400 Jahre Pfarrei Hergiswil
Autor(en): Schwyzer, Pius
Objekttyp: Article
Zeitschrift: Heimatkunde Wiggertal
Band (Jahr): 63 (2006)
PDF erstellt am: 03.10.2021
Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-718684
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400 Jahre Pfarrei Hergiswil I •tH J3 Pius Schwyzer & S
Vor 400 Jahren erreichten die Hergiswi- messen zu erweitern und zu dekorieren. ler mit bewundernswertem Einsatz und Dann gelang es ihnen, den Bischof mit diplomatischem Geschick, dass ihre von Konstanz, Johannes Georg von Gemeinde von Willisau abgetrennt und Hallwyl [2], der eine Reise nach Luzern zu einer selbstständigen Pfarrei erhoben plante, nach Hergiswil einzuladen. Am wurde. Das Jubiläumsjahr fordert uns 2. September 1603 weihte der Bischof auf zurückzublicken; vielleicht verstehen die erweiterte Kapelle ein, stellte sie unter wir dann die Gegenwart besser und den Schutz des heiligen Johannes sehen gelassener in die Zukunft. des Täufers und erhob sie in den Status einer Pfarrkirche. (Zwei Glocken der Eine Kirche für Hergiswil heutigen Kirche tragen die Jahreszahl l603.) Anwesend waren Melchior Sutter, Das Gebiet der heutigen Gemeinde Leutpriester in Luzern, Junker Hans Hergiswil war im späten Mittelalter Teil Helmlin, Kleinrat in Luzern, Andreas der grossen Pfarrei St. Peter und Paul zu Schwendimann, Leutpriester in Willisau, Willisau. Weil der Kirchweg lang und Gallus Zehnder [31, Schultheiss in beschwerlich war, wünschten sich die Willisau. Ob alle diese Herren mit dem Hergiswiler eine eigene Kirche. Vorerst Vorgehen des Bischofs einverstanden reichten die Mittel nur für eine kleine waren, wissen wir nicht. Für die Hergiswiler Kapelle. Sie wurde im Dorf, auf der war es aber ein froher Tag, der sie linken Wiggerseite, um 1577 erbaut; denn ihrem Ziel näher brachte. Zwei Jahre die älteste Glocke der heutigen Kirche später erreichten sie dann endlich die trägt diese Jahreszahl. Leider fehlen rechtliche Trennung von der Mutterpfarrei weitere Zeugen jener Zeit. Aktenkundig Willisau. Denn am 19. März 1605 ist aber, dass am 20. Oktober 1593 ratifizierte der Rat von Luzern den Balthasar Würer, Weihbischof von Konstanz, Teilungsvertrag zwischen Willisau und die renovierte oder neu erbaute Hergiswil. Entscheidend war, dass der Kapelle einweihte. St. Ludwig war der Leutpriester von Willisau, Andreas Schutzheilige. Neun Jahre später Schwendimann [4], am 15. Juni desselben erlaubte die Regierung, eine so genannte Jahres, am Tag der Heiligen Vitus Kuratkaplanei [1] zu errichten. Der und Modestus, sich mit der Verselbst- Kaplan war aber schlecht bezahlt, nur an ständigung von Hergiswil schriftlich bestimmten Tagen anwesend und völlig einverstanden erklärte. Im ältesten abhängig von den Weisungen des Leut- Jahrzeitbuch [51 der Pfarrei Willisau steht: priesters in Willisau. Die unzufriedenen Hergiswiler opferten Zeit, Geld und «Ich, Andreas Schwendimann, der zytt Baumaterial, um ihre Dorfkapelle ange¬ pfarrherr zu Willisauw, thun kuntt
