Freitag, 2.3.2012 | Woche 9 | 2. Jahrgang 5.– Aus der Community: 9 «Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.» Chriss Graf zu «Guantánamo mitten in den USA», tageswoche.ch/+awsfh Zeitung aus Basel tageswoche.ch

Beni Huggel erklärt die Welt Basels Kult-Kicker über Punkrock, Politik und die Wirtschaftskrise, Seite 26

Foto: Stefan Bohrer

Region International Eurokrise fördert Es geht auch Es ist von Krieg die Rede, von den Schmuggel einem ganz anderen Krieg Viele kaufen nicht nur Das Ökosystem krankt, die Wäh- günstiger ein jenseits ohne Swatch rungen verlieren ihren Wert, der der Grenze, sie suchen Kampf um Arbeitsplätze wird am Zollübergang auch Swatch Group dominiert härter – Forscher prognostizieren den Kitzel und eine düstere Zukunft, Seite 22 schmuggeln die Ware den Markt – im Baselbiet in die Schweiz. Die Grenzwächter haben gibts noch Nischen für TagesWoche Zeitung aus Basel Hochbetrieb in diesen Gerbergasse 30 4001 Basel Zeiten, Seite 14 die Kleinen, Seite 6 Tel. 061 561 61 61 Editorial 2. März 2012

Buntes Treiben – bereit im Dossier von Urs Buess, Co-Redaktionsleiter

Fasnacht wie noch nie – jedenfalls für uns Es lohnt sich, das Dossier anzuklicken, die von der TagesWoche. Unsere Redaktionsräume Schnitzelbänke anzuhören und unsere gesam- im Unternehmen Mitte liegen nun wirklich melten Fasnachts-Preziosen anzusehen. mitten drin im Getümmel, besonders der Und schon gehts weiter. Der nächste Höhe- Urs Buess ebenerdige Produktionsraum. Es trommelte, punkt steht vor der Tür. Kaum sind die Larven pfiff und posaunte, seltsame Gestalten in versorgt, kommt die Welt nach Basel. Die Welt farbigen Gewändern zogen pausenlos vorüber, der Uhren, die Welt des Luxus – die Baselworld. manche – Fasnächtler und Gäste – drückten Zurzeit sieht es rund um die Messe zwar etwas sich die Nase platt an unseren Fenstern, starrten provisorisch aus, die Bauarbeiten am Erweite- herein und wunderten sich, dass man in diesem rungsbau sind für ein paar Tage unterbrochen, Treiben arbeiten kann. Man kann. Man gewöhnt und die Messeverantwortlichen geben sich sich an alles. Und freut sich an vielem. Zum Mühe, Glamour auf den Platz zu zaubern. Beispiel daran, dass renommierte Schnitzel- In den Hallen gelingt das besser, gelingt es bänkler – «d Gwäägi» – den Ausrüster gewech- wie jedes Jahr. Von Krise ist offenbar nichts zu selt haben. Sie tragen nicht mehr eine BaZ-, spüren in dieser Glamourwelt. Geld für teure sondern eine TagesWoche-Zeitungsmütze. Uhren und Schmuck ist vorhanden – dank der Nun ist das Ereignis wieder für ein Jahr neuen Oberschicht in China etwa. Und bei der vorbei – wir werfen auf den Seiten 33 bis 35 Basel world geht man davon aus, dass dies einen letzten Blick auf die Fasnacht. Aber nicht immer so weitergeht. Wer sich für nächstes Jahr nur das: Unsere Fotografen, unsere Videofil- einen Stand sichern will, muss schon jetzt tief mer, unser Reporter-Waggis waren drei Tage in die Tasche greifen. Baselword – wir nehmen unterwegs, haben geknipst, gefilmt, getextet die Messe zum Anlass, uns mal bei den Uhr- – die Redaktion hat ein aktuelles Fasnachts- machern in der Region umzusehen. Gibt es sie Dossier auf tageswoche.ch zusammengetragen. überhaupt noch? tageswoche.ch/+awtwk

Gesehen von Tom Künzli Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 37-Jährige wohnt in .

tageswoche.ch Aktuell im Netz

Mehr als eine Zeitung: Swiss Music Awards 2012: rists Kritik zum Konzert von Lucio Dalla Das grüne Dreieck Die TagesWoche berichtet täglich Ab Freitag, 17 Uhr, berichtet David Bau- im Musical Theater Basel ist ab Samstag markiert Beiträge aktuell im Web. Das sind unsere Online- er live von den Swiss Music Awards online. aus der Web- Schwerpunkte der kommenden Tage: 2012 in Zürich. Seine Ansage: «Bei uns Community und gibt es all das zu lesen, was das Spitzenspiel im Joggeli: lädt Sie ein, sich Interview mit Xavier Koller: Schweizer Fernsehen nicht zeigen Wenns am Sunntig vieri schloot, pfeift Der Film «Eine wen iig» von Xavier Koller darf.» der Schiedsrichter im St.-Jakob-Park einzumischen. über den unsterblichen Dällebach Kari das Spitzenspiel FC Basel gegen den begeistert Kritiker und Publikum. Die Lucio Dalla im Muscial Theater: FC Luzern an. Die TagesWoche ist wie TagesWoche hat den Oscar-Preisträger Dänu Siegrist, Basler Rockförderer immer mit der Doppelspitze Razinger/ Koller anlässlich einer Vorführung in und Urgestein des helvetischen Mund- Kieslich im Stadion. Live auf tages- Basel getroffen. Das Interview von Remo art-Rocks, hat für uns das Konzert ei- woche.ch, mit twittern mit dem Hashtag Leupin ist am Sonntag online. ner lebenden Legende besucht: Sieg- #rotblaulive.

TagesWoche 9 3 Persönlich 2. März 2012

Gefordert: Sergio Corrales

Macht Velos frühlingstauglich Sergio Corrales ist seit 12 Jahren als Zweirad- Mechaniker in der Breite tätig. Jetzt, da die Tage länger und wärmer werden, lassen sich die Kunden in seiner Werkstatt «Sergi’s Zweirad» ihre eingerosteten Velos wieder flottmachen.

Foto: Alexander Preobrajenski

Der Winter kam spät, war dann aber einige Zeit sehr im Untergeschoss stehen Velos und Ersatzteile zum Ver- streng – und jetzt schickt der Frühling seine ersten Boten. kauf. Er, mittlerweile Vater einer zweijährigen Tochter, be- Zeit, alles ein bisschen umzustellen: Statt mit dem Tram schäftigt einen Angestellten, einen Lehrling und einen wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit. Oder gar eine Velo- Praktikanten. Das mit dem Praktikanten ist so: Sein frü- tour planen. Das Gefährt steht im Hinterhof, im Keller. herer Lehrer aus der Abschlussklasse vermittelt sie. Junge Rostige Kette, verkorkste Brems- und Schaltkabel, drecki- Schulabgänger, die noch nicht so recht wissen, was aus ih- ger Radkranz, die Reifen platt und der Pneu ohnehin ab- nen werden soll. Sergi bietet eine Art Brückenangebot an. gefahren. Es knirscht und lottert. Da hilft nur der Gang in «Es ist wichtig», sagt er, «dass die Jungen in einen Rhyth- die Werkstatt. mus kommen, am Morgen aufstehen, eine sinnvolle Arbeit Ja, sagt Sergio Corrales, jetzt gehts dann so richtig los, kennenlernen statt rumzuhängen – überhaupt: dass sie der Frühling bringt Hochbetrieb. Der 32-Jährige flickt, Freude an der Arbeit bekommen.» Die Praktikanten setzt revidiert, verkauft Velos, und auch wenn seine Werkstatt er für leichtere Arbeiten ein. Velos putzen zum Beispiel. hinter der Migros in der Breite nicht gerade ideal für zu- Wer sein Fahrrad zur Frühjahrsrevision bringt, hat zu fällige Laufkundschaft ist, so wird er nun alle Hände voll günstigem Preis auch grad den Frühlingsputz auf sicher. zu tun haben. Trotz seines jugendlichen Alters hat er eine Gewiss, sagt er, wenn die Tage wärmer werden, gibt es grosse Stammkundschaft. Bereits mit 20 Jahren, ein Jahr mehr als sonst zu tun. Aber er sieht sein Team gut aufge- nach dem Lehrabschluss als Zweiradmechaniker, hat er stellt – gross genug, um die Mehrarbeiten zu bewältigen, vor sich selbstständig gemacht und zuerst einen Laden mit allem auch, weil er im Winter nicht abbauen muss. Er be- Werkstatt an der Zürcherstrasse geführt. Eine Quartier- schäftigt seine Leute das ganze Jahr, denn er hat Service- zeitung bezeichnete ihn damals als «jüngsten Unterneh- verträge mit einem Pizzakurier und einer Securitas-Abtei- mer der Schweiz». lung abgeschlossen. Hat da ein Roller oder ein Fahrrad eine In zwölf Jahren ist «Sergi’s Zweirad» gewachsen. Sergio Panne, holt es Sergi ab, repariert es, stellt bei Bedarf ein Er- Corrales hat laufend ausgebaut, seine ursprüngliche Werk- satzfahrzeug zur Verfügung. Er ist immer auf Pikett. Im Ge- statt wurde zu klein, darum ist er in den hellen Raum hin- genzug hat er immer Arbeit, nicht nur jetzt, wenn der Früh- ter der Migros gezogen. Vier Arbeitslifte haben hier Platz, ling kommt. Urs Buess tageswoche.ch/+awtwh

TagesWoche 9 4 Inhalt 2. März 2012

WOCHENTHEMA REGION DIALOG Schummeln am Zoll Stimmen aus der Community Der starke Franken fördert nicht nur den Einkaufstourismus, auch die Zahl der Schmuggelfälle ist gestiegen – um über ein Drittel 14 «Grossartig!

Religion in der Schule Eine schönere Reformierte und katholische Kinder erhalten in der Schule auch Liebes erklärung Religionsunterricht. Und die Kinder muslimischen Glaubens? 16 an die Fasnacht Sparen im Baselbiet kann man gar Nächste Woche debattiert der Landrat über einen weiteren Teil des grossen Sparprogramms. Zur Diskussion stehen die Schulen nicht schreiben.» Exklusiv und unabhängig 17 Romeo Schmid zu «Selig machende – Uhren aus der Region: Wächter über die Tiere Qualen», tageswoche.ch/+awgjv An der Baselworld, die nächste Tierhaltung, Tierversuche, Gesundheits- und Artenschutz: Mit diesen Themen beschäftigt sich Markus Spichtig – zu Besuch beim Basler Kantonstierarzt Woche beginnt, stellen auch 18 Vertreter aus Basel und der «Geschätzte fünf Umgebung aus. Viele sind es SCHWEIZ Millionen Schwei- nicht, die die Uhrenkrise über- Das Elend der Wanderarbeiter zer und ca. 50 Mil- lebt haben, Seite 6 Die Personenfreizügigkeit schafft eine neue Kategorie von Arbeitnehmern, die unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen lionen Deutsche 21 INTERVIEW drückten Basel die INTERNATIONAL Daumen.» TagesWoche: Was macht Düstere Szenarien der Beni Huggel in fünf, zehn, Kriselnde Konjunktur, steigende Arbeitslosigkeit, ökologischer Raubbau – Kulturbetrachter Basel zu «FCB gegen Bayern München: Ein Abend für neue fünfzehn Jahren? Experten entwerfen ein beängstigendes Bild der Zukunft 22 Superlative», tageswoche.ch/+awjic Beni Huggel: In irgendeiner Form möchte ich dem Sport gerne verbunden bleiben. KULTUR Darum habe ich auch mit dem Trainerlehrgang angefangen. TagesWoche: Haben Sie Wie Pflanzen am Morgen Schmerzen beim Aufstehen? Huggel: Manchmal, ja. TagesWoche: Fühlen Sie kooperieren, sich noch jung? Mit 34 gelten Fussballer ja schon als alt. Basler Industriegeschichte Huggel: Warum sollte ich Seite 24 als Comic: Neun Monate lang mich nicht mehr jung fühlen? arbeitete Hannes Nüsseler an Wer wie ich mit Mitte 30 noch Dialogen und Skizzen – jetzt ist keinen Wohlstandsranzen hat, sein Comic über die Industriali- ist doch schon mal dick drin. DIALOG sierung in Basel fertig, Seite 38

Wochendebatte: Ist Helmpflicht für jugendliche Velofahrer sinnvoll? Das ganze Interview Brigitte Buhmann, Leiterin der Beratungsstelle für Unfallverhütung, gegen Jean-François Steiert, Präsident Pro Velo Schweiz und SP-Nationalrat AGENDA mit FCB-Mittelfeldspieler 32 Beni Huggel ab Seite 26 Wochenstopp: The Phenome- Bildstoff: Basler Fasnacht nal Handclap Band aus New York Die besten Bilder von den «drey scheenschte Dääg» – von den TagesWoche- Fotografen Cedric Christopher Merkli und Alexander Preobrajenski in der Kaserne Basel, Seite 41 33

SPORT Lichtspiele: Mit leiser Trauer und stillem Humor erzählt der Fussball-Chaosland Österreich Die Fussballlandschaft unseres östlichen Nachbarn ist ein einziges Film «Messies» von Ordnungs- Krisengebiet – jeder Club in Österreich steht mit einem Fuss im Konkurs sinn und -unsinn, Seite 43 36

KULTUR Kultwerk: «Der Lauf der Dinge» des Schweizer Künst- Raus aus der Medienkunst-Nische Sabine Himmelsbach, die neue Leiterin des Hauses der elektronischen Künste, lerduos Fischli/Weiss feiert den über ihre Pläne mit dem Basler Kompetenzzentrum für Medienkunst 25. Geburtstag, Seite 46 40 Impressum, Seite 31

Bestattungen, Seite 20

TagesWoche 9 5 Wochenthema 2. März 2012 Das Baselbiet tickt ohne Swatch Von der einst stolzen Uhrenindustrie in der Region Basel haben ein paar Exklusivitäten überlebt, weil sie Nischen abseits vom mächtigen Swatch-Imperium gefunden haben. Von Peter W. Frey

Basis aus Tecknau, Cimier aus Bubendorf oder Frenca und Nidor aus Niederdorf: Uhren dieser Mar- ken sind längst aus den Schaufenstern der Uhren- geschäfte verschwunden. Baselbieter Uhren waren oft die «Uhren der Armen», wie sie von den Uhr- machern im Neuenburger und Waadtländer Jura naserümpfend genannt wurden. Günstige Zeitmes- ser mit einfachen mechanischen Werken. In den 70er- und 80er-Jahren des letzten Jahrhunderts wurden sie vom Markt gefegt. Gegen die ebenso günstigen, aber viel genauer gehenden neuen Quarz- uhren aus Fernost hatten sie keine Chance. Die Quarzkrise war ein brutaler Einschnitt in eine noch kurz zuvor blühende Industrie, die während Jahrzehnten das obere Baselbiet und vor allem das Waldenburgertal geprägt hatte. Zu den besten Zeiten in den 60er-Jahren beschäftigte die Uhrenfabrik Oris in Hölstein rund 850 Personen. Sie wurden mit firmeneigenen Bussen aus den umliegenden Dörfern zur Arbeit gefahren und stellten pro Jahr bis zu zwei Millionen mechanische Uhren her. Grafik: Nils Fisch

TagesWoche 9 6 Wochenthema 2. März 2012 Das Baselbiet tickt ohne Swatch

TagesWoche 9 7 Wochenthema 2. März 2012

Patrik-Philipp Huber: «Basel made ist sexy» Eine Uhrenfabrik in Basel? Sicher – und dies schon seit 1967. Damals hatte Felix W. Huber die Leitung der einst in La Chaux-de- Fonds beheimateten Marke Zeno übernommen und die Uhren- montage und den Service nach Basel verlegt. Im Areal der Coop-Lager an der Elsässerstrasse ist Zeno Watch heute auf zwei Stockwerken eingemietet. Dort montieren acht Uhrmacher – neben sogenannten Termineuren im Tessin und im Jura – pro Jahr rund 40 000 Uhren. Patrik-Philipp Huber von Zeno Watch: «Die Hälfte der Produktion geht nach Asien. Japan ist ein sehr wichti- ger Markt für uns.» Zeno-Uhren kommen in der Mehrzahl im Fliegeruhren-Design mit dunklem Zifferblatt daher und sind nichts für schmale Handgelen- ke. «Big, bigger» ist das Motto der mit Mechanik- oder Quarzwer- ken ausgerüsteten Kollektion. Die grösste Uhr hat einen Durch- messer von 55 Millimetern. Zum Vergleich: Die klassische Rolex Day-Date kommt gerade einmal auf 36 Millimeter. Eine Spezialität von Zeno sind limitierte Auflagen von Zeitmessern mit schon längst nicht mehr hergestellten Werken – aktuell eine Armband- uhr mit einem achtzig Jahre alten Taschenuhrwerk von Buser Frères in Niederdorf BL. Patrik-Philipp Huber, der auch im familieneigenen Uhrengeschäft in der Basler Innenstadt tätig ist, nimmt wahr, dass die Zeitmesser mit mechanischen Uhrwerken den Zenit «eher überschritten» ha- ben. Nicht zuletzt wegen der Preise: Die gleiche Uhr kostet bei Zeno mit Quarzantrieb 334 Franken, mit mechanischem Werk dagegen 939 Franken. Entscheidend sei aber die regionale Her- kunft: «Basel made ist sexy.» Peter W. Frey Foto: Basile Bornand

Lapanouse SA in Bubendorf mit den Marken griff «High Mech». Die damals als ambitiös geltende Rego und Cimier kam auf eine Produktion von an- Strategie zahlte sich aus: Bei mechanischen Uhren derthalb Millionen Stück. Überrollt vom technolo- im Preissegment zwischen 1000 und 4000 Franken gischen Wandel verschwanden innerhalb eines Jahr- gehört Oris unterdessen als unabhängige Marke zu zehnts zahlreiche Hersteller und mit ihnen Hunderte den Grossen im Geschäft. von Arbeitsplätzen. Zahlen gibt die Firma nicht bekannt, es kann je- doch davon ausgegangen werden, dass die Jahres- Erfolgreiche Strategie produktion deutlich über 100 000 Stück beträgt. Baselworld bittet Aussteller schon für das nächste Jahr zur Kasse «Wir sind eine sehr gesunde Firma und zahlen gut Noch hat die Uhren- und Schmuckmesse Basel- Wer überleben wollte, musste böse unten durch. Als Steuern», ist alles, was sich Oris-Verkaufsdirektor world 2012 nicht begonnen – erster Tag der Messe Rolf Portmann und Ulrich Herzog 1982 in einem Erich O. Gerber entlocken lässt. Oris beschäftigt ist der kommende Donnerstag, 8. März – und Management-Buy-out Oris von der damals grössten heute weltweit rund 110 Personen, davon die Hälfte schon läuft die Planung für 2013 auf Hochtouren. Schweizer Uhrengruppe Asuag (heute Swatch Group) in Hölstein. Bei den Uhrwerken arbeitet Oris eng mit Nächstes Jahr wird die Baselworld erstmals in übernahmen, fielen 205 der damals noch 250 Ar- Sellita in La Chaux-de-Fonds zusammen, um von den Messe-Neubauten stattfinden. Wer wo in den beitsplätze in Hölstein weg. Auf die integrierte Pro- ETA, der Uhrwerkschmiede der Swatch Group, unab- neuen Hallen ausstellt, ist schon weitgehend duktion von der Uhrwerkherstellung bis zur fertigen hängiger zu werden. festgelegt. Bei verschiedenen langjährigen mittel- Uhr in der eigenen Fabrik wurde verzichtet und dafür grossen Ausstellern sorgt allerdings nicht nur für mit Zulieferern vor allem im Jura kooperiert. Auch Am Anfang war die Bahn Irritation, dass die Quadratmeterpreise um satte wenn der Markt nach Quarzuhren gierte, setzten 20 Prozent auf 420 Franken erhöht wurden. Portmann und Herzog weiter voll auf hochwer tige Die Anfänge der Baselbieter Uhrenindustrie gehen Den Ausstellern stösst auch sauer auf, dass die Mechanik, überraschten immer wieder mit selbst auf die erste Bahnlinie von Basel ins Mittelland Messe den Marken kürzlich bereits Akonto-Rech- entwickelten Sonderfunktionen und prägten den Be- zurück. Die Streckenführung durch den unteren nungen von 30 Prozent der Standmiete 2013 «zur

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John C. Ermel «Offen für Partnerschaft» Auf 99,9 Prozent aller Uhren lässt sich – wenn Anhaltspunkte in der Natur fehlen – nicht ablesen, ob der Zeitmesser acht Uhr morgens oder 20 Uhr anzeigt. Anders bei den Uhren von Cyclos Watch aus Dornach. Bei Cyclos verändert der Stun- denzeiger kontinuierlich seine Länge, je nachdem, ob er die Zeit zwischen Mitternacht und zwölf Uhr mittags oder zwölf Uhr mittags und Mitternacht anzeigt. Die Spitze des Zeigers läuft auf dem Zifferblatt entlang einer sogennanten Pascal’schen Schnecke, benannt nach dem französischen Mathematiker Blaise Pascal (1623 bis 1662). Hinter dem variablen Stundenzeiger steckt ein komplexes Räderwerk, eine Idee des Architekten und Designers John C. Ermel. Zusammen mit einem Uhreningenieur steckte er mehrere Jahre Entwicklungszeit in das Projekt. Als Ermel den Prototyp der Uhr an der Baselworld 2001 vorstellte, erntete er einhelliges Lob für die innovative Konstruktion. Drei Jahre später wurde die Uhr in Japan gar zur «Uhr des Jahres» ausgerufen. Trotz der Anerkennung der Fachwelt nahm Cyclos «nicht die Entwicklung, die ich mir gewünscht hätte», sagt John C. Ermel heute. Der Einbruch des Uhrenmarktes 2008 habe ihn als Ni- schenanbieter und Einzelkämpfer stärker getroffen als grosse Marken. «Mit so wenig Ressourcen eine Marke aufzubauen, geht fast nicht.» Zudem habe er den Schritt von der Entwick- lung zur Industrialisierung des Produkts unterschätzt. Cyclos gibt es noch, wenn auch auf Sparflamme. «Ich bin offen für eine strategische Partnerschaft», sagt Ermel. Peter W. Frey Foto: Basile Bornand

Hauenstein war gleichbedeutend mit dem Ruin für allem Thommen Basis Watch in Tecknau, Lapanouse das anhin florierende Fuhrhalter- und Gastgewerbe SA in Bubendorf und Gröflin (heute Grovana) in Ten- am oberen Hauenstein und im Waldenbur gertal. niken etablieren. 1853 beschloss die Gemeinde Waldenburg deshalb als Wirtschaftsförderung den Aufbau einer Uhren- 20 Millionen Uhrwerke pro Jahr fabrikation. Der kommunalen Uhr macherei war aber kein grosser Erfolg beschieden. Bereits sechs Jahre Erst mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Baselworld bittet Aussteller schon für das nächste Jahr zur Kasse später verkaufte Waldenburg das Geschäft an Louis dagegen die Uhrwerkfabrik Ronda in Lausen gegrün- Sicherstellung des Messekonzepts» ins Haus Tschopp und Gedeon Thommen. Thommens Name det, mit 260 Beschäftigten heute der grösste Arbeit- schickte. Zahlbar innerhalb von 30 Tagen. lebt heute im Markennamen Revue Thommen und geber in der Baselbieter Uhrenindustrie. Der 1909 in Baselworld-Sprecher Bernard Keller bestätigt die der Uhrwerkbezeichnung GT weiter. Hölstein geborene William Mosset hatte nach der eingeforderten Vorauszahlungen und begründet Auf Thommens Fabrik folgten in den nächsten Lehre mit zahlreichen Erfindungen bei Oris die Her- sie mit «Planungssicherheit». Die Messe investiere Jahren und Jahrzehnten im Waldenburgertal weitere stellung von Uhrwerkteilen perfektioniert und weiter und wolle verhindern, dass Aussteller Unternehmen, so etwa 1893 die Uhrenfabrik Ge- gleichzeitig während vieler Jahre in der Freizeit wieder kurzfristig abspringen. brüder Buser in Niederdorf, 1905 Tschudin & Heid schon eine eigene Zulieferfirma geführt. Mit allen Zusatz abgaben – unter anderem rund (Uhrenbestandteile) in Waldenburg und 1904 Cattin Daraus entstand 1946 Ronda, die ab 1952 mecha- 15 000 Franken pro an der Messe vertretene & Christian (die spätere Oris) in Hölstein. Dazu ka- nische Rohwerke herstellte und sich Ende der 80er- Marke und 15 000 Franken für die Baselworld- men verschiedene, oft kleine Zulieferbetriebe. Jahre ganz auf Quarzwerke konzentrierte. Ronda ist App – komme er so 2013 auf 50 Prozent höhere 1920 waren im Bezirk Waldenburg schon über heute neben ETA, der Uhrwerkschmiede der Swatch Messekosten, rechnet ein Unternehmer vor. 1000 Personen in der Uhrenindustrie beschäftigt. Group, der grösste Schweizer Produzent von Quarz- Und da seien die Kosten für den Standbau noch Von den zahlreichen Firmengründungen im Ober- uhrwerken. Von den Fabriken in Lausen, Stabio TI nicht berücksichtigt. baselbiet zwischen den Weltkriegen konnten sich vor und in Thailand werden pro Jahr rund 20 Millio-

