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Otto Rauter Architekt, Wissenschaftler und Publizist 1903 – 1986 Otto Rauter, Portrait von Karl Hofer, Berlin 1942 Otto Rauter wurde am 4 Juni 1903 in Zell am Ziller, Tirol, geboren. Als eines von zwei überlebenden Kindern, sieben hatte seine Mutter insgesamt zur Welt gebracht. Er verbrachte seine ersten Lebensjahre in einem kleinen Bauernhaus, das seiner Mutter gehörte. Es ist heute das Heimatmuseum in Zell am Ziller. Sein Vater wie auch der Großvater waren Baumeister. Seine Eltern bauten sich 1909, dem Trend der Zeit – Tourismus – folgend, eine für damalige Verhältnisse stattliche Pension, die „Villa Rauter“ Eine Alm musste dafür verkauft werden. Sein Vater verstarb im Jahr der Fertigstellung des Hauses, als Otto gerade mal sechs Jahre alt war. Nach der Grundschule in Mayrhofen besuchte er zunächst die Schule bei den Benediktinern in Schwaz, später das Franziskanergymnasium in Hall in Tirol. Seine verwitwete Mutter setze alles daran, ihm die bestmögliche Ausbildung – man bedenke die Kriegsjahre - angedeihen zu lassen. Allerdings war ihr Wunsch gewesen, Otto möge Pfarrer werden. Das Weltkrieg I - Europa vor Augen, beschloss der 16-jährige, heimlich nach den USA auszuwandern. Er nahm das Schulgeld und machte sich auf den Weg Richtung Genua, ohne seine Mutter davon zu unterrichten. In Auer in Südtirol (heute Ora) nächtigte er bei einem Sägewerksbesitzer, Vergilio Bortolotti, der seinerzeit als Internierter im ersten Weltkrieg, seiner verwitweten Mutter in ihrer Pension als Hilfe zugeteilt worden war. Dieser überredete ihn als Volontär zunächst bei ihm zu bleiben. So begann seine berufliche „Karriere“ in einem Sägewerk. Nach zwei Jahre machte ihm der Italienische Faschismus in Südtirol den Aufenthalt unerträglich, er kehrte in seine Heimat zurück. Letztlich eine der glücklichen Fügungen in seinem Leben. Die Firma –„LegnoSud“-ist heute noch erfolgreich. Zwischen 1921 und 1923 war er Betriebsleiter in einem holzverarbeitenden Betrieb in Kramsach, Tirol. Als „Schulrückkehrer“, die Vernunft hatte gesiegt, besuchte er von 1923 -27 die bautechnische Abteilung der Staatsgewerbeschule in Innsbruck um seine Ausbildung im Baufach zu beenden. Er schloss sie 1927 erfolgreich ab. Im Sommer 1927, auf der Suche nach einem Quartier mit hohen Räumen, wohnte in der „Villa Rauter“ auch jener Berliner Bauunternehmer, der ihn dann mit sich nach Berlin nahm: 1 Herr Dr. Alfred Schrobsdorff, der „Immobilienkönig von Charlottenburg“, so eine zeitgenössische Charakterisierung, Großvater von Angelika Schrobsdorff. Die Berliner Zeit Zunächst war Otto Rauter als Bauleiter bei Schrobsdorff tätig. In dieser Zeit war sein Arbeitsgebiet Siemensstadt. Die planenden Architekten waren Gropius, Bartning, Häring, Scharoun. In der nächsten Phase seines Berufslebens übernahm der die Architektur- abteilung der „Nord-Süd-Bau“ (Schrobsdorff). Nebenbei war er Gasthörer bei Prof. Heinrich Tessenow an der Technischen Hochschule Berlin. 1931 folgte die Kündigung bei Schrobsdorff, war er doch Junggeselle. 