Plenarprotokoll 12/17

Deutscher

Stenographischer Bericht

17. Sitzung

Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 1: -Ingrid Matthäus-Maier SPD 1045 C Befragung der Bundesregierung (Berufs- , Parl. Staatssekretär bildungsbericht; erste Grundmietenver- BMF 1045D ordnung ; Betrieb skostenumlageverord- Dr. Willfried Penner SPD 1046B nung und weitere aktuelle Fragen) Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 1039 B BMVg 1046B Doris Odendahl SPD 1040 B Dr. Peter Struck SPD 1046C Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 1040 C Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär Dr.-Ing. Rainer Jork CDU/CSU 1041 B BMVg 1046C Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 1041 C Eckart Kuhlwein SPD 1041D Tagesordnungspunkt 2: Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 1041D Fragestunde — Drucksache 12/266 vom 15. März Dirk Hansen FDP 1041 D 1991 — Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister BMBW 1042 A Verhinderung der weiteren Zerstörung alter Iris Gleicke SPD 1042 B sorbischer Kulturlandschaften, -denkmäler und Dörfer sowie der Verdrängung der Sor- Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesmini ben aus ihren angestammten Gebieten durch ster BMBau 1042C den Braunkohlenabbau, insbesondere in der Clemens Schwalbe CDU/CSU 1043 C Niederlausitz Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesmini MdlAnfr 9 ster BMBau 1043 C Angela Stachowa PDS/Linke Liste Achim Großmann SPD 1044 A Antw PStSekr Klaus Beckmann BMWi . . 1047 A Dr. Walter Hitschler FDP 1044 A ZusFr Angela Stachowa PDS/Linke Liste . 1047 C

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesmini Reaktion der EG-Kommission auf ein deut- ster BMBau 1044 A sches Atrazin-Verbot Dr. Franz Möller CDU/CSU 1044 D MdlAnfr 10, 11 Susanne Kastner SPD Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesmini ster BMBau 1044 D Antw PStSekr BML . . . 1047D Wolfgang Roth SPD 1045 A ZusFr Susanne Kastner SPD 1048 A Dr. Lutz G. Stavenhagen, Staatsminister BK 1045 A ZusFr Günther Bredehorn FDP 1049 B II Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Auftreten der Viehseuche BSE in Frankreich; Nächste Sitzung 1057 C Verbesserung der Vorsorgemaßnahmen, ins- besondere bei der Tiermehlverfütterung Anlage 1 MdlAnfr 12, 13 SPD Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1059* A Antw PStSekr Georg Gallus BML . . . 1049C, D Anlage 2 ZusFr Brigitte Adler SPD . . . . 1049C, 1050 A Investitionsschwerpunkte der Bundespost im ZusFr Günther Bredehorn FDP 1050 C Gebiet der Oberpostdirektion Regensburg 1991 Verzicht auf Durchführung von Waffen- MdlAnfr 1 — Drs 12/266 — schauen der Bundeswehr, z. B. vom 18. bis SPD 14. April 1991 in Villingen-Schwenningen SchrAntw PStSekr Wilhelm Rawe BMPT . 1059* C MdlAnfr 17 Klaus Kirschner SPD Anlage 3 Antw PStSekr Dr. Ottfried Hennig BMVg 1050 D Beschleunigte Überprüfung und Neuord- ZusFr Klaus Kirschner SPD 1051B nung der Zusatzversorgungssysteme der frü- heren DDR; Anhebung der Sozialversiche- Beibehaltung des Standorts des Militärge- rungsrenten zum 1. Juli 1991 schichtlichen Forschungsamts und des Bun- desarchivs-Militärarchivs in Freiburg MdlAnfr 2, 3 — Drs 12/266 — Günther Heyenn SPD MdlAnfr 18, 19 SPD SchrAntw PStSekr BMA . 1059* D Antw PStSekr Dr. Ottfried Hennig BMVg . 1051D, 1052 B Anlage 4 ZusFr Gernot Erler SPD . . . . 1052A, 1052 C Schutz des tropischen Regenwaldes MdlAnfr 4 — Drs 12/266 — Zahlungsverzug des Bundesamtes für Zivil- Claire Marienfeld CDU/CSU dienst gegenüber Zivildienstleistenden aus SchrAntw PStSekr Michaela Geiger BMZ . 1060* C „haushaltsrechtlichen Gründen" ; Aufgaben- vorbereitung für die erstmalig gewählten Vertrauensmänner Anlage 5 MdlAnfr 26, 27 Genehmigung zum Export von Anlagentei- Dr. SPD len für die Herstellung chemischer Produkte nach Libyen, Syrien und den Iran; Erkennt- Antw PStSekr BMFJ . . . . 1053 A nisse über die Produktion von Giftgas ZusFr Dr. Margrit Wetzel SPD 1053 D MdlAnfr 6, 7 — Drs 12/266 — ZusFr Manfred Opel SPD 1054 D Hermann Bachmaier SPD SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 1060' D Verbleib der für die Ausbildung von Ärzten im Praktikum und medizinischem Personal in den neuen Bundesländern versprochenen Anlage 6 Mittel Beteiligung der PREUSSAG AG an der iraki- MdlAnfr 28 schen Giftgasproduktion Renate Jäger SPD MdlAnfr 8 — Drs 12/266 — Antw PStSekr Dr. Sabine Bergmann-Pohl SPD BMG 1055 A SchrAntw PStSekr Klaus Beckmann BMWi 1061* B ZusFr Renate Jäger SPD 1055 C Anlage 7 Gewährleistung der Qualitätskontrolle pri- vat organisierter Krankenpflegedienste Anteil der Lieferungen aus Beständen der ehemaligen NVA am deutschen Beitrag zur MdlAnfr 31, 32 Befreiung Kuwaits Alfons Müller (Wesseling) CDU/CSU MdlAnfr 15, 16 — Drs 12/266 — Antw PStSekr Dr. Sabine Bergmann-Pohl Dr. SPD BMG 1055D, 1056A SchrAntw PStSekr Dr. Ottfried Hennig ZusFr Alfons Müller (Wesseling) CDU/CSU 1056 C BMVg 1061* C Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 III

Anlage 8 MdlAnfr 23 — Drs 12/266 — Kosten der Kommandeurtagung der Bundes- Andrea Lederer PDS/Linke Liste wehr im Bonner Maritim-Hotel SchrAntw PStSekr Dr. Ottfried Hennig MdlAnfr 20 — Drs 12/266 — BMVg 1062* D Albrecht Müller (Pleisweiler) SPD SchrAntw PStSekr Dr. Ottfried Hennig BMVg 1061*D Anlage 11 Anzahl der Ersatzdienstleistenden in den Anlage 9 einzelnen Institutionen; Verweigerung der Erledigung von Pflegeaufgaben Reduzierung der Bundeswehr-Truppen- stärke erst nach Inkrafttreten des Wiener MdlAnfr 24, 25 — Drs 12/266 — KSE-Abkommens angesichts der im Zwei- Benno Zierer CDU/CSU plus-Vier-Vertrag eingegangenen Ver- pflichtung; sozialverträglicher Abbau der SchrAntw PStSekr Peter Hintze BMFJ . . 1063* A ehemaligen NVA-Truppen MdlAnfr 21, 22 — Drs 12/266 — PDS/Linke Liste Dr. Anlage 12 SchrAntw PStSekr Dr. Ottfried Hennig Zahl der Verfahren gemäß § 63 Arzneimittel- BMVg 1062* A gesetz; Art der betroffenen Präparate

MdlAnfr 29, 30 — Drs 12/266 — Anlage 10 Horst Jaunich SPD Nächste NATO-Manöver auf dem Gebiet der östlichen Türkei; beteiligte Bundeswehrein- SchrAntw PStSekr Dr. Sabine Bergmann- heiten Pohl BMG 1063* D

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17. Sitzung

Bonn, den 20. März 1991

Beginn: 13.00 Uhr

Vizepräsident Helmuth Becker: Guten Tag, meine wirtschaftsstrukturelle Erneuerungsprozeß in den sehr verehrten Damen und Herren! Die Sitzung ist neuen Bundesländern Anforderungen in völlig neuen eröffnet. Dimensionen. Vor Eintritt in die Tagesordnung der 17. Sitzung des Auch mit Blick auf die hohen Zahlen an Arbeitslo- Deutschen Bundestages am Mittwoch, dem 20. März sen und Kurzarbeitern kommt ihr in den neuen Bun- 1991 möchte ich Ihnen folgendes mitteilen. desländern sowohl wirtschafts- und arbeitsmarkt- als Interfraktionell ist vereinbart worden, daß die für auch sozialpolitisch eine nicht zu überschätzende Be- heute vorgesehene Aktuelle Stunde betreffend deutung bei. Wenn die neuen Bundesländer rasch Zwangsuntersuchungen bei Frauen im Zusammen- vergleichbare Lebensbedingungen erreichen sollen, hang mit § 218 bei Grenzübertritten entfallen soll. muß dieser Prozeß durch eine breit angelegte Quali- Auf Verlangen der Fraktion der SPD soll dafür mor- fizierungsoffensive begleitet werden, in der die In- gen im Anschluß an die Fragestunde eine Aktuelle strumente von Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Be- Stunde zum Thema „Haltung der Bundesregierung rufsbildungspolitik aufeinander abgestimmt einge- zur sozialen Lage der Menschen in den fünf neuen setzt werden müssen. Bundesländern" stattfinden. Zweitens. Der in den alten Bundesländern zuneh- mende Nachwuchsmangel an Fachkräften fordert Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 auf: dringend Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung der beruflichen Bildung. Berufliche Bildung muß Befragung der Bundesregierung ebenso günstige Optionen öffnen wie andere Bil- Der Staatsminister beim Bundeskanzleramt, Herr dungsbereiche, und sie muß für alle Bewerbungen hat mitgeteilt, daß sich das Kabinett gleichermaßen Anreize bieten. gestern u. a. mit dem Berufsbildungsbericht 1991, der ersten Grundmietenverordnung und der Betriebsko- Der Eindruck vieler Eltern und Jugendlicher, die stenumlageverordnung befaßt hat. berufliche Bildung verbaue Lebensperspektiven, die nur das Abitur oder ein Studium bieten könnten, muß Ich erinnere an unsere Regeln, nach denen im An- durch geeignete Maßnahmen korrigiert werden. Dazu schluß an diese Thematik Fragen zu anderen Berei- gehören die weitere Modernisierung der Ausbildung chen gestellt werden können. und der Lehr- und Lernmethoden, eine stärkere Diffe- Die Bundesregierung hat mitgeteilt, daß der Bun- renzierung der beruflichen Bildung nach den indivi- desminister für Bildung und Wissenschaft berichtet. duellen Neigungen, Fähigkeiten und Leistungsmög- Das Wort hat der Bundesminister für Bildung und Wis- lichkeiten der Jugendlichen, die in diesem Jahr be- senschaft, Herr Dr. Ortleb. ginnende Begabtenförderung wie auch die Verwirkli- chung der Forderung nach mehr Gleichwertigkeit von beruflicher und allgemeiner Bildung. Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und Wissenschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Her- Ganz entscheidend wird es darum gehen, der beruf- ren! Dem Bundeskabinett lag gestern der Beschluß lichen Bildung den Nimbus einer nachrangigen Qua- zum Bildungsbericht 1991 vor. Lassen Sie mich hierzu lifizierung mit vermeintlich eingeschränkten Perspek- einige grundsätzliche Anmerkungen machen. tiven für den Einsatz zu nehmen. Dies gilt jedoch nur, Im Zentrum der Berufsbildungspolitik der kommen- wenn im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbil- den Jahre stehen vier Schwerpunktaufgaben, die dung auch der Erwerb formaler Berechtigungen wie gleichzeitig angegangen werden müssen. in den allgemeinbildenden Schulen ermöglicht wird. Ich werde die Diskussion um die Gleichwertigkeit Erstens. In den neuen Bundesländern muß Vorsorge beruflicher und allgemeiner Bildung neu aufnehmen getroffen werden, daß jeder Jugendliche, der das will, und Konzepte zur Umsetzung dieser Forderungen er- einen Ausbildungsplatz erhalten kann. Gleichzeitig arbeiten. muß der Anpassungsprozeß an die westdeutsche Aus- bildungspraxis weiter vorangebracht werden. An die Drittens. Europa ist eine Herausforderung an uns berufliche Weiterbildung stellt der ökonomische und alle. Auch das deutsche berufliche Bildungswesen hat 1040 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Bundesminister Dr. Rainer Ortleb sich dem europäischen Wettbewerb zu stellen. Es ist ein Sofortprogramm sein müßte, niederschlagen mein Anliegen, den Stellenwert des dualen Systems in muß? der Europäischen Gemeinschaft zu erhalten und zu Ich will Ihnen die Zahlen noch einmal vor Augen stärken. Im Interesse der Beschäftigten und der Wett- halten. Sie haben die 130 000 zu erwartenden Schul- bewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft muß sich die be- abgänger und die 53 000 zur Verfügung stehenden rufliche Bildung noch stärker als bisher auf die offe- Ausbildungsplätze angesprochen. Ich ergänze diese nen europäischen Märkte einstellen. Die Berücksich- Angaben um die Zahl von 30 000 unversorgt geblie- tigung der Anforderungen des Binnenmarktes in der benen Bewerberinnen und Bewerbern des vorherigen Berufsbildung ist eine wichtige Grundlage, um die Jahres und um die Aussage, daß bis zum September Chancen dieses Marktes nutzen zu können. eine Zahl von rund 20 000 Abbrecherinnen und Ab- Viertens. Angesichts der demographischen Ent- brechern bekannt geworden ist. Somit wären wir wicklung verlangt der gesellschaftliche, technische schon bei einer Zahl von rund 180 000 angelangt. und wirtschaftliche Wandel und nicht zuletzt die zu- Wenn ich die Zahl der gemeldeten Ausbildungs- nehmende Europa-Orientierung der Wirtschaft von plätze betrachte, sehe ich die deutliche Gefahr, daß den bereits im Beruf Stehenden immer wieder neue nach der Steuerlüge nun eine Ausbildungsplatzlüge berufliche Fähigkeiten und Kenntnisse. Der berufli- entstehen könnte, wenn Sie die Aussage aufrecht- chen Weiterbildung kommt deshalb vor allem auch erhalten wollen, daß für jede und für jeden ein Aus- für die neuen Länder die Bedeutung eines Schlüssel- bildungsplatz vorhanden sei. Ich frage Sie deshalb bereiches für die Bewältigung der Zukunft zu. ganz gezielt: Welches Sofortprogramm hat die Bun- Lassen Sie mich auf ein besonders dringliches Auf- desregierung vorgesehen? gabengebiet etwas differenzierter eingehen. In den neuen Bundesländern ist 1990 das Ziel einer ausrei- Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und chenden Versorgung der Jugendlichen zwar erreicht Wissenschaft: An diesem Problem arbeitet eine inter- worden. Dieses Ergebnis konnte jedoch nur durch die ministerielle Arbeitsgruppe. An dieser Arbeitsgruppe gemeinsame Anstrengung aller Verantwortlichen der sind Vertreter des Bundesministers für Bildung und beruflichen Bildung und durch massive staatliche Wissenschaft und des Bundesministers für Arbeit be- Stützungsmaßnahmen erreicht werden. Allein das teiligt. Sie wird die Zielstellung verfolgen, den Prozeß Vorsorgeprogramm der Bundesregierung hat für begleitend in ähnlicher Weise zu behandeln und zu rund 40 000 der rund 140 000 nachfragenden Jugend- fördern, wie das im vorigen Jahr erfolgreich gesche- lichen Plätze bereitstellen können. Für 1991 ist in den hen ist. Wir gehen davon aus, daß über diesen Prozeß neuen Bundesländern mit 120 000 Nachfragern zu nachgedacht werden muß. Ich möchte nochmals dar- rechnen. Derzeit haben wir Meldungen über 53 000 auf hinweisen, daß alles das, was geeignet ist, die Pro- angebotene Ausbildungsplätze. Ich bitte aber zu be- bleme in natürlicher Weise zu bewältigen, den Vor- achten, daß dieser Prozeß ein laufender ist. Diesen rang haben muß vor Reglementierungen. 53 000 Angeboten standen derzeit auch nur 54 000 Ich meine, daß Komponenten dieser Überlegungen Bewerber gegenüber. sein können: die Gemeinschaftsaktion, die Sie als das Die Versorgungsproblematik darf deshalb für 1991 für uns derzeit einzig spürbare Programm bezeich- in den neuen Bundesländern nicht geringer einge- nen; die Sicherung dessen, daß Treuhandbetriebe schätzt werden als im Vorjahr. Eine Fortsetzung der auch die Ausbildungsforderungen erfüllen und daß öffentlichen Förderung zur Stützung des Ausbil- ähnlich wie im vorigen Jahr eine Konkurslehrlings - dungsmarktes in den neuen Ländern ist zwingend förderung ins Auge gefaßt wird — jedoch nur dann, geboten. Wir brauchen eine Ausbildungsoffensive, wenn keine anderen Mittel mehr das Problem bewäl- die über die Anstrengungen des Vorjahres hinausgeht tigen können. Ferner muß auch für außerbetriebliche und die Unterstützung aller Politikbereiche hat. Dabei Ausbildung mehr getan werden, aber immer in einem muß dem Erhalt von betrieblichen Ausbildungsplät - dann feststellbaren Maße. Bedenken Sie bitte, daß zen Vorrang vor außerbetrieblicher Bildung einge- auch im Vorjahr die unvermeidlichen staatlichen räumt werden. Der Bund muß hierbei Vorreiter sein Maßnahmen erst zu einem relativ späten Zeitpunkt und alle Möglichkeiten in seinem Verantwortungsbe- durchgeführt wurden, um einer natürlichen Gesun- reich zur Steigerung des betrieblichen Ausbildungs- dung der Wirtschaft Raum geben zu können. Wir soll- platzangebotes in den neuen Bundesländern nutzen. ten die betriebliche Ausbildung auf jeden Fall vor Entsprechendes gilt für Länder und Kommunen. einer außerbetrieblichen rangieren lassen. Danke schön. Ich möchte Ihr Bild mit Zahlen anreichern, die die- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) ses Bild wesentlich besser erscheinen lassen: Mir ist aus der Stadt bekannt, gemeldet in den „Dresdner Neuesten Nachrichten" vom 11. März, daß Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Minister, die 38 dort in der Berufsberatung Beschäftigten davon vielen Dank für diesen Bericht. ausgehen, 2 500 Ausbildungsplätze sichern zu müs- Es liegt uns eine Wortmeldung vor. Frau Doris sen, daß derzeit 2 017 gesichert sind und daß sie noch Odendahl, bitte schön. nicht am Ende ihrer Möglichkeiten sind.