89 ewiglichen hiemitt, nach dem dann die Bis 1657 bildeten die Pfarreien Hergis- kilchen zu Hergisswill, vor der zytt in wil und Willisau einen Pfarrverband. der Pfarr Willisauw gelägen, auch von Die junge Pfarrei blieb also in verschiedenen derselben ein filial gewässen, nun aber Belangen abhängig von der von selbigen kilchgenossen kurtz ver- Mutterpfarrei Willisau. Auch später verbanden schinner zytt ernüweret und wider uff viele gemeinsame Interessen die erbuwen, auch mit zuolassen und be- beiden Pfarreien (Feiertage, Heilig-Blut- willigung beider hochen oberkeiten Verehrung, Bruderschaften usw.). durch zugethane stühr und contribution ir, der kilchgenossen, uss erhofften Der plötzliche Tod und beweglichen Ursachen zu einer eines Pfarrers pfarr uffgerichtt und gestifftet worden; und nun sich gebühren wollen, sitten- Am 28. Herbstmonat (September) 1783 mahll diese kirch zu hergisswylll, wie verstarb in Hergiswil Pfarrer Bernhard ermeldet in die pfarr Willisauw vormalen Dub. Er war mit dem Sigristen unterwegs gehört, und einfilial von derselbigen gewesen, um einem kranken gewässen, der hochen geistlichen oberkeit, Pfarreiangehörigen die Sterbesakramente wie das in söllichenfählen sich gebührt, zu spenden, als ihn der Schlag traf. Er schriftlichen schynfürzuleggen, das ich war sofort tot. alls ordenlicherpfarrherr zu Willisauw Die traurige Nachricht verbreitete sich in söliche stifftung und uffrichtung dis- in Windeseile. Ein Bote ritt nach Willisau, ser nüwen pfarr bewilliget, und mich um den Landvogt, Josef Ulrich Ignaz derpfarrlichen rechten, so wyt sich die von Sonnenberg, zu orientieren. Dieser nüwe pfarr erstrecken thutt, verzigen setzte die Beerdigung fest und habefür mich und mine nachkommen, benachrichtigte die gnädigen Herren und Oberen da so hab ich, wie billich, und in an- in Luzern. Das Schreiben an die sächen der bedenklichen und erheblichen Regierung ist erhalten geblieben. Es lautet: Ursachen, so mich zu derglychen bewilligung und verzychung bewegtt, «Hochgeachte, hochwohlgebohrne, hierin nit manglen, sondern dieselbige, gestrenge, fromm, vornehm, vorsichtig, dass dem allso sigi, mit gegenwärtigem hoch- und wohlweisen, insonderssgrossgünstig, offnen und under minem uffgetruckten gnädig gebiethende: Meinen secret und Signatur miner hand gever- herren und oberen. tigten brieff bezügen und bestätigen wollen. Da dem Allerhöchsten, dem Herren Beschächen uff St. Viti et Modesti tag, über leben und todt gefallen, den anno 1605.» wohlehrwürdigen, wohlgelehrten geistlichen
90 herren Bernard Dub, pfarrer zu Hergis- Euer gnaden und herrlichkeitten! wyl von dissem zeittlichen hoffentlich Meinen gnädig gebiethenden herren zu denen eewigen freuden nach uner- und obern! forschlichen urtheillen abzuruoffen. Als Schloss Willisau, 28. Herbstmonath, erforderet meine ambthen-pfliehten dis- 1783. ser zufahl, euer gnaden und weissheiten, meinen gnädig gebiethendten Huld- undgehorsamst, underthänigster herren und oberen, laut hochoberkeitli- diener, Josef Ulrich Ignaz von Sonnenberg, cher raths-erkantnuss von dem 30. Merzen Landvogt.» 1781, in huldigster ehrenbietigkeit zu notificieren. Diese über zweihundert Jahre alte Habe die sondere ehre, mich zu behar- Todesanzeige gibt uns ein farbiges Bild lich-vätterlich-gnädigem wohIwollen von den politischen Verhältnissen des underthänigst zu entpfehlen, und mit 17. und 18. Jahrhunderts. In Luzern respectuosister ehrfurcht und unsterblicher regierten «die gnädigen Herren und Oberen». submission allstäths zu zeharren. Die Patrizier (das sind die An-
Grussformel am Ende des Briefes, den LandvogtJosef Ulrich Ignaz von Sonnenberg 1783 an die Regierung sandte.