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Früher stellte die Oris in Hölstein die Uhrenhemmungen, das «Herz» einer mechanischen Uhr, selbst her – eine Arbeit, die vor allem von Frauen ausgeführt wurde. Foto:Oris

nen Uhrenantriebe ausgeliefert. Von der Produkti- selbieter Hersteller die Uhrenkrise überlebt. Beide de-Fonds übernahm Grovana ein riesiges Waren lager on von Quarzwerken der Billigklasse hat sich Ronda haben ihre Wurzeln in den 1920er-Jahren und beide an Teilen für Revue-Uhrwerke, deren Produktion längst verabschiedet. Mit «Low End»-Werken ist kein sind sie Familien unternehmen in zweiter oder dritter schon vor Jahren oder sogar Jahrzehnten eingestellt Geld mehr zu verdienen, wenn die chinesische Kon- Generation. Charmex produziert pro Jahr rund worden war. Bitterli fiel damit ein Warenlager in den kurrenz den Markt mit Antrieben für 30 Rappen pro 10 000 Uhren – elegante, klassische Ticker unter Schoss, wovon andere Uhrenmarken nur träumen Stück flutet. «Wir haben in den letzten Jahren extrem dem eigenen Markennamen und robuste Sportuhren können: die Basis für die Herstellung eigener mecha- viel Energie und Geld in Werke mit Spezialfunktionen unter der Marke CX Swiss Military Watch. 95 Pro- nischer Werke – ein wichtiges Verkaufsargument bei gesteckt», sagt Erich Mosset, Sohn des Firmengrün- zent der Produktion gehen in den Export, vor allem Uhren-Liebhabern und -Sammlern. ders und CEO von Ronda. nach Russland, den Mittleren Osten, Deutschland Seither stellt Grovana pro Jahr einige Tausend Uh- Der Erfolg gibt ihm recht: Bekannte Marken wie und die USA. ren mit Revue-Uhrwerken mit der Bezeichnung GT Raymond Weil, Maurice Laroix, TAG Heuer, Movado, her und will den Anteil weiter ausbauen. Der Neu- oder Victorinox Swiss Army bestücken ihre Uhren Heiss begehrte Lehrstellen start der Produktion von mechanischen Uhrwerken mit Antrieben aus Lausen. «Für die von der Swatch liess allerdings eine Lücke deutlich werden: Grovana Group unabhängigen Marken sind wir heute erste Grovana stellt mit 40 Mitarbeitenden pro Jahr rund hatte zu wenig ausgebildete Uhrmacher und fand Wahl», erklärt Erich Mosset. Dies nicht zuletzt wegen 120 000 Uhren unter dem eigenen Markennamen her. kaum qualifizierte Berufsleute. der Produktepalette. Ronda hat verschiedene Werke Aufsehen erregte Grovana-Chef Christopher Bitterli, Bitterli entschied sich für die Flucht nach vorn und entwickelt, die ETA nicht anbietet, etwa Chronogra- als er Anfang 2001 für 25 Jahre die Lizenz für die bietet in seiner Firma drei Lehrstellen für Uhr macher phenwerke mit grosser Datumsanzeige bei der 12. Herstellung von Armbanduhren der Marke Revue an. Nach einem harzigen Start – «Junge konnten sich Dieses Werkkaliber mit der Bezeichnung Ronda Thommen erwarb, die einst in Waldenburg angesie- gar nicht mehr vorstellen, was ein Uhrmacher 5040B findet sich auch in Uhren von Montres delt war. «Ich wollte verhindern, dass die Marke, wie macht», sagt Bitterli – sind die Lehrstellen heute Charmex SA in Liestal und Grovana AG in Tenniken. andere zuvor, nach Asien geht», sagt Bitterli. Aus der heiss begehrt. Neben Oris haben diese zwei Firmen als einzige Ba- Konkursmasse des früheren Herstellers in La Chaux- tageswoche.ch/+awysn

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An der Krise vorbei Die Schweizer Uhrenindustrie wächst trotz starkem Franken, steigenden Goldpreisen und Wirtschaftsflaute in vielen Ländern munter weiter – besonders stark in China. Von Gerd Löhrer

Um sagenhafte 19 Prozent hat der feuerung durch die eher teuren Pro- Wachstumsmarkt wurde. Wenn auch allem um Schweizer Kunden, sodass für Umsatz der Schweizer Uhrenindustrie dukte wirkt sich bei Swatch auch die nicht so entscheidend, dass Swatch auf diesen Bereich (2 Milliarden Franken im vergangenen Jahr zugelegt – und im breite und tiefe Struktur des Unterneh- Gedeih und Verderb von China abhän- Umsatz, plus 32,6 Prozent) sogar das laufenden Jahr wird es wohl unge- mens aus. Mit 19 Marken vom Luxus- Risiko des teuren Frankens entfällt. bremst so weitergehen. Die Branche segment (unter anderem Breguet, Im Luxussegment wuchs vor allem im Bereich der teuren Blancpain, Jaquet Droz, Tiffany) über Neue Arbeitsplätze Uhren (ab 3000 Franken aufwärts). das hochpreisige (Longines, Rado) und bietet Swatch für Wichtigste Absatzmärkte waren Hong- das mittelpreisige Segment (Tissot, jeden Geldbeutel Insgesamt befindet sich die Swatch kong, die USA und China – in dieser Balmain, Certina, Mido) bis zum Group seit einigen Jahren auf einem Reihenfolge. Basissegment (Swatch, Flik Flak) bietet das Passende an. zweistelligen Wachstumspfad. Nick die Gruppe für jeden Markt und für Hayek will dieses Jahr den Umsatz «so Dem starken Franken getrotzt jeden Geldbeutel passende Produkte gig wäre: «Auch wenn China hustet, nahe wie möglich an die Grenze von an. Da kann man die Schwächephase bekommt Swatch keine Grippe», beteu- acht Milliarden Franken» fahren. Er Dem Branchenprimus Swatch Group eines Segments durchaus einmal in ei- ert CEO Nick Hayek. will 1000 Arbeitsplätze schaffen, da- geht es noch besser: Der Umsatz stieg nem anderen Segment kompensieren. Stabilisierend für Swatch wirkt auch von 500 in der Schweiz. Er investiert in 2011 um 21,7 Prozent auf 7,14 Milliar- Präsent ist das Unternehmen auf die Abteilung «Produktion», die Kom- die Zentrale in Biel in den nächsten den Franken – auch wenn der starke allen Kontinenten, wobei im letzten ponenten aller Art auch für konkurrie- zwei Jahren 150 Millionen Franken. Franken fast 700 Millionen Franken Jahr China mit einem Umsatzanteil rende Anbieter herstellt. Dabei handelt Und ist nie wirklich zufrieden. Schaden anrichtete. Neben der Be- von einem Drittel zum entscheidenden es sich neben den eigenen Marken vor tageswoche.ch/+awyso

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TagesWoche 9 11 Wissen kommt nicht von alleine. Freitags bringt es zum Beispiel die Post.

Abonnieren Sie es jetzt unter tageswoche.ch Region 2. März 2012

Vergnügliches Auch das noch «Immer mehr Staubsaugen Migranten in den Staatsschützer Cliquen» Comité-Statthalterin «Blogposting der Woche» werden aktiv Pia Inderbitzin über den von Peter Sennhauser Nachwuchsmangel. Interview: Yen Duong

Ich glaube an eine Zukunft mit Robo- Vorbei sind sie, die «drey scheenschte tern. Jedesmal, wenn ich die Wasch- Dääg». Für die Kleinen findet heute maschine fülle, den Tumbler leere, mir Freitag und morgen Samstag noch auf Knopfdruck einen Kaffee spendie- «die erschti Lektion» auf dem Barfüs- ren lasse oder das Geschirr in den serplatz statt. In einem Zelt werden ih- Spülroboter räume. nen erste Trommelschläge und Picco- Den Saugroboter «Roomba» von lotöne beigebracht. Es ist nötiger denn iRobot habe ich zwar selber verlacht, je, Kinder für die Fasnacht zu begeis- als er herauskam, und ins Reich der tern. Die Jugend kommt nicht mehr selbstständig Milch bestellenden von selbst. Pia Inderbitzin vom Fas- Kühlschränke verbannt. nachts-Comité erklärt wieso. Laut Testberichten stürzte die teller- förmige Maschine Treppen hinunter, Frau Inderbitzin, den Cliquen verschluckte sich an Lautsprecherka- mangelt es seit Jahren an Nach- beln und Vorhangkordeln und stellte wuchs. Wie gross ist das Problem sich insgesamt häufig sehr blöd an. momentan? Bei den Jungen Garden hatten wir in den letzten zehn Jahren einen Rück- Ich glaube an eine gang von 15 bis 20 Prozent. Die Fas- Als alles noch offenlag: Müllfässer in der Muttenzer Deponie Feldreben im Jahr 1955. nacht hat leider nicht mehr einen so Zukunft mit Robotern – grossen Stellenwert wie früher. Zumal immer, wenn ich die die Kinder heute in der Freizeit viele Auf eine lange Auseinandersetzung mit der Pharma und den Ba- andere Möglichkeiten haben, sich zu Waschmaschine starte. beschäftigen. selbieter Behörden – darauf richtet sich eine Allianz von Umwelt- Nachdem ein paar Jahre später schützern, Fachleuten und linksgrünen Politikern ein. Streit- Bereitet Ihnen der Nachwuchs- plötzlich Roomba-Eigner den Roboter punkt: die Muttenzer Chemiemülldeponien, die für viele Millionen mangel grosse Sorgen? nur noch lobten, habe ich mir schliess- Wir müssen einfach immer am Ball lich eines der einfacheren Modelle Franken überwacht und saniert werden müssen. Die Umwelt- bleiben. Und ja, es gibt einige Cliquen, (ohne Zeitprogrammierung, Blue- schützer-Allianz wirft der Firmen-Staats-Allianz vor, bei den De- denen das Problem sehr zu schaffen tooth-Modul oder Fernsteuerung) an- ponie-Untersuchungen Tausende Giftstoffe zu ignorieren, um die macht. geschafft – und bin sehr beeindruckt. Kosten für die Massnahmen tief zu halten. «So wird die Gesund- Der Saugteller arbeitet sich nach Im Fussball setzt man auf Migran- einem Knopfdruck selber von der La- heit von über 200 000 Menschen gefährdet, die das Trinkwasser ten wie . Ist das destation weg und dann eine Stunde der Hardwasser AG aus der Nähe der Deponien trinken», sagt Na- auch bei der Basler Fasnacht so? lang scheinbar konzeptlos durch den tionalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (SP, BL). Auf jeden Fall. In den Schulen gibt Raum; dabei saugt er zwar, aber wirk- es viele ausländische Kinder – und lich putzen tut er mehr durch die bei- Mit Vorstössen und notfalls einem Prozess wollen die Um- die bekommen die Fasnacht auch mit. den rotierenden Bürsten am Bauch. weltschützer die Behörden zum Umdenken zwingen. Man muss Sobald er den Raum zweimal abgefah- sich nun wohl auf einiges gefasst machen. Schon der erste Wie erfolgreich ist man bei der ren hat, fährt er auf die Ladestation Akquirierung? zurück, wo er darauf wartet, dass die Aufritt der Umweltschützer im netten «Rhypark», direkt am Seit ein paar Jahren sieht man in jeder Kontakte den Akku füllen und der Be- Rhein und in Sichtweite zu Novartis, sorgte kürzlich für erheb- Clique mehr Migranten. Die Tendenz sitzer den Staubbehälter leert. liche Aufregung. Das Pharmaunternehmen befürchtete offenbar ist steigend. Der ist meistens voll und mit er- Tumulte und alarmierte die Polizei, die – ohne unnötig lange zu staunlich viel Feinstaub im Filter dazu Ist es schwierig, ausländische geeignet, Zweifler zu überzeugen. Wo- überlegen – zwei Zivilfahnder losschickte. Ihr Auftrag: Novartis- Kinder für die Fasnacht zu moti- bei man anmerken muss – der Staub- Mitarbeiter vor Übergriffen zu schützen. Im «Rhypark» an- vieren? saug-Roboter ist ideal für «Wartungs- gekommen, staunten die beiden Polizisten nicht schlecht, als sie Es ist eine ganz grosse Schwierigkeit. reinigung», nicht für den Denn den Eltern ist diese Tradition Frühlingsputz. Der 1800-Watt-Vor- auf dem Podium weder keifende Chaoten noch eingeschüchterte fremd. Manchmal dürfen die Kinder gänger ist noch nicht verbannt, denn Novartis-Vertreter zu sehen bekamen – sondern einen ehren- auch aus religiösen Gründen nicht ak- Roomba saugt schlecht an der Decke werten Uniprofessor und eine Reihe ebenso unverdächtiger tiv an der Fasnacht teilnehmen. Dies und hinter Radiatoren. war bei uns früher ja auch der Fall: Dafür macht es mehr Spass, ihm Volksvertreter. Als diese merkten, dass sie unter Beobachtung War man sehr religiös, durfte man zuzusehen. stehen, reagierten sie mit fast noch grösserem Erstaunen. nicht an die «drey scheenschte Dääg». tageswoche.ch/+awyuc Etwas Gutes könnte ihr Ausflug dennoch haben: Im «Rhypark» tageswoche.ch/+awyva war Interessantes zum Thema Chemiemüll zu erfahren. Viel- Peter Sennhauser leicht haben die Argumente die Vertreter der Staatsgewalt ja so ist bekennender Tech- überzeugt, dass sie sich in Zukunft nicht mehr um die Kritiker nik-Spielzeug-Fan. kümmern, sondern um das eigentliche Problem in den Mutten- Pia Inderbitzin Bei der TagesWoche ist Statthalterin des verbindet er Print- und zer Gruben, noch bevor die Auseinandersetzung erst richtig Fasnachts-Comités und Onlinejournalismus. losgeht. Von Michael Rockenbach tageswoche.ch/+awyuz Lehrerin.

TagesWoche 9 13 REGION

Unter dem Grenzwächter ist kein Beruf für verzollt, es wird auch mehr geschmug- Entscheidungsschwache. Dieter F. gelt. Zuoberst auf der Schmuggelhitpa- bleibt nur wenig Zeit für seine Ein- rade stehen Lebensmittel, vor allem schätzung. Die Reisenden fahren im Fleisch. Es folgen Brillen, Autorepara- Ersatzrad liegt Sekundentakt an ihm vorüber. An sei- turen und Unterhaltungselektronik. ner breiten Hüfte hängt eine Schuss- Im vergangenen Jahr ist die Menge un- waffe, auf der anderen Seite ein Kunst- verzollter Ware um ein ganzes Drittel stoffstock, darunter leuchtet die gelbe angestiegen (siehe Kasten). das Fleisch Weste. Ein Blick auf das Fahrzeug, das Um mit dem Boom mitzuhalten, hat Nummernschild, dann in das Gesicht die Grenzwache ihren Fokus im letzten hinter der Windschutzscheibe – Dieter Jahr verstärkt auf den Einkaufstouris- F. hebt die Hand und winkt die beiden mus gelegt. Mehrere Grenzübergänge Männer über die Grenze. Unverdäch- wurden in der Vorweihnachtszeit au- tig, weiterfahren. Die Fahrzeugkolonne sserordentlich besetzt. Dabei stand das wird stetig länger. Das nächste Fahr- Dienstleistungsangebot für die Verzol- zeug weckt Misstrauen. «Guten Tag, lung im Vordergrund.Bei der Bekämp- Zollkontrolle. Was führen Sie mit?» – fung des organisierten Schmuggels von die Fahrerin des silbernen Geländewa- grossen Mengen kommen auch elektro- gens streckt einen langen Kassenbeleg nische Hilfsmittel zum Einsatz, verein- durchs Fenster. Ja, das sei alles, was sie zelt fliegen auch Drohnen entlang der eingekauft habe. Und dann stellt der Grenze, sagt Patrick Gantenbein. Grenzwächter die Frage, die er immer, Die Grenzwächter in der Region immer wieder stellt: Fleisch? Nein, Punktuelle Stichproben kein Fleisch. Der Grenzwächter glaubt spüren die Folgen des schwachen ihr und lässt sie passieren. Gantenbein stand während vieler Jah- re selber an den Grenzübergängen. In Euros. Es wird nicht nur mehr im Anstieg im vergangenen Jahr der Zwischenzeit ist er Informationsbe- auftragter der Grenz wachtregion Basel. günstigeren Ausland eingekauft, Auf der deutschen Seite des Grenz- Eine umfassende Kontrolle, sagt er, sei übergangs beginnt das Einkaufspara- nicht möglich. «Wir müssen uns auf es wird auch mehr geschmuggelt. dies: Keine hundert Meter nach dem punktuelle Stichproben beschränken.» Zoll steht wuchtig das erste Shopping- Dieter F. und sein Kollege kontrol- Ein Besuch beim Grenzübergang center. Werbetafeln weisen den Weg zu lieren neben dem Fahrstreifen einen grossem Angebot und kleinen Preisen. Personenwagen. Den jungen Fahrer Basel-Hiltalingerstrasse. Seit der Eurokurs eingebrochen ist, mit dunklem nach hinten gekämmtem boomt der Einkaufstourismus. Mit Haar und Sonnenbrille fordern sie auf, Von Simon Jäggi dem Boom wird nicht nur mehr Ware einige Meter vor dem Fahrzeug zu war-

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Grenzwächter kontrollieren Dokumente, inspizieren eine Dachbox, immer auf der Suche nach Schmuggelware. Fotos: Alexander Preobrajenski

ten. Belustigt schaut der Mann zu, wie Zollübergänge sind ein heikles Ter- mehrere Packungen Hackfleisch findet. Grenzwächter im Stress sich die beiden Grenzwächter an sei- ritorium. Neben den privaten Gelegen- «Ein Kilo zu viel.» Im Zollbüro muss sie Der Einkaufstourismus hat im nem Auto zu schaffen machen. Sie heitsschmugglern überqueren auch zwanzig Franken für das Kilo Fleisch letzten Jahr stark zugenommen. durchleuchten mit einer Taschenlampe professionelle Schmugglerbanden die bezahlen. Dann fährt sie los, in den Aar- Das bestätigen die Statistiken der den Kofferraum, mit routinierten Grenze. Die Beamten treffen in den gau. Beim aktuellen Wechselkurs loh- Grenzwachtregion Basel. Die Zahl Handgriffen verschieben sie die Sitze Fahrzeugen unter den Ersatzreifen und nen sich auch längere Einkaufsfahrten. der Verzollungen im Privatwaren- und öffnen das Handschuhfach. Nach in Hohlräumen nicht nur auf Fleisch. verkehr stieg um beeindruckende Regelmässig liegen dort auch Drogen Schlecht informiert 67,4 Prozent an. Gleichzeitig nahm und Waffen. Die Grenzwächter müssen der Schmuggel stark zu. Die Der Entscheid, den Schmugglern stets einen Schritt Vor dem Zollbüro stellt ein gross ge- Grenzwächter in der Region stell- welches Auto voraus sein. wachsener Mann zwei Fahrräder an die ten eine Steigerung von 34 Prozent Wand. Er betritt den Raum und will sei- fest. Im Durchschnitt deckten die kontrolliert wird, Misstrauen total nen Einkauf verzollen. In der Schweiz Grenzwächter im vergangenen fällt oft intuitiv. koste so ein Fahrrad deutlich mehr als Jahr wöchentlich 46 Fälle von Das Misstrauen – oder die Neugier – 1 000 Franken, sagt er. In Deutschland Warenschmuggel im Privatwaren- hat den Informationsbeauftragten Pa- habe er dafür 300 Euro bezahlt. «Da verkehr auf. Auf das ganze Jahr einer knappen Minute ist die Kontrolle trick Gantenbein dann auch in seiner muss man sich nicht zweimal fragen, verteilt, stellten die Grenzwächter beendet, die Grenzwächter haben neuen Funktion nicht verlassen. Er wo man einkaufen geht.» Und dann 4452 Schmuggelfälle fest. Spürbar nichts gefunden. Die beiden Männer will genau wissen, wer die beiden Jour- will er noch etwas los werden: «Die wurde der boomende Einkaufstou- stellen sich wieder neben den Fahr- nalisten sind. Mit professioneller Bei- Leute sind zu wenig informiert, was ge- rismus insbesondere bei den Zoll- streifen. läufigkeit erkundigt er sich nach Hei- nau erlaubt ist. Da müsste man anset- übergängen zu Deutschland. Rund «Man braucht gute Menschenkennt- matort, Ausbildung und Zivilstand. zen, damit weniger unverzollt ins Land 80 Prozent der Waren wurden über nis für diesen Beruf», sagt Dieter F., Bevor sich der Fotograf auf den Rück- eingeführt wird.» die deutsche Grenze eingeführt. während er ein weiteres Auto an sich weg macht, will Gantenbein die ge- Vor der grossen Glasscheibe rollt die Bei den Betäubungsmitteln ist die vorbeiwinkt. Der Informationsbeauf- schossenen Bilder kontrollieren. Autokolonne über die Grenze. Dieter F. Deliktzahl leicht gestiegen. tragte Patrick Gantenbein steht neben- Die Grenzbeamten halten sich zu be- war wenig erstaunt, als er vor Kurzem Die konfiszierten Mengen an zu, hört mit und ergänzt: «Auch ein ge- züglicher Kontrolltaktik bedeckt. Eini- die Statistiken fürs vergangene Jahr Cannabisprodukten, Kokain und sundes Misstrauen ist notwendig.» Der ges erschliesst sich dem Beobachter je- sah. «Wir merkten schon das ganze Khat haben deutlich zugenommen. Entscheid, welches Auto kontrolliert doch auch so: Autos mit verdunkelten Jahr, dass die Arbeit zunahm.» Und Eine Abnahme verzeichneten die wird, falle oft intuitiv. Nach welchen Scheiben und alleinreisende Männer noch etwas anderes sei ihm aufgefal- Grenzwächter bei synthetischen Kriterien er die Fahrzeuge durchwinkt haben gute Chancen, kontrolliert zu len. «Die Reisenden sind angespannter Drogen. oder kontrolliert – das will er nicht er- werden. Und auch Frauen winken die als noch früher.» Er deutet mit seinem Die Grenzwachtregion Basel um- zählen. «Da muss ich zuerst nachfra- Grenzwächter immer wieder zur Seite. Daumen in Richtung Shoppingcenter. fasst insgesamt 152,6 Grenzkilo- gen, ob ich das darf.» Er darf nicht, «Können Sie bitte den Kofferraum öff- «Man braucht viel Nerven, um dort meter. Rund 400 Grenzwächter entscheidet der Informationsbeauf- nen?» Die Frau beobachtet gelassen, wie drüben einzukaufen. Mir macht das arbeiten rund um die Uhr an ver- tragte. Den Schmugglern würde an- Dieter F. den Kofferraum durchleuchtet keinen Spass.» schiedenen Standorten zwischen dernfalls in die Hände gespielt. und zuunterst in der Einkaufstasche tageswoche.ch/+awtui Roggenburg und Kaiserstuhl.

TagesWoche 9 15 Region 2. März 2012

Die Deutschen sind schon weiter In den Basler Schulen gibt es bis jetzt bis in die sechste Klasse ökumenischen Religionsunterricht – ein Angebot der Reformierten und Katholischen Kirche, das freiwillig ist, allen offen steht und von rund drei Vierteln aller Kinder be- sucht wird. Die Israelitische Gemeinde erteilt ebenfalls Re- ligionsunterricht – sie aber ausserhalb der Schulen. Mit der Schulreform wird nun unabhängig von den Kirchen der Fachbereich «Ethik und Religionen» eingeführt. Damit stellt sich die Frage, ob der konfessionelle Unterricht dane- ben weiterhin nötig ist oder die Trennung von Staat und Kir- che auch in der Schule umgesetzt werden sollte. Die Basler Schulbehörden entschieden sich für die Weiterführung des Unterrichts – und prüfen nun, ob die muslimischen Ge- meinschaften das gleiche Recht erhalten sollen wie die Re- formierte und die Katholische Kirche. Die Voraussetzung dafür wären ein «klares Konzept» für den Unterricht und «klare Ansprechpersonen», wie Erzie- hungsdirektor Christoph Eymann (LDP) sagt. Konkret denkt er dabei an eine kantonale öffentlich-rechtliche Anerkennung – einen Status, den in Basel die Evangelisch- reformierte Kirche, die Römisch-Katholische Kirche, die Christkatholische Kirche und die Israelitische Gemeinde haben. Damit erfüllen sie folgende Bedingungen: gesell- schaftliche Bedeutung, Respektierung des Religionsfrie- dens und der Rechtsordnung, transparente Finanzverwal- tung und die Möglichkeit des jederzeitigen Austritts. In Deutschland gibt es an der Universität Tübingen bereits ein erstes Zentrum für islamische Theologie, an dem Ima- me und muslimische Religionslehrer ausgebildet werden, drei weitere Zentren sind geplant. In der Schweiz gibt es zumindest schon erste Erfahrungen mit muslimischem Unterricht – im Kanton Luzern.

Bei der Schulreform müsse auch eines muslimischen Religionsunter- die Einführung des muslimischen Reli- richts hätte man vielleicht noch ge- gionsunterrichts an den Basler Schulen rechnet, schon etwas überraschender geprüft werden: Regina Kuratle, Pro- ist die dezidierte Zustimmung der Re- jektleiterin Schulharmonisierung im formierten Kirche. Basler Erziehungsdepartement, wuss- «Religionsunterricht ist allgemein te, auf was sie sich mit dieser Aussage wichtig, damit die Schüler die Grundla- Die Heilige Schrift des Islam – ein Lehrbuch auch für die Basler Schulen? einliess. «Dieses Geschäft ist politisch ge ihrer Kultur kennenlernen», sagt Pe- Im Bild: Koranschule in Gelsenkirchen, Deutschland. Foto: Andreas Herzau/laif natürlich heikel», sagte sie im Inter- ter Graber vom Rektorat für Religions- view mit der TagesWoche (Heft 7). unterricht der Evangelisch-reformierten Prompt gab es danach viele Reaktio- Kirche Basel-Stadt. Das gelte nicht nur nen. Klar zustimmende. Und klar ab- für die reformierten und katholischen lehnende, auch generell gegen konfessi- Kinder. «Darum sollten auch andere onellen Religionsunterricht an Schulen. Religionen die Möglichkeit erhalten, an den Schulen zu unterrichten», sagt er. Keine Angst vor Hetze Das würde die Koexistenz der Religio- nen erleichtern. «Ein guter und offener Der Koran: Lieber Die wichtigste Person hat Kuratle je- Unterricht könnte die gegenseitige denfalls schon mal auf ihrer Seite: den Wertschätzung und Achtung fördern», Chef, Erziehungsdirektor Christoph ist er überzeugt. Angst vor fundamen- Eymann (LDP). «Der Religionsunter- in der Schule als richt ist ein hervorragendes Angebot, Es gibt ziemlich das es sicher so lange gibt, wie ich in der Regierung bin», sagt er. Gerne wür- grundsätzliche in der Moschee de er den Muslimen das gleiche Recht Vorbehalte gegen geben, das die christlichen Kirchen und die Israelitische Gemeinde schon Islamunterricht. seit Jahren haben. Voraussetzung dafür sei allerdings, talistischer Hetze hat er nicht. Oder ge- dass sich die unterschiedlichen musli- nauer gesagt: nicht an der Schule. «Es Die Reformierte Kirche macht sich mischen Strömungen auf ein klares wäre gut, wenn sich der Islam ver- Konzept einigten und Ansprechperso- mehrt dem öffentlichen Diskurs stellen für muslimischen Religionsunterricht nen bestimmten, sagt Eymann: «Es würde. Darum ist mir der Koran an der kann nicht sein, dass irgendwelche Schule lieber als in einer Moschee in ir- stark, weil sie den Extremismus Randgruppen an den Basler Schulen gendeinem Hinterhof.» unterrichten. Wir wollen keinen Extre- Gleichzeitig zweifelt Graber daran, stoppen und die Verständigung mismus, weder von muslimischer Seite dass die Muslime in Basel genügend noch von irgendeiner anderen.» Mit Geld haben, um schon bald einen eige- fördern will. Von Michael Rockenbach Eymanns Unterstützung für die Idee nen Unterricht anbieten zu können.