Doris Odendahl (SPD): Herr Minister, sind Sie ange- Vizepräsident Helmuth Becker: Eine Zusatzfrage sichts der von mir jetzt zu ergänzenden Zahlen bezüg- von Frau Doris Odendahl. lich der Ausbildungssituation in den neuen Ländern nicht der Meinung, daß sich die von Ihnen angespro- Doris Odendahl (SPD): Herr Minister, nachdem Sie chene Offensive in einem konkreten Programm, das jetzt sagen, es sei eine Gruppe zur Vorbereitung eines Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1041

Doris Odendahl eventuell notwendig werdenden Programms tätig, Wie kann man dem vorbeugen? — Haben Sie die und nachdem Sie die bereits heute bestehenden Defi- Frage verstanden? zite bestätigt haben — demnach sind das nun wohl (Dr. Penner [SPD]: Herr Ortleb ist Mathema 180 000 junge Menschen —, können Sie dann noch tiker!) abwarten, bis eine Gruppe nun sozusagen ihr Ergeb- nis vorlegt, das wiederum nur die Zahlen bestätigt? Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und Sehen Sie es auf Grund der sonstigen wirtschaftlichen Wissenschaft: Ich hoffe daher, die Frage verstanden und arbeitsplatzmäßigen Entwicklung nicht für drin- zu haben. — Zunächst zur Frage: Wie verhalten wir gend geboten an, nun selbst und über die Gruppe uns bei dem Angebot von Ausbildungskapazitäten, hinaus, die die Vorarbeiten leistet, sofort initiativ zu die in den westlichen Bundesländern liegen, die für werden? die Auszubildenden aus den östlichen Bundesländern durchaus eine Verlockung darstellen? Ich bin der Meinung, wir sollten vor allen Dingen politisch darauf Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und einwirken, daß erkannt wird, daß nach Abzug hervor- Wissenschaft: Zunächst darf ich darauf hinweisen, ragender Arbeitskräfte aus den neuen Bundesländern daß ich Ihre Zahl von 180 000 zwar zur Kenntnis ge- jetzt nicht als weiteres der Abzug von guten Auszubil- nommen, aber nicht bestätigt habe. Wir gehen von denden stattfinden darf. Dies muß im Einvernehmen einem Defizit von 67 000 aus. Ich glaube, es macht mit den Verbänden geschehen. Da gibt es bereits gute jetzt keinen Sinn, wenn wir uns jetzt gegenseitig die Beispiele. Mir wurde beispielsweise von der Firma Zahlen vorrechnen. Siemens mitgeteilt, daß man die Mitarbeiter der Filia- Entscheidend ist, wie der Bund bereits reagiert hat. len, die man inzwischen in den neuen Bundesländern Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wir haben im Er- eingerichtet hat, im Westen ausbildet, aber davon aus- gebnis der Kabinettsitzung von gestern erneut nach- geht, daß die Absolventen dieser Ausbildung in den gefragt, wie der Bund insbesondere durch seine Mini- Betrieben im Osten eingesetzt werden. sterien und Behörden selber als Ausbildungsträger - Zur zweiten Frage: Natürlich sollte man eine staat- tätig werden kann. Nach den Hochrechnungen, die liche Reglementierung, damit sie nicht zu einem die wir dort erstellen können, können wir damit rechnen, Wirtschaftsstruktur gefährdenden Regulierungsme- daß wir eine Größenordnung von 10 000 echten Aus- chanismus wird, der weg vom Prinzip der Marktwirt- bildungsplätzen, die also keine provisorische Lösung schaft orientiert abläuft, nur dann einsetzen, wenn sind, anbieten können, von denen etwa 40 % Überbe- nach homöopathischer Behandlung lediglich eine me- darfsplätze in dem Sinne sind, daß der Ausbildungs- dikamentöse bleibt; denn medikamentöse Behand- träger selber sie nicht benötigt. lungen haben immer Nebenwirkungen.

Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und Vizepräsident Helmuth Becker: Das Wort zu einer Herren, die nächste Frage will unser Kollege Eckart weiteren Frage hat unser Kollege Rainer Jork. Kuhlwein stellen.

Eckart Kuhlwein (SPD): Herr Minister, wollen Sie Dr.-Ing. Rainer Jork (CDU/CSU): Herr Minister, bei wirklich mit einem eigenen Programm des Bundes zur der Sicherung der Ausbildungsplätze sind sowohl die Bewältigung der Ausbildungsstellennachfrage in den Industriebetriebe in der ehemaligen DDR als auch neuen fünf Ländern warten, in der Hoffnung, irgend — das betrifft auch die vorhergehende Frage — in etwas in der Wirtschaft würde sich bis dahin noch hohem Maße staatliche Hilfen gefragt. Daraus leiten bewegen? Wie stellen Sie sich eigentlich vor, wie es sich für mich zwei Fragen ab: die Jugendlichen empfinden, wenn sie 20, 30, 40 oder Wie kann gesichert werden, daß die Lehrlinge, 50 Bewerbungen schreiben und Absagen bekommen wenn Betriebe aus der Alt-Bundesrepublik Lehrstel- oder wenn sie sich bei Betrieben bewerben, die bald len in der ehemaligen DDR anbieten — was sicher verschwinden, und keine Perspektive und keine Si- nötig ist — , ausreichend motiviert werden, wieder zu- cherheit haben, daß sie im Herbst doch noch einen rückzugehen? Ich halte das für besonders schwierig. Ausbildungsplatz haben werden? Ich kann mir vorstellen, daß dazu ein gewisses Pro- gramm nötig ist. Insofern ist eine kompakte Antwort Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und jetzt vielleicht nicht möglich. Wissenschaft: Daß die Bundesregierung abwartet, ist auf Grund der Beschlußlage in der gestrigen Kabinett- Das zweite Anliegen: Wenn wir fordern, daß die sitzung falsch dargestellt. Wir haben nur — so sehe ich Betriebe der ehemaligen DDR und sich dort neu auf- das, Herr Kuhlwein — Differenzen in den Metho- bauende Betriebe durch den Bund finanziell gefördert den. werden, dann kann doch sehr wohl eine Grundhal- tung eintreten, daß man abwartet, daß der Bund gefäl- Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und ligst immer fördert, so daß wir zu einer Diskrepanz zu Herren, die nächste Frage möchte unser Kollege Dirk dem Grundanliegen des dualen Bildungssystems Hansen stellen. kommen. Dann besteht also die Gefahr, daß die Be- triebe infolge des Abwartens weniger Lehrstellen be- Dirk Hansen (FDP): Herr Minister, wie beurteilen reitstellen als möglich ist. Sie mit Blick auf die Ausbildungsplatzvermittlung (Roth [SPD]: Wann stellt der denn endlich hinsichtlich Qualität und Quantität das Zusammen- mal seine Frage? Das ist hier doch keine De- spiel zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und letzt- batte!) lich auch den Sozialpartnern — Sie haben gesagt: vor- 1042 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Dirk Hansen rangig ist die Wirtschaft, sind die Betriebe selber ge- Vizepräsident Helmuth Becker: Bitte sehr, Frau fordert — , das von Ihnen ausdrücklich angesprochen Minister. worden ist, über solche Einzelbeispiele wie Siemens hinausgehend? Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für Meine zweite Frage, die sich daran anschließt, ist: Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Frau Abge- Läßt sich vor dem Hintergrund der erfolgreichen Ver- ordnete, zunächst einmal möchte ich einen Hinweis mittlung von Ausbildungsplätzen im vergangenen zu den Mietenverordnungen insgesamt geben. Es Jahr, gerade auch in den neuen fünf Bundesländern, sind die ersten Mietenverordnungen überhaupt, die schon in irgendeiner Weise etwas in bezug auf die es ermöglichen, den miserablen Wohnungsbestand in Absicht ableiten, die von der Bundesregierung erklärt den fünf neuen Bundesländern, an dem ja bedauerli- worden ist, den im Vergleich zur akademischen Aus- cherweise in vielen Jahrzehnten weder Instandset- bildung im Grunde nachrangigen Nimbus der berufli- zungen noch Modernisierungen in ausreichendem chen Bildung zu verbessern und eher einen Gleich- Umfang durchgeführt worden sind, jetzt endlich so stand zu erreichen? herzurichten, daß den Bürgern angemessener Wohn- raum verschafft werden kann. Das ist — dessen sind wir uns bewußt — eine schwierige Gratwanderung Dr. Rainer Ortleb, Bundesminister für Bildung und zwischen dem, was unbedingt notwendig ist, damit Wissenschaft: Ohne aktive Teilnahme der Länder und die Vermieter in die Lage versetzt werden, tatsächlich Kommunen ist das Problem Auszubildende für Herbst die notwendigen Arbeiten durchzuführen, und dem 1991 nicht bewältigbar, weil es — ich will es überhöht was den Menschen in der schwierigen Umbruchsitua- sagen — zentralistisch nicht gelöst werden kann. Es tion in den fünf neuen Bundesländern abverlangt wer- muß viel vor Ort getan werden. Das Beispiel aus Dres- den kann. den, das ich nannte, belegt, daß dort, wo eine Aktion Ich möchte eine Bemerkung zu den von Ihnen ange- vor Ort läuft, das Resultat in der Regel besser ist, sprochenen Beschlüssen der Institution ARGEBAU zumal die Ortskenntnis maßgeblich behilflich sein machen. Die ARGEBAU ist die Konferenz der Länder- kann, richtig zu beraten, was in der jeweiligen Wirt- bauminister, an denen der Bundesbauminister nur mit schaftsregion strukturell zu erwarten sein wird. Man beratender Stimme teilnimmt. Die Länderbauminister will ja so ausgebildet sein, daß man nach der Ausbil- haben nach einer langen Diskussion mehrheitlich, al- dung eingesetzt werden kann. lerdings mit einer knappen Mehrheit empfohlen, die Die Gleichbehandlung beruflicher Ausbildungsli- Mieten in den fünf neuen Bundesländern generell mit nien halte ich auch hinsichtlich der Maßnahmen und einer Obergrenze zu versehen. Argumentiert wurde Mittel für prüfenswürdig, die man einführen muß, um mit dem Hinweis auf die langjährige Situation in den die Ausbildungswege zu beschreiben und um das not- westlichen Bundesländern, insbesondere in West- wendige Entgegenkommen seitens der ausbildenden . Nun weiß aber jeder, der die Wohnungsi- Einrichtungen, sowohl solche Ausbildungen durchzu- tuation in West-Berlin kennt, daß der Wohnungsbe- führen als auch die vorgelegte Ausbildung in anderen stand dort im Gegensatz zu den alten Bundesländern, Einrichtungen anzuerkennen, zu erreichen. Hier kann wo die Mieten schon viel früher freigegeben worden nur der Weg sein, daß über die Diskussion in der Kul- sind, im Schnitt qualitativ erheblich schlechter als in tusministerkonferenz im Einvernehmen mit den Län- den westlichen Bundesländern ist. dern Regelungen getroffen werden. Schon deswegen konnte die Bundesregierung diese Empfehlung der ARGEBAU gar nicht aufgreifen, denn wir möchten, daß die Modernisierung im Woh- Vizepräsident Helmuth Becker: Weitere Fragen zu nungsbestand Ost jetzt zügig in Gang kommt. Eine diesem Themenkomplex liegen nicht vor. Herr generelle Kappungsgrenze, also eine generelle Miet- Minister, vielen Dank für die Beantwortung der Fra- obergrenze, würde diese Entwicklung weiter verzö- gen. gern wenn nicht gar völlig verhindern. Deshalb kann Ich möchte, durch einen Zwischenruf angeregt, hier sie für uns nicht in Frage kommen. noch einmal auf unsere Richtlinien aufmerksam ma- chen. In diesen Richtlinien heißt es unter Punkt 2: Vizepräsident Helmuth Becker: Bitte sehr, Sie ha- ben noch eine Zusatzfrage. Die Fragen können durch Bemerkungen einge- leitet werden. Sie müssen dann kurzgefaßt sein Iris Gleicke (SPD): Frau Ministerin, Sie selber haben und kurze Antworten ermöglichen. auf den desolaten Bauzustand — besonders im Alt- (Roth [SPD]: Einleitungen können also lang baubereich — hingewiesen. Auch wir wissen, daß ge- sein, aber die Fragen kurz!) rade dort der höchste Investitionsbedarf in Moderni- Meine Damen und Herren, es liegt uns eine weitere sierungsmaßnahmen besteht. Bitte um eine Frage vor, und zwar von Frau Iris Ich habe schon einmal auf ein Rechenbeispiel hin- Gleicke. Bitte sehr. gewiesen. Es werden mit spielender Leichtigkeit In- vestitionssummen von 200 000 DM erreicht. Wenn ich 11 % davon umlegen kann, dann würde das bedeuten, Iris Gleicke (SPD): Frau Ministerin Adam-Schwaet- daß ich 22 000 DM im Jahr auf die Mieten umlegen zer, warum sind in die neuerlichen Verordnungen kann; das würde eine monatliche Mehrbelastung von nicht die vielfältigen Vorschläge, z. B. der ARGEBAU, 1 833,33 DM bedeuten. Diese Höchstbeträge sind eingegangen, die eine Mietobergrenze fordern, die z. B. nicht mehr mit Wohngeld aufzufangen. Wie soll zeitlich begrenzt ist? Warum wurde das nicht eingear- gewährleistet werden, daß dort keine unzumutbaren beitet? Belastungen entstehen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1043

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für nünftig und sachlich auf dem Boden der Tatsachen Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Frau Abge- argumentiert. ordnete, ich glaube, wir würden den Mietern in den (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU) fünf neuen Bundesländern dienen, wenn wir weniger mit nur theoretisch denkbaren Rechenbeispielen ope- Vizepräsident Helmuth Becker: Eine weitere Frage rieren würden, wie Sie es gerade getan haben. möchte unser Kollege Clemens Schwalbe stellen. Um auf den Boden der Realitäten zurückzukom- Bitte sehr. men, möchte ich darauf hinweisen, daß 20 % des Woh- nungsbestandes in den fünf neuen Bundesländern aus Clemens Schwalbe (CDU/CSU): Frau Minister, ist selbstgenutzten Eigenheimen besteht. Sie werden es richtig, daß erstens Miete und Wohngeld eine Ein- von Menschen genutzt, die in den fünf neuen Bundes- heit bilden und daß sie nur zusammen in Kraft gesetzt ländern leben. Diese haben — das zeigt auch der Au- werden, daß zweitens Eigenheimbauer, die also priva- genschein — in den vergangenen Jahren wirklich ten Wohnbesitz haben, in diese Wohngeldregelung keine Mühen gescheut, um ihre Wohnungen bzw. eingeschlossen sind, hier also nicht ausgegrenzt wer- ihre Häuser bereits in einen vernünftigen Zustand zu den, und daß drittens der Wohngeldanspruch von dem versetzen, so daß auch aus dem Grunde eine solche Mieter an den Vermieter abgetreten werden kann? Summe überhaupt nicht in Betracht kommen kann. Weitere 20 % des Wohnungsbestandes sind in Pri- Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für vatbesitz befindliche Mietwohnungen. Die finanzielle Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Herr Abge- Situation der privaten Vermieter ist ähnlich. Deren ordneter, in der Tat gehören Wohngeldgewährung Bemühungen, aus den Wohnungen in den vergange- und Mieterhöhung zusammen. Sie werden, weil es nen Jahren — trotz der schwierigen Situation — etwas sich um unterschiedliche Verfahren handelt — Mie- Vernünftiges zu machen, waren genauso groß. ten durchlaufen ein Verordnungsverfahren, Wohn- gelder ein Gesetzesverfahren — , vielleicht nicht am Weitere 20 % befinden sich in genossenschaftli- gleichen Tag verabschiedet. Wir haben aber, auch in chem Bestand und werden sicherlich auch darin ver- bleiben. Das heißt: Diejenigen, die in solchen Woh- Gesprächen mit den Ministerpräsidenten der neuen nungen wohnen, sind nicht nur nominell, sondern Bundesländer, größten Wert darauf gelegt, sicherzu- über ihre Genossenschaftsanteile auch tatsächlich stellen, daß an dem Tag, an dem Mieterhöhungen in Kraft treten, Wohngeld ausgezahlt wird. Deswegen Miteigentümer. Der Investitionsbedarf stellt sich dort sehr unterschiedlich dar, wird aber selbstverständlich werden wir ein vereinfachtes, pauschaliertes Wohn- das tabellarisch zusammengefaßt ist und damit nach der Leistungskraft derjenigen bemessen wer- geld, den, die in diesen Wohnungen sitzen. Wie sollten sie für jeden Mieter nachvollziehbar ist, für eine Über- auch etwas anderes beschließen wollen oder kön- gangszeit in Kraft setzen. Wir werden das Element der dadurch sicherstellen, daß im nen? Einzelfallgerechtigkeit Bewilligungszeitraum, also spätestens mit Ablauf ei- 40 Prozent der Wohnungen befinden sich in der frü- nes Jahres nach Bewilligung, spitz abgerechnet wird, heren kommunalen Wohnungsverwaltung, die heute welchen Anspruch der Mieter hat. Mieterhöhung und im wesentlichen in Wohnungsunternehmen überführt Wohngeld sind aber in der Tat eine Einheit, die nicht ist. Ein Teil dieser Wohnungen wird von heute im auseinander genommen werden darf. Westen lebenden Menschen zurückgefordert, ein an- Zweitens. Auch Eigenheimbesitzer haben An- derer Teil wird von im Osten lebenden Menschen spruch auf Wohngeld. Da beim Eigenheimbesitzer zurückgefordert, und ein weiterer Teil wird bei der keine Miete anfällt, stattdessen aber Zinszahlungen Gemeinde verbleiben. und Tilgungsleistungen auf Hypotheken, wird dies Solche Investitionssummen, wie Sie sie gerade als quasi als Miete angesehen. Die Wohnkostenbela- erschreckendes Beispiel an die Wand gemalt haben, stung, die sich beim Mieter aus der Kaltmiete und der kommen in solchen Beständen schon aufgrund der Umlage der Betriebskosten zusammensetzt, Eigentumsverhältnisse nicht in Betracht. Das heißt, (Dr.Struck [SPD]: Kann man das nicht ein die Entwicklung wird sich sehr viel eher danach be- bißchen kürzer beantworten?) messen, was jetzt dringend erforderlich ist. Ich halte wird beim Eigenheimbesitzer dadurch berechnet, daß schon aus den realen Gegebenheiten Luxussanierun- Zins- und Tilgungsleistungen sowie Betriebskosten gen, wie Sie sie quasi vorschlagen und an die Wand addiert werden. malen, im Einzelfall als Forderung nicht für ausge- schlossen; es wird aber nicht der Durchschnitt sein. Drittens. Es ist vorgesehen, daß ein Mieter seinen Wohngeldanspruch auf den Vermieter übertragen Für diejenigen Mieter, die sich mit der Forderung kann, aber nur auf freiwilliger Basis. des Vermieters nach einer Luxussanierung konfron- tiert sehen, kann ich nur sagen: Die geltende Recht- (Roth [SPD]: Das sind Merkblätter und keine sprechung schützt einen Mieter gegenüber Forderun- Antworten! — Dr. Struck [SPD]: Das reicht gen nach solchen Luxussanierungen. Der Mieter kann jetzt zu dem Thema!) die Mietzahlung also schlicht verweigern, wenn sie seine wirtschaftliche Leistungskraft überfordert. Aus Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und diesem Grunde bin ich Ihnen dankbar, daß Sie diese Herren, es ist zulässig, eine Zusatzfrage zu stellen. Frage gestellt haben. Ich wäre Ihnen aber noch dank- Bitte sehr, Herr Kollege Schwalbe. barer, wenn Sie gemeinsam mit uns daran arbeiteten, die Verunsicherung nicht noch weiter wachsen zu las- Clemens Schwalbe (CDU/CSU): Keine Zusatz- sen, sondern endlich dafür zu sorgen, daß man ver- frage. 1044 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für möchte zu diesem Komplex nur noch eine Frage zulas- Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Ich merke sen. an der Reaktion der SPD-Kollegen, daß die Bundesre- (Dr. Hitschler [FDP]: Ich habe eine Zusatz gierung hier etwas beschlossen hat, das offensichtlich frage, Herr Präsident!) weitgehend auch Ihre Zustimmung trifft. — Herr Kollege Hitschler möchte eine Zusatzfrage (Schwalbe [CDU/CSU]: Das wollen die Kol stellen. legen nicht hören! — Dr. Struck [SPD]: Frau Kollegin Adam-Schwaetzer, wir sind wahn Dr. Walter Hitschler (FDP): Frau Minister, halten Sie sinnig nervös!) es angesichts der Tatsache, daß vom Bauministerium das pauschalierte Verfahren im Rahmen des Wohn- Vizepräsident Helmuth Becker: Als nächster hat geldgesetzes, das Sie vorgesehen haben, sozusagen sich unser Kollege Achim Großmann zu einer Frage sonderschulfest gemacht wurde, für gerechtfertigt, gemeldet. Bitte sehr. daß sich die Ministerpräsidenten der neuen Bundes- länder darauf berufen wollen, daß ihre Verwaltungen Achim Großmann (SPD): Ich ziehe zurück. Wir ha- nicht in der Lage seien, bis zum 1. August die Wohn- ben noch ein anderes wichtiges Thema. geldauszahlungen vorzunehmen? Er zieht zurück. Vizepräsident Helmuth Becker: Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für Dann unser Kollege Walter Hitschler. Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Die Wohn- geldauszahlung wird auch davon abhängen, daß die (FDP): Frau Minister, nach dem Dr. Walter Hitschler Gemeinden tatsächlich in der Lage sind, die erwarte- gestrigen Kabinettsbeschluß liegt es nun offensicht- ten ca. 3 Millionen Wohngeldanträge zu bearbeiten. lich in der Hand der Ministerpräsidenten der neuen Wir haben zwar mit der Möglichkeit der Übertragung Bundesländer, darüber zu entscheiden, wann diese des Anspruchs auf die Vermieter eine leichte Verein- beiden Verordnungen in Kraft treten können, entwe- fachung vorgesehen. Wir müssen aber, auch aus der am 1. August, wie es offensichtlich die Bundesre- - Gründen des Mieterschutzes, darauf bestehen, daß gierung will, oder erst am 1. Oktober. Können Sie bitte dies ein individualisierter Anspruch bleibt. Ich möchte dem Plenum Ihre Beurteilung mitteilen, welche öko- keinen Mieter dazu verpflichten, seine Einkommens- nomischen Folgen es hätte, wenn die Ministerpräsi- bescheinigung seinem Vermieter vorlegen zu müs- denten diese Entscheidung noch einmal um zwei Mo- sen. Deswegen muß sichergestellt sein, daß die Ge- nate hinausschöben? meinden vorrangig Mitarbeiter in diesem Bereich ein- stellen. Durch die großzügige Gewährung von Zu- Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für schüssen der Bundesregierung in den vergangenen Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Herr Abge- Wochen sind die notwendigen Mittel dafür vorhan- ordneter, jeder Monat, den die Mieterhöhungen spä- den. Jetzt muß auch gehandelt werden, damit die ter in Kraft treten, hat erhebliche ökonomische Aus- Mieter tatsächlich zum 1. August ihr Wohngeld be- wirkungen. kommen. Erstens. Solange die Mieten so niedrig sind, wie sie sind, entsteht ein erheblicher Subventionsbedarf bei Vizepräsident Helmuth Becker: Eine letzte Frage zu den Vermietern, also den Genossenschaften, den dem Komplex von unserem Kollegen Franz Möller. Wohnungsunternehmen und den privaten Vermie- tern. Dieser Subventionsbedarf beläuft sich auf ca. 1 Dr. Franz Möller (CDU/CSU): Frau Ministerin, an- bis 1,5 Milliarden DM pro Monat. Jede Verschiebung knüpfend an das, was Sie gerade gesagt haben: Sind über den 1. August hinaus würde also einen solchen die Wohngeldstellen in den Städten der fünf neuen zusätzlichen Subventionsbedarf, der von den neuen Bundesländer auch durch zusätzliche Ausbildungs- Bundesländern zu decken wäre, bewirken. möglichkeiten, die Ihr Haus angeboten hat, in die Zweitens. Jede Verschiebung des Mieterhöhungs- Lage versetzt, diese richtigen Entscheidungen auch termins würde bedeuten, daß die notwendigen schnell umzusetzen? Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen möglicherweise nicht einmal mehr in diesem Jahr in Dr. Irmgard Adam-Schwaetzer, Bundesminister für Gang kommen könnten, denn sie können nur durch- Raumordnung, Bauwesen und Städtebau: Herr Abge- geführt werden, wenn die Vermieter aus der Miete, ordneter, wir wollen mit unserem vereinfachten, pau- aus der Betriebskostenumlage und der Erhöhung der schalierten Verfahren — das sind Tabellen, an denen Kaltmiete die notwendigen finanziellen Mittel ha- wirklich jeder ablesen kann: Einkommen, Wohnko- ben. sten, Wohngeld, Ein-Personen-Haushalt, Personen- Ich würde es also sehr begrüßen, wenn auf der zahl, etc. — die notwendige schnelle Umsetzung er- Grundlage dieser Überlegungen tatsächlich ein mög- reichen. Dazu bedarf es zu Beginn keiner besonderen lichst früher Termin vorgesehen werden könnte. Aber Schulung. Aber selbstverständlich haben wir Schu- das hängt davon ab, daß tatsächlich gleichzeitig lungsmöglichkeiten vorgesehen. In Zusammenarbeit Wohngeld ausgezahlt werden kann. mit freien Trägern werden wir — wie schon im ver- gangenen Jahr — in großem Umfang Schulungsmög- Vizepräsident Helmuth Becker: Meine Damen und lichkeiten anbieten. Wir hoffen, daß von ihnen auch Herren, die Fragezeit für die Regierungsbefragung ist kurzfristig Gebrauch gemacht wird. abgelaufen. Sie wissen, daß es möglich ist, diese Zeit zu verlängern. Wir werden davon Gebrauch machen, Vizepräsident Helmuth Becker: Frau Minister, vie- weil noch mehrere Wortmeldungen vorliegen. Ich len Dank. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1045