91 V A str u sAoMniIfrispf mifcf A iu fonftuni, k$£.9î.3teMtëSûrfï, Pert bec 9ïcic(xniut, tmb stiOe* u « Tj ningen, beê J?o()en Soljannitcr« Oi'bcirê in Stfaltlxt ©roß freuf, imb Ufhusen und Escholzmatt. des Kirchensatzes (der Kollatur) Von 1774 bis zu seinem Tod wirkte er Willisau. Der neue Eigentümer hatte als Pfarrer in Hergiswil. somit das Recht, die Pfarrstelle zu besetzen und die kirchlichen Einkünfte Das Bistum Konstanz (insbesondere den Zehnten) zu beziehen. 1417 beschloss der Rat von Luzern, den Die Pfarrei Hergiswil gehörte bis 1815 Kirchensatz von Willisau dem zum Bistum Konstanz. Als bevollmächtigter Heiliggeistspital [7] zu übergeben, dem Stellvertreter des Bischofs amtete dadurch finanzielle Vorteile erwuchsen. in Luzern der bischöfliche Kommissar, Denn jene Einnahmen, die das zugesicherte der unter anderem die Pfarreien, den Einkommen des Pfarrers Klerus und die geistlichen Pfründen (Pfarrpfründe) und die Unterhaltskosten der überwachte. Der Instanzenweg war kirchlichen Bauten überstiegen, gingen lang, er führte vom Pfarrer über den in die Kasse der Institution. Die Pfarr- Dekan (vielfach in Willisau) zum Kommis- pfrund war das Einkommen, das mit
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dem Pfarramt verbunden und zugesichert nannte Stolgebühren) für kirchliche war. Es bestand in Willisau und Leistungen, wie zum Beispiel bei Hochzeiten Hergiswil aus zwei Teilen. Zum einen und Beerdigungen, und die aus den Einnahmen, die über «Luzern» jährlichen Abgaben, die jeder Haushalt zu kontrolliert wurden (Zehnten) und zum erbringen hatte (Herdstatthuhn). andern Teil aus den vom Kollator Der Bischof kontrollierte die Besoldung unabhängigen Sondervermögen und Einnahmen. der Pfarrer. Wer ein geistliches Amt Dazu gehörten der Ertrag aus der anstrebte, musste sich selbst um eine Jahrzeitstiftung, die Gebühren (so ge¬ Pfrund oder eine kirchliche Rente (Pa-
93 trimonium) bemühen. Da waren Menschen im Leben und Sterben geholfen Beziehungen oder die rechte Herkunft von werden. Sie solle aber auch «der Vorteil. Die Luzerner Pfarreien galten als Untertanen Kommlichkeit Annehmlichkeit) gut bezahlte Stellen. Der Willisauer dienen. Als besondere Einnahmen Leutpriester nahm lange Zeit mit 13 werden erwähnt: Jahreszins von 4000 anderen Kollegen eine Spitzenposition Gulden Kapital, 7V2 Malter Früchte, 60 ein. Die Hergiswiler Pfarrpfrund dagegen Stück Jungtiere, Ertrag von je zwei Stück war sehr schlecht dotiert [8], und es Wald und Matten und die üblichen Opfer reichte bis ins 19. Jahrhundert hinein und Vergabungen. Festgehalten selten für einen Vikar oder Pfarrhelfer. wird, dass die Rechte der Mutterpfarrei Deswegen wurde in Hergiswil hin und Willisau nicht geschmälert werden dürfen. wieder ein Theaterstück unter dem Titel Der Brief anerkennt auch die grossen «Der giizig Peter» aufgeführt; die reiche Eigenleistungen der Hergiswiler Nachbarpfarrei mit ihren sechs Geistlichen Dorfgemeinschaft für den Bau der Kirche kam dabei nicht gut weg. [91 und des Pfarrhauses. Trotz aller 1875 (bzw. 1895) verzichtete der Abmachungen stritten sich in den folgenden Regierungsrat wie auch der Ortsbürgerrat von Jahren die Pfarrei und die Regierung Luzern auf das Recht, den Pfarrer in mehrmals über die Höhe und Hergiswil beziehungsweise Willisau Form der Abgaben. 1833 hat der Kleine dem Bischof präsentieren zu dürfen Rat die Einkünfte der Pfarrpfründe [10]. