Tamara Kircher

Kommunale Kulturarbeit in Kärnten

Eine Fallstudie

MASTERARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades

Master of Arts

Studium: Masterstudium Angewandte Kulturwissenschaft

Alpen-Adria-Universität Klagenfurt

Begutachter VAss. Dr. Reinhard Kacianka Alpen-Adria-Universität Klagenfurt Institut für Kulturanalyse

Klagenfurt, September 2018 Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 2

Eidesstattliche Erklärung

Ich versichere an Eides statt, dass ich

- die eingereichte wissenschaftliche Arbeit selbstständig verfasst und keine anderen als die an- gegebenen Hilfsmittel benutzt habe, - die während des Arbeitsvorganges von dritter Seite erfahrene Unterstützung, einschließlich signifikanter Betreuungshinweise, vollständig offengelegt habe, - die Inhalte, die ich aus Werken Dritter oder eigenen Werken wortwörtlich oder sinngemäß übernommen habe, in geeigneter Form gekennzeichnet und den Ursprung der Information durch möglichst exakte Quellenangaben (z.B. in Fußnoten) ersichtlich gemacht habe, - die eingereichte wissenschaftliche Arbeit bisher weder im Inland noch im Ausland einer Prü- fungsbehörde vorgelegt habe und - bei der Weitergabe jedes Exemplars (z.B. in gebundener, gedruckter oder digitaler Form) der wissenschaftlichen Arbeit sicherstelle, dass diese mit der eingereichten digitalen Version über- einstimmt.

Mir ist bekannt, dass die digitale Version der eingereichten wissenschaftlichen Arbeit zur Pla- giatskontrolle herangezogen wird.

Ich bin mir bewusst, dass eine tatsachenwidrige Erklärung rechtliche Folgen haben wird.

Tamara Kircher e.h. St. Urban, 12.09.2018

(Unterschrift) (Ort, Datum)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 3

Hinweis

Aufgrund einer besseren Lesbarkeit wird in der vorliegenden Arbeit auf eine geschlechtsspe- zifische Differenzierung verzichtet und in diesem Zusammenhang ausschließlich die masku- line Form verwendet. Diese Form versteht sich explizit als geschlechtsneutral und gilt daher im Sinne der Gleichbe- handlung für beide Geschlechter.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 4

Danksagung

Gerne möchte ich mich an dieser Stelle bei all jenen bedanken, die mich während meines Stu- diums und beim Verfassen der Masterarbeit unterstützt und begleitet haben. Insbesondere gilt meinen Eltern, meinem Mann und meinem Onkel Gotthard Dank, die mir stets zur Seite ge- standen sind.

Des Weiteren gilt mein Dank allen Interviewpartnern, die sich Zeit für intensive Gespräche und Auskünfte genommen haben.

Besonders möchte ich mich bei meinem Betreuer VAss. Dr. Reinhard Kacianka herzlichst für seine Geduld und sein konstruktives Feedback bedanken.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 5

Abstract

Österreich definiert sich in seinem Selbstverständnis als Kulturnation. Künstlerische Leistun- gen, die in der Vergangenheit vollbracht worden sind, werden stolz nach außen transportiert und wertgeschätzt. In Anbetracht dessen stellt sich die Frage, ob eine solch positive Akzeptanz und kulturelle Wertschätzung in der kommunalen Kulturpolitik am Land zu beobachten ist. Kärnten, das südlichste Bundesland Österreichs, ist hinsichtlich seiner Topografie von ruralen Räumen geprägt. Ländliche Räume sind im Allgemeinen durch spezielle soziale und ökonomi- sche Rahmendbedingungen charakterisiert. Markante Faktoren wie Landflucht, fehlende Infra- struktur und mangelnde Bildungsangebote sind für Gemeinden in peripheren Gebieten keine Seltenheit. Dahingehend stellt sich die Frage, inwieweit die Kulturarbeit am Land davon beein- flusst wird und welche Konsequenzen das impliziert. Welchen Stellenwert nimmt die Kultur in Kärntens ländlichen Gemeinden ein und welche Entwicklungspotenziale sehen politische Ver- antwortungsträger? Wie wird ein Kulturangebot am Land organisiert und worin unterscheiden sich ländliche kulturelle Aktivitäten von jenen in Ballungszentren? Vor allem in ländlichen Gebieten wird traditionellen (Volks)Kulturträgern scheinbar eine signifikante Bedeutung bei- gemessen, doch inwieweit wird zeitgenössischen kulturellen Ambitionen Rechnung getragen? Um den Forschungsfragen adäquat auf den Grund zu gehen, wurde ein qualitatives Forschungs- design ausgewählt, in dessen Rahmen leitfadenorientierte Experteninterviews durchgeführt worden sind. Im Rahmen von offenen Gesprächen mit Kulturverantwortlichen aus zehn Kärnt- ner Gemeinden im ländlichen Raum soll untersucht worden, ob bzw. welche Signifikanz kul- turpolitischen Aktivitäten vor Ort zugesprochen wird.

Schlagwörter: Kultur / Kulturarbeit / Kulturpolitik / ländlicher Raum / Gemeinde / Kärnten

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 6

Abstract

Austria is defined as a cultural nation. Artistic achievements that have been accomplished in the past are proudly shown and valued. Accordingly the question arises whether such positive acceptance and cultural appreciation can be observed in rural municipal politics. , the southernmost province of , is characterized by rural areas that have to deal with special social and economic conditions such as rural exodus, a lack of infrastructure and educational opportunities. How is cultural work in the country influenced by these factors and what are the consequences? How important is culture in Carinthia's rural communities and what potential do political leaders see? How is a cultural offer organized and how does rural cultural activity differ from those in urban centers? To investigate these research questions a qualitative research design was selected in which guided interviews with experts were conducted. Through open discussions with cultural man- agers from ten carinthian communities in rural areas it is examined whether or which signifi- cance cultural activities are attributed.

Keyworts: culture / cultural policy / rural area / municipality / Carinthia

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 7

Inhaltsverzeichnis

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ______2 DANKSAGUNG ______4 ABSTRACT ______5

I. EINLEITUNG ______9 1. PROBLEMSTELLUNG, ZIELDEFINITION & RELEVANZ ______9 2. AUFBAU ______11 3. METHODISCHE VORGEHENSWEISE: DAS QUALITATIVE INTERVIEW ______12

II. KULTURARBEIT IM LÄNDLICHEN RAUM ______16 1. THEORETISCHE GRUNDLAGEN: DEFINITIONEN UND RAHMENBEDINGUNGEN ZUR KULTURPOLITIK UND -ARBEIT IM LÄNDLICHEN RAUM ______16 1.1. BEGRIFFSERLÄUTERUNGEN: „KULTUR“, „POLITIK“, „KULTURPOLITIK“ ______16 1.1.1. „Kultur“: Eine Annäherung ______16 1.1.2. „Politik“: Ein ma(e)chtiger Begriff ______20 1.1.3. Liaison Kultur und Politik: „Kulturpolitik“ ______21 1.1.4. Die „Neue Kulturpolitik“ ______22 1.1.5. Aufgaben der Kulturpolitik ______23 1.2. LÄNDLICHE RÄUME ______24 1.2.1 Charakterisierung & Abgrenzung(en) ______24 1.2.2 Herausforderungen, Funktionen, Potenziale, Chancen ______27

2. DIE GEMEINDE ALS INSTITUTION KULTURELLEN LEBENS: KULTURARBEIT IN LÄNDLICHEN GEMEINDEN ______28 2.1. DER KULTURBETRIEB: RECHTLICHE UND ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN DER KULTURARBEIT ______29 2.1.1. Allgemeine Besonderheiten ______30 2.1.2. Rechtsträgerschaft & Zielorientierung ______32 2.1.3. Der „Verein“: Rechtsform und Teilhabe ______38 2.1.4. Kulturfinanzierung ______39 2.1.5. Aktuelles: Kulturförderung in Kärnten ______46 2.2. „DIE ÖSTERREICHISCHE GEMEINDE“: KOMPETENZEN & WIRKUNGSBEREICHE ______47 2.2.1. Herausforderungen & Aufgaben kommunaler Kulturarbeit ______51 2.2.2. Best Practice Beispiel: Künstlerstadt Gmünd ______53

3. EXEMPLARISCHE ANALYSE: KOMMUNALE KULTURARBEIT IN KÄRNTEN ___ 55 3.1. CHARAKTERISTIKA DER FORSCHUNGSELEMENTE ______57 3.1.1. „Hard facts“ ______57 3.1.2. Kulturangebot im ländlichen Raum ______61 3.2. ORGANISATION DER KULTURARBEIT/KULTURPOLITIK ______79 3.2.1. Das Ehrenamt: Rahmenbedingungen, Herausforderungen ______79 3.2.2. Kommunale Kulturförderung ______83

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 8

3.3. MEHRWERTFAKTOR „KULTUR“ ______87 3.3.1. Wirtschaftliche Aspekte ______87 3.3.2. Regionale Wertschöpfung: Image, Standort, Lebensqualität ______97 3.3.3. Kultur und Gesellschaft: Identifikation und Nutzen ______100 3.4. HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN ______106

III. CONCLUSIO & AUSBLICK ______107

QUELLENVERZEICHNIS ______109 LITERATURVERZEICHNIS ______109 ONLINE-QUELLEN ______112 SONSTIGE QUELLEN ______118 INTERVIEWS ______119

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ______120 TABELLENVERZEICHNIS ______120 ANHANG ______121 INTERVIEWLEITFADEN ______121

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I. EINLEITUNG

1. Problemstellung, Zieldefinition & Relevanz Das südlichste Bundesland Österreichs, Kärnten, das Land der Berge, der Seen und der Kir- chen, ist topographisch durch eine Vielzahl von Tälern, Gewässern und Gebirge charakteri- siert. Abgesehen von der Landeshauptstadt Klagenfurt, die knapp 100.000 Einwohner behei- matet, und regionalen Zentren wie Villach, oder Wolfsberg ist die (Ge- meinde)Landschaft Kärntens, mit durchschnittlich 59 Einwohnern pro Quadratmeter, rural geprägt.1 Rurale Gebiete als solche zu definieren ist zwar nicht möglich, da es „den ländlichen Raum“ nicht als homogenes Gebiet gibt, gleichwohl können sie aber anhand spezifischer ökonomischer und sozialer Strukturen charakterisiert werden.2 Ländliche Räume können je- denfalls außerhalb von Ballungszentren lokalisiert werden und zeichnen sich durch geringe Siedlungsdichten und kleine Siedlungsgebiete aus. Weitere problematische Faktoren, die hin- sichtlich peripherer Räume als markant angesehen werden, sind Landflucht bzw. Abwande- rung, schwierige Erreichbarkeit und das Fehlen (kultureller) Bildungsangebote etc. Die große Signifikanz, die dem ländlichen Raum in Österreich auf Grund seiner Funktion als Siedlungs-, Wirtschafts- und Erholungsraum zuteil wird, soll hiermit keinesfalls abgespro- chen werden3, aber dass Kulturarbeit in ruralen Gebieten, in Anbetracht dieser Voraussetzun- gen, ein Spezifikum ist, mag auf der Hand liegen. Selbst in einer kleinen idyllischen Ge- meinde mit gut 1000 Einwohnern inmitten der Gurktaler Alpen aufgewachsen, ist sich die Autorin über die „Strukturschwäche“, wie es in der Fachliteratur allgemeinhin formuliert wird, durch welche periphere Räume sich von urbanen Zentren abheben, im Klaren.4

Das Land Österreich definiert sich weitgehend als Kulturland. Die große Mehrheit der öster- reichischen Bevölkerung schätzt künstlerische Leistungen, die in der Vergangenheit voll- bracht worden sind und maßgeblich zu einem Selbstverständnis als Bewohner einer Kultur- nation beitragen. Man denke beispielsweise an die Salzburger bzw. Bregenzer Festspiele, die Seefestspiele in Mörbisch, die Opernhäuser in Wien, weltberühmte österreichische Kompo- nisten usw. Angesichts dessen stellt sich die Frage, ob sich eine solche Einstellung und Ak-

1 Vgl. Kärnten Werbung, Presse & Medien, online, Zugriff: 21.10.2016 2 Vgl. Heinrichs (1992), S. 81. 3 Österreichischer Gemeindebund (2006), S. 8. 4 Vgl. TKI (2012), S. 5.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 10 zeptanz bezüglich kultureller Wertschätzung ebenso in der kommunalen Kulturpolitik wie- 5 derspiegelt. Die Masterarbeit soll anhand eines qualitativen Forschungsdesigns beleuchten, welchen Stel- lenwert die Kulturarbeit in ruralen Gebieten Kärntens einnimmt. Im Speziellen bedeutet dies, dass zehn exemplarische Gemeinden aus unterschiedlichen Regionen auf ihre kulturpoliti- schen Ambitionen hin untersucht werden, um Aussagen darüber treffen zu können, inwieweit Kultur bzw. Kulturarbeit in ländlichen Gebieten Relevanz zugesprochen wird. Der Erhe- bungsprozess impliziert neben einer lokalen Bestandsaufnahme der jeweiligen kulturellen Profile die Durchführung von leitfadenorientierten Interviews mit verantwortlichen Akteu- ren. Um die Ergebnisse der empirischen Forschung adäquat einordnen und vergleichen zu können, gilt es vorab, nicht alleinig Voraussetzungen und Rahmenbedingungen (urbaner) Kulturarbeit zu skizzieren, sondern darüber hinaus ortsspezifische (kulturelle) Besonderhei- ten und Potenziale der Kommunen herauszuarbeiten. Die untersuchten Gemeinden sollen ein möglichst umfassendes Bild über den Stellenwert, der Kultur in Kärntens ländlichen Regio- nen eingeräumt wird, liefern, weshalb die Untersuchungsobjekte bewusst nach unterschiedli- chen geographischen Gesichtspunkten und weiteren Aspekten (z. B. Zugehörigkeit zu einem Speckgürtel, natürliche Ressourcen), ausgewählt wurden. Und nicht zuletzt werden weitere Facetten wie Kultur als identitätsstiftender Faktor, Kultur als weicher bzw. harter Standort- faktor, Kultur als Mittel zur Attraktivitätssteigerung und Imagefaktor oder Kultur als traditi- onelle Brauchtumspflege beleuchtet.

Bevor eine empirische Erhebung thematisiert wird, müssen jedoch vorab grundsätzliche Defi- nitionen zur Verfügung gestellt werden, um Begriffe wie „Kultur“, „Kulturpolitik“, „Kulturbe- trieb“ oder „ländlicher Raum“ als akkurate Analyseinstrumentarien einsetzen zu können. Des Weiteren ist es nötig, die Kompetenzen und Wirkungsbereiche einzugrenzen. Außerdem bedarf es einer theoretischen Aufarbeitung und Einbettung der angewendeten For- schungsmethode.

Die qualitative Sozialforschung fokussiert, anders als bei quantitativen Methoden, die Inter- aktion zwischen dem Forscher und dem jeweiligen Untersuchungsfeld bzw. akkreditiert Be- obachtungen, Reflexionen und Eindrücke des Forschenden als Datenmaterial. Demzufolge ist das wesentliche Charakteristikum der qualitativen Forschung, dass verschiedene Blick-

5 Vgl. Knapp (1998), S. 9.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 11 winkel und Überlegungen des Forschers in Interpretationen und Erkenntnisgenerierung mit- einbezogen werden.6 Im konkreten Fall soll ein leitfadenorientiertes Interview zur Anwen- dung kommen, in dem die befragten Personen die Möglichkeit haben, ihre subjektiven Stand- punkte einzubringen. Das qualitative Interview ist dafür dienlich, „private Gefühle und Gedanken, vorbewusste Faktoren und Emotionen in einem definierten Bezugs- rahmen festzustellen und Einsichten und Erkenntnisse im Rahmen komplexer psychischer, physischer und sozialer Bedingungslagen zu erfassen.“7

Zwar gehen aus dieser Methode keine statistisch verwertbaren Ergebnisse hervor, jedoch er- öffnet die Vorgehensweise Zugang zu einem tieferen Verständnis für Zusammenhänge.8 Diese Erläuterungen zeigen, weshalb ein qualitatives Forschungsdesign ausgewählt worden ist, um die konkreten Rahmenbedingungen und spezifischen Situationen in Kärntner Ge- meinden darzustellen.

2. Aufbau

Der Aufbau der Arbeit orientiert sich grundsätzlich an folgenden Forschungsfragen:

o Was sind die Besonderheiten der kommunalen Kulturarbeit in Kärnten? (Situationsbe- schreibung) o Welche kulturpolitischen Ambitionen haben Kärntner Gemeinden? (Tendenzen? Ent- wicklungen?) o Wo liegen diesbezüglich Gemeinsamkeiten bzw. Unterschiede? o Welche Funktionen werden der „Kultur“ in der Peripherie übertragen?

Bevor diese anhand der qualitativen Forschungsergebnisse behandelt werden, gilt es einen the- oretischen Rahmen abzustecken, in dessen Kontext die Erkenntnisziele eingebettet werden kön- nen. Das erste Kapitel beschäftigt sich daher mit allgemeinen Begriffsdefinitionen und Erläu- terungen. Termini wie „Kultur“, „Kulturpolitik“, „ländlicher Raum“ sind keine eindeutigen Be- griffe und bedürfen einer näheren Betrachtung. Im Hinblick auf periphere Gebiete ist es unab- dingbar, aktuelle Herausforderungen und Chancen, mit denen diese im 21. Jahrhundert kon- frontiert sind, herauszuarbeiten.

Im zweiten Kapitel steht die Gemeinde als Wirkungsbereich der Kulturarbeit im Vordergrund. Welche Wirkungsbereiche, Pflichten und Aufgaben den kommunalen Verantwortungsträgern

6 Vgl. Flick (2008), S. 26-29. 7 Siller (2010), S. 181. 8 Vgl. Graf/Gredig (2010), S. 2., online

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 12 zuteil wird, soll genauso diskutiert werden wie die Rahmenbedingung der Kulturarbeit per se. Ferner ist Erkenntnisziel, ob und wie ein offenes und bürgerorientiertes Agieren in der kom- munalen Kärntner Kulturszene umgesetzt wird.

Eine exemplarische Analyse der kommunalen kulturellen Aktivitäten in zehn ausgewählten Kärntner Gemeinden in der Peripherie wird im dritten Kapitel dargestellt. Welche Funktionen der Kultur übertragen werden und welche Auswirkungen sie auf eine regionale/kulturelle Iden- tität hat bzw. inwieweit Kulturtourismus und Kultur als Wirtschaftsfaktor eine Rolle spielen wird ebenso beleuchtet. Kultur – das sind nicht ausschließlich die schönen Künste – organisa- torisch, gesellschaftlich und wirtschaftlich können viele Facetten mit ihr in Verbindung ge- bracht werden.

3. Methodische Vorgehensweise: Das qualitative Interview Qualitative Forschungsmethoden im Allgemeinen und Interviews im Speziellen eignen sich gut dafür, „soziale Prozesse nachzuvollziehen“, um rekonstruieren zu können, warum sich eine Si- tuation so konstituiert, wie sie es tut.9 Um den Forschungsfragen adäquat auf den Grund zu gehen, wurde dementsprechend ein qualitatives Forschungsdesign ausgewählt, in dessen Rah- men leitfadenorientierte Experteninterviews durchgeführt worden sind. Im Rahmen von offe- nen Gesprächen mit Kulturverantwortlichen aus zehn verschiedenen Kärntner Gemeinden im ländlichen Raum ist untersucht worden, ob bzw. welche Signifikanz kulturpolitischen Aktivi- täten vor Ort zugesprochen wird. Zur methodischen Untermauerung dieser Herangehensweise werden primär die Erläuterungen zur qualitativen Sozialforschung von Uwe Flick (2016) her- angezogen.

Demzufolge ist das wesentliche Charakteristikum der qualitativen Forschung, dass verschie- dene Blickwinkel und Überlegungen des Forschers in Interpretationen und Erkenntnisgenerie- rung miteinbezogen werden.10 Um ein möglichst umfassendes Bild des Stellenwertes, der Kul- tur in Kärntens ländlichen Regionen eingeräumt wird, zu skizzieren, kommt in der folgenden Untersuchung das qualitative Interview als Erhebungsinstrument zur Anwendung, weil die In- terviewpartner ihre individuellen Standpunkte und Blickwinkel einbringen können. Zwar gehen aus dieser Methode keine statistisch verwertbaren Ergebnisse hervor, jedoch eröffnet die Vor-

9 Vgl. Flick (2016) S. 23. 10 Vgl. Flick (2016), S. 26-29.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 13 gehensweise Zugang zu einem tieferen Verständnis für spezifische Zusammenhänge und kon- krete Bezugsrahmen.11 Für Flick et al. sind dies wesentliche Faktoren, die zur Attraktivität der Methode grundlegend beitragen während sie betonen, dass „sie [ist] in ihren Zugangsweisen zu den untersuchten Phänomenen häufig offener und dadurch ‚näher dran‘ als andere Forschungsstrategien [ist], die eher mit großen Zahlen und stark standardisierten, dadurch auch stärker objektivistischen Methoden und normativen Konzepten arbeiten“.12 Diese Aspekte waren ausschlaggebend dafür, dass ein qualitatives Untersuchungsdesign als angemessen erachtet worden ist, welches darüber hinaus die Möglichkeit bietet, ortsspezifische Besonderheiten und Potenziale der Untersuchungsobjekte in die Analyse miteinfließen zu las- sen.

Qualitative Sozialforschung impliziert, dass in einem ersten Schritt der State of the Art in Hin- blick auf den Forschungsgegenstand erhoben wird. Dies dient dazu, sich einen Überblick über vorhandene und relevante Literatur, Publikationen, Studien und Diskussionen zu verschaffen, um möglichst umfangreiches ‚Kontextwissen‘ zu generieren.13 Die Recherchen zum Status quo der kommunalen Kulturpolitik in Kärnten ergab, dass keine aktuellen Forschungsergebnisse, speziell diese Thematik betreffend, vorhanden sind. Nichts- destoweniger war es von großer Relevanz umfangreiche Recherchen anzustellen, um eine Be- standsaufnahme analoger Beiträge zu erfassen, zu dem Zweck, Spezifika der Kulturarbeit im ländlichen Raum herausarbeiten zu können, was eine wichtige Grundlage für die empirische Untersuchung zur kommunalen Kulturpolitik ist. In einem weiteren Schritt war es nötig, Infor- mationen über die allgemeinen Rahmenbedingungen der kulturpolitischen Situation in den Ge- meinden einzuholen, sodass einerseits ein Überblick über die gegenwärtigen kulturpolitischen Bedingungen in Kärnten erlangt werden konnte und um andererseits das konkrete Sample zu bestimmen. Die zehn Untersuchungsobjekte, die aus den 132 Gemeinden ausgewählt wurden, sollten auf eine Weise selektiert werden, die einen entsprechenden Vergleich möglich macht. Die Ergebnisse einer solchen explorativen Auswertung sind ergo von besonderer Bedeutung, wenn es darum geht, „Aussagen und Beobachtungen im Feld besser einordnen zu können.“14 Darüber hinaus können Forschungsbeiträge zu ähnlichen oder vergleichbaren Sujets als Quelle der Inspiration und Orientierungshilfe im Feld bzw. beim Umgang mit dem Forschungsmaterial fungieren.15

11 Vgl. Graf/Gredig (2010) S. 2., online 12 Flick/Kardorff/Steinke (2013), S. 17. 13 Vgl. Flick (2016), S. 73f. 14 Flick (2016), S. 74. 15 Vgl. Flick (2016), S. 76f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 14

Das eindeutige Formulieren von Erkenntniszielen und präzisen Fragestellungen ist ferner es- sentielle Komponente des komplexen Forschungsprozesses. Damit geht nicht nur eine Struktu- rierung, sondern auch eine Komprimierung des Forschungsfeldes einher. Dadurch, dass be- stimmte Gesichtspunkte in den Fokus gerückt werden und anderen wiederum weniger große Bedeutung beigemessen wird, ist der Forscher in der Lage, sich auf wesentliche Konzepte und Untersuchungsgruppen zu konzentrieren und in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ob es sich um Literaturrecherche, die Auswahl des Analysewerkzeuges, die Erstellung des Interviewleit- fadens oder die Auswertung der qualitativen Ergebnisse handelt: Sämtliche Maßnahmen des Forschungsprozesses sollten in Hinblick auf die Erkenntnisziele durchgeführt werden. Das Ar- tikulieren von Fragestellungen steht zwar zu Beginn der Untersuchung, dennoch liegt es im Interesse des Forschenden, offen für unerwartete Erkenntnisse zu bleiben, und die Fragestel- lung nicht in Stein zu meißeln. Erkenntnisinteressen und Motive der vorliegenden Arbeit erga- ben sich aus dem persönlichen und sozialen Kontext der Forscherin, was, laut Flick, häufig ausschlaggebend für das Entwickeln von Fragestellungen ist.16 Durch das Aufwachsen in einer 1000-Seelen-Gemeinde inmitten des idyllischen Kärntner Gurktals wurde die Forscherin be- züglich der Problematiken von Kulturarbeit in peripheren Räumen sensibilisiert, wodurch sich in weiterer Folge die vier Schlüsselfragen präzisieren ließen, welche in den folgenden Kapiteln ausgeführt werden.

Neben einer prägnanten Beantwortung der Forschungsfragen ist überdies Intention der Arbeit, ein möglichst gesamtheitliches Bild der kulturpolitischen Situation in ländlichen Kommunen des südlichsten Bundeslandes zu zeichnen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden und akku- rate Vergleiche zwischen den Gemeinden anstellen zu können, wurden die Untersuchungsob- jekte nach einer einheitlichen Strategie ausgewählt. Ein essentieller Indikator war diesbezüglich die offizielle Bezeichnung der Gemeinde (keine Markt- oder Stadtgemeinden) und natürlich die Einwohnerzahl. Abgesehen von der Landeshauptstadt Klagenfurt, die knapp 100.000 Bewoh- ner beheimatet, und regionalen Zentren wie Villach, Spittal an der Drau oder Wolfsberg ist die (Gemeinde)Landschaft Kärntens, mit durchschnittlich 59 Einwohnern pro Quadratmeter insge- samt rural geprägt.17 Ein weiteres Auswahlkriterium für die Aufnahme in das Sample, welches sich aus den Forschungsfragen ableiten lässt, ist, dass die untersuchten Gemeinden sich in ver- schiedenen Regionen befinden (Ober- Mittel- und Unterkärnten), um Ergebnisse aus einem möglichst breiten geographischen Spektrum für eine Analyse heranziehen zu können.

16 Vgl. Flick (2016), S. 132-135. 17 Vgl. Kärnten Werbung, Presse & Medien. online unter: WWW: http://presse.kaernten.at/de.aspx/391/Artic- les/View/1155 (Zugriff: 21.10.2016)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 15

Das Treffen dieser Auswahl ist ein weiteres Charakteristikum der qualitativen Forschung. Mit der Festlegung eines Samples entsteht ein spezifischer Zugang zum Untersuchungsfeld. "In Auswahlentscheidungen wird die untersuchte Wirklichkeit auf spezifische Weise konstruiert – bestimmte Ausschnitte und Aspekte werden hervorgehoben, andere werden ausgeblendet“18, was wiederum darauf verweist, was zu Beginn als wesentliche Prämisse des qualitativen For- schungsprozesses beschrieben worden ist, nämlich die stete Fokussierung auf das Erkenntnis- interesse.

Die Interviewpartner waren kulturverantwortliche Personen der jeweiligen Gemeinden, die als Experten für die kulturpolitischen Implikationen vor Ort agieren und dementsprechend fun- dierte und kompetente Auskünfte erteilen konnten.19 Die Interviews per se erfolgten nach einem einheitlichen Leitfaden, um die Gegenüberstellung der Erkenntnisse gewährleisten zu können, und zusätzlich wird ihnen ein weiterer konstitutiver Part zugeschrieben: Sie sind der Ausgangs- punkt für das Generieren von Texten, die, wie Flick akzentuiert „[…] die Basis für die inter- pretative Arbeit und für Schlüsse aus empirischem Material insgesamt“20 sind. Damit ist ge- meint, dass im Laufe des qualitativen Forschungsprozesses die Interviews zu Texten transfor- miert werden, aus denen Kategorien abgeleitet werden müssen, die es zu interpretieren und analysieren gilt. Das entspricht dem wesentlichen Kernpunkt der qualitativen Forschung, näm- lich, dass Texte dazu dienen, soziale Sachverhalte zu begreifen – der Text ersetzt die Realität bzw. wird durch ihn eine Version davon konstruiert. Kritisch anzumerken ist, dass der Text ein verklärtes, subjektives Abbild der Wirklichkeit (= Interview) ist, womit wir bei den vielfach diskutierten Dispositionen qualitativer Forschung angelangt wären.21 Laut Lamnek können em- pirische Methoden aber grundsätzlich lediglich dem Anspruch, Ungewissheit zu verringern bzw. in eine ‚tendenzielle Gewissheit‘ abzuwandeln, gerecht werden, weil das Erlangen einer kompletten Sicherheit schlichtweg nicht möglich ist. Allgemeine Diskrepanzen zwischen der Realität und dem, was für Realität gehalten wird, müssen durch einen möglichst schlüssigen und konsequenten Forschungsablauf so gut als möglich reduziert werden.22

18 Flick (2016), S. 170. 19 Vgl. Flick (2016), S. 215. 20 Flick (2016), S. 473. 21 Vgl. Flick (2016), S. 107-110. 22 Vgl. Lamnek (2010), S. 353.

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II. KULTURARBEIT IM LÄNDLICHEN RAUM 1. Theoretische Grundlagen: Definitionen und Rahmenbe- dingungen zur Kulturpolitik und -Arbeit im ländlichen Raum

Die Schwierigkeit den Begriff „Kulturpolitik“ auf einer konzeptionellen Ebene zu definieren rührt von mehreren Seiten. Zum einen wird eine Spezifikation von „Kultur“ vorausgesetzt, zum anderen ist der Terminus von einem kontinuierlichen Wandlungsprozess, der mit gesellschaft- lichen Veränderungen einhergeht, betroffen.23 Das folgende Kapitel soll, wenngleich keine ein- heitlichen und endgültigen Definitionen in den Geistes- und Sozialwissenschaften vorhanden sind, einen Überblick bieten und Orientierung schaffen, um darzulegen, welche Begriffsver- ständnisse in der vorliegenden Arbeit als Ausgangspunkt dienen. Infolgedessen ist dieser Ab- schnitt theoretisch ausgerichtet und dafür dienlich, einführende Rahmenbedingungen zu erläu- tern. Neben konkreten begrifflichen Abgrenzungen ist es ebenso essentiell, den ländlichen Raum zu beschreiben bzw. die Kulturarbeit in eben diesen kommunalen Kontext einzubetten.

1.1. Begriffserläuterungen: „Kultur“, „Politik“, „Kulturpolitik“

Ziel dieses Abschnitts ist nicht, möglichst viele Begriffsdefinitionen aufzuzählen, wenngleich dies ohnedies die Grenzen der Arbeit sprengen würde, sondern vielmehr auf die Relevanz des Diskurses aufmerksam zu machen und ein Verständnis für kulturelles Handeln in einem politi- schen Kontext zu entwickeln. Wie wichtig diese theoretische Basis ist, hat sich bei der Durchführung der Interviews gezeigt. Um vergleichbare und repräsentative Ergebnisse zu erzielen, war es elementar vorab abzuklä- ren, von welchem Kulturverständnis die jeweiligen Kulturverantwortlichen aus den verschie- denen Kärntner Gemeinden ausgehen.

1.1.1. „Kultur“: Eine Annäherung

„Der Kulturbegriff ist selbst für analytisch scharf denkende TheoretikerInnen entweder wie harter Granit, an dem man sich die Zähne ausbeißt oder aber auch wie Treibsand, den man partout vermeiden sollte.“24

23 Vgl. Konrad (2011), S. 13. 24 Zembylas (2004), S. 19.

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Die Erkenntnis, dass der Kulturbegriff heutzutage inflationär verwendet wird, ist längst keine Neuigkeit mehr. Seien es Jugendkultur, Esskultur, Wohnkultur oder Freizeitkultur – scheinbar ist es möglich, die unterschiedlichsten Aspekte des alltäglichen Lebens mit dem Ausdruck zu versehen und vielfach aufzuwerten.25 In diesem Sinn geht man von einem weiten Kulturver- ständnis aus, welches Kultur „aus einer ganzheitlichen Perspektive“26 betrachtet. Im Gegensatz dazu wurde ein enger Kulturbegriff über lange Zeit hinweg mit „Hochkultur“ assoziiert, welche sich gezielt von der Breiten-, Volks-, Populär- oder Massenkultur abgrenzt. Vornehmlich waren damit die klassischen und anerkannten Künste wie Literatur, Malerei, Bildhauerei, Ballett oder klassische Musik gemeint, also kulturelle Angebote, die einst nur elitären Gesellschaftsschich- ten vorbehalten waren, gemeint. Brauchtumspflegende und traditionsbewusste Aktivitäten (z.B. Riten, Sitten, Kleidung, Religion), die von der breiten Bevölkerung sowohl durchgeführt als auch rezipiert werden, sind hingegen Teil der Breiten- bzw. Volkskultur.27 Die UNESCO be- zieht sich auf eben diesen erweiterten Kulturbegriff, wenn deklariert wird, dass Kultur

„als die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte angesehen werden (kann), die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen. Dies schließt nicht nur Kunst und Literatur ein, sondern auch Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.“28

Alles, was von Menschenhand erschaffen, erzeugt und erdacht worden ist, ist als Kultur zu verstehen, egal ob es sich um ein Kunstwerk, eine Theateraufführung der örtlichen Laienspiel- gruppe oder gesellschaftliche Rituale zur Geburt oder Tod eines Menschen handelt. Die Definition birgt zudem einen weiteren Aspekt in sich: Die identitätsstiftende Funktion von Kultur, die jedoch als ambivalent anzusehen ist. Einerseits verbindet sie Individuen, die sich durch die Identifikation mit einem gemeinsamen Bedeutungs- und Symbolvorrat und geteilten Regeln und Normen als Teil eines Kollektivs fühlen, andererseits wird dadurch eine Grenze nach außen gezogen, die einen Vergleich hinsichtlich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit Anderen möglich macht.29

Wenn man sich den etymologischen Ursprung des Begriffs vor Augen führt (lat. „cultura“), wird deutlich, dass, unabhängig von welchem Verständnis man ausgehen mag, die menschliche Aktivität bzw. die körperliche und geistige Wertschöpfung ausschlaggebend für das Zustande- kommen von Kultur ist. Der Kulturbegriff hat sich im Laufe der Geschichte und im Zuge der gesellschaftlichen Weiterentwicklung verwandelt: Der Interpretationsspielraum reicht, von ei- nem landwirtschaftlichen Kontext ausgehend, also von der „Pflege“ („cura“, „curation“) des

25 Vgl. Klein (2009), S. 30f. 26 Siller (2010), S. 99. 27 Vgl. Siller (2010), S. 97-99; Bühler (2009a), S. 45 und ders. (2009b), S. 75. 28 Deklaration der UNESCO (1982), Weltkonferenz über Kulturpolitik, Mexico City, in: Immateriellen Kultur- erbe (online), Zugriff: 01.09.17 29 Vgl. Luger (1998), S. 6.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 18

Ackers, über die äußere Körperkultivierung bis schließlich hin zur inneren „Pflege“ des Geis- tes.30 Analog dazu wird im Metzler Lexikon, Kultur als Überbegriff für „jegliche Art von menschlicher Ausbildung, Tätigkeit und Produktion, die über das von Natur Gegebene hinaus- geht und neue Artefakte, Fähigkeiten, Bedeutungen, Symbole hervorbringt“31 charakterisiert. Mit der Transformation des Kulturbegriffs in den vergangenen Jahrzehnten, geht auch eine Veränderung des Meinungsbildes der Bevölkerung einher. Wie die Zukunftsforscher Popp und Reinhardt im Rahmen einer Studie herausfinden konnten, sind die Zeiten, in denen ausschließ- lich ein klassisches und elitäres Angebotsspektrum als kulturell wahrgenommen werden, vor- bei. 60% der österreichischen Befragten bzw. 74% der Deutschen fassen den Kulturbegriff als breit gefächert auf: Musicals, Pop-Konzerte, Cineastik, traditionelle Volksfeste und unterhalt- same Events sind demnach genauso Teil des Kulturverständnisses. Die Auffassung eines solch populären Kulturbegriffs manifestiert sich im Wunsch nach kultureller Vielfalt und muss dem- entsprechend im Rahmen einer zufrieden stellenden Kulturpolitik berücksichtigt werden, so die Forscher.32 „Kultur soll unterhaltsam sein“, so wird der beschriebene Wandel des Kulturver- ständnisses in der Frankfurter Allgemeinen tituliert. Es ist nicht mehr nur die Forderung nach Bildung, die hinsichtlich kultureller Angebote ins Zentrum rückt, sondern darüber hinaus auch die nach Amüsement. Eine Ausnahme bilden jene, die älter als 65 Jahre sind: Diese Generation billigt, laut Umfrage, nach wie vor ausschließlich die klassischen bildenden und darstellenden Künste.33 Maurer akzentuiert in diesem Zusammenhang die Unterscheidung zwischen einer wissenschaftlichen und einer alltäglichen Sichtweise: „Umgangssprachlich verbindet man im- mer noch mit ‚Kultur’ etwas ‚Höheres’; aber wissenschaftlich gesehen, ist ‚Kultur’ alles.“34 Lebensweisen, Ausdrucksformen, Traditionen und Überlieferungen, Bräuche, Gewohnheiten und Riten eines Volkes sind somit eingeschlossen.

