BAUSTEINE

„Evakuiert“ und „Unbekannt verzogen“

Die Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern 1941 bis 1945

Historische Einführung Medien- und Literaturhinweise Didaktische und methodische Impulse Regionale und örtliche Dokumentationen

erstellt in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen Baden-Württemberg und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit

1 Herausgeberin

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (LpB) in Zusammenarbeit mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Gedenkstätteninitiativen Baden-Württemberg und der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Stuttgart (CJZ)

Autoren/Recherche und Zusammenstellung

Helmut Gabeli Alfred Hagemann Florian Stiber Antoine Greffier

Redaktion

Alfred Hagemann Konrad Pflug, LpB

Ein besonderer Dank gilt Frau Rachel Dror, Herrn Pfarrer Nordmann (CJZ), Frau Sabrina Krone und Frau Claudia Barth (Stiftung Geißstraße 7) für die Unterstützung bei der Recher- che sowie Frau Dr. Dirsch vom Staatsarchiv Ludwigsburg, Herrn Dr. Roland Müller vom Stadtarchiv Stuttgart und Frau Katharina Schmid bei der Fotobeschaffung.

Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg Referat Gedenkstättenarbeit Paulinenstraße 44-46 70178 Stuttgart

Eine online-Fassung finden Sie unter www.lpb.bwue.de/publikat/baustein.htm oder http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/publikationen/baustein.htm

Stuttgart, Oktober 2002 2. überarbeitete Auflage

Titelbild: Koffer von Deportierten im Sammellager Killesberg in Stuttgart. (Standbild aus dem Dokumentarfilm „Deportation der Stuttgarter Juden“, Quelle und Bezug: Landesmedienzentrum Baden-Württemberg, s. S. 31).

2 Vorwort

Nachdem die badischen Juden bereits am 22. Oktober 1940 aus ihrer Heimat in das Lager Gurs nach Frankreich deportiert worden waren, setzte auch in Württemberg im Spätjahr 1941 die völlige Ent- rechtung der jüdischen Menschen ein. Unter der Vorspiegelung einer „Ansiedlung“ oder eines „Ar- beitseinsatzes im Osten“ wurden sie zwangsweise ausgebürgert, um alles Hab und Gut gebracht mit Ausnahme des Wenigen, das sie mitführen durften, und deportiert. Am Ende stand der Tod durch An- strengung und Auszehrung, unmenschliche Unterbringungs- wie Arbeitsbedingungen und vorsätzli- chen Mord.

Am 1. Dezember 1941 verließ der erste Transport den Stuttgarter Nordbahnhof. Wir müssen uns auch noch heute - und gerade nach den öffentlichen Diskussionen im Frühjahr 2002 - dieses Datums und Ereignisses erinnern. Wir müssen fragen, wie es dazu kam, wie viele daran mitwirkten und wie viele einfach wegsahen; fragen, damit sich solches nie mehr wiederhole.

Die Landeszentrale für politische Bildung legt in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Christlich- jüdische Zusammenarbeit Stuttgart und der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Ge- denkstätteninitiativen diesen kleinen Materialband vor. Er soll eine Hilfe sein bei der Behandlung dieses dunklen Kapitels unserer Geschichte im Schulunterricht wie in der Jugend- und Erwachsenen- bildung. Eine Einführung in die geschichtliche Situation fasst die Fakten und den Ablauf des Gesche- hens zusammen. In einem weiteren Abschnitt werden didaktische Anregungen und Vorschläge gege- ben und in einem Materialteil auf die zum Thema vorhandenen Publikationen und Medien verwiesen.

Mit einer Erhebung bei den Verwaltungen der Orte, an denen es früher jüdische Gemeinden gab, wur- de eine Sammlung der örtlichen Zeugnisse und Literatur über die Verfolgung und Vertreibung der Juden zusammengestellt.

An zahlreichen Orten im Land gedachte man im November und Dezember 2001 der Ereignisse und der Opfer .. In Riga wurde durch das "Deutsche Riga-Komitee" am Erschießungs- und Begräbnisort im Bikernieki-Wäldchen ein Denk- und Mahnmal mit den Namen der vielen tausend bekannten Opfer eingeweiht.

Stuttgarter Bürger und Institutionen verstärkten aus dem Anlass ihre Bemühungen, am Deportations- gleis auf dem Stuttgarter Nordbahnhofsgelände eine Gedenkstätte einzurichten. Obwohl städtisch ini- tiiert, wird sie landesweite Bedeutung haben. Mit den heute bereits vorliegenden Ergebnissen des Gestaltungswettbewerbs ist auch dieses Unternehmen auf einem guten Weg.

Die Gedenkveranstaltungen, das große Interesse an dieser Publikation wie auch das Gedenkstätten- projekt zeigen, dass man sich vielerorts der schweren Erinnerung an die Opfer und an eine noch nicht allzu ferne Vergangenheit gestellt hat und stellt. Dafür sind wir den Initiativen, Organisatoren, unseren Autoren wie auch allen, die mit dieser Arbeitshilfe ebenfalls an der Erinnerung mitwirken wollen, sehr dankbar.

Stuttgart, 20. Juli 2002

Siegfried Schiele Konrad Pflug Direktor Gedenkstättenarbeit

3 Inhalt

Vorwort 3

„Evakuiert“ und „Unbekannt verzogen“ Die Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern 1941 - 1945 5 Helmut Gabeli

Erinnern und Gedenken heute 15 Konrad Pflug

Didaktische Impulse 17 Alfred Hagemann

Texte und Materialien 19 Zusammenstellung: Helmut Gabeli, Alfred Hagemann

Medien- und Literaturauswahl 30 Zusammenstellung: Helmut Gabeli, Alfred Hagemann

Links 32

Literaturverzeichnisse Allgemeine Literatur 32 Örtliche Literatur 33

4 1. „Evakuiert“ und „Unbekannt verzogen“ Die Deportation der Juden aus Württemberg und Hohenzollern 1941 bis 1945

„Evakuiert“ und „Unbekannt verzogen“ umschreiben in der NS-Verwaltungssprache verharmlosend den Beginn der „Endlösung der Judenfrage“, an deren Ende der industrialisierte Massenmord an Tau- senden jüdischer Männer, Frauen und Kinder stehen wird. Für viele Juden Deutschlands beginnt der Weg in die Vernichtung auch in den Gemeinden ihrer württembergischen und hohenzollerischen Hei- mat.

Die Ausgrenzung und Entrechtung der Juden

In Württemberg und Hohenzollern leben zu Anfang des 20. Jahrhunderts seit Jahrhunderten Christen und Juden ganz überwiegend ohne größere Reibungen neben- und miteinander. Das ändert sich von Grund auf, als am 30. Januar 1933 die Nationalsozialisten an die Macht gelangen. Sie beginnen unver- züglich, ihre judenfeindlichen Absichten zu verwirklichen. Die Machtübernahme und die darauf fol- genden Aktionen sind besonders für die nationaldeutsch gesinnten Juden ein schwerer Schock. Der wachsende Antisemitismus der Weimarer Republik war zwar beunruhigend, doch die Mehrheit der Juden glaubt, mit Appellen an Menschlichkeit, Vernunft und Gerechtigkeitssinn der Mitmenschen der Verleumdungs- und Hasskampagne entgegenwirken zu können. Die Nazis setzen jedoch ihren Kampf gegen die angeblich rassenfremde jüdische Bevölkerung fort. Die gleichgeschalteten Massenmedien Presse und Rundfunk werden hoch wirksame Werkzeuge der Hetzpropaganda.1 „Die Juden sind unser Unglück, „Sie haben aus Deutschland zu verschwinden“ ist tagtäglich zu lesen und zu hören.

Die antijüdischen Aktionen beginnen mit dem Aufruf zum Boykott der jüdischen Geschäfte am 1. April 1933. Das Gesetz zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entfernt die „nicht-arischen“ Beamten aus dem Staatsdienst, sofern sie nicht „Frontkämpfer“ im Ersten Weltkrieg waren. Willkürli- che Verhaftungen und Misshandlungen sind an der Tagesordnung. Systematisch werden die Juden aus dem öffentlichen Leben und aus der Wirtschaft verdrängt.

Am 15. September 1935 werden auf dem Reichsparteitag die „Nürnberger Gesetze“ verkündet, mit denen die Juden endgültig aus der Lebensgemeinschaft des deutschen Volkes ausgestoßen werden : Das „Blutschutzgesetz“ verbietet die Eheschließung sowie den außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen „Deutschblütigen“ und Juden. Das „Reichsbürgergesetz“ verleiht lediglich den „Ariern“ den Rechtsstatus eines Reichsbürgers, die Juden behalten nur die Staatsangehörigkeit. Sie verlieren alle bürgerlichen Ehrenrechte und unterliegen damit einer Art Fremdenrecht. Das Gesetz enthält genaue Begriffsdefinitionen: Jude ist, wer von drei jüdischen Großelternteilen abstammt, als Mischlinge I. Grades gelten alle Personen, die zwei jüdische Großelternteile haben, Mischlinge II. Grades sind Per- sonen mit einem jüdischen Großelternteil. Das „Reichsbürgergesetz“ und vor allem die hierzu ergan- genen Verordnungen werden zum Instrumentarium der völligen Ausschaltung der Juden aus dem ge- sellschaftlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und rechtlichen Leben. Sie werden isoliert und zu Men- schen zweiter Klasse gestempelt.

Besonders die jüdischen Kinder, die nichtjüdische Schulen besuchen, werden seit 1933 diskriminiert und diffamiert, von Lehrern und Mitschülern gequält, schikaniert und benachteiligt. Die Reichsver- tretung der Juden in Deutschland und später deren Rechtsnachfolgerin, die Reichsvereinigung, baut daher ein möglichst dichtes Netz jüdischer Schulen auf. In Württemberg bestehen 1933 noch in But- tenhausen und Rexingen öffentliche israelitische Volksschulen. Sie werden in Privatschulen umge- wandelt. 1937 gibt es in Württemberg in 15 Orten private jüdische Schulen: Bad Buchau, Bad Mer- gentheim, Baisingen, Braunsbach, Buttenhausen, Creglingen, Freudental, Göppingen, Heilbronn, Laupheim, Niederstetten, Öhringen, Rexingen, Stuttgart und Ulm. Hinzu kommen das israelische Waisenhaus Esslingen und als höhere Schule das Landschulheim mit Internat Herrlingen. Insgesamt besuchen 587 Schüler, nahezu 90 % der jüdischen Schulpflichtigen diese Einrichtungen, wobei die

1 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 59-60.

5 Schülerzahl zwischen 3 und 223 Schülern schwankt. Bis 1939 sind die meisten dieser Schulen aufge- löst. In Hohenzollern wird 1939 die Israelitische Volksschule Haigerloch, die bis zuletzt als öffentli- che Schule besteht, aufgehoben.2

Die Reichspogromnacht (sog. „Reichskristallnacht“) vom 9. auf 10. November 1938, „die Nacht, als die Synagogen brannten“, ist ein Terrorakt bisher unbekannten Ausmaßes. In Württemberg werden 16 Synagogen niedergebrannt und zwölf demoliert. In den beiden jüdischen Gemeinden Hohenzollerns, in Haigerloch und Hechingen, werden die Synagogen verwüstet. Zahlreiche jüdische Geschäfte und Privatwohnungen werden zerstört oder beschädigt, viele Juden verhaftet und zum Teil schwer miss- handelt. Hunderte werden wochenlang in den Konzentrationslagern Dachau und Welzheim festgesetzt. Mindestens 13 sterben in den Lagern.

