Das Krebsgeschehen Das in der der in Stadt Fürth im Landkreis Fürth

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Stand: Februar 2018 Daten: aus 2010-2014

3 Zusammenfassung

Das Krebsgeschehen in Stadt Fürth und Landkreis Fürth Ein Gesundheitsbericht des Gesundheitsamtes Fürth

Das Gesundheitsamt Fürth legt im April 2018 einen Gesundheitsbericht über das Krebsgeschehen in der Stadt Fürth und dem Landkreis Fürth vor.

Ausgangspunkt für diesen Bericht waren die vom Bayerischen Krebsregister veröffentlichten, für die Region Fürth erhöhten Zahlen an gemeldeten Krebsneuerkrankungen.

Das Gesundheitsamt sah sich veranlasst, der Ursache dieses Phänomens auf den Grund zu gehen und u.a. eine statistische Beurteilung durch das Krebsregister vornehmen zu lassen.

Im Anschluss an die Recherchen des Gesundheitsamtes ergab sich zwangsläufig auch die Aufgabe, Präventionsmaßnahmen zur Verringerung der Krebsneuerkrankungen zu diskutieren.

Zunächst werden einige wichtige Ergebnisse der statistischen Analyse, welche das Zentrum für Krebsfrüherkennung und Krebsregistrierung des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit im Dezember 2017 für die Region Fürth durchgeführt hat, vorgestellt.

Der Beobachtungszeitraum des Berichtes sind die Jahre 2010 - 2014, also die zum Zeitpunkt der Analyse aktuell verfügbare 5-Jahres-Kohorte. Dargestellt werden Anzahl der wohnortbezogen gemeldeten Neuerkrankungen (Inzidenzen) und Sterbefälle (Mortalitäten), sowie das Tumorstadium bei Erstdiagnose. Als Vergleichspopulationen dienen die Bewohner von Mittelfranken und Bayern. Bei nahezu allen Berechnungen wurden altersstandardisierte Zahlen verwendet, um so eine Verzerrung aufgrund unterschiedlicher Altersstruktur der Bevölkerung in den verglichenen Regionen zu vermeiden.

Die statistische Analyse zeigt drei wesentliche Ergebnisse: - Die Anzahl der von der Region Fürth ans Krebsregister gemeldeten neu an Krebs erkrankten Bürger ist in dem Beobachtungszeitraum 2010-2014 in vielen Entitäten signifikant erhöht. - Die Anzahl der gemeldeten Sterbefälle ist in der Region in deutlich weniger Entitäten erhöht. - Bei den Tumorarten, die Screening-Programme zur Verfügung stellen, wie Darmkrebs, Prostatakrebs, Brustkrebs werden Erstdiagnosen in nahezu allen Entitäten in der Region Fürth prozentual häufiger in sehr frühen Anfangsstadien gestellt als in Mittelfranken und Bayern.

Zur Einordnung der Dimension: Statistische Signifikanz ist nicht unbedingt gleichbedeutend mit Relevanz wenn die absoluten Zahlen sehr niedrig sind. Die statistisch signifikante Erhöhung der Meldungen der an „Allen Krebserkrankungen insgesamt“ neu erkrankten Bürger ist abhängig von der Vergleichsbevölkerung und beträgt in den Jahren 2010-2014 (altersstandardisiert), durchschnittlich pro Jahr:

Vergleichsbevölkerung Bayern: Stadt Fürth: 102 Männer, bzw. 69 Frauen mehr Meldungen pro 100 000 Bürgern Landkreis Fürth: 42 Männer, bzw. 21 Frauen mehr Meldungen pro 100.000 Bürgern als im bayerischen Durchschnitt Vergleichsbevölkerung Mittelfranken: Stadt Fürth: 71 Männer, bzw. 45 Frauen mehr Meldungen pro 100.000 Bürgern als im mittelfränkischen Durchschnitt Landkreis Fürth: unauffällig, im mittelfränkischen Durchschnitt

Werden einzelne Tumorarten analysiert befinden wir uns in Dimensionen, wie z.B. an Leberkrebs zwischen 2010-2014 verstorben gemeldete Männer: durchschnittlich sowohl in der Stadt Fürth, als auch im Landkreis Fürth beträgt die signifikante Erhöhung „3 Männer pro 100.000 Bürgern pro Jahr mehr als in der Referenzbevölkerung Bayern.“

4 Die Recherchen des Gesundheitsamtes Fürth ergaben folgende Erkenntnisse:

Stadt und Landkreis Fürth sind statistisch gesehen kleine Kollektive, die sehr empfindlich sind für zufallsbedingte Verzerrungen und Störgrößen.

Die entscheidende Beobachtung, dass die Inzidenzen fast alle erhöht sind, bei den Mortalitäten sich jedoch nur wenige Entitäten als auffällig erweisen, legt folgende Hypothesen nahe:

a) Früherkennungsuntersuchungen scheinen in der Region Fürth besonders häufig wahrgenommen zu werden. Für Brust-, Darm- und Prostatakrebs zeigt sich ein im Vergleich zu Bayern und Mittelfranken erhöhter Prozentsatz von Tumoren, die sich bei Erstdiagnose noch „in-situ“ befinden, dem ersten Anfangsstadium, also noch vor dem invasiven Wachstum, mit Ausnahme des Brustkrebses der Frauen im Landkreis. b) Gute medizinische Versorgung in der Region Fürth, an Krebs erkrankte Menschen sterben seltener an Krebs. In Stadt und Landkreis Fürth ist die Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen in vielen verschiedenen Entitäten erhöht, jedoch für die Sterbefälle ist nur noch bei wenigen einzelnen eine Erhöhung zu verzeichnen: Im Landkreis Fürth sind die Sterblichkeitsraten für alle untersuchten Entitäten unauffällig im Vergleich zur Bevölkerung Mittelfrankens. Bei Vergleich mit dem bayerischen Durchschnitt, ist einzig die Sterblichkeit der Männer mit Leberkrebs erhöht, die signifikante Erhöhung beträgt jedoch nur 3 Männer pro 100.000 Einwohner pro Jahr mehr als im bayerischen Durchschnitt. In der Stadt Fürth sind die Sterblichkeitsraten im Vergleich zur bayerischen Gesamtbevölkerung in den vom Lebensstil abhängigen (ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Tabak-und Alkoholkonsum) Entitäten erhöht, wie Krebserkrankungen der Atemorgane, Magen, Leber bei Männern und Darmkrebs bei Frauen. Im Vergleich mit dem mittelfränkischen Durchschnitt sind für die Stadt Fürth lediglich die Mortalität für Krebserkrankungen der Atemorgane bei Männern und Darmkrebs bei Frauen erhöht. c) Gut funktionierendes Meldewesen der Krebsneuerkrankungen der Region Fürth an das Krebsregister, in den Jahren 2010-2014, hinsichtlich Vollzähligkeit, bereits vor Einführung der Meldepflicht. d) Effektive Diagnostik mit hoher Aufdeckungsrate bei hohem therapeutischem Effekt e) Unspezifische Krebsrisikofaktoren könnten vorliegen, die mehrere verschiedene Entitäten erhöhen. Dies sind die oben erwähnten verhaltensbezogenen Risikofaktoren wie Tabak-und Alkoholkonsum, unausgewogene Ernährung und Bewegungsmangel, sowie sozio-ökonomische Benachteiligung.

Die Krebsregister werden professionell und mit Sorgfalt geführt. Dennoch ist es derzeit unmöglich, anhand der aus den Krebsregistern kommenden Daten kausale Zusammenhänge für die Krebserkrankungen einer Region abzuleiten. Keinesfalls kann abgeleitet werden, dass die Region Stadt- und Landkreis Fürth bezüglich des Krebsgeschehens im Vergleich zu Mittelfranken als auffällig beschrieben werden kann, im Gegenteil, paradoxer Weise kann die erhöhte Zahl der Meldungen ein qualitativ hochwertig funktionierendes Gesundheitssystem widerspiegeln!

Als regional bedingte Risikofaktoren zeigen sich in vielen Studien: Sozio-ökonomische Benachteiligung, regionale Unterschiede im Gesundheitsverhalten und die physische Umwelt. Für die Region Fürth relevante Risikofaktoren werden besprochen.

In der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth besteht seit Jahren eine kontinuierliche und nachhaltige von Politik, Verwaltung und ehrenamtlich tätigen Mitbürgern getragene Präventionsstrategie, die ausführlich vorgestellt wird.

Ableitbare Maßnahmen dieses Berichtes sind unter anderem für den Landkreis die Intensivierung der Teilnahme der Frauen an Mammographie-Screening-Untersuchungen. Für die Stadt Fürth ist die Erarbeitung einer sozio- ökonomischen Kartografie, im Sinne eines „Mikro-Indexes der multiplen Deprivation“ der einzelnen Stadtgebiete anzustreben, als solide Grundlage für Präventionsstrategien und Ressourcenverteilung.

Es ist geplant, den Bericht nach 2018 zu aktualisieren, sobald die neuen, bayernweit mit Meldepflicht und einheitlicher Systematik erhobenen Daten des Krebsregisters vorliegen.

5 Inhalt

Zur Einführung ...... 7 1 Statistische Methoden und Datenquellen ...... 8 2 Krebserkrankungen insgesamt ...... 11 3 Statistische Analyse des Krebsgeschehens in Stadt Fürth und Landkreis Fürth ...... 15 4 Recherchen des Gesundheitsamtes Fürth ...... 29 4.1. Das Krebsregister ...... 30 4.2 Regional bedingte Risikofaktoren ...... 35 5 Kontinuierliche und nachhaltige Prävention in Stadt-und Landkreis Fürth ...... 46 6 Ableitbare Maßnahmen ...... 53 Schlusswort...... 57 Quellennachweis ...... 58 Impressum ...... 60

6 Zur Einführung

Das Gesundheitsamt Fürth hat sich die Aufgabe gestellt, eine auf die Stadt Fürth und den Landkreis Fürth bezogene Gesundheitsberichtserstattung zu erarbeiten. Gesundheitsberichtserstattung hat zum Ziel, wichtige, in den Datenbanken vorhandene Zahlen, den Bürgern und den Entscheidungsträgern (Politik, Behörden etc.) zugänglich zu machen, um diesen so eine fundierte Begründung für die Anregung und Durchführung von Initiativen zur Verbesserung unserer Lebensbedingungen in die Hand zu geben.

Es wurde ein Thema gewählt, welches jeden von uns schon in seinem Leben beschäftigt hat – sei es als Betroffener, als Angehöriger oder als Akteur im Gesundheitssystem:

„Das Krebsgeschehen in Stadt Fürth und Landkreis Fürth“

Dieser Bericht stützt sich auf die vom Krebsregister Bayern erhobenen Zahlen der Jahre 2010-2014, welche vor der Verabschiedung des neuen Krebsregistergesetzes (März 2017), sowie vor Einführung des zentralen klinisch-epidemiologischen bayerischen Krebsregisters erhoben wurden. Um Verzerrungen wegen unterschiedlicher Erfassungsgrade zu vermeiden, wurden die Zahlen der Jahrgänge ab 2015 nicht einbezogen Es handelt sich um Zahlen, die vor Einführung einer gesetzlichen Meldepflicht registriert wurden und so gewisse methodische Besonderheiten aufweisen. Ab dem 1.4.2017 trat das neue Krebsregistergesetz in Kraft, das eine bayernweite, zeitnahe und möglichst vollzählige Krebsregistrierung ermöglicht. Das Gesundheitsamt Fürth hat es sich zur Aufgabe gestellt, einen erneuten, aktualisierten Bericht herauszugeben, sobald die neuen Zählungen dieser zentralen Krebsregistrierung zur Verfügung stehen werden.

Obwohl es sich aufgrund der sozio-ökonomischen Unterschiede um nicht unbedingt vergleichbare Regionen handelt, stellen wir die Werte von Fürth Stadt und Fürth Landkreis den Werten von Bayern oder auch Mittelfranken insgesamt, teilweise auch Nürnberg Stadt und Landkreis Nürnberger Land, Erlangen Stadt und Landkreis Erlangen-Höchstadt gegenüber.

Die Gesundheitsberichtserstattung stößt heute aufgrund der vorhandenen Datenschutzbestimmungen an ihre Grenzen, vor allem bei dem Versuch, kausale Zusammenhänge und Erklärungen für die beobachteten Phänomene zu finden. Wegen der komplexen und lange dauernden biologischen Vorgänge bei der Krebsentstehung ist es selbst bei Vorliegen aller individuellen Parameter im Einzelfall nur selten möglich, die konkrete Ursache des Tumors zu benennen.

Es werden zwei Schwerpunkte behandelt: die Analyse der registrierten Krebsfälle unter Berücksichtigung der Neuerkrankungen und Todesfälle, sowie die bestehenden und im Hinblick auf ihre Relevanz geplanten Präventionsmaßnahmen zur Krebsbekämpfung.

Gesundheitsberichtserstattung ist keine Geheimniskrämerei. Es wäre ein Erfolg, wenn dieser Bericht eine Anregung zu weiteren Diskussionen wäre, wenn Bürger und Entscheidungsträger aus Politik und Verwaltung neue Themen vorschlagen würden. Das Gesundheitsamt Fürth freut sich über von Ihnen kommende Impulse!

7 1 Statistische Methoden und Datenquellen

Für das Verständnis dieses Berichtes ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass es in der Statistik sehr kritisch wird, je kleiner das untersuchte Kollektiv ist, da Störfaktoren, wie auch der Zufall eine viel größere Rolle spielen und ein Verrennen in falsche Hypothesen die Folge sein kann!

Diesem Risiko sind wir hier mit den vorliegenden Zahlen ausgesetzt:

Die Stadt Fürth (ca.122.000 Einwohner) und der Landkreis Fürth (ca. 115.000 Einwohner)-Jahr 2014 - stellen für die Krebsregister kleine Kollektive dar. Um ein Beispiel zu nennen: Im Jahr 2014 liegt in der Stadt Fürth bei den (altersstandardisierten) Neuerkrankungen für Schilddrüsenkarzinome der Wert bei 7,5 Bürgern pro 100 000 Bürgern, für die Sterbefälle 2014 bei 0,7 Bürger pro 100 000 Bürgern. Im Jahr 2013 waren die Sterbefälle 1,9 Bürger pro 100 000 Bürgern, statistisch könnte man nun sagen „ mehr als doppelt, ja fast 3 x so viele“! Tatsächlich waren es im Jahr 2014 ein Bürger, im Jahr 2013 zwei am Schilddrüsenkarzinom Verstorbene. Wir werden in den folgenden Kapiteln als Interpretationshilfen den Hinweis auf die Absolutzahlen geben , also die Anzahl der tatsächlichen Zahl der betroffenen Bürger, um so die Möglichkeit der Abschätzung der Dimension zu geben.

Dieses Beispiel zeigt auch deutlich, dass in unserem Bericht durch die Aufsplitterung von „allen“ Krebsarten in die Untergruppen der verschiedenen Krebsarten, winzige Kollektive entstanden sind. Es ist fast die Frage zu stellen, inwieweit eine solche Studie Sinn macht.

Daher war die vom Bayerischen Krebsregister, des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte statistische Beurteilung von entscheidender Bedeutung. Ein Team bestehend aus Statistikern und wissenschaftlichen Mitarbeitern hat die Häufigkeit von Krebserkrankungen in der Stadt und im Landkreis Fürth mit statistischen Methoden analysiert und auf Signifikanz, also auf statistisch bestätigbare Auffälligkeiten untersucht (10). Die wichtigsten Ergebnisse dieser vom LGL angefertigten statistischen Bewertung der Jahre 2010- 2014, werden im 3. Kapitel zitiert. Für die statistischen Berechnungen wurden die Werte dieser 5 Jahre (2010-2014) zusammengefasst, um so die Zufallsschwankungen möglichst auszugleichen.

Eine grundlegende Aufgabe des bayerischen Krebsregisters ist es, Informationen über die Anzahl der jährlich auftretenden Neuerkrankungen in einer abgegrenzten Bevölkerung, der Inzidenz, für die verschiedenen Krebsarten zu geben. Einen wichtigen Wert stellt selbstverständlich auch die Mortalität dar, welche die jährlich in einer abgegrenzten Bevölkerung an Krebserkrankungen verstorbenen Bürgerinnen und Bürger wiedergibt.

Das bayerische Krebsregister hat heute, im Jahr 2018 die Zahlen bis 2014 der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, so dass es nicht möglich war, aktuellere Zahlen in diesem Bericht vorzulegen.

8 Alle Zahlen in diesem Bericht, die sich auf Inzidenzen, Mortalität und Tumorstadium bei Erstdiagnose der Jahre 2010 – 2014 beziehen, stammen aus dem bayerischen Krebsregister. Diese Zahlen wurden vor Einführung einer gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflicht (Neues Krebsregistergesetz seit 1.4.2017 in Kraft) erhoben. Eine Verzerrung aufgrund des heterogenen Meldeverhaltens der Städte, Kreise und Regionen, von Daten, die vor 2018 erhoben wurden, ist wahrscheinlich. Das Krebsregister registriert die Krebsfälle wohnortbezogen.

Allgemein steigt mit zunehmendem Alter das Erkrankungsrisiko für eine Krebserkrankung an. Möchte man verschiedene Regionen miteinander vergleichen, ist es eine unabdingbare Voraussetzung, mit statistischen Methoden eine Altersstandardisierung durchzuführen. So sind alle Werte, die als Vergleichswerte anderen Städten oder Landkreisen gegenübergestellt werden, altersstandardisiert, ein Vergleich wäre sonst ohne wissenschaftliche Relevanz. Wir sprechen von altersstandardisierter Inzidenz und altersstandardisierter Mortalität. Diese Werte sind Wohnort-bezogene Werte und werden auf 100.000 Einwohner berechnet.

