sparkassenverband ähnlich wie zuvor und kann nun schon auf über 8.000 Kunden hinweisen, denen in der Zweite Sparkasse ein Konto zur Verfügung gestellt wurde. Nach wie vor wird eine Intervention auf EU Ebene verneint.467 Auch das Ergebnis der 124 Reaktionen von Interessensverbänden aus 19

463 Vgl. Wirtschaftskammer Österreich [Financial Inclusion 2009], S. 1ff. 464 Vgl. Savings Banks Association [Financial Inclusion 2010], S. 1. 465 Vgl. ebenda, S. 2. 466 Europäische Kommission [Konsultation zu Bankkonten 2012], S. 10. 467 Vgl. Savings Banks Association [EC Consultation on Bank Accounts 2012], S. 5.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 145 anderen Mitgliedstaaten verweist überwiegend, zur Frage des Kontozugangs, auf nationale Vorschriften und sieht keinerlei Regelungsbedarf erforderlich. Verbraucherschützer und Vertreter der Zivilgesellschaft plädieren nach wie vor für eine gesetzgebende Maßnahme, in der durchaus national gültige Regelungen berücksichtigt werden könnten.468 Es existiert somit weiterhin in Österreich keinerlei Rechtsanspruch des Verbrauchers auf die Führung eines Girokontos und dementsprechend auch keinerlei Grundlage bei Nichteröffnung oder Kündigung im Rahmen gesetzlicher Möglichkeiten dagegen vorzugehen. Da sich eine rein österreichische initiativ gesetzgebende Lösung nicht abzeichnet, sei an dieser Stelle auf das Kapitel 4.4.2 verwiesen, da nach dem aktuellen Stand der Bemühungen der Europäischen Kommission den Zugang zu Zahlungskonten für alle EU-Bürger zu gewährleisten, eine dementsprechende Richtlinie erarbeitet wurde. Doch selbst eine EU-Richtlinie mit einem vorgegebenen Handlungsrahmen entbindet den österreichischen Gesetzgeber nicht per se einen eigenen Weg, unter Berücksichtigung nationaler Gepflogenheiten, zu finden, um diesem Problem in Form eines adäquaten Gesetzes Rechnung zu tragen.

Die Ambivalenz der öffentlich bezogenen Positionen des Sparkassenverbandes und der gleichzeitigen Existenz der Zweite Sparkasse, scheint offensichtlich eine Fahrt vorbei an Skylla und Charybdis zu sein. Auf der einen Seite wurde die „Bank für Menschen ohne Bank“ aus den teilweise von der EU vorgebrachten Argumenten gegründet, genau weil der Sparkassensektor hier Handlungsbedarf gesehen hat, und auf der anderen Seite gilt es den Bankensektor vor ausufernder Reglementierung und weiteren Kostentreibern zu schützen. Die Forderung der EU nach einem Konto für jedermann, zu möglichst niedrigen Kosten, ist klar dargelegt und stellt für die Bankenbranche ein Problem dar. Der Sparkassensektor scheint sich mit der Zweite Sparkasse diese Flanke gesichert zu haben, da die EU bestehende Initiativen, die bereits funktionieren, nicht in Frage stellen möchte.469 Gleichzeitig geht der Sektor weit über die Forderung der EU Kommission hinaus, zumal dieses Institut auch als erste Bank in Österreich konkrete Verantwortung für dieses spezielle Kundenklientel übernommen hat. Dass es in Österreich nun dadurch bereits

468 Vgl. Europäische Kommission [Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren 2013], S. 7. 469 Vgl. Europäische Kommission [Ein Konto für jedermann 2009], S. 14.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 146 eine, mittlerweile gerne zitierte Lösung gibt, schmälert sogar die Chance auf eine legistische Lösung auf nationaler Ebene und birgt die Gefahr in sich, dass die Zweite Sparkasse an ihre Kapazitätsgrenzen stößt.

4.4.1 Die Vertragsfreiheit und Privatautonomie der Banken und Sparkassen

Gegen das Recht auf ein Girokonto für jedermann spricht die Vertragsfreiheit und Privatautonomie von Kreditinstituten. Das Privatrecht sieht für juristische und natürliche Personen vor, ihre Rechtsverhältnisse grundsätzlich selbst zu gestalten, sofern sie nicht gegen ein gesetzliches Verbot oder nach § 879 ABGB gegen die guten Sitten verstoßen.470 Die Privatautonomie umfasst die Abschlussfreiheit, die Gestaltungsfreiheit, die Form- und Endigungsfreiheit. Die letzten drei genannten sind insbesondere für Kreditinstitute durch das Bankwesengesetz und das Verbraucherkreditgesetz stark reglementiert. Für die Vertragsfreiheit ergeben sich kollektive Einschränkungen, unter anderem aus allgemeinen Gerechtigkeits- und wohlfahrtsstaatlichen Überlegungen heraus. Eine Ausnahme aus der Abschlussfreiheit statuiert der Kontrahierungs- und Abschlusszwang. Die öffentliche Hand, ein monopolistischer oder ein marktbeherrschender Unternehmer, können nicht willkürlich Dienste verweigern und einen Vertragsabschluss unbegründet ablehnen. Dazu zählen primär die Versorgung mit existenziellen Gütern wie Strom, Gas, Wasser und der öffentliche Verkehr. Exemplarisch seien an dieser Stelle auch gewerbliche Letztverkäufer oder Anbieter von Postdiensten gemäß § 8 PostG (Postgesetz) erwähnt.471

Eine weitere Ausnahme basiert auf der Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge und Anhänger nach § 59 Abs 1 KFG (Kraftfahrgesetz).472 Demnach müssen zum Verkehr zugelassene Kraftfahrzeuge haftpflichtversichert sein, um Dritte vor eventuellen Schäden zu schützen, vor allem wenn der Verursacher das volle Ausmaß des Schadens nicht aus seinem Privatvermögen decken könnte.

470 ABGB BGBl 1992/275. 471 PostG BGBl I 2009/52. 472 KFG BGBl I 2007/37.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 147 Um diese gesetzliche Verpflichtung einzuhalten, werden wie in § 25 Abs 1 und 4 KHVG (Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsgesetz) bestimmt, Versicherungen zum Vertragsabschluss gezwungen.473 Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherungsnehmer von drei Versicherungsgesellschaften zuvor schriftlich abgelehnt wurde. Dieser hat dann den Anspruch zu einer Versicherung über den Fachverband zugewiesen zu werden. Die verpflichtete Gesellschaft kann dann ihr etwaiges erhöhtes Risiko in Form eines maximal 50%igen Prämienzuschlages oder im Schadensfall, eine Beteiligung in der Höhe von maximal einer Jahresprämie beim Versicherungsnehmer einfordern.

Eine flächendeckende Verpflichtung, jedem Antragsteller die Führung eines Girokontos zu gewähren, belastet Kreditinstitute mit erheblichen Risikokosten. Ein angeblich fehlender Wettbewerb oder ein monopolähnlicher Markt im Bankensektor existiert schon aufgrund des regen Interesses und Kampf um Neukunden, nach Meinung der Banken, nicht.474 Mit dem gleichen Argument kann auch, trotz wirtschaftlicher Bedeutung des modernen Zahlungsverkehrs, eine Bank nicht auf die Ebene eines öffentlichen Versorgungsunternehmens gestellt werden. Ein Rechtsanspruch auf ein Girokonto kann demnach nicht abgeleitet werden, weder für eine Bank noch für einen Anbieter eines Zahlungssystems.

Zumindest regelt § 4 Abs 1 ZaDiG für Betreiber eines Zahlungssystems, dass diese weder unmittelbar noch mittelbar „Zahlungsdienstleister, Zahlungsdienstnutzer oder andere Zahlungssysteme am Beitritt zu einem Zahlungssystem unbillig behindern oder restriktive Regelungen in Bezug auf die effektive Teilnahme an anderen Zahlungssystemen auferlegen…“ dürfen.475 Zahlungssysteme nutzen unterschiedlichste Verrechnungsmodalitäten, wobei der Großteil die zeitgleiche Abbuchung vom jeweiligen Girokonto mit dem Kauf der Ware erfordert. Auch ein Aufladen eines „Quick Chip“476 erfordert für den Aufladevorgang selbst ein Girokonto beziehungsweise grundsätzlich eine Bankomatkarte mit Chip. Desweiteren besteht die Notwendigkeit ein Girokonto

473 KHVG BGBl I 2011/138. 474 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 23. 475 ZaDiG BGBl I 2009/66. 476 Bargeldloses Zahlungssystem vorwiegend für kleinere Zahlungsbeträge.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 148 zur Abrechnung der Zahlungsbeträge bei Online Überweisungen, elektronischen Schecks und Lastschriftverfahren sowie kreditkartenbasierenden Abbuchungen zu führen. Es existieren aber auch Zahlungssysteme, die dies nicht erfordern, wie der Kauf mittels vorausbezahlten Prepaid Produkten oder der Kauf über Zahlungssysteme, die den aufgelaufenen Saldo im Nachhinein über eine periodische Rechnung ausgleichen.477 Eine Verantwortung zur Führung eines Girokontos ist allein schon deshalb nicht bei Betreibern von Zahlungssystemen zu suchen, da diese höchstens Kundenkonten führen, die der periodischen Saldierung von Zahlungsaufträgen dienen. Auch das Produktspektrum ist zu spezifisch und erfüllt nicht die breiten Anforderungen des Verbrauchers an ein Girokonto. Besonders die bereits näher diskutierten und nach Z 1 bis 6 des § 1 Abs 2 ZaDiG erschöpfend aufgezählten Ausführungen von Zahlungsdiensten, spiegeln den Charakter eines Girokontos des täglichen Bedarfs wider.478 Zahlungssysteme dienen nur dem Rechnungsausgleich und nutzen Banken, die in einem Dreiecksverhältnis die Gültigkeit des Zahlungsvorganges zwischen Käufer und Verkäufer absichern.

Nicht unbedacht bleiben sollte, dass in der Diskussion um das Recht auf ein Girokonto meist von der Notwendigkeit von kostengünstigen oder kostenlosen Basiskonten gesprochen wird. Bankprodukten, wie allen anderen Dienstleistungen auch, sind übliche betriebswirtschaftliche Kosten für die Erhaltung des Filialnetzes, der automatisierten Infrastruktur, für ausgebildete Mitarbeiter, Informatikkosten und ähnliches zuzurechnen. Diese entstehenden Kosten eines Basiskontos trägt entweder der Konsument, der Anbieter oder eine dritte Seite. Ein dauerhaftes Abwälzen auf die übrigen Kunden eines Finanzinstitutes wird aufgrund deren mangelnder Akzeptanz nicht möglich sein. Dies war auch eine der Kernüberlegungen die Zweite Sparkasse als eigenständiges Institut zu führen. Eine gänzliche oder teilweise Übernahme von Kosten durch eine dritte Seite, beispielsweise durch den Staat, scheint insofern nicht gänzlich unvorstellbar, da besonders für staatliche Institutionen Kostenreduktionen bei der Überweisung von Transferzahlungen zu erwarten sind. Kunden können sich durchaus Kontoführungsgebühren in angemessener

477 Waren- oder Dienstleistungen wie Automatenkäufe, Parktickets und dergleichen können mittels Mobiltelefon bezahlt werden. Die Abrechnung erfolgt auf der monatlichen Gesamtabrechnung des jeweiligen Dienstleisters.

478 ZaDiG BGBl I 2013/184.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 149 Höhe leisten und sind auch, wie die Einhebung der Kontoführungskaution bei dem Basiskonto der Zweite Sparkasse beweist, bereit diese anstandslos zu zahlen.479 Es werden am österreichischen Bankenmarkt zwar kostenlose Girokonten angeboten, jedoch nur von spezifischen Genossenschaftsbanken oder für bestimmte Kundengruppen.480 Doch bei allen Modellen findet folgerichtig ein kalkulatorischer Ausgleich statt, wobei speziell bestimmte, heftig umworbene Kundengruppen zunächst mit kostenlosen Konten an eine Bank gebunden werden sollen, um diese im späteren Verlauf zu zahlenden Vollkunden zu machen. Infolgedessen ist die Maximalforderung nach einem „kostenlosen Basiskonto für jedermann“ dementsprechend schwieriger umzusetzen.

4.4.2 Recht auf ein Girokonto im Europavergleich

Durch die Mitgliedschaft Österreichs in der Europäischen Union werden auch bestimmte Umsetzungskompetenzen an diese supranationale Gemeinschaft abgegeben. Die intensive Auseinandersetzung mit der Materie und der Stand der bisherigen Bemühungen, lassen den Schluss zu, dass eine rechtliche Lösung für Österreich wahrscheinlicher von Seiten der EU erwirkt wird. Im Folgenden soll zunächst ein chronologischer Überblick der europäischen Bemühungen, den Zugang zu Bankkonten zu gewährleisten, dargestellt werden, um im nächsten Kapitel durch einen EU Ländervergleich aufzuzeigen, welche Länder dieses Problem bereits adäquat gelöst haben.

Auf europäischer Ebene, und im weiteren Verlauf dieser Arbeit ist damit der Wirtschaftsraum der Mitgliedstaaten der Europäischen Union gemeint, beginnen die Überlegungen zur Beseitigung ungerechtfertigter Hemmnisse bei Eröffnung jeder Art von Konto mit dem Weißbuch für die Jahre 2005-2010.481 In dem im Jahr 2007 folgenden Grünbuch über Finanzdienstleistungen für Privatkunden im Binnenmarkt wurden umfangreiche Überlegungen zu dem Gesamtthema angestellt, mit dem Ziel, Initiativen zu verfolgen, die nachweislich

479 Vgl. Valina [Girokonto als Bestandteil adäquater Daseinsvorsorge 2010], S. 34. 480 So wie beispielsweise Schüler und Studentenkonten. 481 Kommission EG [Weißbuch zur Finanzdienstleistungspolitik 2005].

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 150 für Verbraucher wahrnehmbare und eindeutige Funktionsverbesserungen für Finanzdienstleistungen bedeuten. Konkret wurden Ziele und Maßnahmen zum Abbau von Barrieren, zur Preissenkung durch Steigerung des Wettbewerbs, zum Ausbau des Schutzes von Verbraucherinteressen und zur Entwicklung der finanziellen Allgemeinbildung festgesetzt.482 Die Bemühungen der Kommission wurden im Jahr 2009 durch ein Konsultationspapier fortgesetzt, durch das europaweit Interessensverbände aufgerufen wurden, darin aufgeworfene Fragen zur Verbesserung und Gewährleistung eines Zugangs zu einem regulären Bankkonto, zu beantworten.483 In ihrer erklärenden Einleitung sieht die Kommission den Zugang und die Nutzung eines Bankkontos als Schlüsselfaktor für die soziale Integration und vermutet, dass die finanzielle Ausgrenzung das Leben von Bürgern, die ohnehin bereits arbeitslos oder alleinerziehend sind, über ein geringes Einkommen verfügen oder Sozialhilfe empfangen, noch deutlich verschärft.484

Eigenen Datenerhebungen der Europäischen Kommission zufolge besitzen 7% aller EU-Verbraucher (oder 30 Mio europäische Konsumenten) über 18 Jahre kein Girokonto.485 Da aber Banken keine Statistiken über abgelehnte Kontoführungen aufzeichnen, können diese Zahlen auf EU Ebene, sowie auch auf nationaler Ebene, nur geschätzt werden. Insbesondere der freie Personenverkehr, als eines der grundlegendsten europäischen Rechte, scheint durch die mangelnde Ausstattung von Girokonten der Konsumenten beeinträchtigt zu sein.486 So gibt es eine Vielzahl von Beschwerdefällen von EU-Bürgern, die in einem anderen EU Staat als ihrem Heimatland ein Girokonto eröffnen wollten. Sei es für den Erhalt von Pensionszahlungen, um ein Studium zu finanzieren, Lohn eines Unternehmens im Ausland zu erhalten oder die Zahlungen für eine Ferienwohnung im Ausland abzuwickeln. Stets wurde der Wunsch nach einem Girokonto mit der Begründung abgelehnt, dass in dem entsprechenden Land kein Hauptwohnsitz existiere.487 Eine ausbleibende EU-

482 Vgl. Kommission EG [Grünbuch über Finanzdienstleistungen 2007], S. 7. 483 Vgl. Europäische Kommission [Ein Konto für jedermann 2009], S. 4. 484 Vgl. ebenda, S. 1f. 485 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 1. 486 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 3. 487 Vgl. European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 20.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 151 weite Regelung nährt weiterhin die suboptimale Funktionsweise der Binnenmärkte und behindert grenzübergreifende Mobilität. Errungenschaften der jüngeren Vergangenheit, wie der einheitliche Euro Zahlungsverkehrsraum488 oder die verankerten Verbraucherrechte in der Zahlungsdienstrichtlinie, entfalten erst dann ihre volle Wirkung, wenn ein europaweiter Zugang zu Girokonten gewährleistet ist.489

Die Europäische Union hat im Laufe des Jahres 2011 trotz mehrjähriger Vorbereitungszeit statt einer Legislativmaßnahme, nur eine unverbindliche Empfehlung abgegeben. Die Bundesarbeiterkammer Österreich reagierte darauf mit einem Schreiben an die Europäische Kommission und der Bitte, die Rücknahme der Legislativmaßnahme zu überdenken.490 Der Abs 9 der unverbindlichen Empfehlung 2014/92/EU sieht vor, dass Mitgliedstaaten einen, mehrere oder sämtliche Zahlungsdienstleister zur Bereitstellung von Basiskonten bestellen sollten, ohne dabei Wettbewerbsverzerrungen entstehen zu lassen.491 Die Kommission hat angegeben, dass in zumindest 11 Mitgliedstaaten Beschlüsse von nationalen Gesetzen in Vorbereitung sind. Sollten die restlichen Mitgliedstaaten nicht auf die Empfehlung reagieren, so sieht die Kommission eine Rechtsmaßnahme vor.492

Da diese Empfehlung weitestgehend ergebnislos blieb, wurde im Mai 2013 durch die Kommission ein umfassender Vorschlag für eine Richtlinie „…über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen…“ veröffentlicht.493 Darin kommt die Kommission zu dem Schluss, dass auf ihre bisherigen Empfehlungen zu diesem Thema nur eine unzureichende Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten erfolgte. Mit Hilfe dieser Richtlinie verpflichtet die Kommission die Mitgliedstaaten, alle

488 SEPA (Single Euro Payments Area) einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum mithilfe von gleichen Standards im Eurozahlungsverkehr.

489 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 5f. 490 Vgl. URL: http://www.akeuropa.eu/_includes/mods/akeu/docs/main_report_de_187.pdf [07.07.2014].

491 Empfehlung 2011/442/EU der Europäischen Kommission vom 18.07.2011 über den Zugang zu einem Konto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen („Basiskonto“), ABl L 2011/190, 87.

492 Vgl. Bundesarbeiterkammer [Recht auf ein Girokonto 2011], o. S. 493 Europäische Kommission [Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren 2013]

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 152 erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu treffen, um unter anderem der Forderung nach einem Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen nachzukommen. Unter grundlegenden Zahlungsdiensten wird gemäß Abs 30 jedenfalls die Möglichkeit verstanden, Einzahlungen und Abhebungen von Geldbeträgen zu tätigen, sowie Rechnungen, Steuern und Wareneinkäufe zu begleichen. Alle dafür notwendigen Instrumente, inklusive vorhandener Online Nutzungsoptionen, sollen zur Verfügung stehen.494

Im April 2014 wurde diese lang verhandelte Richtlinie im EU-Parlament mit einer Mehrheit von 603 Stimmen beschlossen. Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.495 Zum Zeitpunkt der Fertigstellung der vorliegenden Forschungsarbeit war die Auswirkung der Entscheidung des EU-Parlamentes auf die nationale Gesetzgebung nur modellhaft darstellbar. Die bisherigen Überlegungen und vor allem die Formulierung der Richtlinie dürften aber zu weiteren intensiven Diskussionen führen, bis eine entsprechende Gesetzesvorlage gefunden werden kann. Jedenfalls findet sich im Regierungsprogramm der österreichischen Bundesregierung (2013 – 2018) bereits eine geplante Umsetzung, die als Maßnahme zur Stabilisierung des Finanzmarktes und Stärkung von Wachstum und Beschäftigung, unter anderem auch die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf ein Basisgirokonto auf Habenbasis vorsieht, „…welches vom Finanzsektor gegen einen angemessenen Kostenersatz angeboten wird."496

Bereits jetzt treffen viele in der Richtlinie geforderte Merkmale auf die Zweite Sparkasse zu. Vor allem der Auftrag an die Mitgliedsstaaten zumindest einen Zahlungsdienstleister in ihrem Hoheitsgebiet zur Führung von Zahlungskonten zu verpflichten, führt zur Überlegung wie viel Handlungsbedarf im Lichte der Existenz der Zweite Sparkasse und den Bemühungen von Bank Austria und BAWAG/PSK überhaupt noch notwendig ist, um die Mindestanforderungen der

494 Europäische Kommission [Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren 2013] 495 RL 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, ABl L 2014/257, 214.

496 Bundeskanzleramt [Arbeitsprogramm der österreichischen Bundesregierung 2013], S. 99.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 153 Richtlinie zu erfüllen. Durch das Bestehen der Zweite Sparkasse selbst, könnte paradoxerweise eine allumfassende Gesamtlösung sogar gehemmt oder nicht in dem Ausmaß umgesetzt werden, wie es unter Umständen in anderen Ländern erforderlich ist. Es formuliert sich daraus nachstehende Frage.

F6 Sind durch die Existenz und das Handlungsfeld der Zweite Sparkasse alle in der Richtlinie 2014/92/EU geforderten Maßnahmen betreffend des Zugangs zu Zahlungskonten in Österreich bereits erfüllt; beziehungsweise wird infolgedessen eine legistische Gesamtlösung für das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen gehemmt?

Sofern alle Mindestanforderungen der RL 2014/92/EU durch die Zweite Sparkasse bereits erfüllt wären, ist in der Folge zu prüfen, ob sich dadurch auch tatsächlich eine annehmbare und akzeptierbare Alternative ergäbe, wenn die seitens der EU geforderte Umsetzung in nationales Recht um die bereits bestehende Initiative herum gebildet wird. Diese Option soll mit Hilfe folgender Frage geklärt werden.

F7 Bietet die Zweite Sparkasse eine denkbare Basis, um darauf aufbauend gesetzliche Konformität für das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen, herstellen zu können?

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 154 4.4.3 Zugang zu Bankkonten im EU Ländervergleich

Durchschnittliche Anzahl EU12 EU15 Kontoverfügbarkeit Länder Staaten der Bevölkerung Recht auf ein Basis oder reguläres 5 0 5 99,3 BE, DK, FI, FR, SE Girokonto Selbstverpflichtung 4 1 3 95,8 UK, DE, SI, IT des Bankensektor

Vereinbarung zwischen staatlichen 1 0 1 99 NL Einrichtungen und dem Bankensektor

AT, CZ, EE, EL, LT, Keine 15 9 6 92 LV, LU, MT, PL, PT, Vereinbarungen ES, HU, CY, IE,SK

Keine Vereinbarungen 2 2 0 51 BG, RO

Abbildung 16: Zugang zu Girokonten im Europavergleich497

Derzeit existieren in den verschiedenen Mitgliedsstaaten der EU unterschiedliche Lösungsansätze, um den Bevölkerungsteil ohne Zugang zu

497 Quelle: In Anlehnung an European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 8

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 155 einem Girokonto zu reduzieren. Diese sind sehr mannigfach in ihrer Ausprägung. Es hat, wie in Abs 2 der RL 2014/92/EU festgestellt wurde, „…das Fehlen einheitlicher, verbindlicher Maßnahmen auf Unionsebene zu divergierenden Praktiken und Maßnahmen auf nationaler Ebene geführt.“498 Es gibt derzeit in 5 Mitgliedstaaten einen rechtlichen Anspruch auf ein Girokonto. In Finnland und Dänemark gibt es ein Recht für jedermann. Belgien hat Bankinstitute 2003 gesetzlich dazu verpflichtet, für in Belgien lebende Konsumenten, Basisdienstleistungen anzubieten. Vor 2003 galt in Belgien eine freiwillige Selbstverpflichtung der Banken, die aber nach genauer Überprüfung seitens des Wirtschaftsministeriums als gescheitert erachtet wurde und zu einer gesetzlichen Regelung führte.499 In Frankreich ist der Zugang zu einem Girokonto seit 1984 gesetzlich verankert. Eine Bank kann zwar die Eröffnung eines Kontos ablehnen, muss dies dann allerdings der Zentralbank melden.500 Schweden garantiert nur den Zugang zu einem Sparkonto ohne Zahlungsfunktion. Eine Art Selbstverpflichtung existiert in Deutschland, Slowenien und Italien. Auch in England wird, ähnlich der Selbstverpflichtung in Deutschland, ein Basiskonto mit eingeschränkten Funktionen angeboten. Trotz klarem Bekenntnis der Banken im Jahr 2005, die Zahl der Haushalte, die kein Girokonto besitzen zu halbieren, scheitert das Vorhaben teilweise an den grundlegendsten Formalismen, um ein Konto zu eröffnen, wie beispielsweise das Fehlen eines Identitätsnachweises. Dennoch ergaben von Verbraucherverbänden verdeckt durchgeführte Stichproben, dass die Selbstverpflichtung in England funktioniert.501 In den Niederlanden haben sich sechs Banken grundsätzlich gegenüber Verbraucherverbänden dazu verpflichtet, keinem Konsumenten die Eröffnung eines Girokontos zu verwehren.

Die Situation in dem seit Juli 2013 jüngstem EU Mitgliedsstaat Kroatien wurde nicht untersucht. Somit sind hauptsächlich in den EU 15 Mitgliedsstaaten diverse Ordnungsrahmen vorhanden. Die EU 12 Länder (ohne Kroatien) haben derzeit noch keinerlei regulative Vereinbarungen zwischen Verbrauchern und

498 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 499 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 12. 500 Vgl. Moser/Hafner [Schuldenreport 2009], S. 16. 501 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 12.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 156 Bankensektor und erst gar nicht gesetzliche Initiativen. Das Existieren von Regelwerken korreliert auch unmittelbar mit der durchschnittlichen Versorgung der jeweiligen Bevölkerung mit Basiskonten.502

Abbildung 17: Durchschnittliche Kontoverfügbarkeit der Bevölkerung503

In der europäischen Gemeinschaft ergibt sich somit eine durchschnittliche Kontoverfügungsrate von 93%, mit deutlicher Erkennbarkeit der Schlechterstellung der EU 12 Staaten, mit Ausnahme von Slowenien. Signifikant wahrnehmbar ist die Unterversorgung mit Kontodienstleistungen der Bevölkerung in Rumänien, Bulgarien und Ungarn. Da die Durchdringung der Bevölkerung mit Bankprodukten des jeweiligen EU Staates unterschiedliche Bedeutung für die in ihm lebende Gesellschaft hat, muss hier mit zweierlei Maß gemessen werden. Beispielsweise ist es für die rumänische Landbevölkerung nicht weiter wichtig oder existenziell von Nöten ein Girokonto zu besitzen. Sie gelten als „unbanked“. Zu groß ist hier noch das Misstrauen Banken gegenüber, da entweder die finanzielle Bildung fehlt oder grundsätzlich nur Bartransaktionen durchgeführt werden möchten. Auch wäre es derzeit in den weitläufigen Landstrichen und mangelnden Infrastrukturen für eine Bank kaum möglich ein kostendeckendes Filialnetz zu betreiben, zumal Banken in diesen

502 Vgl. European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 8ff. 503 Quelle: In Anlehnung an European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 10

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 157 Ländern auch noch nicht den gleichen Grad an Marktsättigung erreicht haben wie in den EU 15 Staaten. Aber auch in diesen Ländern werden zumindest die Bewohner größerer Städte Nachteile haben ihr finanzielles Gebaren ohne ein Girokonto abzuwickeln, oder Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben und in der sozialen Integration erfahren. Die europäische Union lenkt den Blick rund um diese Problematik auch auf die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, sowie die freie Bewegung der Unionsbürger selbst. Da die Mobilität der Verbraucher in Bezug auf Finanzdienstleistungen als gering eingeschätzt wird, muss auch ein für Banken lohnender grenzüberschreitender Markteintritt ermöglicht werden, um nach Auffassung in Abs 4 der RL 2014/92/EU den Wettbewerb im Privatkundengeschäft zu erhöhen und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern.504

Eine Kontoverfügungsquote von 99% für Österreich scheint hoch und kann vielleicht als ausreichend erachtet werden, aber bei einer nach Statistik Austria jahresdurchschnittlichen Einwohnerzahl von 8.420.900 für das Jahr 2011 (abzüglich dem Anteil der 0- bis 14-jährigen von 14,9% oder 1.254.714) ergibt das restliche, unversorgte Prozent der Bevölkerung rund 71.600.505 Diese Zahl liegt auch über der Schätzung der Zweite Sparkasse von 55.000 Kontolosen. Eine gänzliche Versorgung durch die Zweite Sparkasse ist aus Kapazitätsgründen nicht möglich. Wenn das Ziel wie in Finnland und Dänemark lauten soll, dass 100% der Bevölkerung ein Konto haben sollen, dann müssen sich in Österreich entweder mehrere Banken selbst verpflichten oder es muss ein gesetzlich verankertes Recht dazu geschaffen werden.

Das Problem keinen Zugang zu einem Bankkonto zu haben oder zu bekommen, zeigt sich tendenziell stärker bei Bevölkerungsschichten die arbeitslos, arbeitsunfähig oder auf Sozialhilfe angewiesen sind. Auch schwache Einkommen, sowie ein Migrationshintergrund stärken nicht die Verhandlungsposition gegenüber einer Bank.506 Der zusätzlich einsetzende technologische Wandel und die Verschiebung der Finanzdienstleistung in Richtung elektronischer Zahlungsverkehr und Abwicklung der Zahlungsströme

504 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 505 Vgl. URL: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/index.html [20.10.2012]. 506 Vgl. European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 11.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 158 über Internet, mag bei älteren Generationen eine Hemmschwelle darstellen. Der Vergleich der derzeit verschiedenen Zugänge zu Girokonten in den EU Ländern verdeutlicht auch die notwendigen unterschiedlichen Wege, die jedes Land für die Umsetzung der RL 2014/92/EU gehen muss. Auch bestehende, gute Lösungen sind durch die bevorstehende Umsetzung der Richtlinie nochmals zu überprüfen, jedoch nicht zu gefährden. Eine Richtlinie ist nicht automatisch auch in der Praxis eine Problemlösungsgarantie, und eine europaweite harmonisierte Umsetzung ist dadurch auch nicht gewährleistet, zumal Verbraucherschützer und die Bankenwirtschaft weiterhin versuchen werden, den interpretatorischen Handlungsspielraum, den die Richtlinie bietet, für eigene Interessen bestmöglich auszunützen.

4.4.4 Die Selbstverpflichtung von Kreditinstituten in Deutschland

Dass jedes europäische Land einen unterschiedlich langen Weg in Gesetzgebung und alltäglicher Bankengeschäftspraxis in der Umsetzung der Richtlinie gehen muss, wurde im vorangegangen Kapitel erläutert. Besonders Länder in denen eine Selbstverpflichtung seit Jahren besteht, erfüllen bereits größtenteils die Erfordernisse der EU Richtlinie. Es erscheint sinnvoll an dieser Stelle exemplarisch die von der Kreditwirtschaft in Deutschland initiierte Selbstverpflichtung näher zu untersuchen, da sie der jetzt vorliegenden Richtlinie in vielen Punkten bereits entspricht und seit Jahren gelebte Praxis ist. Gleichzeitig werden Parallelen zur Zweite Sparkasse gezogen.

In der sozialrechtlichen Diskussion in Deutschland sehen die Gegner eines Rechts auf ein Girokonto einen damit verbundenen Eingriff in das Prinzip der Vertragsfreiheit der Kreditinstitute und infolgedessen verfassungsrechtliche Bedenken. Überdies wäre eine derartige Verpflichtung mit erhöhten Risikokosten für die einzelnen Institute verbunden. Eine gesetzliche Regelung des Rechts auf ein Girokonto wurde in Deutschland bereits erstmals im Jahr 1995 durch den Bundestagsausschuss, unter Berufung auf das Prinzip der Vertragsfreiheit, abgelehnt.507 Aufgrund mehrerer Bestrebungen einzelner Kreditinstitute, entschloss sich der Dachverband des deutschen Kreditgewerbes

507 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 23.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 159 eine Empfehlung zum „Girokonto für jedermann“ zu erarbeiten. Diese beinhaltet, dass jedem Kunden im Geschäftsgebiet ein Girokonto bereit gestellt wird. Dadurch erhält der Kunde die Möglichkeit Bareinzahlungen und Auszahlungen zu tätigen, sowie am Überweisungsverkehr teilzunehmen. Es ist dem Institut allerdings freigestellt, darüber hinausgehende Bankdienstleistungen, insbesondere Überziehungen, anzubieten. Die grundsätzliche Bereitschaft zur Kontoführung ist unabhängig von Art und Höhe der Einkünfte. Anzeichen, wie beispielsweise eine SCHUFA508 Eintragung, die auf schlechte wirtschaftliche Verhältnisse eines Kunden hinweisen, sind nicht Grund genug die Führung eines Girokontos zu verweigern. Die Eröffnung eines Girokontos wird in der Empfehlung des deutschen Zentralen Kreditausschusses nur dann als unzumutbar erachtet, wenn

 der Kunde die Leistungen des Kreditinstitutes missbraucht, insbesondere für gesetzeswidrige Transaktionen, wie Betrug oder Geldwäsche  der Kunde Falschangaben macht, die für das Vertragsverhältnis wesentlich sind  der Kunde Mitarbeiter oder Kunden grob belästigt oder gefährdet  nicht sichergestellt ist, dass das Institut die für die Kontoführung und Nutzung üblichen Entgelte erhält  die bezweckte Nutzung des Kontos nicht gegeben ist, weil das Konto durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist.509

Kritiker lehnen die Lösung dieser Frage durch eine Selbstverpflichtung, insbesondere durch die Kreditwirtschaft selbst, als unzureichend ab. Es fehlen der verpflichtende Charakter und die Kontrolle derselben.510 Allein das Vorhandensein dieser Lösung verursachte ein weiteres Ausbleiben von Gesetzesentwürfen und verhinderte eine gesetzliche Regelung im Vertrauen auf die Selbstverpflichtung. Dass sich die Banken nicht an diese Regelung halten, protokollierten deutsche Verbraucherzentralen mit tatsächlich erfassten Kündigungs- und Verweigerungsfällen. Als Hauptursache wird die

508 Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung mit dem Geschäftszweck Vertragspartner vor Kreditausfällen und Verbraucher vor Überschuldung zu schützen.

509 Ruh [Bezahlen heute 2007], S. 65. 510 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 32.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 160 Verweigerung einer Kontoführung einem negativen SCHUFA Eintrag zugeschrieben.511

Neben der Selbstverpflichtung der Kreditwirtschaft, hat der deutsche Gesetzgeber dennoch im Juli 2010 die Möglichkeit eines Pfändungsschutzkontos eingeführt. Ein monatlich nicht pfändbares Guthaben in der Höhe von € 1.028,89 kann so auf dem sogenannten „P-Konto“ vor Gläubigern geschützt werden. Es kann nicht nur ein neues P-Konto eingerichtet werden, sondern auch ein bestehendes in seiner Produktgruppe gewandelt werden. Die Intention dahinter ist es, dem Konsumenten die weitere Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr trotz Pfändung zu ermöglichen und Wochen der finanziellen Handlungsunfähigkeit zu ersparen, die es benötigt, um durch gerichtlichen Bescheid über Freibeträge verfügen zu können.512 Zum anderen soll damit auch das Ziel verfolgt werden, Konsumenten vor Kontokündigung und darauffolgender Kontolosigkeit zu schützen. 513

Vergleicht man die Selbstverpflichtung deutscher Kreditinstitute mit den Auflagen, an die der Erhalt eines Girokontos bei der Zweite Sparkasse geknüpft ist, so unterscheiden sich diese beiden Ansätze grundlegend. Insbesondere die Erachtung der Unzumutbarkeit der Führung eines Kontos, das durch Handlungen vollstreckender Gläubiger blockiert ist, wird von Konsumentenschützern kritisiert, da genau dieser Umstand eines der Kernprobleme ist.514 Im Umkehrschluss wird dann auch die Kontoverbindung eines bestehenden Kunden, der den Weg der Schuldenregulierung durch die Privatinsolvenz gehen muss, ebenso unzumutbar und eine Kündigung der bestehenden Kontoverbindung wäre durch die Regeln der Selbstverpflichtung gedeckt. Die Zweite Sparkasse stellt im Vergleich dazu den Willen zur Bereinigung der finanziellen Situation in den Vordergrund. Da das Schuldenregulierungsverfahren nur bei redlichen und motivierten Schuldnern, mit realistischer Chance auf einen wirtschaftlichen Neubeginn, angewendet wird und die Feststellung dieser Redlichkeit auf Fakten basierend auf einer

511 Vgl. Verbraucherzentrale Hamburg [Jahresbericht 2013], S. 8f. 512 Vor allem für die Bezahlung der laufenden existenziellen Kosten wie Miete und Energie. 513 Vgl. Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 26f. 514 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 32.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 161 Rechtsgrundlage im Zuge des Insolvenzverfahrens durch das Gericht erfolgt, muss diese nicht zusätzlich noch willkürlich von einer Bank festgestellt oder bestätigt werden. Bei rund 10.000 jährlichen Eröffnungen von Insolvenzverfahren in Österreich,515 würde die Frage der Unzumutbarkeit, der Führung eines Kontos bei Handlungen vollstreckender Gläubiger, eine Vielzahl von Bürgern in die Kontolosigkeit drängen. Ein Gelingen oder Scheitern eines Schuldenregulierungsverfahrens steht in einem engen Zusammenhang mit der akkuraten Zahlung der vereinbarten Raten an die Gläubiger über die gesamte Laufzeit. Die Regelung dieser Zahlungen mittels Dauerauftrag gewährleistet eine pünktliche Überweisung.

Da Geldwäsche, Betrug, Missbrauch des Kontos und durch Falschangaben erschlichene Vertragsverhältnisse ohnehin strafrechtlichen Tatbestand darstellen, müssten solche Ausschließungsgründe nicht explizit angeführt werden, weder in einer Selbstverpflichtung, noch in einer rechtlichen Lösung. Demnach konzentriert sich die Selbstverpflichtung der deutschen Kreditwirtschaft letztlich auf den Ausschluss von Konsumenten, die in wirtschaftliche Not geraten sind und durch Gläubiger verfolgt werden oder die Kontoführungsgebühren nicht bezahlen können. Die Effizienz und Wirkung einer Selbstverpflichtung hängt stark vom kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Kontext eines Landes ab und funktioniert deshalb unterschiedlich befriedigend. Die mangelnde Wirksamkeit einer Selbstverpflichtung hat in einigen Ländern bereits zu einer gesetzlichen Lösung geführt.516

4.5 Das Girokonto als Dienstleistung allgemeinen Interesses

Die Europäische Kommission definiert Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse „…als wirtschaftliche Tätigkeiten, die dem Allgemeinwohl dienen und ohne staatliche Eingriffe am Markt überhaupt nicht oder in Bezug auf Qualität, Sicherheit, Bezahlbarkeit, Gleichbehandlung oder

515 Vgl. URL: http://www.schuldenberatung.at/fachpublikum/news/2014/01/ privatkonkurse2013.php [18.5.14].

516 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 12.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 162 universalem Zugang nur zu anderen Standards durchgeführt würden.“517 Bayot erachtet die Bedeutung des Girokontos als „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse“, und bezeichnet den Zugang zu solchen Dienstleistungen als das „…Herzstück des europäischen Gesellschaftsmodells“.518 Der Erhalt des sensiblen finanziellen Gleichgewichts zur Stärkung und Förderung des sozialen und territorialen Zusammenhalts kann nicht dem Markt selbst überlassen werden.519

Damit würde das Girokonto auf die Stufe meritorischer Wirtschaftsgüter gehoben werden, welche grundsätzlich für alle Bürger einer Volkswirtschaft von entscheidender Bedeutung sind, jedoch nicht jedem Bürger, unabhängig von seinem Beitrag für die Volkswirtschaft, in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen.520 Der Zugang zu diesen Wirtschaftsgütern schränkt sich durch private Entscheidungen von Konsumenten sowie durch Produkt- und Dienstleistungsangebote der am Markt tätigen Unternehmen ein. Meritorische Güter haben positive externe Effekte, die Meritorisierung bestimmter Güter wird auch als Theorie einer Rechtfertigung staatlichen Tätigwerdens angesehen. Dieses Handeln erfolgt nach politischem Kalkül und unterliegt demnach immer subjektiven Werturteilen.521 Meritorische Wirtschaftsgüter werden erst durch politischen Entscheid allen zugänglich gemacht. Für meritorische Güter oder Dienstleistungen, die sich aufgrund marktwirtschaftlicher Parameter nicht jeder leisten kann oder will, muss der Staat also die Produktion wahrnehmen und/oder den Konsum günstiger gestalten und/oder die Verfügbarkeit erzwingen.522

Als klassische Beispiele seien hier die Schulbildung, die Schaffung von ausreichendem Wohnraum und die allgemeine Gesundheitsversorgung genannt. Insbesondere in der Gesundheitsvorsorge neigen Bürger dazu, ihre

517 Europäische Kommission [Leitfaden über staatliche Beihilfen 2013], S. 20. 518 Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 14. 519 Vgl. ebenda. 520 Abgeleitet von dem lateinischen „meritum“ zu Deutsch Verdienst; Güter und Dienstleistungen, die ein Mitglied der Gesellschaft verdient hat sie zu besitzen oder zu nutzen.

521 Vgl. Cezanne [Allgemeine Volkswirtschaftslehre 1997], S. 54. 522 Vgl. Teufelsbauer [Wieviel Staat – Welcher Staat 1998], S. 42.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 163 Gegenwarts- über ihre Zukunftsbedürfnisse zu stellen, demnach nimmt der Staat eine bewusste Korrektur individueller Entscheidungen vor und schafft, wie in Österreich beispielsweise, einen Ausgleich über die Sozialversicherung.523 Auch im Bereich der Schulbildung und des Wohnbaus muss der fürsorgliche Staat mit der Herstellung und Erhaltung der Infrastruktur oder in Form von Förderungen und Zuschüssen, die Bevölkerung grundsätzlich mit Bildung und erschwinglichem Wohnen versorgen.

Der Staat selbst wird keine Girokonten für Bedürftige anbieten oder führen. Schulz-Nieswandt sieht den Staat in der Rolle des Gewährleistungsstaates, der nicht als produzierender Leistungsstaat agieren soll, sondern bestimmte öffentliche Aufgaben an Verbände oder private Unternehmen delegieren muss, sei es durch rechtlichen Zwang, durch auf Freiwilligkeit basierende Vereinbarungen oder durch Subvention.524 Eine staatliche Subventionierung in Form einer zeitlich befristeten Übernahme von Kontoführungsgebühren oder eine Patronatserklärung für Betroffene würde zumindest die kritischen Stimmen aus der Wirtschaft verstummen lassen, die die Führung aus kosten- und risikorelevanten Überlegungen nach wie vor trotz Richtlinienvorschlag ablehnen. Die Steuerung dieser Subvention könnte, um genau die richtige Zielgruppe zu erreichen, einerseits über Sozialämter für sozial Schwache, und andererseits über Schuldnerberatungen für die Gruppe der Verschuldeten erfolgen und angewiesen werden. Diese Überlegung basiert auf der Annahme, dass die Führung von Girokonten eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse darstellt und führt zu folgender Forschungsfrage.

F8 Kann einem Anbieter von Girokonten, die dieser speziell für benachteiligte Konsumenten zur Verfügung stellt, unter dem Aspekt der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, eine staatliche Ausgleichszahlung gewährt werden?