Von „spontanem Volkszorn“ kann nirgendwo gesprochen werden. Die Ausschreitungen sind von der NSDAP organisiert und werden von ihr, der SA und der SS durchgeführt, Die örtlichen SA- und SS- Führer haben in der Regel telefonisch den Befehl erhalten, mit ihren rasch zusammengerufenen Mann- schaften die Aktionen, durchzuführen, in der Regel nicht am eigenen, sondern an einem Nachbarort.3 (M 1)

Anlass für die Zerstörungsorgie ist vorgeblich das Attentat des jungen polnischen Juden Herschel Grynszpan auf den deutschen Gesandtschaftsrat Ernst vom Rath in Paris am 7. November 1938. Sogar die NS-Führung sieht ein, dass die Ausschreitungen zu weit gegangen sind. Noch am 10. November muss Goebbels das Ende der Aktionen befehlen.4

Als man in der NS-Führung erkennt, dass für die entstandenen Verwüstungen die deutsche Versiche- rungs- und damit die Volkswirtschaft aufzukommen habe, handelt sie rasch:5 Am 12. November 1938 wird die „Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes“6 erlassen: Die jüdischen Kultusge- meinden müssen auf eigene Kosten die Trümmer ihrer Synagogen beseitigen lassen. Die Inhaber von demolierten Geschäften müssen diese selbst wieder instandsetzen.7 Die Versicherungsansprüche wer- den zugunsten des Deutschen Reiches beschlagnahmt. 8 Darüber hinaus müssen die Juden in Deutschland eine „Sühneleistung“ von einer Milliarde Reichsmark aufbringen.9

Erstmals erlebt das NS-Regime aber auch, dass es mit der Gewaltmaßnahme beim überwiegenden Teil der deutschen Bevölkerung auf betretenes Schweigen und offene Ablehnung stößt. Die meisten Deut- schen missbilligen die Zerstörung der Synagogen und die Verwüstung jüdischer Geschäfte und Pri- vatwohnungen.

Mit der „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben“ vom 12. No- vember 1938 10 kommt deren wirtschaftliche Betätigung restlos zum Erliegen: Einzelhandelsgeschäfte und Versandhäuser, der selbständige Betrieb eines Handwerks, der Besuch von Messen und Märkten sind den Juden jetzt verboten. Die Zahl der jüdischen Ärzte und Rechtsanwälte geht seit 1933 dras- tisch zurück. Die Berufsbezeichnungen „Arzt“ und „Rechtsanwalt“ werden den Juden aberkannt. Als sog. „Krankenbehandler“ und „Rechtskonsulenten“ dürfen sie ausschließlich noch für die jüdische Bevölkerung tätig werden. Ende 1938 gibt es in Württemberg und Hohenzollern noch sieben jüdische Krankenbehandler und sieben Rechtskonsulenten. Die weitere Entrechtung dokumentiert eine unglaubliche Fülle von Verordnungen und Erlassen, die das Leben der Juden einschränken: Der Besuch von Theatern, Kinos, Museen und Konzerten ist ver-

2 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 64-67. 3 Sauer, Jahrestag S. 37. 4 Sauer, Jahrestag S.41. 5 Goebbels-Tagebücher, Bd. 3 : 1935-1939, Eintrag zum 10. November 1938 Anm. des Hrsg. S. 1282, Anm. 131. 6 Reichsgesetzblatt I S. 1581. 7 Sauer, Jahrestag S. 42. 8 Zitierte VO (§ S Abs. 2) Reichsgesetzblatt I S. 1581. 9 Reichsgesetzblatt I, S. 1579. 10 Reichsgesetzblatt I, S. 1580.

6 boten. In zahlreichen Gemeinden wird über bestimmte Plätze und öffentliche Einrichtungen der „Ju- denbann“ verhängt, d.h. Juden ist der Zutritt untersagt. Im Dezember 1938 werden die Führerscheine und Zulassungsbescheinigungen für Kraftfahrzeuge der Juden für ungültig erklärt.11 Papiere und Fahr- zeuge sind abzuliefern. Mit Wirkung vom 1. Januar 1939 sind die Juden verpflichtet, die Zusatznamen „“ und „Sara“ anzunehmen.12 Die Pässe werden mit einem » J « gekennzeichnet.

Mit Kriegsbeginn am 1. September 1939 verschärft sich die Lage für die Juden noch mehr. Ausgangs- beschränkungen hindern sie in manchen Gemeinden tage- oder wochenlang am Verlassen der Häuser. Um jeden Kontakt mit der nichtjüdischen Bevölkerung zu unterbinden, dürfen sie ihre Einkäufe nur in bestimmten Geschäften zu festgelegten Zeiten tätigen. Die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist nur noch mit besonderem Erlaubnisschein möglich. Die Juden müssen ihre Radiogeräte, Woll- und Pelzsachen, Schreibmaschinen, elektrische Geräte, Fotoapparate, Ferngläser, Fahrräder und alle ent- behrlichen Kleidungsstücke abgeben. Das Halten von Haustieren ist ihnen untersagt. Sie verlieren ihre Telefonanschlüsse und dürfen auch öffentliche Fernsprechzellen nicht mehr benützen. Seit September 1941 müssen sie den gelben „Judenstern“ auf der Kleidung tragen. Ab März 1942 sind auch jüdische Wohnungen durch einen „Judenstern“ neben dem Namensschild zu kennzeichnen. Im Sommer 1942 werden den Juden die Raucherkarte und die Eierkarte entzogen. Seit Oktober 1942 sind sie vom Bezug von Fleisch, Fleischwaren, Weizenerzeugnissen und vieler weiterer Lebensmittel ausgeschlossen. Die jüdischen Zeitungen müssen ihr Erscheinen einstellen. Die Benutzung öffentlicher Leihbibliotheken ist den Juden untersagt. Mit wenigen Ausnahmen dürfen sie ab Februar 1942 auch keine Zeitungen, Zeitschriften, Gesetz- und Verordnungsblätter mehr beziehen. Der Kauf von Büchern ist nur noch über die Reichsvereinigung, nicht mehr in Buchhandlungen möglich.

Seit 1933 verfolgt das NS-Regime mit dem Druck auf die Juden auch das Ziel, auf die jüdischen Ver- mögenswerte zugreifen zu können. Offensichtlich wird dies durch die so genannte „Arisierung“: Die Juden werden gezwungen, ihre Geschäfte und Häuser weit unter Wert an „Arier“ zu verkaufen. Das jüdische Vermögen wird durch Vermögenserklärungen genauestens erfasst. Die Auswanderung ist nur gegen Zahlung einer hohen „Reichsfluchtsteuer“ möglich. Als ab Oktober 1941 eine Auswanderung nicht mehr möglich ist, verfällt das jüdische Vermögen beim Grenzübertritt, d.h. der lebensrettenden Flucht, dem Reich. Dies gilt auch, wenn der Grenzübertritt erzwungenermaßen durch Deportation erfolgt. Ab 1943, einem Zeitpunkt als immer noch Juden in Württemberg leben, verfällt das Vermögen der Juden mit dem Tode automatisch an das Reich. Für die Juden gibt es kein Erbrecht mehr.

Die lebensrettende Emigration

Bereits 1933 beginnt die Auswanderung, die Nürnberger Gesetze lassen 1935 die Zahlen deutlich an- steigen. Bis Ende 1937 wandern annähernd 29 % der Juden aus. Die Ereignisse im November 1938 machen auch den letzten Juden den Ernst ihrer Lage klar. Bis zu diesem Zeitpunkt hofften viele jüdi- sche Bürger, der Nationalsozialismus werde nach kurzer Zeit wieder verschwinden, oder er werde sich zumindest in seiner Politik mäßigen und ihnen wieder eine wirtschaftliche und gesellschaftliche Exis- tenz zugestehen. Nach der Reichspogromnacht setzt ein regelrechter Andrang auf Auswanderung ein. 1938 und vor allem 1939 wandern weitere rund 30 % aus. 1940 und 1942 bis zum Auswanderungs- verbot am 13. Oktober 1941 emigrieren nochmals 3,5 %. Insgesamt verlassen über 62 % der Juden ihre Heimat.

Obwohl offensichtlich nur durch Emigration dem staatlichen Terror zu entgehen ist, scheuen sich viele Juden trotz aller Repressalien zunächst vor diesem Schritt. Der NS-Führung ist an der Auswanderung durchaus gelegen. Tatsächliche und emotionale Gründe stehen ihr aber entgegen. Längst nicht alle Juden können neben der im November 1938 verordneten „Sühneleistung“ auch noch die hohe „Reichsfluchtsteuer“ aufbringen. Zu bürokratischen Behinderungen auf deutscher Seite kommen teils beträchtliche Schwierigkeiten der Einwanderungsländer hinzu. So verlangen z.B. die USA durch ein „Affidavit“ den Nachweis durch Angehörige oder Vertrauenspersonen in den USA, dass die Emig- ranten nicht der Fürsorge zur Last fallen würden. Nicht nur in Palästina sind zudem Handwerker und

11 Walk III Rdn. 47. 12 Sauer, Jahrestag S. 44.

7 Personen gefragt, die mit landwirtschaftlichen Arbeiten vertraut sind. Kaufleute, Ärzte und Rechtsan- wälte sind weniger gefragt. Ein objektives Problem stellt auch das hohe Durchschnittsalter der deut- schen Juden dar.

Vor allem den jungen Juden wird ab Mitte der 30er Jahre bewusst, dass Deutschland nicht mehr ihr Land sein kann. Für die jüngere Generation der assimilierten deutschen Juden ist die Auswanderung nicht nur ein Abschied von der deutschen Lebensform und Kultur, in ihr sieht sie gleichzeitig einen neuen Anfang. Für die ältere Generation stellt sich die Auswanderung anders dar. Sie steht vor der Wahl des Überlebens um den Preis des totalen Bruchs mit dem Land, das sie liebte, für das sie wie selbstverständlich im Ersten Weltkrieg ihr Leben eingesetzt hatte. Diese Meinung ist repräsentativ für die Mehrheit der älteren deutschen Juden. Darüber hinaus fühlen sich sehr viele einfach zu alt, zu mü- de, um im Ausland ein neues Leben zu beginnen.

Die NS-Judenpolitik nach Beginn des Zweiten Weltkriegs

Von der „Judenfrage“ zur „Endlösung der Judenfrage“

Umstritten ist die Frage, ob der Massenmord an der europäischen Judenheit ein originäres Ziel der Nazi-Politik war, oder ob die Nazis erst durch den tatsächlichen Verlauf der Geschichte des Zweiten Weltkriegs dieses Ziel aufgegriffen haben. Es kann hier nicht geklärt werden, wann und warum es letztlich von der „Judenfrage“ über die „Lösung der Judenfrage“ im Rahmen der geopolitischen nati- onalsozialistischen Rassenpolitik (Stichworte: „Madagaskarplan“ und „Generalplan Ost“) zur so ge- nannten „Endlösung der Judenfrage“ gekommen ist. Festzustellen ist aber, dass mit der Entscheidung Hitlers, die im besetzten sowjetischen Gebiet lebenden Juden auszurotten, auch die Entscheidung zur Vernichtung jener Juden gefallen war, die man zunächst in die freigewordenen Räume deportieren wollte.13 1941 ist das Schlüsseljahr für die gesamte weitere Vernichtungspolitik gegen die Juden. Der Hitlersche Traum der „Gewinnung von Lebensraum“ im Osten ist untrennbar mit seinem weiteren Ziel verknüpft, „die Juden herauszubringen“.

Die „Wannsee-Konferenz“

Die Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 dient nicht, wie oft angenommen wird, dem Beschluss der Massentötung der Juden, sondern der Koordinierung bereits erfolgter und der Planung zukünftiger Maßnahmen. Der Auftrag zur Ermordung wird bereits am 31. Juli 1941 schriftlich von Göring an Heydrich erteilt:

„ Ich beauftrage Sie [...], mir in Bälde einen Gesamtentwurf über die organisatorischen, sachlichen und materiellen Vorausmaßnahmen zur Durchführung der angestrebten Endlösung der Judenfrage vorzulegen.“14

Der Begriff „Endlösung der Judenfrage“ selbst wird erstmals am 12. März 1941 von Adolf Eichmann, dem Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt (RSHA), in einem Befehl an Gestapo- und SD-Behörden verwendet. Auf der Wannseekonferenz werden „[...] die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten besprochen [... ] wobei jedoch eine Beunruhigung der Bevölkerung vermieden werden müsse.“15

Adolf Eichmann, verantwortlich für die organisatorische Entwicklung und Ausführung des Endlö- sungsplanes, präzisiert in seinem Jerusalemer Prozess 1961, dass mit „Lösungsmöglichkeiten“ die verschiedenen „Tötungsmöglichkeiten“ gemeint gewesen seien.16

13 Ebenda, S. 42. 14 Zitiert nach Kammer/Bartsch, S. 70. 15 Zitiert nach Kammer/Bartsch, S. 274. 16 Vgl. Krausnick, S. 324.