Eine erhöhte Inzidenz, also eine erhöhte Zahl an registrierten Neuerkrankungen, kann auch ein Parameter für eine gute medizinische Versorgung der Bevölkerung sein. In wirtschaftlich schwächeren Ländern bestehen oft nicht die medizinischen Angebote, um Krebserkrankungen zu diagnostizieren und adäquat zu therapieren. Das Zentrum für Krebsregistrierung und Krebsfrüherkennung hat auch das Tumorstadium bei Diagnosestellung analysiert. Dies ist ein sensibler Indikator für die medizinische Versorgung der Bürger. Je höher der Anteil an frühen Tumorstadien bei Diagnosestellung, umso besser die medizinische Versorgung, umso höher die Teilnahme der Bevölkerung an Vorsorgeprogrammen, umso besser die diagnostischen Möglichkeiten in einer Region.

Da in diesem Krebsregister die Daten anonymisiert gespeichert werden und abgesehen von Geschlecht, Geburtsdatum und Alter bei Diagnose keine individuellen biografischen Informationen registriert werden, ist es unmöglich, aus den Zahlen des Krebsregisters Erklärungen für die Ursachen der jeweiligen, regional variierenden Erkrankungshäufigkeiten zu finden.

Aufgrund der wohnortbezogenen Registrierung und bei Kenntnis des jeweiligen sozio- ökonomischen Zusammenhanges der Region ist es möglich, unter Heranziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse Hypothesen aufzustellen. Ein Problem bleiben trotzdem die in der Epidemiologie bekannten Confounder. Dies sind Störgrößen, die mit dem Outcome, also den Erkenntnissen und Ergebnissen assoziiert sind und mit der Exposition in Zusammenhang stehen, wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Alkohol, Bewegungsmangel, soziale Schicht, Ernährung, Miterkrankungen und Gesundheitsverhalten. Ein Confounder ist eine Variable, die den beobachteten Zusammenhang einer unabhängigen Größe (z.B. Beruf Arbeiter in einer Fabrik ) und einer Zielgröße (Krebserkrankung) ebenfalls beeinflusst, da sie mit beiden Größen in Zusammenhang steht: z.B.: Rauchen erhöht das Krebsrisiko. Es ist bekannt, dass Akademiker weniger rauchen als Fabrikarbeiter. So gibt es also auch eine positive Korrelation zwischen Rauchen und dem Beruf des Fabrikarbeiters.

9 Die Techniken, mit denen Störgrößen bei epidemiologischen Studien behandelt werden können, wie Restriktion, Stratifizierung und Matching sind wegen der fehlenden Informationen nicht möglich. Lediglich dem Confounder Alter kann man mit der oben erwähnten Altersstandardisierung entgegen treten und auch dem Confounder Geschlecht, indem wir die Häufigkeiten nach Geschlecht getrennt darstellen.

Bevölkerungsbezogene Zahlen haben wir aus den Datenbanken des Bayerischen Landesamtes für Statistik entnommen.

Weltweit werden in den Gesundheitssystemen der verschiedenen Länder die Krankheiten nach übereinstimmenden und international festgelegten Kriterien bestimmten Diagnosen zugeordnet. Diese Diagnosen werden nach dem sogenannten ICD-Schlüssel, der „International Classification of Disease“ verschlüsselt, um so den Medizinern und Wissenschaftlern ohne Sprachbarriere einen internationalen wissenschaftlichen Austausch zu ermöglichen. Im ICD-Katalog werden die Krebserkrankungen unter die Zahlen C00-C97 eingeordnet. Der ICD-Katalog wird regelmäßig überarbeitet. Bei Verfassung dieses Berichtes, im Januar 2018, ist der 10. Katalog gültig, der „ICD- 10“. Die Weltgesundheitsorganisation WHO plant, noch im Jahr 2018 eine überarbeitete, 11. Version, den „ICD-11“ einzuführen. Unter D00-D09, werden die sehr frühen Krebsstadien eingeordnet, die sogenannten „in-situ“ Tumoren, ein Krebsstadium, in dem der Tumor noch sehr klein ist. Diese in-situ-Tumoren werden bei den Inzidenzzahlen nicht mit berücksichtigt.

Aufgrund der medizinischen Fortschritte, ist heute die Definition, welche Erkrankungen unter dem Begriff „Krebs“ eingeordnet werden sollen, Gegenstand der wissenschaftlichen Diskussion und wird sich in Zukunft stark verändern (1).

Es häufen sich die Erkenntnisse darüber, dass bestimmte Formen von bösartigen Tumoren klinisch eher gutartig und ohne klinische Relevanz verlaufen. So wird derzeit diskutiert, ob bei dem im frühen Stadium entdeckten, feingeweblich gut differenzierten Karzinom der Prostata in bestimmten Situationen durchaus das „watchful waiting“ eine therapeutische Option sein kann (1). Ebenso der weiße Hautkrebs, das basozelluläre Karzinom, auch Basaliom genannt, ist feingeweblich eine bösartige Zellentartung, wird jedoch meist bei den Inzidenzbeobachtungen für Krebserkrankungen nicht in die Statistik mit aufgenommen, da der klinische Verlauf nur in sehr seltenen Fällen den Verlauf einer den gesamten Körper befallenden Krebserkrankung nimmt. Diese Tumorarten werden unter „sonstige Hauttumoren“ zusammengefasst und gesondert betrachtet. Andererseits gibt es histologisch gutartige Tumoren des zentralen Nervensystems, die jedoch aufgrund der Lokalisation inoperabel sind und aufgrund des Verdrängungseffektes klinisch bösartig verlaufen. Diese werden zukünftig wie Malignome im Krebsregister registriert werden und unterliegen ab dem 1.4.2017 auch der Meldepflicht.

10 2 Krebserkrankungen insgesamt

Die Bevölkerung in der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth hat eine hohe Lebenserwartung, sie liegt für die Stadt Fürth etwas niedriger als im bayerischen Durchschnitt (s. S. 40). Für die Stadt Fürth liegt sie bei knapp 77 Jahren bei den Männern, 82 Jahren bei den Frauen. Für den Landkreis Fürth bei knapp 79 Jahren bei den Männern, 83 Jahren bei den Frauen. Eine Folge dieser Entwicklung ist eine Verschiebung des Spektrums der Todesursachen von den akuten Erkrankungen hin zu chronischen Krankheiten. Dabei stehen heute Herz-Kreislauferkrankungen an erster Stelle – sie verursachen etwa die Hälfte aller Sterbefälle, an zweiter Stelle stehen die Krebserkrankungen, sie verursachen etwa ein Viertel aller Sterbefälle. Im Jahr 2014, in absoluten Zahlen, d.h. ohne Altersstandardisierung, als an Krebs gestorben gemeldet: In der Stadt Fürth: 161 Männer und 131 Frauen, bei einer Einwohnerzahl von 121.519. Im Landkreis Fürth: 168 Männer und 155 Frauen, bei einer Einwohnerzahl von 115.336.

Da die Altersstruktur zwischen Stadt und Landkreis sehr unterschiedlich ist, muss zum Vergleich eine Altersstandardisierung der Werte vorgenommen werden. Das untenstehende Diagramm zeigt einen Vergleich der Mortalität altersstandardisiert, bezogen auf das Jahr 2014. Alle bösartigen Neubildungen ohne sonstige Hauttumoren (C00-C43, C45-C97, D09.0, D41.4) - Mortalität (altersstandardisiert, Europastandard) Fälle pro 100.000 2014 - Mortalität 250

200

150

100

50

0 Nürnberg, Nürnberger Erlangen, Erlangen- Bayern Fürth, Stadt Fürth, Lkr. Stadt Land Stadt Höchstadt Frauen 115,9 113,9 135,4 124,3 115,4 103,0 110,1 Männer 172,3 199,6 181,3 188,5 181,6 166,3 157,0

Frauen Männer

Datenhalter ZKFR (10) Fürth Stadt liegt bei den Männern im Jahr 2014 höher als die Vergleichskommunen. Interpretationshilfe: z.B.: Der Unterschied der als an Krebs gestorben gemeldeten Sterbefälle zwischen Fürth Stadt und Fürth Landkreis für die Männer 18 Sterbefälle pro 100.000 Einwohner mehr in der Stadt als im Landkreis (altersstandardisiert).

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Neuerkrankungen – Inzidenz - an Krebs insgesamt in Stadt und Landkreis Fürth:

Im Jahr 2014, in absoluten Zahlen, ohne Altersstandardisierung, wurden als neu-erkrankt gemeldet:

In der Stadt Fürth: 437 Männer und 364 Frauen, bei einer Einwohnerzahl von 121.519. Im Landkreis Fürth: 401 Männer und 353 Frauen, bei einer Einwohnerzahl von 115.336.

Alle bösartigen Neubildungen ohne sonstige Hauttumoren (C00-C43, C45-C97, D09.0, D41.4) - Inzidenz (altersstandardisiert, Europastandard) Fälle pro 100.000 2014 - Inzidenz 600,0 500,0 400,0 300,0 200,0 100,0 0,0 Nürnberg, Nürnberger Erlangen, Erlangen- Bayern Fürth, Stadt Fürth, Lk Stadt Land Stadt Höchstadt Frauen 309,6 404,0 370,2 395,0 327,6 421,3 339,5 Männer 383,5 558,1 471,4 476,8 421,1 483,5 436,6

Frauen Männer

Datenhalter ZKFR (10) Fürth Stadt liegt im Jahr 2014 in der Zahl der Meldungen der Neuerkrankungen der Männer höher als die Vergleichskommunen. Interpretationshilfe: Im Jahr 2014 in der Stadt Fürth 87 Männer mehr pro 100.000 Einwohner als im Landkreis Fürth als neu-erkrankt gemeldet (altersstandardisiert).

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Alle bösartigen Neubildungen - Inzidenz C00-C43, C45-C97, D09.0, D41.4 Inzidenz (altersstandardisiert, Europastandard) Fälle pro 100.000 Alle bösartigen Neubildungen - Inzidenz 600,0 500,0 400,0 300,0 200,0 100,0 0,0 Nürnberg, Nürnberger Erlangen- Bayern Fürth, Stadt Fürth, Lk Erlangen, Stadt Stadt Land Höchstadt 2011 384,1 483,3 452,5 414,0 419,0 408,1 405,4 2012 381,9 504,2 410,0 412,8 424,6 428,3 461,4 2013 370,6 485,0 376,1 414,2 402,8 387,4 404,9 2014 340,7 465,4 415,3 425,7 366,1 444,3 384,7

2011 2012 2013 2014

Datenhalter ZKFR (10)

Alle bösartigen Neubildungen - Mortalität C00-C43, C45-C97, D09.0, D41.4 Mortalität (altersstandardisiert, Europastandard) Fälle pro 100.000 Alle bösartigen Neubildungen - Mortalität 200,0

150,0

100,0

50,0

0,0 Nürnberg, Nürnberger Erlangen- Bayern Fürth, Stadt Fürth, Lk Erlangen, Stadt Stadt Land Höchstadt 2011 148,6 168,6 152,6 163,4 162,5 153,8 142,4 2012 146,4 159,2 141,2 159,4 172,0 154,4 138,7 2013 143,9 174,4 146,3 156,7 146,5 139,5 129,0 2014 140,1 153,7 153,7 151,1 144,7 130,3 132,1

2011 2012 2013 2014

Datenhalter ZKFR (10)

Dieser erste Überblick beweist noch keine Signifikanz der vorliegenden Zahlen. Um hierzu Aussagen treffen zu können, hat das Bayerische Krebsregister eine statistische Analyse für die Stadt Fürth und den Landkreis Fürth durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Beurteilung werden wir im folgenden Kapitel vorstellen.

13 Anteil der häufigsten Tumorlokalisationen an allen Krebsneuerkrankungen in Deutschland 2014 (ohne nicht melanotischen Hautkrebs) - Angabe in Prozent Stand 06.12.2017

(7) Krebserkrankungen auslösende Faktoren sind: - Erhöhtes Lebensalter - Lebensstilfaktoren (Rauchen, Alkohol, Ernährung, Bewegungsmangel) - Belastungen mit krebserregenden Stoffen in der Umwelt - Belastungen mit krebserregenden Stoffen am Arbeitsplatz Krebserkrankungen können auch aufgrund chronischer Infektionen entstehen: - HPV (Human Papillomavirus), Hepatitis B- und C-Viren Es gibt auch für bestimmte Krebsarten identifizierte vererbliche genetische Auslöser.

Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass ein Drittel aller Krebserkrankungen auf Lebensstil- Faktoren wie Tabak-und Alkoholkonsum, ungesunde Ernährung oder Bewegungsmangel zurückzuführen sind.

Nach derzeitigem Stand (bis Diagnosejahr 2014) erkranken 50% der Männer und 44% der KrebserkrankungenFrauen im Laufe des auslösende Lebens an Faktoren Krebs. sind: - Erhöhtes Lebensalter Krebserkrankungen- Lebensstilfaktoren treten bei Frauen insgesamt etwas seltener, tendenziell früher im Lebenslauf- Belastungen auf. mit krebserregenden Stoffen in der Umwelt - Belastungen mit krebserregenden Stoffen am Arbeitsplatz KrebserkrankungenEtwa jeder 4. Mann können und jede auch 5. aufgrund Frau verstirbt chronischer an einer Infektionen Krebserkrankung. entstehen

ZfKD im Robert-Koch-Institut (7)

14 3 Statistische Analyse des Krebsgeschehens in Stadt Fürth und Landkreis Fürth Datenhalter der vorliegenden Zahlen ist das Zentrum für Krebsfrüherkennung und Krebsregistrierung (ZKFR), Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) (10). Nachfolgend zitieren wir die wichtigsten Ergebnisse der statistischen Analyse, die uns 2017 vom Krebsregister vorgelegt wurden.

Berechnet wurden das Standardisierte Inzidenzverhältnis (SIR) und das Standardisierte Mortalitätsverhältnis (SMR) - mit 95%-Konfidenzintervallen für die Stadt und den Landkreis Fürth sowie für Mittelfranken. Die Analysen wurden aggregiert über einen 5-Jahres-Zeitraum, 2010-2014 vorgenommen, um statistische Schwankungen auf Kreisebene auszugleichen. Untersucht wurden alle gemeldeten bösartigen Neubildungen „insgesamt“ – als eine Entität, sowie die einzelnen Krebsarten u.a. Darm, Lunge, Prostata, Harnblase, Niere, malignes Melanom der Haut, Magen, Mund, Bauchspeicheldrüse, Non Hodgkin Lymphome, Leber, Brustkrebs bei Frauen.

Als Referenzregion wurde Bayern bzw. Mittelfranken herangezogen.

Für die Krebsarten, für die Früherkennungsuntersuchungen angeboten werden, wurde die TNM-T- Stadienverteilung bei Erstdiagnose für die verschiedenen Regionen berechnet. Gemäß der international festgelegten TNM-Klassifikation werden die Tumorstadien in folgende Gruppen unterteilt: Tis – Tumor in situ, sehr frühes Stadium T1 Anfangsstadium bis T4 sehr fortgeschrittenes Tumorstadium.

Die SIR („standardized incidence ratio“) bzw. SMR (“standardized mortality ratio”) vergleicht die in einem Gebiet aufgetretene Zahl an Neuerkrankungen bzw. Sterbefällen mit der zu erwartenden Zahl, basierend auf der Altersstruktur in dem Gebiet mit den durchschnittlichen altersspezifischen Erkrankungs- bzw. Sterberaten in einer Referenzregion: Liegt die SIR oder SMR bei 1 entspricht das Beobachtete der Erwartung, unter 1 sind die Krebserkrankungen/-sterbefälle seltener als erwartet über 1 sind die Krebserkrankungen/-sterbefälle häufiger als erwartet. Ist die Zahl 1 in dem 95% Konfidenzintervall nicht enthalten, wird von statistischer Signifikanz gesprochen.

Tabellen 1-4 zeigen den Vergleich der Stadt Fürth und des Landkreises Fürth mit der Referenzregion Bayern: Tabellen 5-8 zeigen den Vergleich der Stadt Fürth und des Landkreises Fürth mit der Referenzregion Mittelfranken:

Bei Gegenüberstellung dieser Tabellen ist eindeutig zu sehen, dass die Inzidenzen (Neuerkrankungen) der Stadt Fürth in fast allen und des Landkreises Fürth in mehreren Entitäten signifikant erhöht sind (rot hervorgehoben), jedoch bezüglich der Mortalität, die Anzahl der rot hervorgehobenen signifikanten Entitäten deutlich geringer ist!

Dies ist für das Gesundheitsamt Fürth eine äußerst wichtige Beobachtung!

