889441764 783869 9 ISBN978-3-86944-176-4 Eichsfeldes ausderFederdesAutorsvor. nördlichen des Fließgewässer großen beiden der lung gleichen im Verlag erschienen) liegt nun eine umfassende (2012 Darstel- Brehmestrand“ am „Mein Publikation früheren seiner mit Zusammen von deneneinigehiererstmalspubliziertwerden. tueller Abbildungen und Kartenausschnitte illustriert, Der Text wird durch eine Vielzahl historischer wie ak- Mühlen, diedurchdenFlussangetriebenwurden. 15 insgesamt den auf insbesondere Wasserkraft, der Nutzung der auf liegt Schwerpunkt besonderer Ein Grenzverkehr). (Kleiner Teilung deutschen der Jahren den in West und Ost zwischen Verbindung der Ort als Hahletals des Rolle besondere die auf auch wird Eingegangen derungen derTopografie desTals. Verän- anthropogenen die wie Bild ins ebenso rücken Nebengewässer und Verzweigungen ihre , der Lauf Der Aspekten. verschiedenen unter Hahletal das und Flusslauf den Bild und Wort in beschreibt scher, Heimatfor- ausgewiesener Brehme zur Publikation vergleichbare eine durch und engagierter Autor, Der den QuellenbiszurMündungimEichsfeldverläuft. in die mündet. Sie ist der längste Fluss, der von Gieboldehausen von nordwestlich km 28 ca. nach sie weiten Tal durch Thüringen und Niedersachsen, bevor einem in verläuft und Worbis in entspringt Hahle Die

MECKE

Robert Wand Die Hahle – ein Fluss im Von denQuellen biszurEinmündungindie Rhume ein FlussimEichsfeld Die Hahle- Robert Wand Robert Wand

Die Hahle – ein Fluss im Eichsfeld Die Herausgabe dieses Buches wurde mit freundlicher Unterstützung gefördert durch

VG Lindenberg/Eichsfeld

Samtgemeinde Gieboldehausen

Heimatverein „Goldene Mark“ (Untereichsfeld) e.V.

Ein herzlicher Dank für die Unterstützung bei der Recherche zum Inhalt dieses Heimat­ dokuments gilt dem Stadtarchiv Duderstadt, Herrn Hans Reinhard Fricke; den Familien für die freundlichen Auskünfte zur Geschichte einzelner Mühlenobjekte; der Geschichtswerkstatt in Gieboldehausen; dem Geschichtsverein Worbis; Herrn Andreas Müller, Mingerode; Herrn Alfred Kirsten, Erfurt; dem Heimatverein Goldene Mark (Untereichfeld) e.V.; Verleger Helmut Mecke, sowie allen Einrichtungen und Personen für die Bereitstellung von Foto­ und Kartenmaterial. Ein besonderer Dank gilt Herrn Gerold Wucherpfennig für seine Bemühungen um die Finanzierung der Drucklegung. Robert Wand Die Hahle – ein Fluss im Eichsfeld Von den Quellen bis zur Einmündung in die Rhume

Herausgegeben vom Heimatverein Goldene Mark (Untereichsfeld) e.V.

Mecke Druck und Verlag · Duderstadt 2017 © 2017 Robert Wand

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Kopien, Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Ein speicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Bei Fremdbildern sind die Autoren bzw. Quellen angeführt Die Wiedergabe von Plänen erfolgt mit Genehmigung der bereitstellenden Institutionen

Umschlagbild: Einmündung der Hahle in die Rhume bei Gieboldehausen kleine Abbildungen: „Kleine Hahle“, Mühlgraben in Gerblingerode (o.l.) Hahle im nördlichen Stadtbereich von Duderstadt (u.l.) Hochwasserschaden an der Hahlebrücke, Bahnhofstraße Duderstadt, 1909 (u.r.) Wüstefeldsche Mühle in Mingerode (o.r.) .