8 Die Zwangsumsiedlung der Juden in Württemberg und Hohenzollern

1939 beginnt in Württemberg und Hohenzollern die Zwangsumsiedlung von Juden. Sie werden in bestimmte Häuser und Wohnblocks eingewiesen. 1940 beginnen die Nazis damit, Städte und Dörfer „judenfrei“ zu machen. Die Juden werden zwangsweise in kleinere Städte und Gemeinden eingewie- sen, die immer noch einen verhältnismäßig hohen eigenen jüdischen Bevölkerungsanteil haben. In Bad Buchau, Baisingen, Buttenhausen, Haigerloch, Laupheim, Oberdorf am Ipf und Rexingen steigen da- her die jüdischen Einwohnerzahlen an. Auch größere Einzelgebäude werden zu jüdischen Altershei- men umgewandelt, so die ehemaligen Schlösser Eschenau (Kreis Heilbronn), Oberstotzingen (Kreis Heidenheim), Weissenstein (Kreis Göppingen), das ehemalige Landschulheim Herrlingen (Alb- Donau-Kreis) und das frühere Gemeindearmenhaus in Tigerfeld (Kreis Reutlingen). Die Unterbrin- gung der Juden stellt die kleinen und meist finanzschwachen Gemeinden vor schwierige Probleme. Die Gemeindeverwaltungen und die nationalsozialistisch eingestellten Bevölkerungskreise fügen sich nur widerwillig dem zwangsweisen Bevölkerungszuwachs.

Beginn der „Endlösung der Judenfrage“ – Erste Deportationen

Am 1. September 1939 überfällt die deutsche Polen. Den Wehrmachtstruppen folgen „Einsatzgruppen“, die auf Befehl Heydrichs methodisch und schrittweise die „Endlösung der Juden- frage“ vorbereiten. Die Juden werden in Ghettos zusammengetrieben. Es kommt zu vielfachen Mas- senerschießungen. Von Anfang an ist geplant, die polnischen Juden in den Osten zu deportieren.

Im Februar und März 1940 werden erstmals Juden aus dem „Altreichsgebiet“ deportiert: 1200 Juden aus Stettin und 600 Juden aus Schneidemühl. Diese ersten Deportationen sind regional begrenzt und bleiben vorerst ohne Nachfolge.

Die Deportation der Juden aus Baden am 22. Oktober 1940

Eine weitaus größere Aktion ist die Deportation von rund 5.360 Juden aus Baden, die mit 1.100 Juden aus der Pfalz und dem Saarland am 22. Oktober 1940 nach Gurs in Südfrankreich deportiert werden. Die Aktion ist streng geheim geplant und die Betroffenen werden von der Deportation erst unmittelbar vor der Festnahme und dem Abtransport informiert. Diese „Bürckel-Aktion“ stellt einen Sonderfall dar, da die Gauleiter von Baden und Saarpfalz, Robert Wagner und Josef Bürckel, die in Personaluni- on zugleich die Gauleiter des Elsaß und von Lothringen sind, vorauseilend und eigenmächtig ihre Gaue „judenrein“ melden wollen, um sich bei der NS-Führung beliebt zu machen. Sie nutzen dabei eine Klausel im Waffenstillstandsvertrag mit Frankreich, nach der alle Juden aus dem Elsaß und aus Lothringen in das unbesetzte Frankreich abgeschoben werden sollen. Wagner und Bürckel dehnen diese Bestimmung auch auf die badischen und saarpfälzischen Juden aus.

Die Deportationen 1941 und 1942 aus Württemberg und Hohenzollern

Mit dem Überfall auf die Sowjetunion im Juni 1941 („Unternehmen Barbarossa“) beginnt die Ermor- dung der sowjetischen Juden durch Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD). Die Massenvernichtung wird grausige Realität. Ab Mitte Oktober 1941 setzen die Deportationen aus dem Reich ein: Die Züge verfrachten die Juden nach Polen, in die westlichen Gebiete der Sowjet- union und in das Baltikum. An die Stelle der Auswanderung und der gewaltsamen Vertreibung ist jetzt die Ausrottung der Juden gerückt. Damit ist die Phase des großangelegten Massenmordes erreicht, der im industrialisierten Völkermord in den Vernichtungslagern fortgeführt werden wird. Um das millio- nenfache Morden „technisch zu bewältigen“ und um die Nerven der Täter zu schonen, tritt neben das bislang vor allem praktizierte Erschießen die „Vergasung“, mit der man seit der Ermordung der Geis- teskranken im Rahmen der „Euthanasie“ (z.B. in Grafeneck) bereits Erfahrungen hat.

9 Die Organisation der Deportationen

Die Verschleppung der Juden aus dem Deutschen Reich wird als „Geheime Reichssache“ erklärt und im Stil einer gigantisch angelegten Polizeiaktion durchgeführt. Zuständig für die Durchführung in Württemberg-Hohenzollern ist die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeileitstelle Stuttgart. Am Beispiel der ersten Deportation aus Württemberg und Hohenzollern, die im Dezember 1941 erfolgt, sollen Or- ganisation und Durchführung der Deportationen etwas ausführlicher dargestellt werden. Die weiteren Deportationen weichen in Details zwar etwas davon ab, verlaufen aber im Wesentlichen gleichartig.

Mit Erlass der Geheimen Staatspolizei vom 18. November 1941 an die Landräte und Polizeidirektoren teilt die Gestapo den bevorstehenden Transport mit:

„Im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung gehen z.Z. laufend Eisenbahntransporte mit je 1000 Juden aus dem Altreich [...] nach dem Reichskommissariat Ostland. Württemberg ist daran zunächst mit einem Transport von 1000 Juden beteiligt, der am 1.12.1941 von Stuttgart aus abgeht. [...] Die in Frage kommenden Juden wurden bereits hier zahlenmäßig und personell erfasst. [...]:17 (Umfassender Textauszug s. M 2)

Die formal-rechtliche Grundlage für die Beschlagnahme des jüdischen Vermögens bildet die „11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941“18, wonach ein Jude die deutsche Staatsangehörigkeit verliert, wenn er seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt. Verliert ein Jude die deut- sche Staatsangehörigkeit, so verfällt sein Vermögen dem Reich. Die Deportation wird von den Nazis als Verlegung des Wohnsitzes ins Ausland gewertet und das Vermögen geht an das Deutsche Reich. Zu dieser Linie passt es, dass die Juden die Kosten ihrer eigenen Deportation zu tragen haben.

Es ist eine besondere Perfidie der Gestapo, dass sie der Jüdischen Kultusvereinigung Württemberg die Vorbereitung und Zusammenstellung des Transportes überträgt. Die Kultusvereinigung hat die Teil- nehmer des Transportes zu benachrichtigen und einzuberufen, und den Großteil der finanziellen, orga- nisatorischen und technischen Anforderungen zu bewältigen. Mit Rundschreiben vom 19.11.1941 informiert die Jüdische Kultusvereinigung alle betroffenen Juden, „dass Sie und Ihre oben bezeichne- ten Kinder zu einem Evakuierungstransport nach dem Osten eingeteilt worden sind.“19 Die einzelnen Bestimmungen des Gestapo-Erlasses vom vorangegangenen Tag werden detailliert erläutert (M 3). 20

Die Deportation nach Riga am 1. Dezember 1941

- Die Maßnahmen der öffentlichen Verwaltung Das Beispiel der Gemeinden Haigerloch und Hechingen soll die Umsetzung des Gestapo-Erlasses zeigen. In Haigerloch und Hechingen gehen die Vorbereitungen für die erste Deportation zügig voran. Der Landrat von Hechingen hat bei der Reichsbahndirektion drei Eisenbahnwagen angefordert, die dem fahrplanmäßigen Zug der Hohenzollerischen Landesbahn angehängt werden. Der Zug wird in Hechingen planmäßig um 11.21 Uhr und in Haigerloch um 12.07 Uhr abfahren. In Eyach werden die Wagen auf die Reichsbahn überstellt und mit dem Zug 2818 über Tübingen nach Stuttgart weiterfah- ren, wo sie um 16.26 Uhr im Hauptbahnhof eintreffen werden. Nach einer entsprechenden Vereinba- rung des Landrats mit der Reichsbahndirektion sollen die Wagen bis zum Nordbahnhof weitergeleitet werden, „um beim Ausladen auf dem Hauptbahnhof unliebsame Verkehrsstauungen zu vermeiden und weil das Durchgangslager auf dem Killesberg vom Nordbahnhof besser zu erreichen ist [...].“21 Am

17 Erlass der Gestapo/Staatsleitstelle Stuttgart Nr. II B 2 1147/41 vom 18.1.941. Zitiert nach Sauer, Dokumente Bd. 2, Nr. 462. 18 RGBl. 1941 I, S. 722 19 Stadtarchiv Haigerloch Akte Nr. 898. 20 Stadtarchiv Haigerloch Akte Nr. 898. 21 Schreiben des Landrats in Hechingen vom 21.11.1941 an die Reichsbahndirektion Stuttgart: Hauptstaatsarchiv Stuttgart EA 99/001 Bü 235.

10 gleichen Tag werden die Bürgermeister über den Sachstand informiert:22 In Haigerloch wird das Ge- päck an der Sammelstelle in der Weil’schen Scheuer, in Hechingen im Gemeindehaus gelagert. Es wird von der beauftragten Speditionsfirma am 25. November in Güterwagen verladen, die auf dem Haigerlocher Bahnhof bereitstehen. Wegen der Liquidierung des eingezogenen Vermögens trifft am 24. November ein Beamter des Finanzamts Sigmaringen ein, um den Ablauf zu regeln. Am 24. No- vember erhält der Hechinger Landrat die Beschlagnahmeverfügungen, und schon am 26. November kann er per Eilboten der Gestapo-Staatspolizeileitstelle und dem Regierungspräsidenten mitteilen, dass die Beschlagnahme- und Einziehungsverfügungen den Juden unverzüglich durch den Obergerichts- vollzieher aus Hechingen zugestellt worden sind.23

- Der Transport Am 27. November 1941 beginnt dann der sorgfältig vorbereitete Abtransport von jüdischen Bürgern aus Haigerloch. Die Juden aus Hechingen sind bereits dort in den Zug gestiegen. Auf ausdrückliches Verlangen der NSDAP-Ortsgruppe begeben sich die für den Transport bestimmten Juden vom jüdi- schen Wohnviertel „Haag“ über den abgelegenen Weg St. Annahalde zum Bahnhof, wo sie erst 20 Minuten vor Abfahrt des Zuges eintreffen sollen.24 Scheuen die braunen Schergen die Blicke der Nachbarn oder der Öffentlichkeit? Dazu passt die euphemistische Umschreibung der Deportation mit den Begriffen „Evakuiert“ oder „Unbekannt verzogen“. Auf dem Bahnhof findet die angeordnete Un- tersuchung nach Waffen, Munition, Sprengstoff, Gift, Devisen und Schmuck durch Beamte der Gen- darmerie statt. Die jüdischen Frauen werden von Pflegerinnen und Fürsorgerinnen per Leibesvisitation in einem Zimmer untersucht. Sie müssen ihre Kleidung öffnen. Eine Pflegerin nimmt der gleich zu deportierenden Selma Weil eine wertvolle Kette ab. Sie wird nach dem Krieg im Strafprozess gegen den ehemaligen Hechinger Landrat als Zeugin aussagen, dass nach ihrer Beobachtung vielen Frauen Schmuck aus Familienbesitz abgenommen wird.25 Viele Jüdinnen weinen. Eine der bei den Leibesvi- sitationen eingesetzte Fürsorgeschwester wird nach dem Krieg im Prozess aussagen, auch sie habe als weich veranlagter Mensch mit den jüdischen Frauen geweint. Angefasst habe sie niemanden. Sie habe den Unglücklichen Trost gespendet und Gottvertrauen anempfohlen. Bei der Durchsuchung beschlag- nahmen die Beamten bei 46 Personen insgesamt RM 258,65. Dabei scheuen sie auch nicht vor Kleinstbeträgen von 18 oder 50 Pfennigen zurück.26 Dann setzt sich der Deportationszug in Bewe- gung. In jedem Wagen befindet sich ein Polizeibeamter, Leiter des Transportes ist Regierungshaupt- sekretär Metzger. Unmittelbar nach dem Abtransport werden die freigewordenen Wohnungen polizei- lich versiegelt und später vom Beauftragten des Finanzamts übernommen.27