523 Vgl. Bartling/Luzius [Grundzüge der Volkswirtschaftslehre 2008], S. 129. 524 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 125.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 164 4.6 Zusammenfassung des Kapitels

Der Zugangsschlüssel zum gesamten Leistungsspektrum einer Bank ist das Girokonto. Die stetige Veränderung der Zahlungsgewohnheiten wird durch technische Innovationen, durch den flächendeckenden Ausbau von Bankomatkassen und durch verstärkten Internethandel hervorgerufen. Alternative Zahlungsmethoden und neu zu erwartende Systeme verdrängen zusehends das Bargeld. Wenn manche Branchen die Möglichkeit der Barzahlung nicht mehr anbieten, ist die kritische Schwelle für Konsumenten ohne Girokonto erreicht. Nicht nur dass Preisvorteile bei Barzahlung nicht in Anspruch genommen werden können, meist ist es das ganze Produkt oder die Dienstleistung selbst, die aus dem virtuellen Zahlungsverkehr ausgeschlossene Konsumenten nicht mehr erwerben oder in Anspruch nehmen können. Für kontolose Konsumenten geht es aber vorwiegend nicht um einen Ausschluss aus einer neuen Komfortzone, in der durch Zahlungskarten und Smartphone ständige bargeldlose Liquidität entsteht und nutzbar ist, sondern um einen Ausschluss aus existenziellen Lebensbereichen. Primär ist es die Benachteiligung am Arbeitsmarkt und die problematische Anmietung von Immobilien, die aus einer finanziellen, eine soziale Ausgrenzung werden lassen.

Da sich ein Kontrahierungszwang nur für monopolistische Anbieter oder für Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung ableiten lässt, entscheiden Banken privatautonom mit welchen Konsumenten sie eine Geschäftsverbindung eingehen möchten. Rund um das Girokonto als Bankprodukt gibt es zwar einen starken Wettbewerb, für sich allein betrachtet, befürchten viele Banken aber, damit Verluste zu machen. So diene das Girokonto vorrangig der Neukundengewinnung und als mögliche Aussicht auf weitere Kompensationsgeschäfte. Die mangelnde Erwartung wirtschaftlich profitabler Geschäftsverbindungen veranlasst Banken nicht nur die Führung von Girokonten abzulehnen, sondern auch bestehende zu kündigen, wenn sich die Bonität des Kunden verschlechtert und Risikokosten zu erwarten sind. Girokonten sind besonders dann nicht kommerziell attraktiv genug, wenn durch Pfändungen, Gläubigerverfolgung oder Eröffnung eines Insolvenzverfahrens der administrative Mehraufwand steigt. Damit trifft es eine besonders schwache Konsumentengruppe, die durch Verlust eines Girokontos mit weiteren sozialen

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 165 Folgeproblemen konfrontiert ist und deren Chancen sich für einen wirtschaftlichen Neubeginn verschlechtern.

In Österreich gibt es weder eine rechtliche Verbindlichkeit, noch eine Art Selbstverpflichtung seitens des Bankensektors. Der Vergleich mit anderen EU Mitgliedsstaaten lässt Konzepte erkennen, die denkbar und umsetzbar gewesen wären. Eine Selbstregulierung oder eine Selbstverpflichtung stellt eine mildere Form der staatlichen Interventionsmöglichkeiten dar, die darauf abzielt, Unternehmungen in ihre Verantwortung mit einzubeziehen, anstatt staatliche Gewalt auszuüben. Durch Mitbestimmung und Mitwirkung des Bankensektors hätten strittige Punkte entscheidend ausverhandelt werden können, was bei vielen regulativen Eingriffen des letzten Jahrzehnts für Banken nicht möglich war. Die Ersparnis von zeit- und kostenintensiven Verhandlungsrunden oder Gerichtsverfahren, um die Rechtslage endgültig zu klären, die eine staatliche Zwangsmaßnahme nach sich zieht, stellt eine schnellere Umsetzung in Aussicht.525 Besonders da bisher schon wehrhafter Widerstand der Bankenbranche in ihren Antworten auf diverse Konsultationspapiere der Europäischen Union zu diesem Thema erkennbar war. Dieses Problem fokussiert sich auf vier ausführbare und unterschiedlich schwer durchzusetzende staatliche Interventionsmöglichkeiten:

1. Der Staat verpflichtet per Gesetz den Bankensektor zur Führung von Girokonten, zumindest auf Habenbasis und zu günstigen Konditionen, und statuiert damit einen Kontrahierungszwang. 2. Der Staat bewegt den Bankensektor zu einer verbindlichen Selbstverpflichtung. 3. Der Staat beauftragt eine oder mehrere einschlägige Interessensvertretungen mit der überbrückungsweisen Führung von Treuhandkonten für Konsumenten, die nachweislich kein Girokonto bei einer Bank bekommen haben. 4. Der Staat subventioniert Dienstleister für die Führung von Girokonten für benachteiligte Konsumenten, unter dem Aspekt der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.

525 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 230.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 166 Da, wie am Beispiel Deutschland veranschaulicht, Selbstregulierungen der Bankenwirtschaft nicht die gewünschten Effekte erzielen konnten und allgemein auch nur wenige EU Mitgliedstaaten eine lückenlose Versorgung der eigenen Bürger garantieren können, wurde nach vielen Jahren der Bemühungen die Richtlinie 2014/92/EU über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, erlassen. Alle Mitgliedsstaaten haben nunmehr Zeit, diese bis 2016 in nationales Recht zu integrieren. Mit dieser Entscheidung wird eine externe Lösung oktroyiert, die die Frage aufwirft, wie bestehende unterschiedliche Ansätze berücksichtigt werden können. Da die Möglichkeit einer Selbstregulierung dadurch nicht mehr gegeben ist, konzentriert sich das staatliche Handeln auf die erste hier vorgeschlagene Interventionsmöglichkeit, die die Statuierung eines Kontrahierungszwangs durch Gesetzesvorlage vorsieht.

Die umzusetzende Richtlinie lässt aber gestalterischen Freiraum zu, in dem es sogar möglich wäre die Zweite Sparkasse allein damit zu beauftragen, Girokonten für jedermann bereit zu stellen, da die Mitgliedsstaaten in Abs 38 der RL 2014/92/EU nur verpflichtet sind, dafür zu sorgen, „…dass die Zahl der Kreditinstitute, die Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen anbieten, ausreichend ist, um die Erreichbarkeit für alle Verbraucher zu gewährleisten…“.526 Sofern für die Kontoeröffnungen auch das gesamte Filialnetz der Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe mitbenützt werden könnte, wäre eine flächendeckende Versorgung und Erreichbarkeit möglich. Eine raschere Umsetzung wäre insofern in Aussicht, da sich der Gesetzgeber nicht der gesamten Bankenbranche gegenübersieht, sondern nur mit einem Anbieter verhandeln muss, der sich noch dazu in den eigenen Statuten der Versorgung mit Girokonten an Bedürftige verpflichtet hat und mit wenigen Änderungen die Auflagen der Richtlinie erfüllen würde. Ob der Gesetzgeber nun der Zweite Sparkasse die umfassende Regulierungskompetenz für die Konsumentenproblematik überlässt oder die gesamte Bankenbranche verpflichtet, ist an vielerlei Überlegungen geknüpft. Einerseits existieren bereits weitere Sozialprojekte anderer Banken (BAWAG/PSK und Bank Austria), die, addiert mit den Strategien der Zweite Sparkasse, in Summe einer gesamten

526 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 167 Lösung des Sektors schon sehr nahe kommen oder als Vorläufer einer solchen interpretiert werden können. Andererseits stellt die Zweite Sparkasse eine eigenständige Initiative einer Bank dar, die ohne politische Intervention oder Motivation entstanden ist. Somit würde der Staat eine bestehende Lösung okkupieren. Die Verhandlungsbereitschaft der Wirtschaft wird jedenfalls soweit gehen, wie durch einen annehmbaren Gesetzesentwurf, eine wirtschaftlich negativere Regulierung abgewendet und eine Abmilderung der Regelungsschärfe erwartet werden kann.527 Die Statuierung eines Kontrahierungszwangs wird, zu Lasten der Bankenwirtschaft, für Betroffene Rechtssicherheit und Rechtsanspruch im Erwerb um den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr gewährleisten und bedeutet jedenfalls eine Stärkung der Verbraucherrechte.

Besonders im Lichte der marktwirtschaftlichen Veränderungen, wie ein niedriges Zinsniveau und schwindendes Kundenvertrauen und auch der herausfordernden regulativen Veränderungen, wie Basel III, Bankenabgabe, strengeren Eigenkapitalvorschriften und SEPA Einführung, bedeutet die gesetzliche Verpflichtung, ein Girokonto für jedermann anbieten zu müssen, eine weitere Belastung. Da damit auch ein massiver Einschnitt in die Privatautonomie von Banken einhergeht, wäre die gleichzeitige Schaffung eines Klimas durch den Staat empfehlenswert, in dem Banken ausreichend motiviert werden, im Rahmen der eigenen Corporate Social Responsibility Maßnahmen zu setzen, die betroffenen Konsumenten aus der Kontolosigkeit helfen und den Weg zurück in die finanzielle Stabilität ebnen. Der Kampf gegen Exklusion kann nur gleichzeitig und auf mehreren Fronten geführt werden, dazu gehört auch eine Bankenbranche, die über die gesetzlichen Verpflichtungen hinaus agiert. Die hohe Kunst für den Gesetzgeber wird nun sein, bestehende Lösungen zu integrieren und nicht zu gefährden, und andere Banken durch einen Appell an Unternehmensethik und soziale Verantwortung von einer eigenen Umsetzung zu überzeugen, die weiter geht als das gesetzliche Mindestmaß, um Exklusion und Ausgrenzung zu reduzieren.

527 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 233.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 168 5 Exklusion und die Rolle der CSR zur Verbesserung der Inklusion

5.1 Exklusion

Soziale Exklusion ist ein abstrakter Sammelbegriff für verschiedene Formen gezielter Ausgrenzung. Nach gültiger EU Definition handelt es sich um einen „…Prozess, durch den bestimmte Personen an den Rand der Gesellschaft gedrängt und durch ihre Armut bzw. wegen unzureichender Grundfertigkeiten oder fehlender Angebote für lebenslanges Lernen oder aber infolge von Diskriminierung an der vollwertigen Teilhabe gehindert werden.“528

Der Begriff der Exklusion soll aber nicht als Synonym für Armut oder Arbeitslosigkeit gebraucht werden, obschon er dabei ist, den Begriff der Armut, als Generalbezeichnung für soziale Ungleichheit, zu ersetzen. Damit einhergehend ist eine differenzierte Beobachtung von Exklusionsbereichen und betroffenen Gesellschaftsgruppen möglich. Ein Ausschluss kann politisch, räumlich oder ökonomisch erfolgen, sowie sich in mangelndem Zugang zu Informationen, medizinischer Versorgung und Wohnraum auswirken.529 Exklusion und soziale Ausgrenzung drohen, wenn keine Statusalternativen mehr zur Verfügung stehen und durch einen langfristigen Ausschluss aus Erwerbsarbeit eine Einbindung in die gesellschaftlich anerkannte Arbeitsteilung nicht mehr möglich scheint. Das Risiko der sozialen Ausgrenzung steigt mit der Dauer der Erwerbslosigkeit.530 Kronauer sieht die Ausgrenzung nicht aus der Gesellschaft, sondern in der Gesellschaft. Die Ausgegrenzten sind Teil einer Gesellschaft an der sie dennoch nicht mehr teilhaben.531 Die Exklusion verursacht eine Spaltung der Gesellschaft entlang der Arbeitsmarktintegration als Trennlinie und entwirft ein Draußen innerhalb einer Gesellschaft, wo Individuen nicht mehr von gesellschaftlichen Integrationsangeboten erreicht werden.532 Diese soziale Ausgrenzung manifestiert sich auch in alltäglich

528 Europäische Kommission [Bericht über die soziale Eingliederung 2004], S. 12. 529 Vgl. Young [Soziale Exklusion 2005], o. S. 530 Vgl. Kronauer [Exklusion 2002], S. 157. 531 Vgl. Kronauer [Exklusion als Gesellschaftsanalyse 2006], S. 29. 532 Vgl. Land/Willisch [Die Probleme mit der Integration 2006], S. 75.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 169 erfahrenem Anerkennungsverlust und als wahrgenommene Einschränkung von Teilhabechancen.

In dieser Arbeit soll vordergründig der Bereich der finanziellen Exklusion, im Zusammenhang mit dem Ausschluss aus Finanzdienstleistungen, untersucht werden. Ein kurzer Blick auf die allgemeine Exklusionsproblematik und ihre gesellschaftlichen Konsequenzen soll dem besseren Verständnis und der Einordnung des Themas dienen.

5.1.1 Risikogruppen

Die am stärksten von Exklusionsprozessen betroffenen Personen können in vier Gruppen unterteilt werden.533 Zunächst sind es Arbeiter, deren Arbeitsplatz aufgrund von Rationalisierung und Verlagerung an andere Produktionsstätten verloren gegangen sind. Damit gehen auch kollektivvertraglich gesicherte Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Die zweite Gruppe bilden Facharbeiter und Angestellte, die aufgrund geforderter und auch erbrachter Flexibilität immer mehr in Leiharbeit und Kurzfristjobs gedrängt wurden.534 Zu dem besonders exklusionsgefährdeten Personenkreis zählt die Gruppe drei mit Jugendlichen ohne berufliche Ausbildung, aufgrund der nachlassenden Nachfrage nach ungelernten Arbeitskräften. Als vierte Exklusionsgruppe werden Grenzgänger zwischen Erwerbstätigkeit und Nicht-Erwerbstätigkeit definiert, die besonders im Baugewerbe oder der Gastronomie Arbeitsgelegenheiten ergreifen und sich damit oft am Rande der Legalität bewegen. Für Saisonarbeiter entsteht durch kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse dennoch eine gewisse soziale Sicherung, welche Stabilität in der Instabilität erzeugt.535 Erwerbsausschluss hat sowohl eine objektive als auch eine subjektive Dimension. Objektiv vom Erwerbsleben ausgeschlossen sind Personen, denen der Einstieg ins Erwerbsleben trotz entsprechender Bemühungen längere Zeit nicht gelungen ist. Subjektiv erfahren Betroffene diese erwerbsbiografische Lage als Ausschluss, da sie sich als Erwerbspersonen definieren und den

533 Vgl. Vogel [Überzählige und Überflüssige 2004], S. 13. 534 Vgl. ebenda, S. 13. 535 Vgl. Vogel [Überzählige und Überflüssige 2004], S. 14.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 170 Erwerbszustand auch herstellen möchten. Auf ein dauerhaftes Nichterreichen des Ziels „Erwerbsarbeit“ folgt ein resignierter Rückzug vom Arbeitsmarkt. Die soziale Wirkung wäre die Aufgabe des normalitätsnahen Ziels der Erwerbsarbeit, um fortwährende „Nutzlosigkeit“ nicht ständig erfahren zu müssen.536 Der Zugang zum Arbeitsmarkt stellt auch ein wichtiges Kriterium der sozialen Positionierung des Individuums dar.537 Die persönliche Beschäftigungsfähigkeit wird als eine Verwirklichungschance verstanden, die dafür notwendigen Qualifikationskriterien sind berufliche und soziale Kompetenzen sowie die unterschiedlichsten Persönlichkeitseigenschaften. Wie bereits umfangreich in Kapitel 4.3 erläutert wurde, wird das Fehlen eines Girokontos von einem potentiellen Arbeitgeber als charakterlicher Makel interpretiert, da ein geordneter Umgang mit Geld als selbstverständliches Mindesterfordernis an einen zukünftigen Arbeitnehmer vorausgesetzt wird. Der dadurch entstehende Nachteil am Arbeitsmarkt verschlechtert die Chancen durch geregelte Arbeit Überschuldungen abzubauen, oder innerhalb des rechtlichen Rahmens ein mögliches Entschuldungsinstrument zu nutzen, um nach einer Wohlverhaltensperiode durch Restschuldbefreiung eine vollständige wirtschaftliche Integration zu erreichen. Am Beispiel einer erfolgreich abgeschlossenen Insolvenz zeigt sich, dass Exklusion, nach Ablauf einer angemessenen Frist, durchaus reversibel sein kann.538

Die Forschung der jüngeren Vergangenheit, angeregt durch die Exklusionsdebatte, richtet ihr Augenmerk jedoch nicht nur auf die „üblichen Verdächtigen“ und die klassischen Risikogruppen einer Gesellschaft. Vogel spricht von sozialer Verwundbarkeit und plädiert für eine „…soziologische Aufmerksamkeit auf die soziale Übergangszone der fachgeschulten und aufstiegsorientierten Mittelschichten, die in den Wechselfällen des Lebens nicht mehr ohne weiteres auf die schützende Hand staatlicher Statussicherung hoffen können.“539 Die jährlichen Statistiken der Schuldnerberatung stützen empirisch dieses Plädoyer. Die Exklusionsgefahr wird auf eine soziale Zone ausgeweitet, bei der es noch nicht um Armut und Ausgrenzung geht, aber

536 Vgl. Bartelheimer [Warum Erwerbsausschluss kein Zustand ist 2009], S. 135f. 537 Vgl. Konietzka/Sopp [Arbeitsmarktstrukturen und Exklusionsprozesse 2006], S. 316. 538 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 246. 539 Vogel [Soziale Verwundbarkeit und prekärer Wohlstand 2006], S. 344.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 171 erarbeitete soziale und berufliche Positionen in verschiedener Hinsicht als gefährdet erscheinen.540 Demnach ist Exklusion kein ausschließliches Problem einer Gesellschaftsschicht, die sich in ständiger Gefahr einer Deklassierung befindet, sondern vielmehr eine allgemeine latente Bedrohung, die durch wechselseitige Verstärkung verschiedenster lebenskritischer Ereignisse schlagend wird. Die Exklusionsproblematik hat fernab von Risikofaktoren die gesellschaftliche Mitte erfasst und wurde zu einem allgemeinen Lebensrisiko.541 Durch den kontinuierlichen Abbau des Sozialstaates ist nicht ein Risikofaktor allein bestimmend, sondern einzelne Problemlagen, die sich zur Exklusion kumulieren.542

5.1.2 Relative und finanzielle Deprivation

Ausgrenzung wird von Betroffenen unterschiedlich erlebt. In Österreich wird die Zahl der Ausgrenzungsgefährdeten auf etwa 1,4 Millionen Menschen geschätzt, dies wären rund 17% der Gesamtbevölkerung.543 Um empirisch von sozialer Ausgrenzung zu sprechen, scheint es sinnvoll multiple Benachteiligungen, jenseits einer offensichtlichen Armutsgrenze, die an Einkommensgrenzen festgemacht wird, zusammenzufassen. Durch Operationalisierung wird versucht einen hohen Annäherungsgrad darzustellen, um einen Personenkreis zu erfassen, der sozialer Ausgrenzung am nächsten ist. Zum einen im Bereich der ressourcenbezogenen Verteilungsungleichheiten, wie Einkommensarmut und unzureichender Lebensstandard, und zum anderen im Bereich der Integrationsdefizite. Neben materiellen Defiziten, ist es vor allem der Integrationsmangel, der sehr stark von der Selbstwahrnehmung der Betroffenen abhängt, handelt es sich dabei doch um das Gefühl der Wertlosigkeit oder der Selbsteinschätzung persönlicher Teilhabechancen.544

540 Vgl. Vogel [Soziale Verwundbarkeit und prekärer Wohlstand 2006], S. 346. 541 Vgl. Böhnke [Marginalisierung und Verunsicherung 2006], S. 97. 542 Vgl. Konietzka/Sopp [Arbeitsmarktstrukturen und Exklusionsprozesse 2006], S. 315. 543 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 105. 544 Vgl. Böhnke [Marginalisierung und Verunsicherung 2006], S. 102f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 172 Eine Kumulation von materiellen Engpässen und dem Fehlen eines sozialen Rückhaltes, sei es durch Familie, Freunde oder zivilgesellschaftliche Institutionen, verstärkt die Selbsteinschätzung sozial ausgegrenzt zu sein.545 Deprivation benennt Einschränkungen der allgemeinen Lebensführung aufgrund mangelnder Ressourcen. Jede Gesellschaft hat einen unterschiedlichen Wohlstandsgrad, daraus ergibt sich die jeweilige Grenze zur Deprivation.546 Güter wie ein Auto, ein Fernsehgerät oder ein Kühlschrank, galten einst als Luxusgüter, heute deutet ein nicht Vorhandensein derselben bereits auf Deprivation hin.547

Auf Basis der EU-SILC 2007 wurden Ergebnisse einer Befragung zusammengefasst und der Versuch unternommen, Merkmale für einen angemessenen Lebensstandard in Österreich zu definieren. Womit sich folglich auch eine geeignete Definition für finanzielle Deprivation ergab. Im Gegensatz zu absoluten Zahlen, wie dem Einkommen, können auch familiäre Unterstützung oder besondere Belastungen, wie Überschuldung oder gesundheitliche Probleme, mitberücksichtigt werden. Für die, durch mangelnde Ressourcen, verursachten Einschränkungen der täglichen Lebensführung hat sich der Begriff der finanziellen Deprivation etabliert.548 Als finanziell depriviert gilt, wer sich zwei der folgend angeführten Merkmale nicht leisten kann.

 Wohnung angemessen warm zu halten  Zahlungen rechtzeitig zu begleichen  Arztbesuche in Anspruch zu nehmen  Reparaturen finanzieren zu können  Kleidung zu kaufen  Fisch und Fleisch am Speiseplan zu haben  Freunde und Verwandte einmal monatlich zum Essen einzuladen.549

545 Vgl. Böhnke [Marginalisierung und Verunsicherung 2006], S. 110. 546 Vgl. Till et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2009], S. 47. 547 Vgl. Streuli [In Ermangelung finanzieller Ressourcen 2003], S. 295. 548 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 135. 549 Vgl. Till et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2009], S. 47f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 173

nicht Gesamt armutsgefährdet armutsgefährdet in in 1.000 % in 1.000 in % in 1.000 in %

Finanziell depriviert mit mind. 2 Benachteiligungen 1.234 15 836 12 398 40

Haushalt kann sich nicht leisten:

unerwartete Ausgaben zu tätigen 2.353 29 1.707 24 647 65 Freunde zum Essen einzuladen 829 10 581 8 248 25 jeden 2. Tag adäquat zu essen (Fisch, Fleisch) 685 8 446 6 239 24 Bekleidung anschaffen 568 7 353 5 215 22 Zahlungen rechtzeitig zu begleichen 328 4 233 3 95 10 Wohnung ausreichend zu beheizen 214 3 125 2 89 9 Arzt zu besuchen 199 2 142 2 58 6

Tabelle 3: Merkmale finanzieller Deprivation550

Gemessen an der Grundgesamtheit können es sich 29% der österreichischen Bevölkerung nicht leisten unerwartete Ausgaben zu tätigen. Finanzielle Deprivation besteht ab mindestens zwei Benachteiligungen, demzufolge gelten 15% der Bevölkerung als finanziell depriviert. Für 398.000 Personen treffen sowohl Armutsgefährdung als auch Einschränkungen in der Lebensführung zu, für 591.000 Personen kann trotz niedrigem Einkommen kein Nachteil in wesentlichen Lebensbereichen festgestellt werden. Ob finanzielle Deprivation zutrifft oder nicht kann mithilfe der erhobenen Merkmale subjektiv, jenseits der Einkommensgrenzen beurteilt werden. Es kann somit auch Personen betreffen, deren Einkommen zwar über der Einkommensgrenze liegt, die aber aufgrund von Schuldenlast oder mangelhaftem Umgang mit Geld nicht in der Lage sind alle Merkmale zu erfüllen. 551 Die Hälfte der österreichischen Bevölkerung lebt in Haushalten mit Kreditverbindlichkeiten, welche hauptsächlich für die Schaffung von Wohnraum aufgenommen wurden. Dies ist per se kein Nachteil und zieht auch nicht zwangsläufig Armut oder finanzielle Deprivation nach sich. Zahlungen jedoch nicht fristgerecht leisten zu können, erhöht die

550 Quelle: Till et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2009], S. 48 (leicht modifiziert)

551 Vgl. Till et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2009], S. 48.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 174 Wahrscheinlichkeit der Überschuldung. Überproportional davon betroffen sind Haushalte mit gleichzeitig erhöhtem Armutsrisiko.552

Anders als die finanzielle Deprivation, die Merkmale aufzählt, die innerhalb einer Gesellschaft subjektiv zu einem Mindestlebensstandard gezählt werden, behandeln die folgenden Kapitel den konkreten Ausschluss aus modernen Finanzdienstleistungen und dessen Konsequenzen. Die finanzielle Exklusion stellt einen weiteren und wesentlichen Kumulationsfaktor dar, der die finanzielle Existenz der Betroffenen gefährdet, oder eine wirtschaftliche Reintegration zusätzlich erschwert.

5.1.3 Finanzielle Exklusion

„Financial Exclusion refers to a process whereby people encounter difficulties accessing and/or using financial services and products in the mainstream market that are appropriate to their needs and enable them to lead a normal social life in the society in which they belong.”553

Armut und Ausgrenzung stehen in engem Zusammenhang und beziehen sich zum einen auf die Ressourcenverteilung und zum anderen, in der Ausgrenzungsdebatte, auf vervielfachende soziale Benachteiligungen, die nicht nur für den Einzelnen den Verlust von Teilhabechancen bedeutet, sondern die gesamtgesellschaftliche Stabilität und demokratische Ordnung als Ganzes gefährden.554 Finanzielle Exklusion kumuliert sich aus mehreren Faktoren.

Die Ausgrenzung aus bestimmten Finanzdienstleistungen wird für jedes Land anders definiert und hat unterschiedliche Folgewirkungen. Gemäß der zitierten Definition der europäischen Kommission, beginnt Exklusion wo Marktteilnehmer Schwierigkeiten an der Teilnahme oder am täglichen Gebrauch von Finanzdienstleistungen haben, im Kontext zur Gesellschaft, in der sie sich bewegen. Wie in Kapitel 4.4.1 näher ausgeführt, gilt in vielen der neueren

552 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 61. 553 Anderloni et al. [Prevention of Financial Exclusion 2008], S. 9. 554 Vgl. Böhnke [Am Rande der Gesellschaft 2006], S. 19.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 175 östlichen EU Länder ein beachtlicher Teil der Bevölkerung als „unbanked“. Ein fehlendes Girokonto oder die fehlende Möglichkeit zu sparen, löst nicht die gleichen sozioökonomischen Konsequenzen aus, wie dies in Ländern mit hoher Durchdringungsrate von Finanzdienstleistungen der Fall ist. Aber aufgrund der rasanten Entwicklung ehemaliger Oststaaten und der kontinuierlichen wirtschaftlichen Annäherung an den restlichen EU Raum, kann von einer steigenden Problemlage für die jeweilige Bevölkerung in den kommenden Jahren ausgegangen werden. Der Zugang zu Finanzdienstleistungen muss nicht zwingend von der Verwehrung eines Bankinstitutes, diese zur Verfügung zu stellen, oder der fehlenden Möglichkeit, diese aufgrund mangelnder Infrastruktur in stark zersiedeltem Raum in Anspruch zu nehmen, abhängen. Fehlende finanzielle Bildung wird als ein Hauptgrund für die Selbstexklusion gesehen. Die betroffenen Konsumenten fühlen sich einerseits mit der Komplexität von Bankprodukten überfordert oder haben andererseits ein so geringes Selbstwertgefühl, dass sie nicht glauben, Banken würden mit ihnen eine Geschäftsbeziehung eingehen wollen. Dieser Glaube wirkt sich auf das Konsumverhalten und den generellen Umgang mit Geld aus.555 Vier Kernbereiche der Finanzdienstleistung werden als mögliche Exklusionsindikatoren festgestellt:556

 Exklusion aus Girokontodienstleistungen Der Zugang zu einem Girokonto ist nahezu in allen europäischen Gesellschaften ein universelles Grundbedürfnis und kann als Schlüssel zu anderen Finanzdienstleistungen gesehen werden.557 Die fehlende Möglichkeit ein Gehalt auf ein Girokonto zu empfangen, auf diesem bis zum tatsächlichen Bedarf zu deponieren und mittels Zahlungsdiensten, wie Überweisungen darüber zu verfügen, führt zu Mehrkosten und unterschiedlichen Risiken. Der ungenügende Zugang zu einem Girokonto ist dabei simultan Auslöser und Konsequenz finanzieller Exklusion.

555 Vgl. European Commission [Recommendation basic payment account 2011], S. 11. 556 Vgl. World Bank [Indicators of Financial Access 2005], S. 5f. 557 Vgl. Anderloni et al. [Prevention of Financial Exclusion 2008], S. 11.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 176  Exklusion aus der Möglichkeit zu Sparen Die Option auf einem verzinsten Sparbuch oder Sparkonto Geld anzusammeln ist der effizienteste und für schwache Haushalte risikoärmste Weg, Waren und Dienstleistungen im Bedarfsfall anzuschaffen. Über finanzielle Rücklagen zu verfügen, reduziert die Verwundbarkeit des Haushaltes gegenüber ungeplanten Ausgaben. Darüber hinaus entfällt die Notwendigkeit, Geld ohne Verzinsung und ungenügend geschützt, verwahren zu müssen. In Ländern mit hoher Bankendichte und einem dementsprechenden Wettbewerb nach Kundeneinlagen ist die Verwehrung zur Führung eines Sparbuchs schwer vorstellbar. Fehlt aber die Infrastruktur, sowohl hinsichtlich Erreichbarkeit der nächsten Bankfiliale, als auch ein Internetzugang zu Online Sparkonten, ist auch dieser Exklusionstatbestand erfüllt.

 Exklusion von adäquaten Kreditmöglichkeiten Durch Kreditaufnahme können Haushalte Anschaffungen tätigen, die sowohl das unmittelbar verfügbare monatliche Haushaltseinkommen, als auch die Höhe des ersparten Vermögens überschreiten. Kredite ermöglichen den Zugang zu einem breiteren Spektrum an Waren. Ein in den Kreditvergabeprozess inkludierter Haushalt kann durch die Aufnahme eines Kredites Anschaffungen tätigen, um beispielsweise ein Kraftfahrzeug zur Erhöhung der Mobilität anzukaufen, geeignete Wohnverhältnisse herzustellen oder durch Investitionen weitere Einkommensmöglichkeiten zu schaffen. Keine Kreditfinanzierung für berufliche Fortbildung, für die Kautionen einer Wohnung oder für den Führerschein zu bekommen, hat Folgewirkung auf die soziale Eingliederung. Die fehlende Chance den Verlust eines Arbeitsplatzes zu überbrücken, eine Scheidung finanziell abzuwickeln oder im Krankheitsfall erforderliche Heilbehelfe anschaffen zu können, trägt in sich das Potential exklusionsfördernd zu wirken.558 Paradoxerweise kann die fehlende Möglichkeit zur Kreditaufnahme, um finanzielle Engpässe zu überwinden, auch zu Überschuldung und selbst wieder zu einem weiteren Aspekt der sozialen Exklusion führen. Da angefallene

558 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 6.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 177 Rechnungen nur zu höheren Kosten auf Ziel gezahlt werden können, oder dringende Anschaffungen nur durch das Ausweichen auf alternative Kreditgeber, zu meist marktunüblich hohen Zinsen und Konditionen, finanzierbar sind, führt dies zu einer weiteren Belastung des Haushaltsbudgets. Die Überschuldung entsteht in diesem Fall nicht bei einer Bank, sondern bei anderen Anbietern von Waren und Dienstleistungen, deren Rechnungen nicht zeitgerecht beglichen werden können.

 Exklusion aus Versicherungsdienstleistungen Es fehlt an klaren Definitionen, welche Art von Versicherung als existenziell betrachtet werden kann. In Österreich ist der Zugang zum Gesundheitswesen durch die österreichische Sozialversicherung weitestgehend gewährleistet. Ein weiteres lebenswichtiges Versicherungsprodukt gibt es nicht, da Haushalte Versicherungen meist komplementär (Zusatzkrankenversicherung, Unfallversicherung) zur staatlichen Regelung abschließen, oder das persönliche Sicherheitsrisiko absichern wollen (Rechtsschutzversicherung, Haushaltsversicherung, Haftpflichtversicherung, Lebensversicherung). Dennoch sind in bestimmten Lebensbereichen Versicherungen als Grundvoraussetzung verpflichtend. So ist die Teilnahme am Straßenverkehr nur mit versicherten Kraftfahrzeugen möglich. Dies dient in erster Linie nicht dem eigenen Schutz, sondern mehr dem Zweck der Schadloshaltung Dritter. Schäden, die Dritten zugefügt werden, sind im Rahmen einer Haftpflichtversicherung, die meist ein integrierter Bestandteil einer Haushaltsversicherung ist, gedeckt. 11% der österreichischen Bevölkerung verfügen über keine Haushaltsversicherung, davon geben 6% (das sind 461.000 Personen) an, sich den Abschluss einer solchen nicht leisten zu können.559 Im Lichte abnehmender staatlicher Sozialleistungen dienen langfristige Erlebensversicherungen auch als zusätzliche Vorsorge und weitere finanzielle Absicherung im Ruhestand. Die Gefahr einer expliziten Exklusion aus Versicherungsdienstleistungen entsteht weniger aufgrund eines fehlenden Marktangebotes, oder durch

559 Vgl. Angel et al. [Verschuldung, Überschuldung und finanzielle Ausgrenzung 2009], S. 1113f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 178 Ausschluss eines bestimmten Kundenklientels, als vielmehr aus dem Unvermögen eines Haushaltes, sich diese leisten zu können. Eine Ausnahme bilden Konsumenten, die aufgrund ihres Zahlungsverhaltens oder Versicherungsbetruges keinen oder nur mehr erschwerten Zugang zum Versicherungsmarkt haben. Die Zahlung von Versicherungsprämien ist nicht an den Besitz eines Girokontos gebunden, diese können auch mittels Zahlschein oder Direktzahlung erfolgen, es entsteht keine wechselwirkende Exklusion. Die eigentliche Exklusion wird erst dann sichtbar, wenn sich ein Haushalt durch Eintritt eines nicht vorhersehbaren und nicht versicherten Schadenfalles destabilisiert.

5.1.4 Folgewirkungen der finanziellen Exklusion

Finanzielle Exklusion betrifft nicht nur den einzelnen Verbraucher oder die mit ihm im Haushalt lebenden Personen, sondern hat auch eine externe Komponente. Allen voran muss der Wohlfahrtsstaat dort ausgleichend wirken, wo sich ein, von finanzieller Exklusion betroffener Bürger, nicht mehr selbst organisieren kann. Sei es bei der durch Kontolosigkeit erschwerten Suche nach Arbeit und der finanziellen Überbrückung eines arbeitslosen Zeitraumes, oder durch die Bereitstellung von Wohnraum, wenn mangels Nachweis eines Girokontos oder mangels eines Kautionssparbuches, dieser am privaten Wohnungsmarkt nicht oder nur erschwert beschafft werden kann. Der Funktionsgrad eines Wohlfahrtstaates ist in einem beträchtlichen Maße von einer hohen Erwerbsbeteiligung abhängig, deshalb ist der Erhalt von Steuerleistung und Kaufkraft durch Beschäftigung von essentieller Bedeutung.

Der ungenügende oder nicht gewährte Zugang zu einem Girokonto während oder nach einem Insolvenzverfahren bewirkt, dass die Überschuldung des Verbrauchers kein rein privates Problem bleibt, sondern von sozialer und wirtschaftlicher Externalität geprägt ist. Die finanzielle Auswirkung der Überschuldung und Zahlungsfähigkeit eines Haushaltes auf die in seinem wirtschaftlichen Umfeld agierenden Akteure wie Vermieter, Gläubiger, Bank, Unternehmer, Energieversorger, Telefonanbieter und andere, beeinträchtigt entweder auch deren Zahlungsfähigkeit, oder muss durch einen

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 179 Risikoausgleich anderen Marktteilnehmern kalkulatorisch hinzugerechnet werden. Demnach gilt es überhöhtes und unverantwortliches Risikoverhalten einzelner Verbraucher zu Lasten Dritter zu minimieren, beziehungsweise den Zugang zu allen Finanzdienstleistungen zu sichern, um so die Chance für den Erhalt oder der Wiederherstellung der Zahlungsfähigkeit zu erhöhen. Innerhalb des Familienverbandes sind die Folgen weitreichender, so erkennt die Sozialwissenschaft eine intergenerationelle Vererbung des Risikofaktors Schulden mit den Folgekonsequenzen der Weitergabe von schlechteren sozialen Chancen.560 Somit wird die finanzielle Exklusion zum Störfaktor im Wirtschaftssystem.

Die Benachteiligungen, die durch Ausschluss aus Dienstleistungen der Finanzwelt entstehen, bringen die Statusgleichheit ins Wanken. Um Individuen einer Gesellschaft vor völliger Marktabhängigkeit zu schützen, müssen in Gesetzen verankerte soziale Rechte, einen nicht-diskriminierenden Zugang zu den zentralen gesellschaftlichen Institutionen wie Bildung, Gesundheitswesen und Finanzwelt sichern. Soziale Rechte sollen eine Statusgleichheit für Bürger gegenüber staatlichen Institutionen erzeugen, ungeachtet ökonomischer Voraussetzungen.561 Festgehalten sei an dieser Stelle, dass die ökonomischen Folgen von Exklusion sehr länderspezifisch sind. Während in vielen Teilen der Welt ein Ausschluss aus einem gesellschaftlichen Funktionssystem bedeutet, keinen Ausweis, keinen Zugang zu rechtsstaatlichem Schutz, keine Bildung und medizinische Versorgung zu haben, sowie auch mit fortwährender Unterernährung und separierten Wohnungssituationen konfrontiert zu sein,562 muten Problemlagen im westeuropäischen Raum weniger schwergewichtig an. Aber es geht auch um den Erhalt und die unentwegte Verbesserung sozialer Errungenschaften sowie die generelle Weiterentwicklung sozialer Standards in einer Gesellschaft, die historisch eine andere Entwicklungsgeschichte erlebte und vergleichbare Zeiten und Probleme, die heute allenfalls die Dritte Welt oder Schwellenländer zum Teil betreffen, möglicherweise in einer anderen Epoche der eigenen Geschichte erfuhr, und sich durch unentwegten Fortschritt darüber hinaus entwickelte. Diese Entwicklung wird nicht nur vom Staat, von

560 Vgl. Schulz-Nieswandt/Kurscheid [Die Schuld an der Schuld 2007], S. 18. 561 Vgl. Kronauer [Exklusion als Gesellschaftsanalyse 2006], S. 31. 562 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 1997], S. 223f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 180 Interessensverbänden, von Vereinen oder von Nonprofit Organisationen getragen und geprägt, sondern auch wesentlich von Unternehmen, die gesellschaftlichen Fortschritt, entweder durch ihre eingesetzten Technologien bewirken, oder durch die Übernahme von Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. In den folgenden Kapiteln sollen die Möglichkeiten, die Unternehmen im Rahmen ihrer Corporate Social Responsibility zur Milderung von Exklusion zur Verfügung stehen und die Rolle der Zweite Sparkasse im Inklusionsprozess, genauer untersucht werden.

5.2 Unternehmensethik

Unternehmensethik findet in dem freien Handlungsspielraum jenseits des Gewinnprinzips statt, in dem dies möglich ist und auch notwendig wird, wenn das unternehmerische Gebaren externe Effekte verursacht und mit Interessen von Betroffenen kollidiert.563 Mit der Steigerung des Einflusses eines Unternehmens, steigt auch dessen Verantwortung für das Wohlergehen der Gemeinschaft und die Verpflichtung Transparenz über die sozialen und ökologischen Folgen entlang ihrer Wertschöpfungskette herzustellen.564 Dabei kann sich Ethik für ein Unternehmen auch wirtschaftlich bezahlt machen, wenn langfristig genug kalkuliert wird, da vor allem in der Vermeidung von Reputationsrisiken der Grund für die positive Korrelation von Ethik und Gewinn gesehen wird.565 Durch das Bedürfnis der Aufrechterhaltung eines positiven öffentlichen Bildes wird Ethik auch zur unternehmenskommunikativen Aufgabe, durch die glaubhaft versichert werden muss, dass keine unverantwortlichen Unternehmensentscheidungen mit negativen Folgen für die Gesellschaft getroffen werden.566

Tatbestände des „Greenwashing“567 straft der informierte Konsument meist unverzüglich, wenn sich ein Unternehmen durch Vortäuschung von Ethik einen

563 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 111. 564 Vgl. Angerler/Beer [CSR zur Armutsbekämpfung 2009], S. 434. 565 Vgl. Thielemann [Unternehmensverantwortung ethisch ernst genommen 2008], S. 199ff. 566 Vgl. Heidbrink/Seele [Corporate Responsibility Culture 2008], S. 181ff. 567 Durch gezielte Marketingmaßnahmen wird versucht, der Öffentlichkeit ein Unternehmensbild zu präsentieren, das unter Umständen nicht den Tatsachen oder dem tatsächlich vermarkteten Ethikanspruch entspricht.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 181 Vorteil verschaffen möchte, der nicht der gelebten Realität entspricht oder nur halbherzig betrieben wird. Aufdeckungsjournalismus und die Macht der Internetdiskussionsforen sorgen dafür, dass ein Unternehmen, das im Leitbild Moral und Ethik verkauft, dies auch konsequent leben und einer Verifizierung der Maßnahmen durch unabhängige Stellen standhalten muss. Nicht alle Produktionsprozesse oder die Herstellung von Dienstleistungen eines Unternehmens sind jedoch transparent genug, um für den Konsumenten in ihrer sozialen oder ökologischen Tragweite erkennbar zu sein. Auch in den besten Absichten verantwortliche Kaufentscheidungen zu treffen, steckt die Notwendigkeit, sich das Wissen der relevanten Sachverhalte anzueignen, was nicht immer erfolgen kann. Der Konsument trifft mit der Kaufwahl auch gleich eine Produktions- und Entsorgungsentscheidung.568 Zusätzlich löst die Produktwahl oder Kaufentscheidung den Wettbewerb aus, der Unternehmen aufgrund des Preisdrucks zu immerwährenden Kostensenkungen und Steigerungen von Skaleneffekten zwingt. Wenn dadurch sozial- oder umweltunverträgliche Handlungen entstehen, werden diese zum Betrachtungsgegenstand der Ethik.569 Da der Konsument gleichzeitig Verursacher und Opfer solcher Handlungen ist, stellt sich die Frage der Verantwortung. Mit der Kaufentscheidung kann der Konsument zwar nicht Hungersnöte eindämmen, Ölkatastrophen lindern oder Raubbau an einer Billiglohnarbeitergesellschaft aufhalten, aber er kann zumindest das Produkt des Unternehmens boykottieren, das seines Glaubens für diesen Umstand mitverantwortlich ist. Ebenso kann er sich für ein Produkt entscheiden, dessen Unternehmen seiner Auffassung nach einen ethisch wertvollen Mehrwert für die Gesellschaft erbringt.

Der Maßstab von Moral und Ethik ergibt sich durch den Wirkungskreis und das jeweilige Betätigungsfeld für jedes Unternehmen unterschiedlich. Auch wenn ethisches Handeln eine Komponente zur nachhaltigen Sicherung des Unternehmenswertes darstellen kann, kann nicht unweigerlich auch eine einhergehende Ertragssteigerung angenommen werden. Im Fall der Zweite Sparkasse war die Gründung und ist der Betrieb mit Kosten verbunden. Die Zweite Sparkasse als Sinnbild für die Unternehmensethik der Erste Bank

568 Vgl. Neuner [Die Verantwortung der Verbraucher 2008], S. 292. 569 Vgl. ebenda, S. 283.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 182 Österreich und Sparkassen wird medial nicht beworben. Ein durch dieses ethische Verhalten entstehender Mehrwert kann zwar nicht beziffert werden, ist aber durchaus tauglich, in einer Zeit in der das Image der Banken bedingt durch die Finanzkrise gelitten hat, als positives Beispiel zitiert zu werden.

5.3 Corporate Social Responsibility

Corporate Social Responsibility wird als die gesellschaftliche Verantwortung einer Körperschaft verstanden und im Grünbuch der Europäischen Kommission als ein Konzept definiert, in dem Unternehmen auf freiwilliger Basis soziales und umweltrelevantes Verhalten in ihr unternehmerisches Handeln integrieren. Das Setzen eines sichtbaren Signals an das gesellschaftliche Umfeld wie die Öffentlichkeit, Konsumenten, Investoren, Aktionäre und Mitarbeiter, wird als Investition in die Zukunft gesehen.570 Besonders größere Unternehmen, die auch öffentlich stark beobachtet werden, können nur schwer darauf verzichten, sich für soziale Zwecke zu engagieren. Konträr zu der obersten Direktive der Marktwirtschaft, Gewinne zu erzielen, ist es inzwischen unternehmerische Praxis zumindest den Versuch zu wagen, Ökonomie und Moral zu vereinbaren. Nicht selten jedoch mit dem Hintergedanken eben durch dieses Wagnis Erträge zu steigern, da man dem Verbraucher bereits moralisch motiviertes Konsumverhalten unterstellt. Das Primärziel ist oftmals eher die Erreichung einer positiven Wahrnehmung des Konsumenten, als die Wahrnehmung gesellschaftlicher Verantwortung.

