Die Pragmatische Sanktion Von 554 N. Chr. Studien Zur Italienpolitik
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Die Pragmatische Sanktion von 554 n. Chr. Studien zur Italienpolitik Justinians von Matthias Pöppel Gutachter (Betreuer): Prof. Dr. Peter Herz Gutachter: Prof. Dr. Andreas Merkt Pöppel, Matthias: Die Pragmatische Sanktion von 554 n. Chr.. Studien zur Italienpolitik Justinians / Matthias Pöppel. – Abensberg Die Arbeit wurde im Jahr 2016 von der Fakultät für Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften der Universität Regensburg als Dissertation angenommen. D355 © Publikationsserver Universität Regensburg 2016 Inhaltsverzeichnis Einleitung S. 5 1 Die historischen Rahmenbedingungen 1.1 Der Gotenkrieg S. 8 1.2 Die Zeit von 553 bis zur Schlacht von Capua 554 S. 26 1.3 Der Zustand Italiens S. 41 2 Allgemeines zur Pragmatischen Sanktion (PS) von 554 2.1 Die Vorläufer S. 53 2.2 Die Überlieferung S. 67 2.3 Die Authentizität der PS S. 76 2.4 Juristische Einordnung S. 85 2.5 Zusammenfassung und Schilderung des Blickwinkels S. 98 3 Die einzelnen capita S. 100 3.1 Die Gültigkeit der Beschlüsse der Ostgotenherrscher S. 101 3.2 Rechts-, Eigentums- und Vertragsfragen S. 113 3.3 Steuer S. 163 3.4 Verwaltungsverfügungen S. 195 Résumé S. 212 Abkürzungsverzeichnis S. 222 Quellenverzeichnis S. 223 Literaturverzeichnis S. 225 Indices S. 248 5 Einleitung Ursprünglich sollte in dieser Dissertation die Pragmatische Sanktion von 554 nur in einem Teilbereich zum Tragen kommen, weil sie ein Dokument aus genau der Zeitspanne und regionalen Relevanz war, die für meine ursprüngliche Arbeit angedacht war. Bei den mich beschäftigenden Fragen empfand ich die Literaturlage jedoch bald zum einen als unbefriedigend, zum anderen als zu stark zersplittert in historische und juristische Werke. Diese zusammenzuführen und möglichst zu erweitern bildete den Anstoß zu den hier vorliegenden Untersuchungen. Der Verfasser dieser Arbeit hat sich selbst um eine Übersetzung aus dem Lateinischen bemüht, nicht etwa, um die Leistungen der Vorgänger durch etwas Besseres zu ersetzen, sondern allein, um mit dem Text in näheren persönlichen Kontakt zu kommen. Als weitere Arbeitsgrundlage wurden ausschließlich deutsch- und englischsprachige Übersetzungen benutzt: Die älteste Übertragung erstellte Robert Schneider, der 1833 - im Rahmen der deutschsprachigen Ausgabe des Corpus Iuris Civilis unter Otto, Schilling und Sintenis - die Übersetzung des zweiten Teils der Novellen, einschließlich der Edikte und der PS von 554, besorgt hat. Nicht vorbeizukommen war an Fred H. Blume, der bei seiner Übersetzung ins Englische ebenfalls Schneiders Vorarbeit verwendet hatte. Blumes Arbeit am CIC (bis 1943) muss generell beeindrucken. Neben deren beiden Übersetzungen leisteten ihre angefügten Anmerkungen, obwohl knapp gehalten, dennoch wertvolle Hilfestellung. 