Eine alternative Differenzierung zwischen engem und weitem Kulturbegriff findet sich bei Zembylas. Er definiert zwei Varianten des Kulturbegriffs, die eine maximalistische bzw. mini- malistische Perspektive als Ausgangspunkt haben. Die minimalistische Version (Kulturbegriff- 2) ist in einem nicht-universalen Sinne zu verstehen, da sie sich lediglich auf die Erziehung, Pflege und Kultivierung des Geistes bezieht, was wiederum eine normative Komponente im- pliziert. Schrift- und Wissenschaftskulturen stehen über oralen Kulturen und Alltagswissen –

30 Vgl. Klein (2009), S. 32., und Busche (2000), S. 70. 31 Heinz (2007), S. 407. 32 Vgl. „Vieles wird als Kultur begriffen“, Salzburger Nachrichten, Kolumne vom 24.7.13, online, (Zugriff: 13.10.17) 33 Vgl. „Kultur soll unterhaltsam sein“, in: Frankfurter Allgemeine Feuilleton, 17.11.2003, online (Zugriff: 13.10.17) 34 Maurer (2008), S. 31.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 19 die Populärkultur wird herabgesetzt. Der Kulturbegriff-1 schließt sämtliche Praktiken und Ar- tefakte mit ein, die sich durch kognitive und technische Fähigkeiten der Menschheit konstituiert haben. Die Prämisse „Alles ist Kultur“ muss jedoch kritisch beleuchtet werden, weil hier der Eindruck vermittelt wird, dass die Kulturwissenschaften die Basis aller anderen Wissenschafts- disziplinen sind obwohl sie eigentlich nur durch anthropologische Befähigung möglich ge- macht werden. Zembylas zielt hier auf das menschliche Vermögen zur Symbolbildung und ver- weist auf Cassirer, der den Menschen als „animal symbolicum“ darstellt.35

Der Kulturphilosoph Ernst Cassirer (1874-1945) ist überzeugt, dass man Kultur nur anhand von sechs Sektoren verstehen und beschreiben kann. Sprache, Mythos, Religion, Kunst, Wissen- schaft und Geschichte werden bei ihm als die „symbolischen Funktionen“ zusammengefasst, die hinsichtlich einer Definition von „Kultur“ unabdingbar sind. Bildlich gesprochen, ergibt eine Zusammensetzung dieser Elemente ein vollständiges und komplexes System. Doch stellt sich die Frage, warum aus der enormen Fülle an heterogenen Kulturtheorien genau jenes aus- gewählt worden ist. Wenn man so will, können die symbolischen Funktionen als Phasen einer Entwicklung hin zur „Selbstbefreiung des Menschen“36 beschrieben werden.37 Der Spracherwerb geht über eine rein kommunikative Komponente hinaus. Abgesehen davon, dass das Individuum dazu in der Lage ist, sich mit Mitmenschen auszutauschen und zu verstän- digen, wächst es in eine soziale Ordnung mit spezifischen Wirklichkeitsbeziehungen hinein.38 Zwischen den Termini Mythos und Religion wird per se zwar differenziert, doch im Endeffekt entspringen sie derselben „anthropologischen Grundfunktion“39: „Im gesamten Verlauf der Ge- schichte bleibt die Religion unauflöslich mit mythischen Elementen verbunden und von ihnen durchdrungen.“ Kunst wird bei Cassirer als Synonym für Schönheit und Ästhetik, losgelöst von sämtlichen Medien, verwendet. Wissenschaft und Geschichte sind ebenfalls zwei Sektoren, die eng miteinander verwoben sind. „Historische Daten“ wie sie von Cassirer bezeichnet werden, sind die Basis für wissenschaftliche Erkenntnisse.40

Kultur ist eine unausweichliche Komponente des täglichen Lebens. Soziale und kulturelle Prak- tiken sind Ausdrucksformen einer Gesellschaft. Wie Menschen sozialisiert werden und leben ist hochgradig kulturell geprägt. Unabhängig davon, ob Hochkultur oder Brauchtum: Kultur

35 Vgl. Zembylas (2004), S. 21-25. 36 Cassirer (1990), S. 345, zitiert nach Maurer (2008), S. 25. 37 Vgl. Cassirer (1990), S. 110, zitiert nach Maurer (2008), S. 18-25. 38 Vgl. ebd., S. 18-22. 39 Ebd., S. 22. 40 Cassirer (1990), S. 139, zitiert nach Maurer (2008), S. 21ff.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 20 gestaltet das Dasein der Menschen. Auf Grund dessen ist der vorliegenden Arbeit ein weit ge- fasster Kulturbegriff zu Grunde gelegt, wobei keine Wertung zwischen Hoch- und Volkskultur stattfindet.

1.1.2. „Politik“: Ein ma(e)chtiger Begriff

„Die unentwegte Thematisierung von Politik, die allgegenwärtige Präsentation ihrer jeweils prominenten Spit- zenakteure und die fortwährende Erwähnung von Ereignissen, Problemen und Stichworten aus dem politischen Leben – das alles ist für sich genommen keineswegs (...) Garantie für das Verständnis des Politischen (...).41

Nicht allein der Kultur-Begriff konfrontiert mit einer ungeheuren Vielschichtigkeit und Allge- genwart – auch wenn darauf abgezielt wird, „Politik“ zu definieren, muss bedacht werden, dass dies mit unterschiedlichen Akzentuierungen Hand in Hand gehen kann. Im Politik-Lexikon wird Politik als „Handeln bzw. Einfluß- (sic!) und Gestaltungsabsichten, die auf verbindliche (...) Entscheidungen über den Einsatz von Macht, Ressourcen oder die Allokationen von Gütern gerichtet sind“, bestimmt.42 Im Allgemeinen versteht man darunter, salopp ausgedrückt, wie der Staat bzw. die Regierung das öffentliche Leben gestaltet respektive wie ziel- und lösungsorientierte Handlungsweisen, die sich am Gemeinwohl orientieren, durch- gesetzt werden.43 Politisches Handeln vollzieht sich infolgedessen in einem breiten Spielraum: Es gibt immer Handlungsalternativen, sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der ausführen- den Ebene.44

Meyer weist darüber hinaus auf die Fülle von heterogenen Definitionen in der Fachliteratur hin, um den Facettenreichtum des Begriffs hervorzuheben, wenngleich auffällt, dass alle angeführ- ten Erklärungen einen gemeinsamen Nenner aufweisen. Schon Macchiavelli erkennt um 1515, dass Politik ein Machtinstrument ist (zur Macht kommen, sich an der Macht halten, von der Macht Gebrauch machen) und Max Weber determiniert Politik als das Anvisieren eines Macht- anteils und die Beeinflussung der Machtverteilung.45 Durch das Handeln von Parteien, Interes- sengruppen und Organisationen soll das Verhalten der Bürger gelenkt, das Gemeinwesen orga- nisiert und Ordnung aufrechterhalten werden. Insofern ist der Fachausdruck „Macht“ in den Politikwissenschaften nicht negativ konnotiert, sondern ein substantielles Element des aktiven politischen Handelns. Heutzutage ist Politik im Alltagsverständnis durch die „kulturellen Codes“, wie Konrad es formuliert, geprägt: Wahlkampfrituale, Politikersprache, (inhaltsleere) Floskeln und Versprechen. Diese sind die Gründe für eine gesellschaftliche Entwicklung hin

41 Meyer (2000), S. 7f. 42 Dörner/Rohe (2000), S. 484. 43 Vgl. Panagl/Gerlich (2007), S. 330. 44 Vgl. Meyer (2000), S. 15. 45 Vgl. ebd., S. 15ff.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 21 zur Politik-Überdrüssigkeit.46

1.1.3. Liaison Kultur und Politik: „Kulturpolitik“

Warum es relevant ist, die oben behandelten Termini zu reflektieren und einzugrenzen, sollte auf der Hand liegen. Wie Klein konstatiert, bestimmen „die begrifflichen Vorstellungen von dem, was Kultur ist bzw. was unter ihr zu verstehen sei, was sie leisten kann (und soll), (...) ganz wesentlich die auf diesen Vorstellungen aufbauende Kulturpraxis und somit auch die entsprechende Kulturpolitik, denn auf der inhaltlichen Ebene muss tagtäglich entschieden werden, was mit öffentlichen Mitteln gefördert wird – und was eben nicht!“47 Zwar ist die öffentliche Hand von Rechtswegen her dazu verpflichtet kulturelle Aufgaben wahr- zunehmen, doch existieren keine rechtlichen Grundlagen dafür, wie, wo, in welchem Ausmaß und auf welche Art dies geschehen soll oder welche Kulturdefinition als Ausgangspunkt dient. Die Gestaltung und Durchführung der Kulturpolitik obliegt im Einzelfall dem Bund, den Län- dern und/oder den Gemeinden. Da keine verbindlichen Rechtsnormen vorhanden sind, ist der gesellschaftlich-historische Diskurs fundamentaler Ansatzpunkt für das zeitgenössische Kul- turverständnis und damit assoziierten politischen Strategien und Zielen.48 An dieser Stelle wird erneut evident, dass ein Abklären der begrifflichen Lesart von entscheidender Bedeutung ist.

Was (nicht) und warum (nicht) wird subventioniert? Von wem und vor allem wie werden Ent- scheidungen im kulturellen Bereich getroffen? Wie viel Entscheidungsspielraum obliegt den kommunalen Kulturverantwortlichen? Erfolgt eine Orientierung an Förderrichtlinien? Das Aufwerfen dieser exemplarischen Fragestellungen soll nicht nur die Signifikanz einer sol- chen Politik, sondern des Weiteren verdeutlichen, dass Kulturpolitik sich niemals in einem raum- und zeitlosen Kontinuum vollzieht, sondern sich stets auf einen konkreten inhaltlichen Kontext und spezifische Rahmenbedingungen bezieht. In diesem Fall handelt es sich um die aktuelle kommunale Kulturpolitik in Kärntens ländlichen Regionen, womit der Ort (rurale Ge- biete in Kärnten), die Einflusssphäre (Gemeinde) und die Zeit (21. Jahrhundert - Neue Kultur- politik?) festgelegt sind. Es ist demnach naheliegend, dass es hier zu anderen Forschungsergeb- nissen kommt, als beispielsweise bei einer Untersuchung der Kulturpolitik zu Zeiten der DDR.49

46 Vgl. Konrad (2011), S. 11f. 47 Klein (2009), S. 31. 48 Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 201. 49 Vgl. Klein (2009), S. 68.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 22

1.1.4. Die „Neue Kulturpolitik“

Kulturpolitik im Sinne der „Neuen Kulturpolitik“ versteht sich als Gesellschafts- und Bildungs- politik. Diese Neukonzipierung entstand Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts und rückt die „Entfaltung und Entwicklung der sozialen, kommunikativen und ästhetischen Mög- lichkeiten und Bedürfnisse aller Bürgerinnen und Bürger (...)“50 in den Fokus. Getreu dem Pos- tulat „Kultur für alle und von allen“ sollen alle gesellschaftlichen Gruppierungen aktiv am kul- turellen Leben teilhaben und Zugang zu Kunst und Kultur erhalten. Grundsätze der Neuen Kul- turpolitik, die zu einer europäischen Kulturpolitik avanciert ist, sind kulturelle Pluralität, künst- lerische Freiheit und kulturelle Selbsttätigkeit, wodurch die Gesellschaft zu einer besseren ge- macht werden soll.51 In Österreich hat man sich, im Rahmen eines Übereinkommens mit der UNESCO, auf eine Begriffsbestimmung geeinigt, der ein breiter Kulturbegriff („kulturelle Ausdrucksformen) zu Grunde liegt, was mitunter ausschlaggebend dafür ist, dass ein solcher in der vorliegenden Ar- beit als zentral erachtet wird. Die Beschränkung auf ein eine enge Definition, die auf den Kon- sum von elitärer Hochkultur limitiert ist, ist in Bezugnahme auf kulturpolitische Aktivitäten nicht zweckmäßig. „Kulturpolitik und kulturpolitische Maßnahmen beziehen sich auf die Politik und die Maßnah- men im Zusammenhang mit Kultur auf lokaler, nationaler und regionaler oder internationaler Ebene, die entweder Kultur als solche zum Gegenstand haben oder darauf abzielen, sich unmit- telbar auf die kulturellen Ausdrucksformen von Einzelpersonen, Gruppen oder Gesellschaften auszuwirken, einschließlich des Schaffens, der Herstellung, der Verbreitung und des Vertriebs kultureller Aktivitäten, Güter oder Dienstleistungen sowie des Zugangs zu ihnen.“52 Im Rahmen dieser Determination wird ein weiterer Aspekt der Neuen Kulturpolitik evident. Die Rede ist vom Konzept der Soziokultur, welches eine strikte Separation von Kunst/Kultur und Alltag beseitigt. Nachdem der Terminus 1974 eingeführt worden ist, wurde er rasch als Synonym für Alternativ- und Subkultur aufgefasst. Nichtsdestotrotz ist es vonnöten, die exakte Interpretation, je nach Verwendungsart, herauszufiltern. Im Sinne eines Kulturbegriffs verweist die Soziokultur auf eine Expansion des traditionellen Kulturverständnisses, sonach die Aner- kennung von Kultur als Lebensweise. Bezugnehmend auf die Kulturpolitik meint Soziokultur die Einflussnahme auf die kulturelle Bildung/Entwicklung und die Partizipation der Gesell-

50 Grundsatzerklärung aus dem Jahr 1976, zitiert nach: Schwencke (2009), S. 115f. 51 Vgl. Schwencke (2009), S. 115f.und Heinrichs/Klein (2001), S. 210f. 52 BGBl. 34 (2007), S. 7, zitiert nach Konrad (2011), S. 15.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 23 schaft. Die dritte Perspektive beleuchtet die Soziokultur vom Standpunkt der konkreten Kul- turarbeit- und Praxis: Wie können kulturpolitische Zielsetzungen erreicht werden?53

1.1.5. Aufgaben der Kulturpolitik

In Anlehnung an die oben zitierte „UNESCO Konvention über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen“ hat die ARGE Kulturelle Vielfalt54 einen offenen Brief verfasst, der sich an sämtliche politische Parteien richtete. Grund dafür waren die Natio- nalratswahlen vom 15. Oktober 2017, um auf Maßstäbe einer Kulturpolitik, die der Konvention entsprechen, für die kommende Legislaturperiode aufmerksam zu machen. Maßnahmen, die diesbezüglich als notwendig erachtet werden, sind beispielsweise:55 o Wahrnehmung von Kunst und Kultur auf MinisterInnenebene o Maßnahmen zur strukturellen Einbeziehung der Zivilgesellschaft o Schaffung besserer sozialer Absicherung für Kunst- und Kulturschaffende o Verankerung von Mindeststandards zur Bezahlung von Kunst- und Kulturarbeit o Stärkung der UrheberInnen und Leistungsschutzberechtigten o Definition von Standards für den öffentlich-rechtlichen Kultur- und Bildungsauftrag des ORF o Finanzielle Sicherung der Vielfaltsförderung in Kunst und Kultur o Abbau von Mobilitätsbarrieren für KünstlerInnen und künstlerische Produktionen o Keine Liberalisierungen in Handelsabkommen betreffend Kunst, Kultur und Medien o Stärkung der kulturellen und kreativen Bildung56

Diese Forderungen verdeutlichen, dass die Aufgaben einer Kulturpolitik ein bloßes Hin- und Herschubsen von Zahlen und die Verteilung von Budgets überschreiten. Die Aufgabe der poli- tischen Verantwortungsträger ist es, wie oben erläutert, die dafür nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Opaschowski resümiert: „Kultur sollte für jeden zugänglich und erschwinglich sein. Und Kulturpolitiker müssen den Mut und den Willen zu einem freizeitlich orientierten Kulturangebot haben. (...) und dort ansetzen wo Kommunikation und Zusammenhalt entstehen

53 Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 346f und Schwencke (2009b), S. 147f. 54 Die Arbeitsgemeinschaft Kulturelle Vielfalt ist eine Plattform der Österreichischen UNESCO-Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Umsetzung der UNESCO Konvention 2005. Rund 350.000 österrei- chische Kunst- und Kulturschaffende und 500 Kulturverbände werden von ihr repräsentiert. (online Quelle: UN- ESCO) 55 Vgl. UNESCO, ARGE Kulturelle Vielfalt (online) (Zugriff: 20.20.17) 56 Offener Brief der ARGE Kulturelle Vielfalt anl. der Nationalratswahl 2017, online, (Zugriff: 20.20.17)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 24 könne.“57

1.2. Ländliche Räume

Im Alltagsbewusstsein dominieren – trotz gegenteiliger wissenschaftlicher Befunde – stereotype und dichotome Wahrnehmungen und Bewertungen des ländlichen Raumes. Sie durchziehen allerdings vielfach auch den politi- schen und wissenschaftlichen Diskurs, führen zum Festhalten an tradierten Landschafts- und Raumkategorien und verzögern und verändern damit Anpassungsprozesse.58

Wie schon einleitend akzentuiert worden ist, gibt es den ländlichen Raum als Lebens- und Wirt- schaftsraum nicht als homogenes Konzept. Dennoch wird er, natürlich in Abhängigkeit vom geographischen und historischen Kontext in den er eingebettet ist, grundsätzlich von spezifi- schen Charakteristika und Entwicklungsperspektiven geformt. Außerdem ist es, im Sinne der Fragestellung, unbedingt notwendig, eine definitorische Abgrenzung durchzuführen, zumal in der Literatur divergierende Sichtweisen dargestellt sind. Im Allgemeinen ist der ländliche Raum ist mit verschiedensten gesellschaftlichen Veränderungsprozessen konfrontiert. Dazu zählen, neben der Abwanderung, • die Verringerung der landwirtschaftlichen Höfe und Beschäftigten in diesem Sektor, • der Verlust von traditionellen Infrastruktureinrichtungen (Gastbetriebe, Einzelhändler, Handwerksbetriebe, Pfarreien) und • der Funktionswandel vom Wirtschaftsraum zur Schlafstätte für Pendler59

1.2.1 Charakterisierung & Abgrenzung(en)

Laut DUDEN60 können für den Ausdruck „ländlich“ Synonyme wie „bäuerlich“, „dörflich“, „provinziell“ oder „rustikal“ angewendet werden, wobei bei diesen Begriffen im Alltagsver- ständnis bereits wertende Elemente mitschwingen. Umgangssprachlich werden mit dem Attri- but „ländlich“ meist idyllische Dörfer, Landwirtschaft und Natur assoziiert. In den letzten Jahr- zehnten haben sich zu diesen Vorstellungen politische Auseinandersetzungen, bezüglich der Strukturdefizite, mit denen vor allem abgelegene Regionen zu kämpfen haben, gesellt. Ein solch beinahe ausschließlich problemfokussierender Blickwinkel ist allerdings kritisch zu be- leuchten.61 „Während die wichtigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Innovationen von

57 „Kultur soll unterhaltsam sein“, in: Frankfurter Allgemeine Feuilleton, 17.11.2003, online (Zugriff: 13.10.17) 58 Franzen et al. (2008), S. 9. 59 Vgl. Steinecke (2007), S. 224f. 60 DUDEN, „ländlich“ (online) 61 Vgl. Penke (2012), S.19.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 25 urbanen Räumen ausgehen, verbleibt „der ländliche Raum“ (...) derer sich wohl oder übel an- genommen werden muss.“62 Im Rahmen einer dichotomen Sichtweise auf den ländlichen Raum, die ihn als Pendant zu Ballungszentren degradiert, erfolgt eine Stigmatisierung zum wirtschaftlichen Problem mit Stabilisierungsbedarf, wobei essentielle Funktionen und Potenzi- ale oftmals ausgespart bleiben.63

Weber spricht in diesem Zusammenhang von Mythen und Phantasien, die sich um diesen Siedlungstyp ranken und ergo zu Missverständnissen und falschen Einschätzungen seitens der öffentlichen Hand führen.64

Doch stellt sich die Frage, wann ein Gebiet als ländlich gilt bzw. wo die Grenze zwischen ur- banen und ruralen Regionen verläuft. Eine anerkannte Kategorisierung diesbezüglich ist jene, die von der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) im Jahr 1994 entwickelt worden ist. Laut dieser Typologisierung erfolgt eine Klassifizierung in überwiegend ländliche, maßgeblich ländliche und überwiegend urbanisierte Gebiete. Entscheidende Krite- rien hierfür sind der Urbanisierungsgrad und die Einwohnerdichte, womit die durchschnittliche Einwohnerzahl je Flächeneinheit, also das Verhältnis zwischen Gesamtfläche und Gesamtbe- völkerung, gemeint ist. Per Definition ist ein „überwiegend ländliches Gebiet“ jenes, in dem mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung in Gemeinden leben, deren Einwohnerdichte we- niger als 150 Bewohner pro km2 beträgt. Bei „maßgeblich ländlich geprägten Gebieten“ beträgt dieser Anteil zwischen 15 und 50% und bei „überwiegend urbanisierten Gebieten“ beläuft sich die Zahl auf weniger als 15%.65

Auch die dreistufige Methode zur Abgrenzung von ländlichen Räumen in Österreich orientiert sich an diesem Konzept. Im ersten Schritt erfolgt eine Trennung von Gemeinden hinsichtlich der Gesamtanzahl der Einwohner: Gemeinden mit weniger als 30.000 Bewohnern werden als ländlich beschrieben, während Kommunen, deren Einwohnerzahl diese Marke überschreitet, der Raumkategorie nicht subsumiert werden. Jene Gemeinden, deren Bevölkerungszahl größer als 30.000 ist, werden in einem zweiten Schritt aber auf eine ländliche bzw. urbane Prägung der zugehörigen Gebiete untersucht und eben diese Teilung erfolgt anhand der Bevölkerungs- dichte. Ausschlaggebende Maßzahl ist eine Dichte von 150 Bewohnern je Quadratkilometer. Laut OECD Definition können nur jene Gemeinden mit einer Bevölkerungsdichte von weniger als 150 als ländliches Gebiet klassifiziert werden. Damit aber eine schlüssige Begrenzung eines geographisch einheitlichen Gebietes erreicht wird, bedarf es einer dritten Stufe: Hier werden lediglich jene Räume ins Visier genommen, die zwar eine Bevölkerungsdichte kleiner als 150 aufweisen, sich jedoch innerhalb von Gemeinden mit mehr als 30.000 Bewohnern befinden.

62 Penke (2012), S. 18. 63 Vgl. Penke (2012), S. 18f. 64 Vgl. Weber (2010), S. 2. 65 Vgl. Dax et al. (2008), S. 4ff.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 26

Dies soll gewährleisten, dass Enklaven in städtischen Räumen nicht als ländlich kategorisiert werden und vice verse. Ferner werden ländliche Gebiete per OECD-Definition, die hauptsäch- lich von nicht-ländlichen Regionen umgeben sind, gleichermaßen dieser Kategorie zugeord- net.66 In diesem Zusammenhang ist der Aspekt der sogenannten „rurbanen“ Raumkategorie mit hybridem Profil erwähnenswert. Die österreichische Soziologin Gerlind Weber meint damit, dass die Grenzen zwischen Stadt und Land zunehmend verwischen, da urbane und ländliche Elemente aufeinandertreffen.67 Beispielhaft für einen solchen Übergangstypus sind Kleinstädte aber auch Speckgürtelgemeinden, die in Randzonen von Städten liegen und von deren urbanen Ansammlungen profitieren.68 In das empirische Untersuchungsdesign wurden zwei solcher so- genannten Speckgürtelgemeinden (Maria Saal und Ossiach) aufgenommen, um zu zeigen, ob bzw. inwiefern ein Einfluss auf die Kulturarbeit festgestellt werden kann.

Dieser Einteilung entsprechend, wird in der nachfolgenden Tabelle die Bevölkerungsverteilung in der OECD und Österreich von 2001 aufgezeigt.

Tabelle 1: Bevölkerungsverteilung 2001: OECD und Österreich

Österreich 2001 Regionen OECD 2001 Regionen Gemeinden

städtisch: 14% Überwiegend 20% 47% ländliches Gebiet ländlich: 33%

städtisch: 22% Maßgeblich ländlich geprägte Ge- 27% 31% biete ländlich: 9%

städtisch: 22% Überwiegend 53% 22% urbanisierte Gebiete ländlich: 0%

städtisch: 58% Summe 100% 100% ländlich: 42%

Im unmittelbaren Vergleich mit der OECD zeigt sich, dass die Alpenrepublik erheblich ländli- cher strukturiert ist. Die Bevölkerungsverteilung betrachtend, ist festzustellen, dass weit mehr als die Hälfte der Gesamtbevölkerung (rund 78%) in ländlich geprägten Gebieten lebt, während in der OECD insgesamt 53% in überwiegend urbanisierten Räumen ansässig sind. Diese Art der Klassifizierung ist ein eindeutiger Indikator für die Heterogenität von ländlichen Raumstrukturen. So macht es einen Unterschied, ob von ländlichen Gemeinden im städtischen Umfeld, urbanen Zentren im peripheren Umland oder von touristisch geformten Gebieten die Rede ist. Das ist ebenso im Rahmen der empirischen Untersuchung evident geworden: Die

66 Vgl. Auszug aus dem österreichischen Programm für die Entwicklung des Ländlichen Raums 2007-2013 (on- line), S. 1, Zugriff: 23.10.17 67 Vgl. Weber (2010), S. 2. 68 Vgl. TKI 2012 (online), Zugriff: 5.10.16

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 27 grundsätzlichen Rahmenbedingungen und Möglichkeiten variieren diesbezüglich, wie bei- spielsweise ein Vergleich der Gemeinden Maria Saal, nördlich der Landeshauptstadt gelegen, und Obervellach im Mölltal, 30 Kilometer von der nächsten Bezirkshauptstadt entfernt, zeigt.

1.2.2 Herausforderungen, Funktionen, Potenziale, Chancen

In Abhängigkeit vom konkreten Raumtyp, können vielfältige Potenziale genannt werden. Von immenser Signifikanz sind ländliche Regionen insbesondere auf Grund ihrer Rolle als Sied- lungs-, Erholungs- und Wirtschaftsraum. 90% der österreichischen Gesamtfläche werden für Land- und Forstwirtschaft genutzt, weshalb der primäre Wirtschaftssektor als „Wachstumsmo- tor“ ländlicher Gebiete bezeichnet wird und somit einen essentiellen Beitrag zur österreichi- schen Volkswirtschaft und Wertschöpfung liefert.69 Neben der Land- und Forstwirtschaft ist der Tourismus zentraler Wirtschaftszweig in Österreich, das sich als vielfältige Urlaubsdesti- nation präsentiert. Im Jahr 2017 landet die Alpenrepublik unter 136 Teilnehmern auf Platz 12 der attraktivsten und entwicklungsstärksten Tourismusländer, in einem jährlich vom Weltwirt- schaftsforum (World Economic Forum – WEF) durchgeführten Ranking.70 Neben geschichtsträchtigen und kulturellen Zentren in den Ballungsräumen (z.B. Wien, Salz- burg, Graz) entfällt ein beträchtlicher Teil des österreichischen Tourismus auf ländliche Ge- biete. Sowohl Erholungs- und Natururlaube als auch Aktiv- und Sporturlaube finden im Som- mer und Winter meist in peripheren Räumen, zwischen Berg- und Seenlandschaften, statt. So zählen der Wander-/Bergsteig-Urlaub bzw. der Skiurlaub zu den Top-10-Urlaubsarten in Ös- terreich.71 Dennoch führen gesellschaftliche Entwicklungen und sich verändernde Umweltfaktoren dazu, dass ländliche Räume sich mit schwerwiegenden Herausforderungen konfrontiert sehen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der demographische Wandel, der häufig mit der Schlagwortkette „Älter-Bunter-Weniger“ umschrieben wird: Ein kontinuierlicher Geburtenrückgang bei stei- gender Lebenserwartung impliziert die Überalterung der Bevölkerung („älter“). Hinzu kommt die Abwanderung junger Nachwuchskräfte („weniger“) und verstärkte Migrationsbewegungen („bunter“). Diese Trends wirken sich auf die Infrastruktur in den Gemeinden aus, seien es nun Konsequenzen, die die Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusregionen, das Potenzial von orts-

69 Vgl. Landwirtschaftskammer Österreich, Abteilung Ländliche Entwicklung, Bildung und Beratung (online), Zugriff: 25.10.17 70 Vgl. WEF, Travel & Competitiveness Report 2017, (online), Zugriff: 31.10.17 71 Vgl. WKO, Tourismus- und Freizeitwirtschaft in Zahlen, S. 16.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 28 ansässigen klein- und mittelständischen Betrieben oder die Gestaltung der politischen Hand- lungsfelder betreffen. Selbstredend kann sich gleichermaßen der Kultursektor diesen Verände- rungen nicht entziehen. Des Weiteren gestaltet sich die finanzielle Situation von kommunalen Haushalten, auf Grund sinkender öffentlicher Budgets, oftmals prekär, woraus Verteilungs- schwierigkeiten resultieren.72 Bezüglich der Strukturfähigkeit muss hinzugefügt werden, dass ländliche Regionen im direkten Vergleich zur Stadt vielfach eine „suboptimale Verkehrs- und Kommunikationsanbindung“ aufweisen, was wiederum die Niederlassung von Unternehmen und die Arbeitsplatzsituation beeinflusst. Anstelle von Metropolen sind es kleinere Bezirks- haupt- und Landstädte, die die Funktion von urbanen Versorgungs- und Dienstleistungszentren ausführen.73

2. Die Gemeinde als Institution kulturellen Lebens: Kulturarbeit in ländlichen Gemeinden

Denkt man an nationale und internationale kulturelle Kassenschlager, sind es wohl jene in den Metropolen, die einen zuerst in den Sinn kommen. Ein Sachverhalt, der in Europa historisch gewachsen ist: Städte waren Orte, die von Menschenansammlungen und interkulturellem Aus- tausch sowie künstlerischen Bestrebungen geprägt waren. Die Weitergabe und Bündelung von Wissen, Ideen und Praktiken erfolgte bald in etablierten Zentren (z.B. Universitäten, Bibliothe- ken, Kunstakademien), um dem relativ hohen Bedarf an Konzepten zur Problembewältigung gerecht zu werden.74 Nationalbibliotheken, Opernhäuser, Schauspielstätten etc. sucht man in den ruralen Regionen, die vor allem Kärnten prägen, vergebens. Kulturpolitik wird in Österreich oftmals als Gemein- depolitik aufgefasst: Kulturarbeit vollzieht sich vornehmlich in den Dörfern und Städten, wo- raus in Summe ein breites Spektrum an kulturellen Angeboten, die mit ihrem Standort verwur- zelt sind, resultiert. Heinrichs erklärt u.a., dass das im Vergleich zu Frankreich, Italien oder Großbritannien, die mit einer großen Anzahl an nationalen Kultureinrichtungen aufwarten, ei- nen wesentlichen Unterschied darstellt.75 Kulturelle Produktivität wird in erster Linie in den Musik-, Trachten- oder Brauchtumsvereinen gelebt, welche die Funktion elementarer Kultur- träger erfüllen. Je weiter die Entfernungen zu größeren Städten sind, desto schwieriger wird es

72 Vgl. Dreyer/Hübl (2007), S. 3f. und Rein/Schuler (2012), S. 5f. 73 Vgl. Zeppenfeld (2012), S. 65. 74 Vgl. Lottermann/Quenzel (2009), S. 14f. 75 Vgl. Heinrichs (1999), S. 12.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 29 für die Verantwortlichen der Kulturpolitik, eine adäquate Infrastruktur aufrechtzuerhalten, so die allgemeine Annahme. Ob dies tatsächlich der Fall ist, soll in der Fallstudie untersucht wer- den. Keinesfalls soll die These die Kulturarbeit in ländlichen Regionen degradieren, doch soll darauf hingewiesen werden, dass es diffizil sein kann, Rahmenbedingungen in strukturschwä- cheren Räumen, die von Abwanderung und dem demographischen Wandel geprägt sind, zu gestalten.

Das folgende Kapitel beschäftigt sich mit den allgemeinen Rahmenbedingungen der kommu- nalen Kulturarbeit. Im Vorfeld stellen sich hierbei mehrere Fragen: In welchem Rahmen kann Kulturarbeit überhaupt gestaltet werden und welche Implikationen gehen damit einher? Welche rechtlichen und organisatorischen Konsequenzen ergeben sich daraus? Welche Möglichkeiten der Kulturfinanzierung stehen Kulturschaffenden zur Verfügung? Dahingehend ist es ebenso interessant, die aktuelle Fördersituation in Kärnten zu beleuchten, bevor im nächsten Schritt ein Überblick über die (Kern)Kompetenzen von österreichischen Gemeinden geboten wird.

2.1. Der Kulturbetrieb: Rechtliche und organisatorische Rahmenbedin- gungen der Kulturarbeit

Die Kulturarbeit per se ist ein heterogenes Handlungsfeld, welches selbstredend unterschiedli- che Sparten umfassen kann. Theater, Musik, Literatur, Kunst, Fotografie, Film oder Brauchtum sind nur einige wenige Beispiele dafür. Eine Differenzierung erfolgt aber nicht ausschließlich anhand des formalen Gegenstands der kulturellen Produktion, sondern auch hinsichtlich der Rechtsträgerschaft. Die Tatsache, ob ein Kulturbetrieb im Rahmen eines Vereins oder eines Unternehmens, öffentlich oder privatrechtlich organisiert ist, und welche wirtschaftlichen Ziele verfolgt werden, ist für die Handlungsweisen der Akteure wesentlich. Unabhängig davon, wel- che rechtlichen und finanziellen Determinanten als Ausgangspunkt kultureller Aktivitäten die- nen, ist die bedeutsamste Funktion der Kulturarbeit stets dieselbe und sollte von verantwortli- chen Akteuren nicht aus den Augen verloren werden: Kulturarbeit ist nämlich Ausdrucksform der Gesellschaft, soll den Geist und das Gemüt anregen, irritieren, amüsieren und einen Beitrag zur (Weiter)Bildung und Auseinandersetzung mit gesellschaftlich-relevanten Themenstellun- gen liefern.

Ganz allgemein versteht man unter dem Oberbegriff „Kulturbetrieb“ eine Institution, in der kulturelle, künstlerische und/oder kreative Leistungen in einem organsierten Rahmen erbracht werden. Der Kulturbetrieb wird im betriebswirtschaftlichen Sinn als „organisatorische Einheit“ definiert, in der kulturelle Ausdrucksformen mit unterschiedlichen Schwerpunkten produziert

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 30 werden. Gemeint ist demnach ein bestimmtes Schauspielhaus oder ein konkretes Museum. Dar- über hinaus kann der Ausdruck in einem breiteren und volkswirtschaftlichen Verständnis auch die Gesamtheit aller kulturellen Institutionen eines Landes meinen.76

2.1.1. Allgemeine Besonderheiten

Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwieweit allgemeine Erkenntnisse über wirtschaftliche Or- ganisationen speziell auf Kultureinrichtungen umgemünzt werden können. Im Kulturbetrieb entstehen „wirtschaftliche Austauschbeziehungen“ zwischen Produzenten und Konsumenten, genauso wie in jeder anderen Organisation. Dennoch unterschieden sich Kulturbetriebe auf Grund organisationaler Differenzen von herkömmlichen Unternehmen, wie Abfalter erklärt.77

Der Kulturbetrieb ist stark durch rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen beein- flusst. In erster Linie sind es die verantwortlichen Personen, die den Kulturbetrieb handlungs- fähig machen und lenken. Noch mehr als in anderen Sparten, ist der Output von jenen abhängig, die die künstlerische Leistung produzieren und interpretieren. Daraus ergibt sich bereits ein Spezifikum des Kulturbetriebs, nämlich die Problematik der Leistungsevaluation.78 Die Quali- tät des Konzerts, der Theaterraufführung oder des Buches wird de facto von den (a) Autoren, (b) den Interpreten und in weiterer Folge von (c) den Kulturmanagern und (d) Mitarbeitern determiniert. Grundsätzlich bestehen Unterschiede zwischen den Kunstsparten, doch lassen sich die Akteure des Kulturbetriebs im Allgemeinen diesen vier Kategorien zuordnen. Während der Autor der Urheber des künstlerischen Werkes ist, hat der Interpret die Aufgabe, dieses, unabhängig vom Entstehungszeitpunkt, an ein Publikum weiterzugeben. Die Leistung des re- produzierenden Künstlers besteht in der Interpretation, Inszenierung und Vermittlung des Ur- sprungswerkes. Heinrichs differenziert diesbezüglich zwischen einem vermittelnden (z.B. Ga- lerist, Dramaturg) und künstlerischen Interpreten (z.B. Schauspieler, die in Theaterstücken agieren oder Musiker, die ein Orchesterwerk aufführen). Der Kulturmanager ist dafür zustän- dig, die rechtlichen, finanziellen und künstlerischen Strukturen, innerhalb welcher die Leistung produziert und einem Publikum zugeführt wird, zu gestalten. Die Mitarbeiter in der Administ- ration, die Techniker, Bühnenarbeiter oder Gehilfen tragen zwar elementar zur Leistungserstel- lung per se bei, aber haben mit der künstlerischen Produktion am wenigsten zu tun.79

76 Vgl. Heinrichs (2006), S. 13. 77 Vgl. Abfalter (2010), S. 40. 78 Vgl. Heinrichs (2006), S. 25 und Abfalter (2010), S. 40. 79 Vgl. Heinrichs (2006), S. 26f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 31

Eine weitere Besonderheit im Kulturbetrieb ist, dass ein Großteil der Arbeit projektbasiert ar- rangiert ist und damit atypische Beschäftigungsverhältnisse einhergehen.80 Wie aus der Studie der österreichischen Kulturdokumentation „Fair Pay“, in der die finanzielle Situation der freien Kulturszene in Österreich beleuchtet wird, hervorgeht, sind bezahlte Vollzeitanstellungen (4%) im Kultursektor tendenziell selten. Am häufigsten werden Mitarbeiter auf Werkvertrags- bzw. Honorarbasis (28%) beschäftigt, gefolgt von Teilzeitverträgen (10%), geringfügiger Beschäfti- gung (6%) und Beschäftigung auf freier Basis (5%). Beachtlich ist die Anzahl der ehrenamtlich Tätigen: Gemäß der Untersuchung beläuft sich dieser Anteil auf rund 47%.81 Obwohl aus der Untersuchung keine universell gültige Aussage abgeleitet werden kann, da die Frage nur von 118 freien Einrichtungen in Österreich beantwortet worden ist, wird der Trend deutlich:

„Der Sektor zeichnet sich insgesamt durch ein hohes Maß an freiwilliger Tätigkeit aus: etwa die Hälfte der MitarbeiterInnen in den Kulturinitiativen und -vereinen ist ehrenamtlich tätig.“82

Ein Großteil der im Kultursektor Beschäftigen verrichtet die Arbeit demnach frei von finanzi- eller Honorierung. Ohne die Arbeitskraft dieser Menschen wären viele Kulturprojekte nicht realisierbar, folglich ist alles stark von freiwilligem Engagement/Input abhängig, was sich fer- ner im Rahmen der empirischen Untersuchung bestätigt hat. Auf Grund der Personalintensität leiden Kulturorganisationen, genauso wie soziale Dienste, öffentliche Behörden oder Gesundheits- und Bildungseinrichtungen an der sogenannten Baumolschen Kostenkrankheit. „Baumols Disease“ beschreibt eine Gesetzmäßigkeit, die schon vor über 50 Jahren von den amerikanischen Ökonomen Bowen und Baumol83 untersucht und beschrieben worden ist. In der industriellen Fertigung kann beispielsweise durch den Einsatz neuer Technologien und Maschinen eine Erhöhung der Produktivität erreicht werden, während sie in der Kultur bzw. in allen handwerklichen Bereichen, wo eine Rationalisierung nicht mög- lich ist, stagniert. Trotzdem steigen die gesamtwirtschaftlichen Kosten (z.B. Lohnkosten) an. So wird ein Dirigent kaum einen Musiker aus dem Orchester streichen oder das Orchester dop- pelt so schnell spielen lassen, um die Produktivität zu erhöhen – die Aufführung einer Oper verlangt heute genauso viel Arbeitskraft und Zeit wie vor 100 Jahren. Die Produktivität ist indes sogar gesunken, wenn man die erhöhten Sicherheitsbestimmungen und die technischen Leis- tungsanforderungen, die nach mehr und speziell ausgebildetem Personal verlangen, und die Inflation in Betracht zieht.84 Wie Baumol bemerkt, „wird es schwierig, die Zeit zu reduzieren, die notwendig ist, um bestimmte Aufgaben auszuführen, ohne

80 Vgl. Abfalter (2010), S. 40. und Österreichische Kulturdokumentation (2014), S. 13. 81 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation (2014), S. 15. 82 Österreichische Kulturdokumentation (2014), S. 4. 83 Vgl. Bowen/Baumol (1967), S. 45f. 84 Vgl. Klein (2008), S. 28f. und Rimbert (2013) (online)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 32

dabei gleichzeitig die Qualität zu reduzieren. Wer versucht, die Arbeit von Chirurgen, Lehrern oder Mu- sikern zu beschleunigen, hat gute Chancen, eine verpfuschte Operation, schlecht ausgebildete Schüler oder ein sehr merkwürdiges Konzert zu bekommen.“85 Bei Klein wird die Baumolsche Kostenkrankheit mit einer „tickenden Zeitbombe“ gleichge- setzt: das Gefälle zwischen fehlender Produktivitätssteigerung einerseits und erhöhten gesamt- wirtschaftlichen Kosten andererseits wird immer steiler. Zuwendungen der öffentlichen Hand müssen die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben kompensieren, da Eintritte und Gebüh- ren der Kultureinrichtungen nicht fortlaufend gesteigert werden können – vor allem im Kultur- sektor ist die bedrohliche Barriere, ab der die Nachfrage sinkt, schnell erreicht. 86 Prekär ist, dass auch die öffentlichen Zuschüsse auf Grund der Staatsverschuldung und Sparzwänge in- nerhalb der letzten Jahre stark gesunken sind, wie wir im Abschnitt zur aktuellen Fördersitua- tion in Kärnten sehen werden. Trotz vermehrter Versuche, das Budgetloch mittels privater Fi- nanzierungsquellen zu stopfen, bleiben die Probleme vieler Kultureinrichtungen bestehen, vor allem die Personalstrukturen betreffend, womit wir wieder beim Ausgangspunkt angelangt wä- ren: Ehrenamtliche Tätigkeit im Kulturbereich ist in Anbetracht der Baumolschen Kosten- krankheit eine losgische Konsequenz.