TagesWoche 9 16 Region 2. März 2012

Hinzu kommen seiner Ansicht nach or- ganisatorische Probleme: «Die aleviti- Der Baselbieter Landrat entscheidet über das Sparpaket schen, sunnitischen und schiitischen Gruppierungen müssten erst noch zu- sammenfinden, damit sie einen ge- meinsamen Unterricht für alle Musli- Wer so spart, macht den me anbieten könnten.» Dieser Findungsprozess dauert, wie Graber weiss: «Die Reformierten und Katholi- ken brauchten 450 Jahre, bis ein öku- Kanton kaputt menischer Unterricht zustande kam.»

Muslime wären interessiert sätzliche Einnahmen das Jahrhun- machten, das allein seelig machende So lange muss es bis zur Einführung dertbauwerk ermöglichen. Mit einer Rezept für Wohlstand seien tiefe des muslimischen Unterrichts in Basel Volks initiative sorgte er für die nöti- Steuern und ein magerer Staat. In nicht unbedingt dauern. Ein bisschen gen Einnahmen. Die Baselbieter ha- den armen Innerschweizer Kanto- Zeit könnte aber schon noch vergehen. ben der Initiative zugestimmt, die nen mag das funktioniert haben. Bis Cem Karatekin von der Basler Muslim- Motorfahrzeugsteuern für den Bau zu jenem Zeitpunkt haben diese zu Kommission: «Vor ein paar Jahren ha- der Umfahrung an der Hülftenschan- einem grossen Teil von Subventio- ben wir ein solches Projekt gestartet. ze zu erhöhen. Für etwas mehr Stras- nen und Finanzausgleich gelebt, Wegen fehlender Ressourcen mussten se zwischen Pratteln und Liestal zah- nicht von der Steuerkraft der Ein- wir es allerdings stoppen.» Ob noch- Von Urs Buess len wir freiwillig viele Millionen. wohner. Falls sie herausragende mals ein Versuch gestartet werde, müs- Der Staatskasse nützt das aber Bildungs institute hatten, weltbe- se «die Zukunft zeigen». nichts. Sie ist weiterhin leer. So leer, kannte Internate etwa, so waren sie Grundsätzlich sei das Interesse an dass der Finanzdirektor, der in den von Klöstern finanziert. Aber für islamischem Religionsunterricht jeden- letzten Jahren so tüchtig Steuerge- Bildung haben sie weder vor noch falls vorhanden. «Dank diesem Ange- Es wird immer alles teurer. Al- schenke (etwa 250 Millionen jähr- nach den Steuersenkungen auffal- bot würden sich die Kinder nicht mehr les? Vielleicht gerät Ihnen mal eine lich) verteilt hat, weiterhin in ein lend viel Geld ausgegeben. als Migranten, sondern als Teil der Ge- Tabelle mit den Baselbieter Steuer- grosses Loch starrt. Der Anblick sellschaft fühlen – ein grosser Vorteil», tarifen von 2002 in die Hände. Ver- graut ihm, und deshalb hat er ein Die Reichen kamen nicht sagt Karatekin. Irgendwelche Sorgen gleichen Sie sie mit der heutigen – Sparprogramm aufgestellt, das jähr- müsse sich niemand machen – weil es und Sie stellen fest: In den letzten lich Ausgaben in der Höhe von In einem Gewerbe-, Industrie- und in den Stunden nur darum ginge, Fak- zehn Jahren mag zwar vieles teurer 180 Millionen erübrigen soll. Dienstleistungskanton wie dem Ba- ten etwa über die historische Entwick- geworden sein. Die Steuern aber Das Sparprogramm besteht – selbiet funktioniert das nicht. Die lung der Religion zu vermitteln. «Inso- nicht. Alle zahlen weniger. Wer gut neben einigen anderen Posten – im tieferen Steuern, die Steuergeschen- fern würde der Unterricht das Risiko verdient, zahlt massiv weniger. Wer Wesentlichen darin, bei der Bildung, ke, haben uns zwar gefallen. Aber sogar vermindern, dass sich Kinder nicht so gut verdient, ein bisschen bei den Schulen zu sparen und Bei- genützt haben sie nichts. Weder sind später einer extremistischen Vereini- weniger. träge an den eng verbundenen Reiche zugezogen, die den Steuer- gung anschliessen», sagt Karatekin. Geschenke machen glücklich. Stadtkanton Basel zu kürzen. Wieso ausfall wettgemacht hätten, noch Soweit wäre sich die Basler Muslim- Und tiefere Steuern sind Geschenke. eigentlich will man sich in Liestal wollten sich neue Unternehmen an- Kommission mit der Reformierten Kir- Die Baselbieter Finanzdirektion hat mit Knausern von Basel distanzie- siedeln. Die Steuerpolitik der letzten che und den Basler Schulbehörden ei- sie in den letzten Jahren grosszügig ren und baut gleichzeitig eine luxu- Jahre führte ins Fiasko. Und wenn nig. In der Öffentlichkeit gibt es aber verteilt. Geschenke sind – das wis- riöse Verkehrsachse vom Oberbasel- man nun die Misere überwinden noch immer ziemlich grundsätzliche sen alle, die vor Weihnachten ein- biet in die Stadt? Glaubt man will, indem man bei der Bildung Vorbehalte gegen islamischen Unter- kaufen – Ausgaben. Und Ausgaben wirklich, dass das Geld aufwärts- spart, dann reiten wir längerfristig richt. Und gegen Religionsunterricht muss man dem anpassen, was man fliesst? noch tiefer in den Schlamassel. überhaupt. Pat Mächler zum Beispiel einnimmt. Das hat jeder Buchhalter schrieb in der Online-Wochendebatte irgendwann gelernt. Ganz und gar unfreisinnig Die Steuerpolitik der TagesWoche: «In einem modernen Im Baselbiet haben die Ausgaben, Staat müsste Religion grundsätzlich zu denen auch die Steuergeschenke Vor allem aber: Warum kommt ein der letzten Jahre hat Privatsache sein. Darum gehört an die gehören, die Einnahmen längst freisinniger Finanzdirektor auf die das Baselbiet ins öffentliche Schule auch kein Religions- überstiegen. Das hätte man schon Idee, so massiv bei der Bildung zu unterricht.» Und Angelo Rizzi fragte lange merken können. Die ehrgeizi- sparen, wenn das Geld knapp wird? Fiasko geführt. sich und die anderen Leser, warum gen Pläne etwa, das Oberbaselbiet Seine Partei, die FDP (früher nann- Missionieren in unserer Gesellschaft verkehrstechnisch mit Tunnels in ten sie sich «die Radikalen»), hat grundsätzlich verpönt sei, ausgerech- Sissach und Frenkendorf und mit massgeblichen Anteil an der Grün- Eigentlich gibt es gar keine ande- net bei den «besonders beeinflussba- Umfahrungen rassig zu erschlies- dung des schweizerischen Bundes- re Lösung, als die unsinnigen Teile ren Kindern» aber akzeptiert oder so- sen, zeigten sich für die Staatskasse staates im 19. Jahrhundert. Ein des Sparpakets zu versenken. gar noch gefördert werde. schlicht als überrissen. Die Sissa- wesentlicher Grund des freisinnigen Finanzpolitisch ist das Baselbiet Die Ablehnung insbesondere des cher Umfahrung bezahlte die Regie- Erfolgs war es, gegen den Wider- dann zwar nicht weiter als vor zwei muslimischen Unterrichts wurde in rung noch, für die Umfahrung Fren- stand der alten Ordnung die Volks- Jahren. Kurzfristig jedenfalls. Auf der Wochendebatte mit teilweise recht kendorf/Liestal reichte es nicht mehr. schule zu schaffen. Das Rezept: eine längere Sicht aber lohnt es sich, speziellen Vergleichen begründet. solide Bildung für alle und nicht nur neue Strategien auszubrüten, um Sundak Klaastrik zum Beispiel schrieb: Teures Jahrhundertbauwerk für die Reichen. Der Hintergedanke: die Staatsfinanzen wieder ins Lot zu «Wenn ich in die Beiz gehe, nehme ich Eine gut ausgebildete Bevölkerung bringen. Vielleicht gehören dazu das Bier von zu Hause nicht dorthin Die seit Jahren dauernden, grös- lässt sich nicht für dumm verkaufen, auch gewisse Anpassungen im Steu- mit.» Will heissen: die Ausländer sol- senwahnsinnig anmutenden Erdver- sondern weiss sich zu wehren, kann erbereich, so unpopulär das tönen len sich hier – wie der gute Schweizer schiebungen bei der geschichts- sich in der Berufswelt durchsetzen mag. Möglicherweise hat der Fi- auch – zufrieden geben mit dem, was trächtigen Hülftenschanze für eine und versteht es, eine wirtschaftlich nanzdirektor keine Lust auf solche ihnen vorgesetzt wird. Und das ist in Strasse, die Liestal und das Oberba- solide Zukunft aufzubauen. Korrekturen. Das ist verständlich: der Schule traditionsgemäss der christ- selbiet mit der Stadt Basel und der Fast 200 Jahre lang haben die Wer Geschenke macht, ruft sie un- liche Religionsunterricht. Bei der On- Autobahn A 2 verbinden soll, könnte Freisinnigen und die anderen Bür- gern zurück. Drum wäre es viel- line-Abstimmung setzten sich die Be- der Kanton eigentlich gar nicht be- gerlichen an dieses Rezept geglaubt. leicht gar nicht so ungeschickt, fürworter dann aber trotz Biergleichnis zahlen. Darum hat ein guter Freund Die Schweiz und die meisten Kanto- wenn jemand anders diese Aufgabe durch: 63 Prozent sind demnach für von Finanzdirektor Adrian Ballmer, ne sind damit gut gefahren. Doch übernähme. Denn wer in eine Sack- muslimischen Religionsunterricht an der frühere FDP-Nationalrat und dann kamen – seit Anfang der gasse gerät, findet oft am schlech- den Basler Schulen. Wirtschaftskammer-Chef Hans 1990er-Jahre – einige schnell- testen einen Weg aus ihr heraus. tageswoche.ch/+awvht Rudolf Gysin, dafür gesorgt, dass zu- denkende Neoliberale, die weis- tageswoche.ch/+awvhs

TagesWoche 9 17 Leben 2. März 2012

Ob in der englischen Serie «Der Doktor und das liebe Vieh» oder im deutschen «Heim für Tiere»: Die Fern- seh-Tierärzte wirken alle in ländlicher Idylle – in stattlichen Häusern, umge- ben von blühenden Gärten und grünen Landschaften. Wenn Markus Spichtig, der Basler Kantonstierarzt, von seinem Büro aus zum Fenster hinausschaut, blickt er direkt auf den Schlachthof – wo jährlich mehr als 600 000 Tiere ge- tötet werden. «Ist das nicht etwa so, wie wenn ein Arzt seine Praxis im Friedhof hätte?» Markus Spichtig ist einen kurzen Moment etwas irritiert über diesen Vergleich, nimmt ihn aber nicht übel. Er sei sich gewohnt, zu er- klären, dass «hier keine Tierarztpraxis ist, wo Katzen, Hunde und Meer- schweinchen gepflegt werden». Er er- halte immer wieder mal Anfragen von jungen Frauen, die gerne Tierarztassis- tentin werden möchten. An der Wand hängen die Bilder von Markus Spichtigs Amtsvorgängern, al- les Männer. Bald wird die Reihe um sein Foto ergänzt. Ende März geht der 65-Jährige in Pension. Das ist auch der Grund für unseren Besuch. Und auch weil wir nicht so genau wissen und da- her erfahren möchten, was die Aufga- ben des Kantonstierarztes sind.

Tiere sind auch Lebensmittel

«Auch hier geht es um die Tier- gesundheit und um das Tierwohl», sagt Spichtig. Alles, was das ausmacht, ha- ben der Kantonstierarzt und sein Team zu überwachen und zu kontrollieren – Tierhaltung, Arzneimittel für Tiere, Tierversuche, Artenschutz, das Hun- dewesen und einiges mehr. Weil gewis- se Tiere aber auch Fleischlieferanten sind und somit Lebensmittel, gehört laut Beschrieb ebenso die «Sicherstel- lung der menschlichen Gesundheit» zu den Aufgaben des Veterinäramts. Des- halb ist es organisatorisch dem Bereich Gesundheitsschutz im Gesundheits- departement zugeteilt. Und deshalb macht die Nähe zum Schlachthof ir- gendwie Sinn. Jedes geschlachtete Tier wird syste- matisch auf seine «Genusstauglich- keit», wie Spichtig sagt, untersucht. Nicht, ob das Fleisch zart oder zäh ist, sondern, «ob es von einem gesunden Tier stammt». Dabei könne man nicht alles von blossem Auge erkennen, über Markus Spichtigs Schatzkammer: Hier sind die Organe von kranken Nutztieren ausgestellt. Foto: Michael Würtenberg manche Krankheiten oder Rückstände

TagesWoche 9 18 Region 2. März 2012

Der Tierschützer von Amtes wegen Markus Spichtig, der Basler Kantonstierarzt, hat sich stark gemacht für den Schutz vor bissigen Hunden. Bis in die Kindergärten. Nun geht er in Pension. Von Monika Zech

von Medikamenten gebe erst der La- besser hier durchgeführt werden, wo senz betrifft. Denn als vor ein paar de reine Wachhunde oder wild sind, borbefund Auskunft. Nicht systema- wir sie unter Kontrolle haben, als ir- Jahren mehrere schwere, in einem Fall haben oft Angst vor Hunden.» Und re- tisch, aber doch mit regelmässigen gendwo, wo die Gesetze lasch sind». sogar tödliche Bissattacken von Hun- agieren deshalb falsch auf sie. Als Kontrollen auf den Bauernhöfen werde Aber es gibt noch etwas, das Spich- den die Öffentlichkeit erschütterten, Mann der Praxis wusste Spichtig, dass auch die Tierhaltung überprüft. tig jetzt, zum Ende seiner Amtszeit, war Markus Spichtig ein gefragter ein trocken-theoretischer Vortrag Dabei spielt keine Rolle, was Markus gerne loswerden möchte. Etwas zum Mann. Er stand dem Kanton mit dem nicht viel daran ändern würde, deshalb Spichtig persönlich als gute und artge- Thema falsch verstandener Tierliebe strengsten Hundegesetz vor – es sah organisierte er ein Team aus fachlich rechte Haltung empfindet, sondern, und unkritischer Medien. Er holt zwei für gewisse Hunderassen eine Bewilli- und pädagogisch ausgebildeten In- was das Gesetz vorschreibt. Er ist je- Berichte, die er aus Zeitungen heraus- gungspflicht vor. struktorinnen, die mit ihren Hunden doch der Meinung, dass sich in der gerissen hat. Berichte über eine Orga- die Kurse durchführen. Die Rückmel- Landwirtschaft in den letzten Jahren nisation, die verwahrloste Hunde aus Hundebisse haben abgenommen dungen von Eltern und Kindergärtne- vieles verbessert habe. Das zeige sich Mallorca in die Schweiz bringt. «Diese rinnen seien sehr gut, sagt Spichtig. beispielsweise beim Salmonellenbefall Leute glauben, sie tun den Tieren et- Zu Beginn noch etwas belächelt, sei es War die Teilnahme anfangs noch frei- bei den Hühnern, der dank besserer was Gutes.» Ein Irrtum, sagt Spichtig. plötzlich zum Vorzeigemodell gewor- willig, gehört heute der Kurs «Kind und Haltung und Kontrolle deutlich zu- Zunächst einmal müsse man sehen, den, sagt Spichtig. «Heute hat fast je- Hund» zum Pflichtstoff im Kindergar- rückgegangen sei. «Letztlich ist es so: dass es in solchen Ländern immer ver- der Kanton die Bewilligungspflicht, ei- ten des Kantons Basel-Stadt. Ein biss- Glückliche Tiere gleich bessere Le- nige sind mit dem Verbot gewisser chen stolz ist er darauf, das gibt er zu. bensmittel», sagt Spichtig. Anfangs belächelt, Rassen sogar noch weiter gegangen.» «Ja, wenn Sie so wollen, der Kurs ist so Die Statistik zeige, dass die restriktive- etwas wie mein Kind.» Dieses Kind hat Falsch verstandene Tierliebe wurde das Basler ren Gesetze etwas gebracht haben: So- es geschafft, es hat seinen festen Platz. Hundegesetz zum wohl die Zahl der Beissvorfälle als Markus Spichtig macht jetzt seinem Im Amt des Kantonstierarztes, das auch die der potenziell gefährlichen Nachfolger Michel Lazlo Platz. «Auch wird deutlich, haben romantische Vor- Vorzeigemodell. Hunde habe abgenommen. Doch Spich- wenn ich keinen Tag meiner Basler Zeit stellungen von Tierliebe keinen Platz. tig sagt auch: «Das Gesetz ist gut und missen möchte», hat er nun andere Plä- Seine Aufgabe ist, dafür zu sorgen, wilderte Tierpopulationen gebe, ein- wichtig, aber damit lässt sich nicht je- ne. Zum Beispiel Reisen. Weil seine dass seinen Bereich betreffende Geset- zelne Tiere in die Schweiz zu bringen, der Biss verhindern, es braucht flan- Frau nicht gerne fliegt, auf Rädern. ze – das Tierschutzgesetz, das Lebens- nütze gar nichts. «Viel sinnvoller wäre kierende Massnahmen.» Das Wohnmobil steht parat. Als Erstes mittelgesetz und Teile des Heilmittel- die Hilfe vor Ort – sie zu kastrieren Als eine solche führte er vor rund gehe es nach Holland, an die grosse gesetzes – eingehalten werden. Auch und wieder auszusetzen.» So aber fünf Jahren Kurse für Kindergarten- Blumenausstellung. Vielleicht auch bei den Tierversuchen, welche be- transportiere man – oft nicht tier- Kinder ein, in denen sie lernen, wie sie mal der Donau entlang, wer weiss … kanntlich viele Tierschützer als eines schutzkonform – Hunde hierher, die sich Hunden gegenüber verhalten müs- Etwas anderes jedoch steht fest: Der der grössten Verbrechen am Tier be- nicht nur Krankheiten importierten, sen. Wie sie auf einen Hund zugehen Umzug nach Luzern, etwas näher zur zeichnen. Solche seien jedoch, sagt sondern auch sehr schlecht sozialisiert sollen, wie und wann sie ihn streicheln alten Heimat Obwalden, wo Markus Spichtig, für eine gewisse Grundlagen- seien. «Es kommt zu Beissvorfällen, können, und dass sie nicht vor ihm da- Spichtig ursprünglich herkommt. «Nä- forschung unabdingbar. Und sie wür- und schliesslich müssen wir sie ein- vonrennen dürfen, weil sie sonst bei her zu unseren Enkeln», sagt Spichtig. den auch nur dann bewilligt, wenn es schläfern, das ist doch unsinnig.» dem Tier den Beutetrieb wecken. Jetzt mehr Zeit mit ihnen verbringen keine Alternativen gebe. Zudem ist er Hunde sind Spichtigs grosses The- «Stadtkinder, insbesondere Kinder, die zu können – darauf freue er sich beson- der Meinung, «dass die Tierversuche ma, zumindest was seine Medienprä- aus Ländern stammen, in denen Hun- ders. tageswoche.ch/+awtvr

          

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TagesWoche 9 19 Bestattungen 2. März 2012

Bestattungs-Anzeigen Basel-Stadt und Region

BASEL Michaelis-Mutz, Michael- tag, 6. März, 14.45 Uhr, Friedhof DUGGINGEN Dorfkirche Friedhof München- Barazza-Greiner, Marie Agnes, Armin, geb. 1942, von Basel BS am Hörnli. Saladin-Zumsteg, Helmut, geb. stein. geb. 1936, von Deutschland (Bergalingerstrasse 28). Trauer- Jäggi-Jäger, Hanspeter, geb. 1915, von Duggingen BL (Herren- feier Freitag, 2. März, 14 Uhr, (Dornacherstrasse 89). Trauer- 1943, von Niederbuchsiten SO burg 20). Wurde bestattet. MUTTENZ feier im engsten Familienkreis. Theodorskirche, Basel. Beiset- (Burgstrasse 73). Wurde bestat- Gürber-Schöpflin, Frieda zung im engsten Familienkreis. tet. Braun-Scheck, Bertha Elisa, Rosa, geb. 1929, von Basel BS Monnerat-Stehli, Herta, geb. LAUFEN geb. 1923, von Basel BS Mogg-Stieber, Annamarie, geb. und Werthenstein LU (Seemätt- 1911, von Metzerlen SO (Nonnen- (Hammerstrasse 161). Wurde 1920, von Riehen BS und Basel Getterer-Karlberger, Herta, listrasse 6). Bestattung Diens- weg 3). Trauerfeier Montag, bestattet. BS (Inzlingerstrasse 230). Wurde geb. 1929, von Österreich tag, 6. März, 14 Uhr, Friedhof Mut- 5. März, 14 Uhr, Kirche St. Anton, (Schützenweg 5). Gottesdienst Breitenstein-Fischer, Ruth, bestattet. tenz, anschliessend Trauerfeier Kannenfeldstrasse 35, Basel. Freitag, 2. März, 14 Uhr, Herz- geb. 1936, von Basel BS und Schüpfer-Eich, Edith Laura, in der Chrischona-Gemeinde, Jesu-Kirche, Laufen. Ziefen BL (St. Alban-Ring 220). Pflugradt-Furrer, Margrith geb. 1934, von Riehen BS Breitestrasse 12, Muttenz. Emma, geb. 1934, von Lüter- Trauerfeier Montag, 5. März, (Supperstrasse 23). Trauerfeier Nüesch-Meierhofer, Hedwig, kofen-Ichertswil SO (Magnolien- 10.45 Uhr, Friedhof am Hörnli. Dienstag, 6. März, 15 Uhr, Gottes- MÜNCHENSTEIN geb. 1920, von Muttenz BL und park 14). Trauerfeier Dienstag, Chiarello, Friedrich Gottlob acker Riehen. Krattigen BE (In den Wegschei- 6. März, 15 Uhr, Friedhof am Glaser-Müller, Emma, geb. (Chico), geb. 1934, von Basel BS Stoecklin-Frey, Hans Werner, den 1). Urnenbeisetzung Freitag, Hörnli. 1909, von Reinach BL (Pump- (Wasserstrasse 22). Trauerfeier geb. 1932, von Riehen BS und werkstrasse 3). Wurde bestat- 2. März, 14 Uhr, Friedhof Muttenz, Pianella-Farioli, Luisa, Montag, 5. März, 13 Uhr, Friedhof Basel BS (Albert Oeri-Strasse 14). tet. anschliessend Trauerfeier in am Hörnli. geb. 1929, von Italien (Mülhauser- Trauerfeier Dienstag, 6. März, der ref. Kirche St. Arbogast, strasse 35). Trauerfeier im Imark-Boder, Marie, geb. 1912, Dettwiler-Mollard, Karl Geor- 15 Uhr, Dorfkirche Riehen. Muttenz. engsten Familienkreis. von Himmelried SO und Mün- Schneilin, August, geb. 1921, ges, geb. 1928, von Bennwil BL von Arx-Abt, Margrit Anna, chenstein BL (Gen.-Guisan- Portaluri, Giovanni, geb. 1928, von Basel BS (Bernhard Jäggi- (Theodor Herzl-Strasse 4). geb. 1926, von Basel BS (Talweg Strasse, 10, Arlesheim). von Italien (Amerbachstrasse 10) Strasse 19). Trauerfeier Mitt- Trauerfeier Montag, 5. März, 26). Trauerfeier Freitag, 9. März, Abdankung Mittwoch, 7. März, Trauerfeier im engsten Familien- woch, 7. März, 11.15 Uhr, röm.- 13.30 Uhr, Friedhof am Hörnli. 10.45 Uhr, Friedhof am Hörnli. 14.45 Uhr, Dorfkirche Friedhof kreis. kath. Kirche Muttenz. Fischer, Hendrika Gertrud, Münchenstein. geb. 1957, von Zürich ZH (Bru- Rippstein-Hofmann, Lora Sonanini-Sacker, Roswita, AESCH Koch-Kreutz, Lena Auguste, derholzweg 21). Wurde bestattet. Luisa, geb. 1929, von Basel BS geb. 1941, von Sonogno TI (Margarethenstrasse 68). Jappert-Borer, Luise, geb. 1914, geb. 1915, von Appenzell AI (wohnhaft gewesen in Muttenz, Friedli-Hüni, Martha Maria, Trauerfeier Dienstag, 6. März, von Gansingen AG (Pfeffinger- (Pumpwerkstrasse 3). Wurde mit Aufenthalt in Dornach, geb. 1919, von Bannwil BE 11.15 Uhr, Friedhof am Hörnli. strasse 10). Bestattung Freitag, bestattet. Unterdorfstrasse 29, Alters- (Frobenstrasse 72). Trauerfeier 2. März, 10.30 Uhr, Besammlung Rist-Hager, Elfriede Sophie, Schaub-Nyffeler, Gertrud wohngruppe Dornach). Trauer- im engsten Familienkreis. kath. Kirche Aesch. geb. 1927, von St. Gallen SG genannt Trudi, geb. 1951, von feier Freitag, 2. März, 14 Uhr, Geiger-Seppi, Rosa Maria, geb. (Rosentalstrasse 71). Wurde Schwob, Hansjörg, geb. 1960, Itingen BL (Im Steinenmüller 6). röm.-kath. Kirche, Ettingen, 1928, von Basel BS (Gotthelf- bestattet. von Pratteln BL (Im Birspark 2). Abdankung und Bestattung: anschliessend Urnenbeisetzung strasse 4). Trauerfeier im engs- Wurde bestattet. Freitag, 2. März, 14 Uhr, auf dem Friedhof Ettingen. ten Familienkreis. Ruef-Sinz, Elisabeth, geb. 1926, von Alchenstorf BE (Mülhauser- Giess, Elisabeth, geb. 1940, strasse 35). Trauerfeier im engs- von Basel BS (Falkensteiner- ten Familienkreis. strasse 30). Wurde bestattet. Schaub-Glanzmann, Elsa, Häring-Häner, Ernst, geb. 1927, geb. 1931, von Ramlinsburg BL von Arisdorf BL (Wander- (Lehenmattstrasse 216). Trauer- strasse 153). Wurde bestattet. feier Mittwoch, 7. März, 13.45 Uhr, Hauser-Larsens, Mairita, geb. Friedhof am Hörnli. 1949, von Basel BS (Untere Syfrig-Waldis, Emma, geb. Rebgasse 18). Wurde bestattet. 1918, von Buchrain LU und Todesanzeigen Offizieller Notfalldienst Holderegger-Riegger, Anna, Weggis LU (Holeestrasse 119). und Danksagungen: Basel-Stadt und Basel- geb. 1920, von Basel BS (Im Wurde bestattet. Lukas Ritter, 061 561 61 51 Landschaft Surinam 116). Wurde bestattet. Thommen-Flach, Enrico Al- [email protected] 061 261 15 15 Horlacher-Griesbaum, Jean fonso, geb. 1930, von Basel BS Notrufzentrale 24 h. Pierre Eugène, geb. 1934, von (Im Burgfelderhof 39). Trauerfei- Ärzte, Zahnärzte, Kostenlo- Basel BS und Villnachern AG er Montag, 5. März, 15 Uhr, Fried- se medizinische Beratung (Kaysersbergerstrasse 45). Trau- hof am Hörnli. der Stiftung MNZ erfeier im engsten Familienkreis. Tognazza-Marti, Anita Monika Notfalltransporte: Hostettler-Stöckli, Anna Elisa- Agathe, geb. 1950, von Illighau- 144 beth, geb. 1930, von Rüschegg sen TG (Dorfstrasse 38). Trauer- BE (Mülhauserstrasse 35). feier im engsten Familienkreis. Notfall-Apotheke: Abdankung Dienstag, 6. März, To-Ngu, Tu Linh, geb. 1933, von 061 263 75 75 11 Uhr, Alters- und Pflegeheim Basel, Petersgraben 3. China (Mülhauserstrasse 35). Johanniter, Mülheimerstrasse 35, Jede Nacht: Mo–Fr ab 17 h, Trauerfeier Mittwoch, 7. März, Basel. Sa ab 16 h, Sonn- & Feiertage 10.15 Uhr, Friedhof am Hörnli. Juen, Johann, geb. 1924, von durchgehend offen. Volonte, Anna, geb. 1935, von Burg im Leimental BL (Gundel- Tierärzte-Notruf: Bretzwil BL und Nunningen SO dingerstrasse 355). Wurde (Strassburgerallee 17). Wurde 0900 99 33 99 bestattet. bestattet. (Fr. 1.80/Min. für Anrufe ab Liechti, Meret Claudia Elisa- Festnetz) beth, geb. 1956, von Basel BS Öffnungszeiten der Fried- RIEHEN und Reigoldswil BL (Belchen- höfe Hörnli und Wolf: strasse 2 A). Trauerfeier Mitt- Epting-Thommen, Elly, geb. Sommerzeit: 7.00–19.30 Uhr woch, 7. März, 15.30 Uhr, Friedhof 1922, von Riehen BS (Inzlinger- Winterzeit: 8.00–17.30 Uhr Rüti, Oberwil. strasse 230). Trauerfeier Diens-

TagesWoche 9 20 SCHWEIZ

Zimmer in Zürich, 1961: Italienischer Saisonnier macht Pause. Foto: Keystone

Und überall basiert es auf zwei Wirt- schaftskreisläufen: einem primären und einem sekundären. Der primäre Kreislauf ist meist ein Dorf – in Südost- afrika, in China, in Palästina, in den Walliser Alpen oder neuerdings eben in Rumänien. Hier wachsen die Menschen auf, bis sie 16 und arbeitsfähig werden. Dann werden sie durch die Industrie oder das Gewerbe in teilweise weit ent- fernten Zentren «bewirtschaftet» – bei minimalem Aufwand für Infrastruktur (Schulen, Spitäler, Altersheime) im Tages- oder im Saisonrhythmus. Arbeit sollten die Menschen finden, wo sie zu Hause sind.