- Das Sammellager auf dem Stuttgarter Killesberg In Stuttgart werden die aus Württemberg und Hohenzollern eintreffenden Juden in einem Sammellager auf dem Killesberg zusammengefasst. Am 1. Dezember 1941 verlässt der erste Deportationstransport mit rund 1.000 Juden den Stuttgarter Hauptbahnhof. Das Ziel, das nach langer Fahrt schließlich am 4. Dezember erreicht wird, ist Riga.28 (M 4)

- Riga Die Mehrzahl der Deportierten kommt in das Lager Jungfernhof. Sie werden in Scheunen und Ställen untergebracht. Da die Gebäude in sehr schlechtem Zustand sind, und teilweise die Dächer fehlen, lie- gen die Menschen bei Minustemperaturen von 30 bis 40° praktisch im Freien. Ein kleiner Teil der Deportierten kommt wohl auch in das Ghetto Riga, eine ganze Anzahl von Männern in das 12 km

22 Schreiben des Landrats an die Bürgermeister in Haigerloch und Hechingen vom 21.11.1941 Stadtarchiv Haigerloch Akte Nr. 898. 23 Schreiben des Landrats 24 Schreiben des Ortsgruppen-Geschäftsführers der NSDAP Kronenbitter an den Bürgermeister vom 26.11.1941: Stadtarchiv Haigerloch Akte Nr. 697. 25 Staatsarchiv Sigmaringen Ho 400 Nr. 576. 26 Aufstellung des Bürgermeisters vom 27.11.1941: Stadtarchiv Haigerloch Akte Nr. 898. 27 Hauptstaatsarchiv Stuttgart EA 99/001 Bü 235. 28 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 282-290.

11 entfernte Lager Salas-Pils. Am 26. März 1942 wird eine unbekannte Zahl von Juden Opfer einer Mas- senerschießung in Bikernieki, dem „Birkenwäldchen“, der Hinrichtungsstätte des Ghettos Riga. Sehr viele Deportierte, darunter ganze Familien, können die Kälte, Hunger, Krankheiten und den harten Arbeitseinsatz nicht aushalten und gehen an den extrem schweren Bedingungen zugrunde. Von den rund 1.000 Juden, die am 1. Dezember 1941 ab Stuttgart deportiert werden, überleben etwa 40 Perso- nen. (M 12, M 13)

Die weiteren Deportationen

Die Deportation nach Izbica am 26. April 1942 Am 26. April 1942 verlässt der zweite Transport Stuttgart.29 Für die Deportation gibt es jetzt eine an- dere Begründung. Erfolgt die erste noch „im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung“, so heißt es nunmehr, die „[...] Umsiedlung stellt den Beginn der Endlösung der Judenfrage [...] dar.“30 Der Transport, der von Stuttgart nach Izbica bei Lublin abgeht, umfasst etwa 350 Juden. Es sind vor allem jüngere Personen, darunter viele Kinder. Im Ghetto herrschen völlig verwahrloste Zustände. Auf den Straßen liegt der Schlamm knietief. Die Verpflegung ist äußerst knapp. Das mitgebrachte Gepäck wird den Deportierten nicht ausgehändigt, so dass ein ungeheurer Mangel an Wäsche und Kleidung besteht. Mit Fug und Recht lässt sich dieser Deportationszug als reiner Todestransport bezeichnen: Keiner der Verschleppten hat die Deportation überstanden. Wie viele bereits in Izbica sterben oder nach Belzec und Sobibór weiterverschleppt und dort in den Gaskammern ermordet werden, ist nicht geklärt.

Die Deportation nach Auschwitz am 13. Juli 1942 Am 13. Juli 1942 werden mit einem kleineren Transport rund 40 württembergische Juden von Stutt- gart unmittelbar nach Auschwitz deportiert. Über ihr Schicksal ist nichts mehr bekannt geworden. Mit größter Wahrscheinlichkeit werden die Opfer direkt von der Rampe in die Gaskammern von Ausch- witz getrieben.31 Umfassen die Deportationen nach Riga und Izbica vor allem Angehörige der jünge- ren und mittleren Generation, so sind von dieser Deportation hauptsächlich alte, schwerkranke und gebrechliche Personen betroffen.

Die Deportation nach Theresienstadt am 22. August 1942 Am 22. August 1942 geht der größte Deportationszug aus Stuttgart mit dem Ziel Theresienstadt ab. Er umfasst rund 1.100 überwiegend ältere Juden aus Württemberg, Hohenzollern und auch aus Baden. Im Protokoll der „Wannsee-Konferenz“32 wird Theresienstadt als Altersghetto bezeichnet. Juden im Alter von über 65 Jahren sollen nicht in den Osten deportiert werden, sondern in Theresienstadt verbleiben können. Sie werden durch so genannte „Heimeinkaufsverträge“ noch in Sicherheit gewiegt, sich auf Lebenszeit eine angemessene Unterkunft und Verpflegung erkaufen zu können. Sie werden bitter ge- täuscht. Knapp sechs Wochen nach ihrem Eintreffen in Theresienstadt leben von den deportierten Personen etwa 25 % nicht mehr33. Sie fallen Raumnot, Schmutz und mangelhafter Ernährung zum Opfer. Für weitere über 25 % der Deportierten geht der Transport innerhalb weniger Wochen haupt- sächlich nach Treblinka, aber auch in andere Vernichtungslager weiter, wo sie durch Gas ermordet werden. Lediglich etwa 50 Personen überleben von diesem Transport.

Ab Ende des Jahres 1942 ändern sich die Verhältnisse im Lager etwas zum Besseren. Theresienstadt soll nach außen zu einem „Renommierlager“ werden, das vor allem im Ausland den Berichten von den Massenvernichtungen entgegenwirken soll. Selbst die Vertreter des Internationalen Roten Kreuzes fallen auf die Täuschung herein.34 Es entstehen Reparaturwerkstätten für Kleider, Schuhe und Gebrauchsgegenstände, die Räume erhalten Bettgestelle. Die ärztliche Versorgung der Lagerinsassen

29 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 290-291. 30 Hauptstaatsarchiv Stuttgart EA 99/001 Bü 235. 31 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 291 und 393. 32 Vgl. Poliakov, Das Dritte Reich und die Juden, S. 119 ff. 33 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S 292-304 und 393. 34 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 301-302 und 393.

12 wird verbessert. Epidemisch auftretende Krankheiten wie Masern, Scharlach und Typhus gehen zu- rück. Die Lagerleitung lässt Medikamente und Impfstoffe bereitstellen.

Gespenstisch mutet angesichts der stets lebensbedrohlichen Verhältnisse das von der SS erlaubte, zeitweilig gar geförderte „kulturelle Leben“ im Lager an. Theater- und Opernaufführungen, Konzerte, Vorträge, eine „Ghettozentralbibliothek Theresienstadt“ mit annähernd 50.000 aus jüdischem Besitz beschlagnahmten Büchern sollen „Normalität“ vorspiegeln. Der von der NS-Propaganda darüber ge- drehte „Dokumentar“-Film „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ kann als Höhepunkt des für das System typischen Zynismus betrachtet werden. Es muss angefügt werden, dass diese Maßnahmen trotz aller Perfidie ungewollt vielen Gefangenen Halt, Trost und etwas Ablenkung von der durchaus bekannten Gefahr einer künftigen weiteren De- portation in die Vernichtungslager gaben.

Weitere Deportationen aus Baden, Württemberg und Hohenzollern 35

Am 29. September 1942 werden 41 noch verbliebene badische Juden in einem Vernichtungstransport nach Auschwitz verschleppt. Nicht eine der deportierten Personen überlebt.

Am 1. März 1943 werden aus Stuttgart 44 Juden nach Auschwitz deportiert. Nur einer überlebt. Durch diesen Transport werden erstmals auch Partner von nicht mehr bestehenden Mischehen betroffen. Ob die Ehe wegen erfolgter Scheidung oder wegen des Todes des nichtjüdischen Ehegatten nicht mehr besteht, bleibt unberücksichtigt.

Ein weiterer Transport mit 20 Juden geht am 17. April 1943 nach Theresienstadt. Fünf von ihnen ü- berleben.

Ein größerer Transport, der 76 Personen umfasst, geht am 11. Januar 1944 ebenfalls nach Theresien- stadt. 60 Personen überleben, 16 verlieren das Leben.

Rund drei Monate vor Kriegsende geht der letzte Transport nach Theresienstadt. Von den 177 Perso- nen, die ihm angehören, kommen vier ums Leben, 173 erleben das Kriegsende.

Neben diesen Deportationstransporten führt die Gestapo zwischen Herbst 1942 und Anfang 1945 noch eine Reihe weiterer Deportationen durch, von denen jeweils nur wenige Juden oder jüdische Einzel- personen betroffen sind. Insgesamt werden auf diese Weise mindestens 147 Personen deportiert, von denen nur 21 überleben.

Kommentiertes Verzeichnis der Quellen und Literatur

Umfangreiches Quellenmaterial zu den Deportationen ist im Hauptstaatsarchiv Stuttgart im Bestand EA 99/001 zusammengestellt.

Einen raschen Zugriff auf wichtige Dokumente erlaubt:

Sauer, Paul: Dokumente über die Verfolgung der Jüdischen Bürger in Baden-Württemberg durch das nationalsozi- alistische Regime 1933-1945. Teile I und II. Im Auftrag der Archivdirektion Stuttgart bearb. von Paul Sauer. Stuttgart 1966. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden Württemberg, Bd. 16 und Bd. 17).

35 Sauer, Schicksale der jüdischen Bürger, S. 304-307 und 393.

13 Immer noch die umfassendsten und zuverlässigsten Werke:

Sauer, Paul: Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs während der nationalsozialistischen Ver- folgungszeit 1933-1945. Stuttgart 1969. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden Württemberg, Bd. 20).

Gedenkbuch: Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden-Württemberg 1933-1945. Ein Ge- denkbuch. Hrsg. von der Archivdirektion Stuttgart. [Bearb. von Paul Sauer]. Stuttgart 1969. (Veröf- fentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden Württemberg, Beiband zu Bd. 20).

Was die Deportationen aus Baden-Württemberg anlangt, weitgehend auf dem vorgenannten Gedenkbuch basierend, und mit einem benutzerfreundlichen Ortsindex versehen:

Gedenkbuch: Gedenkbuch. Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945. Bearb. vom Bundesarchiv Koblenz, und dem Internationalen Suchdienst A- rolsen. 2 Bde. Koblenz 1986.

Ein wichtiges Hilfsmittel für die Erforschung der weiteren Schicksale der nach Theresienstadt depor- tierten Juden:

Theresienstädter Gedenkbuch: Theresienstädter Gedenkbuch: Die Opfer der Judentransporte aus Deutschland nach Theresienstadt 1942-1945. Prag und 2000.