2.1.2. Rechtsträgerschaft & Zielorientierung

Inwieweit sich Kulturbetriebe anhand ihrer Rechtsträgerschaft grundsätzlich systematisieren lassen und welche strukturellen Unterschiede dabei elementar sind, kann prinzipiell anhand der folgenden Abbildung nach Heinrichs erläutert werden.

Abbildung 1: Der Kulturbetrieb aus rechtlich-systematischer Sicht (Heinrichs 2006, S. 22)

85 Baumol (2012). 86 Vgl. Klein (2008), S. 28f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 33

Der öffentlich-rechtliche Kulturbetrieb basiert, wie die Bezeichnung vermuten lässt, auf öffent- lichem Recht. Grundlage für Kulturbetriebe solcher Art ist die Willensbildung der öffentlichen Hand und daraus resultierend die Durchführung von hoheitlichen Akten.87 Die staatlichen Kul- turinstitutionen des Landes Kärnten sind: o das Kärntner Landesarchiv, o Landesmuseum für Kärnten, o Museum Moderner Kunst Kärnten, o Stadttheater Klagenfurt, o CMA Carinthische Musikakademie, o Wissens.wert.welt – blue cube & kidsmobil, o das Kärntner Literaturarchiv. Diese Kulturinstitutionen sind auf inhaltlicher und finanzieller Ebene abhängig von ihren Trä- gern, die da wären: Gebietskörperschaften (Bund, Länder, Gemeinden) oder andere öffentliche Anstalten, die einen kulturpolitischen Auftrag erfüllen. Die Finanzierung erfolgt hauptsächlich durch Steuern und Abgaben und wird durch die Förderung der kulturellen Bildung oder Erhalt des kulturellen Erbes legitimiert.88 In Summe wurden die landesnahen Einrichtungen im Jahr 2016 mit 17,7 Millionen Euro (entsprechen ca. 74 % des jährlichen Kulturbudgets) subventio- niert.89

Im Gegensatz dazu stützt sich der privatrechtlich-gemeinnützige Kulturbetrieb auf das bürger- liche Recht, welches durch den Grundsatz der Privatautonomie charakterisiert ist. Autonome Kulturinitiativen (z.B. Vereine, freie Kulturinitiativen) zeichnen sich durch ihre inhaltliche Un- abhängigkeit von öffentlichen Einrichtungen aus und sind meist von der partizipierenden Zi- vilgesellschaft als Verein organisiert. Sie arbeiten interdisziplinär und, wie es im Kulturbericht 2016 des Landes Kärnten heißt, „selbstbestimmt und kontinuierlich im Bereich der zeitgenös- sischen Kulturvermittlung und –produktion“ und sind „auch soziale Laboratorien, in denen di- rekte Demokratie unmittelbar gelebt und erprobt wird“90 Durch die große Brandbreite an Schwerpunkten, die im Rahmen der Kulturarbeit bearbeitet werden (Theater-, Performance- und Tanzarbeit, Aktivitäten im Musik-, Literatur- und (Klein)Kunstbereich, Projekte hinsicht- lich kultureller Bildung), tragen sie substantiell zu einer heterogenen Kulturlandschaft im All- gemeinen und speziell in Kärnten bei. Gebündelt erscheinen die Schlüsselmerkmale der freien

87 Vgl. Heinrichs 2006, S. 20f. 88 Vgl. Pöllmann 2018, S. 5. 89 Vgl. Kulturbericht Kärnten 2016, S. 4. 90 Kulturbericht Kärnten 2016, S. 64.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 34

Szene in der Basisdatenerhebung zur freien Kulturarbeit in Kärnten. Die Interessensgemein- schaft der Kulturinitiativen in Kärnten/Koroška (IG KIKK) fasst die Merkmale folgendermaßen zusammen:91 • zeitgenössische Kulturarbeit und das Veranschaulichen und Hinterfragen gesellschaft- licher Prozesse • Unabhängigkeit von politischen und religiösen Gruppierungen, sowie von Gebietskör- perschaften • Sensibilität gegenüber gesellschaftlich benachteiligten Gruppen Die Unterscheidung zwischen öffentlich und privat hat nicht nur zentrale Bedeutung für die Zielsetzung, sondern auch für die betriebswirtschaftlichen Strukturen der kulturellen Einrich- tung, beispielsweise die Kameralistik, die Verwaltung oder das Personalmanagement (z.B. Ob- jektivierungsverfahren für den Eintritt in den öffentlichen Dienst) betreffend.92 Als Kameralistik werden die Buchführung bzw. das Finanzwesen der öffentlichen Hand be- zeichnet. Im kaufmännischen Sinne unterscheidet sie sich von der privatwirtschaftlichen Rech- nungslegung ganz einfach ausgedrückt durch die Zielvorstellung: Finanzierungsbedarf besteht im Sinne der Kameralistik nur dann, wenn im Interesse der Allgemeinheit liegende Aufgaben zu erfüllen sind und die Erwirtschaftung von Überschüssen ist keine Maxime. Im Laufe der Zeit hat sich herausgestellt, dass die Kameralistik etliche Unzulänglichkeiten aufweist, weshalb verschiedene Strategien entwickelt worden sind, die zweckdienlich dafür sein sollen, diese zu- mindest teilweise zu überwinden.93

Die Krux der Differenzierung zwischen öffentlich und privat wird ebenso evident, wenn man überlegt, was das für das Kulturpublikum bedeutet. Im Gegensatz zu staatlichen Kulturbetrie- ben werden im privatrechtlichen Bereich Kulturkonsumenten auf Grund des Prinzips der Ver- tragsfreiheit mehr als Kunden behandelt. Trotz der Verwaltungsreformen und dem Einzug des New Public Managements, das marktorientierte Instrumente und eine wirtschaftliche Sicht- weise mit sich bringt, ist nach wie vor die dichotome Sichtweise „Staat“ und „Bürger“ in der öffentlichen Sphäre präsent – immerhin kann der Staat hoheitliche Verwaltungsakte setzen, die den Bürger zwingen, eine bestimmte Handlung zu setzen. Wenngleich dieser Wandel immer weiter fortschreitet und öffentliche Kulturbetriebe betriebswirtschaftliche Grundsätze imple- mentieren, Besucher als Kunden und Endverbraucher wahrnehmen und danach handeln, ist die

91 Vgl. IG KIKK (2014), S. 5, online unter WWW: http://igkikk.at/plx-file/files/120-IGKIKKBDE2014.pdf 92 Vgl. Heinrichs (2006), S. 20. 93 Vgl. Heinrichs (1999), S. 93f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 35 sich daraus ergebende Diskussion immer wieder Thema in der Kulturdebatte. Bei der Auffüh- rung eines Theaterstücks, einer Konzertveranstaltung oder Filmvorführung wird schließlich kein hoheitlicher Akt gesetzt, sondern schlichtweg ein privatrechtlicher Vertrag zwischen Or- ganisator und Besucher vereinbart.94

Sowohl der öffentlich-rechtliche als auch der privatrechtlich-gemeinnützige Kulturbetrieb ist im Non-Profit-Bereich angesiedelt, was bedeutet, dass sich nicht alles in erster Linie um wirt- schaftliche Zwecke, wie Gewinnmaximierung oder Effizienzsteigerung sind, dreht.

Im Gegensatz dazu kann der privatrechtlich-kommerzielle Kulturbetrieb genannt werden, der zwar auch auf Privatrecht basiert, jedoch erwerbswirtschaftlich ausgerichtet und profitorientiert ist. Um den Fortbestand des Unternehmens sicherstellen zu können müssen Erträge erwirtschaf- tet und Kosten minimiert werden. Beispiele hierfür sind Verlage, Kunsthändler, Künstleragen- turen.

Die rechtliche Orientierung eines Kulturbetriebes ist eng mit dessen Zielvorstellungen ver- knüpft. Die zentrale Fragestellung lautet, was mit der Geschäftstätigkeit erreicht werden soll. Wie bereits angerissen, haben privatrechtlich-kommerzielle Betriebe das Ziel, Unternehmens- gewinne zu erwirtschaften, um Investitionen zu tätigen, Rücklagen zu bilden oder Gewinne auszuschütten. Kulturanbietern der öffentlichen Hand ist das gesetzlich verboten – Ziel ist es, kulturpolitische Aufgaben, die mittels Gesetz oder politischen Beschlüssen festgelegt worden sind, zu realisieren, vielfach unabhängig davon ob kostendeckend gearbeitet werden kann.95

Die nachfolgende Grafik nach Heinrichs dient zu Veranschaulichung dieser Kategorisierung:

Abbildung 23:: Ziel und Zweck von Kulturbetrieben (Heinrichs 2006, S. 24)

94 Vgl. Heinrichs (2006), S. 20f. 95 Vgl. Heinrichs (2006), S. 23f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 36

Lässt man die rechtliche Systematisierung außer Acht und betrachtet den Kulturbetrieb als ei- nen Komplex, können auch Berührungspunkte festgemacht werden: Unabhängig von der Rechtsträgerschaft hat ein Kulturbetrieb immer die Produktion von Kunst und Kultur zum Ge- genstand, das zielorientierte Handeln von Kulturbetrieben will Kultur ermöglichen. Anhand der rechtlichen Ausrichtung ist es im Übrigen nicht möglich, die Qualität des Produkts zu beurtei- len. Weitere Schnittpunkte beziehen sich beispielsweise auf rechtliche Vorschriften (Steuervor- schriften und Urheberrecht gelten für alle Kulturbetriebe in demselben Maße) oder den Be- schaffungs- und Absatzmarkt, wie Heinrichs konstatiert.96

Die rechtlich-systematische Gliederung nach Heinrichs hilft, einen ersten Einblick in die The- matik zu gewähren, doch ist sie äußerst theoretisch und statisch aufgebaut. Etwaige Wechsel- beziehungen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor werden schlichtweg nicht in Betracht gezogen. Im Gegensatz dazu liefert das Schweizer Modell nach den Kulturanalytikern Christoph Weckerle und Michael Söndermann (Abbildung 3) eine dynamische Betrachtungs- weise: Es wird berücksichtigt, dass Kulturanbieter sich meist nicht nur in einem der Bereiche aufhalten und eine ganzheitliche Betrachtung des Kulturbetriebes wird vorgeschlagen. Im Klar- text bedeutet das, dass die Grenzen zwischen der öffentlichen, privaten und intermediären (das Pendant zum privatrechtlich-gemeinnützigen Kulturbetrieb bei Heinrichs) Domäne in der Rea- lität durchlässig sind und Kulturproduzenten sehr oft nicht genau einem der Sektoren eindeutig zugeordnet werden können.97 Held et al. bestätigen den Trend hin zu hybriden Strukturen und verweisen darauf, dass u.a. die sinkenden Verfügungsmittel der öffentlichen Hand der Grund dafür sind. Nur wenige Künstler und Kulturschaffende finanzieren sich heute ausschließlich über den öffentlichen Sektor, sie sind auf privatwirtschaftliche Unterstützung wie Spenden und Sponsoring angewiesen. 98 Damit wären wir beim Thema der Kulturfinanzierung angelangt, das

96 Vgl. Heinrichs (1997), S. 6f. 97 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 10. 98 Vgl. Held et al. (2005), S. 7f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 37 indessen in einem späteren Unterkapitel en détail behandelt wird.

Abbildung 3: (Schweizer) Drei-Sektoren-Modell (Held et al. 2005, S. 8)

Dass ist das jedoch nicht das einzige Spannungsfeld, in welchem sich Kulturproduzenten in diesem Zusammenhang bewegen. Konrad beispielsweise bezeichnet den Kultursektor insge samt als komplexen „Schmelztiegel“, in dem Kulturschaffende und Kreative den Spagat zwi- schen freier künstlerischer, den ideellen Vorstellungen entsprechender Betätigung und ökono- mischen Aspekten schaffen müssen.99 Dieses Argument hat insbesondere in Anbetracht der politischen Sparzwänge sowohl für öf- fentliche Institutionen als auch für private Initiativen Signifikanz. Infolge der qualitativen Ex- perteninterviews mit den Kulturverantwortlichen in Kärnten hat sich deutlich herauskristalli- siert, dass nahezu die gesamte kommunale Kulturarbeit in Form von privaten Vereinen und Initiativen durchgeführt wird. Das Bild wird desgleichen in der Studie „Fair Pay“ nachgezeichnet. Die Untersuchung wurde

99 Vgl. Konrad (2010), S. 21.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 38 im Jahr 2012 von der österreichischen Kulturdokumentation durchgeführt und untersucht die finanzielle Situation von freien Kulturinitiativen und -vereinen. So haben 84% der befragten Institutionen angegeben, als „kleiner Verein“ organisiert zu sein, gemeinsam mit den „mittleren Vereinen“ werden sogar 95% erreicht. Zwar kann daraus kein allgemein gültiges Bild abgeleitet werden, da die Frage nur von 148 Einrichtungen beantwortet worden ist, doch wird eine ein- deutige Tendenz sichtbar: Die freie Kulturszene in Österreich wird hauptsächlich von kleinen und mittleren Organisationen gestaltet.100

Abbildung 4: Frage nach der Größe der Kultureinrichtung (Österreichische Kulturdokumentation (2014), S. 10.

Auf Grund der Relevanz der Rechtsform „Verein“für die Themenstellung, wird nachfolgend ein Einblick in die Thematik gewährt.

2.1.3. Der „Verein“: Rechtsform und Teilhabe

Das Land Österreich ist durch eine umfangreiche und vielfältige Vereinslandschaft geprägt, im Durchschnitt ist jeder zweite Bürger aktives oder unterstützendes Mitglied eines Vereins, sei es ein Sport-, Kultur- oder Sozialverein: Die Zugehörigkeit zu übergreifenden Organisationen mit unterschiedlichen Schwerpunkten erfreut sich großer Beliebtheit, wie Studien der Freizeit- und Tourismusforschung aus dem Jahr 2015 unmissverständlich zeigen. Betrachtet man das Ver- einswesen gesplittet nach Sparten, zeigt sich, dass 33% jener, die zumindest einem Verein an- gehören, Mitglied in einem Sportverein sind, und somit diese Sparte die größte Teilhabe ver- zeichnet. Während dem Roten Kreuz 25% angehören, sind jeweils 22% bei Gesangs-, Musik und Kulturvereinen und der Freiwilligen Feuerwehr dabei. 101

Der Beweggrund, einen Verein zu gründen, um kulturelle Vorhaben in die Tat umzusetzen,

100 Vgl. Österreichische Kulturdokumentation (2014), S. 10. 101 Vgl. Zellmann/Mayrhofer (2015), online unter: WWW: http://www.freizeitforschung.at/data/forschungsar- chiv/2015/136. FT 2-2015_Vereine.pdf (Zugriff:7.5.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 39 kommt nicht von ungefähr. Viele Initiativen entscheiden sich dafür, weil die Rechtsform un- kompliziert und kostengünstig ist und etliche Vorteile für Kulturarbeiter bietet: Der Verein ist eine juristische Person, die Förderungen beantragen, mit behördlichen Organen kommunizieren und wirtschaftlich aktiv werden kann. Im Rahmen der Vereinstätigkeiten werden Verträge ab- geschlossen, Arbeitnehmer beschäftigt und eine ordentliche Buchführung (Einnahmen-Ausga- ben Rechnung) erstellt. Im Fokus der Vereinsstatuten befindet sich der (gemeinsame und ide- elle) Vereinszweck – eine Gewinnausrichtung ist gesetzlich nicht möglich bzw. erlaubt.102 „Ein Verein darf nicht auf Gewinn ausgerichtet sein. Das Vereinsvermögen darf nur im Sinne des Vereinszweckes verwendet werden“,103 wie es im Vereinsgesetz heißt. Die Mehrheit der Kul- turvereine sind zudem gemeinnützig ausgerichtet, was impliziert, dass der Vereinszweck der Allgemeinheit in geistiger, kultureller, sittlicher oder materieller Hinsicht dient (z.B. Förderung von Kunst und Kultur im Gurktal), was ferner in den Vereinsstatuten festgelegt sein muss. Ein gemeinnütziger Verein genießt außerdem steuerliche Begünstigungen. Finanzielle Einnahmen werden meist über Spenden, Sponsoring, Mitgliedsbeiträge, Subventionen und Erträge aus ei- genen Veranstaltungen eingenommen.104 Weitere Details zu Formen der Kulturfinanzierung im Allgemeinen werden im Kapitel zur Kulturfinanzierung behandelt. Umfangreiche Ausführungen zu den rechtlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen für Vereinsarbeit, -gründung und -leben können im Vereinsgesetz nachgelesen werden. An die- ser Stelle sollten lediglich die bedeutsamsten Eckpunkte erwähnt sein, da der Verein bzw. der Kulturverein im Speziellen eine Schlüsselfunktion in der Kärntner Kulturarbeit einnimmt.

2.1.4. Kulturfinanzierung

Wie für die Herstellung von Gütern des täglichen Lebensbedarfs, werden für die Produktion kultureller Güter Ressourcen benötigt, unabhängig davon ob diese von Vereinen, Betrieben der öffentlichen Hand oder privatwirtschaftlich orientierten Anbietern zur Verfügung gestellt wer- den. Insofern ist es legitim zu behaupten, dass der Finanzierungsaspekt einen wichtigen Stel- lenwert im Gesamtbild der Kulturarbeit einnimmt. Um Kulturarbeit erfolgreich umsetzen zu können, braucht es schon mehr als eine Leidenschaft für die „schönen Künste“, eine zündende Idee oder Kreativität – ohne finanzielle, materielle oder personelle Ressourcen ist die Verwirk- lichung von Kulturprojekten ausweglos.

102 Vgl. IG Kultur Wien (2014), online unter: WWW: http://www.igkulturwien.net/fileadmin/userfi- les/KIS/KIS_Kulturverein_gruenden_und_betreiben_2017.pdf Zugriff: 26.4.18 und Ver.G 103 § 1 Abs. 2 VerG, Fassung vom 26.4.18 104 Vgl. IG Kultur Wien (2014), online

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 40

Um die Ergebnisse der empirischen Untersuchung adäquat einzuordnen und damit die Basis für einen repräsentativen Vergleich zu schaffen, ist eine primäre theoretische Auseinandersetzung mit den Finanzierungs-Konzepten erforderlich. Wie bereits in den vorangegangenen Ausfüh- rungen erläutert worden ist, bringt dies unterschiedliche und weitreichende Implikationen mit sich.

Per Definition versteht man unter Kulturfinanzierung „alle Beiträge monetärer und nichtmone- tärer Art, die die Herstellung kultureller Produkte und Dienstleistungen bzw. den kulturellen Betrieb ermöglichen“105. Insofern stellt sich die Frage, wie und woher Kulturanbieter ihre fi- nanziellen, personellen und materiellen Mittel lukrieren.

Gerlach-March nennt in Summe zwar fünf Finanzierungsquellen, die für Kulturarbeiter rele- vant sind, betont aber, dass der wichtigste Kapitalgeber schlussendlich immer der Bürger ist. Die Rezipienten werden nicht nur beim Konsum des Theaterstücks, Buches oder Filmes aktiv, indem sie Eintritte bezahlen, sondern schlüpfen ebenso in die Rolle des Förderers (z.B. Spen- den) und Steuerzahlers. Die Umsatzerlöse aus dem Verkauf der kulturellen Leistung (z.B. Ein- trittskarte im Theater/Museum/Konzert, Nutzungsgebühr in der Bibliothek) sind de facto eine Möglichkeit der Finanzierung, genauso wie die Beschaffung von Fremdkapital (über Kredite, von Investoren) und Eigenkapital (eigenes Vermögen des Gründers/Künstlers).106 Des Weite- ren sind die private (Sponsoring) und die öffentliche Kulturförderung (staatliche Subventionen) zu nennen, die einen fundamentalen Stellenwert im Gesamtbereich der Kulturfinanzierung ein- nehmen.

2.1.4.1. Öffentliche Kulturförderung

Die öffentliche Kulturförderung kann sowohl auf direktem als auch auf indirektem Weg erfol- gen: Wie bereits im Abschnitt zur Rechtsträgerschaft von Kulturbetrieben ausgeführt worden ist, können behördliche Institutionen selbst Träger einer kulturellen Einrichtung sein, was für die meisten Stadttheater, Bibliotheken, Staats- und Landestheater, Rundfunkanstalten gilt. Ergo er- folgt die Finanzierung direkt über den Haushaltsplan der Gebietskörperschaft.107 Direkte Unterstützung kann des Weiteren über Übertragung von finanziellen Ressourcen (in- stitutionell oder projektbezogen) erfolgen. Wie Heinrichs analysiert: „Zuwendungen der öffentlichen Hand (sind) immer das Ergebnis einer kulturpolitischen Zielsetzung; (...)

105 Gerlach-March (2010), S. 11. 106 Vgl. ebd., S 11-13. 107 Vgl. Ebd., S. 19.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 41

ohne dass die fördernde Ebene selbst als Träger oder alleiniger Finanzierer tätig werden oder gar als Gesetzgeber ein Handeln vorschreiben muss.“108

Insofern ist die Gemeinde, das Land oder der Bund als rahmenschaffender Impulsgeber zu ver- stehen. Neben monetären Ressourcen, die den Kulturinstitutionen seitens des Staates direkt zu- fließen, erfolgt die indirekte Unterstützung über rechtliche und steuerliche Rahmenbedingun- gen. Exemplarisch nennt Gerlach-March, Non-Profit-Organisationen, die unter bestimmten Voraussetzungen Gewerbe-oder Körperschaftssteuer befreit sind, oder die Künstlersozialversi- cherungsfonds.109

Ohne staatliches Engagement würde die Kulturlandschaft in vielen Ländern, einschließlich Ös- terreich, wohl trist aussehen. Das betrifft nicht nur öffentlich-rechtliche Kulturbetriebe, sondern auch private Institutionen, die von Subventionen profitieren. Die finanziellen Zuwendungen von Kommunen, Ländern, Bund oder Europäischer Union sind für viele kulturelle Einrichtun- gen unentbehrlich. Die öffentliche Kulturförderung erhält Kulturbetriebe „am Leben“, die nicht kostendeckend arbeiten respektive es nicht können (z.B. Stadtbibliothek) oder ermöglicht dem Kulturpublikum, Kunst kostenlos zu „konsumieren“ (z.B. kostenlose Besichtigungen einer Ausstellung). Angesichts der behördlichen Sparkurse und einem immer knapperen Staatshaushalt hat sich die Fördersituation zu einem prekären Sachverhalt entwickelt: Die Tendenz, bei der Kultur zu spa- ren, zeichnet sich ab – häufig sind dann davon kleinere Kulturinitiativen und die freie Szene betroffen, wie ferner Klein zusammenfasst.110 Diskussionen rund um intransparente Subventi- onsrichtlinien, die bürokratischen Aufwände, die Frage, welche Handlungsfelder überhaupt för- derungswürdig sind, oder die Beeinflussung durch politische Machtspiele usw. sind in der ak- tuellen Kulturdebatte omnipräsent. Die staatliche Kulturförderung ist aber keine Selbstverständlichkeit und hat sich im historischen Kontext in Europa unterschiedlich entwickelt.111 In Österreich, ein Land das im Übrigen als „Kulturstaat“ oder „Kulturnation“ gilt, ist die Unterstützung von Kultur Bestandteil der jewei- ligen Regierungsaufträge. Wie es im Kunstförderungsgesetz heißt, hat der Bund „im Bewußtsein (sic!) der wertvollen Leistungen, die die Kunst erbringt und in Anerkennung ihres Bei- trages zur Verbesserung der Lebensqualität (hat der Bund) die Aufgabe, das künstlerische Schaffen in Österreich und seine Vermittlung zu fördern. Für diesen Zweck sind im jeweiligen Bundesfinanzgesetz

108 Heinrichs (1997), S. 206. 109 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 23. 110 Vgl. Klein (2011), S. 149. 111 Vgl. ebd., S. 15 und Klein (2011), S. 156-172: Hier wird ein umfassender Vergleich der Kulturpolitik zwi- schen Österreich, Deutschland, Frankreich, Niederlande, Polen, Tschechien, Schweiz, Großbritannien und den USA angestellt.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 42

die entsprechenden Mittel vorzusehen. Weiters ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die fi- nanzielle und organisatorische Förderung des künstlerischen Schaffens durch Private und der sozialen Lage für Künstler anzustreben.“112 Der österreichische Gesetzgeber hat die Länder dazu verpflichtet, Kultur zu fördern. Dement- sprechend wurden in den letzten Jahrzehnten adäquate Strukturen geschaffen, um diese Ver- waltungs- und Administrationsaufgaben professionell auszuführen. Laut Zembylas verglei- chender Studie zur normativen und administrativen Herausforderung der Kulturförderung, die im Auftrag der Ländervertretungen der IG Kultur Österreich durchgeführt worden ist, ist Ös- terreichs Professionalisierungsgrad hinsichtlich der Kulturverwaltung, international gesehen, sehr hoch.113 Diesem Argument zum Trotz, ist kritisch anzumerken, dass der kulturelle Ver- waltungsapparat genauso Ineffizienzen zu Tage fördert: So hat der Landesrechnungshof z.B. die Kulturförderungsmaßnahmen in Kärnten der Jahre 2010-2015 stark kritisiert. Die Gründe dafür waren eine nur halb durchgeführte und nicht evaluierte Kulturstrategie, mehrere „Dop- pelgleisigkeiten“, dass Anträge teilweise bis zu 38 Stationen durchlaufen mussten und der bü- rokratische Aufwand teils höher als der Förderungsbetrag waren.114 Bedenklich ist, hierauf Be- zug nehmend, dass keine einheitlichen und rechtlich verbindlichen Regelungen und Förder- richtlinien bestehen: Der Handlungsrahmen und die Modalitäten werden von den Gebietskör- perschaften selbst festgelegt und unterscheiden sich somit.115 Aus persönlichen Gesprächen mit Kulturschaffenden in Kärnten ist hervorgegangen, dass sich vor allem Kulturarbeiter der freien Szene benachteiligt und ungerecht behandelt fühlen. Vielfach werden intransparente Entschei- dungsstrukturen bemängelt und dass die Auszahlung von Förderungsbeträgen vom Gutdünken des jeweiligen Kulturreferenten abhängig wäre. So wurde 2016 das Schwerpunktjahr der Freien Kulturinitiativen vom Land Kärnten ausgerufen, um die Unzufriedenheit der freien Kultur- schaffenden so abzufangen und Gegenmaßnahmen zu setzen. Weitere Details diesbezüglich können im Kapitel zur aktuellen Kulturförderung in Kärnten eruiert werden.

2.1.4.2. Private Kulturfinanzierung

Aufgrund des sinkenden Staatshaushaltes hat die Signifikanz der privaten Finanzierungsmög- lichkeiten in den letzten Jahrzenten erheblich zugenommen. Heute ist es nicht mehr vorrangig staatliches Engagement, welches Kulturarbeit und -angebote ermöglichen. Klein spricht in die-

112 Kunstförderungsgesetz Österreich §1(1), Fassung vom 18.5.2018 113 Vgl. Zembylas (2009), S. 4. 114 Vgl. Bericht des Kärntner Landesrechnungshofes (2017) online unter: WWW: https://files.orf.at/vietnam2/fi- les/ktn/201725/lrh-bericht_kulturfoerderung_530160.pdf (Zugriff: 26.4.18) 115 Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 189 (Kulturförderungsrichtlinien)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 43 sem Zusammenhang von sich wandelnden Zuständigkeiten und vertritt gleichermaßen die Er- wartungshaltung, dass sich die kulturinteressierte Bevölkerung und Rezipienten mittels Spen- den und Sponsoring finanziell einbringen.116 Die empirische Analyse der Kulturarbeit in Kärnt- ner Gemeinden hat das ebenso bestätigt. Die hiesigen Vereine werden zwar mit öffentlichen Mitteln der Gemeinde subventioniert sowie mit Sach- und Personalleistungen unterstützt, sind aber gleichwohl von der finanziellen Unterstützung der Bürger und Unternehmen abhängig.

Eine klare Abgrenzung zwischen den Begrifflichkeiten Spenden, Sponsoring, Fundraising und Mäzenatentum ist von Relevanz, weil diese im alltäglichen Sprachgebrauch oft unsauber ver- wendet werden. Nicht selten werden sämtliche finanzielle Finanzierungsformen als Sponsoring bezeichnet. Das ist eine trügerische Darstellung. Fakt ist aber, dass mit den Konzepten ver- schiedene Beweggründe und Anforderungen einhergehen.

In der Fachliteratur wird die Akquise von privaten Drittmitteln unter der Begrifflichkeit „Fundraising“ gebündelt.117 Eine wortgetreue Übersetzung der anglo-amerikanischen Bezeich- nung wird dem weitreichenden Sinngehalt des Konzepts jedoch nicht gerecht. Fundraising meint nicht alleinig eine reine „Geldbeschaffung“, sondern bezieht sich auf ein strategisches und dauerhaft angelegtes Marketingkonzept. Das Fundraising per se ist keine Finanzierungsart, sondern eine systematische Tätigkeit, die darauf abzielt nicht nur finanzielle, sondern auch ma- terielle und immaterielle Ressourcen wie Know-How oder ideelle Zuwendung zu generieren und stabile Beziehungen zu Partnern aufzubauen.118 In der (kommunalen) Praxis der Kulturar- beit wird in erster Linie auf Methoden wie das Sponsoring und Sammeln von Spenden zurück- gegriffen. Im Gegensatz zur Spende basiert das Sponsoring, welches von Unternehmen und Privatpersonen durchgeführt werden kann, auf dem Prinzip von „Geben und Nehmen“. Der Grundsatz von Leistung und Gegenleistung kann in einem breiten Spektrum von Gestaltungs- möglichkeiten ausgeführt werden, wie Abbildung 4 veranschaulicht:

116 Vgl. Heinrichs/Klein (2001), S. 186 (Kulturfinanzierung) 117 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 45; Lissek-Schütz (2004), S. 253; Heinrichs (1997), S. 183 118 Vgl. Lissek-Schütz (2004), S. 353.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 44

Abbildung 5: Fundraising: Quellen & Unterstützung modifiziert nach Lissek-Schütz (2004), S. 354

Unterschiedliche Motive der Kulturveranstalter und des Sponsoringgebers bergen jedoch er- hebliches Konfliktpotenzial in sich. Um eine fruchtbare Zusammenarbeit zu gewährleisten, sind Kulturschaffende angehalten, einen adäquaten und den Unternehmenszielen entsprechenden Gegenwert anzubieten und sich der Motive bewusst zu werden. Schließlich agieren die Sponso- ren zielorientiert und möchten einen positiven Beitrag zu ihrer Imagepflege leisten (z.B. Cor- porate Social Responsibility, Öffentlichkeitsarbeit, Medienpräsenz, Kontakt zur Zielgruppe stärken, Aufmerksamkeit generieren).119

Kultursponsoring wird in Österreich als Marketingstrategie von großen Unternehmen und Ban- ken genutzt – dies kann fruchtbar sowohl für Wirtschaft als auch für den Kulturbetrieb sein:

119 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 49ff.; Heinrichs/Klein (2001), S. 215f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 45

„(...) viele Markenartikelfirmen haben längst erkannt, dass gerade im Hochkulturland Österreich Kultur- sponsoring ein ideales Medium ist, um die eigene Unternehmenskultur imagewirksam zur Schau zu stel- len.“120 Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Nestlé, der größte Lebensmittelhersteller der Welt, im Jahr 2016 als Hauptsponsor der Salzburger Festspiele auftrat, um regionale Kulturverbunden- heit zu demonstrieren. Die Brau Union, heimischer Biermarkenführer, engagiert sich finanziell für zahlreiche Kulturveranstaltungen musikalischer Natur, wie die Gmundner Festwochen, das FM4 Frequency Festival, Sommertage des Wiener Staatsopernballets usw.121 Das kulturelle Engagement ist Beweis für nachhaltiges unternehmerisches Handeln bzw. soziale Verantwor- tung und gleichzeitig ein integriertes Kommunikationsinstrument. Für den Kulturbetrieb be- deutet das Sponsoring nicht nur eine Erhöhung der Ressourcen, sondern, je nach Sponsor, ver- stärkte Aufmerksamkeit und Reputation in der Öffentlichkeit. Selbst wenn in der Literatur die Rede davon ist, dass Kulturschaffende sich vor einer Einflussnahme des fördernden Unterneh- mens fürchten, hat sich herausgestellt, dass den Betrieben in der Regel positive Publikumsre- sonanz wichtig ist - nicht inhaltliches Mitspracherecht.122

Wenn hingegen eine freiwillige Spende getätigt wird, wird keine Gegenleistung erwartet. Der Spender bzw. Mäzen handelt uneigennützig – diese Konzepte stehen sich sehr nah. Impuls für die Zuwendung können Altruismus, Imageverbesserung, idealistische Vorstellungen oder per- sönliche Gründe sein. Der Staat fördert ein solches Verhalten, da Spender unter bestimmten Voraussetzungen steuer- liche Vorteile genießen. Monetäre Zuwendungen für spendenbegünstige Organisationen kön- nen steuerlich als Sonderausgaben abgesetzt werden.123 Dazu zählen laut Bundesministerium für Finanzen u.a.124 Kirchen und Religionsgesellschaften, die verpflichtende Beiträge erheben • Forschungseinrichtungen (wie Universitäten, begünstigte Forschungsförderungsfonds) • Museen • Freiwillige Feuerwehren und Landesfeuerwehrverbände Aus der Auflistung geht hervor, dass jene Organisationen, die einen gemeinnützigen, also der Allgemeinheit fördernden Zweck erfüllen, abzugsbegünstigt sind. Gerlach-March hebt darauf

120 Madlberger (2016): Kultursponsring, in: Handelszeitung, online unter: https://www.handelszeitung.at/han- delszeitung/beim-kultursponsoring-ist-die-markenartikelin# dustrie-130766 (Zugriff: 24.5.18) 121 Vgl. Madlberger (2016), online 122 Vgl. Frohne et al. (2015), S. 11-14. 123 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 60f. 124 Vgl. BMF, online unter: (Zugriff: 19.5.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 46

Bezug nehmend hervor, dass ebenso der Denkmalschutz und -pflege, die Jugend- und Alten- hilfe sowie Wissenschaft und Forschung als solche betrachtet werden.125

Nachdem im vorhergehenden Unterkapitel bereits der österreichische bzw. Kärntner Kultur- verwaltungsapparat angesprochen worden ist, soll im nächsten Schritt ein Überblick über die aktuelle Fördersituation in Kärnten gegeben werden: Wie viele Mittel stehen zur Verfügung, welche Bereiche werden in welchem Ausmaß unterstützt? Wo liegen Förderschwerpunkte und wer profitiert davon?

2.1.5. Aktuelles: Kulturförderung in Kärnten

Es ist mehrfach erwähnt worden, dass die ausbezahlten Förderbeiträge für kulturelle Institutio- nen im Allgemeinen rückläufig sind. Hierbei bildet Kärnten keine Ausnahme. Wie im Kultur- bericht 2016 des Landes ausgewiesen, haben sich die Kulturausgaben im südlichsten Bundes- land im Laufe der letzten Jahre rückläufig entwickelt:

Abbildung 6: Entwicklung der Kulturausgaben in Kärnten, in Mio € (Kulturbericht 2016 des Landes Kärnten, S. 4, online-Quelle)

Während im Jahr 2011 noch mehr als 27 Millionen Euro ausgegeben wurden, sind es fünf Jahre später knapp 24 Millionen Euro, was trotz einem Hoch im Jahr 2012, einem Rückgang von nahezu 13 % entspricht.126 Der Schwerpunkt lag im Jahr 2016 auf den freien Kulturinitiativen. Insofern wurde diese Sparte mit erhöhten Fördergeldern bedacht (+8,35 % seit 2015).127 Hervorzuheben ist des Weiteren,

125 Vgl. Gerlach-March (2010), S. 61. 126 Vgl. Kulturbericht Kärnten 2016, S. 4. 127 Vgl. ebd., S. 64f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 47 dass im Vergleich zum Vorjahr die Sparte „Film, Kino, Video“ ein Plus von ca. 30 % verzeich- nen konnte, da ein zusätzlicher Fokus auf der Filmförderung lag. Die Intention dahinter war, dem österreichischen bzw. europäischen Film den Rücken zu stärken bzw. das Land Kärnten als Filmstandort zu etablieren.128 Ein dritter Kernpunkt der Subventionen war das „Brauchtum“ – ein elementarer Lebensbestandteil vieler Kärntner, was sich in einer breiten Vielfalt an kul- turellen Aktivitäten in den Gemeinden manifestiert. Ein Fakt, der sich nicht nur im Kulturbe- richt niederschlägt, sondern in gleicher Weise bei der empirischen Untersuchung hervorgetan hat. Das Land konzentrierte sich entsprechend auf die Aus- und Weiterbildung in diesem Be- reich: Zum Beispiel konnten sich ehrenamtliche Kulturarbeiter bei den „Regionalen Volkskul- tur-Bildungstagen“ in Althofen und Villach rund um die Themen Vereinswesen und Ehrenamt fortbilden oder beim Tag der Volkskultur eine Zusammenschau des volkskulturellen Angebots in Kärnten begutachten.129

2.2. „Die österreichische Gemeinde“: Kompetenzen & Wirkungsbereiche

Da im Rahmen der Fragestellung der Schwerpunkt auf der kommunalen Kulturarbeit liegt, wie sie erfolgt und welcher Stellenwert ihr seitens der Gebietskörperschaften in Kärnten eingeräumt wird, müssen im Vorfeld zur empirischen Analyse die Kompetenzen und Wirkungsbereiche der Kommunen abgesteckt werden. In diesem Abschnitt soll geklärt werden, innerhalb welches Handlungsspielraumes die Gemeinde tätig werden kann und wie umfangreich ihr Einflussbe- reich im Allgemeinen und in Bezug auf die kulturelle Praxis ist.