15 Tabelle 1: Standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) der gemeldeten Neuerkrankungen an Krebs in der Stadt Fürth im Vergleich zu Bayern insgesamt, 2010-2014 Stadt Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SIR 95% Referenzregion Bayern Neuerkrankungen Neuerkrankungen Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 2144 1630,03 1,32 1,26-1,37 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 466 393,62 1,18 1,08-1,30 Darm (C18-C21) 284 223,85 1,27 1,13-1,43 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 259 176,72 1,47 1,29-1,66 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 213 119,30 1,79 1,55-2,04 Malignes Melanom der Haut (C43) 89 77,91 1,14 0,92-1,41 Magen (C16) 96 62,42 1,54 1,25-1,88 Niere (C64) 97 61,39 1,58 1,28-1,93 Lippe, Mundhöhle, Rachen (C00- 91 61,55 1,48 1,19-1,81 C14) Bauchspeicheldrüse (C25) 59 54,5 1,08 0,82-1,40 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, 71 54,79 1,30 1,01-1,64 C96) Leber (C22) 61 44,11 1,38 1,06-1,78 Leukämien (C91-C95) 49 46,3 1,06 0,78-1,40 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 1856 1511,10 1,23 1,17-1,29 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 530 469,09 1,13 1,04-1,23 Darm (C18-C21) 220 182,32 1,21 1,05-1,38 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 149 100,91 1,48 1,25-1,73 C34) Gebärmutterkörper (C54-C55) 78 81,47 0,96 0,76-1,20 Malignes Melanom der Haut (C43) 86 73,97 1,16 0,93-1,44 Bauchspeicheldrüse (C25) 63 58,04 1,09 0,83-1,39 Eierstöcke (C56) 69 53,24 1,30 1,01-1,64 Magen (C16) 74 46,53 1,59 1,25-2,00 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, 67 48,59 1,38 1,07-1,75 C96) Schilddrüse (C73) 51 40,27 1,27 0,94-1,67 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 67 40,60 1,65 1,28-2,10 Niere (C64) 63 36,78 1,71 1,32-2,19 Datenhalter ZKFR (10) Die Stadt Fürth weist im Vergleich zur Referenzregion „Bayern gesamt“ eine signifikant erhöhte Zahl an gemeldeten Neuerkrankungen auf, die fast alle Entitäten betrifft (rot markiert). Interpretationshilfe: Betrachtet wird ein Zeitraum von 5 Jahren, Neuerkrankungen pro 100.00 Einwohner, altersstandardisiert. Wir möchten abschätzen, wie viele Bürger wurden pro Jahr mehr in der Stadt Fürth als neu-erkrankt gemeldet, im Vergleich zu Bayern? z.B. Männer - Prostata-Karzinom: (466 – 393,62) : 5 = 14,5 (Gemeldete-Erwartete)Fälle : 5 Jahre pro Jahr meldete die Stadt Fürth 14,5 Männer pro 100.000 Einwohnern mehr als in Bayern insgesamt.

16 Tabelle 2: Standardisiertes Mortalitätsverhältnis (SMR) der gemeldeten Sterbefälle an Krebs in der Stadt Fürth im Vergleich zu Bayern insgesamt, 2010-2014 Stadt Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SMR 95% Referenzregion Bayern Sterbefälle Sterbefälle Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 832 700,05 1,19 1,11-1,27 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 69 77,81 0,89 0,69-1,12 Darm (C18-C21) 93 84,92 1,10 0,88-1,34 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 206 144,71 1,42 1,24-1,63 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 25 19,06 1,31 0,85-1,94 Malignes Melanom der Haut (C43) 11 12,15 0,91 0,45-1,62 Magen (C16) 54 35,60 1,52 1,14-1,98 Niere (C64) 22 18,92 1,16 0,73-1,76 Lippe, Mundhöhle, Rachen (C00-C14) 35 26,08 1,34 0,94-1,87 Bauchspeicheldrüse (C25) 61 50,72 1,20 0,92-1,55 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, C96) 18 20,45 0,88 0,52-1,39 Leber (C22) 52 35,15 1,48 1,11-1,94 Leukämien (C91-C95) 21 26,10 0,80 0,50-1,23 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 712 644,30 1,11 1,03-1,19 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 109 120,91 0,90 0,74-1,09 Darm (C18-C21) 96 74,17 1,29 1,05-1,58 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 97 80,95 1,20 0,97-1,46 Gebärmutterkörper (C54-C55) 19 19,15 0,99 0,60-1,55 Malignes Melanom der Haut (C43) 7 9,12 0,77 0,31-1,58 Bauchspeicheldrüse (C25) 60 54,15 1,11 0,85-1,43 Eierstöcke (C56) 41 38,97 1,05 0,76-1,43 Magen (C16) 36 28,94 1,24 0,87-1,72 Non-Hodgkin-Lymphome(C82-C88,C96) 17 18,72 0,91 0,53-1,45 Schilddrüse (C73) 6 3,34 1,80 0,66-3,91 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 16 9,69 1,65 0,94-2,68 Niere (C64) 13 13,47 0,97 0,51-1,65 Datenhalter ZKFR (10) Die hier gemachte, entscheidende Beobachtung, dass die Inzidenzen fast alle erhöht sind, bei den Mortalitäten sich jedoch nur wenige Entitäten (rot markiert) als auffällig erweisen, legt für das Gesundheitsamt Fürth folgende Hypothesen nahe: a) Früherkennungsuntersuchungen werden in der Stadt Fürth besonders häufig wahrgenommen. Für diese Krebsarten ergibt sich eine erhöhte Inzidenz, jedoch keine erhöhte Mortalität. b) Gute medizinische Versorgung in der Stadt Fürth, an Krebs erkrankte Menschen sterben seltener an Krebs. c) Gut funktionierendes Meldewesen der Krebsneuerkrankungen der Stadt Fürth an das Krebsregister, in den Jahren 2010-2014, hinsichtlich Vollzähligkeit, bereits vor Einführung der Meldepflicht. d) Effektive Diagnostik mit hoher Aufdeckungsrate bei hohem therapeutischem Effekt e) Unspezifische Krebsrisikofaktoren könnten vorliegen, die mehrere Entitäten erhöhen wie. Dies sind verhaltensbezogene Risikofaktoren wie Tabak-und Alkoholkonsum, unausgewogene Ernährung und Bewegungsmangel, sozio-ökonomischer Status.

17 Tabelle 3: Standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) der gemeldeten Neuerkrankungen an Krebs im Landkreis Fürth im Vergleich zu Bayern insgesamt, 2010-2014

Landkreis Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SIR 95% Referenzregion Bayern Neuerkrankung Neuerkrankungen Konfidenzintervall en Männer Krebs gesamt (C00-C97, 2027 1817,77 1,12 1,07-1,17 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 515 446,69 1,15 1,06-1,26 Darm (C18-C21) 247 251,29 0,98 0,86-1,11 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 212 198,76 1,07 0,93-1,22 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 174 134,61 1,29 1,11-1,50 Malignes Melanom der Haut (C43) 99 84,87 1,17 0,95-1,42 Magen (C16) 73 69,94 1,04 0,82-1,31 Niere (C64) 69 68,08 1,01 0,79-1,28 Lippe, Mundhöhle, Rachen (C00-C14) 66 67,46 0,98 0,76-1,24 Bauchspeicheldrüse (C25) 55 61,48 0,89 0,67-1,17 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, 77 60,25 1,28 1,01-1,60 C96) Leber (C22) 59 49,69 1,19 0,90-1,53 Leukämien (C91-C95) 72 50,84 1,42 1,11-1,78 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 1685 1577,67 1,07 1,02-1,12 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 556 491,00 1,13 1,04-1,23 Darm (C18-C21) 209 190,82 1,10 0,95-1,25 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 119 106,86 1,11 0,92-1,33 Gebärmutterkörper (C54-C55) 76 86,07 0,88 0,70-1,11 Malignes Melanom der Haut (C43) 72 75,77 0,95 0,74-1,20 Bauchspeicheldrüse (C25) 50 60,90 0,82 0,61-1,08 Eierstöcke (C56) 57 55,78 1,02 0,77-1,32 Magen (C16) 53 48,59 1,09 0,82-1,43 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, C96) 65 50,73 1,28 0,99-1,63 Schilddrüse (C73) 34 40,45 0,84 0,58-1,18 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 62 42,66 1,45 1,11-1,86 Niere (C64) 43 38,56 1,12 0,81-1,50 Datenhalter ZKFR (10) Der Landkreis Fürth weist im Vergleich zur Referenzregion „Ganz-Bayern“ eine signifikant erhöhte Anzahl an gemeldeten Neuerkrankungen auf, die mehrere Entitäten (rot markiert) betrifft.

Interpretationshilfe: Betrachtet wird ein Zeitraum von 5 Jahren, Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner, altersstandardisiert. Wir möchten abschätzen, wie viele Bürger wurden im Beobachtungszeitraum im Landkreis Fürth mehr als neu-erkrankt gemeldet im Vergleich zu Bayern ? z.B. Männer – Leukämien: (72-50,84) : 5 = 4,23 (Gemeldete-Erwartete) Fälle : 5 Jahre pro Jahr meldete der Landkreis Fürth 4 Männer pro 100.000 Einwohner mehr als in Bayern insgesamt z.B. Frauen – Harnblasenkrebs (62-42.66) Fälle : 5Jahre = 3,8 Fälle pro Jahr pro Jahr meldete der Landkreis Fürth 3,8 Frauen pro 100.000 Einwohner mehr als in Bayern insgesamt.

18 Tabelle 4: Standardisiertes Mortalitätsverhältnis (SMR) der gemeldeten Sterbefälle an Krebs im Landkreis Fürth im Vergleich zu Bayern insgesamt, 2010-2014 Landkreis Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SMR 95% Referenzregion Bayern Sterbefälle Sterbefälle Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 819 793,51 1,03 0,96-1,11 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 94 88,94 1,06 0,85-1,29 Darm (C18-C21) 104 96,41 1,08 0,88-1,31 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 154 164,72 0,94 0,79-1,10 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 29 21,64 1,34 0,90-1,93 Malignes Melanom der Haut (C43) 21 13,55 1,55 0,96-2,37 Magen (C16) 27 40,16 0,67 0,44-0,98 Niere (C64) 23 21,57 1,07 0,68-1,60 Lippe, Mundhöhle, Rachen (C00-C14) 26 29,09 0,89 0,58-1,31 Bauchspeicheldrüse (C25) 46 57,75 0,80 0,58-1,06 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, C96) 25 23,15 1,08 0,70-1,59 Leber (C22) 56 40,15 1,40 1,05-1,81 Leukämien (C91-C95) 27 29,47 0,92 0,60-1,33 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 711 674,84 1,05 0,98-1,13 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 137 126,53 1,08 0,91-1,28 Darm (C18-C21) 85 77,22 1,10 0,88-1,36 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 92 85,90 1,07 0,86-1,31 Gebärmutterkörper (C54-C55) 17 20,14 0,84 0,49-1,35 Malignes Melanom der Haut (C43) 9 9,46 0,95 0,43-1,81 Bauchspeicheldrüse (C25) 57 56,93 1,00 0,76-1,30 Eierstöcke (C56) 50 41,09 1,22 0,90-1,60 Magen (C16) 36 30,06 1,20 0,84-1,66 Non-Hodgkin-Lymphome (C82-C88, C96) 22 19,57 1,12 0,70-1,70 Schilddrüse (C73) 6 3,50 1,71 0,63-3,73 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 10 10,00 1,00 0,48-1,84 Niere (C64) 15 14,08 1,07 0,60-1,76 Datenhalter ZKFR (10) Bei den gemeldeten Sterbefällen an „Krebs gesamt“ liegt der Landkreis Fürth im bayerischen Durchschnitt, es besteht keine signifikante Abweichung. Für Magenkrebs bei Männern, liegt der Landkreis Fürth signifikant unter dem bayerischen Durchschnitt. Die einzige Entität, die im Landkreis Fürth in der Anzahl der gemeldeten Sterbefälle im Vergleich zum bayerischen Durchschnitt erhöht ist, ist der Leberkrebs bei Männern (rot markiert). Interpretationshilfe: Meldungen der an Leberkrebs verstorbenen Männer in den Jahren 2010-2014: Pro Jahr meldete der Landkreis Fürth 3 Männer mehr pro 100.000 Einwohner mehr als der bayerische Durchschnitt. (56-40,15) : 5 = 3,17

Bei Vergleich dieser beiden Tabellen ist erneut an die bei den Daten zur Stadt Fürth erwähnten Hypothesen zu denken (siehe Seite 14): Die erhöhten Inzidenzen im Vergleich zu den gering ausfallenden Mortalitäten könnten auf unspezifischen Lebensstil-Krebsrisikofaktoren, guter Früherkennung, guter medizinischer Versorgung, gut funktionierendem Meldewesen sowie effektiver Diagnostik und Therapie beruhen.

19 Tabelle 5: Standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) der gemeldeten Neuerkrankungen an Krebs in der Stadt Fürth im Vergleich zu Mittelfranken insgesamt, 2010-2014 Stadt Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SIR 95% Referenzregion Mittelfranken Neuerkrankungen Neuerkrankungen Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 2143 1789,08 1,20 1,15-1,25 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 466 419,42 1,11 1,01-1,22 Darm (C18-C21) 284 240,08 1,18 1,05-1,33 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 259 189,66 1,37 1,20-1,54 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 213 144,69 1,47 1,28-1,68 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 1854 1628,65 1,14 1,09-1,19 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 529 479,02 1,10 1,01-1,20 Darm (C18-C21) 220 201,84 1,09 0,95-1,24 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 149 109,32 1,36 1,15-1,60 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 67 48,10 1,39 1,08-1,77 Datenhalter ZKFR (10)

Bezüglich der Krebsinzidenz gesamt zeigt Bayern besonders bei Männern, abgeschwächt auch bei Frauen, ein regionales Muster: die Inzidenzraten liegen im Nordosten, besonders in der Oberpfalz, aber auch in Mittelfranken und Teilen von Unterfranken und Niederbayern höher als in Oberbayern, restlichem Unterfranken und Schwaben. Stadt und Landkreis Fürth liegen somit in einer Region mit generell erhöhten Krebsraten (10). Daher wurde bei der statistischen Analyse das standardisierte Inzidenzverhältnis (SIR) und das standardisierte Mortalitätsverhältnis (SMR) für Krebs insgesamt und die 4 häufigsten Krebsarten für die Stadt Fürth und den Landkreis Fürth im Vergleich zur Referenzregion Mittelfranken berechnet, um so zu sehen, ob diese beiden Kommunen in das regionale Muster passen.

Die Stadt Fürth weist auch im Vergleich zur Referenzregion Mittelfranken eine signifikant erhöhte Anzahl an gemeldeten Neuerkrankungen auf, die alle wichtigen Tumorentitäten betrifft (rot markiert). Bezüglich der gemeldeten Sterbefälle liegt die Stadt noch für die Krebserkrankungen der Atemwege bei Männern, sowie für Darmkrebs bei den Frauen, über dem Durchschnitt von Mittelfranken insgesamt.

Interpretationshilfe: Meldungen der an „alle Krebsarten“ neu- erkrankten Frauen in den Jahren 2010-2014: (1854-1628,65) : 5 = 45,07 Pro Jahr meldete die Stadt Fürth 45 Frauen pro 100.000 Einwohner mehr als der mittelfränkische Durchschnitt. Meldungen der an „alle Krebsarten“ verstorbenen Frauen in den Jahren 2010-2014: (713-655,80) : 5 = 11,44 Pro Jahr meldete die Stadt Fürth 11 Frauen pro 100.000 Einwohner mehr als der mittelfränkische Durchschnitt.

Meldungen der neu an Harnblasenkrebs erkrankt gemeldeten Männer in den Jahren 2010-2014: (213-144,69):5=13,6 Pro Jahr meldete die Stadt Fürth 14 Männer pro 100.000 Einwohner mehr als der mittelfränkische Durchschnitt. Bei den Meldungen der an Harnblasenkrebs verstorbenen Männern in den Jahren 2010-2014: Die Stadt Fürth liegt im normalen Durschnitt, keine erhöhte Mortalitätsratio zu der Referenzregion Mittelfranken.

20 Tabelle 6: Standardisiertes Mortalitätsverhältnis (SMR) der gemeldeten Sterbefälle an Krebs in der Stadt Fürth im Vergleich zu Mittelfranken insgesamt, 2010-2014 Fürth Stadt 2010-2014 Gemeldete Erwartete SMR 95% Referenzregion Mittelfranken Sterbefälle Sterbefälle Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 832 736,40 1,13 1,05-1,21 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 69 76,17 0,91 0,70-1,15 Darm (C18-C21) 93 86,49 1,08 0,87-1,32 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 206 153,63 1,34 1,16-1,54 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 25 21,08 1,19 0,77-1,75 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 713 655,80 1,09 1,01-1,17 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 109 118,83 0,92 0,75-1,11 Darm (C18-C21) 96 76,59 1,25 1,02-1,53 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 97 85,72 1,13 0,92-1,38 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 17 11,31 1,50 0,88-2,41 Datenhalter ZKFR (10) Die Tatsache, dass das standardisierte Mortalitätsverhältnis für die Krebserkrankungen der Atemorgane bei Männern und für den Darmkrebs bei den Frauen der Stadt Fürth auch im Vergleich zu der Referenzpopulation Mittelfranken erhöht bleibt, interpretiert das Gesundheitsamt Fürth als einen Befund, auf den mit Präventionsprogrammen besonderes Augenmerk gelenkt werden muss – handelt es sich doch um zwei stark mit den Lebensgewohnheiten wie ungesunde Ernährung, mangelnde Bewegung, Tabak- und Alkoholkonsum verknüpfte Entitäten.