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts Hergiswil bereinigt. Demnach hatte der wurde die Zehntenpflicht abgelöst und Pfarrer das Recht, das Pfarrhaus, eine die Kirchensteuerpflicht eingeführt. Scheune, den Pfarrgarten, die Pfarrmatte und die Weid frei zu nutzen. Er Der Pfrundbrief von 1605 bezog vom Grossspital in Luzern jährlich 1152 Franken. Davon waren 400 Von l605 bis 1626 war Jakob Fugger Franken für die Anstellung eines Fürstbischof von Konstanz [11]. Ihm, Hilfspriesters bestimmt. Die Gemeinde dem wohl reichsten Mann am Bodensee, lieferte ihm Holz aus clem Gemeindewäldchen. fiel es zu, die Errichtung der Pfarrei Hinzu kamen die Fasnachtshühner Hergiswil und deren Ausstattung mit und andere Entschädigungen. einer Pfründe zu bestätigen. Dieser so Gesamthaft erreichte der Pfarrer ein genannte «Confirmationsbrief» [12] (vom Einkommen von 1600 Franken pro Jahr. 21. Juli 1605) erläutert, warum eine (Zum Vergleich: Um 1850 kostete ein neue Pfarrei entstehen soll: Zur Ehre Paar Holzschuhe Fr. 1.80.) Gottes und der Seelen Heil! Die heiligen Sakramente sollen gespendet und den
94 Situationsplan der alten Kirche in Hergiswil LU, um 1800 (Pfarrarchiv Hergiswil)
1 Scheune 2 Restaurant Kreuz 3 Schweinescheune 4 Krämerhaus 5 Alte Kirche 6 Alter Friedhof 7 Pfarrhaus 8 Waschhütte 9 Strasse H Verzeichnis der Pfarrer JA ä
Cf)u «
l605 - l609 Christian Franz, von Hochdorf. Am 3. Juni installiert. l609 - 1612 Meier Martin, von Sursee. I6l2 - 1624 Müller Johannes, von Gundoldingen, Luzern, t 1624. Er gründete mehrere Bruderschaften, die z. T. aber wieder eingingen. 1624 - 1626 Schwendimann Heinrich, von Luzern. 1626 - 1637 Murer Peter, von Hochdorf. 1637 - 1667 Schnüeper Hans. Als erster Pfarrer in Hergiswil gestorben und begraben. 1667 - 1691 Herzog Wilhelm. Begründete die Bruderschaft «Maria vom guten Rat». Übernahm 1691 eine Pfründe in der Stadt Luzern. 1691 - 1696 Müller Josef Anton, 1668 - 1720, von Luzern, Leutpriester in Sempach 1696 - 1720. 1710 wegen weltlichem Prunk und Teilnahme an Tanzanlässen gerügt. 1696 - 1706 Buholzer Josef, 1658 - 1706, von Horw. War städtischer Schulmeister in Luzern bis zirka 1696. 1706 - 1723 Hofer Fridolin, 1678 - 1723, von Buttisholz. Er starb an hohem Fieber und Katarrh. 1723 - 1724 Schumacher Franz Josef Jakob, 1696 - 1726, von Luzern, Pfarrer in Risch (1724 - 1726). Er ertrank am Michaelstag 1726 im Zugersee, als er nach dem Patroziniumsfest von Zug nach Risch mit seinem Einbaum kenterte. 1724 - 1734 Schobinger Nikiaus Anton, 1672 - 1734, von Luzern, Vikar in Ruswil. 1734 - 1744 Bircher Johann Ludwig, 1705 - 1752, von Luzern, Kuratkaplan in Adligenswil 1744 - 1752. 1744 wurde Bircher wegen Schwängeamg der Köchin, Wucher mit Gülten und allgemein nachlässiger und anstössiger Amtsführung vor Rat und Ordinariat zitiert, zu vierzehn Tagen Gefängnis im Kommissariat, einem Monat Suspension und 30 Gulden Geldstrafe veairteilt und zum Verlassen von Hergiswil genötigt. 1744 - 1759 Krauer Johann Franz Leonz, 1707 - 1774, von Luzern, Patrimonium: Heiliggeistspital, Luzern, Vikar in Menznau, Kuratkaplan in Adligenswil. Seine pfarrherrliche Amtsführung und sein Unterricht wurden kritisiert. Er war verschuldet. Von 1744 bis zu seinem Tod im Heiliggeistspital zwangsweise verpfründet. 1760 - 1766 Schindler Bernhard Xaver Leodegar Jost, 1731 - 1817, von Luzern, Weihe in Mailand 1753, Pfarrer in Malters (1766 - 1809).