Herstellung: Mecke Druck und Verlag · 37115 Duderstadt

ISBN 978 ­ 3 ­ 86944 ­176­ 4

Zu beziehen über alle Buchhandlungen oder direkt bei Mecke Druck und Verlag Postfach 1420 · 37115 Duderstadt · Tel. (05527) 9819­22 · Fax (05527) 9819­39 [email protected] · www.meckedruck.de/9783869441764 Inhaltsverzeichnis

Vorwort ...... 7

Die Hahlequellen und die Brauerei in Worbis ...... 9

Veränderungen von Topografie und Landschaftsbild am Oberlauf der Hahle ...... 13 Bahnbau zwischen Wulften (Niedersachsen) und Leinefelde (Thüringen) ...... 13 Schachtteufungen zur geplanten Kalisalzgewinnung ...... 17 Suchgrabungen im Bereich Worbis­Wintzingerode der B247n­Trasse (2010) ...... 19 Neubau der B247n als Ortsumfahrung von Worbis und Wintzingerode ...... 20

Elf Mühlen am Oberlauf der Hahle ...... 27 Die Preußischen Wasserbücher­Wasserrechte ...... 28 Die Hahle Mühlen und ihre Mühlengräben von Worbis bis ...... 29 Die Wasserführung zur Bockmühle ...... 30 Die Worbiser Bockmühle ...... 33 Die Wasserführung zur Pulvermühle ...... 35 Die Worbiser Hahle­Pulvermühle ...... 35 Die Wasserführung zur Ziegenmühle ...... 36 Die Worbiser Ziegenmühle ...... 36 Die Wasserführung zur Teichmühle ...... 37 Die Wintzingeröder Teichmühle ...... 39 Die Wasserführung zur Dorfmühle (Klingebiel) ...... 40 Die Fernaer (Klingebiel) Dorfmühle ...... 42 Die Wasserführung zur Bruchmühle (Becker) am Ortsrand von Ferna ...... 43 Die Fernaer (Becker) Hahlemühle ...... 45 Die Wasserführung zur Teistunger Hahlemühle (Werner) ...... 46 Die Teistunger Hahle­Mühle (Werner) ...... 49 Ein neuer Wasserkanal wird zur „Kleinen Hahle“ ...... 51 Obere Klostermühle (Stark) Teistungen ...... 57 Untere Klostermühle (Hierbeck) Teistungen ...... 63 Exkurs: Von der Grenzübergangsstelle zum Grenzlandmuseum ...... 67 Der Hahlemühlengraben von Teistungen nach Duderstadt ...... 73 Die Hochstädter (Schwarzes) Mühle Duderstadt...... 76 Die Ziegelmühle (Zinke) Duderstadt ...... 83

5 Der Unterlauf der Hahle ...... 87 Auf dem Weg durch die „Goldene Mark“ in die Rhume ...... 87 Linksseitige Hahlezuflüsse ...... 88 Rechtsseitige Zuflüsse in die Hahle ...... 90

Unwetter und Hochwasserereignisse in der „Goldenen Mark“ ...... 91 Hochwasserereignisse in Mingerode ...... 91 Aufzeichnungen elementarer Gewalt im und um den Flecken Gieboldehausen ...... 92 Hochwasserberichte aus Gieboldehausen ...... 95 Wetterunbilden in der Region „Goldene Mark“ ...... 98

Menschliche Eingriffe in die Flusslandschaft ...... 100 Meliorationsmaßnahmen in der Feldmark Mingerode ...... 100 Regulierung der Flüsse Hahle und von Obernfeld bis Gieboldehausen ...... 102

Mühlen und industrielle Einrichtungen am Unterlauf der Hahle ...... 105 Die Mingeröder Mühle Wüstefeld ...... 105 Wasserbucheintrag für die Gemarkungen Gerblingerode, Duderstadt und Mingerode ...... 107 Maulhardt­Mühle in Obernfeld ...... 112 Die Hahle in Richtung Gieboldehausen ...... 117 Zwei Hahle­Mühlen in Gieboldehausen ...... 117 Die Mühlenwasserkraft wird zur Energiegewinnung genutzt...... 118 Hahle Wasserbucheinträge für die Gemarkung Gieboldehausen ...... 124