Verantwortung zu übernehmen ist die entstehende Konsequenz aus getroffenen Entscheidungen und dem resultierenden Einstehen für die Folgen von Entscheidungen. Daher entsteht Verantwortung bereits bei der Wahl der Entscheidung und setzt die Fähigkeit voraus, rational und weitblickend entscheiden zu können. Entscheidungen werden im Management getroffen und hier ist auch die Verantwortung anzusiedeln. Soziale und gesellschaftliche Verantwortung wird demnach als Managementproblem der Beziehung zwischen den ökonomischen und sozialen Belangen der Organisation und der

570 Vgl. Kommission EG [Grünbuch für die soziale Verantwortung 2001], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 183 Gesellschaft definiert.571 Durch die Notwendigkeit eines Unternehmens Gewinne zu erzielen, konkurrenzfähig zu bleiben und soziale und ökonomische Verantwortung zu übernehmen, entstehen Zielkonflikte. Das Management entscheidet, welchem Ziel, in welchem Ausmaß Bedeutung beigemessen wird. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sind insbesondere im Bereich Umweltschutz und Arbeitsrecht vorgegeben. Ein Unternehmen, das sich innerhalb der rechtlichen Vorgaben bewegt und beispielsweise die Mindestauflagen des Umweltschutzes einhält, übernimmt somit noch nicht ökologische Verantwortung. Diese beginnt erst bei einem über die Mindestvoraussetzungen hinausgehenden Engagement in allen gesellschaftlich relevanten und von der Unternehmung beeinflussbaren Problemfeldern. Über das legitime Verhalten hinaus, kann es nur eine Selbstverpflichtung und Bringschuld der eigenen Marke sein.572 Diese Tatsache löst zweifellos die Diskussion aus, ob und in welchem Ausmaß Unternehmen per Gesetzgebung und staatlicher Regulierung zu sozialer Verantwortung verpflichtet werden sollten. Soziale Verantwortung zu übernehmen, zieht meist auch eine finanzielle Belastung nach sich, welche Unternehmen nur dann in Kauf nehmen, wenn sich das soziale Investment, entweder in der eigenen Wertschöpfungskette niederschlägt oder die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit dementsprechend positiv verbessert, was letztens wieder eine mögliche Maßnahme der Gewinnmaximierung darstellt.573

Eine Grundversorgung aller Lebensbereiche durch den Staat ist nicht gewährleistet, obschon soziale Absicherung in Grundrechten verankert ist und als eine Obliegenheit eines Sozialstaates verstanden wird. Es bleiben in den wohlhabendsten und bestverwalteten Staaten blinde Flecken in Belangen der sozialen Sicherheit, der Ausbildung oder dem Gesundheitswesen, für deren Lösung es keine gesetzliche Basis gibt.574 Daraus entsteht eine Erwartungshaltung an Unternehmen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, besonders in den Bereichen, wo sie am stärksten von der Gesellschaft profitieren. Der greifbare Verantwortungsbereich hängt stark vom

571 Vgl. Pankau [Sozial-Ökonomische Allianzen 2002], S. 108f. und die dort zitierte Literatur. 572 Vgl. Heidbrink/Seele [Corporate Responsibility Culture 2008], S. 188. 573 Vgl. Heidbrink/Seele [Corporate Responsibility Culture 2008], S. 181. 574 Vgl. Spudich [Reich und Gut 2010], S. 47.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 184 Unternehmensgegenstand ab, so wird eine ökologische Verantwortung tendenziell eher in Branchen der Güterproduktion zu suchen sein, zur Bekämpfung einer Epidemie hat die Pharmaindustrie beizutragen, zur Bewältigung des Klimawandels ist die Industrie in die moralische Pflicht zu nehmen und zur Milderung finanzieller Exklusion muss die Bankenwirtschaft ihren Beitrag leisten.575 Sinnvolle CSR muss fokussiert erfolgen und bestenfalls den Kernkompetenzen des Unternehmens entsprechen. Nur werden unter dieser Überschrift oftmals alle vermeintlich „guten Taten“ eines Unternehmens subsumiert, die da beispielsweise wären:576

 Sponsoring sozialer oder kultureller Veranstaltungen  Programme für arbeitslose Jugendliche  Aufklärungsarbeit an Schulen  Spenden für karitative Zwecken  Verwendung von Fair – Trade Produkten  Sponsoring von Nachwuchssport  Verleihung von Preisen für Kultur- oder Wirtschaftsveranstaltungen

Die meist medienwirksame Unterstützung von sozialen Einrichtungen mit einmaligen oder dauerhaften Spenden wird in der Literatur eher als Corporate Citizenship verstanden, in der sich das Unternehmen als „guter Bürger“ präsentiert.577 Wobei die Trennschärfe zur Corporate Social Responsibility ungenau ist. Unter Corporate Citizenship wird der Bürgerstatus einer Körperschaft definiert, der das Unternehmen nicht nur als Marktakteur versteht, sondern auch seine Einbettung in das Marktsystem, sowie die Beziehungen zu Nachbarn und Mitbürgern aufzeigt. Markant wird das Bürgerprofil eines Unternehmens erst durch Inhaberstruktur, Mitarbeiterzahl, Vielzahl der Standorte und regionale, nationale oder internationale Präsenz.578 Das freiwillige Handeln einer Körperschaft mit ihren Mitarbeitern und ihrer Kompetenz in ihrem Organisationskontext beschreibt das Corporate Volunteering, das als tatkräftige Unterstützung definiert werden kann, da diese

575 Vgl. Schöffmann [Unternehmensverantwortung 2008], S. 352. 576 Vgl. Suchanek/Lin-Hi [Verantwortung von Unternehmen 2008], S. 70f. 577 Vgl. Angerler/Beer [CSR zur Armutsbekämpfung 2009], S. 441. 578 Vgl. Schöffmann [Unternehmensverantwortung 2008], S. 353.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 185 Form des bürgerschaftlichen Engagements ohne Transferierung von Geld in der Außensicht spürbar ist.579 Durch den freiwilligen Einsatz der Mitarbeiter wird ein hoher Grad an Glaubwürdigkeit erreicht.

Der Betrieb der Zweite Sparkasse wird vordergründig über Corporate Volunteering am Leben gehalten. Mit dem freiwilligen Einsatz von Mitarbeitern geben diese der Bank die notwendige emotionale Struktur, die im Gründungsgedanken verankert wurde. Es ergibt sich auch ein stimmiges Unternehmensbild, das zu den sich selbst auferlegten Anforderungen einer Gemeinwohlorientierung zu passen scheint.

5.4 Die Rolle der CSR zur Verbesserung der finanziellen Inklusion

Die Literatur beschäftigt sich überwiegend mit Gründen der Exklusion, als mit Lösungsansätzen für erfolgreiche Inklusion und geht vielfach davon aus, dass eine reine Vermeidung eines Exklusionsgrundes schon eine Inklusionsmaßnahme ist. Grundsätzlich bezieht sich Inklusion auf die Existenz der Exklusion. Von Inklusion kann nur sinnvoll gesprochen werden, wenn es auch Exklusion gibt.580 Gegen Exklusion kann vorgegangen werden, da sie geradezu die Entstehung gesellschaftlicher Instanzen evoziert, die sich mit der Lösung der Ursachen und den Folgeproblemen beschäftigen.581 Weithin fehlen begriffliche Mittel, um die auf Individuen einwirkenden Ex- und Inklusionsmechanismen innerhalb sozialer Systeme ausreichend zu analysieren.582 Doch auf Basis der jährlichen EU-SILC Studien wurden auf europäischer Ebene Indikatoren definiert, an Hand derer soziale Eingliederung, und die jährliche Entwicklung gemessen und verglichen werden kann. Spezifische Eingliederungsprozesse einzelner Mitgliedstaaten werden zusätzlich durch nationale Leitgrößen dargestellt, womit sich für Österreich ein erstmals 2009 veröffentlichter Katalog von 17 Eingliederungsindikatoren ergab.

579 Vgl. Schöffmann [Unternehmensverantwortung 2008], S. 353. 580 Vgl. Luhmann [Die Gesellschaft der Gesellschaft 1997], S. 622. 581 Vgl. Wagner [Inklusion/Exlusion 2006], S. 145. 582 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 224.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 186 Dieser umfasst die Lebensbereiche Haushaltseinkommen, Wohnraum, Erwerbsleben, Bildungschancen und Gesundheit.583

Die am meisten beachteten Hauptfelder der Corporate Social Responsibility sind das Sponsoring von Sport- und Kulturveranstaltungen sowie das Spenden für nationale oder internationale Hilfseinrichtungen. Häufig wird durch Statuten oder Unternehmensleitlinien im Unternehmen sichergestellt, dass durch langfristige Kooperationen Teilbeträge des Unternehmensgewinnes sozialen Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden.584 Die positiven Auswirkungen auf eine finanzielle Inklusion sind in diesen Fällen nicht vorhanden oder vernachlässigbar. Inklusion ist die Bemühung, eine exkludierte Person wieder dauerhaft in die Gesellschaft zu integrieren und die Kette der sich selbst kumulierenden Exklusionsmerkmale zu durchbrechen. Nicht nur am Individuum liegt es, sämtliche vom Funktionssystem selbst ausgestalteten Inklusionsanforderungen zu erfüllen, sondern auch am System selbst, Barrieren zu reduzieren. Gelungene Inklusion setzt die Verwirklichung sozialer Rechte und die Sicherstellung einer angemessenen Partizipation am gesellschaftlichen Wohlstand voraus. Der Begriff der Teilhabe betont Ansprüche von Individuen auf Zugangsvoraussetzungen, Chancengleichheit und Teilhabemöglichkeiten sowohl materiell als auch in politischer und sozialer Hinsicht.585 Auch Bevölkerungsteile, die regelmäßig an Weiterbildungsmaßnahmen teilnehmen und dabei einen Großteil ihres Einkommens aus staatlichen Transferleistungen beziehen, können nicht immer aus eigener Kraft eine Wende ihrer sozialen Lage herbeiführen. Sie sind auf eine sekundäre Weise in die Gesellschaft inkludiert und nehmen nur partiell mit schlechteren Bedingungen an Märkten, wie dem Arbeitsmarkt, teil. Die moderne Gesellschaft ist durch funktionale Differenzierung geprägt, eine vollständige Inklusion schließt eine Teilnahme an allen Funktionssystemen mit ein. Ob Personen mitwirkungsrelevant oder nicht sind, entscheidet jedes Funktionssystem für sich selbst, ohne Rücksicht auf andere Systeme. Ein einzelnes Individuum ist mehrfach abhängig von den verschiedensten Systemen. Werden Inklusionsanforderungen nicht erfüllt, erhöht ein Ausschluss aus dem einen, die Wahrscheinlichkeit des Ausschlusses

583 Vgl. Till-Tentschert/Till et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2011], S. 120. 584 Vgl. Angerler/Beer [CSR zur Armutsbekämpfung 2009], S. 446f. 585 Vgl. Böhnke [Marginalisierung und Verunsicherung 2006], S. 100.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 187 aus dem anderen System.586 Grundsätzlich muss für eine Teilhabe aller zu allen Funktionssystemen ein allgemeines verbindliches Rechts- und Staatssystem existieren, in dem sich jeder Bürger auf Rechtssicherheit verlassen kann und jeder, auch durch Gleichheitsrechte, nicht von Geburt an aus einem System ausgeschlossen werden kann. Basierend auf dieser Rechtssicherheit konzentriert sich die Bearbeitung von Inklusion auf die Versuche Exklusion zu vermeiden, Reinklusion zu ermöglichen oder auf verfestigte Exklusion zu reagieren.587

Ein erschwinglicher Zugang zu Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, der nicht durch Rechtsvorschriften gewährleistet ist, kann durch die Wahrnehmung der sozialen Verantwortung von Unternehmen gewährleistet werden. Da im Gegensatz zum sozialstaatlichen Angebot auf freiwillige Dienstleistungen der Privatwirtschaft kein Rechtsanspruch besteht, ist die Verantwortung dann besonders hoch einzustufen, wenn durch eine stetige Liberalisierung des Marktes und einem immerwährenden Gewinndruck einzelne, nicht profitable Marktsegmente, aufgegeben werden.588 Ein denkbarer Fall wäre die Verwehrung einer Bank eine Geschäftsbeziehung mit Konsumenten niedrigen Einkommens, aufgrund einer Kosten- und Ertragsüberlegung, einzugehen. Eine Entstehung eines exklusiven modernen Geldlebens wäre die Folge. Ein wirkungsvoller Schutz gegen soziale Ausgrenzung ist die flächendeckende Sicherstellung einer Daseinsvorsorge auch für Leistungserbringung in infrastrukturell benachteiligten Gebieten oder für gesellschaftliche Randgruppen. Die Ausgestaltung der Daseinsvorsorge umfasst vielfache Wirkungskreise und hängt stark vom politischen und gesellschaftlichen System ab, sollte aber immer zum Ziel haben, der Bevölkerung eine würdevolle und faire Existenz zu ermöglichen. Diese Bemühung soll unabhängig vom wirtschaftlichen und monetären Erfolg einer einzelnen Dienstleistung geschehen.589

586 Vgl. Luhmann [Die Gesellschaft der Gesellschaft 1997], S. 631. 587 Vgl. Wagner [Inklusion/Exklusion 2006], S. 150. 588 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 2. 589 Vgl. Valina [Girokonto als Bestandteil adäquater Daseinsvorsorge], S. 52f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 188 Daraus ergibt sich das erstrebenswerte Betätigungsfeld für Finanzinstitute, die CSR altruistisch einsetzen wollen, um finanzielle Inklusion zu fördern, zu erleichtern oder zu gewährleisten. Die Konzentration zur Verbesserung der finanziellen Inklusion muss auf die Zugänge zu Girokonten, Krediten, Sparen und Versicherungen erfolgen. CSR Maßnahmen beruhen immer auf der Freiwilligkeit und der Kultur des Unternehmens, und es kann für dieses Engagement ein Unternehmenslohn in der Motivation der Mitarbeiter, dem Image und der Erschließung neuer Märkte oder Produkte zu finden sein.590 CSR zur Verbesserung der finanziellen Inklusion kann auch in anderen Formen erfolgen und geschieht in Europa bereits durch unterschiedlichste, durch Banken initiierte Programme. Seien es zielgruppenorientierte Schulungen für Menschen mit niedrigem Einkommen, oder technische Hilfestellungen im Online Banking für Senioren, oder Sparbücher mit speziell gestützten Zinssätzen, oder Gratisversicherungen für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Der richtige und angemessene Einsatz von CSR kann für das jeweilige Institut einen Wettbewerbsvorteil entstehen lassen.591

Mit CSR können staatlich nicht mehr abgedeckte soziale Lücken verringert oder geschlossen werden. Aus diesem Blickwinkel wären staatliche Maßnahmen überlegenswert, welche weitere CSR Bemühungen von Unternehmen unterstützen oder besser bündeln. Dazu können Subventionen, Steuererleichterung, die Einrichtung eines Fonds oder spezifische Förderungen zählen, die Unternehmen dann in Anspruch nehmen können, wenn sie staatliche Belastung reduzieren. Der Vorteil ergibt sich oft daraus, dass private Unternehmen meist zielgerichteter und mit einem höheren Grad an Kompetenz und Spezialisierung agieren. Ein Beispiel hierfür wäre die Förderung und enge Kooperation mit SOS Kinderdörfern, anstatt staatliche Waisenhäuser zu betreiben. Mit der Gewährung von Vorteilen behielte sich der Staat auch ein gewisses Mitbestimmungs- und Durchgriffsrecht, da durch das Kürzen oder Einstellen derselben ein Sanktionsmechanismus entsteht. Fehlt dem Staat in einem spezifischen Bereich gänzlich die erforderliche Umsetzungskraft, ist die Notwendigkeit, Rahmenbedingungen zur Begünstigung der

590 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 2f. 591 Vgl. ebenda, S. 5ff.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 189 Selbstlösungskompetenz der Wirtschaft und Gesellschaft zu schaffen, umso größer.

5.5 Inklusion über den Geldkreislauf

Nach dem theoretischen Ansatz des Monetärkeynesianismus, begründen nicht Tauschakte, sondern Schuldverhältnisse die Geldfunktion. Geld entsteht demnach aus dem Kredit, da Geld einen Kredit der Zentralbank darstellt.592 Den Raum ehemaliger Geschäftigkeit und produktiver Aktivitäten nehmen in Wohlfahrtsstaaten zunehmend Finanzgeschäfte ein. Arbeitsplätze und damit einhergehendes wirtschaftliches Wachstum werden ins Ausland verlagert. Dem Inland bleibt eine steigende Finanzlastigkeit, die den Selbstverstärkungseffekt der Geldinklusion unterbricht.593 Güterwerte sind in der entwickelten Geldwirtschaft nicht der Maßstab für den Geldwert, vielmehr ist die treibende Kraft der Wirtschaft die Finanzökonomie und damit der Geldmechanismus selbst. Geld generiert sich selbst über die Mechanismen des Kredites und der Schuldverschreibung. Agiert das Finanzsystem losgelöst von der Produktionswirtschaft und bildet somit die Mitte der modernen Geldwirtschaft, dann ist die Wurzel der Inklusion das Verhältnis von Kreditgeber und Kreditnehmer. Der Wandel der Zahlungsunfähigkeit in eine neue Zahlungsfähigkeit erfolgt über die Inklusion, zurück in das Zentrum der Geldwirtschaft, wo die Operation der kreditbasierten Geldschöpfung steht. Diese Form der Inklusion erfolgt über den Weg der grundsätzlichen Herstellung der Kreditfähigkeit, der Beweis leitet sich aus dem Erfolgsmodell der Mikrokredite ab, womit Exkludierten die Möglichkeit geboten wird, wieder oder zum ersten Mal in das Zentrum des Wirtschaftssystems zu gelangen.594

Durch die Verfügbarkeit von Geld ist die ökonomische Integration gewährleistet.595 Einkommensverringernde Lebenssituationen wie Krankheit, Scheidung, Arbeitslosigkeit dienen als Auslösemoment für soziale Beeinträchtigung nach einer längeren Phase der materiellen Unterversorgung.

592 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 252. 593 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 236. 594 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 247ff. 595 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 226.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 190 In empirischen Forschungen596 konnte ein signifikanter Zusammenhang von geringem Einkommen und mangelnder sozialer Teilhabe, schlechteren Bildungschancen bis hin zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen nachgewiesen werden. Geld vermittelt die Chance auf gesellschaftliche Teilhabe und ist demnach ein universales ökonomisches Medium.597 Frei nach Goethe ist der Mensch also nicht nur von der Natur, sondern auch von der Finanzwelt „…umgeben und umschlungen und unvermögend aus ihr herauszutreten“.598

Um Geld zu verdienen ist eine Inklusion in den Arbeitsprozess, als normalisierte Form des Einkommenserwerbs, notwendig.599 Arbeitslosigkeit ist, wie auch die Statistiken der Schuldnerberatung bestätigen, ein Hauptauslöser für Überschuldung aufgrund von massiver Einkommensverschlechterung.600 Von arbeitslosen Bürgern wird erwartet, dass sie nicht auf einen passenden Arbeitsplatz warten, sondern sich laufend weiterbilden, sich am Arbeitsmarkt präsentieren und einbringen. Andernfalls ist bei sozialstaatlichen Transfereinkommen mit Kürzungen der Dauer und Höhe zu rechnen. Der Staat hofft nun also mit angeordneten inklusionsfördernden Maßnahmen, wie beispielsweise beständige Fortbildung, organisiert und kontrolliert durch das Arbeitsamt, exkludierende Faktoren, wie in diesem Fall Langzeitarbeitslosigkeit, von vornherein zu verhindern. Mit dem Appell an Betroffene Eigeninitiative, Selbstmobilisierung und Anpassungsfähigkeit zu zeigen, werden inklusionsbegünstigende Verhaltensweisen gefordert.601 Die Inklusion weiterer Bevölkerungsteile in den Arbeitsprozess führt zu weiterer Inklusion, da diese wieder über Einkommen verfügen und damit das wirtschaftliche Wachstum stimuliert wird.602

596 Vgl. Kronauer [Exklusion 2002], S. 151f. 597 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 231. 598 Goethe [Die Natur 1782], o. S. 599 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 249. 600 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 10. 601 Vgl. Bude/Willisch [Das Problem der Exklusion 2006], S. 13. 602 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 234.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 191

H16 Kunden die angaben, dass sie sich selbst bei der Bewältigung ihrer Schulden maßgeblich geholfen haben, weisen eine höhere Chance einer ordnungsgemäßen Schuldenrückführung auf.

Die Grenzen dieser Inklusionsdynamik sind die Marktwirtschaft und die darin handelnden Akteure selbst. Ein funktionierendes System wird immer einen Anteil in der Unterschicht brauchen, um Dienstleistungen und Arbeiten zu erbringen, die von einer wohlhabenden Schicht nicht mehr ausgeführt werden. Es wohnt dem Kapitalismus inne, dass nicht jeder wohlhabend sein kann. Land/Willisch gehen so weit zu meinen, der globale Kapitalismus bräuchte die entstehenden Unterklassen für seine neuen Produktionsmodelle.603

Um Inklusion über das Medium Geld zu erreichen, wird demnach nicht nur ein möglichst hoher Beschäftigungsgrad beitragen können, sondern ein Gesamtsystem, das auch für Konsumenten mit vorübergehendem oder langfristigem niedrigem Einkommen alle Zugänge zu Finanzdienstleistungen sichert. Weder die eine, noch die andere Maßnahme für sich allein betrachtet, kann einen sinnvollen Inklusionsprozess in Gang setzen. Folgende Hypothese soll feststellen, ob geschlechterspezifische Problemlagen bestehen.

H17 Männer und Frauen unterscheiden sich in der Einschätzung der Bewältigung ihrer finanziellen Erholung.

Die Europäische Union sieht im Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen in Abs 3 der RL 2014/92/EU eine Verbesserung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarktes „…und die Entwicklung einer modernen, sozial integrativen Wirtschaft (…) die den Bedürfnissen schutzbedürftiger Verbraucher effektiv Rechnung tragen muss.“604 Im Bemühen um eine Inklusion in den Kreislauf des Geldes sind europäische Mitgliedsstaaten gemäß Abs 48 der RL 2014/92/EU angehalten, alle Kommunikationsmaßnahmen zu erhöhen, um kontolose, schutzbedürftige Verbraucher mit Informationen zu Kontozugängen angemessen zu unterstützen.605

603 Vgl. Land/Willisch [Die Probleme mit der Integration 2006], S. 90. 604 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 605 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 192 5.6 Der Beitrag der Zweite Sparkasse zur wirtschaftlichen Reintegration

Wie im vorangegangenen Kapitel dargelegt, ist Geld das vorherrschende Inklusionsmedium. Geld ist zwar nicht per se der Schlüssel zu anderen Formen der Partizipation, ist aber oftmals die notwendige Voraussetzung.606 Eine wiederhergestellte Zahlungsfähigkeit gewährleistet die Inklusion in monetäres Wirtschaften.607 Am Beginn der Inklusionsbemühungen steht der Zugang zu einem Girokonto, um einen reibungslosen Geldfluss zu gewährleisten. Die Zweite Sparkasse stellt kein Geld für Kunden zur Verfügung, weder in Form von Förderungen oder Zuschüssen, noch in Form einer Möglichkeit neue Kredite aufzunehmen. Einzig die wiedererlangte Möglichkeit den Geldkreislauf wieder in Gang zu setzen und damit einen wesentlichen Exklusionsmechanismus auszuhebeln, wird im ersten Schritt durch ein Konto bei der Zweite Sparkasse geboten. Geld kann ab diesem Zeitpunkt auch wieder erhalten, gespart, verwahrt und mit einer Bankomatkarte behoben und ausgegeben werden. Eine Inklusion in die operative Teilnahme am Geldkreislauf führt immer über einen normalisierten Gebrauch des Geldmediums, die Voraussetzung dafür ist eine wiederhergestellte Zahlungsfähigkeit, um eine weitere Entfernung der eigenen Rehabilitation zu vermeiden.608 Finanzielle Inklusion ist als soziale Inklusion zu verstehen, ein zur Verfügung gestelltes Basiskonto muss dafür einen sozialen Anknüpfungspunkt haben.609 Unterstützung, die durch andere Personen in Form von Rat und Hilfe geboten wird, reduziert Belastungen, die durch Überforderung, Einsamkeit und Isolation entstehen.610 Ein Konto bei der Zweite Sparkasse zu bekommen, schließt eine aktive Beratung oder Betreuung bei einem der etablierten Wohlfahrtsverbände, wie beispielsweise Schuldnerberatung, Caritas, Neustart mit ein. Erst durch eine Empfehlung der betreffenden Einrichtung wird ein Antrag auf Kontoeröffnung seitens der Zweite Sparkasse berücksichtigt. Diese Filterung dient der Sicherstellung der Inanspruchnahme eines vollständigen Maßnahmenpaketes zur Erhöhung der Chance auf Reintegration oder der Vermeidung von Exklusion. Durch die

606 Vgl. Deutschmann [Geld als universales Inklusionsmedium 2009], S. 226. 607 Vgl. Bohn [Geld und Eigentum 2009], S. 243. 608 Vgl. ebenda, S. 247. 609 Vgl. Wirtschaftskammer Österreich [Financial Inclusion 2009], S. 5. 610 Vgl. More-Hollerweger [Armutsbekämpfung und Ehrenamt 2009], S. 402.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 193 multiplikatorische Wirkung einzelner Exklusionen entsteht eine Abwärtsspirale, die retardiert werden muss. Exklusion bringt wiederum Exklusion hervor, demnach gilt es eine Grundausstattung an Finanzdienstleistungen wieder herzustellen. Die Zweite Sparkasse bietet dazu ein gezieltes ganzheitliches Maßnahmenpaket an, ohne dass die Geschäftsverbindung an weitere Verpflichtungen geknüpft ist.

Das Ziel des Kampfes gegen Exklusion ist die Wiedereingliederung und die Beseitigung ausgrenzender sozialer Verhältnisse. Erwerbsarbeit und die Sicherung sozialer Rechte sind die Grundvoraussetzung für das Gelingen einer Inklusion.611 Jedoch kann Hilfe, besonders wenn sie in Form von sozialstaatlichen Leistungen erfolgt und daraus Abhängigkeiten entstehen, selbst ein Teil des eigentlichen Problems sein, auch wenn der Bezug von Transferleistungen beim Empfänger kooperatives Verhalten und Eigeninitiative voraussetzt. So wird sich ein Schuldner bei sich mehrenden Gehaltsexekutionen und der Zunahme der Unübersichtlichkeit seiner finanziellen Verhältnisse früher oder später die Frage stellen, ob es einerseits nicht von Vorteil wäre seinen Lebensunterhalt aus Arbeitslosenunterstützung oder sonstigen Transferzahlungen zu bestreiten oder aber seinen Gläubigern zu entgehen und in die Schattenwirtschaft zu flüchten.612 Klein sieht die Problematik nicht nur in einer entstehenden Abhängigkeit, sondern auch in einer fehlenden Moral und bindet das moralische Verhalten des Helfenden, ebenso wie das eigenverantwortliche Handeln des Hilfeempfängers in den Diskurs mit ein.613 Ohne grundlegende Änderung des Verhaltens der Betroffenen im Umgang mit finanziellen Ressourcen, unabhängig von der persönlichen Schuld oder der sich ändernden Lebensumstände, würde die Hilfeleistung der Zweite Sparkasse nicht den gewünschten Effekt erzielen. Die Zweite Sparkasse bietet lediglich Inklusionspotentiale, ob sich aus dieser sozialen Arbeit eine stabile und zeitbeständige Inklusion auch in anderen Funktionssystemen bildet, liegt außerhalb ihrer operativen Reichweite.614

611 Vgl. Kronauer [Exklusion als Gesellschaftsanalyse 2006], S. 29. 612 Vgl. Haffner [Privatinsolvenz aus Bankensicht 2008], S. 37. 613 Vgl. Klein et al. [The Salient Injuries of class 2005], S. 54. 614 Vgl. Wagner [Inklusion/Exklusion 2006], S. 151.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 194 Dementsprechend ist das Paket an Hilfsmaßnahmen im ersten Schritt auf die Dauer von 3 Jahren begrenzt.

Nebenbei erfüllt die Zweite Sparkasse noch eine andere Aufgabe im Bereich der Financial Literacy, die im Zuge der Umsetzung der Richtlinie zum Zugang zu Zahlungskonten von den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gefordert wird. Es müssen gemäß Abs 49 der RL 2014/92/EU sowohl Kreditinstitute selbst, wie auch Verbraucherverbände durch die Mitgliedsstaaten angehalten und unterstützt werden, die Aufklärung besonders schutzbedürftiger Kunden zu fördern und mit Maßnahmen zur Finanzerziehung zu verbinden.615 Unter der Bezeichnung „I €AN“ wird seit Februar 2010 Jugendlichen in kostenlosen Workshops die Problematik der Überschuldung näher gebracht. Der Grundstein für eine spätere Überschuldung wird meist in den Jugendjahren gelegt, deshalb soll besonders in dieser Gruppe mit Präventivmaßnahmen die finanzielle Allgemeinbildung verbessert werden.616

Durch die umfangreichen Aktivitäten und der damit einhergehenden Erhöhung des Bekanntheitsgrades der Zweite Sparkasse gerät der Institutsname selbst wieder in den Fokus. Die bereits erwähnte Beanstandung von Valina, der in der Namensgebung der Zweite Sparkasse selbst die Gefahr einer Diskriminierung sieht,617 führt zu einer wesentlichen Fragestellung, die das Institut auch von Beginn an begleitete und diverse Erklärungen herbeiführte. Vor allem hinsichtlich der alltäglichen Nutzung der Bankomatkarte und bei Bekanntgabe der Bankverbindung bei Arbeitgeber, Vermieter, Telefongesellschaften, Versicherungen und weiteren, besteht die Gefahr, dass eine Stigmatisierung durch den Bankennamen selbst erst ausgelöst wird. Dieses Risiko wird dann besonders hoch sein, wenn der Adressat den Unternehmenszweck der Zweite Sparkasse kennt, und daraus Rückschlüsse auf den Leumund oder die Bonität des Kontoinhabers zieht. Damit würde die Zweite Sparkasse selbst, neben den bekannten Eintragungen für finanziell gescheiterte Konsumenten in Konsumentenkreditevidenz und Warnliste, einen weiteren Kollateralschaden verursachen. Ob die Institutsbezeichnung tatsächlich negative Auswirkungen

615 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 616 Vgl. URL: https://www.sparkasse.at/diezweitesparkasse/I-CAN [20.11.2013]. 617 Vgl. Valina [Girokonto als Bestandteil adäquater Daseinsvorsorge], S. 83.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 195 für deren Kunden mit sich bringen kann, soll mit folgender Forschungsfrage untersucht werden.

F2 Entstehen für Kunden durch die Namensgebung bonitätsmindernde Auswirkungen im geschäftlichen Alltag, und lösen diese Ausschließung und Stigmatisierung aus?

Auf die Frage der endgültigen Feststellung eines volkswirtschaftlichen Beitrages der Zweite Sparkasse für überschuldete Konsumenten muss der Unternehmenserfolg des Institutes selbst die Antwort liefern. Erfolgs- und Effizienzmessung ist in NPOs typischerweise nur begrenzt möglich, da traditionelle Kennzahlen der Betriebswirtschaft hier nicht die wesentliche Rolle spielen können. Der messbarste Beitrag, den die Zweite Sparkasse zur wirtschaftlichen und sozialen Reintegration leistet, wird in den Statistiken zu Kontoeröffnungen und Kontoschließungen zu suchen sein. Damit kann einerseits die Anzahl der Personen, denen im Laufe des Bestehens des Institutes geholfen werden konnte, beziffert werden, als auch durch Interviews ein Bericht erfolgen, wie Kunden ihre persönliche Situation nach 3 Jahren bei der Zweite Sparkasse, ihrem eigenen subjektivem Empfinden nach, einschätzen. Ein Unternehmenserfolg ist auch darin zu suchen, ob und in welcher Form ein Verlassen der Zweite Sparkasse möglich ist. Im folgenden empirischen Untersuchungsteil werden die Forschungsfragen und Hypothesen dieser Arbeit systematisch abgearbeitet, mit Statistiken und Zahlenmaterial unterlegt, und abschließend einer kritischen Würdigung unterzogen.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 196 6 Empirischer Befund und Untersuchung

6.1 Einleitung zum Forschungsbedarf und Erläuterung der Grundlagen

Die Zweite Sparkasse feierte 2012 ihr sechsjähriges Bestehen, dementsprechend konnten manche Überlegungen, die zu Beginn und Gründung der Bank angestellt wurden, nun mit Abstand bewertet werden. Konkret zählte dazu die Ankündigung, Kunden das Girokonto nur für eine Dauer von 3 Jahren zur Verfügung zu stellen. Über die Arbeit der Zweite Sparkasse gab es kaum wissenschaftliche Berichte und auch innerhalb der Organisation waren manche Fragen aufgrund des relativ kurzen Bestehens dieser Initiative noch nicht ausreichend beantwortet. Es galt vor allem Vermutungen und Annahmen, die als Überlegungsbasis zur Gründung dieses Institutes gedient haben, oder Wirkungsweisen, deren Entfaltung in der realen Wirtschaft von Beginn an unklar waren, wissenschaftlich so zu erheben, dass eine fundierte Meinung und eine geeignete Aussage weiteren Überprüfungen stand halten kann. Am geeignetsten für diese Untersuchung erschien die erste Kundengruppe zu sein, die zumindest 3 Jahre ein Konto bei der Zweite Sparkasse hatte und somit retrospektiv ihre tatsächlichen Erlebnisse und Alltagserfahrungen mit dem Konto schildern konnte. Es stellte sich auch die Frage, ob das gesamte Maßnahmenpaket an Hilfestellung, einschließlich der Kooperation mit Partnerorganisationen ausreichend geeignet ist, um eine soziale und finanzielle Exklusion zu verhindern oder zu durchbrechen. Dazu mussten Problemfelder untersucht werden, mit denen sich überschuldete und kontolose Konsumenten im Alltag konfrontiert sehen. Explizit davon betroffen und forschungsrelevant waren die realen Dimensionen der Benachteiligungen in Bezug auf den bestehenden Arbeitsplatz, die Findung eines neuen Arbeitsplatzes, die Bewältigung des alltäglichen Lebens ohne ein Girokonto, die Rückzahlungsfrequenz, die etwaige Stigmatisierung und die drohende Exklusion. Jede einzelne Problemlage wird dann zu einem negativen Auslöser eines stufenweisen sozialen Abstiegs, wenn sie nicht ausreichend kompensiert werden kann und dadurch weitere Problemlagen nach sich zieht. Die Summe aller Forschungsbemühungen konzentrierte sich infolgedessen auf die titelgebende Forschungskernfrage, ob einem Kunden der Zweite Sparkasse die wirtschaftliche Genesung mit Hilfe des zur Verfügung gestellten

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 197 Maßnahmenpaketes und des Girokontos gelingt. Diese Kernfrage schien ausreichend relevant zu sein, um erforscht zu werden, da sie einerseits die tatsächliche Wirkungsweise der Zweite Sparkasse umfasste und andererseits doch im Wesentlichen die Existenzidee des Institutes darstellte.

6.1.1 Definition und Verfeinerung der Forschungsfrage

Um die Leitidee quantitativ empirisch zu untersuchen, war nicht nur eine umfangreiche Literaturschau zum aktuellen Stand der Forschung erforderlich, sondern auch die Erlangung profunder Kenntnisse über das Bankinstitut selbst. Die notwendige Informationsbeschaffung, um die, sich aus dem theoretischen Bezugsrahmen dieser Arbeit ergebenden Forschungsfragen und Hypothesen beantworten und überprüfen zu können, erfolgte auf zwei Ebenen. Als Basis der Überlegungen dienten umfangreiche und akkurate Statistiken der Zweite Sparkasse. Nach genauem Studium des Daten- und Zahlenmaterials, und durch die Ausrichtung auf die Forschungsfrage, konnte ein Fragebogen und Interviewleitfaden entworfen werden. Dabei stand die Suche nach den wirksamsten Einzeleffekten, die eine wirtschaftliche Genesung des Kunden begünstigten, im Vordergrund. Ob es die Berufstätigkeit, die Höhe des Einkommens, die Höhe der Schulden, die Art der Schuldenregulierung, die Unterstützung durch eine soziale Einrichtung oder durch den Familienverband war, könnten Kunden in einem Satz nicht beantworten, deshalb wurden, abgeleitet aus der Forschungsfrage, Teilfragen entworfen, die einen Einblick in die Bewältigung der Krise geben und systematisiert werden konnten. Auch die Gründe für das Nichterreichen des Ziels ein Normalkunde einer Geschäftsbank zu werden, ergaben sich aus dem Forschungskontext und bildeten ein weiteres zentrales Element der Erhebung. Durch die einsetzenden ersten möglichen Kontoschließungen war auch die Reaktion der übrigen Bankenwelt auf die ehemaligen Kunden der Zweite Sparkasse von großem Interesse, da diese nicht einer drohenden erneuten Kontolosigkeit überlassen werden sollten. Es wurde in dieser Arbeit hoher Wert auf einen geeigneten Anwendungsbezug gelegt und die Qualität der Aussagen sollte sich an ihrer praktischen Bewährung orientieren. Vor allem die Erhebung eines echten Nutzens für die Kunden schien einer umfangreichen Argumentation zu bedürfen, da im Falle

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 198 einer negativen Sichtweise auf die Arbeit der Zweite Sparkasse durch die untersuchte Kundengruppe, die gesamte Strategie des Institutes, bezogen auf ihre Praxisrelevanz, in Frage zu stellen wäre. Damit kann diese Forschungsarbeit auch gleichzeitig als teilweiser Überprüfungsbefund verstanden werden.

Ein weiterer offener Forschungsbereich ergab sich aus den jahrelangen Bemühungen der Europäischen Union in jedem Mitgliedsstaat ein gesetzlich verankertes Recht auf ein Basiskonto einzuführen. Durch die vielfachen Aufforderungen seitens der Union, Stellungnahmen der jeweiligen Interessensverbände der Mitgliedsstaaten zu diesem Thema abzugeben, und der darauffolgenden Diskussionen und entstandenen Arbeitspapiere, blieb die Bearbeitung dieses Forschungsbereichs bis zuletzt sehr dynamisch und geprägt von laufender Veränderung. Der Stand der Forschung zur Umsetzung des Rechts auf ein Girokonto für jedermann war aber nicht nur ständig in Bewegung, sondern auch zum Zeitpunkt der Fertigstellung dieser Arbeit noch nicht endgültig abgeschlossen, da eine rechtliche Verankerung oder Umsetzung in Österreich noch nicht erfolgte. Dieser Teil des Forschungsberichts wurde auf Basis der zur Verfügung stehenden europäischen Schriften und im Kontext der gesichteten Stellungnahmen österreichischer Interessensverbände verfasst und schließt im Resümee mit dementsprechenden Handlungsempfehlungen. Dabei standen vordergründig die möglichen Konsequenzen einer Gesetzgebung auf die Zweite Sparkasse im Fokus, sowie die möglichen Auswirkungen, die die Existenz der Zweite Sparkasse selbst auf die Entstehung eines neuen rechtlichen Umfeldes ausübt.

Im Rahmen der Studie musste auf die Einhaltung des Datenschutzes und des Bankgeheimnisses Bedacht genommen werden. Insbesondere zählt dazu das Grundrecht auf Datenschutz gemäß Art 1 § 1 Abs 1 DSG618 und die Bestimmungen des Bankgeheimnisses gemäß § 38 Abs 1 BWG.619 Die Studie und vor allem die Aufzeichnung und Auswertung der Daten wurde anonymisiert und mit einem System willkürlicher Nummernvergabe durchgeführt, sodass Rückschlüsse auf einzelne Studienteilnehmer nicht möglich sind. Art 1 § 1 Abs

618 DSG BGBl I 2012/51. 619 BWG BGBl I 2007/108.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 199 1 DSG wurde somit nicht verletzt, da ein Anspruch auf Geheimhaltung von personenbezogenen Daten dann ausgeschlossen ist, „…wenn Daten infolge ihrer allgemeinen Verfügbarkeit oder wegen ihrer mangelnden Rückführbarkeit auf den Betroffenen einem Geheimhaltungsanspruch nicht zugänglich sind.“620 Auch die Veröffentlichung oder Verwertung vertraulicher und sensibler Kundendaten kann gemäß § 38 Abs 1 BWG nicht erfolgen, da „…Kreditinstitute, ihre Gesellschafter, Organmitglieder, Beschäftigte sowie sonst für Kreditinstitute tätige Personen (…) Geheimnisse, die ihnen ausschließlich auf Grund der Geschäftsverbindungen mit Kunden (…) anvertraut oder zugänglich gemacht worden sind, nicht offenbaren oder verwerten…“ dürfen.621 Demnach wurden nur Daten, die von freiwillig teilnehmenden Interviewpartnern gewonnen werden konnten, in aggregierter Form verarbeitet. Die Auswertung erfolgte nicht auf bankeninternen Kundendaten und einzelne zitierte Kundenaussagen können nicht mehr Namen zugeordnet werden.

6.1.2 Abgrenzung der Untersuchung

Durch den österreichweiten einheitlichen Auftritt der Zweite Sparkasse und die einheitliche Vorgehensweise, die sich in den einzelnen Bundesländern nur marginal unterschied, erschien eine Konzentration dieser Studie auf die Dependance in Kärnten als ausreichend. Hier war der Zugang aufgrund der eigenen ehrenamtlichen Tätigkeit des Verfassers zu Kunden und zu Räumlichkeiten am besten gewährleistet, und vor allem auch aus rechtlicher Sicht einwandfrei möglich. Da andere Bundesländervertretungen teilweise auch erst nach den Filialen in Kärnten eröffnet wurden, hätten diese für die geplante Untersuchung noch nicht ausreichend lange existiert. Dennoch ließe sich die Interviewreihe in anderen Bundesländern anwenden und wäre somit ohne Adaptionen reproduzierbar.

Aufgrund des Bankgeheimnisses war das quantitative Ausmaß der alltäglichen Kontonutzung auf Einzelkundenebene nicht darstellbar, sehr wohl aber die Bedeutung des Girokontos in der heutigen Finanzwelt. Die Untersuchung

620 DSG BGBl I 2012/51. 621 BWG BGBl I 2007/108.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 200 zentrierte sich auf die Schnittstelle des theoretisch planmäßigen Ablaufs der Kontoverbindung nach 3 Jahren, weil dort auch die Kundengruppe zu finden war, die das Konto am längsten führte und deshalb am umfangreichsten Auskunft über die erlebte Wirkungsweise erteilen konnte. Weder die Zeit der Passivität, die verstrich bis ein überschuldeter Kunde die Hilfe einer Beratungsstelle in Anspruch genommen hat, noch die Arbeit der Partnerorganisationen selbst sollte bewertet werden. Die Zweite Sparkasse als Bankinstitut leistet keine Sozial- oder Lebensberatungen. Dies implizierte, dass sich auch die Untersuchung rund um die Problematik des Geldlebens bewegen musste. Wie sich die Zeit nach der Zweite Sparkasse für den Konsumenten entwickelte, lag zwar nicht gänzlich außerhalb des Interesses dieser Arbeit, konnte aber zum Untersuchungszeitpunkt allein aufgrund der Tatsache, dass das Institut noch nicht ausreichend lange existierte, nicht bearbeitet werden. Der überwiegende Teil der Schuldenregulierungen erstreckte sich über eine längere Laufzeit als 3 Jahre. Eine etwaige Restschuldbefreiung kann erst nach vollständiger Erfüllung der vereinbarten Zahlungen erfolgen und auch Löschungen in den erwähnten Kreditregistern können erst im Anschluss daran angestrebt werden. Daraus ergab sich, dass nicht die Wiederherstellung der vollständigen Kreditfähigkeit im Fokus stehen konnte, sondern die notwendige Erreichung der wirtschaftlichen Genesung als Etappenziel.