Benützte Quellen und Literatur

Neben den bereits oben erwähnten Quellen und der Literatur wurden weiter benützt:

Quellen, Gesetzestexte

Stadtarchiv Haigerloch Akten Nr. 697 und 898. Staatsarchiv Sigmaringen Ho 400 Nr. 576 Reichsgesetzblatt Teil I, Jg. 1938 und Jg. 1941

14 2. Erinnern und Gedenken heute

1962 errichtete die Stadt Stuttgart im Eingangsbereich des Höhenparks Killesberg einen Gedenkstein zur Erinnerung an die Deportation der württembergischen Juden. Jährlich findet seither dort am 1. Dezember eine Gedenkfeier statt. In vielen Orten erinnern ebenfalls Mahnmale oder Erinnerungstafeln an die ehemaligen jüdischen Gemeinden oder die Deportation. In Blaustein-Herrlingen, Bopfingen- Oberdorf, Creglingen, Freudental, Haigerloch. Hechingen, Münsingen-Buttenhausen, Obersulm- Affaltrach, Rottenburg-Baisingen, Schwäbisch Hall, und Wallhausen-Michelbach a.d. Lücke entstan- den Gedenkstätten, die an das Schicksal der jüdischen Bürger, an ihre Gemeinden und ihre Kultur erinnern. Der Besucher erfährt dort in Ausstellungen, durch Führungen, spezielle Publikationen und Veranstaltungen die Geschichte der Juden in Württemberg. Im November und Dezember des Ge- denkjahrs 2001 fanden auch an vielen anderen Orten Gedenkfeiern statt. (M 11)

Die Gräber- und Gedenkstätte im Bikernieki-Wald von Riga (M 12, 13, 14, 15)

Während des Zweiten Weltkrieges besetzte die Rote Armee die baltischen Staaten, die als Sowjetre- publiken der UdSSR einverleibt wurden. Das spätere staatlich verordnete Gedenken galt ausschließ- lich der Sowjetarmee und den Antifaschisten. Die jüdischen Opfer aus Lettland selbst wie auch die aus Deutschland und dem übrigen Europa gerieten weitgehend in Vergessenheit.

Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs 1989 und der wiedergewonnenen Unabhängigkeit kam es auch in diesen Staaten zur Rückbesinnung auf eine ganzheitliche Geschichtsbetrachtung. Gleichzeitig begann die lettische Regierung, die Beziehungen zu den westlichen Staaten neu zu ordnen. Bereits am 20. April 1993 wurde eine "Gemeinsame Erklärung über die Beziehungen zwischen Deutschland und Lettland" unterzeichnet. Sie war Voraussetzung für das im Januar 1996 geschlossene Kriegsgräberab- kommen, das auch die Gräber „sonstiger Personen deutscher Staatsangehörigkeit ... die nach ihrer Deportation gestorben sind“ einschließt. Damit war staatsrechtlich der Weg zu einer Gedenkstätte für die Ermordeten im Bikernieki-Wald gebahnt.

Am 23. Mai 2000 gründeten Repräsentanten von dreizehn deutschen Städten auf Anregung des Volks- bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten in Ber- lin das "Deutsche Riga-Komitee". Dessen Aufgabe ist es, an das Schicksal der über 25.000 deutschen Juden zu erinnern, die überwiegend im Bikernieki-Wald ermordet wurden. Mitglieder wurden: Berlin, Bielefeld, Dortmund, Düsseldorf, , Hannover, Kassel, Köln, Leipzig, Münster, Nürnberg, Osnabrück, und Stuttgart. 2001sind Bocholt, Kiel, Lübeck, Wien, Bremen und Paderborn beigetreten. Der Zentralrat der Juden in Deutschland, die Stadtverwaltung Riga sowie die "Initiative Riga" aus Wien unterstützten das Projekt. Die Finanzierung erfolgte durch Sonderzuschüsse vom Bund und durch Zuwendungen der beteiligten Städte.

Der Volksbund errichtete in Zusammenarbeit mit seiner lettischen Partner-Organisation, dem Brü- derfriedhöfekomitee, und der Stadtverwaltung Riga den Opfern eine würdige Gräber- und Gedenk- stätte. Bereits am 30. November 2001, 60 Jahre nach Beginn der Deportation, wurde sie in Anwesen- heit der lettischen Staatspräsidentin , Frau Vaira Vike-Freiberga, eingeweiht.

Im Zentrum steht eine weiße Marmorstruktur (M 15), mit einem Kubus in der Mitte. Er enthält das Gedenkbuch mit den Namen der 1941/42 verschleppten Juden. Es wurde von Historikern der "Neuen Synagoge Berlin - Centrum Judaicum" und der Bildungsstätte "Haus der Wannsee-Konferenz" mit Unterstützung aus den Ländern erarbeitet. In einer feierlichen Zeremonie wurden die Namensrollen der Länder in dem Kubus hinterlegt. Die Metallkartusche mit den Namen der aus Württemberg Deportierten wurde von Professor Dr. Paul Sau- er, dem verdienten Historiker des südwestdeutschen Judentums, eingehoben. (M 10) In Verbindung mit der Feier fanden in Riga mehrere Gedenkfeiern wie auch wissenschaftliche Veranstaltungen statt. Mit der künftigen Pflege der Anlage durch lettische und deutsche Jugendliche soll ein lebendiges Band zwischen Riga und den Städten, von denen die Deportation ausging, geknüpft werden.

15 Eine Gedenkstätte am Stuttgarter Nordbahnhof als „Zeichen der Erinnerung“ (M 6, 7, 8)

Die Deportationszüge aus Württemberg gingen nicht von den Personenbahnsteigen des Stuttgarter Nordbahnhofs ab, sondern von den nahegelegenen Industriegleisen des inneren Nordbahnhofs an der Otto-Umfrid-Straße (M 6). Über lange Jahre war diese Tatsache kein öffentliches Thema, der Ort praktisch vergessen. Das änderte sich erst Ende der neunziger Jahre. Im Zusammenhang mit den Neuplanungen im Rah- mendes Projekts "Stuttgart 21" auf dem freiwerdenden Bahngelände drohte die Planierung des weitge- hend brachliegenden Reviers. Die 1994 neu gegründete "Stiftung Geißstraße 7" nahm sich im Verein mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern wie auch einer Reihe öffentlicher Institutionen des Themas an. Nach positiven Rückmeldungen aus Rathaus und Gemeinderat wurde im Winter 2001/02 ein Wettbewerb für ein "Zeichen der Erinnerung" ausgeschrieben. Die Ergebnisse wurden von einer Jury im Mai 2002 prämiert (M 8). Nach einer Überarbeitung soll die Realisierung möglichst bald ange- gangen werden. Die überwältigende Mehrheit des Stuttgarter Gemeinderats, die Stadtverwaltung und Oberbürgermeister Dr. Schuster haben sich anschließend für das Projekt ausgesprochen. Es besteht Einigkeit darüber, dass der Tatort an den Gleisen entsprechend der von der Jury preisgekrönten Pla- nung von Ole Schreer durch einen begehbaren Rahmen gefasst und gesichert werden soll. Auch eine mediale Ergänzung als Information vor Ort soll es geben. Die Stadt Stuttgart wird als Eigentümerin das Gleisgelände zunächst vor jeder anderen Nutzung schützen. Schüler der nahegelegenen Rosensteinschule reinigten im Frühjahr das ziemlich verwahrloste Gelände und kennzeichneten den „Bezirk“ der geplanten Gedenkstätte mit einem Trassierband.

Für das ganze Land: Die Wanderausstellung " Ruth 'Sara' Lax, 5 Jahre alt, deportiert nach Riga " Deportation und Vernichtung badischer und württembergischer Juden (M 16)

Am Schicksal der Stuttgarterin Ruth Lax, des Ludwigsburgers Ludwig Elsas und des Pforzheimers Hellmuth Wolff macht die Ausstellung die Leidensgeschichte der jüdischen Bevölkerung fassbar und konkret. Ihre Biographien stehen stellvertretend für die Verbrechen der Nationalsozialisten an Millio- nen anderer Menschen. Auch der Weg zur "Endlösung" wird beschrieben und Täter werden benannt. Sie umfasst zehn übersichtliche Kapitel:

1. Ruth, mit 5 Jahren deportiert und erschossen 2. Die organisierte Gewalt beginnt 3. Polen: Experimentierfeld für Massenmord 4. "Abschiebung der Juden aus Baden" 5. Neue Dimensionen des Mordens 6. Die Deportation der württembergischen Juden 7. Täter 8. Die Wannsee-Konferenz 9. Auschwitz und "Aktion Reinhard": Vernichtung im Akkord 10. Strafverfolgung

Innerhalb der regionalen Bezüge wird auch die Arbeit und Bedeutung der Zentralen Stelle der Lan- desjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg gewürdigt. Erarbeitet wurde die Ausstellung vom Bundesarchiv - Außenstelle Ludwigsburg und dem Staats- wie auch dem Stadtarchiv Ludwigsburg. Sie leisten mit dieser am 14. Mai 2002 erstmals gezeigten Aus- stellung einen wichtigen Beitrag zu einer lebendigen, regional ausgerichteten Erinnerungsarbeit in Baden-Württemberg. Es wäre zu wünschen, dass die Ausstellung gerade an den Orten, an denen keine Erinnerungstradition besteht, gezeigt wird.

Ansprechpartner für Auskünfte und Buchungen ist das Bundesarchiv - Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, Frau Jesse, Herrenstraße 18 (Schloss), Postfach 1235, 76402 Rastatt, Fon: (07222) 77139-4, Fax: 777139-7

16 3. Didaktische Impulse

Das Thema „Deportation“ wird im Unterricht nicht isoliert, sondern in Vernetzung mit anderen As- pekten zu behandeln sein – wie etwa „Jüdisches Leben in Deutschland bzw. „Stuttgart in den 20er/30er Jahren“, „Entrechtung und Ausgrenzung“, „Holocaust“, „Gegenwart“. Dieses Themenspekt- rum wird in dem bekannten Jugendbuch von Inge Auerbacher (s. 5.1) und auch in dem kurzen Film über die Synagoge Baisingen (s. 3.2.4) angesprochen. Eine zentrale Bedeutung für den Unterricht hat jedoch das von der „Stiftung Geißstrasse sieben“ zum 60. Jahrestag der Deportation herausgegebene „Gedenkblatt“.

3.1 Anknüpfungsmöglichkeiten für den Unterricht

3.1.1 Das „Gedenkblatt“ der „Stiftung Geißstraße sieben“

In mehrfacher Hinsicht ist dieses „Gedenkblatt“ ein „missing link“: Es bietet detaillierte, chronolo- gisch strukturierte Informationen, macht Text- und Bilddokumente, besonders Zeitzeugenaussagen, zugänglich und eröffnet neue Einsatzmöglichkeiten für bereits vorhandene Unterrichtsmaterialien. Das „Gedenkblatt“ selbst kann ab Klasse 10 als Unterrichtsmedium eingesetzt werden (etwa als Quellen- sammlung oder Plakat), außerdem können auf dieser Basis weitergehende Arbeitsaufträge erstellt werden, beispielsweise für die Erstellung eines regionalen oder überregionalen „Zeitstrahls“. Hier finden Schüler auch die nötigen Hintergrundinformationen, um relativ selbstständig die NS- Propagandafilme über den „Judenladen“ und das Sammellager auf dem Killesberg (s. 3.2.1) auswerten zu können (A3-Ausgabe bei der Stiftung bestellen [Geißstr. 7, 70173 Stuttgart] oder Internet- Download [www.geisstrasse.de/deportation1.pdf]).

3.1.2 Fotodokumente

Diese Fotos können veranschaulichend (und in Ergänzung der Filmausschnitte aus dem NS- Propagandafilm) eingesetzt werden. Durch sie wird vor allem der massive Machteinsatz des NS-Staates bei der Deportation deutlich (M 4, M 6). Außerdem lassen sich auf dieser Grund- lage die Situation auf dem Nordbahnhof und die Bedeutung der Eisenbahntransporte themati- sieren. In seinen Vorträgen weist der in Yad Vashem tätige Historiker Dr. Gideon Greif (s. 5.1) immer wieder darauf hin, dass der Zug bzw. Waggon bereits ein KZ „im Kleinen“ war: Drangvolle Enge, Kälte, der Verlust der Intimität, Hunger und Seuchengefahr. Das Lager Jungfernhof und Ghetto Riga, lässt sich sinngemäß sagen, begann für die jüdischen Stuttgarter bereits am Nordbahnhof.

3.1.3 Exemplarische Biographien

Möchte man individuelle Biographien in den Mittelpunkt des Unterrichts stellen, zeigt sich, dass in diesem didaktisch wichtigen Bereich noch Arbeit zu leisten ist: Für die Schule aufbereitete Materialien fehlen weitgehend. Erste Ansätze bieten die autobiographischen Aufzeichnungen von Inge Auerbacher (s. 5.1) und die verstreut vorliegenden Informationen über den Baisinger Viehhändler Harry Kahn (M 5).