Das Ende des Hahleflusses...... 127

6 Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, liebe Eichsfelderinnen und Eichsfelder, in der Siedlungsgeschichte hat der Mensch jeher die Nähe zu Gewässern gesucht. So waren Seen, aber auch Flüsse und Bäche sowie deren Talauen bevor­ zugte Standorte für die Gründung von Städten und Dörfern. Neben der besonderen ökologischen bzw. limnologischen Bedeutung sind Fließgewässer folg­ lich auch Lebensadern der Menschheit. In diesem Kontext hat der Mensch die Gewässer in vielfältiger Art und Weise genutzt (z. B. Nahrungsgrundlage, Transportweg, Wasserkraft) sowie in deren Auenbe­ reichen regulierend und gestaltend (z. B. Hochwas­ serschutz, Gewässerbegradigung, Landgewinnung) eingegriffen; so auch im Eichsfeld. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dieser Thematik und zwar am Beispiel des Fließgewässers Hahle von ihren Quellen in Worbis bis zur Mündung in die Rhume westlich von Gieboldehausen. Neben der Werra, der , der Rhume, der Unstrut, der Wipper und der Frieda zählt die Hahle hydrologisch zu den großen Fließgewässern im Eichsfeld. Die Hahle ist zu­ dem als Flusslauf ein natürliches Element, welches das Eichsfeld von ihren Quellen bis zur Mündung nicht verlässt sowie den thüringischen und niedersächsischen Teil verbindet. Der Autor dieses Werkes Robert Wand aus Brehme hat sich nach seinem Buch „Mein Duderstadt am Brehmestrand“ erneut auf den Weg gemacht und sein Wirken der Hahle gewidmet. Auf 128 Seiten beschreibt er den Verlauf des Fließgewässers und seiner Zu­ flüsse, berichtet über Unwetter­ bzw. Hochwasserereignisse, die anthropogenen Verän­ derungen am Gewässer selbst und in seinen Auen sowie über die ehemals vorhandenen flussbegleitenden 21 Mühlenbetriebe und die Industriestandorte. Der Heimatverein Goldene Mark (Untereichsfeld) e. V. als Herausgeber dieses Buches bedankt sich bei Robert Wand für seine äußerst engagierte, wertvolle heimatkundliche Arbeit sowie allen Förderern und Unterstützern, die die Veröffentlichung dieses Wer­ kes erst ermöglicht haben.

Gerold Wucherpfennig Vorsitzender Heimatverein Goldene Mark

7 Hahle bei Gerblingerode.

8 Die Hahlequellen und die Brauerei in Worbis Die Hahle entspringt am Worbiser „Kapellenberg“ aus neun Quellen. Das Quellgebiet ist als „Neunspringe­Quellen“ bekannt. Aus diesen Quellen wurde Brauwasser für die älteste noch bestehende Eichsfelder Brauerei, gegründet 1867 als Dampfbrauerei durch Carl Kuntze, entnommen. Es verleiht dem Worbiser „Neunspringer Bier“ sowie alko­ holfreien Getränken den geschützten Produktnamen. So lautet die allgemein gängige örtliche Legende um das Hahle­Quellgebiet in Worbis. Diese Variante der Geschichte ist in vielen Generationen mündlich weiterverbreitet und ist somit Bestandteil der volkstümlichen Überlieferung nicht nur im Ort Worbis, sondern darüber hinaus im ganzen Eichsfeld. Genauer und ausführlicher ist die Darstellung, die der Brauereimitarbeiter Werner Fischer aus 2012 zusammengestellt hat: Der westliche Ortsrand von Alt-Worbis bildet in etwa die Wasserscheide zwischen den Einzugsgebieten der Elbe und . Die in der Stadt entspringende Wipper entwässert in östliche Richtung über die Unstrut und Saale zur Elbe. Die Hahle ent- springt am westlichen Rand der Stadt und fließt in diese Richtung. Das Hahlewasser mündet in die Rhume und fließt über Leine und ehe es in die Weser mündet. Beider Flüsse Wasser vermischen sich erst in der Nordsee. Brauerei Neunspringe Worbis. Sammlung Ehrhard Nebel, Worbis. Das Interessante an den bei- den in Worbis entspringenden Wassern ist, dass beiden Flüssen keine einzelne Quelle zugewiesen werden kann. Nicht, wie im klassischen Fall, entstehen Wipper und Hahle aus einer, sondern aus mehreren Quellen. Man spricht hier von Quellgebieten oder Quellhorizonten. Durch die geologische Situation in Worbis erklärt sich der „Wasserreichtum“ der Stadt, der auch ein wichtiger Aspekt bei der Besiedlung und Anlegung des Ortes war. Der auf einer wasserundurchlässigen Erdschicht aufliegende poröse Muschelkalk des Ohmgebirges speichert große Mengen Niederschlag. Dieser wird über diese undurch- lässigen Schichten zu den Rändern des Ohmgebirges geleitet und tritt an verschiede- nen Stellen als Quellen zu Tage.