Das Beispiel des Harnblasenkrebses – Männer zeigt nochmals deutlich folgende Phänomene: 1.) Die Stadt Fürth ist statistisch gesehen ein kleines Kollektiv : „14 Männer pro 100.000 Einwohner, pro Jahr, mehr gemeldete Neuerkrankungen als im Durchschnitt Mittelfrankens insgesamt“ Dies bedeutet, dass jeder einzelne Faktor, der an dem Auftreten und der Meldung einer Krebserkrankung beteiligt ist, sehr stark ins Gewicht fällt: Gute medizinische Versorgung, Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen, gut funktionierendes Meldewesen, Beruf, genetische Disposition, unspezifische Faktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, Ernährungsgewohnheiten, Bewegungsmangel. In Fürth befindet sich eine überregional, seit Jahrzehnten bekannte, urologische Klinik, die eine exzellente Diagnostik bereitstellt und auch wiederum spezialisierte Ärzte in dieser Fachdisziplin ausbildet, welche sich meist in der Nähe niederlassen. 2.) Die Mortalitätsraten sind normal, also keine erhöhte Sterblichkeit bei erhöhten Inzidenzraten: Diese Beobachtung deutet entweder auf die Diagnostik in einem frühen, noch heilbaren Stadium oder auf einen hohen therapeutischen Effekt hin.

21 Tabelle 7: Standardisiertes Inzidenzverhältnis (SIR) der gemeldeten Neuerkrankungen an Krebs im Landkreis Fürth im Vergleich zu Mittelfranken insgesamt, 2010-2014 Landkreis Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SIR 95% Referenzregion Mittelfranken Neuerkrankungen Neuerkrankungen Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 2023 2008,13 1,01 0,96-1,05 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 514 481,37 1,07 0,98-1,16 Darm (C18-C21) 247 271,64 0,91 0,80-1,03 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 211 215,41 1,37 1,20-1,54 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 174 163,84 1,06 0,91-1,23 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 1682 1692,59 0,99 0,95-1,04 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 555 499,15 1,11 1,02-1,21 Darm (C18-C21) 209 210,78 0,99 0,86-1,14 Trachea, Bronchien, Lunge (C33-C34) 119 116,09 1,03 0,85-1,23 Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 62 50,45 1,23 0,94-1,58 Datenhalter ZKFR (10)

Der Landkreis Fürth weist in Bezug zur Referenzregion Mittelfranken in nahezu allen untersuchten Entitäten normale, in das regionale Muster passende Werte auf.

Das standardisierte Inzidenzverhältnis ist normal für Krebs insgesamt und die häufigsten untersuchten Krebsarten, sowohl für Männer, wie auch für Frauen..

Lediglich die Anzahl der gemeldeten Neuerkrankungen an Brustkrebs ist im Vergleich zu Mittelfranken signifikant erhöht.

Die erhöhte Brustkrebsrate im Landkreis Fürth könnte auf ein genetisches Cluster hinweisen.

Interpretationshilfe: In den Jahren 2010-2014 wurden pro Jahr 11 Frauen pro 100.000 Einwohnern mehr als im Durchschnitt Mittelfrankens an Brustkrebs erkrankt gemeldet. (555-499,15) : 5 = 11,17

22 Tabelle 8: Standardisiertes Mortalitätsverhältnis (SMR) der gemeldeten Sterbefälle an Krebs im Landkreis Fürth im Vergleich zu Mittelfranken insgesamt, 2010-2014 Landkreis Fürth 2010-2014 Gemeldete Erwartete SMR 95% Referenzregion Mittelfranken Sterbefälle Sterbefälle Konfidenzintervall Männer Krebs gesamt (C00-C97, 819 834,80 0,98 0,92-1,05 ohne C44+D09.0 + D41.4) Prostata (C61) 94 87,15 1,08 0,87-1,32 Darm (C18-C21) 104 98,35 1,06 0,86-1,28 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 154 174,98 0,88 0,75-1,03 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 29 23,88 1,21 0,81-1,74 Frauen Krebs gesamt (C00-C97, 712 683,86 1,04 0,97-1,12 ohne C44+D09.0 + D41.4) Brustkrebs (C50) 137 123,85 1,11 0,93-1,31 Darm (C18-C21) 85 79,36 1,07 0,86-1,32 Trachea, Bronchien, Lunge (C33- 92 90,76 1,01 0,82-1,24 C34) Harnblase (C67+D09.0+D41.4) 11 11,54 0,95 0,48-1,70 Datenhalter ZKFR (10)

Das standardisierte Mortalitätsverhältnis (SMR), also die Sterblichkeit an Krebs ist nicht erhöht im Landkreis Fürth, weder für „Krebs gesamt“, noch für die häufigsten, einzeln untersuchten Krebsarten im Vergleich zur Referenzregion Mittelfranken.

Die Tabelle 8 zeigt außerdem, dass sich die Mortalitätsraten für Brustkrebs im Landkreis Fürth im Durchschnitt Mittelfrankens befinden, also die Sterbefälle nicht auffällig erhöht sind.

Hier liegen ebenfalls die schon für die Stadt Fürth formulierten Hypothesen nahe: Gute medizinische Versorgung, wegen nahezu vollständig funktionierendem Meldewesen erhöhte Zahl der gemeldeten Neuerkrankungen, hohe Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen, effektive Diagnostik bei gleichzeitig hohem therapeutischem Effekt.

23 Tumor-Stadieneinteilung bei Erstdiagnose:

Eine gute medizinische Versorgung und die gute Akzeptanz der Bevölkerung von Screeningprogrammen führen zu der Diagnostik von Tumoren im Anfangsstadium.

Die Teilnahme am Screening geht mit einer Verschiebung der Tumorstadien bei Erstdiagnose hin zu den frühen Stadien einher. Nicht nur die in situ-Tumoren sind erhöht, sondern auch die T1 und T2 Stadien, die klinisch oft noch unbemerkt verlaufen und daher nur durch Vorsorgeuntersuchungen entdeckt werden.

Diese Früherkennungsuntersuchungen können zu Überdiagnosen führen, das heißt es werden Krebsfälle diagnostiziert, die ohne ein Screeningprogramm möglicher Weise nie entdeckt worden wären, weil sie bis zum Tode der betroffenen Person keine Symptomatik entwickelt hätten.

Zu bedenken ist auch, dass in der Bundesrepublik Deutschland z.B. Mammographie-Screening- Programme nur von zertifizierten und spezialisierten Zentren durchgeführt werden dürfen. In diesen Zentren wird die Qualität – und somit die Genauigkeit der Diagnosestellung – permanent geprüft, was sich auch auf die Meldekonsequenz auswirken dürfte.

Festzuhalten ist somit, dass eine erhöhte Inzidenz durch die Einführung von Krebsfrüherkennungsprogrammen mit verursacht wird.

Um den Beitrag dieser Programme beurteilen zu können, kann die Stadienverteilung betrachtet werden. Ein hoher Anteil an Krebserkrankungen im Frühstadium T1, bzw. von in situ Fällen spricht dafür, dass eine Inzidenzerhöhung durch Krebsfrüherkennungsprogramme (mit-)verursacht ist.

Das Zentrum für Krebsregistrierung hat für folgende Krebserkrankungen in Stadt Fürth und Landkreis Fürth die T-Stadienverteilung analysiert:

Darmkrebs bei Frauen Darmkrebs bei Männern Brustkrebs Prostatakrebs

Es zeigt sich eindeutig, dass in allen untersuchten Krebsarten, in denen Screening-Programme zur Verfügung stehen, in der Stadt Fürth deutlicher als im Landkreis Fürth, die Erstdiagnosen prozentual häufiger im Vergleich zu Bayern und Mittelfranken in den sehr frühen Stadien „in- situ“ gestellt werden, mit einer einzigen Ausnahme, dem Brustkrebs im Landkreis Fürth.

24

Prostata (C61) T Stadienverteilung 2010-2014 100%

90% 27,2 29,9 30,7 37,0 80%

2,6 70% 2,1 2,4 10,3 2,7 10,5 60% 18,0

13,7 50% T unbekannt T4 33,4 29,8 40% T3 T2 33,2 28,6 T1 30%

20%

26,4 26,5 10% 16,8 17,9

0% Bayern Mittelfranken Fürth Stadt Fürth Landkreis T unbekannt 29,9 37,0 27,2 30,7 T4 2,1 2,7 2,6 2,4 T3 18,0 13,7 10,3 10,5 T2 33,2 28,6 33,4 29,8 T1 16,8 17,9 26,4 26,5

Datenhalter ZKFR (10)

Prostatakrebs: In der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth werden Prostatakarzinome deutlich häufiger in dem frühen T1 Stadium entdeckt als in den Referenzregionen Mittelfranken und Bayern.

25

Darm (C18-C21) T- Stadienverteilung Frauen 2010-2014 100%

13 12,6 16,2 16,7 90%

80% 13,9 18,3 16,8 21,4 70%

60%

39,0

50% 39,1 36,7 27,9 T unbekannt T4

40% T3 T2 T1 30% 11,7 11,6 Tumor in situ

12,7 12,2 20% 7,8 9,3

10,1 10% 12,2 15,2 13,0 7,9 4,6 0% Bayern Mittelfranken Stadt Fürth Landkreis Fürth T unbekannt 13 16,2 12,6 16,7 T4 18,3 16,8 13,9 21,4 T3 39,1 36,7 39,0 27,9 T2 12,7 12,2 11,7 11,6 T1 12,2 10,1 7,8 9,3 Tumor in situ 4,6 7,9 15,2 13,0

Datenhalter ZKFR (10)

Darmkrebs Frauen: In der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth sind prozentual deutlich mehr Erstdiagnosen im Tumor- in-situ-Stadium, im Vergleich zu Mittelfranken und Bayern diagnostiziert worden.

26

Darm (C18-C21) T-Stadienverteilung Männer 2010-2014 100%

9,5 12,1 11,3 16,6 90%

10,1 13,9 80% 14,5 12,1

70%

60% 39,7 41,8 42,8 50% 41,3 T unbekannt T4

40% T3 T2 9,9 T1 30% 9,9 Tumor in situ

12,0 11,3 10,4 20% 9,5

10,5 12,9 10% 18,5 15,4 8,2 5,7 0% Bayern Mittelfranken Stadt Fürth Landkreis Fürth T unbekannt 12,1 16,6 11,3 9,5 T4 14,5 12,1 10,1 13,9 T3 42,8 41,3 39,7 41,8 T2 12,0 11,3 9,9 9,9 T1 12,9 10,5 10,4 9,5 Tumor in situ 5,7 8,2 18,5 15,4

Datenhalter ZKFR (10)

Darmkrebs Männer: In der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth sind prozentual deutlich mehr Erstdiagnosen im Tumor- in-situ-Stadium im Vergleich zu Mittelfranken und Bayern diagnostiziert worden.

27

Brustkrebs (C50) T-Stadienverteilung 2010-2014 100% 5,1 5,1 6,3 9,4 3,4 3,0 4,8 90% 3,3 2,1 4,0 2,9 3,3

80% 21,3 24,0 26,1 24,2 70%

60%

50% T unbekannt T4

40% 57,0 T3 52,2 T2 47,9 50,0 T1 30% Tumor in situ

20%

10%

12,0 11,3 11,5 9,9

0% Bayern Mittelfranken Stadt Fürth Landkreis Fürth T unbekannt 5,1 9,4 5,1 6,3 T4 3,4 4,0 3,0 4,8 T3 3,3 3,3 2,1 2,9 T2 24,0 24,2 21,3 26,1 T1 52,2 47,9 57,0 50,0 Tumor in situ 12,0 11,3 11,5 9,9

Datenhalter ZKFR (10)

Brustkrebs Frauen: In der Stadt Fürth sind prozentual deutlich mehr Erstdiagnosen in den Anfangsstadien Tumor-in- situ-Stadium und T1-Stadium im Vergleich zu den anderen Regionen entdeckt worden. Im Landkreis Fürth liegen die in-situ Karzinome unter dem bayerischen und mittelfränkischen Durchschnitt, es könnte eine geringere Teilnahme an den Screening-Programmen vorzuliegen.

28 4 Recherchen des Gesundheitsamtes Fürth

Tatsache ist, dass die Stadt Fürth und der Landkreis Fürth im Vergleich zum bayerischen und mittelfränkischen Durchschnitt sowohl bei Neuerkrankungen, als auch – wenn auch weniger auffällig - bei den Sterbefällen von Krebserkrankungen eine signifikant erhöhte Anzahl gemeldet hat.

Die Vorbetrachtungen, sowie die unter 3. dargestellten statistischen Analysen des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Bayerisches Krebsregister, lassen bereits erkennen, dass erhöhte Zahlen paradoxer Weise auch eine positive gesundheitliche Versorgung widerspiegeln können.

Bei den Recherchen des Gesundheitsamtes Fürth wurden zwei Bereiche berücksichtigt:

Das Krebsregister Wie wurden diese Zahlen erhoben? Sind die Zahlen der verschiedenen Regionen vergleichbar? Können Störgrößen oder Confounder vorliegen?

Regionale Besonderheiten Gibt es in der Stadt Fürth und dem Landkreis Fürth regionale Besonderheiten, die die Erhöhung der Zahlen erklären könnten?

29 4.1. Das Krebsregister

Die Daten aus den sorgfältig geführten Krebsregistern bieten keine Grundlage für die Ableitung kausaler Zusammenhänge.

Die Registrierung der Neuerkrankungen und der Sterbefälle erfolgt wohnortbezogen. Es wäre dennoch ein großer Irrtum, aus niedrigen oder erhöhten Raten, die aus dem bis 2017 geführten Krebsregister hervorgehen, Rückschlüsse auf die Regionen zu ziehen, da viele Fehlerquellen vorliegen können.

Die Induktionszeit für eine Krebserkrankung kann bis zu 30 Jahren betragen (3). Diese Tatsache macht es nahezu unmöglich, kausale Zusammenhänge aus der Region, in der die Meldung der Neuerkrankung oder des Sterbefalles erfolgt, abzuleiten.

Geographische Mobilität Es wird geschätzt, dass mindestens 12% der Bevölkerung Bayerns migriert, innerhalb Bayerns oder aus Bayern heraus oder hinein (3), so dass die wohnortsbezogene Registrierung des Erkrankungs- oder Sterbefalles möglicher Weise bei einem von acht Patienten schon nichts zur Aufdeckung kausaler Zusammenhänge beitragen kann.

Heterogenes Meldeverhalten Die geographische Lage hatte bis zum 1.1.2018 Bedeutung für die Zuverlässigkeit der Meldung der Krebs-Neuerkrankungen und des Krebs-Sterbefalles. Eine Verzerrung der Statistik aufgrund von heterogenem Meldeverhalten ist nicht auszuschließen (3). Fürth Stadt und Fürth Landkreis präsentieren eine sehr zeitnahe und mit hoher – über 95% - Vollzähligkeit erfolgende klinische Krebsregistrierung. Die Unvollzähligkeit einzelner Regionen kann teilweise auch durch die noch laufende Auswertung bedingt sein, außerdem werden noch Meldungen nachträglich erwartet.

ENTWICKLUNG DER VOLLZÄHLIGKEIT 2010-2014 - DER KREBSR EGISTRIERUNG ICD-10: C00-C97 OHNE C44; STAND 04.01.2018 Niederbayern >95% - Oberpfalz >95% - Mittelfranken >95% - 100% >95% >95% >95% >95% >95% Oberfranken >95% >95% >95% >95% Bayern >95% >95% 95% >95% >95% >95% 95% 95% 91% 93% 92% Oberbayern 90% 91% 90% 90% 90% 89% 88% 85% Unterfranken

84%

80% Schwaben

75% 2010 2011 2012 2013 2014

30 Das bayerische Krebsregister stellt der Öffentlichkeit im Jahre 2017 lediglich die Werte bis 2014 vor, da bei Veröffentlichung die Vollzähligkeit möglichst erreicht sein sollte.

Die Unvollzähligkeit der Meldungen ist nachvollziehbar anhand des regional unterschiedlichen Prozentsatzes der DCO-Fälle - „Death Certificate Only“.

Es handelt sich um die Registrierung von „Neuerkrankungen“, die erst durch die Todesbescheinigung und den Datenabgleich zwischen Meldestellen und Krebsregistern bekannt werden.

Da die Angaben auf den Todesbescheinigungen im Vergleich zu klinischen Meldungen oder Pathologiebefunden unzuverlässig und unvollständig sind, versucht das Krebsregister diesen Anteil so gering wie möglich zu halten. Mit dem neuen Krebsregistergesetz könnte ab dem 1.4.2017 der Anteil der DCO-Fälle stark sinken, wobei Langzeitüberlebende auch künftig erst durch die Todesbescheinigung bekannt werden. In den Jahren vorher wurde angestrebt, dass die DCO-Fälle nicht über 10% liegen sollten.

DCO-Raten nach Regierungsbezirken, Stand 04.01.2018 18%

16%

14% Oberbayern Niederbayern 12% Oberpfalz 10% Oberfranken 8% Mittelfranken 6% Unterfranken

Prozentsatz derDCO-Fälle 4% Schwaben

2% Bayern

0% 2010 2011 2012 2013 2014

DCO-Rate für Schwaben kann für 2014 noch nicht ausgewertet werden Datenhalter ZKFR (10)

Es sind in unserem Beobachtungszeitraum je nach Region sehr unterschiedliche Werte zu sehen. Der Prozentsatz der DCO-Fälle einer Region könnte ein sensibler Parameter für die Vollzähligkeit der Registrierung sein, nach dem Motto „ je geringer, um so besser“, jedoch auch hier sind Fehlerquellen möglich: So sind methodische Unterschiede zwischen den bisher in Deutschland existierenden Registern bekannt, vor allem die nicht überall durchgeführte Nachrecherche von DCO-Fällen („Follow-Back“), können die Ergebnisse beeinflussen (7). Je nach Region kann die Zahl auch sehr niedrig sein, wenn die Diagnosen auf den Todesbescheinigungen nicht in das Krebsregister gelangen.