Vizepräsident Helmuth Becker Jetzt hat sich der Kollege Wolfgang Roth zu einem Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Habe ich der Antwort anderen Themenbereich gemeldet. Bitte sehr. richtig entnommen, daß gesagt worden ist, der Zah- lungstermin für die dritte Rate, der 28. März 1991, Wolfgang Roth (SPD): Ich richte meine Frage an das werde im Lichte der Gespräche überprüft — mit der Kanzleramt. — Der amerikanische Kongreß hat für Folge, daß möglicherweise gar nicht überwiesen Ausgaben für den Krieg am Golf nach eigenen Schät- wird? zungen, nach Schätzungen des Budgetdirektors der Ausweislich des Protokolls des Bundestages USA, 42,6 Milliarden Dollar veranschlagt, wenn die- — 13. Sitzung am Dienstag, dem 12. März 1991 — hat ser Krieg bis zum 31. März dauern würde. Erfreuli- Finanzminister Waigel hier folgendes wörtlich ge- cherweise ist er schon einen Monat früher beendet sagt: worden. Wenn die Ausgaben für den Golfkrieg nicht auf Die internationalen Finanzzusagen der Partnerlän- uns zugekommen wären, ... hätten wir im Jahre der der USA betragen weit mehr als 50 Milliarden 1991 die Steuern nicht erhöht. Das ist die Wahr- Dollar. Das heißt: Es ist eine Überzahlung seitens der heit! Partnerländer gegenüber den Kosten, die die USA (Dr. Struck [SPD]: Hört! Hört!) selbst veranschlagen, vorgesehen. Will die Bundesre- gierung trotz dieses von den USA selbst eingestande- Dann geht es weiter: „(Beifall bei der CDU/CSU und nen Tatbestandes die nächste — letzte — Tranche des der FDP — Matthäus-Maier [SPD]: Schon wieder eine Beitrags zum Krieg am Golf am 28. März, wie ange- Steuerlüge!) " kündigt, doch überweisen? (Dr. Struck [SPD]: Falscher Beifall! — Dr. Möller [CDU/CSU]: Der Zwischenruf war Dr. Lutz G. Stavenhagen, Staatsminister beim Bun- auch falsch — wie alles!) deskanzler: Herr Kollege, dies war gestern nicht Ge- Ich frage den Herrn Staatssekretär Carstens aus genstand der Kabinettsberatung. Ich kann aber fol- dem Finanzministerium: Wenn sich bei diesen Ge- gendes dazu sagen: - sprächen herausstellt, daß die Anforderungen der Erstens. Die Zahlen sind noch umstritten; da gibt es Amerikaner — so sieht es ja aus — in der Tat höher auf amerikanischer Seite unterschiedliche Einschät- sind als das, was man braucht, daß also etwas übrig- zungen. bleibt, was wir nicht zu überweisen brauchen: Ist die Zweitens. Wir werden mit den Amerikanern Ver- Bundesregierung, ist speziell Herr Waigel bereit, die handlungen führen, Gespräche über die Tatsache auf- von der Bundesregierung geplanten Steuererhöhun- nehmen, daß international mehr Zusagen gemacht gen, die ausweislich des Protokolls von Herrn Waigel worden sind, als an Mitteln offenbar benötigt wer- ausschließlich im Zusammenhang mit dem Golfkrieg den. zu sehen sind — sonst, so hat er gesagt, hätte man die Steuern 1991 nicht erhöht —, um das entsprechende Drittens. Der Zahlungstermin, von dem Sie gespro- Maß abzusenken? chen haben, wird im Lichte dieser Verhandlungen überprüft werden. Vizepräsident Helmuth Becker: Antwort, Herr Vizepräsident Helmuth Becker: Eine Zusatzfrage, Staatssekretär Manfred Carstens. Herr Kollege Roth. (Dr. Struck [SPD]: Manfred, nun stehst du aber im Wald!) Wolfgang Roth (SPD): Ist die Bundesregierung be- reit, dem Deutschen Bundestag nach den Verhand- lungen mit den Vereinigten Staaten detailliert Aus- Manfred Carstens, Parl. Staatssekretär beim Bun- kunft über die Struktur der Kosten und über die desminister der Finanzen: Das ist eine typisch hypo- Gründe zu erteilen, weshalb und in welchem Umfang thetische Frage: Was würden Sie tun, wenn . . .? sie Zahlungen geleistet hat? (Roth [SPD]: Das ist immer so, wenn man pla nen muß!) Dr. Lutz G. Stavenhagen, Staatsminister beim Bun- Die Ausgangsposition ist klar: Unser Haushaltsge- deskanzler: Ja, sicher, Herr Kollege. Die Zahlungen setzentwurf sieht vor, daß die vorgesehenen Beträge werden durch das Kabinett selbstverständlich über- zu zahlen sind. Darauf haben wir uns in der Haus- prüft werden können. haltsplanung eingestellt. So ist das Ganze dem Haus- (Roth [SPD]: Ich habe nach dem Bundestag haltsausschuß, dem Parlament vorgetragen worden, gefragt!) und davon gehen wir aus. — Entschuldigung, im Bundestag. — Zunächst geht es Wenn sich die Sachlage anders darstellt, dann ent- darum, Klarheit herzustellen, wieviel insgesamt benö- scheiden wir entsprechend der Sachlage, aber zu dem tigt wurde, und dann werden diese Zahlen selbstver- Zeitpunkt, in dem die Sachlage klar ist. ständlich auch im Parlament, nämlich im Haushalts- ausschuß, erörtert werden. Ingrid Matthäus-Maier (SPD) : Dann darf ich nach- fragen. Vizepräsident Helmuth Becker: Vielen Dank, Herr Minister. Zu einer weiteren Frage hat nun unsere Kollegin Vizepräsident Helmuth Becker: Bitte sehr. Ingrid Matthäus-Maier das Wort. (Heiterkeit) 1046 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Ingrid Matthäus-Maier (SPD): Danke, Herr Präsi- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär beim Bun- dent. Ich war in die Antwort so vertieft, daß ich leider desminister der Verteidigung: Herr Kollege Penner, etwas voreilig war. Ich bitte um Entschuldigung. wir sind ja Gott sei Dank in diesem Hause Jahr für Jahr Nach den Äußerungen von Herrn Stavenhagen und in der Lage, einen neuen Haushalt aufstellen zu müs- Ihnen ist es also sehr wohl möglich, daß die geplanten, sen, und wir tun dies miteinander. Die Bemerkung von Herrn Waigel ausschließlich mit dem Golfkrieg bezieht sich auf die Haushalte ab 1992, d. h. auf die begründeten Steuererhöhungen nicht in dem Maße mittelfristige Finanzplanung. Wenn wir alle miteinan- stattfinden werden? Sie werden uns also rechtzeitig der sehen, was alles beispielsweise an dringendster vor der Verabschiedung der Steuergesetze für den Modernisierung und der Notwendigkeit, menschen- Fall, daß es so kommt, hier mit dem Vorschlag der würdige Verhältnisse zu schaffen, in den fünf neuen Absenkung der Steuererhöhungen gegenübertreten? Ländern auf uns zukommt, dann werden wir in der Tat Oder aber — das wäre die Alternative — Herr Waigel noch einmal darüber sprechen müssen, ob die dafür müßte zugeben, daß es wirklich eine Steuerlüge gibt, vorgesehenen Beträge wirklich ausreichend sind. daß er das Geld nämlich für die deutsche Einheit braucht. Vizepräsident Helmuth Becker: Nun zu einer letz- ten Frage unser Kollege Peter Struck. Manfred Carstens, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister der Finanzen: Eine Steuerlüge gibt es bei Dr. Peter Struck (SPD): Herr Staatssekretär, darf ich uns überhaupt nicht. aus Ihrer Frage schließen, daß der Bundesverteidi- gungsminister für den Haushalt 1991 und den nach- (Lachen bei der SPD) folgenden Haushalt 1992 gegenüber den jetzigen An- Das ist in der letzten Woche ausführlich debattiert meldungen im Rahmen der Kabinettsberatung für den worden. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Haushalt erhebliche Steigerungsraten für den Einzel- Ich stelle fest — das werden alle, die aufmerksam plan 14 verlangen wird? zugehört haben, ebenso festgestellt haben —, daß Sie mit anderen Worten die erste Frage wiederholt ha- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär beim Bun- ben. desminister der Verteidigung: Herr Kollege, das läßt sich heute sicher nicht abschließend beantworten. (Matthäus-Maier [SPD]: Weil Sie nicht rich- Was das geheime Ziel seiner Wünsche dort ist, haben tig antworten!) Sie möglicherweise richtig umschrieben. Ich beziehe mich auf die Antwort, die ich auf die erste Frage gegeben habe. Vizepräsident Helmuth Becker: Vielen Dank, Herr Staatssekretär. Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Staatssekre- Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende tär, vielen Dank. der Befragung der Bundesregierung. Wir haben die Zu einer letzten Frage hat nun unser Kollege Will- Zeit um einige Minuten überzogen. Diese Zeit wird fried Penner das Wort. auf die Zeit für die Fragestunde angerechnet wer- den. Dr. Willfried Penner (SPD): Hält der Bundesverteidi- gungsminister an seiner Forderung fest, daß die Bun- Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf: deswehr Forderungen in Milliardenhöhe zu stellen Fragestunde habe, die über das hinausgehen, was im Bundeshaus- — Drucksache 12/266 — halt vorgesehen ist? Wir kommen zunächst zum Geschäftsbereich des Bundesministers für Post und Telekommunikation. Vizepräsident Helmuth Becker: Bitte, Herr Staatsse- Der Abgeordnete Ludwig Stiegler hat um schriftliche kretär Ottfried Hennig. Beantwortung seiner Frage 1 gebeten. Die Antwort wird als Anlage abgedruckt. Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär beim Bun- Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe- desminister der Verteidigung: Herr Kollege Penner, reich des Bundesministers für Arbeit und Sozialord- wie inzwischen mehrfach öffentlich klargestellt wor- nung. Die Fragen 2 und 3 des Abgeordneten Günther den ist, hat sich diese Bemerkung des Bundesvertei- Heyenn werden auf Wunsch des Fragestellers schrift- digungsministers auf die Perspektive bezogen, aber lich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen nicht etwa auf den Bundeshaushalt des Jahres 1991. abgedruckt. (Zuruf von der SPD: Der ist perspektivlos! — Wir kommen zu den Fragen aus dem Geschäftsbe- Zuruf von der CDU/CSU: Die SPD hat keine reich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusam- Perspektive!) menarbeit. Die Kollegin Claire Marienfeld hat um schriftliche Beantwortung ihrer Frage 4 gebeten. Die Vizepräsident Helmuth Becker: Herr Willfried Pen- Antwort wird als Anlage abgedruckt. ner zu einer Zusatzfrage. Ich komme zur Frage 5 unseres Kollegen Hans Wal- low. Unser Kollege Wallow ist nicht im Saal. Dann Dr. Willfried Penner (SPD): Herr Staatssekretär, da wird nach den Richtlinien verfahren; das heißt, die der Begriff Perspektive in der Politiksprache noch Frage wird gar nicht beantwortet. nicht hinreichend konkretisiert ist, darf ich Sie fragen: Meine Damen und Herren, ich rufe den Geschäfts- Was verstehen Sie denn darunter, wenn man an den bereich des Bundesministers für Wirtschaft auf. Zur zeitlichen Rahmen denkt? Beantwortung der Fragen steht uns Herr Parlamenta- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1047