1932/33 machte sich Otto Rauter selbständig. Es gelang ihm ein sehr guter Start. Eine Reihe von Bauten im feinen Berliner Westend folgten, aus heutiger Sicht baute er für eine exquisite Kundschaft und das bereits mit 33 Lebensjahren: U.a. ein Heim für die große Schauspielerin Marianne Hoppe, im Jahre ihres Durchbruchs mit dem Stück „Der Judas von Tirol“, den Schauspieler Paul Kemp, („Eine Stadt sucht einen Mörder“, 1931), eines für den Arzt und Publizisten Dr. Erwin Liek („Der Arzt und seine Sendung“, „ Das Wunder der Heilkunde“). Einer seiner Bauherren war auch der geniale Techniker und Unternehmer Dr. Johannes Heidenhain, mit dem ihn eine lebenslange herzliche Freundschaft verband. Der Bau in der Gitschinerstraße 108, Berlin, wurde zerbombt. Die Firma Heidenhain sitzt heute in Traunreut und ist auf dem Gebiet der Messtechnik/Glasmaßstäbe ein Weltmarktführer. In der S-Bahn von seinem Büro zu Stadt, lernte er auch seine spätere Frau, die Raumge- stalterin Paula Wilberg kennen, die zu der Zeit, 1927/28 kurz, im Büro Mies van der Rohe arbeitete, später, bis zu ihrer Selbständigkeit, bei „Philipp Holzmann“. Von großen Vorhaben sind zu erwähnen die Werkssiedlung der Maschinenfabrik Niles in Malchow im ehemaligen Ostteil der Stadt Berlin. Sie besteht heute noch, es sind nur mehr einzelne Häuser im Originalzustand zu sehen, die nicht der Umbau-, Anbau- und Erweiterungswelle zum Opfer gefallen sind. Große Komplexe plante er an der Bolivar-Alle (durch Bomben vernichtet) aber gleich in der Nachbarschaft den Komplex Ebereschenalle 49-57, der heute originalgetreu noch zu sehen ist. Wert zu erwähnen, er war nie Parteimitglied gewesen. Und nach meinen Recherchen gab es keinen österreichischen Architekt in Berlin der dreißiger Jahre, der ein größeres Bauvolumen abgewickelt hätte. Weitere namhafte Siedlungsprojekte folgten in den Jahren 1936 bis 1940: Im Rahmen des Ausbaues des Flughafens Berlin Gatow entstanden in Kladow drei Siedlungen, eine „Arbeitersiedlung“, eine „Unteroffizierssiedlung“ und eine „Offizierssiedlung“. Insgesamt 200 Häuser umfasste das Projekt, 96 hat er gebaut. Hier wurde der Haustyp fast identisch übernommen, der im Rahmen des Auftrages in Malchow für die Belegschaft der Niles-Werke entwickelt worden war. Hier fanden Erfahrungen aus seiner Zillertaler Heimat Eingang: Mit einem Ofen wurden mehrere Räume beheizt, auch über eine Öffnung in der Decke, das darüber liegende Schlafzimmer. 1996 wurde diese Siedlung in Kladow auf Grund des persönlichen Engagements von Herrn Dipl. Ing. Gert Zieger, von der Niedersächsischen Siedlungsgesellschaft unter Denkmalschutz gestellt. Eine große Freude für die Familie Rauter, danke an alle, die dies ermöglichten. Leider habe ich erst 2010, durch manchen Zufall davon erfahren. Das große Siedlungs-Projekt Butterlake bei Berlin ist wohl nicht realisiert worden. Fast alle seine Bauvorhaben wurden in „Monatshefte für Baukunst und Städtebau“, Berlin, publiziert. 2 1942 heiratete er Paula Wilberg, die Raumgestalterin, Designerin und Innenarchitektin, die ihm eine kongeniale und verlässliche Begleiterin gewesen ist. Otto Rauter war auch bauwissenschaftlich immer interessiert, gerade das Bauen im bäuerlichen Umfeld. 