Über den engeren Rahmen der „Deportation“ hinaus erweitert der preisgekrönte autobiographische Bericht der Stuttgarterin Olga Levy Drucker (s. 5.1) über ihre Rettung durch den „“ den Blick auf die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten jüdischer Bürger in den verschiedenen Phasen des NS-Staats – speziell auch in Bezug auf Stuttgart. Emigration und Flucht waren auch wich- tige Themen der Zeitzeugenberichte im Rahmen des Besuchsprogramms der ehemaligen jüdischen Bürger Stuttgarts (s. Dokumentarfilm „Der Besuch. Ehemalige jüdische Bürger in Stuttgart“; 3.2.1).

17 3.1.4 Künstlerische Zugänge/Ortsbegehungen

Die Ergebnisse des von der „Stiftung Geißtrasse sieben“ initiierten Wettbewerbs für eine Neugestal- tung des Nordbahnhofgeländes liegen seit dem 04.05.2002 vor (M 6, 7, 8,). Der zukünftige Erinne- rungsort, so ist zu hoffen, wird auch den Schulen neue Zugangsmöglichkeiten zur Thematik „Depor- tation“ bieten. In der Oberstufe könnten zudem auch die Entwürfe des Workshops diskutiert werden. Alternativ zum Nordbahnhof-Projekt ließe sich die Denkmalssituation auf dem Killesberg prüfen bzw. neu gestalten. Projekttage und Workshops zu diesem Thema führt der Stuttgarter Bildhauer Michael Deiml durch (s. www.cjzprojektschule.de). Außerdem führten die Evangelische Kirchengemeinde Nord, die Katholische Gemeinde St. Georg und der Infoladen „Stuttgart 21 Auf der Prag“ am 02.12.2001 einen Mahnweg zur ehemaligen Verlade- rampe im Nordbahnhof durch. Dieses Konzept lässt sich für Schulklassen weiterentwickeln (www.cjzprojektschule.de).

3.1.5 Fächerübergreifender Unterricht

Jurek Becker gestaltet das Thema „Deportation“ im Schlussteil seines Romans „Jakob der Lügner“. Der literarische Text könnte Lücken füllen die amtliche Dokumente notwendiger Weise offen lassen müssen (M 9). Der Erzähler des Romans bietet dem Leser zwei Schlussversionen an: eine positive, „erfundene“ – mit der Befreiung seines Ghettos durch die Rote Armee – und eine negative, die mit der Deportation der Ghettobewohner endet. Aus der Romanbesprechung ergibt sich zwangsläufig die Fra- ge nach den „Quellen“ Beckers oder den zu Grunde liegenden Sachverhalten. Hier könnten die Stutt- garter Ereignisse ergänzend thematisiert werden (z.B. durch Gedenkblatt, Ortsbegehung, Auswertung der Website der Stiftung).

18 4. Texte und Materialien

M 1

In einem parteiinternen Bericht des Obersten Parteigerichts der NSDAP vom Februar 1939, der 1946 in Nürnberg dem Internationalen Militärgerichtshof als Beweisstück vorgelegt wird, heißt es: „Die mündlich gegebenen Weisungen des Reichspropagandaleiters sind von sämtlichen anwe- senden Parteiführern so verstanden worden, dass die Partei nach außen nicht als Urheber der Demonstrationen in Erscheinung treten, sie in Wirklichkeit aber organisieren und durchführen sollte.“36

M 2

„Im Rahmen der gesamteuropäischen Entjudung gehen z. Z. laufend Eisenbahntransporte mit je 1000 Juden aus dem Altreich [...] nach dem Reichskommissariat Ostland. Württemberg ist daran zunächst mit einem Transport von 1000 Juden beteiligt, der am 1.12.1941 von Stuttgart aus abgeht. [...] Die in Frage kommenden Juden wurden bereits hier zahlenmäßig und personell erfasst. [...] Der für die Beförderung der Juden vorgesehene Eisenbahnzug fährt fahrplanmäßig am 1. De- zember 1941 zwischen 8 und 9 Uhr von Stuttgart ab. Die zu evakuierenden Juden [...] werden in einem Durchgangslager auf dem Gelände der früheren Reichsgartenschau (Killesberg) in Stuttgart vom 27.11.1941 ab konzentriert. [...]

Es darf pro Person mitgenommen werden: Zahlungsmittel bis zu RM 50.– in Reichskreditkassenscheinen. Die Beschaffung dieser Zah- lungsmittel erfolgt von hier aus, so dass die dortigen Juden praktisch keine Zahlungsmittel beim Transport mit sich führen dürfen. 1 oder 2 Koffer mit Ausrüstungsstücken [...]. Dieses Gepäck darf das Gewicht von 50 kg nicht überschreiten. Bettzeug [...], Vollständige Bekleidung [...], Mundvorrat für 1-2 Tage [...] Essgeschirr [...].

N i c h t mitgenommen werden dürfen: Wertpapiere, Devisen, Sparkassenbücher usw., Wert- sachen aller Art (Gold, Silber, Platin, mit Ausnahme des Eherings), lebendes Inventar.

Die ab 1.12.1941 gültigen Lebensmittelkarten sind vorher [...] abzugeben. Vor Überstellung der [...] Transporte nach hier ist durch die Ortspolizeibehörde eine einge- hende Durchsuchung nach Waffen, Munition, Sprengstoffen, Gift, Devisen, Schmuck usw. vor- zunehmen. Das dabei erfasste Vermögen ist listenmäßig dem örtlichen Finanzamt zu überge- ben [...]

Um etwaigen Vermögensverschiebungen vorzubeugen, wird das Vermögen der abzuschieben- den Juden in seiner Gesamtheit staatspolizeilich beschlagnahmt. Über die Jüdische Kultusvereinigung ist den Juden bereits das als Anlage beigefügte Formu- lar einer Vermögenserklärung zugegangen, in dem sie ihr Vermögen restlos aufzuführen und das Verzeichnis bis spätestens 15.11.1941 dem jeweiligen Bürgermeisteramt vorzulegen ha- ben. Die Bürgermeister haben die Verzeichnisse stichprobenweise nachzuprüfen und dem zu- ständigen Finanzamt einzusenden. Das gesamte Vermögen dieser Juden wird generell eingezogen. [...]. Die Liquidation führt der Oberfinanzpräsident in Württemberg durch die örtlichen Finanzämter durch. Ich ersuche da-

36 Internationales Militär Tribunal (IMT)Dok. 3063-PS, Bd. XXXII, S. 21.

19 her, sofort mit diesen wegen der Versiegelung der Wohnungen und sonstigen Maßnahmen in Fühlung zu treten [...].

Die zur Evakuierung kommenden Juden wurden aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und der Einheitlichkeit wegen auf meine Anordnung durch die Jüdische Kultusvereinigung heute durch das in Mehrfertigung beiliegende Rundschreiben (Einschreiben) verständigt. [...]

Zur Sammlung des übrigen, zum Teil schweren Gepäcks habe ich für den ganzen Bereich Württemberg und Hohenzollern die Firma Barr, Möhring und Co., Stuttgart, beauftragt. Sie hat im Benehmen mit der dortigen Behörde das anfallende Gut [...] zusammenzuziehen und zum Abgangsbahnhof zu befördern [...]. Weil in dem Siedlungsgebiet zur Errichtung eines Ghettos nicht das geringste Material vor- handen ist, ersuche ich ferner [...] zu veranlassen, dass sich eine nach der jeweiligen Kopfzahl richtende Menge von Baugerät, Werkzeugkästen, ferner Küchengerät für Gemeinschaftsver- pflegung, z.B. Kessel, sowie Öfen, Eimer und Sanitätskästen vorhanden sind. [...]: Auf je 10 Personen einen Eimer, eine Schaufel oder einen Spaten, einen Pickel, ein scharfes Beil oder eine Axt, auf je 20 Personen eine Säge, einen größeren Werkzeugkasten, auf je 50 Personen einen Ofen mit Ofenrohr und Ofenblech und Sanitätskasten, auf je 100 Personen einen Koch- kessel und eine Nähmaschine [...].

Dortige Aufgabe37 [d.h. Aufgabe der Landrats- und der Bürgermeisterämter] ist es also, die Juden rechtzeitig zu sammeln, im Benehmen mit den Finanzbehörden das Vermögen sicherzu- stellen, die Wohnungen zu versiegeln, evtl. Hausverwalter zu bestellen, die einzelnen Personen durchsuchen zu lassen, das Gepäck zu kontrollieren und mit einer entsprechenden Anzahl von Beamten im Sammellager Stuttgart einzuliefern. Soweit für den Personentransport nach Stuttgart im Hinblick auf die Zahl der zu befördernden Personen besondere Eisenbahnwagen benötigt werden, ist das Erforderliche von dort aus zu veranlassen. Der Transportführer (Beamter) hat eine genaue Transportliste, die die Trans- portnummer, die Personalien, den Beruf und die Kennummer enthält, in vierfacher Fertigung vorzulegen. In Vertretung: Mußgay.“ 38

M 3 z.B.: Für den Erwerb der erlaubten Reichskreditkassenscheine in Höhe von RM 50,-- sowie zweier Proviantpakete im Wert von RM 7,65 sind umgehend RM 57,65 bei der Jüdischen Kultusver- einigung Stuttgart einzuzahlen. Die eingeteilten Personen haben sich ab dem 26. November 1941 in ihrer Unterkunft bereit zu halten und dürfen diese ohne besondere Erlaubnis der Be- hörden nicht verlassen. Beigefügt ist dem Schreiben auch eine zweiseitige Auflistung, die je nach Erfordernis der Zusammenstellung des persönlichen Gepäcks dienen soll.

37 Hervorhebung durch Kursivschrift durch den Verfasser 38 Paul Sauer: Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden–Württemberg durch das national- sozialistische Regime 1933-1945, Bd II, Nr. 462, S.272-275. Friedrich Mußgay (geboren 3.1.1892 in Ludwigs- burg, gestorben 3.9.1946 in Stuttgart durch Selbstmord) war seit Juli 1941 Leiter der Staatspolizeileitstelle Stutt- gart, seit November 1943 Oberregierungs- und Kriminalrat, seit April 1933 Mitglied der SS, seit 1943 Ober- sturmbannführer).

20 M 4 Sammellager auf dem Killesberg in der sog. "Ehrenhalle des Reichsernährungs- standes" der Reichsgartenschau 1939 Quelle: Stadtarchiv Stuttgart

M 5 (mit dem Film „Synagoge Baisingen“ kombinieren)

Harry Kahn Die wenigen Überlebenden machten bis zu ihrer Befreiung oft eine wahre Odyssee mit: Harry Kahn aus Baisingen (*1911) blieb bis 1944 in Jungfernhof, wurde nach kurzem Aufenthalt in den Lagern Ogre und Kaiserwald nach Stuttgart gebracht. Von dort aus kam er nach Bu- chenwald, dann nach Rehmsdorf und Komotau. Seine letzte Station als KZ-Häftling war The- resienstadt. Zum Zeitpunkt der Befreiung waren von den 828 Juden, die bereits am 30. Januar 1933 in Ba- den-Württemberg ansässig gewesen und am 1.12.1941 von Stuttgart aus deportiert worden waren, noch 35 am Leben.39

39 Sauer, Paul, Staatsanzeiger, 3.12.2001, S. 17.

21 M 6 Das Deportationsgleis am Nordbahnhof im Frühjahr 2002. Foto: Stiftung Geißstraße Sieben

M 7 Ansichtsskizze zum Entwurf für die Gedenkstätte aus dem Wettbewerb. Foto: Stiftung Geißstraße Sieben

22 M 8 Wettbewerb Nordbahnhof 2002

Im Mai 2002 hat eine Jury aus Politikern, Architekten, Stadtplanern und Kulturschaffenden aus insge- samt 19 Arbeiten von Studentengruppen zwei prämiert, die eine Grundlage für das geplante Mahnmal bilden könnten. Die beiden ausgezeichneten Arbeiten finden ganz unterschiedliche Lösungsansätze:

Ole Scheer und Ann-Cristin Saß von der Fachhochschule Nürtingen haben die derzeitige Struktur des Geländes auf dem Nordbahnhof belassen: Ihr Entwurf sieht vor, dass die Gleise und das Schotterbett von einer Balustrade eingefasst werden. Am südlichen Ende des Areals befindet sich ein überdachter Bereich, in dem sich die Besucher über die Geschichte des Orts informieren können.