Das politische System Österreichs kann in drei Bereiche untergliedert werden, wobei die kom- munale Ebene nach dem Bund und den Ländern die unterste Organisationseinheit darstellt. Ob- wohl die Gemeinde heterogene Aufgabenfelder zu erledigen hat und Lokalpolitik direkt und unmittelbar bei den Bürgern betrieben wird, wird ihr in der Fach- und Forschungsliteratur rela- tiv wenig Aufmerksamkeit zuteil, wie Anderwald zu Bedenken gibt. Des Weiteren betont er, dass es „die“ Gemeinde als einheitliches Konstrukt nicht gibt130: Österreichweit können derzeit rund 2.100 Gemeinden verzeichnet werden. Sie unterscheiden sich beträchtlich durch maßgeb- liche Ungleichheiten hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen, territorialen und sozialen Strukturen. Nichtsdestotrotz kann verallgemeinert werden, dass Österreichs Landschaft stark durch kleine Gemeinden (nur knapp 700 Gemeinden haben mehr als 2.500 Einwohner) geprägt ist, was sich

128 Vgl. ebd., S. 61. 129 Vgl., ebd., S. 50. 130 Vgl. Anderwald (2007), S. 23.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 48 gut auf Kärnten umlegen lässt.131 Charakteristisch für die Gemeindeverwaltung ist, dass die hoheitlichen Aufgaben im eigenen oder übertragenen Wirkungsbereich durchgeführt werden. Im Bundesverfassungsgesetz ist die Gemeinde u.a. als „(...) Gebietskörperschaft mit dem Recht auf Selbstverwaltung (...)“132 defi- niert, woraus sich ein umfangreicher Handlungs- und Gestaltungsspielraum für administrative und politische Belange ergibt. Bei den Selbstverwaltungsaufgaben übt der Staat zwar Rechts- aufsicht aus, doch sind die Gemeinden im eigenen Wirkungsbereich für bedeutungsvolle As- pekte der Daseinsvorsorge autonom verantwortlich, sofern keine zwingenden Gesetze von Bund oder Ländern vorgeschrieben sind. Darunter fallen beispielsweise die Raumordnung, die örtliche Straßenpolizei oder das Bau-, Sozial- und Gesundheitswesen, genauso aber auch kul- turelle Einrichtungen und Veranstaltungen. Es obliegt dem eigenen Interesse der Gemeinde, ein Museum zu betreiben, ein Theaterensemble zu halten, Grünflächen anzulegen oder ein Gebäude zu errichten.133 Diesbezüglich wird des Weiteren zwischen freiwilligen und verpflichtenden Aufgaben differenziert: Während bei den Pflichtaufgaben die Gemeinde lediglich über das „Wie“ entscheiden kann, hat die Kommune bei den freiwilligen Aufgaben gänzlich freie Hand und entscheidet selbstständig über das „Ob“. Im übertragenen Wirkungsbereich hingegen müs- sen die Kommunalpolitiker Pflichtaufgaben nach Weisung des Staates erledigen, werden dem- nach zum staatlichen Ausführungsorgan.134 Heinrichs und Klein erklären weiters, dass

„auch wenn die Gesetzgeber an keiner Stelle ausdrücklich von einer Pflichtaufgabe im Rahmen der kommunalen Kulturarbeit sprechen, ergibt sich doch aus – der Allzuständigkeit der Kommunen auch für die Kultur, – der Zurückhaltung der Länder und des Bundes in kulturellen Angelegenheiten der örtlichen Gemein- schaft (...) dass Kulturpflege und -förderung eine grundlegende Aufgabe der Kommunen im Sinne einer umfangreichen Daseinsvorsorge ist. (...) Allerdings ist aus dieser prinzipiellen Verpflichtung für die Kul- turarbeit nicht ablesbar, in welcher Form und in welchem Umfang eine kommunale Kulturförderung be- trieben werden sollte.“135 Die Kulturarbeit ist ein Paradebeispiel der kommunalen Selbstverwaltung – in diesem Bereich gibt es kaum Gesetze, die das eigenstände Handeln und die Entscheidungsfreiheit der Gemein- den bremsen. Die Kehrseite der Medaille ist allerdings, dass bei Kulturausgaben in Zeiten fi- nanzieller Kalamitäten, auf Grund der nicht vorhandenen gesetzlichen Verankerung, zu aller- erst eingespart wird.136 Demensprechend haben sich in Bezug auf die analysierten Untersu- chungsgemeinden teilweise sehr unterschiedliche Bilder gezeigt, denn wie das kommunale Ma-

131 Vgl. Österreichischer Gemeindebund, online, (Zugriff: 28.4.18) 132 Art. 116 Abs. 1 B-VG 133 Vgl. Heinrichs (1999), S. 60. und Klein (2009), S. 152f. 134 Vgl. Klein (2009), S. 152f. und Heinrichs (1999), S. 71. 135 Klein (2009), S. 153. 136 Vgl. Heinrichs (1999), S. 61-65.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 49 nagement bzw. in welcher Form und in welchem Umfang die kommunale Kulturarbeit organi- siert wird, ist kurz und gut von den agierenden Organen und der finanziellen Sachlage abhängig. Einnahmen lukrieren Gemeinden in erster Linie aus Steuereinnahmen bzw. Gemeindeabgaben der Bevölkerung, Zuschüssen von Bund und Ländern, Beiträgen für kommunale Leistungen und aus Fremdmittelaufnahmen. Dass der demographische Wandel einige der angesprochenen Bereiche beeinflusst, wird zu einem späteren Zeitpunkt noch skizziert.137 Dass dem Budget eine maßgebliche Rolle in der kommunalen Kulturarbeit zuteil wird, wurde in der Untersuchung evident. Die nachfolgende Abbildung zeigt indessen nicht nur einen Über- blick über die Gesamtausgaben der österreichischen Gemeinden im Jahr 2015, sondern auch in welchem spezifischen Feld diese getätigt worden sind. Dabei wird ersichtlich, in welche Kern- bereiche sich die Ausgaben einer durchschnittlichen österreichischen Kommune splitten. Für die Unterstützung der Kulturarbeit wurde in den Gemeinden ca. 640 Millionen Euro investiert. Am meisten wurde für Dienstleistungen ausgegeben, gefolgt von Ausgaben für Unterricht, Er- ziehung, Sport und Wissenschaft sowie für Sozialausgaben.138

Abbildung 7: Gemeindeausgaben (Österreichischer Gemeindebund, online (Zugriff: 8.5.18)

Neben der monetären Ausgangslage wird die kommunale Kulturarbeit von den politischen Ent- scheidungsträgen gestaltet. Die relevanten kommunalpolitischen Organe, sind der Gemeinde- rat, der Kulturausschuss und das politische Umfeld wie Verbände und Interessensgruppen. Das Hauptorgan der Gemeinde, der Gemeinderat, wird von den Bürgern mittels direkter De- mokratie gewählt – den Vorsitz hält der Bürgermeister, dem als ausführende Kraft eine funda- mentale Rolle zukommt. Insbesondere in verhältnismäßig kleinen Gemeinden werden alle An- gelegenheiten und auch Verwaltungsaufgaben innerhalb des Gemeinderats entschieden und durchgeführt. Für die Kulturarbeit bedeutet das desgleichen, dass sämtliche relevanten Ent-

137 Vgl. Schreyer (2007), S. 325. 138 Vgl. Österreichischer Gemeindebund, online (Zugriff: 7.5.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 50 scheidungen und Beschlüsse vom Gemeinderat verabschiedet werden, die die kulturellen Ak- tivtäten also maßgeblich beeinflussen.139 Wie Heinrichs anmerkt, wird ein kommunales Kul- turmanagement „am Gemeinderat vorbei oder gar gegen den Gemeinderat (dürfte) kaum reali- sierbar sein“140 Die empirische Untersuchung bezieht sich auf Gemeinden mit geringeren Ein- wohnerzahlen, weshalb das Erlassen von strategischen Kulturkonzeptplänen und offiziellen Richtlinien sowie die Besetzung von Kulturämtern oder die Beschäftigung von Kulturmanagern o.ä. kein Thema war. In (Groß-)Städten ist es Usus, dass mittel- und langfristige Konzepte rund um den öffentlichen Kulturauftrag zu veranschlagen (z.B. Linz, Steyr, ), was erneut die Machtposition des Organs verdeutlicht. Aus dem Gemeinderat heraus werden des Weiteren Ausschüsse mit Mitgliedern aller Fraktionen gebildet, die sich mit verschiedenen Themen aus- einandersetzen. Üblicherweise wird ein eigener Kulturausschuss erst ab 100.000 Einwohnern gebildet, ansonsten werden unterschiedliche Materien zusammengefasst, wie es auch in den Kärntner Gemeinden im ländlichen Gebiet der Fall ist. So ist es beispielsweise in Griffen das Referat für „Kultur, Familie, Jugend und Soziales“ oder in Kötschach-Mauthen der Ausschuss für „Wirtschaft, Gewerbe, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft, Kunst und Kultur“. Bei einer solch immensen Bandbreite an Themenstellungen stellt sich natürlich die Frage, welcher Stel- lenwert der Kultur innerhalb des Ausschusses beigemessen wird bzw. auch inwieweit die zu behandelnden Sujets miteinander korrespondieren und mit welchem Professionalisierungsrad darin gearbeitet wird. Auffällig war die Situation in Bad Eisenkappel: Hier gab der Kulturaus- schussobmann zu bedenken, dass der Ausschuss eine reine Formalität sei, innerhalb derer nicht fruchtbar gearbeitet werden kann. Voraussetzung für ein gelungenes Schaffen innerhalb des Gremiums sind natürlich Menschen, die sich für die Materie interessieren und kulturelle Ver- anstaltungen besuchen. Immerhin sind es die Mitglieder, die über die Förderung von Kultur- schaffenden, Veranstaltungsprogrammen und Schwerpunktsetzungen entscheiden. Eine ein- deutige Grenze zwischen den Kompetenzen des Gemeinderats, des Ausschusses und der Ver- waltung kann nicht allgemein gültig gezogen werden, da sich dies auf die jeweiligen örtlichen Umstände sowie Traditionen bezieht.141

Im Falle, dass ein Kulturausschuss in den untersuchten Gemeinden vorhanden war, wurde der Obmann/die Obfrau zu den kulturellen Ambitionen in der Gemeinde befragt. Ansonsten wurde der Bürgermeister zu Rate gezogen. Da uneingeschränkt kleinstrukturierte Kommunen aus dem

139 Vgl. Heinrichs (1999), S. 60-66. 140 Heinrichs (1999), S. 79. 141 Vgl. Heinrichs (1999), S. 78-81. und Fallend et al. (2001), S. 46f. online unter: WWW: demokratiezent- rum.org (Zugriff: 28.4.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 51 ländlichen Raum Kärntens zu Untersuchungszwecken ausgewählt worden sind, konnte das Ge- spräch mit einer verantwortlichen Person ausreichend Aufschluss über die jeweiligen kulturpo- litischen Ambitionen geben. In Summe waren die Gespräche mit den Bürgermeistern auf- schlussreicher, zumal sie auf Grund ihrer Funktion einen umfangreicheren Überblick über die Gesamtsituation der Gemeinde darstellen konnten.

2.2.1. Herausforderungen & Aufgaben kommunaler Kulturarbeit

Eine Besonderheit der Kulturarbeit in der Peripherie ist, wie Thallmair feststellt, das Engage- ment der Ortsansässigen und die Bereitschaft, selbst einen Beitrag zu leisten. Die Aufgabe der Kommunalpolitiker ist es, wie aus den Interviews und der Literatur hervorgegangen ist, die notwendigen Voraussetzungen zu etablieren und unterstützend einzugreifen. Weil insbesondere finanzielle Ressourcen in verhältnismäßig kleineren Gemeinden knapp sind, sollte das politisch administrative System im Rahmen des vorhandenen Handlungsspielraumes für ein vielfältiges und ausgeglichenes Kulturangebot sorgen.142 Die Aufgaben der kulturpolitischen Entschei- dungsträger lassen sich also in drei Hauptpunkte untergliedern:143 • vorhandene kulturelle Einrichtungen und Angebote einer Region fördern und Kultur- und Kunstschaffende unterstützen (finanziell, materiell, personell – z.B. ermäßigte Miete bei den Räumlichkeiten, Personal für Reinigungs- und Aufbauarbeiten zur Ver- fügung stellen usw.) • falls keine öffentlichen Kultureinrichtungen vorhanden sind, kulturelle Nahversorgung durch Kooperationen und Partnerschaften, Gastspiele oder andere mobile Angebote er- möglichen (z.B. Kooperation mit dem mobilen Theaterwagen des Ensembles Porcia) • kulturelle Bildung von Jugendlichen, Kindern und Erwachsenen fördern (z.B. Vermitt- lung von Kunst und Kultur in Musikschulen, soziokulturellen Zentren, Bibliotheken, Volkshochschule etc.)

Die Gestaltung des kulturellen Lebens in ländlichen Gemeinden wird demzufolge stark von der partizipierenden einheimischen Bevölkerung determiniert. Das ist insofern als problematisch zu erachten, da viele Kommunen in ruralen Gebieten mit der Abwanderung konfrontiert sind und schrumpfen. Die Mehrzahl der interviewten Personen gaben an, dass die Landflucht ein prekärer Aspekt in der Gemeindepolitik ist. Eine große Anzahl der ortsansässigen Jugendlichen

142 Vgl. Thallmair (1994), S. 23-25. 143 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (2013), S. 13., (online)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 52 verlassen die Heimat, da Schul- und Ausbildungsstätten sowie adäquate Arbeitsplätze und Zu- kunftschancen fehlen: Höher bildende Schulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten befinden sich in urbanen Zentren wie Klagenfurt, Villach, Spittal oder Lienz, das Studium wird oft in Graz oder Wien absolviert – die Entfernung zu den oft abgelegenen Heimatgemeinden ist groß und viele junge Menschen kehren nicht mehr zurück, da am Studienplatz Jobs vorhanden sind.

Daraus resultiert, laut Weber, dass in ländlichen Regionen tendenziell weniger Menschen mit einer höheren Ausbildung wohnen, was in einer Wissensgesell- schaft als problematisch anzusehen ist.144 „Um zu verhindern, dass junge Menschen abwandern, müssen wir es schaffen, ein Mindestniveau an sozialen, kulturellen, bildungstechnischen Angeboten auch in den entferntesten Regionen zu gewährleis- ten“145, so der für Raumordnung verantwortliche Tiroler Landesrat Johannes Tratter.

Ein Bevölkerungsrückgang bei steigender Lebenserwartung und daraus resultierend eine Über- alterung der Gesellschaft impliziert ein zukünftiges stagnierendes Erwerbspotenzial und er- höhte Ausgaben im Gesundheits- und Sozialbereich. Die wachsende Heterogenität durch Mig- ration und Zuwanderung verlangt darüber hinaus nach verstärkten Integrationsmaßnahmen.146

Auch die Kulturarbeit muss diese Veränderungen berücksichtigen, da der kulturelle Sektor vom demographischen Wandel nicht unverschont bleibt. Dreyer und Hübl147 skizzieren, dass das vor allem Auswirkungen auf drei elementare Aspekte der Kulturarbeit hat – gemeint sind die Fi- nanzierung, die Zielgruppe und die kulturelle Bildung. • Die Finanzierung ist insofern betroffen, als dass ein Bevölkerungsrückgang mit Steuerein- bußen einhergeht und die schrumpfenden Kassen der öffentlichen Hand zusätzlich belastet. Je weniger Bewohner in den Gemeinden leben, desto geringer sind die Einnahmen der Kommunen. Direkte Auswirkungen werden infolge rückläufiger Besucherzahlen evident. • Eine Veränderung in der Bevölkerungsstruktur bedeutet gleichzeitig eine Veränderung der traditionellen Publikumsstrukturen. Aus Migrationsbewegungen und der Überalterung geht eine sich verändernde (potenzielle) Zielgruppe mit neuen und anderen Ansprüchen hervor. Um die Bedürfnisse der Nutzer Bescheid zu wissen, sollte für Kulturanbieter immer ein Thema sein – der demographische Wandel verleiht diesem Aspekt Nachdruck. • Die kulturelle Bildung hat speziell im Zusammenhang mit Kindern und Jugendlichen einen besonderen Stellenwert. Damit Erwachsene zu aktiven Kulturnutzern werden, muss der Grundstein in jungen Jahren gesetzt werden. Sind Kulturanbieter nicht dazu in der Lage, den Nachwuchs für kulturelle Aktivitäten zu begeistern, fehlen in Zukunft nicht nur Nutzer,

144 Vgl. Weber (2010), 10. 145 Tiroler Tageszeitung, 16.8.2012, zitiert nach: TKI (2012), online, S. 13. 146 Vgl. Schreyer (2007), S. 326f. 147 Vgl. Dreyer, Hübl (2010)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 53

sondern auch die Akteure selbst, wenn man bedenkt, dass in ländlichen Gebieten der Groß- teil der Kulturarbeit von den Bewohnern selbst erledigt wird.148 Deshalb werden strategi- sche Handlungsweisen, die darauf ausgerichtet sind, das Interesse und Potenzial der jünge- ren Generation zu wecken forciert. Beispielsweise gibt es in Obervellach eine Kooperation zwischen der Trachtenkapelle, der Volks- und Musikschule: Jedes Schulkind bekommt die Möglichkeit in einem organisierten und lernenden Umfeld das Spielen eines Blasinstrumen- tes zu lernen. In Gnesau und Obervellach fährt man regelmäßig mit den Volksschulkindern ins Stadttheater. Heinrichs bekräftigt diesbezüglich, dass das Bereitstellen einer permanenten kulturellen Bil- dung neben der herkömmlichen Schulbildung ein relevantes, aber zu wenig beachtetes Arbeits- gebiet der öffentlichen Hand ist: Eine Integration der „Künste“ in den Unterricht und die Aus- bildung ist die Basis für die Nachfrage nach Kunst, Theater, Literatur, Tanz etc.149

2.2.2. Best Practice Beispiel: Künstlerstadt Gmünd

Viele Kleinstädte und Landgemeinden sind mit strukturellem Problemen konfrontiert – nichts- destoweniger kann kulturelle Produktivität grundsätzlich überall entstehen, wo kreatives Po- tenzial und Ressourcen vorhanden sind. Wie Quenzel und Lottermann ausführen, ist die ver- dichtete Ansammlung von Menschen noch kein Garant für einen dynamischen und kreativen Schöpfergeist – das Schlüsselkonzept lautet Vielfalt, die für heterogene Anregungen, Abwechs- lung und Irritation sorgt.150 Veranschaulicht wird diese Theorie beispielsweise in Gmünd, einer 3000-Seelen-Stadtgemeinde im Kärntner Liesertal. Die Tauernstadt konnte sich durch kontinu- ierliche und professionelle Kulturarbeit als die „Kultur- und Künstlerstadt“ in Kärnten etablie- ren. Die gemeinnützige Kulturinitiative Gmünd, die im Jahr 1991 gegründet worden ist, hat maßgeblich zur positiven und nachhaltigen Entwicklung und Belebung der Stadtgemeinde bzw. der Region insgesamt beigetragen.151 „Durch das offene Miteinander, das Vertrauen und ein gehöriges Maß an Mut zur Gestaltung und Veränderung bleibt die Stadt lebendig und lädt das ganze Jahr über ein, Kunst, Kulinarik, Gastlichkeit, Kultur, Brauchtum und Traditionelles zu genießen und konsumieren,“152 so Josef Jury, Bürgermeister der Stadtgemeinde. Die Gründerin der Initiative Dr. Erika Schuster

148 Vgl. Dreyer/Hübl (2010), S. 10f. 149 Vgl. Heinrichs (2006), S. 282f. 150 Vgl. Lottermann/Quenzel (2009), S. 15. 151 Vgl. Homepage Stadtgemeinde Gmünd, online unter: http://www.stadtgmuend.at/de/kunstlerstadt/kuenst- lerstadt-gmuend.html (Zugriff: 8.5.18) 152 Josef Jury, Homepage der Stadtgemeinde Gmünd, online (Zugriff: 19.5.2018)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 54 betont in ihrem Vortrag zur Nachhaltigkeitskonferenz 2011, dass Gmünd den typischen regio- nalen und lokalen Strukturproblemen einer Gemeinde, abseits von urbanen Zentren, ausgesetzt war: dünne Besiedelung, Arbeitslosigkeit und Auspendeln, Bevölkerungsabwanderung und Stadtkernentleerung. Die bewusste Entscheidung dafür, zeitgenössische bildende Kunst als Schwerpunkt und Mehrwert für die Stadt- und Regionalentwicklung zu nutzen, hat die Gesamt- situation von Gmünd verbessert, trotz anhaltender struktureller Problematiken, mit denen viele rurale Regionen konfrontiert sind. Dadurch, dass in Gmünd kaum Industrie oder Großbetriebe angesiedelt sind, ist die Anzahl der Arbeitsplätze knapp und gut ausgebildete junge Menschen wandern ab, auch das Einkommensniveau ist niedrig. Mit der Erstellung eines professionellen Entwicklungskonzeptes konnten etliche kulturell relevante Maßnahmen verwirklicht werden. Dazu zählen die Revitalisierung alter und leerstehender Gemäuer, um Ateliers, Künstlerwoh- nungen und Hausgalerien zu schaffen sowie die Organisation offener Ausstellungen, Skulp- turengärten, Kunst- und Handwerksmärkte uvm. Die erfolgreiche Kunstvermittlung wurde vom Stadtmarketing aufgegriffen: Heute ist die „Künstlerstadt Gmünd“ eine Marke mit Alleinstel- lungsmerkmal, liefert das umfangreichste Kulturangebot im Raum Oberkärnten, ist über die Landesgrenzen hinaus bekannt und wird von internationalen Kulturtouristen aufgesucht. Schus- ter akzentuiert des Weiteren, dass sich durch den steigenden Bekanntheitsgrad und den positi- ven Imagetransfer der Tagestourismus und somit die Wertschöpfung der heimischen Betriebe, die Lebensqualität und die Identifikation der Bürger mit der Heimatgemeinde deutlich erhöht haben. Um die Stadt abseits von Ballungszentren als anerkannte Kulturmarke zu positionieren und einheitlich nach außen hin aufzutreten, müssen viele Faktoren langfristig zusammenspie- len: Die einheimische Bevölkerung, die Stadtgemeinde, die heimischen Betriebe und die Kul- turschaffenden müssen an einem Strang ziehen. Weitere federführende Aspekte für die erfolg- reiche Kulturarbeit in Gmünd sind, laut Schuster, folgende Ansatzpunkte: 153 • die Einrichtung eines offenen Kulturbüros als Anlaufstelle für alle kulturellen Belange in der Stadtgemeinde Gmünd • die finanzielle Absicherung des Trägervereins (KI Gmünd) und die Ermöglichung profes- sioneller Kulturarbeit • die Schritt-für-Schritt-Taktik in der Umsetzung • die Schaffung von Akzeptanz sowohl bei der lokalen Politik als auch in der Bevölkerung • die Herstellung von Vielfalt im künstlerischen/kulturellen Angebot • ein gleichbleibender und hoher Qualitätsanspruch • Begeisterung, Visionen und Durchhaltevermögen

153 Vgl. Schuster, Erika: Künstlerstadt Gmünd (2011), online unter: (Zugriff: 8.5.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 55

Im Konzept zur Stärkung zeitgenössischer Kulturarbeit in den Regionen, erstellt von den Tiro- ler Kulturinitiativen, werden weitere Exempel für gelungene Kulturarbeit in Österreich ge- nannt. Neben Gmünd zeichnen sich des Weiteren Wörgl und das Land Steiermark aus.154

3. Exemplarische Analyse: Kommunale Kulturarbeit in Kärnten155

Überblick Nachdem ein umfangreicher theoretischer Einblick in die Kulturarbeit im Allgemeinen samt vielseitiger Aspekte gewährt wurde, soll nun der Schwerpunkt auf die empirische Analyse ge- legt werden. Wie einleitend erläutert worden ist, wurden zehn Kulturverantwortliche aus Ge- meinden im ländlichen Raum in Kärnten zum jeweiligen kulturellen Engagement befragt. Das Experteninterview orientierte sich zwar an einem Leitfaden, ließ aber genügend Spielraum, um auf individuelle Besonderheiten einzugehen. Die Untersuchungsobjekte befinden sich in ver- schiedenen Regionen und Tälern des Bundeslandes, womit unterschiedliche geographische, strukturelle und gesellschaftliche Facetten einhergehen. Zum besseren Verständnis und im Vor- haben, einen multidimensionalen Vergleich auszuarbeiten, ist es sinnvoll, vorerst die allgemei- nen Charakteristika und Grundvoraussetzungen der Gemeinden aufzuzeigen.

Interviewpartner – Untersuchungsobjekte Um eine ausführliche Darstellung der kulturellen Situation in den untersuchten ländlichen Ge- meinden zu erhalten, wurde entweder der Bürgermeister oder der Obmann bzw. die Obfrau des Kulturausschusses zu Rate gezogen. Insgesamt sind sechs Bürgermeister und vier Obleute der Ausschüsse interviewt worden. Untersuchungsobjekte waren die Gemeinden Obervellach, Köt- schach-Mauthen, , Gnesau, Ossiach, Rosegg, Maria-Saal, Hüttenberg, Griffen und Eisenkappel-Vellach. Ausschlaggebend für die Auswahl waren drei Kriterien: Die Kom- munen sollten sich in unterschiedlichen Gebieten und nicht zu nahe aneinander gelegen befin- den, um eine möglichst umfassende Darstellung zu generieren, die sich auf das ganze Bundes- land umlegen lässt. Des Weiteren durfte die Gemeinde nicht die Bezeichnung „Stadt“ tragen, was im weiteren Sinne bedeutet, eine Bevölkerungsdichte von 150 Bewohnern je Quadratkilo- meter nicht zu übersteigen, um somit, laut OECD156 als ländlich klassifiziert zu werden.

154 Vgl. dazu ausführlich TKI (2012), online 155 Sofern keine andere Quelle angegeben, sind die Informationen Ergebnisse der durchgeführten Untersuchung. 156 Vgl. Dax et al. (2008), S. 4ff.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 56

Auch kann aus der Bezeichnung „Marktgemeinde“ kein Rückschluss auf die Einwohnerzahl oder andere statistische Daten gezogen werden. Eine Marktgemeinde kann 16.000 oder 1.000 Bewohner zählen – eine Betitelung als solche ist meist historischen Ursprungs und wird in den Landesgesetzen der Bundesländer geregelt.157

Fragebogen Im Vorfeld der Expertengespräche wurde ein Leitfaden erstellt, anhand dessen die Interviews durchgeführt worden sind. Damit die Ergebnisse miteinander verglichen werden können, wur- den alle Kulturverantwortlichen mit denselben Fragestellungen konfrontiert. In Abhängigkeit von den örtlichen Gegebenheiten und dem Vorwissen, welches sich aus Recherchearbeiten ergab, wurden diverse Adaptierungen des Fragebogens vorgenommen. In den Gesprächen wurden zu Beginn allgemeine Eckdaten zu den Gemeinden (Bevölkerungs- dichte, Altersstruktur der Bewohner, örtliche Besonderheiten, vorhandene Ressourcen) und charakterisierende Elemente besprochen, um eine Querschnitt zu generieren. In einem nächsten Schritt wurden die Einschätzungen der Kulturverantwortlichen hinsichtlich diverser Vor- und Nachteile des Lebens in ländlichen Strukturen eruiert. Weiters war von Belang, welche kultu- rellen Angebote in den Kommunen vorhanden sind bzw. wie das kulturelle Treiben organisiert ist. Ansonsten war Thema, inwieweit Rahmenbedingungen von den politischen Entscheidungs- trägern vor Ort geschaffen und beeinflusst werden respektive wie und in welchem Maß die Kulturarbeit unterstützt und gefördert wird. Kommunalpolitische Ziele, überregionale Koope- rationen sowie mehrwertschaffende Aspekte, die mit Kulturarbeit einhergehen können der wirt- schaftliche Nutzen von Kultur, waren genauso Diskussionsgegenstand wie Kultur als Identi- tätsstifter. Relevant war desgleichen, wie die Kulturpolitik innerhalb der Gemeinde gehandhabt wird und wie Publikumsstrukturen aussehen.

Ablauf Die Aufbereitung der Interviews erfolgt, wie zu Beginn erläutert worden ist, anhand eines qua- litativen Vergleichs. Aus den Gesprächen konnten Schlüsselkategorien abgeleitet werden, auf deren Basis eine Gegenüberstellung angestellt wurde. Fundamentale Rubriken, die dahinge- hend herausgefiltert worden sind, sind: „Kultur als wirtschaftlicher Faktor“, „Kultur und regi- onale Wertschöpfung“ bzw. „Kultur und Gesellschaft“. In einem nächsten Schritt wird auf Handlungsempfehlungen eingegangen.

157 Vgl. Homepage Austria Forum, online unter: https://austria-forum.org/af/AustriaWiki/Gemeinde_(Österreich) (Zugriff: 5.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 57

3.1. Charakteristika der Forschungselemente

3.1.1. „Hard facts“

Obervellach Der Luft- und Schrotkurort Obervellach ist Nationalparkgemeinde der Hohen Tauern und liegt im Zentrum des mittleren Mölltals. Die Marktgemeinde liegt südlich des Tauernhauptkammes und umfasst auf einer Fläche von 104,41 km2 19 Ortschaften und 4 Kastralgemeinden. Land- wirtschaftliche Flächen, Wälder und Hochgebirge zeichnen das Landschaftsbild aus. Die Be- völkerungsanzahl beläuft sich auf 2.345 Personen (Stand: 1.01.2015), woraus sich eine Bevöl- kerungsdichte von rund 22 Einwohner je km2 ergibt. Obervellach ist sowohl von Winter- als auch von Sommertourismus geprägt, im Ort gibt es über 100 Gewerbe-, Dienstleistungs- und Tourismusbetriebe, die einen fundamentalen Beitrag zu Wirtschaftsleistung des mittleren Möll- tales leisten. Innerhalb der letzten Jahre konnte die Infrastruktur in Obervellach erheblich aus- gebaut werden und umfasst neben der medizinischen Versorgung (praktischer Arzt und Zahn- arzt, Rot-Kreuz-Ortsstelle), Altenwohn- und Pflegeheim auch ein Schulzentrum (Kindergarten, Volksschule, Neue Mittelschule, Musikschule, Volkshochschule).158

Kötschach-Mauthen Zwischen den Gailtaler und Karnischen Alpen gelegen, befindet sich die Gailtaler Marktge- meinde Kötschach-Mauthen, die den Übergang ins Lesachtal markiert. Der heilklimatische Kurort liegt auf rund 710 Metern Seehöhe und umfasst eine Bevölkerungsanzahl von 3.438 Bewohnern (Stand: 01.01.2017), die auf 154,91 km2 leben. Die daraus resultierende Dichte liegt, wie in Obervellach, bei rund 22 Einwohnern je km2, obwohl die Gesamtfläche erheblich größer ist. Die Flächengemeinde umfasst 31 Ortschaften, u.a. das „Bergsteigerdorf Mauthen“, welches seit 2011 diesen Titel tragen darf. Die Marke „Bergsteigerdorf“ ist ein Synonym für sanften und nachhaltigen Alpintourismus bei gleichzeitigem professionellem Angebot für Bergsteiger, Wanderer und Naturliebhaber. Im Allgemeinen sind Bergsteigerdörfer durch eine mustergültige Landschafts- und Umweltqualität charakterisiert, was in vielerlei Hinsicht form- gebend für das gesamte Gemeindegebiet ist. Von Kötschach-Mauthen aus erreicht man den Plöckenpass, von wo aus man ins italienische Friaul gelangt. Bedeutungsvoll für die Region ist demnach der Tourismus, die Gastronomie, aber auch die Holzverarbeitung. 159

158 Vgl. Homepage Gemeinde Obervellach, online unter: http://www.obervellach.gv.at/uberdiegemeinde/da- tenundfakten.html (Zugriff: 1.6.18) 159 Vgl. Homepage Gemeinde Kötschach-Mauthen, online unter: https://koetschach-mauthen.gv.at (Zu-

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 58

Baldramsdorf Baldramsdorf ist eine Gemeinde mit 1.827 Einwohnern (Stand: 01.01.18) und kann im Süden des Lurnfeldes lokalisiert werden. Das Gemeindegebiet erstreckt sich über 37,98 km2 und liegt nahe der Bezirkshauptstadt Spittal an der Drau, eine Tatsache, die auf das Leben in der Ge- meinde stark einwirkt. Baldramsdorf liegt am Fuße des Sportberges Goldecks, einem beliebten Ausflugsziel während der Sommer- und Wintersaison.160

Gnesau Die familien- und seniorenfreundliche Gemeinde Gnesau liegt im Oberen Gurktal, eingebettet in den Gurktaler Alpen und den Bergen des Biosphärenparks Nockberge. Die rund 1.000 Ein- wohner leben in einer naturbelassenen Umgebung auf 1.000 Metern Seehöhe. Mit einer Bevöl- kerungsdichte von 13 Einwohnern je km2 weist die „Holzstraßengemeinde“ den geringsten Wert der Untersuchungsobjekte auf. Die Land- und Forstwirtschaft bzw. die Herausentwick- lung des Fremdenverkehrs sind wichtige Eckpfeiler in der Gemeinde.161

Ossiach Die Gemeinde Ossiach erlangte als Austragungsort des Carinthischen Sommers und Standort der Carinthischen Musikakademie in und außerhalb des Landes einen hohen Bekanntheitsgrad. Die Geschichte der 777-Seelen-Gemeinde am Ufer des Ossiacher Sees ist seit jeher durch das Stift Ossiach, die älteste benediktinische Klosterkirche in Kärnten, geprägt. Seitdem sich der Sommerfrische-Tourismus im 19. Jahrhundert entwickelte, ist der 17,37 km2 große Ort zu einer Fremdenverkehrsgemeinde geworden (Bevölkerungsdichte: 45 Einwohner je km2).162 Zuletzt richtete die Öffentlichkeit bei der Diskussion rund um ein Flüchtlingsheim ihre Aufmerksam- keit auf Ossiach. Eine Thematik, die das Leben und die Organisation in der Gemeinde heraus- gefordert hat.

Rosegg Am westlichen Ende des Rosentales, zwischen dem Wörther- und Faaker See, liegt die Markt- gemeinde Rosegg. Die 19,17 km2 große Gemeinde gliedert sich in drei Kastralgemeinden und

griff:1.6.18) und Homepage Tourismusverein Kötschach-Mauthen, online unter: https://www.ko- emau.com/show_content.php?sid=363 (Zugriff: 1.6.18) 160 Vgl. Homepage Gemeinde Baldramsdorf, online unter: http://www.baldramsdorf.gv.at/uberdiegemeinde.html (Zugriff: 1.6.18) 161 Vgl. Homepage Gemeinde Gnesau, online unter: http://www.gnesau.at/uber-die-gemeinde/chronik-wappen- pfarrkirchen.html (Zugriff: 1.6.18) 162 Vgl. Homepage Gemeinde Ossiach, online unter: http://www.ossiach.gv.at/sys- tem/web/default.aspx?menuonr=219908038 (Zugriff: 1.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 59 zählt 1.824 Bewohner, das entspricht einer Bevölkerungsdichte von 95 Einwohnern je km2. Sowohl die Geschichte Roseggs als auch Gegenwart ist stark von den archäologischen Funden der hallstattzeitlichen Gräberfelder in Frög geformt. Das heutige Gemeindegebiet war schon vor rund 3.000 Jahren besiedelt – das Gräberfeld von Frög ist das zweitgrößte in Österreich (nach Hallstatt). Heute ist das Hügelgräberfeld in der „Keltenwelt Frög“ zu begutachten. Etwa 6% der Bevölkerung in Rosegg gehören der slowenischen Volksgruppe an. Die Zweisprachig- keit war im Laufe der Geschichte ein weiterer bestimmender Faktor. Slowenisch ist heute als Amtssprache zugelassen.

Maria-Saal Inmitten des Zollfeldes, wenige Kilometer nördlich der Landeshauptstadt Klagenfurt, liegt die geschichtsträchtige Marktgemeinde Maria-Saal. Mit einer Einwohnerdichte von 110 Bewoh- nern je km2 weist der Wallfahrtsort die größte Dichte der untersuchten Objekte auf. Maria-Saal ist von archäologischen Ausgrabungsstätten geprägt: Auf dem Gemeindegebiet im Zollfeld be- fand sich um 15 v. Chr. Virunum, die römische Hauptstadt der Provinz Noricum. Außerdem locken die Marienkirche, der Maria-Saaler Dom, jährlich Tausende Wallfahrer in den 34,9 km2 großen Ort. Für Frequenz sorgt ebenso das älteste Freilichtmuseum Österreichs.163

Hüttenberg Hüttenberg, eine ehemalige Bergbaugemeinde mit langer Tradition, befindet sich im oberen Görtschitztal. Etwa 1.500 Einwohner leben auf einer Fläche von 134, 52 km2, was einer Bevöl- kerungsdichte von 11 Bewohnern pro km2 entspricht. Die Marktgemeinde gehört dem Regio- nalverein Norische Region an, der „die Region ökonomisch und ökologisch stärken und die vorhandenen Ressourcen für nachfolgende Generationen erhalten will“164. Außerdem steht das harmonische Zusammenspiel von Kultur und Tradition im Fokus, was das Leben und Arbeiten in der Kommune beeinflusst. Hüttenberg ist insbesondere durch den Erzberg bekannt, wo seit der Antike bis ins 20. Jahrhundert das „norische Eisen“ abgebaut worden ist. Charakteristisch für den Ort ist außerdem die Verbindung zu dem Forschungsreisenden Heinrich Harrer, der in Hüttenberg geboren worden ist und einen engen Kontakt zwischen der Gemeinde und der tibe- tischen Kultur hergestellt hat.165

163 Vgl. Homepage Gemeinde Maria-Saal, online unter: http://www.mariasaal.at/default.aspx?SIid=10&LAID=1 (Zugriff: 2.6.18) 164 Homepage Gemeinde Hüttenberg, online unter: http://www.huettenberg.at/marktgemeinde-huettenberg (Zu- griff: 2.6.18) 165 Vgl. Homepage Gemeinde Hüttenberg (Zugriff: 2.6.18), online

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 60

Griffen Die Marktgemeinde Griffen ist eines der ältesten Siedlungsgebiete Kärntens, wie archäologi- sche Funde der Griffener Tropfsteinhöhle zeigen. Bereits vor mehr als 20.000 Jahren waren Menschen auf dem heutigen Gemeindegebiet ansässig. Heute leben knapp 4.000 Einwohner in der flächenmäßig 74,86 km2 großen Gemeinde (Bevölkerungsdichte von 47 Einwohnern je km2). Seit der Einwanderung der Slawen ab dem Ende des 6. Jahrhunderts, ist die Kulturge- schichte Griffens eng mit der slowenischen verbunden – der historische slowenische „Jauntaler Dialekt“ ist Zeuge dieser Nahtstelle. Die Burgruine Griffen sowie die Tropfsteinhöhle sind be- deutende Sehenswürdigkeiten der Ortschaft. Daneben wurde einer der bekanntesten zeitgenös- sischen österreichischen Autoren, Peter Handke, in Altenmarkt (Stara Vas) bei Griffen gebo- ren.166

Eisenkappel-Vellach Der südlichste Punkt Österreichs liegt in Eisenkappel-Vellach - das Gemeindezentrum ist der Kur- und Luftkurort Bad Eisenkappel (der einzige in Kärnten). Die Gemeinde zählt um die 2.500 Einwohner der deutsch- und slowenischsprachigen Volksgruppe. Deutschsprachige Kärntner und Kärntner Slowenen haben über Jahrhunderte in Bad Eisenkappel zusammenge- lebt, bis es im Zweiten Weltkrieg zu einer Spaltung kam (Widerstandskämpfer der Partisanen und Anhänger des Nationalsozialismus). Der Disput hat damals zu Verrat, Verschleppung und Mord geführt und die Aufarbeitung der historischen Ereignisse beeinflusst das Zusammenleben bis zum heutigen Tag.167 Zahlreiche Relikte aus der Zeit und bekannte Persönlichkeiten, die aus Bad Eisenkappel stammen und sich mit dieser Thematik eingehend befasst haben, werden mit der Marktgemeinde im Bezirk Völkermarkt assoziiert. Wie in allen Kärntner Gemeinden, in denen die slowenische Sprache als Mutter- oder Um- gangssprache fungiert, sind slowenische Kulturvereine Teil des örtlichen Kulturlebens. Primär wird in diesen intendiert, die slowenische Sprache und Kultur zu vermitteln. Laut IG KIKK gaben im Rahmen der Untersuchung zur Situation der Kulturinitiativen in Kärnten 38% der befragen Institutionen an, ihr Betätigungsfeld im Kontext der slowenischen Kultur zu veror- ten.168

166 Vgl. Homepage Gemeinde Griffen, online unter: http://www.griffen.gv.at/GEMEINDEAMT/Allgemeines (Zugriff: 2.6.18) 167 Vgl. Beer, Romana: Als aus Nachbarn Feinde wurden, vom 15.5.15, online unter: http://orf.at/sto- ries/2278485/2278486/ (Zugriff: 2.6.18) 168 Vgl. IG KIKK (2014), S. 42.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 61

3.1.2. Kulturangebot im ländlichen Raum169

Entgegen der anfänglichen Hypothese konnte festgestellt werden, dass ländliche Räume und Kulturarbeit per se grundsätzlich nicht in einem Spannungsverhältnis zueinanderstehen. Wenn man sich ein detailliertes Bild über die existente kulturelle Betätigung in den untersuchten Kommunen macht, fällt auf, dass die Praxisfelder der kommunalen Kulturarbeit in den Regio- nen sehr heterogen sind, was auf vielfältige Weise evident wird. Um im nächsten Schritt eine vergleichende Analyse anzustellen, ist es zunächst essentiell, die vorhandenen kulturellen Kontexte, Potenziale und Besonderheiten in den Gemeinden zu be- leuchten. Dafür ist es sinnvoll, eine Differenzierung der Kulturarbeit, in „zeitgenössische“ und „volkstümliche“ Arbeitsfelder vorzunehmen. Neben aktiven Leistungen sind es die Architek- tur, Relikte, Ausgrabungen, natürliche Gegebenheiten und historisch Gewachsenes, was sich auf das kulturelle Potenzial der Gemeinde auswirkt.