9 Worbis liegt zwischen dem Ohmberg und dem Klien auf einem Geländesattel. Dieser Sattel ist eine geologische Stö- rung und die wasserführenden Schichten liegen hier im All- gemeinen tiefer. Dadurch sind die im Stadtgebiet befindlichen Quellen sehr ergiebig und aus- dauernd, während höher gele- gene Quellen im Sommer we- niger schütten bzw. zeitweise trocken sind. Von der Einwohnerschaft des Ortes, der Stadt Worbis, wur- Eingang zum Sudhaus. de von je her das Wasser der Wipper genutzt. Keine wesent- liche Rolle spielte das Wasser der Hahle für die Stadt, da es erst einige Wegeminuten vor dem Obertor erreichbar war. Doch in der westlichen Wor- biser Feldflur wurde es schon genutzt. Zwei Mühlen z.B. wurden von der jungen Hahle angetrieben und einige Fisch- teiche waren angelegt. Auch Flurnamen, mit denen die Worbiser bestimmte Teile der Feldflur bezeichneten, be- Im Sudhaus der Brauerei. zogen sich auf die Hahle. Schon im Reuterschen Lagerbuch von 1610 (Heiligenstädter Abschrift, Seite 742) wird der Amtsvogt Johann Cämmerer genannt, der für Landbesitz „ii [2] schneeberger Er- benzinß von i [1] Plätzlein bey der Neuspring darunter ein Pulvermühle“ bezahlte. Also ganz in der Nähe des Quellgebietes der Hahle. Der sogenannte „Neuspring“ war mögli- cherweise das Pendant zu den alten, seit jeher genutzten Quellen der Wipper in der Stadt. Das reiche und gute Wasserangebot nutzte auch Carl Kuntze, aus Großbodungen ge- bürtig, als er 1867 in der Nähe der Quellen Land erwarb und eine Brauerei gründete und neu aufbaute. Das Bier der neugegründeten Brauerei hatte etwas Besonderes und setzte sich gegenüber dem Bier aus den damals noch bestehenden Braustätten in der Stadt durch. Zuletzt hatte Carl Kuntzes Brauerei Bestand. Das Bier der anfangs kleinen Brauerei wurde in der Region abgesetzt.

10 In den Jahren nach dem I. Weltkrieg boomte in den „goldenen 20er“ die deutsche Wirtschaft. Auch die Bierproduktion konnte gesteigert werden. Niederlagen waren ge- gründet, alkoholfreie Getränke kamen hinzu und die Brauerei dehnte den Absatz über die Region hinaus. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde noch wenig „Reklame“ gemacht. Die Möglichkei- ten waren begrenzt. Eine ganz andere Verkaufsstrategie wurde notwendig. Werbung rückte verstärkt in den Vordergrund. Nach dem Krieg setzte eine rasante Entwicklung ein und veränderte Verpackungsmaterial, Drucktechniken und auch Werbeträger- und Material. In dieser Zeit kamen neue Etiketten als Werbung zum Einsatz, auf denen, nun bildlich 9 Quellen dargestellt, versuchten den Namen „Neunspringe“ zu erklären. Ein guter „Werbe gag“, der außerhalb der Region durchaus wirksam und plausibel war. Millionen Etiketten mit den 9 abgebildeten Quellen können allerdings einen alten überlieferten Flurnamen nicht umdeuten. Selbst neue Auffassungen, Erklärungen und moderne Medien mögen eine Variante mit 9 Quellen popularisieren; werden aber von Einheimischen und Historikern, die um die Namensherkunft wissen, belächelt. Ganz eng mit den Hahlequellen ist in den letzten fast 150 Jahren die Brauerei verbun- den. Viele Baumaßnahmen der Brauerei versuchten das kostbare Hahlewasser für den Betrieb zu nutzen. Da das Wasser aus dem Ohmberg über einen Quellhorizont tritt, musste es zusammengeleitet und in einem Reservoir gesammelt werden.