Vizepräsident Helmuth Becker rischer Staatssekretär Klaus Beckmann zur Verfü- Angela Stachowa (PDS/Linke Liste): Ich bin mir gung. natürlich der Zweischneidigkeit der Angelegenheit Die Fragen 6 und 7 des Abgeordneten Hermann bewußt. Was bedeutet aber in diesem Falle, sie wür- Bachmaier sollen schriftlich beantwortet werden. den „geringer beeinträchtigt" ? Sie gebrauchten den Dem soll entsprochen werden. Die Antworten werden Ausdruck „geringer" . als Anlagen abgedruckt. Vizepräsident : Herr Parlamentarischer Auch bei der Frage 8, die unsere Kollegin Edelgard Staatssekretär, bitte. Bulmahn gestellt hat, wird um schriftliche Beantwor- tung gebeten. Die Antwort wird als Anlage abge- Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär: Frau Kolle- druckt. gin, es gibt eine entsprechende Planung der zuständi- gen Braunkohlegesellschaft, die z. B. vorsieht, daß, Ich rufe dann die Frage 9 unserer Kollegin Angela wenn überhaupt, gegen Ende des Planungszeitraums Stachowa auf: — das ist das Jahr 2020 — noch drei Ortschaften, näm- Was gedenkt die Bundesregierung in Zusammenarbeit mit lich Mühlrose, Rohne und Mulkwitz, aufgegeben wer- den Ländern und Kommunen zu tun, um der Zerstörung alter den müssen. Voraussetzung dafür ist, daß der Tage- sorbischer Kulturlandschaften, Dörfer und Kulturdenkmäler so- wie der Verdrängung der Sorben aus ihren angestammten Ge- bau Nochten dann noch zur Deckung des Energiebe- bieten durch den weiteren ungehemmten Braunkohleabbau, darfs erforderlich ist. Das ist aber im Augenblick noch insbesondere in der Niederlausitz, Einhalt zu gebieten? nicht absehbar, weil wir ja noch nicht wissen, welche Sie ist da, und damit darf ich Sie, Herr Staatssekre- Einsparmöglichkeiten sich durch Rationalisierung tär, um die Antwort bitten. und durch den Einsatz moderner Techniken ergeben werden. Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär beim Bun- desminister für Wirtschaft: Herr Präsident! Frau Kolle- Vizepräsident Hans Klein: Die zweite Zusatzfrage. gin Stachowa, die zentrale Planwirtschaft der ehema- Angela Stachowa (PDS/Linke Liste): Wie sieht es ligen DDR hatte die Braunkohlenförderung ohne - konkret mit dem Ort Mühlrose aus, denn diesen be- Rücksicht auf die Belange von Menschen und Umwelt trifft es zur Zeit am meisten? in den betroffenen Gebieten auf mehr als 300 Millio- nen t jährlich gesteigert. Mit der beginnenden Um- Klaus Beckmann, Parl. Staatssekretär: Ich bitte um strukturierung der Energienachfrage und der Indu- Verständnis, daß ich Ihnen das hier nicht konkret sa- strieproduktion ist die Förderung bereits 1990 auf we- gen kann. Ich kenne die Planungen der Bergwerksge- niger als 250 Millionen t zurückgegangen. Dieser Pro- sellschaften nicht im einzelnen. Aber wir sind gerne zeß wird sich auch in den nächsten Jahren fortset- bereit, Ihnen diese Frage schriftlich zu beantworten. zen. (Stachowa [PDS/Linke Liste]: Ich bitte Bei durchgreifender Rationalisierung und dem Ein- darum!) satz moderner Umweltschutztechnik bleibt die Braun- kohle aber jedenfalls in der Verstromung dauerhaft Vizepräsident Hans Klein: Werden weitere Zusatz- wichtiger Bestandteil einer sicheren und wettbe- fragen gewünscht? — Das ist nicht der Fall. werbsfähigen Energieversorgung. Dann kommen wir zum Geschäftsbereich des Bun- Angesichts der Förderrücknahme und Konzentra- desministers für Ernährung, Landwirtschaft und tion auf die besten Tagebaue können die Braunkoh- Forsten. Herr Parlamentarischer Staatssekretär Gallus leunternehmen bis über die Jahrtausendwende hin- steht zur Beantwortung der Fragen bereit. aus auf Tagebauneuaufschlüsse verzichten und von Ich rufe die Frage 10 der Frau Abgeordneten den zur Zeit noch arbeitenden 38 Tagebauen eine Susanne Kastner auf: Reihe stillegen. Die Landschaftsinanspruchnahme nimmt also deutlich ab. Von einem weiterhin unge- Wie will die Bundesregierung auf Ankündigungen der EG- Kommission reagieren, das in Brüssel notifizierte deutsche Ver- hemmten Braunkohleabbau kann folglich keine Rede bot von Atrazin keinesfalls zuzulassen, und wie stichhaltig ist sein. das Argument der Bundesregierung jetzt noch, ein Verbot wei- Dementsprechend — so denke ich — wird auch der terer grundwassergefährdender Pflanzenschutzmittel in der im Bundesrat zu beschließenden Änderung der Pflanzenschutz Siedlungsraum der Sorben geringer beeinträchtigt, Anwendungsverordnung würde das vorgesehene Atrazinverbot als nach den alten DDR-Planungen vorgesehen. So- verzögern? weit Umsiedlungen nicht vermeidbar sind, erfolgen sie in unmittelbarer Nähe der aufzugebenden Orte Georg Gallus, Parl. Staatssekretär beim Bundesmi- und unter Bewahrung des spezifisch deutsch-sorbi- nister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten: schen Charakters. Herr Präsident, gestatten Sie, daß ich die Fragen 10 Der Bergbau und die mit ihm verbundenen Kraft- und 11 gemeinsam beantworte? werke und Veredlungsanlagen bieten im Lausitzer Bitte. Ich rufe dann noch Raum neben der Landwirtschaft eine wichtige Er- Vizepräsident Hans Klein: die Frage 11 der Abgeordneten Susanne Kastner werbsquelle und sind damit auch für die Existenz der auf: Sorben in ihrem angestammten Siedlungsraum von erheblicher Bedeutung. Welche Konsequenzen hätte es für die Notifizierung der Ä n- derung der Pflanzenschutzverordnung in Brüssel, wenn der ( V o r s i t z: Vizepräsident Hans Klein) Bundesrat am 22. März vorerst nur dem Atrazinverbot zustimmt, aber die neuen Ausnahmeregelungen für die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Naturschutzgebieten, Wasserschutz- Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin Stachowa, gebieten und Heilquellenschutzgebieten (Artikel 1 Nummern 2 eine Zusatzfrage. und 3) ablehnt? 1048 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, meinen Verdacht bestätigen, daß dies auch vom eine Ankündigung der EG-Kommission, ein deut- Landwirtschaftsministerium zum Teil gewollt wird, sches Verbot von Atrazin keinesfalls zuzulassen, liegt zumal das Landwirtschaftsministerium erst auf Druck der Bundesregierung nicht vor. Die Kommission hat auch des bayerischen Ministerpräsidenten Streibl be- nur allgemeine Bemerkungen gemacht und mitge- reit war, über dieses Verbot überhaupt nachzuden- teilt, daß die Verordnung nicht gegen Gemeinschafts- ken? recht verstößt. Dagegen haben die Mitgliedstaaten Belgien und Italien ausführliche Stellungnahmen, ins- Vizepräsident Hans Klein: Herr Parlamentarischer besondere zu dem vorgesehenen Atrazin-Verbot, ab- Staatssekretär. gegeben. Die Bundesregierung ist dabei, diese Stel- lungnahmen zu prüfen. Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, Falls der Bundesrat in dieser Woche am 22. März ich hoffe, daß Sie das, was ich soeben gesagt habe, der Verordnung mit den vom Agrarausschuß des Bun- richtig würdigen können, nämlich daß die Bundesre- desrats empfohlenen Änderungen zustimmt, wird der gierung sich über eine Mitteilung der EG hinwegsetzt BML die Verordnung unverzüglich in Kraft setzen. und sogar Gefahr läuft, daß sie nun verklagt wird oder Das heißt, die Anwendung von Atrazin wird damit daß andere Maßnahmen gegen uns ergriffen werden, verboten. Sollte der Bundesrat jedoch beschließen, weil wir — ich sage es noch einmal — entsprechend weitere Stoffe in die Verordnung aufzunehmen, so der Ankündigung des Landwirtschaftsministeriums kann der BML den geänderten Entwurf nicht in Kraft nach dem Auslaufen der Zulassung das Anwendungs- setzen. Er ist vielmehr erneut zu notifizieren — mit der verbot herbeiführen und vollziehen werden, ungeach- Konsequenz, daß die Frist neu beginnt. tet der Einwendungen, die von seiten der EG und die- ser beiden Länder erhoben werden. Mehr können Sie Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin Kastner, von uns nicht verlangen. eine Zusatzfrage. Das andere ist, daß wir um ein EG-weites Verbot kämpfen. Auch insoweit liegt die Bundesregierung Susanne Kastner (SPD): Herr Staatssekretär, ich ganz an der Spitze. Das Landwirtschaftsministerium habe einen Artikel der „Süddeutschen Zeitung " vorn hat bei der EG entsprechende Vorschläge gemacht heutigen Tag vor mir liegen, in dem steht, daß am und Forderungen erhoben. In allen übrigen Mitglied- Montag in Brüssel bekanntgeworden ist, daß die EG- staaten ist Atrazin allerdings noch zugelassen, freilich Kommission Deutschland aufgefordert hat, das Verbot mit Einschränkungen: In Italien ist die Anwendung des Unkrautvernichtungsmittels Atrazin drei Monate seit 1990 ausgesetzt. In Dänemark ist die Zulassung hinauszuschieben. Ich hätte von Ihnen gern gewußt, mit zahlreichen Anwendungsbeschränkungen verse- wie die Bundesregierung auf diese Aufforderung rea- hen. In Großbritannien ist eine Neubewertung in Ar- giert. Das ist meine erste Zusatzfrage. Die zweite stelle beit. Das trifft auch für Luxemburg, Spanien, Frank- ich am besten zunächst zurück. reich und Griechenland zu. Die Niederlande reden davon, Atrazin eventuell erst ab 1992 zu verbieten. Vizepräsident Hans Klein: Herr Gallus.

Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, Vizepräsident Hans Klein: Sie haben weitere Zu- Sie haben bei meiner Antwort gemerkt, daß ich diese satzfragen. Aufforderung der EG eigentlich ignoriert habe. Tatsa- che ist, daß zwei Länder gegen unsere Notifizierung Susanne Kastner (SPD) : Herr Staatssekretär, Ihnen Einwendungen erhoben haben, nämlich Belgien und ist sicher bekannt, daß der Bundesverband der deut- Italien. Auf Grund dieser Einwendungen hat sich die schen Gas- und Wasserwirtschaft darauf hinweist, daß EG-Kommission bemüßigt gefühlt, neue Erhebungen gerade Wasserschutzgebiete in besonderem Maße anzustellen und noch einmal darüber zu diskutieren. der Vorsorge bedürfen und daß die geplante Ausnah- Die Italiener haben darauf hingewiesen, daß sie sich meregelung gegen diese Vorsorge u. a. auch deshalb einem Verbot von Atrazin insbesondere deshalb wi- massiv verstößt, weil bei Untersuchungen der Wasser- dersetzen, weil — von der WHO und auch von Ame- werke einige Wirkstoffe im Grundwasser gefunden rika ausgehend — keineswegs festgelegt sei, daß der wurden, für die in der Verordnung keine Beschrän- festgesetze Wert von 0,1 Mikrogramm maßgebend kungen vorgesehen sind. Ich frage Sie jetzt: Wie ste- sei; darüber müsse noch einmal diskutiert werden. hen Sie zum Vorsorgeprinzip, gerade was Wasser- Wir sind aber der Auffassung, daß wir, da die Zulas- schutzgebiete, Heilquellenschutzgebiete und Natur- sung von Atrazin am 31. Dezember 1990 ausgelaufen schutzgebiete anbelangt? ist und Atrazin nicht mehr in den Verkehr gebracht werden darf, jetzt den zweiten Schritt tun sollten, un- Vizepräsident Hans Klein: Herr Staatssekretär. geachtet dessen, was auf uns zugekommen ist, näm- lich daß wir, wenn der Bundesrat am Freitag zu- Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, stimmt, die Anwendung von Atrazin verbieten. wir stehen zum Vorsorgeprinzip und sind bemüht, so schnell wie möglich alle an uns herangetragenen Vizepräsident Hans Klein: Die zweite Zusatzfrage. Wünsche zu erfüllen. Aber hier geht es darum, daß vorgeschlagen worden ist, sechs Stoffe in die Anlage 3 Susanne Kastner (SPD): Herr Staatssekretär, Ihre zu übernehmen, damit sie in Naturschutzgebieten, Antwort bestätigt eigentlich meinen Verdacht, daß es Wasserschutzgebieten und Heilquellenschutzgebie- im Hinblick auf die Harmonisierung innerhalb der EG ten nicht mehr angewendet werden dürfen. Es muß durch die Hintertür wieder zu einer Zulassung von allerdings gesagt werden, daß diese sechs Stoffe Atrazin in der Bundesrepublik kommt. Könnten Sie — Chloridazon, Chlortoloron, Isoproturon, Mecoprop, Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1049

Parl. Staatssekretär Georg Gallus Metolachlor, Terbuthylazin — zur Zeit von der Biolo- sen ist — , um der Bevölkerung die Gewähr zu geben, gischen Bundesanstalt daraufhin überprüft werden, daß wir alles Menschenmögliche tun. ob sie tatsächlich in Naturschutzgebieten, Wasser- schutzgebieten usw. verboten werden müssen. Vizepräsident Hans Klein: Ich rufe Frage 12 der Ab- Bei dieser Überprüfung sind nach unserem Pflan- geordneten Brigitte Adler auf: zenschutzgesetz selbstverständlich das Bundesge- Wie bewertet die Bundesregierung den ersten in Frankreich sundheitsamt und das Bundesumweltamt mit einge- aufgetretenen BSE-Fall? schaltet. Sobald diese Überprüfungen abgeschlossen Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben sind, werden wir entsprechend handeln. das Wort.

Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin, Sie haben Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, eine weitere Zusatzfrage. Aber erlauben Sie mir noch die Bundesregierung hat den ersten Fall von BSE in die Bemerkung: Nach den Regeln der Fragestunde Frankreich mit Sorge zur Kenntnis genommen. Nach sind einleitende Bemerkungen und anschließende allem, was bisher bekannt ist, handelt es sich um Kommentare nicht zulässig. Vielmehr muß die Frage einen isolierten Fall dieser Krankheit. Weitere Fälle gestellt werden. sind bisher nicht aufgetreten. Nach Auskunft der fran- zösischen Behörden soll der Fall auf tiermehlhaltiges Susanne Kastner (SPD): Herr Staatssekretär, wenn Futtermittel zurückzuführen sein, das vor der Einfuhr- Sie von der Überprüfung dieser Stoffe sprechen, dann sperre aus Großbritannien eingeführt worden war. frage ich Sie, nachdem die Gesundheitsunschädlich- keit ja nicht erwiesen ist, warum Sie im Rahmen des Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage, Frau Vorsorgeprinzips diese Stoffe nicht vorsorglich ver- Kollegin. bieten. Brigitte Adler (SPD): Herr Staatssekretär, die Ein- Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, fuhr dieses Tiermehls aus Großbritannien ist genau wenn die Gesundheitsunschädlichkeit aller Stoffe be- unser Problem. Ich frage Sie: Wie sicher können die- wiesen werden müßte, würde als erstes das Kochsalz jenigen, die auf unserem Markt Tiermehl anbieten, verboten, als zweites destilliertes Wasser; denn nach davon ausgehen, daß im Augenblick kein Tiermehl Einnahme von 3 1 wären Sie tot. So ginge das weiter. aus Großbritannien bei uns in der Bundesrepublik im Wenn wir nach diesem Grundsatz handeln wollten, Umlauf ist? könnten wir überhaupt nicht mehr leben. (Beifall bei der CDU/CSU) Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, seit 1989 sind in England sehr harte Maßnahmen er- Vizepräsident Hans Klein: Eine weitere Zusatz- griffen worden, und wir haben ein absolutes Verbot frage, Kollege Bredehorn. der Einfuhr von Tiermehl.

Günther Bredehorn (FDP): Herr Staatssekretär, die Vizepräsident Hans Klein: Weitere Zusatzfragen? Bundesregierung prescht ja hier voran, indem sie ein (Adler [SPDJ: Nein!) Atrazinverbot erlassen wird. Nachdem am 5. Juli 1990 — Auch nicht aus dem Kreise der Kollegen? — Das ist in Dänemark die Zulassung von Atrazin in Pflanzen- nicht der Fall. schutzmitteln bis zum 1. August 1998 verlängert Dann rufe ich Frage 13 der Abgeordneten B rigitte wurde und die französische Regierung am 23. Mai Adler auf: 1990 die Zulassung von Atrazin für weitere zehn Jahre verlängert hat, frage ich, da wir ja für einen gemein- Welche erweiterten Schutzmaßnahmen gegen die Ausbrei- tung von BSE, insbesondere bei der Tiermehlverfütterung, hat samen europäischen Markt produzieren: Liegen der die Bundesregierung nun ins Auge gefaßt, damit die bisherigen Bundesregierung neue fundierte wissenschaftliche und offensichtlich gescheiterten Vorsorgestrategien verbessert Erkenntnisse vor, die es notwendig erscheinen lassen, werden? für die Bundesrepublik sofort ein Atrazinverbot aus- Herr Parlamentarischer Staatssekretär zur Beant- zusprechen? wortung, bitte.

Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Herr Kollege, ich Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, weiß, daß die wissenschaftliche Wertung in bezug auf die Bundesregierung sieht keinen Anlaß für erwei- Atrazin umstritten ist. Wir müssen auch damit rech- terte Schutzmaßnahmen, die über das hinausgehen, nen, daß der Hersteller Ciba-Geigy klagt. Wir wissen was bisher national und EG-weit beschlossen worden auch, daß die Akademie der Wissenschaften in Ame- ist. Dies ist auch die Auffassung des Wissenschaftli- rika im Gegensatz zu Europa für Trinkwasser die zu- chen Veterinärausschusses bei der EG-Kommission. gelassenen Höchstwerte auf 15 mg festgelegt hat, Auf Grund einer Entscheidung vom 28. Juli 1989 während die EG 1 mg und die Weltgesundheitsorga- durften aus Großbritannien keine Rinder in andere nisation 2 mg festgelegt haben. Mitgliedstaaten ausgeführt werden, die von Kühen Aber gerade im Hinblick auf das, was ich vorher stammen, die an BSE erkrankt sind oder dieser Krank- gesagt habe, wiederhole ich: Die Bundesregierung heit verdächtig sind. Ergänzende Maßnahmen wur- nimmt das Vorsorgeprinzip sehr ernst. Deshalb setzen den am 7. Februar 1990 beschlossen. Seither darf wir uns an die Spitze bei den Verboten von entspre- Großbritannien keine Rinder, die dort geboren und chenden Pflanzenschutzmitteln — auch wenn nicht älter als sechs Monate sind, in die Mitgliedstaaten ver- alles wissenschaftlich hunderfünfzigprozentig bewie- bringen. 1050 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Parl. Staatssekretär Georg Gallus Die bisherigen Vorsorgestrategien sind nicht als was bei diesem europaweiten Kolloquium herausge- gescheitert anszusehen, sondern nach dem gegen- kommen ist. Wir sind auch bereit, ihm die Namen wärtigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ausrei- derer zu nennen, die daran teilgenommen haben, da- chend. Die getroffenen Maßnahmen und die hohen mit er dann in eine vertiefte Diskussion mit den Exper- Erhitzungstemperaturen bei der Herstellung von Tier- ten eintreten kann. Das ist uns sehr wichtig. mehl in der Bundesrepublik Deutschland schließen eine Weiterverbreitung des BSE-Seuchengeschehens Vizepräsident Hans Klein: Weitere Zusatzfragen? — wie in Großbritannien nach wissenschaftlichem Er- Herr Bredehorn. kenntnisstand aus. Günther Bredehorn (FDP): Herr Staatssekretär, um Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage. es ganz sicher zu machen: Könnte man nicht überle- gen, ob es überhaupt notwendig ist und ob man gege- Brigitte Adler (SPD): Herr Staatssekretär, Ihr Haus benenfalls eine Handhabe von seiten der Regierung hat ja heute — sicher in zeitlichem Zusammenhang hat, die Beimischung von Tierkörpermehl zum Rin- mit diesen Fragen — eine Pressemitteilung herausge- derfutter — da gibt es durchaus andere Möglichkei- geben, in der Sie darauf hinweisen, daß das Verbot ten — zu unterbinden? der Einfuhr von Tiermehl aus Großbritannien verlän- gert worden ist. Ich möchte Sie aber noch einmal fra- Parl. Staatssekretär: Wir können bis- gen: Ist sichergestellt, daß die Schutzmaßnahmen, die Georg Gallus, her davon ausgehen, daß Tierkörpermehl nach dieser Sie eben vorgelesen haben, auch tatsächlich greifen? Erhitzung unschädlich ist. Zum anderen ist es in der Wie werden sie kontrolliert, und wie sieht es mit der Bundesrepublik Deutschland nicht üblich, daß Tier- Erhitzung, die Sie gerade angesprochen haben, aus? körpermehl für Wiederkäuer verwendet wird. Es ist Sie verweisen ja darauf, daß diese sehr hitzebeständi- bisher nicht üblich gewesen, und ich nehme an, daß in gen Krankheitserreger erst nach einer gewissen Zeit der jetzigen Situation, nachdem man weiß, was in und bei einer gewissen Temperatur, nämlich nach England alles los ist, niemand dazu übergehen wird, 20 Minuten und bei 133 Grad, abgetötet sind. Wie jetzt auf einmal Tierkörpermehl für Wiederkäuer zu beurteilen Sie dann eine Aussage von Herrn Dr. Rie- verwenden. dinger, Landesanstalt für Landwirtschaftliche Chemie der Universität Hohenheim, der in der „Deutschen Getreidezeitung" vom 19. März darauf hinweist, daß Vizepräsident Hans Klein: Dazu keine weiteren Zu- man den Erreger auch mit diesen Maßnahmen nicht satzfragen. Ich bedanke mich, Herr Parlamentarischer mit absoluter Sicherheit unschädlich machen kann? Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Georg Gallus, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin der Verteidigung auf. Zur Beantwortung steht Herr Adler, Sie fragen mich, ob ich auch wisse, daß alles Parlamentarischer Staatssekretär Hennig zur Verfü- hundertprozentig funktioniert. gung. (Adler [SPD]: Richtig!) Frage 14. — Der Abgeordneter Kriedner ist nicht im Saal. Es wird nach der Geschäftsordnung verfahren. Wir gehen davon aus! Die Überprüfung der Kontrolle der Einfuhren liegt natürlich bei den Ländern, und ich Die Abgeordnete Dr. Christine Lucyga hat um glaube, daß in dieser Republik jeder Verantwortliche, schriftliche Beantwortung der Fragen 15 und 16 gebe- der in diesem Bereich tätig ist, weiß, um was es hier ten. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. geht. Man kann als Regierung nicht mehr tun als dafür Ich rufe Frage 17 des Abgeordneten Klaus Kirsch- sorgen, daß die zuständigen Stellen angewiesen wer- ner auf: den, das entsprechend zu vollziehen. Hält die Bundesregierung angesichts der — durch die Ent- Sie haben nun Zweifel daran, daß die Tierkörperbe- wicklung in Osteuropa bedingten — veränderten Sicherheits- seitigungsanstalten bei uns wirklich garantieren kön- lage Waffenschauen der Bundeswehr noch für zeitgemäß, und teilt sie die Auffassung, daß künftig die Vorstellung „Unser nen, daß die Erreger durch diese Maßnahmen tatsäch- Heer" nicht mehr in Form einer Waffenschau stattfinden soll, lich abgetötet werden. Nach den geltenden wissen- wie vom 18. bis 24. April 1991 in Villingen-Schwenningen ge- schaftlichen Erkenntnissen auch des Bundesgesund- plant? heitsamts geht man davon aus, daß das der Fall ist. Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben Im letzten Jahr, als der Streit darüber geführt das Wort. wurde, haben sich mehrere Professoren geäußert, u. a. einer aus Berlin vom Bundesgesundheitsamt und Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär beim Bun- einer aus München; Sie erinnern sich sicher an die desminister der Verteidigung: Herr Kollege Kirsch- Berichterstattung im Fernsehen. Daraufhin haben wir ner, die mobilen Ausstellungen der Teilstreitkräfte das Bundesgesundheitsministerium gebeten, ein eu- sind keine Waffenschauen. Sie haben die Zielsetzung, ropaweites Kolloquium der maßgebenden Veterinäre Verständnis für die Sicherheitspolitik der Bundesre- einzuberufen und noch einmal unter Einschluß der publik Deutschland zu wecken und zu fördern, die kritischen Wissenschaftler über all diese Fragen zu Aufgaben der Bundeswehr zu verdeutlichen und In- diskutieren. Bei diesem Kolloquium ist herausgekom- teressenten für den freiwilligen Dienst in den Streit- men, daß die Maßnahmen, die wir ergriffen haben, kräften zu gewinnen. Besuche der Ausstellungen sind ausreichen. Natürlich besteht kein Zweifel daran, daß mit den jeweiligen Kommunen abgestimmt und fin- immer neue Erkenntnisse gewonnen werden können, den nur mit ihrer Zustimmung statt. Dies gilt auch für aber ich würde dem Herrn Professor aus Hohenheim die Stadt Villingen-Schwenningen, die vom 18. bis sehr empfehlen, sich einmal das zu Gemüte zu führen, 24. April 1991 durch die Ausstellung „Unsere Luft- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1051

Parl. Staatssekretär Dr. Ottfried Hennig waffe", nicht durch die Ausstellung „Unser Heer", Vizepräsident Hans Klein: Herr Abgeordneter besucht wird. Kirschner, eine weitere Zusatzfrage. Die Ausstellungen „Unser Heer" und „Unsere Luft- waffe" führen eine begrenzte Geräte- und Waffen- Klaus Kirschner (SPD): Herr Staatssekretär, ist die komponente mit. Ihr Zweck ist nicht die Demonstra- Bundesregierung nicht bereit, einmal darüber nach- tion militärischer Macht, sondern auch im Sinne der zudenken, ob diese Waffenschauen nicht der Vergan- Informationsverpflichtung gegenüber dem Bürger die genheit angehören könnten? realistische Darstellung der Bundeswehr als einer auch bewaffneten Armee. Sie dient auch der Ergän- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Herr Kol- zung und Erläuterung arbeitsplatz- und ausbildungs- lege, wie ich Ihnen sagte, denken wir über die Art bezogener Aspekte für den am freiwilligen Dienst in- dieser Ausstellungen sehr wohl nach und sind auch teressierten jungen Mann, vor allem in garnisonsar- dabei, ständig Veränderungen und Verbesserungen men Räumen. Keine Waffen zu zeigen, würde der vorzunehmen. Im übrigen handelt es sich nicht um Bundeswehr zu Recht den Vorwurf der Verheimli- Waffenschauen, sondern um allgemeine Informa- chung eintragen. Die Ausstellungen weisen auch auf tionsveranstaltungen, bei denen auch die eine oder den häufigen Einsatz von Großgerät in Friedenszeiten andere Waffe gezeigt werden muß. hin, so im Katastrophen- und Rettungsdienst. Um jedoch den sicherheitspolitisch sensitiven Teil Die Ausstellung „Unsere Luftwaffe" wird in Villin- der Bevölkerung nicht herauszufordern — dies ist kei- gen-Schwenningen u. a. das Patriot-System zeigen, neswegs unsere Absicht — und um den Kommunika- das im Golfkrieg zum Schutze der Bürger Israels vor tionsprozeß zwischen Bürger und Soldat nicht zu er- den Raketenang riffen des Irak eingesetzt wurde. schweren, werden seit einiger Zeit die betroffenen Kommunen sehr sorgfältig gefragt, ob sie im Falle der Den veränderten sicherheitspolitischen Gegeben- Ausstellung „Unser Heer" Einwände gegen eine Vor- heiten tragen die Ausstellungen durch neugestaltete führung von Waffen und Gerät haben oder ob sie Elemente wie Ausstellungstafeln, entsprechendes In- andererseits geradezu gewünscht wird. Entsprechend formationsmaterial und eine starke Öffentlichkeits- flexibel wird dann verfahren; ich glaube, dieses Ver- komponente Rechnung. So werden Diskussionsforen fahren hat sich bewährt. mit Schülern, Vorträge und Gespräche mit Lehrern, sowie Vor- und Nachbereitung durch Jugendoffiziere Vizepräsident Hans Klein: Gibt es dazu weitere Zu- angeboten. satzfragen? — Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich die Frage 18 des Kollegen Gernot Vizepräsident Hans Klein: Zusatzfrage, Herr Kol- Erler auf: lege. Gilt für die Bundesregierung auch heute noch die auf meine Fragen 2 und 3 zur schriftlichen Beantwortung am 15. Oktober 1990 (Drucksache 11/8457) gemachte Aussage, daß sie an der Klaus Kirschner (SPD): Herr Staatssekretär, wenn vertraglich fixierten Standortidentität des Militärgeschichtli- Sie anfangs sagten, daß dies keine Waffenschauen chen Forschungsamtes und des Bundesarchivs-Militärarchivs seien, und gleichzeitig betonen, daß Waffen vorge- festhält, und welches ist gegebenenfalls der Grund für einen führt werden, können Sie mir dann erklären, was es Meinungswandel in dieser Frage? nun wirklich ist? Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben das Wort.

Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Herr Kol- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Herr Kol- lege, wir haben uns dies auch im Blick auf die Tatsa- lege Erler, die Bundesregierung hält die Standort- che, daß der Golfkrieg die Öffentlichkeit natürlich in identität von Militärgeschichtlichem Forschungsamt extremem Maße sensibilisiert hat, noch einmal sehr und Bundesarchiv-Militärarchiv bei den gegenwärti- sorgfältig angeschaut und überprüft. Ich glaube, daß gen Forschungsschwerpunkten grundsätzlich für ein völliger Verzicht auf die mobilen Ausstellungen sinnvoll. Aus diesem Grund hat sie die Zusammenle- das Problem nicht löst. Es ist gerade in der gegenwär- gung bzw. die Zusammenbelassung beider Institutio- tigen Situation wichtig, daß die Streitkräfte in der Öf- nen auch befürwortet. fentlichkeit sichtbar bleiben und damit Gelegenheit Die Bundeswehr strebt andererseits eine angemes- zur Diskussion ihres Auftrags und ihrer Rolle in der sene Repräsentanz auch bei den zentralen militäri- Gesellschaft bieten. Die Grundeinstellung der Aus- schen Dienststellen in den neuen Bundesländern an. stellungsbesucher bedingt ein großes Interesse an den Das Militärgeschichtliche Forschungsamt gehört zu mitgeführten Waffen und ihrer Vorführung. den Dienststellen, die verlegt werden können, im Es ist so, daß in der Vergangenheit immer wieder Prinzip ist dies sicher so. nachgewiesen werden konnte, daß ohne sie die An- Vor dem Hintergrund der gesellschaftspolitischen ziehungskraft der Ausstellungen spürbar nachläßt. Aufgabe, das Zusammenwachsen der beiden Teile Aber auch bei Vernachlässigung dieses Attraktivitäts- Deutschlands auch durch repräsentative Dienststellen gesichtspunkts wäre ein völliger Verzicht auf die Waf- zu fördern, und der zu erwartenden Verlagerung von fenkomponente, wie ich glaube, keine angemessene Arbeitsschwerpunkten von der Aufarbeitung der Ge- Lösung. Dies käme einem Informationsdefizit gleich, schichte des Zweiten Weltkriegs zur Erforschung der da die Streitkräfte in diesem Fall auftragsfern und deutschen Geschichte nach 1945 erscheint die Zusam- somit unrichtig dargestellt werden würden. Es ist un- menlegung mit dem Bundesarchiv-Militärarchiv nicht sere Aufgabe, hier einen richtigen Kompromiß zu fin- mehr unbedingt zwingend; die Entscheidung ist aber den. völlig offen. 1052 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Vizepräsident Hans Klein: Eine Zusatzfrage, Herr in Zusammenhang mit den Stationierungsuntersu- Erler. chungen für die Bundeswehr insgesamt zu sehen, de- ren Ergebnisse noch nicht abschließend vorliegen. Gernot Erler (SPD): Herr Staatssekretär, können Sie Der Konsultationsprozeß mit den Ländern hat begon- bestätigen, daß das Bundesministerium des Innern nen. Ziel ist es, die endgültigen Entscheidungen im und auch die Bundesarchivverwaltung an dem Stand- Juli 1991 herbeizuführen. ort Freiburg für beide Organisationen festhält und daß gegenwärtig bereits Aktenbestände der NVA von Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege, eine Zu- Potsdam nach Freiburg verbracht werden? satzfrage. Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Herr Kol- lege, wie ich Ihnen schon sagte, ist eine irgendwie Gernot Erler (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben geartete Entscheidung — das wird bei der Beantwor- eben von einer Gesamtkonzeption gesprochen. Wür- tung der zweiten Frage, die Sie gestellt haben, im ein- den Sie zugestehen, daß die Tatsache, daß das Mi- zelnen darzulegen sein — unsererseits bisher nicht litärgeschichtliche Forschungsamt in Freiburg die ein- getroffen. Wir werden alle diese Komponenten, auch zige zentrale militärische Dienststelle ist, die es in die Informationen, die Sie eben gegeben haben, bis Baden-Württemberg gegenwärtig noch gibt, auch zum Juli, wenn die Entscheidung des Ministers fallen eine Rolle spielen sollte? soll, sorgfältig prüfen und dabei das sorgfältig berück- sichtigen, was Sie gesagt haben. Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Solche Ge- sichtspunkte sind in den Entscheidungsfindungspro- Vizepräsident Hans Klein: Eine zweite Zusatz- zeß ganz selbstverständlich einzubeziehen, Herr Kol- frage. lege Erler. Es wird auch notwendig sein, Vorschläge Gernot Erler (SPD): Herr Staatssekretär, Sie deute- der einzelnen Teilstreitkräfte wie Folien übereinan- ten eben an, daß sich etwas bei den ursprünglichen derzulegen, um zu ermitteln, ob durch ihre gleichzei- Gründen geändert haben könnte, die sogar zu einer tige Anwendung und Verwirklichung ein Bundes- vertraglichen Standortidentität aus dem Jahre 1968 land, eine Region, eine Stadt wie Freiburg in überpro- geführt haben. Können Sie noch einmal erklären, was portionaler Weise betroffen wäre. Erst dann werden sich geändert hat, so daß man jetzt die Frage der wir eine abschließende Entscheidung treffen kön- Standortidentität anders als noch im Oktober letzten nen. Jahres beurteilt, wo mir Ihr Haus ohne Wenn und Aber gesagt hat, daß an einer Standortidentität festgehal- Vizepräsident Hans Klein: Eine weitere Zusatz- ten wird? Das müßten ja Erscheinungen sein, die von frage, Herr Erler. Oktober bis heute eingetreten sind. Gernot Erler (SPD): Herr Staatssekretär, Sie haben Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Herr Kol- eben gesagt, daß die Entscheidung in Vorbereitung lege, ich bin so unterrichtet, daß zweierlei inzwischen sei. Aus dieser Antwort ist nicht klar hervorgegangen, in besonderer Weise in Erwägung gezogen wird, ohne ob es bereits eine Vorlage des Stellvertretenden Ge- daß sich an der grundsätzlichen Haltung des Hauses neralinspekteurs, der hier die Verantwortung trägt, an etwas geändert hätte. Ich habe hier einleitend gesagt, den Herrn Minister gibt, und zwar zusammen mit ei- daß die Bundesregierung das nach wie vor grundsätz- ner Entscheidungsempfehlung, die — wie Sie sagten lich für sinnvoll hält. Es ist aber von uns zu berück- — dann erst im Juli beantwortet wird. sichtigen, daß die fünf neuen Länder auch bei den zentralen Einrichtungen der Bundeswehr eine Min- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Dann darf destausstattung, eine Mindestberücksichtigung fin- ich das noch einmal sagen: Die Entscheidungsvorlage den müssen. zu diesem Problemkreis ist noch in Vorbereitung, Herr Ich bin weiterhin darüber unterrichtet worden, daß Kollege. die Verlagerung der Arbeitsschwerpunkte insofern erwartet werden kann, als es in erster Linie eben nicht Vizepräsident Hans Klein: Es gibt keine weitere Zu- mehr um die Aufarbeitung der Geschichte des Zwei- satzfrage, auch nicht aus dem Kreis der Kolleginnen ten Weltkriegs geht, sondern insbesondere um die und Kollegen. Zeit danach. Dann teile ich Ihnen mit, daß bei der Frage 20 des (Erler [SPD]: Das war im Oktober nicht be Abgeordneten Albrecht Müller (Pleisweiler), den Fra- -kannt!) gen 21 und 22 des Abgeordneten Dr. Hans Modrow sowie der Frage 23 der Abgeordneten Andrea Lederer Herr Parlamentarischer Vizepräsident Hans Klein: um schriftliche Beantwortung gebeten wurde. Die Staatssekretär, Sie sollen jetzt die Frage 19, die eben- Antworten werden als Anlagen abgedruckt. falls vom Kollegen Erler gestellt wurde, beantwor- ten: Herr Parlamentarischer Staatssekretär, vielen Dank für Ihre Beantwortung. Was ist der genaue Inhalt der Entscheidungsvorlage des Stell- vertretenden Generalinspekteurs an den Bundesminister der Ich rufe jetzt den Geschäftsbereich des Bundesmi- Verteidigung für den künftigen Standort des seit 1957 in Frei- nisters für Frauen und Jugend auf. Zur Beantwortung burg ansässigen Militärgeschichtlichen Forschungsamtes? ist der Parlamentarische Staatssekretär Hintze er- Dr. Ottfried Hennig, Parl. Staatssekretär: Die Ent- schienen. scheidungsvorlage zu diesem Problemkreis ist noch in Die Fragen 24 und 25 des Abgeordneten Benno Zie- Vorbereitung. Die Frage der Stationierung der zen- rer sollen schriftlich beantwortet werden. Die Antwor- tralen militärischen Dienststellen der Bundeswehr ist ten werden als Anlagen abgedruckt. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1053