31 Die Stadt Fürth deutlich, sowie auch der Landkreis Fürth, liegen mit dem Prozentsatz an DCO- Fällen in nahezu allen Jahren des Beobachtungszeitraumes unter dem Prozentsatz Bayerns und Mittelfrankens. Zudem hat das Bayerische Krebsregister uns während der Recherchen für diesen Bericht bestätigt, dass die Stadt Fürth und der Landkreis Fürth bei den Meldungen von Neuerkrankungen und Sterbefällen vollzählig sind. Das Gesundheitsamt Fürth sieht hier einen deutlichen Hinweis auf das im Vergleich zu den Referenzregionen Mittelfranken und Bayern besser funktionierende, vollzählige Meldewesen in Stadt und Landkreis Fürth schon in den Jahren vor Einführung der gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflicht.

DCO-Raten in Stadt Fürth und Landkreis Fürth im Vergleich zu Bayern und Mittelfranken, Stand 04.01.2018 12%

10%

8% Bayern

6% Mittelfranken Landkreis Fürth 4% Stadt Fürth

Prozentsatz derDCO-Fälle 2%

0% 2010 2011 2012 2013 2014

Datenhalter ZKFR (10)

2010 2011 2012 2013 2014 Bayern 11% 10% 9% 9% 8% Mittelfranken 11% 9% 9% 9% 9% Landkreis Fürth 9% 7% 7% 8% 8% Stadt Fürth 9% 6% 6% 8% 7%

Eine Erhöhung der Registrierung von Krebserkrankungen in Stadt Fürth und Landkreis Fürth im Vergleich zu den Referenzregionen Bayern und Mittelfranken ist somit unter anderem auch durch das Meldewesen erklärt. Ein Krebsregister befindet sich ständig „im Fluss“ aufgrund der kontinuierlich verlaufenden Registrierung. Unsere Grafiken beziehen sich auf die bei Verfassung des Berichtes (Oktober 2017 – Februar 2018) vorhandenen Werte.

32 In den letzten Jahrzehnten wurden in Bayern an 6 unabhängig voneinander arbeitenden regional tätigen Strukturen klinische Daten registriert, teilweise nicht vollständig und auch zum größten Teil mit Zeitverzögerung (8). Am 7. März 2017 wurde vom Bayerischen Landtag das Bayerische Krebsregistergesetz (BayKRegG) verabschiedet. Durch dieses Gesetz hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) die Aufgabe erhalten, ein zentrales Krebsregister für Bayern zu führen mit dem Ziel vollständige, vergleichbare und datengeschützte Datensätze für ganz Bayern zu erstellen. Diese für Bayern zentrale klinisch-epidemiologische Krebsregistrierung hat am 1.4.2017 begonnen. Die bewährten Strukturen für die klinische Krebsregistrierung vor Ort in München, Regensburg, Bayreuth, Erlangen, Würzburg und Augsburg blieben als 6 Regionalzentren erhalten und wurden in das LGL integriert. Das Zentrum für Krebsfrüherkennung und Krebsregistrierung (ZKFR) des LGL befindet sich in Nürnberg. Um die Vollzähligkeit der klinischen Krebsregistrierung zu steigern, wurde im Rahmen dieses Gesetzes ab dem 1.4.2017 eine gesetzlich vorgeschriebene Meldepflicht der behandelnden Ärzte, insbesondere auch der Pathologen, die den histologischen Befund diagnostizieren, eingeführt. „…Mit Geldbuße bis zu zehntausend Euro kann belegt werden, wer vorsätzlich oder fahrlässig eine Meldung nach Art. 4 Abs. 1 nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig abgibt.“ (6). Meldepflichtig sind nicht nur die Erstdiagnose, sondern auch der Beginn und Abschluss einer therapeutischen Maßnahme, Rezidive, Metastasen, Zweittumoren, Änderungen des Krankheitsverlaufes, sowie das Versterben des Patienten. Die Datensätze werden ab dem 1.4.2017, nun als klinisch-epidemiologisches Krebsregister kompatibel erhoben, also statistisch vergleichbar, in den Regionen Bayerns untereinander, sowie auch mit anderen Bundesländern.

Dieser Bericht stützt sich auf die im Krebsregister registrierten Fälle der Jahre 2010 bis 2014, also auf einen Zeitraum vor Einführung der gesetzlich vorgeschriebenen Meldepflicht! Es ist daher eindeutig nachzuvollziehen, dass trotz sorgfältiger Arbeit der bisher bestehenden Krebsregister und trotz statistischer Berechnungen keine unangreifbaren wissenschaftlich fundierten Aussagen über die Häufigkeiten von Krebserkrankungen in der Region im Vergleich zu anderen Regionen gemacht werden können, wenn nicht nachgewiesen ist, dass das Meldeverhalten in allen Regionen identisch war. In der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth besteht seit Jahrzehnten ein hervorragendes Meldewesen der klinischen Krebsregistrierung, diese nahezu vollzählige klinische Krebsregistrierung spiegelt sich in einer scheinbar „erhöhten“ Zahl an Neuerkrankungen wider. Der Vergleich mit scheinbar „gesünderen“ Entitäten – z.B. Region Bayern insgesamt und Mittelfranken insgesamt – in denen Defizite in der Registrierung bestehen, die dann zu zahlenmäßig niedrigeren Erkrankungsraten führen, könnte dadurch zu Fehlinterpretationen führen.

Bisher ist es nicht möglich – und ist auch in diesem Bericht und diesen Berechnungen nicht geschehen - das heterogene Meldeverhalten bei dem statistischen Vergleich der Zahlen heraus zu rechnen. Das Gesundheitsamt Fürth plant, sobald die zukünftigen, mit Meldepflicht erhobenen, vom Zentrum für Krebsfrüherkennung und Krebsregistrierung erstellten, möglicherweise vollzähligeren Datensätze über mehrere Jahre vorliegen, den Bericht über das Krebsgeschehen zu aktualisieren.

33 Eine gute medizinische Versorgung erhöht die Anzahl der diagnostizierten Erkrankungen.

Ein entscheidender Hinweis auf eine gute medizinische Versorgung ist die Stadienverteilung bei Erstdiagnose der Krebserkrankungen in einer Region: Besteht eine gute medizinische Versorgung, sind die Bewohner sozio-ökonomisch gut gestellt und zudem noch in unmittelbarer geographischer Nähe einer Universitätsstadt, sowie Großstädten mit spezialisierten Zentren, treibt dies die Zahlen von Inzidenz nach oben im Vergleich zu isoliert gelegenen Regionen.

Die von den Krebsregistern veröffentlichten Inzidenzen geben a priori keinen Hinweis darauf, ob die Krebsdiagnose in einem frühen Stadium, vielleicht sogar durch ein Screening-Programm gestellt wurde, oder ob es sich um fortgeschrittene, im Endstadium befindliche Erkrankungen handelt. Aufgrund der erhöhten Inzidenzen der Stadt Fürth und des Landkreises Fürth hat das Zentrum für Krebsregistrierung und Krebsforschung die Inzidenzen auf die Stadienverteilung hin untersucht.

Tatsächlich konnte für die Stadt und den Landkreis Fürth ein im Vergleich zum bayerischen Durchschnitt für fast alle mit Screeningprogrammen belegten Krebsarten bei Männern und Frauen ein deutlich erhöhter Anteil an in-situ Tumoren, also Tumoren im sehr frühen Stadium nachgewiesen werden. Die Bevölkerung der Stadt Fürth und des Landkreises Fürth scheint frühzeitig den Arzt aufzusuchen und es könnte eine bessere Akzeptanz von Früherkennungsuntersuchungen vorliegen, als im bayerischen und mittelfränkischen Durchschnitt. Eine einzige Ausnahme bietet die Stadienverteilung bei Erstdiagnose des Brustkrebses im Landkreis Fürth. Hier liegt das in-situ-Stadium unter dem bayerischen und mittelfränkischen Durchschnitt. Betrachtet man die Mortalitätsraten der Stadt und des Landkreises Fürth, zeigt sich bezüglich des Brustkrebses keine Erhöhung. Dies kann ebenfalls als Indiz für eine gute medizinische Versorgung gewertet werden.

Das Krebsregister erhebt keine individuellen Daten bezüglich persönlicher Risikofaktoren.

So werden z.B. die insgesamt gegenüber Frauen erhöhten Neuerkrankungsraten bei Männern und auch die erhöhte Mortalität bei Männern in der Fachliteratur auf Lebensstilfaktoren zurückgeführt (Tabakkonsum und Alkoholkonsum). Vor allem der Nikotinabusus ist ein großer Confounder (siehe Einleitung). Jedoch gibt es keine Möglichkeit, dies aus den Krebsregistern herauszulesen.

Ebenso werden keine Hinweise auf genetisch bedingte Krebserkrankungen registriert.

Das Krebsregister erhebt keine Daten über die berufliche Vorgeschichte der Betroffenen.

In den Krebsregistern wurde und wird lediglich das Geschlecht, Alter und Wohnort als personenbezogene Daten registriert. Der Beruf der an Krebs erkrankten oder gestorbenen Personen wird nicht registriert. Dadurch entsteht eine Unschärfe, zumal in vielen Berufen eine Exposition mit kanzerogenen Stoffen vorkommt und bestimmte Krebsarten als Berufskrankheit anerkannt werden. Anhand der Krebsregister ist eine Identifizierung der als Berufskrankheit anerkannten Krebserkrankungen nicht möglich.

34 4.2 Regional bedingte Risikofaktoren

Es ist also derzeit unmöglich, anhand der aus den Krebsregistern kommenden Daten kausale Zusammenhänge für die Krebserkrankungen einer Region abzuleiten.

Zahlreiche Forschergruppen haben mit gezielten Forschungsprojekten nach kausalen Zusammenhängen zwischen dem Krebsgeschehen und regionalen Besonderheiten gesucht (5).

Als regional bedingte Risikofaktoren zeigen sich in vielen Studien:

Sozio-ökonomische Benachteiligung

Regionale Unterschiede im Gesundheitsverhalten

Physische Umwelt

35 Sozio-ökonomische Benachteiligung

Für die Beurteilung der sozio-ökonomischen Situation einer Region werden sogenannte „Deprivationsindizes“ als Maß verwendet. Diese Deprivationsindizes stellen ein wertvolles Instrument zur Analyse regionaler Gesundheitsunterschiede dar (23).

In Großbritannien sind derartige regionale Deprivationsindizes seit Jahrzehnten fester Bestandteil der Public-Health-Diskussion, in Deutschland dagegen ist deren Einsatz noch relativ neu (4).

Der britische Soziologe Peter Townsend entwickelte in den 1970 er Jahren das Konzept der relativen Deprivation: dies bedeutet, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen im Vergleich zur Gesellschaft, in der sie leben, einem Mangel an materiellen und sozialen Ressourcen unterliegen. Letztendlich führt relative Deprivation zu einem Ausschluss am allgemein üblichen Leben (5).

Am Helmholtz-Zentrum München wurde Anfang der 2010 er Jahre der Bavarian-Index-of-Multiple Deprivation (BIMD) entwickelt, unter Verwendung soziodemografischer, sozio-ökonomischer und umweltrelevanter Daten der amtlichen Statistiken. Der BIMD stellt eine Regionalversion des „German Index of Multiple Deprivation“ (GIMD) dar.

Unter Verwendung dieses regionalen Deprivationsindexes konnte am Beispiel Bayerns gezeigt werden, dass höhere regionale Deprivation mit höherer Mortalität assoziiert ist (4).

Dieser Bayerische Index Multipler Deprivation setzt sich (mit unterschiedlicher Gewichtung) aus folgenden sieben Dimensionen zusammen: Einkommensdeprivation, Beschäftigungsdeprivation, Bildungsdeprivation, Kommunale Einnahmendeprivation, Sozialkapitaldeprivation, Umweltdeprivation und Sicherheitsdeprivation. Dabei werden z.B. Indikatoren zum individuellen Einkommen, zu Arbeitslosigkeit, zum Anteil Beschäftigter ohne Ausbildung, finanziellen Ressourcen der Gemeinde, die Wanderungsbilanz, Wahlbeteiligung, der Anteil versiegelter Flächen, Straßenverkehrsunfälle und Straftaten pro Kopf verwendet.

Die Einteilung der errechneten BIMD-scores erfolgt in fünf Quintile: Im Quintil 1 sind die Gemeinden mit der niedrigsten Deprivation, also der geringsten strukturellen Benachteiligung, im Quintil 5 befinden sich die Gemeinden mit der höchsten strukturellen Benachteiligung.

Deprivationsindizes werden einerseits dazu verwendet, um zu ermitteln, ob regionale sozio- ökonomische Strukturen einen vom individuellen sozio-ökonomischen Status unabhängigen Einfluss auf die Gesundheit haben (5). Sie können aber auch als Ersatz dafür dienen, wenn Angaben zum individuellen sozio- ökonomischen Status fehlen, so wie hier in diesem Bericht, der sich auf die anonymisierten Zahlen des Bayerischen Krebsregisters stützt. Der BIMD wurde bereits mehrmals in Arbeiten mit Daten des Bayerischen Krebsregisters eingesetzt (3, 24, 25).

36 Regionale Deprivationsindizes dienen aber auch zur Identifikation benachteiligter Regionen und als Allokationsinstrument zur Verteilung von Ressourcen (5).

Diese Indizes können unter Verwendung eines Geoinformationssystems auch in kartografischer Form visualisiert und analysiert werden (5).

Die Zahlen für das Referenzjahr 2010 („BIMD 2010“) für die Gemeinden Mittelfrankens sowie die Referenzwerte für Bayern wurden freundlicherweise von Herrn Dr. W. Maier vom Helmholtz- Zentrum München zur Verfügung gestellt, so konnten wir uns einen Überblick über die regionale sozio-ökonomische Einordnung gemäß des BIMD verschaffen:

Die Stadt Fürth (121.519 Einw.) wurde bei einem Deprivations-score von 39,96638991 in das BIMD- Quintil 5 eingeordnet. Dies bedeutet, dass die Stadt Fürth sich im Deprivations-Quintil mit der höchsten strukturellen Benachteiligung befindet.

Auf innerstädtischer Ebene ist für die Stadt Fürth kein Deprivations-Score verfügbar, da der BIMD auf Ebene der Gemeinden errechnet wird.

Es wäre ein wichtiger nächster Schritt, eine kleinräumige sozioökonomische Klassifizierung der Stadt Fürth zu erarbeiten, welche für alle Akteure des öffentlichen Gesundheitswesens eine solide Arbeitsgrundlage bieten würde.

Der Landkreis Fürth (114.291 Einwohner, Stand 31.12.2015) besteht aus 14 Gemeinden. Für die einzelnen Gemeinden war es möglich, BIMD 2010-Quintile (Deprivationsscore-Werte in Klammern) zu erstellen:

Quintil 1 (5,604085239) (6,104690945) (7,962389091) Quintil 2 Markt Roßtal (11,50224388) (11,62271577) (14,99931024) Quintil 3 (16,1409242) (16,28097646) (16,38771061) Zirndorf (16,70138356) Stadt (17,05077384) Großhabersdorf (17,4549197) Markt (18,37342) Stadt Stein (20,75453308) Keine der Gemeinden des Landkreises Fürth befindet sich in Quintil 4 und 5.

37 Der Landesdurchschnitt für die bayerischen Gemeinden lag bei 21,7139122 (Median: 18,7030112). Das Minimum der Score-Werte der bayerischen Gemeinden war 1,9735197, das Maximum bei 78,4409369.

Mittelfranken: Für die Regierungsbezirke gibt es keine BIMD-Scores, der Index ist nur auf Ebene der Gemeinden und Kreise verfügbar.

Die Stadt Nürnberg wurde in das Quintil 5 eingeordnet (Deprivationsscore von 43,56917354 ).

Die Stadt Erlangen mit dem niedrigeren Deprivations-Score von 20,2331563 wurde in das Quintil 3 eingeordnet.

Der BIMD-wurde für insgesamt 2056 Gemeinden in Bayern berechnet. Die Aufteilung der Gemeinden in die einzelnen Quintile stellt sich folgendermaßen dar:

Quintil 1 (Q1): 1.97351957331909 bis 10.347183301666 (n=412) (Im Q1 finden sich die Gemeinden mit der geringsten strukturellen Benachteiligung = regionale Deprivation.)

Quintil 2 (Q2): 10.3786043872374 bis 16.1073704305352 (n=411)

Quintil 3 (Q3): 16.140540909012 bis 22.206548782735 (n=410)

Quintil 4 (Q4): 22.2554085292759 bis 32.3981794031176 (n=411)

Quintil 5 (Q5): 32.4282624744126 bis 78.4409369228568 (n=412) (Im Q5 finden sich die Gemeinden mit der größten strukturellen Benachteiligung = regionale Deprivation.)

Die Stadt Fürth (Rang 1851 von 2056) und Nürnberg (Rang 1919 von 2056) liegen im 5. Quintil, also dem Quintil mit der höchsten strukturellen Benachteiligung (Quintil 5 beginnt mit Rang 1645).

Die höchsten Scores in den Einzeldimensionen der BIMD 2010-Werte für die Stadt Fürth haben die Dimensionen (Domänen) Beschäftigung „Arbeitslosigkeit“: ungewichteter Score 92,73990974 von 100 ) und Umwelt, Indikator „Bodenversiegelung“: ungewichteter Score 87,72528581 von 100.