Für das Wallis rieten Zürcher Öko- nomen etwa Ende des 19. Jahrhunderts zu Investitionen, weil dort nicht nur Wasser-, sondern auch Arbeitskraft entsprechend billig sei. Die Söhne der Bergbauern arbeiteten in der Lonza oder in der Alusuisse, bis sie alt und ge- brechlich waren. Dann kehrten sie in den Primärkreislauf ihres Dorfes zu- Jetzt sieht auch die Linke rück, der durch Kinder, Frauen und Alte aufrechterhalten wurde. Dieses menschenverachtende Sys- das Wanderarbeiter-Elend tem hat die Linke durchs ganze 20. Jahrhundert hinweg stets kritisiert und auch bekämpft. In der Schweiz konkret mit ihrem Kampf für die Rech- Die SP war bisher für die Personenfreizügigkeit mit der EU. te der Saisonniers – aus Italien, Portu- gal und Jugoslawien. Arbeit sollten die Jetzt dämmert es den Genossen, dass sich hinter dem Menschen dort finden, wo sie zu Hause sind und mit ihren Familien leben, for- positiven Begriff viel Elend versteckt. Von Niklaus Ramseyer derte sie: nicht entwurzelt und ent- rechtet dort, wo es dem Kapital gerade nützt.

SP plant neues Migrationspapier Die immer noch linke «Wochen- Kapital ist», hält Badran fest. Und: Systems verwalten.» Sie fragt: «Was Zeitung» (WoZ) war von den Aussagen «Die Linke sieht die Personenfreizü- bringt es, wenn ein Arbeiter im Ausland Warum vorab die SP dann plötzlich un- der Zürcher SP-Nationalrätin Jacqueli- gigkeit gern als Konzept der freien ausgebeutet wird – und dann hierher ter dem Titel «Personenfreizügigkeit» ne Badran offenbar derart erschüttert, Menschen in einer freien Welt.» Dabei kommt und noch immer ausgebeutet jeglicher «Migration aus wirtschaftli- dass sie der linken Politikerin unter- seien «95 Prozent der Migration un- wird, einfach ein kleines bisschen weni- cher Not», wie es Badran ausdrückt, stellte, sie «vermische» wohl gewisse freiwillig». Denn: «Die europäische ger als dort, wo er herkommt?» Das sei zujubelte und zustimmte, ist unklar. Dinge. Das Blatt meint: «Badran will Bevölkerung wird zu mobilen Hu- «eine Fehlkonzeption des Systems». Die Ökonomin und SP-Politikerin die Analyse erzwingen.» Und vermerkt mankapitaleinheiten degradiert, die meint: Da liege «ein blinder Fleck der verständnislos: «Auch wenn dabei ei- nach den Bedürfnissen der Konzerne System ist alt und gut erforscht Linken und Gewerkschaften». Es niges unklar bleibt.» herumgeschoben werden.» könnte aber auch einfach der Anti- Zum Beispiel nach Bern: Rumäni- Dieses «System» ist nicht neu. Und es SVP-Reflex sein: Weil die SVP die Per- Klare, linke Analyse sche Hilfsarbeiter hausten da neulich in ist inzwischen gut erforscht. Es heisst sonenfreizügigkeit kritisiert, ist die Luftschutzkellern unter der Post elen- «Wanderarbeiter-System». Und für In- Linke dafür – und weil das Konzept Dabei ist die Zürcher Politikerin, als diglich und mussten für Hungerlöhne vestoren und Fabrikanten ist es keine von der EU kommt, erst recht. «eine der wenigen linken Kritikerin- im Gebäude darüber Asbest sanieren. Fehlkonzeption, sondern ein durchaus Immerhin: SP-Chef Christian Lev- nen der Personenfreizügigkeit» (WoZ) Bis die Ausbeuterei aufflog. Worauf ihre profitables Konzept. In Südafrika war rat fordert jetzt neue Kontingente für in ihrer Analyse glasklar: «Das System deutsche Firma sie gleich wieder aus es zur Zeit der Apartheid ebenso prä- Ausländer. Badran unterstützt ihn. der vier Freiheiten – der Kapital-, der Bern entfernte. Solcher Beispiele sind sent wie jetzt wieder in Israel. Aber Und das Thema «Migration» soll in Personen-, der Waren- und der Dienst- inzwischen viele. Und Badran stellt fest: auch in China trägt dieses System viel einem neuen SP-Papier neu analysiert leistungsfreiheit – ist meines Erach- «Was die Linke mit den flankierenden zum plötzlichen Reichtum einer klei- und an einem Parteitag breit diskutiert tens eine neoliberale Fehlkonstrukti- Massnahmen tut, ist nur eins: die Kolla- nen Oberschicht bei. Auch im Wallis werden. on, in der die Gewinnerin immer das teralschäden eines ausbeuterischen war es vor 100 Jahren wichtig. tageswoche.ch/+awyvb

TagesWoche 9 21 INTERNATIONAL

er sich heute in einer Er listet auf, was Menschen rund um Westens» nicht nur von einem Wirt- wissen mit einem hohen Grad von Ge- BuchhandlungW bei den aktuellen Sach- den Globus am meisten beschäftigt. schaftskrieg, sie kennt sogar schon den wissheit, wie sich ein System verhält, büchern umschaut, den überfällt ein Für das Jahr 2011 ist das Resultat Sieger: «… vom heutigen Standpunkt wenn es an seine Grenzen stösst.» flaues Bauchgefühl: «Weltkrieg der eindeutig: Überall auf der Welt steht der aus sind die westlichen Länder die Ver- Ob Währungs- oder Wohlstands- Währungen» liest er da beispielsweise. Wunsch nach einem «guten Job» an lierer und die Schwellenländer die Ge- krieg, ob Ökokrieg oder Krieg um Öl, ob Oder «Endgame», «Auf Crash-Kurs», erster Stelle. Wenn man die aktuellen winner. (…) Der Wirtschaftskrieg Krieg um Jobs oder Krieg um irgend- «Das Ende des Geldes» und «Der gros- Zahlen des globalen Arbeitsmarktes be- scheint ausgefochten, es sei denn, der was – die Welt ist offensichtlich aus den se Umbruch», um nur ein paar völlig trachtet, ist dies nicht weiter verwun- Westen ergreift drastische Massnah- Fugen geraten. Gleichzeitig rechnet uns zufällig zusammengestellte Titel zu derlich: Von den sieben Milliarden Ein- men.» Steven Pinker, Psychologieprofessor an nennen. Auch wer in den Feuilletons wohnern auf dem Planeten Erde sind Paul Gilding sieht einen Ökokrieg der Harvard University, vor und belegt der gehobenen Presse schmökert, wird rund fünf Milliarden im erwerbsfähi- auf uns zukommen. Der ehemalige es auch mit einer Fülle von Daten, dass nachdenklich. australische Studentenaktivist war die Menschheit noch nie so friedlich Typisch für die Stimmung ist etwa einst einer der führenden Köpfe bei war wie im 21. Jahrhundert. Was nun? folgende Passage aus einem «Magazin»- Besonders Greenpeace und schliesslich ein gern Interview mit Frank Schirrmacher. «In dramatisch ist gesehener Gast bei hochdotierten Kon- Das Ende der Währung den nächsten Jahren werden wir Ver- ferenzen wie dem WEF in Davos. Dort änderungen in unserer Gesellschaft die Lage für die berät er die CEOs von führenden Kon- Wenn wir die einzelnen Kriege näher erleben, die mit Kriegsfolgen vergleich- Jugendlichen. zernen und Politiker der mächtigsten betrachten, dann gibt es für jeden von bar sind», erklärte der FAZ- Heraus- Staaten in Umweltfragen. Seine jüngs- ihnen triftige Gründe. Beispiel Wäh- geber, der zu den führenden Intellektu- ten Ratschläge dürften den wenigsten rungskrieg: Seit dem Ausbruch der ellen Deutschlands gehört. «Allein der gen Alter. Drei Milliarden erklären bei gelegen kommen. «Wir steuern auf ei- Wirtschaftskrise im Hebst 2008 haben demografische Wandel wird zu einer der Gallup-Umfrage, sie wünschten sich nen sozialen und ökonomischen Hurri- die Notenbanken massiv neues Geld Schrumpfung der Bevölkerung in einen «guten Job», wobei «guter Job» kan zu, der riesigen Schaden verursa- ins internationale Finanzsystem ge- Deutschland führen, die sämtlichen bedeutet: eine geregelte Wochenarbeits- chen wird, den grössten Teil der pumpt. Sie konnten gar nicht anders, Gefallenen des Ersten Weltkrieges ent- zeit von 30 Stunden und mehr. Doch bestehenden Wirtschaft hinwegfegen sonst wäre das System zusammenge- spricht. Und danach sieht es immer weltweit gibt es derzeit bloss 1,2 Milliar- und unsere Annahmen über die Zu- brochen. Die massive Ausweitung der noch schrecklich aus. Ich will nicht von den solcher «guten Jobs». Es fehlen mit kunft zerstören wird», schreibt er in Geldmenge und die in Friedenszeiten Verarmung sprechen, aber das Sozial- anderen Worten 1,8 Milliarden. Was seinem Buch «The Great Disruption». einmalige Verschuldung von einzelnen system wird sicher zu erheblichen Ver- das bedeutet, fasst Clifton kurz und Der Grund für den «grossen Um- Staaten verunsichert aber die Men- werfungen führen. Alle Daten sprechen bündig wie folgt zusammen: «Der bruch» ist die sich abzeichnende Öko- schen zutiefst. Wie soll man dem Dol- dafür, dass die Mittelschichten eher är- nächste Weltkrieg wird ein totaler, glo- katastrophe. Wie die Finanzkrise ist lar noch trauen, wenn die US-Noten- mer werden und dass sich viele total baler Krieg um Arbeitsplätze sein.» für Gilding die Klimaerwärmung ein bank Geld druckt, als gäbe es kein verrechnet haben. Das meine ich mit Zeichen der Überforderung des Sys- Morgen – und gibt es morgen über- dem Wort Krieg.» Der Westen ist der Verlierer tems. Auch die Natur spielt nicht mehr haupt noch einen Euro? Ob Wissenschaftler oder Wirt- mit. Naturkatastrophen wie die Über- Vielleicht gehört die Zukunft ja der schaftsführer, Intellektueller oder Ma- Dambisa Moyo, eine in Sambia gebore- schwemmungen in Pakistan und Thai- chinesischen Währung, von der der- nager, alle führen derzeit das Wort Krieg ne Ökonomin, wurde weltweit berühmt land oder umgekehrt die Rekorddür- zeit aber die meisten von uns nicht im Munde. So auch Jim Clifton, der Vor- mit ihrer These, dass die Entwick- ren in Texas oder Russland sind mehr einmal wissen, ob sie Yuan oder sitzende von Gallup. Unter seiner Lei- lungshilfe in Afrika mehr Schaden als als Anzeichen dieser Überforderung. Renminbi heisst. Die These eines tung hat das renommierte Umfrageins- Nutzen anrichtet. Sie spricht in ihrem Für Gilding stellen sie den Anfang des Währungs krieges erscheint in diesem titut eine Art Sorgen-Index erarbeitet. neuesten Buch «Der Untergang des «grossen Umbruchs» dar, denn: «Wir Umfeld sehr plausibel, genauso plausi-

TagesWoche 9 22 International 2. März 2012

Sind wir eigentlich im Krieg?

Eine dahindümpelnde Weltwirtschaft, Arbeitslosigkeit wie noch nie, ein krankes Ökosystem – Experten prognostizieren eine düstere Zukunft. Von Philipp Loepfe

bel wie die Angst vor einer Hyperinfla- Statistischen Bundesamtes sind Mini- ser geworden wären, sondern weil ein metaphern steckt letztlich die Erkennt- tion. löhne nicht mehr vor allem ein Merkmal solcher Krieg ökonomisch gesehen alle nis oder zumindest das dumpfe Bauch- Verständlich ist auch die Angst vor des ostdeutschen Stellenmarktes.» zu Verlierern machen würde. Kein ver- gefühl, dass die Systeme allmählich an einem neuen Wirtschaftskrieg und ei- nünftiger Unternehmer oder Politiker ihre Grenzen gelangen, sei es das nem Krieg um Jobs. Die Globalisierung Kampf ums Ökosystem könne deshalb ein Interesse an einem Finanzsystem, die globalisierte Wirt- hat die Weltwirtschaft unglaublich effi- Krieg haben. Es gab kaum intellektuel- schaft, die Arbeitsmärkte oder das zient gemacht. Das ist schön für alle, die Von allen Kriegen ist der Ökokrieg der len Widerspruch gegen diese Argumen- Ökosystem. Wir wissen oder ahnen noch einen Arbeitsplatz und ein siche- offensichtlichste. Es braucht keine te, sie waren weder sachlich noch lo- zumindest, dass wir nicht unendlich res Einkommen haben. Sie werden mit hochwissenschaftlichen Abhandlun- gisch anfechtbar. Trotzdem stürzte sich Geld drucken können, dass es absurd immer billigeren und besseren Produk- gen über ökologische Fussabdrücke, Europa 1914 in den Ersten Weltkrieg. ist, bei einer Jugendarbeits losigkeit von ten überschwemmt. Aber immer weni- um einzusehen, dass es ein Ding der Angells These wurde so auf deprimie- bald 50 Prozent das Rentenalter zu er- ger Menschen haben heute noch dieses Unmöglichkeit ist, dass Milliarden von rende Art und Weise bestätigt. höhen, und dass die Grenzen des Wachs- Privileg. Die weit verbreitete Ansicht, es Menschen in Asien, Südafrika und Af- Es gibt heute viele Parallelen zur tums erreicht sind. Wir wissen auch, gäbe massenhaft Jobs für Facharbeiter, rika dem gleichen Lebensstil frönen, Belle Epoque, der Zeit vor dem Ersten dass ein richtiger Krieg kein Rezept ge- aber einen Mangel an richtig ausgebil- wie wir das heute tun. Oder wer würde Weltkrieg. Wie damals hat eine globa- gen Währungskrieg, Wirtschaftskrieg deten Fachkräften, ist eine Mär. Paul Gilding widersprechen wollen, lisierte Wirtschaft den Menschen ei- oder Ökokrieg sein kann. Was wir noch Gerade in den alten Industriestaaten wenn er feststellt: «Wir werden eine nen bisher unbekannten Wohlstand nicht wissen ist, wie wir eine Wiederho- haben sich die Zustände auf dem Ar- wirtschaftliche und ökologische Krise beschert, aber auch gleichzeitig das lung des Schicksals von Norman Angell beitsmarkt massiv verschlechtert. In haben, weil das Ökosystem der Erde Gefühl, dass alles irgendwie aus dem verhindern können. den USA lag die Arbeitslosigkeit zu Be- die Belastung, die wir ihm auferlegen, Ruder laufe. Hinter all den Kriegs- tageswoche.ch/+awvid ginn des Jahres 2012 immer noch bei schlicht nicht mehr aushalten kann. Anzeige fast neun Prozent. Offiziell 14 und inof- Wer die Augen offen hat, kann dies fiziell 25 Millionen Amerikanerinnen heute schon erkennen: Lebensmittel- und Amerikaner waren auf der Suche preise explodieren, fruchtbare Erde nach Arbeit. Noch schlimmer ist die Si- und Wasser werden knapp usw. Mit an- tuation auf dem alten Kontinent. In vie- deren Worten: Die Klimaerwärmung      len europäischen Ländern liegt die Ar- ist da. Und das ist erst der Anfang. beitslosenquote bereits im zweistelligen Wenn wir so weiterfahren, wird die     Bereich. Besonders dramatisch ist dabei Weltwirtschaft bis Mitte des Jahrhun- die Lage der Jugendlichen. In Italien derts drei- bis viermal grösser sein.     und Spanien ist jeder Dritte, in Gross- Wie soll der Planet das verkraften?»    britannien bald jeder Vierte im Alter zwischen 18 und 35 ohne Job. Und wer Dunkle Vorahnungen    einen Job hat, hat meist keinen «guten».       Das gilt selbst für Deutschland. So hat 1910 veröffentlichte der Brite Norman die «Financial Times Deutschland» ge- Angell ein Buch unter den Titel «The meldet: «In vielen Branchen werden in Great Illusion». Es enthielt eine ein- Deutschland Gehälter deutlich unter leuchtende These: In einer globalisier- den vereinbarten oder von Politik und ten Weltwirtschaft sei Krieg unsinnig      Gewerkschaften geforderten Mindest- geworden, argumentierte Angell. Nicht           löhnen gezahlt. Nach Erhebungen des weil die Menschen friedlicher oder bes-

TagesWoche 9 23 WISSEN Raffiniert und unterirdisch Bisher unbekannte Pilzgeflechte im Boden tragen entscheidend zum Pflanzenwachstum bei. Die Erkenntnisse des Basler Forschers Andres Wiemken könnten der Landwirtschaft neue Impulse geben. Ein Auszug aus dem Buch «Mozart und die List der Hirse». Von Denise Battaglia und Florianne Koechlin

Voilà.» Andres Wiemken legt ein beziehen: von der Hirse oder vom Auch in unseren Wäldern seien die Foto auf den Schreibtisch. Darauf sind Flachs? Das überraschende Resultat: Bäume über ein riesiges unterirdisches zwei Töpfe abgebildet, in denen je eine Rund 80 Prozent der Kohlenhydrate in Netz miteinander verknüpft, ein Netz Flachs- und eine Hirsepflanze zusam- der Pilzbiomasse stammten von der aus Wurzeln und den Fäden unserer men wachsen. Im rechten Topf ist die Hirse. «Die Hirse baut das Pilznetz auf, Waldpilze, erläutert Wiemken weiter. Flachspflanze mehr als doppelt so und der Flachs profitiert am meisten Das aber ist das Forschungsgebiet sei- gross wie jene im linken Topf. Auch die davon», erklärt Andres Wiemken. ner Frau, Verena Wiemken, die am sel- Hirse ist ein bisschen grösser. Und «Man könnte sagen: Die Hirse füttert ben Institut arbeitet. Im Fachjargon dies, obwohl die Pflanzen in beiden den Flachs.» Dank dieser Kooperation wird das Netz unter dem Waldboden Töpfen in gleicher Erde wachsen und werde eine Flachspflanze neben einer WWW genannt: Wood Wide Web. Es gleich viel Wasser und Nährstoffe er- Hirsepflanze fast doppelt so gross wie verbindet ganz verschiedene Bäume halten haben. Zufall? «Nein», sagt der ohne Pilzgeflecht. Und was bekommt miteinander und ermöglicht dadurch Botanikprofessor von der Universität die Hirse? «Auch sie erhält von den Pil- den Austausch von Nährstoffen, Was- Basel, «der Grund für den Unterschied zen Nährstoffe aus dem Boden, also ser und Kohlenhydraten. sind Pilzgeflechte.» Im Topf rechts sind Phosphat und Stickstoff. Ob sie noch Zum WWW gehören bekannte Spei- Mykorrhizapilze in der Erde, im ande- einen anderen Profit daraus zieht, wis- sepilze, wie Steinpilze, Pfifferlinge, ren Topf gibt es keine. sen wir nicht.» Goldröhrlinge, Täublinge oder Mor- Praktisch alle Landpflanzen leben cheln, sowie viele andere Pilzarten. Es unter natürlichen Bedingungen in ei- sei für alle eine grosse Überraschung ner Symbiose mit unterirdischen Pilz- WWW heisst auch: gewesen, sagt Wiemken, als man ent- geflechten. Mykorrhiza heisst auf Grie- Wood Wide Web – deckt habe, dass in einem Wald alle Angaben chisch «Pilzwurzel». Unter der Erde, Bäume über das WWW miteinander zum Buch erklärt Wiemken und deutet auf den es verbindet Pflanzen vernetzt sind. «Oberirdisch können Sie Florianne Koechlin, rechten Topf, gebe es ein dichtes Ge- unterirdisch. jedes einzelne Baumindividuum gut Denise Battaglia: flecht aus Pilzfäden, die auch die Wur- erkennen. Doch der unterirdische Teil «Mozart und die List der zeln der beiden so ganz verschiedenen eines Waldes bildet eine riesige, un- Hirse – Natur neu denken»; Flachs- und Hirsepflanzen miteinan- Mykorrhizen sind Andres Wiem- trennbar verbundene Lebensgemein- Lenos-Verlag, Basel. der verbinden. Die Mykorrhizapilze kens Passion. Der Forscher spricht res- schaft. Nährstoffe werden dort ausge- 233 Seiten, mit zahl- führen dem Flachs und der Hirse pektvoll von diesem imponierenden tauscht, wo sie gebraucht werden. Es reichen Abbildungen. Nährstoffe aus dem Boden zu – vor al- Zusammenspiel von Pflanzen und Pil- ist eine Art Handel.» 33.80 Franken lem Phosphat, aber auch Stickstoff und zen. «Ein Mykorrhizapilz», erklärt er, Vernissage: 7. März, andere Mineralstoffe. «wächst mit seinen Fäden, den Hy- Alte Bäume sollten stehen bleiben 19.30 Uhr, Bider & Tanner, phen, in eine Zelle der Pflanzenwurzel Basel (Reservation Ein Geben und Nehmen hinein. Die Zellwand löst sich an einer Die Waldbäume sorgen auch dafür, empfohlen). Stelle auf, so dass der Pilz ins Innere dass ihre Nachkommen einen guten Die Pflanzen ihrerseits beliefern die der Zelle gelangen kann, ohne dabei Start haben: Alte Douglastannen zum Pilze mit Kohlenhydraten, die sie mit- die dünne Zellmembran zu verletzen. Beispiel «füttern» ihre Sämlinge durch tels Photosynthese produzieren, wie Diese stülpt sich ein und umhüllt den die unterirdischen Pilzfäden mit Koh- zum Beispiel Zucker. «Mit unserem Pilz.» Entlang dieser dünnen «Schläu- lenhydraten. So können die kleinen Versuch wollten wir noch mehr über che» findet der Stoffaustausch zwi- Douglastannen auch an dunklen Orten den gegenseitigen Austausch heraus- schen Pflanzenzelle und Pilzfaden ohne viel Sonnenlicht gedeihen. Wich- finden», sagt Wiemken. «Wir fragten statt: Nährstoffe für die Pflanze und tig ist vor allem, dass sie an das Netz uns: Geht da auch alles gerecht zu? Er- Kohlenhydrate für den Pilz. Die Pilzfä- angeschlossen sind und von der Mutter halten in einer Pflanzengemeinschaft den gelangen von der Wurzelzelle nach versorgt werden können. Alte Bäume jene Pflanzen, die viel in das gemein- aussen in die Erde und bilden dort ein sollten daher nicht vorschnell aus dem sam betriebene und genutzte Pilzge- weitverzweigtes Netz, um grossräumig Wald entfernt werden. flecht im Boden investieren, auch ent- Nährstoffe aufzunehmen. Ein Kubik- Wiemken interessiert vor allem, was sprechend viel von den Pilzen zurück?» zentimeter Erde – also etwa ein Fin- die Pilzgeflechte ausserhalb eines Wal- Wiemkens Team untersuchte, von gerhut voll – kann leicht über 100 Me- des bewirken. Können sie zum Beispiel wem die Pilzfäden ihre Kohlenhydrate ter Pilzfäden enthalten. das Wachstum und die Artenvielfalt

TagesWoche 9 24 Wissen 2. März 2012

Gleiche Erde, gleich viel Wasser, gleich viel Nährstoffe und trotzdem – der eine Flachs und die eine Hirse wachsen schneller und kräftiger. Der Grund: Pilzgeflechte im Boden. Illustration: Nils Fisch

von Krautpflanzen beeinflussen? Das mehreren Versuchsstandorten aussä- hat er 1998 in Zusammenarbeit mit en lassen. Es ist unglaublich, was die amerikanischen Partnern im Baselbie- Pilze und Bakterien bewirken! Der ter Jura untersucht. Weizen brachte über 40 Prozent mehr Sie legten verschiedene Parzellen an Ertrag und war auch von besserer und säten darauf die immer gleichen 15 Qualität.» typischen Wiesenpflanzen aus. Einige Parzellen erhielten keine Mykorrhiza- Fruchtbares Zusammenspiel pilze, andere wurden mit zwei ver- schiedenen Arten, wieder andere mit Auch Mischkulturen scheinen den un- vier, acht oder 14 Mykorrhizapilz-Ar- terirdischen «Handel» zu fördern, weil ten beimpft. Die Unterschiede über- hier verschiedene Fähigkeiten zusam- raschten selbst Wiemken: Auf den Par- menkommen. Bohnengewächse tragen zellen ohne Bodenpilze setzte sich ein Stickstoff bei. Bei Trockenheit können einziges Gras aus der Saatgutmischung Pflanzen mit sehr tiefen Wurzeln – durch – es überwucherte fast alle etwa die Lupine oder Bäume und Sträu- Pflanzen. Impfte man den Boden mit cher – das Wasser aus der Tiefe nach Mykorrhizapilzen, stieg die Artenviel- oben holen und damit das Mykorrhiza- falt sofort an. Dank der Mykorrhizen netz auch für die übrigen Pflanzen wuchsen die Pflanzen kräftiger und funktionstüchtig erhalten. Andere wurden höher. Diese Ergebnisse konn- Pflanzen wiederum sind besonders gut te die Gruppe in der angesehenen Zeit- im Akquirieren von Phosphaten. Dann schrift «Nature» veröffentlichen. Das gibt es Pflanzen wie die Hirse, die bei ist aber längst nicht alles. «Mykorrhi- viel Sonnenlicht und Wassermangel zapilze schützen die Pflanzen auch vor besonders effizient Photosynthese be- Trockenheit und verbessern den Bo- treiben und mehr Kohlenhydrate ins den. Ein gut durchpilzter Boden kann Netz investieren können als andere viel Wasser speichern und wird vor Pflanzen. Erosion geschützt.» «So können alle mit ihren besonde- ren Fähigkeiten dazu beitragen, das 40 Prozent mehr Ertrag Mykorrhizanetz als gemeinsame Infra- struktur für die Nährstoffaufnahme aus Diese Erkenntnisse könnten für die dem Boden aufzubauen und zu erhal- Landwirtschaft von Nutzen sein. Ge- ten», sagt Wiemken. Er ist selbst faszi- meinsam mit mehreren Partnern in niert, was im Boden alles passiert: «Je Indien untersuchte Wiemkens Team mehr wir forschen, desto mehr nimmt zum Beispiel, wie eine Zugabe von My- nicht etwa unser Wissen, sondern vor korrhizapilzen die Ernten zu verbes- allem unser Nichtwissen zu. Man muss sern mag. In der Gangesebene, in der zugeben, dass wir vor einem Riesenrät- bei konventioneller Landwirtschaft im sel stehen. Vor Kurzem dachte man Gefolge der Grünen Revolution vor noch, es sei ganz simpel: Die Pflanzen rund 50 Jahren nur noch monoton holen sich einfach die Nährstoffe mit ih- Weizen im Winter angebaut wird, sind ren Wurzeln im Boden. Jetzt merken die Böden oft degradiert, und die Er- wir langsam, wie raffiniert und hoch- träge nehmen trotz des steigenden komplex das Ganze funktioniert, und Aufwands seit Jahren stetig ab. «Unse- dass viele Pflanzen allein eigentlich gar re indischen Projektpartner haben seit nichts können und nur in der Gemein- einigen Jahren mit dem Saatgut auch schaft mit anderen und mit diesen Pilz- eine Mischung ausgewählter Mykor- netzen gut gedeihen.» rhizapilze und nützlicher Bakterien an tageswoche.ch/+awtam

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TagesWoche 9 26 Interview 2. März 2012 «Gäll, so kennsch mi nid?»