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1766 - 1774 Pfyffer von Altishofen Josef Ludwig Heinrich Thomas, 1740 - 1811, von Luzern. 1774 - 1783 Dub Bernhard, 1748 - 1783, von Luzern, Priesterweihe in Mailand 1771. 1783 - 1788 Nölli (Nelli, auch Rölli) Jakob Christoph Alois, 1753 - 1803, von Luzern, Weihe in Luzern 1776, Pfarrer in Uffikon (1788 - 1803). 1788 - 1793 Schallbretter Josef Ludwig Xaver Alois, 1760 - 1806, von Luzern, Pfarrer in Dietwil AG (1796 - 1806). Pfarrer Schallbretter tauschte seinen Posten mit Jost Bühlmann, weil «die Lage zu Hergiswyll der gesundheit des herrn Schallbretters sehr nachteilig seyen, also zwar, dass verschiedene ärzte ihm geratten, die für seine gesundheit so schädliche Laage zu verlassen». 1793 - 1804 Bühlmann Jost Heinrich Josef Alois, 1757 - 1804, von Luzern. Stellte einen Kantor und vier Sänger an. Der Vorsänger übte auch das Amt des Totengräbers aus und musste an den Prozessionen vorbeten. 1798 Anstellung eines Helfers. 1804 - 1809 Kaufmann Josef Leonz, 1772 - 1834, von Ballwil, Vikar in Rain, Geiss, Richenthal, Meierskappel und Neudorf, Pfarrer in Hergiswil, Malters (1809 -1819), Leutpriester in Doppleschwand (1819 - 1834). 1806: Er beklagt die Abgeschiedenheit, die Probleme der Kommunikation und der geistlichen Versorgung in Hergiswil. 1809 Geisseier Josef Anton Alois, 1767 - 1857, von Willisau, 1793 - 1798 ohne Stelle in Willisau. 1809 auf Bewerbung zum Pfarrer in Hergiswil ernannt, erhielt aber die bischöfliche Admission nicht und blieb Kaplan in Weggis. Er starb als Kanoniker in Beromünster. 1809 - 1823 Meyer Heinrich Sebastian, 1775 - 1823, von Kriegstetten SO, Vikar in Willisau. Er stellte eine aus vier Männern bestehende «Läutemannschaft» an. Er regte den Bau einer neuen Kirche an. «Mehrere Subjekte sollen sich als Organisten ausbilden lassen, damit dann der fähigste von ihnen ausgewählt werden könne.» Er gründete eine kleine Prozessionsmusik. Starb plötzlich. Streit mit den Erben wegen Auszahlung der gestifteten Jahrzeit. 1823 - 1855 Forster Joseph (auch Foster), *1791, starb als Chorherr in Beromünster. Leidenschaftlicher Jäger. Stellte sieben Kirchenwächter ein, einer vor der Kirche, zwei auf der Empore! War in der Baukommission nicht vertreten.
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Hergiswil um 1910 (Ansichtskarte).
1855 - 1882 Troxler Sebastian, 1820 - 1862, von Hilciisrieden, Pfarrhelfer in Willisau. Führte den ersten Orgelbau in der neuen Kirche durch. Als erster Pfarrer in der neuen Kirche beerdigt. 1882 - 1904 Limacher Franz, 1826 - 1904. Erste Volksmission durch den Jesuiten Hadza. Begründete einen Missionsfonds mit Prälat Kunz, Lehrerseminar, Hitzkirch. Führte die dringende Renovation der Pfarrkirche durch. 1904 - 1939 Purtschert Paul, 1875 - 1939, von Pfaffnau, Vikar in Luthern und Kriens. 1921 Neubau des Kirchturms. Gründete den Mütterverein, den Volksverein, die Marianische Töchterkongregation, die Jungmannschaft. Zu Pferd suchte er seine Schäfchen auf. 1939 - 1973 Greber Julius, 1906 - 1973, von Schötz, Vikar in Hägendorf, Kaplan in Schüpfheim. 1951 Bau der Kapelle Hübeli. 1974 - 1999 Hess Franz Xaver, * 1925, von Herlisberg, Pfarrei Hitzkirch, 1950 Priesterweihe. Vikar in Rain und Malters, Pfarrer in Lengnau AG; lebt in Ettiswil. 1999 - Hocher Walter, * 1942, von Malters, Priesterweihe 1999; vorher als Arzt tätig.