6 Wenige Autoren erheben den Anspruch einer umfassenden Behandlung der Pragmatischen Sanktion pro petitione Vigilii.1 Zu nennen sind hierbei Pescani (1966), Archi (1981), Härtel (1976 und 1985), Pilara (2009) und Cellurale (2011). Ausführlich gingen - meines Dafürhaltens - dabei allein Archi und daneben auch Pilara zu Werke. Angekündigt ist für die jetzige Zeit eine englische Übersetzung mit Kommentar von Massimiliano Vitiello, die aber bei Beendigung dieser Dissertation leider noch nicht erschienen ist. Darüber hinaus nahmen sich eine ansehnliche Anzahl von Autoren die PS in Teilbereichen vor. Es gab dabei in den letzten 200 Jahren durchaus Schwankungen im Interesse an diesem Text: Eine erstmalige Behandlung erfolgte zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Biener (1824) mit seinem Standardwerk „Geschichte der Novellen Justinians“. Mit Hänel begann 1873 eine weitere stärkere Auseinandersetzung. Ihm nachfolgend erfuhr die PS eine noch ausführlichere Behandlung im Umfeld der Mommsen’schen Edition römischer Rechtsquellen, vor allem dann durch Karlowa (1885/1901), Krüger (1888) und Conrat (1891). Auch Hartmann (1897) wirft einen genauen Blick auf die Pragmatica Sanctio. Nach einer Lücke bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts wird das Thema wieder von Wenger (1953) und Schönbauer (1954) aufgenommen, mit steigendem Interesse ab den 1970 er Jahren: Besonders Wesener (1974), aber auch Liebs (1987) sind zu nennen. In jüngster Zeit beeindruckt Kaiser mit seinen Ausführungen in den Jahren 2004 und 2007. Daneben fühlten sich viele Autoren bewogen, in ihren historischen Abhandlungen, die im selben Zeitabschnitt und Bereich der PS handeln, zumindest einen oder mehrere Sätze, meist auch mit einem Gesamturteil, abzugeben, mit entsprechend unterschiedlicher Sichtweise und auch Qualität. Aber auch darin sind, neben manchen weniger hilfreichen, durchaus auch wertvolle Hinweise und Gedanken zu finden. 1 Oft so genannt, entsprechend ihrer Anfangsworte, siehe Schneider S. 830. 7 Das Ziel der Arbeit ist die Beantwortung folgender Fragen: - Was waren die Prioritäten der kaiserlichen Verwaltung? - Wie fanden diese Kernanliegen Eingang in den Text? - Mit welcher Gewichtung wurden sie in der PS versehen? - Was lässt sich aus diesen auf die inneren Zustände in Italien schließen? - Welche Interessengruppen waren am inhaltlichen Zustandekommen beteiligt und welchen konkreten Nutzen versprachen sie sich daraus? Folgendermaßen wird dabei vorgegangen: In einer Kurzfassung werden zuerst die historischen Rahmenbedingungen vorgestellt, damit das Hintergrundwissen des Lesers aufgefrischt werde. Danach wird ein Überblick über die justinianischen Vorgänger und die Überlieferung gegeben und, was eine pragmatische Sanktion in juristischer Hinsicht ausmacht. Im Hauptteil sind die Kapitel nach Sachbereichen gegliedert. Jedes Kapitel wird einzeln abgehandelt, was die bisherige Literatur bis jetzt schuldig geblieben ist. Dabei wird zusammengefasst, um was es - meiner Auffassung nach - jeweils in der Hauptsache geht. Zusätzlich werden, wo es zum allgemeinen Verständnis nötig erscheint, Erläuterungen zu einzelnen Aspekten gegeben. Schließlich wird der Versuch unternommen, zu einem Urteil zu kommen in Bezug auf die hierin festgemachten Zielrichtungen und aus ihrer Summe schließlich im Resumée die Kernanliegen zu extrahieren. 