38 Regional bedingtes Risikoverhalten

Fehlernährung, Bewegungsmangel, übermäßiger Alkohol- und Tabakkonsum sind häufig auch ein regional bedingtes Risikoverhalten und prädisponierende Faktoren für chronische Krankheiten und vor allem auch Krebserkrankungen. So ist z.B. Tabakrauch der Hauptrisikofaktor für Lungenkrebs und aktives Rauchen bei Männern für bis zu 90% der Erkrankungen verantwortlich (7). Derzeit gibt es keine genauen statistischen Auswertungen und wissenschaftlich verwendbaren Informationen über das Ausmaß des Risikoverhaltens in Stadt und Landkreis Fürth. So können wir uns in unseren Aussagen nur auf wissenschaftliche Studien berufen (3, 7, 24, 25):

Es ist bekannt, dass dieses regional bedingte Risikoverhalten stark von dem sozio-ökonomischen Status der Bevölkerung abhängt. Fehlernährung, Bewegungsmangel und Tabakkonsum sind bei Personen mit niedrigem Sozialstatus weiter verbreitet als in höheren Statusgruppen (14).

Geringere Beschäftigungschancen und Verdienstmöglichkeiten wirken sich negativ auf den Gesundheitszustand aus (14), sie sind ein entscheidender Faktor für die Auslösung eines regional bedingten Risikoverhaltens.

Frauen und Männer mit geringem Einkommen, niedriger Bildung oder Berufen, in denen schlechte Arbeitsbedingungen herrschen, haben letztendlich auch eine geringere Lebenserwartung als sozial besser gestellte Teile der Bevölkerung. Zwischen der niedrigsten und der höchsten Einkommensgruppe in Deutschland werden heute Unterschiede in der Lebenserwartung (bei Geburt) von 8,4 Jahren bei Frauen und 10,8 Jahren bei Männern berichtet (14).

Wir haben die Lebenserwartung in Stadt und Landkreis Fürth untersucht, wobei Männer und Frauen in Fürth Stadt etwas unter dem bayerischen Durchschnitt liegen.

39 Lebenserwartung bei Geburt

Definition Durchschnittliche Lebenserwartung bei Geburt in Jahren (3-Jahres-Mittelwerte)

Bedeutung/ Ziele Die mittlere Lebenserwartung erlaubt allgemeine Rückschlüsse auf die gesundheitliche Lage, die medizinische Versorgung und den Lebensstandard einer Bevölkerung. Die Lebenserwartung entspricht der um die Alterseffekte bereinigten Sterblichkeit und eignet sich deshalb besonders für die vergleichende Analyse regionaler Unterschiede. Da Zufallsschwankungen auf der kommunalen Ebene nicht zu vernachlässigen sind, werden hier 3-Jahres-Mittelwerte gebildet.

Entwicklung/ Im zeitlichen Verlauf betrachtet, steigt die Lebenserwartung bei Geburt in Stadt und Regionalvergleich Landkreis Fürth bei beiden Geschlechtern kontinuierlich an und liegt für die Jahre 2012- 2014 in der Stadt sowohl bei den Männern (77,1) als auch bei den Frauen (81,9) - etwas unter dem bayerischen Wert (78,4 bzw. 83,1) und den benachbarten Kommunen..

Entwicklung-Lebenserwartung Fürth Stadt und Vergleich mit anderen Regionen, 2012-2014 Landkreis

86 84 82,3 82,7 83,1 83,3 82,9 82,7 weiblich 83,6 83,2 81,9 84 82,7 83,0 82,8 83,1 83 81,8 Landkreis 81,9 82 82 79,9 81 weiblich 79,3 81,9 81,9 Stadt 80 78,9 78,4 78,4 80 81,5 81,8 77,8 81,2 81 81,3 81 77,1 79 männlich 78 79,3 79,6 Landkreis 76 78 79,0 78,9 78,3 78,6 78,5 78,4 77 männlich 74 76 77,1 Stadt 76,6 76,6 76,6 75 76,2 76,1 76,3 76,5 74 73 Weiblich Männlich

Ergebnisse/ Die Lebenserwartung hat sich in Bayern im letzten Jahrhundert etwa verdoppelt und Bewertung weist auch in den letzten Jahrzehnten noch einen kontinuierlichen Zugewinn von mehr als zwei Jahren pro Jahrzehnt auf. Die stetig steigende Lebenserwartung ist unter anderem auf die deutlich verringerte Säuglingssterblichkeit seit den 1970er Jahren zurückzuführen. Im höheren Alter hat die Sterblichkeit aufgrund der verbesserten gesundheitlichen Vorsorge und Gesundheitsversorgung beträchtlich abgenommen. Für die Deutung regionaler Unterschiede der Lebenserwartung müssen vielfältige einflussnehmende Faktoren wie die ökonomische Situation, die medizinische Versorgung, die ethnische Zusammensetzung der Bevölkerung usw. berücksichtigt werden. Außerdem ist zu beachten, dass bei Krankheiten welche zu Tode führen Herz- Kreislauferkrankungen an erster Stelle und Krebserkrankungen nur an zweiter Stelle stehen. Für die Prävention ist festzuhalten, dass Lebensstilrisikofaktoren wie Rauchen, übermäßiger Tabak- und Alkoholkonsum, Fehlernährung und Bewegungsmangel eine nicht unwesentliche ursächliche Rolle spielen.

Datenhalter Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung

40 Das Robert Koch Institut schreibt im „Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016“: „ Die regionalen Unterschiede bei der Krebssterblichkeit auf Ebene der Bundesländer sind bei Männern etwas stärker ausgeprägt als bei Frauen.“ (1)

Dieses Phänomen ist in der Abbildung des Vergleiches zwischen Stadt Fürth und Landkreis Fürth bezüglich des zeitlichen Verlaufes der Inzidenzkurven für „alle bösartigen Neubildungen“ auch zu erkennen:

Zeitlicher Verlauf 2005 - 2015 der altersstandardisierten Inzidenz für alle bösartigen Neubildungen - Neuerkrankungen an Krebs pro 100.000 Einwohner - Stadt Fürth und Landkreis Fürth 700

600

Stadt Fürth Männer 500 Landkreis Fürth Männer Stadt Fürth Frauen 400 Landkreis Fürth Frauen

300

Während die Inzidenzkurven der Stadt und des Landkreises der Frauen in geringem Abstand voneinander sind und sich teilweise überlappen, verlaufen die beiden Inzidenzkurven der Männer über Jahre hinweg in einem größeren und kontinuierlicheren Abstand.

Hier könnte hypothetisch an eine je nach Standort häufigere berufliche Exposition der Männer gegenüber krebserregenden Substanzen in Handwerk und Industrie, aber auch an ein über Jahrzehnte gegenüber Frauen erhöhtes Risikoverhalten gegenüber Tabak und Alkohol gedacht werden.

Männer könnten auch von den negativen Auswirkungen des sozio-ökonomischen Faktors der Arbeitslosigkeit und geringeren Verdienstmöglichkeiten stärker betroffen sein, da für sie, im Gegensatz zu den Frauen, weniger häufig die alternative Möglichkeit des Rückzuges in das Familienleben besteht.

41 Krebs als Berufskrankheit

Krebserkrankungen können beruflich verursacht sein und unter Umständen als Berufskrankheit anerkannt werden.

Das Institut für Arbeitsmedizin der Universität Erlangen empfiehlt allen Bürgern, einen begründeten Verdacht zu melden!

Die Universität informiert auf der Startseite des Institutes für Arbeitsmedizin, www.ccc.uk-erlangen.de/krebs-als-berufskrankheit/ :

„ Bei etwa 500.000 Krebsneuerkrankungen pro Jahr (Robert-Koch Zentrum für Krebsregisterdaten) wären jährlich etwa 25.000 beruflich verursachte Malignome zu erwarten (Doll und Peto 1981, USA; Rushton et al. 2008, UK). Im Jahr 2013 wurden demgegenüber aber weniger als 9000 diesbezügliche Berufsverdachtsanzeigen erstellt (DGUV, Krebsregisterdaten am Robert-Koch-Institut) und als Berufskrankheit anerkannt wurden 2010 2.241 Fälle (DGUV Spitzenverband – Beruflich verursachte Krebserkrankungen). Die anerkannten beruflichen Krebserkrankungen entsprechen daher weniger als 0,5% aller Krebserkrankungen. Die Dunkelziffer dürfte daher relativ hoch sein und bei etwa 4% liegen (Doll und Peto, 1981, USA).

Da oft Jahrzehnte zwischen der gefährdenden beruflichen Belastung und der Krebsdiagnose liegen, ist eine ausführliche Arbeitsanamnese, welche das gesamte Arbeitsleben berücksichtigt (alle konkret verrichteten Arbeitstätigkeiten und gefährliche Berufsstoffe) erforderlich, um einen Zusammenhang zu erkennen. Die meisten beruflichen Krebserkrankungen werden vermutlich noch für die nächsten 10 bis 30 Jahre vor allem durch Altlasten durch Arbeit mit Asbest, Uran und aromatischen Aminen bestimmt werden.“ (Homepage des Instituts für Arbeitsmedizin, Stand Januar 2018).

Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universität Erlangen-Nürnberg Schillerstr. 25/29 91054 Erlangen www.arbeitsmedizin.uni-erlangen.de

Mittelfranken, vor allem auch die Stadt Fürth und der Landkreis Fürth sind aktive Industriestandorte, mit allen Vor-und Nachteilen.

Es ist zu überlegen, das Augenmerk bei der Krebsbekämpfung und bei der Planung von Präventionsmaßnahmen in dieser Region auch auf den Umweltfaktor, die Arbeitsplatzexposition mit krebserregenden Stoffen und den mit der Industrialisierung einhergehenden Lebensstil (Bewegungsmangel, unausgeglichene Ernährung, Alkoholkonsum und Rauchen) zu lenken.

42 Physische Umwelt

Wasser Die Beschaffenheit des Trinkwassers wird repräsentativ nach einer von der Europäischen Union vorgegebenen Auswahl von Parametern beurteilt. Hierzu werden Wasserversorgungsgebiete erfasst, in denen mehr als 5.000 Einwohner mit Trinkwasser beliefert oder täglich mehr als durchschnittlich 1.000 Kubikmeter Trinkwasser verteilt werden.

In Mittelfranken wird das Trinkwasser in den meisten Fällen in der Nähe der versorgten Gemeinde aus Grundwasser gewonnen. Der Wasserversorger ist die Gemeinde selbst oder ein kleinerer Zweckverband. Im Landkreis Fürth gibt es insgesamt 19 Wasserversorgungsanlagen von 15 Wasserversorgungsunternehmen. In Bereichen, in denen aus geogenen oder anthropogenen Ursachen kein oder zu wenig nutzbares Grundwasser zur Verfügung steht, wird das Trinkwasser aus anderen Erschließungsgebieten durch sogenannte Fernwasserversorgungsunternehmen wie dem Zweckverband zur Fernwasserversorgung Franken oder der Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum zur Verfügung gestellt. Diese befinden sich als kommunale Zweckverbände in der Trägerschaft der beteiligten Gemeinden und Landkreise.

In Deutschland setzt sich das Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung generell aus Grundwasser, Oberflächenwasser, Uferfiltrat sowie künstlich angereichertem Grundwasser zusammen. Das Rohwasser für die Trinkwasseraufbereitung der Stadt Fürth kommt zu ca. 60 % aus Grundwasser und zu ca. 40% aus dem Grundwasserbegleitstrom im Rednitzgrund. Im Landkreis Fürth setzt sich das Rohwasser in den einzelnen Gemeinden unterschiedlich zusammen. Es werden aber auch keine oberflächennahen Quellen und kein Oberflächenwasser in Trinkwasserleitungen eingespeist. Ungeachtet dessen sind die Anforderungen an die Trinkwasserbeschaffenheit gesetzlich vorgeschrieben. Die Anforderungen an die Trinkwasserbeschaffenheit müssen sich an den Eigenschaften eines aus genügender Tiefe und Passage durch ausreichend filtrierende Schichten gewonnenen Grundwassers einwandfreier Beschaffenheit richten. Das gewonnene Rohwasser muss den Anforderungen der aktuellen Trinkwasserverordnung entsprechen, bevor es als Trinkwasser in den Verkehr gebracht werden darf. (UBA, Trinkwasserqualität, 2015) Kein anderes Lebensmittel wird so streng kontrolliert wie Trinkwasser Durch Maßnahmen des Umweltschutzes und des speziellen Ressourcenschutzes für das Trinkwasser ist in Deutschland die Gefährdung durch Chemikalien aus industriellen Abwässern unwahrscheinlich. Im Bereich der Agrarchemikalien kann bei Einhaltung bestehender Grenz- und Vorsorgewerte ein Gesundheitsrisiko über den Trinkwasserpfad ebenfalls als unwahrscheinlich gelten.

Für kanzerogene Substanzen ist eine Wirkungsschwelle nach heutiger Kenntnis nicht zu ermitteln. Man toleriert daher bei natürlich vorkommenden Substanzen ein epidemiologisch abgestütztes Restrisiko ("Referenzrisiko") in der Größenordnung von einem Krebsfall auf 100.000 Personen bei lebenslanger Zufuhr mit dem Trinkwasser. Dies gilt beispielsweise für die Substanzen Arsen,

43 Cadmium und die Gruppe der polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe (PAK). Soweit kanzerogene Substanzen technisch bedingt oder technisch beeinflussbar sind, gilt außerdem das Minimierungsgebot. Das bedeutet, dass kanzerogene Substanzen unterhalb der festgelegten Grenzwerte soweit wie technisch möglich vermindert werden sollen. (Bolzenhart & Schweinsberg, 1997) Dies gilt vor allem für die Desinfektionsnebenprodukte. Grenzwerte aufgrund ästhetischer Gesichtspunkte sind einerseits für die Akzeptanz des Wassers bedeutend, andererseits sind ästhetische Merkmale wie Geruch, Geschmack, Färbung und Trübung aber manchmal auch entscheidende Indikatoren für unkontrollierte Verschlechterungen der Wasserqualität durch Eindringen von Fremdwasser, Versagen der Aufbereitung oder fehlerhafte Arbeiten am Verteilungsnetz.

Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Fürth ist für die Überwachung des Trinkwassers in der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth zuständig. Die ständigen Untersuchungen zeigen, dass das Fürther Trinkwasser keine Grenzwertüberschreitungen für kanzerogene Stoffe wie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, Nitrat, und Acrylamid aufweist. Zudem liegen die Konzentrationen für Pflanzenschutzmittel, wie Glyphosat, unter den gesetzlich definierten Grenzwerten bzw. sind nicht nachweisbar.

Weiterhin wird unser Trinkwasser aktuell auf radioaktive Stoffe hin überprüft, die sich geogen, also durch natürliche Vorkommnisse aus dem Erdreich in Grundgewässer mobilisieren können. Die laufenden Untersuchungen zeigen bisher, dass keine Aktivitätskontzentrationsüberschreitung für Radionuklide vorliegt.

Luftqualität Eine erhöhte Lungenkrebsrate kann u.a. durch die Feinstaub-Belastung der Luft mit verursacht werden. Mittelfranken liegt in einer kontinentalen, trockenen Klimazone, es weht häufig Ostwind. In der ehemaligen UdSSR waren die Industrieanlagen in keiner Weise auf Klimaschutz ausgerichtet und dies kam in der Region Mittelfranken bezüglich der Luftqualität zum Tragen. Dies hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gebessert. Internationale Bemühungen, Normen zum Klimaschutz zu erarbeiten, sowie die Erneuerung der Industrieanlagen in Ostdeutschland haben zu einer Anhebung der Luftqualität in Mittelfranken beigetragen.

Bodenversiegelung: Bodenversiegelung bezeichnet das Bedecken des natürlichen Bodens durch Bauwerke. Bodenversiegelung bedeutet, dass der Boden luft- und wasserdicht abgedeckt wird, wodurch Regenwasser nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen versickern kann und auch der Gasaustausch des Bodens mit der Atmosphäre gedrosselt wird. Innerhalb der Siedlungs-und Verkehrsflächen ist ein Teil der Böden durch darauf errichtete Gebäude versiegelt. Auch unbebaute Flächen – wie Freiflächen, Betriebsflächen, Erholungsflächen und Verkehrsflächen – sind teilweise mit Beton, Asphalt, Pflastersteinen oder wasserdichten unterirdischen Decken befestigt und damit ganz oder teilweise versiegelt. (15).

44 Die Bodenversieglung hat äußerst negative Auswirkungen auf den natürlichen Wasserhaushalt: Die Grundwassermenge wird verringert, es kann Trinkwassermangel entstehen, die Grundwasserbelastung und Stoffkonzentration steigt, da bei punktueller Versickerung des Niederschlags weniger Nähr- und Schadstoffe im Boden gefiltert werden können. Auch das Kleinklima wird negativ beeinflusst: versiegelte Böden können kein Wasser verdunsten, weshalb sie im Sommer nicht zur Kühlung der Luft beitragen. Hinzu kommt, dass sie als Standort für Pflanzen ungeeignet sind, welche somit als Wasserverdunster und als Schattenspender ausfallen. (15)

Das Bayerische Landesamt für Umwelt gibt für 2015 die Versiegelungsmaße für die Stadt Fürth und den Landkreis Fürth wie folgt an (16):

Administrative Ebene Versiegelungsgrad der Siedlungs-und Verkehrsfläche in % Bayern 50,9 Mittelfranken 52,9 Stadt Fürth 56,0 Landkreis Fürth 48,4

Je stärker die Besiedelung, desto knapper ist der Raum und umso intensiver sind die Bebauung und die Versiegelung der vorhandenen Fläche(15).