Bevor darauf eingegangen werden kann, wie sich die kulturelle Produktivität im ländlichen Raum Kärntens gestaltet, muss vorab beleuchtet werden, was die Verantwortungsträger in den Gemeinden unter Kulturarbeit verstehen bzw. von welcher Begriffsbestimmung sie ausgehen. Da die kommunale Politik maßgeblichen Einfluss auf das örtliche Kulturschaffen nimmt, ist das jeweilige Kulturverständnis als tonangebende Gesprächsbasis anzusehen. Es hat sich herauskristallisiert, dass in sämtlichen Orten, die beleuchtet worden sind, ein weites Kulturverständnis als Ausgangspunkt für die Kulturarbeit dient. Zoppoth begründet das bei- spielsweise damit, dass je weiter das Begriffsverständnis ausgelegt ist, desto produktiver die Gestaltung der kommunalen Kulturarbeit ist, weil Vereine und Gruppen sich frei und nach ei- genem Gutdünken entwickeln können.170 „Es ist fruchtbarer, wenn die Tore offengehalten werden. Wir, als öffentliche Hand geben sehr wenig bzw. gar nichts vor. (...) wir unterstützen sie dabei im Rahmen unserer Möglichkeiten“.171

Ofner vergleicht die Kultur hingegen mit einem bunten Blumenstrauß, den man ganzheitlich betrachtet. Bestünde ein solcher ausschließlich aus einer oder wenigen Komponenten, würde er das als einfallslos und uninteressant betrachten. „Ich möchte die Kultur nicht in Kategorien einteilen, sondern in einer Gesamtheit sehen. Ich bin sehr froh und dankbar, ein derart vielfältiges Kulturangebot in Hüttenberg zu haben“.172

In Rosegg und Bad Eisenkappel hat vor allem die Zweisprachigkeit auf eine breit gefächerte

169 Die Einteilung des Kulturangebotes orientiert sich an, Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbrau- cherschutz Baden-Württemberg (2013), (online) 170 Vgl. Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 171 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 172 Interview Ofner (Hüttenberg)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 62

Kulturdefinition eingewirkt. In Gnesau, Obervellach und Baldramsdorf stehen die Volkskultur und das Brauchtum im Mittelpunkt des Kulturellen. Zeitgenössische Kulturangebote sind nicht bzw. kaum vorhanden, aber grundsätzlich sei man offen, wie die Bürgermeister der Gemeinde hinzufügen. Laut Kulturreferentin Sauerschnig, ist in Griffen dann von Kultur die Rede, wenn Bürger Kre- ativität auf irgendeine Art ausleben und das gesellschaftlichen Leben in der Gemeinde mitprä- gen. Sei es nun die Trachtengruppe oder im ganz kleinen Rahmen die Tagesmutter, die ihre Schützlinge auf eine bestimme Weise erzieht und prägt, oder eine Familienwanderung, die ge- nerationenübergreifend wirken soll.173 „Kultur beginnt innerhalb der Familie mit der Erziehung und der Kultur des Miteinanders. (...) Kultur ist für mich nicht nur Handke, Vernissagen etc. Kultur ist für mich als Repräsentantin der Gemeinde kunter- bunt und breit gefächert.“174

Gleicher Auffassung ist Stampfer, der hierauf Bezug nehmend das Zusammenleben zwischen Jung und Alt hervorhebt: „(...) das ist auch eine Sache der Kultur – wie geht man mit den Mitmenschen um, wie gehen Jung und Alt miteinander um? Das ist etwas, das mir bei uns in der Gemeinde gefällt. Wir leben in einer Gesell- schaft – das ist gelebte Kultur.175

Dieses Ergebnis deckt sich mit der in der Literatur vorgeschlagenen Verfahrensweise, wo fest- gehalten wird, dass Gemeinden empfohlen wird, einen weiten Rahmen als Voraussetzung für die kulturelle Betätigung der Bürger zu schaffen.176 Wie dieser Rahmen aussehen kann, welche Funktionen er übernimmt und wie er gestaltet wird, wird im Kapitel zur Organisation der Kul- turarbeit/Kulturpolitik näher erläutert. Zunächst erfolgt eine Betrachtung des kulturellen Profils der Untersuchungsgemeinden.

3.1.2.1. Baukulturelles Erbe

Burgen & Schlösser Relevante kultur- und kunsthistorische Relikte wie Burgen und Schlösser ermöglichen der All- gemeinheit einen unmittelbaren Zugang zur Historie am Originalschauplatz. Des Weiteren sind sie als Wahrzeichen, wie Steinecke betont, charakteristische Bestandteile einer ortsspezifischen Kulturlandschaft und populäre Ausflugsziele.177 Die Burgruine Griffen, das Schloss Ortenburg in Baldramsdorf, oder das Schloss in Rosegg können diesbezüglich als Beispiele angeführt wer-

173 Vgl. Interview Sauerschnig (Griffen) 174 Interview Sauerschnig (Griffen) 175 Interview Stampfer (Gnesau) 176 Vgl. Thallmair (1994), S. 26. 177 Vgl. Steinecke (2007), S. 71f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 63 den. Gemein haben sie im Übrigen, dass sie, neben ihrer Funktion als charakteristisches Kul- turgut an sich, einen Zusatznutzen aufweisen. Das Schloss Ortenburg beheimatet das erste Kärntner Handwerksmuseum, das ein Wachsfigurenkabinett und die mittelal- terliche Burgruine Griffen eine Peter Handke Ausstellung, worauf in einem späteren Kapitel näher eingegangen wird.

Kirchen Nicht nur Kärnten, sondern der gesamte europäische Raum ist auf Grund der 2.000 Jahre alten christlichen Tradition von einer immensen Vielzahl an Kirchen und Klöstern übersät. Im All- gemeinen zählen sie mitunter zu den bedeutungsvollsten Attraktionen von Regionen und Städ- ten, so verzeichnet beispielsweise der Kölner Dom jährlich mehr als sechs Millionen Besucher. Anziehend wirken insbesondere die kunst- und kulturhistorischen Merkmale, das oft sehr ein- drucksvolle Raumerlebnis sowie das Inventar. Von Burgen und Schlössern heben sie sich des- halb ab, weil es sich bei ihnen um christliche und sakrale Orte handelt, was u.a. für Pilger einen wichtigen Bezugspunkt darstellt. Das Angebotsspektrum reicht von Führungen, Besichtigun- gen, den Verkauf von Klosterprodukten bis zu Übernachtungsangeboten oder gastronomischen Einrichtungen.178 Im ländlichen Raum nehmen sie darüber hinaus eine elementare Funktion im Vereins- und Dorfleben ein und treten weiters als kulturell-religiöse Dienstleister von Festen und Feiern auf (z.B. Erntedankfest, Firmung, Maria Himmelfahrt) auf, die das kulturelle Jahre- sprogramm prägen. Jegliche der unter die Lupe genommenen Gemeinden im ländlichen Raum Kärntens ist Standort mindestens einer kirchlichen Institution, die u.a. als Veranstalter auftre- ten. Maria Saal beheimatet desgleichen einen Dom und die älteste Kirche Kärntens (in Karn- burg), in Zedlitzdorf (Gemeinde Gnesau) ist das Karmeliter-Kloster Station des Hemma-Pil- gerwegs oder das ehemalige Benediktiner-Kloster in Ossiach.

3.1.2.2. Museen & Ausstellungen

Die Kärntner Museumslandschaft ist mannigfaltig: In Summe präsentieren etwa 50 Museen mit vielfältigen Schwerpunkten ihren Besuchern eine große Bandbreite an Themen. Das Spektrum reicht grundsätzlich von zeitgenössischer österreichischer und internationaler Kunst (z.B. Mu- seum Moderner Kunst, Museum Liaunig, Kunstraum Villach), über vergangene Lebensweisen (z.B. Brauchtumsmuseum, Museum für Volkskultur in Spittal an der Drau, Gailtaler Heimat-

178 Vgl. Steinecke (2007), S. 103f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 64 museum) bis hin zu Natur/Technik (z.B. Bienenerlebnismuseum, Büchsenmacher und Jagdmu- seum, Fischereimuseum) und Sammlungen zur Kulturgeschichte von spezifischen Gebieten (z.B. Amthofmuseum Feldkirchen, Museum im Lavanthaus). Die Mehrheit dieser Institutionen lokalisiert ihren Standort im ländlichen Raum, wobei die Dichte an sich in wirtschaftlich und strukturell stärkeren Gebieten ausgeprägter ist. Darüber hinaus sind Museen in ländlichen Ge- bieten in der Regel kleiner ausgerichtet.179 Das Aufgabengebiet der Erinnerungseinrichtungen jedenfalls ist klar definiert: Sammeln, Bewahren, Forschen und Bilden in wissenschaftlicher oder künstlerischer Hinsicht sind die Basis einer musealen Tätigkeit, deren Ursprünge im Zeit- alter der Aufklärung lokalisiert werden können. Im Rahmen der genannten Aufgabenschwer- punkte sind Museen heute auf spezifische Sammlungsgebiete oder Aufgaben spezialisiert, wie die obige Aufzählung illustrieren sollte.180

Wenn die Museumslandschaft im ländlichen Raum betrachtet wird, werden Freilichtmuseen auf Grund ihrer regionalen Bezugspunkte eine relevante Bedeutung zugeschrieben.

Ein charakteristischer Faktor des ländlichen Raumes ist die Architektur, weil sich in ihr natur- räumliche Tatbestände zeigen. Gebäudeformen und Hofausstattungen sind Indikatoren für Klima, Landnutzungsformen und den sozialen Status der Besitzer. Auf Grund der Transforma- tion von der Agrar- zur Industriegesellschaft, wurden viele traditionelle Gebäude funktionslos - um diese Zeugnisse vergangener Zeiten für künftige Generationen aufrecht zu erhalten, hat man schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts damit begonnen, alte Bauernhäuser und Wirt- schaftsgebäude als anschauliche Freilichtmuseen zu etablieren. Weiters sollte damit eine Pub- likumsschicht fern des klassischen Museumsbesuchers angesprochen werden.181 Per Definition versteht man unter einem „Freilichtmuseum“: „wissenschaftlich geplante und geführte ganzheitliche Darstellungen der Siedlungs-, Bau-, Wohn- und Wirtschaftsformen unter freiem Himmel. Sie dienen gleichermaßen konservatorischen wie auch wissen- schaftlichen und edukativen Zwecken.“182

Die wissenschaftliche Vermittlung der ländlichen Alltagskultur ist desgleichen im Kärntner Freilichtmuseum in Maria Saal zentral. Das regionale Freilichtmuseum hat über die Gemein- degrenzen hinaus einen bedeutungsvollen kulturgeschichtlichen Stellenwert erlangt, zumal es

179 Vgl. Kärnten, offizielles Tourismusportal, Homepage online unter: https://www.kaernten.at/sehenswertes/mu- seen/ (Zugriff: 6.6.18) und Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (2013), S. 48, (online) 180 Vgl. Steinecke (2007), S. 123 und Heinrichs (1999), S. 151. 181 Vgl. Steinecke (2007), S. 225f. 182 Steinecke (2007), S. 226.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 65 das älteste Museum seiner Art in Österreich ist. Das erste Freilichtmuseum in Europa wurde indes bereits im Jahr 1891 in Schweden eröffnet. Das über vier Hektar umfassende Gelände in Maria-Saal öffnete seine Pforten im Jahre 1972. Unterschiedliche bäuerliche Haus- und Hof- formen aus verschiedenen Landesteilen geben eine umfangreiche Einsicht in vergangene Wohn- und Wirtschaftsweisen. Die Abbildung und Anordnung der Bauten erfolgte nach wis- senschaftlich-musealen Grundsätzen und ergeben in sich geschlossene Bilder von klassischen Bauernhoftypen.183 Das Freilichtmuseum ist eine Außenstelle des Landesmuseums für Kärnten und offeriert mancherlei musemspädagogische Angebote wie interaktive Programme für Schü- ler, Themenwanderungen, Familienprogramme oder Spezialführungen zu ausgewählten The- men. Darüber hinaus finden praktische Workshops zu Themen wie „Brotbacken“, „Flachs/Lei- nen“ oder „Korb flechten“ statt, um Kinder an traditionelle Werkzeuge, Gerätschaften und Techniken heranzuführen.184 „Hier zeigt sich der besondere kulturelle Reichtum auch im Alltäglichen, werden in sorgfältig ausgewähl- ten Objekten und Ensembles erst dessen Besonderheiten im Regionalen sichtbar und sollten sie wiederum den Menschen von heute in einer völlig veränderten Zeit zugänglich sein (...)“185

Wie Steinecke feststellt, haben sich Freilichtmuseen im Allgemeinen in den 1980er und 1990er Jahren großer Beliebtheit erfreut. Eine Begeisterung, die im Lauf der letzten Zeit auf Grund vieler Freizeiteinrichtungen, die sich ausschließlich auf die Vermittlung von Spaß- und Erleb- nisbedürfnissen fokussieren, abgeflaut ist. Das Konkurrenzverhältnis zwischen (wissenschaft- lichen) Kultureinrichtungen einerseits und Freizeiteinrichtungen mit einem multioptionalen Angebotsspektrum andererseits, ist grundsätzlich ein Problem in puncto Besucherstrukturen. Nichtsdestoweniger sind Freilichtmuseen auf Grund ihres Standortes, mit dem sie verwurzelt sind, wichtige Elemente des kulturellen Angebotes einer Region und als repräsentative Instru- mente einer Regionalpolitik zu verstehen.186 Ein weiteres Relikt im Zollfeld aus früheren Tagen ist der Herzogstuhl, eines der bekanntesten Rechtsdenkmäler innerhalb des europäischen Raumes, der bei der mittelterlichen Herrschafts- einsetzung von Herzögen in Kärnten eine fundamentale Rolle spielte. Karnburg, Ortsteil des

183 Vgl. Österreich – Das offizielle Tourismusportal, Freilichtmuseen in Österreich, online unter: https://www.austria.info/at/aktivitaten/stadt-und-kultur/museen-in-osterreich/freilichtmuseen (Zugriff: 2.6.18) und Eisner/Moser (1987) S. 3f. 184 Vgl. Homepage Kärntner Freilichtmuseum Maria Saal, online unter: http://www.freilichtmuseum-ma- riasaal.at/schule-museum.htm (Zugriff: 2.6.18) 185 Eisner/Moser (1987), S. 12f. 186 Vgl. Steinecke (2000), S. 228ff.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 66 heutigen Maria Saals, war gegen 600 n. Chr. das politische Zentrum Kärntens – die karolingi- sche Pfarrkirche ist eine der ältesten Kirchen des Landes.187

Ein Freilichtmuseum, das „erwandert“ werden kann befindet sich im Plöckengebiet, inmitten der Bergwelt des Karnischen Kammes. Der Plöckenabschnitt, einst schwer umkämpfter Schau- platz eines Gebirgskrieges und Drehpunkt eines verlustreichen Kampfgeschehens, wurde zum „Freilichtmuseum 1915-1917“ transformiert. Damalige Frontwege sind zu sogenannten „Frie- denswegen“ und Orten der Begegnung umfunktioniert worden. In enger Verbindung dazu be- findet sich das „Museum 1915-1918“ in Kötschach-Mauthen, wo 1.500 historische Fotos, Do- kumente und Exponate die Front vom Ortler bis zur Adria dokumentieren.188

In Hüttenberg ist „die Heft“, eine der größten historischen Eisenwerksanlagen Europas als Frei- lichtmuseum zugänglich. Im Jahr 1995 wurde die Heft unter dem Titel „Grubenhunt und Ofensau“ Gegenstand der Kärntner Landesausstellung. Im Rahmen dieser war keine Nachnut- zung des Objekts geplant - heute ist es deshalb stark in Mitleidenschaft gezogen. Dennoch sieht Ofner großes ungenutztes Potenzial darin, da es sich als imposanter Austragungsort für einen Skulpturenpark oder Veranstaltungen wie ein Bildhauersymposium eignen würde. Im Fokus steht aber, den montanhistorischen Hintergrund zu bewahren.189

In der Keltenwelt Frög in Rosegg wird hingegen die Zeit der Hallstattkultur zum Leben er- weckt. Circa 3.000 Jahre alte Gräberfelder, wertvolle Beigaben und ein europaweit einzigarti- ger Totenwagen aus Blei, die dort gefunden worden sind, liefern Einblicke in (Toten)Kulte, Lebensweisen und Gesellschaftsstrukturen der Kelten. Im Rahmen von Sonderausstellungen in Kooperation mit dem Landesmuseum Kärnten und Aktionstagen mit Fokus auf experimentelle Archäologie soll in dem Freilichtmuseum die Geschichte der Vorfahren präsentiert werden.190

Hervorgehoben werden kann des Weiteren das Handwerksmuseum in Baldramsdorf, das erste seiner Art in Kärnten. Das Museum hat seinen Standort in einem ehemaligen Kloster am Fuße der geschichtsträchtigen Burgruine Ortenburg, ehemaliges Verwaltungszentrum der Kärntner Grafschaft, von der aus die Grafen von Ortenburg über Kärnten und Krain herrschten. Von

187 Vgl. Homepage Kärnten – Offizielles Tourismusportal, online unter: https://www.kaernten.at/sehenswer- tes/museen/freilichtmuseum-herzogstuhl/ /(Zugriff: 3.6.18) 188 Vgl. Homepage Gemeinde Kötschach-Mauthen, online unter: https://www.koemau.com/show_con- tent2.php?cookies_allowed=1&s2id=776 (Zugriff: 6.6.18) 189 Vgl. Homepage Gemeinde Hüttenberg, online unter: http://www.huettenberg.at/museen-in-der-marktge- meinde-huettenberg/heft-bei-huettenberg (Zugriff: 6.6.18) 190 Vgl. Homepage Keltenwelt Freilichtmuseum Frög, online unter: http://www.keltenwelt.at (Zugriff: 6.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 67 daher rühren auch die grenzüberschreitenden Beziehungen, die Baldramsdorf bis heute in diese Gegend pflegt. Nichtsdestoweniger wird dort anhand von Ausstellungsstücken aus Oberkärnten seit 1977 ein profunder Einblick in die Berufswelt vergangener Zeiten gewährt. In mehr als 40 Handwerksstuben und Gewerbeabteilungen können die Werkstätten des Schmieds, Schlossers, Wagners, Sattlers usw. erkundet werden, weshalb sich das für Baldramsdorf verhältnismäßig umfangreiche Museum über die Landesgrenzen hinaus Bekanntheit erfreut. Zusätzlich bringt die für kleine Gruppen zugängliche Chinasammlung asiatisches Flair in das Schloss Orten- burg.191

Asiatische Kultur findet man desgleichen im Görtschitztal. Dort steht im Heinrich Harrer Mu- seum das Lebenswerk des im Jahr 1912 in Knappenberg geborenen Forschungsreisenden, Berg- steigers, Geograph und Sportlers Heinrich Harrer. Unzählige Expeditionen führten ihn in ferne Länder, weit weg von seiner ursprünglichen Heimat Hüttenberg. Seine berühmteste Episode wiederfuhr ihm in Tibet, wo er Freund und Berater des Dalai Lama und Tibet zu seiner zweiten Heimat wurde.192 Das Museum beherbergt mehr als 5.000 Exponate, die von Heinrich Harrer als Mensch genauso wie von seinen Reisen erzählen. Der buddhistische Gebetsraum sowie der Lingkor (tibetischer Pilgerpfad an der Felswand gegenüber des Museums) wurden vom Dalai Lama persönlich geweiht und ermöglichen Begegnung mit fremder Kultur und Religion. An- sonsten befindet sich in Hüttenberg das Tibetzentrum Österreich, eine europaweit einzigartige Bildungseinrichtung mit Fokus auf traditionell- tibetische Studien, wie Philosophie, traditio- nelle Medizin oder kontemplative buddhistische Praxis.193

Nach Sammlungsschwerpunkten betrachtet, kann die Mehrzahl der Museen im ländlichen Raum aber volks- und heimatkundlichem bzw. regionalgeschichtlichem Schwerpunkt zugeord- net werden. In Hüttenberg vermitteln diesbezüglich das Bergbaumuseum bzw. das Schauberg- werk Eindrücke vom Leben, Schaffen und den Traditionen der Bergleute, in Obervellach ist es das Museum für bäuerliche Volkskultur. Wichtiges Element des Kulturlebens in Rosegg ist das Schloss, wo sich das erste Figurenkabinett Österreichs befindet. Lebensechte Wachsfiguren wie die von Kaiserin Elisabeth oder von Napoleon nehmen Besucher mit auf eine Reise in die Ver- gangenheit. Des Weiteren finden dort zeitgenössische Ausstellungen, Konzerte und Theater

191 Vgl. Homepage Gemeinde Baldramsdorf, online unter: http://www.baldramsdorf.gv.at/bildungukultur/mu- seen.html (Zugriff: 6.6.18) und Prospekt 1. Kärntner Handwerksmuseum, Verein der Helfer Ortenburg (Hrsg.) 192 Das Abenteuer hielt er im Buch „Sieben Jahre in Tibet“ fest, das in weitere Folge mit Brad Pitt in der Haupt- rolle verfilmt worden ist. 193 Vgl. Homepage Gemeinde Hüttenberg, online unter: http://www.huettenberg.at/museen-in-der-marktge- meinde-huettenberg/heinrich-harrer-museum-huettenberg und Homepage Tibetzentrum Österreich, online unter: https://www.tibetcenter.at/ueber-uns/ (Zugriff: 6.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 68 statt.194

Regionalhistorisch relevante Erinnerungsarbeit findet des Weiteren in Bad Eisenkappel statt, z.B. zollt das Peršman Museum den Themen Verfolgung und Widerstand der Kärntner Slowe- nen Tribut. Am Peršmanhof wurde kurz vor Kriegsende, im Jahr 1945, ein Attentat auf zwei kärntner-slowenische Familien ausgeübt, wobei 11 Zivilsten ums Leben kamen. Die zum Mu- seum modifizierte Gedenkstätte beschäftigt sich u.a. mit der Ermordung sowie der Justizge- schichte des blutigen Verbrechens.195

Zusammenfassend kann behauptet werden, dass Museen als Träger der Erinnerungskultur fest verankerte Kultur- und Bildungsträger der kommunalen Kulturlandschaft sind. Vor allem bei der Museumslandschaft wird deutlich, dass Kultur am Land in seltenen Fällen zufällig ist – ein Zusammenhang zwischen inhaltlicher Ausrichtung und Standort ist bei den genannten Beispie- len deutlich geworden. Das bestärkt wiederum das Argument, dass ländliche Kulturarbeit stark in den Kontext der jeweiligen Region eingebettet ist. Neben der originären Museumsarbeit, können sie darüber hinaus als Treffpunkt oder Veranstaltungslocation fungieren, wie beispiels- weise die Burgruine Ortenburg, Schloss Rosegg oder die Keltenwelt Frög. Hinzuzufügen ist, dass, obwohl Bemühungen vorhanden sind, in puncto schulischer und außerschulischer Muse- umspädagogik und Kulturvermittlung gleichwohl noch Ausbaupotenzial vorhanden ist. Er- schwerend ist diesbezüglich natürlich, dass kleine Museen im ländlichen Raum meist ehren- amtlich geführt werden und die Standards von nationalen und internationalen Museumsorgani- sationen aus personellen und finanziellen Gründen schlichtweg nicht erreicht werden können. Nichtsdestotrotz sind gerade kulturelle Einrichtungen, die sich unmittelbar auf den historischen, regionalen Kontext beziehen für die Profilschärfung von Gebieten maßgeblich.196

3.1.2.3. Musik

Das kulturelle Angebot in ländlichen Gebieten unter die Lupe nehmend ist auffallend, dass der Musik eine signifikante Rolle zugesprochen wird. Eine Tatsache, die sich in zahlreichen volks- tümlichen Chorformationen, Musikkapellen und -gruppen manifestiert. In allen der betrachte-

194 Vgl. Homepage Schloss Tierpark Labyrinth Rosegg, online unter: http://www.rosegg.at (Zugriff: 6.6.18) 195 Vgl. Der Standard vom 14.8.12, Bad Eisenkappel ist nicht lieblich, von David Guttner, online unter: https://der- standard.at/1343744777772/Bad-Eisenkappel-ist-nicht-lieblich (Zugriff: 6.6.18) 196 Steinecke (2007), S. 224.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 69 ten Gemeinden gibt es zumindest einen Verein, der den Fokus auf Musik legt. Zu einem Groß- teil handelt es sich hierbei um traditionelle Musikbereiche, wie Blasmusik (in 8 von 10 Ge- meinden besteht eine Kapelle) und Chorgesang, sowohl kirchlicher als auch weltlicher Art. Wichtige musikalische Hot-Spots in den Gemeinden sind darüber hinaus die Musikschulen, die in vier (Baldramsdorf, Obervellach, Kötschach-Mauthen, Eisenkappel-Vellach) der 10 Ge- meinden Standorte haben. Tendenziell gehört die (Blas)Musikkapelle zu jenen Vereinen, die keine Nachwuchsprobleme verzeichnen – die dafür typischen Instrumente erfreuen sich im Allgemeinen großer Beliebtheit – immer wieder werden auch moderne Musikstile integriert. Dem wird mancherorts in Form von spezieller Kinder- und Jugendförderung Rechnung getragen. In Obervellach gibt es eine Kooperation zwischen Volks- und Musikschule, mittels derer eigene „Blasinstrument-Klassen“ eingeführt werden konnten. In Maria-Saal übernimmt die Gemeinde die Kosten für die Musik- schule, wenn Kinder Mitglied des Musikvereins sind, da er einen wichtigen Stellenwert im örtlichen Leben einnimmt. Wie Zwischenberger betont, wird der Musikverein deshalb so oft als möglich eingebunden, weil mit der Musik und Tracht ein würdiger Rahmen bei besondere Veranstaltungen im Jahresverlauf (z.B. Pfingsten, Firmung) für die Bevölkerung geschaffen werden kann.197 Ebenso in Baldramsdorf und Gnesau sind die Trachtenkapellen bei sämtlichen Gemeindeveranstaltungen dabei. Populär im ländlichen Raum Kärntens ist außerdem die Chorarbeit. Beachtlich ist, dass, obwohl Chöre vielerorts mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen haben, viele und unterschiedlichen For- mationen in den ländlichen Gebieten vorhanden sind (Männergesangsverein, Gemischter Chor, Kirchenchor, Singgemeinschaften, Sängerrunden usw.). In Hüttenberg kommen beispielsweise zehn Chöre auf knapp 1.500 Bewohner, wovon einer dieser ein Gründungsmitglied des Kärnt- ner Sängerbundes ist. Erwähnenswert ist zudem, dass insbesondere der Musik eine völkerver- bindende Rolle zuteil wird. Eine Besonderheit dahingehend ist das traditionelle „Vierchöretref- fen“, das ununterbrochen seit 47 Jahren und reihum in Bad Eisenkappel, zwei slowenischen und einer italienischen Gemeinde veranstaltet wird. Bad Eisenkappel hebt sich des Weiteren durch das Angebot von Musical-Workshops für Kinder und Jugendliche ab. Wenngleich ein allgemeiner Trend beobachtet werden kann, dass Musicals von jüngeren Menschen sehr gut angenommen werden198, sind Angebote diese Art in den anderen untersuchten Gemeinden nicht vorhanden. Eine Begründung dafür mag sein, dass es dafür adäquate und professionelle Struk- turen und Organisation braucht (künstlerische und pädagogische Leitung, Absicherung,

197 Vgl. Interview Zwischenberger (Maria-Saal) 198 Siehe ein umfangreiches Angebot für Kindermusicals in Wien, Ober- und Niederösterreich

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 70

Equipment, finanzielle Ressourcen). Daraus kann zusätzlich eine Herausforderung für die Mu- sikarbeit, die Qualität der Ausbildung und Darbietung betreffend, abgeleitet werden. Insgesamt kann beobachtet werden, dass Vereine sich dieser Themen zuletzt vermehrt annehmen.199

Eine weitere Begegnungsstätte für Musizierende und Zuhörer ist die Carinthische Musikaka- demie, die im Stift Ossiach und in luftiger Höhe in Knappenberg (Gemeinde Hüttenberg) loka- lisiert werden kann. In den Kompetenzzentren finden laufend Fortbildungskure unterschiedli- cher Disziplinen (Instrumental, Chorakademie, Stimm- und Atemtechnik usw.), Probetage, Symposien, Konzerte und Seminare statt – die dafür notwendige (akustische) Infrastruktur so- wie Schlafmöglichkeiten sind an beiden Orten vorhanden.200 In Ossiach ist es des Weiteren der Carinthische Sommer, der für zeitgenössische Angebote aus dem musikalischen Bereich sorgt. Das Musik- und Kulturfestival findet seit 1996 jährlich statt und kann als eines der bedeutendsten Kulturevents des Landes tituliert werden. Originär haben um die 30 Festivalveranstaltungen von Klassik über Jazz und Vocal in Ossiach stattgefunden, mittlerweile hat sich der Schwerpunkt vor allem auf die Spielstätte Villach verlagert und es sind noch acht bis zehn Konzerte die in der revitalisierten Stiftskirche veranstaltet werden.201

Zeitgenössische Musik wird darüber hinaus bei der Konzertreihe der Via Iulia Augusta im Raum Kötschach-Mauthen angeboten. Internationale Musiker musizieren an acht verschiede- nen Standorten zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten (Thema 2018: Schatten und Licht), erstmals ist eine Oper Teil des Konzertsommers.202

3.1.2.4. Darstellende Kunst

Nicht nur Kärnten, sondern der ländliche Raum wird im Allgemeinen größtenteils von Laien- bzw. Amateurtheatern bespielt - fixe Ensembles gehören nicht zur Theaterlandschaft im länd- lichen Raum. Ungeachtet des Stellenwertes, der dem Amateurtheater, insbesondere in urbanen Räumen, zukommt, gibt es kaum wissenschaftliche oder empirische Erkenntnisse über die Äs- thetik des nicht-professionellen Theaters, innerhalb welcher Strukturen sich das Amateurtheater

199 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (online), 35f. 200 Vgl. Homepage Carinthische Musikakademie (CMA), online unter: https://www.die-cma.at/de/die-cma/in- dex.html (Zugriff: 7.6.18) 201 Vgl. Homepage Carinthischer Sommer, online unter: http://www.carinthischersommer.at/de/startseite/ Zu- griff: 7.6.18) 202 Vgl. Homepage Kötschach-Mauthen, online unter: https://www.koemau.com/show_content2.php?s2id=719 (Zugriff: 5.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 71 vollzieht und welche Entwicklungsmöglichkeiten bestehen. Selbst in den Theaterwissenschaf- ten, in denen man die Materie primär vermuten würde, existieren nur sehr vereinzelte Untersu- chungen. Des Weiteren wird diese Theaterform in kulturpolitischen Diskussionen stets ausge- klammert. Wenn die (österreichische) Theaterlandschaft Thema ist, wird allenfalls über die öf- fentlichen Stadt- oder Volkstheater gesprochen, gegebenenfalls wird der Diskurs um die (pro- fessionellen) Theater der freien Szene ergänzt.203 Theaterhäuser mit fixen Ensembles sind den Ballungszentren vorbehalten, das Theaterwesen am Land lebt von „Laienspielgruppen“ und Gastspielen. Die Untersuchung hat gezeigt, dass in drei vom 10 Gemeinden, eine Laien-Thea- teramateurgruppe besteht.

Das Wörterbuch der Theaterpädagogik sieht das „Amateurtheater“ grundsätzlich als Überbe- griff für sämtliche Theaterformen, die nichtprofessionell durchgeführt werden. In einer engeren Definition kann darunter das vorwiegend vereinsmäßig organisierte Theaterspiel von und mit Amateuren verstanden werden.204

Der „Theaterservice Kärnten“205 ist Anlaufstelle für professionelle, semi-professionelle und ge- nauso Laienschauspielgruppen, die u.a. Fortbildungen rund um das Thema „Theater machen“ anbieten. Gemäß der Servicestelle gibt es über 100 offiziell eingetragene Theatervereine (Ama- teur-, Schul- und professionelle Theater) im Land.

Zumindest wird aber in jedem Ort die darstellende Kunst, wenn auch auf unterschiedlichen Wegen, gefördert. Einerseits werden Busse oder Fahrgemeinschaften organisiert, um sicherzu- stellen, dass die Bewohner in abgelegenen Gegenden die Chance geboten bekommen, profes- sionelle Theater zu sehen. Darüber hinaus wird diesbezüglich ein wertvoller Beitrag zur Kin- der- und Jugendförderung geleistet: Vielerorts wird mit den Kindern der Volksschule jährlich die öffentliche Theaterinstitution des Landes besucht. Eine Alternative dazu ins Theater zu fah- ren, ist, das Theater in Form von Gastspielen oder des mobilen Theaterwagens zu engagieren. Das qualifizierte Ensemble des mobilen Theaterwagens Porcia verwandelt als fahrbare Bühne Schulhöfe, Dorfplätze, Firmengelände, Wiese und Berggipfel zu Theaterkulissen206, was sich

203 Vgl. Renz/Götzky (2014), S. 1f. online unter: https://www.mwk.niedersachsen.de/download/87217/Amateur- theater_in_Niedersachsen_-_Eine_Studie_zu_Rahmenbedingungen_und_Arbeitsweisen_von_Amateurtheatern_- .pdf (Zugriff: 5.6.18) 204 Vgl. Koch/Streisand (2003), S. 19. 205 Vgl. Theaterservice Kärnten, online unter: https://www.theater-service-kaernten.com (Zugriff: 5.6.18) 206 Vgl. Homepage Theaterwagen Porcia, online unter: https://www.ensemble-porcia.at/programm/theaterwagen/ (Zugriff: 5.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 72 vor allem im ländlichen Raum Beliebtheit erfreut und z.B. von Menschen in Obervellach und Kötschach-Mauthen gerne angenommen wird. Freilicht-Inszenierungen haben eine lange Tra- dition und üben eine mobilisierende Wirkung aus. Wie Gerber jedoch anmerkt und ebenso im Konzept zur Kultur im ländlichen Raum Baden-Württembergs festgestellt wird, ist dies jedoch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten. Kleinere Gemeinden im ländlichen Raum haben meist geringe budgetäre Spielräume respektive wissen vielfach nicht Bescheid, welche Mög- lichkeiten sich ihnen in puncto Theater bieten. Weitere institutionelle Formen des Theaterspiels wie Sprech-, Musik- oder Tanztheater bzw. Performances treten als Kunstformen im ländlichen Raum in Kärnten kaum bis gar nicht auf.

3.1.2.5. Bildende Kunst

Die Bildende Kunst beschäftigt sich mit der Produktion und Vermittlung von Kunst. Aktivitä- ten in diesem Bereich werden in ländlichen Räumen größtenteils in einem kleinen Rahmen, meist in Form von Ausstellungen abgedeckt. Ausnahmen bilden die Orte Obervellach, Rosegg und Bad Eisenkappel, wo eigene Galerien verortet sind.

Im Kunstraum in Obervellach bekommen Kreative die Chance, Werke zu spezifischen Themen zu präsentierten. Jeder Künstler kann Mitglied des Fördervereins werden und aktiv mitarbeiten- seien es nun Menschen aus dem Tal oder nationale bzw. internationale Kunstschaffende. Die nächste Ausstellung „REICHanWASSERreich“ beschäftigt sich etwa mit dem Thema Wasser. Außerdem fungiert der Kunstraum als Schauplatz für kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen, Workshops, Konzerte und Kabaretts.207

Die Galerie Šikoronja, ein Fixpunkt der Kunstszene im Alpen-Adria-Raum, in der Marktge- meinde Rosegg ist eine der renommiertesten Galerien Kärntens, in der rund 10 anspruchsvolle Ausstellungen pro Jahr gezeigt werden. Der Fokus liegt auf bekannten und jungen Gegenwarts- künstlern aus dem Alpen-Adria-Raum, die sich mit Malerei, Graphik, Bildhauerei und Objekt- kunst beschäftigen. Teilweise werden die Ausstellungen durch Konzerte, Lesungen und Ver- mittlungsabende ergänzt. Derzeit sind beispielsweise die Bildwerke der aus dem Gailtal stam- menden Malerin Michaela Christiane Wiegele zu begutachten.208 Tätigkeiten im Bereich der bildnerischen Kinderförderungen wurden in Rosegg in der Vergangenheit durch die Malschule

207 Vgl. Homepage Kunstraum Obervellach, online unter: https://kunstraum.obervellach.net/home.html (Zugriff: 5.6.18) 208 Vgl. Homepage Galerie Šikoronja, online unter: http://www.galerie-sikoronja.at/galerie.html (Zugriff: 7.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 73

„zeig ma kUNSt“ durchgeführt – das Projekt ist derzeit auf Grund geringer Nachfrage einge- schlafen, wird aber, sobald das Bedürfnis bei den einheimischen Kindern wiedererwacht, wie- deraufgenommen, wie Richau berichtet.209

Daneben haben sich überdies die Galerie Vorspann / Galerija Vprega und das Forum Zarja in Bad Eisenkappel einen Namen in der Szene und über die Grenzen Kärntens hinaus gemacht. Namhafte Künstler aus dem In- und Ausland haben dort ausgestellt. Vernissagen werden mit vielfältigen Programmen aus Musik, Literatur und Film umrahmt.210

Die Galerien im ländlichen Raum leisten einen bedeutungsvollen Beitrag zur Vermittlung von zeitgenössischer Kunst und heben das professionelle Niveau der Kulturlandschaften. Schwierig ist einerseits, Besucherstrukturen in nicht-einwohnerstarken Gebieten zu etablieren, und ande- rerseits interessierte Rezipienten mit besonderen Aktionen und wechselnden Ausstellungen bei Laune zu halten.211

3.1.2.6. Literatur

Die literarische Grundversorgung wird in ländlichen Gebieten Kärntens insbesondere durch Bibliotheken abgedeckt. Meist handelt es sich dabei um Gemeinde- oder Schulbüchereien, die öffentlich zugänglich sind. Gemäß dem Büchereiverband Österreich sind Büchereien: „Bibliothekarisch erschlossene Mediensammlungen, die ihren Benutzerinnen und Benutzern den Zugang zu gedruckter und/oder gespeicherter Information bieten und der Weiterbildung, Leseförderung und Un- terhaltung einer breiten Öffentlichkeit dienen.“212

Literatur bzw. Bibliotheken als klassische Bildungs- und Kultureinrichtung sind daher elemen- tare Komponenten einer frühkindlichen, beruflichen bzw. kulturellen Bildung und tragen zum gesellschaftlichen Diskurs bei – sie fördern lebenslanges Lernen, Integration und Bürgerbetei- ligung.213 Die Rahmen- und Nutzungsbedingungen der Bibliotheken haben jedoch innerhalb der letzten Jahrzehnte einen Wandel durchlaufen: Im 21. Jahrhundert sind nur mehr 2% aller weltweiten Informationen analog vorhanden. Heute sind große Datenmengen digital abrufbar,

209 Vgl. Interview Richau (Rosegg) 210 Vgl. Homepage Gemeinde Eisenkappel-Vellach, online unter: https://www.bad-eisenkappel.info (Zugriff: 6.6.18) 211 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (2014), online, S. 54f. 212 Vgl. Homepage Österreichischer Büchereiverband, online unter: https://www.bvoe.at/inhalt/definition_oeb (Zugriff: 7.7.18) 213 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (2014), online, S. 58f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 74 was impliziert, dass sowohl die Medienformen als auch die Rezeption einen Wandel durchlau- fen haben. Öffentliche Bibliotheken konkurrieren mit zahlreichen Anbietern von elektronischen Medien und dem Internet, was die Situation von kleinen Büchereien am Land, wie beispiels- weise in Baldramsdorf, drastisch erschwert.214 Gerber resümiert, dass die Gemeinde das Ange- bot der öffentlichen Bibliothek zwar stellt und immer wieder versucht, Neuerungen und Aktu- elles zu implementieren, aber wenig Zuspruch in der Bevölkerung findet. Hinzu kommt die Personalsituation: Die Bücherei wird regelmäßig von freiwilligen Bürgern betreut, da es an- sonsten für die Gemeinde nicht finanzierbar wäre.215

Darüber hinaus werden mancherorts regelmäßig Autorenlesungen (Hüttenberg, Griffen) orga- nisiert. Weitere Auseinandersetzung mit dem geschriebenen und gesprochenen Wort passiert z.B. in Form von Literaturgruppen und Buchbesprechungen (Baldramsdorf), Literaturwettbe- werben bzw. volkstümlichem Dichten (Obervellach) oder als Poetry Slam (Kötsch-Mauthen). Daneben sind jedoch kaum Angebote dieser Sparte vorhanden: Schreibwerkstätten oder Lite- raturvereine sind im ländlichen Raum kaum bis gar nicht zu verorten. Besonderes literarisches Flair ergibt sich mancherorts dadurch, dass anerkannte Autoren ihr Schaffen im jeweiligen Ort gestartet haben, wobei Raum und Künstler reziprok aufeinander wirken.