Wie soll man seine ber den FC Basel und sei- ich mit «Schutte» verbracht, ziemlich Das tönt jetzt etwas nach einer Ünen grossen Sieg gegen Bayern Mün- gewöhnlich alles, zumindest bis 16. Ausrede. Kinder erziehen? chen wurde vieles gesagt. Schon fast Das tönt so, und es könnte sogar eine alles eigentlich. Also sprach die Tages- Und dann? sein. Aber wer sieht sich schon gerne Wo liegen die Woche mit Benjamin Huggel (34) über Dann schmiss ich bald das Gym, um in den Klamotten der 80er-Jahre? alles – ausser über Bayern München. eine Lehre anzufangen. Ich rebellierte Grenzen der Der Basler Kultfussballer versprach gegen das Elternhaus. Aber auch das Also gut, sprechen wir vom Ende kurze und prägnante Antworten – und ist wohl normal für einen Teenager. von Döschwo. Warum haben Sie Moral? Bricht die meistens gelang es ihm beim gemein- aufgehört? samen Mittagessen im «Joggeli» auch, In dieser Zeit spielten Sie auch Irgendwann wurde einfach alles zu Weltwirtschaft die Welt kurz und knapp zu erklären. in einer Punkband. viel. Dreimal Training pro Woche mit Notfalls kann ein Beni Huggel eben Das Ganze fing eher zufällig an. Mein dem FC Arlesheim, daneben die Musik bald zusammen? auch die Poesie sprechen lassen. Bruder hatte eine Band fürs Abschluss- – und Jungwachtleiter war ich auch fest, aber keinen Bassisten. Also fing noch. Fussballer Benjamin Benjamin Huggel, wie muss man ich an, Bass zu spielen. Später wurde sich das Zusam men leben in einer ich Mitglied einer Band – Döschwo. Heute sind Sie selber Vater eines Huggel klärt die ganz Mannschaft vor stellen, mit Tee- Mädchens und eines Buben. Was nies einerseits und gestandenen Ein bisschen üben – und schon ein versuchen Sie, ihnen mitzugeben? grossen Fragen. Familienvätern andererseits – re- Auftritt! Sind Sie ein Naturtalent? Erziehen heisst für mich: vorleben. den die einen unter sich über Kin- Na ja, um «Verdamp lang her» zu be- Handeln, nicht schwatzen. Interview: Michael dererziehung und Spielplätze und gleiten, reichen vier Töne. Aber viel- die anderen über angesagte Discos leicht ist mir der Sinn für die Musik Schwierig – oder? Rockenbach, und die neuste Mode? schon auch ein bisschen in die Wiege Ja, sehr. Aber ich gebe mir alle Mühe. Etwa so, ja. In einem Team gibt es un- gelegt worden. Meine Mutter ist eine Das fängt schon bei der Sprache an. Christoph Kieslich terschiedliche Themen und unter- sehr gute Sängerin und singt auch Die Kraftausdrücke bleiben in der schiedliche Arten sich auszudrücken, heute noch im Basler Gesangsverein, Kabine. und Philipp Loser, und je nach Alter interessiert man sich mein Vater ist ein angefressener Pia- eher für das eine oder das andere. nist und Organist. Wenn er die Noten Geben Sie Ihren Kindern alles, Fotos: Stefan Bohrer Dann gibt es aber auch das Generatio- ab Blatt liest, entstehen ganze Klang- was sie wollen? nenübergreifende. Wenn wir Älteren welten vor ihm. Das bewundere ich. Sie bekommen, was wichtig ist. Das zum Beispiel über ein Kind reden, das heisst, dass ihnen in materieller Hin- krank ist oder sich blöd verschluckt War Döschwo eine gute Band? sicht sicher nicht alle Wünsche erfüllt hat, dann hören auch die Jungen zu, Wir hatten unser Stammpublikum. werden. Geschenke gibts am Geburts- weil sie selber vielleicht auch bald Kin- Das «Chästli» in Aesch zum Beispiel tag und an Weihnachten, dann auch der haben und mit ihnen ähnliche Er- war jeweils ausverkauft. Dort haben ja grosszügig, sonst nur das Notwendige, fahrungen machen werden. Wir be- übrigens auch und Alex also Gebrauchsgegenstände, Schlitt- kommen dafür von ihnen zu hören, Frei tanzen gelernt. Das behaupten sie schuhe zum Beispiel. Das läuft bei uns was gerade hip ist. So bleibe ich jung. während der Koordina tions übungen gleich wie in meinem Elternhaus. jeweils. Über die Jugend wird viel disku- Wer trägt bei Ihnen daheim die tiert, lamentiert auch. Ist sie tat- Zu Ihren Klängen? Hauptlast bei der Erziehung? sächlich schlecht? Wo denken Sie hin?! Die beiden waren Meine Frau. Auf diese Frage kann ich jetzt gut eine ja noch Schulbuben, als ich auf der prägnante Antwort geben: Die Jugend Bühne stand. Die hätte man damals nie Zwischen den einzelnen Trainings ist viel besser als ihr Ruf. und nimmer ins «Chästli» gelassen. hätten Sie doch viel Zeit für die Kinder. Was waren Sie für ein Kind? Gibts noch Tondokumente oder Bevor sie in den Kindergarten und in «Bausparen – ein spannendes Ein unkompliziertes, sagt meine Mutter. Fotos aus der Zeit? die Schule kamen, wars tatsächlich Thema!»: Benjamin Huggel, Ich machte alles, was ich musste, und Die sind leider nur ganz schwer ideal. Nun sind sie dort, wenn ich am ein Fussballer mit vielen Interessen. das auch noch gut. Die Freizeit habe greifbar. Morgen mal frei habe. Dafür bin ich

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an den Wochenenden weg, wenn sie Parteien ihre Finanzierungsmodelle daheim sind. offenlegen sollten. Dann könnten man auch besser beurteilen, warum sich Wie ist es für Ihre Kinder, einen welcher Politiker für was einsetzt. Das Fussballstar als Vater zu haben? täte der etwas angekratzten Glaubwür- Ziemlich normal, glaube ich. Sie sind digkeit der Politik gut. halt einfach ein Teil meines Lebens und damit auch des Fussballs. Sie ken- Können Sie sich vorstellen, nen auch all die anderen Spieler und irgendwann Politiker zu werden? kommen auch mal in die Kabine mit. Nein, dafür mache ich viel zu prägnan- te Aussagen. Ziemlich normal? Wenn Sie in ei- nem wichtigen Spiel einen schon Sie gelten als Linker. fast historischen Treffer wie den Tatsächlich? Das ist eine Fremdwahr- zum 1:1 in Lissabon erzielen, ist nehmung. Ich selber ordne mich nicht Ihr Sohn am Tag danach in der in dieses Links-rechts-Schema ein. Schule doch sicher der König! Den Grünliberalen wird ja von euch Nach dem Spiel in Lissabon hat ihm Medien immer vorgeworfen, sie hätten der Lehrer total begeistert gratuliert. kein Programm. Ich selber habe so ge- Ganz allgemein ist der Name Huggel sehen auch kein Programm, sondern für ihn zumindest bis jetzt noch kein entscheide mich immer situativ, mög- Nachteil gewesen. lichst sach- und themenbezogen.

Wie muss man sich das vorstellen, Nicht für eine Partei, sondern für wenn Sie mit Ihrem Sohn Fussball die Vernunft. spielen? Er ist der Streller und Sie Hei, das haben Sie jetzt aber schön der Huggel? gesagt. Das war vielleicht mal so, inzwischen hat er in der Schule aber von Messi ge- Und was sagt die Vernunft? Haben hört. Jetzt will er immer Barcelona wir ein Problem mit jungen Aus- sein. «Gut, dann bin ich Basel», sage ländern? ich in dann. Er: «In dem Fall hast du Da kann ich nur eine subjektive Emp- aber absolut keine Chance!» Ich: «Vor- findung aus meiner Jugendzeit wieder- sicht, Vorsicht, mein Junge. Mach jetzt geben, die auch schon ein paar Jahre bloss keine allzu grossen Sprüche!» her ist. Damals waren irgendwelche Stresssituationen und Pöbeleien im- Soll man sein Kind in einen Fuss- Benjamin Huggel mer mit ausländischen Jugendlichen ballclub schicken oder lernt es dort Am 7. Juli wird der Münchensteiner 35 Jahre alt. verbunden. Ich gehe davon aus, dass nur Mätzchen und ab dem B-Junio- Er begann 1998 seine Profikarriere erst mit viele andere Schweizer Jugendliche die ren-Alter auch noch trinken? 21 Jahren beim FC Basel, nachdem er zuvor eine genau gleiche Erfahrung machen. Das Schaut doch mich an. So schlecht bin Lehre zum Landschaftsgärtner abgeschlossen sollte man nicht einfach negieren, so, ich ja auch nicht herausgekommen! hatte. Im Dress des FCB bringt er es (Stand Ende wie die Linken es jahrelang gemacht Dabei wollten mich meine Eltern zu- Februar) auf 290 Punktspiele, sechs Meistertitel haben – ein Riesenfehler! erst aber auch nicht in einen Fussball- und vier Cupsiege. Zwischen 2005 und 2007 Wir Schweizer sind extrem stolz auf club schicken, weil sie Angst hatten, spielte er 68-mal für den Bundesligisten Eintracht unsere Toleranz. Das ist auch richtig ich werde dort verdorben, mit wüsten Frankfurt. 41 Partien und ein legendäres Fuss- so, aber nur solange die Toleranz nicht Worten, Alkohol und so weiter. Heute gemenge in Istanbul bestritt er für die Schweiz zur Gleichgültigkeit wird. Wir sollten bin ich überzeugt, dass die Kinder ler- und erzielte deren 1000. Länderspieltor. 2010 deutlicher sagen, was uns wichtig ist nen müssen, mit all den Herausforde- wurde der oft Unterschätzte zum Schweizer und was wir erwarten. Schliesslich rungen und Gefahren, die das Leben Fussballer des Jahres gewählt. Seit der Rückkehr passen wir uns auch an, wenn wir im bereithält, umgehen zu können. Dar- 2007 nach Basel zählt er mit Marco Streller und Ausland sind. um fördere ich meine beiden Kinder Alex Frei zu den Identifikationsfiguren des FCB auch in allem, was sie machen. Mein und hofft, dass er seinen im Sommer auslaufen- Wie wichtig ist der Sport bei der Sohn zum Beispiel ist von einem den Vertrag ein weiteres Mal verlängern kann. Integration? Kindsgikollegen zum FC Arlesheim ge- Da kann ich nur Sepp Blatter zitieren holt worden. Das unterstütze ich, auch (Huggel macht eine grosse Geste und wenn er es im Fussball mit seinem Na- spricht in einem Mischmasch aus men nicht ganz einfach haben wird. Walliserdeutsch und Hochdeutsch): «Fussball ist eine Universalsprache.» Anderes Thema: Internet. Muss Immerhin hat der Fifa-Präsident we- man davor Angst haben? Eiffelturm oder sonst einer Sehens- habe. Auf diese Weise wird die Un- nigstens in diesem Punkt absolut Ein bisschen unheimlich ist es schon, würdigkeit stehen und ununterbro- schuldsvermutung auf den Kopf ge- recht. Wenn einer Fussball spielen weil immer alles gleich aufs Netz ge- chen knipsen, anstatt einfach mal nur stellt. Ein Problem, das wir ja auch aus kann, versteht man sich immer, egal, stellt und «gejudged» wird. Das be- den Moment zu geniessen. anderen Bereichen kennen. woher er kommt und wie er spricht. komme auch ich mit meiner bisschen Entsprechend gross ist die integrative Berühmtheit zu spüren. Bei einer Haben Sie Ihren Lebensstil verän- Sie selber sind auf Facebook nicht Wirkung dieser Sportart und des Meisterfeier zum Beispiel habe ich in dert, weil Sie fast ständig damit aktiv? Sports allgemein. der «Bodega» ein paar dumme Sprü- rechnen müssen, beobachtet zu Nein, ich bin zufrieden mit meinem che gemacht, was mehrere Leute ge- werden, sobald Sie die Haustüre Freundeskreis und wüsste nicht, war- Wenden wir uns aktuellen politi- filmt und schon sehr bald veröffent- hinter sich zugemacht haben? um ich ihn irgendwie künstlich ver- sche Fragen zu: unser Verhältnis licht haben. Die haben meines Nein, das nicht, aber ich muss immer grössern sollte. zur EU, der Kauf von Kampfjets, Erachtens etwas ganz Wesentliches damit rechnen, dass irgendeine Aussa- Bausparen ... nicht kapiert: Dass der Moment in der ge oder eine Geste von mir aus dem Zur Politik: Kann sie überhaupt Bausparen – ein spannendes Thema. «Bodega» für sie etwas Exklusives Zusammenhang gerissen, in einen noch etwas bewirken oder hängt Ich habe dazu natürlich intensivst die war, etwas ganz Besonderes. Das ha- neuen Kontext gestellt wird und dar- alles nur noch von wirtschaftli- Debatte bei der TagesWoche verfolgt. ben sie zerstört – und nur, um ihr ei- aus auch in den Medien eine Geschich- chen Zwängen ab? 79 Prozent haben bei euch ja dagegen- genes Profil auf Kosten eines anderen te gesponnen wird. Möglicherweise Ou, da bin ich jetzt nicht so der Fach- gestimmt. Als ich das las, dachte ich aufzuwerten. Das verstehe ich ebenso muss ich mich dann plötzlich rechtfer- mann. Als Bürger und Wähler kann sofort, aha, die haben aber eine ziem- wenig wie die Menschen, die vor dem tigen für etwas, das ich gar nicht getan ich nur sagen, dass die Politiker und lich linke Leserschaft.

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Gegen das Bausparen ist zum Bei- Fühlen Sie sich eigentlich tatsäch- spiel auch der Ökonom Silvio Bor- lich noch jung, wie Sie vorhin sag- ner – alles andere als ein Linker. «Die Zuschauer ten? Eigentlich gelten Fussballer Mag sein. Ich kann auch das Argu- mit 34 ja schon als alt. ment von Susanne Leutenegger Ober- Warum auch sollte ich mich nicht holzer (SP) nachvollziehen, die sagt, wollen Helden mehr jung fühlen? Wer wie ich mit vom Bausparen profitierten vor allem Mitte 30 noch keinen Wohlstandsran- die Reichen, indem sie Steuern spa- zen hat, ist doch schon mal dick drin. ren. Meiner Meinung nach hat die bejubeln und Idee mit dem Bausparen aber den- Herr Huggel, das mit dem Ranzen noch was für sich – weil viele junge fassen wir jetzt etwas als persönli- Familien zu wenig Platz zum Wohnen sie scheitern sehen. che Spitze auf. haben. (Lacht.) So wars nicht gemeint. Ich möchte eigentlich nur sagen, dass es Wie sieht die Lösung im Verhält- nicht alte und junge Spieler gibt, son- nis zur EU aus? Also muss man dern nur gute und schlechte. Leider Derzeit halten wir Schweizer uns ja will niemand diese Weisheit von Otto alle für clever, weil wir nicht in der EU Rehhagel hören. dabei sind. So falsch kann es also kämpfen. nicht sein. Dennoch halte ich das lang- Muss man seine Teamkollegen fristig für keine Lösung, ständig ir- mögen? gendwelches EU-Recht übernehmen Weltverbesserer Das ist sehr wichtig, ja. Sympathien zu müssen, ohne wirklich dabei zu wirken sich immer positiv aus, auch sein und mitbestimmen zu können. sind fehl am Platz.» auf dem Feld. Brauchen wir neue Kampfjets? Nerven Sie sich manchmal, wie Nein. Meiner Meinung nach brauchen viel wert in Ihrer Branche auf wir auch keine Armee. Die alten «HD Äusserlichkeiten gelegt wird, auf Läppli»-Filme finde ich zwar immer schöne Frisuren, schöne Klamot- noch grossartig, die Bedrohungslage on zu Generation weitergegeben wor- schwierig. Und unglaublich faszinie- ten, schöne Frauen, schöne Autos? hat sich seit dem Ersten und dem den, wie es auch die Fans singen: «Sait rend, wenn es klappt. Nein. Zweiten Weltkrieg aber schon sehr de Babbe zu sim Soon, hütt gön mir verändert ... ins Stadion.» Am schönsten wäre na- Haben Sie als Profi ein anderes Weil Sie alles haben? türlich, wenn die Selbstregulierung in Verhältnis zum Fussball als der Oh, danke, ich richte meiner Frau das Was ist von der Verschärfung des den Kurven spielen würde. Fan – ein nüchterneres, distan- Kompliment gerne aus. Aber im Ernst: Hooligan-Konkordates zu halten? zierteres? Ich habe nie versucht, mich mit Äus- In eurem Schwerpunkt zu dem Thema Für welche Sportart muss man Nein, das nicht, ich bin ja viel näher serlichkeiten zu profilieren. Mich stö- habt ihr nicht ganz zu Unrecht ge- sich neben Fussball interessieren? dran, direkt auf dem Platz. Als Spieler ren mehr diese Klischees. Der angeb- schrieben, einzelne Politiker würden Als Mensch muss man schwimmen habe ich das Schicksal in den eigenen lich dumme Fussballer zum Beispiel. sich mit der Forderung nach immer können und als Schweizer Ski fahren. Füssen. Das Glück eines Fans hängt Tatsache ist, dass es im Fussball ge- schärferen Kontrollen profilieren. Ich dagegen von anderen ab. nauso viele Dumme und Schlaue gibt sehe aber schon auch einen Grundkon- Als Profifussballer dürfen Sie we- wie in der übrigen Gesellschaft. flikt zwischen dem Bedürfnis nach Si- gen der Verletzungsgefahr doch Ist die Vorstellung nicht etwas cherheit und dem nach persönlicher nicht Ski fahren – oder? ungeheuer, dass das Wohlbefin- Herrscht im Fussballbetrieb eine Freiheit. Im Flugverkehr haben sich Nein, und im vergangenen Jahr habe den Tausender von Menschen Macho-Kultur? die Präferenzen nach 9/11 auch ver- ich es auch wirklich nicht getan, weil zumindest vorübergehend von Es läuft jedenfalls nicht so, dass man schoben. Möglicherweise gibt es in ich inzwischen eher ein Schönwetter- Ihrer Leistung abhängt? vor dem Spiel mit dem Gegner zusam- den Stadien nun einen ähnlichen fahrer bin. Manchmal schon. mensitzt und sagt, du, ich würde nach- Trend, nachdem es dort mehrfach Pro- her gerne mal zu einem Dribbling an- bleme gegeben hat, auch mit Pyros. Warum wird eigentlich ein solches Ist es mühsam, berühmt zu sein? setzen und eventuell sogar an dir Wir dürfen keinesfalls hinnehmen, Tamtam um den Fussball veran- Ich bin zufrieden. vorbeiziehen, aber selbstverständlich dass die jungen Familien nicht mehr staltet? nur, wenn du einverstanden bist. Im ins Stadion kommen, weil sie Angst Fussball ist ästhetisch, Fussball kann Kinder sagen, Sie würden schimp- Fussball sind andere Qualitäten haben. Damit würde die Basis des ge- unglaublich spannend sein und Fuss- fen, wenn man Sie auf der Strasse gefragt. samten Fantums zerstört. Dieser Vi- ball ist im Mensch drin. Jedes Kind mit Du anspricht. rus, diese Liebe zum FCB ist bis jetzt versucht, nach etwas zu treten. Das Das ist eine absolut falsche Aussage. Da muss man manchmal eine nämlich immer genauso von Generati- kontrolliert zu tun, ist unglaublich Ich habe es gerne, wenn man mir Beni Drecksau sein. sagt. Aber «Du, Huggel», das mag ich Richtig. Die Zuschauer wollen doch nicht. Wenn schon: Herr Huggel. nichts anderes, als Helden bejubeln Anzeige und sie scheitern sehen, genau gleich Haben Sie Angst vor der Leere wie in einem griechischen Drama. nach dem Fussballerleben? Also muss man kämpfen. Weltverbes- Ja. Ich habe schon als Kind immer sererer sind fehl am Platz. Darum Fussball gespielt, dann hatte ich das habe ich Ivan Ergic auch zusammen- Glück, meine Leidenschaft zum Beruf gestaucht, als er dem Schiri gesagt zu machen. Wenn das wegfällt, wird hat, er habe fälschlicherweise ein sich schon eine Leere auftun. Foul für uns gepfiffen. Und das in ei- ner Finalissima gegen YB, nur 18 Me- Was macht der Beni Huggel in ter vor dem gegnerischen Tor! Es fünf, zehn, fünfzehn Jahren? wäre eine super Chance gewesen! Ich habe zwar viele Ideen, aber keine konkreten Pläne. In irgendeiner Form Ist doch sympathisch von Ergic, möchte ich dem Sport gerne verbun- dass er ehrlich war. den bleiben. Darum habe ich auch mit Ich bin nicht unfair, aber nicht päpst- dem Trainerlehrgang angefangen. licher als der Papst. Mal wird irrtüm- lich für uns gepfiffen, mal für die ande- Haben Sie am Morgen Schmerzen ren. Ich stand schon auf dem Platz und beim Aufstehen? der Schiri gab ein Tor, das keines war. Manchmal, ja. Es war unglaublich! Aber zugegeben