98 Bruderschaften haben, die Katharina und Katarrh wegen der ähnlichen Wortlautung Nach der Reformation versuchte die zusammengebracht haben, was Leitung der katholischen Kirche, das natürlich weit hergeholt, aber echt religiöse Leben der Gläubigen zu erneuern. volkstümlich ist. Als Nothelferin Die wesentlichen Impulse vermittelte hatte die heilige Katharina ihre das Konzil von Trient [13] (1545 bis grosse Bedeutung zusammen mit 1563). Um die Werke der Frömmigkeit den übrigen Nothelfern.» und der Nächstenliebe unter den Laien 2. St.-Franz-Seraphicus- und St.-Gallus- zu pflegen und die liturgischen Feiern Bruderschaft. l609 von den Sennen volksnah zu gestalten, errichteten und den übrigen Kirchgenossen eifrige Pfarrer so genannte Bruderschaften, angenommen. Verzeichnis bis 1797. die vom Bischof erlaubt und 3. St.-Elogius-Bruderschaft. I6l6 durch anerkannt werden mussten. Wer die Regeln Pfarrer Jakob Bysang eingeführt. der Bruderschaft einhielt, erwarb sich Verzeichnis bis 1797. grosse Ablässe [14]. Auf der Luzerner 4. Rosenkranz-Bruderschaft. 1624 Landschaft boten die Pfarreien Willisau, durch Pfarrer Heinrich Schwendi- Luthern und Hergiswil die breiteste mann auf Rat der Jesuiten in Luzern Auswahl an Bruderschaften. In Hergiswil eingeführt. 1725 und 1893 erneuert. existierten 13 solcher religiöser Verzeichnisse von 1624 bis 1799 und Gruppen. Im Pfarrarchiv befindet sich ab 1893. Rechnungen 1785 bis 1808. ein entsprechendes Verzeichnis. Pfarrer 5. St.-Sebastians-Bruderschaft. 1639 Müller (l6l2—1624) gründete zwölf durch die Schützen gegründet. Bruderschaften. Verzeichnis bis 1804. 6. St.-Magnus-Bruderschaft [16]. I66O Verzeichnis der Bruderschaften zur «Abwendung des schädlichen Ungeziefers der Aengeren und Bester». 1. St.-Katharina-Bruderschaft. I6O6 Verzeichnis bis 1791. Bis in das durch die Gemeinde beschlossen. frühe 20. Jahrhundert wurde das St.- Feierliches Amt am Feste der Heiligen. Magnuswasser gesegnet [17]. Verzeichnis von l606 bis 1797. 7. St.-Johann-der-Täufer-Bruderschaft Josef Zihlmann [15] schreibt: «St. (Kirchenpatron). 1661 Stiftung. Katharina wurde als Frau meist von Verzeichnis bis 1791. Frauen in verschiedenen Anliegen 8. St.-Anna-Bruderschaft. 1665 durch angerufen, vor allem bei Jakob Rieh und seine Frau Anna Kopfschmerzen und katarrhalischen Schaller gestiftet. Verzeichnis bis Erkrankungen. Es soll Leute gegeben 1797. Bruderschaftsbuch von 1725.
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IJlus IX.
(ginftebcltt, 1858, gebrueft bei Bruderschaft Maria zum guten Rath: ©ebrübet $atl unb 9biîoïaué ©einiger. Aufnahmebestätigung für Frau Elisabeth % SI Koffel, 1. August 1868, durch Sebastian Troxler. Pfarrer Titelblatt der Bruderschaftsregel «Maria zum guten Rath».
9. St.-Barbara-Bruderschaft, damit nie¬ 12. St.-Josefs-Bruderschaft, 1765 unter mand ohne die Sterbesakramente Pfarrer B. X. Schindler gestiftet. sterbe. 1716 Stiftung dafür. Verzeichnis bis 1792. Verzeichnis bis 1797. 13. Maria-vom-guten-Rat-Bruderschaft 10. St.-Peter-und-Paul-Bruderschaft. 1718 (De bono consilio). 1780 durch durch Balthasar Tubach in der Pfarrer Bernhard Dub erneuert. 26. Sagenmatt gestiftet. Verzeichnis bis Juni 1857: Ablässe durch Pius IX. 1797. bestätigt. Bruderschaftsbüchlein 11. Skapulier-Bruderschaft. Durch Pfar¬ (Bruderschaft Maria zum guten Rat, rer Fridolin Hofer (1707-1723) rechtmässig errichtet in der Pfarrkirche angefangen, 1762 durch Bernard Xaver zu Hergiswil, Einsiedeln, Gebr. Schindler erneuert. Verzeichnis Benziger 1861 und 1876). bis 1805.