Einen besonderen Bezug zur Literatur pflegt man in Griffen, der Herkunft von Peter Handke, einem der bedeutendsten zeitgenössischen österreichischen Autoren. In seinen Werken wird der Herkunfts- und Kindheitsort immer wieder zum Schauplatz. Im Stift Griffen konnte vom Verein „Kulturinitative Stift Griffen“ ein dem Autor gewidmetes Literatur- und Lesezentrum samt Archiv eingerichtet werden. Die Handke-Dauerausstellung ist dafür zweckdienlich mittels Fotos, Manu- und Typoskripten, Notizhefte, Briefe, Bücher, Dias und Filmen einen Eindruck vom literarischen Schaffen des international anerkannten Kärntner Autors zu vermitteln.216

Was Handke für Griffen ist, sind Bachmannpreisträgerin Maja Haderlap und die Autoren Flor- jan Lipuš und Valentin Polanšek für Eisenkappel-Vellach. Der geschichtsträchtige Boden mit dem Hintergrund der Verfolgung und Deportation der Kärntner Slowenen zu Zeiten des Natio- nalsozialismus hat die Literaturschaffenden in ihren Werken immens beeinflusst. Dreh- und

214 Vgl. Ball, Rafael: Bibliotheken im 21. Jahrhundert. Vom Leser zum Kunden, S. 228f. online unter: https://www.degruyter.com/downloadpdf/books/9783110310511/9783110310511.226/9783110310511.226.pdf (Zugriff: 7.6.18) 215 Vgl. Interview Gerber (Baldramsdorf) 216 Vgl. Homepage Kulturinitiative Stift Griffen, online unter: http://www.griffen.gv.at/Kulturinitia- tive_Stift_Griffen (Zugriff: 6.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 75

Angelpunkt der drei Literaten ist Leppen, ein Ortsteil der Gemeinde mit knapp 200 Einwoh- nern. Haderlap hat dort die Volksschule besucht, während Lipuš in der besagten Bildungsein- richtung unterrichtete und Polanšek nebenan wohnte. Von Krieg und Nationalsozialismus be- einflusste Schicksale von Familie und Bekannten haben sie in ihren literarischen Werken ver- arbeitet. Die alte Volksschule in Leppen wird heute vom gleichnamigen slowenischen Kultur- verein als Kapelle, Veranstaltungsort und kleines Museum genutzt. Darüber hinaus werden in Eisenkappel-Vellach umfangreiche zeit- und kulturhistorische Lite- raturwanderungen angeboten, bei denen der Erfahrungs- und Erlebnisraum, die sogenannte A- Zone, bewandert wird – sei es auf den realen Spuren von Maja Haderlap, auf „geheimen“ Pfa- den oder am Weg zu ehemaligen Partisanenbunkeranlagen.217

Volkstümliches Literaturschaffen wird hingegen in Oberkärnten praktiziert: Im Rahmen einer heimatverbundenen Dichterrrunde wird in Obervellach seit 25 Jahren das geschriebene Mund- art-Wort zelebriert. Was als einfache Volkskultur begonnen hat, ist heute wichtiges Kulturele- ment des gesamten Mölltals. Mittels Geschichten und Gedichten, welche die „Mölltaler Stu- bendichter“ im Dialekt verfassen, konnte viel zum Erhalt und Pflege von Tradition und Mund- artsprache beigetragen werden. Die 15 Stubendichter haben sechs Heimatbücher herausgege- ben und organisieren regelmäßig Lesungen im Tal.218 Ferner findet das „Mölltaler Kurzgeschichtenfestival“ heuer zum dritten Mal statt. Zum Thema „Begegnungen“ konnten interessierte Autoren Kurzgeschichten einreichen, die von Fach- und Publikumsjuroren bewertet und im Rahmen von Lesungen der Öffentlichkeit nähergebracht werden. Die besten Geschichten des Literatur-Festivals werden außerdem in einem Buch ver- öffentlicht. Während zu Beginn um die 65 Einreichungen verzeichnet werden konnten, sind es mittlerweile über 100 Einsendungen aus Österreich, Deutschland und der Schweiz.219

3.1.2.7. Kulturelles Erbe

Geschichts-, Brauchtums- und Heimatvereine wie Bänderhuttrachtengruppen, Landjugenden, Perchtengruppen, Maibaum-, Dorf- und Kirchtagsgemeinschaften, verfolgen den Zweck die örtliche Tradition und das Brauchtum zu pflegen und zu erhalten. Jede der beleuchteten Ge- meinden im ruralen Raum wartet gleich mit mehreren Vereinigungen auf, die den Fortbestand

217 Vgl. Homepage Zdravko Haderlap, A-Zone, online unter: http://www.haderlap.at/angebot.php?DOC_INST=1 (Zugriff: 6.6.18) 218 Vgl. Interview Gössinger (Obervellach) 219 Vgl. Homepage Mölltaler Kurzgeschichtenfestival, online unter: https://www.moelltaler-geschichten-festi- val.at (Zugriff: 6.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 76 von Bräuchen, Tänzen, Tracht oder Geschichte der vergangenen Jahrhunderte sichern. Entspre- chend der heterogenen regionalspezifischen Besonderheiten, zeigt sich der Umgang mit dem kulturellen Erbe unterschiedlich. Eine gemeinsame Komponente ist allerdings die Wertschät- zung, die dem kulturellen Erbe flächenübergreifend entgegengebracht wird, was ferner am Zu- lauf, den Brauchtumsvereine verzeichnen können, deutlich wird: Das Volkskulturelle ist signi- fikantes Element der Kulturarbeit im ländlichen Raum. Evident wird, dass z.B. in Gemeinden wie Gnesau oder Baldramsdorf (fast) ausschließlich das Brauchtum und volkstümliche Kultur- arbeit fokussiert werden und wenig bis keine hochkulturellen oder zeitgenössischen Angebote verortet werden können. Den örtlichen Kulturvereinen kommt deshalb ein hoher Stellenwert zu, weil sie als elementare Kulturträger erachtet werden und das Leben und Schaffen in der Gemeinde aktiv mitgestalten.

Ein anschauliches Beispiel wie mit kulturellen Gütern der Vergangenheit umgegangen werden kann bzw. wie sie zum Event umfunktioniert werden können, liefert der Reiftanz in Hüttenberg, ein großes und dieser Form einzigartiges Bergmannsfest das alle drei Jahre stattfindet. Der 400 Jahre alte Brauch ist der älteste europäische Männerkettentanz und wird von Hüttenberger Bur- schen aufgeführt. Wie Ofner anführt, hat der Verein, im Gegensatz zu vielen anderen, nicht mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen, da es für die Teilnehmenden als Ehre erachtet wird, mitma- chen zu dürfen, und stets neue Tänzer nachrücken.220

3.1.2.8. Sonstiges

Die Rubrik „Sonstiges“ umfasst jene Kulturangebote, die sich keiner Sparte eindeutig zuordnen lassen. Neben diversen Kulturinitiativen fallen darunter desgleichen Faschingsgilden, Kame- radschafts- und Pensionistenverbände und Freiwillige Feuerwehren. Zusätzlich werden an die- ser Stelle Bereiche zusammengefasst, denen im ländlichen Raum keine tragende Rolle zuge- sprochen wird, da sie kaum anzutreffen sind. Zuerst muss darauf hingewiesen werden, dass die interviewten Personen unterschiedlicher Auf- fassung waren, wenn es darum ging, die Kameradschafts- und Pensionistenverbände, die es in fast allen der untersuchten Gebiete gibt, den Kulturvereinen zuzurechnen. Ohne Frage leisten diese Gemeinschaften einen wichtigen gesellschaftlichen Beitrag in ländlichen Gemeinden, vor allem in Anbetracht des demographischen Wandels und der Überalterung der Gesellschaft. Zwar werden Angebote, Vorträge und Aktivitäten unter anderem auch im kulturellen Bereich

220 Vgl. Homepage Gemeinde Hüttenberg, online (Zugriff: 7.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 77 organisiert und bereitgestellt, doch definierten sich diese Verbände primär als Interessensge- meinschaften, auch wenn das mancherorts konträr gesehen wird, wie in Ossiach deutlich wird: Aktuell zählt der Pensionistenverband 98 Mitglieder, bei 788 Einwohnern. Das ist ein großer Prozentsatz und zeigt, dass es sich nicht um Politik, sondern um gesellschaftliche Aktivitäten, wo jeder teilnimmt, handelt.221

Tatsächlich sind die Vereine politisch ausgerichtet, weshalb sie in der Arbeit nicht weiter be- rücksichtigt werden.

Freiwillige Feuerwehr Die Freiwilligen Feuerwehren sind indes als essentielle Kulturträger in allen beleuchteten Ge- bieten angesehen. Die substanzielle gesellschaftliche Funktion, die sie in den Dörfern einneh- men wird, im Übrigen im Rahmen einer Sonderausstellung des Steirischen Feuerwehrmuseums beleuchtet.222 Quintessenz der dahinterliegenden Überlegungen ist, dass „die Freiwillige Feuerwehr (hat) ihre eigene Kultur entwickelt hat und (zeigt) sich nach außen hin in Fahnen, Uniformen, Abzeichen und anderen Symbolen zeigt. Diese sind sowohl für die Identifikation der Mitglieder mit ihrer Organisation als auch für das Auftreten in der Öffentlichkeit von Bedeutung. In die- sen Orientierungen nach innen und nach außen ist die Freiwillige Feuerwehr Träger einer soziologisch bedingten zeittypischen Volkskultur“,223 wie Katrin Knaß, die Kuratorin der Ausstellung resümiert. Freiwillige Feuerwehren haben auch deshalb einen starken Kulturbezug, weil sie sowohl selbst als Organisatoren von gesellschaft- lichen Ereignissen auftreten, ortsansässige Vereine bei der Umsetzung unterstützen und des Weiteren Kontakte mit außenstehenden Interessengruppen pflegen, woraus mancherorts lang- fristige Partnerschaften im In- und Ausland entstanden sind (z.B. Griffen, Rosegg). Zusammen- fassen lässt sich die Bedeutung der Freiwilligen Feuerwehren für ländliche Gemeinden am bes- ten mit den Worten von Ofner, Bürgermeister der Gemeinde Hüttenberg: „Es gibt nichts, dass sie nicht haben oder können. Sie unterstützen uns immer bei Kulturveranstaltun- gen, vor allem beim Reiftanz. Wir haben die gastronomische Bewirtung nun einem Wirt übergeben (...). Davor hat die Feuerwehr die Verpflegung mit 300 ehrenamtlichen Leuten organsiert und sich und Lo- gistik gekümmert. Auch jetzt ist der Verein noch stark in alle möglichen Kulturveranstaltungen einge- bunden.“224

Spartenübergreifendes Spartenübergreifende und zeitgenössische Arbeitsfelder werden beispielsweise im Tonhof in

221 Interview Huber (Ossiach) 222 Vgl. Knaß, Katrin: Die Feuerwehr als Kulturträger, in: „Achzig“ – Die Kulturzeitung, online unter: https://achtzig.com/2017/09/sonderausstellung-die-feuerwehr-als-kulturtraeger/ (Zugriff: 7.6.18) 223 Knaß, online (Zugriff: 7.6.18) 224 Vgl. Interview Ofner (Hüttenberg)

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Maria Saal organisiert. Der Gutshof hat sich bereits in den 60er Jahren als Kulturzentrum und populärer Treffpunkt für Künstler, Literaten und Komponisten wie Peter Handke, Gert Jonke, Peter Turrini, Josef Winkler etc. etabliert. Nachdem das 8.500 m2-Gut für längere Zeit unge- nutzt und leerstehend war, wird es seit 2012 vom Verein „Tonhof“ wieder künstlerisch bespielt und bietet als Schauplatz der kulturellen Begegnung und Treffpunkt Rahmenbedingungen für Kulturveranstaltungen jeglicher Art.225 Das universelle Programm umfasst neben Konzerten, Filmvorführungen, Thaterstücken auch Workshops für Kinder und Jugendliche, Lesungen usw. 226

Eine inhaltlich offene Gestaltung von Kulturprogrammen, die viel zulässt, unterschiedliche Themen, Sparten und Formate präsentiert, kann als Voraussetzung für produktive Kulturarbeit am Land angesehen werden. Ein innovatives Verständnis für die Materie ist nahrhafter Boden für die Entwicklung von neuen Bewegungen. Insofern sind freie Kulturinitiativen und Kultur- zentren wie der Tonhof relevante Akteure der Kulturentwicklung in dünn besiedelten Gebieten. Weitere Tätigkeiten, die in diesem Bereich vollzogen werden und als Ergänzung zur klassi- schen, hauptsächlich volkskulturell-geprägten Vereinslandschaft verstanden werden können, sind die Iniatiaven in Hüttenberg, Mauthen und Griffen, die regelmäßig kulturelle Aktivitäten unterschiedlicher Schwerpunkte organisieren (Lesungen, Vernissagen, Ausstellungen etc.).227

Interkulturelles Interkulturelle Aktionen am Land vollziehen sich zu einem Großteil innerhalb von grenzüber- schreitenden Gemeinde- oder Vereinspartnerschaften. Jedes der Untersuchungsobjekte pflegt auf unterschiedliche Art und Weise Kontakt zu anderen Gemeinden im In- und Ausland. Vieler- orts handelt es sich dabei um offizielle Städtepartnerschaften meist im deutschsprachigen oder Alpen-Adria-Raum, genauso aber auch um Beziehungen, die sich aus einem historischen Kon- text entwickelt haben und informell gepflegt werden. Größtenteils bezieht sich der Austausch auf reziproke Besuche bei Veranstaltungen und Festen, die von Vereinen veranstaltet werden. Die Gemeinde Obervellach im Mölltal sticht in dieser Hinsicht mit acht amtlichen Partnerorten aus Frankreich, Belgien, Budapest, Deutschland und Slowenien hervor.

225 Vgl. Fischer, Marianne: Der Tonhof wird wieder Kulturort, Kleine Zeitung vom 23.6.2012, online unter: https://www.kleinezeitung.at/kultur/3959920/Maria-Saal_Der-Tonhof-wird-wieder-Kulturort (Zugriff: 7.6.18) 226 Vgl. Homepage, Tonhof Maria-Saal, online unter: http://www.tonhofmariasaal.com) 227 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (2014) online, S. 68.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 79

3.2. Organisation der Kulturarbeit/Kulturpolitik

Es hat sich erwiesen, dass sich Kultur, wie gleichfalls in der Forschungsliteratur festgestellt wird, am Land anders vollzieht als in der Stadt. In urbanen Räumen sind eigenständige Kul- turämter und Kulturmanager, also eine professionelle Szene dafür verantwortlich, künstlerische Eigendynamik zu erzeugen und zu unterstützen. Wie die Zusammenfassung des kulturellen Profils der untersuchten Gebiete bereits gezeigt hat, bedeutet das nicht, dass sich in ländlichen Gebieten keine kulturell wertvollen Highlights entwickeln können, die Besucher anziehen und zur Aufwertung einer Region beitragen. Ganz im Gegenteil – in ländlichen Räumen entstehen vielfach spezifische Formate und Nischen, die in einen historischen oder natürlichen Bezugs- rahmen eingebettet sind und innerhalb städtischer Strukturen kein Wirkungsfeld finden würden, wie z.B. Literaturwanderungen in Bad Eisenkappel oder ein Freilichtmuseum an ehemaligen Schauplätzen eines Gebirgskrieges. 228

3.2.1. Das Ehrenamt: Rahmenbedingungen, Herausforderungen

Die Kulturarbeit in Landgemeinden und Kleinstädten ist in einem erheblichen Ausmaß von der einheimischen Bevölkerung abhängig. Je nachdem, inwieweit sie dazu bereit ist, sich für das Gemeinwesen zu engagieren und Beitrage zu leisten, wird sich das Kulturleben gestalten. Die Aufgabe der Kulturpolitik einer Kommune ist es hingegen, die nötigen Rahmenbedingungen zu schaffen und Akzente zu setzen. In diesem Sinn übernehmen die ortsansässigen Menschen die Doppelfunktion des Kulturnachfragers einerseits und des Kulturanbieters andererseits – Re- zipienten werden zu Schaffenden und vice versa.229 Der Gestaltungs- und Handlungsspielraum der Kommunen ist prinzipiell kaum eingeschränkt, was die kulturelle Praxis betrifft. Die örtlichen Gegebenheiten und (natürlich) gewachsene Strukturen sollten genauso bedacht werden wie frische Initiativen. Jedenfalls sollte die Kom- munalpolitik auf die Bereitstellung eines möglichst breit gefächerten und für jedermann zu- gänglichen Kulturangebotes achten.230 „Die Politik ist gefordert, solche Dinge zu unterstützen. Wenn Leute etwas wollen dann unterstützen wir sie auch, aber es ist wichtig, dass Initiative aus der Bevölkerung kommt und nicht nur gejammert wird.“231

Wenn man sieht, dass es wichtig ist, und man sieht, dass es der Bevölkerung etwas bringt, dann versucht man auch das durchzuführen.232

228 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (2014) online, S. 10ff. 229 Vgl. Thallmair (1994), S. 23. 230 Vgl. Thallmair (1994), S. 26. 231 Interview Stampfer (Gnesau) 232 Interview Zwischenberger (Maria-Saal)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 80

Im Laufe der Themenaufarbeitung ist bereits drastisch skizziert worden, welche Rolle die ein- heimische Bevölkerung spielt, wenn die kommunale Kulturarbeit in Kärnten besprochen wird, was unter anderem mit den prekären Finanzhaushalten der öffentlichen Hand in Verbindung steht. Die korrespondierenden Ergebnisse der Untersuchung lassen den Schluss zu, dass dies flächen- deckend auf den ländlichen Raum im Allgemeinen übertragen werden kann. In allen untersuch- ten Gemeinden, wird die Kulturarbeit in ausschlaggebender Weise von privatrechtlich-gemein- nützigen Akteuren, wie Vereinen organisiert, deren Mitglieder freiwillig und unentgeltlich Bei- träge leisten. Vereinzelt ist die Gemeinde als öffentlich-rechtlicher Träger im Rahmen von Ko- operationen in das Kulturgeschehen eingebunden wie in der Keltenwelt Frög, beim Heinrich Harrer Museum, dem Handwerksmuseum in Baldramsdorf oder dem Museum 1915-1918. Da- neben gelten kirchlich/religiöse Veranstalter allgemeinhin als anerkannte Kulturträger in den Gemeinden. Im Übrigen können noch privatrechtlich-kommerzielle Träger wie Musikschulen genannt werden. Die unzähligen kulturschaffenden Vereine und Initiativen mit diversen Betä- tigungsschwerpunkten werden in den ländlichen Gemeinden in mehrerlei Hinsicht als Berei- cherung wahrgenommen. Die Wertschätzung bezieht sich aber nicht ausschließlich auf die Leistungen, die im kulturellen Bereich erbracht werden. Neben der tatsächlichen Tätigkeit sind sie stark in das Gemeindeleben integriert, wirken bei Festen und Veranstaltungen mit, weisen eine beträchtliche soziale Nähe auf und ermöglichen einen relativ einfachen und kostengünsti- gen Zugang zu kultureller Bildung. Ergo sind sie diejenigen, die das Kultur- und Gemein- schaftsleben am Land stark beeinflussen und prägen.233

Kulturabteilungen, Kulturmanager oder Menschen, die im Kultursektor beschäftigt werden, sind in Landgemeinden auf Grund der Größe und der Verfügungsmittel nicht vorhanden. Das Ehrenamt ist mitunter das Wichtigste, um eine Gemeinde aufrecht zu erhalten, darin sind sich die Verantwortungsträger einig. Orte mit dünnen Besiedelungsstrukturen warten verhältnismä- ßig mit einer Vielzahl an heterogenen vereinsmäßig organisierten Gemeinschaften auf, inner- halb derer die Kultur- und vor allem Brauchtumsvereine einen großen Stellenwert einnehmen. So kommen in Baldramsdorf neun Kulturvereine auf etwa 1.800 Einwohner, in Gnesau immer- hin fünf Vereinigungen auf rund 1.000 Einwohner und beim Spitzenreiter in Eisenkappel-Vel- lach 15 auf knapp 2.500 Einwohner. Es hat sich herausgestellt, dass sich die Lage in den meisten beleuchteten Gebieten so gestaltet, dass die meisten Einheimischen bei mindestens einem Ver-

233 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (2014), online, S. 93f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 81 ein mitwirken. Vielerorts finden dadurch an jedem Wochenende Veranstaltungen statt, es be- darf einer Terminkoordinierung, um Konkurrenz-Situationen zu vermeiden. Damit soll veran- schaulicht werden, dass das bürgerliche Engagement charakteristisch für ländliche Gebiete ist – was in Städten hauptberuflich durchgeführt wird, passiert abseits von urbanen Zentren auf ehrenamtlicher und freiwilliger Basis.234 Wie Gerber bezüglich der Situation in Baldramsdorf zusammenfasst, gestaltet sich die Situation so, dass „im Museum ehrenamtlich Kassendienste erledigt werden. Da kommen Leute, die gerne unter Menschen sind und das machen wollen. Das ist nur machbar, weil sie keine Geldleistung dafür bekommen. Sie machen das freiwillig, so wie die anderen freiwillig beim Chor, der Dorfgemeinschaft und der Trachten- kappelle sind. Zum Glück ist es so, (...) ansonsten würde sich das nicht finanzieren. (...) Die öffentlichen Stellen müssen froh sein, wenn sie mit ihren Geldern zurechtkommen. Man darf nicht vergessen, dass sie das Personal bezahlen müssen, das brauchen wir nicht, was ein großer Vorteil ist. Sie bekommen am Ende der Saison nur eine kleine Entschädigung.“235

Das Spezifikum der Ehrenamtlichkeit in der ländlichen Kulturarbeit impliziert allerdings Her- ausforderungen, mit denen kommunale Verantwortungsträger umgehen bzw. denen sie entge- genwirken müssen. In Baldramsdorf sind weder Tourismusverband noch Unternehmen, die als potenzielle Sponsoren fungieren könnten, vorhanden. Das schränkt den Gestaltungspielraum einer Gemeinde am Land ein und wirkt sich desgleichen auf die Organisation der Kulturarbeit aus. Im Gegensatz zu Ossiach, wo man vorwiegend vom Fremdenverkehr lebt und die Kultur mit dem Carinthischen Sommer und der Musikakademie eine relevante Komponente ist, kon- zentriert man sich in Baldramsdorf auf kleine Veranstaltungen. „Wir haben keinen Tourismusverein oder Sponsoren, weil ja auch keine Firmen. Wir haben ja nichts mehr, momentan nicht einmal ein Gasthaus. Ist traurig, ist aber so, trifft aber nicht nur uns.“236

Struktureller Wandel in den Kommunen wie der Wegfall von klein- und mittelständischen Un- ternehmen als bedeutende Sponsoren, demographische Entwicklungen und die Abwanderung sind demnach Beispiele die diesbezüglich angeführt werden können. Die Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die für die Kulturarbeit motiviert sind, zu erhöhen, wird dadurch erschwert, dass die grundsätzliche Kinderanzahl rückläufig ist - im Durchschnitt haben österreichische Frauen nur mehr 1,4 Kinder.237 Obwohl seitens der Landespolitik Akzente gesetzt werden, ehrenamtliche Tätigkeiten etwa in

234 Vgl. Wagner/Blumenreich (2004), S. 7, online unter: http://www.ehrenamtsbibliothek.de/litera- tur/pdf%5F842%2Epdf (Zugriff: 11.6.18) 235 Interview Gerber (Baldramsdorf) 236 Vgl. Interview Gerber (Baldramsdorf) 237 Vgl. Statistik Austria, online unter: https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesell- schaft/bevoelkerung/haushalte_familien_lebensformen/familien/index.html (Zugriff: 6.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 82

Form von Weiterbildungsmaßnahmen zu stärken (siehe Punkt 2.1.5. Aktuelles: Kulturförde- rung in Kärnten), wurde von politischen Handlungsträgern in der Gemeinde mangelnde Entlas- tung der ehrenamtlichen Vereinstätigkeit kritisiert. Hierbei handelt es sich insbesondere um Auflagen und Vorschriften, auf Grund derer es den Freiweilligen nicht leichtgemacht wird, kulturell tätig zu werden. Ofner erklärt diese Mehrbelastung folgendermaßen:

„(...) für jede Veranstaltung benötigt man eine Genehmigung und einen Bescheid, bald wahrscheinlich eine Betriebsstätten Genehmigung. Alle Personen, die im Rahmen der Vereinstätigkeit bei Veranstaltun- gen arbeiten, müssen angemeldet werden, vieles im Vereinswesen am Land passiert aber kurzfristig und informell. Da braucht man sich nicht wundern, wenn Leute die Vereinsarbeit an den Nagel hängen.“238

Je größer die Veranstaltungen sind, die organisiert werden, desto mehr fällt das logischerweise ins Gewicht. Die sich wandelnden Bedingungen des ehrenamtlichen Engagements machen es erforderlich, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Politik und Initiativen effi- zient und offen zu gestalten. Gemeint sind hier insbesondere die Informationswege zwischen den Kulturschaffenden und dem Kulturausschuss. Offenkundig sitzen in den Ausschüssen der Gemeinden mit geringer Bevölkerungsdichte Menschen, die ebenfalls Kulturvereinsmitglieder sind und aktiv am Kulturleben in der Gemeinde teilnehmen. Insofern können Anliegen, Be- schwerden, Bedürfnisse und Ideen der Vereine direkt über das Sprachrohr Ausschuss oder Ge- meinderat deponiert werden. Die Rolle des Ausschusses ist jedoch eine ambivalente, was man- cherorts bereits anhand der Bezeichnung offenkundig wird. So ist es nicht verwunderlich, wenn Zoppoth anmerkt, dass die Kultur im „Ausschuss für Wirtschaft, Gewerbe, Tourismus, Land- & Forstwirtschaft und Kunst & Kultur“ nicht den Stellenwert einnimmt, den man ihr beimessen könnte. Der Ausschuss existiert mehr oder weniger nur pro forma, weil es laut Gemeindever- ordnung verpflichtend ist „Die Ausschüsse kommen nur sehr gezielt zusammen. (...) Das Thema Kultur wird hauptsächlich im Gemeinderat und Gemeindevorstand behandelt, nicht im Ausschuss.“239

Gegenteilig verhält es sich in Maria-Saal, wo dem Kulturausschuss eine wichtige Rolle zuge- sprochen wird. Obmann Zwischenberger hat eingeführt, dass Kulturverantwortliche persönlich in die Sitzungen kommen, um ihre Tätigkeitsschwerpunkte zu präsentieren, was die Zusam- menarbeit vereinfacht und verbessert hat. Durch die persönliche und direkte Interaktion konnte ein gut funktionierendes Miteinander erreicht werden. Fixpunkt in den meisten Gemeinden ist eine Ausschusssitzung gemeinsam mit allen Vereinen im Herbst, um das Veranstaltungsprogramm für das kommende Jahr zu fixieren und um Ter- minkollisionen zu vermeiden.

238 Interview Ofner (Hüttenberg) 239 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 83

In Eisenkappel-Vellach hingegen wird die kulturelle Infrastruktur fast ausschließlich von Initi- ativen, losgelöst von der kommunalen Kulturpolitik, vollzogen. Wie Kulturausschussobmann Ošina feststellt, ist „der Kulturausschuss in meinen Augen nur eine Augenauswischerei bzw. hat eine beratende Wirkung. Viele haben nicht so viel Ahnung von Kunst oder Kultur – da ist es schwer etwas zu bewegen. (...)240

3.2.2. Kommunale Kulturförderung

Die Förderung der Kulturarbeit seitens der öffentlichen Hand gehört in Österreich und Deutsch- land zu jenen politischen Handlungsfeldern, die größtenteils souverän gestaltet werden können. Im Gegensatz zu vielen anderen Staaten, können Länder und Gebietskörperschaften die Kul- turförderung nach eigenen Zielvorstellungen gestalten. Daraus resultiert eine bunte kulturelle Infrastruktur und eine vielfältige Szene. In allen Gemeinden findet eine Förderung der Kultur statt, auch wenn sich dies auf unterschiedliche Weise zeigt. Neben den Ressourcen, die einer Gemeinde dafür zur Verfügung stehen, ist das genauso von den politischen Entscheidungsträ- gern und deren Ermessen abhängig. Die meisten der befragten Experten kommen selbst aus dem kulturellen Bereich bzw. sind nach wie vor aktive Kulturvereinsmitglieder, was sich grundsätzlich positiv auf die Zusammenarbeit mit den Kulturschaffenden auswirkt. Auf diese Weise kann das gegenseitige Verständnis verbessert und Hemmschwellen abgebaut werden.

Neben finanziellen Subventionen sind es primär Sachleistungen, die den Kulturschaffenden von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden, und den maßgeblichen Teil der Kulturförde- rung ausmachen. Diese Form der Unterstützung wird in den beforschten Gemeinden unreflek- tiert durchgeführt und als „selbstverständlich“ wahrgenommen. In mehreren Interviewgesprä- chen war es von Nöten, diesen Aspekt im Rahmen der Kulturförderung explizit anzusprechen. Bei Veranstaltungen und Ereignissen helfen Gemeindemitarbeiter und Ausschussmitglieder bei organisatorischen Dingen wie Auf- und Abbau bzw. Ausschank oder Parkplatzeinweisung. Kri- tisch wird mancherorts allerdings gesehen, dass das nicht immer honoriert werde.

„(...) das Materielle macht den Hauptteil der Unterstützung aus, davon reden wir gar nicht. Selbstver- ständlich werden bei allen Aktivitäten die im öffentlichen Bereich oder in der Musikakademie stattfinden, die notwendigen Leistungen erbracht, seien es Absperrungen, Parkraumüberwachung und Einweisung, Organisation der Rettungskräfte. Das ist eine Selbstverständlichkeit, weil wir froh sind, dass etwas be- wegt wird. (...) diese Leistung erbringen wir kostenlos, weil irgendwer muss es ja bezahlen. Vielfach sind die Veranstaltungen am Wochenende, wo ich Überstunden bezahlen muss. Manche, die das in Anspruch

240 Interview Ošina (Eisenkappel-Vellach)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 84

nehmen, vergessen das sehr gerne. Oft wird nur Bares als Wahres betrachtet, man muss aber schon das Gesamte sehen.“241

Auch wird das Aufbringen der materiellen Leistungen nicht dokumentiert, wodurch eine Quan- tifizierung nicht möglich ist. „Das wird nicht festgehalten, dass wird einfach gemacht“242, so Stampfer. „Auch die Leute, die diese Arbeiten verrichten, sind selbst wieder bei Vereinen dabei – insofern entwi- ckelt sich eine Dynamik. Auch das Land steht hinter uns, wir dürfen da nicht schimpfen, es geht uns nicht schlecht“243, wird weiter erklärt. Fundamentaler Bestandteil der meisten Gemeindeförderungen ist darüber hinaus das Zur-Verfügung-Stellen von Räumlichkeiten und Vereinshäusern. Das konnte ferner in der Umfrage zur finanziellen Situation der österreichischen Kulturinitiativen festgestellt wer- den. Die Bereitstellung von Räumlichkeiten, die Übernahme von Infrastrukturkosten und Öf- fentlichkeitsarbeit sind ebenso wesentliche Elemente der Kulturförderung, die von Kärntner Gemeinden geleistet werden.244 Zur Öffentlichkeitsarbeit zählen beispielsweise Postwurfsen- dungen oder Aufnahme ins Terminaviso und Veranstaltungskalender.

Die Höhe der finanziellen Förderung ist, wie bereits erwähnt worden ist, von mehreren Fakto- ren abhängig. Einerseits sind es das Budget, die Ressourcen und der Input der Kulturschaffen- den, anderseits spielt der Ermessensspielraum der politischen Entscheidungsträger eine Rolle. Grundsätzlich ist man seitens der Kommune aber bemüht, die Kulturarbeit zu honorieren. „Ich bzw. der Gemeinderat, wir sind recht offen, die Vereine kommen zu uns. Wir sind eine recht kleine Gruppe, es gibt auch die Interessensvertretungen, die Leute sind selbst meist bei mehreren Vereinen da- bei. Jedes Anliegen wird als Punkt auf der Tagesordnung abgehandelt und einer Lösung zugeführt. Ich denke, niemand kann sagen, dass nichts für ihn getan wird.“245

Das bestätigt desgleichen die Basisdatenerhebung zur freien Kulturarbeit der IG KIKK, wo offensichtlich wird, dass die Gemeinden über die meisten Anträge positiv entscheiden und rund drei Viertel der beantragten Summen gewährt werden.246

Größtenteils erfolgt die kommunale Kulturförderung (nach Antrag und Nachweis über Aktivi- täten) über eine Basis-Vereinsförderung und/oder die Repräsentationsmittel des Bürgermeis- ters. Diese stehen dem Bürgermeister „zur Leistung von im ordentlichen Voranschlag nicht vorgesehenen Ausgaben zur Erfüllung von ge- meindlichen Aufgabe zur Verfügung (...). Die Höhe der Verfügungsmittel hat 2,5 v.T. der im ordentlichen

241 Interview Huber (Ossiach) 242 Interview Stampfer (Gnesau) 243 Interview Stampfer (Gnesau) 244 Vgl. Ratzenböck (2014), S. 30. 245 Interview Stampfer (Gnesau) 246 Vgl. IG KIKK (2014), S. 34.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 85

Haushalt veranschlagten Einnahmen zu betragen.“247

Institutionalisierte Kulturträger wie der Carinthische Sommer oder der Tonhof bekommen je- weils Grundförderungen in der Höhe von mehreren Tausend Euro seitens der Gemeinden. Ähn- lich gestaltet sich die Situation in Maria-Saal, wo sich ein Spannungsverhältnis zwischen Hoch- und Volkskultur gebildet hat. Im Falle, dass ein Vereinsjubiläum stattfindet oder besondere Anschaffungen zu tätigen sind, greifen die meisten Kommunen tiefer in die Tasche (z.B. Kauf von neuen Musikinstrumenten oder Uniformen, Jubiläumsfest). Die nachfolgende Tabelle skizziert einen kleinen Einblick in das Förderwesen der beleuchteten Gemeinden. Hierbei handelt es sich um Circa-Beträge, immaterielle Förderungen sind nicht berücksichtigt, da diese in den Gemeinden nicht dokumentiert werden. Vielerorts kommen an- lassbezogene (spontane) Ausgaben hinzu, die überschlagsmäßig hinzugerechnet worden sind. Obervellach hat ursprünglich einen Betrag von 67.000 € veranschlagt, jedoch wurden die Bei- träge für die Musikschule Mölltal (ca. 25.000 €) abgezogen. Auffallend ist das Verhältnis der Subvention zwischen Hoch- und Volkskultur was v.a. in Maria Saal evident wird. Das Land Kärnten stellt der Gemeinde Maria Saal 40.000 € eigens für den Tonhof zur Verfügung, das restliche Budget beschränkt sich auf 10.000 €, welches auf rund zehn Kulturvereine aufgeteilt werden muss. Zwischenberger erläutert die prekäre Situation folgendermaßen: „es führt eher bei mir intern zu Spannungen. Wir haben das große Glück, dass viele durch das gemeinsame Aufwachsen ein gutes Miteinander haben, den anderen das gönnen. Dem einen geben wir 40.000 Euro und ein anderer Verein braucht 300 Euro für die Weihnachtsfeier und wir müssen im Ausschuss herum- diskutieren wo wir das Geld herbekommen. Es wäre sehr praktisch zusätzliche 10-15.000 Euro zum Ver- teilen zu haben...“248

Des Weiteren war teilweise intransparent, aus welchen Elementen sich die Förderung zusam- mensetzt. Wichtig zu erwähnen ist, dass ein direkter und auf Cent genauer Vergleich nicht die Intention der Aufstellung war, sondern eine Vorstellung davon zu bekommen, inwieweit die kommunale Kulturarbeit eine Unterstützung, sei es finanziell oder materiell, erhält.

247 K-GHO (Kärntner Gemeindehaushaltsordnung), § 3(2), 10, Fassung vom 15.6.18, online unter: https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=LrK&Gesetzesnummer=10000291 248 Interview Zwischenberger (Maria-Saal)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 86

Tabelle 2: Kommunale Kulturförderung

Ort Kulturbudget Anmerkung zusätzliche Förderung 90% der Verfü- Carinthischer Ossiach 7.300 € gungsmittel Sommer Hüttenberg ca. 20 - 25.000 € Tonhof (vom Maria Saal ca. 10.000 € 40.000 € Land) Kötschach- ca. 30 - 40.000 € Mauthen 5% des Gesamtbud- Gnesau gets Rosegg ca. 8 – 10.000 € ca. 100 € für jeden Verein Eisenkappel-Vel- (je nach Verhand- lach lungsgeschick auch 500 – 1.000 € Vereinsförderung in Höhe von € 20.700 € Obervellach ca. 40.000 € (betrifft jedoch alle Vereine) Handwerksmu- Baldramsdorf ca. 30.000 € 1.000 € seum Griffen ca. 12.000 €

Hervorstechend ist darüber hinaus die Situation in Eisenkappel-Vellach. Die finanzielle För- dersituation wird hier vom Kulturausschussobmann Ošina als „prekär“ beschrieben. Positiv anzumerken ist aber, dass die zweisprachigen und slowenischen Vereine seit kurzer Zeit Unterstützung seitens Slowenien erhalten.