6.1.3 Das 3-Jahres-Gespräch

In diesem Kapitel werden die notwendigen Vorinformationen für den Forschungsteil ausführlich erläutert und Begrifflichkeiten definiert, auf die im weiteren Verlauf Bezug genommen werden muss.622 Das 3-Jahres-Gespräch nimmt in der alltäglichen Arbeit der Zweite Sparkasse eine zentrale Rolle ein. Bereits bei Kontoeröffnung unterschreibt der Kunde unter anderem auch den Hinweis, dass die Führung des Girokontos für die Dauer von 3 Jahren befristet ist. Diese Befristung war von Anfang an Kernthema dieser Idee und beruhte auf mehreren Überlegungen. Die Hilfestellung sollte der Dauer entsprechen, in der

622 Teile des Kapitels beruhen auf internen Aufzeichnungen, Statistiken und strategischen Überlegungen der Zweite Sparkasse. Da auch historisch gewachsene oder innerhalb der Zweite Sparkasse entwickelte interne Vorgehensweisen dargestellt werden, kann teilweise kein expliziter Autor festgestellt und angeführt werden. Die Veröffentlichung dieser Daten wurde seitens der Zweite Sparkasse geprüft und durch den Vorstand freigegeben.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 201 sie tatsächlich benötigt wird. Vor allem, da das Girokonto kostenlos ist, wäre eine unbefristete Vertragsbindung nicht zielgerichtet und würde Kapazitäten für neue Kunden einschränken. Die Motivation der Kunden zur Umstellung auf ein gebührenpflichtiges externes Konto ist gering. Das Unternehmen wird ausschließlich von ehrenamtlichen Mitarbeitern betrieben, dadurch müssen, um allen Kundenbedürfnissen nachzukommen, personelle Ressourcen sparsam eingesetzt werden. Es ergibt sich daraus eine theoretische Leistungsgrenze, die eine tragbare Relation von Brutto- und Nettokundenzuflüssen erfordert und unbegrenztes Wachstum nicht zulässt. Deshalb muss ein 3-Jahres-Gespräch geführt werden an dessen Anschluss eine Entscheidung über einen weiteren Verbleib in der Zweite Sparkasse zu treffen ist.

Abbildung 18: Gegenüberstellung von Kontoeröffnungen und Schließungen623

Im Zeitraum von Februar 2008 bis Ende 2012 standen in Kärnten 1132 Kontoeröffnungen 233 Kontoschließungen gegenüber. Seit der Gründung entstand somit eine Nettoneukundensteigerung von rund 16 Kunden monatlich, das sind über 190 Kunden jährlich. Schließungsgründe waren nicht nur die Überleitung zu einer anderen Geschäftsbank oder der Kärntner Sparkasse sondern auch, dass beispielsweise das Konto nie verwendet wurde, der Kunde

623 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2013], S. 2

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 202 sich nicht mehr meldete, kein Interesse mehr am Konto bestand oder verstarb. Im Rahmen des 3-Jahres-Gespräches wird festgestellt, ob Schulden ordnungsgemäß bedient oder zurückgezahlt wurden, somit ist dieser Termin, neben dem Tag der Kontoeröffnung, die zweite Zäsur.

Zahlt der Kunde seine Schulden geordnet zurück?

Zahlungsplan Hat Schulden noch nicht geregelt Aussergerichtlicher Ausgleich Hat neue Schulden Abschöpfungsverfahren Keine Schuldenregulierung Hat Schulen zurückgezahlt

JA NEIN

Kontoverhalten Kontoverhalten Kontoverhalten Kontoverhalten OK nicht OK OK nicht OK

A B C D

Änderung Kontoverhalten Unklare Situation Folgetermin vereinbart Schuldenregelung

Intensive Betreuung Kontoverhalten Kundenübergabe

Kärntner Fremdbank Schließungsszenario Sparkasse

Abbildung 19: Zahlt der Kunde seine Schulden geordnet zurück?624

Mit Hilfe dieses Schemas ordnete der gesprächsführende Mitarbeiter den Kunden einer Einteilung zu. Dabei war es unwesentlich ob der Kunde noch Schulden hatte oder nicht, entscheidend waren die ordnungsgemäße Rückzahlung und die Einhaltung seiner Schuldenregulierung. Aufgrund des Kontoverhaltens konnte dann die Entscheidung getroffen werden, ob der Kunde sofort zu einer Geschäftsbank übergeleitet wurde, oder aber entsprechende Auflagen einzuhalten sind, die einen absehbaren Folgetermin erforderlich

624 Quelle: Zweite Sparkasse [Newsletter 6/2011], o. S. (leicht modifiziert)

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 203 machten. Waren die Schuldensituation und die Rückzahlung unklar, wurde zunächst versucht diese zu klären oder mit Belegen zu interpretieren. Bestätigte sich daraufhin eine unregelmäßige Schuldentilgung, dann wurde von einer Überleitung vorläufig abgesehen. Schließungs- und Überleitungsprozesse waren für C und D Kunden bei Erstellung dieser Arbeit noch nicht vorgesehen. Im Wesentlichen konzentriert sich bei diesen beiden Kundengruppen die Beratungsbemühung dahingehend, dass der Kunde darauf aufmerksam gemacht wird, mit welchen Maßnahmen das Kontoverhalten verbessert werden kann. Die Zweite Sparkasse versicherte Konten nicht zu kündigen, wenn es kein Folgekonto gibt. Dies trifft vor allem dann zu, wenn trotz aller Beratungsbemühungen absehbar ist, dass mittelfristig keine Verbesserung der Situation ersichtlich ist und keinerlei Schließungskriterien vorliegen. Ein auf unbestimmte Zeit gewährtes Konto soll den absoluten Ausnahmefall darstellen. Um zu ermessen, ob die Kontoführung in Ordnung war, wurden hauptsächlich die abgewiesenen Zahlungsaufträge, eventuelle Kartensperren, die Eingänge der letzten 12 Monate, sowie ein reibungsloses Funktionieren von Daueraufträgen bewertet. Es spielten dabei weder die Einkommenshöhe, noch die berufliche Situation eine Rolle. Somit ergaben sich beim 3-Jahres-Gespräch folgende 4 mögliche Pfade:

A Kunde: Der Kunde zahlte seine Schulden ordnungsgemäß zurück, konnte dies belegen und sein Kontoverhalten ist geregelt. Es wurden keine neuen Schulden gemacht und bei einem Abschöpfungsverfahren war mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer Restschuldbefreiung auszugehen. Er hatte nun die Möglichkeit, bei eigenem Wunsch, ein Konto bei der Kärntner Sparkasse, wiederum auf Habenbasis, zu erhalten, oder sich selbstständig um eine neue Kontoverbindung zu bemühen. Die Vereinbarung zwischen Kärntner Sparkasse und Zweite Sparkasse für eine Übernahme von Kunden war dahin gehend getroffen, dass A Kunden unmittelbar übergeleitet werden können und von definierten Mitarbeitern übernommen wurden, wenn das der Kunde auch grundsätzlich wollte. Bestanden oder bestehen bei der Kärntner

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 204 Sparkasse Verbindlichkeiten ist eine A Klassifizierung nur dann möglich, wenn offene Schulden bereits getilgt wurden.625

B Kunde: Der Kunde zahlte seine Schulden zwar ordnungsgemäß zurück, aber das Kontoverhalten entsprach nicht den Rahmenbedingungen. Es wurden Abmachungen getroffen und ein Folgetermin vereinbart, mit dem Ziel, beim zweiten Termin die Zweite Sparkasse wieder zu verlassen.

C Kunde: Es herrschte zwar noch Unklarheit über die Schuldenrückführung, aber das Konto wurde ordentlich geführt. Bei diesen Kunden fehlten beispielsweise noch Belege oder Hinweise über den aktuellen Schuldenstand. Auch hier wurde ein Folgetermin zur endgültigen Klärung vereinbart, oder es wurden Vereinbarungen für einen weiteren Verbleib in der Zweite Sparkasse getroffen.

D Kunde: Weder Kontoführung noch Schuldentilgung waren planmäßig, so dass sowohl eine Intensivbetreuung, sowie auch ein weiterer Verbleib notwendig waren.

Bei allen 4 Optionen stand es dem Kunden immer frei, sich um eine neue Bankverbindung zu bemühen und das bestehende Konto zu schließen. Jede Klassifizierung schlechter als A verursachte demnach wieder Folgetermine und belastete die Organisation zusätzlich mit Beratungsaufwand, der durch ehrenamtliche Mitarbeiter abgedeckt werden musste. Die gesprächsführenden Mitarbeiter der Zweite Sparkasse verbürgten sich mit ihrem Namen bei einer Überleitung an die Kärntner Sparkasse. Die Kontoführung bei der übernehmenden Sparkasse war im ersten Jahr kostenlos. Bis Ende August 2012 konnten österreichweit in allen Filialen der Zweite Sparkasse 699 Kunden bei 1907 geführten Gesprächen übergeben werden.626

625 Diese Vorgehensweise weicht geringfügig von der Durchführung in der Erste Bank Österreich ab, da diese auch Kunden mit offenen Verbindlichkeiten im eigenen Haus wieder zurück nimmt. Die beschriebenen Vorgehensweisen entsprechen dem aktuellen Stand bei Erstellung dieser Arbeit und werden intern im Bedarfsfall nach neuen Erkenntnissen oder strategischen Überlegungen angepasst.

626 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2013], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 205 6.2 Forschungsdesign

Im Rahmen einer Querschnittstudie wurden die Kunden einmalig innerhalb eines kurzen Zeitfensters telefonisch befragt. Die Befragung ist die häufigste Form der Datenerhebung in den Sozialwissenschaften und erschien auch für diese Forschung am besten geeignet.627 Auch wenn es immer Unzulänglichkeiten bezüglich Gültigkeit und Repräsentativität gibt, „…so ist natürlich in der empirischen Sozialforschung der Einsatz der Methode Befragung als Strategie der Informationsgewinnung unverzichtbar; einfach schon aus dem Grunde, dass eine Alternative (…) nicht existiert.“628 Anfängliche Überlegungen, die Interviews persönlich in den Räumlichkeiten der Zweite Sparkasse zu führen, wurden verworfen. Eine Anreise wäre für viele Kunden doch mit erheblichen Umständen und Kosten verbunden gewesen. Die telefonische Befragung wurde vordergründig auch deshalb gewählt, da die Gefahr einer geringen Rücklaufquote bei Versendung eines Fragebogens per Post oder Email zu groß gewesen wäre und diese grundsätzlich „…anonymer und weniger bedrängend erlebt werden.“629 Aufgrund der kompakten Gruppe der überhaupt in Frage kommenden Interviewpersonen sollte die Studienteilnahme möglichst hoch ausfallen. Die doch sehr direkten Fragestellungen und ein latentes Gefühl der Scham aufgrund des erlebten Scheiterns hätten bei kommentarloser Zustellung eine geringe Resonanz erwarten lassen. Die vertrauliche Interviewsituation gewährte auch den Erhalt wesentlich authentischerer Information.

Die maximal mögliche Stichprobengröße zeichnete sich am Beginn der Studie bereits ab und so musste der Einsatz der bestmöglich geeigneten Methode abgewogen werden. Da das Spektrum der möglichen Antworten weitestgehend bekannt war, der Verfasser dieser Arbeit selbst ehrenamtlicher Mitarbeiter der Zweite Sparkasse war und die Interviews auch persönlich führte, wurde der quantitativen Methodologie der Vorzug gegeben. Die Forschungsbemühungen fokussierten sich somit auf den Erhalt einer hohen Datendichte, die eine solide Grundlage für eine quantitative Untersuchung bilden sollte, damit durch

627 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 42. 628 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 383f. 629 Bortz/Döring [Forschungsmethoden und Evaluation 2006], S. 239.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 206 entsprechende Verfahren Hypothesen getestet und statistische Zusammenhänge überprüft werden konnten. Die Feststellung des Grades der Repräsentativität erfolgte durch übliche statistische Signifikanzberechnungen. Durch empirische Überprüfung der Hypothesen entwickelt sich etappenweise „…wahres Wissen über die soziale Realität“.630 Dies kann nach Lamnek nur dann entstehen, wenn der Graben zwischen sozialer Wirklichkeit und soziologischem Wissen möglichst klein ist und der Forscher sich bewusst ist, dass er nicht alle Ausschnitte des gesellschaftlichen Lebens kennt.631 Die fehlende eigene Primärerfahrung kann durch umfangreiches Wissen über den betreffenden Wirklichkeitsbereich kompensiert werden.

Der eigens konzipierte Fragebogen diente gleichzeitig als Gesprächsleitfaden und ließ im Bedarfsfall einer situativ notwendigen Variation des Gespräches und einer sprachlichen Entfaltung des Befragten genügend Raum. War der Kunde also in einem gewissen Redefluss, so beantwortete er allein durch seine Leidensgeschichte immer wieder auch Fragen des standardisierten Fragebogens, wie beispielsweise die Situation am Arbeitsplatz und die Höhe der Schulden. Durch diese Vorgehensweise konnten die Methodenvorteile aus der qualitativ-interpretativen Forschung und dem Leitfadeninterview genutzt werden, da sich auch die Möglichkeit ergab Hintergründe zu erfragen und eventuell unbekannte Sachverhalte zu erkennen. Besonders in der standardisierten Befragung wäre die Gefahr andernfalls zu groß, dass sich eine asymmetrische Kommunikationssituation entwickeln würde, wenn der Interviewer unabhängig von der gegebenen Antwort, mit der nächsten Frage fortfährt und der Befragte in ein Korsett von vorgegebenen Antwortmöglichkeiten gepresst wird.632 Im Leitfadeninterview ist der Fragebogen begleitendes Hilfsmittel mit dem Ziel, der „…Herstellung eines thematischen Gespräches, in dem die für das Forschungsvorhaben relevanten Themen so zur Sprache kommen, dass die Informanten ihre subjektiven Erfahrungen und Sichtweisen möglichst ausführlich und orientiert an ihren eigenen Relevanzstrukturen äußern können.“633 Die Ergebnisse des

630 Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 47f. 631 Vgl. Lamnek [Qualitative Sozialforschung 2010], S. 78f. 632 Vgl. ebenda, S. 306. 633 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 387f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 207 Fragebogens wurden in ein Umfrage- und Marktforschungstool634 übertragen, damit die anschließende statistische Auswertung im Statistikprogramm SPSS 22 zeitsparend technisch unterstützt werden konnte, und kein weiterer manueller Übertrag mehr notwendig war.

6.2.1 Konstruktion des Fragebogens

Durch die telefonische Befragung musste einem optisch möglichst einladenden Layout des Fragebogens nicht weiter Beachtung geschenkt werden. Kunden haben ein Vertrauensverhältnis zur Zweite Sparkasse und waren in einem persönlichen Gespräch eher bereit, die doch sensiblen Fragen zu beantworten. Nebenbei konnten so auch zusätzliche Informationen gewonnen werden, die sie schriftlich nicht preisgegeben hätten, oder an deren Mitteilung sie nicht gedacht hätten. Zur Erhöhung der Objektivität wurde der überwiegende Teil des Fragebogens auf Antwortvorgaben aufgebaut. Welche Aspekte für die Konstruktion geeigneter Alternativantworten relevant waren, ergab sich nicht nur aus der theoretischen Extraktion und der Hypothesenbildung dieser Arbeit, sondern wurde im Vorfeld auch mit führenden Mitarbeitern der Zweite Sparkasse besprochen. Darüber hinaus konnte auch die eigene jahrelange Erfahrung des Verfassers dieser Arbeit als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Zweite Sparkasse, gewonnen in etlichen Beratungsterminen, mit einfließen.

Trotz Antwortvorgaben wurde der Fragebogen möglichst erzählstimulierend formuliert und in fünf Kategorien unterteilt. Diese wurden zweckmäßig zusammengefasst, wobei die Anordnung der Kategorien einem thematisch roten Faden entsprach und in ihrer schlüssigen Abfolge weitestgehend positiv auf die Messgüte wirken sollte. Wie in der quantitativen Sozialforschung gebräuchlich wurden überwiegend geschlossene Fragestellungen verwendet, die in ihren Antwortkategorien dem Verhalten oder der tatsächlichen Einstellung der Befragten entsprechen oder am nächsten kommen.635 Die einzelnen

634 URL: https://de.surveymonkey.com/ [12.09.2012]. 635 Vgl. Lamnek [Qualitative Sozialforschung 2010], S. 314.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 208 Kategorien waren so geartet, dass sie jeweils exakt definiert waren und einander gegenseitig ausschlossen.636

1. Demographische Daten 2. Arbeitsplatz 3. Schulden 4. Das Girokonto und die Rolle der Zweite Sparkasse 5. Wirtschaftliche Erholung

Im ersten Themenblock wurden demographische Daten erfasst, die unerlässlich für die darauffolgenden Darstellungen der Ergebnisse und korrekten Korrelationen waren. Darüber hinaus dienten die Fragen als Eisbrecher und sollten das Thema einleiten. Hier wurden auch die Art der Schuldenregulierung und das derzeitige monatliche Nettoeinkommen abgefragt. Die interne Einteilung in Kundenkategorien A,B,C,D wie bereits im Kapitel 6.1.3 erläutert, wurde im Fragebogen festgehalten und sollte vor allem in der abschließenden Auswertung Aufschluss über die Erfolgsfaktoren einzelner Kunden geben. Besonders interessant waren die Gruppen B und C insofern, als dass Sie in den darauf folgenden Monaten mit einem Kontowechsel konfrontiert sein könnten. In der Gruppe A fokussierte sich das Interesse auf die Faktoren, die zur wirtschaftlichen Genesung beigetragen haben. Insofern wurde in der Fragebogenkonstruktion allen Kundenklassen Rechnung getragen. Im zweiten Fragenteil wurden die Kernfragen gestellt, die Rückschlüsse auf die Gefährdung des Arbeitsplatzes bei Verlust des Girokontos, oder die daraus entstehenden Schwierigkeiten ermöglichen sollten, da vor allem die Integration in den Arbeitsprozess, oder der Erhalt geregelter Pensionseinkünfte für eine Schuldenbewältigung von essentieller Bedeutung ist. Der dritte Teil widmete sich der Entwicklung und der Reduktion der Schuldenhöhe im Rahmen der Schuldenregulierung, sowie der bewussten Wahrnehmung der Kreditschuld. Mit diesen teils retrospektiven Fragen konnte die typische Schuldnerkarriere erfasst und interpretiert werden.

Die Rolle des Girokontos der Zweite Sparkasse und etwaige erlebte Benachteiligungen in diversen Lebenssituationen standen im vierten Teil im

636 Vgl. Bortz/Döring [Forschungsmethoden und Evaluation 2006], S. 140.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 209 Fokus des Interesses. Erforscht wurde auch, ob es dem Kunden möglich war, ein Girokonto vor oder nach dem 3-Jahres-Gespräch bei einer anderen Bank zu eröffnen. Für die Beurteilung der Arbeit der Zweite Sparkasse wurde in der Frage „Denken Sie, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schuldensituation behilflich sein konnte?“ eine verbale Skalenbezeichnung als am geeignetsten erachtet, da dadurch die Intensität der erlebten oder empfundenen Hilfestellung etwas klarer zum Ausdruck gebracht werden konnte als in einer Ja/Nein Antwortoption. Für die Antwortmöglichkeiten wurde eine fünfstufige unipolare Ratingskala gewählt, die sich in ihrer Intensität unterschied und eine möglichst eindeutige Rangordnung bildete.637 Eine fünfstufige Skala mit einer neutralen Mitte gewährleistete ein ausreichendes Spektrum denkbarer Antwortvarianten.638

Im letzten Abschnitt stand die Erfragung der wirtschaftlichen Erholung im Vordergrund und es wurden Gründe für den Erfolg einer gelungenen finanziellen Genesung sowie Gründe für ein Scheitern untersucht. Aufgrund der besseren Auswertbarkeit wurde weitestgehend auf offene Fragen verzichtet. Die einzige Ausnahme bildete die Abschlussfrage „Was würden Sie heute anders machen?“. Hier ließ sich kein Drop Down Menü vorgegebener Antwortmöglichkeiten kreieren, welches der gesamten Bandbreite an Antwortmöglichkeiten entsprach. Außerdem sollte mit dieser Fragestellung der Zugewinn an Lebenserfahrung und der Lerneffekt dargestellt werden, der möglichst in eigenen Worten wiedergegeben werden sollte. Die Antwortmöglichkeiten auf geschlossene Fragen wurden im Vorfeld methodisch formuliert, wobei dies insofern möglich war, da die erdenklichen Antworten entweder als gegeben oder als logisch anzusehen waren.639 Bei allen anderen Fragen, die vielleicht noch weitere Antwortmöglichkeiten als die Vorgeschlagenen ergeben hätten, wurden Kommentarfelder eingefügt. Speziell handelte es sich hier um Fragen, welche die Benachteiligung des Interviewten in diversen Lebenssituationen, aufgrund der Schuldensituation, betrafen.

637 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 58. 638 Vgl. Kirchhoff et al. [Der Fragebogen 2008], S. 22. 639 Vgl. ebenda, S. 20. Beispielhaft sei hier unter anderem die Frage nach der „Art der Schuldenregulierung“ angeführt, die Antwortmöglichkeiten sind aufgrund der vorhandenen existierenden Verfahren vorgegeben.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 210 6.2.2 Auswahl und Konstruktion der Stichprobe

Durch gezielte Selektion kann ein für die Untersuchung dienlicher Teil der gesamten Realität extrahiert werden. Erst dadurch werden eine systematische Beobachtung und Datenerhebung, sowie das Erkennen von regelhaften Beziehungen seiner Struktur, möglich.640 Eine im besten Fall daraus entstehende Repräsentativität stellt ein reduziertes Gegenstück zur Grundgesamtheit dar.641

Bis Ende September 2012 führten ehrenamtliche Mitarbeiter mit 96 Kunden der Zweite Sparkasse in Kärnten ein 3-Jahres-Gespräch. Die Auswahl der Kundengespräche ergab sich aus der Gesamtkundenzahl von 899 deren Kontoeröffnung zum damaligen Zeitpunkt mindestens 3 Jahre zurücklag. Dieses Merkmal entsprach auch der Relevanz der Fragestellung der Untersuchung und somit bildeten 96 Kunden die maximal mögliche Größe der Stichprobe. Um sowohl eine in Relation entsprechende Verteilung bezogen auf den gesamten Kundenschnitt zu erhalten, sowie auch eine hohe Anzahl an tatsächlich geführten Interviews zu gewährleisten, wurde keine Einschränkung vorgenommen, und es sollte mit allen in Frage kommenden Personen ein Interview geführt werden. Die Konstruktion der Stichprobe umfasste somit zu diesem Zeitpunkt 10,7% der gesamten Kunden der Zweite Sparkasse in Kärnten.

Die einzige Homogenität dieser Gruppe war, dass das Konto seit mehr als 3 Jahren existierte. Außer diesem Kriterium wurde keine weitere gemeinsame Variable für die Auswahl dieser Gespräche benötigt. Demnach entsprach die Stichprobe in den Variablen Geschlecht, Alter, Familienstand, Kinderanzahl, Wohnsituation, vermittelte NGO, Einkommen, Art des Schuldenregulierungsverfahrens und Nationalität im Verhältnis der Aufteilung, die in der Gesamtkundenanzahl auch zu finden war, sodass hier nach dem Induktionsprinzip vom besonderen auf den allgemeinen Fall geschlossen werden konnte.642 Durch die Auswahl war eine Überrepräsentation einer

640 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 44. 641 Vgl. ebenda, S. 262. 642 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 18.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 211 Variablen unwahrscheinlich und es konnte von einer hohen Validität der Untersuchungsergebnisse ausgegangen werden. Von hoher externer Validität wird dann gesprochen, wenn „…die Untersuchungsergebnisse auf andere, vergleichbare Personen, Orte oder Situationen generalisierbar sind.“643

Die gezielte Auswahl der 96 Kunden schien eine sinnvoll bewältigbare Größe zu ergeben, da dem Interview begleitend, auch ein Vorgespräch stattfinden sollte, welches an das Thema vertrauensbildend heranführt und von der interviewten Person als verständnisvoll erlebt wird. Die Zweite Sparkasse begegnet ihren Kunden mit größtmöglichem Respekt und Verständnis, deshalb sollte auch die Interviewreihe in diesem Sinne durchgeführt werden. Im Hintergrund dieser Untersuchung wurden von den Mitarbeitern der Zweite Sparkasse im Rahmen der 3-Jahres-Gespräche 17 Kunden sofort an die Kärntner Sparkasse übergeleitet. Mit 48 Kunden wurde ein Wechsel innerhalb der darauffolgenden 6 Monate geplant und 31 Kunden waren auf das Konto noch einen längeren, nicht näher zu bestimmenden Zeitraum angewiesen.

6.2.3 Durchführung der Datenerhebung

Vor Durchführung der Datenerhebung wurde mittels eines Pretest die Brauchbarkeit des Fragebogens an einer kleinen Stichprobe von 4 Probanden ausführlich getestet. Mit Hilfe eines Probedurchlaufs wird die Fragebogenkonstruktion auf Verständlichkeit des Inhaltes, Dauer der Bearbeitung und sprachliche Abstimmung auf die Zielgruppe geprüft. Zusätzlich kann die Eignung zur Beantwortung der aufgestellten Hypothesen erprobt werden.644 Ein erster Eindruck über Häufigkeitsverteilungen der Antworten und das eventuelle Fehlen von Antwortmöglichkeiten ist dadurch zusätzlich möglich.645 Nach Abschluss der Pretest Phase wurden noch Aspekte bei irritierenden Fragestellungen verbessert, sowie einzelne Passagen mit einer möglichen Antworthemmung geglättet. Auch eine Verknappung der

643 Bortz/Döring [Forschungsmethoden und Evaluation 2006], S. 504. 644 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 61. 645 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 384.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 212 Themenbereiche Arbeitsplatz und Schulden führte bei gleichem Output zur Qualitätssteigerung.

Die Kunden wurden in der Untersuchung mit Hilfe des dafür entworfenen standardisierten Fragebogens interviewt. Die telefonische Datenerhebung erfolgte im Oktober und November 2012 in den Räumlichkeiten der Zweite Sparkasse. Am Beginn des Telefonats erschien für den weiteren Gesprächsverlauf der Hinweis auf den Zweck der Untersuchung und das Bankgeheimnis förderlich, sowie die Feststellung der Tatsache, dass eine Teilnahme daran völlig freiwillig sei, und eine Ablehnung keine weitere Konsequenz nach sich ziehen würde. Dieser Umstand musste gelegentlich wiederholt werden, da vereinzelt die Befürchtung geäußert wurde, dass das Girokonto nach diesem Gespräch endgültig gekündigt wird. Zweifelsohne entstand durch das Faktum, dass sich der Verfasser dieser Arbeit und Interviewer als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Zweite Sparkasse vorstellen konnte, ein vertrautes Gespräch. Besonderes Augenmerk lag auf einem ruhigen, angenehmen Gesprächsklima mit größtmöglichem Ausschluss beeinflussender Faktoren. War der Kunde zum Zeitpunkt des Erstkontaktes gerade durch Arbeit, Alltagsbeschäftigung oder Kinderlärm abgelenkt, wurde ein neuer Telefontermin vereinbart. Durch die telefonische Befragung blieb die Erhebungssituation in der Kontrolle des Untersuchungsleiters, sodass, wenn notwendig, steuernde Eingriffe des Interviewers, hinsichtlich einer etwaigen Fehlinterpretation der Fragestellung durch den Interviewten, möglich waren. Außerdem veränderte sich die Interviewsituation nicht und dadurch war ein notwendiger Grad an Standardisierung gewährleistet.646 Kunden sind es bei einer Bank gewohnt, offen über ihr Geldleben sprechen zu können, ähnlich wie einem Arzt das körperliche Befinden mitgeteilt wird. Aber auch wenn ein vertrautes Gespräch entstand, sollte das Interview in dem dafür vorgesehenen Zeitrahmen stattfinden, damit nicht nur eine Vergleichbarkeit garantiert ist, sondern auch, um die Teilnehmer nicht über Gebühr der Situation des emotional anspruchsvollen Interviews auszusetzen. Das Interview beinhaltete Fragen, die nicht nur sehr persönlich waren, sondern den betreffenden Kunden wieder gedanklich in eine Zeit zurückversetzten, die vermutlich zu den dunkelsten seines bisherigen Lebens zählte. Deshalb war bei der Befragung ein

646 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 47.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 213 besonderes Maß an Feingefühl notwendig, um brauchbare und vor allem ehrliche Antworten zu erhalten. Um Unbehaglichkeit weitestgehend auszuschließen, wurden die Interviewpartner darauf hingewiesen, auch einzelne, unangenehme Fragen nicht beantworten zu müssen. Raab– Steiner/Benesch meinen dazu, dass speziell in humanwissenschaftlichen Studien immer ein Grundproblem in der Abwägung zwischen wissenschaftlichen Fortschritt und Menschenwürde besteht.647 Die Durchführung der jeweiligen Interviews nahm zwischen 15 und 25 Minuten in Anspruch.

Die Reaktionen der Untersuchungsteilnehmer waren durchwegs positiv und die Bereitschaft zur Teilnahme groß. Schon nach wenigen Fragen entstand bei den meisten Interviewten ein motivierter freier Redestil, der zusätzlich noch über den Fragekatalog hinaus Einblick in individuelle Problemlagen gab. Es entstand der Eindruck, Kunden möchten ihre Lebensgeschichte erzählen und sich erklären, wobei mit Selbstkritik nicht gespart wurde. Raab-Steiner/Benesch sehen die Motivation zur Teilnahme an Befragungen höher, wenn sich die Person gehört fühlt, und die Abgabe ihrer Meinung auch etwas bewirken könnte.648 Demnach wurde eingangs auch darauf hingewiesen, Ergebnisse aus dieser Studie würden der Zweite Sparkasse zur Verfügung gestellt werden, und so nutzten manche Interviewten die Gelegenheit ihren Dank den Mitarbeitern und der Organisation auszusprechen.

Interview Nr. 5: „Ich bin froh, dass es euch gibt.“

Interview Nr. 7: „Ich möchte zu keiner anderen Bank mehr als zur Sparkasse.“

Interview Nr. 9: „Ich bin 54 und in Pension, aber wie sollen es Jüngere, die wieder zurück ins Arbeitsleben müssen, ohne euch schaffen.“

647 Vgl. Raab–Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 42. 648 Vgl. ebenda, S. 53.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 214 Am Ende des Interviews wurde nochmals das Recht erwähnt die Daten wieder zurückziehen zu können, auch wenn die Forschungsergebnisse nur anonymisiert Eingang in eine Forschungsarbeit finden.

6.3 Forschungsergebnisse und Diskussion

Im nachfolgenden Kapitel werden die Ergebnisse aus der Erhebung dargestellt und die Hypothesen und Fragestellungen in Themenblöcken abgearbeitet. Nach der Angabe des exakten Samples folgen der Abriss der verwendeten Analyseverfahren und die Methodenkritik. Die Ergebnisse der einzelnen Hypothesen wurden nicht nur quantitativ überprüft und dargestellt, sondern auch interpretativ vervollständigt und mit einzelnen Kundenaussagen an geeigneten Stellen der empirischen Befunde ergänzt. Nicht nur die Prüfung von Variablenbeziehungen, sondern auch die Prognose und Erklärung von Effekten soll Ziel hypothesenprüfender Forschung sein.649 Die Auswahl einzelner Interviewsequenzen war hierbei sehr spezifisch und ist inhaltlich in direktem Zusammenhang mit der jeweils angeführten Fragestellung zu sehen. Die Angabe erwähnenswerter Meinungsäußerungen, die im Rahmen des Interviews gegeben wurden, soll die Befunde stützen und einen Einblick in die Emotion der Kunden gewähren.

Empirische Berichte über Verschuldung und Überschuldung beruhen meist auf statistischen Daten von Schuldnerberatungen. Da Schuldner aber auch andere Institutionen wie Sozialämter oder Rechtsanwälte in Anspruch nehmen können, oder auch ohne fremde Beratungshilfe Schulden regulieren, musste auf eine andere empirische Grundlage referenziert werden. Das im Jahr 2008 im Rahmen der EU-SILC Studienreihe seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz durchgeführte Sondermodul zu Verschuldung, Überschuldung und finanzieller Ausgrenzung stellte zum Forschungszeitpunkt dieser Arbeit immer noch das quantitativ umfangreichste und aktuellste Zahlenwerk dar. Vor allem, um die Befunde der bearbeiteten Hypothesen in einem gesamten Zusammenhang zu beurteilen, schien die zusätzliche Darstellung geeigneter Ergebnisse der EU-SILC Studienreihe am

649 Vgl. Bortz/Döring [Forschungsmethoden und Evaluation 2006], S. 490.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 215 brauchbarsten. In der abschließenden Diskussion dieses Kapitels soll die Relevanz und Aussagekraft der Untersuchung geklärt werden.

6.3.1 Stichprobenbeschreibung

An den telefonischen Interviews nahmen n=61 Kunden der Zweite Sparkasse aus einer Stichprobe von 96 Kunden teil. Die Befragten waren im Alter zwischen 28 und 69 Jahren, davon waren 42 männlich (68,9%) und 19 weiblich (31,1%). Die überwiegende Mehrheit von 53 Befragten (86,9%) wurde durch die bevorrechtete Schuldnerberatung Kärnten an die Zweite Sparkasse vermittelt. Ebenso deutlich stärker vertreten waren 34 Kunden (55,7%) mit einem Zahlungsplan als Schuldenregulierungsverfahren. Die Hälfte der Kunden war berufstätig, die andere nicht oder bereits im Ruhestand. 40 Befragte konnten genaue Angaben über ihren Schuldenstand am Beginn der Schuldenregulierung machen, welcher sich in Summe auf € 3,05 Mio belief, was einen Mittelwert von € 76.200,- ergab. Die durchschnittliche Verschuldung deckte sich mit den Erkenntnissen der Schuldnerberatung, die für das Jahr 2009 einen Wert von € 74.473,- festgestellt hat.650 Die Tabellen 4 und 5 zeigen die zentralen Charakteristika der Stichprobe.

650 Vgl. Grohs et al. [Schuldenreport 2012], S. 7.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 216

Anzahl der Untersuchungsteilnehmer

Kundenanzahl in % Gesamte Stichprobe 96 abzüglich ergebnisneutrale Ausfälle 2 ergibt bereinigte Stichprobe 94 100,0%

Ausfälle: Teilnahme abgelehnt 9 9,6% Person nicht erreicht 13 13,8% Ehepartner kein doppeltes Interview 3 3,2% Interview nicht durchgeführt aus sonstigen Gründen 8 8,5% Summe der Ausfälle 33 35,1%

In Auswertung berücksichtigte Interviews 61 64,9%

Tabelle 4: Anzahl der Untersuchungsteilnehmer651

Unter ergebnisneutrale Ausfälle sind zwei Kunden angeführt deren Telefonnummer nicht mehr korrekt war und die demnach nicht teilnehmen konnten. 9 Kunden haben die Teilnahme an dem Interview abgelehnt und 13 Personen wurden telefonisch nicht erreicht. Wobei die telefonische Erreichbarkeit vorwiegend von der Art der Berufstätigkeit abhängig war. Die Herstellung eines telefonischen Kontaktes mit den nicht erreichten Personen wurde drei Mal zu unterschiedlichen Zeiten, auch am Wochenende, versucht. Selbst bei Erreichen einer Person, steht der Wille zur Beteiligung in engem Zusammenhang mit dem Interesse am Thema und der Vertrautheit mit Interviewsituationen.652 Wenn bereits mit einer Person des Haushaltes ein Interview geführt wurde und nach kurzer Zeit ein offensichtlicher Gleichklang erkennbar war, so wurde auf ein Interview mit dem Ehepartner oder Lebenspartner verzichtet. Bei aus sonstigen Gründen nicht durchgeführten Interviews summierten sich Hemmungsgründe wie unüberbrückbare Sprachbarrieren, schwere Krankheit oder psychische Probleme. Auf ein Interview wurde aus Rücksichtnahme verzichtet, beziehungsweise erschien eine Durchführung nicht möglich. Somit ergaben sich 61 auswertungsrelevante Interviews. Die Beteiligung an der dafür konstruierten Stichprobe betrug 64,9%.

651 Quelle: Verfasser 652 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 381f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 217

Repräsentativität der Stichprobe in Bezug auf Geschlecht und Alter

Stichprobe (n=61) in % Gesamtkunden in %

Geschlecht Männlich 42 68,9% 567 63,1% Weiblich 19 31,1% 332 36,9%

Summe 61 100,0% 899 100,0%

Alter bis 30 Jahre 4 6,6% 139 15,5% 31-40 Jahre 15 24,6% 252 28,0% 41-50 Jahre 22 36,1% 283 31,5% über 50 Jahre 20 32,8% 225 25,0%

Summe 61 100,0% 899 100,0%

Tabelle 5: Repräsentativität der Stichprobe in Bezug auf Geschlecht und Alter653

Das Datensample war hinsichtlich der sozio-demographischen Merkmale Alter und Geschlecht, bezogen auf die gesamte Kundenanzahl, zum Zeitpunkt der Untersuchung repräsentativ. Geringfügige Abweichungen waren vernachlässigbar, mit Ausnahme der höheren Gesamtkundenzahl der bis 30- jährigen. Dieser Unterschied ließ sich auf die Tatsache zurückführen, dass diese Altersgruppe erst zu einem späteren Verlauf des Bestehens der Zweite Sparkasse Zuwächse verzeichnete. Eine Feststellung der Repräsentativität auf die Grundgesamtheit der österreichischen Bevölkerung wäre nicht zielführend, da die grundsätzliche Problematik zu spezifisch ist, als dass der Vergleich mit dem allgemeinen Geschlechterverhältnis hier erkenntnisgewinnende Aussagekraft entfalten könnte.

6.3.2 Analyse und Prüfung der erhobenen Daten

Neben der obligatorischen Überprüfung der in das Statistikprogramm SPSS 22 übertragenen Daten hinsichtlich Vollständigkeit, Widersprüchlichkeit oder etwaiger Eingabefehler, wurden die Detailergebnisse der Befragung für eine

653 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 218 erste Visualisierung tabellarisch in Form von univariaten Häufigkeitstabellen dargestellt.654 Durch diese deskriptivstatistische Methode wurden Antworttendenzen sichtbar, die dadurch interpretiert und diskutiert werden konnten. Zusätzlich konnten Antwortbereiche erkannt werden, die aufgrund ihrer qualitativen Empirie tiefergehendes Forschen erforderlich machten und nicht mit den klassischen Statistikinstrumenten sinnvoll auswertbar waren. Dies betraf vor allem die Fragestellungen bezüglich der wirtschaftlichen Erholung, da durch den Fragebogen nicht alle erdenklichen Lebenssituationen in vorgegebenen Antwortmöglichkeiten darstellbar waren. Hier wurde häufig sehr Individuelles berichtet.655

Der in den Hypothesen häufig referenzierte Begriff der „ordnungsgemäßen Schuldenrückführung“ beruht auf der in Kapitel 6.1.3 beschriebenen Kundenklassifizierung und der Darstellung in Abbildung 19. Begrifflichkeiten wie Schuldenhöhe, Schuldenregulierung, Hausbank, finanzielle Erholung und weitere, wurden größtenteils im theoretischen Teil ausführlich erläutert oder es kann davon ausgegangen werden, dass sie im allgemeinen Sprachgebrauch ausreichend Anwendung finden und deshalb keine weitere Definition notwendig ist. Zur Frage der Quantifizierbarkeit von Begriffen, die nicht metrisch sind, und der daraus entstehenden Überlegung in der Sozialwissenschaft sei qualitativen Methoden der Vorzug zu geben, meint Kromrey „…so wie es statistische Modelle für metrische Merkmale gibt, so existieren auch solche, die auf komparative oder auf klassifikatorische Merkmale zugeschnitten sind…“ und benennt gleichzeitig quantitative Verfahren für qualitative Merkmale.656

Die empirische Theorie wird durch das Aufstellen mehrerer zusammenhängender Hypothesen in einem logisch widerspruchsfreien System erzielt, wobei eine Hypothese immer die „…Vermutung über einen Zusammenhang zwischen mindestens zwei Sachverhalten“ anstellt.657 Der Forschungsbereich wurde durch ungerichtete bivariate Zusammenhangs-, Unterschieds- und Veränderungshypothesen definiert und abgegrenzt. Zur

654 Detailergebnisse der Interviews siehe Anhang 2. 655 In der Fragebogenlogik unter „Sonstiges“ angeführt. 656 Vgl. Kromrey [Empirische Sozialforschung 2009], S. 198. 657 Vgl. ebenda, S. 42.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 219 Analyse der Verteilung der Daten wurden die geeigneten statistischen Verfahren angewandt. Die einfaktorielle Varianzanalyse (im SPSS ANOVA) kam dann zum Einsatz, wenn es erforderlich war die Streuung der Mittelwerte miteinander zu vergleichen.658 Da angeschlossene F-Tests bei keiner Varianzanalyse signifikant wurden, kamen post-hoc Tests nicht zum Einsatz. Die Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson konnte in Antwortkategorien angewendet werden, die äquidistant vorhanden waren, hierzu zählten die Variablen Einkommen und Schuldenstand. Um festzustellen, ob die gefundenen Variablenunterschiede nicht nur Zufallsbefunde waren, wurden entsprechende Signifikanztests durchgeführt. Den geltenden Konventionen der empirischen Sozialforschung entsprechend, wurde von einem Signifikanzniveau von 5% ausgegangen.659 Bei p-Werten kleiner oder gleich 5 wurden die gefundenen Mittelwertsunterschiede beim t-Test, oder Unterschiede in den Häufigkeitsverteilungen beim χ²-Test, als statistisch signifikant bezeichnet.

6.3.3 Methodenkritik

Wie die Ergebnisse zeigten, waren die angenommenen Hypothesen selten signifikant, was teilweise auf eine geringe Fallzahl in einigen Antwortkategorien zurückzuführen war. Bortz meint dazu, dass die statistische Signifikanz allein noch nicht als Gradmesser des Aussagegehalts einer hypothesenprüfenden Untersuchung angesehen werden kann, die Ergebnisse müssen vor allem praktisch bedeutsam sein.660 Um das Risiko einer Fehlentscheidung zu minimieren, wurden die Resultate dort wo es notwendig erschien, einer weiteren Untersuchung und Interpretation unterzogen. Zur Stützung dieser Interpretation wurden dann graphische Darstellungen eingefügt, wenn angenommen werden musste, dass das interessierende Merkmal zwar nach den Konventionen der Statistik nicht verallgemeinert werden kann, aber dennoch in der Stichprobe ausreichend häufig vorkommt, um weiterführende Überlegungen dazu anzustellen. Auf weitere Berechnungen der Teststärke wurde verzichtet. Zur besseren Vergleichbarkeit bezieht sich die Untersuchung

658 Vgl. Bortz [Statistik für Sozialwissenschaftler 1999], S. 475f. 659 Vgl. ebenda, S. 114. 660 Vgl. Bortz/Döring [Forschungsmethoden und Evaluation 2006], S. 600.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 220 nur auf Einzelpersonen, deshalb wurde auf unterschiedliche Größen oder Zusammensetzungen eines Haushaltes nicht Bezug genommen.

Die weitere Methodenkritik bezieht sich auf die typischen Nachteile eines Einzelgesprächs. Verzerrungseffekte können nie ganz ausgeschlossen werden, besonders dann nicht, wenn sich die Fragestellungen auf eine Beurteilung der Arbeit der Zweite Sparkasse beziehen und der Befragte weiß, dass der Interviewer dabei selbst dem Institut zugehörig ist. Somit wären manche Antwortmöglichkeiten automatisch gleichbedeutend einer offen ausgesprochenen Kritik gewesen. Aus der Interaktion zwischen Interviewer und Befragtem kann ein ungewolltes Bündnis entstehen, das zu unzuverlässigen Daten führen könnte. Von den unterschiedlichsten theoretischen negativen Antworttendenzen musste bei diesem Thema zumindest ein eventuelles Auftreten von „social desirability“ in Betracht gezogen werden. Vor allem die Angst vor sozialer Stigmatisierung beeinflusst Personen Antworten zu geben, die das Ergebnis eventuell verfälschen könnten.661 Die Reduktion dieses Aspektes kann nach Raab-Steiner/Benesch mit der Vorgabe von verschiedenen Aussagen erreicht werden, bei denen sich Testpersonen für zumindest eine entscheiden müssen.662 Der Fragebogen war auch aus diesem Grund überwiegend durch vorgegebene Antwortmöglichkeiten gekennzeichnet und zusätzlich haben Bankkunden das Gefühl, dass eine Bank ohnehin über sämtliche relevante Informationen verfügt, und es also gar nicht möglich ist, etwas anderes als die Tatsachen zu behaupten.

Interview Nr. 20: „Was soll ich sie anlügen, eine Bank drückt auf den Knopf und weiß alles über ihre Kunden, außerdem stehe ich heute zu meinen Fehlern.“

Interview Nr. 14: „Es ist ein Vorteil, dass die Zweite Sparkasse keine Überziehung zulässt.“

661 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 62. Auch soziale Erwünschtheit; darunter wird die Tendenz der Versuchsperson verstanden, Fragen in jene Richtung zu beantworten, die ihrer Meinung nach den sozialen Normen entspricht.