100 Pfarrkirche Hergiswil (2005).
Kirchenbauten führt wurde. Ende Juli 1900 ging eine zweite Renovation zu Ende, 1915 installierte Wie oben bereits erwähnt, stand der man eine neue Orgel, 1920/21 erste Kirchenbau im Dorf Hergiswil auf musste der Kirchturm fast vollständig der linken Wiggerseite. Der Eingang lag neu erstellt werden. 1979/80 wurde die der späteren Wirtschaft Kreuz gegenüber. Kirche umfassend renoviert und den Der Chor war auf der Ostseite [18]. neuen Bedürfnissen angepasst. Am 4. Oktober 1835 beschlossen die Bürger, eine neue Kirche zu bauen. Die Schlussbemerkung alte war zu klein und baufällig. Die Regierung in Luzern unterstützte das Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts waren Vorhaben, verlangte aber, dass ein neuer Kirche und Staat im Stande Luzern Bauplatz gewählt werde. Störte die eng verflochten. Sie bildeten weitgehend Nähe des Wirtshauseinganges? Den eine institutionelle Einheit. Die Neubau erstellte man auf der so katholische Religion war faktisch Staatsreligion. genannten Storchenmatte nach den Die Kirche bewahrte in vielen Plänen des Architekten Josef Weibel, Sohn, Bereichen ihre Eigenständigkeit, und Luzern. 1839 wurde der Eckstein gesetzt der Staat grenzte diese immer wieder und 1842 konnte der Bau abgeschlossen ein. Konflikte waren unvermeidlich. Die werden. 1868 war eine Aussenreno- Pfarreien schafften sich gleichzeitig vation nötig, die aber schlecht ausge¬ einen gewissen Freiraum und organisier-
101 ten sich in den Kirchgenossenschaften, waren ursprünglich im Besitze der Freiherren von Hasenburg. Durch die Erbtochter Ursula den Vorläufern der heutigen von Hasenburg kam das Haus der Grafen von Kirchgemeinden. Die kirchlichen Feiern, Feste, Arberg-Valangin im frühen 14. Jahrhundert in Vereine und Bruderschaften trugen den Besitz der Herrschaft Willisau. 1407 wesentlich zur Identitätsbildung bei. Es verkaufte die Witwe des Grafen Johannes II. das war ein langer Weg, bis dann im 20. ganze Gebiet an die Stadt Luzern. 7 Das «Spital zum Heiligen Geist» wurde in Lu¬ Jahrhundert die Luzerner Landeskirche zern um 1300 gegründet und befand sich beim geschaffen wurde, die einen sinnvollen Westflügel des heutigen Regierungsgebäudes. Mittelweg zwischen Staatskirchentum Es hiess auch «Grosses Stadt-Spital» und war und der vollständigen Trennung von ein Waisen- und Armenhaus. 1660 erfolgte ein Kirche und Staat ermöglicht hat. Neubau, der heute als Polizeiwache der Stadtpolizei dient. 8 Um 1800 war Hergiswil die drittärmste Pfarr- pfrund im Kanton Luzern. Noch schlechter gestellt waren Vitznau und Greppen. Anmerkungen 9 Historisch-Biografisches Lexikon der Schweiz. 10 Mit einer bestimmten Summe kaufte sich Lu¬ 1 Kuratkaplanei: Seelsorgebezirk innerhalb ei¬ zern damals von allen weiteren Verpflichtungen nes grösseren Pfarrverbandes. Der Kuratka- los. plan war in seiner Seelsorgetätigkeit vom Leut- 11 Die von Jakob Fugger dem Reichen 1521 ge¬ priester in Willisau abhängig. stiftete Fuggerei ist heute die älteste 2 Am 21. August 1603 hatte der Fürstbischof von Sozialsiedlung der Welt. In der weltberühmten Hallwyl in der Stadt Luzern die Firmung Fuggerei leben bis heute 150 verarmte Augsburger vorgenommen. für eine Jahresmiete von 0,88 Euro. Er lebte von 1555 bis 1604. Er galt als Reformbischof, 12 Konfirmieren: aus lateinisch confirmare «befes¬ der die Beschlüsse des Konzils von tigen», «bestätigen», häufig in mehrgliedrigen Trient beachtete. formelhaften Wendungen gebraucht, im Sinne 3 Gallus Zehnder war viermal - je für zwei Jahre von: bestätigen, für rechtsverbindlich erklären. - Schultheiss von Willisau. Er starb am 30. 