In keiner der ländlichen Gemeinden existieren Kulturleitbilder oder spezielle Förderrichtlinien. Grundsätzlich ist man der Meinung, dass man sich dadurch selbst die Hände binden würde. So können die politischen Verantwortungsträger flexibel auf den Input von kulturschaffenden Per- sonen, Initiativen und Aktionen reagieren. Im Fokus steht die Frage, ob die Aktivitäten im In- teresse der Allgemeinheit liegen und gesellschaftlich relevant sind

Das Thema der kommunalen Kultursubvention wird vielerorts als kritisch eingestuft, was zahl- reiche der interviewten Experten im Gespräch mehrfach betonten. Wie Zoppoth meint: „sehr oft (wird Kulturpolitik) mit Geldpolitik verwechselt. Aus meiner Sicht bringt das aber nichts. Natürlich ist es für den Verein super, wenn er ein paar Tausende Euros bekommt um sich etwas anzuschaffen oder Jugendarbeit zu leisten, aber wenn das aus eigener Kraft nicht geht, wird es früher oder später auch mit dem Geld nicht gehen. (...) Vereine fördert man am besten damit, dass man sie einfach arbeiten lässt und ihnen die

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 87

Freiheit gibt, das zu tun was sie wollen, ohne Regeln und Einschränkungen – dann tun sie, was sie können, so sehe ich das.249

Huber ist ähnlicher Auffassung, wenn er bemängelt, dass heutzutage zu viel über finanzielle Mittel im Kulturbetrieb gesprochen wird, und dabei das Wesentliche aus den Augen verloren wird: „Mit viel Geld etwas zu machen ist aus meiner Sicht einfach. Es geht meiner Meinung nach um die Ideen und Intentionen dahinter, es muss von innen kommen. Was man mit einer Aktion erreichen will, ist ent- scheidend. Die Förderung hat nicht nur positive Seiten, denn mit viel Geld kann man auch viel Unsinn 250 machen“, erklärt er weiter und übt damit indirekt Kritik an der Zusammenarbeit zwischen Gemeinde und Kulturschaffenden.

3.3. Mehrwertfaktor „Kultur“

Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat in den letzten Jahren eine starke Dynamik erfasst bzw. wird ihr innerhalb eines ökonomischen und soziokulturellen Rahmens gewinnbringende Signi- fikanz zugeschrieben, wie in der Forschungsliteratur ausgeführt wird.251 Wie ebenso Quenzel und Lottermann resümieren, wird Kultur „als zentrales Element der Stadtentwicklung angese- hen“, der viele positive ökonomische Wirkungen zugeschrieben werden können: - Kultur als Imagefaktor - Kultur als Standortfaktor für Unternehmen und Magnet für qualifizierte Arbeitskräfte - Kultur als Basis für touristische Entwicklung

3.3.1. Wirtschaftliche Aspekte

Lässt man die soziologische und gesellschaftspolitische Komponente im Diskurs rund um Kul- turförderung und Legitimationsdruck außer Acht, können mit Förderungen im Bereich der Kunst und Kultur positive externe Effekte in einem wirtschaftlichen Kontext generiert werden. Viele Regionen und Städte profitieren in unterschiedlicher Weise von einer kulturellen Auf- wertung, sei es im Sinne der Regional- und Standortentwicklung oder im Rahmen einer Positi- onierungsstrategie als attraktiver Niederlassungsort oder Destination für Touristen. Es gilt, den Bezugsrahmen der Kulturarbeit auszudehnen um zu ermitteln, welcher Mehrwert, neben dem originären Zweck, über die Bereiche der Kunst und Kultur lukriert werden kann – Die Kultur

249 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 250 Interview Huber (Ossiach) 251 Vgl. Mundelius (2009), S. 6.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 88 ist nicht ausschließlich für jene bedeutend, die sich dafür interessieren, sondern beeinflusst Ge- meinden, Städte und Regionen sowohl in wirtschaftlicher als auch sozialer Hinsicht.

Bevor festgestellt wird, inwieweit die Themen Umwegrentabilität bzw. Kultur als Standort- und Imagefaktor für den ländlichen Raum relevant sind, erfolgt eine eingehende Betrachtung des Kulturtourismus. Der Tourismus ist ein wesentlicher Eckpfeiler der Wirtschaftsleistung in Kärnten. Insbesondere für periphere Gebiete abseits der Ballungszentren können kulturelle Ak- zente einen substantiellen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten.

3.3.1.1. (Kultur)tourismus

Kultur und Tourismus sind in den Gemeinden eng miteinander verwoben, das wird an den Zu- ständigkeiten deutlich. Beschäftigte Personen im Kultursektor sind von den Gemeinden am Land nicht die Regel, in Tourismusgemeinden wie Ossiach oder auch Hüttenberg wird die Or- ganisation des Kulturellen meist von den Tourismusverantwortlichen miterledigt. Das zeigt sich des Weiteren in den Ausschüssen, in denen typischerweise mehrere Tätigkeitsschwerunkte zusammengefasst sind. Schönheit, Harmonie, Ästhetik, Sinn – vor allem im Urlaub sehnen sich die Menschen danach, um Abstand von der zweckorientieren und alltäglichen Lebensweise zu gewinnen. Genussvolle Urlaubserfahrungen können mit stark nachgefragten „Waren“ verglichen werden.252 Das Rei- sen und Urlaub im Allgemeinen wurden im letzten Jahrhundert zu einer weltweit bedeutungs- vollen Ökonomie, die Herausbildung neuer Industrien und Branchen eingeschlossen. Heute zählt die Freizeit- und Tourismusindustrie zu den größten und beschäftigungsintensivsten Wirt- schaftszweigen überhaupt und hat im Übrigen zum friedlichen Zusammenleben der Völker, durch wechselseitige Akzeptanz der Kulturen, Sitten und Bräuche, beigetragen.253

Der Tourismus und die Freizeitwirtschaft im Allgemeinen sind wesentliche Standbeine der ös- terreichischen Volkswirtschaft, wie Zahlen aus Wertschöpfungsbilanzen und Beschäftigungs- statistiken belegen. Laut der Welttourismusorganisation (UNWTO) umfasst der Tourismus „(...) die Aktivitäten von Personen, die an Orte außerhalb ihrer gewohnten Umgebung reisen und sich dort zur Freizeit, Geschäfts- oder bestimmten anderen Zwecken nicht länger als ein Jahr ohne Unterbre- chung aufhalten.“254

252 Vgl. Knöbl (2008), S. 103f. 253 Vgl. Eichbaum (2011), S. 357. 254 Eichbaum (2011), S. 357, zitiert nach UNWTO (1993)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 89

Abseits der direkten positiven Effekte, die aus dem Tourismus generiert werden, gibt es zahl- reiche weitere Aspekte, die indirekt zur Stärkung von Destinationen beitragen. Neben den tat- sächlichen Nächtigungen und den unmittelbaren Einnahmen durch die Gäste im Land ist es die große Anzahl an Arbeits- und Lehrplätzen, die durch den Jobmotor Tourismus geschaffen wer- den. Vorleistungen und Zulieferungen z.B. aus der Landwirtschaft oder heimischen Betrieben für das Beherbergungs- und Gaststättenwesen kommen zu einem großen Teil aus der Region, was die Wertschöpfungskette in der Region kräftigt.255 So wurden beispielsweise im Touris- musjahr 2014/2015 in Kärnten über 48.000 Arbeitnehmer im Fremdenverkehrssektor beschäf- tigt. Da die Ansprüche der Gäste sich stetig erhöhen, ist es darüber hinaus ein sicheres und zukunftsträchtiges Betätigungsfeld – qualifiziertes Personal ist gefragt und wird es auch in Zu- kunft sein, so Helmut Hinterleitner, Obmann der Sparte Tourismus der Wirtschaftskammer Kärnten. So steht in Oberkärnten jeder dritte Arbeitsplatz in direkter oder indirekter Beziehung zum Tourismus und der Freizeitwirtschaft, in Unterkärnten jeder Achte. Wenngleich hinsicht- lich der Beschäftigung regionale Differenzen bestehen, sind in Summe 17,6% der selbst- und unselbstständig Beschäftigten im Tourismussektor tätig.256 Verantwortlich dafür sind konstant anwachsende Nächtigungen im gesamten Staat: Im Sommerhalbjahr 2017 konnte ein Rekord- ergebnis mit einem Plus von 6% (entspricht 2.236.229 Ankünften) erreicht werden – das höchste Ergebnis seit Anbeginn der statistischen Aufzeichnungen.257

Für Gemeinden wie Gnesau im oberen Gurktal oder Obervellach im Mölltal ist der Tourismus nicht nur ein wichtiger Wirtschaftszweig, sondern, um es auf den Punkt zu bringen, überlebens- wichtig. Gnesau liegt auf 1000 Metern Seehöhe, umschlossen von den Gurktaler Alpen, und rund 20 Kilometer von der nächstgrößeren Stadt, der Bezirkshauptstadt Feldkirchen, entfernt. Typische strukturelle Probleme wie Abwanderung, Überalterung der Bevölkerung und schlechte Anbin- dung an öffentliche Verkehrsmittel prägen das Ortsbild. Dennoch kann sich die knapp 1000- Seelengemeinde nahezu selbsterhalten. Die Wirtschaftslage ist, gemäß Bürgermeister Stamp- fer, gut und auf das starke touristisch geprägte Hinterland zurückzuführen. Neben klein- und mittelständischen Handwerksbetrieben und der Landwirtschaft ist es hauptsächlich die Gastro- nomie und Hotellerie, die für Arbeit und Kaufkraft in der Region sorgt. Die Gemeinde Gnesau

255 Vgl. Tourismus und Freizeitwirtschaft in Zahlen: Österreichische und internationale Tourismus- und Wirtschaftsdaten, 53. Ausgabe, 2017, online unter: https://www.wko.at/branchen/tourismus-freizeitwirtschaft/tourismus-freizeitwirtschaft-in-zahlen-2017.pdf (Zugriff: 25.5.18) 256 Vgl. Kleine Zeitung vom 4.4.216, So wichtig ist der Tourismus für Kärnten von Michaela Praprotnig, online unter: https://www.kleinezeitung.at/kaern- ten/4959596/Analyse_So-wichtig-ist-der-Tourismus-fuer-Kaernten (Zugriff: 25.5.18) 257 Vgl. Kärnten Werbung, Statistik Sommerhalbjahr 2017, online unter: http://touris.kaernten.at/news/statistik/halbjahresstatistiken/394-statistik-sommerhalb- jahr-2017.html (Zugriff: 25.5.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 90 liegt nicht nur direkt an der Bundesstraße (B95), sondern ebenso auf einer „Ader“ - gleich meh- rere Sommer- und Winterdestinationen (Bad Kleinkirchheim, Turracher Höhe, Hochrindl und Falkert) befinden sich unweit der Gemeinde. 258 Neben infrastrukturellen Nachteilen, die der ländliche Raum mit sich bringt, hat sie sich im Rahmen des Wachstums der Urlaubs- und Frei- zeitindustrie als populäres Erholungsdomizil etablieren können: Natur, Ruhe, Beschaulichkeit, Outdoorprogramm. Viele Gemeinden in ländlichen Gebieten haben diese Entwicklungschance erkannt und nützen sie. Auch Obervellach profitiert vom Trend zum Aktiv- und Erholungstou- rismus in der Naturidylle. Die Gemeinde präsentiert sich in der Sommersaison als „Wildwasser- Eldorado“ zum Kajaken oder Raften und als paradiesischer Ausgangspunkt für Mountainbiker und Bergsportler. Daneben bietet der Winter mit den Skigebieten Mölltaler Gletscher und An- kogel Freizeit-Aktivitäten. Die Bezirkshauptstadt Spittal an der Drau befindet sich rund 30 Ki- lometer von Obervellach entfernt, trotzdem verzeichnet die Gemeinde mit knapp 2000 Einwoh- nern jährlich um die 50.000 Nächtigungen. Zugleich hat sich ebenso die Situation in Hüttenberg zum Positiven entwickelt. Wie Bürger- meister Josef Ofner akzentuiert, macht sich die Entschleunigung der Urlaubsgestaltung be- merkbar: Viele Familien suchen Entspannung, um abzuschalten und in eine andere Welt, ab- seits vom hektischen Alltag, abzutauchen. Er sieht einen klaren Zusammenhang zwischen die- sem Trend und einer Erhöhung der Nächtigungszahlen in Hüttenberg um 28%. Damit eine Ge- meinde als Tourismusziel überhaupt wahrgenommen wird, braucht es freilich eine adäquate Infrastruktur wie Beherbergungsbetriebe und Gaststätten, die es nicht überall gibt. In Baldramsdorf, am Fuße des Goldecks, welches in der Wintersaison von tausenden Winter- sportlern aufgesucht wird, gibt es weder Nächtigungs- noch Essensmöglichkeit, was, wie Bür- germeister Heinrich Gerber berichtet, das größte Manko in der Gemeinde darstellt. Auf der Homepage wird der Ort zwar als Ferienregion betitelt, doch hat sich im Gespräch mit Bürger- meister Gerber herausgestellt, dass der Tourismus, geschweige denn ein Kulturtourismus, in- nerhalb der Gemeinde kein Thema ist. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass der Tourismus sich vornehmlich in die Gegend rund um die Seen verlagert und auch Spittal damit zu kämpfen hatte. Bei Schlechtwetter im Sommer merke man aber, dass die Besucherzahlen des ersten Handwerksmuseums ansteigen. Außerdem wird das Museum im Rahmen der „Kärnten Card“ kostenlos beworben und mittransportiert, was einem unbezahlbaren Werbewert für die Ge- meinde gleichkommt.259 Ausgewachsener Fremdenverkehr ist desgleichen in Rosegg nicht vorhanden, ein wichtiges

258 Vgl. Interview Stampfer (Gnesau) 259 Vgl. Interview Gerber (Baldramsdorf)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 91 wirtschaftliche Element ist dennoch der Tagestourismus. Gäste besuchen den Tierpark, das Schloss mit Wachsfigurenkabinett und zusätzlich die Keltenwelt Frög, die auch ein Ausflugs- ziel der Kärnten Card ist. Besucher halten sich auf Grund des relativ umfangreichen Angebotes zwar länger in Rosegg auf, wovon u.a. Gaststätten profitieren Nächtigungen spielen für die Gemeinde im Rosental aber keine Rolle.260

Die touristische Inwertsetzung von ländlichen Räumen hat erst in den letzten Jahrzehnten einen Aufschwung erfahren. Lange Zeit über wurden sie von der Tourismusentwicklung als „Restka- tegorie“ behandelt, da sie weder mit spektakulären Attraktionen, adäquaten Freizeiteinrichtun- gen oder einer guten Verkehrsanbindung aufwarten konnten. In erster Linie waren es Städte mit einem umfangreichen kulturellen Angebot oder bemerkenswerte Naturlandschaften von Mee- resküsten bis zu den Alpen, die sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts großer Beliebtheit er- freuten. Periphere Gebiete, die über keine landschaftlichen Besonderheiten wie Meerblick oder Berggipfel verfügten, wurden erst spät von Touristen als Erholungs- und Freizeiträume ent- deckt. Im Angesicht der Globalisierung konnte alsbald ein gesellschaftliches Interesse an regi- onaltypischen Produkten, traditionellen Sitten und Bräuchen und Handwerkstechniken bemerkt werden. Steinecke betont dahingehend, wie wichtig es für ländliche Räume ist, sämtliche An- gebote einer Region zu bündeln, um eine attraktive Gesamtleistung zu bieten und Alleinstel- lungsmerkmale zu generieren.261 Eine Möglichkeit sich zu positionieren ist, das Augenmerk auf kulturelle Besonderheiten zu legen, denn: Kultur boomt - Relikte, Burgen und Schlösser, Kirchen und Festspiele erfreuen sich im 21. Jahrhundert großer Beliebtheit. Tagtäglich pilgern Millionen von Touristen zu kul- turellen Sehenswürdigkeiten weltweit, um namhafte Sehenswürdigkeiten live und mit eigenen Augen zu betrachten. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Städte und Regionen das Poten- zial von kulturellen Bauwerken, Einrichtungen und Veranstaltungen längst erkannt und als tou- ristische Ressource des Stadt- und Regionalmarketings zu nutzen gelernt haben.262 So gesehen, wird Kultur, wie Mörth es ausdrückt, zu einer „kaum verzichtbaren Würze von Tourismusregi- onen“.263 Obwohl es in erster Linie die Städte sind, die primär von fernreisenden Touristen anvisiert werden, profitieren grundsätzlich auch die benachbarten Regionen davon. Laut dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus ist ein charakteristischer Kultururlaub

260 Vgl. Interview Richau (Rosegg) 261 Vgl. Steinecke (2007), S. 223f. 262 Vgl. Steinecke (2011), S. 11f. 263 Mörth (2003), online unter: http://www.inst.at/trans/15Nr/09_1/moerth15.htm (Zugriff: 28.5.2018)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 92 häufig ein Städteurlaub, der vielfach mit Landurlaub und dem Besuch von Kleinstädten kom- biniert wird. Sightseeing, Museumsbesuche, Spaziergänge, aber auch Tradition und Stadtbild spielen hierbei wesentliche Rollen. In Österreich hat sich der Kulturtourismus zu einem wich- tigen wirtschaftlichen Eckpfeiler entwickelt, nicht zuletzt auf Grund der Reputation als Kultur- nation– dem imperialen Erbe, der Musiktradition und den Aktivitäten im Bereich der zeitge- nössischen Kunst und Kultur wie z.B. den weltbekannten Salzburger Festspiele sei Dank.264 Wenngleich der Begriff „Kulturtourismus“ erst gegen Ende der 1980er Jahre auf Tourismusta- gungen und in EU-Förderprogrammen aufkam, wurde er bereits lange zuvor vom englischen Adel im Rahmen der „Grand Tour“ im 16. und 17. Jahrhundert betrieben. Damals wurden die europäischen Höfe zum Zwecke der Erziehung und Bildung bereist und seitdem gehört die Besichtigung von historischen Schauplätzen zum Standardrepertoire von touristischen Tätig- keiten. Als kritisch anzusehen ist aber, dass es heute kaum verwertbare Daten und Forschungs- ergebnisse zu diesem Marksegment gibt, da der Kulturtourismus als eine von vielen Urlaubs- arten behandelt wird und im Rahmen von statistischen Untersuchungen nicht explizit erhoben wird. Damit einhergeht geht eine unklare Begriffsbestimmung – eine präzise und eindeutige Definition liegt, trotz Ambitionen der Tourismusforschung, bis dato nicht vor. In Anbetracht der Tatsache, dass auch hinsichtlich des Kulturbegriffs keine Einigkeit vorherrscht, ist das nicht weiter verwunderlich.265 Nichtsdestoweniger ist es für die Thematik vonnöten, sich auf eine Bestimmung zu beziehen. Der vielfach rezitierte Althistoriker Walter Eder definiert den Kul- turtourismus als „schonende Nutzung kulturhistorischer Elemente und Relikte und die sachgerechte Pflege traditioneller regionsspezifischer Wohn- und Lebensformen zur Hebung des Fremdenverkehrs in der jeweiligen Re- gion; dies mit dem Ziel, das Verständnis für die Eigenart und den Eigenwert in einer Region in dem weiten Rahmen einer europäischen Kultureinheit zu erweitern und zu vertiefen und zwar durch eine ver- stärkte Kommunikation zwischen den Bewohnen des europäischen Kontinents und durch eine sachlich richtige, vergleichende und diskursive Information über die Zeugnisse aus Vergangenheit und Gegenwart am Ort.“266

Auf diese Definition berufen sich in weiterer Folge viele Kultur- und Tourismusforscher, da sie als eine der wenigen die Facette der „schonenden Nutzung“ berücksichtigt, die sehr oft ver- nachlässigt wird. Auf einen sozial- und umweltverträglichen Kulturtourismus spielt ebenso Steinecke an, wenn er feststellt, dass die Effekte der touristischen Inwertsetzung kultureller Güter auf Wirtschaft, Umwelt, Kultur und Gesellschaft als ambivalent anzusehen sind (Ver- kehrsprobleme, Preisanstieg, Müll, Lärm, saisonale Überfremdung, Zerstörung der historischen

264 Vgl. Bundesministerium für Tourismus und Nachhaltigkeit: Kulturtourismus in Österreich, online unter: https://www.bmnt.gv.at/tourismus/tourismuspoliti- sche-themen/KulturTourismus/Kulturtourismus-in--sterreich.html (Zugriff: 24.5.18) 265 Vgl. Steinecke (2011), S. 11f. und Steinecke (2007), S. 3. 266 Vgl. Eder (1993), S. 165f.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 93

Bausubstanz).267 In Kärnten hat der Kulturtourismus innerhalb der letzten Jahrzehnte einen steten Wandel durch- laufen, wird aber mittlerweile in ganz Österreich als Marktsegment mit beträchtlichem Wachs- tumspotenzial wahrgenommen. Als möglicher Grund dafür können der verschärfte Konkur- renzkampf und ein Urlaubs-Überangebot genannt werden: Der Kulturtourismus profitiert vom Trend zum Regionalen, sozusagen als „Ruhebereich“, abseits des Massentourismus.268 Nimmt man die kulturtouristische Situation Kärntens genauer unter die Lupe, fällt auf, dass vorwiegend die landschaftliche Vielfalt und die unzähligen Möglichkeiten sportlicher Natur für einen Kärnten-Urlaub maßgeblich sind. Ob der Kultur-Faktor für Touristen im Vordergrund steht, ist zwar fraglich, doch kann nichtsdestotrotz Engagement in diesem Bereich erkannt wer- den.

Allenfalls können traditionelles Brauchtum, ländliche Architektur und natürliche historische Gegebenheiten dafür zweckdienlich sein, das Profil eines Gebietes zu verschärfen und sich mit- tels einer Differenzierungsstrategie auf dem Tourismusmarkt von anderen Regionen abzugren- zen.269 Beispiele für solche Differenzierungsstrategien im kulturellen Bereich findet man etwa in Bad Eisenkappel und Kötschach-Mauthen. Die „wanderbaren Literaturangebote“ in der A-Zone, die sich der feinen Erzählkunst widmen und sich u.a. auf den Spuren des Nationalsozialismus in Eisenkappel bewegen, sind ein Anzie- hungspunkt für Menschen aus ganz Mitteleuropa. Naturkundliche und kultur- bzw. zeithistori- sche Wanderungen, die sich auf den unmittelbaren Schauplatz und geschichtlichen Kontext beziehen, sind in dieser Form einzigartig in Kärnten. Interessant anzumerken ist des Weiteren, dass, bevor Maja Haderlap im Jahr 2011 den Ingeborg-Bachmann-Preis verliehen bekommen hatte, sich rund 1.000 Menschen nach Leppen verlaufen haben, heute sind es mehr als 10.000 Interessierte, die das gesamte Gebiet rund um den Peršmannhof und die Volkssule Leppen auf- suchen.270 Ein ähnliches Konzept ist in Kötschach-Mauthen anzutreffen, wo ehemalige Kriegs- wege des Gebirgskrieges als Friedenswege revitalisiert und begehbar gemacht worden sind. Das Freilichtmuseum am Plöckenpass konnte sich als beliebtes Ausflugsziel in den Gailtaler- und Karnischen Alpen etablieren. Der Tourismus hat innerhalb der Gemeinde dennoch nicht mehr den Stellenwert, den er beispielsweise in den 1970er Jahren hatte, als die Nächtigungs- zahlen um das Vierfache höher waren – der Kulturtourismus ist davon ein kleiner Bruchteil.

267 Vgl. Steinecke 2007), S. 19-23. 268 Vgl. Graf/Gredig (2010), S.4. 269 Vgl. Steinecke (2007), S. 225. 270 Vgl. Interview Ošina (Eisenkappel-Vellach)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 94

Am meisten Strahlkraft besitzt der Konzertsommer „Via Iulia Augusta“, wenn namhafte Künst- ler auftreten.271

Beim Kulturtourismus in den Gemeinden im ländlichen Raum handelt es sich nicht um Gebiete, die mit umfangreichen kulturtouristischen Konzepten aufwarten oder wo Nächtigungszahlen auf Grund kultureller Aktivitäten in die Höhe schießen, wie bei den Salzburger Festspielen. Nichtsdestoweniger sind es vielerorts (mehrere) kleinere Elemente, die wesentliche Bestand- teile der örtlichen (kulturellen) Infrastruktur sind und zumindest den Tagestourismus ankur- beln, wie in Maria Saal. Der spätgotische Maria Saaler Dom fungiert als Wallfahrtskirche und lockt als Frequenzbringer jede Woche etliche Pilger in die Ortschaft. Neben speziellen Wall- fahrten, die vom Dompfarrer zu spezifischen Themen organisiert werden (z.B. Wallfahrt für Einsatzkräfte), veranstaltet der Domverein musikalische Events, die den Dom auslasten. Prob- lematisch ist jedoch, genau wie in Baldramsdorf, dass keine adäquaten Beherbergungsstruktu- ren direkt vor Ort vorhanden sind. Zwischenberger resümiert, dass „wöchentlich drei bis vier Wallfahrtsbusse allein aus Slowenien kommen um den Maria Saaler und Gurker Dom zu besichtigen, sowie den Fürstenstein und den Herzogstuhl – das könnte man sicher bes- ser nutzen, als wir es jetzt tun, wenn wir z.B. größere Gasthäuser und Zimmervermieter hätten. Groß- teils kommen die Leute, schauen sich die Sehenswürdigkeiten an und fahren wieder, was schade ist.“272

Die Keltenwelt in Frög verzeichnet jährlich kanpp 14.000 Besucher und in Hüttenberg wird der Tourismus als maßgebliches Standbein betrachtet:

„Kultur und Tourismus sind das einzige, was wir anbieten können, weil wir keine großen Betriebe ha- ben. Insofern ist der Kulturbetrieb unser Hauptaugenmerk, natürlich auch in Kombination mit Naturer- lebnissen, aber vor allem das Kulturangebot ist sehr reichhaltig.“273

3.3.1.2. Umwegrentabilität

Grundsätzlich versteht man unter dem Prinzip der Umwegrentabilität, dass Investitionen und Förderungen, die im Kulturbereich getätigt werden, auf unterschiedlichen Wegen wieder an die öffentliche Hand rückfließen. Ausgangspunkt des Konzeptes ist das Argument, dass die Kultur andere Sektoren der Wirtschaft beeinflusst und sich auf Beschäftigung und Einkommen aus- wirkt. Direkt kann das beispielsweise durch Kulturtouristen erfolgen, die zusätzliche Ausgaben im Handel, der Hotellerie und Gastgewerbe tätigen. Indirekt sind es die vor- und nachgelagerten

271 Vgl. Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 272 Interview Zwischenberger (Maria Saal) 273 Vgl. Interview Ofner (Hüttenberg)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 95

Stufen der Wertschöpfungsketten, also der Beschaffungs- und Absatzmarkt, die von kultur- schaffenden Betrieben und Initiativen bedient werden.274 Die nachfolgenden Ausführungen sol- len einen Einblick in die wirtschaftlichen Aspekte der Kulturarbeit liefern. Auch wenn sich diese auf Grund divergierender Organisations- und Beschäftigungsstrukturen nicht einwandfrei oder lediglich teilweise auf die Kulturarbeit am Land umlegen lassen, ist es im Sinne eines Grundverständnisses für die Beantwortung der Forschungsfragen von Relevanz.

Grundsätzlich sind Kulturbetriebe als Leistungsempfänger und Steuerzahler zu definieren. Ab- gesehen von der Umsatzsteuerpflicht sind desgleichen die Angestellten solcher steuerpflichtig. Beschäftigte als auch Besucher von Kultureinrichtungen treten als Nachfrager von Dienstleis- tungen und Gütern vor Ort auf (Lebensmittel, Restaurantbesuche, Treibstoff usw.) Interessierte, die eigens für Veranstaltungen oder andere kulturelle Zwecke anreisen, bezahlen neben den Eintrittsgeldern Parkgebühren, suchen ein Restaurant auf oder übernachten bestenfalls in einem örtlichen Hotel.275 Eben diese wertschöpfungserhöhenden Vorgänge werden in sogenannten „Umwegrentabilitätsrechnungen“ bzw. „Kosten-Nutzen-Analysen“ erfasst. Siller, der Kultur als Wettbewerbsfaktor für den nachhaltigen Erfolg sieht, fasst konkrete ökonomische Effekte von kulturellen Engagements in Österreich zusammen: Die Kulturhauptstadt Graz 2003 konnte zusätzlich 156.000 Nächtigungen bzw. 1.580 Arbeitsplätze verzeichnen. Der gesamte Wert- schöpfungseffekt belief sich auf rund 76 Millionen Euro. Die zahlreichen Kulturfestivals in Tirol generieren bereits in der Probenzeit durch die Mitarbeiter ein Plus von 50.000 Euro.276 Erwähnenswert ist dahingehend eine Studie der Wirtschaftskammer Salzburg, die sich mit den wirtschaftlichen Effekten der Festspiele beschäftigt. Quintessenz der Untersuchung ist, dass die Salzburger Festspiele als wirtschaftlicher Motor angesehen werden, der über die Grenzen des Bundeslandes hinausstrahlt. Die Studie konnte errechnen, dass die Festspiele eine jährliche Wertschöpfung in Salzburg von rund 183 Millionen Euro generieren und ca. 2.800 Vollzeitar- beitsplätze schaffen, im Schnitt bleiben die Urlauber knapp eine Woche in der Stadt – die bran- chenübergreifende direkte und indirekte Wirkung für die öffentliche Hand beläuft sich auf 77 Millionen Euro an Steuern und Abgaben. Insofern „lösen die Salzburger Festspiele als weltweit führendes Musik- und Theaterfestival weit mehr als nur fiskalische Effekte aus – sie erfüllen als Zentrum eines organisch gewachsenen wirtschaftlichen Öko- sytems viele Funktionen und erzeugen Wirkungen, die den Unternehmensstandort Salzburg tief

274 Vgl. dazu Regionalwirtschaftliche Analyse der Umwegrentabilität der Ausgaben im Kulturbereich. Eine regi- onalwirtschaftliche Analyse für das Bundeland Oberösterreich (2016), online unter: http://www.land-oberoester- reich.gv.at/files/publikationen/Umwegrentabilitaet_Kulturbereich.pdf und Bartsch (2010) und Siller (2010) 275 Vgl. Bartsch (2010), S. 24. 276 Vgl. Siller (2010), S. 145.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 96

prägen.“277

Die genannten Beispiele sollen für die potenzielle ökonomische Relevanz der Kulturarbeit sen- sibilisieren. Die Dimensionen von solch städtischen Großveranstaltungen lassen sind selbstre- dend nicht mit jenen in ländlich strukturierten Gebieten vergleichen. Die wirtschaftlichen Ef- fekte der kulturellen Akzente zeigen sich am Land in abgespeckter Form oder kaum, je nach vorhandener kultureller Infrastruktur und den allgemeinen Grundvoraussetzungen. Gemäß Of- ner „wissen die Gewerbetreibende und die Gastronomie in der Gemeinde, dass sie im Prinzip wieder von den Vereinen lebt. Jede Weihnachtsfeier und Jahreshauptversammlung findet beim Wirt statt, nach der Probe geht man hin. Natürlich gibt es ein Vereinslokal, wo es auch eine Verpflegung gibt, aber im Endeffekt geht man zum Wirt. Wenn es keine Vereine gibt, gibt es bald auch keinen Wirt mehr.“278

Ein wesentliches Element der Umwegrentabilität von Kultur am Land ist der Ausschank in direktem Zusammenhang mit den Kulturveranstaltungen und -trägern, wie in den Interviews deutlich geworden ist. Kultur wird jedenfalls als Wirtschaftsfaktor in den beleuchteten Kom- munen anerkannt, ist aber nur teilweise für Landgemeinden wirklich von gewichtiger Bedeu- tung. „Die Gasthäuser leben mit und der Tierpark, das Schloss und das Wachsfigurenkabinett: diese haben in sich um die 80.000 Besucher und wenn er die Keltenwelt auch noch mitnimmt, bleibt der Gast länger da, für unsere Gastbetriebe ist es nicht gänzlich unwichtig.“279

Ferner gehen aus dem kommunalen Kultursektor prinzipiell keine Beschäftigungsverhältnisse hervor. Ausgenommen sind Aktivitäten, die von der Gemeinde aus organisatorischen und för- derungsbehafteten Gründen in einen Verein ausgelagert worden sind (z.B. Keltenwelt Frög; Museum 1915-1918). Insgesamt ist der Kulturtourismus in den ländlichen Kommunen Kärntens kein maßgeblicher Faktor, dementsprechend sind auch die Effekte der Umwegrentabilität überschaubar. Hier lässt sich der Bogen zur bestehenden Infrastruktur spannen: Sind keine oder kaum Dienstleister vor Ort vorhanden (z.B. Maria Saal, Baldramsdorf), können keine Serviceleistungen von Besuchern in Anspruch genommen werden, de facto wirkt es sich nicht auf die Wertschöpfung aus. In Griffen ist man der Auffassung, dass die Wirtschaftlichkeit der Kultur Thema des Tourismus ist.Ausnahmen bilden Hüttenberg und Ossiach, die sich als Tourismus- und Kulturgemeinden positionieren und als Standort der Carinthsichen Musikakademie mit Ganzjahresbetrieb auf- warten und auf Grund des anspruchsvollen Angebotes großen Anklang haben:

277 WKS, Salzburger Festspiele: Ein wirtschaftlicher Motor mit Wirkung weit über Salzburg hinaus (2016), on- line unter: https://www.salzburgerfestspiele.at/Portals/0/2016-08-19%20Festspielstudie_WKS_D.pdf (Zugriff: 6.6.18) 278 Interview Ofner (Hüttenberg) 279 Interview Gerber (Rosegg)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 97

„Wir haben jährlich um die 17.000 Besucher in den Museen. Im Sinne der Umwegrentabiliät haben wir einen großen wirtschaftlichen Vorteil. Dasselbe gilt für Knappenberg mit dem Musikzentrum. Natürlich haben wir dort die Nächtigungen, aber auch der Nahversorger sagt, dass er den Betrieb ohne den Musikverein nicht aufrechterhalten kann. Er weiß dadurch, mit wie viel Wertschöpfung er im Jahr rechnen kann.“280

Entgegen der anfänglichen Auffassung, dass Ossiach als Standort eines hochrangigen Musik- festivals einen Vorteil hat, bekräftigt Huber, dass sich die Situation dahingehend in den letzten Jahren nicht verbessert hat. Der Prozentsatz jener Menschen, die wegen des Carinthischen Som- mers in Ossiach urlauben, liegt lediglich bei 2%. Die Aufteilung des Carinthischen Sommers auf mehrere Schauplätze hat sich nachteilig für den kleinen Ort am Ossiacher See entwickelt, was Huber stark kritisiert: „Also da gibt es Diskussionen, was ist ein Festival? Ist es verortet? Aus meiner Sicht ist ein Festival verortet – es geht dabei immer um die persönliche Beziehung zwischen dem Veranstalter bzw. der Intendanz und dem Künstler. Genauso ist das auch entstanden, durch die persönliche Beziehung der Intendanten, die weltbe- rühmte Künstler hergebracht haben. Von den weltberühmten Künstlern sind wir derzeit weit entfernt. Die Vorstellung, dass man die Veranstaltungen auf mehrere Orte verteilt, wird zu mehr Kosten führen und hat aus meiner Sicht mit einem Festival, wie es aus meiner Sicht definiert ist, nicht mehr viel zu tun. Es ist eine Veranstaltungsreihe geworden. Es ist auch nicht vorstellbar, dass die Salzburger oder Vorarlberger Festspiele das ganze Land bespielen.“281

Was hier keine Erwähnung findet, aber ein sehr wesentlicher Faktor für viele ländliche Ge- meinden, die kulturell etwas anzubieten haben, ist, ist der Imagefaktor. Im Rahmen der Regio- nalentwicklung wird dem Image eine nicht zu unterschätzende Wirkungsmacht zugesprochen.

3.3.2. Regionale Wertschöpfung: Image, Standort, Lebensqualität

Dass Standorte mit spezifischen kulturellen Veranstaltungen und Künstlern in Verbindung ge- bracht werden, ist, wie bereits mehrfach erwähnt, keine Seltenheit. Orte wie Salzburg, Byreuth oder Weimar haben es geschafft, sich ein attraktives Image als Kulturstadt aufzubauen. Daraus lässt sich schließen, dass Kultur sich zu einer signifikanten Komponente des Standortmarke- tings etabliert hat. Die Grundvoraussetzung dafür ist jedoch, dass Kultur als Entwicklungsfak- tor erkannt und akkreditiert wird, wofür in erster Linie die kulturellen Kernkompetenzen fest- zumachen sind. Regionale Verantwortungsträger müssen sich der spezifischen Angebote, Fä- higkeiten und Ressourcen bewusst sein, sich aber genauso an den lokalen Traditionen und Po- tenzialen orientieren. Inwieweit Kultur für die Erhöhung der regionalen Wertschöpfung genutzt

280 Interview Ofner (Hüttenberg) 281 Interview Huber (Ossiach)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 98 wird, ist nämlich von den politischen Strukturen bezüglich Kulturförderung und -nutzung ab- hängig.282 Ein positiver Imagegewinn kann selbstredend nicht errechnet oder quantitativ ge- messen werden. Werbung kann, vor allem in kleinen Gemeinden mit geringen finanziellen Spielräumen, nur bis zu einem bestimmten Grad gemacht werden. Insofern sind kulturelle Ak- zente eine willkommene Möglichkeit, das Bild, das nach außen transportiert wird, aufzupolie- ren, darin sind sich Gerber, Stampfer und Richau einig.283 Ein weiteres Argument, das eine solche Vorgehensweise bekräftigt, ist, dass sich in der Standorttheorie ein Wandel vollzogen hat: Anstelle der ökonomischen Größen geht der Trend dahin, weiche, nicht-wirtschaftliche Faktoren stärker zu berücksichtigen. Erklären lässt sich das anhand der Tatsache, dass sich harte Standortfaktoren im globalen Wettbewerb immer mehr aneinander angeglichen haben – Aspekte wie die Lebensqualität und Lebensbedingungen er- langen in der Debatte rund um Wirtschafts- und Standortfaktoren mehr Bedeutung. „Standorte stehen in einem globalen Wettbewerb: Sie konkurrieren um Unternehmensansiedlungen und Ar- beitsplätze, um Infrastrukturinvestitionen, touristische Attraktionen und immer mehr auch um hochqualifi- zierte Arbeitskräfte. Dabei sind Regionen komplex zu vermarktende Produkte (...). Immer häufiger spielen daher die „weichen Standortfaktoren“ wie Kultur, Unternehmergeist, Flexibilität und Dynamik eine Rolle. Hier kommt es darauf an, sich eine einzigartige Identität zu schaffen, die mehr von intangiblen als von tan- giblen Faktoren geprägt ist (...)“284

Die Krux an weichen Standortfaktoren ist, dass sie nicht objektiv messbar oder auf Anhieb quantifizierbar und verglichen werden können: Sie bedürfen einer persönlichen Beurteilung und können im Gegensatz zu harten Standortfaktoren nicht monetär bewertet werden. Grund- sätzlich unterscheidet man zwischen unternehmensbezogenen (Wirtschaftsklima oder Image der lokalen Niederlassung) und personenbezogenen weichen Faktoren, die da wären das Woh- numfeld, die Umweltqualität und eben die Kultur. Diese wirken sich zwar nicht postwendend auf die Unternehmenstätigkeit aus, doch sind sie im Rahmen der subjektiven Präferenzen von Arbeitnehmern relevant.285 Für Zoppoth ist Kultur als Image- und Standortfaktor (...) vor allem in ländlichen Bereich sehr wichtig. Auf dem könnte man viel aufhängen, was in weitere Folge auch wirtschaftliche Auswirkungen hat. Für viele ist es lebenswichtig, dass sie vor Ort Kultur vor- finden. Ich will jetzt nicht sagen in einer gewissen Bildungsschicht, aber viele, die sich im Berufsleben Herausforderungen suchen, suchen diese auch im Privaten. Die legen sehr viel Wert auf Zerstreuung, Abwechslung und Möglichkeiten um Kultur zu genießen. Wenn ich in Kötschach wohne und arbeite aber 200 Kilometer fahren muss um einmal im Jahr ein Theater zu sehen, dann ist das nicht unbedingt positiv und förderlich dafür, sich dort niederzulassen. Wenn wir da mehr hätten, wäre es sicher ein Ansporn da zu bleiben oder hierher zu kommen (...).286

282 Vgl. Pechlanger/Lange (2009), S. 84-88. 283 Vgl. Interview Stampfer (Gnesau), Richau (Rosegg), Gerber (Baldramsdorf) 284 Pechlaner/Bachinger (2010), S. 5. 285 Vgl. Pechlanger et al. (2010), S. 16. 286 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 99

Getreu dem Motto „jobs follow pepole“ begründete Richard Floridas287 die These, dass die kreative Leistung von Individuen für das Wirtschaftswachstum einer Region ausschlaggebend ist. Florida spricht von einer kreativen Klasse, die von attraktiven Regionen angezogen wird und sich durch einen hohen Grad an Mobilität auszeichnet. Dementsprechend sammelt sie sich in diesen Gebieten, was ein Anreiz für die Ansiedelung von Unternehmen ist und in weiterer Folge Wohlstand generiert. Gemäß Floridas Untersuchungen hatte der Wohnort für drei Viertel der qualifizierten Befragten einen höheren Stellenwert als der Job. Insofern sind nicht die Un- ternehmen selbst die wirtschaftliche und soziale Schlüsseleinheit, sondern die Region.288 Damit eine Region als attraktiv gilt, braucht es Lebensqualität.

