2 Verflechtungen Zwischen Fernsehen Und Medienrelevanten Verwandten Märkten
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158 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Auch wenn angesichts der deutlich geringeren Zuschaueranteile der zuzurechnenden Pro- gramme die Bezeichnung als „dritte Kraft im bundesweiten Fernsehen“ ein wenig hoch gegriffen erscheinen mag, so ist doch die Ausweitung der Aktivitäten der EM.TV & Merchandising AG und der Tele-München-Gruppe in diesem Bereich bemerkenswert. Die Tele-München-Gruppe hat ein Vollprogramm unter dem Namen Tele 5 gestartet; die EM.TV & Merchandising AG hat gemeinsam mit der KarstadtQuelle AG die Mehrheit an der Veranstalterin des Sportspartenprogramms DSF übernommen. Beiden Unternehmen sind aufgrund ihrer gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen die Programme Tele 5, RTL II, DSF und Junior zuzurechnen. Neben den drei genannten Sendergruppierungen halten die Medienkonzerne Vivendi Universal S. A., AOL Time Warner, Inc., Viacom, Inc. und The Walt Disney Company relevante Beteiligungen an deutschsprachigen Fernsehprogrammen. Die Konzerne News Corporation Limited und Fininvest S. p. A. bzw. Mediaset S. p. A. haben sich nicht zuletzt infolge der Kirch-Insolvenz aus Deutschland zurückgezogen. Allerdings werden sie weiterhin als potenzielle Wettbewerber oder Partner für Bereiche des deutschen Fernsehens angesehen. Bei Vivendi Universal und AOL Time Warner stehen deren Großfusionen der vergangenen Jahre auf dem Prüfstand. Hieraus können auch künftige Veränderungen für deren deutsche Fernsehbeteiligungen resultieren. Viacom ist über das MTV Network auch in Deutschland stark bei jungen und musikinteressierten Fernseh- zuschauern präsent. In diesem Feld besteht ein intensiver Wettbewerb mit den Musikkanälen von VIVA. An letzteren hat AOL Time Warner ihr Einflusspotenzial vergrößert. Walt Disney trifft auch in Deutschland mit seinen markengeprägten Filmen, Fernsehprogrammen und Printprodukten auf einen starken Zuspruch der Medienkonsumenten. Im Fernsehbereich wird dies anhand der Zuschaueranteile von Super RTL im Alterssegment der Kinder und an den Spartenkanälen Disney Channel und Fox Kids auf Premiere sichtbar. 2 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags zur Sicherung der Meinungsvielfalt sehen vor, dass bei der Beurteilung vorherrschender Meinungsmacht eines Fernsehveranstalters auch medien- relevante verwandte Märkte einzubeziehen sind (§ 26 Abs. 2 Satz 2 RStV). Erreichen danach die einem Unternehmen zurechenbaren Programme einen Zuschaueranteil von 25 %, so wird vor- herrschende Meinungsmacht vermutet, wenn das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder die Gesamtbeurteilung der Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der da- durch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 % entspricht. Darüber hinaus gewinnen die medienrelevanten verwandten Märkte bei der Prüfung des Grundtatbestands des § 26 Abs. 1 RStV Bedeutung.417 Wie der potenzielle Meinungseinfluss der einzelnen Märkte für sich genommen und im Zusammenspiel mit der Veranstaltung von bundesweitem Fernsehen einzuschätzen ist, wurde im Auftrag der KEK in einem kommunikations- wissenschaftlichen Gutachten untersucht (siehe Kap. IV 2.1.1.2.2). Der Begriff des medienrelevanten verwandten Marktes ist im Rundfunkstaatsvertrag nicht definiert. Die amtliche Begründung zu § 26 RStV zählt exemplarisch Werbung, Hörfunk, Presse, Rechte und Produktion auf. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Zu beurteilen sind 417 Ständige Spruchpraxis der KEK; vgl. ausführlich Beschlüsse der KEK vom 26. 01. 1999 i. S. Premiere digital, Az.: KEK 026, II 3.2.2, und vom 21. 09. 1999 i. S. RTL, Az.: KEK 040, II 2. Konzentrationsentwicklung im privaten Rundfunk 159 insbesondere alle Aktivitäten, die zwar nicht unmittelbar zum bundesweiten Fernsehen gehören, die aber gleichwohl in ihrer Zusammenfassung ein erhebliches publizistisches Gewicht haben können. Eine vorgehobene Bedeutung kommt dabei den „fernsehnahen“ Aktivitäten eines Ver- anstalters zu.418 Die wichtigsten Hinweise auf Märkte, deren Beherrschung nach § 26 Abs. 2 Satz 2, 1. Alt. RStV medienrelevant ist, können der Entscheidungspraxis der Kartellbehörden und Gerichte zur Fusionskontrolle im Rundfunk entnommen werden.419 Untersucht werden im Folgenden die Märkte für – Fictionrechte (2.1), – Kinderprogramme (2.2), – Sportrechte (2.3), – Nachrichtenmaterial (2.4), – Programmzeitschriften (2.5), – Fernsehwerbung (2.6), – technische und administrative Dienstleistungen für digitales und Pay-TV (2.7), – Übertragungswege (2.8), – Ballungsraumfernsehen (2.9), – Teleshopping (2.10), – Presse (2.11), – Hörfunk (2.12), – Online-Medien (2.13). Für die Beurteilung der Medienkonzentration sind