13 Das Konzil erhielt seinen Namen von der im April l609. südlichen und italienischen Teil Tirols liegenden 4 Andreas Schwendimann amtete als Leutpries- Stadt Trient (italienisch Trento, lat.Triden- ter von 1603 bis 1608 in Willisau. Vorher war tum), wo das Konzil (bis auf zwei Sitzungen in er fünf Jahre Leutpriester in Sursee. 1610 zog Bologna) tagte und auch eröffnet und er als Missionar ins Wallis. Dann wurde er Pfarrer abgeschlossen wurde. in Malters, später Kaplan in Littau (gemäss 14 Bei einem Ablass wird nach katholischer Liebenau). Auffassung die Strafe für Sünden auf Grund von 5 Das Jahrzeitbuch wurde in der zweiten Hälfte guten Werken (Gebete, Almosen, Pilgerfahrt) des 15. Jahrhunderts begonnen. Verantwortlich teilweise oder ganz erlassen. für die Eintragungen waren die 15 Zihlmann:, Heilige Bäume und Orte, Co- Stadtschreiber von Willisau, die vom Schultheiss menius, Hitzkirch 1985. und Rat in Luzern gewählt wurden. 16 In Willisau bestand die St.-Magnus-Bruder- 6 Alle kirchlichen Güter und Rechte von Willisau schaft seit 1515. Ihr gehörten die Tuchleute,
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Tuchscherer und Schneider an. Libell aus dem von Liebenau, Theodor: Geschichte der Stadt Jahre 1574. Willisau, von Matt, Stans 1903. 17 Gemäss J. Zihlmann nannten die Leute das Nüscheler, Arnold: Die Gotteshäuser der Schweiz, gesegnete Wasser «Manguwasser». Es wurde in Historisch-antiquarische Forschungen, Dekanat den Gärten gegen Ungeziefer ausgesprengt. Willisau, fortgesetzt von Konrad Lütolf, Kaplan, 18 Unter Ostung versteht man die Ausrichtung GFR 21, 28, 29. nach Osten, davon kommt auch das Wort Pfyffer, Casimir: Der Canton Luzern, Huber, Bern orientieren. Dies hat vor allem bei mittelalterlichen 1859. Kirchen Bedeutung. Da der Sonnenaufgang Reinle, Adolf: Kunstdenkmäler des Kantons als Symbol der Auferstehung galt, wurden Luzern, Band V, Basel 1959. die Längsachsen der Kirchen nach Schacher, Joseph: Das Hexenwesen im Kanton Möglichkeit und, wenn es die Topographie zuliess, Luzern, nach den Prozessen von Luzern und Sursee, danach ausgerichtet. Der Chor mit dem Hochaltar 1400-1675, Räber, Luzern 1947. ist also im Osten, der Haupteingang im Sidler-Dilger, Franz: Die Pfarrkirche von Willisau, Westen. Da die Sonne natürlich nicht jeden unveröffentlichtes Manuskript (Abschrift). Tag an der gleichen Stelle aufgeht, sind einige Wicki, Hans: Staat, Kirche, Religiosität, LHV Bd. Kirchen auf den Aufgangspunkt eines 26, Rex, Luzern 1990. bestimmten Tages hin geostet. Die Heilig-Blut- Zihlmann, Josef Heilige Bäume und Orte, Co- Kirche in Willisau war ursprünglich auch geostet. menius, Hitzkirch 1985. Der vergrösserte Neubau von 1674/75 Zihlmann, Josef: Völkserzählungen und Bräuche, beanspruchte mehr Platz und musste deshalb um Comenius, Hitzkirch 1989. 90 Grad gedreht werden. Heimatkunde des Wiggertals, Heft Nr. 14, Willisau 1953. Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz, Quellen/Literatur Neuenburg 1927. Pfarrarchive, Hergiswil und Willisau. Staatsarchiv, Luzern, Akt 19C/570-579. Bickel, August: Willisau, LHV Bde. 15/1 und 15/2, Rex, Luzern 1982. Glauser/Siegrist: Die Luzerner Pfarreien und Land- vogteien, LHV Bd. 7, Rex, Luzern 1977. Häfliger, Alois: 25 Jahre römisch-katholische Landeskirche, Geschichtlicher Überblick, Luzern 1995. Henggeier, P. Rudolf OSB: Die kirchlichen Bruderschaften und Zünfte der Innerschweiz, Eberle, Einsiedeln o. J. Hopp, Anton: Das Bistum Basel in Geschichte und Gegenwart, Solothurn 1979. Hörsch/Bannwart: Luzerner Pfarr- und Weltklerus 1700-1800, LHV Bd.33, Rex, Luzern 1998. Adresse des Autors: Franz: Luzerner Geistliche im Spiegel Hurni, Pius politischer Prozesse in der Regenerations- und Schwyzer Sonderbundszeit, Universitätsverlag, Freiburg Geissburghalde 12 1980. 6130 Willisau
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