Der ländliche Raum ist Lebensmittelmittelpunkt für viele Österreicher. Trotz struktureller Nachteile, mit denen Bewohner von ruralen Räumen umgehen müssen, ist in den Gesprächen der Aspekt der Lebensqualität deutlich hervorgekommen. In allen der fokussierten Gemeinden, wurde betont, dass die hohe Lebensqualität im jeweiligen Gebiet ein Anreiz sei, dort zu leben. Die Lebensqualität an sich ist die subjektiv wahrgenommene Befriedigung der eigenen Bedürf- nisse. Sie hängt von den individuellen Lebenserwartungen bzw. Wahrnehmung der Lebenssi- tuation ab.289 Huber schlussfolgert dahingehend: „Das ist eine Lebenseinstellung. Es gibt Menschen, die gerne in der Stadt wohnen. Bei uns genießen viele 290 den Freiraum und das persönliche Kennen des Nachbarn.“

Viele der Einwohner des ländlichen Raumes nehmen infrastrukturelle Mankos oder das Pen- deln in Kauf: Freiraum, Natur, Idylle, Kinderbetreuung, Gemeinschaftszugehörigkeit und Kul- tur sind Faktoren, die dafür verantwortlich sind, dass z.B. eine Gemeinde wie Hüttenberg ge- ringe, aber dennoch wachsende Einwohnerzahlen verzeichnen kann.

Überdies wird die Wechselwirkung zwischen Kultur und Regionalentwicklung in der Studie „Der Kreativ Motor für die regionale Entwicklung“ der österreichischen Kulturdokumentation akzentuiert. Dort wird zum Ausdruck gebracht, dass, obwohl der reziproke Nutzen derzeit noch nicht in ausgereifter Form erschlossen ist, Kultur die Struktur- und Regionalentwicklung mittels Standortattraktivität, Kohäsion und Beschäftigungsmöglichkeiten ankurbelt. Um regionalpoli- tische Zielsetzungen zu erreichen, gilt es, alle gesellschaftlichen Teilbereiche zu berücksichti- gen, dazu zählen natürlich Kunst, Kultur. Dahingehend werden in der Untersuchung Kunst-,

287 Vgl. Florida (2002) 288 Vgl. Regionalwirtschaftliche Analyse der Umwegrentabilität der Ausgaben im Kulturbereich. Eine regional- wirtschaftliche Analyse für das Bundeland Oberösterreich (2016), online, S. 13. 289 Vgl. Pechlaner et al. (2010), S. 18. 290 Interview Huber (Ossiach)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 100

Kultur- und Kreativwirtschaftsprojekte der Regionalförderprogramme in Österreich von 2007 bis 2010 unter die Lupe genommen, die mittels EU-Regionalpolitik finanziert und realisiert wurden. Im Detail hat sich erwiesen, dass das kulturelle Erbe den umfangreichsten Themen- block darstellt. Angesichts des kulturellen Profils der ländlichen Gemeinden ist das nicht ver- wunderlich. Für die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes, für die Instandsetzung von bau- kulturellem Erbe und Museen werden mehr Mittel eingesetzt als im Bereich der zeitgenössi- schen Kulturarbeit.291

Wesentlich ist desgleichen die positive Wahrnehmung und Wertschätzung seitens der Bevöl- kerung.292

3.3.3. Kultur und Gesellschaft: Identifikation und Nutzen

Kultur und Identität scheinen eng miteinander verwoben zu sein. Die Komplexität des Kultur- begriffs wurde bereits in einem einleitenden theoretischen Kapitel aufgearbeitet. Nichtsdesto- weniger stellt ebenso die „Identität“ ein komplexes Themenfeld dar - in Abhängigkeit von der jeweiligen Fachrichtung werden differenzierte Sichtweisen vorgeschlagen. Allgemeinhin wird die „Identität“ laut Duden als „Echtheit einer Person (...); völlige Übereinstimmung mit dem, was sie ist oder als was sie bezeichnet wird“ definiert. In einem psychologischen Sinn wird darunter die als < Selbst > erlebte innere Einheit der Person“293 definiert. Weitere Anknüpfungspunkte die mit dem Konzept einhergehen bzw. die eine erwei- ternde Perspektive darstellen, sind die regionale bzw. die kulturelle Identität. Diese Aspekte sind im Rahmen des Forschungszweckes deshalb von Bedeutung, weil mit der kommunalen Kulturarbeit in ländlichen Gebieten eine starke Partizipation der Bürger einhergeht und Kultur verbindet. Insofern ist es wichtig zu beleuchten, welche gesellschaftlichen Implikationen das mit sich bringt und inwiefern ein kulturelles bzw. regionales Selbstverständnis der einheimi- schen Bevölkerung einer Region und der örtlichen kulturellen Produktivität nützen kann.

3.3.3.1. Regionale Identität

Zunächst soll darauf hingewiesen sein, dass der Terminus „regionale Identität“ an sich als trü- gerisch aufzufassen ist. Regionale Bezüge entstehen nicht aus der Raumkategorie, sondern aus

291 Vgl. Ratzenböck (2011), S. 5. 292 Vgl. Pechlanger/Lange (2009), S.97. 293 Duden „Identität“, online unter: https://www.duden.de/rechtschreibung/Identitaet (Zugriff: 12.6.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 101 dem Individuum heraus und sind somit Teil der subjektiven Identität. Weigl resümiert dahin- gehend, dass es in einer Region tendenziell so viele regionale Identitäten wie Menschen gibt. Hier wird die Korrelation zwischen Subjekt und Region und deutlich: Die „Region“ an sich ist konstruiert und existiert erst, wenn sie als solche von Menschen wahrgenommen wird, ansons- ten bleibt sie ein politisch-administratives oder wissenschaftliches Konzept, ohne „gesellschaft- liche Tiefenwirkung“. Damit diese Wahrnehmung aufrecht erhalten werden kann, benötigt es Personen, die eine Region als solche identifizieren und ihr öffentlich Attribute zuschreiben. Darüber hinaus stellen die Begrifflichkeiten einen Konnex zur kollektiven Identität her: Indivi- duen sehen sich als Teil eines großen Ganzen.294 Schon Aristoteles hat den Mensch als „zoon politikon“ bezeichnet und spielt damit auf den Sozialtrieb der Menschen an, die von Natur aus dazu neigen, sich instinktiv zu Gemeinschaften und Gruppen zusammenzuschließen, was sei- tens der Verhaltensforschung bestätigt wurde. Assmann akzentuiert ferner, dass dies zur menschlichen Grundausstattung gehört, vergleichbar mit Tieren, die in Rudeln leben. Die Zu- gehörigkeit zu einem Kollektiv und der Zugriff auf ein gemeinsames Symbolsystem ist das, was die kollektive Identität ausmacht.295 „Denn es geht dabei nicht nur um Wörter, Sätze und Texte, sondern auch um Riten und Tänze, Muster und Ornamente, Trachten und Tätowierungen, Essen und Trinken, Monumente, Bilder, Landschaften, Weg- und Grenzmarken.“296

Kultur ist ein Faktor, der Menschen zusammenbringt, wie auch in der Literatur bestätigt wird.297 „Grundsätzlich muss man sagen, dass Hochkultur deshalb förderungswürdig ist, weil Themen, die man anstößt, die Gesellschaft immer wieder verändert haben. Es zu finanzieren ist aber kaum möglich. (...). Auf der anderen Seite ist die Volkskultur sehr wesentlich, weil dadurch Zusammenhalt geschaffen wird. Heute haben die Menschen haben immer weniger Möglichkeiten etwas gemeinsam zu machen, so sind sie aber in den Musik-, Sport- und Kulturverein (...) eingebunden.“298

3.3.3.2. Kulturelle Identität

Neben einer regionalen Perspektive, kann das Konstrukt der Identität ferner aus einem kultu- rellen Blickwinkel betrachtet werden. Dass Orte und Regionen mit Kulturveranstaltungen, Künstlern oder Kulturschaffenden in Verbindung gebracht werden, ist schließlich keine Selten- heit, sondern allgegenwärtig. Bereits an dieser Tatsache werden die identitätsstiftenden Aus- wirkungen der Kultur deutlich: Salzburg als Mozartstadt, die Seefestspiele in Mörbisch, Griffen und Handke oder der Ossiacher See und der Carinthische Sommer. Kulturelle Bezugspunkte und Traditionen sind im ländlichen Raum Kärntens zwar oft historisch gewachsen, wie der

294 Vgl. Weigl (2010), S. 264f. 295 Vgl. Assmann (1999), S. 138f. 296 Assmann (1999), S. 139. 297 Vgl. Thallmair (), S. 16. 298 Interview Zwischenberger (Maria Saal)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 102 status quo der Kulturlandschaft gezeigt hat, sie können aber genauso abgekoppelt von Traditi- onellem, neu geschaffen werden (z.B. Kulturraum Obervellach,) Jedenfalls kann dadurch das Stadt- bzw. Ortsbild bereichert werden und in weiterer Folge zur Profilbildung und Positionie- rung von Regionen beigetragen werden, wie am „best practice“-Beispiel Gmünd veranschau- licht worden ist. Erstrebenswertes Resultat im gesellschaftlichen Sinn ist, dass Bewohner sich mit dieser ortsspezifischen Kultur identifizieren, was sich fördernd auf den Zusammenhalt, die Integration und die Identifikation auswirkt.299 Vor allem in ländlichen Regionen sind Tradition und Geschichte bedeutende Aspekte in puncto Identitätsstiftung – außerdem sind die Ergeb- nisse des kulturellen Engagements der Bürger schnell und direkt absehbar (kürzere bürokrati- sche Wege). Im Vergleich zu Großstädten ist es einfacher, etwas zu bewegen und insofern das Verantwortungsgefühl des Einzelnen gegenüber der Gesellschaft positiv zu beeinflussen.300

Wie Luger konstatiert, setzt sich die kulturelle Identität theoretisch aus zwei konträren Konzep- ten zusammen. Charakteristisch ist einerseits die Orientierung nach innen. Die Konstruktion einer „Wir-Identität“ wird durch die persönliche Verbindung zu einer Bezugsgruppe, Kultur oder Subkultur, die auf denselben Symbol- und Bedeutungsvorrat zugreift sowie gleiche Ver- haltensweisen aufweist, geschaffen. Ein Individuum, dass sich mit einer Gesellschaft identifi- ziert, ist dazu in der Lage, mit den anderen Mitgliedern angemessen zu interagieren und zu kommunizieren. Infolgedessen ist die kulturelle Identität als ein Konsens hinsichtlich Norm- vorstellungen zu verstehen. In einer nach außen gerichteten Perspektive sind kulturelle Identi- täten hingegen dafür zweckdienlich, sich mit anderen zu vergleichen, um Differenzen, Grenzen und Ähnlichkeiten zu eruieren.301

Dessen ungeachtet stellt sich nun die Frage, welche Implikationen mit einem regionalen und kulturellen (Selbst)Bewusstsein einhergehen. Auf Grund der Tatsache, dass die beiden Kon- zepte eng miteinander verwoben sind, können die Auswirkungen dieser aufeinander übertragen bzw. zusammengefasst werden. Die Forschungsliteratur ist sich einig, dass die positive Wirkungsmacht von regionaler und kul- tureller Identifikation nicht zu unterschätzen ist. Die Verbundenheit mit Region und ortsspezi- fischer Kultur stärkt das Engagement der Bürger für eben diese, sowohl nach innen als nach

299 Vgl. Schön/Lange (2010), S. 153. 300 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (online), S. 102. 301 Vgl. Luger (1998), S. 6, online unter: http://www.uni-salzburg.at/fileadmin/oracle_file_imports/1175332.PDF (Zugriff: 12.06.18)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 103 außen. Es ist allgemein bekannt, dass Orte und Regionen sich als starker und attraktiver Stand- ort präsentieren können, wenn das auch von der ortsansässigen Bevölkerung gelebt und prakti- ziert werden kann. Je eher Menschen sich kulturell und regional verankert fühlen, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch in Krisenzeiten der Region gegenüber verpflichtet fühlen. Vor allem in ländlichen Gebieten, die sehr häufig von Abwanderung betroffen sind, ist dies ein Aspekt, den man nicht außer Acht lassen sollte. Wie Weigl, der sich intensiv mit Wir- kung und Voraussetzungen der regionalen Identität beschäftigt, feststellt, konnte in zahlreichen empirischen Studien nachgewiesen werden, dass Individuen mit einer ausgeprägten regionalen bzw. kulturellen Identität auch bei Verlust des Arbeitsplatzes die Region tendenziell nicht ver- lassen. Lebensqualität und ein hohes Zufriedenheitslevel der Bevölkerung können von Kom- munen, vor allem in ruralen Gebieten, dementsprechend als nachhaltige Konzepte, um der Landflucht entgegen zu wirken, fokussiert werden.302

Wie in der Untersuchung evident geworden ist, ist Kultur ohne Zweifel als identitätsstiftendes und gemeinschaftsförderndes Element anzusehen. Das zeigt sich u.a. im gemeinsamen Umgang mit dem kulturellen Erbe. „Das Kulturelle stärkt die Gemeinschaft und den Zusammenhalt – vor allem das Wir-Gefühl. Wenn das in einer Gruppe vorhanden ist, dann verabschiedet man sich nicht so schnell, deshalb ist das Kulturelle auch so wichtig. WIR haben zusammen einen Verein.“303 So gibt es in jeder der untersuchten Gemeinden im ländlichen Gebiet mehr als einen Verein, in dem Bräuche, Tänze, Tracht und Tradition gepflegt und erhalten werden. Da in jeder der be- gutachteten Kommunen Angebote aus dem Bereich der Traditions- und Brauchtumspflege vor- handen sind, kann verallgemeinert werden, dass dieser in Kärnten flächendeckend angenom- men wird. Seien es nun die archäologische Forschung, Feste, die Restaurierung von Denkmä- lern und alten Bauwerken oder aber die Bewahrung von traditionellen Fertigkeiten und Bräu- chen: Das aktive Beschäftigen mit dem kulturellen Erbe ist essentiell für das eigene Selbstver- ständnis und trägt dazu bei, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden.304 Wie Richau, Bürgermeister der Marktgemeinde Rosegg, Standort der Keltenwelt Frög, zu ver- stehen gibt: „Eine Gegend, die nichts Kulturelles bereitstellt, stirbt. Obwohl es abgedroschen klingt, aber wenn man nicht um die Vergangenheit Bescheid weiß, kann man die Zukunft nicht aktiv und richtungsweisend wei- terentwickeln, sondern schwimmt nur mit.“305

Neben dem Aspekt des allgemeinen Erhalts der Kulturlandschaft, kann die Auseinandersetzung

302 Vgl. Weigl (2010), S. 266ff. 303 Interview Stampfer (Gnesau) 304 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (online), S. 42f. 305 Interview Richau (Rosegg)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 104 mit dem kulturellen Erbe für Außenstehende oder Zugezogene helfen, Eigenarten und die Ent- wicklungsgeschichte der neuen Heimat zu begreifen und Bezugspunkte zu entschlüsseln.306 So werden in Ossiach und Kötschach-Mauthen laufend Akzente gesetzt, um den kulturellen Austausch, vor allem mit Flüchtlingen, zu fördern. Da Asylwerber auf Grund der Rechtslage nicht arbeiten dürfen, engagieren sie sich in Kötschach-Mauthen ehrenamtlich innerhalb eines selbst gegründeten Vereins: „Sie bieten Kooperationen mit den anderen ortsansässigen Vereinen an, um verschiedene Projekte zu realisieren. Im letzten Jahr haben sie den Adventmarkt mitgestaltet und dabei exotische Speisen angebo- ten und Selbstgebasteltes verkauft. Ich finde es wichtig, den kulturellen Austausch nicht als Bedrohung zu sehen, wie es im Wahlkampf gehandhabt worden ist. Im kleinen Bereich lässt sich das auch sehr gut organisieren. Bei uns haben sich 70 Freiwillige für 40 Flüchtlinge gemeldet.“307

Auf diese Weise werden bewusst Berührungspunkte zwischen den verschiedenen Kulturen ge- schaffen, wodurch anfängliche Hemmschwellen abgebaut werden konnten. Durch den rezipro- ken Austausch ist es möglich, Ressentiments zu entschärfen, meint Zoppoth weiter. Außerdem deutet er die Situation als Entwicklungspotenzial für das Lesachtal, das prinzipiell mit starker Abwanderung zu kämpfen hat und Zuzug dringend benötigt. Als problematisch bewertet er allerdings die Flüchtlingspolitik, wenn es sich um den Arbeitsplatzstatus handelt. Heimische Betriebe wären zwar grundsätzlich dazu bereit, Flüchtlinge einzustellen, doch ist das gesetzlich kaum umsetzbar.308 „Wenn Menschen aus Afghanistan, dem Iran, Irak oder egal welcher Herkunft, sich bemühen und integ- rieren wollen, dann müssen wir sehr dankbar sein, wenn sie in unserer Gemeinde bleiben wollen.“309

Ebenso in Ossiach wird vor Ort Integrationsarbeit geleistet, was im kleinen Rahmen gut funk- tioniert. Was die Entwicklungschance für den ländlichen Raum betrifft, ist Huber jedoch ge- gensätzlicher Auffassung. Problematisch in Ossiach ist, dass trotz friedlichem Zusammenleben, viele Flüchtlinge, sobald sie einen offiziellen Bleibestatus haben, sich um Wohnplätze in der Stadt umsehen. Freiwillige kümmern sich konkret um die Familien, indem sie Deutschunter- richt und den Schuldkindern Nachhilfe erteilen. Wenn Ossiach dann aber sobald als möglich wieder verlassen wird, um in die Stadt zu gehen, ist das in Hubers Augen nicht fruchtbar. Ei- nigkeit besteht also darin, dass die Flüchtlingspolitik teilweise als ineffektiv und widersinnig betrachtet wird.310 „Die Ballungszentren sind die Nutznießer, weil sie Zuzug haben. (...) So macht das aber keinen Sinn, weil wir die Last tragen. Das ist unbefriedigend.“311

306 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (online), S. 42. 307 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 308 Vgl. Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 309 Interview Zoppoth (Kötschach-Mauthen) 310 Vgl. Interview Huber 311 Interview Huber (Ossiach)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 105

Befriedigend ist hingegen das Miteinander der tibetischen und montanhistorischen Kultur im Görtschitztal. Das Tibetcenter in Hüttenberg wird heute von der einheimischen Bevölkerung als Bereicherung hingenommen, wie Ofner resümiert. Festzuhalten ist jedenfalls, dass das Zu- sammenwachsen zweier so unterschiedlicher Kulturen Zeit in Anspruch genommen hat, Initia- tive und Wille der Bewohner benötigt und nicht von Außenstehenden aufgezwungen werden kann.312 „Am Anfang war das Verhältnis sehr schwierig – die Bergmannskultur ist sehr tiefgründig und stark. Mein Vorgänger wollte die zwei Kulturen mit Nachdruck und zwanghaft von heute auf morgen verbin- den, woraus eine Abwehrhaltung in der Bevölkerung resultiert ist. Alle Hüttenberger sollten tibetische Grußworte und Verhaltensweisen lernen. In den letzten Jahren hat sich das aber verbessert, die Kulturen begegnen sich mit gegenseitiger Achtung und Respekt. Wenn das Tibetcenter Veranstaltungen organisiert sind immer viele Einheimische mit von der Partie.313

Das substantielle Bindeglied zwischen den Kulturen ist das Heinrich Harrer Museum. Es über- nimmt in Hüttenberg demnach nicht nur die Funktion eines international angesehenen Fre- quenzbringers, sondern zusätzlich als völkerverbindendes Kulturgut, das durch den in der Ge- meinde geborenen Heinrich Harrer eine Verbindung zwischen Hüttenberg und Tibet her- stellt.314

Die große Herausforderung sehen die Gemeindeverantwortlichen darin, Nachwuchspotenziale zu lukrieren, Kinder und Jugendliche für die Kulturarbeit zu motivieren und Hemmschwellen abzubauen. Das Interesse und die Begeisterung für Traditionen und Brauchtum beizubehalten bzw. zu wecken ist für rurale Gebiete, in denen die Kulturarbeit von der einheimischen Bevöl- kerung vollzogen wird, von immenser Relevanz. Zudem soll die Kulturarbeit nicht von stati- schem Ausharren, sondern aktiver und bunter Gestaltung determiniert werden, die Neues zu- lässt. Damit ist auch gemeint beispielsweise auf neue Zielgruppen, wie eben Flüchtlinge oder zugezogene Bewohner, zuzugehen.315 Bezugnehmend darauf besteht für Steinecke die Gefahr, dass der ländliche Raum seine kultu- relle Identität verliert, was sich nicht einwandfrei auf das Untersuchungsgebiet in Kärnten um- legen lässt.316 Gemeinden wie Baldramsdorf, Ossiach oder Maria-Saal liegen am vermeintli- chen Speckgürtel vom urbaneren Zentrum. Diese Orte können auf Grund der Stadtnähe keinen Bevölkerungsrückgang, sondern einen leichten Zuzug verzeichnen. Wie von Gemeindeverant- wortlichen festgestellt wird, werden diese Gebiete jedoch von vielen Pendlern ausschließlich als Schlafplatz „missbraucht“. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass Maria-Saal die größte

312 Vgl. Interview Ofner (Hüttenberg) 313 Interview Ofner (Hüttenberg) 314 Vgl. Interview Ofner (Hüttenberg) 315 Vgl. Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (2014), online, S. 42f. 316 Vgl. Steinecke (2007), S. 225.

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Bevölkerungsdichte aufweist. „Wenn man ein Vorort einer Stadt ist, wird die Gemeinde von den Leuten nur als Schlafstätte ausgenutzt. Viele, die in Klagenfurt arbeiten, bauen ihre Häuser hier. An den Wochenenden fahren sie für Freizeitak- tivitäten in die Berge oder besuchen kulturelle Veranstaltungen in der Stadt – es zieht sie weg vom Ort.“317

Grundsätzlich besteht in Maria Saal also kein Interesse seitens der Zugezogenen, am Kulturle- ben teilzunehmen, was, wie sich im Gespräch herausgestellt hat, als kritisch angesehen wird. Vor allem in Anbetracht der rund 20 Musik- und Kulturvereine, in denen die Verbindung mit den eigenen Wurzeln gepflegt wird und dem allgemeinen Trend zur Regionalität und Lokalität Rechnung getragen wird, kann aber nicht die Rede davon sein, dass die örtliche kulturelle Iden- tität in Mitleidenschaft gezogen wird. Gegensätzlich verhält es sich wiederum in Hüttenberg. Im Zusammenhang mit der Frage, was ein Anreiz wäre, in der Gemeinde im Görtschitztal zu leben, hebt Bürgermeister Ofner hervor, dass vor allem das Vereins- und Kulturleben sehr gut innerhalb der Gemeinde funktioniert. „Wir haben fast 30 Vereine und die meisten Menschen sind in irgendeiner Art und Weise eingebunden. (...) Gemessen an der Einwohnerzahl verzeichnen wir auch die meisten Zweitwohnsitze im Bezirk. Viele kommen aus der Bezirkshauptstadt St. Veit um ein Haus zu mieten oder zu kaufen und sind dann sofort in unser Gefüge eingebunden.“318

3.4. Handlungsempfehlungen

Der demographische Wandel und die Abwanderung aus strukturschwachen Räumen müssen von ländlichen Gemeinden in ihre Handlungs- und Entscheidungsstrukturen miteinbezogen werden – eine adäquate Dorf- und Ortsentwicklung sollte als essentielle Zukunftsaufgabe wahr- genommen werden. Selbstredend müssen diesbezüglich heterogene Faktoren berücksichtigt werden, nichtsdestoweniger sind diese eng miteinander verwoben und tragen zum Gesamtbild einer Region bei. Eine aktive und gesellschaftspolitisch relevante Kulturpolitik ist eine der Komponenten, die dazu beitragen können, eine Destination als attraktiven Standort zu positio- nieren (siehe Gmünd). Die Bedeutsamkeit eines einheitlichen Bildes, das nach außen transpor- tiert wird, wurde desgleichen von der Gemeinde Kötschach-Mauthen erkannt. Weitere Schritte dieser Art gibt es in Griffen und Bad Eisenkappel.

Summa summarum können aus der Untersuchung folgende Handlungsempfehlungen für die Kulturarbeit in ruralen Räumen abgeleitet werden:319

317 Interview Zwischenberger (Maria-Saal) 318 Interview Ofner (Hüttenberg) 319 Die nachfolgenden Ausführungen haben sich aus der Untersuchung ergeben bzw. wurden mit Anregungen aus dem Konzept zur „Kultur in den ländlichen Räumen Baden-Württembergs“ und aus „Kultur gestalten. Kul- tur leben. Gemeindekulturarbeit in Oberösterreich“ kombiniert und ergänzt (Vgl. Ministerium für Ländlichen

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 107

- Bezugnahme auf den demographischen Wandel: o Kinder und Jugendliche für die (Kultur)Vereinsarbeit und die Übernahme von spezifischen Aufgaben motivieren und aktiv ansprechen (zeitgemäße Kommu- nikationsmittel, Förderungen, Anreize setzen) o kulturelle Bildung fokussieren (in der Kommunal- und Bildungspolitik: Mal- werkstätten, Lesungen, Theaterworkshops) o die ältere Generation und deren Ambitionen berücksichtigen und einbinden o Menschen mit Migrationshintergrund als Zielgruppe und Kulturpublkim aner- kennen, Diversität und ethnische Vielfalt annehmen und nutzen - die ehrenamtliche Tätigkeit der Bevölkerung wertschätzen (Rahmenbedingungen aus- bauen, vorhandene Sachleistungen zur Verfügung stellen) - die Vernetzung und das Miteinander der Kulturschaffenden fördern (bei gesunder Kon- kurrenz), - Qualität der Kulturarbeit sicherstellen (Weiterbildungsmaßnahmen in fachlicher und rechtlicher/organisatorischer Hinsicht, Informationsveranstaltungen, Workshops) - Professionalisierung und aktive Auseinandersetzung mit der Kulturpolitik (z.B. Kul- turentwicklungsplan, Kulturleitbild) - Traditionelles und Altbewährtes (kulturelles Erbe, Tradition) schätzen, - zeitgenössische Kultur der Gegenwart und innovative Ideen unterstützen

III. CONCLUSIO & AUSBLICK

Die Frage wie sich Kulturarbeit im ländlichen Raum vollzieht, kann de facto nicht pauschal beantwortet werden. Obwohl die Forschungsergebnisse sich im Allgemeinen sehr miteinander decken, sind es heterogene Kriterien wie Naturfaktoren, die Siedlungsdichte oder Sozial- und Wirtschaftsstrukturen, die die Kommunalpolitik und in weiterer Folge, wie Lebensräume für Bewohner gestaltet werden, beeinflussen. Die Annahme, dass kulturelle Produktivität sich in strukturschwächeren Räumen nicht entfalten kann, kann anhand der durchgeführten Untersu- chung nicht bestätigt werden. Tatsache ist jedoch, dass Kulturarbeit am Land nach anderen

Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (2013), S. 95ff. (online) und Regionalwirtschaftliche Analyse der Umwegrentabilität der Ausgaben im Kulturbereich. Eine regionalwirtschaftliche Analyse für das Bundeland Oberösterreich (2016), online, S. 17)

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 108

Standards als im städtischen Bereich beurteilt werden muss, da grundsätzlich keine institutio- nellen Kultureinrichtungen vorhanden sind und die Infrastruktur ausbaufähig ist. Kärntner Ge- meinden im ländlichen Raum handeln grundsätzlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, um eine aktive Kulturszene innerhalb der Kommune zu etablieren. Was es dafür braucht, sind engagierte und kreative Kulturschaffende, Ressourcen und Verantwortungsträger, mit denen das Kulturle- ben am Land steht und fällt. Nimmt man Gebiete abseits von urbanen Ballungszentren wie Hüttenberg, Ossiach oder Bad Eisenkappel unter die Lupe, kann eine vielfältige Kulturland- schaft entdeckt werden. Entgegen der Annahme, dass man in ruralen Räumen ausschließlich auf Volkskultur, Brauchtum und Traditionspflege trifft, sind in fast allen durchleuchteten Ge- bieten, Ambitionen hin zu einer zeitgenössischen Gegenwartskultur offensichtlich. Zweifellos ist diesbezüglich der örtliche Kontext mitausschlaggebend (siehe Griffen -> Handke, Maria- Saal -> Tonhof, Ossiach -> Carinthische Musikakademie). Was braucht es für eine bewegte Kulturarbeit am Land? Die Besonderheit der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum liegt zweifellos darin, dass die intrinsische Motivation und ehrenamtliche Tätigkeit bzw. das Engagement der einheimischen Bevölkerung eines der Schlüsselelemente des örtlichen Kulturschaffens ist. Die Vereinsarbeit ist für ein reges Kultur- leben am Land maßgeblich. Insofern ist es von großer Relevanz, Kinder und Jugendliche von Kindesbeinen an für kulturelle Aktivitäten zu sensibilisieren und für die Vereinsarbeit zu mo- tivieren. Insbesondere in Anbetracht der demographischen Entwicklungen und Schwierigkei- ten, mit denen ländlichen Gebiete in Zeiten der Abwanderung konfrontiert sind, ist dies als signifikant zu beurteilen. Während in erster Linie das kulturelle Engagement der Bürger für Kulturangebote verantwortlich ist, sieht die kommunale Kulturpolitik ihre Aufgabe darin, adä- quate Rahmenbedingungen hierfür zu schaffen und unterstützend einzugreifen, wie sich die Verantwortungsträger einig sind. Vor allem auf Grund der gemeinschaftsbildenden Funktion der Kultur, wird ihr in der Kommunalpolitik eine Rolle zugesprochen, wenngleich hier deutli- che Unterschiede in den Gemeinden evident geworden sind. Ein möglicher Grund dafür ist, dass die Kommunalpolitik stark von den agierenden Personen und deren subjektiven Präferen- zen beeinflusst wird. So hat sich herausgestellt, dass Kultur einen höheren Stellenwert in Ge- meinden einnimmt, in denen die Kommunalpolitiker einen „kulturellen“ Hintergrund aufwei- sen und für die Thematik sensibilisiert sind. Daneben ist man sich in Kärntens ländlichen Gemeinden über die imagefördernde Wirkung der Kulturarbeit einig. Obwohl es keine belegten Studien mit fixen Zahlen dazu in den Gemeinden gibt, konnten positive wirtschaftlichen Effekte, wenngleich diese nicht quantitativ messbar sind, bestätigt werden.

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 109

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Interviews

Griffen: Interview mit Ulrike Sauerschnig (Referentin für Kultur, Jugend und Soziales) am 23.10.17

Kötschach-Mauthen: Interview mit Josef Zoppth (Ausschussobmann für Wirtschaft, Gewerbe, Tourismus, Land- und Forstwirtschaft, Kunst und Kultur) am 27.10.17

Obervellach: Interview mit Antonia Gössnitzer (Bürgermeisterin) am 30.10.17

Maria-Saal: Interview mit Hans Jörg Zwischenberger (Obmann des Ausschusses für Angelegenheiten der Familie, Kindergarten, Schule, Hort, Soziales, Gesundheit, Jugend, Sport, Integration, Kultur und Tourismus) am 31.10.17

Eisenkappel-Vellach: Interview mit Willi Ošina (Obmann Kulturausschuss) am 8.5.18

Gnesau: Interview mit Erich Stampfer (Bürgermeister) am 9.5.18

Ossiach: Interview mit Johann Huber (Bürgermeister) am 15.5.18

Hüttenberg: Interview mit Josef Ofner (Bürgermeister) am 25.5.18

Rosegg: Interview mit Franz Werner Richau (Bürgermeister) am 28.5.18

Baldramsdorf: Interview mit Heinrich Gerber (Bürgermeister) am 29.5.18

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 120

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Der Kulturbetrieb aus rechtlich-systematischer Sicht) ______32 Abbildung 2: Ziel und Zweck von Kulturbetrieben ______35 Abbildung 3: (Schweizer) Drei-Sektoren-Modell ______37 Abbildung 4: Frage nach der Größe der Kultureinrichtung (Österreichische Kulturdokumentation) ______38 Abbildung 5: Fundraising: Quellen & Unterstützung ______44 Abbildung 6: Entwicklung der Kulturausgaben in Kärnten, in Mio € ______46 Abbildung 7: Gemeindeausgaben ______49

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bevölkerungsverteilung 2001: OECD und Österreich ______26 Tabelle 2: Kommunale Kulturförderung ______86

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 121

Anhang

Interviewleitfaden

Allgemein: - Gemeindedaten: Einwohner (rückläufig?), Bevölkerungsdichte, Fläche - Altersstruktur der Bewohner? - Besonderheiten?, Sonstiges? - nächster größerer Ort bzw. Stadt? - Infrastruktur: Was ist vorhanden? Einkaufsmöglichkeiten? Große Firmen? Arbeitsplätze? Tourismus? Kulturtourismus? Speckgürtelgemeinde?

- Mit welchen Problemen sieht sich eine kleine Gemeinde im ländlichen Raum konfrontiert (allgemein)? Welche Probleme bringt das Leben am Land mit sich? Welche Vorteile? - Was ist problematisch hinsichtlich Kultur am Land?

- Welche Definition von Kultur vertritt die Gemeinde? Was verstehen Sie unter Kultur? Kul- turarbeit? - Wie wird das kulturelle Leben in der Gemeinde organisiert? (Privatrechtlich-gemeinnützig, öffentlich-rechtlich, Kirchliche/religiös, Privatrechtlich-kommerziell) - Was sind Voraussetzungen / Rahmenbedingungen für (gelungene) Kulturarbeit in ländlichen Gebieten?

Was ist in der Gemeinde vorhanden ……………? Kulturelles Angebot: - allgemein an kulturellen Angeboten - an kulturellen Veranstaltungen - an Kulturvereinen? Welche, wie viele? - an kulturellen Institutionen - anderer kultureller Infrastruktur - an professionell ausgeübten kulturellen Aktivitäten bzw. von „Laien“?

- speziell im Bereich Musik (Chöre, Orchester, Musikgruppen, Laienmusik, Konzertgastspiele, jugendmusikalische Bildung, Blasmusik) Festivals

- speziell im Bereich darstellende Kunst (Laientheater, Amateurbereich, Kleinkunstbühnen, Theatergastspiele, Kinder- und Jugendtheaterbereich, andere institutionelle Formen des Thea- ters -> Sprech-, Tanz-, Musiktheater)

- Baukultur: Gedenkstätten, Bauten, Denkmäler, Kleindenkmäler, historische Anlagen, archä- ologische Fundstätten, Ausgrabungen

- Museen, Archive

- Bildende Kunst: Ausstellungen, Galerien,

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 122

- Literatur: Bibliotheken, Lesungen, Vorträge - Film & Medien: Open-Air Kino

- kulturelle Bildungsangebote / Kulturpädagogik / Kulturvermittlung: Workshops, Landjugend, Landfrauen, Heimatfeste -speziell im Bereich Volkskultur / Tradition / Heimatpflege / kulturelles Erbe? - spartenübergreifendes, interkulturelles

- Welcher Resonanz erfreuen sich die Angebote? Werden sie angenommen? Gäbe es höhere Nachfrage als Angebote vorhanden sind? Gesellschaftliche Teilhabe? - Wo finden die Veranstaltungen hauptsächlich statt? Kultursaal …? Equipment vorhanden? -Wo wird ansonsten Kultur zu konsumiert? - Wohin können die Bewohner kommen, wenn sie Anliegen kultureller Natur haben? Anlauf- stelle? Wo? Wer besetzt diese? Nachfrage vorhanden? - Werden Menschen im Kultursektor in Ihrer Gemeinde beschäftigt? - Was würden Sie sich von Kulturschaffenden (in der Gemeinde – für die Gemeinde) wün- schen? Zusammenarbeit, Verbesserungen

- Gibt es eine Partnergemeinde? Wenn ja welche? Erfolgt hier ein kultureller Austausch? - Gibt es andere /weitere Kooperationen? Kooperationsmöglichkeiten im kulturellen Bereich? Kooperationen über die Gemeindegrenzen hinaus? Überregionales?

- Wie läuft die Kulturverwaltung / Kulturpolitik in Ihrer Gemeinde generell ab? - Gibt es Kulturförderrichtlinien? Kulturleitbild? - Wie erfolgt die Bewerbung / die Darstellung des öffentlichen Auftrittes? - Wie viel kann die Gemeinde hinsichtlich Kulturpolitik frei entscheiden? - Wie viel Budget wird für Kultur aufgewendet? - Inwiefern werden kulturelle Aktivitäten in der Gemeinde gefördert? Finanziell – wenn ja, kann jeder etwas ansuchen – wie viel kann er bekommen? Gesamtsumme, die ausgegeben wird; Materiell – wie? Welche Ressourcen können bzw. werden zur Verfügung gestellt? Nach wel- chen Prinzipien erfolgt einer Förderung? - Wie sehen / bewerten Sie die nationale Kulturpolitik? - Wäre eine Unterstützung / Hilfestellung / Servicestelle hinsichtlich Kulturpolitik / Kulturver- waltung für Sie wünschenswert / notwendig / erfreulich? Erwarten Sie Unterstützung von Bund oder Länder? - Sind Austauschmöglichkeiten / Treffpunkte / Plattformen vorhanden? Mit anderen Kulturver- antwortlichen? - Gibt es Unternehmen, die in der Kreativwirtschaftsbranche tätig sind?

- Allgemein: Was würden Sie sagen, ist das Besondere an / in ihrer Gemeinde? Wodurch zeich- net sie sich aus? Womit werben Sie? Was ist der USP? Natürliche Ressourcen? Was wäre ein Anreiz in Ihrer Gemeinde zu leben? - Was macht die Gemeinde in kultureller Hinsicht aus? Was ist besonders, speziell? Welche Potenziale sind vorhanden bzw. könnten noch ausgeschöpft werden?

Kultur am Land: Eine Analyse der kommunalen Kulturarbeit im ländlichen Raum Kärntens 123

- Auf einer Skala von 1 bis 10; Welcher Stellenwert wird Kultur in der Kommunalpolitik ein- geräumt? Warum? - Welche kommunalpolitischen Ziele in puncto Kultur verfolgen sie für die Zukunft? - Was bringt / kann bringen eine kulturelle Infrastruktur Ihrer Gemeinde? - Wie sehen Sie den Zusammenhang zwischen Lebensqualität und Kulturprogramm? Was sa- gen Sie zu Kultur als weicher Standortfaktor? Glauben Sie, dass Kultur ein gesellschaftlicher Mehrwehrt für die Bewohner ist? Sehen Sie Kultur als Image- und Wirtschaftsfaktor?

- Ist eine Dorfgemeinschaft vorhanden? Wie konstituiert sich diese? - Wirken sich Vereine positiv auf sie aus? - Wirkt Kultur sich in ihrer Gemeinde gemeinschaftsbildend aus? - Was sind weitere identitätsstiftenden Faktoren?