Die Bodenversiegelung an sich bedeutet somit einerseits eine Gesundheitsgefährdung für den Menschen, andererseits dient der Grad der Versiegelung als einer der Indikatoren für die Einschätzung des sozio-ökonomischen Status einer Region. So zeigen Studien eine deutliche Korrelation in Deutschlands Städten zwischen Begrünung der Wohnviertel und Einkommen der Bewohner (17).

45 5 Kontinuierliche und nachhaltige Prävention in Stadt-und Landkreis Fürth

Das Rauchen ist in den Industrienationen das bedeutendste einzelne Gesundheitsrisiko und die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit (14). Rauchen erhöht die Wahrscheinlichkeit an Krebs zu erkranken für alle Krebsarten.

Zu den Erkrankungen, die mit einem übermäßigen Alkoholkonsum zusammenhängen, gehören u.a. Tumoren im Mund-und Rachenraum, Darm-und Brustkrebs (14). Deutschland nimmt mit einem Pro-Kopf-Konsum von 9,7 Litern Reinalkohol einen negativen internationalen Spitzenwert ein (14).

Ziel von Prävention ist es, Erkrankungen zu vermeiden oder weniger wahrscheinlich zu machen.

Um die Zahl der Neuerkrankungen an Krebs zu vermindern, bietet der öffentliche Gesundheitsdienst der Stadt und des Landkreises Fürth schon seit vielen Jahren aus öffentlichen Geldern finanzierte, für Bürger kostenfreie Präventionsprogramme an, welche auf die hauptsächlichen Risikofaktoren fokussiert sind: Tabakkonsum, Alkoholkonsum, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung, Stress, psychische Belastung.

Diese Präventionsmaßnahmen werden von der Bevölkerung sehr gut angenommen und sind ein fester Bestandteil des täglichen Lebens in vielen Institutionen, so vor allem auch in den Schulen.

Die Kindheit prägt die gesamte Gesundheitsbiografie. Wichtig ist das Erlernen eines positiven Gesundheitsverhaltens (14).

Im Rahmen der Krebsbekämpfung ist die Prävention schon im Kindes-und Jugendalter eine Priorität des Gesundheitsamtes Fürth in Stadt und Landkreis, denn hier können die Grundlagen für ein gesundes Erwachsenenleben gelegt werden, indem mit pädagogischen Ansätzen gesunde Verhaltensweisen vermittelt und erlernt werden. Ein für die Gesundheit wichtiger Schutzfaktor ist die psychische Widerstandfähigkeit (Resilienz) (14).

Daher handelt es sich bei den Präventionsmaßnahmen des Gesundheitsamtes Fürth meist um eine Verknüpfung der zwei großen Themen, das Gesundheitsverhalten (Drogenmissbrauch, Bewegungsmangel, Ernährung) und die Entwicklung psycho-sozialer Kompetenzen, so z.B. „3x3- Projekt“ zur Gewalt-und Suchtvorbeugung.

Die in der Stadt Fürth und im Landkreis Fürth bestehenden Präventionsmaßnahmen zur Gesundheitsförderung und somit auch zur Krebsbekämpfung werden hier vorgestellt.

46 Tertiärprävention: Die Gesundheitshilfe des Gesundheitsamtes Fürth, Stresemannplatz 11, 90763 Fürth, sozialpädagogischer Dienst, Sachgebietsleiter Dipl. Soz. Päd. T. Herrmann führt Einzelberatungen und Aufklärung der Bevölkerung über die Hilfsangebote in Stadt-und Landkreis Fürth durch. Diese richten sich an verschiedene Bevölkerungsgruppen: Schwangere, Prostituierte, Suchtkranke, psychisch Kranke und chronisch Kranke, Behinderte, Hilflose, Senioren u.a.m. Die Gesundheitshilfe berät den Bürger und kooperiert mit den psycho-sozialen Beratungsstellen, Kliniken, Wohlfahrtsverbänden, Ämtern und weiteren sozialen und medizinischen Einrichtungen. Sie unterstützt die Selbsthilfearbeit und fördert die Eigenverantwortung der Bürger. Durch eine Art Gesundheitslotse wird der Bürger bei Problemen begleitet, beraten und in individueller Weise unterstützt. Dabei ist der Gesundheitshilfe die Subsidiarität des Staates auferlegt, so dass möglichst schnell an adäquate Hilfsstellen weitergeleitet und motivierend vermittelt wird. Als eine Besonderheit kann der Sozialpädagogische Dienst niederschwellig und in „Gehstruktur“ betroffene Klienten aufsuchend beraten.

Primär-und Sekundärprävention durch Gesundheitsförderung: Der sozialpädagogische Dienst des Gesundheitsamtes Fürth, Stresemannplatz 11, 90763 Fürth, Bereich Gesundheitsförderung, unter Leitung von Dipl. Soz.Päd. W. Kohl und Dipl. Soz.päd. C. Seger unterstützen vermittelnd oder führen folgende Aktionen durch:

Jährlich regelmäßig und bei gemeldetem Bedarf zusätzlich findet Alkohol- und Nikotinprävention in allen Mittelschulen in den 7. und 8. Klassen in der Stadt Fürth statt.

„Klasse 2000“ Gesundheitsförderung in der Grundschule. Orientiert am Lehrplan der Grundschulen motiviert das Gesundheitsamt mehrmals jährlich pädagogisch durchdachte Programme zur Gewalt- und Suchtvorbeugung durch den Verein Klasse 2000 mit Gesundheitsförderern, die in die Grundschulen kommen.

3x3 – Projekt: 2 x wöchentlich systematische Gewaltprävention, Medienpädagogik und Suchtprävention in 6. – 8. Klassen in allen Mittelschulen im Landkreis, sowie in der Dillenberg- Schule.

Jährliche Beteiligung an der Gesundheitswoche in der Hans-Böckler-Schule, seit 2006, Stadt Fürth, in den 6. Jahrgangsstufen mit Schwerpunkt Nikotinprävention.

Nach Bedarf Interventionen zur Suchtprävention in allen weiterführenden Schulen in Stadt und Landkreis.

„HaLt-Projekt“, „Hart am Limit“, Brückengespräche im Klinikum Fürth über Alkohol-und Drogenmissbrauch, Gespräch am Krankenbett, Elterngespräche bei übermäßigem Alkoholgebrauch im Kindes-und Jugendalter (12-17 Jahre) Vermittlung zum Risikocheck Öffentlichkeitsarbeit (Jugendschutz)

47 Gesund.Leben.Bayern – „Sonnen mit Verstand und Bewegung die Spass macht“ Hautkrebsprophylaxe, Gesundheitstag im Schwimmbad, gesunde Ernährung und Bewegungsförderung

Gesundheitsförderung im Zusammenhang mit den Jahresthemen des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, z.B. Seniorengesundheit, Männergesundheit, Kindergesundheit, Darmkrebsprophylaxe, Diabetes, Brustkrebs

Projekt „ Verrückt! Na und?“ Durchführung von Schuleinheiten in beruflichen und weiterführenden Schulen zur seelischen Gesundheit von Jugendlichen und Heranwachsenden u.a. durch Einbindung von Selbstbetroffenen.

Seminare für die Gesundheit der Auszubildenden in Kooperation mit der Azubi-Akademie: Thema: „Ich bin es mir wert.“ Gesundheitsförderung durch Suchtprävention in den Ausbildungsjahren.

Betriebliche Suchtpräventionseinheiten mit der Fürther Feuerwehr mit Auszubildenden und Führungskräften.

Initiierung und Beteiligung an Gesundheitstagen in Gemeinden und Städten des Landkreises Fürth und der Stadt Fürth

Kontinuierliche Zusammenarbeit mit dem Fürther Netzwerk gegen Depression z.B. Antidepressionstage und der Tag der seelischen Gesundheit.

Kooperation mit der Gesundheitsregion der Stadt Fürth Kooperation mit dem Verein 1-2-3.im Landkreis Fürth.

Verhältnisprävention

Teilnahme am Demenznetzwerk der Stadt Fürth in Kooperation mit der Wilhelm- Löhe- Fachhochschule Fürth Teilnahme Inklusion Fürth „ Fürth für Alle“ Für chronisch mehrfach Abhängige (= CMA) , Kooperation von Caritas-Suchtberatungsstelle, Sozialpsychiatrischer Dienst und Gesundheitsamt Gerontofacharbeitskreis Teilnahme im Beirat für Soziales, Senioren und Behinderte der Stadt Fürth Teilnahme am Integrationsnetzwerk im Landkreis Fürth. Teilnahme an der PSAG (Fürth, Nürnberg und Erlangen)

Sport und Vereinsleben in Stadt Fürth und Landkreis Fürth sind vielfältig und bunt. Weitere Informationen kann der Bürger in den Rathäusern und in den einzelnen Gemeinden erfragen.

48 Verein in der Prävention im Landkreis Fürth : der Verein 1-2-3 e.V.

Ein Netzwerk für Prävention gliedert sich in 10 Fachgruppen, die sich mit unterschiedlichen Themen der Prävention befassen und eigene Projekte umsetzen.

Dazu zählt die Fachgruppe 1-2-3aktiv, die mit dem Ziel von Anti-Gewalt-Training Altmühl-Camp und Limeswanderung für Jugendliche und Heranwachsende anbietet.

Die Fachgruppe Familie beschäftigt sich nach dem Thema: „Bezahlbarer Wohnraum für Familien“ jetzt aktuell mit dem Thema: „Gutes Leben im Landkreis Fürth“.

In der Fachgruppe Natur und Kind geht es um Realisierung des Konzeptes Umweltbildung und Naturerfahrung.

Die Fachgruppe „Kriminalprävention“ beschäftigte sich mit dem Projekt „Grenzgänger“, das sich an Jugendliche mit Drogenerfahrung wendet.

Die Fachgruppe Lesecoach will mit Angeboten wie „Grundschulpower“ die Lesefertigkeit durch Lesepaten unserer Schüler im Landkreis verbessern.

Die Fachgruppe Schülercoach schafft durch vielfachen ehrenamtlichen Einsatz die Schüler in ihrer Resilienz zu stärken und sie auf einen beruflichen Werdegang vorzubereiten.

Die Fachgruppe Schule unterstützt „Benimm-Kurse“ – Erste Hilfe Kurse an Schulen und erleichtert Schülern mit dem Projekt Salto den Übergang von GS zur Mittelschule.

Jährlich bis zweijährig erscheint die Zeitschrift „Thema und mehr…“ des Vereins mit unterschiedlichen Themen.

Jährlich findet der Jobchecker in Kooperation mit der kommunalen Jugendarbeit im Landratsamt Fürth statt, dabei erhalten Abgangschüler die Möglichkeit ihr Berufsbewerberverhalten zu schulen.

Ein Großprojekt des Vereins war in den letzten Jahren der Film „Valentina“ – ein Kurzfilm zum Thema Nationalsozialismus.

Die Aufgaben der Fachgruppe Suchtprävention spiegeln sich in den vorher beschriebenen Aufgaben des Gesundheitsamtes wieder, da das Gesundheitsamt ein Part, wie auch Leitung der Fachgruppe ist.

Siehe auch im Internet unter : www.verein-1-2-3.de

49 Selbsthilfegruppen von Krebspatienten Die Selbsthilfe koordiniert sich über:

Kiss Nürnberg • Fürth • Erlangen Am Plärrer 15, 90443 Nürnberg Tel. 0911 234 94 49 Fax 0911 234 94 48 [email protected]

Telefonische Sprechzeiten: Mo, Mi, Do 10 – 13 + 14 – 17 Uhr Di 14 – 17 Uhr Mi 17 – 19 Uhr

Öffnungszeiten Nürnberg: Mo, Mi 10 – 13 + 14 – 17 Uhr Do 10 – 13 Uhr

Öffnungszeiten Kiss Fürth: „Lila Ecke“ Klinikum Fürth, Jakob-Henle-Str. 1 Di 14 – 17 Uhr

Öffnungszeiten Erlangen: Kulturpunkt Bruck, Fröbelstr. 6 Do 14 – 17 Uhr

Beratungsstelle für Arbeitslose

Hinsichtlich Arbeitslosigkeit kann man sich auch wenden an: ifa-Beratungsstelle für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit Bedrohte, Kirchenplatz 2, 90762 Fürth – eine Einrichtung der Caritas Fürth.

50 Die Gesundheitsregionplus Stadt Fürth

Geschäftsstellenleitung: Eva Göttlein, Projektagentur Göttlein

Seit 2015 und bis 2019 ist die Stadt Fürth eine von aktuell 39 bayerischen Gesundheitsregionenplus, die durch den Freistaat Bayern unterstützt wird. Zuständige städtische Behörde ist das Referat I Schule, Bildung und Sport und seine nachgeordneten Dienststellen und Ämter. Amtsleiter ist Bürgermeister Markus Braun. Die Geschäftsstelle zur Organisation und Koordination der Gesundheitsregionplus Fürth leitet Eva Göttlein von der Projektagentur Göttlein.

Handlungsfelder sind Gesundheitsförderung und Prävention sowie Gesundheitsversorgung. Ein wesentliches Element stellt die Vernetzung und Kooperation dar. Auf mehreren Ebenen wurden Gremien gebildet: das Gesundheitsforum, das einmal jährlich als Gesundheitskonferenz im Elan stattfindet, die kommunale Steuerungsgruppe Gesundheit als beratendes und steuerndes Gremium und verschiedene Arbeitskreise, in denen Projekte und Maßnahmen umgesetzt werden.

Zielgruppe sind alle Bürgerinnen und Bürger der Stadt Fürth mit Schwerpunkt auf gesundheitliche Chancengleichheit und Partizipation. Vor allem schlecht erreichbare Zielgruppen sollen hier in das Thema Gesundheit eingebunden werden.

Ein weiteres wichtiges Element im Rahmen der Gesundheitsregion plus ist ein gut ausgestatteter Verfügungsfonds der Techniker Krankenkasse (TK), mit dem gesundheitsfördernde Mikroprojekte in den Stadtteilen, Einrichtungen, Schulen und Institutionen passgenau gefördert werden können. Die Handlungsfelder erstrecken sich von Ernährung, Bewegung über seelische Gesundheit bis zur Beteiligung, Aktivierung sowie Gewalt- und Suchtprävention. Zielgruppen sind vor allem Kinder, Jugendliche, Multiplikatoren und Senior*innen. Mit basisorientierten bottom-up Projekten können schlecht erreichbare Zielgruppen und solche aus prekären und finanziell sowie sozial benachteiligten Verhältnissen erreicht werden. Von Juli 2015 bis Dezember 2017 wurden bereits 58 erfolgreiche große und kleine Mikroprojekte umgesetzt.

Weitere positive Aspekte der Projektarbeit sind die Stärkung des sozialen Zusammenhalts in den Stadtteilen und die Vernetzung verschiedener Gruppen.

Ebenso wird auf eine interessensunabhängige Information von Gesundheitsangeboten im Versorgungs- und Präventionsbereich ein Schwerpunkt gelegt. So ist inzwischen der Ausbau der Infoplattform www.gesundheit-in-fuerth.de in Kooperation mit dem Ärztenetz Fürth Stadt und Land e.V. gelungen, auf der mehr als 600 Adressen zu Gesundheit in der Stadt Fürth gebündelt sind. Die Landkreis Adressen werden im Jahr 2018 aufgenommen. Die Infoplattform wurde mit Mitteln des TK-Verfügungsfonds finanziert.

51 Die erste Fürther Gesundheitsmesse findet am 3. und 4. März 2018 im Sportpark Ronhof I Thomas Sommer statt. Veranstalter ist die Stadt Fürth und die Gesundheitsregionplus Fürth. Die Fürther Gesundheitsmesse ist ein kostenloses Angebot mit 48 Fachvorträgen, einem durchgängigen Aktionsprogramm, Ausstellungen, einem Bildungscampus für Gesundheitsberufe u.v.m. Um gesundheitliche Chancengleichheit zu gewähren, ist der Eintritt frei, alle Bürger und Bürgerinnen sind angesprochen zu kommen und sich Anregungen für ihre persönliche Gesundheit mit zu nehmen.

Eva Göttlein ist zudem Kooperationspartnerin der Wilhelm-Löhe Hochschule für angewandte Wissenschaften (WLH). Als Geschäftsstellenleitung der Gesundheitsregionplus Fürth unterstützt sie das Projekt „Gesundheitslots*in“ der WLH, eine hochschulzertifizierte Weiterbildung zum/zur Gesundheitslots*in.

Verschiedene Bedarfsanalysen und die Zusammenarbeit mit verschiedenen Bildungseinrichtungen, sowie die Betreuung von Bachelor- und Masterarbeiten sind ebenso Teil des Arbeitsbereichs der Gesundheitsregionplus Stadt Fürth.

Das Projekt Gesundheitsregionenplus wird gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege mit einem Eigenanteil der Stadt Fürth. Unterstützt wird das Projekt von der Fachlichen Leitstelle des Bayerischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit LGL.

Kontakt: Eva Göttlein

Projektagentur Göttlein Geschäftsstellenleitung Gesundheitsregionplus Frankenstr. 7 90762 Fürth Tel: 0911/7565670 Fax: 0911/7565671 Mail: [email protected]

52 6 Ableitbare Maßnahmen

Screening-Untersuchungen

Kontinuierliche Information der Bürger über die von den Krankenversicherungen angebotenen Früherkennungsuntersuchungen.