662 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 63.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 221 6.3.4 Darstellung der Hypothesen und Fragestellungen

Da sich Forschung nicht nur auf unmittelbar beobachtbare Phänomene beschränkt, sondern auch auf Vermutungen über nicht direkt ersichtliche Eigenschaften erstrecken soll, wurden zur weiteren Bearbeitung des Themas auch einzelne Forschungsfragen formuliert. Diese gewährten dann einen vertiefenden Einblick in sachlogische Zusammenhänge, wenn die Bildung einer Hypothese nicht mehr zielführend erschien und klassische statistische Prüfverfahren für die Darstellung des interessierenden Merkmals irrelevant waren. Die hier zusammenfassend dargestellten Hypothesen und Forschungsfragen sind durch die angegebene Referenz in den entsprechenden Kapiteln zu finden. Im Ergebnisteil wurden die Hypothesen und Fragestellungen in thematischen Kategorien abgearbeitet. Die Hypothesen beziehen sich ausschließlich auf Kunden der Zweite Sparkasse, auch wenn manche Formulierungen einen allgemeineren Schluss zulassen würden.

Kapitel Nr. Hypothese Kategorie Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Höhe der 2.1.1 H1 Schulden Verschuldung.

Je niedriger das Einkommen, desto geringer die 2.1.1 H2 Schulden Verschuldung am Beginn der Schuldenregulierung.

Im "Zahlungsplan" werden Schulden eher Wirtschaftliche 2.5.3 H3 ordnungsgemäß bedient als in den anderen Verfahren. Erholung

Je höher das Einkommen, desto eher werden Schulden 2.8 H4 Schulden zurückgezahlt.

Berufstätigen und im Ruhestand befindlichen Schuldnern Wirtschaftliche 2.8 H5 gelingt die Schuldenregulierung eher als arbeitslosen Erholung oder karenzierten.

Rückzahlungsschwierigkeiten während der Phase der 2.8 H6 Schuldenregulierung haben eher Kunden der Altersklasse Schulden bis 40 Jahre.

Kunden mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis Zweite 3.3.2 H7 € 1.000,- glauben, dass eine Befristung des Kontos auf Sparkasse 3 Jahre nicht ausreichend ist.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 222

Kapitel Nr. Hypothese Kategorie Eine ordnungsgemäße Schuldenrückzahlung führt zu der Zweite 3.3.2 H8 Überzeugung, dass die Befristung des Kontos auf 3 Jahre Sparkasse ausreichend ist.

Kunden, die von der bevorrechteten Schuldnerberatung Wirtschaftliche 3.3.4 H9 empfohlen wurden, haben höhere Chancen auf eine Erholung ordnungsgemäße Schuldenrückführung.

Männer haben am Beginn der Schuldenregulierung mehr 3.3.5 H10 Schulden Schulden als Frauen.

Nicht-Österreicher haben im Vergleich zu Österreichern 3.3.5 H11 eine geringere Verschuldung da der Zugang zum Schulden Kreditmarkt nur beschränkt möglich ist.

Kunden, die nach der Zeit bei der Zweite Sparkasse ein Konto bei der Kärntner Sparkasse führen möchten, 3.4.1 H12 Girokonto versuchen nicht ein Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen.

Kunden die angaben, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse bei der Bewältigung der Schuldensituation 3.4.1 H13 "sehr stark" behilflich sein konnte, sind auch eher bereit Girokonto im Anschluss bei der Kärntner Sparkasse ein Girokonto zu eröffnen.

Kunden deren Girokonto bei Bekanntwerden der Schuldenregulierung gekündigt wurde, haben eher Angst Zweite 4.3.1 H14 die Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten, wenn Sparkasse sie das Konto nicht mehr bei der Zweite Sparkasse führen.

Durch den Verlust des Girokontos war der Arbeitsplatz 4.3.1 H15 Girokonto des Betroffenen gefährdet.

Kunden die angaben, dass sie sich selbst bei der Bewältigung ihrer Schulden maßgeblich geholfen haben, Wirtschaftliche 5.5 H16 weisen eine höhere Chance einer ordnungsgemäßen Erholung Schuldenrückführung auf.

Männer und Frauen unterscheiden sich in der Wirtschaftliche 5.5 H17 Einschätzung der Bewältigung ihrer finanziellen Erholung. Erholung

Tabelle 6: Darstellung der Hypothesen663

663 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 223

Kapitel Nr. Forschungsfragen Kategorie Wenn negative Bonitätshinweise in der Datenbank des KSV ersichtlich sind, haben Kunden dann auch nach 3.3.2 F1 einer 3-jährigen Kontoverbindung bei der Zweite Girokonto Sparkasse immer noch Schwierigkeiten, ein Girokonto bei einer anderen Geschäftsbank zu eröffnen?

Entstehen für Kunden durch die Namensgebung bonitätsmindernde Auswirkungen im geschäftlichen Zweite 3.3.5 F2 Alltag, und lösen diese Ausschließung und Sparkasse Stigmatisierung aus?

Kann die Zweite Sparkasse als unabhängige Nonprofit Zweite 3.5.2 F3 Organisation verstanden werden? Sparkasse

Haben Personen ohne Girokonto Schwierigkeiten einen 4.3 F4 Girokonto Arbeitsplatz zu finden?

Sind Konsumenten ohne Girokonto mit höheren Kosten 4.3 F5 für die Abwicklung ihrer Zahlungstransaktionen Girokonto konfrontiert?

Sind durch die Existenz und das Handlungsfeld der Zweite Sparkasse alle in der Richtlinie 2014/92/EU geforderten Maßnahmen betreffend des Zugangs zu Recht auf ein 4.4.2 F6 Zahlungskonten in Österreich bereits erfüllt; Girokonto beziehungsweise wird infolgedessen eine legistische Gesamtlösung für das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen gehemmt?

Bietet die Zweite Sparkasse eine denkbare Basis, um darauf aufbauend gesetzliche Konformität für das Recht Recht auf ein 4.4.2 F7 auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Girokonto Zahlungsfunktionen, herstellen zu können?

Kann einem Anbieter von Girokonten, die dieser speziell für benachteiligte Konsumenten zur Verfügung stellt, Recht auf ein 4.5 F8 unter dem Aspekt der Erbringung einer Dienstleistung von Girokonto allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, eine staatliche Ausgleichszahlung gewährt werden?

Tabelle 7: Darstellung der Forschungsfragen664

664 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 224 6.3.4.1 Forschungsergebnisse Kategorie Schulden

H1 Mit zunehmendem Lebensalter steigt die Höhe der Verschuldung.

Schuldenauslösende Ereignisse finden zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Lebenszyklus statt. Die formulierte Hypothese postuliert, dass mit zunehmendem Lebensalter und einhergehendem wachsenden Einkommen der Kreditbedarf steigt. Die Nachfrage nach Konsumgütern, die Familiengründung, die Finanzierung von Wohnraum oder der Wunsch selbständig erwerbstätig zu sein kumuliert Schulden. Zusätzlich erhöhen sich Schulden selbst durch Zinsen und Kosteneskalation, wenn eine Überschuldung eingetreten ist, aber noch keine geeigneten Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden. Von 61 befragten Kunden konnten noch 40 (65,6%) einen konkreten Schuldenstand am Beginn ihrer Schuldenregulierung beziffern. 12 Kunden konnten keine und 3 wollten keine Auskunft erteilen. Die anderen 6 hatten kein Schuldenregulierungsverfahren, was darauf zurückzuführen ist, dass sie aus anderen sozial gerechtfertigten Gründen ein Konto bei der Zweite Sparkasse führen und die Überschuldung nicht im Vordergrund stand.

Abbildung 20: Schuldenstand am Beginn der Schuldenregulierung665

665 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 225 Die Berechnung der Produkt-Moment-Korrelation nach Pearson ergab eine schwache positive (r=.272) Korrelation. Die Signifikanzgrenze (p=.089) wurde knapp verfehlt und H1 kann somit vorläufig nicht bestätigt werden. Das Streudiagramm bekräftigt die bereits in der Literatur besprochenen Ergebnisse von Beer/Schürz, wonach sich Schulden in der Altersklasse der 35- bis 45- jährigen am ehesten häufen.666 Jedoch lässt sich eine steigende Verschuldung mit dem Lebensalter nicht feststellen. Da die Korrelationshypothese den Zusammenhang zwischen Alter und Höhe der Schulden auf einem allgemeinen Niveau testet, kann eine Unterscheidung einzelner Altersgruppen dennoch möglich sein. Auch bei Annahme des Alters als kategoriale Variable ergab die Untersuchung der Varianzhomogenität (F(3,36)=1,2; p=.327) mit dem Levene- Test keine signifikanten Unterschiede in den Varianzen. Die Mittelwertsunterschiede zwischen der Verschuldungshöhe und zwischen den Altersgruppen (ANOVA F(3,36)=.624; p=.604) sind nicht signifikant. Es konnte zwar eine Häufung in der Altersklasse der 35- bis 45-jährigen festgestellt werden, aber eine mit dem Lebensalter steigende Höhe der Verschuldung wird durch die Daten nicht unterstützt.

Die EU-SILC Studie bezifferte den Anteil der Personen mit Kreditverbindlichkeiten im Alter von 65 Jahren und darüber mit 15%, während 52% der 20- bis 39-jährigen verschuldet waren.667

95 % Konfidenzintervall für

Standard- Mittelwert

N Mittelwert abweichung Standardfehler Untergrenze Obergrenze Minimum Maximum

bis 30 Jahre 3 35.500,00 38.829,757 22.418,370 -60.958,46 131.958,46 8.500 80.000

Zw. 30 und 40 Jahre 10 49.900,00 33.616,960 10.630,616 25.851,88 73.948,12 10.000 100.000

Zw. 40 und 50 Jahre 18 92.472,22 108.476,681 25.568,199 38.528,04 146.416,41 8.500 482.000

über 50 Jahre 9 86.555,56 125.182,977 41.727,659 -9.668,60 182.779,71 10.000 400.000

Gesamtsumme 40 76.225,00 95.570,148 15.110,967 45.660,18 106.789,82 8.500 482.000

Tabelle 8: Schuldenhöhe je Altersklasse668

666 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 67. 667 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 136. 668 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 226 Die durchschnittliche Verschuldung der Kunden aus der Stichprobe betrug am Beginn ihrer Schuldenregulierung € 76.225,- (n=40). Bei dieser Darstellung müssen allerdings zwei statistische Ausreißer in den letzten beiden Alterskategorien von je über € 400.000,- erwähnt werden, deren Bereinigung eine durchschnittliche Verschuldung von € 57.000,- ergeben würde. Der Schuldenstand zum Befragungszeitpunkt, also nach 3 Jahren, konnte von 27 Kunden (44,3%) genau beziffert werden, und ergab eine Durchschnittshöhe von € 13.600,-. Bereits wieder schuldenfrei waren 8 Kunden (13,1%). Ein mit einem Drittel auffallend hoher Anteil der Befragten wusste nicht über seine aktuelle Schuldenhöhe Bescheid, was auch darauf zurückzuführen war, dass das Thema gerne verdrängt wird.

Interview Nr. 54: „Ich schäme mich zutiefst wegen meiner Schulden und ich bin dankbar für die zweite Chance.“

H2 Je niedriger das Einkommen, desto geringer die Verschuldung am Beginn der Schuldenregulierung.

In ideeller Verbindung mit der vorhergehenden Hypothese soll auch hier ein weiterer, auf die Höhe der Verschuldung, beeinflussender, Faktor untersucht werden. Der Umstand, dass das monatliche Einkommen zum Befragungszeitpunkt nicht immer mit dem Einkommen in der Phase der Schuldenanhäufung konvergiert, muss ausgeblendet werden. Die Produkt- Moment-Korrelation ergab einen insignifikanten, schwachen negativen Zusammenhang (r=-.200; p=.216). H2 wird somit vorläufig nicht bestätigt.

Zur Frage der Verbreitung von Krediten wurde im Rahmen der EU-SILC Studie für die niedrigen Einkommensgruppen mit 28% eine geringere ausgewiesen, als für mittlere und hohe Einkommensgruppen mit 48% und 50%. Zurückzuführen sei dieser Umstand auf die einerseits restriktivere Vergabe von Krediten für Bezieher geringerer Einkommen und andererseits der fehlenden Neigung dieser Einkommensgruppe Kreditverbindlichkeiten einzugehen, die sie durch fehlende Mehreinkünfte nicht bedienen könnten. Wenn in dieser Gruppe

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 227 allerdings eine Verschuldung besteht, dann häufiger für Kontoüberziehungen, als für Wohnraumverbindlichkeiten.669

Interview Nr. 14: „Es ist ein Vorteil, dass die Zweite Sparkasse keine Überziehung zulässt.“

H4 Je höher das Einkommen, desto eher werden Schulden zurückgezahlt.

Ob Schulden ordnungsgemäß rückgeführt wurden oder nicht, ließ sich nach dem 3-Jahresgespräch eindeutig kategorisieren.670 Knapp die Hälfte der Befragten gab an ein maximales monatliches Einkommen bis € 1.000,- zur Verfügung zu haben, was zu der Überlegung führte, dass besonders in diesen Einkommensklassen Schuldenrückführungen problematisch sind.

Abbildung 21: Verteilung der Kundenkategorien nach Einkommensklassen671

669 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 139. 670 Vgl. Abbildung 19. Kunden der Klassen A und B bedienen ihre Schulden. Kunden der Klassen C und D haben ihre Schulden noch nicht geregelt.

671 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 228 Wie die Ergebnisse zeigen liegt eine schwache negative Korrelation vor (Spearman r=-.052; p=.693), die nicht signifikant ist. Grundsätzlich beschreibt eine Korrelation immer eine eventuelle Parallelität und kann nicht gleichzeitig als Beleg für eine Kausalität gesehen werden.672 Der Vergleich der Mittelwerte der einzelnen Kategorien zeigt, dass diese sich kaum unterscheiden und nach der Varianzanalyse (F(2,58)=.114; p=.892) auch nicht signifikant sind. H4 kann demnach nicht bestätigt werden. Für die Stichprobe lässt sich auf Basis der errechneten Mittelwerte eine einkommensunabhängige Kategorisierung ableiten. Die Höhe des Einkommens garantiert demnach nicht eine tendenziell höhere Chance Schulden ordnungsgemäß zu bedienen.

95 % Konfidenzintervall für

Standard- Mittelwert

N Mittelwert abweichung Standardfehler Untergrenze Obergrenze Minimum Maximum

A 19 1176,8421 536,89491 123,17214 918,0670 1435,6172 520,00 2130,00

B 27 1137,7778 499,84870 96,19593 940,0442 1335,5113 390,00 2490,00

C 15 1092,0000 512,71267 132,38184 808,0692 1375,9308 550,00 2570,00

Gesamt 61 1138,6885 507,03871 64,91965 1008,8299 1268,5472 390,00 2570,00

Tabelle 9: Einkommensverteilung673

H6 Rückzahlungsschwierigkeiten während der Phase der Schuldenregulierung haben eher Kunden der Altersklassen bis 40 Jahre.

Das Durchschnittsalter der Kunden lag zum Befragungszeitpunkt bei 45,9 Jahren. Beim Erstkontakt mit der Zweite Sparkasse waren Kunden zumindest 3 Jahre jünger. Wie bereits durch H1 gezeigt werden konnte, häuft sich Verschuldung in den Lebensjahren von 35 bis 45. Einer stärkeren Verschuldung in der ersten, folgt eine Entschuldung in der zweiten Lebenshälfte.674 Ein erhöhter Kreditbedarf in der Lebensmitte erscheint auch im Zusammenhang mit Wohnraumschaffung und Trennungen inhaltlich plausibel. Die hier zu

672 Vgl. Bortz [Statistik für Sozialwissenschaftler 1999], S. 174. 673 Quelle: Verfasser 674 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 67.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 229 untersuchende Hypothese soll feststellen, ob auch altersspezifische Unterschiede in der Bedienung der Raten erkennbar sind, da die Ergebnisse der EU-SILC Studie aus 2012 insbesondere für die Altersklasse der 20- bis 39- jährigen mit 9% die höchste Zahlungsrückstandsquote ergab.675

Chi-Quadrat-Tests

Wert df Asymp. Sig. (zweiseitig)

Pearson-Chi-Quadrat 11,825a 6 ,066

Likelihood-Quotient 12,819 6 ,046 Zusammenhang linear-mit-linear ,944 1 ,331

Anzahl der gültigen Fälle 61

a. 6 Zellen (50,0%) haben die erwartete Anzahl von weniger als 5. Die erwartete Mindestanzahl ist ,98.

Tabelle 10: Vergleich Altersklassen und Rückzahlung676

Der durchgeführte χ²-Test (χ²(6)=11.83; p=.07) hat die Signifikanzgrenze nur knapp verfehlt, was darauf zurückzuführen ist, dass einige Zellen nicht die notwendige Fallzahl aufwiesen. Da das Alter der Befragten auch zusätzlich als metrische Variable vorlag, konnte außerdem eine ANOVA gerechnet werden, die (F(2,58)=.207; p=.814) aber nicht signifikant wurde. Durch den vorgeschalteten Levene Test konnte die Annahme der Varianzhomogenität aufrecht erhalten bleiben. H6 wird vorläufig nicht bestätigt.

675 Vgl. Skina-Tabue et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2012], S. 50. 676 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 230

Abbildung 22: Verteilung der Kunden nach Alter677

In der Stichprobe auffallend waren 40- bis 50-jährige. Rückzahlungsschwierigkeiten häufen sich in dieser Kategorie und nehmen mit zunehmendem Alter wieder ab. Im Allgemeinen, und außerhalb dieser Studie, ist die Rückzahlungsfrequenz stärker einkommensabhängig. Personen der niedrigeren Einkommensgruppen sind häufiger mit Rückzahlungsproblemen konfrontiert. Die EU-SILC Studie ergab, dass nur 11% dieser Gruppe keine finanziellen Schwierigkeiten hatten, dies aber zeitgleich auf 63% der Personen mit hohen Einkommen zutrifft.678

Interview Nr. 54: „Am liebsten würde ich alle meine Schulden jedem Gläubiger zurückzahlen, aber das geht leider nicht.“

H10 Männer haben am Beginn der Schuldenregulierung mehr Schulden als Frauen.

Über 65% der Kunden der Zweite Sparkasse sind männlich. Ob sich das Geschlecht auch in der Höhe der Verschuldung widerspiegelt wurde für diese Hypothese mit dem Welch-Test überprüft. Da die Varianzengleichheit der

677 Quelle: Verfasser 678 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 141.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 231 beiden Gruppen eine wichtige Voraussetzung ist und der vorgeschaltete Levene-Test (F(1,38)=12.4; p<.01) signifikant war, würde ein t-Test vermutlich empfindlich reagieren.679 Die Gruppenunterschiede von Männern (Mittelwert € 56.100,-) und Frauen (Mittelwert € 109.766,-) waren nicht signifikant (t(15,3)= -1.41; p=.178). Die Ergebnisse bestätigen die Alternativhypothese somit nicht. Der deskriptive Vergleich der Mittelwerte ergab für die Stichprobe sogar das konträre Bild von höher verschuldeten Frauen. Auch nach der Bereinigung von Ausreißern wäre die durchschnittliche Verschuldung von Frauen am Beginn der Schuldenregulierung mit € 58.700,- noch immer leicht über dem Durchschnittswert bei Männern.

H11 Nicht-Österreicher haben im Vergleich zu Österreichern eine geringere Verschuldung, da der Zugang zum Kreditmarkt nur beschränkt möglich ist.

Eine Unterscheidung zwischen Nicht-Österreicher und Österreicher sei hier nur der Dichotomie wegen angenommen, da eine einzelne Staatenauswertung keine statistische Aussagekraft hätte und um die mittlere Verschuldung mit einem t-Test auf Signifikanz zu testen. 19,7% der Stichprobe sind Nicht- Österreicher.

Gruppenstatistik

Standardfehler F2_r H Mittelwert Standardabweichung Mittelwert Schulden Österreicher 32 71.421,88 84.678,244 14.969,140 Nicht-Österreicher 8 95.437,50 136.402,094 48.225,423

Tabelle 11: Vergleich Nicht-Österreicher und Österreicher680

Wie in der deskriptiven Statistik ersichtlich, beträgt die mittlere Verschuldung bei Nicht-Österreichern € 95.437,50 und bei Österreichern € 71.421,88. Mit SD = 136.402 zu SD = 84.678 liegt jedoch auch die Streuung bei den Nicht- Österreichern deutlich höher als bei Österreichern, was auf einen statistischen Ausreißer zurückzuführen ist. Um diesen Wert bereinigt kann für die Stichprobe

679 Vgl. Bortz [Statistik für Sozialwissenschaftler 1999], S. 275. 680 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 232 jedenfalls eine geringere Durchschnittsverschuldung von Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft, im Vergleich zu Österreichern, attestiert werden. Der Mittelwertsunterschied ist (t(38)= -.631; p=.532) insignifikant, somit gilt H11 vorläufig als nicht bestätigt.

Im Vergleich zur EU-SILC Studie sind in dieser Stichprobe mit 19,7% mehr Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft mit Kreditverbindlichkeiten aufgetreten, als dies für den gesamten Durchschnitt für Österreich (11,8%) errechnet wurde. Der Unterschied zwischen den beiden Gruppen ist nur marginal, so sind österreichische Staatsbürger mit 46% geringfügig häufiger verschuldet, als Personen ausländischer Staatsbürgerschaft mit 43%.681 Jedoch bezieht sich die vorliegende Stichprobe auf die Untersuchung problematischer Kreditverbindlichkeiten. Ein Vergleich des Überschuldungsrisikos zeigt einen mit 22% deutlich höheren Anteil von Nicht-Österreichern als von Österreichern mit 8%.682 Demnach entspricht der in der Stichprobe gefunden Wert dem errechneten österreichischen Gesamtvorkommen. Nicht-Österreicher haben ein höheres Überschuldungsrisiko, weisen aber eine geringere Durchschnittsverschuldung auf.

6.3.4.2 Forschungsergebnisse Kategorie Girokonto

H15 Durch den Verlust des Girokontos war der Arbeitsplatz des Betroffenen gefährdet.

Mit Hilfe dieser Hypothese sollte eine der wesentlichen Kernfrage dieser Arbeit untersucht werden. Mit dem Hintergrund der theoretischen Befunde war anzunehmen, dass bei einem Verlust des Girokontos Folgeprobleme am Arbeitsplatz auftreten würden oder zumindest Erklärungsbedarf dann entstünde, wenn nicht zugleich ein alternatives Girokonto angegeben werden konnte. Lohn- und Gehaltszahlungen erfolgen seit vielen Jahren überwiegend bargeldlos und die Bereitschaft von Arbeitgebern auf andere Zahlungsvarianten auszuweichen ist gering und teilweise im öffentlichen Sektor sogar rechtlich unmöglich. Eine Barauszahlung wird aus Kostengründen oder aufgrund des

681 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 138. 682 Vgl. ebenda, S. 146.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 233 zusätzlichen Aufwandes abgelehnt und die antiquierte Form der Scheckverrechnung wird oftmals von Seiten der Banken nicht mehr unterstützt. Beispielhaft kann dies anhand einzelner Kundenaussagen dargestellt werden.

Interview Nr. 47: „Ich habe bei mehreren Banken versucht ein Konto zu eröffnen. Die meisten haben sogar nur schriftliche Absagen zugeschickt – ich war für die Banken wie Luft. Um meinen Lohn dann zu erhalten, musste mir mein Arbeitgeber einen Scheck ausstellen - mit dem konnte ich aber ohne Konto auch nichts anfangen, so musste mir ein Bekannter diesen dann einlösen. Nicht einmal meinen eigenen Lohn bekomme ich selbst ohne Konto.“

Interview Nr. 13: „Ich bin im öffentlichen Dienst - bei der ÖBB beschäftigt, da wurde dann eine Bestätigung von der Bank verlangt, dass es mein eigenes Konto ist. Die ÖBB ist da sehr streng, ich hatte Angst Schwierigkeiten zu bekommen.“

Interview Nr. 6: „Ich wusste keinen Ausweg mehr.“

Interview Nr. 38: „Ich habe von 1995 bis 2008 kein Konto gehabt.“

Der Befund muss an dieser Stelle zweidimensional erfolgen, um festzustellen ob die Kündigung des Girokontos als erster Effekt, eine Gefährdung des Arbeitsplatzes als zweiten dominiert und ob demnach ein Zusammenhang nachweisbar ist.

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 44 72,1 72,1 72,1 Nein 17 27,9 27,9 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Tabelle 12: Hat ihre Hausbank ihr Girokonto geschlossen?683

683 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 234 Bei 44 (72,1%) Interviewpartnern wurde das Girokonto unmittelbar vor oder nach Einleitung des Schuldenregulierungsverfahrens durch die Hausbank gekündigt. Somit kann nur in dieser Gruppe das interessierende Merkmal weiter erforscht werden. Davon waren 24 (von n=44) Kunden mit keinerlei negativen Auswirkungen konfrontiert und nur 7 hatten Schwierigkeiten, aber verloren deshalb nicht ihren Arbeitsplatz. Im Ruhestand oder bereits arbeitslos waren 13 Befragte, es kann demnach für diese Personen keine Aussage getroffen werden. Ein durchgeführter χ²-Test wurde (χ²(3)=6.73; p=.081) nicht signifikant.

Unbestritten ist die Gefahr der Kündigung des Girokontos zum Zeitpunkt des bekannt gewordenen Schuldenregulierungsverfahrens durch die bestehende Bank. Aufgrund der erhobenen Daten konnte aus der Stichprobe aber keine gleichzeitige Gefährdung oder gar ein Verlust des Arbeitsplatzes bei Kontoschließung abgeleitet werden. H15 wird durch die Daten nicht unterstützt. Im Allgemeinen konnte aber festgestellt werden, dass viele Kunden das Konto bei der Zweite Sparkasse zum Zeitpunkt der Kündigung des vorherigen Kontos bereits eröffnet hatten, und ein geregelter Kontowechsel mit der Schuldnerberatung erfolgte. Nachfolgende Abbildung des Ergebnisses aller 61 Befragten inklusive der Personen, deren Girokonto nicht von der Hausbank gekündigt wurde, bekräftigt den Befund.

Abbildung 23: War ihr Arbeitsplatz bei Verlust des Girokontos gefährdet?684

684 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 235 Da dem Arbeitgeber mit dem Verlust des Girokontos auch meist parallel das Schuldenregulierungsverfahren bekannt wurde, war dies ein kritischer Moment in der Schuldenbewältigung. In der Interviewreihe von Bader wurde größtenteils eine neutrale oder unterstützende Haltung der Arbeitgeber festgestellt, welche mitunter dann sogar erleichtert waren, wenn dadurch zeitraubende Buchhaltungstätigkeiten für Gehaltsexekutionen entfielen.685

F4 Haben Personen ohne Girokonto Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz zu finden?

Diese weiterführende Fragestellung zur vorangegangenen Hypothese soll eine der größten Problemlagen der Kontolosigkeit beleuchten. Die geringe Bereitschaft von Arbeitgebern Bewerber ohne Girokonto einzustellen, wurde im Kapitel 4.3 umfangreich dargestellt und von Modjawer in einer Befragung der 17 größten Arbeitgeber Österreichs zweifellos bewiesen. Aus dieser Kernproblematik leitet sich unter anderem die Angewiesenheit des Konsumenten auf ein Girokonto ab.

Nur wenige Kunden waren tatsächlich in der Situation sich ohne ein Girokonto um eine Arbeitsstelle bewerben zu müssen. So hatten 20 Befragte durchgängig eine Anstellung und 11 weitere Personen waren bereits im Ruhestand. Nur 5 Kunden gaben an mit Schwierigkeiten konfrontiert gewesen zu sein, aber dennoch eine Arbeitsstelle, mit dem Ausweichen auf ein Konto einer anderen Person, erhalten zu haben. 16 Kunden haben es nicht versucht, wovon die Hälfte davon zum Zeitpunkt der Befragung nach wie vor beschäftigungslos war.

685 Vgl. Bader [Ausweg aus Stigmatisierung und Scham 2011], S. 78.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 236

Abbildung 24: Hatten Sie Schwierigkeiten ohne ein Girokonto eine Anstellung zu finden?686

Es ergab sich für 83% der Befragten keine Notwendigkeit, sich um einen Arbeitsplatz zu bemühen. Um hier ein abschließende Antwort zu finden, wäre der gefundene Wert in der Stichprobe allein nicht ausreichend, zumal bei einem Bewerbungsgespräch meist viele andere Faktoren in Betracht gezogen werden müssen. Das erwartete Ergebnis einer Ablehnung eines Bewerbers nur aufgrund eines mangelnden Girokontos, kann aus den vorliegenden Daten der Befragung isoliert nicht bestätigt werden. Dass die Befragung der 17 größten Arbeitgeber und die hier vorliegenden Ergebnisse dennoch nicht zu gegensätzlichen Aussagen führen, belegt ein Blick in die Darstellung der Kontolosigkeit unterschiedlicher Einkommens- und Altersklassen in der EU- SILC Studie.

Die Betrachtung der Gesamtergebnisse in Tabelle 13 für die österreichische Bevölkerung im Rahmen der EU-SILC Studienreihe ergab weiterhin eine sichtbare Problemlage. Wie bereits im Theorieteil ausführlich erläutert, wird der Anteil der Konsumenten ohne Girokonto durch verschiedene Institutionen unterschiedlich hoch eingeschätzt, pendelt sich aber um rund 2% der

686 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 237 Gesamtbevölkerung ein.687 Die Aufteilung dieser 2% auf die verschiedenen Altersklassen machte deutlich, dass die Gruppe der über 65-jährigen ein Drittel der kontolosen Konsumenten umfasste, die sich in den allermeisten Fällen nicht mehr einem Bewerbungsszenario stellen müssen. Die Aufteilung nach Einkommensklassen ergab, dass sich fast zwei Drittel in der Kategorie der mittleren Einkommen befanden und demnach trotz Kontolosigkeit einer Beschäftigung nachgingen.

Zur abschließenden Antwort auf F4 soll der Querverweis auf die EU-SILC Studie deutlich machen, dass die Gruppe der Personen, die tatsächlich in die Situation kommen, sich in einer Lebensphase ohne Girokonto, um eine Anstellung bewerben zu müssen, zwar existiert, statistisch aber nur schwer entdeckt werden kann. Auch müssten dafür andere Erhebungsmethoden mit einem höheren Sample verwendet werden, eine Interviewreihe scheint hier nur bedingt geeignet. Zusätzlich erschwerend für eine sinnvolle Auswertung sind die jeweiligen Strategien der Betroffenen und deren individuelle Ausgangslage im Rahmen einer Bewerbung. Potentielle Arbeitgeber entscheiden nach vielen Gesichtspunkten und der Bewerber erfährt nur selten den wahren Grund der Ablehnung.

687 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 152.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 238

Tabelle 13: Finanzielle Exklusion688

F5 Sind Konsumenten ohne Girokonto mit höheren Kosten für die Abwicklung ihrer Zahlungstransaktionen konfrontiert?

Die Arbeiterkammer stellte bei einem Gebührenvergleich von 40 Gehaltskontomodellen bei 19 Banken, vorwiegend aus dem Wiener Raum, einen Kostenmedian von € 73,65 auf der Basis von durchschnittlich 240 Jahresbuchungen fest. Die Annahme eines durchschnittlichen Kontos mit 240

688 Quelle: Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S.153 (leicht modifiziert)

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 239 Jahresbuchungen beinhaltete Gehaltsgutschriften, Barauszahlungen, Bankomatbehebungen, Daueraufträge und Überweisungen auf institutseigene und institutsfremde Konten sowie Lastschriften.689 Um die Frage zu klären, ob einem Konsumenten durch das Fehlen eines Girokontos erhöhte Kosten aufgrund der Zahlscheingebühr entstehen, musste die jährliche Menge an unausweichlich erforderlichen Zahlungen zugrundegelegt werden. Unberücksichtigt blieben mögliche Kontonebenkosten wie Spesen für die Nichtdurchführung von Buchungen, Zinsen für Rahmenüberschreitungen, Mahnspesen und dergleichen.

Unter der Annahme, dass auf jeden Fall die existenziellen Basiszahlungen erfolgen müssen (12 Buchungen für jeweils Miete, Strom/Energie, Telefon, Versicherung, und 6 Buchungen für ORF Gebühr), errechnet sich eine notwendige Anzahl von zumindest 54 Buchungen. Die Arbeiterkammer erhob für die Kosten für Überweisungen auf institutsfremde Konten mittels Zahlscheinen für das Jahr 2011 eine Bandbreite zwischen € 2,- und € 7,-.690 Selbst unter der Vermutung des günstigsten Wertes, müsste ein Konsument ohne Girokonto in diesem Rechenbeispiel zumindest € 108,- jährlich aufwenden (bei einem Median von € 3,4 entstehen jährliche Kosten von € 183,6), um notwendige Zahlungen überweisen zu können. Die Berechnungen konnten insofern nur beispielhaft sein, da es unzählige Modelle an Kontoführungsgebühren gab, die ergänzend auch unterschiedlichste Dienstleistungen (Kreditkarte, Bankomatkarte, Versicherungsschutz, Daueraufträge, diverse Änderungen) beinhalteten.

Auch die Unterschiedlichkeit der Haushalte erschwerte einen endgültigen Vergleich, da besonders einkommensschwache Haushalte oftmals nicht versichert, oder mitunter ORF gebührenbefreit sind. Somit wäre zwar das Aufkommen an Zahlungen geringer, jedoch gab es im Vergleich dazu auch Kontopakete die günstiger waren als der angenommene Medianwert von € 73,65 bis hin zur Kostenlosigkeit für einfache Basiskonten. Eine im Auftrag der Wirtschaftskammer Österreich durchgeführte Studie bezifferte die jährliche durchschnittliche Kontoführungsgebühr anhand eines Warenkorbes von

689 Vgl. Arbeiterkammer [Wie viel Gehaltskonten wirklich kosten 2011], S. 3. 690 Vgl. ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 240 Bankdienstleistungen mit € 97,-.691 Zusätzlich musste berücksichtigt werden, dass Girokontonutzer, die Zahlscheine verwenden ebenso mit zusätzlichen Zahlscheingebühren konfrontiert sind. Die echte Ersparnis des jeweiligen Kontos ergab sich meist nur mittels der Transformation periodisch wiederkehrender Zahlungen von der Variante Zahlschein in Daueraufträge und Einziehungsermächtigungen, oder durch die selbständige Durchführung mittels Onlinebanking.

Die Arbeiterkammer führte in ihrer Studie ein weiteres Szenario für Bankkunden mit dauerhaft überzogenem Girokonto an, und addierte zur jährlichen Kontoführungsgebühr die Zinsenlast, Kosten für Mahnschreiben und Rückleitungsspesen. Daraus ergaben sich Nebenkosten von € 194,45, sodass sich die tatsächlichen jährlichen Kosten für ein Girokonto auf € 268,10 summierten.692 Was für typische Schuldnerkarrieren durchaus praxisnah erschien, war aber an dieser Stelle für den reinen Kostenvergleich und die Darstellung der finanziellen Benachteiligung, die ohne ein Girokonto entsteht, streng genommen nicht zielführend, da einem Konsumenten ohne Girokonto diese Nebenkosten eben nicht entstehen können. Auf dem reinen Kostenvergleich von Zahlscheingebühr und Kontoführungsgebühr kann F5 vorläufig bestätigt werden. Einem Konsumenten ohne Girokonto entstehen für die Abwicklung periodisch wiederkehrender Zahlungen, für die durchschnittliche Lebensführung, höhere Kosten.

F1 Wenn negative Bonitätshinweise in der Datenbank des KSV ersichtlich sind, haben Kunden dann auch nach einer 3-jährigen Kontoverbindung bei der Zweite Sparkasse immer noch Schwierigkeiten, ein Girokonto bei einer anderen Geschäftsbank zu eröffnen?

Die Hälfte der Befragten konnte mit Sicherheit bestätigen, dass sie noch einen negativen Eintrag in der Datenbank des KSV haben. Weitere 8 wussten von einer bereits erfolgten Löschung. Jedoch konnten 23 Schuldner den Zusammenhang zwischen einem negativen KSV Eintrag und der Folgewirkung

691 Vgl. o. V. [Zahlungsverkehr in Österreich im Vergleich zu Europa 2010], S. 6. 692 Vgl. Arbeiterkammer [Wie viel Gehaltskonten wirklich kosten 2011], S. 10.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 241 auf die Bewertung der eigenen Kreditwürdigkeit nicht nachvollziehen, und hatten auch noch nie von einer solchen Datenbank gehört. Um nun F1 sinnvoll beantworten zu können, müsste eine ausreichend hohe Anzahl ehemaliger Kunden bei anderen Banken den Versuch gewagt haben, ein Girokonto zu eröffnen. Dies war nicht der Fall.

Die Gründe dafür sind vielfältig, zum einen gaben 73,8% (45) der Kunden an, bei der Kärntner Sparkasse ein Konto eröffnen zu wollen. Zum anderen waren 18% (11) bereits Kunden der Kärntner Sparkasse. Gleichzeitig wurde die Gegenfrage erforscht, ob Kunden überhaupt versucht haben, ein Konto bei einer anderen Bank zu bekommen. Diese Frage beantworteten 83,6% (51) mit „Nein“ und 8,2% (5) haben daran kategorisch kein Interesse. Nur 5 Kunden haben es tatsächlich versucht, wovon 2 dann ein Konto erhalten haben. Es konnte aus der vorliegenden Stichprobe, kein im Einklang mit der Vermutung über Schwierigkeiten bei der Kontosuche nach der Zweite Sparkasse, stehendes Ergebnis gefunden werden. Zu wenige Kunden waren tatsächlich motiviert die Bank zu wechseln und dementsprechend gab es kaum brauchbare Reaktionen auf ehemalige Kunden vom übrigen Bankenmarkt.

Interview Nr. 12: „Mein Konkurs war vor 20 Jahren, ich habe immer noch Schwierigkeiten ein Konto zu bekommen.“

H12 Kunden, die nach der Zeit bei der Zweite Sparkasse ein Konto bei der Kärntner Sparkasse führen möchten, versuchen nicht ein Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen.

Wie in der vorangegangenen Fragestellung erläutert, wollte der überwiegende Teil der 61 Befragten ein Konto bei der Kärntner Sparkasse eröffnen oder war dort zum Befragungszeitpunkt bereits Kunde. Nur 5 Kunden gaben an, im Anschluss keine Geschäftsverbindung mit der Kärntner Sparkasse anzustreben. Da der Interviewer sich auch gleichzeitig als ehrenamtlicher Mitarbeiter der Zweite Sparkasse vorstellte, kann eine als erwünscht geglaubte Antworttendenz an dieser Stelle nicht völlig ausgeschlossen werden.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 242

Abbildung 25: Versuch der Kontoeröffnung bei einer anderen Bank693

Auf der Ordinate ist die Anzahl der Studienteilnehmer abgetragen und auf der Abszisse die Bereitschaft der Teilnehmer ob sie Kunden werden möchten oder bereits sind. Der farblich markierte Stapel beschreibt, ob der Versuch unternommen wurde ein neues Girokonto zu eröffnen. Der χ²-Test (χ²(6)= 5.9; p=.435) wurde nicht signifikant, deshalb kann die Hypothese zwar vorläufig nicht bestätigt werden, was rein statistisch auf die teils geringen Fallzahlen in manchen Zellen zurückzuführen ist. Ein Zusammenfassen der vorliegenden deskriptiven Befunde aus der Stichprobe lässt aber eine klare Tendenz erkennen. Kaum ein Kunde versuchte überhaupt eine andere Kontoverbindung zu bekommen.

Die Zweite Sparkasse bietet im Rahmen des 3-Jahres-Gesprächs, je nach Kundenkategorisierung, einen Wechsel zu örtlichen Sparkasse an, somit findet auch der überwiegende Kundenanteil eine neue Heimat im Sparkassensektor.

693 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 243 An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Eröffnung eines nachfolgenden Girokontos hier nur exemplarisch für die Kärntner Sparkasse abgefragt wurde, da die Untersuchung sich auf dieses Bundesland beschränkte. Für andere Bundesländer gilt dann selbstverständlich die jeweils mit der Zweite Sparkasse kooperierende Landessparkasse. Aufgrund des identischen österreichweiten Konzeptes sind bei einer Ausweitung dieser Studie zu dieser Fragestellung ähnliche Ergebnisse zu erwarten. Die Präferenz der Befragten, im Sparkassensektor bleiben zu wollen, spricht für die Arbeit der Zweite Sparkasse und kann durchaus als Anerkennung und Zufriedenheit der Kunden interpretiert werden. Wenn diese Präferenz auch noch auf eine willkommene Resonanz der Landessparkassen selbst stößt, ist soweit kein Handlungsbedarf ersichtlich, da diese Kunden für die Zeit nach der Zweite Sparkasse dann versorgt sind.

Es sei aber anzumerken, dass kein richtiges Anreizsystem für einen Wechsel oder alternative Kontobeschaffung erkennbar war. Eine ernstgemeinte Aufforderung sich eine externe Geschäftsverbindung zu suchen gibt es nicht, oder zu selten. Das fehlende aktive, selbständige Bemühen um eine neue Kontoverbindung, wird nicht zu Unrecht auch im Glauben begründet sein, dass die Zweite Sparkasse das Girokonto nicht automatisch schließen wird, würde sie damit doch gegen ihre eigenen Statuten und Grundsätze handeln. In der Interviewreihe waren die Kunden häufig davon überzeugt, dass die Kontoverbindung nicht ohne eine ihnen angebotene Folgelösung beendet wird. Jedenfalls ist die Übernahme der Kunden im Sparkassensektor ein konsequentes Weiterführen des Gedankens der Zweite Sparkasse. H12 konnte zwar statistisch nicht bestätigt werden, praktisch bedeutsam ist für diese Hypothese allerdings die deskriptive Analyse die zu dem Ergebnis führte, dass Kunden im Sparkassensektor bleiben wollen. Die im Theorieteil häufig aufgeworfene Überlegung, ob eine Geschäftsbank Kunden der Zweite Sparkasse wieder übernimmt, muss aber unbeantwortet bleiben.

Interview Nr. 59: „Es war so peinlich bei jeder Bank abgewiesen zu werden, ich hatte keine Chance ein Konto zu bekommen.“

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 244 Interview Nr. 6: „Ich habe gute Erfahrungen mit der Zweite Sparkasse, deshalb wechsle ich gerne in die Kärntner Sparkasse – ich bin ja schuldenfrei.“

Interview Nr. 33: „Ich will keine andere Bank mehr haben.“

H13 Kunden die angaben, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse bei der Bewältigung der Schuldensituation „sehr stark“ behilflich sein konnte, sind auch eher bereit im Anschluss bei der Kärntner Sparkasse ein Girokonto zu eröffnen.

Die Bereitschaft ein anschließendes Konto bei der Kärntner Sparkasse zu eröffnen ist grundsätzlich sehr hoch. Erwartungsgemäß möchten zufriedene Kunden demnach auch im Sparkassensektor bleiben. Auch wenn der durchgeführte χ²-Test (χ²(6)= 3.04; p=.803) nicht signifikant wurde und H13 vorläufig nicht bestätigt werden kann, ist in der deskriptiven Darstellung des Stichprobenergebnisses in den farblich markierten Stapeln eine eindeutige Neigung der gesuchten kategorialen Variablen erkennbar. Dies nicht nur in dem Attribut „sehr stark“, sondern in allen Kategorien.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 245

Abbildung 26: Kundenbewertung des Gesamtpaketes der Zweite Sparkasse694

Auch Kunden die meinten, das Hilfspaket der Zweite Sparkasse hätte ihnen kaum oder eher nicht geholfen, möchten überwiegend danach ein Konto bei der Kärntner Sparkasse eröffnen. Die Hilfestellung der Zweite Sparkasse wurde im Zusammenhang mit der Bewältigung der Schuldenkrise sehr positiv erlebt.

Interview Nr. 31: „Haushaltsversicherung und Haftpflichtversicherung. Das ist ein tolles Paket und ich fühle mich abgesichert. Ich würde sofort bei der Kärntner Sparkasse ein Konto eröffnen.“

Interview Nr. 37: „Ich habe es geschafft, aber ich hoffe für andere Leute, dass es die Zweite Sparkasse noch lange gibt und sie noch vielen helfen kann. Es ist eine tolle Organisation.“

Interview Nr. 43: „Ich möchte zu keiner anderen Bank. Ich verlasse mich jetzt auf die Zweite Sparkasse.“

694 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 246 Wenn ein Wechselwille vorhanden war, dann ergab sich dieser meist aufgrund von fehlenden Funktionalitäten des Kontos.