Vizepräsident Hans Klein Somit kommen wir zur Frage 26 der Abgeordneten dadurch in die Lage versetzt, ihr Amt sachkundig und Dr. Margrit Wetzel: engagiert wahrzunehmen. Ist der Bundesregierung bekannt, daß das Bundesamt für Zweitens. In dem Leitfaden für die Durchführung Zivildienst aus „haushaltstechnischen Gründen" mit der zeitge- des Zivildienstes wird eine entsprechende Ergänzung rechten Zahlung des Soldes, der Aufwandszuschüsse und des Entlassungsgeldes für Zivildienstleistende so sehr im Verzug ist, aufgenommen. Der Leitfaden liegt in allen Beschäfti- daß Zivildienstleistenden kein Geld mehr ausgezahlt wird, und gungsstellen des Zivildienstes zur Einsicht aus. Er daß das Bundesamt für Zivildienst offenbar noch keine Maßnah- steht allen Zivildienstleistenden zur Verfügung men zur Realisierung seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Auf- — nicht nur den Vertrauensmännern — und kann da- gabenvorbereitung erstmalig gewählter Vertrauensmänner ge- troffen hat? durch eine breite Unterstützung der Arbeit der Ver- trauensmänner durch die Zivildienstleistenden und Herr Parlamentarischer Staatssekretär, Sie haben die Dienststelle bewirken. das Wort. Drittens. Eine weitere intensive Information findet Peter Hintze, Parl. Staatssekretär beim Bundesmini- im Rahmen des Einführungsdienstes der Zivildienst- ster für Frauen und Jugend: Herr Präsident, ich würde leistenden in den Zivildienstschulen statt. Die Darstel die Fragen 26 und 27 gerne zusammenhängend be- lung der Beteiligungsmöglichkeiten der Zivildienst- antworten, wenn Sie damit einverstanden sind. leistenden in dienstlichen Angelegenheiten durch Vertrauensmänner gehört bisher schon zum festen Vizepräsident Hans Klein: Selbstverständlich. Da- Bestandteil der Unterrichtspläne und wird sich nach her rufe ich auch die Frage 27 auf: Inkrafttreten des neuen Rechts darauf besonders kon- Was tut die Bundesregierung, um diesen skandalösen Zustand zentrieren. umgehend zu beenden? Viertens. Zur Beantwortung von Einzelfragen ste- hen die Regionalbetreuer zur Verfügung. Es wird si- Peter Hintze, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, chergestellt, daß Fragen an das Bundesamt für den der Sold und das Entlassungsgeld werden den Zivil- Zivildienst von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern be- dienstleistenden von den Beschäftigungsstellen des - antwortet werden, die auf dem Gebiet der Beteiligung Zivildienstes ausgezahlt. Das Bundesamt für den Zi- von Vertrauensmännern besonders sachkundig sind. vildienst erstattet den Beschäftigungsstellen die ver- Die Bundesregierung wird an Hand der Erfahrungs- auslagten Beträge nach einem gesetzlich festgeleg- berichte des Bundesamts für den Zivildienst prüfen, ten, automatisierten Verfahren. Hierbei treten keine ob eine weitergehende oder anders gestaltete Vorbe- Verzögerungen auf. reitung erforderlich ist. Die Bundesregierung erwartet In den neuen Bundesländern wurde von der viertel- allerdings auch, daß die Vertrauensmänner und die jährlichen nachträglichen Erstattung zugunsten einer Zivildienstleistenden durch ihren persönlichen Ein- Vorauserstattung abgewichen, um die Auszahlung an satz zur wirksamen Wahrnehmung der gesetzlichen die Zivildienstleistenden nicht durch Liquiditätseng- Beteiligungsrechte beitragen. pässe bei den Beschäftigungsstellen zu gefährden. Die Vorauserstattung ist für das erste Quartal 1991 erstmals Ende Januar 1991 erfolgt. Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin Wetzel, eine Zusatzfrage? Bei den Aufwandszuschüssen, die keine gesetzlich vorgeschriebenen Leistungen des Bundes darstellen, mußten die Beschäftigungsstellen darauf hingewie- Dr. Margrit Wetzel (SPD): Ja, ich habe einige Zu- sen werden, daß bis zur Verabschiedung des Haus- satzfragen. — Der Kommentar, daß die Antwort zwar halts 1991 durch das Parlament Haushaltsmittel nur in sehr ausführlich war, aber leider wohl graue Theo rie beschränktem Umfang zur Verfügung stehen. Das beinhaltet, ist mir leider nicht verstattet. Bundesamt für den Zivildienst hat inzwischen aber Meine erste Zusatzfrage: Ist der Bundesregierung fast 60 Millionen DM ausgezahlt, davon 42 Millionen tatsächlich nicht bekannt, daß es — wie das Bundes- DM an die Beschäftigungsstellen in den neuen Bun- amt für Zivildienst zumindest mir gegenüber inzwi- desländern. Letztere haben damit Vorauszahlungen schen bestätigt hat — auch in den alten Bundeslän- für 6 Monate erhalten. dern zu einem erheblichen Zahlungsverzug kommt, Das Bundesamt für den Zivildienst hat bereits vor daß die übliche Zahlungsweise so aussieht, daß für der Verabschiedung des Gesetzes über die Beteili- das vergangene Quartal in der Mitte des folgenden gung der Soldaten und der Zivildienstleistenden vom Quartals abgerechnet wird, daß es bei diesen Zahlun- 16. Januar 1991 und dem Erlaß der Wahlordnung für gen erhebliche Rückstände gibt und es deshalb zu- die Wahl der Vertrauensmänner der Zivildienstlei- mindest in mir bekannten Einzelfällen — ich hätte stenden vom 16. Januar 1991 die notwendigen Maß- mich gefreut, wenn ich von Ihnen weitere Fälle erfah- nahmen zur Aufgabenvorbereitung erstmals gewähl- ren hätte — zu Überlegungen gekommen ist, daß Zi- ter Vertrauensmänner eingeleitet und dem Bundes- vildienstleistende versetzt werden müssen und in ih- ministerium für Frauen und Jugend einen Maßnah- rem Aufgabenbereich, für den sie vorgesehen sind, menkatalog vorgelegt, dessen Prüfung in den näch- nicht mehr eingesetzt werden können, weil die Zah- sten Tagen abgeschlossen sein wird. Dieser Maßnah- lungen nicht erfolgen können? Halten Sie das für rich- menkatalog sieht folgendes vor: tig? Erstens. Alle erstmals gewählten Vertrauensmän- ner der Zivildienstleistenden erhalten ein vom Bun- Peter Hintze, Parl. Staatssekretär: Erst einmal zum desamt erarbeitetes Merkheft, das im einzelnen über Tatbestand, Frau Kollegin: Es ist so, daß bei der Zah- die Grundlagen und die gesetzlichen Verbesserungen lung der gesetzlich vorgesehenen Mittel nach § 6 der Rechte der Vertrauensmänner unterrichtet und sie Abs. 2 ZDG für die Beschäftigungsstellen ein Zah- 1054 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Parl. Staatssekretär Peter Hintze lungsverzug nicht vorliegt. Zahlungen im Bereich der führungsdienstes eine gute Vorbereitung auf die Auf- Aufwandszuschüsse — das sind Mittel, auf die es kei- gaben der Vertrauensmänner erfolgt. Das ist deswe- nen gesetzlichen Anspruch gibt, d. h. für die nur inso- gen wichtig, weil sich die Fragestellung nicht nur an weit ein Anspruch besteht, als hierfür Haushaltsmittel die Vertrauensmänner selber richtet, sondern an die auch tatsächlich zur Verfügung stehen — können wie Zivildienstleistenden überhaupt, dieses Institut anzu- auch in den vergangenen Jahren dagegen nur im nehmen und wahrzunehmen, was in der Vergangen- Rahmen des verfügbaren Mittelansatzes ausgegeben heit bedauerlicherweise in nur geringem Umfang der werden. Die Zahlungen von Aufwandszuschüssen für Fall war. Die Bundesregierung erwartet also durch die neue Platzbelegungen in den ersten Monaten dieses eingeleiteten Maßnahmen, daß die Zivildienstleisten- Jahres und ein Teil von Zahlungen aus dem letzten den selber das Institut des Vertrauensmannes als Quartal 1990 konnten nicht durchgeführt werden, Chance und Aufgabe wahrnehmen. weil der vorgesehene Haushaltsansatz für 1991 erst In der Vergangenheit war es so, daß die Arbeit in nach der Beschlußfassung durch das Parlament in den Beschäftigungsstellen so komplikationslos und vollem Umfang zur Verfügung steht. Dies ist eine ge- die Zusammenarbeit zwischen hauptamtlich Beschäf- setzlich vorgesehene Einschränkung bei der vorläufi- tigten und Zivildienstleistenden so vertrauensvoll gen Haushaltsführung, die in diesem Jahr durch die war, daß von seiten der Zivildienstleistenden sehr oft späte Terminierung der parlamentarischen Beratung auf die Wahl eines Vertrauensmannes ganz verzichtet des Haushalts in Kauf genommen werden muß. wurde. Ich fordere aber bei allen Besuchen die Zivil- dienstleistenden auf, dieses Recht, auch wenn es Vizepräsident Hans Klein: Noch eine Zusatzfrage. keine konkreten Konflikte gibt, wahrzunehmen. Wir erhoffen uns durch die Regelung, die ich hier vorge- Dr. Margrit Wetzel (SPD): Ich habe eine zweite Zu- tragen habe, daß das in Zukunft auch in den Stellen satzfrage dazu: Wie sieht es mit dem Haushalt 1991 stärker geschieht, in denen es nicht zu konkreten Kon- aus? Werden die 200 Millionen DM, die dort für diesen flikten gekommen ist. Bereich eingestellt sind, ausreichen, um in den alten und in den neuen Bundesländern die Aufwandszu- schüsse für die individuelle Schwerstpflegehilfe und Vizepräsident Hans Klein: Wollen Sie die vierte für die mobilen sozialen Dienste aufrechtzuerhal- Frage stellen? ten? Dr. Margrit Wetzel (SPD): Gern. — Sie hatten aus- Peter Hintze, Parl. Staatssekretär: Nach dem jetzi- geführt, daß auch die Regionalbetreuer des Bundes- gen Kenntnisstand werden die Mittel ausreichen, um amts für den Zivildienst die Vertrauensleute auf ihre in den neuen Bundesländern die Aufwandszuschüsse Aufgaben hinweisen und bereit sind, Einzelfragen zu für alle Tätigkeitsbereiche zu sichern — es gibt dort beantworten. Wie stellen Sie sich denn dazu, daß in keine Einschränkung auf die beiden von Ihnen ge- einem speziellen Fall, der mich zu meinen Fragen ver- nannten Bereiche — sowie in den alten Bundeslän- anlaßt hat, der zuständige Regionalbetreuer noch dern die Aufwandszuschüsse in den beiden genann- nicht einmal davon wußte, daß es die Gesetzesände- ten Tätigkeitsbereichen zu sichern. rung zur Aufgabenvorbereitung der Vertrauensleute der Zivildienstleistenden gibt, und dementsprechend Dr. Margrit Wetzel (SPD): Ich habe eine weitere dem erstmalig gewählten Vertrauensmann in keiner Zusatzfrage. — Ich habe doch vier Zusatzfragen, nicht Form irgendeine Auskunft darüber geben konnte, wie wahr? dieses Gesetz überhaupt umgesetzt werden kann?

Vizepräsident Hans Klein: Normalerweise wird das Peter Hintze, Parl Staatssekretär: Da mir der Fall, Wort erteilt; aber Sie haben in der Tat vier Zusatzfra- Frau Kollegin, nicht bekannt ist, würde ich Sie herz- gen, Frau Kollegin. lich darum bitten, mir die notwendige Information zu geben, damit ich mich zum konkreten Einzelfall Ihnen Dr. Margrit Wetzel (SPD): Entschuldigen Sie, Herr gegenüber äußern kann. Wenn es so gewesen sein Präsident. Das soll nicht wieder vorkommen. sollte, wie Sie es hier schildern, dann wäre das, denke ich, ein sehr bedauerlicher Vorfall, der sofort nach Vizepräsident Hans Klein: Bitte. Korrektur verlangt. Ich kenne diesen Fall aber nicht. Dr. Margrit Wetzel (SPD): Ich habe dann eine Zu- satzfrage zu dem Merkheft, das die Vertrauensleute der Zivildienstleistenden informieren soll. Sehen Sie Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Opel zu ei- in dem Merkheft, das den Vertrauensleuten der Zivil- ner Zusatzfrage. dienstleistenden zur Verfügung gestellt werden soll, um sie auf ihre Aufgaben vorzubereiten, eine Gleich- Manfred Opel (SPD): Herr Staatssekretär, darf ich behandlung gegenüber den Wehrpflichtigen, die eine Ihrer Antworten so verstehen, daß die Unfähig- durch Seminare auf ihre Aufgaben vorbereitet wer- keit der Bundesregierung, den Haushalt 1991 admini- den? strativ rechtzeitig in die Gänge zu bekommen, jetzt von den Zivildienstleistenden ausgebadet werden Peter Hintze, Parl. Staatssekretär: Frau Kollegin, ich muß? Und wie erklären Sie sich eigentlich die Tatsa- habe soeben in der Beantwortung der Anfrage ausge- che, daß Zivildienstleistende ganz offensichtlich an- führt, daß es verschiedene Maßnahmen gibt. Das war ders behandelt werden als Wehrpflichtige? Denn mir eine von vier Maßnahmen. Eine wesentliche Maß- ist kein Fall bekannt, daß ein Wehrpflichtiger seinen nahme wird sicherlich sein, daß im Rahmen des Ein- Wehrsold nicht bekommen hätte. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1055

Peter Hintze, Parl Staatssekretär: Herr Kollege, mir ärzte — und benötigter weiterer Informationen, z. B. ist kein Fall bekannt, in dem ein Zivildienstleistender über Möglichkeiten des weiteren Einsatzes, Kontakte seinen Zivildienstsold nicht bekommen hat. Ich habe aufgenommen worden. soeben bei der Antwort auf die Frage der Kollegin Dr. Wetzel darauf hingewiesen, daß die Mittel, die die Vizepräsident Hans Klein: Frau Kollegin Jäger, eine Beschäftigungsstellen für Soldzahlungen und andere Zusatzfrage. Geldleistungen erhalten, ohne Verzug ausgezahlt wurden. Renate Jäger (SPD) : Mich würde interessieren, wie die Bundesregierung verhindern will, daß medizini- Vizepräsident Hans Klein: Weitere Zusatzfragen sches Fachpersonal bereits in der praktischen Ausbil- werden nicht gestellt. dungsphase weiterhin aus den neuen Bundesländern Dann bedanke ich mich bei Ihnen, Herr Parlamen- abwandert. tarischer Staatssekretär. Ich rufe den Geschäftsbereich des Bundesministers Vizepräsident Hans Klein: Frau Parlamentarische für Gesundheit auf. Zur Beantwortung steht Frau Par- Staatssekretärin. lamentarische Staatssekretärin Dr. Bergmann-Pohl zur Verfügung. Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl, Staatssekretär: Frau Kollegin, uns liegen hierzu keine konkreten Zah- Ich rufe die Frage 28 der Abgeordneten Renate Jä- len vor. Es muß nicht zu diesen Abwanderungen kom- ger auf: men, weil ausreichende Maßnahmen vorgesehen Worin sieht die Bundesregierung die Ursache, daß die von ihr sind, um eine Weiterbeschäftigung zu ermöglichen. versprochenen Bundesmittel für die Finanzierung der prakti- schen Ausbildung von Ärzten (Arzt im Praktikum) und medizi- nischem Fachpersonal in den neuen Ländern nicht bei den Kom- Vizepräsident Hans Klein: Frau Jäger, weitere Zu- munen angekommen sind, und wie gedenkt die Bundesregie- satzfrage. rung diesen Finanzierungsmangel in Zusammenarbeit mit der Bundeskassenärztlichen Vereinigung sowie den Ärztekammern - zu beheben, damit die versprochenen Mittel zur Verfügung Renate Jäger (SPD) : Wie erklären Sie sich die Tat- stehen? sache, daß die drei Gesundheitsdezernenten der drei Frau Parlamentarische Staatssekretärin, bitte zur größten sächsischen Städte ihre bisherige Arbeit auf Beantwortung. der Information aufgebaut haben, daß Bundesmittel im Zusammenhang mit der Kassenärztlichen Vereini- Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär gung zur Verfügung gestellt werden? beim Bundesminister für Gesundheit: Frau Kollegin Jäger, es gibt keine Zusagen der Bundesregierung, Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: die praktische Ausbildung von Ärzten und medizini- Frau Kollegin, ich weiß nicht, welche Bundesmittel Sie schem Fachpersonal in den neuen Ländern aus Bun- meinen. Ich habe in meiner Antwort ausgeführt, daß desmitteln zu finanzieren. Mittel stehen hierfür nicht die Bundesregierung 10 Millionen DM für die Ausbil zur Verfügung. dung zum Weiterbildungsassistenten auf Darlehens- basis zur Verfügung stellt und daß des weiteren auf Wie ich bereits in meiner schriftlichen Antwort auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Kranken- die Frage des Herrn Kollegen Dr. Kahl vom 28. Fe- kassen und den Krankenhäusern über Pflegesätze bruar 1991 ausgeführt habe, sind jedoch im Entwurf eine Weiterbildung gewährleistet wird. des Bundeshaushalts 1991 Mittel in Höhe von 10 Mil- lionen DM veranschlagt, mit denen Überbrückungs- maßnahmen auf Darlehensbasis für Ärzte und Zahn- Vizepräsident Hans Klein: Keine weiteren Zusatz- ärzte in der Weiterbildung finanziert werden können, fragen. die ihre Anstellung an einer Poliklinik im Gebiet der Die Fragen 29 und 30 des Herrn Abgeordneten Jau- ehemaligen DDR verloren, jedoch die Möglichkeit ha- nich sollen auf Wunsch des Fragestellers schriftlich ben, sie an einer anderen Einrichtung auf unentgeltli- beantwortet werden. Die Antworten werden als Anla- cher Basis fortzusetzen. gen abgedruckt. Inzwischen haben die Spitzenverbände der Kran- Ich rufe die Frage 31 des Abgeordneten Alfons Mül- kenkassen und die Deutsche Krankenhausgesell- ler (Wesseling) auf: schaft ein Soforthilfeprogramm vereinbart, wonach Ist der Bundesregierung bekannt, daß immer mehr private Kosten für die in Krankenhäusern eingesetzten Wei- Anbieter auf dem Gebiet der Krankenpflege tätig werden? terbildungsassistenten einschließlich der aus Polikli- Frau Parlamentarische Staatssekretärin, bitte zur niken übernommenen Ärzte über die Pflegesätze fi- Beantwortung. nanziert werden sollen. Ein Finanzierungskonzept für die im ambulanten Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: Bereich tätigen Weiterbildungsassistenten, die nicht Herr Präsident, wenn Sie gestatten, würde ich die Fra- in das Soforthilfeprogramm der Spitzenverbände der gen 31 und 32 gerne zusammen beantworten. Krankenkassen und der Deutschen Krankenhausge- sellschaft einbezogen werden können, wird derzeit Vizepräsident Hans Klein: Darf ich sicherheitshal- mit beteiligten Verbänden abgestimmt. Mit den ober- ber einmal die Feststellung treffen: Dies zu akzeptie- sten Landesgesundheitsbehörden und den Ärzte- und ren ist Sache des Fragestellers und nicht des Präsiden- Zahnärztekammern der neuen Länder sind wegen des ten. — Herr Kollege, Sie sind einverstanden. hierfür benötigten Zahlenmaterials — insoweit geht Dann rufe ich auch die Frage 32 des Abgeordneten es z. B. um die Zahl der betroffenen Ärzte und Zahn- Alfons Müller (Wesseling) auf: 1056 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Vizepräsident Hans Klein Was gedenkt die Bundesregierung zu unternehmen, damit den Nachweis der staatlichen Erlaubnis zur Füh- eine ausreichende Qualitätskontrolle der privat organisierten Pflegedienste gewährleistet ist und nicht medizinisch unausge- rung der Berufsbezeichnungen „Krankenschwester", bildete Arbeitskräfte im Pflegebereich beschäftigt werden? „Krankenpfleger" sowie „Altenpfleger/in" oder einer anderen, vergleichbaren sozialpflegerischen Berufs- Bitte sehr. bezeichnung nachzuweisen sein. Diese wird durch die zuständige Behörde auf Antrag und gegen Nachweis des Bestehens der staatlichen Prüfung auf der Grund- Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: lage einer vorgeschriebenen Ausbildung zu diesen Danke schön. — Der Bundesregierung ist bekannt, Berufen erteilt. Hierdurch ist, zumindest soweit pfle- daß immer mehr private Anbieter auf dem Gebiet der gerische Leistungen durch privat organisierte Pflege- Krankenpflege tätig werden. Umfassendes Zahlen- dienste mit den Kassen abgerechnet werden, eine hin- material zur Beteiligung p rivater Anbieter an der reichende Qualitätskontrolle sichergestellt. häuslichen Krankenpflege liegt ihr aber nicht vor. Im übrigen genießt die pflegerische Tätigkeit als Dies ist im Hinblick auf die Zahl möglicher Vertrags- solche ganz allgemein keinen Tätigkeitsschutz zu- partner — mehr als 1 200 allein auf Kassenseite — gunsten examinierter Pflegekräfte, so daß z. B. in Fäl- nicht überraschend. Insbesondere die Ersatzkassen len der Pflege durch Familienangehörige oder in Form schließen zunehmend Verträge mit p rivaten Anbie- von Nachbarschafts- oder Freundschaftshilfe eine tern, um die steigende Nachfrage nach Leistungen bei staatliche Qualitätskontrolle nur gewährleistet ist, Schwerpflegebedürftigkeit ab 1. Januar 1991 zu dek- wenn hierfür z. B. Sozialhilfeleistung durch die zu ken. Regionale Schwerpunkte der Beteiligung priva- Pflegende in Anspruch genommen wird und die zu- ter Anbieter sind nach Erfahrung der Bundesarbeits- ständige Sozialbehörde bei dieser Gelegenheit ge- gemeinschaft Hauskrankenpflege die Länder Berlin wisse qualitative Mindestanforderungen an die Pflege und Niedersachsen. stellt. Die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, die rund 90 To der Bevölkerung versichern, haben ihre - Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Müller, Zu- anspruchsberechtigten Versicherten mit Pflegelei- satzfrage. stungen zu versorgen. Wenn sie sich in Erfüllung die- ser Verpflichtung p rivater Anbieter von häuslicher Alfons Müller (Wesseling) (CDU/CSU): Frau Staats- Pflege bedienen möchten, müssen sie einen Vertrag sekretärin, ist Ihnen bekannt, daß einige der von mir mit dem privaten Anbieter abschließen. In diesen Ver- angesprochenen privaten Anbieter an den Vorschrif- trag sind auf Grund einer durch die Gesundheitsre- ten vorbei Aushilfskräfte engagieren, die nach meiner form eingeführten zwingenden Regelung auch quali- Erkenntnis überhaupt keine Vorbildung haben, um in tätssichernde Bestimmungen aufzunehmen. diesem schwierigen Bereich tätig sein zu können, und Diese Art der Qualitätskontrolle funktioniert nur was gedenkt die Bundesregierung gegen diese aus- dort, wo Pflegeleistungen der Krankenkassen als ufernde Praxis zu unternehmen? Sachleistung in Anspruch genommen werden. Dies hat der Gesetzgeber als den Regelfall angesehen. Vizepräsident Hans Klein: Frau Dr. Bergmann Wählt der Pflegebedürftige die Geldleistung und Pohl. „kauft" er die Leistungen selbst auf dem Markt ein, kann nur er selbst Einfluß auf die Qualität der Lei- Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: stung nehmen. Die Krankenkassen bemühen sich diesbezüglich, daß Qualitätskontrollen finden auch dort ihre Grenzen, der Mustervertrag, den sie ausgearbeitet haben und wo ohne Inanspruchnahme von professionellen Dien- der mit privaten Anbietern von Pflegeleistungen ab- sten z. B. durch die Familie oder in Nachbarschafts- geschlossen wird, erfüllt wird. Diese Verträge sehen hilfe gepflegt wird. Wir werden aber weiterhin auf ausdrücklich eine persönliche Qualifikation, z. B. eine diese Art pflegerischer Hilfsleistungen angewiesen abgeschlossene Ausbildung als Krankenpfleger oder sein. Altenpfleger oder in einem anderen geeigneten Beruf im Bereich der Gesundheit, vor und regeln auch säch- Zu Ihrer zweiten Frage. Im Bereich der gesetzlichen liche Mindestanforderungen an die Organisa tion des Krankenversicherung, die rund 90 Prozent der Bevöl- privaten Pflegedienstes. Soweit hier bekannt ist, be- kerung versichert, ist die Qualitätskontrolle der privat reiten auch die anderen Spitzenverbände der Kran- organisierten Pflegedienste gewährleistet. Die Träger kenkassen derzeit Musterverträge vor, die die Zulas- der gesetzlichen Krankenversicherung, die ihre Pfle- sung privater Anbieter zur häuslichen Krankenpflege geleistungen mit Hilfe p rivater Anbieter erfüllen, sind von Versicherten regeln. auf Grund einer durch die Gesundheitsreform einge- führten Regelung gehalten, qualitätssichernde Be- Vizepräsident Hans Klein: Zweite Zusatzfrage. stimmungen vertraglich zu vereinbaren. Damit wer- den überall do rt, wo Pflegeleistungen der Kranken- Alfons Müller (Wesseling) (CDU/CSU): Stimmen Sie kassen als Sachleistungen in Anspruch genommen mir zu, daß wir auf diese Großaufgabe, wie ich sie werden, entsprechende Qualitätskontrollen durchge einmal bezeichne, noch nicht genügend vorbereitet führt. Dies hat der Gesetzgeber als den Regelfall an- sind? Denn die Zahl der Pflegefälle steigt weiter an, gesehen. und ich sehe, daß die Wohlfahrtsverbände, die sich Im übrigen gilt auch in den Fällen, in denen die bisher vorrangig mit dieser Frage befaßt haben, zuse- gesetzliche Krankenversicherung nicht berührt ist, hends in Personalschwierigkeiten geraten. Müßten ganz allgemein folgendes: In a ller Regel wird die be- wir nicht viel mehr tun, um diejenigen, die, was von rufliche Qualifikation p rivater Pflegedienste durch Ihnen als notwendig erachtet wird, in der Fami lie Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1057