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hat das selbstverständlich niemand und dem ganzen Trara rund um Sie sind nicht einer, der den Welt- Aber das Lieblingslokal können beim Gegner. Nur gejubelt haben sie. das eigentliche Spiel. untergang oder zumindest den Sie uns nennen. Das kann ich nicht beurteilen. Mich Zusammenbruch des Wirtschafts- Das «Poco Loco» in Arlesheim, das von Schmerzen Niederlagen lange? stört jedenfalls diese wahnsinnige systems befürchtet? meinem Juniorentrainer geführt wird. Einige sehr, sehr lange. Ich habe in Macht, welche die Sportjournalisten Nein, die soziale Marktwirtschaft ist meiner Karriere aber zum Glück sehr haben. Sie erklären in vielen Fällen immer noch das beste System, um Ist gesundes Essen eigentlich so viel häufiger gewonnen als verloren. nichts oder wenig und strecken nur das wirtschaftliche Zusammenleben wichtig, wie die vielen Ernäh- den Daumen rauf oder runter, was für zu organisieren. Allerdings sollte rungsberater behaupten? Kann man als Fussballer offen den einzelnen Spieler erhebliche Aus- man den freien Markt auch wirklich Es ist wie bei allem eine Frage der über seine Ängste vor Verletzun- wirkungen haben kann. spielen lassen. Doch was passiert, Dosis. Übermass ist nie gut. Manche gen, vor Niederlagen, vor einem wenn eine Grossbank, die stets De- meinen aber, ein Fussballer dürfe nie, Versagen reden? Warum stören sich die Menschen regulierung gepredigt hat, plötzlich nie, nie ein Glas Bier oder ein Glas Wein Wenn einer es schafft, seine Ängste an Millionen-Boni für Banker, Probleme hat? Dann zahlt die trinken, eine Zigarette rauchen oder in mithilfe eines anderen aufzuarbeiten nicht aber an Millionen-Gehältern Öffentlichkeit 60 Milliarden Franken, den McDonald’s gehen. Das ist dann und ihm dann – trotz allem – eine Kar- für Fussballer? um sie zu retten, ohne dass im Par- auch wieder übertrieben. Wenn mich riere gelingt, finde ich das grossartig. Na, ja, Kritik gibts auch an den lament ernsthaft darüber debattiert bei Gelegenheit wieder einer fragt, ob Ich glaube aber nicht, dass viele das Fussballerlöhnen. würde. Da stimmt bei uns schon auch ich tatsächlich auch mal ein Bierchen schaffen. Die meisten scheitern früh, etwas nicht mehr. trinke, antworte ich jeweils: Ja – und weil die Psyche gleich wichtig ist wie Für die «Scheissmillionäre»? ich trainiere sogar noch. Einfach nicht der Körper und die soziale Herkunft. Das hört man in den Stadien tatsäch- Zu den USA: Soll Barack Obama direkt nach dem Bier, versteht sich. In die Elite schaffen es nur die Besten. lich seltener als auch schon. Meiner noch einmal gewählt werden? Ansicht nach gibt es aber auch einen Ich würde immer Demokraten wählen. Wo haben Herzog und de Meuron Wann ist der Druck am grössten? entscheidenden Unterschied zwischen das schönere Stadion hingestellt: Vor dem Spiel? Auf dem Platz? Fussballern und Managern: Als Spie- Welche Bücher soll man lesen? in Basel oder in München? Nachts im Bett? ler trage ich das Risiko, 40 bis 50 Pro- Die Krimis von Jussi Adler-Olsen. Die Architektonisch ist das Münchner Eher noch im Bett als auf dem Platz. zent meines Gehalts hängen vom Er- sind unglaublich spannend. Stadion wohl schöner, unseres ist aber folg ab. Wenn dagegen ein Manager dennoch das schönste der Welt! Wie geht man damit um? ein Unternehmen in den Sand setzt, Was gefällt Ihnen an Krimis? Man muss sich ablenken, auf andere erhält er vielleicht sogar noch eine fet- Das Böse, das der Autor erschafft. Die Eine letzte Frage: Was ist eigent- Gedanken kommen. Ich sage mir im- te Abfindung. Das widerspricht dem menschlichen Abgründe. Da kann man lich lustig an der Basler Fasnacht? mer: Ein Spiel ist wie eine Prüfung. Gerechtigkeitsempfinden. einiges lernen über den Menschen. Ha, jetzt kommt noch eine wirklich Wer gut vorbereitet ist, bringt seine interessante Frage. Wirklich lustig ist Leistung. Was ist von der Occupy-Bewegung Welche Musik muss man hören? die Basler Fasnacht nicht. Eher schön. zu halten? Primus müsste ich als Ex-Döschwo- Da kann man in einen Keller gehen und Was halten Sie von Sportjour- Ich weiss nicht genau, was ihr Ziel ist, Bassist sagen. Rock, Independent, einfach miteinander reden, ganz ohne nalisten? aber dass die Schere zwischen Arm Alternative Pop ist mir aber lieber. Musik. Sonst wird man immer und Gegenfrage: Was hat ein normaler und Reich immer mehr aufgeht und es überall berieselt, in den Bars, in den TagesWoche-Journalist gelernt, bevor auch der Mittelstand schwer hat, fällt Zeitungen lesen Sie auch? Lounges und den Discos sowieso. er etwa über Politik schreibt? mir schon auch auf. In anderen Län- Ich kann nicht anders. «Spiegel», «NZZ An der Fasnacht kann man dann end- dern ist das extrem. Julio Rossi, Gime- am Sonntag», TagesWoche. Allerdings lich reden! Und dann diese Schnitzel- Er hat zum Beispiel Geschichte nez und Costanzo haben immer von wärs mir lieber, ihr würdet jeden Tag bängg! Grossartig, häufig! Und fast und Deutsch studiert. Argentinien erzählt, wo sich die Rei- in gedruckter Form erscheinen. Vor noch mehr Spass macht es mir, mich Mmh, das ist okay. Ich frage mich im- chen in Ghettos zurückziehen, weil sie dem Zmorge noch den Laptop zu star- versteckt hinter einer Larve auszu- mer: Welche Ausbildung bräuchte ein sonst nirgends mehr sicher sind. So ten, ist mir etwas zu umständlich. leben, mit den Leuten zu spielen, zu Sportjournalist? Leider gibt es die noch weit kommt es, wenn es viele Men- intrigieren. «Gäll, du kennsch mi nid?», nicht. Darum schreiben sie so oft über schen gibt, die nichts mehr zu verlie- Herr Huggel, Sie haben auf alles frag ich sie immer zuerst und sie ken- alles – ausser übers Spiel. Schade. ren haben. Wir sind zum Glück noch eine Antwort. Dann können Sie nen dich tatsächlich nicht. Für einmal ein gutes Stück davon entfernt. Darum uns sicher auch sagen, wo es das nicht der Beni Huggel zu sein, das Als Fussballer profitieren doch haben unsere Argentinier die Schweiz beste Cordon bleu der Region gibt. macht unglaublich Spass. auch Sie von der Personalisierung auch immer für ein Paradies gehalten. Nein, da muss ich passen. tageswoche.ch/+awtae

Herr Huggel, noch eine allerletzte Bitte: Könnten Sie uns als Fasnächtler nicht viel- leicht noch ein Värsli brünzle?

Für d Tageswuche sotti e paar Värsli schmiide Für e Schütteler könn is no guet, wird mr beschiide Drum suech i nach Wörter für die jungi Pflanze Suech dr Sinn und Zwäck fürs grosse Ganze Drbi hätt i dr Journalismus als Eibaan gärn Denn übertriebes Sändigsbedürfnis liggt mr färn Drum will i e Blatt, wo jede Morge schmöggt As wurde d Gronischte riefe: Hesches böggt? Früsch, fräch, jung und trotzdäm druggt Altmodisch uf Papiir, aber au e bitz veruggt Blog, Twitter oder «I like it»-Knopf Jedi Redaggtion hänggt am Social-Media-Tropf Doch öbbis blibt für immer e Bangg Für das gits au kei Zauberdrangg Ob bim Schriibe, Schutte, Baue oder Schnuure Eins isch klar – Qualität setzt sich duure Drum wünsch ich däm junge Blatt ganz vill Saft Und nie vrgässe – In dr MITTI liggt d Kraft

TagesWoche 9 30 Dialog 2. März 2012

JA Die Wochendebatte NEIN «Die Helmpflicht sendet «Nicht in falscher ein wichtiges Signal aus» Sicherheit wiegen»

Brigitte Buhmann Jean-François Steiert Leiterin der Beratungsstelle für Präsident Pro Velo Schweiz, Unfallverhütung SP-Nationalrat Foto: Keystone

Kinder sind verletzlicher als Erwach- Die Frage des Helmobligatoriums für sene; der Knochenaufbau ist noch radfahrende Kinder steht exempla- nicht abgeschlossen, die Schädelkno- risch für die tägliche Übung des Aus- chen sind vergleichsweise weich. Da- Ist Helmpflicht tarierens zwischen Sicherheitsbedürf- her ist klar: Kinder bedürfen eines be- nissen und individueller Freiheit. sonderen Schutzes, wenn sie auf der Kaum jemand bestreitet, dass ein Velo- Strasse Velo fahren. Zudem sind sie im helm Leben retten kann. Die Frage ist, Strassenverkehr noch ungeübt und für Mädchen ob dies einen staatlichen Zwang mit nicht in der Lage, Risiken immer an- entsprechenden Kontrollen rechtfer- gemessen einzuschätzen und ihr Ver- tigt. Für Erwachsene hat der Bundesrat halten danach zu richten. Nicht von diese Frage mit Nein beantwortet, weil ungefähr befürworten Kinderärzte und Buben auch ihm das Verbot und seine Durch- und die FMH eine Velohelmpflicht für setzung als unverhältnismässig er- Kinder. Denn die Schutzwirkung des schien. Das Obligatorium für Kinder, Velohelms steht ausser Frage. Gegner das noch zur Diskussion steht, bringt des Obligatoriums argumentieren sinnvoll? leider mehr Probleme, als es löst. zwar häufig, dass der richtige Weg So wirkt erstens das Argument der über Eigenverantwortung und Freiwil- Befürworter, Eltern verfügten «nur ligkeit und nicht über gesetzliche Sie werden sich einfach nicht einig, der Nationalrat und selten über die notwendigen wissen- Zwänge führt. Erhebungen der Bera- der Ständerat: Ersterer findet es unnötig, Kinder unter 14 Jah- schaftlichen Kenntnisse», um zu beur- tungsstelle für Unfallverhütung (bfu) teilen, ob ein 8- bis 10-jähriges Kind zeigen indessen: Seit ein paar Jahren ren dazu zu verpflichten, beim Velofahren einen Helm zu beim Velofahren einen Helm braucht, verharrt die Tragequote bei Kindern bis tragen. Der Entscheid liege in der Verantwortung der Eltern. befremdend und bevormundend. 14 Jahre bei knapp 70 Prozent. Das Po- Jedenfalls sei es nicht Sache des Staates, in diesem Bereich Eltern brauchen in vielen Bereichen tenzial von Sensibilisierungsmassnah- Zwang auszuüben. Im Übrigen – so die Meinung im National- nicht profunde wissenschaftliche men dürfte also ausgeschöpft sein. Eine Kenntnisse und staatliche Regeln, Helmpflicht sendet ein wichtiges Signal rat – verhindere die Helmpflicht keinen einzigen Unfall. Das ist sondern ihren Kindern gegenüber die aus: Der Helm gehört beim Velofahren auch dem Ständerat klar. Allerdings, so argumentiert dessen Verantwortung und die notwendige einfach dazu. Für manche Eltern wäre Mehrheit, können die Folgen – wenn sich denn ein Unfall Durchsetzungskraft. Das klappt beim ein Obligatorium zudem nicht nur eine Velohelm bereits ganz gut, denn die wichtige Orientierungs-, sondern auch ereignet – wesentlich gravierender sein, wenn das verunfallte allermeisten Kinder, die in unserem eine Durchsetzungshilfe. Kind keinen Helm getragen habe. Viele Ständeräte halten es Land mit dem Rad unterwegs sind, Von Gegnern hört man oft, die Al- für unvernünftig und verantwortungslos, für weniger Staat zu tragen heute einen Helm. Hier greift tersgrenze von 14 Jahren sei willkür- ein Obligatorium schlicht ins Leere. lich festgelegt. Tatsächlich aber ist sie plädieren, wenn der Nutzen einer Vorschrift gross ist. Ein Zweitens beträgt bei Kindern und mit Bedacht gewählt: Erst ab diesem Helmobligatorium könne Leben retten oder lebenslanges Jugendlichen die Helmtragquote heute Alter steht Kindern die Möglichkeit of- Leiden verhindern. Am Dienstag stimmte der Ständerat erneut in der Schweiz rund 70 Prozent. Ein fen, auf andere, ungesündere und um- für die Helmpflicht, der Nationalrat ist dagegen. Die Debatte Helmtragzwang könnte diese Quote weltschädigende Fortbewegungsmittel zwar noch leicht erhöhen – allerdings umzusteigen. geht weiter. tageswoche.ch/+awvjb vor allem durch den Verzicht von Was schliesslich nicht vergessen Jugendlichen aufs Radfahren. Damit werden darf: Wird ein Kind bei einer sieht zwar die Quote besser aus, doch Kollision mit einem Auto schwer ver- Strengere Vorgaben für Betreuung von Kindern? ist so der Sicherheit wenig gedient. letzt oder gar getötet, bringt dies un- Auch im Hinblick darauf, dass Jugend- sägliches Leid für alle Beteiligten mit Die Wochendebatte vom 24. Februar liche immer weniger Velo fahren, weist sich – nicht zuletzt auch für die Person dies in die falsche Richtung. Was es am Steuer des Autos. Und zwar unab- Ob es an der Basler Fasnacht liegt, oder das Thema nicht besonders braucht, sind schweizweit gesicherte hängig von der Schuldfrage. Auch klei- interessiert: Die Debatte über das Gesetz zur «familienergänzenden Kinder- Schulwege – um Unfälle zu vermeiden, nere Unfälle können verhängnisvolle betreuung im Frühbereich», über das im Baselbiet am 11. März abgestimmt statt sie in Kauf zu nehmen und sich Folgen haben, wenn das Kind mit dem wird, vermochte nur wenige Leser zur Teilnahme zu bewegen. Nicht einmal mit dem Helmobligatorium nur auf ungeschützten Kopf aufschlägt. Unter zehn Kommentare gingen dazu ein. Wenn auch einige der Schreibenden ein die Folgen zu konzentrieren. anderem auch deshalb spricht sich der gewisses Unbehagen äusserten, dass die Abgabe des Betreuungsgutscheins Drittens zeigen Beispiele wie Hol- Automobilclub der Schweiz (ACS) für mit gewissen Qualitätsvorgaben an die Kinderkrippe oder die Tagesfamilie land oder Dänemark, dass die effizien- die Einführung der Helmpflicht für verknüpft werden soll – in der Abstimmung ergab sich doch ein klares Ja für teste Massnahme für die Sicherheit Kinder aus. Die Einführung eines die Vorgaben. 69 Prozent der Stimmenden schliessen sich damit der Meinung der Radfahrenden in ausreichenden Helmobligatoriums bis 14 Jahre wird von Mirjam Wetter, Geschäftsführerin Kindernetzwerke Schweiz, an, 31 Pro- Velo infrastrukturen liegt. Das führt übrigens von über 80 Prozent der zent dem Nein ihres Kontrahenten, SVP-Landrat Thomas Weber. zu deutlich mehr Radfahrenden und Schweizer Bevölkerung befürwortet. damit auch zu mehr Sicherheit.

TagesWoche 9 31 Dialog 2. März 2012

«Sechs Wochen sind längst finanziert», Leserbriefe an (anderswo zum Thema gelesen): Kein tageswoche.ch/+awiow niederschwelliges Angebot soll künftig die Redaktion verboten werden – die Leute bekom- Rechnung geht nicht auf men dann halt einfach keine Gut- Da heisst es gegen Ende des Artikels: scheine! –, dann wird es für mich schon «Bei den unter 50-jährigen Beschäf- richtig zynisch. Wäre ich selber in der tigten mit über 110 000 Franken Jah- Rolle eines Betreuers für ande rer Leute reseinkommen haben 62 Prozent jetzt Kinder, dann würden mich diese neuen schon fünf und weitere 15 Prozent sechs Forderungen massiv demotivieren. Mo- oder mehr Wochen Ferien. Mehr als die tivierte Betreuer sind für mich ein ganz Hälfte der Beschäftigten, die in diesem entscheidender Qualitätsfaktor, der Alter unter 60 000 Franken jährlich durch Reglementierungen immer mehr verdienen, müssen sich hingegen mit oder weniger konterkariert wird. minimalen vier Wochen begnügen.» Cornelis Bockemühl Dabei wird unterschlagen, dass in den meisten Firmen, in denen leitende An- «Auf eine Intrige mit Herrn und Frau gestellte sechs Wochen Ferien erhalten, Fasnacht», tageswoche.ch/+awgjy diese meist damit kompensiert werden, dass diese Personen eben keine Wunderschöner Bericht 40-Stunden-Woche mehr haben und Ein wunderschöner Bericht, der auch keinerlei Ansprüche auf Überzeitvergü- tung. Auf das ganze Jahr gerechnet, lässt. Als Auslandschweizer wird es im sind fünf Tage mehr Ferien bei einer Jahr 2013 meine 50. Fasnacht als 40-Stunden-Woche knapp eine Stunde Aktiver sein. Nicht nur das Intrigieren am Tag, man kann jedoch davon ausge- ist ausgestorben, nein, auch das Publi- ben, dass in diesen Kreisen 45 Stunden kum an den Strassenrändern hat sich pro Woche eher normal sind. massiv verändert. Alle Fasnächtler Rolf Wilhelm werden als Waggis betitelt, und ausser «Hesch mir au ebbis» ist die Konver- «Strengere Vorschriften für sation aus. Plaketten werden immer die Betreuung von Kindern?», seltener. Manchmal kommt es mir vor, tageswoche.ch/+awjyo als wären die gefüllten Plastiksäcke die wichtigsten Trophäen – ein Zeedel Prägende erste Jahre wird höchst selten angenommen und Es geht hier nicht um administrativen, landet im Strassengraben. sondern pädagogischen Aufwand. Von Hans Rudolf Grünenfelder einem Lehrer erwarten Sie auch ein Leserbrief der Woche Diplom, oder? Die ganz frühen Jahre «Guantánamo mitten in den USA», sind für den Menschen aber noch viel von Andreas Wyss zu «Guantánamo mitten in den USA», tageswoche.ch/+awsfh prägender als die Schuljahre. Und die tageswoche.ch/+awsfh sollen wir dem Zufall überlassen? Diktaturen lassen grüssen Kommen Sie unsere Kita mal be- Sie brauchen das richtige Wort: Angst. suchen, bleiben Sie einen Tag lang Lese ich diesen Artikel, bekomme ich Angst. Verhaftet Die Demokratien schlittern immer oder zwei oder eine Woche. Ich wette, ohne rechtsstaatliche Rekursmöglichkeiten. Verhaftet durch das mehr in eine Angstkultur hinein und Sie werden viele Situationen erleben, nähern sich Diktatu ren an. Die USA in denen es nicht nur Geduld und Militär. Verhaftet aufgrund der falschen Gesinnung? Dieses machen es uns vor. Aber auch bei uns Lebenserfahrung braucht. Meisterstück der Demokratiefeindlichkeit sollte all denen zu sind schon Ansätze dafür da. Angst vor Kerstin Reissig denken geben, die immer wieder von «Täterschutz» sprechen Krankheiten, Angst vor Gewaltdelik- Reglementierung schadet und damit vor allem die Verhältnismässigkeit und die Rechts- ten, Angst vor Asylbewerbern, Angst staatlichkeit im Visier haben. Dass soziale und gesellschaftliche vor zu vielen Ausländern etc. Wo bleibt Als Vater bin ich ganz gewiss kein Geg- da noch die Eigenverantwortung? ner von Qualität in der Kinder- Probleme wie der Terrorismus (aber auch andere Probleme) Gemäss seinem eigenen Gewissen zu betreuung. Dennoch werde ich das un- nicht mit repressiven Mitteln zu lösen sind, sollte allen bekannt handeln wird immer schwieriger. Der gute Gefühl nicht los, dass hier die er- sein. Dass die Aushöhlung des Rechtsstaats über kurz oder lang Autor George Orwell hat es in seinem freuliche Initiative zur Unterstützung zu Terror und Aufstand führt, werden wohl erst die nachfolgen- Buch «1984» voraus gesehen. Wir sind von weniger bemittelten Familien drauf und dran, das dort beschriebene gleich noch als Vehikel benutzt werden den Generationen am eigenen Leib erfahren müssen. Sie werden totalitäre System zu schaffen. Wenn soll, um dem heute überall grassieren- uns für den fehlenden Willen, dieses Treiben zu stoppen, wohl ich die Entwicklung seit meiner Geburt verachten. Heute könnte das Aufhalten dieser Entwicklung wohl (1947) anschaue, stehen mir die Haare rungswahn zu frönen! Klar: Sicherhe- zu Berge. Mir ist nicht mehr wohl, auch itsbedürfnis einer gesättigten Gesell- noch ohne Blutvergiessen und Tod möglich sein, dass dies auch hier nicht. schaft. Und wenn es dann sogar heisst in 30, 40 oder 50 Jahre noch so ist, wage ich zu bezweifeln. Eldorado

TagesWoche Redaktion Redaktionsleitung Martina Rutschmann, Layout/Grafik Abonnemente 2. Jahrgang, Ausgabe Nr. 9 Tel. 061 561 61 61 Urs Buess, Remo Leupin Peter Sennhauser, Carla Secci, Petra Geiss mann, Die TagesWoche erscheint Auflage: 18 000 Exemplare [email protected] Dani Winter, Daniel Holliger; täglich online und jeweils am Gerbergasse 30, 4001 Basel Redaktionsassistenz Monika Zech Designentwicklung: Freitag als Wochenzeitung. Kooperationspartner: Verlag Béatrice Frefel, Esther Staub Matthias Last, 1 Jahr: CHF 220.– «The Guardian» (London), Tel. 061 561 61 61 Bildredaktion Manuel Bürger (50 Ausgaben); «Der Freitag» () [email protected] Redaktion Hans-Jörg Walter, 2 Jahre: CHF 420.– David Bauer, Renato Beck, Michael Würtenberg Anzeigen (100 Ausgaben); Herausgeber Geschäftsleitung Yen Duong, Karen N. Gerig, Andrea Obrist Ausland-Abos auf Anfrage. Neue Medien Basel AG Tobias Faust Tara Hill, Christoph Kieslich, Korrektorat (Leiterin Werbemarkt), Alle Abo-Preise verstehen Matieu Klee, Jana Kouril Céline Angehrn, Lukas Ritter sich inklusive Abo-Service: Verlagsassistenz/ (Praktikantin), Marc Krebs, Noëmi Kern, Martin Stohler, 2,5 Prozent Mehrwertsteuer Tel. 061 561 61 61 , Lesermarkt Philipp Loser, Florian Raz, Dominique Thommen, Druck und Versand kosten [email protected] Martina Berardini Michael Rockenbach, Andreas Wirz Zehnder Druck AG, Wil in der Schweiz.

TagesWoche 9 32 Bildstoff: Unsere zwei «Helge» zum Abschied von der Fasnacht 2012, fotografiert von Cedric Christopher Merki und Alexander Preobrajenski. Die ganz grosse Auswahl finden Sie auf tageswoche.ch im Fasnachts-Dossier.

Mitglied der Wäschbrätt-Clique auf dem Heimweg. Foto: Cedric Christopher Merkli

TagesWoche 9 33 TagesWoche 9 34 Bildstoff im Web Aussergewöhnliche Bildserien, -techniken und -geschichten von Amateuren und Profis (eigene Arbeiten bitte vorschlagen via [email protected]): jede Woche im TagesWoche- Fotoblog «Bildstoff». tageswoche.ch/+awest

Der ehemalige Nationalbank- Präsident Philipp Hildebrand unter der Helvetia. Foto: Alexander Preobrajenski

TagesWoche 9 35 SPORT Vom Wahn der Möchtegerne

«Wir haben Millionen von Menschen auch viel Freude bereitet»: Rolls-Royce- Liebhaber Hannes Kartnig, der Sturm Graz erst in die Champions League und dann ins Elend geführt hat. Foto: Gepa

Das dicke Ende verschlug dann nationalen TV-Teams nach Österreich, aufwand getrieben, der in keinem Ver- selbst dem wortgewaltigen Hannes um dem Wunder Sturm auf die Spur zu hältnis zur wirtschaftlichen Lage des Kartnig die Sprache. Fünf Jahre Haft, kommen, und dem «Spiegel» war das Vereins gestanden ist», erklärte Rich- 6,6 Millionen Euro Geldstrafe wegen Phänomen Hannes Kartnig gleich meh- ter Karl Buchgraber, der dem Präsiden- schweren Betrugs, Steuerhinterziehung rere Seiten wert. ten und seinen Vorstandskollegen elf und grob fahrlässiger Beeinträchtigung Stolz posierte der Big Boss neben sei- Monate lang den Prozess gemacht hat. von Gläubigerinteressen. Wort- und re- nem niegelnagelneuen Rolls-Royce, prä- gungslos nahm der langjährige Präsi- sentierte seinen exquisiten Katzenhai Ohne Schwarzgeld lief nichts dent des SK Sturm Graz das Urteil vor und offenbarte in allen Zügen, warum 14 Tagen zur Kenntnis, nachdem er bei er in Österreich als «Sonnenkönig» galt. LKW-Ladungen voller Dokumente und seinem persönlichen Schlussplädoyer Der Chef einer Werbe- und Promotions- Abrechnungen waren zusammenge- noch einmal auf den grossen Unterhal- firma beherrschte die Selbstinszenie- karrt worden, etliche ehemalige Fuss- tungswert seiner Ära hingewiesen hat- rung, er war ein Hans-Dampf-in-allen- baller wurden als Zeugen vor Gericht te. «Es sind viele Fehler passiert, aber Gassen und als Wuchtel-Akrobat (be - zitiert. Viele hatten ihre Gelder von ei- wir haben auch dem Volk viel Freude deutet auf Österreichisch: Schmäh und nem Schwarzgeldkonto bezogen – ein bereitet», erklärte Kartnig und gab zu Witz, aber auch Synoym für den Ball) jahrelanges System, wie sich nun her- bedenken, dass sich «Millionen Men- gern gesehener Gast auf allen Society- ausstellte. Für Kartnig war es offenbar schen mit uns gefreut haben». Hochzeiten: heute Opernball, morgen das Normalste der Welt. «Wenn ich ei- Tatsächlich waren der SK Sturm Hahnenkammrennen und übermorgen nem Kicker kein Geld schwarz auf die Graz und sein eigenwilliger Präsident Club der Freunde der österreichischen Hand gebe, spielt der nicht bei mir. So einmal eine echte Attraktion. Sogar Nationalmannschaft. Selbst als Hannes einfach ist das», hatte er beim Prozess europaweit. Als der Verein in der Saison Kartnig nach dem Konkurs des SK zu Protokoll gegeben. Und weil sein 2000/01 überraschend als Gruppen- Sturm 2007 in Untersuchungshaft ge- Sportdirektor, der Clubsekretär und sieger (gegen die AS Monaco, Glasgow nommen wurde, trat er danach weiter auch die Vorstandskollegen davon Rangers und Galatasaray Istanbul) in auf, als sei nie etwas geschehen. nichts mitbekommen haben wollten, die damalige Zwischenrunde der Cham- Sein Grössenwahn fiel Kartnig nun wurden auch sie nun verurteilt. Zu – pions League einzog, pilgerten die inter- auf den Kopf. Er habe «einen Personal- noch nicht rechtskräftigen – Geldstra-

TagesWoche 9 36 Sport 2. März 2012

Xamax im Insolvenzverfahren, Sion im endlosen Rechtsstreit, Servette am Wanken – wer glaubt, im Schweizer Fussball herrscht das Chaos, der sollte nach Österreich blicken, wo Konkurse, Zwangsabstiege und Punktabzüge Tradition haben. Von Christoph Geiler