Interview Nr. 41: „Ich möchte wieder einen Überziehungsrahmen und deshalb zu einer anderen Bank wechseln.“

Interview Nr. 15: „Man müsste über die normale Sparkasse auch Kleinigkeiten regeln können, z.B. bei Fragen zu Überweisungen oder Daueraufträge stoppen, usw.“

Interview Nr. 6: „Es hat Situationen gegeben, wo ich eine Überziehung gebraucht hätte – nicht viel € 200,-. Eine hohe Überziehung bringt sicher nichts, aber kleine Beträge; für existenzielle Sachen oder Notfälle könnte man schon zulassen.“

6.3.4.3 Forschungsergebnisse Kategorie Recht auf ein Girokonto

F6 Sind durch die Existenz und das Handlungsfeld der Zweite Sparkasse alle in der Richtlinie 2014/92/EU geforderten Maßnahmen betreffend des Zugangs zu Zahlungskonten in Österreich bereits erfüllt; beziehungsweise wird infolgedessen eine legistische Gesamtlösung für das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Funktionen gehemmt?

Die Richtlinie des europäischen Parlaments über den Zugang zu Zahlungskonten verlangt von den einzelnen Mitgliedsstaaten gemäß Art 29 Abs 1 und 2 eine Umsetzung der erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften bis spätestens 18. September 2016.695 Entsprechend den Ausführungen in Kapitel 4.4 ist in Österreich nicht von einer konsensualen Lösung, die in der Breite von Wirtschaft, Interessensverbänden, Konsumentenschützern und Parteien getragen wird, auszugehen. Die einzelnen Forderungen der Richtlinie führten zu der hier zu behandelnden Frage, in wie weit diese durch die Zweite Sparkasse bereits erfüllt sind, und in welchen Punkten noch Handlungsbedarf besteht.

695 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 247 Im Konkreten ist von jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union gemäß Abs 30 bis 45 Sorge zu tragen, dass

 jedem Verbraucher mit rechtmäßigem Wohnsitz in der Union der Zugang zu einem Zahlungskonto ermöglicht wird, auch bei Arbeitslosigkeit oder Privatinsolvenz.  der Zugang zu solchen Konten keinerlei gröberen Beschränkungen unterliegt und auch kostenadäquat ist.  mindestens ein Zahlungsdienstleister Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen anbietet, der aber nicht gleichzeitig ausschließlich Konten zur Online-Nutzung bereitstellt.  nur unter gewissen Umständen die Eröffnung eines Zahlungskontos abgelehnt werden darf, wie beispielsweise Geldwäsche oder Terrorismusprävention.  die Eröffnung und Führung eines Zahlungskontos nicht an den Kauf weiterer Dienstleistungen gebunden ist.  eine Behörde oder Instanz festgelegt wird, die befugt ist, Regelverstöße zu ahnden.  Statistiken darüber geführt werden, in wie weit die Richtlinie Marktentwicklungen beeinflusst hat, und die Maßnahmen die Situation für Verbraucher verbessert haben.696

Die Zweite Sparkasse ist eine Bank speziell für Konsumenten, die durch Verschuldung und Privatinsolvenz kein Girokonto bei einer anderen Geschäftsbank mehr haben oder bekommen. Diskriminierung aufgrund von Arbeitslosigkeit, Bonität, sozialen Status, Krankheit, Herkunft oder ähnlichem gibt es in der Zweite Sparkasse nicht. Es kann, wie gefordert „jeder Verbraucher“ ein Konto erhalten, sofern eine Empfehlung einer betreuenden Partnerorganisation vorliegt. Diese einzige Beschränkung ist keinesfalls eine gröbere oder intransparente. Eine Ablehnung erfolgt nur aus den Aspekten der Geldwäsche oder Terrorismusprävention. Da das Konto kostenlos zur Verfügung gestellt wird, ist auch die Mindestanforderung nach einem kostenadäquaten Bankprodukt erfüllt.

696 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 248 Die Forderung mindestens einen Zahlungsdienstleister zu benennen, der Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen anbietet, resultiert vermutlich aus einer Fehlinterpretation der EU Kommission selbst. Die Gründung der Zweite Sparkasse, und vor allem der Gründungsmythos, werden fälschlicherweise nicht in allen Arbeitspapieren der Kommission realitätsgetreu interpretiert. So findet sich im Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen zum Thema „Access to a basic payment account“ die Idee und die Empfehlung, dass jeweilige EU Mitgliedstaaten zumindest einen Zahlungsdienstleister bestellen, der den Zugang zu Basiskonten gewährleistet, „…wie in Österreich, wo eine Sonderbank mit dem Anbot von ‚sozialen‘ Zahlungsdiensten beauftragt wurde.“697 Dass diese Initiative seitens der Erste Stiftung initiiert wurde, und dass keinerlei Beauftragung irgendeiner staatlichen Autorität stattgefunden hat, ist ausreichend dokumentiert. Die Tatsache, dass auf dieses Modell als Lösung referenziert wird und infolgedessen auch in der Richtlinie die Idee des „einen Zahlungsdienstleisters“ Eingang gefunden hat, impliziert eine erstrebenswerte Umsetzung in anderen Mitgliedsstaaten. In Österreich jedenfalls gibt es mit der Zweite Sparkasse einen Zahlungsdienstleister, der Konten weder ausschließlich zur Online-Nutzung bereitstellt, noch die Führung dieses Kontos an weitere Produktverpflichtungen knüpft, mit Ausnahme einer Unfallversicherung, die mit Erhalt des Kontos aber kostenlos zur Verfügung gestellt wird. In dem endgültigen abgestimmten Kompromisstext, dem das europäische Parlament dann auch mehrheitlich zugestimmt hat, wurde die Forderung nach zumindest einem Zahlungsdienstleister abgeändert. Demnach müssen Mitgliedsstaaten nach Abs 38 der RL 2014/92/EU Sorge tragen, dass die Zahl der Kreditinstitute, die Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen anbieten, ausreichend ist, und sich diese hinsichtlich ihrer Erreichbarkeit für Verbraucher, ihrer Filialnetzabdeckung und ihres Marktanteils auch dafür eignen.698 Gleichzeitig wird der Wunsch formuliert, dass grundsätzlich so viele Kreditinstitute wie möglich Zahlungskonten anbieten sollten, damit Verbraucher in unmittelbarer Reichweite diese Dienstleistung in Anspruch nehmen können.

In der Forderung der Europäischen Kommission, nach den Merkmalen eines Basiskontos, ist ein Set aus unabdingbaren Zahlungsdienstleistungen definiert,

697 Vgl. European Commission [Access to a basic payment account 2011], S. 8. 698 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 249 welches bei genauer Betrachtung exakt dem des Basiskontos der Zweite Sparkasse entspricht. Die technische Ausgestaltung sollte Ein- und Auszahlungen ermöglichen, Lastschriften, Überweisungen und die Nutzung einer Zahlungskarte zulassen. Besonders hervorgehoben wird in Abs 44 der RL 2014/92/EU die Notwendigkeit Waren und Dienstleistungen auch im Onlinehandel erwerben zu können, sowie auch die Teilnahme am Online Banking zur Verfügung stehen sollte. Jedenfalls müssen durch die grundlegenden Funktionen des Zahlungskontos der Erhalt von Löhnen und Gehältern, als auch die Bezahlung von Rechnungen und Steuern gewährleistet sein.699 Der Erhalt einer Kreditkarte ist nicht verpflichtend vorgesehen. Explizit ausgenommen in dieser Forderung ist auch die Aussicht Überweisungen durchzuführen, die einen Negativsaldo verursachen, oder ein wie immer an dieses Basiskonto gekoppeltes Recht auf eine Kreditfinanzierung.700 Die geforderten grundlegenden Funktionalitäten eines Zahlungskontos entsprechen zwar einem marktüblichen Girokonto, würden aber in der Fülle der Einzeldienstleistungen jedoch den Rahmen eines preisgünstigen klassischen Basiskontos überschreiten. Ob die Anforderungen der endgültigen EU-Richtlinie durch die Arbeit und das Dienstleistungsspektrum der Zweite Sparkasse für Österreich erfüllt sind, kann im folgenden direkten Vergleich aufgeklärt werden.

699 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 700 Ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 250

Durch die Zweite Sparkasse Anforderungen der EU Richtlinie erfüllt nicht erfüllt

Allgemeine Anforderungen an Zahlungsdienstleister Festlegung einer ausreichenden Zahl an Zahlungsdienstleister Keine Diskriminierung durch Kontonummern oder Kartengestaltung Flächendeckende Präsenz im Hoheitsgebiet Betreffende Mitarbeiter müssen angemessen geschult sein Keine Beschränkung auf eine ausschließliche Online Nutzung

Allgemeine Anforderungen für den Erhalt eines Zahlungskontos Jeder Bürger mit rechtmäßigem Aufenthalt in der Union Bedingungen für Erhalt des Kontos dürfen nicht diskriminierend sein Kontoablehnung bei Verdacht Geldwäsche oder Terrorismus Kein Erwerb zusätzlicher Dienste oder Produkte notwendig Kostenlose, angemessene oder vorteilhafte Gebühren

Grundlegende Funktionen eines Zahlungskontos Einzahlung eines Geldbetrages Innerhalb der Union Barabhebung an Geldautomaten Lastschriften Zahlung mit Zahlungskarten Überweisungen und Daueraufträge Verfügbarkeit über Geschäftsräume des Kreditinstitutes Verfügbarkeit über Online-System sofern vorhanden Möglichkeit des Erhaltes von Löhnen und Gehältern Möglichkeit Rechnungen, Steuern und Warenerwerb zu begleichen Gewährleistung des Online Kaufs von Waren und Dienstleistungen

Verfügbarkeit, Kündigung und Informationstransfer Eröffnung oder Ablehnung innerhalb von 10 Tagen Information über Ablehnung der Kontoeröffnung Information über Möglichkeit der Beschwerde gegen Ablehnung Bereitstellung kostenloser Beratung über das Zahlungskonto Hilfestellung beim verantwortungsvollen Umgang mit Finanzmitteln

Tabelle 14: Erfüllung Anforderung EU Richtlinie701

Wie der Vergleich verdeutlicht wären der überwiegende Teil der Forderungen der EU Kommission in Österreich durch die Existenz der Zweite Sparkasse bereits erfüllt. Für die Erfüllung der restlichen Anforderungen war bisher noch keine Notwendigkeit gegeben. Die flächendeckende Präsenz und Erreichbarkeit der Verbraucher im Hoheitsgebiet wird zwar durch die wenigen Filialen in Österreich formal nicht erfüllt, ist aber de facto durch die Möglichkeit der Nutzung des gesamten Filialnetzes der Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe gewährleistet.

701 Quelle: In Anlehnung an ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 251 Abweichungen der Erfordernisse entstehen aufgrund der Vorgehensweise der Zweite Sparkasse selbst, so wäre eine Befristung der Kontoführung auf 3 Jahre vermutlich dann problematisch, wenn durch den Verbraucher kein alternativer Zahlungsdienstleister gefunden werden kann, weil er dann im Sinne Abs 42 der RL 2014/92/EU „…bereits Inhaber eines Zahlungskontos mit grundlegenden Funktionen ist.“702 Damit hätte er keinen Anspruch auf ein anderes Konto. Ob der Zugang zu einem Zahlungskonto, der in der Zweite Sparkasse nur über Empfehlung einer sozialen Partnerorganisation erfolgen kann, einer Adaptierung bedarf, müsste noch geklärt werden. Die Voraussetzung, dass Verbraucher, die ein Konto eröffnen möchten, nach Art 16 Abs 2 der RL 2014/92/EU „…ihr echtes Interesse daran nachweisen müssen“,703 könnte ein Delegieren der Feststellung dieses Interesses an eine soziale Einrichtung durchaus sinnvoll erscheinen lassen.

Bleibt dann noch die Festlegung einer Instanz die Regelverstöße ahnden kann und Sanktionen wirksam und abschreckend durchzusetzen vermag. Zur Beaufsichtigung der Durchsetzung der Richtlinie soll gemäß Abs 51 der RL 2014/92/EU in jedem Mitgliedsstaat eine der Europäischen Bankenaufsicht unterstellte Behörde beauftragt werden.704 Die Sanktionierung und Prüfung von Banken fällt in Österreich dem Verantwortungsbereich und Wirkungsfeld der FMA zu, auch die OeNB würde sich als Kontrollinstanz eignen, da die dafür notwendigen Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse bereits jetzt vorhanden sind. Die Forderung nach der Führung von Statistiken zur Überprüfung, in wie weit die Maßnahmen die Situation für Verbraucher verbessert haben, muss nicht mehr explizit umgesetzt werden. Einerseits werden genaue Statistiken zu Fragestellungen von Gesellschaft und Wirtschaft fortführend durch Statistik Austria, die sich in ihrer Präambel „…als zentraler nationaler Koordinator im Rahmen EU-weiter Harmonisierungsvorgänge“705 sieht, erstellt und publiziert, und andererseits werden Interessenverbände wie der Verein für Konsumenteninformation und die Schuldnerberatungen, die seit Jahren eine

702 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 703 Ebenda. 704 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 705 URL: http://www.statistik.at/web_de/ueber_uns/index.html [20.11.2013].

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 252 Verbesserung der Situation für kontolose Bürger fordern, genauestens die Einhaltung und Umsetzung der Maßnahmen im Auge behalten.

Die Anforderungen der Richtlinie sind durch die Existenz der Zweite Sparkasse im Kern erfüllt, und somit kann der erste Teil für F6 mit „Ja“ beantwortet werden. Folgerichtig ist für den zweiten Teil der Frage eine Hemmung einer gesamten Umsetzung nicht vollkommen auszuschließen, da die Existenz der Zweite Sparkasse die Verhandlungsposition der Interessensverbände, die sich für das Recht auf ein Girokonto mit ausreichender Breitenwirkung einsetzen, schwächen wird. Allein schon aus dem Grund, weil es somit zumindest einen Zahlungsdienstleister gibt, der sogar nur diesen einen Unternehmenszweck hat. Wie bereits ausführlich dargestellt, wurde in der Vergangenheit des Öfteren von der österreichischen Legislative als auch seitens der Wirtschaftsverbände die Notwendigkeit ein Konto für jedermann zur Verfügung zu stellen, abgeschwächt und auf das Modell der Zweite Sparkasse referenziert. Auch die Kommission selbst möchte bestehende Lösungen nicht in Frage stellen. Diese Überlegung wird durch einen Blick über die Landesgrenze noch verstärkt, da in Deutschland die freiwillige Selbstverpflichtung der Bankenbranche eine rechtliche Lösung bisher immer verhindert hat. Im April 2013 hat der Deutsche Bundestag erneut einen Antrag der Oppositionsparteien abgelehnt, ein Recht auf ein Guthabenkonto einzuführen.706 Die Regierungsparteien zweifeln in ihrer Begründung an der Notwendigkeit eines Gesetzes, da es einerseits ohnehin das Bürgerkonto des deutschen Sparkassenverbandes gibt, sowie die nach wie vor aufrechte Selbstverpflichtung der deutschen Banken.707 Nunmehr vermögen sich zwar beide Mitgliedsstaaten nicht gänzlich gegen die Umsetzung der EU- Richtlinie zu widersetzen, haben aber durch die bestehenden Lösungen eine nach wie vor komplexe Ausgangslage.

706 Deutscher Bundestag Berlin, Antrag vom 19.04.2013, 17/7823 „Recht auf ein Guthaben einführen – Kontopfändungsschutz sichern“.

707 Deutscher Bundestag Berlin, Beschluss vom 19.04.2013, 17/9798.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 253

F7 Bietet die Zweite Sparkasse eine denkbare Basis, um darauf aufbauend gesetzliche Konformität für das Recht auf Zugang zu einem Zahlungskonto mit grundlegenden Zahlungsfunktionen, herstellen zu können?

Die Zweite Sparkasse wird als eigenständige Bank geführt und hat zwar ausschließlich den Zweck eine Bank für Menschen ohne Bank zu sein, ist aber letztendlich eine Initiative eines privaten Unternehmens, das Konten für ein bestimmtes Kundenklientel befristet zur Verfügung stellt. Demnach besteht kein Rechtsanspruch auf Finanzdienstleistungen jeglicher Art. Eine Änderung in der Eigentümerstruktur, der Geschäftspolitik oder andere strategischer Neuausrichtungen des Bankhauses könnte auch eine Umgestaltung oder gänzliche Einstellung der Zweite Sparkasse bedeuten. In der Praxis dürfte es sich nicht als tauglich erweisen einem einzelnen Zahlungsdienstleister die gesamte Bürde der kontolosen Bevölkerung zu übertragen. Besonders dann nicht, wenn aus einer ursprünglichen Freiwilligkeit und einem altruistischen Sozialprojekt plötzlich eine Verpflichtung mit Sanktionsandrohung bei Fehlverhalten erwächst, und darüber hinaus dadurch andere Mitbewerber gänzlich frei von Verantwortung gehalten werden. Selbst bei größtmöglichen weiteren Anstrengungen der Zweite Sparkasse mit der ehrenamtlichen Unterstützung der Mitarbeiter wird diese nicht in der Lage sein, flächendeckend Girokonten für jedermann zur Verfügung zu stellen. Der administrative Aufwand, sowie der dazu notwendige Ressourceneinsatz würden doch erhebliche Mehrkosten verursachen, und damit jedenfalls die freien Marktkräfte unter Finanzdienstleistern beeinflussen. Folgerichtig wäre eine Verpflichtung Girokonten für jedermann zu führen nur unter sämtlichen Finanzdienstleistern durchzusetzen. Wenn am freien Markt einzelne, als allgemeine Daseinsvorsorge verstandene Dienstleistungen, nicht oder nicht ausreichend erbracht werden, hätte die öffentliche Hand für deren Erbringung zu sorgen. Dies kann in unmittelbarer Form oder durch Subventionen einzelner Anbieter erfolgen. So würde es zumindest Art 106 Abs 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union für Unternehmen, „…die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind, oder den Charakter eines Finanzmonopols haben…“708 vorsehen. Eine

708 AEUV 2008/EG Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl C 2008/115, 47.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 254 sozialstaatliche Lösung kann durch die Existenz der Zweite Sparkasse nicht ersetzt werden. Der Staat ist letztlich verpflichtet seine Aufgaben in Kernbereichen öffentlichen Interesses zu gestalten, auch wenn ein allgemeiner Privatisierungsdruck in den letzten Jahren, entstanden aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung von privaten und öffentlichen Unternehmen, eine andere Tendenz vermuten lässt.709 Darüber hinaus ist eine freiwillige Corporate Social Responsibility Maßnahme weder geeignet eine angemessene Regelung zu ersetzen, noch als verdeckter Ansatz zur Einführung eines Gesetzes zu dienen.710

Sowohl eine Art Selbstverpflichtung oder die Bereitstellung von Girokonten durch einzelne Sozialprojekte des Bankensektors würde keine endgültige Problemlösung erzeugen, und wäre im Kern betrachtet für die betreffenden Verbraucher nicht ausreichend. Sie behalten doch bei beiden Varianten die schwächere Rechtsposition, da sämtliche freiwillige Initiativen keine Rechtsverbindlichkeit erzeugen und es demnach bei Banken an der endgültigen daraus resultierenden Verpflichtung Girokonten für jedermann zu führen, fehlen dürfte. Außerdem können Institute im Rahmen ihrer, durch sie selbst festgelegten Regeln, Konsumenten beschränken oder gänzlich aussperren.711

Die Umsetzung der RL 2014/92/EU über den Zugang zu einem Zahlungskonto wird auch die Arbeit der Zweite Sparkasse beeinflussen. Aus Sicht der Zweite Sparkasse besteht ein zusätzliches Dienstleistungsangebot, welches durch die Schaffung eines gesetzlichen Basiskontos, noch sichtbarer wird.712 Ehrenamtliche Mitarbeiter bieten Betreuung und laufende Gespräche an, die Betroffenen den Weg aus der Krise ebnen sollen. Zur Vermeidung eines weiteren sozialen Abstiegs und Sicherung der Stabilität des Haushaltes, werden im betreuten Zeitraum Zusatzleistungen, wie kostenlose oder kostengünstige Versicherungen angeboten, sowie sämtliche Zugänge zu Basissparprodukten. Die Zweite Sparkasse bekundet jedenfalls ihr Bemühen sich über ihre Interessensvertretung an der Gestaltung der Umsetzung des Rechts auf ein

709 Vgl. Salcher [Non-Profit-Organisationen in Österreich 2008], S. 11. 710 Vgl. Bayot [The Role of Corporate Social Responsibility 2007], S. 1. 711 Vgl. Brügmann [Das Recht auf ein Girokonto 1999], S. 88. 712 Vgl. Die Zweite Sparkasse [Newsletter 2/2014], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 255 Basiskonto aktiv beteiligen zu wollen, ihre bisherigen Erfahrungen einzubringen, und ihre Rolle darin zu finden oder entsprechend anzupassen.713 Da sie gleichzeitig in diesem Ausmaß auch einziger Anbieter ist, kann davon ausgegangen werden, dass dem Projekt durchaus eine starke zukünftige Gewichtung und Mitsprache zukommt. Die erforderliche Benennung einer ausreichenden Zahl an Zahlungsdienstleistern schließt die Übergabe der gesamten Verantwortung an die Zweite Sparkasse zwar aus, aber aufgrund der bisherigen Erfahrungen dieses Projektes, der Organisationsstruktur und des gesamten Maßnahmenpaketes für schutzbedürftige Verbraucher können auf dieser Basis weitere Überlegungen angestellt werden. Somit kann die Arbeit und das Dienstleistungsspektrum der Zweite Sparkasse als Grundlage für die nationale Umsetzung des Zugangs auf ein Zahlungskonto für jedermann dienen, und F7 kann vorläufig mit „Ja“ beantwortet werden.

F8 Kann einem Anbieter von Girokonten, die dieser speziell für benachteiligte Konsumenten zur Verfügung stellt, unter dem Aspekt der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, eine staatliche Ausgleichszahlung gewährt werden?

Der Staat hat dafür Sorge zu tragen, dass die Erbringung bestimmter Dienste von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse ihren Zweck erfüllt. Unabhängig ob diese Dienste von einem öffentlichen oder privaten Unternehmen erbracht werden, kann es erforderlich sein, dass die für die Erbringung entstehenden Kosten ganz oder teilweise vom Staat übernommen werden.714 Um insbesondere die Wettbewerbsregeln nicht zu verletzen sind Ausnahmen vorgesehen, die eine staatliche Ausgleichszahlung von staatlicher Beihilfe unterscheiden. Das jeweilige Unternehmen muss offiziell mit der Erbringung einer klar definierten Aufgabe betraut sein, diese Aufgabe muss auch tatsächlich erforderlich sein und kann nur insoweit abgegolten werden, als dass tatsächliche Kosten unter Berücksichtigung eventueller Einnahmen gedeckt sind. Eine darüber hinaus gehende Entschädigung wäre eine staatliche Beihilfe

713 Vgl. Die Zweite Sparkasse [Newsletter 2/2014], S. 3. 714 EuGH 24.07.2003, C-280/00, Altmark Trans/Regierungspräsidium Magdeburg; die gültige Definition der vier kumulativen Voraussetzungen zur Unterscheidung zwischen Ausgleichsleistung und staatlicher Beihilfe wurde im „Altmark-Urteil“ festgestellt.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 256 und demnach unvereinbar.715 Der Auftrag muss sich jedenfalls auf eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse beziehen. Darüber hinaus schließt die Europäische Kommission auch Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse mit ein, und erläutert neben Gesundheits- dienstleistungen auch die Rolle der persönlichen Dienstleistungen zur Erleichterung der Integration in die Gesellschaft. Vor allem gehört dazu „…Menschen dabei zu helfen, entscheidende Momente im Leben und selbst Krisen (Überschuldung, Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit, Auseinanderbrechen der Familie usw.) zu bewältigen.“716

Gleichzeitig delegiert die Kommission die Feststellung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse an den Mitgliedsstaat selbst, und liefert keine anwendbare Liste, da es geographisch und historisch bedingt zu viele unterschiedlich ausgeprägte Bedürfnisse der jeweiligen Bevölkerung gibt.717 Hinsichtlich der Frage, ob bestimmte Finanzdienstleistungen darunter fallen würden, verweist die Kommission auf die bereits mehrfach anerkannten Entscheidungen der Mitgliedstaaten und die von ihr selbst abgegebene Empfehlung für den Zugang zu Basisbankdienstleistungen, und bejaht damit einen Universalbankdienst.718

Da nahezu alle Banken Girokonten anbieten, kann nicht ausreichend festgestellt oder behauptet werden, dass neben einer mit der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung eventuell betrauten Bank keine weitere den Zugang zu dieser Dienstleistung zufriedenstellend gewährt. Genau diese Voraussetzung muss aber erfüllt sein, um die Beauftragung eines Zahlungsdienstleisters mit der Erbringung einer Dienstleisung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse zu rechtfertigen. Sollte der Staat jedoch zur Erkenntnis gelangen, dass die erwünschte Dienstleistung zwar erbracht, jedoch die Zielgruppe nicht vollständig erreicht wird und hinsichtlich Qualität nicht den Anforderungen entspricht, kann auch eine von mehreren Anbietern erbrachte

715 EuGH 24.07.2003, C-280/00, Altmark Trans/Regierungspräsidium Magdeburg. 716 Europäische Kommission [Leitfaden über staatliche Beihilfen 2013], S.21. 717 Vgl. Europäische Kommission [Leitfaden über staatliche Beihilfen 2013], S. 22. 718 Empfehlung Basiskonto 2011/442 ABl L 2011/190, 87.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 257 Dienstleistung zu einer von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse erklärt werden.

Die Forschungsfrage kann vorläufig mit „Ja“ beantwortet werden. Die Auslegung der Vorschriften liegt in Regierungshand, und diese Vorschriften können durchaus so interpretiert werden, dass ein Zahlungsdienstleister zur Herstellung und Aufrechterhaltung des Zugangs zu Basiskonten beauftragt wird, und dieser gleichzeitig auch noch, unter dem Aspekt der Erbringung einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, eine Ausgleichszahlung für die daraus entstehenden Kosten, abzüglich etwaiger Einnahmen, erhalten kann. Hinsichtlich der Prüfung, ob die Dienstleistung von dem Unternehmen dann auch tatsächlich erbracht wird, soll ein möglichst breites Meinungsspektrum aus vorwiegend dem Kreis berücksichtigt werden, der die Dienstleistung nutzt.719

Die Zweite Sparkasse würde die Erfüllung der Vorschriften und Bedingungen zwar auf sich vereinen, da jedoch in Österreich sowohl die BACA, die BAWAG/PSK und die Zweite Sparkasse Girokontoprodukte anbieten, die ausschließlich für Konsumenten in finanziellen Schwierigkeiten bereitgestellt werden, könnte keinem Unternehmen der Vorzug gegeben werden. Wobei es sich um einen Vorzug handelt, welchen keine Bank haben will. Zum einen brächte die Beauftragung einen erheblichen Mehraufwand (Aufbau flächendeckender Infrastruktur, Risikokosten, usw.) mit sich, der durch Ausgleichszahlungen kaum zu decken sein dürfte, und zum anderen stößt jedwede Form der Bankenunterstützung in der öffentlichen Meinung auf wenig Verständnis, sodass für die betreffende Bank die Nachteile deutlich überwiegen würden. Selbst dann noch, wenn ein Institut zwangsverpflichtet wird, und aufgrund dessen eine Ausgleichszahlung erhält. Darüber hinaus werden die teils altruistischen Motive der bestehenden Bankinitiativen durch den Erhalt staatlicher Ausgleichszahlungen konterkariert.

719 EuGH 24.07.2003, C-280/00, Altmark Trans/Regierungspräsidium Magdeburg.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 258 6.3.4.4 Forschungsergebnisse Kategorie Zweite Sparkasse

F3 Kann die Zweite Sparkasse als unabhängige Nonprofit Organisation verstanden werden?

Die Relevanz dieser Frage lag in der Überlegung, ob die Zweite Sparkasse ein in der Realität auch eigenständiges Institut ist, welches rein altruistische Zwecke verfolgt, oder ob durch sie Problemkunden aus dem regulären Bankgeschäft ausgelagert wurden. Die Zweite Sparkasse wurde von einem Profit Unternehmen gegründet und hat innerhalb des Sparkassensektors eine Sonderstellung. Einerseits agiert sie als eigenständige Bank und erfüllt NPO relevante Kriterien in Bezug auf Strategie, Rechtsform, Strukturmerkmale und Finanzierung, andererseits ist sie in einem gemeinsamen Sparkassenhaftungsverbund integriert, der über die gemeinsame Haftung hinaus auch als Interessensgemeinschaft zu verstehen ist. Als Ausnahmeerscheinung ist die Zweite Sparkasse als vermeintlich echte NPO wenig wahrnehmbar und tritt in der Öffentlichkeit auch nicht, als ein dem dritten Sektor zurechenbares Unternehmen, auf. Da die Erscheinungsformen von NPOs mannigfaltig sind, ist es nicht immer eindeutig feststellbar, ob eine reale Organisation als NPO anzusehen ist oder nicht. Auf Basis einer Datengrundlage im internationalen Vergleich der Nonprofit Sektoren zahlreicher Länder erstellte Badelt einen Katalog, anhand dessen Charakteristika von NPOs definiert werden können. Es soll an dieser Stelle geprüft werden, ob die Zweite Sparkasse eine oder mehrere Kriterien erfüllt und folglich als NPO angesehen werden kann.720

 NPOs sind durch ein Mindestmaß an formaler Organisation und formalisierten Entscheidungsstrukturen gekennzeichnet. Die Zweite Sparkasse wird als eigenständige Bank mit einer eigenen Bankleitzahl geführt, ist den gleichen aufsichtsbehördlichen Regelungen unterworfen, wie jedes andere am österreichischen Bankenmarkt agierende Institut und gilt demnach als eigenständiges Unternehmen. Ihre Mitarbeiter unterliegen dem Bankgeheimnis und es ist nicht möglich für Mitarbeiter der Erste Bank Österreich oder Sparkassen Kundendaten

720 Vgl. Badelt [Handbuch der Nonprofit Organisation 2002], S. 8f.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 259 der Zweite Sparkasse und umgekehrt einzusehen. In ihrer formalen Organisation ist sie eine Vereinssparkasse und erfüllt alle dafür notwendigen Erfordernisse der Organstruktur. Ein Vorstand ist mit der Geschäftsführung und Entscheidungsgewalt betraut und ein mehrköpfiger Sparkassenrat übernimmt die Kontrollfunktion.721 Aus der festgeschriebenen Satzung lässt sich eine präzise formulierte Strategie ableiten, die in klar definierten Entscheidungsstrukturen umgesetzt wird.

 NPOs dürfen keine Gewinne an Eigentümer oder Mitglieder ausschütten. Jedoch wäre es nicht ausgeschlossen prinzipiell Gewinne zu erwirtschaften, die im Unternehmen verbleiben und dem Selbstzweck dienen. Die Zweite Sparkasse wurde mit einem Gründungskapital von € 5,8 Mio gegründet. Etwaig auszuschüttende Gewinne können aufgrund der derzeitigen Geschäftsstruktur nicht in hohem Maße entstehen, da weder Kredite vergeben, noch Kundenspareinlagen in größerem Umfang verwaltet werden. Dennoch konnten im Laufe der letzten Jahre kleinere Jahresüberschüsse erwirtschaftet werden, die hauptsächlich durch den Zinsertrag des Gründungskapitals und die Ausgleichszahlungen beteiligter Ländersparkassen entstanden sind. Gewinne werden durch bilanziellen Vortrag einer Rücklage zugeführt und dienen allenfalls dem Selbstzweck, um den Erhalt zu sichern oder einem etwaigen Verlustausgleich zu dienen.722 Da Vereinssparkassen prinzipiell eigentümerlos sind, ist eine Gewinnausschüttung an Eigentümer nicht möglich und an Mitglieder nicht vorgesehen.

 NPOs weisen ein Minimum an Selbstverwaltung und Entscheidungsautonomie auf. Wichtige Entscheidungen können innerhalb der Organisation getroffen werden. Es gibt in jedem Bundesland einen Verantwortlichen für die Leitung der Filiale(n) und darüber hinaus für Österreich ein Vorstandsgremium. Die Führung der Zweite Sparkasse kann in einem definierten Rahmen Entscheidungen selbständig treffen, wie beispielsweise Ablaufprozesse

721 Vgl. Sparkassenverband [Sparkassenhandbuch 2013], S. 263. 722 Vgl. Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2011], S. 4.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 260 optimieren, Partnerorganisationen hinzunehmen und neue Filialen eröffnen.

 NPOs sind durch ein Mindestmaß an Freiwilligkeit gekennzeichnet. Wobei sich die ehrenamtliche Tätigkeit auch auf Leitungsfunktionen bezieht.723 Jeder einzelne Mitarbeiter, einschließlich des Vorstandes, führt die Tätigkeiten in der Zweite Sparkasse ehrenamtlich aus. Da der Mitarbeiterstab aus aktiven und pensionierten Mitarbeitern der Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe besteht, ist ein hohes Maß an Kompetenz gewährleistet. Der Begriff der Freiwilligkeit würde sich formal auch auf Geldspenden privater Haushalte beziehen, dies ist bei der Zweite Sparkasse nicht der Fall, da sämtliche Kosten für die Gründung durch die Erste Stiftung getragen wurden und für den laufenden Betrieb Ausgleichzahlungen einzelner beteiligter Ländersparkassen erfolgen. Insofern ergibt sich ein Abhängigkeitsverhältnis, da weder private Spenden noch öffentliche Subventionen zum Erhalt beitragen.

Anhand der dargestellten Kriterien kann eine Abgrenzung zu gewinnorientierten Unternehmen erfolgen. Gemäß dem definierten Maßnahmenkatalog nach Badelt kann die Zweite Sparkasse durchaus als Nonprofit Organisation angesehen werden, da Entscheidungsprozesse, Gewinnverwendung und die Selbstverwaltung den einzelnen Kriterien entsprechen. Die Frage, ob diese Bank eine NPO ist, kann demnach vorläufig mit „Ja“ beantwortet werden, die Annahme der vollkommenen Unabhängigkeit nicht. Die Zweite Sparkasse nimmt eine gewisse Zwitterstellung ein, die vor allem in der Abhängigkeit zu ihrem Gründungsunternehmen und der Integration in den gesamten Sparkassensektor zu suchen ist. Allerdings gelingt es nur wenigen NPOs absolute Unabhängigkeit, schon allein aus finanziellen Aspekten, zu erreichen. Der große Unterschied einer NPO zu einem Sozialunternehmen besteht darin, dass die „…einen verschenken, und somit laufend auf frisches Geld von Sponsoren angewiesen sind, während die anderen versuchen ein kostendeckendes Produkt zu erzeugen…“.724 Die Zweite Sparkasse ist eine

723 Vgl. Badelt [Handbuch der Nonprofit Organisation 2002], S. 9f. 724 Spudich [Reich und gut 2010], S. 115.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 261 NPO mit einem hohen Grad an finanzieller Eigenständigkeit. Dass sie für den Erhalt und laufenden Betrieb nicht auf externe Spenden angewiesen ist, erspart ihr die sonst notwendigen bekannten medienwirksamen Auftritte des Dritten Sektors. Deshalb spielt auch die Zuordnung dazu keine wirtschaftliche Rolle, und das Institut selbst muss sich darüber keine identitätsstiftenden Gedanken machen.

F2 Entstehen für Kunden durch die Namensgebung bonitätsmindernde Auswirkungen im geschäftlichen Alltag, und lösen diese Ausschließung und Stigmatisierung aus?

Soziale Einrichtungen enthalten oftmals bereits in ihrem Unternehmensnamen den Inhalt ihres Auftrages (wie beispielsweise Aids-Hilfe, Schuldnerberatung, SOS Kinderdorf, Frauenhaus etc.), oder es ist aber auch im Allgemeinen bekannt, womit sich Einrichtungen beschäftigen oder welchem Zweck sie dienen (Caritas, WWF, etc.). Nachdem in Österreich auch die Bankennamen Erste Bank und Sparkasse als etabliert bezeichnet werden dürften, stellte sich von Beginn an die Frage, ob allein die Organisationsbezeichnung „Die Zweite Sparkasse“ eine Stigmatisierung auslösen könnte. Die Überlegungen gingen soweit, dass Kunden mit dieser Namensgebung am Arbeitsplatz, bei potentiellen Vermietern, bei Versicherungen oder bei Energieanbietern womöglich bonitäts- oder reputationsmindernde Nachteile erleben würden. Mit einer gezielten Fragestellung im Interview wurde versucht, das subjektive und das tatsächliche Erleben des Kunden mit dem Konto und mit der Bankomatkarte, auf der der Name auch ersichtlich ist, im alltäglichen Finanzgebaren zu ergründen.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 262

Abbildung 27: Benachteiligungen im Alltag mit dem Konto der Zweite Sparkasse725

Der überwiegende Teil der Befragten (48 Kunden = 78,7%) gab an, keinerlei Benachteiligung in den letzten Jahren erlebt zu haben. Bei den übrigen im Fragebogen vorgegebenen Antwortmöglichkeiten kam es überwiegend zu keiner oder nur einer Meldung, die teilweise folgendermaßen begründet wurden.

Interview Nr. 48: „ Es wurde schon gefragt, um was für ein Konto es sich da handelt.“

Interview Nr. 12: „Bei Neuanmeldung eines Autos hat die Versicherung wegen dem Konto für die ersten 3 Monate eine Vorauszahlung verlangt.“

Interview Nr. 22: „Man wird an den Schaltern der Sparkasse abgewiesen.“

725 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 263 Interview Nr. 30: „Am Anfang hätte ich gedacht, ich werde im Alltag Probleme mit dem Konto bekommen, aber jeder dem ich davon erzählt habe, hat nur gesagt, toll, dass es das gibt.“

Interview Nr. 39: „Es hat nie Probleme gegeben. Bei meinen Jobwechsel habe ich die Kontonummer bekannt gegeben, und niemand hat gefragt, was das für ein Konto ist.“

Interview Nr. 18: „Obwohl ich immer gezahlt habe, hatte ich am Handy eine „Schutzsperre“. Eine Wertkarte ist viel teurer.“

In 2 Fällen wurde auch der Umstand erwähnt, dass die Bankleitzahl elektronisch nicht erkannt werden konnte. Von den insgesamt 13 Kunden die eine Angabe bei einer Benachteiligung durch das Konto gemacht haben, würden dennoch 7 das Konto bei der Zweite Sparkasse weiterführen wollen. Um überhaupt stigmatisierend zu wirken, muss ein gewisser Kenntnisstand über den Unternehmenszweck der Zweite Sparkasse beim Adressaten vorhanden sein. Eine unter Mitarbeitern sozialer Einrichtungen durchgeführte Online Befragung hat ergeben, dass das Konto der Zweite Sparkasse nur etwa der Hälfte der Befragten bekannt war.726 Darüber hinaus wird das Institut als Nonprofit Organisation nicht mit klassischen Marketingmethoden beworben und wird demnach am Markt nur schwach registriert. Da es auch nicht in jedem Bundesland eine eigene Filiale der Zweite Sparkasse gibt, sind es meist nur unmittelbar Betroffene selbst, die die genaue Funktionsweise kennen. So schlussfolgert ein Interviewpartner treffend:

Interview Nr. 60: „Wenn man mit Schuldnern und Schulden nichts zu tun hat, wissen die Wenigsten, was das für ein Konto ist. Das ist auch nur in der Bankenbranche bekannt und das halte ich für einen großen Vorteil, denn wenn ich ständig erklären müsste, warum und wieso, dann wäre das Konto eine Belastung.“

Layout und Corporate Identity der Filialen, Bankomatkarten und sonstige Unterlagen unterscheiden sich nicht von anderen Sparkassen. Von einer

726 Vgl. ASB Schuldnerberatungen [Recht auf Girokonto 2012], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 264 Stigmatisierung, ausgelöst durch den Unternehmensnamen kann für die Stichprobe nicht gesprochen werden, da entweder technische Unzulänglichkeiten erwähnt wurden, die in der Anfangsphase durchaus nachvollziehbar waren, oder offenbar die sparkasseninterne Kommunikation betraf. Somit kann die Forschungsfrage dahingehend beantwortet werden, dass für Kunden keine nennenswerten negativen Auswirkungen im geschäftlichen Alltag entstehen und das Konto bei der Zweite Sparkasse selbst keine Stigmatisierung auslöst. Die eigentliche Stigmatisierung, wie Bader im Rahmen ihrer Untersuchung feststellte, erleben Schuldner bei der öffentlichen Bekanntmachung des Schuldenregulierungsverfahrens, bei der Verwehrung eines Girokontos oder bei dem Verlust sozialer Kontakte.727

Diese Forschungsfrage ist insofern auch von höchster Bedeutung, als dass durch Abs 38 der RL 2014/92/EU für den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen speziell die Forderung nach Verhinderung von Stigmatisierung und Diskriminierung, ausgelöst durch das Konto selbst, gestellt wurde.728 Die Ergebnisse der Untersuchung zu dieser Forschungsfrage lassen keinerlei Stigmatisierung durch die Bankomatkarte oder den Unternehmensnamen erkennen. Ändert sich die Rolle der Zweite Sparkasse im Zuge der Umsetzung der Richtlinie, ist ein höherer Bekanntheitsgrad des Projektes unumgänglich, da um schutzbedürftige Verbraucher besser zu erreichen, gezielte Kommunikationsmaßnahmen eingeleitet werden müssen.729 Ob eine steigende Bekanntheit auch gleichzeitig die Gefahr der Stigmatisierung erhöht, kann an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt noch nicht valide ausgesagt werden.

H7 Kunden mit einem monatlichen Nettoeinkommen bis € 1.000,- glauben, dass eine Befristung des Kontos auf 3 Jahre nicht ausreichend ist.

Zu Beginn und bei Gründung der Zweite Sparkasse wurde eine Befristung des Girokontos auf 3 Jahre festgesetzt, unter der Vermutung, dass diese Zeit für

727 Vgl. Bader [Ausweg aus Stigmatisierung und Scham 2011], S. 78. 728 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214. 729 Ebenda.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 265 eine wirtschaftliche Erholung ausreichend sein müsste. Ob dieser Zeitraum auch tatsächlich praktikabel ist, soll mit Hilfe der nächsten drei vorliegenden Hypothesen, unter Berücksichtigung verschiedenster Aspekte, erforscht werden. Grundsätzlich hielten 50,8% der Befragten eine Befristung für nicht ausreichend und glaubten, ein längerer Zeitraum wäre hilfreicher. Die andere Hälfte bezeichnete diesen Faktor jedoch als ausreichend oder als prinzipiell irrelevant. Die erste Überlegung bezieht sich auf die Höhe des Einkommens, da in der Kategorie bis € 1.000,- die meisten Nennungen (n=15) für eine nicht ausreichende Befristung vorzufinden waren. Ein durchgeführter χ²-Test (χ²(8)=10.16; p=.254) ergab keine Signifikanz. Es besteht Unabhängigkeit zwischen Einkommen und Einschätzung der Befristung des Girokontos. Da aber in mehreren Zellen die Voraussetzung des χ²-Test verletzt wurde und die Häufigkeit kleiner 5 ist, wurde zusätzlich eine ANOVA durchgeführt. Dies ist insofern möglich, da das Einkommen auch als metrische Variable vorlag. Der Vergleich der Mittelwerte in der Varianzanalyse wurde ebenso (F(2,58)=.260; p=.772) nicht signifikant.

H14 Kunden deren Girokonto bei Bekanntwerden der Schuldenregulierung gekündigt wurde, haben eher Angst die Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten, wenn sie das Konto nicht mehr bei der Zweite Sparkasse führen.

Angst die Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten? Kann ich nicht Gesamt- Ja Nein einschätzen summe Girokonto wurde Ja Anzahl 12 22 10 44 gekündigt % in Girokonto 27,3% 50,0% 22,7% 100,0% Nein Anzahl 4 8 5 17 % in Girokonto 23,5% 47,1% 29,4% 100,0% Gesamtsumme Anzahl 16 30 15 61 % in Girokonto 26,2% 49,2% 24,6% 100,0%

Tabelle 15: Einschätzung der Schuldenrückzahlung730

730 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 266 Rund die Hälfte aller Kunden, deren Girokonto im Zuge der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens von der damaligen Bank gekündigt wurde, gaben an keine Gefahr in ihrer eigenen Schuldenrückzahlung zu sehen, wenn das Konto bei der Zweite Sparkasse nicht mehr weitergeführt wird. Auch der Gesamtvergleich aller Befragten bestätigt keinen negativen Einfluss der Dauer des Girokontos auf die eigene Einschätzung der Fähigkeit die Schulden ordnungsgemäß zu bedienen. Der auf Basis obenstehender Kreuztabelle durchgeführte χ²-Test (χ²(2)=-31; p=.856) war nicht signifikant. H14 kann vorläufig nicht bestätigt werden.