8 1 Die historischen Rahmenbedingungen 1.1 Der Gotenkrieg Die Vorgeschichte der Gotenkriege (489- 535 n. Chr.) Die Ostgoten hatten 451 an der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern auf Seiten der Hunnen teilgenommen. Nach dem Zusammenbruch der Hunnenherrschaft, ab Mitte der 450er Jahre, waren sie in Pannonien (und auch in Teilen Thrakiens) ohne reale Oberherren. Ihre Reichsgründung dort von 456/57 bis 473 erwies sich, vor allem wirtschaftlich, als so wenig solide, dass sie von römischen Jahrgeldern, den consueta dona, abhängig wurden. Dabei erstritten sie sich ihren notwendigen Geldbedarf anfangs und dann immer auf dieselbe Weise: Der „Vorreiter“ Valamir, „Oberkönig“ über drei gotische „Teilkantone“ entfachte einfach 459 einen Aufstand, sozusagen zur Zahlungsermunterung. Bei Vertragsabschluss, nach Ende des Aufstandes, kam der kleine Amale Theoderich (451, bzw. 456 geboren) ab 459/60 für ein ganzes Jahrzehnt als Geisel nach Konstantinopel, auch um bleibend in der Kaiserstadt geprägt zu werden. Die Ostgoten blieben weiterhin ein Ärgernis für beide römische Reichsteile, wenngleich mit allmählich deutlich geringerer Wirkkraft. Diese gotische Schwächephase versuchte Kaiser Leon I. (457-474) nun zu ihrer endgültigen Vernichtung zu nutzen. Im Donauraum formte er eine antigotische Kriegsallianz, die aber 469 kläglich scheiterte. Leon machte mit seinem Heer kehrt und entließ Theoderich mit reichen Gaben in die Heimat, um wenigstens für Unruhe in der gotischen Führungsetage zu sorgen.2 Theoderich (471-526), später der Große genannt, übernahm heimgekehrt sein zustehendes Drittel des gotischen Herrschaftsgebietes. Er erweiterte es um die Gegend um das heutige Belgrad, indem er auf Einladung Konstantinopels hin den Sarmatenkönig Babai 470/71 schlug. Dennoch favorisierte man in Konstantinopel den, bei den thrakischen Goten herrschenden, gleichnamigen Theoderich Strabo, der die siebenfache Summe an 2 Wolfram S. 259-65. 9 Geldern, verglichen mit den pannonischen Goten, bekam. In den Folgejahren löste sich das pannonische Ostgotenreich auf: Teile des Stammes zogen in die Richtung der Westgoten und nach Italien, um dort geschlagen zu werden; der Großteil jedoch setzte sich unter Theoderich d. Gr. 474-76 erst nach Makedonien und dann nach Niedermösien ab. Die Jahre danach zeichneten sich zum einen durch fortdauernde oströmisch-gotische Reibereien aus und zum anderen durch die ständige Rivalität der beiden Theoderiche, von denen jeder das (ost)gotische Königtum zu monopolisieren suchte. Entschieden wurde dieser Streit erst durch den Tod Theoderich Strabos 481, dessen Nachfolger Rekitach sich nicht halten konnte. Dies führte zu einem Verschmelzen der pannonischen Ostgoten mit den thrakischen Goten unter dem Amalen Theoderich. Vom Rivalen befreit übernahm Theoderich sogleich die bewährten Methoden des Vorgängers und suchte mit Angriffen 483 und 486/87 den Geldbeutel Kaiser Zenons (474-75/476-91) zu öffnen.3 Die Gotengefahr blieb also latent für Ostrom, bis man den Ostgotenkönig 488 dazu überreden konnte, sein Volk nach Italien zu führen, um den dort seit 476 herrschenden Skiren Odoaker herauszufordern und die Herrschaft im Namen des Kaisers zu übernehmen. Dieser hatte schon immer ein schwieriges Verhältnis zu Konstantinopel gehabt; die Dinge hatten sich aber nach 486/7 noch kompliziert: Der Skire hatte eine Rebellion der Rugier in Noricum niedergeschlagen und dabei ihr Reich zerstört. Dessen Herrscherpaar war dabei umgekommen. Ein Teil der Rugier unter Friedrich, der