Traditionswagen der Brauerei Neunspringe im Festumzug anlässlich des 850jährigen Worbiser Stadtjubiläums und der 27. Eichsfeldtage am 16. Sept. 2012.

11 Der Quellhorizont veränderte sich ständig und in Folge gibt es auf dem Gelände der Brauerei mehrere Stellen an denen Wasser dem Berg entrinnt. Eine der Hauptquellen liegt unter einer Bebauung. Mit der Vergrößerung der Brauerei und der Steigerung der Produktion reichte die Schüttung und Qualität der Quellen nicht mehr aus. In den 1980er Jahren wurde ein Tiefbrunnen gebohrt und in den letz- ten Jahren eine neue Wasseraufbereitungsanlage eingerichtet. Das Wasser der Hahlequellen verlässt nun fast ungenutzt die Brauerei und treibt auch keine Worbiser Mühlen mehr an. Nur einige Fischteiche sind noch in Nutzung und danach verlässt die Hahle die Worbiser Feldflur, wie vor 150 Jahren, direkt aus dem Ohmgebirge. Im Juli 1818 erfolgte eine Darstellung der Ortslage von Worbis. Durch den Preußisch­ Königliche Garde Lieu t enand E. G. Hartleb wurde, entsprechend der damaligen gän­ gigen Methode, ein „Situationsplan“ erarbeitet.

Ausschnitt aus diesem „Gesamtsituationsplan“, bezieht sich auf den Flurbereich Neun Springe. Sammlung Theo Bauer, Worbis, bearbeitet vom Verfasser.

12 Veränderungen von Topografie und Landschaftsbild am Oberlauf der Hahle Bahnbau zwischen Wulften (Niedersachsen) und Leinefelde (Thüringen) Die industrielle Entwicklung in Deutschland machte auch um die eichsfeldischen Regionen keinen Bogen. Mit der sich entfaltenden Infrastruktur im Eichsfeld galt es Bedingungen zu schaffen, welche letztendlich Voraussetzungen für eine Ansiedelung von industriellen Anlagen boten. Im Jahr 1886 wurde mit dem Bau einer Eisenbahnlinie von Wulften nach Leinefelde begonnen. Die Trassenführung erfolgte in westöstlicher Richtung des Hahletales. Der Eisenbahnbau wurde in zwei Teilstrecken geplant und umgesetzt. Der erste Teilabschnitt von Wulften nach Duderstadt wurde am 31. Oktober 1889 ein­ geweiht. Der Bau der zweiten Teilstrecke von Duderstadt in Richtung Leinefelde nahm noch weitere acht Jahre in Anspruch. Infolge der komplizierteren Trassenführung, es be­ steht eine starke Gefällelage zwischen Worbis und Wintzingerode, waren aufwändi­ ge Erdbaumaßnahmen erforderlich. Noch unzureichend vorhandene Erdbautechnik musste mit sehr viel Menschenkraftaufwand aufgewogen werden. Die Umsetzung dieses Projektes machte die Anwerbung fremder Arbeitskräfte aus dem europäischen Raum erforderlich.

Bahnhof Duderstadt 28.10.1900 mit Lok P 3 Nr. 249 Kassel. Sammlung E. Steffen.

13 Bahnhof Duderstadt von Süden vor 1915, Stadtarchiv Duderstadt.

Bahnhof Duderstadt, um 1940. Sammlung Herbert Pfeiffer, Duderstadt.

14 Bahnhof Worbis, mit den Gaststätten Klasse II u. III, Betriebsende 2001. Sammlung Theo Bauer, Worbis.

Bahntrasse hinter der Watten Fabrik 1912 (TECTRON). Sammlung Theo Bauer, Worbis.