Interview Nr. 7: „Meine alte Bank hat das Konto sofort geschlossen, ich konnte aber auch nichts mehr beheben.“

Interview Nr. 20: „Wenn ich eine Bank überfallen hätte, dann hätte ich sogar noch ein Konto, so hatte ich keines mehr.“

Interview Nr. 47: „Ich hatte vor dem Gespräch Angst, dass ich das Konto jetzt verliere und habe deshalb bei der Bank Austria eines eröffnet. Ich kann das dort auch nur im Haben führen.“

H8 Eine ordnungsgemäße Schuldenrückzahlung führt zu der Überzeugung, dass die Befristung des Kontos auf 3 Jahre ausreichend ist.

Unter ordnungsgemäß wird in diesem Zusammenhang eine pünktliche und regelmäßige Bedienung der Schuld über einen längeren Zeitraum verstanden. Die Hypothese testet, ob dieses Attribut auch einen positiven Einfluss auf die Einstellung zur Befristung des Girokontos hat. Der χ²-Test hat die Signifikanzschwelle ( χ²(4)=9.46; p=.051) so knapp verfehlt, dass dennoch die Hypothese bestätigt wird, zumal bei größerer Stichprobe jedenfalls eine eindeutigere Signifikanz zu erwarten gewesen wäre.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 267

Abbildung 28: Einschätzung der Befristung des Girokontos731

Das angeführte Diagramm soll zusätzlich Aussagekraft verleihen. Kunden der Kategorie A und B zahlen Schulden ordnungsgemäß zurück, aber nur für Kunden der Kategorie A scheint die Befristung keine wesentliche Rolle zu spielen. Im Rahmen des 3-Jahres-Gespräches erfolgt neben der Kategorisierung auch die Möglichkeit einer sofortigen Kontoübernahme durch die Kärntner Sparkasse. Dies erfolgte bei den meisten A Kunden, deshalb kann eine Verzerrung dieser Antwortoption nicht gänzlich ausgeschlossen werden. In der Kategorie C war die Antworttendenz eindeutig und unterstützt die Verifizierung von H8.

731 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 268 6.3.4.5 Forschungsergebnisse Kategorie wirtschaftliche Erholung

H9 Kunden, die von der bevorrechteten Schuldnerberatung empfohlen wurden, haben höhere Chancen auf eine ordnungsgemäße Schuldenrückführung.

Die Kontaktaufnahme mit Beratungsstellen erfolgte nach Berechnungen der EU-SILC Studie relativ spät und erst nach dem zunächst andere Bewältigungsstrategien verfolgt wurden. Je nach Grad der finanziellen Schwierigkeiten wurde versucht Geld im Verwandten- oder Bekanntenkreis zu leihen oder gleich direkt mit der Bank oder den Gläubigern eine Vereinbarung zu treffen. Eine Beratungsstelle suchten 7% der Verschuldeten zumindest einmal auf.732 Österreichweit wurden über 70% (86,9% in der Stichprobe) der Kunden der Zweite Sparkasse von der bevorrechteten Schuldnerberatung empfohlen. Sie war somit die zahlenmäßig stärkste Partnerorganisation. Die Untersuchung dieser Hypothese soll anhand der Kundenkategorien sichtbar machen, ob die Wahrscheinlichkeit für eine ordnungsgemäße Schuldenrückführung steigt und eine bessere Aussicht auf eine wirtschaftliche Erholung darstellt, wenn Kunden von der Schuldnerberatung begleitet werden.

Abbildung 29: Kundenkategorien nach Partnerorganisationen733

732 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 142. 733 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 269 Die statistische Übermacht der Kategorie ergab in den übrigen Kategorien automatisch zu geringe Fallzahlen, als dass für andere Partnerorganisationen eine sinnvolle Aussage getroffen werden könnte. Die Voraussetzung eines χ²- Test wären zumindest 5 Fallzahlen in allen Zellen, dennoch wurde dieser errechnet und ergab keine Signifikanz (χ²(6)=2.6; p=.853). Angesichts der in der Abbildung 29 dargestellten deskriptiven Analyse ist die Schuldnerberatung als Erfolgskriterium jedenfalls stark anzunehmen, da 75,5% ihrer vermittelten Kunden nach dem 3-Jahres-Gespräch in den Kategorien A und B geführt wurden. Einzelne Kundenaussagen bestätigten den Eindruck der erlebten Hilfestellung durch die Schuldnerberatung.

Interview Nr. 47: „Es kann einem kein Mensch helfen, wäre die Betreuerin der Schuldnerberatung nicht gewesen, ich hätte bald nicht mehr gewusst, was ich tun soll.“

Interview Nr. 55: „Früher habe ich jeden Tag Mahnungen bekommen, heute sind nur noch Prospekte im Postkasten, ich bin froh endlich die Schulden geregelt zu haben.“

H3 Im „Zahlungsplan“ werden Schulden eher ordnungsgemäß bedient, als in den anderen Verfahren.

Auf der Suche nach Erfolgskriterien für eine gelungene wirtschaftliche Erholung sollte auch der Faktor des Entschuldungsinstrumentes untersucht werden. Der Zahlungsplan war das dominierende Verfahren. Auch in diesem Fall war es möglich aufgrund der Kundenkategorien nach dem 3-Jahres-Gespräch festzustellen, in wie fern sich dieses Verfahren, im Vergleich zu anderen, auf die wirtschaftliche Erholung auswirkte.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 270

Abbildung 30: Art der Schuldenregulierung734

Mittels χ²-Test (χ²(8)=23.5; p=.003) konnten signifikante Unterschiede festgestellt werden. Da einige Zellen geringe Fallzahlen aufwiesen, wurden Kategorien zusammengefasst und der Test auf Basis neuer Kategorien nochmals durchgeführt. Die Anzahl der Freiheitsgrade war demnach geringer. Auch dieser Test wurde signifikant (χ²(2)=9,9; p=.007). H3 wird vorläufig bestätigt. Es besteht Abhängigkeit zwischen dem Entschuldungsinstrument und der Kundenkategorie. Die Wahrscheinlichkeit einer ordnungsgemäßen Rückzahlung steigt mit dem Zahlungsplan.

H5 Berufstätigen und im Ruhestand befindlichen Schuldnern gelingt die Schuldenregulierung eher als arbeitslosen oder karenzierten.

Das grundsätzliche Verschuldungsrisiko hängt vom sozioökonomischen Status ab. Voll Erwerbstätige haben eine Überschuldungsquote von 8% und bei Nicht- Erwerbstätigen beträgt das Risiko einer Überschuldung 17%.735 Für diese Hypothese galt es zu testen, ob das Ergebnis im Einklang mit der Annahme steht, dass ein aufrechtes Beschäftigungsverhältnis und ein stabiles Einkommen eine erfolgreiche Schuldenregulierung fördert. Unter

734 Quelle: Verfasser 735 Vgl. Till-Tentschert et al. [Armutsgefährdung in Österreich 2009], S. 146.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 271 Schuldenregulierung wird an dieser Stelle die Phase verstanden, die die Zeit nach der gerichtlichen oder außergerichtlichen Einigung betrifft und meint somit eher die Einhaltung des vereinbarten Tilgungsplanes. Der χ²-Test (χ²(6)=6.94; p=.326) ergab keine Signifikanz. H5 wird vorläufig nicht bestätigt. 44 Befragte (72,1%) waren berufstätig oder befanden sich bereits im Ruhestand. Davon hatten 35 (79,5%) keinerlei Schwierigkeiten den Tilgungsplan einzuhalten. Nicht berufstätig oder karenziert waren 17 (27,9%), davon konnten 11 (64,7%) den Tilgungsplan einhalten. Der Prozentvergleich der Kategorien suggerierte eine leicht bessere Tendenz zu Gunsten der Berufstätigen und im Ruhestand befindlichen. Aus dem Ergebnis der Stichprobe sollte deshalb dennoch keine höhere Chance abgeleitet werden. Im Rahmen eines Schuldenregulierungsverfahrens wird mit den Gläubigern eine Einigung auf Basis einer größtmöglichen monatlichen Rate, unter Berücksichtigung der persönlichen Situation und des Einkommens, gesucht. Ein geringes Einkommen oder (vorübergehende) Arbeitslosigkeit, muss deshalb nicht zwingend das Unvermögen, den Tilgungsplan nicht bedienen zu können, nach sich ziehen. Dennoch ergaben die im Rahmen der EU-SILC Studie hervorgebrachten Zahlen ein zu erwartendes Bild. Am seltensten waren Pensionsbezieher (2%) gefolgt von Erwerbstätigen (5%) mit Zahlungsrückständen konfrontiert, wohingegen arbeitslose Personen (30%) um ein vielfaches häufiger angaben, in den vorangegangen Monaten Zahlungen nicht immer fristgerecht bedient haben zu können.736 Auch in den Interviews wurde deutlich, welche finanziellen Hürden entstehen, wenn Einnahmen sinken.

Interview Nr. 18: „Früher waren Rechnungen über € 3.000,- kein Problem für mich – als ich noch gearbeitet habe – heute weiß ich nicht mehr wo ich € 100,- herbekommen soll.“

Interview Nr. 50: „Schon allein mit den Spesen war mir sehr geholfen. Geldbehebungen, Überweisungen, Kontoführung – das kostet ja alles viel Geld.“

736 Vgl. Skina-Tabue et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2012], S. 50.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 272

H16 Kunden die angaben, dass sie sich selbst bei der Bewältigung ihrer Schulden maßgeblich geholfen haben, weisen eine höhere Chance einer ordnungsgemäßen Schuldenrückführung auf.

Hilfestellung wird unterschiedlich empfunden und in der Phase der Schuldenbewältigung auch nicht zu jedem Zeitpunkt im gleichen Ausmaß benötigt. Aufgrund der individuellen Familiensituationen und der eigenen gesellschaftlichen Verankerung kann Hilfestellung im sozialen Umfeld nicht von jedem Schuldner sofort abgerufen oder bei Bedarf intensiviert werden. Externe Stützsysteme bieten institutionalisierte Beratung und Begleitung. Die befragten Kunden bewerteten vor allem das Leistungsangebot der Schuldnerberatung, für die Bewältigung der Schuldenkrise, als hilfreich. Häufig genannt, und durchaus auch umfangreich erläutert, wurden der eigene Wille und die eigene Motivation.

Abbildung 31: Wer hat Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schulden maßgeblich geholfen?737

Interview Nr. 60: „Freunde hat man bei Schulden keine.“

Interview Nr. 53: „Ich habe nun auch eine Kollegin davon überzeugt; sie ist sehr glücklich, dass sie nach Jahren endlich ihre Schulden regeln konnte, und sie keine neuen Schulden mehr machen kann.“

Interview Nr. 20: „Wenn der Faktor Gesundheit nicht da ist, kann es jeden treffen, jeden.“

737 Quelle: Verfasser

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 273 Durch die Kombination der Variablen mit den Kundenkategorien, als Indikator für eine ordnungsgemäße Schuldenrückführung, entstanden mehrere schwach besetzte Zellen. Daher wurde eine neue Kreuztabelle erstellt, die im Wesentlichen nur mehr zwischen fremder Hilfe und eigener Bewältigungskraft unterscheidet.

Schuldenrückzahlung OK Nicht OK Gesamtsumme Hilfe bei Bewältigung der Ich habe mir selbst geholfen 8 5 13 Schulden Fremde Hilfe 38 10 48 Gesamtsumme 46 15 61

Tabelle 16: Hilfe bei Bewältigung der Schulden738

Chi-Quadrat-Tests

Asymp. Sig. Exakte Sig. Exakte Sig. Wert df (zweiseitig) (zweiseitig) (einseitig) Pearson-Chi-Quadrat 1,714a 1 ,190 Kontinuitätskorrekturb ,895 1 ,344 Likelihood-Quotient 1,600 1 ,206 Exakter Test nach Fisher ,275 ,171 Zusammenhang linear-mit- 1,686 1 ,194 linear Anzahl der gültigen Fälle 61 a. 1 Zellen (25,0%) haben die erwartete Anzahl von weniger als 5. Die erwartete Mindestanzahl ist 3,20. b. Berechnung nur für eine 2x2-Tabelle Tabelle 17: Einschätzung der Bewältigung der Schulden739

Wenn die Voraussetzung des χ²-Test aufgrund von Zellen deren erwartete Häufigkeit kleiner 5 ist verletzt wurde, kann auch der exakte Test nach Fisher interpretiert werden.740 Dieser ist (p=.275) nicht signifikant. Die Nullhypothese wird vorläufig beibehalten, obschon die Ergebnisse kein Beleg für die Gültigkeit der Nullhypothese sind. Es besteht Unabhängigkeit zwischen der Hilfestellung und der Schuldenrückzahlung.

738 Quelle: Verfasser 739 Quelle: Verfasser 740 Vgl. Raab-Steiner/Benesch [Der Fragebogen 2012], S. 134.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 274

H17 Männer und Frauen unterscheiden sich in der Einschätzung der Bewältigung ihrer finanziellen Erholung.

28 (45,9%) aller befragten Kunden gaben an, keinerlei Schwierigkeiten bei der Bewältigung ihrer Schulden gehabt zu haben. Wobei damit die Rückzahlung ab dem Schuldenregulierungsverfahren gemeint war. Wenn die Schuldenrückzahlung nicht ordnungsgemäß geleistet werden konnte, lag das in 10 (16,4%) Fällen an einem Verlust des Arbeitsplatzes, in 8 (13,1%) Fällen an einer Erkrankung und in 6 (9,8%) Fällen an einem zu geringen Einkommen. Die möglichen Schwierigkeiten, mit denen Schuldner auch nach Annahme einer Zahlungsquote weiterhin konfrontiert sind, können geschlechterspezifisch unterschiedlich sein. Alleinerziehende Mütter oder geschiedene Männer mit Unterhaltszahlungen haben divergierende Ausgangspositionen, wie nachfolgender Interviewausschnitt verdeutlicht.

Interview Nr. 34: „Mir wurde gedroht das Kind wegzunehmen, deshalb musste ich zur Schuldnerberatung und habe dann das Konto bei der Zweite Sparkasse erhalten. Ich bin aber immer mit den Zahlungen zurechtgekommen – ich habe kein Schuldenregulierungsverfahren.“

Einzelne persönliche Problemlagen sind sehr breit gefächert und nicht immer eindeutig kategorisierbar. Daraus ergaben sich in einzelnen Antwortoptionen schwach besetzte Fallzahlen, die einen Signifikanztest immer erschweren. Der dennoch durchgeführte χ²-Test (χ²(7)= 5.9; p=.551) ergab keine signifikanten Unterschiede. Männer und Frauen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer persönlichen Einschätzung ihrer finanziellen Erholung nicht. H17 wird vorläufig nicht bestätigt. Der Blick auf die EU-SILC Studie aus dem Jahr 2012 bekräftigt die Beibehaltung, da sich Männer und Frauen in der Beantwortung nach Zahlungsrückständen mit 6% und 5% nur marginal unterscheiden. Als Zahlungsrückstand galt, wenn regelmäßige Zahlungen, wie Miete, Betriebskosten, Kreditverbindlichkeiten, Wohnnebenkosten und sonstige Rückzahlungsverpflichtungen in den vorangegangenen 12 Monaten nicht rechtzeitig beglichen werden konnten.741

741 Vgl. Skina-Tabue et al. [Einkommen, Armut und Lebensbedingungen 2012], S. 19.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 275 7 Zusammenfassung und Implikationen

Dieses abschließende Kapitel dient der Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse. Aus dem theoretischen Teil und den Befunden leiten sich Implikationen und Empfehlungen für die Zweite Sparkasse, die Gestaltung des Rechts auf ein Girokonto und die weiterführende Forschung ab. Eine Verwendungsmöglichkeit der Ergebnisse und Implikationen ergeben sich für mögliche Adressaten, wie die Wirtschaftskammer, die Schuldnerberatungen, unterschiedliche Institutionen des Konsumentenschutzes, politische Entscheidungsträger, die Zweite Sparkasse, die Erste Bank Österreich, betreffende Stiftungen und den Sparkassenverband.

7.1 Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse

Für die Verwirklichung von Konsumwünschen oder die Beschaffung von Wohnraum steht einem Haushalt die Aufnahme von Krediten als Teil des ökonomischen Handlungsrepertoires zur Verfügung. Der überwiegende Teil der Kreditnehmer erfüllt die eingegangenen Verbindlichkeiten zeitgerecht und die periodischen Raten finden Deckung im zur Verfügung stehenden Haushaltsbudget.

Überschuldung ist ein auf die Verschuldung aufbauender Begriff und beschreibt den Wechsel des Status auf eine problematische Schuldensituation. Meist wird die Überschuldung begleitet und eingeleitet durch lebenskritische Ereignisse. Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wurden Konsumenten befragt, die vorwiegend aufgrund einer Überschuldung Kunden der Zweite Sparkasse wurden. Die zentralen Befunde konzentrieren sich demnach auf deren mögliche finanzielle Genesung und auf Problemlagen, die vorwiegend nur überschuldete Kunden haben können. So konnte der Nachweis für diese Kunden erbracht werden, dass die Höhe des Einkommens noch keine tendenziell höhere Chance auf erfolgreiche Schuldenbewältigung erzeugt und auch Personen mit einem monatlichen Einkommen bis € 1.000,- durchaus in der Lage sind, Schulden ordnungsgemäß zu bedienen. Besonders dieses Ergebnis steht im Kontrast zu tradierten Aussagen, sind in der EU-SILC Studie doch eindeutig

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 276 öfter Zahlungsrückstände in Bevölkerungsteilen niedriger Einkommensklassen festgestellt worden. Da es sich aber erstens um ehemals Überschuldete handelt, und diese zweitens nach Z 8 des § 210 Abs1 IO742 nicht gegen die Obliegenheit, keine neuen Verbindlichkeiten einzugehen, verstoßen dürfen, ist das Ergebnis erklärbar. Gleichzeitig ist es ein Beleg dafür, dass Entschuldungsinstrumente in allen Einkommensgruppen funktionieren. Über 90% haben in den drei Jahren vor der Erhebung keine neuen Schulden gemacht. Die Rückzahlungsfrequenz ist relativ altersunabhängig. Nur Kunden der Gruppe der 40- bis 50-jährigen waren hier etwas auffälliger und hatten eher Schwierigkeiten ihrer Kreditrückführung regelmäßig nachzukommen. Eine mit dem Lebensalter stetig steigende Verschuldungshöhe konnte nicht bestätigt werden, jedoch ein im Einklang mit bisherigen Forschungen stehender Befund, dass sich Verschuldung um die Lebensmitte häuft. Dass der untersuchte Zusammenhang von monatlichem Einkommen und Schuldenhöhe insignifikant blieb, widerspricht bisherigen Studien. Die Abweichung ist in der Tatsache begründet, dass knapp die Hälfte der befragten Gruppe keiner Beschäftigung nachging.

Die Verschuldung scheint eine männliche Domäne zu sein, über zwei Drittel der Kunden der Zweite Sparkasse sind Männer. Ein Vergleich der Mittelwerte ergab jedoch, dass Frauen leicht höher verschuldet sind als Männer. Die Gründe für die Verschuldung wurden nicht abgefragt, da es hierzu bereits ausreichend Zahlenmaterial aus anderen Studien gab, und sich ein Haushalt zumeist für die Beschaffung von Wohnraum, die Befriedigung von Konsumwünschen oder unternehmerische Selbständigkeit verschuldet. Wohnraumfinanzierungen haben aufgrund der vorhandenen Liegenschaft einen rechnerischen Gegenwert, der bei Veräußerung stark schuldenreduzierend wirken kann. Erwartungsgemäß gab es in der Studie keinen Teilnehmer, der noch Wohnungseigentum vorweisen konnte, da bestehende Sicherheiten im Schuldenregulierungsverfahren zumeist verwertet werden müssen. Die Schuldenhöhe am Beginn der Schuldenregulierung war bereits, sofern vorher Liegenschaftsvermögen vorhanden war, um diesen reduzierenden Effekt bereinigt. Die durchschnittliche Verschuldung der Kunden aus der Stichprobe betrug am Beginn € 76.200,- und nach drei Jahren zum Befragungszeitpunkt €

742 IO BGBl I 2010/29.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 277 13.600,-, wobei die Stichprobe zu Beginn eine Bandbreite von € 8.500,- bis € 482.000,- umfasste. Eine Entschuldung fand natürlich nicht überwiegend durch Tilgungen statt, sondern zu einem großen Teil durch Abschreibung der Forderungen in den Büchern der Gläubiger. Die durchschnittliche Anfangsverschuldung deckt sich auch mit den Zahlen der Schuldnerberatung, ein Vergleich mit Deutschland, wo am Beginn der Schuldenregulierung eine Verschuldung (für das Jahr 2011) von durchschnittlich € 27.100,- festgestellt wurde, zeigt allerdings einen wesentlich höheren Verschuldungsgrad österreichischer Konsumenten.743 Das Einbeziehen aller in der Stichprobe vorhandenen Nationalitäten ergab eine niedrigere Durchschnittsverschuldung von Nicht-Österreichern, bei jedoch höherem Überschuldungsrisiko.

Sowohl in der Phase der Überschuldung, als auch durch die Einleitung eines Schuldenregulierungsverfahrens ist die Gefahr des Verlustes des Girokontos gegenwärtig. 44 Interviewpartner berichteten von einer unmittelbaren Kontoschließung durch die Hausbank nach Einleitung und Bekanntwerden des Schuldenregulierungsverfahrens. Nur wenige waren danach mit Schwierigkeiten am Arbeitsplatz konfrontiert und keiner hat diesen dann aufgrund des mangelnden Girokontos verloren. Eine lang geglaubte Verkoppelung von einem Verlust des Girokontos mit negativen Konsequenzen am Arbeitsplatz bis hin zum Verlust des selbigen, trat nicht in Erscheinung. Die Angewiesenheit auf ein Girokonto leitet sich unter anderem auch aus der Notwendigkeit ab, bei potentiellen Arbeitgebern eine Girokontoverbindung bekannt geben zu müssen, um Lohn oder Gehalt empfangen zu können. Wie vorangegangene Studien anführen, sind nur wenige Arbeitgeber bereit Bewerber ohne Kontoverbindung einzustellen. Dieses vorherrschende Paradigma wird durch die Daten der Untersuchung nicht unterstützt. Zum einen ergab es sich für 83% der Befragten nicht, sich um einen neuen Arbeitsplatz bemühen zu müssen, zum anderen wurden im Ernstfall alternative Kontoverbindungen genützt. Generell ist von einem ablehnenden Verhalten der Arbeitgeber kontolosen Bewerbern gegenüber weiterhin auszugehen, nur wird dieser Fall in der Praxis so selten vorkommen, dass eine statistische Beweisführung, über die Mutmaßung hinaus, nur äußerst schwierig zu erfassen ist. Es wird sich – um ein Beispiel zu nennen – kaum ein Bewerber der

743 Vgl. Knobloch et al. [iff-Überschuldungsreport 2011], S. 57.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 278 gesamten Bewerbungsprozedur stellen, ohne eine alternative Kontoverbindung bekannt geben zu können. Und selbst wenn dies der Fall sein sollte, herrscht nie endgültige Klarheit über Ablehnungsgründe, da diese in den seltensten Fällen explizit mitgeteilt werden. Aufgrund der erwähnten Umstände bleibt zwar weiterhin anzunehmen, dass es Praxisfälle gibt, diese aber so schwer zu entdecken sind, dass eine belastbare statistische Aussage vorläufig nicht zur Verfügung steht.

Der Vergleich entstehender Kosten für die Abwicklung von periodisch wiederkehrenden Zahlungen mit und ohne Girokonto belegt einen eindeutigen Nachteil für kontolose Konsumenten. Eine darauf basierende Aussage zur Angewiesenheit auf ein Girokonto aus diesem Blickwinkel ist demnach zulässig. Wird die Kreditwürdigkeit durch negative Einträge in der Datenbank des KSV belastet, ist es für Betroffene umso schwerer ein Girokonto zu bekommen, da Banken Geschäftsverbindungen dann meist ablehnen.

Gänzlich unbekannt war, wie die Reaktion der Bankenwelt auf ehemalige Kunden der Zweite Sparkasse ausfallen würde. Die Gründungsidee wurde ja auch von der Hoffnung getragen, dass diese Kunden sich danach wieder leichteren Zugang zu einem Girokonto verschaffen können. Aus mehreren Beweggründen waren Kunden aber nicht ausreichend motiviert, sich um eine externe Kontoverbindung zu bemühen. Erstens wollten drei Viertel der Befragten eine Anschlusskontoverbindung bei der Kärntner Sparkasse und sahen keine Notwendigkeit für einen Wechsel. Zweitens wurden im Rahmen der 3-Jahres-Gespräche Kunden, deren Schuldenrückführung und Kontogebarung einwandfrei war, sofort übergeleitet, anderen wurde ein vorläufig weiterer Verbleib in der Zweite Sparkasse mit einem Folgegespräch angeboten. Die Vorgehensweise ist authentisch und passt stimmig in das Gesamtbild der Strategie der Zweite Sparkasse. Über Reaktionen des übrigen Bankenmarktes auf ehemalige Kunden der Zweite Sparkasse mit oder ohne Negativvermerk des KSV kann aber keine valide Aussage getroffen werden, da es kaum Kunden gab die eine externe Geschäftsverbindung angestrebt haben. Einträge in Kreditregistern folgen dem Konsumenten, nicht nur bei Banken, als ein unfreiwilliges Zeugnis seiner Kreditwürdigkeit. Ein

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 279 Schuldenregulierungsverfahren sollte keinesfalls leichtfertig eingegangen werden, sondern immer die Ultima Ratio bleiben.

In der Bemühung des Konsumenten den Überschuldungszustand zu überwinden, bedarf es oftmals des Beistandes aus dem Familienverband oder Freundeskreis. Da dieser nicht immer oder im ausreichendem Maße vorhanden ist, und die notwendige juristische Begleitung fehlt, muss externe und institutionelle Unterstützung in Anspruch genommen werden. Vor allem das Leistungsangebot der Schuldnerberatung bewerteten Kunden als überaus hilfreich. 86,9% der Kunden aus der Stichprobe wurden von der bevorrechteten Schuldnerberatung empfohlen und übergeleitet, die damit der stärkste und bedeutendste Kooperationspartner der Zweite Sparkasse ist. Gemeinsam liegen diese beiden Institute auf demselben Kurs und können nachweislich, maßgebliche Hilfestellung zur wirtschaftlichen Genesung und Reintegration überschuldeter Kunden leisten. Das Leistungsangebot der Zweite Sparkasse wurde von 52,5% der Befragten als „sehr starke“ Hilfe empfunden. Bei der Auswertung des für eine wirtschaftliche Erholung am besten geeigneten Entschuldungsinstruments konnte gezeigt werden, dass für Kunden mit dem Zahlungsplan die Wahrscheinlichkeit einer ordnungsgemäßen Rückzahlung und Entschuldung steigt. Aber, so ist auch die einstimmige Meinung, ohne eisernen Willen und eigene Motivation ist eine Bewältigung der Schuldenkrise nicht möglich. Die Zweite Sparkasse bietet den notwendigen Ankergrund. Aus der deskriptiven Darstellung ließe sich als weiteres Erfolgskriterium ein geregeltes Einkommen und Berufstätigkeit ableiten. Diese Annahme wäre auch in Kongruenz mit bisherigen Studien und der sich aufdrängenden Gewissheit, dass ein hohes Einkommen auch die regelmäßige Erfüllung der Zahlungsquoten sichert. Statistisch wurde für diese Untersuchung der Wert nicht signifikant. Ein geringes Einkommen aus Sozialleistungen oder Arbeitslosenbezug, bedeutete demnach nicht zwangsläufig ein Scheitern der Schuldenregulierung.

Die Suche nach Erfolgskriterien zur wirtschaftlichen Genesung überschuldeter Konsumenten war eines der größten Ziele dieser Forschungsarbeit. Bisher konnten für eine gelungene Schuldenbewältigung Unterschiede hinsichtlich des Beschäftigungsverhältnisses, des Einkommens, des Alters, des Geschlechts

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 280 und der Nationalität berichtet werden. Über diese demographischen Ansatzpunkte hinaus wurden auch weitere Faktoren zusammengefasst, die eine allmähliche Schuldbefreiung begünstigen, wie die Wahl der institutionellen Hilfestellung, das am geeignetsten erscheinende Entschuldungsinstrument und das Girokonto der Zweite Sparkasse. Bei Fragestellungen zur Gefährdung des Arbeitsplatzes bei Kündigung des Girokontos, oder bei Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz ohne Girokonto, war die Symbiose der Schuldnerberatung und der Zweite Sparkasse spürbar. Die Kunden haben den Wechsel auf das Konto der Zweite Sparkasse als fließenden Übergang erlebt, in der kein kontoloser Zeitraum überbrückt werden musste. Ein drohender Diskussionsbedarf bei bestehenden oder potentiellen Arbeitgebern blieb weitestgehend aus. In Summe gaben 45,9% der Befragten an, dass ihnen bei der Bewältigung ihrer finanziellen Erholung soweit nichts im Wege stand, für die anderen waren es vorwiegend der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Erkrankung und in seltenen Fällen Probleme im Familienkreis oder die Last von Unterhaltszahlungen. Keiner der Befragten würde aber Fehler bei der Schuldnerberatung, bei der Zweite Sparkasse oder sonstigen Institutionen sehen. Zurückblickend an den Ausgangspunkt der Verschuldung resümierten viele Interviewteilnehmer die daraus gewonnene Lebenserfahrung damit, dass sie zukünftig einen besseren Überblick über ihre finanzielle Gebarung behalten wollen, einem (Ehe-) Partner nicht mehr blind vertrauen werden, auf unnötige Konsumgüter verzichten, den Lebensstil anpassen und keinesfalls ein weiteres Mal in so eine Situation kommen wollen.

Die Befristung des Kontos auf drei Jahre ist zentrales Motiv in der Strategie der Zweite Sparkasse und wurde von Beginn an festgesetzt. Die Schuldenbewältigung bis zur endgültigen Schuldbefreiung dauert aber zumeist länger und wirft damit die Frage auf, ob Kunden denken, dass durch einen wiederholten Bankwechsel oder eine Kündigung die ordnungsgemäße Schuldenrückführung erneut in Gefahr ist. Mit Hilfe von drei Hypothesen wurden zur Feststellung der Praktikabilität dieser Vorgehensweise verschiedenste Aspekte beleuchtet. Die Hälfte der Befragten hielt diese Befristung für nicht ausreichend und gab an, dass eine längere Verweildauer förderlicher wäre. Diese Einschätzung vertraten zwar vorwiegend Kunden der Einkommensklasse bis € 1.000,-, Signifikanz erreichte dieser Wert allerdings nicht. Die andere

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 281 Hälfte maß der Befristung keine wesentliche Bedeutung bei und hielt sie für ausreichend. Ein positiver Zusammenhang zwischen dieser Beurteilung und der eigenen regelmäßigen Bedienung der Schulden konnte festgestellt werden. Auch bei Kunden, deren damalige Hausbank das Konto im Zuge der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens gekündigt hatte, konnte keine signifikante Antworttendenz für eine längere Verweildauer festgestellt werden. Die Befristung der Kontoverbindung hat keinen negativen Einfluss auf die Schuldenbewältigung, zumal besonders dann, wenn sich eine gelungene Regelung noch nicht abzeichnet, die Kontoverbindung nach dem 3-Jahres- Gespräch verlängert werden kann.

Der Verlust und die Wiederherstellung einer Girokontoverbindung haben in dieser Arbeit sowohl im theoretischen als auch im empirischen Teil großen Raum eingenommen, betrifft dieser Themenkreis doch genau die Forschungsfrage, ob die Zweite Sparkasse geeignet ist, als Korrektiv gegen Kontolosigkeit wirken zu können. Die Kundenstatistiken des Institutes und die empirischen Indizien sprechen dafür. Seit dem Gründungsjahr 2006 wurden österreichweit über 12.500 Konten eröffnet, und mehr als 1.500 Kunden konnten nach der Zeit in der Zweite Sparkasse von der Erste Bank Österreich oder der jeweiligen beteiligten Landessparkasse übernommen werden. Der Zustrom neuer Kontoverbindungen ist ungebrochen und ein explosives Wachstum des gesamten Kundenstocks kann nur durch fortwährende Reintegration finanziell genesener Kunden an andere Bankinstitute eingedämmt werden. Das Institut kann kein dauerhaftes Habitat sein. Aufgrund der vorliegenden Befunde, die im Rahmen dieser Untersuchung festgestellt wurden, ist zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Zweite Sparkasse hilfsbedürftigen und hilfesuchenden Konsumenten das Potential zur wirtschaftlichen Reintegration in den Kreislauf des Geldes bietet. Erstens bei Kontoeröffnung durch den sofortigen Effekt der Wiederherstellung der Möglichkeit Einnahmen zu empfangen und Zahlungstransaktionen vorzunehmen. Zweitens über die Verweildauer durch das komplementär angebotene Paket an zusätzlichen Absicherungsinstrumenten und der Beratungsleistung ihrer ehrenamtlichen Mitarbeiter. Die Zweite Sparkasse hat innerhalb des sozialen Wiedereingliederungsprozesses unmittelbar ihren Platz gefunden und sich in wenigen Jahren als wichtiges Glied in einer Kette an Stützsystemen zur

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 282 Wiederherstellung der wirtschaftlichen Souveränität überschuldeter Konsumenten etabliert. Aus den angeführten Befunden und der Verwertbarkeit der erhobenen Daten bezieht die vorliegende Arbeit ihre Praxisrelevanz.

Interview Nr. 55: „Ich habe mir vor kurzem ein neues Wohnzimmer eingerichtet – ohne Kreditfinanzierung – aus angespartem Geld.“

Die Aussagekraft der Studie erstreckt sich noch über einen weiteren, die gesamte Bankenbranche und den Verbraucherschutz betreffenden Beitrag zur Problemlösung. Die Auseinandersetzung mit dem Thema der Verschuldung und Überschuldung findet vor allem in den Disziplinen der Soziologie und Volkswirtschaft statt, jedoch ist es vorwiegend die Rechtswissenschaft die Antworten und Erklärungen dann liefert, wenn es darum geht, den Anspruch auf ein Girokonto und seine Folgekonsequenzen zu bewerten. Aus der Beantwortung der Forschungsfragen sollen in den folgenden letzten Kapiteln Implikationen und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.

7.2 Implikationen für die Gestaltung des Rechts auf ein Girokonto

Aus ökonomischer Perspektive ergibt sich die Angewiesenheit auf ein Girokonto auf drei Bezugsebenen. Sichtbar werden diese durch den mangelnden Zugang zu weiteren Finanzdienstleistungen und Zahlungsfunktionalitäten, durch das Entstehen erheblicher Nachteile und schlechterer Lebenschancen und durch den Konsumausschluss bestimmter Waren und Dienstleistungen. Zusätzlich wird das Bargeld als Zahlungsmethode von bereits bestehenden alternativen Methoden und zukünftigen Innovationen zurückgedrängt oder teilweise substituiert. Dieser Vorgang vollzieht sich in den einzelnen Branchen in einem unterschiedlichen Tempo. Geschützt durch die Vertragsfreiheit und Privatautonomie entscheiden Bankinstitute nach eigenem Ermessen, ob und an wen sie ein Girokonto vergeben. Es besteht für österreichische Konsumenten auch nach vielen Jahren intensiver Debatten nach wie vor kein wie immer geartetes einklagbares Recht auf ein Girokonto. Zu verhärtet scheinen die Fronten zwischen den Interessensverbänden von Wirtschaft und Konsumentenschutz zu sein, auch diverse parlamentarische Anfragen liefen ins Leere. Da sich auch die EU-Kommission beginnend mit dem Weißbuch ab dem

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 283 Jahr 2005 die Gewährleistung eines Zugangs zu einem regulären Bankkonto zum Ziel gesetzt hat, war absehbar, dass eine nationale Regelung nur dann in Erscheinung zu treten vermag, wenn sie durch eine EU-Richtlinie unausweichlich gefordert wird. Durch immer wieder eingeforderte Positionspapiere europaweiter Interessensverbände folgten auch auf EU-Ebene Jahre der Bemühungen, die finanzielle Ausgrenzung von Bürgern durch die Möglichkeit zur Nutzung eines Bankkontos einzudämmen. Begleitet durch die Exklusionsdebatte wurde ein Bankkonto mittlerweile, als Schlüsselfaktor für die soziale Integration gesehen. Ein Blick auf andere europäischen Staaten zeigte äußerst heterogene Regelwerke, bewies aber auch, dass es sich bei der Vertragsfreiheit von Banken um kein Dogma handelt. Schließlich mündeten alle Bemühungen in der im April 2014 im EU-Parlament beschlossenen Richtlinie zur Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen. Spätestens zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union hat die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht Niederschlag zu finden. Besonders für die Zweite Sparkasse ergeben sich daraus existenzielle Fragestellungen. Inmitten dieser Entstehungsphase wird diese Dissertation veröffentlicht.

Ein umfangreicher Vergleich ergab, dass der überwiegende Teil der in der Richtlinie geforderten Maßnahmen durch die Existenz und das Dienstleistungsspektrum der Zweite Sparkasse bereits erfüllt sind. Die verbleibenden Komponenten könnten mit wenig Aufwand auf die Richtlinie abgestimmt werden. Im Konkreten wäre eine flächendeckende Präsenz mit der stärkeren Einbindung kleinerer Landessparkassen erzielbar. Informationen über eine etwaige Kontoablehnung könnten im Bedarfsfall sofort ausgestellt werden, und die Befristung des Girokontos muss derart geregelt werden, dass bei Übergabe an eine andere Geschäftsbank, die Kontoführung nicht deshalb abgelehnt werden kann, weil schon ein Konto besteht. Andernfalls würde sich ein Widerspruch ergeben, da Kunden der Zweite Sparkasse zum Zeitpunkt des Wechsels bereits Inhaber eines Kontos mit grundlegenden Funktionen sind, und ein anderes Institut, nach der neu angedachten Regelung, genau aus diesem Grund die Kontoeröffnung berechtigterweise verweigern könnte. Potentielle Kunden, so will es die Formulierung, müssen ihr echtes Interesse an

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 284 dem Konto nachweisen. Ob Konsumenten so eine Auflage tatsächlich erfüllen können werden und in welcher Form ein echtes Interesse überprüfbar ist, wird die Praxis zeigen, spricht aber im Kern für die Beibehaltung der Empfehlung von Kunden über Partnerorganisationen, wenngleich dies dann zweifelsohne eine Ausweitung der Liste der Kooperationspartner erforderlich machen würde.

Nicht von der Bankenwirtschaft zu bestimmen ist eine Regelinstanz, die die Durchsetzung der Richtlinie beaufsichtigt, Regelverstöße durch Sanktionen ahnden kann und gleichzeitig als Beschwerdestelle zu dienen vermag, auf die der Konsument, bei Ablehnung einer Kontoverbindung, auch schriftlich hingewiesen werden kann. Die Festlegung dieser, der europäischen Bankenaufsicht unterstellten Behörde, muss vom Gesetzgeber erfolgen, ebenso die notwendige Stelle, die zukünftig Statistiken über die Entwicklung und die Wirksamkeit dieser Richtlinie erfasst und veröffentlicht. Für beide Anforderungen kann der österreichische Gesetzgeber auf die bereits mit der Bankenaufsicht betraute Behörde zurückgreifen.

Die Zweite Sparkasse erfüllt im Wesentlichen die Anforderungen der RL 2014/92/EU, die an einen Zahlungsdienstleister gestellt werden. Das Basiskonto als Hauptprodukt erfüllt bereits alle Anforderungen hinsichtlich der technischen Funktionalitäten und der Verfügbarkeit für den Verbraucher. Durch die Strategie des Institutes sind der Ablauf des Kontoerhalts und die Beratungsleistung gewährleistet. Dies entspricht doch einer größeren Übereinstimmung als erwartet und lässt Raum für weiterführende Überlegungen. Die notwendige Festlegung einer ausreichenden Anzahl an Zahlungsdienstleistern, die betraut werden müssen, um unter den genannten Bedingungen Konten für Verbraucher zu eröffnen, macht eine Einzelbeauftragung an die Zweite Sparkasse unmöglich. Zumal es mit der BACA und der BAWAG/PSK zwei weitere Institute gibt, die sich dem Thema mit unterschiedlichen Lösungsansätzen nähern. Im Kern werden die anderen beiden Institute die Anforderungen der Richtlinie ebenso annähernd erfüllen. Die Zweite Sparkasse, aber auch die BACA und die BAWAG/PSK haben mit unterschiedlichen Konzepten Verantwortung für dieses komplexe und für eine Bank unpopuläre Thema übernommen, was aber nicht impliziert, dass diese Institute automatisch für die Umsetzung der Richtlinie zu verantworten sind. Am

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 285 österreichischen Markt agieren nicht nur ungleich große Institute sondern auch unzählige Spezial-, Privat- und Direktbanken, die teilweise die Anforderungen gar nicht erfüllen könnten, da sie entweder kein Filialnetz betreiben oder Girokonten nur zur ausschließlichen Online Nutzung anbieten oder die geforderte Beratungsleistung nicht erbringen. Besonders Direktbanken erhöhen durch schlanke Strukturen und den Entfall regionaler Filialen, aufgrund des ausschließlichen Online Vertriebes, den Zinsenwettbewerb bei Konsumkrediten und Sparprodukten. Klassische Retailbanken sind dadurch gezwungen den Servicierungsgrad für ertragsschwache Kunden zu reduzieren, deren Betreuung in Callcenter auszulagern oder sie zur Selbstdurchführung ihrer Bankgeschäfte zu bewegen. Allerdings befinden sich die hilfesuchenden Konsumenten genau in diesem Kundensegment und durch die vorliegende Untersuchung konnte belegt werden, dass der Erfolg zur wirtschaftlichen Reintegration in dem gesamten Beratungs- und Stützsystem begründet ist.

Ob nun alle wirtschaftlich und technisch gerüsteten Bankinstitute mit einem generellen Gesetz zur Führung von Girokonten verpflichtet werden oder nur die bereits in diesem Segment agierenden, ist noch nicht absehbar. Aufgrund der erwähnten Bankenvielfalt bleibt ein zu erwartendes, zukünftiges Unvermögen mancher Institute die Kriterien des späteren Gesetzes zu erfüllen. Daraus werden vermutlich geringfügige Wettbewerbsverzerrungen entstehen, die entweder akzeptiert oder anderwärtig ausgeglichen werden müssen. Gegenseitige Ausgleichzahlungen in der Bankenwirtschaft selbst sieht die RL 2014/92/EU nicht vor und das Gewähren von Steuererleichterungen für teilnehmende Institute oder eine Reduktion der bestehenden Bankenabgabe ist politisch schwer durchsetzbar. Die Ungleichheit, dass manche Institute, obwohl sie die Problematik der Überschuldung mitauslösen, die EU-Richtlinie nicht erfüllen werden können, wird nicht auszumerzen sein. Es ist jedenfalls vom Gesetzgeber in der gesamten Bankenbranche die Bereitschaft zur Kooperation zu suchen, begleitet von der Aufforderung etwaige ablehnende Standpunkte aufzugeben. Denn auch wenn die neuen Regelungen erschöpfend aufgezählt sind und dadurch inhaltlich vollständig erscheinen mögen, bieten diese dennoch kein Patentrezept, solange sie nicht von denen mitgetragen werden, die die Problemlöser sein sollen. Ein ausschließliches Fordern nach einem Recht auf ein Girokonto verhindert unter Umständen die Kreativität und Eigendynamik

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 286 mancher Banken. Deshalb sollte keinesfalls dem Reflex nachgegeben werden, die RL 2014/92/EU undiskutiert in nationales Recht zu übertragen.

Mit über 12.500 Kontoeröffnungen hat die Zweite Sparkasse bei der Versorgung von schutzbedürftigen Konsumenten mit finanziellen Basisdienstleistungen eine gewichtige Vorreiterrolle eingenommen. Es ist aufgrund der daraus gewonnenen Erfahrungen und des Leistungsspektrums zu empfehlen, Formulierungen von Gesetzesentwürfen in enger Konsultation mit der Zweite Sparkasse durchzuführen. Besonders da dieses Institut nur den einen Unternehmenszweck hat, ein Konto für jedermann zur Verfügung zu stellen. Solange sich die Zweite Sparkasse der Kontovergabe als Angriffspunkt im Kampf gegen Exklusion widmet, kann sie auch als Gesamtlösung für die Erste Bank Österreich und Sparkassengruppe dienen. Da sie ohnehin im Sparkassenverband eingebettet ist, wäre eine zusätzliche Erfüllung des wie immer gearteten Rechts auf ein Girokonto durch die Erste Bank Österreich und des Sparkassensektors obsolet, da sonst das eine das andere aufhebt. Diese Ausnahme müsste selbstverständlich an die Existenz der Zweite Sparkasse gekoppelt sein.