Alfons Müller (Wesseling) Pflege leisten, oder anderen nachbarschaftlich Tätige Tarifabschluß im öffentlichen Dienst, durch den be- dafür zu schulen, und ist die Bundesregierung bereit, sonders die im Pflegebereich tätigen Kräfte besser bewußtseinsbildend auf die Länder und die Kassen- entlohnt werden sollen, dazu ein erster Ansatz ist? verbände einzuwirken, damit Entsprechendes in Halten Sie es nicht für notwendig, daß wir die in der Gang kommt? Familie erbrachten Pflegeleistungen für diejenigen, die sie erbringen, auch im Rentenrecht entsprechend rentenbegründend und rentensteigernd, über die bis- Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: herigen Maßnahmen hinaus, anerkennen? Die Bundesregierung ist stets bereit, hier Musterbei- spiele anzuregen. Aber die Krankenkassen bieten be- reits verstärkt für Angehörige von pflegebedürftigen Versicherten Kurse an, die theoretische und prakti- Dr. Sabine Bergmann-Pohl, Parl. Staatssekretär: Ich sche Grundkenntnisse für die häusliche Kranken- stimme Ihnen zu, daß die Tarifverträge sicherlich sehr pflege vermitteln. Es ist z. B. bekannt, daß eine bun- hilfreich sein werden, um hier eine Verbesserung der desweit vertretene Krankenkasse mit dem Deutschen Pflegeleistungen zu erbringen. Zum zweiten muß ich Roten Kreuz eine Vereinbarung getroffen hat, nach es der Diskussion der gesetzgebenden Körperschaf- der bestimmte Lerninhalte an Angehörige vermittelt ten vorbehalten. werden. Das bezieht sich z. B. auf den Verlauf einer Krankheit, die sachgemäße und kräftesparende Pflege, z. B. wie Kranke zu lagern sind usw. Prakti- Vizepräsident Hans Klein: Danke sehr, Frau Parla- sche Hilfen werden angeboten. Diese Kurse sind für mentarische Staatssekretärin. die Versicherten der Krankenkassen kostenlos. Meine Damen und Herren, wir sind damit am Schluß unserer heutigen Tagesordnung. Ich berufe Vizepräsident Hans Klein: Herr Kollege Müller, wir die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages auf sind schon ein gutes Stück über die Zeit. Wenn Sie morgen, Donnerstag, den 21. März 1991, um 9 Uhr jetzt vielleicht noch eine kurze Frage stellen? ein. Die Sitzung ist geschlossen. Alfons Müller (Wesseling) (CDU/CSU): Ich mache es kurz, Herr Präsident. — Stimmen Sie mir zu, daß der (Schluß der Sitzung: 14.42 Uhr)

Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode - 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1059*

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 Anlage 2 Liste der entschuldigten Abgeordneten Antwort des Parl. Staatssekretärs Wilhelm Rawe auf die Frage entschuldigt bis Abgeordnete(r) des Abgeordneten Ludwig Stiegler (SPD) (Drucksa- einschließlich che 12/266 Frage 1) : Welche Investitionen werden die Unternehmen der Bundes- Berger, Johann Anton SPD 20. 03. 91 post im Gebiet der Oberpostdirektion Regensburg im laufenden Jahr vornehmen, und welche Investitionsschwerpunkte sind für Braband, Jutta PDS 20. 03. 91 den Bereich der mittelfristigen Finanzplanung nach dem gegen- Conradi, Peter SPD 20. 03. 91 wärtigen Stand der Dinge festgelegt? Francke (Hamburg), CDU/CSU 20. 03. 91 Klaus Durch die Deutsche Bundespost TELEKOM werden Dr. Glotz, Peter SPD 20. 03. 91 im Gebiet der Oberpostdirektion Regensburg in 1991 Günther (Plauen), FDP 20. 03. 91 vorwiegend Investitionen für den Ausbau und die Di- Joachim gitalisierung der Vermittlungs- und Übertragungs- Dr. Gysi, Gregor PDS 20. 03. 91 technik, den Mobilfunk, den weiteren Ausbau des Hedrich, Klaus-Jürgen CDU/CSU 20. 03. 91 Breitbandverteildienstes und des Telefonnetzes getä- tigt. Hierzu sind zudem umfangreiche Investitionen Henn, Bernd PDS 20. 03. 91 im Bereich des Hochbaus erforderlich. Diese Investi- Hilsberg, Stephan SPD 20. 03. 91 tionsschwerpunkte gelten auch für den Bereich der Hörster, Joachim CDU/CSU 20. 03. 91 mittelfristigen Finanzplanung. Horn, Erwin SPD 20. 03. 91 ** Die Mittel, die für 1991 in den o. a. Investitionsbe- Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 20. 03. 91 reichen im Bereich der Oberpostdirektion Regens- Jung (Düsseldorf), Volker SPD 20. 03. 91 burg geplant sind, belaufen sich für diesen Unterneh- Kittelmann, Peter CDU/CSU 20. 03. 91 mensbereich auf über 530 Millionen DM. Kleinert (Hannover), FDP 20. 03. 91 Da das Unternehmen Deutsche Bundespost POST- Detlef BANK keine mittlere Lenkungsebene besitzt, kann Kolbe, Manfred CDU/CSU 20. 03. 91 nicht auf Strukturdaten bezogen auf OPD-Bereiche Dr. Mertens (Bottrop), SPD 20. 03. 91 zurückgegriffen werden. Es liegen als Summe nur die Franz-Josef Investitionen für 1991 bezogen auf das Bundesland Müller (Düsseldorf), SPD 20. 03. 91 Bayern vor. Sie betragen 1991 für dieses Unterneh- Michael men über 46 Millionen DM. Paintner, Johann FDP 20. 03. 91 Exakte Angaben für einzelne Bezirke des Unter- Dr. Pfennig, Gero CDU/CSU 20. 03. 91 nehmens Deutsche Bundespost POSTDIENST sind für Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 20. 03. 91 mittelfristige Finanzplanungen zur Zeit nicht möglich, Susanne insbesondere wegen der noch zu erarbeitenden Ein- Rappe (Hildesheim), SPD 20. 03. 91 führung des neuen Frachtkonzepts. Hermann Für 1991 betragen die Investitionen des Unterneh- Dr. Reinartz, Bertold CDU/CSU 20. 03. 91 mens Deutsche Bundespost POSTDIENST über Dr. Riege, Gerhard PDS 20. 03. 91 27 Millionen DM in diesem Bezirk. Rühe, Volker CDU/CSU 20. 03. 91 Dr. Scheer, Hermann SPD 20. 03. 91 Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 20. 03. 91 Dr. Schreiber, Harald CDU/CSU 20. 03. 91 ** Schulz (Leipzig), Gerhard CDU/CSU 20. 03. 91 Anlage 3 Dr. Schwarz-Schilling, CDU/CSU 20. 03. 91 Antwort Christian Dr. von Teichman und FDP 20. 03. 91 des Parl. Staatssekretär Horst Seehofer auf die Fragen Logischen, C. des Abgeordneten Günther Heyenn (SPD) (Drucksa- che 12/266 Fragen 2 und 3): Wieczorek-Zeul, SPD 20.03.91 Heidemarie Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß Empfän- gern und Empfängerinnen von Leistungen aus Zusatzversor- Yzer, Cornelia CDU/CSU 20. 03. 91 gungssystemen der früheren DDR wegen der anstehenden Zierer, Benno CDU/CSU 20. 03. 91 * Überprüfung und Neuordnung dieser Systeme einstweilen noch keine oder keine volle Erhöhung ihrer Sozialversicherungs- renten erhalten haben? Ist die Bundesregierung in der Lage, die Überprüfung und * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- Neuordnung der Zusatzversorgungssysteme der früheren DDR lung des Europarates soweit voranzubringen, daß die Sozialversicherungsrenten die- ** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versamm- ses Personenkreises zum 1. Juli 1991 wie die anderen Renten lung erhöht werden können? 1060* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Im Rentenangleichungsgesetz der ehemaligen DDR Anlage 4 wurde festgelegt, daß die Renten aus der Rentenver- Antwort sicherung nicht zu erhöhen sind, wenn der Rentenbe- rechtigte noch eine Rente aus einer Zusatzversorgung der Parl. Staatssekretärin Michaela Geiger auf die erhält. Dadurch sollte verhindert werden, daß diese Frage der Abgeordneten Claire Marienfeld (CDU/ Rentenberechtigten eine höhere Gesamtrente (Ren- CSU) (Drucksache 12/266 Frage 4): tenversicherungsrente und Zusatzversorgungsrente) Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung zum erhalten können, als ihnen möglicherweise zu- Schutz des tropischen Regenwaldes? steht. Erst nach der Überführung der Zusatzversor- gungssysteme in die gesetzliche Rentenversiche- Die Grundzüge der Entwicklungszusammenarbeit rung steht fest, wie hoch künftig die Gesamtver- der Bundesregierung im Tropenwaldbereich wurden sorgung ist. bereits im Tropenwaldbericht vom Mai 1990 darge- legt. Gemäß Bundestagsbeschluß vom 26. Oktober 1990 (BT-Drucksache 11/8009), der die Bundesregie- Die sich aus der Rentenangleichung zum 1. Juli rung zu regelmäßigen Stellungnahmen über Maßnah- 1990 ergebenden Erhöhungsbeiträge für die Renten men zum Tropenwaldschutz entsprechend den Emp- aus der Pflichtversicherung sind zum Teil höher als fehlungen der Enquete-Kommission — „Vorsorge niedrige Zusatzversorgungsrenten. Damit die Bezie- zum Schutz der Erdatmosphäre" — auffordert, beab- her solcher Zusatzversorgungsrenten nicht durch die sichtigt die Bundesregierung im Mai 1991 einen Be- z. Z. noch nicht mögliche Überführung der Ansprüche richt hierzu vorzulegen. aus Zusatzversorgungssystemen benachteiligt wer- den, wurde in der am 1. Januar 1991 in Kraft getrete- 1990 wurden von der Bundesregierung insgesamt nen 1. Rentenanpassungsverordnung für das Beitritts- 314,6 Millionen DM (194,0 Millionen Finanzielle und gebiet bestimmt, daß auch bei Beziehern einer Zusatz- 120,6 Millionen Technische Zusammenarbeit) für versorgung die Rente aus der Pflichtversicherung Maßnahmen der Walderhaltung und Forstentwick- rückwirkend zum 1. Juli 1990 anzugleichen war. Die lung zugesagt. Mit über 15 % der nach FAO-Angaben sich nach der Angleichung ergebende Rente wurde international für entsprechende Entwicklungshilfe- zum 1. Januar 1991 um 15 % angepaßt. Die Erhö- programme bereitgestellten Mittel ist die Bundesre- hungsbeträge für die Zeiten von Juli bis Dezember publik damit wichtigster bilateraler Geber im Tropen- 1990 wurden auf die gleichartige Zusatzversorgung waldbereich. angerechnet; nur der die Zusatzversorgung überstei- Darüber hinaus engagiert sie sich in der multilate- gende Betrag wurde nachgezahlt, soweit ein Sozialzu- ralen Zusammenarbeit impulsgebend für entspre- schlag nicht gezahlt worden ist. Ab 1. Januar 1991 chende Maßnahmen. Beispiel hierfür ist die Initative werden die sich ergebenden Erhöhungsbeträge eben- von Bundeskanzler Kohl für ein gemeinsames Ak- falls auf eine gleichartige Zusatzversorgung ange- tionsprogramm zum Schutz der Amazonaswälder an- rechnet. Gleichartige Zusatzversorgungen werden läßlich des Europäischen Rates im Juni 1990 in Dublin. nur noch in dem Umfang gezahlt, als sie die sich aus Diesen deutschen Vorschlag griff der Wirtschaftsgip- der Rentenangleichung und Rentenanpassung erge- fel im Juli 1990 in Houston auf. Die Weltbank wurde benden Erhöhungsbeträge übersteigen. Der bisherige ersucht, den Vorschlag für ein Pilotprogramm zur Er- Gesamtbetrag aus Sozialversicherungsrente und haltung der Regenwälder zu erarbeiten. Die Bundes- gleichartiger Zusatzversorgung bleibt jedenfalls als regierung wird dieses Programm über mehrere Jahre Besitzstand gewährleistet. mit rund 250 Millionen DM unterstützen.