15 Bahntrasse Leinefelde-Teistungen (Duderstadt). Sammlung Theo Bauer, Worbis.

Mit der feierlichen Strecken eröffnung, am 1. September 1897 waren die Kreise Duder­ stadt und Worbis per Eisenbahn direkt verbunden. Seit 1945 war die Bahnlinie durch die Zonengrenzziehung unterbrochen. Der Abschnitt Worbis­Teistungen wurde 1947 stillgelegt und demontiert, 1950 aber wieder eröffnet. 1974 wurde der Personenverkehr zwischen Wulften und Duderstadt eingestellt, 1995 auch der zuletzt nur noch spärliche Güterverkehr. Ein nach der Wiedervereinigung an­

16 gedachter Lückenschluss zwischen Teistungen und Duderstadt wurde trotz erheblicher Bemühungen von verschiedenen Seiten letztlich als unrentabel verworfen. Am 9. Juni 2001 erfolgte der letzte Zugverkehr ab Teistungen in Richtung Leinefelde. Kurze Zeit später begann die Demontage der Gleisanlagen. Die Bahntrasse wird heute in Teilen als Radweg genutzt. Schachtteufungen zur geplanten Kalisalzgewinnung Mit der Eisenbahnverbindung war eine wichtige Voraussetzung für die logistische In­ anspruchnahme für Transporte von Menschen und im Frachtverkehr in und aus dieser Region geschaffen worden. Der Bedarf an Düngemittel war für die Entwicklung der Landwirtschaft von großer Bedeutung und so wurden im Südharzbereich viele Erkun­ dungen (Bohrungen) zur Aufspürung von Kalisalzlagerstätten vorgenommen. Kurz vor dem 1. Weltkrieg begannen auch im Hahletal Abteufungen von Förder­ schächten zur Gewinnung des „Weißen Goldes“. Im Bereich zwischen der Buch­ und Teichmühle wurden Abteufungen von zwei Schächten zur Kaligewinnung von der „AG Kalibohrgesellschaft Westohm“ begonnen. Der Schacht „Elisabeth“, unweit der Buchmühle, erreichte eine Teuftiefe von 384 Metern. Die zweite Schachtröhre „Fer­ na“, unweit der Teichmühle als Wetterschacht konzipiert, erreichte eine Teuftiefe von 84 Metern. Eine Kamerafahrt (2012) in den Schacht „Elisabeth“ brachte ein überraschendes Ergebnis zu Tage: Die gesamte Schachtröhre befindet sich in einem sehr guten Zu- stand, d.h. es gibt keine größeren Berg- und Wassereinbrüche bis auf die vorhandene ca. 20 Meter mächtige Grund- Schlammschicht, von welcher jährlich Wasserproben gezogen werden. Dieses heißt: Die Röh- re ist 365 Meter tief unversehrt erhalten. (Zeitzeugenbericht Wolfgang Träger, Kreisfeuer­ wehrzentrum) Ein wichtiges Entscheidungs­ kriterium zum Standort der Schachtteufe war wohl der vor­ Schachteufe „Elisabeth“. handene Bahnanschluss. Als Folge der Abteufungen der Schächte begannen Eingriffe in die Landschaft. Zur Schaffung von Baugelände für geplante Werksanlagen wurden Brücken­ bauwerke anstelle bestehender Furten sowie ein Bahndamm als Werksanbindung in Richtung Bahnhof Ferna angelegt. Um­ Schachtteufe „Ferna“.

17 Hilfsförderturm der Teufe „Ferna“ um 1912. Sammlung Dr. Kurbad, Wintzingerode. verlegungen von Gewässergräben ergaben sich im Umfeld der geplanten Funktionsge­ bäude des Bergwerksbetriebes. Infolge des Verbauens der anfallenden Erdmassen vor Ort ergaben sich neue Oberflächenlagen im unmittelbaren Umfeld der Schachtteufun­ gen. All diese Erdstoffablagerungen trugen dazu bei, die Bachsohlentiefen zu verän­ dern, und in deren Folge waren die Mühlgräben­Anbindungen ebenfalls anzugleichen.