Trotz Regulierungsdruck der EU-Kommission und vorgegebenen Rahmen sind komplexe Verhandlungen auf nationaler Ebene zu erwarten. Dass der Bogen der Argumente und Gegenargumente breit gespannt ist, wurde im theoretischen Referenzrahmen umfangreich dargestellt. Auf der einen Seite weist das Girokonto als Sinnbild für die Basisversorgung mit Finanzdienstleistungen, wie in der modellhaften Beantwortung von F8 hergeleitet, genügend Konsistenz auf, um als Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse anerkannt zu werden. Auf der anderen Seite ist die Durchdringungsrate von Girokonten in der österreichischen Bevölkerung hoch und liegt bei 98%. Zusätzlich werden die Risiken der privaten Verschuldung für die Finanzmarktstabilität als minimal eingeschätzt, da das aushaftende Kreditvolumen auf vermögende Haushalte konzentriert ist und der internationale Vergleich eine niedrige Verschuldung ausweist.744 Gegner der allgemeinen Regelung verweisen mit diesen Argumenten auf den geringen Bedarf, dem in Relation hohe Kosten gegenüberstehen und sehen in der Existenz der Zweite Sparkasse schon die

744 Vgl. Beer/Schürz [Verschuldung der privaten Haushalte in Österreich 2007], S. 76.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 287 dafür ausreichende Lösung. Jedoch ergeben allein die Zahlen und Statistiken der Schuldnerberatungen und der Zweite Sparkasse ein klares Bild und belegen die Notwendigkeit des Rechtsanspruchs auf ein Girokonto. In einem Wohlfahrtsstaat darf der Prozess zur ständigen Verbesserung sozialer und rechtlicher Absicherung der Bürger, die in ihm leben nie stillstehen. So wird auch das Recht nach persönlicher Gestaltung, das Recht auf Partizipation und das Recht auf Zugang wichtiger werden als das Ausschlussrecht.745

Das Recht auf Erhalt eines Girokontos wird nicht die gesamte Gesellschaft gegen finanzielle Exklusion immunisieren. Ob die EU-Richtlinie adäquat und ganz im Sinne des gewollten Verbraucherschutzes umgesetzt wird, kann an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschätzt werden. Auch wenn das Messen rein quantitativer Faktoren die Frage der finanziellen Inklusion nie vollständig beantworten kann, ist nach Abs 54 der RL 2014/92/EU jedenfalls in Fristen von fünf Jahren eine Überprüfung dieser Richtlinie vorgesehen, die besonders unter dem Aspekt des Auftretens neuer Arten von Zahlungskonten, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Bewährung des Systems zur Reduktion kontoloser Verbraucher durchgeführt werden soll.746

7.3 Implikationen für die Zweite Sparkasse

Mit knapp 8.600 Bestandskunden hat die Zweite Sparkasse den Beweis erbracht, als Korrektiv gegen Kontolosigkeit wirken zu können, und ihr sich selbst auferlegtes Mandat zu erfüllen. Der Kundenstock ist in eine Größenordnung hineingewachsen, die ihn auch wirtschaftlich attraktiv macht. Ehemalige Kunden sind mitunter durchaus potentielle Neukunden für Erste Bank Österreich und Sparkassen und bewerteten das Leistungsangebot der Zweite Sparkasse als durchwegs positiv und hilfreich. Daher war ein Wechselwille nur schwach ausgeprägt. Dies wird auch in dem Umstand begründet sein, dass die Zweite Sparkasse von Kunden als vollwertiges Bankinstitut wahrgenommen wird. Die Angst, die Namensgebung dieser Bank könnte eine Stigmatisierung auslösen, blieb unberechtigt. Weder durch

745 Vgl. Rifkin [Die empathische Zivilisation 2010], S. 396. 746 ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 288 Kontonummer, Bankomatkartengestaltung, Layout der Unterlagen oder der Corporate Identity der Filialen unterscheidet sich die Zweite Sparkasse von anderen Sparkassen. Knapp 80% der befragten Kunden gaben an, mit keinerlei Nachteilen, ausgelöst durch den Unternehmensnamen der Bank, konfrontiert gewesen zu sein. Die restlichen Nennungen betrafen vorwiegend technische oder organisatorische Hindernisse. Damit ist gleichzeitig eine der allgemeinen Anforderungen der bereits zitierten RL 2014/92/EU an Zahlungsdienstleister erfüllt, da weder Kontonummer noch Kartengestaltung diskriminierend sein dürfen. Bisher wurde die Zweite Sparkasse noch nie medial beworben, sie erscheint öffentlich nur seltenen bei Preisverleihungen oder wenn in Zeitungs- und Fernsehberichten über dieses spezielle Thema berichtet wird. Die EU- Kommission fordert aber die Verstärkung von Kommunikationsmaßnahmen, um hilfsbedürftige Verbraucher besser zu erreichen. Aufgrund des damit einhergehenden steigenden Bekanntheitsgrades kann eine mögliche Stigmatisierung nicht für immer ausgeschlossen werden.

Die optische und organisatorische Nähe zum Sparkassensektor ist vorhanden und gewollt. Als Vereinssparkasse erfüllt die Zweite Sparkasse alle wesentlichen Charakteristika, um auch als vollwertige Nonprofit Organisation definiert werden zu können. Diese Zuordnung kann trotz Abhängigkeit zu ihrem Gründungsunternehmen und ihrer Integration in den Sparkassensektor aufrecht erhalten bleiben. Besonders aus dieser Zugehörigkeit bezieht sie ihre Unabhängigkeit, da durch das Gründungskapital und die laufenden Ausgleichszahlungen für betreute Kunden die sonst so NPO typischen werbewirksamen Spendenaufrufe genauso ausbleiben können, wie der Kampf um Fördergelder. Ob die Zweite Sparkasse als NPO dem dritten Sektor zurechenbar ist, bleibt für sie wirtschaftlich unerheblich, dennoch gibt es eine klare Abgrenzung zu gewinnorientierten Unternehmen. Ein Gewinn wird nicht angestrebt und etwaig erwirtschaftete Überschüsse werden nicht ausgeschüttet, sondern dienen dem Selbstzweck, gleichwohl entsteht aus dem zur Verfügung gestelltem Gründungskapital ein gewisser Grad an Verpflichtung am Markt tätig zu sein und Girokonten zur Verfügung zu stellen. Dem Kapitalgeber gegenüber entstünde zweifelsohne Rechtfertigungsbedarf, wenn kaum Girokonten eröffnet werden würden und sich die wirtschaftliche Erholung langjähriger Kunden in der Breite nicht einstellt.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 289

Die Einbettung in den Sparkassensektor birgt in sich die Gefahr, den Eindruck zu erzeugen, dass Problemkunden aus dem regulären Geschäftsalltag ausgelagert werden und das Institut von der Öffentlichkeit zum „Sozialschmäh“ degradiert wird. Besonders auch, da sie Reparaturarbeit in einem Problemfeld leistet, das in der eigenen Branche überhaupt erst entstanden ist. Zeitgleich hat die de facto Konzernmutter als Bank selbst die Kritik der Kontolosigkeit zu ertragen, die durch die Existenz der Zweite Sparkasse zusätzlich offenbar wurde, da sie Dunkelziffern zu echten Kundendaten werden ließ. Einer kritischen Auseinandersetzung, die meist dann notwendig wird, wenn Nicht- Betroffene darüber zu urteilen versuchen, hält die Zweite Sparkasse durchaus stand und überzeugt mit Kontinuität und der Arbeit im Verborgenen, die vermutlich dann mehr auffiele, wenn sie ungetan bliebe.

Der ursprüngliche Gründungsgedanke der Sparkassen wurde geschichtsbewusst aufgegriffen und in die moderne Zivilisation übertragen. Dieser Beweis an wirtschaftlicher Kreativität kann von eventuell versteckten Hintergrundgedanken, sowie von einem allzu theatralisch eingesetzten Corporate Social Responsibility Kunstgriff frei gesprochen werden. Wie der Vergleich einzelner europäischer Lösungen gezeigt hat, ist dieses Institut in Europa einzigartig und beispielgebend. Die Zweite Sparkasse hat eine, in der übrigen Bankenwelt, unbeliebte Nische mit 8.600 Kunden rasch besetzt und ist dadurch zur Mitsprache und Mitgestaltung der zukünftigen Entwicklung des Rechts auf ein Girokonto legitimiert. Diese Verhandlungen sollten mit staatlichen Autoritäten fordernd aber ohne Protektionismus geführt werden, wobei das Institut selbst Bereitschaft zu Veränderung signalisiert hat und nicht dazu zu neigen scheint, den bisherigen Status unter allen Umständen konservieren zu wollen. Durch die regen öffentlichen Diskussionen wird das Leistungsspektrum des Girokontos der Zweite Sparkasse besser erkannt und es ist stark anzunehmen, dass sich das Konto auch in einer zukünftigen veränderten Situation mit Zusatzleistungen, wie einer kostenlosen Unfallversicherung und anderen Begünstigungen, noch von anderen Angeboten abheben wird. Dies ist besonders dann der Fall, wenn andere Banken die rechtliche Verpflichtung Girokonten zu führen, nur in einem gesetzlichen Mindestmaß erfüllen. In dem speziell zugeschnittenen Hilfspaket und der

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 290 Strategie der Zweite Sparkasse ist der Erfolg begründet. Dies konnte nicht nur in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden, sondern wurde auch schon von Bader beschrieben, die mit dem Konto auch einen Einzug von Struktur und Regelmäßigkeit in das Geldleben der Betroffenen feststellte.747 Dabei ist der Erhalt der Bankomatkarte nicht nur Symbol der Zugehörigkeit, sondern auch Sinnbild einer wiedergewonnenen Geschäftsfähigkeit.748

Interview Nr. 24: „Vor allem wie ich die Bankomatkarte bekommen habe, hatte ich das Gefühl wieder normal leben zu können. Das schönste war, damit in Kroatien beheben zu können, wie ein normaler Mensch, das hat mir unglaublich viel Motivation gegeben – ich will, ich muss es schaffen.“

Nach absehbarer Zeit steht dem Kunden ein weiterer Bankwechsel bevor, der insofern genau geregelt sein muss, da Fehler oder eine ausbleibende Zahlungsquote nur schwer wieder zu korrigieren sind. Die Versorgung ehemaliger Kunden ist durch die mögliche Übernahme der Erste Bank Österreich und Sparkassen weitestgehend gewährleistet. Daraus ergibt sich zwar kein Handlungsbedarf, dennoch trifft der Unwille und die Angst des Kunden zu wechseln auf die fehlende Aufforderung es zu tun. Im Zuge des 3- Jahres-Gespräches kann so gut wie kein Kunde ein alternatives Konto vorweisen und in dem Gespräch selbst entstehen meist nur die zwei Szenarien weiterer Verbleib oder sofortiger Wechsel zu einer Partnersparkasse. Zum Abschluss dieser Arbeit wurden allein in Kärnten bereits 586 3-Jahres- Gespräche geführt, wovon 145 Kunden sofort übergeleitet werden konnten.749 Der vorläufige Verbleib der anderen 441 Kunden impliziert dennoch die Frage nach dem richtigen Bedarfszeitpunkt der Gespräche. Aufgrund der Befristung der Kontoführung auf 3 Jahre, die unumgänglich ist und sinnvoll erscheint, ergibt sich die Notwendigkeit zum Ablaufzeitpunkt Gespräche zu führen. Ohne diese gedankliche Basis grundsätzlich zu verlassen, könnten Gespräche situationsabhängig und flexibel gestaltet, sowie an die jeweilige Schuldensituation oder an die Dauer des Verfahrens angepasst werden. Durch

747 Vgl. Bader [Ausweg aus Stigmatisierung und Scham 2011], S. 94f. 748 Vgl. ebenda, S. 87. 749 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014], S. 3.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 291 zielgerichtete Beratungen könnte der administrative und personelle Aufwand reduziert werden. Anbieten würde sich eine Unterscheidung zwischen ordnungsgemäß zahlenden Kunden und Kunden mit verengender Aussicht auf Besserung ihrer Situation. Aufgrund der abgelehnten Zahlungsaufträge wäre die technische Möglichkeit einer Selektion gegeben.

Wie einleitend dargestellt und mit dem Verweis auf die titelgebende Forschungsfrage hat die Zweite Sparkasse das Potential, als Korrektiv gegen Kontolosigkeit zu wirken. Diese Aussage kann zumindest für überschuldete Konsumenten uneingeschränkt gelten, da sich der selbst auferlegte Auftrag im Laufe der Jahre hauptsächlich dahingehend entwickelt hat dieser Zielgruppe zu helfen. Der überwiegende Teil der Empfehlungen zur Kontoeröffnung wird durch Schuldnerberatungen gestellt. Die wirkliche Anzahl kontoloser Bürger kann nicht zweifelsfrei festgestellt werden und die Angaben schwanken in den verschiedenen Annahmen und Studien zwischen 50.000 und 150.000. Bis Ende 2014 hat die Zweite Sparkasse in ganz Österreich über 13.444 Konten eröffnet und jährlich müssen ca. 1.300 neue Kontoverbindungen hinzugerechnet werden. Aufgrund wieder ausscheidender Kunden ergibt sich ein, im Vergleich zu den Anfangsjahren, moderater Nettozuwachs von ca. 250 Kunden jährlich.750 Diese Zahlen in gedankliche Relation mit den geschätzten Werten aller kontolosen Konsumenten gesetzt, ergeben eine nach wie vor große Lücke, vor allem da das Kundenwachstum hauptsächlich aus neu überschuldeten Konsumenten entsteht. Auch wenn es Konsumenten geben möge, die sich bewusst gegen eine Kontoverbindung entschieden haben, führt dieser Zahlenvergleich dennoch zu zwei Überlegungen, entweder waren die geschätzten Daten aus den Umfragen und Studien überbewertet oder durch die Strategie der Zweite Sparkasse wird eine Konsumentengruppe übersehen. Wie in der EU-SILC Studie aus dem Jahr 2008 erhoben wurde und in Tabelle 13 ersichtlich ist, war fast die Hälfte der Konsumenten ohne Girokonto 65 Jahre und älter. Diese größte Gruppe ist gleichzeitig die am wenigsten verschuldete Altersklasse und demnach auch in der Kundenstruktur der Zweite Sparkasse selten vertreten. Ältere Menschen haben, wenn sie nicht überschuldet sind oder von der Caritas begleitet werden, durch das bestehende Kooperationssystem kaum mögliche Bezugspunkte zur Zweite Sparkasse. Eine Kontoeröffnung ohne

750 Vgl. Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2015], S. 2.

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 292 Empfehlung einer Partnerorganisation ist nicht vorgesehen und so wird diese Generation nur schlecht erreicht. Hingegen ist in Frage zu stellen, ob das Thema der Kontolosigkeit mit zunehmendem Alter nicht an Brisanz verliert. Arbeitsplatzsuchende gibt es in dieser Altersklasse so gut wie nicht mehr, monatliche Zahlungen werden seit jeher mittels Zahlschein oder in bar getätigt und die Verlockungen der Konsumwelt im Internet Waren zu beziehen sind geringer. Oftmals entsteht daraus eine freiwillige Kontolosigkeit oder es wird eine bereits vorhandene andere Kontoverbindung im Haushalt als genügend erachtet. Unabhängig des Bedarfs müsste jedenfalls, um auch ältere Menschen zu erreichen, die Liste der Kooperationspartner um weitere Institutionen ergänzt werden. Denkbar wären hier im speziellen Pensionistenverbände, Sozialämter, pensionsauszahlende Stellen und all jene Einrichtungen, durch die eine etwaige Kontolosigkeit erst entdeckt werden kann. Eine begleitende Informationskampagne bei Mitarbeitern dieser Einrichtungen kann die Sensibilität für dieses Thema erhöhen.

7.4 Implikationen für die Forschung und Ausblick

Die Bank für Menschen ohne Bank wurde aus der Überzeugung gegründet, dass die Vergabe eines Girokontos, bei der Bewältigung einer persönlichen Schuldenkrise hilft, Barrieren bei Arbeits- und Wohnungssuche beseitigt, finanzielle Exklusion lindert, soziale Inklusion fördert und den Zugang zu weiteren existenziellen Finanzdienstleistungen gewährleistet. Beweise für die Richtigkeit dieser Annahmen gab es zum Zeitpunkt der Gründung noch nicht, es lagen nur Indizien und Tendenzen aus den Erfahrungen der Schuldnerberatung und wissenschaftlichen Studien vor, die sich mit Teilbereichen dieses Gesamtthemas befasst haben. Die Zweite Sparkasse wurde zum Sammelgebilde aller Problemlagen, die sich als Konsequenz eines kontolosen Lebens für Betroffene und die Gesellschaft ergeben. Um die Wirkungsweise umfangreich und genau zu untersuchen, musste sich diese Arbeit über viele Themenbereiche erstrecken. Eine wissenschaftliche Betrachtung des Institutes in dieser Tragweite gab es nicht und so war es eine besondere Herausforderung, den notwendigen wissenschaftlichen Abstand derart sicherzustellen, dass die vom Verfasser selbst wahrgenommenen Erfahrungen, im Rahmen der eigenen ehrenamtlichen Tätigkeit, das

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 293 Forschungsergebnis nicht beeinflussten. Speziell vorgefestigte Gedanken und eingewurzelte Gewissheiten waren auf den Prüfstand zu stellen und erwiesen sich als nicht immer so sicher, wie bis dato vermutet wurde. Der Vorteil wiederum lag darin, dass ein externer Forscher, mangels Zugang zu Kunden, Daten, Fakten und Zahlen, die Zweite Sparkasse nicht in dieser Tiefe hätte untersuchen können.

Aus dem empirischen Teil ergibt sich ein Erkenntniszuwachs auf praktischer und theoretischer Ebene. Die Ergebnisse der Untersuchung zur Entwicklung und Rückzahlung von Schulden und Überschuldung, auf Basis demographischer Daten, sollen der Erweiterung des bestehenden Theoriesystems dienlich sein. Die Darstellung der Kriterien, die entscheidenden positiven Einfluss auf die Bewältigung der Schuldenkrise haben, dient der praktischen Relevanz. Zusätzliche, für die Praxis anwendbare Erkenntnisse beruhen auf den Erfahrungen der Untersuchungsteilnehmer mit dem Konto der Zweite Sparkasse. Ihre Beschreibungen, über das Ausbleiben einer befürchteten Stigmatisierung, die aufbauenden Reaktionen des gesellschaftlichen Umfeldes, den alltäglichen Gebrauch des Girokontos und die Symbiose mit den einzelnen Kooperationspartnern, bestätigen die Strategie und die bisherige Arbeit der Zweite Sparkasse. Gleichzeitig wurde dadurch auch die Angewiesenheit auf ein Girokonto bekräftigt.

Ein wesentlicher Beitrag dieser Arbeit ist die Bewertung und Einordnung der österreichischen Vergabepraxis von Girokonten in den gesamteuropäischen Kontext. Die unterschiedlichen Ansätze und die ausbleibenden Lösungen der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union führten zu einer Richtlinie, die eine Inkraftsetzung des Rechts auf ein Girokonto von jedem Staat verlangt. Um die Auswirkungen und auch die daraus entstehenden Chancen für die Zweite Sparkasse zu beurteilen, wurde ein umfangreicher direkter Vergleich mit den Anforderungen der Richtlinie und dem Status Quo durchgeführt. Daraus konnten Impulse formuliert werden, wie das Recht auf ein Girokonto umzusetzen wäre, und welche Faktoren außerhalb der Richtlinie zusätzlich Berücksichtigung finden müssen. Die allgemeine Entwicklung nach der Umsetzung und die sich daraus entfaltende Wirkung für Verbraucher werden für

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 294 vielerlei Institutionen von höchster Bedeutung sein. Eine Forschung in diese Richtung muss dadurch nicht mehr ausdrücklich empfohlen werden.

Die Daten, die durch diese Primärforschung erhoben wurden, beziehen sich auf die Kunden der Zweite Sparkasse. Aus der dahinterstehenden Grundgesamtheit von österreichweit 8.600 Kunden, entstammt die erhobene Stichprobe. Nur für diese und zukünftige Kunden können die Aussagen und Interpretationen der Hypothesen vorläufig gelten. Zur Erhöhung des Eigengewichts der empirischen Befunde müsste eine größere Stichprobe untersucht werden. Der Großteil der formulierten Forschungsfragen hingegen hat allgemein gültigen Charakter. Statistische Verfahren bedingen es, zum Zwecke der Auswertbarkeit, Daten zu aggregieren. Vielfach sind die im Alltag erlebten Schilderungen jedoch subjektiv und stark begleitet von dem jeweiligen Verhalten der betroffenen Personen. Der Habitus und der individuelle Auftritt der Betroffenen werden bei Gläubigern, Banken, Vermietern und Arbeitgebern unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Aufgrund der Unzulänglichkeit eines Telefoninterviews ist es auch nicht möglich dieses Verhalten oder bestimmte Charakterzüge einzuschätzen, ebenso kann Emotionalität nur anhand der Stimme abgeleitet werden und nicht durch Beobachtung von Gesten und Mimik. In einer Aggregation verlieren sich diese Hinweise zusätzlich. Durch die ergänzende Darstellung von individuellen Interviewpassagen sollte die Beschreibung des Einzelfalls zumindest teilweise sichtbar bleiben.

Das oftmalige Ausbleiben der Erreichung statistischer Signifikanz einzelner Hypothesen ist nicht zwingend ein Anzeichen auf eine geringe Stichprobengröße, als vielmehr eine Entkräftung zuvor gedachter und die Hypothesenbildung beeinflussender Denkmuster und Strukturen. Ein nicht signifikantes Ergebnis ist kein Beleg für die Gültigkeit der Nullhypothese. Doch durch die deskriptiven Analysen und die Herstellung des Praxisbezuges auf Grund der Aussagen der Interviewteilnehmer erscheinen manche zuvor getroffenen Annahmen in neuem Licht und halten im Ergebnis auch der kritischen Auseinandersetzung stand. So ist der Arbeitsplatz der Betroffenen bei Kündigung des Girokontos, und diese Erkenntnisse sind neu, bei weitem nicht in dem Ausmaß gefährdet wie bisher angenommen wurde. Die Arbeitssuche ohne ein Girokonto gestaltet sich durch Kompensationsstrategien der Bewerber

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 295 nicht als undurchführbar und ein geregeltes, hohes monatliches Einkommen erhöht nicht automatisch die Rückzahlungsfrequenz.

Da jede wissenschaftliche Arbeit an eine wie immer geartete Grenze stößt, und Ergebnisse mitunter auch zusätzliche Fragen aufwerfen, ergibt sich die Empfehlung weiteren Forschungsbedarfs. Die Verantwortung der Überschuldung ist weder allein bei den Kreditgebern noch bei den Schuldnern zu suchen. Die überwiegende Mehrheit der Konsumenten nutzen Kredite und Kontoüberziehungen unproblematisch im Rahmen ihres ökonomischen Handlungsrepertoires. Diese Möglichkeiten aufgrund einer dazu verhältnismäßig kleinen Gruppe an überschuldeten Konsumenten prophylaktisch für alle einzuschränken, wäre überzogen. Beratungsleistung sollte nicht nur Überschuldete fokussieren. Zukünftige Forschungsbemühungen könnten sich auf die Ausarbeitung eines differenzierten Interventionsplanes konzentrieren, der die Wahrscheinlichkeit einer Überschuldung minimiert und an unterschiedlichen Verschuldungsphasen ansetzt. Speziell beim Auftreten lebenskritischer Ereignisse ist der Bedarf dafür am größten und durch gezielte Aufklärung und Unterstützung können gesellschaftliche Resistenzen gegen Überschuldung erhöht werden.

Die Zweite Sparkasse ist ein relativ junges Bankinstitut. Die meisten der befragten Kunden waren noch nicht am Ende ihrer Schuldenbewältigung angekommen und mussten Zahlungspläne noch weitere Jahre erfüllen, um eine endgültige Schuldbefreiung zu erreichen. Deshalb stellt die vorliegende Arbeit in diesem Bereich die Grundlage für breitere Forschungstätigkeit dar, wenn untersucht werden soll, ob Kunden dieses Ziel auch tatsächlich erreichen können und wie sich dann die freien Wirkungskräfte der Bankenlandschaft auf einen rehabilitierten Konsumenten auswirken. Da jeder Betroffene mit grundsätzlich gleichen Problemen während einer Kontolosigkeit konfrontiert ist, kann die Validität und Übertragbarkeit der Interviewreihe, die allein in Kärnten durchgeführt wurde, auf Betroffene außerhalb der Studie als hoch eingeschätzt werden. Mögliche Unterschiede wären in einer bundesländerübergreifenden Studie festzustellen. Von weit größerem Interesse scheint aber der Blick über die Staatengrenze hinaus zu sein. Hier ist vor allem die Frage zu stellen, ob der Einsatz des Konzeptes der Zweite Sparkasse für die europäischen

Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur Reintegration 296 Schlusslichter in der Kontoverfügbarkeit (Rumänien, Bulgarien und Ungarn) eine Verbesserung für die dortige Gesellschaft bewirken könnte.

In den in diesem Abschlusskapitel genannten Bereichen wurde bestehendes Wissen um neue Erkenntnisse erweitert. Mit einem letzten Ausblick soll die Einschätzung naheliegender Evolutionen skizziert werden. Die Weiterentwicklung des Forschungsfeldes wird zukünftig auf anderen Ebenen stattfinden und vermutlich die klassische Bankenwelt verlassen. Vom weltweiten Umbruch, ausgelöst durch neue Technologien, werden die bewährten Geschäftsfelder der Banken nicht unberührt bleiben. Bankfremde Unternehmen haben mitunter bereits Konzessionen erworben und drängen in den Markt der Finanzdienstleistung. Großkonzerne wie Apple oder Google sind kaum an regionale Spezifika gebunden und revolutionieren die Art des Zahlens und die dafür notwendige Kontoverwaltung im globalen Sinne. Kartendaten können auf anderen Medien gespeichert werden und das mobile Bezahlen mittels eines Smartphone oder einer Uhr ersetzt die manuellen Kredit- und Bankomatkartentransaktionen. Auch wenn sich der Kreis der Benutzer zu Beginn auf eine digitale Avantgarde beschränkt, ist mit kontinuierlichem Ausbau der notwendigen Infrastruktur, eine stetige Zunahme dieser Zahlungsvariante zu erwarten. Entstehend aus dieser Innovation sind die Übernahme weiterer Finanzdienstleistungen und ein Eintritt in den Markt für Girokonten nur logische Entwicklungsfolgen. Falls statt einer formellen Kontoeröffnung in einer Bankfiliale nur mehr eine Applikation auf ein mobiles Endgerät geladen werden muss, um die grundsätzlichen Funktionen einer Kontoverwaltung nutzen zu können, ergeben sich beträchtliche tektonische Verwerfungen zwischen der IT- und Bankenbranche. Wenn solche virtuellen Konten nur der Ein- und Auszahlung, sowie der Abwicklung von Zahlungsgeschäften ohne daraus entstehender Kreditgewährung dienen, stellt sich die Frage, in welchem Ausmaß Bonität von neuen Anbietern überhaupt noch überprüft werden wird. Auf der anderen Seite könnte auch die Gefahr entstehen, dass Bonität und Kreditwürdigkeit in einem kollektiven virtuellen Gedächtnis gespeichert wird und bestimmte Konsumentengruppen weiterhin oder in einem erhöhten Maße von Ausschluss bedroht sind. Die geschilderten, absehbaren zukünftigen Entwicklungen entziehen sich noch jeder Beurteilung. Die dominierende Forschungsrichtung ergibt sich aus dem Spielraum zukünftiger Kontroversen.

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ZahlungskontoRL 2014/92 ABl L 2014/257, 214 RL 2014/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.07.2014 über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontoentgelten, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen, ABl L 2014/257, 214.

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Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2012] Zweite Sparkasse: Jahresabschluss 2012. Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse, Wien 2013.

Zweite Sparkasse [Jahresabschluss 2013] Zweite Sparkasse: Jahresabschluss 2013. Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse, Wien 2014.

Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2010] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Mai, Wien 2010.

Zweite Sparkasse [Newsletter 6/2011] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Dezember, Wien 2011.

Zweite Sparkasse [Newsletter 2/2012] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter April, Wien 2012.

Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2013] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Jänner, Wien 2013.

Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2014] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Jänner, Wien 2014.

Zweite Sparkasse [Newsletter 2/2014] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter April, Wien 2014.

Zweite Sparkasse [Newsletter 3/2014] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Oktober, Wien 2014.

Zweite Sparkasse [Newsletter 1/2015] Zweite Sparkasse (Hrsg.): Newsletter Jänner, Wien 2015.

Anhang 313

Anhang 1 – Interviewleitfaden

Telefoninterview Zweite Sparkasse

1. Demographische und interne Daten

1. Interview Nummer 

2. Nationalität

Nationalität

Nationalität 

3. Geschlecht

 M

 W

4. Alter

 Bis 30 Jahre

 Zwischen 30 und 40 Jahre

 Zwischen 40 und 50 Jahre

 Über 50 Jahre

5. Einkommenshöhe netto monatlich

Einkommenshöhe netto monatlich

Einkommenshöhe  netto monatlich

1. Demographische und interne Daten

1. Vermittlung durch welche Partnerorganisation

Vermittlung -- Partnerorganisation

Partnerorganisation 

2. Art der Schuldenregulierung

 Zahlungsplan

 Außergerichtlicher Ausgleich

 Abschöpfungsverfahren

 Keine Schuldenregulierung

 Sonstige

Page 1

Anhang 314

Telefoninterview Zweite Sparkasse 3. Kategorisierung des Kunden nach dem 3 -- Jahresgespräch

Kategorisierung des Kunden

Kategorisierung 

4. Wie ist Ihre derzeitige Wohnsituation?

 Mieter

 Eigentümer

 Bei Eltern

 Bei Lebensgefährte

 Untermiete

 Soziale Einrichtung (Bsp. Frauenhaus, Caritas)

 Sonstige

2. Arbeitsplatz

1. Sind Sie derzeit berufstätig?

 Ja

 Nein

 Im Ruhestand / Pension

 Karenziert

2. War Ihr Arbeitsplatz bei Verlust des Girokontos gefährdet?

 Nein

 Hatte Schwierigkeiten

 Habe meine Anstellung dadurch verloren

 War bereits im Ruhestand / Pension

 War bereits arbeitslos

3. Hatten Sie Schwierigkeiten ohne ein Girokonto eine Anstellung zu finden?

 Ja

 Nein

 Nicht versucht

 Hatte durchgängig eine Anstellung

 War bereits im Ruhestand / Pension

 Sonstiges (bitte angeben)

Page 2

Anhang 315

Telefoninterview Zweite Sparkasse

3. Schulden

1. Wie hoch war Ihr Schuldenstand am Beginn der Schuldenregulierung?

 Weiss ich nicht

 Ich hatte keine Schuldenregulierung

 Möchte keine Auskunft geben

 Schuldenstand in Euro

2. Wie hoch sind Ihre aktuellen Schulden?

 Weiss ich nicht

 Bin schuldenfrei

 Möchte keine Auskunft geben

 Aktuelle Schulden in Euro

3. Haben Sie in den letzten 3 Jahren neue Schulden gemacht?

 Ja

 Nein

 Möchte keine Auskunft geben

Schuldenzweck

4. Haben Sie einen Negativvermerk in der Kleinkreditevidenz (des Kreditschutzverbandes KSV)?

 Ja habe ich

 Nein habe ich nicht

 Weiss nicht, was das ist

4. Das Girokonto und die Rolle der "Zweite Sparkasse"

1. Hat ihre damalige Hausbank Ihr Girokonto bei Bekanntwerden des Schuldenregulierungsverfahrens geschlossen?

 Ja

 Nein

Begründung

Page 3

Anhang 316

Telefoninterview Zweite Sparkasse

1. Hatten Sie danach Probleme eine neue Kontoverbindung zu finden?

 Ja

 Nein

 Nicht versucht

 War dann gleich bei der Zweite Sparkasse

 Begründung bei Ablehnung Kontoführung

2. Sie haben oder hatten ein Girokonto bei der Zweite Sparkasse. Wurden Sie deshalb in einer der folgenden Lebenssituationen benachteiligt?

 Am Arbeitsplatz

 Bei Stromanbietern

 Bei Telefonanbietern

 Im Bekanntenkreis

 Bei Zahlungsvorgängen

 Bei öffentlichen Ämtern

 Bei Vermietern

 Sonstiges (bitte angeben)

4. Das Girokonto und die Rolle der "Zweite Sparkasse"

1. Denken Sie, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schuldensituation behilflich sein konnte?

 sehr stark

 etwas

 kaum

 eher nicht

 gar nicht

Page 4

Anhang 317

Telefoninterview Zweite Sparkasse 2. Würden Sie gerne bei der Kärntner Sparkasse ein Konto eröffnen?

 Ja

 Nein

 Bin bereits Kunde der Kärntner Sparkasse

3. Haben Sie versucht bei einer anderen Bank (nicht Sparkasse) kurz vor oder nach dem 3--Jahresgespräch ein Girokonto zu eröffnen?

 Ja ich habe es versucht und erhalten

 Ja ich habe es versucht und nicht erhalten

 Nein

 Kein Interesse

5. Wirtschaftliche Erholung

1. Stand Ihnen bei der Bewältigung Ihrer finanziellen Erholung etwas im Weg?

 Zu geringes Einkommen

 Nicht konsequent die Vereinbarungen eingehalten

 Neue Schulden gemacht

 Job verloren in dieser Zeit

 Unterhaltszahlungen

 Fehler liegt bei Gericht, öffentlichen Ämtern...

 Probleme im Familienkreis

 Krankheit

 Sonstiges (bitte angeben)

Page 5

Anhang 318

Telefoninterview Zweite Sparkasse 2. Wer oder was hat Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schulden maßgeblich geholfen?

 Bevorrechtete Schuldnerberatung Kärnten

 Caritas Verband Kärnten

 ARGE Sozial Villach

 Schuldnerberatung Magistrat Klagenfurt

 Zweite Sparkasse

 AMS

 Familie

 Freunde

 Sonstiges (bitte angeben)

3. Haben Sie Angst Ihre Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten, wenn Sie Ihr Girokonto nicht mehr bei der Zweite Sparkasse führen?

 Ja

 Nein

 Kann ich nicht einschätzen

4. Glauben Sie, dass eine Befristung des Kontos auf 3 Jahre für Ihre finanzielle Situation ausreichend ist?

 ausreichend

 nicht ausreichend

 Befristung spielt keine Rolle

Sonstiges (bitte angeben)

5. Was würden Sie heute anders machen? 

Page 6

Anhang 319 Anhang 2 – Detailergebnisse der Interviews

Demographische Daten

Nationalität

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Österreich 49 80,3 80,3 80,3 Serbien 2 3,3 3,3 83,6 Bosnien/Herzegowina 1 1,6 1,6 85,2 Kroatien 2 3,3 3,3 88,5 Deutschland 2 3,3 3,3 91,8 sonstige 5 8,2 8,2 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Geschlecht

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig männlich 42 68,9 68,9 68,9 weiblich 19 31,1 31,1 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Alter

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig bis 30 Jahre 4 6,6 6,6 6,6 Zwischen 30 und 40 Jahre 15 24,6 24,6 31,1 Zwischen 40 und 50 Jahre 22 36,1 36,1 67,2 über 50 Jahre 20 32,8 32,8 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 320

Einkommenshöhe netto monatlich

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig bis € 500 2 3,3 3,3 3,3 € 500 - € 1.000 29 47,5 47,5 50,8 € 1.000 - € 1.500 22 36,1 36,1 86,9 über € 2.000 8 13,1 13,1 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Vermittlung durch welche Partnerorganisation

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Bevorrechtete 53 86,9 86,9 86,9 Schuldnerberatung Kärnten

Caritas Verband Kärnten 5 8,2 8,2 95,1 Schuldnerberatung Magistrat 1 1,6 1,6 96,7 Klagenfurt Sonstige 2 3,3 3,3 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Art der Schuldenregulierung

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Zahlungsplan 34 55,7 55,7 55,7 Außergerichtlicher Ausgleich 6 9,8 9,8 65,6 Abschöpfungsverfahren 11 18,0 18,0 83,6

Keine Schuldenregulierung 9 14,8 14,8 98,4 Sonstige 1 1,6 1,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 321

Kategorisierung des Kunden nach dem 3-Jahres-Gespräch

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig A 19 31,1 31,1 31,1 B 27 44,3 44,3 75,4 C 15 24,6 24,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Wie ist ihre derzeitige Wohnsituation?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Mieter 45 73,8 73,8 73,8 bei Eltern 2 3,3 3,3 77,0 bei Lebensgefährte 11 18,0 18,0 95,1 Untermiete 1 1,6 1,6 96,7 Soziale Einrichtung 1 1,6 1,6 98,4 Sonstige 1 1,6 1,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Arbeitsplatz

Sind Sie derzeit berufstätig?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 29 47,5 47,5 47,5 Nein 14 23,0 23,0 70,5 Im Ruhestand / Pension 15 24,6 24,6 95,1 Karenziert 3 4,9 4,9 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 322

War Ihr Arbeitsplatz bei Verlust des Girokontos gefährdet?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Nein 32 52,5 52,5 52,5 Hatte Schwierigkeiten 7 11,5 11,5 63,9 War bereits im Ruhestand / 11 18,0 18,0 82,0 Pension war bereits arbeitslos 11 18,0 18,0 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Hatten Sie Schwierigkeiten ohne ein Girokonto eine Anstellung zu finden?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 5 8,2 8,2 8,2 Nein 4 6,6 6,6 14,8 Nicht versucht 16 26,2 26,2 41,0 Hatte durchgängig eine 20 32,8 32,8 73,8 Anstellung War bereits im Ruhestand / 11 18,0 18,0 91,8 Pension Sonstiges 5 8,2 8,2 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Schulden

Wie hoch war ihr Schuldenstand am Beginn der Schuldenregulierung?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Schuldenstand in Euro 40 65,6 65,6 65,6 Weiss ich nicht 12 19,7 19,7 85,2 Ich hatte keine 6 9,8 9,8 95,1 Schuldenregulierung Möchte keine Auskunft 3 4,9 4,9 100,0 geben Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 323

Wie hoch sind Ihre aktuelle Schulden?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Aktuelle Schulden in Euro 27 44,3 44,3 44,3 Weiss ich nicht 19 31,1 31,1 75,4 bin schuldenfrei 8 13,1 13,1 88,5 möchte keine Auskunft 7 11,5 11,5 100,0 geben Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Haben Sie in den letzten 3 Jahren neue Schulden gemacht?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 4 6,6 6,6 6,6

Nein 55 90,2 90,2 96,7 Möchte keine Auskunft 2 3,3 3,3 100,0 geben Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Haben Sie einen Negativvermerk in der Kleinkreditevidenz (des Kreditschutzverbandes KSV)?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja habe ich 30 49,2 49,2 49,2 Nein habe ich nicht 8 13,1 13,1 62,3 Weiss nicht, was das ist 23 37,7 37,7 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Das Girokonto und die Rolle der „Zweite Sparkasse“

Hat ihre damalige Hausbank Ihr Girokonto bei Bekanntwerden des Schuldenregulierungsverfahrens geschlossen?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 44 72,1 72,1 72,1 Nein 17 27,9 27,9 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 324

Hatten Sie danach Probleme eine neue Kontoverbindung zu finden?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 21 34,4 34,4 34,4 Nein 6 9,8 9,8 44,3 Nicht versucht 16 26,2 26,2 70,5 war dann gleich bei der 18 29,5 29,5 100,0 Zweite Sparkasse Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Sie haben oder hatten ein Girokonto bei der Zweite Sparkasse. Wurden Sie deshalb in einer der folgenden Lebenssituationen benachteiligt?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Sonstiges 9 14,8 14,8 14,8 Nein 48 78,7 78,7 93,4 Am Arbeitsplatz 1 1,6 1,6 95,1 Bei Stromanbietern 1 1,6 1,6 96,7 Bei Telefonanbietern 1 1,6 1,6 98,4 Im Bekanntenkreis 1 1,6 1,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Denken Sie, dass das Gesamtpaket der Zweite Sparkasse Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schuldensituation behilflich sein konnte?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig sehr stark 32 52,5 52,5 52,5 etwas 23 37,7 37,7 90,2 kaum 5 8,2 8,2 98,4 eher nicht 1 1,6 1,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 325

Würden Sie gerne bei der Kärntner Sparkasse ein Konto eröffnen?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 45 73,8 73,8 73,8 Nein 5 8,2 8,2 82,0 Bin bereits Kunde der 11 18,0 18,0 100,0 Kärntner Sparkasse Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Haben Sie versucht bei einer anderen Bank (nicht Sparkasse) kurz vor oder nach dem 3-Jahres- Gespräch ein Girokonto zu eröffnen?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja ich habe es versucht und 2 3,3 3,3 3,3 erhalten Ja ich habe es versucht und 3 4,9 4,9 8,2 nicht erhalten Nein 51 83,6 83,6 91,8 Kein Interesse 5 8,2 8,2 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Wirtschaftliche Erholung

Stand Ihnen bei der Bewältigung Ihrer finanziellen Erholung etwas im Weg?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Zu geringes Einkommen 6 9,8 9,8 9,8 Neue Schulden gemacht 1 1,6 1,6 11,5 Job verloren 10 16,4 16,4 27,9 Unterhaltszahlungen 3 4,9 4,9 32,8 Fehler liegt bei Gericht 2 3,3 3,3 36,1 öffentlichen Ämtern Probleme im Familienkreis 3 4,9 4,9 41,0 Krankheit 8 13,1 13,1 54,1 Nein 28 45,9 45,9 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 326

Wer oder was hat Ihnen bei der Bewältigung Ihrer Schulden maßgeblich geholfen?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Bevorrechtete 22 36,1 36,1 36,1 Schuldnerberatung Kärnten Caritas Verband Kärnten 3 4,9 4,9 41,0 Zweite Sparkasse 9 14,8 14,8 55,7 AMS 2 3,3 3,3 59,0 Familie 9 14,8 14,8 73,8 Freunde 3 4,9 4,9 78,7 Ich habe mir selbst geholfen 13 21,3 21,3 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Haben Sie Angst Ihre Schuldenrückzahlung könnte in Gefahr geraten, wenn Sie Ihr Girokonto nicht mehr bei der Zweite Sparkasse führen?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig Ja 16 26,2 26,2 26,2 Nein 30 49,2 49,2 75,4 Kann ich nicht einschätzen 15 24,6 24,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Glauben Sie, dass eine Befristung des Kontos auf 3 Jahre für ihre finanzielle Situation ausreichend ist?

Kumulative Häufigkeit Prozent Gültige Prozent Prozente Gültig ausreichend 15 24,6 24,6 24,6 nicht ausreichend 31 50,8 50,8 75,4 Befristung spielt keine Rolle 15 24,6 24,6 100,0 Gesamtsumme 61 100,0 100,0

Anhang 327 Anhang 3 – Autorisierung Zweite Sparkasse

Von: Ruprecht Gerhard 0395 EB Datum: 19. Februar 2015 09:28:30 MEZ An: Botscharow Alexander 154 409 Kopie: Hayden Evelyn 0309 EB Betreff: Dissertation Zweite Sparkasse

Sehr geehrter Herr Botscharow, ich bestätige Ihnen, dass Sie mit Frau Dr. Evelyn Hayden und mir als Vorständen der „Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse“ in einem ausführlichen Gespräch am 18.2.2015 die Ergebnisse ihrer Dissertation zum Thema „Die Zweite Sparkasse als Korrektiv gegen Kontolosigkeit und Chance zur wirtschaftlichen Reintegration in den Kreislauf des Geldes“ ausführlich besprochen haben. Die in Ihrer Arbeit enthaltenen Daten über die Zweite Sparkasse geben wir hiermit frei.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Gerhard Ruprecht Die Zweite Wiener Vereins-Sparcasse 1020 Wien, Glockengasse 3 Telefon: +43 (0)5 0100 - 11281 Fax: +43 (0)5 0100 9 - 11281 Mobil: +43 (0)5 0100 6 - 11281 mailto:[email protected] [http://www.diezweitesparkasse.at

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