Die Bundesregierung hält dies in Anbetracht der Komplexität der Tatbestände für eine angemessene Zwischenlösung. Anlage 5 Antwort Selbstverständlich werden auch alle Renten aus der des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Fra- Rentenversicherung, die neben einer Leistung aus ei- gen des Abgeordneten Hermann Bachmaier (SPD) nem Zusatzversorgungssystem bezogen werden, an (Drucksache 12/266 Fragen 6 und 7): der zum 1. Juli 1991 vorgesehenen 2. Rentenanpas- In welchem Umfang und aus welchen Gründen hat die Bun- sung teilnehmen. Über die Frage, ob und ggf. in wel- desregierung Anlagenteile für die Herstellung chemischer Pro- chem Umfang die Erhöhungsbeträge auf die Zusatz- dukte nach Libyen, Syrien und dem Iran genehmigt, und in wel- versorgungen angerechnet werden sollen, hat die cher Weise hat sich die Bundesregierung Sicherheit darüber ver- Bundesregierung noch nicht entschieden. Die Bun- schafft, daß diese Exporte nur zu zivilen Zwecken verwendet desregierung wird dies im Rahmen ihrer Ent- werden? scheidung über die 2. Rentenanpassungsverordnung Besitzt die Bundesregierung Erkenntnisse, daß Sy rien und/ oder der Iran Giftgas zu entwickeln beabsichtigen oder besitzen, tun. und welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den gegenwärtigen Stand der Absichten oder Fähigkeiten Libyens, Giftgas zu produzieren? Im übrigen beabsichtigt die Bundesregierung, einen Vorschlag für die Überführung der An- sprüche und Anwartschaften aus Sonder- und Zu- Zu Frage 6: satzversorgungssystemen der früheren DDR in dem Für Ausfuhren nach Libyen sind in den Jahren 1989 Entwurf des Renten-Überleitungsgesetzes zu ma- und 1990 drei Genehmigungen im Gesamtwert von chen. 169 525, — DM erteilt worden. Geliefert wurden Er- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1061* satzteile für eine Industrieanlage in Abu Kammash, genstand der Ermittlungen sind auch die von der die keinen funktionalen Zusammenhang mit dem Be- PREUSSAG AG in den Irak ausgeführten Lieferun- trieb einer Chemiewaffenanlage erkennen ließ. Die gen. zivile Endverwendung wurde ausdrücklich vom Emp- Wie den Veröffentlichungen in der Tagespresse fänger bestätigt und unter Einschaltung der Nachrich- vom 13. März 1991 zu entnehmen war, hat die Staats- tendienste besonders sorgfältig überprüft. Hinweise anwaltschaft Anklage gegen die Verantwortlichen auf eine militärische Nutzung lagen und liegen nicht der betroffenen Unternehmen erhoben. Es ist der Bun- vor. desregierung nicht möglich, zu Einzelheiten öffentlich Nach Syrien wurde im Jahr 1985 eine Lieferung von Stellung zu nehmen. Standard-Glasbausteinen im Wert von ca. 50 000 DM genehmigt. Die Anlage, zu der die Zulieferung er- folgte, ist als solche nach Mitteilung des Bundesamtes für Wirtschaft zur Herstellung von Kampfstoffen nicht geeignet. Auf die Vorlage einer Endverbleibserklä- Anlage 7 rung ist seinerzeit verzichtet worden, da die zivile Antwort Auslegung der Anlage der Behörde in einem anderen Zusammenhang bereits bekannt war. des Parl. Staatssekretärs Dr. Ottfried Hennig auf die Für Ausfuhren in den Iran sind zwischen 1985 und Fragen der Abgeordneten Dr. Christine Lucyga (SPD) 1989 sieben Ausfuhrgenehmigungen für fünf Antrag- (Drucksache 12/266 Fragen 15 und 16) : steller im Gesamtwert von 4,9 Mio DM genehmigt Treffen Pressemeldungen zu, nach denen zum deutschen Bei- worden. Die Anlagenteile wurden jeweils an verschie- trag zur Unterstützung der Maßnahmen zur Befreiung Kuwaits auch Lieferungen aus Beständen der ehemaligen NVA gehö- dene Empfänger geliefert. ren? Die Endverwendung für zivile Zwecke wurde durch Mit welchen Werten wurden derartige Lieferungen in der entsprechende Erklärungen des Ausführers und/oder Berechnung eines deutschen Anteils von ca. 11 Mrd. DM be- des Empfängers bestätigt. Darüber hinaus wurden im rücksichtigt? Rahmen des Antragsverfahrens Informationen aus vertraulicher Quelle berücksichtigt. Zu Frage 15: Im Rahmen der Golfkrise hat die Bundesregierung Zu Frage 7: auch Unterstützungsleistungen durch Abgabe von Der Bundesregierung liegen Informationen über Material aus Beständen der ehemaligen NVA er- Kampfstoffprogramme in Syrien und Iran vor. Ebenso bracht. geht sie davon aus, daß Libyen weiterhin versucht, sich chemische Kampfstoffe zu verschaffen. Einzel- Zu Frage 16: heiten zu den angesprochenen Kampfstoffprogram- men der drei Länder können nur im Rahmen einer Innerhalb eines Gesamtunterstützungsrahmens von vertraulichen Unterrichtung der jeweiligen Aus- rund 17,3 Mrd. DM wurde Material aus Beständen der schüsse des Deutschen Bundestages genannt wer- ehemaligen NVA im Wert von rund 780 Millionen DM abgegeben (Stand: 1. 3. 1991). Dabei handelt es sich den. im wesentlichen um Feldzeugmaterial, Kraftfahr- zeuge, ABC-Abwehr- und Sanitätsmaterial.

Anlage 6 Antwort Anlage 8 des Parl. Staatssekretärs Klaus Beckmann auf die Antwort Frage der Abgeordneten Edelgard Bulmahn (SPD) (Drucksache 12/266 Frage 8): des Parl. Staatssekretärs Dr. Ottfried Hennig auf die Frage des Abgeordneten Albrecht Müller (Pleiswei- Treffen die Angaben des „SPIEGEL" vom 4. März 1991 über ler) (SPD) (Drucksache 12/266 Frage 20): die Beteiligung der PREUSSAG AG an der irakischen Giftgas- produktion nach den Erkenntnissen der Bundesregierung zu, Wie hoch waren die Kosten der Kommandeurstagung im Ma- und inwieweit wurden für die zur Diskussion stehenden Ausfuh- ritim-Hotel in Bonn insgesamt, speziell die Kosten für die Unter- ren Exportgenehmigungen durch das Bundesamt für Wirtschaft bringung im Hotel, und hält es die Bundesregierung für gerecht- erteilt? fertigt, daß die Kommandeure der Bundeswehr in einem der vornehmsten und teuersten Hotels der bisherigen Bundeshaupt- stadt nächtigen und tagen, während gleichzeitig die Steuern Der Bundesregierung liegen Informationen über die massiv erhöht werden? mögliche Beteiligung deutscher Unternehmen an ille- galen, und das heißt nicht genehmigten, Ausfuhren Generell werden Kommandeurtagungen der Bun- von Ausrüstungsteilen zur Produktion chemischer deswehr in einem zeitlichen Abstand von 1 bis 1 1/2 Kampfstoffe im Irak vor. Jahren an jeweils anderen Tagungsorten durchge- Der Deutsche Bundestag wurde über den Stand des führt. Die Teilnehmerzahl liegt bei rund 500 Kom- von der Staatsanwaltschaft beim Landgericht Darm- mandeuren und Beamten in entsprechenden Dienst- stadt eingeleiteten Ermittlungsverfahrens im Dezem- stellungen. Dies begrenzt die in Betracht zu ziehen- ber 1988 und Dezember 1989 unterrichtet. Ge- den Tagungsstätten. 1062* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991

Die Entscheidung für das Maritim-Hotel in Bonn lich 275 000 Berufs- und Zeitsoldaten vor, davon wurde im November 1990 getroffen. Dadurch war zu- 30 000 aus dem Beitrittsgebiet. gleich sichergestellt, daß mit Blick auf die Golf-Krise Zusätzlich sind im Regierungsentwurf Finanzmittel eine erforderlich werdende ständige Verfügbarkeit für 212 000 Grundwehrdienstleistende enthalten, da- wichtiger Entscheidungsträger gewährleistet war. von 32 000 aus dem Beitrittsgebiet. Außerdem war es dadurch möglich, den Aufwand für Absicherung sowohl der Tagungsstätte selbst als auch Gegenüber dem Haushalt 1990 wurden die Veran- der in diesem Fall nur einen Übernachtungsstätte auf schlagungsstärken für den Anteil der bisherigen Bun- das unabdingbare Ausmaß zu reduzieren und anson- deswehr deutlich reduziert; bei den Berufs- und Zeit- sten notwendige Fahrten zwischen Tagungsstätte und soldaten um 13 000 und bei den Grundwehrdienstlei- mehreren Hotels sowie deren jeweils getrennte, auf- stenden um 35 000 Veranschlagungsstärken. wendigere Absicherung zu vermeiden. Andere Ta- Am 3. Oktober 1990 wurden ca. 50 000 ehemalige gungsstätten im Raum Bonn erfüllten die zuvor ange- Berufs- und Zeitsoldaten der NVA in die Bundeswehr sprochenen Kriterien nicht. übernommen, davon sind z. Z. noch ca. 29 000 im Was die Kosten dieser Tagung bet rifft, so ist eine Dienst. Langfristig ist ein Bestand von 25 000 Länger präzise Aussage derzeit nicht möglich. Sobald die Ge- dienern vorgesehen und für einen vorübergehenden samtabrechnung vorliegt, werde ich Ihnen die Höhe Zeitraum zusätzlich 5 000 Soldaten zur Wahrneh- der entstandenen Kosten schriftlich mitteilen. mung befristeter Aufgaben. Bisher haben sich ca. 23 000 ehemalige Berufs- und Zeitsoldaten der NVA um Übernahme als „SaZ 2" beworben, bislang konn- ten 12 000 Bewerbungen mit einem positiven Ergeb- Anlage 9 nis beschieden werden. Die Übernahmen werden vor- Antwort aussichtlich Ende April 1991 abgeschlossen sein. des Parl. Staatssekretärs Dr. Ottfried Hennig auf die Die soziale Lage der im Dienst befindlichen und Fragen des Abgeordneten Dr. Hans Modrow (PDS/ - ausgeschiedenen Soldaten der ehemaligen NVA wird Linke Liste) (Drucksache 12/266 Fragen 21 und 22): durch die im Einigungsvertrag festgelegten Maßnah- Bedeutet die Feststellung zum Verteidigungshaushalt, die Re- men bestimmt. Dabei geht es für Ausscheidende ins- duzierung der Personalstärke der Bundeswehr werde erst nach besondere um die materielle Sicherung und die Inte- dem Inkrafttreten des ersten Wiener Reduzierungsabkommens gration in das zivile Berufsleben. Von besonderer Be- in Angriff genommen, daß die Bundesregierung die Erfüllung deutung sind dabei die gesetzlichen Regelungen für der im Zwei-plus-vier-Vertrag eingegangenen Verpflichtung, bis Ende 1994 die Bundeswehr auf eine Personalstärke von das Übergangsgeld in Höhe von 70 To der durch- 370 000 Mann zu reduzieren, nunmehr vom Inkrafttreten des schnittlichen letzten Bezüge zur Sicherstellung des Wiener KSE-Abkommens abhängig macht, und welche Vorstel- laufenden Lebensbedarfs und die Leistungen für eine lungen gibt es bei der Bundesregierung, diese Verpflichtung des zivilberufliche Qualifikation. Zwei-plus-vier-Vertrages rechtzeitig und vertragsgemäß zu er- füllen? Für ehemalige NVA-Soldaten, die nicht übernom- Welche Maßnahmen unternimmt die Bundesregierung, die men werden, ist im Einigungsvertrag festgelegt, daß die Personalplanstellen der bisherigen Bundeswehr 1991 unver- für deren Eingliederung in das zivile Berufsleben die ändert bei 430 000 Mann beibehält, die ehemalige NVA aber rigoros reduziert, um diesen Abbau für die Betroffenen sozial Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes gelten, verträglich zu machen und ihnen eine neue Berufschance zu insbesondere für Maßnahmen der beruflichen Ausbil- geben? dung, Fortbildung und Umschulung. Dabei gewährt der Berufsförderungsdienst der Bundeswehr zusätzli- Zu Frage 21: che Hilfestellung. Die Betroffenen sind in vielen Infor- Die Bundeswehrplanung geht vor dem Hintergrund mationsvorträgen über die Leistungen und Möglich- der politischen Veränderungen in Europa davon aus, keiten dieser gesetzlichen Förderungsbestimmungen daß der Gesamtumfang deutscher Streitkräfte im Frie- unterrichtet worden. den künftig 370 000 Soldaten beträgt. Zieldatum für Zudem haben die Arbeitsämter und die Berufsför- die Einnahme dieses reduzierten Friedensumfanges derungsdienste in den Bundesländern bereits in den ist der 31. Dezember 1994. Die hierzu erforderlichen wenigen Monaten seit dem Beitritt ein umfangreiches Arbeiten der Personal- und Strukturplanung sind fort- und differenziertes Qualifikationsangebot entwickelt, geschritten. insbesondere auch für die ehemaligen NVA-Soldaten. Grundlage für diese planerischen Festlegungen Diese Angebote werden umfassend und auf allen sind die Ergebnisse des Treffens zwischen Bundes- Ebenen in Anspruch genommen. kanzler Kohl und Präsident Gorbatschow im Kauka- sus und die Erklärung der Bundesrepublik Deutsch- land am 30. August 1990 in Wien, die in Artikel 3 des Vertrages über die abschließende Regelung in bezug auf Deutschland übernommen wurde. In dieser Erklä- Anlage 10 rung heißt es, daß die Reduzierung des Personalum- Antwort fangs der deutschen Streitkräfte mit dem Inkrafttreten des ersten KSE-Vertrages beginnen soll. des Parl. Staatssekretärs Dr. Ottfried Hennig auf die Frage der Abgeordneten Andrea Lederer (PDS/Linke Liste) (Drucksache 12/266 Frage 23): Zu Frage 22: Für welchen Zeitraum sind die nächsten NATO-Manöver auf Der Regierungsentwurf zum Haushalt 1991 sieht für dem Gebiet der östlichen Türkei geplant, und welche Einheiten die Bundeswehr Finanzmittel für jahresdurchschnitt- der Bundeswehr werden daran teilnehmen? Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 1063*

Nach gegenwärtigem Planungsstand sind bis 1995 Die Zahlen beziehen sich nur auf die bisherigen in der Osttürkei zwei Übungsvorhaben der bewegli- Bundesländer. Die Zugehörigkeit der Zivildienst- chen Eingreiftruppe der NATO-AMF vorgeplant. Es plätze (ca. 31 000) in Verbänden und Institutionen in sind dies, im September 1994 die Übung ARROW den neuen Bundesländern wird zur Zeit noch regi- EXPRESS, im März 1995 die Übung AEGIS EX- striert und überprüft. In den bisherigen Bundeslän- PRESS. dern bestehen über 22 000 Beschäftigungsstellen des An beiden Vorhaben beteiligt sich die Bundeswehr Zivildienstes. im wesentlichen mit dem verstärkten Fallschirmjäger- bataillon 263 bzw. 253, der 2. Staffel des Jagdbomber- Zu Frage 25: geschwaders 43 und den dazugehörigen Versor- gungsanteilen. Nach den Feststellungen des Bundesamtes für den Zivildienst haben von 96 401 Zivildienstleistenden seit dem 15. Januar 1991 lediglich 673 rechtswidrig den Dienst verweigert. Davon hatten etwa 7,5 Prozent Pflegedienstaufgaben in Krankenhäusern zu erledi- Anlage 11 gen. Alle übrigen waren mit anderen Arbeiten be- Antwort traut. Die Ermittlung des Anteils der im Pflegedienst tätigen Dienstverweigerer beruht wegen der Kürze des Parl. Staatssekretärs Peter Hintze auf die Fragen der zur Verfügung stehendenZeit auf einer überschlä- des Abgeordneten Benno Zierer (CDU/CSU) (Druck- gigen Zählung, weil das Bundesamt für den Zivil- sache 12/266 Fragen 24 und 25): dienst bisher nur die Gesamtzahl ohne besondere Wie ist derzeit die Zahl der Ersatzdienstleistenden — in abso- Aufzeichnungen für einzelne Tätigkeitsbereiche stati- luten Zahlen und prozentual — auf die einzelnen Institutionen stisch erfaßt hat. verteilt, in denen sie ihren Dienst leisten, und um welche Insti- tutionen handelt es sich dabei im einzelnen genau? Gegen die Dienstverweigerer werden Disziplinar- verfahren eingeleitet. Erst nach rechtskräftigem Ab- Wie viele Ersatzdienstleistende haben während der letzten - Monate — vor allem während der Golfkrise — in unseren Kran- schluß dieser Verfahren läßt sich genauer feststellen, kenhäusern die Erledigung ihrer Pflegeaufgaben verweigert? in welchem Umfange Aufgaben im Pflegebereich ver- nachlässigt worden sind. Zu Frage 24: Die Zahl der Zivildienstleistenden bei den Spitzenver- bänden im Bereich Zivildienst ergibt sich aus folgen- der Aufstellung: Anlage 12 (Stand: 15. Februar 1991) Antwort Zahl der der Parl. Staatssekretärin Dr. Sabine Bergmann-Pohl Zivil in v. H. dienst Bele auf die Fragen des Abgeordneten Horst Jaunich Plätze aller leisten gung (SPD) (Drucksache 12/266 Fragen 29 und 30): Plätze den in v. H. = belegte In wieviel Fällen läuft derzeit ein von der Bundesoberbehörde Plätze eingeleitetes Verfahren gemäß § 63 des Arzneimittelgesetzes (AMG)? 1) Arbeiterwohlfahrt 8 609 7,0 5 412 62,9 Um welche Präparate bzw. Präparategruppen handelt es sich, 2) Deutscher und wie ist der jeweilige Verfahrensstand? Caritasverband 21 121 17,4 12 004 56,8 3) Deutsches Rotes Kreuz 13 021 10,7 8 419 64,7 Zu Frage 29: 4) Deutscher Beim Bundesgesundheitsamt als der zuständigen Paritätischer Bundesoberbehörde zur Beobachtung, Sammlung Wohlfahrts- und Auswertung von Arzneimittelrisiken — soweit verband 18 127 15,0 9 834 54,3 nicht das Paul-Ehrlich-Institut zuständig ist — laufen 5) Diakonisches zur Zeit 67 Verfahren im Rahmen des Stufenplans Werk der EKD 23 454 19,3 13 546 57,8 nach § 63 des Arzneimittelgesetzes. 6) Deutsche Krankenhaus- Beim Paul-Ehrlich-Institut als der zuständigen Bun- gesellschaft 8 892 7,3 4 974 55,9 desoberbehörde für Sera, Impfstoffe, Testallergene, 7) Deutsches Testsera und Testantigene läuft zur Zeit ein Verfah- Jugend- ren. herbergswerk 1 424 1,1 975 68,5 8) Arbeiter- Samariter-Bund 5 830 4,8 3 443 59,1 Zu Frage 30: 9) Plätze Die vom Bundesgesundheitsamt eingeleiteten Ver- außerhalb von Spitzenverbänden 21 167 17,4 11 716 55,4 fahren betreffen sowohl Fertigarzneimittel der Allopa- thie als auch der Phytotherapie, Homöopathie und Gesamtzahl Anthroposophie. Gestatten Sie, daß ich wegen der aller Plätze 121 646 100,0 70 323 57,8 Vielzahl beispielhaft nur einige der betroffenen Grup- 1064* Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 20. März 1991 pen nenne; Analgetika, Antirheumatika, blutdruck- 7 Fällen bereits das Ruhen der Zulassung angeord- senkende Mittel, Blut und Blutzubereitungen, Orga- net. notherapeutika, Organextrakte, Zubereitungen aus pflanzlichen Arzneimitteln. Hierzu zählen insgesamt Bei dem in die Zuständigkeit des Paul-Ehrlich-Insti- ca. 10 000 Präparate. tuts fallenden Verfahren sind Sera, Impfstoffe, Testal- lergene und Hyposensibilisierungs-Lösungen betrof- Von den 67 Verfahren befinden sich 26 in Gefah- fen. Hier liegt die Gefahrenstufe I vor, in der ein Infor- renstufe I, in der ein Informationsaustausch stattfin- mationsaustausch wegen einer BSE-Gefährdung mit det, und 41 in Gefahrenstufe II des Stufenplanverfah- den pharmazeutischen Unternehmern und den zu- rens. In diesen Fällen besteht ein begründeter Ver- ständigen obersten Landesgesundheits- und -veteri- dacht auf ein gesundheitliches Risiko. Daher wurde in närbehörden stattfindet.