23 M 8 Wettbewerb Nordbahnhof 2002

Der zweite ausgezeichnete Entwurf stammt von drei Studentinnen und Studenten der Techni- schen Universität Cottbus. Als die Stuttgarter Juden vor mehr als sechzig Jahren gegen ihren Willen abtransportiert wurden, mussten sie das Ticket für die Fahrt selbst bezahlen. Dieses makabre Vorgehen hat uns dazu veranlasst, ebenfalls ein Ticket als Zeichen der Erinnerung zu verwenden, sagt Cindy Meyer von der TU Cottbus. Ihr Entwurf sieht vor, dass auf der „Ge- denkstätte Nordbahnhof“ Fahrkartenautomaten stehen, die eine Archivfunktion übernehmen: Der Besucher kann sich über das Schicksal einzelner Opfer informieren oder allgemeine In- formationen über das jüdische Leben erhalten. Auf Anzeigetafeln wird auf die Deportation hingewiesen: „Umsteigen nach [Theresienstadt].“ Das Gebiet bleibt frei von Bebauung.

(vgl. auch: Erik Raidt: Ein Mahnmal soll an die Deportation der Stuttgarter Juden erinnern. In: Stutt- garter Zeitung, 6.5.2002, S. 19, [Ausschnitt]; Fotos: Stiftung Geißstrasse 7, Hagemann)

24 M 9

Literarische Parallelen – Jurek Becker, Jakob der Lügner

Pünktlich zum Arbeitsbeginn trifft Jakob vor dem verschlossenen Bahnhofstor ein und liest die dort befestigte Bekanntmachung. Daß wir alle uns heute Mittag, Punkt dreizehn Uhr, auf dem Platz vor dem Revier einzufinden haben, fünf Kilo Gepäck pro Person, die Wohnungen sind unverschlossen und in sauberem Zustand zurückzulassen, wer nach der festgesetzten Zeit in seinem Haus angetroffen wird, das gleiche gilt auch für Bettlägerige und Gebrechliche, Nähe- res um dreizehn Uhr am angegebenen Ort. […] Dann fahren wir. In dem Waggon ist es sehr stickig und heiß, die Juden hocken oder sitzen neben ihren fünf Kilogramm auf dem Boden, mindestens dreißig, meine ich. Das Schlafen in der Nacht, falls die reise so lange dauert, wird ein Problem, denn hinlegen können sich alle auf einmal nicht, man wird es schichtweise tun müssen. Dunkel ist es auch, die wenigen schmalen Luken unter dem dach geben nur schwa- ches Licht, außerdem sind sie fast ständig besetzt. Gespräche sind kaum zu hören, die meisten sehen aus, als hätten sie über schrecklich wichtige und ernste Dinge nachzudenken, dabei könnte man sich unter dem Geräusch der rollenden Räder unbelauscht unterhalten, trotz der Enge, wenn man nur wollte. […] wir fahren, wohin wir fahren.40

M 10 Professor Dr. Paul Sauer beim Einheben der Namensrolle der Deportierten aus Württemberg.

Foto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V

.

40 Becker, Jurek: Jakob der Lügner, a.M. 1982, S. 273f., 278f., 283.

25 M 11 Gedenkveranstaltung mit Alice Wolf am sechzigsten Jahrestag ihrer Deportation aus Haigerloch. Quelle: AUFBAU, New York/Berlin, N0. 25/December 6, 2001, S. 20

Von Original Übernehmen

M 12 Erschießungs- und Gräberstätte Bikernieki 1941.

26 Foto: Museum "Juden in Lettland", Riga

M 13 Erschießungs- und Gräberstätte Bik- ernieki 2001. Durch das weitläufige Gelände führt der "Weg des Todes", vom zentralen Gedenkplatz zu den einzelnen Grabfeldern. Entlang des Weges stehen Betonstelen mit David- stern, Kreuz oder Dornenkranz. Außer den jüdischen Opfern des Ghettos wurden hier auch lettische Verfolgte (für sie steht das Kreuz) und Kriegsgefangene unterschiedlichen Glaubens und unterschiedlicher Nationalität (Dornenkranz) ermordet.

Foto: Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.

27 M 14 Die Gräber- und Gedenkstätte Riga. Einweihungsfeier am 30. November 2001. Foto: Uldis Briedis, Riga

M 15 Die heutige Gräber- und Gedenkstätte Riga.

Die weiße Marmorstruktur bildet das Zentrum. Das Feld mit den Granitsteinen symbolisiert sowohl die Zahl der Opfer wie auch die widerstrebende und unwirtliche Aura des Ortes. Der Künstler Sergejs Rizs sagt dazu: "Die Steine sind wie ein Schrei der schuldlos Getöteten und las- sen erkennen, dass der gesamte Ort ein einziger Hinrichtungsplatz war". Im Vordergrund eine der Stelen entlang des "Weges des Todes". Sie tragen je nach den Gruppen von Opfern unterschiedliche Symbole, hier mit Dornenkranz als Märtyrer-Zeichen für die sowjetischen Kriegsgefangenen. Foto: Uldis Briedis, Riga

28 M 16 Motiv von Plakat und Katalog der Wanderausstellung " Ruth 'Sara' Lax, 5 Jahre alt, deportiert nach Riga " Deportation und Vernichtung badischer und württembergischer Juden Quelle: Staatsarchiv Ludwigsburg / Katharina Schmidt, Kirchheim u.T.

Ansprechpartner für Auskünfte und Buchungen ist das Bundesarchiv - Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, Frau Jesse, Herrenstraße 18 (Schloss), Postfach 1235, 76402 Rastatt, Tel.: (07222) 77139-4, Fax: 777139-7

29 5. Medien- und Literaturauswahl

5.1 Landeszentrale für politische Bildung: Print / Download http://www.lpb.bwue.de/ http://www.gedenkstaetten-bw.de/

5.1.1 Reihe „Bausteine“

„Euthanasie“ im NS-Staat: Grafeneck im Jahr 1940 Historische Darstellung, didaktische Impulse, Materialien für den Unterricht Hrsg.: LpB, 2000, in Zusammenarbeit mit dem Oberschulamt Tübingen (vergriffen, aber komplett online) http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/Publikationen/baustein.htm

Die Nacht, als die Synagogen brannten Texte und Materialien zum 9. November 1938 als Bausteine ausgearbeitet Hrsg.: LpB, 1998 (vergriffen, aber komplett online) http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/Publikationen/baustein.htm

Ghettos – Vorstufen der Vernichtung 1939-1944 – Menschen in Grenzsituationen Texte und Unterrichtsvorschläge Hrsg.: LpB, 2000 (vergriffen, aber komplett online) http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/Publikationen/baustein.htm

Die Erinnerung darf nicht enden Texte und Unterrichtsvorschläge zum Gedenktag 27. Januar als Bausteine ausgearbeitet von einer Gruppe des Erzieherausschusses der Gesellschaft für christ- lich-jüdische Zusammenarbeit, Stuttgart Hrsg.: LpB, CJZ, 1997 (komplett online) http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/Publikationen/baustein.htm

5.1.2 Zeitschrift „Politik & Unterricht“

Jüdisches Leben in Baden-Württemberg (2/99) Möglichkeiten zur Begegnung Besuch in einer Synagoge, Spurensuche am Heimatort, Jüdisches Leben in Deutschland heute, deutsch-israelischer Schüleraustausch – ein Projektbericht (komplett online, als Einzelexemplar erhältlich über: Landeszentrale für politische Bildung, Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Telefax 0711/16409977) http://www.lpb.bwue.de/gedenk/materialien/de/Publikationen/puu.htm

30 5.2 Filme

5.2.1 Landesmedienzentrum Baden-Württemberg http://www.lmz-bw.de/

S (42 54057) Filmdokumente als historische Quelle: Deportation Stuttgarter Juden, Killesberg 1941 (8 min) S Filmdokumente als historische Quelle: Der Stuttgarter Judenladen, Seestraße 39 (8 min) S (42 43138) Stuttgart im Zweiten Weltkrieg: Ausgrenzung und Deportation (15 min) S (42 53434) Alle Juden raus! Judenverfolgung in einer deutschen Kleinstadt (1933-1945), [Göppingen], (82 min) S (42 54265) Micha, ein Stuttgarter Jugendlicher im Widerstand, [Dokumentarfilm: Hans Gasparitsch, (23 min) S (z.Zt. nur im Verkauf, noch nicht im Verleih erhältlich) Der Besuch. Ehemalige jüdi- sche Bürger in Stuttgart (60 min)

5.2.2 Evangelisches Medienhaus http://www.evangelisches-medienhaus.de/htdocs/dynamic/95098193/ S (KF939) Geheimbund Nächstenliebe. Württembergische Hilfsaktionen für Verfolgte des Nationalsozialismus [bezieht sich auf authentische Vorkommnisse in Oberlenningen und anderen Orten Württembergs] (61 min) S (VC370/KF418) Inge und der gelbe Stern [Dokumentarfilm: Inge Auerbacher] (23 min) S (VC390) Micha [s.o.] (23 min) S (VC551) Alle Juden raus! [s.o.] S (VC717) Mut ohne Befehl. Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Stuttgart (59 min) S (VC760) Drei Tage im April (103 min) S (C294) Emigrierte Juden zurückgekehrt (30 min) S (TB399) Spurensuche, Juden und Judentum. Die Geschichte der Stuttgarter Juden von Süß Oppenheimer bis zum Holocaust (30 min)

5.2.3 Fachstelle Medien der Diözese Rottenburg-Stuttgart http://www.fachstelle-medien.de/ S (VHS:515472) Micha [s.o.] S (VHS:515506) Alle Juden raus [s.o.] S (VHS:515928) Mut ohne Befehl [s.o.]

5.2.4 Sonstiges

S Stadt Rottenburg a.N.: „Synagoge Baisingen“ – Der Film zur Ausstellung (16 min) (Informationen: Stadtarchiv und Museum Rottenburg: Tel. 07472/165351, Fax 07472/165392; Ortsverwaltung Rottenburg-Baisingen Tel. 07457, Fax 07457/696556) S „Kindertransport – In eine fremde Welt“, USA/GB 1999 (Video, FWU, 42 31447; [email protected])

31 6. Links www.lpb.bwue.de/publikat/baustein.htm www.cjzprojektschule.de www.geisstrasse.de/Projekte/projekte.html www.geisstrasse.de/Nordbahnhof /nordbahnhof.html www.goeppingen.de/geppo/gepp2699.htm (Inge Auerbacher) www.hagalil.com/deutschland/baden-wuerttemberg/i-bw.htm www.jur.uva.nl/junsv/Excerpts/615a003.htm www.leu.bw.schule.de/allg/gewalt/projekte/projekt30.html

7. Literaturverzeichnisse

7.1 allgemein

Auerbacher, Inge: Ich bin ein Stern. Weinheim und Basel 1992.

Becker, Jurek: Jakob der Lügner. Frankfurt 1976.

Gedenkbuch: Die Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Baden-Württemberg 1933- 1945. Ein Gedenkbuch. Hrsg. von der Archivdirektion Stuttgart. [Bearb. von Paul Sauer]. Stuttgart 1969. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden Württemberg, Beiband zu Bd. 20).

Goebbels, Joseph: Tagebücher. Hg. von Ralf Georg Reuth. Bd. 3. München 21992.

Greif, Gideon: Wir weinten tränenlos. Augenzeugenberichte des jüdischen „Sonderkommandos“ in Auschwitz, Frankfurt 32000.

Internationaler Militärgerichtshof Nürnberg (IMT): Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof.Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946. (Deutsche Ausgabe). Nachdruck München 1984.