18 An beiden Schächten wurden die Arbeiten nach dem Ausbruch des 1. Weltkrieges eingestellt. Weil sich die geplante Kaliförderungstätte am Rande eines lohnenden Ka­ livorkommens befand und wegen des industriellen wirtschaftlichen Niederganges als Folge des Krieges wurde ein Weiterbau der geplanten Förderungsanlagen nicht mehr in Angriff genommen.

Suchgrabungen im Bereich Worbis-Wintzingerode der B247n-Trasse (2010) Eine bevorstehende großflächige Veränderung der Geländestruktur entsteht zwangs­ läufig durch eine Straßenbaumaßnahme. Ein Großteil der Landschaft in dem oberen Hahletal erhält in diesem Flurbereichen eine völlig neue Profilierung. Mit einer neuen Trassenführung ergeben sich in den Randbereichen planungsbedingte Geländemodellierungen. Damit keine historischen Spuren einer Besiedlung in diesen Bereichen für alle Zeiten verloren gehen, sind vorausgehende Suchgrabungen auf sol­ chen Verdachtsflächen Bestandteil der Planung. Schwerpunkt im Jahr 2010 waren die archäologi- schen Sondierungsarbei- ten vor dem Baubeginn der Ortsumgehung der B 247n Worbis - Wintzinge- rode im Zeitraum Mai bis Juni. Aufgrund bisheriger Erkenntnisse wurden im geplanten Bauabschnitt der Ortsumgehung Reste der Wüstungen Rumerode und Rappolderode sowie Hinterlassenschaften von Glashütten erwartet, was aber nicht der Fall war. Bei dieser vom Thüringer Landesamt für Denkmal- schutz und Archäologie durchgeführten Grabung haben Mitglieder der Ar- beitsgruppe Archäologie im „Verein für Eichsfeldi- sche Heimatkunde“ (VEH) aktiv mitgearbeitet und da- bei viel für ihre ehrenamt- Mittelalterliches Entwässerungssystem. Sammlung G. Fulle, liche Arbeit gelernt. Leinefelde-Worbis.

19 In einer Senke fand sich unterhalb des Ackerbodens schwarzes, teilweise noch nasses Moorgebiet. Inner- halb dieses Gebietes wur- den massive Mauerzüge aus Muschelkalkbruchstei- nen, die trocken, also ohne Mörtel gesetzt worden wa- ren, entdeckt. Diese „Mau- ern“ erwiesen sich als Ka- näle eines recht verzweig- ten Entwässerungssystems, das in das 16. Jahrhundert datiert werden kann und recht gut erhalten war. Bei- Fundsituation – jungsteinzeitliches Vorratsgefäß der derseits des Moores wurden Wartberg-Gruppe, Sammlung G. Fulle zahlreiche Siedlungsgruben gefunden, die aber kaum weitere Funde enthielten (aus dem Jahresbericht des Arbeits­ kreises „Archäologie“ des Vereins für Eichsfeldische Heimatkunde [VEH]). Der bedeutendste Fund sind Keramikscherben aus einer Grube westlich des Moo- res. Diese Scherben konnten zu einem tonnenförmigen Vorratsgefäß zusammengesetzt werden. Am Gefäßrand fanden sich umlaufend Verzierungen, die für die jungstein- zeitliche Wartberg-Gruppe charakteristisch sind. Dies ist in Thüringen der erste er- grabene Befund einer vor allem im hessischen Bereich verbreiteten steinzeitlichen Kulturgruppe.1 Die Randscherbe eines Gefäßes lässt zumindest eine Teilzuordnung in die Hallsteinzeit (Bronzezeit) zu (Zeitzeugenbericht H.­J. Schäfer, Dingelstädt, VEH).