Sportchef spielen durfte und von sei- In Schieflage nen exzellenten Kontakten zu Öl- Die Liste der Clubs, die im österreichischen aber in der 3. Liga, weil wegen fehlender Bank- scheich Khalid al-Qassimi schwadro- Fussball mit Misswirtschaft auffällig wurden, garantien die Lizenz für die Saison 2006/07 nierte – eine Fata Morgana, wie sich ist lang. verweigert wird. rasch heraustellte. Noch heute lachen sie in Salzburg über den falschen Vorwärts Steyr Grazer AK Scheich. Der Bundesligist muss im Jahr 2000 Kon- Der zweite Grazer Verein meldet 2007 Konkurs kurs anmelden und steigt in die unterste (8.) an und erhält von der 28 Punkte Die Zehnerliga: Segen und Fluch Liga ab. Abzug. Dem sportlichen Abstieg folgt die Lizenzverweigerung. Der GAK, 2004 noch Beinahe unerreicht ist jedoch der Fall FC Tirol Meister, steigt in die dritte Liga ab, die Probleme des FC Tirol und der Griff nach dem Nach drei Meistertiteln in Serie muss der Club aber bleiben. 2008 und 2009 gibt es abermals letzten Strohhalm: Um 2001 von Parker im Juni 2002 Konkurs anmelden. Mit einem Konkursanträge, heute kämpft der Traditions- Leasing and Financing in Fort Lau- Schuldenstand von 50 Millionen Euro gilt dies verein um den Aufstieg in die 2. Liga, und den derdale einen 15-Millionen-Dollar-Kre- noch heute als grösster Konkursfall in der Ge- Funktionären von damals droht ein Prozess. dit zu bekommen, kratzten die Club- schichte des Bundeslandes Tirol. funktionäre ihr letztes Geld zusammen DSV Leoben und überwiesen 750 000 Euro nach Schwarz-Weiss Bregenz Konkursantrag 2009, verbunden mit Zwangs- Übersee – als Anzahlung. Der Kredit- 2004/05 steigt der Verein aus der Bundesliga abstieg, womit der steirische Traditionsclub deal platzte, die Anzahlung blieb auch ab, erhält keine Lizenz für die 2. Liga und erstmals seit 1956 nicht mehr der Bundesliga nach Ermittlungen des FBI und von muss Konkurs anmelden. Der Club startet als angehört. Privatdetektiven verschwunden. «Wir SC Bregenz neu in der 5. Liga. sind Profigaunern auf den Leim gegan- FC Vöcklabruck gen», musste Präsident Martin Ker- Sturm Graz Der Zweitligist stellt nach dem Rückzug des scher später eingestehen. 2006 meldet der Verein während der Saison wichtigsten Geldgebers zum Ende der Saison Warum es immer wieder solche Aus- Konkurs an, schafft mit einem Zwangsaus- 2008/09 den Spielbetrieb ein. wüchse gibt, das wird in Österreich gleich die finanzielle Rettung und wird so von kontrovers diskutiert. Die Zehnerliga, dem Zwangsabstieg bewahrt. Austria Kärnten in den 1990er-Jahren eingeführt, um Der Verein erhält nach dem Abstieg aus der das Niveau zu steigern, scheint Segen Admira Wacker Mödling obersten Liga 2010 keine Lizenz und muss in und Fluch zugleich zu sein. Zwar exis- Unter Hauptaktionär Majid Pishyar – heute die Regionalliga absteigen. Im EM-Sta dion von tiert ein strenges Lizenzierungssystem, Präsident und Besitzer von Servette Genf – 2008 in Klagenfurt wird heute nur noch dritt- zwar müssen die zehn Bundesligisten will der Club in die Champions League, landet klassiger Fussball gespielt. Mindeststandards an Infrastruktur und Finanzen erfüllen, aber der enge Konkurrenzkampf fordert auch seinen Preis. «Es gibt praktisch keine Tabellen- regionen zum Ausruhen», meint etwa Walter Kogler, Cheftrainer von Wacker fen zwischen 1,3 und 3,8 Millionen im weltweiten Fussball, dass ein am- nahme von Sturm sollte dieses Wunder Innsbruck. Euro. «Für die Beitragstäter genügt es, tierender Meister den Betrieb einstellen freilich keinem gelingen. Frank Stron- Der Blick auf die Tabelle unterstreicht dass sie die Tat des Haupttäters ken- muss, aufgelöst wird und in der dritten ach, milliardenschwerer ehemaliger diese These. Vorne kämpfen derzeit sie- nen, was von den Vorstandsmitgliedern Liga einen Neuanfang starten muss. österreichischer Bundesliga-Präsident, ben Teams um den Titel – den Ersten angenommen werden muss», begrün- Da wie dort, in Innsbruck und in sagte als Zeuge im Kartnig-Prozess: Rapid und den Siebten Innsbruck trenn- dete Richter Buchgraber. Und wieder Graz, waren die Motive für den wirt- «Jeder Verein steht mit einem halben ten Ende Februar lediglich sieben Zähler einmal ist der österreichische Fussball schaftlichen Ruin dieselben: Gross- Fuss im Konkurs.» – die restlichen Mannschaften müssen um ein dunkles Kapitel reicher. Wen wundert es da noch, dass etliche sich Abstiegssorgen machen. Drucksitu- Es ist ein schwacher Trost, dass sich österreichische Vereine in ihrer Not ihr ationen, die zu Aktionismus, Panikkäu- Hannes Kartnig und der SK Sturm in Jeder Club in (Un-)Heil in eigenwilligen finanziellen fen und finanziellem Vaban que spiel ver- prominenter Gesellschaft befinden. Deals und seltsamen Figuren suchten. leiten können. Erst vor zwei Wochen wurde mit Mar- Österreich steht Viele Seifenblasen sind in den letzten Eine von einigen Seiten geforderte tin Kerscher ein weiterer ehemaliger mit einem Fuss Jahren geplatzt, viele Hoffnungen ha- Aufstockung der Liga auf 16 Mann- österreichischer Fussballfunktionär zu ben sich als Luftschlösser entpuppt. schaften scheitert auch und vor allem einer Geldstrafe von 1,8 Millionen im Konkurs. Wie etwa die Firma namens Jasmin am Veto der Vereine selbst. Denn die Euro verurteilt. Der gelernte Maurer Raw Materials Ltd., die Rekordmeister TV-Einnahmen sind ein wichtiger Be- stand jahrelang dem FC Tirol vor, der mannssucht gepaart mit Naivität und Rapid mit 20 Millionen Euro beschen- standteil der Budgets, kaum ein Club von 2000 bis 2002 die österreichische dem Wahn, den internationalen Fuss- ken wollte – natürlich ist das Geld nie kann und will es sich leisten, das Fern- Liga dominierte und dreimal in Serie ball aufzumischen. geflossen. Oder Mister Benjamin sehgeld statt mit neun plötzlich mit den rot-weiss-roten Meistertitel holte. Es ist bezeichnend, dass in den ver- Englisch, der dem verschuldeten SK fünfzehn Konkurrenten zu teilen. Heute weiss man: Die Erfolge waren gangenen zehn Jahren mit dem FC Ti- St. Pölten einen amerikanischen In- Den gestürzten Sonnenkönig Han- teuer erkauft. rol (2002), SK Sturm Graz (2006) und vestor, Superstars und ein neues Sta- nes Kartnig kümmert all das nicht Nach dem Gewinn des letzten Titels dem Stadtrivalen Grazer AK (2007) dion versprach – selbstverständlich mehr. Getroffen vom harten Urteil, hat 2002 unter der Führung des heutigen drei Topteams Konkurs anmelden trat nichts von alldem je ein. er sich zur körperlichen Erholung und deutschen Bundestrainers Joachim mussten, die zuvor den Meistertitel ge- Da war dann auch noch Juan Pedro geistigen Besinnung zurückgezogen Löw musste der Club Konkurs anmel- holt hatten und mit aller Gewalt in die Benali, der vor der Ära Red Bull in nach Oberösterreich – in ein Kloster. den. Es ist wohl eine traurige Seltenheit Champions League strebten. Mit Aus- Salzburg für wenige Wochen den tageswoche.ch/+awtvs

TagesWoche 9 37 KULTUR Die dunkle Seite der Seide

r handelt mit Zucker, Tabak, Nach der Matur in Muttenz studier- Unternehmer Blanc (ein Hugenotte wie Hannes Nüsseler ETee – und vor allem mit Seide, dieser te er an der Uni Basel Geschichte und die Sarasins) ausführen lässt: «Kleider Monsieur Blanc. Ein reicher Basler englische Literatur. Dieses Wissen und kommen und gehen wie die Jahreszei- hat vor dem Bürger, ein gieriger auch: beteiligt er diese Interessen kommen in seinem ten. Das Einzige, was nicht aus der sich doch finanziell an dubiosen Korsa- Debüt-Comic ebenso deutlich zum Tra- Mode kommt, ist das Geld. Deshalb Hintergrund der renschiffen und schlägt aus Schmuggel gen wie seine Liebe zum Film: Kein Zu- sollten wir uns künftig verstärkt als Profit. Insbesondere Stoffe für Texti- fall, dass er seine dramatische Ge- Financiers betätigen: Handelshäuser frühen Basler lien und Ornamente, mit denen sich die schichte in ein historisches Setting unterstützen, Fabriken …» Nüsseler er- gut betuchten Europäer gerne schmü- eingebaut und mit mehreren Rück- innert auch daran, dass sich die städ- Textilindustrie eine cken, sind ein einträgliches Geschäft. blenden und Nebenaspekten ausge- tischen Zünfter für Webarbeiten zu Dass Blanc damit einen Handels- schmückt hat. Von der Erzählweise schade waren und diese Arbeiten ins packende Graphic boykott von Kaiser Napoleon Bonapar- eine Comic-Matrjoschka, die Nüsseler ärmliche Baselbiet verlagerten. «Heute te umgeht, ist den Franzosen ein Dorn da geschaffen hat. Und ein Drama mit würde man von Outsourcing reden.» Novel geschaffen. im Auge. Sie schicken einen Gesandten Sinn für Action, enthält das twistreiche aus Paris nach Basel, der unter fal- Ende doch auch einen kleinen Kung- Überregionales Interesse Von Marc Krebs schem Vorwand die Bücher prüfen und Fu-Showdown. «Vom Ausgang her aber Beweise sammeln soll. Der Gesandte, einen Showdown, wie ich ihn mir in Bei aller historischer Unterfütterung: ein namenloser (Anti-)Held, stösst da- manchen Hollywood-Filmen wünsch- Einen Heimatroman wollte Nüsseler bei auf ein dunkles Geheimnis: Draus- te», sagt Nüsseler. vermeiden. Er hat zwar bei seinen Re- sen vor der Stadt offenbart sich ihm cherchen auch die Kupferstiche von die finstere Seite hinter dem Erfolg Emanuel Büchel aus dem 18. Jahrhun- der Basler Textilindustrie. Kaufmann «Das Einzige, dert angeschaut, aber bewusst darauf Blanc versucht den Willen der Basel- was nicht aus der verzichtet, Wahrzeichen wie das Müns- bieter Bauern, die für ihn an den Web- ter plakativ in Szene zu setzen. «Die stühlen schuften, mit dem Einsatz neu- Mode kommt, ist Geschichte habe ich in Basel angesie- er elektrischer Technologie zu brechen. das Geld.» delt, weil ich hier lebe, diese Region Ob Unternehmer Blanc sein dunkles kenne – aber die Authentizität sollte Geheimnis und damit auch sein Ge- nicht die Geschichte in den Hinter- sicht wahren kann? Antworten gibt Den Entschluss, all diese Leiden- grund drängen», sagt er. «Das Seidenband», eine Graphic No- schaften zu vereinen, fasste er vor vier Dass der schwarz-weiss gezeichnete vel, die soeben erschienen ist. Jahren auf eigene Faust. Er entwickelte Roman ein überregionales Publikum ein Storyboard, zeichnete neun Monate ansprechen könnte, zeigt der erste Er- Spätes Debüt als Comiczeichner lang Skizzen und Dialoge auf Zetteln, folg, den Nüsseler verbucht hat. Sein entwarf so Handlungsstränge und Bil- Manuskript überzeugte einen Zürcher: Autor des 110-seitigen Comicbuchs ist der. «Ich wusste, dass ich akribisch David Basler vom grössten Schweizer Hannes Nüsseler. Man kennt seinen vorgehen musste, damit die Idee je- Comic-Verlag Edition Moderne. «Es Namen aus Radio und Print. Seit Jah- mals über den Projektstatus hinaus- war erst das zweite Mal in unserer ren verfasst er Filmkritiken für die BaZ kommen würde.» dreissigjährigen Geschichte, dass wir und für Radio DRS. Dass er auch zeich- Zu dieser Zeit fanden in China die ein fixfertiges Manuskript vorgelegt nen kann – und das sehr gut –, wusste Olympischen Spiele statt, und die Fi- bekommen haben», sagt dieser. Der man bisher nicht. Konnte man gar nanzkrise bahnte sich an. Beides As- Verleger hat «Das Seidenband» im Ja- nicht wissen. Denn Nüsseler wagt erst pekte, die Nüsseler in der Rahmen- nuar ans internationale Comic-Festival jetzt, mit 39 Jahren, den Schritt an die handlung aufgegriffen und elegant mit Angoulême, das wichtigste seiner Art, Öffentlichkeit. der Vergangenheit verwoben hat. Nicht mitgenommen. «Zwei, drei französi- Die Idee für sein Comic-Debüt reifte die Seide dient ihm dabei als roter Fa- sche Verlage haben sich interessiert ge- lange. Als Teenager verschlang er die den, sondern die Finanzwirtschaft. zeigt», erzählt Basler. Eine Überset- Bände von Franquin und – vor allem – «Man vergisst gerne, dass Basel lan- zung wäre Gold wert, ist Frankreich Hannes Nüsseler: «Das Hergé. Diese Leidenschaft führte Nüs- ge vor der Pharma im globalen Han- und Belgien doch auch Jahrzehnte Seidenband», Edition seler zum Zeichenstift, zugleich er- delsmarkt mitmischte, mit Textilien nach Hergé noch immer der grösste Moderne, Zürich, 2012. kannte er in den Büchern von «Tim reich wurde und mit Krediten und Markt für Graphic Novels. Vernissage: und Struppi», wie man einen Leser auf Geldgeschäften den Reichtum ver- Wie Seide wäre das der Stoff, aus Sa, 10. März, 14–17 Uhr, falsche Fährten führt und die Span- mehrte», sagt Nüsseler. Diesen Wandel dem die Träume sind … Comix Shop, Basel. nung aufrechterhält. deutet er an, indem er seinen fiktiven tageswoche.ch/+awtxb

TagesWoche 9 38 Kultur 2. März 2012

TagesWoche 9 39 Kultur 2. März 2012

«Am Shift- Festival werde ich festhalten»

Die neue Leiterin des Hauses für elektronische Künste startet trotz Auf Tuchfühlung mit der hiesigen Kultur: schiefem Hausfrieden optimistisch. Die Neu-Baslerin Sabine Himmelsbach. Interview: Karen N. Gerig Foto: Michael Würtenberg

Am 1. März hat Sabine Him- Soll es weiter jährlich stattfinden? ten Ansatz dazu wird die Herbstaus- Sabine Himmelsbach melsbach ihren ersten offiziellen Wir müssen sehen, was die finanzielle stellung mit dem Arbeitstitel «Sensing Im September 2011 wurde sie als Arbeitstag als künstlerische Leiterin Lage zulässt. Es ist in der Tat schwie- Place» bieten, in der es um die verän- künstlerische Leiterin des Hauses des Hauses für elektronische Künste rig, ein Jahresprogramm plus ein jähr- derte Wahrnehmung des urbanen für elektronische Künste vorge- (HeK) hinter sich gebracht. Im Einsatz liches Festival auf die Beine zu stellen. Raums gehen wird, den wir zuneh- stellt. Sie soll das Haus zu einem ist sie jedoch bereits seit Februar, Doch ich sehe es auch als meine Auf- mend vermittelt über unsere mobilen nationalen Kompetenzzentrum denn es gibt viel zu tun. Weil kom- gabe an, zusätzliche Drittmittel aufzu- digitalen Medien erfahren. ausgestalten. Die letzten fünf Jahre mende Woche die erste Ausstellung treiben. Da sind sicher noch nicht alle leitete Sabine Himmelsbach das des Jahres eröffnet wird, aber auch, Möglichkeiten ausgeschöpft. Was halten Sie denn von der Lage Edith-Russ-Haus für Medienkunst weil im Haus in den letzten Monaten am Dreispitz? in Oldenburg. Frühere Stationen viel Unruhe herrschte. Ein Gespräch Das Shift-Festival hat immer auch Die periphere Lage ist sicher nicht ganz der 45-jährigen Kunsthistorikerin über Absichten und Hoffnungen. über die Grenzen eines «Medien- einfach. Es sind zwar schon interessan- waren das Festival Steirischer kunst-Ghettos» hinausgeblickt. te Partner vor Ort, aber die grosse Ent- Herbst in Graz und das Zentrum für Im September wurde bekannt, Soll das so bleiben? wicklung des Quartiers wird erst in den Kunst und Medientechnologie dass Sie ans Haus für elektroni- Absolut. Ein Festival ist gerade des- kommenden Jahren stattfinden. (ZKM) in Karslruhe. sche Künste wechseln. Seither hat halb wichtig, weil es das Mehrsparten- der Kurator das Haus verlassen programm der Medienkunst auch Der ehemalige Kurator, Raffael und ein Teil des Shift-Festival- transparent macht. Dörig, hat das Haus Anfang Jahr Teams seinen Rücktritt bekannt- verlassen. Machen Sie nun alles lungsarbeit – in Führungen und gegeben. Fangen Sie mit einem Seit das HeK existiert, also seit alleine? Workshops – können hier sicher guten Gefühl an? Januar 2011, war das Programm Bislang sind wir ein kleines Team, Schwellenängste abgebaut werden. Mit einem sehr positiven Gefühl. Das unter dem Jahr mager bestückt. aber ich habe auch jetzt schon eine Haus soll ein Kompetenzzentrum für Wie geht es weiter? grossartige Unterstützung im organi- Das HeK soll laut Konzept über Medienkunst in der Schweiz werden, Das HeK ist mehr als nur das Shift- satorischen sowie kuratorischen Be- Basel hinausstrahlen. Wie soll das und ich empfinde es als grossartige Festival. Ich finde es wichtig, dass das reich. Ich möchte erst mal ein paar gelingen? Chance, diese Entwicklung mitgestal- Haus ein Ort ist, an dem permanent et- Monate lang die Stadt und die Kultur- Neben der Einbindung der lokalen ten zu können. Dazu gehört vieles: das was passiert. Seien das Ausstellungen, szene kennenlernen, bevor neue Stel- Szene möchte ich das Haus mit natio- Jahresprogramm, die Vermittlungsar- Vermittlungsangebote oder eine Veran- len ausgeschrieben werden. Im ersten nalen und internationalen Partnern beit, der Aufbau einer Sammlung und Jahr werde ich deshalb eigene inhalt- vernetzen. Bislang ist mein Netzwerk natürlich das Shift-Festival. Es tat mir liche Akzente setzen und mit Gast- in der Schweiz zwar noch begrenzt, sehr leid, dass das Team zurückgetre- «Es ist wichtig, dass kuratoren zusammenarbeiten. aber das soll und wird sich hoffentlich ten ist. Mir wurde aber kommuniziert, das Haus ein Ort ist, bald ändern. dass bei einigen noch Bereitschaft vor- Welche Inhalte interessieren Sie? handen ist, weiterzumachen. Ich wer- an dem permanent Mich interessiert Kunst, die sich mit Sie wurden neben Ihrer Arbeit de darum jetzt mit allen nochmals Ge- etwas passiert.» gesellschaftlichen und medialen Ver- beim HeK noch als Expertin für spräche führen. änderungen beschäftigt; Kunst, die Medienkunst bei der Pro Helvetia sich auch kritisch in gesellschaftliche eingesetzt. Besteht zwischen den Das nächste Shift-Festival findet staltungsreihe, die ans Shift andockt, Prozesse einmischt und konkret Posi- beiden Jobs eine Verbindung? nicht wie gewohnt im Herbst, son- vor allem im Musikbereich. Ein For- tion bezieht. Dazu gehören auch Pro- Nur insofern, dass ich Marianne Burki, dern im Mai 2013 statt ... mat, das regelmässig stattfindet und jekte, die neue Wahrnehmungserfah- die mich dafür angefragt hat, vom HeK Diese Verschiebung hat verschiedene den Funken lebendig hält. Ich möchte rungen bieten und die eine grosse her kenne. Sie ist dort Mitglied des Stif- Gründe. Das Team hat schon im auch gerne Neuproduktionen in Auf- visuelle Kraft besitzen. tungsrats. Zudem kennt sie meine ku- Herbst an mich herangetragen, dass trag geben und so neue Akzente setzen. ratorische Arbeit seit Jahren. Ich bin der Oktober kein guter Zeitpunkt ist, Trotzdem ist vieles für manche sehr froh über diese Chance, weil ich in weil viele Musiker dann ausgebucht Wird das HeK auch aus seinen Leute nicht sehr zugänglich. Wie diesem Gremium viel über die Schwei- sind und man manche Topacts gar vier Wänden ausbrechen? gehen Sie damit um? zer Medienkunstszene erfahren und nicht bekommt. Es gibt aber auch Sicher, ich möchte das Dreispitz-Areal Der Aspekt der Vermittlung ist hier ein gutes Netzwerk ausbilden kann. pragmatische Gründe, etwa die ext- bewusst bespielen – die erwähnten sehr wichtig. Das HeK zieht sicher ein tageswoche.ch/+awvjk rem hohen Heizkosten für die Hallen. Auftragsarbeiten sind ein Beispiel da- junges Publikum an, weil junge Leute für – mit ortsbezogenen Arbeiten, die ihre Lebenswelt in den Arbeiten re- Vernissage «Collect the WWWorld» am Am Festival aber halten Sie fest? auch über die Dauer des Festivals hin- flektiert finden. Wir möchten aber ein Do, 8.3., 18.30 Uhr. Ausstellung bis 20.5. Ja, selbstverständlich. aus zu sehen sein werden. Einen ers- Haus für alle sein, und durch Vermitt- www.haus-ek.org

TagesWoche 9 40 Agenda 2. März 2012

Museum für Kommunikation Warnung: Kommunizieren gefährdet Was läuft wo? Helvetiastr. 16, Bern Wochenstopp Zentrum Paul Klee Täglich aufdatierte Kultur- Eiapopeia. Das Kind im Klee / agenda mit Veranstaltungen Schenkung Archiv Bürgi / über Glück Monument im Fruchtland 3, Bern aus der ganzen Schweiz – Einträchtiger Tumult Verkehrshaus der Schweiz auf tageswoche.ch Bis zur Grenze des sichtbaren Universums The Phenomenal Handclap Band aus New York gastiert Lidostrasse 5, Luzern in der Kaserne Basel. Von Jana Kouril Cabaret Voltaire FREITAG Dada New York III: the Metaphysics of Sitting 2.3.2012 Verpennt sieht am besten aus, wer Komplexität hinweg, die mal mit ravigen Spiegelgasse 1, Zürich durch ein grossstädtisches Szenenquartier Tanzsounds kokettiert, dann wieder mit Kunsthaus Zürich AUSSTELLUNGEN schlendert. Gehört sich so. Das funktioniert handgemachten Rock’n’Roll-Gitarrenloops Ein Wintermärchen / sogar im beschaulichen Basel: Nach dem überrascht. Darauf bringen sie auch Gast- Landschaft und Pastell Heimplatz 1, Zürich Anatomisches Museum Konzert von The Phenomenal Handclap musiker wie etwa die Dap Kings unter – der Universität Basel Band müssen die dunklen Augenringe stolz jene Studiomusiker, die zuvor schon Amy Landesmuseum Zürich Unerwünschte Gäste C’est la vie. Pressebilder seit Pestalozzistr. 20, Basel beim Brunchen präsentiert werden. Denn Winehouse begleitet hatten. So hielt das 1940 / Schöne Seiten mit dieser Band wird jede Nacht zum musi- Debüt der Phenomenal Handclap Band auch Antikenmuseum Basel Museumsstr. 2, Zürich kalischen Kulttumult, auf den man stolz zu- in den Ohren der Kritiker, was ihr Band- und Sammlung Ludwig Maag Halle Sex, Drugs und Leierspiel rückblickt. name verspricht. Grafik 12 St. Alban-Graben 5, Basel Das Musikerkollektiv aus Brooklyn und Mit «Form & Control» legen die New Yor- Hardstr. 219, Zürich Lower Manhattan mischt freizügig Soul, ker nun ihr zweites Album nach. Souverän Cargo Kultur Bar Museum Bellerive Marcel Scheible Funk, Electropop, Psychedelia und Rock. segeln sie darauf an jeglicher intellektueller Perfume St. Johanns-Rheinweg 46, Basel Die DJs Daniel Collàs und Sean Marquand, Kritik vorbei und brillieren mit überborden- Höschgasse 3, Zürich Daniel Blaise Thorens Galerie beide gut vernetzt in der New Yorker Musi- dem musikalischem Ideenreichtum. Die Museum Rietberg Zürich Caspar Abt, Luciano Castelli, kerszene, bilden das Haupthirn der Truppe. neugewonnene Balance zwischen Nostalgie Helden – Ein neuer Blick auf die Kunst Walter Ropélé Mag sein, dass bei ihnen ein bisschen Rest- und Zukunftmusik wirkt berauschend. Afrikas / Tradition & Innovation Aeschenvorstadt 15, Basel LSD durch die Synapsen donnert, jeden- Darum empfehlen wir, die goldenen Gablerstr. 15, Zürich Galerie Carzaniga falls tüfteln sie an Melodien, die sich zärt- Schühchen auszupacken – und ab aufs Museum für Gestaltung Zürich Max Kämpf lich ins Ohr schleichen, und an Beats, die Tanzparkett. Voll Retro und voller Stil. 100 Jahre Schweizer Grafik Gemsberg 8, Basel jedes Bein hüpfen lassen. Was so klingt, tageswoche.ch/+awtvn Ausstellungsstr. 60, Zürich Galerie Gisèle Linder sieht auch so aus: retro, sexy und stylish. Völkerkundemuseum der Philipp Goldbach Willkommen in der kosmischen Disco. Konzert: Kaserne, Basel. Universität Zürich Elisabethenstr. 54, Basel Ihr 2009 veröffentlichtes Debütalbum Di, 6. März, 20. 30 Uhr. Die Kultur der Kulturrevolution Pelikanstr. 40, Zürich Galerie Hilt täuscht über die packende musikalische www.kaserne-basel.ch. Regula Mathys-Hänggi Freie Str. 88, Basel THEATER Galerie Mäder Alperose – das Musical Stephanie Grob mit den Songs von Polo Hofer Claragraben 45, Basel BEA Musical Theater 4.1, Galerie Ursula Huber Mingerstr. 6, Bern. 19.30 Uhr Verena Schindler Sturm Hardstr. 102, Basel Gastspiel des Burgtheaters Wien Guillaume Daeppen Schauspielhaus Pfauen, Sabine Wannenmacher Rämistrasse 34, Zürich. 20 Uhr Müllheimerstrasse 144, Basel Kunsthalle Basel POP!ROCK Cevdet Erek / Hannah Weinberger Steinenberg 7, Basel Carla Café Hammer, Hammerstr 133, Kunstmuseum Basel Basel. 20 Uhr Róza El-Hassan / Max Kämpf St. Alban-Graben 16, Basel