Kammer, Hilde / Elisabet Bartsch: Lexikon Nationalsozialismus. Begriffe, Organisationen und Insti- tutionen. Reinbek b. Hamburg 1999.

Klemperer, Viktor: Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten. Tagebücher 1933. 1945. Berlin ³1999.

Krausnick, Helmut: Judenverfolgung. In: Buchheim, Hans [u.a.] (Hg.): Anatomie des SS-Staates. Bd. II. München1967, S. 233-366.

Levy Drucker, Olga: Kindertransport. Allein auf der Flucht, Göttingen 1995

Poliakov, Léon / Joseph Wulf: Das Dritte Reich und die Juden. Dokumente und Aufsätze. Berlin 1955.

Sauer, Paul: Zum 40. Jahrestag der „Reichskristallnacht“. Die Verfolgung der jüdischen Bürger in Baden-Württemberg 1933 bis 1945. In: Lehren und Lernen, 4. Jg. 1978, Heft 10, S. 16-52.

Sauer, Paul: Dokumente über die Verfolgung der Jüdischen Bürger in Baden-Württemberg durch das nationalsozialistische Regime 1933-1945. Teile I und II. Im Auftrag der Archivdirektion Stuttgart bearb. von Paul Sauer. Stuttgart 1966. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwaltung Baden Württemberg, Bd. 16 und Bd. 17).

32 Sauer, Paul: Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs während der nationalsozialisti- schen Verfolgungszeit 1933-1945. Stuttgart 1969. (Veröffentlichungen der Staatlichen Archivverwal- tung Baden Württemberg, Bd. 20).

Sauer, Paul: Ganze Familien wurden in den Tod getrieben. Die Deportation der württembergischen und hohenzollerischen Juden am 1. Dezember 1941 von Stuttgart nach Riga, in: Staatsanzeiger, 3.12.2001, S. 17.

Sauer, Paul / Hosseinzadeh Sonja: Jüdisches Leben im Wandel der Zeit.170 Jahre Israelitische Relig- ionsgemeinschaft, 50 Jahre neue Synagoge in Stuttgart. Hrsg.: Israelitische Religionsgemeinschaft Württembergs, Stuttgart 2002. ISBN 3-88350-338-X

Walk, Joseph: Das Sonderrecht für Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien – Inhalt und Bedeutung. Heidelberg 21996.

7.2 Örtlich

Bad Buchau

Jüdisches Leben in Buchau, 1998 (Ausstellungskatalog) Charlotte Mayenberger: Moritz Vierfelder: Leben und Schicksal eines Buchauer Juden, 2000

Charlotte Mayenberger: Von Buchau nach Theresienstadt – Dr. Oskar Moss 1869-1966. In: Heimatkundliche Blätter für den Kreis Biberach, 2000

Josef Mohn: Der Leidensweg unter dem Hakenkreuz, o.O.,1970

Bad Mergentheim

Hermann Fechenbach: Die letzten Mergentheimer Juden. Nachdruck der Stadt Bad Mergentheim, 1997

Crailsheim

Kathrin Fastnacht: Crailsheim während des Nationalsozialismus. Crailsheim/Gerabronn 1997. In: Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte und Heimatkunde in Württembergisch Franken 14, vergriffen

Folker Förtsch: Nur die Gräber sind übrig geblieben und die Wunde im Herzen. Die Geschichte und das Ende der jüdischen Gemeinde in Crailsheim. In: Heimatbuch Crailsheim. Hrsg. von Johann Schumm. Crailsheim 2001 (erw. und verb. Neuauflage)

Hans-Joachim König: Die Crailsheimer Juden und ihr Schicksal in 6 Jahrhunderten. In: Mitteilungs- blätter des Crailsheimer Historischen Vereins 4 (1987) S. 5-74. Restexemplare beim Crailsheimer Historischen Verein und beim Stadtarchiv erhältlich

Markus Lang: Spuren jüdischen Lebens in Crailsheim. Entwurf für zeitgeschichtliche Exkursionen mit Schülern der Hauptschule. Schwäbisch Gmünd, o.J.

Karl W. Schubsky / Heinz Illich u.a.: Jüdisches Leben in Crailsheim. Der jüdische Friedhof. Hrsg. von der Stadt Crailsheim/Gerabronn 1996. In: Veröffentlichungen zur Ortsgeschichte und Heimatkunde in Württembergisch Franken 12

Creglingen

Hartwig Behr, Horst F. Rupp: Vom Leben und Sterben. Juden in Creglingen, Würzburg 1999.

33 Gerhard Naser: Lebenswege Creglinger Juden – Das Progrom von 1933. Der schwierige Umgang mit der Vergangenheit, Bergatreute 1999.

Esslingen

Von Weimar bis Bonn. Begleitband zur Ausstellung 1919-1949. Esslingen a.N. 1991.

Hahn, Joachim: Jüdisches Leben in Esslingen. Esslingen a.N. 1994. Beide Bände sind über das Stadt- archiv zu beziehen: Stadtarchiv Esslingen, Marktplatz 20, 73728 Esslingen

Freudental

Theobald Nebel: Die Geschichte der Freudentäler Juden,. 21989

Göppingen

Aron Tänzer: Die Geschichte der Juden in Jebenhausen und Göppingen. Mit erweiternden Beiträgen über Schicksal und Ende der Göppinger Judengemeinde 1927-1945. Neu herausgegeben von Karl- Heinz Rueß. Anton H. Konrad Verlag. Weißenhorn 1988. ISBN 3-87437-274-X

Broschüre: Die Deportation der Göppinger Juden. Verfasser: Karl-Heinz Rueß. Göppingen 2001

Heilbronn

Hans Franke: Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn. Vom Mittelalter bis zur Zeit der nati- onalsozialistischen Verfolgungen (1050-1945) Heilbronn 1963. (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt Heilbronn 11) ISBN: 3-928990-04-7; Preis: 11,80 DM.

Hohebach

Häfele, K., Leiberich,G., Zeller, E.(Hrsg.): „Ich liebte dieses Dorf und seine Leute“ – Jüdisches Leben in Hohebach. Hohebach 1998. (vergriffen, Neuauflage geplant)

Horb am Neckar

In Stein Gehauen. Lebensspuren auf dem Rexinger Judenfriedhof. Theiss Verlag, Stuttgart o.J.

Igersheim

Elmar Weiß: Die Juden von Igersheim. Hrsg. von der Gemeindeverwaltung Igersheim. Zu beziehen über: Gemeindeverwaltung Igersheim, Möhlerplatz 9, 97999 Igersheim

Künzelsau

Martin Frey, Stefan Kraut: ...und lebten unter uns. Juden in Künzelsau. Künzelsau 1993

Neudenau (Landkreis Heilbronn)

Wolfram Angerbauer & Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. Heil- bronn, 1988

Niederstetten

Heimatbuch Niederstetten. Niederstetten 1991 S. 317ff.

34 Obersulm (Kreis Heilbronn)

Obersulm – 6 Dörfer – 1 Gemeinde (Heimatbuch 1997). Zu beziehen über die Gemeinde Obersulm

Heinrich Noller: Heimatbuch Eschenau,. Geschichte und Geschichten aus dem oberen Weinsberger Tal. Weinsberg , 1984, vergriffen

150 Jahre ehemalige Synagoge Affaltrach

Öhringen

Stadt Öhringen (Hrsg.): Jüdische Bürger in Öhringen. Eine Dokumentation, Öhringen 1993.

Rottenburg am Neckar (-Baisingen)

Franziska Becker: Gewalt und Gedächtnis. Erinnerungen an die nationalsozialistische Verfolgung einer jüdischen Landgemeinde. Göttingen 1994

Karlheinz Geppert: Jüdisches Baisingen. Haigerloch 2000 Nationalsozialismus im Landkreis Tübingen. Eine Heimatkunde Tübingen 1988. Erhältlich in der Ge- denkstätte Synagoge Baisingen

Rottweil

Winfried Hecht: Rottweil 1802-1870. Rottweil 1997 S. 199ff.

Winfried Hecht: Jüdisches Rottweil. Einladung zu einem Rundgang, S. 11ff. Verlag Medien und Dialog. ISBN 3-933231-02-7

Schöntal

1200 Jahre Berlichingen. Hrsg. von der Gemeindeverwaltung Berlichingen. Berlichingen, 2000, S. 49ff.

Schwäbisch Gmünd

Ernst Lämmle: Die Gmünder Juden. Wege und Schicksale 1861-1945. Einhorn-Verlag Eduard Die- tenberger, Schwäbisch Gmünd. 21999 ISBN: 3-927654-71-X

Ortrud Seidel: Mut zur Erinnerung. Geschichte der Gmünder Juden – eine persönliche Spurensuche. 21999 ISBN: 3-926043-11-3

Schwäbisch Hall

Gerhard Taddey: Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im Landkreis Schwäbisch Hall. (For- schungen aus Württ. Franken, Bd. 36) ISBN: 3-7995-7636-6

Siegelsbach

Rudolf Petzold: Heimatbuch der Gemeinde Siegelsbach. Ausgabe 1986. S. 161-164

Stuttgart

Maria Zelzer: Weg und Schicksal der Stuttgarter Juden. Stuttgart 1964

Roland Müller: Stuttgart zur Zeit des Nationalsozialismus. Stuttgart 1988, vergriffen

35 Tübingen

Benigna Schönhagen: Tübingen unterm Hakenkreuz. Eine Universitätsstadt in der Zeit des National- sozialismus. (Beiträge zur Tübinger Geschichte, hrsg. von der Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt, Band 4) Theiss Verlag Stuttgart 1991 492 Seiten, 19,40 € ISBN 3-8062-0838-7

Der jüdische Friedhof Wankheim. Dokumentiert von Frowald Gil Hüttenmeister in Zusammenarbeit mit Elke Maier und Jan Maier. (Beiträge zur Tübinger Geschichte, hrsg. von der Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt, Band 7) Theiss Verlag Stuttgart 1995. 304 Seiten, 154 Abbildungen, 5 Karten, 24,50 € ISBN 3-8062-1195-7

Zerstörte Hoffnungen. Wege der Tübinger Juden. Hrsg. von der Geschichtswerkstatt Tübingen. (Bei- träge zur Tübinger Geschichte, hrsg. von der Universitätsstadt Tübingen, Kulturamt, Band 8) Theiss Verlag Stuttgart 1995 36 Seiten, 321 Abbildungen, 24,50 € ISBN 3-8062-1216-3

Benigna Schönhagen, Wilfried Setzler: Jüdisches Tübingen. Schauplätze und Spuren. Medien und Dialog, Haigerloch 1999 38 Seiten, 28 Abbildungen und 1 Karte. 2,50 € ISBN 3-933231-08-6

Benigna Schönhagen (Hrsg.): Vorbei und Vergessen. Nationalsozialismus in Tübingen. Katalog zur Ausstellung im Stadtmuseum. 1992, 438 Seiten, über 500 Abbildungen ISBN 3-910090-02-8 vergrif- fen

Lilli Zapf: Die Tübinger Juden. Eine Dokumentation. Tübingen, Katzmann Verlag 31981. 288 Seiten, 62 Abbildungen, vergriffen

Ulm

Heinz Keil: Dokumentation über die Verfolgung der jüdischen Bürger von Ulm/Donau. Ulm 1961. Beziehbar über die Stadt Ulm, Zentrale Dienste/Verwaltungsabteilung, Rathaus, 89070 Ulm.

Zeugnisse über die Geschichte der Juden in Ulm. Erinnerungen und Dokumente. Hrsg. vom Stadtar- chiv Ulm. Ulm 1991. Beziehbar über das Rathaus, 89070 Ulm.

Hildegard Sander (Bearb.): Ulmer Bilder-Chronik Bd. 5b. Ulm 1989 Karl-Höhn-Verlag

Resi Weglein: Als Krankenschwester im KZ Theresienstadt. Erinnerungen einer Ulmer Jüdin. In: Die NS-Zeit in der Region Ulm / Neu-Ulm. Bd. 2.Hrsg. von Silvester Lechner und Alfred Moos. Stuttgart 1988. Beziehbar über das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg bzw. über den Silberburg-Verlag.

36