„Niemand sollte aus Angst vor einer schlechten Nachricht Untersuchungen meiden. Denn viele Krebsarten sind heilbar, wenn sie rechtzeitig erkannt werden. Vorsorge kann deshalb einen wirksamen Schutz bedeuten.“ (9) Die gesetzlichen Krankenkassen bieten ein umfangreiches Programm an Krebsfrüherkennungsuntersuchungen an, welches für gesetzlich Krankenversicherte kostenfrei ist. Laut RKI nehmen bundesweit 67% der anspruchsberechtigten Frauen und 40% der Männer an der Krebsfrüherkennung teil (13). Eine Maßnahme könnte sich ähnlich der vom öffentlichen Gesundheitsdienst durchgeführten Impfkampagnen gestalten: Verteilung von Informationsbroschüren, Kreation von „Vorsorgekalendern“, kontinuierliche und regelmäßige Veröffentlichung des Kataloges der von den gesetzlichen Krankenkassen finanzierten Krebsvorsorgeuntersuchungen in den Webseiten von Gesundheitsbehörden, Krankenhäusern, Arztpraxen, Gesundheitsmessen, lokalen Zeitungen.

Informations- und Motivationskampagne im Landkreis Fürth, um die Teilnahme der Bürgerinnen an den Sreeninguntersuchungen für Brustkrebs zu erhöhen.

Der im Vergleich zu Mittelfranken und Bayern überwiegend prozentual erhöhte Anteil in Stadt und Landkreis Fürth von Tumoren, die sich bei Erstdiagnose noch in den frühen Stadien - in-situ- und T1 Stadium- befinden, könnte ein Hinweis auf eine sehr gute Akzeptanz der Bevölkerung, an Früherkennungsuntersuchungen teilzunehmen, sein. Unsere Ergebnisse haben jedoch auch gezeigt, dass die Teilnahme der Frauen des Landkreises Fürth an den Screening-Programmen für Brustkrebs noch steigerungsfähig ist.

Das Mammographie-Screening ist ein Programm zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50-69 Jahren ohne Symptome. Die Mammographie ist eine Röntgenuntersuchung der Brust und sollte alle 2 Jahre durchgeführt werden. Das Screening wird in Screening-Zentren durchgeführt. Diese Zentren, die auf Brustkrebs-Früherkennung spezialisiert sind und streng kontrollierte digitale Geräte zur Verfügung haben, müssen eine besondere Zulassung erworben haben. Um diese Zulassung zu erhalten, müssen die Ärztinnen und Ärzte, sowie das Fachpersonal besondere fachliche Qualifikationen vorweisen. In regelmäßigen Abständen werden Rezertifizierungsverfahren dieser Zentren von einer überwachenden Stelle, dem Referenzzentrum München, durchgeführt.

53 Für die Terminvergabe müssen die Bürgerinnen sich lediglich telefonisch an die „Zentrale Stelle“ in München wenden und erhalten innerhalb von 1-2 Wochen einen Termin in einem nahegelegenen zertifizierten Zentrum: Zentrale Stelle: Tel: 089 – 57093 – 40200. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Bürgerin eine Einladung ihrer gesetzlichen Versicherung erhalten hat oder nicht.

Jede Frau darf sich auch gezielt ein zertifiziertes Zentrum an einem anderen Ort wünschen, oder unabhängig von ihrem Wohnort auch das Mammobil, welches regelmäßig die Gemeinden des Landkreises besucht, in Anspruch nehmen. Das Mammobil ist ein Bus, welcher speziell für das Mammographie-Screening die Gemeinden anfährt, derzeit - Stand Januar 2108 - ist folgende Runde geplant: Cadolzburg (Februar 2018), Stein (August2018), Rohr (November 2018), Oberasbach (Januar 2019), Veitsbronn (Mai 2019), Langenzenn (Mai/Juni 2019), Großhabersdorf (Juni 2019), Zirndorf (August 2019), Roßtal (Okotober 2019).

Die Stadt Fürth hat derzeit, im Januar 2018, kein zertifiziertes Zentrum für das Mammographie- Screening.

Daher verweist die zentrale Stelle die Bürgerinnen der Stadt Fürth an folgende Zentren: Dr. Gentes, Nürnberg, Deutschherrnstr. 15-19, Tel: 0911-23993000 Dr. Gentes, Nürnberg, Sanaklinik, Weiltinger Str. 13, Tel: 0911-6887700 Dr. Langlouis, Nürnberg, Theresienkrankenhaus, Mommsenstr. 22, Tel: 0911-95129840 Dr. Reichler, Erlangen, Wetterkreuz 21, Tel: 09131-690910

Der große Vorteil der Teilnahme am Screening gegenüber der Durchführung einer Mammographie außerhalb des Screenings ist die Doppelbefundung, ja bei Unstimmigkeiten sogar die Befundung des Röntgenbildes durch drei spezialisierte Ärzte: Wird eine Mammographie in einem zertifizierten Screeningzentrum angefertigt, werden die Röntgenbilder danach von 2 unabhängig befundenden Befundern, an 2 unterschiedlichen Tagen beurteilt und falls differierende oder auffällige Befunde gesehen werden, zusätzlich noch von einem dritten, besonders erfahrenen Facharzt analysiert.

Nach dem Evaluationsbericht 2015 liegt in Bayern die Teilnahme am Screening bei 45-50% der anspruchsberechtigten Frauen, während z.B. in Sachsen-Anhalt die Teilnahme bei 65-70% liegt.

Es scheint wohl so zu sein, dass – je nach Bundesland - anspruchsberechtigte Frauen mehr oder weniger häufig - außerhalb des Screenings zu Mammographien überwiesen werden und daraufhin nicht den Vorteil des Screeningverfahrens mit Mehrfachbefundung erhalten.

Leider wurden uns die dem Referenzzentrum München vorliegenden genauen Prozentzahlen der am Mammographie-Screening teilnehmenden anspruchsberechtigten Frauen in der Stadt Fürth und dem Landkreis Fürth nicht zugänglich gemacht.

54 Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für Frauen Untersuchung - Wie oft? Ab wann? Geschlechtsorgane ° Gynäkologisches Anamnesegespräch jährlich ab 20 ° Gynäkologische Tastuntersuchung ° Abstrich vom Gebärmuttermund und Gebärmutterhals (Pap-Test) Brust ° Abtasten der Brust und dazugehörigen Lymphknoten jährlich ab 30 ° Anleitung zur Selbstuntersuchung ° Beratung

° Mammografie (Röntgen der Brüste) alle 2Jahre 50-70

Haut ° Untersuchung der Haut am ganzen Körper alle 2 Jahre ab 35 Dickdarm ° Tastuntersuchung jährlich 50-55 ° Papierstreifentest, Okkultbluttest: Untersuchung auf Blut im Stuhl

Wahlweise: 1. Papierstreifentest, Okkultbluttest alle 2 Jahre ab 55 oder 2. Darmspiegelung, Koloskopie einmalige Wiederholung ab 55 nach 10 Jahren

Krebsfrüherkennungsuntersuchungen für Männer Untersuchung - Wie oft? Ab wann? Äußere ° Gezieltes Anamnesegespräch jährlich ab 45 Geschlechtsorgane ° Inspektion und Tastuntersuchung der äußeren Geschlechtsorgane, der Prostata und Prostata und der dazugehörigen Lymphknoten

Haut ° Untersuchung der Haut am ganzen Körper alle 2 Jahre ab 35 Dickdarm ° Tastuntersuchung jährlich 50-55 ° Papierstreifentest, Okkultbluttest: Untersuchung auf Blut im Stuhl

° Wahlweise: 1. Papierstreifentest, Okkultbluttest alle 2 Jahre ab 55 oder 2. Darmspiegelung, Koloskopie einmalige Wiederholung ab 55 nach 10 Jahren

siehe auch www.krebsgesellschaft.de (13)

55 Präventionsangebote mit Zielgruppe arbeitslose Mitbürger in der Stadt Fürth

Die erhöhten Meldungen an Neuerkrankungen für sehr viele verschiedene Krebsarten, also nicht nur auf eine spezifische Entität beschränkt, geben den Hinweis darauf, dass unspezifische Faktoren, wie Alkohol, Rauchen, ungesunde Ernährung, Bewegungsmangel, Stress als Mitursache für die Krebserkrankungen in der Region nicht vernachlässigt werden dürfen. Vor allem in der Stadt Fürth sind die Mortalitätsraten erhöht für die Krebserkrankungen der Atemwege, Magen und Leber bei Männern, sowie für Darmkrebs bei Frauen. Diese Entitäten sind stark verknüpft mit den genannten Lebensstil bedingten Risikofaktoren. Die Stadt Fürth befindet sich wie bereits festgestellt in Quintil 5 des BIMD, vor allem auch wegen dem Faktor „Arbeitslosigkeit, geringe Verdienstmöglichkeit“. Wie in der Diskussion erwähnt, sind vor allem sozio-ökonomisch schwächer gestellte Menschen und vor Allem Arbeitslose und Menschen mit geringen Verdienstmöglichkeiten besonders prädisponiert, ein gesundheitsschädliches Risikoverhalten zu entwickeln. Hieraus lässt sich ein spezifischer Präventionshandlungsbedarf ableiten.

Mögliche Forschungsprojekte

Das Krebsgeschehen einer Region ist ein sehr komplexer Vorgang. Eine Vernetzung und Zusammenarbeit der Institutionen ist unabdingbar für die Aufdeckung von kausalen Zusammenhängen, die Planung und Durchführung von Präventionsmaßnahmen. So sucht das Gesundheitsamt Fürth Kontakt zu den ortsansässigen Hochschulen, um gemeinsam über sinnvolle, der Krebsbekämpfung förderliche Forschungsprojekte zu beraten, wie z.B.:

Kartografie des sozio-ökonomischen Status des Stadtgebietes Fürth: Die Einstufung der Stadt Fürth in BIMD-Quintil 5, als „Großes-Ganzes“, ohne genaue Zuordnung der betroffenen Stadtteile, ist ein Problem für die nachhaltige Planung von gesundheitsfördernden Maßnahmen. Die Initiierung eines Forschungsprojektes für die Erarbeitung eines Mikro-IMD erscheint sinnvoll.

Krebs als Berufskrankheit in Stadt Fürth und Landkreis Fürth Die heute in Rente befindliche Generation war vor Jahrzehnten noch wesentlich schlechteren Arbeitsbedingungen ausgesetzt als heute. Die Induktionszeit für eine Krebserkrankung kann 30 Jahre betragen. Die Krebsregister geben keine Auskunft über die berufliche Vorgeschichte der Erkrankten. Die als Berufskrankheit anerkannten Krebserkrankungen werden bei den Berufsgenossenschaften registriert. Stadt Fürth und Landkreis Fürth liegen inmitten einer aktiven Industrieregion. Sollte und könnte eine konsequent erhobene Berufsanamnese bei jedem Krebspatienten initiiert werden?

Politisch ableitbare Maßnahmen Nach dem BIMD (Bavarian Index of Multiple Deprivation) sind Maßnahmen in den Bereichen des Umweltschutzes (Bodenversiegelung) und der Arbeitslosigkeit als Präventionsmaßnahmen zur Krebsbekämpfung ableitbar. Hierbei sind alle Akteure der Gesellschaft aufgefordert mitzuwirken.

56 Schlusswort

Wir möchten diesen Bericht mit folgendem Zitat aus dem Bericht des Robert Koch Instituts „Gesundheit in Deutschland – die wichtigsten Entwicklungen“ abschließen, zeigt dieses Zitat doch deutlich, dass kein Mensch und keine Institution im Alleingang das Problem des Krebsgeschehens in den Griff bekommen könnte:

„Das Krankheits-und das Sterbegeschehen in Deutschland wird überwiegend von nicht übertragbaren Krankheiten geprägt, deren Entstehen und Verlauf von vielen Faktoren beeinflusst wird.

Dazu gehören Alter, Geschlecht und genetische Disposition, die Verhaltens-und Lebensweisen, das soziale Umfeld, die Lebens-und Arbeitsbedingungen sowie der Zugang zu Einrichtungen und Dienstleistungen, aber auch ökonomische, kulturelle und physische Umweltbedingungen.

Die Einflussfaktoren auf Gesundheit und Krankheit wirken somit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Sie können fast alle verändert werden, sich aber auch wechselseitig beeinflussen.

Dementsprechend werden Prävention und Gesundheitsförderung heute als Querschnittsaufgabe angesehen, zu denen Akteure in allen Bereichen der Gesellschaft einen Beitrag leisten sollten.“ (14)

57 Quellennachweis (1) Bericht zum Krebsgeschehen in Deutschland 2016; Robert Koch Institut, Berlin 2016 (2) Bayerisches Krebsregister; www.krebsregister-bayern.de; Stand 12.01.2018 (3) Cancer incidence in urban, rural, and densely populated districts close to core cities in , . Radespiel-Tröger. M, Geiss, K.; Twardella, D.; Maier, W.; Meyer,M.; (Springer, published online October 2017) (4) Regionale Deprivation und Mortalität in Bayern. Entwicklung eines „Index Multipler Deprivation“ auf Gemeindeebene. Maier, W.; Faiburn, J.; Mielck, A.; Gesundheitswesen 74, 416-425 (2012) (5) Indizes Multipler Deprivation zur Analyse regionaler Gesundheitsunterschiede in Deutschland; Maier, W. Springer- Verlag 2017-12-18 (6) Bayerisches Krebsregistergesetz (bayKRegG) vom 7. März 2017 (7) Krebs in Deutschland für 2013/2014, 11. Ausgabe, Robert Koch Institut, Berlin 2017; Zentrum für Krebsregisterdaten (8) Bayerisches Krebsregistergesetz am 1. April 2017 in Kraft getreten, BLÄK informiert; Bayerisches Ärzteblatt 6/201 (9) Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege, PM 238/GP, 13/12/2017 (10) Ergebnisse der statistischen Signifikanzberechnungen der im Krebsregister registrierten Zahlen: Beurteilung des Krebsregisters vom 9.11.2017, weitere Auswertungen Krebserkrankungen Fürth vom 22.12.2017, Zentrum für Krebsfrüherkennung und Krebsregistrierung, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Schweinauer Hauptstraße 80, 90441 Nürnberg; [email protected] (11) Epidemiologie und Gesundheitsberichterstattung, J. Kuhn, LGL, 2014 (12) Website des Deutschen Krebsforschungszentrums, Krebsinformationsdienst, www.krebsinformationsdienst.de; Stand 16.09.2015 (13) Satellitengestützte Erfassung der Bodenversiegelung in Bayern 2015 Flächensparen, Umwelt spezial; Bayerisches Landesamt für Umwelt, Juni 2017 (14) Gesundheit in Deutschland – die wichtigsten Entwicklungen, Robert Koch Institut, Berlin 2016 Gesundheitsberichtserstattung des Bundes (15) Umweltbundesamt – Bodenversiegelung (Stand 08.10.2013) www.umweltbundesamt.de/daten/flaeche-boden- land-oekosysteme (16) Bayerisches Landesamt für Umwelt (17) Neighbourhood greenness and income of occupants in four German areas: GINIplus and LISAplus. Urban for UrbanMarkevych I, Maier W, Fuertes E (2017) (18) Bolzenhart &Schweinsberg, DÄ 94, 6. 1997; www.umweltbundesamt.de/themen/wasser/trinkwasse/trinkwasserqualität/daten (19) Beruflich verursachte Krebserkrankungen, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV), 10.Auflage, 2012 (20) Erfahrungen mit der Anwendung von § 9 Abs. 2 SGB VII (6.Erfahrungsbericht), Deutsche gesetzliche Unfallversicherung (21) Socioeconomic deprivation and cancer survival in Germany: An ecological analysis in 200 districts in Germany, L. Jansen et al., Int. J. Cancer: 134, 2951-2960 (2014) (22) Associations between regional socioeconomic deprivation and cancer risk: Analysis of Population-based Cancer Registry data from Bavaria, Germany. L. Kuznetsov, W. Maier et al.; Preventive Medicine; YPMed-03123;2011 (23) Regionale Sterblichkeitsunterschiede in Bayern; Regional Mortality Differences in Bavaria; J. Kuhn, A. Zirngibl, M. Wildner, W:H: Caselmann, G. Kerscher https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/html/10.1055/s-2006-926988 (24) Associations between regional socioeconomic deprivation and cancer risk: Analysis of population-based Cancer Registry data from Bavaria, Germany. LKuznetsov, W. Maier, M: Hunger, M. Meyer, A. Mielck; Prev Med 2011 Oct; 53(4-5):328-30 (25) Regional deprivation in Bavaria, Germany: linking a new deprivation score with registry data for lung and colorectal cancer. L Kuznetsov, W. Maier, M. Hunger, M. Meyer, A. Mielck; Int J Public Health. 2012 Oct; 57(5):827-35.

58 Notizen:

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59 Impressum

Das Krebsgeschehen in Stadt Fürth und Landkreis Fürth Gesundheitsamt Fürth 2018 Im Pinderpark 4 90513 Zirndorf

Redaktion: Dr. Eva Bünte-Waggershauser, MPH

Wissenschaftliche Mitarbeit: PD Dr. Nicolai Savaskan

Redaktionelle Mitarbeit: Julia Lederhos

Gestaltung: Jochen Zettl

Leitung: Dr. Werner Hähnlein

Bezugsquelle: http://www.landkreis-fuerth.de/zuhause-im-landkreis/gesundheit-und-soziales/gesundheitsverwaltung/gesundheitsberichterstattung.htm

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