1933 machte er eine erste Studienreise nach Dänemark, das als weit fortgeschritten in der bäuerlichen Betriebswirtschaft und damit auch Bauweise galt. Im Auftrag des Kulturamtes konnte er weitere Studienreisen unternehmen zur „Untersuchung landwirtschaftlicher Bauten“:1942 (Norwegen) und 1943 (Schweden), diesmal im Auftrag des „Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums“ (RKF). Eine Organisation, die sich unrühmlichen Ruf durch ihre Mitgestaltung am „Generalplan Ost“ erworben hatte. Diese Arbeiten wurden in der Zeitung „Der Landbaumeister“ veröffentlicht. Dies war eine Beilage von Prof. K. Meyers Zeitschrift „Neues Bauerntum“, Verlag Deutsche Landbuchhandlung.1943 folgte die Schrift „Das Bauernhaus im Gau Tirol und Vorarlberg“, erschienen im Verlag „Deutsche Landbuchhandlung“, Berlin. Im selben Jahr entwickelte er Musterhöfe, mit modularem Ausbaukonzept zusammen mit dem Architekten Harting, dieses Vorhaben gewann einen Preis. Ab November 1943 wurden der Verlag und er nach Posen verlegt. Gleichzeitig übernahm er die Bildredaktion des „Landbaumeister“ als Nachfolger von Alfons Leitl. Gleichzeitig hatte er den Auftrag, zusammen mit Prof. Reinhard Niemeyer eine Lehmbauschule aufzubauen Prof. Niemeyer hat über Lehmbau ein Standardwerk geschrieben. Die Aufgabe „Dorfbau“ der er zugeordnet war, bestand wohl hauptsächlich darin, im Sinne von Professor Wiepking- Jürgensmann (Lehrstuhl für Landschaftsgestaltung, Berlin), generell moderne, produktive bäuerliche Siedlungs- und Bauformen zu entwickeln. Das RKF, soviel zu den historischen Fakten, beheimatete auch Dienststellen, die mit Konzepten zu berüchtigten „Ostkolo- nisierung“ betraut waren. 1944 schien man jedoch vor allem an den Aufbau von „Wehrdörfern“ gedacht zu haben. Im Lebenslauf von Herbert Frank, seinem damaligen Chef, wurde die Zeit beim RKF als „dienstverpflichtet“ bezeichnet. Der Lichtblick in dieser Zeit, er und seine Architektenkollegen konnten sich nachweislich, erfolgreich dem Druck widersetzen, in irgendeine NS Organisation einzutreten. Im November 1944 wurde Otto Rauter auf Betreiben von Prof. Wiepking beim OKW, Kdo Tarnung als Tarnreferent, dienstverpflichtet und so war er wieder der Wehrmacht unterstellt. Nachdem die Wohnung in Berlin, Kaiserdamm 21 durch Bomben beschädigt war, schickte er seine schwangere Frau 1944 nach Tirol in das Haus seiner Mutter. Er verbrachte die Zeit von November 1944 bis Januar 1945, vor allem in Leslau, dem heutigen Wloclawek, in Polen. Dem Sturm der Sowjets im Januar 1945 über das Wartheland konnte er in letzter Minute entfliehen, wohl mit den allerletzten Zug aus dem Osten. Zurück in Tirol 1945 wurde er, nach einer Denunziation in Tirol - durch den befreundeten (!) Direktor des Magnesitwerkes (wehrwichtig) in Lanersbach, Dr. Loch. Er hatte ihm die Erfolge der Russen bei ihrem Vormarsch wohl etwas zu deutlich geschildert,- noch zum Gebirgsjägerbatallion 137 eingezogen. Er überlebte mit viel Glück den Einsatz dieses Volkssturms in den letzten Kriegstagen zur Verteidigung des Fernpasses in Tirol. Die Hälfte der Männer, darunter viele Jugendliche ist umgekommen, so sein Bericht. Diese Episode und die unmittelbare Nachkriegs- und Wendezeit in Tirol hat Erich Kästner in seinem Buch „Nota Bene 45“ festgehalten und Otto Rauter darin damit ein kleines literarisches Denkmal gesetzt. In den unmittelbaren Nachkriegsjahren nach 1945, hatte