Neubau der B247n als Ortsumfahrung von Worbis und Wintzingerode In ihrer Bedeutung und im Umfang der Umsetzung noch größere Eingriffe in die Landschaftstruktur ergaben sich durch den Bau der B247neu (n) ­ Ortsumgehungen von Worbis und Wintzingerode. Dieses Bauprojekt ist ein Teilabschnitt des gesam­ ten Verkehrsprojektes B247n. Für die Umsetzung des Bauabschnittes B274n mit einer Länge von 5,440 km, 2,260 km Wirtschaftswege und 1,810 km Anschlüsse, waren insgesamt 9,510 km Neubau zu realisieren. (Angaben und Abbildungen aus der Infor­ mationsschrift zur Verkehrsfreigabe, Bereichsingenieur Wigbert Iseke, Straßenbauamt Nordthüringen Leinefelde­Worbis). Die B247 wird im regionalen Raumordnungsplan Nordthüringens der überregionalen Verbindungsachse Erfurt – Bad Langensalza – Mühlhausen – Leinefelde – Worbis – Duderstadt/Göttingen zugeordnet. Sie erschließt und verbindet die Süd­, Mittel­ und Nordregion des Landes Thüringen sowie Niedersachsen. (Aus der Informationsschrift

20 zur Verkehrsfreigabe, Bereichsingeneur Wigbert Iseke, Straßenbauamt Nordthüringen Leinefelde­Worbis). Als Zwangspunkte bei der Trassierung dieser Ortsumgehung waren zu beachten: • Anschluss Ortsumgehung Leinefelde (B247neu/L3080) • Gewerbliche Bebauung und Altlastablagerung Worbis • Siedlungs­ und Naherholungsgebiet Klien • Gewässer Hahle (Höhenzwangspunkt) • Biotope und Feuchtgebiete der Hahleaue (Flächennaturdenkmal Teifelsröse) • Teilweise Nutzung der stillgelegten Bahntrasse 1 Baubeginn für notwendige sieben Brückenbauwerke, sechs Durchlässe und Abbruch einer Bahnbrücke war August 2009 bis Oktober 2010. Für den Streckenbau benötigte Bauzeit: Baubeginn im Oktober 2009 und endete Mitte 2012.2 Mit modernsten Großgeräten wurden enorme Erdstoffbewegungen durch Auf­ und Abtrag, sowie als Bodenaustausch in der Höhe von 320.000 m3 im oberen Hahletal zur Trassenführung notwendig.3 In der Fläche waren ein Oberbodenabtrag und eine Oberbodenandeckung von 80.000 m2 sowie für eine Bodenverbesserung 9.000 m2 zu bearbeiten. Es wurden 1.500 Meter Wildschutzzäune, 3.000 Meter Amphibienleiteinrichtungen sowie 400 Meter Lärmschutzwall im Bereich Wintzingerode errichtet. Die bestehende B247 alt wird als Wirtschaftsweg in der Länge von 2 km und auf eine von verbleibender Breite von 3 Metern zwischen dem Worbiser Bärenpark und der Ortslage

Orts-Anbindung Worbis nach Fertigstellung. Sammlung Straßenbauamt Nordthüringen.

21 889441764 783869 9 ISBN978-3-86944-176-4 Eichsfeldes ausderFederdesAutorsvor. nördlichen des Fließgewässer großen beiden der lung gleichen im Verlag erschienen) liegt nun eine umfassende (2012 Darstel- Brehmestrand“ am „Mein Duderstadt Publikation früheren seiner mit Zusammen von deneneinigehiererstmalspubliziertwerden. tueller Abbildungen und Kartenausschnitte illustriert, Der Text wird durch eine Vielzahl historischer wie ak- Mühlen, diedurchdenFlussangetriebenwurden. 15 insgesamt den auf insbesondere Wasserkraft, der Nutzung der auf liegt Schwerpunkt besonderer Ein Grenzverkehr). (Kleiner Teilung deutschen der Jahren den in West und Ost zwischen Verbindung der Ort als Hahletals des Rolle besondere die auf auch wird Eingegangen derungen derTopografie desTals. Verän- anthropogenen die wie Bild ins ebenso rücken Nebengewässer und Verzweigungen ihre Hahle, der Lauf Der Aspekten. verschiedenen unter Hahletal das und Flusslauf den Bild und Wort in beschreibt scher, Heimatfor- ausgewiesener Brehme zur Publikation vergleichbare eine durch und engagierter Autor, Der den QuellenbiszurMündungimEichsfeldverläuft. in die Rhume mündet. Sie ist der längste Fluss, der von Gieboldehausen von nordwestlich km 28 ca. nach sie weiten Tal durch Thüringen und Niedersachsen, bevor einem in verläuft und Worbis in entspringt Hahle Die

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