die medienrelevanten verwandten Märkte insbesondere dann von Bedeutung, wenn Fernsehveranstalter mit Unternehmen, die auf vor- gelagerten Produktionsstufen tätig sind, vertikal integriert sind. Vertikale Verflechtungen mit medienrelevanten verwandten Märkten können in erheblichem Umfang beobachtet werden und erstrecken sich über sämtliche Ebenen der Fernsehbereitstellung.420 Durch den direkten Zugang zu Absatz- und Beschaffungsmärkten können u. a. Kostenvorteile und eine größere Risikostreuung erreicht werden. Vertikale Verflechtungen sind nicht schon an sich bedenklich. Problematisch können sie aber dann werden, wenn die horizontale Konzentration auf den vor- und nach- gelagerten Märkten so weit fortgeschritten ist, dass der Zugang von konkurrierenden TV-Unter- nehmen zu den Beschaffungs- oder Absatzmärkten durch eine solche vertikale Verbindung eines Programmveranstalters eingeschränkt oder gefährdet wird. Daher werden im Folgenden diejenigen Märkte genauerer Betrachtung unterzogen, auf denen Fernsehveranstalter direkt – oder indirekt über verbundene Unternehmen – über starke Marktstellungen verfügen. Auch wenn die Übertragungswege derzeit keinem maßgeblichen Einfluss von Veranstaltern von 418 Vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Auflage, München 2001, Vor § 35 Rn. 114 f. 419 Vgl. Immenga/Mestmäcker, GWB Kommentar zum Kartellgesetz, 3. Auflage, München 2001, Vor § 35 Rn. 112, 78 ff. 420 Daneben bestehen auch vertikale Verflechtungen mit Märkten, die nicht als medienrelevante verwandte Märkte i. S. d. § 26 Absatz 2 RStV einzuordnen sind bzw. deren Einordnung bislang offen gelassen wurde. Dafür lassen sich u. a. folgende Beispiele anführen: Der KarstadtQuelle-Konzern plant, seinen Absatz von Sportartikeln durch die Beteiligung an der Veranstalterin von DSF zu fördern; DSF solle als reichweitenstarke Plattform fungieren, über die mit den Kunden kommuniziert werden könne; Pressemitteilung der KarstadtQuelle AG vom 12. 05. 2003. Der Unternehmer Thomas Hornauer hat den Sender BTV 4 U (ehemals B.TV) übernommen. Thomas Hornauer ist der Inhaber der Telekontor GmbH, die im Bereich der Technologie der Telefonmehrwertdienste tätig ist; das Programm BTV 4 U ist als „Transaktionsfernsehen“ darauf ausgerichtet, Zuschauer zur Beteiligung per Telefon zu animieren. Ebenfalls als vertikale Integration ist die Erhöhung der Beteiligung der Warner Music Group an der VIVA Media AG und der Beteiligung an der VIVA Plus Fernsehen GmbH anzusehen, deren Programme als Abspielstationen für die Musikvideos des Unternehmens dienen. 160 Verflechtungen zwischen Fernsehen und medienrelevanten verwandten Märkten Vertikale Konzentration Vertikale Dekonzentration Vorwärtsintegration der Rechte- in die Veranstalterebene –nDie KirchMedia veräußert die Mehrheit der Anteile an der ProSiebenSAT.1 Media AG. –nDie Deutsche Fernsehnachrichtenagentur GmbH (DFA) veräußert ihre Beteiligung am Nachrichten- sender n-tv. Rückwärtsintegration der Veranstalter- in die Rechteebene –nDie RTL Group weitet ihre internationalen Aktivitäten –nDie ProSiebenSAT.1 Media AG veräußert ihre im Sportrechtehandel durch Gründung der SPORT- 100 %ige Beteiligung an der Nachrichtenagentur FIVE S. A. aus. ddp. –nDie EM.TV & Merchandising AG veräußert ihre Beteiligung an der Formel-1-Vermarktungs- gesellschaft SLEC. –nDie KirchMedia veräußert ihre Beteiligung an der KirchSport AG, die u. a. die TV-Rechte an der Fußball- bundesliga hält. –nDie KirchMedia verliert ihre Beteiligung an der Formel-1-Vermarktungsgesellschaft SLEC. Vorwärtsintegration der Produktions- in die Veranstalterebene –nDas Hollywood-Studio MGM gründet den MGM Channel. –nDie Universal Studios gründen den Sci-Fi Channel. –nDie Spiegel TV GmbH veranstaltet gemeinsam mit DCTP den Sender XXP. –nDie Beate Uhse AG und Erotic Media AG veranstalten das Programm Beate Uhse TV. Rückwärtsintegration der Veranstalter- in die Produktionsebene –nDie VIVA Media AG übernimmt das Produktions- –nDie EM.TV & Merchandising AG veräußert ihre unternehmen Brainpool TV AG. Beteiligungen an der Constantin Film AG und –nDie KirchMedia gründet das auf Unterhaltungs- verschiedenen kleineren Produktionsunternehmen. formate spezialisierte Produktionsunternehmen –nDie KirchMedia trennt sich von ihrer 90 %igen Kirch Media Entertainment. Beteiligung an der Neuen Deutschen Filmgesellschaft –nDie EM.TV & Merchandising AG übernimmt das auf (NDF). Sportübertragungen spezialisierte Produktions- –nDie KirchMedia trennt sich von ihrer Beteiligung an unternehmen Plazamedia. der Constantin Film AG. Vorwärtsintegration der Veranstalterebene in den Bereich von Dienstleistungen für das Digitalfernsehen –nPremiere übernimmt das Playout-Center Beta Digital –nDie für die Verschlüsselungs- und Decodertechnik von (nunmehr umfirmiert