Laleh June Galerie Anzeige Anoush Abrar & Aimée Hoving Picassoplatz 4, Basel Beim Barfüsserplatz Licht Feld Galerie Alexander Bagrat 4051 Basel Beim Barfüsserplatz Davidsbodenstr. 11, Basel Bringen Sie uns 4051 Basel Haben ihr zweites Album «Form & Control» dabei: The Phenomenal Handclap Band. Foto: zVg Museum Tinguely dieses Inserat Kienholz / Vera Isler Bringen Sie uns Paul Sacher-Anlage 2, Basel dieses Inserat Museum der Kulturen Chinatown / On Stage Stampa Forum Würth Arlesheim Vitra Design Museum GRATISGRATIS Münsterplatz 20, Basel Till Velten Hanspeter Münch Die Alchemie des Alltags GRATIS Spalenberg 2, Basel Dornwydenweg 11, Arlesheim Charles-Eames-Str. 1, Weil am Rhein GRATIS Museum für Gegenwartskunst Karlheinz Weinberger / Tony Wuethrich Galerie Kunsthalle Palazzo Aargauer Kunsthaus MEZZE Tim Rollins & K.O.S. Corsin Fontana / Roza El-Hassan Lorenzo Bernet und Yannic Joray Roman Signer / Winterwelten MEZZE St. Alban-Rheinweg 60, Basel und wir verwöhnen Sie Vogesenstr. 29, Basel Bahnhofplatz/Poststrasse 2, Liestal Aargauerplatz, Aarau MEZZE mit einer Gratis-Mezze MEZZE Naturhistorisches Museum Basel Von Bartha Garage Museum am Burghof Historisches Museum Bern und wir verwöhnen Sie Knochenarbeit (Tapas) Andrew Bick 3 x Hett / Bernd Goering Mord und Totschlag mit einer Gratis-Mezze Augustinergasse 2, Basel Kannenfeldplatz 6, Basel Basler Strasse 143, Lörrach Helvetiaplatz 5, Bern (Tapas) Nicolas Krupp Contemporary Art balzerARTprojects Fondation Beyeler Kunsthalle Marjetica Potrč I’ve Got my Eye on Your Art Pierre Bonnard The Old, the New, the Different Rosentalstr. 28, Basel Riehentorstr. 14, Basel Baselstr. 101, Riehen Helvetiaplatz, Bern Leonhardsberg 1 Puppenhausmuseum Dock: aktuelle Kunst aus Basel Galerie Henze & Ketterer & Triebold Kunstmuseum Bern Brillen Telefon 061 271 11 19 Traces from iaab Bernhard Schultze Amiet Leonhardsberg 1 Steinenvorstadt 1, Basel www.restaurant-anatolia.ch Klybeckstrasse 29, Basel Wettsteinstr. 4, Riehen Hodlerstr. 12, Bern Telefon 061 271 11 19 www.restaurant-anatolia.ch

TagesWoche 9 41 Agenda 2. März 2012

Anzeige Oriental, House, Hip-Hop, Orgelspiel zum Feierabend Cargo Kultur Bar R&B, Reggaeton Fasnachtskonzert mit Susanne Doll Marcel Scheible DJ Dlo und Claudia Adrario. Die Schönen der St. Johanns-Rheinweg 46, Harrem, Steinentorstr. 26, Nacht – Von Laternen und anderen Basel Basel. 20 Uhr Himmelskörpern Leonhardskirche, Daniel Blaise Thorens Galerie Oriental-Night mit Show Leonhardskirchplatz, Caspar Abt, Luciano Castelli, Walter Ropélé DJ Rafik Basel. 18.15 Uhr Allegra, Aeschengraben 31, Aeschenvorstadt 15, Basel. 22 Uhr Götz Alsmann Basel Paris! Rhythm of Balkan Burghof, Herrenstr. 5, Galerie Carzaniga DJs Edin, Coffee Guru Lörrach. 20 Uhr Max Kämpf Cirquit, Erlenstr. 23, Basel. 22 Uhr Gemsberg 8, Basel Mischeli-Konzerte Sternstunde Special «Die Triosonate». Ensemble A3 mit Galerie Gisèle Linder 33 Jahre Köppli Twins Johannes Frisch und Tuomo Suni, Philipp Goldbach Bliss DJs Virginia, Oliver K., Ayhasca Violinen; Ronan Kernoa, Elisabethenstr. 54, Basel DJs Deep Bros, Ed Luis Ernesto, Tuncay Celik Freitag Cello; Marc Meisel, Cembalo Galerie HILT Das Schiff, Westquaistr. 19, Nordstern, Voltastr. 30, Basel. 23 Uhr Mischeli Kirche, Regula Mathys-Hänggi Basel. 23 Uhr 2.3.2012 Sunset Vibes Bruderholzstr. 39, Reinach. 18 Uhr Freie Str. 88, Basel Butch Café Del Mar, Steinentorstr. 30, Don Camillo in Moskau Borderline, Hagenaustr. 29, Basel. 22 Uhr Anzeige Basel. 22 Uhr DJ Lada The Perfect Friday Cargo Kultur Bar, St. Johanns- Dame 5 Charts, Electro, House Rheinweg 46, Basel. 21.30 Uhr Funk, Hip-Hop, Latin, Merengue CU Club, Steinentorstr. 35, Fights & Fires, If I die today, Spit DJs Don Clever, Moreno, Richy Basel. 23 Uhr Latin-Club D’Rumba, some blood, Archers and arrows Thom Nagy Alternative Freie Str. 52, Basel. 21.30 Uhr Acqua-Lounge, Binningerstr. 14, Sommercasino, Basel. 22 Uhr Münchensteinstrasse 1, Basel. 21 Uhr Disco vs Salsa DJ Carlos Rivera clubDer200 Kruger, Coilcry, Insanity DJs Kasper Bjorke, Diskomurder Metal Bar Rouge, Messeplatz 10, Basel. 22 Uhr Hinterhof, Münchensteinerstr. 81, Restaurant Hirscheneck, Basel. 22 Uhr Lindenberg 23, Basel. 22 Uhr Friday Is Fame Day 80s, Charts, Latin, Partytunes DJ Antoine Lucio Dalla Musikpark A2, St.-Jakob-Eishalle / Italian Pop DJ Branco Brüglingen 33, Galerie Mäder Musical Theater, Fame, Clarastr. 2, Basel. 22 Uhr TANZ Münchenstein. 21 Uhr Stephanie Grob Feldbergstr. 151, Basel. 20 Uhr Ein Sommernachtstraum Claragraben 45, Basel Anzeige Zürcher Ballett Sunrise Avenue Opernhaus, Theaterplatz 1, Galerie Ursula Huber Pop, Rock Zürich. 20 Uhr Verena Schindler Z7, Kraftwerkstr. 4, Pratteln. 20 Uhr Hardstr. 102, Basel Kummerbuben Guillaume Daeppen Mundart, Pop DIVERSES Sabine Wannenmacher Dachstock Reitschule, Die erschti Lektion Müllheimerstrasse 144, Basel Neubrückstr. 8, Bern. 21 Uhr Barfüsserplatz, Basel. 18 Uhr Hebel_121 Die Aeronauten Filmabend Mitsunori Kurashige Punk, Rock A Family Thing – Brüder wider Willen, Hebelstrasse 121, Basel Stall 6, Gessnerallee 8, Drama Zürich. 21 Uhr Internetcafé Planet13, Kunsthalle Basel Cevdet Erek / Hannah Weinberger Selah Sue Klybeckstr. 60, Basel. 20.30 Uhr Steinenberg 7, Basel Pop Fondue am Feuer Kaufleuten, Pelikanstr. 18, Es ist wieder Fonduezeit Kunstmuseum Basel Hits & Shits Zürich. 19.30 Uhr Aktienmühle, Gärtnerstrasse 46, Róza El-Hassan / Max Kämpf Partytunes I love Friday Basel. 19.30 Uhr St. Alban-Graben 16, Basel DJ Nick Schulz DJs Intrafic, Fazer, Caipi, Fix, MC X-Large PARTY Atlantis, Klosterberg 13, Ferrari Laleh June Galerie Sprisse Club, Netzibodenstr. 23, Basel. 23 Uhr Pantheon Basel, Hofackerstr. 72, Anoush Abrar & Aimée Hoving 25 Up – Partytime für Pratteln. 21 Uhr Muttenz. 10 Uhr Picassoplatz 4, Basel Fortgeschrittene I Love Hip-Hop Classics, Disco, House, R&B DJ K. Evans Museum Kleines Klingental DJs LukJLite, Tron Singerhaus, Am Marktplatz 34, JAZZ!KLASSIK Himmelstür Kuppel, Binningerstr. 14, Basel. 22 Uhr Basel. 23 Uhr SamStag Unterer Rheinweg 26, Michael Chylewski Basel Before Latino Night and Friends 3.3.2012 House, R&B DJ Flow The Bird’s Eye Jazz Club, Museum Tinguely The Venue, Steinenvorstadt 58, Dancing Plaza Club, Kohlenberg 20, Kienholz. / Vera Isler Basel. 22 Uhr Riehenring 45, Basel. 22 Uhr Basel. 20.30 Uhr AUSSTELLUNGEN Paul Sacher-Anlage 2, Basel Anzeige Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig Museum der Kulturen Sex, Drugs und Leierspiel Chinatown / On Stage – St. Alban-Graben 5, Basel Die Kunst der Pekingoper Münsterplatz 20, Basel Ausstellungsraum Klingental      Tirana – Tbilisi – Basel. Museum für Gegenwartskunst Kunst in Zeiten der Krise Karlheinz Weinberger / Kasernenstr. 23, Basel Tim Rollins & K.O.S.   St. Alban-Rheinweg 60, Basel Anzeige                  '   ##     #  ! ! (     #   # &#  #  & (    

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TagesWoche 9 42 Agenda 2. März 2012

Naturhistorisches Museum Basel Museum Rietberg Zürich Knochenarbeit Helden – Ein neuer Blick auf die Kunst Augustinergasse 2, Basel Afrikas / Tradition & Innovation Gablerstr. 15, Zürich Nicolas Krupp Contemporary Art Lichtspiele Marjetica Potrč Museum für Gestaltung Zürich Rosentalstr. 28, Basel 100 Jahre Schweizer Grafik Ausstellungsstr. 60, Zürich Puppenhausmuseum Brillen Ein schönes Chaos Völkerkundemuseum der Steinenvorstadt 1, Basel Universität Zürich «Messies» werden sie genannt, weil sie um sich herum eine Die Kultur der Kulturrevolution Raum für Kunst, Literatur Pelikanstr. 40, Zürich und Künstlerbücher Simone Berger Unordnung haben. Ist das messbar? Von Hansjörg Betschart Totengässlein 5, Basel THEATER Stampa Comité-Schnitzelbängg Till Velten Theater Basel, Theaterstr. 7, Spalenberg 2, Basel Basel. 19 Uhr Tony Wuethrich Galerie Die Schatzinsel Corsin Fontana / Roza El-Hassan Basler Kindertheater, Vogesenstr. 29, Basel Schützengraben 9, Basel. 15 Uhr Von Bartha Garage Zeig! Andrew Bick Offene Bühne Kannenfeldplatz 6, Basel Junges Theater Basel, balzerARTprojects Kasernenstr. 23, Basel. 21 Uhr I’ve Got my Eye on Your Art Hagen Rether Riehentorstr. 14, Basel Liebe Forum Würth Arlesheim Burghof, Herrenstr. 5, Lörrach. 20 Uhr Hanspeter Münch Der Urknall Dornwydenweg 11, Arlesheim CapriConnection Kunsthalle Palazzo Rote Fabrik, Seestr. 395, Lorenzo Bernet und Yannic Joray Zürich. 20 Uhr Bahnhofplatz/Poststrasse 2, Liestal So ein Puff: Einblick in den gelungenen Schweizer Film «Messies». Foto: Fair & Ugly Filmproduktion POP!ROCK Museum am Burghof Gleis 13 Reloaded 3 x Hett –Eine Künstlerfamilie / Meine Bücher sind nicht alphabetisch ge- Französisch weg? Oder Catulls Oden? Und Kamikaze Queens, Möped Läds, Bernd Goering – Vom Anfang an The Seniles Basler Strasse 143, Lörrach ordnet. Das ist zwar noch kein Indiz, dass wie steht es mit all den geheimnisvollen ich ein Messie bin. Aber ich habe die Bücher Fremdwörtern? Und Jacquelines Vulva? Restaurant Hirscheneck, Fondation Beyeler gelesen und sollte sie wenigstens mal ord- Ich wollte immer schon wissen, wie es in Lindenberg 23, Basel. 22 Uhr Pierre Bonnard Marius & die Jagdkapelle Baselstr. 101, Riehen nen! Aber wie? Sind das schon Symptome? meinem Kopf aussieht. Oder besser noch: in Ich sass einmal im Zug nach Paris einer dem meiner Freundin. In «Messies» wird es Auf Wildsaujagd. Gastspiele im Rahmen der Galerie Henze & Ketterer & Triebold Studentin gegenüber, die jede gelesene Seite mir vor Augen geführt. Wunderbar unauf- Bernhard Schultze «Arlecchino-Kinderkonzerte» Wettsteinstr. 4, Riehen ihre Buches herausriss, zerknüllte und weg- dringlich dokumentiert der Film von Ulrich Theater Arlecchino, warf! Messies können so etwas nicht. Mes- Grossenbacher, wie es in unseren Köpfen Amerbachstrasse 14, Basel. 14.30 Uhr Vitra Design Museum Die Alchemie des Alltags sies bewahren auf und halten fest. Messies aussehen mag. Es ist ein schönes Chaos, er- Nicolas Field & Antoine Läng Charles-Eames-Str. 1, Weil am Rhein sind wie wir. Im Kopf. füllt von zauberhafter Musik. Liebevoll, mit Schwarzwaldallee, Was sich in meinem Kopf nicht alles leiser Trauer und einem umwerfend stillen Schwarzwaldallee 305, Basel. 20 Uhr Aargauer Kunsthaus Roman Signer / Winterwelten tummelt! Worüber stolpere ich, wenn ich Humor berichtet der Film von Ordnungs- Palkomuski Aargauerplatz, Aarau schon nur einen klaren Gedanken fassen Sinn und -Unsinn. Von gestapelter Ver- Gypsy-Punk soll: Parkscheibe verstellen. Salbei umtop- zweiflung, die einen Menschen befallen Hinterhof, Münchensteinerstr. 81, Historisches Museum Bern Basel. 22 Uhr Mord und Totschlag fen. Die binomische Formel lösen. Handy kann, wenn er alles, aber auch alles spei- Helvetiaplatz 5, Bern neu programmieren. Was da nicht alles ge- chert und keine Delete-Taste hat! Eisbrecher stapelt ist, was ich eigentlich längst weg- Wie da zwischen der Messie-Wohnung & Support Kunsthalle Z7, Kraftwerkstr. 4, Pratteln. 20 Uhr The Old, the New, the Different schmeissen sollte, ehe ich diese Kolumne und dem aufgeräumten Gemeindebüro hin- Helvetiaplatz, Bern schreibe! Zum Beispiel haben 1974 die Polen und hergeschnitten wird, weckt entlarvend Bright / Fraine die Brasilianer im kleinen Final 1:0 geschla- viel Sympathien. Zum Schluss, als Ordnung Kulturhaus Rose, Schedlern 561, Kunstmuseum Bern Stein. 21.30 Uhr Amiet gen! Wozu weiss ich das? Wenn ich anfange herrscht, drückt der aufgeräumte Beamte Hodlerstr. 12, Bern etwas wegzuschmeissen, müsste ich viel- des Ordnungsamtes eine Senftube glatt, Parov Stelar Band leicht auch auf den Kuss meiner Liebsten rollt sie auf, legt sie auf den Klapptisch – Electroswing Live! Museum für Kommunikation Kaufleuten, Pelikanstr. 18, Warnung: Kommunizieren gefährdet verzichten aus dem Champions-League und entscheidet sich dann doch, sie noch Zürich. 20 Uhr Helvetiastr. 16, Bern Spiel 2007. Und den möchte ich noch ein aufzubewahren. Das ist doch ein Anfang! bisschen aufbewahren! Wie soll ich also tageswoche.ch/+awvho Raggabund feat. the Kunstmuseum Luzern Dubby Conquerors Das Atelier. Orte der Produktion Ordnung schaffen? Dancehall, Hip-Hop, Reggae / Katerina Šedá (*1977) Wenn es eine Delete-Funktion im Hirn Moods, Schiffbaustr. 6, Europaplatz 1 (KKL Level K), Luzern gäbe, um zu löschen, worauf ich bereit wäre Die «Lichtspiele» von Hansjörg Zürich. 20.30 Uhr Verkehrshaus der Schweiz zu verzichten, ständen zuoberst acht Jahre Betschart gibt es auch als Blog auf Raphael Saadiq Bis zur Grenze des Latein. Aber geht da nicht auch ein Teil blogs.tageswoche.ch Soul sichtbaren Universums X-tra, Limmatstr. 118, Zürich. 20 Uhr Lidostrasse 5, Luzern Kunsthaus Zürich Ein Wintermärchen / Anzeigen Landschaft und Pastell Heimplatz 1, Zürich

Landesmuseum Zürich C’est la vie. Pressebilder seit

1940 / Schöne Seiten Museumsstr. 2, Zürich Maag Halle Grafik 12 Hardstr. 219, Zürich         Museum Bellerive Perfume Höschgasse 3, Zürich

TagesWoche 9 43 Agenda 2. März 2012

Kreuzworträtsel samstag 3.3.2012 Scary Bitches & Blue Void Punk The Graveyard Scene presents Dynamo, Wasserwerkstr. 21, Zürich. 21.30 Uhr PARTY 2 Years of sCs House, Techno DJs Luciano, Andrea Oliva, Reas, Genti Nordstern, Voltastr. 30, Basel. 23 Uhr A Night of Fame 80s, Charts, House, Partytunes Fame, Clarastr. 2, Basel. 22 Uhr Best Saturday Night Tunes House, R&B The Venue, Steinenvorstadt 58, Basel. 22 Uhr Cosmic Boombox DJs Sassy J., Ill Dubio, Pinto Galli SUD, Burgweg 7, Basel. 22 Uhr Happy Moves @ Sicht-Bar Lounge Blindekuh, Dornacherstr. 192, Basel. 21 Uhr Heavy Weight DJs Buzz, Lukee Lava Cirquit, Erlenstr. 23, Basel. 22 Uhr DJs Hermanez & Someone Else House, Minimal Weitere DJs: Wayne Harber, Jaser M., Marcus Werany, Danielson, Norbert.to, Ned O’Neil & Nesha, Albi, Other: Bashkim Das Schiff, Westquaistr. 19, Basel. 23 Uhr Lamski Acqua-Lounge, Binningerstr. 14, Basel. 22 Uhr Like Woah Hip-Hop, R&B, Urban Auflösung des Kreuzworträtsels in der nächsten Ausgabe. DJs Soulchild, Philly Lösungswort der letzten Ausgabe: KUPPEL Singerhaus, Am Marktplatz 34, Basel. 23 Uhr Mega Full Latino Merengue, Salsa DJs Moreno, Richy Latin-Club D’Rumba, Auflösungen von Freie Str. 52, Basel. 22 Uhr SUDOKU BIMARU SUDOKU und BIMARU in TagesWoche 8 Mega Full Latino Latin, Merengue, Reggaeton So lösen Sie das Sudoku: So lösen Sie Bimaru: Die Zahl bei DJs Moreno, Richi Füllen Sie die leeren Felder jeder Spalte oder Zeile bestimmt, 1 3 6 2 9 5 7 8 4 Latin-Club D’Rumba, Freie Str. 52, mit den Zahlen von 1 bis 9. wie viele Felder durch Schiffe Basel. 22 Uhr 2 7 5 6 4 8 1 9 3 Dabei darf jede Zahl in jeder besetzt sind. Diese dürfen sich One Night with DJ Marcos del Sol Zeile, jeder Spalte und nicht berühren, auch nicht 9 8 4 7 1 3 2 6 5 Electro, House, Minimal in jedem der neun 3 x 3-Blöcke diagonal, und müssen vollständig 5 1 7 8 3 4 6 2 9 Weitere DJs: Junksound Live, Sandro S., Liquid Decks, Boernski, nur ein Mal vorkommen. von Wasser umgeben sein, 3 6 8 9 2 1 4 5 7 Capo, Lazy Tale, Neptune Viel Spass beim Tüfteln! sofern sie nicht an Land liegen. 4 9 2 5 7 6 3 1 8 Borderline, Hagenaustr. 29, Basel. 22 Uhr 8 2 3 4 6 9 5 7 1 Conceptis Puzzles 08010000213 Oriental, House, Hip-Hop, 7 5 1 3 8 2 9 4 6 R&B, Reggaeton 9 8 6 2 2 6 4 9 1 5 7 8 3 2 Hip-Hop, House, Oriental 06010034315 DJ Dlo 5 2 2 Harrem, Steinentorstr. 26, 1 Basel. 20 Uhr 6 4 Party Hart

3 08010002511 Partytunes 1 9 6 3 DJs Dominique Heller, 2 Robin Rehmann Atlantis, Klosterberg 13, Basel. 23 Uhr 5 Salsa-Latino Party 3 2 7 4 1 Latin, Merengue, Salsa DJ Alfredo 3 5 2 Allegra, Aeschengraben 31, Basel. 22 Uhr 1 4 9 Soulsation 1 House 8 7 3 6 Café Del Mar, Steinentorstr. 30, Basel. 22 Uhr Conceptis Puzzles 06010032290 4231201403

TagesWoche 9 44 Agenda 2. März 2012

Superpro Fight Night 3 Cargo Kultur Bar Sporthalle Pfaffenholz, Marcel Scheible Im Burgfelderhof 60B, Basel. 17.30 Uhr St. Johanns-Rheinweg 46, Basel Tram & Bus Leibspeise Jüdisches Museum Schweiz Drum’n’Bass Am Übergang – Bar und Bat Mizwa DJs Dorincourt, Qbig, Zenith B. Kornhausgasse 8, Basel Kuppel, Binningerstr. 14, Basel. 22 Uhr Kunsthalle Basel Twenty Plus Alte Schule Cevdet Erek / Hannah Weinberger Partytunes Steinenberg 7, Basel Sommercasino, Münchensteinstrasse 1, Basel. 22 Uhr Genug von miesen Käsewähen? Montagsplausch-Blogger Kunstmuseum Basel Róza El-Hassan / Max Kämpf Party Total Tenger und Leuzinger zeigen, wie man eine feine macht. St. Alban-Graben 16, Basel 80s, 90s, Mash Up, Partytunes DJs Caipi, Fix, Intrafic, Fazer, Die «drey scheenschte Dääg» 2012 sind Käsewähe (für 3–4 Personen) Museum Kleines Klingental Himmelstür MC X-Large bereits Geschichte. Ein weiteres Mal hat Pe- 1 TL Maizena, 2 Eier, 2 dl Milch, 2 dl Rahm Sprisse Club, Netzibodenstr. 23, Unterer Rheinweg 26, Basel Pratteln. 21 Uhr trus bewiesen, dass er Basler ist. Die einen und wenig Salz in einer Schüssel kurz durch- schlagen. Den ausgewallten Kuchenteig mit Museum Tinguely oder anderen werden noch mit den Nachwe- Kienholz / Vera Isler hen zu kämpfen haben. Auch wir hatten un- ca. 150 g Gruyère (geraffelt) belegen. Eier- Paul Sacher-Anlage 2, Basel JAZZ!KLASSIK ser Kontingent an fetthaltiger Nahrung für milch darüber geben und sofort im Backofen Museum der Kulturen Michael Chylewski and Friends diese Woche bis zum Mittwoch bereits über- 25–30 Minuten bei ca. 225 Grad backen. Chinatown / On Stage The Bird’s Eye Jazz Club, schritten. Sind doch die cremigen «Käs- Die «Basler Kochschule» gilt als das ältes- Münsterplatz 20, Basel Kohlenberg 20, Basel. 20.30 Uhr schnitten» vor dem Hotel Basel jeweils eine te der heute noch bestehenden schweizeri- Museum für Gegenwartskunst fast nicht zu umgehende Hürde. Auch die schen Kochbücher. Es gehört seit über 135 Karlheinz Weinberger / TANZ «Suure Läberli» vom Seppe-Toni sind nicht Jahren (Erstausgabe 1877) zum Inventar un- Tim Rollins & K.O.S. St. Alban-Rheinweg 60, Basel Alles beginnt woanders gerade leichte Kost. gezählter Basler Küchen. Mit etwas Glück Ein Programm für Musik, Sprache Das wahrscheinlich am häufigsten konsu- sind auch wir zu einem Exemplar gekom- Naturhistorisches Museum Basel und Eurythmie mierte Nahrungsmittel an der Basler Fas- men. Unsere Ausgabe wurde von Andreas Knochenarbeit Goetheanum, Rüttiweg 45, nacht aber ist die Käsewähe. Fettig ist sie im- Morel 1983 komplett überarbeitet. Wie wäre Augustinergasse 2, Basel Dornach. 20 Uhr mer, knusprig eher selten und ein wirklicher wohl das Originalrezept aus der Erstausgabe Puppenhausmuseum Gaumenschmaus fast nie. Aus diesem Grund von 1877? In unserem Blog könnt ihr eure Brillen OPER haben wir uns für euch auf die Suche nach ei- Hinweise zum Ursprungsrezept posten. Steinenvorstadt 1, Basel Otello ossia il Moro di Venezia nem köstlichen Käsewähe-Rezept gemacht tageswoche.ch/+awvjw Forum Würth Arlesheim Opernhaus, Theaterplatz 1, und sind fündig geworden. Das Rezept aus Hanspeter Münch Zürich. 19 Uhr der «Basler Kochschule» bietet unserer Mei- Gabriel Tengers und Benjamin Dornwydenweg 11, Arlesheim opera viva nung nach das, was man sich von einer Käse- Leuzingers «Montagsplausch» finden Kunsthalle Palazzo Ein Mitspieltheater für Kinder wähe wünscht. Sie unter blogs.tageswoche.ch Lorenzo Bernet und Yannic Joray «Don Carlo» Bahnhofplatz/Poststrasse 2, Opernhaus, Theaterplatz 1, Liestal Zürich. 15 Uhr Museum am Burghof 3 x Hett / Bernd Goering DIVERSES Basler Strasse 143, Lörrach BSG-Schlussoobe Fondation Beyeler Theater Fauteuil, Spalenberg 12, Pierre Bonnard Basel. 19.30 Uhr Baselstr. 101, Riehen Informationsveranstaltung und Vitra Design Museum Gespräche der Artas Foundation Die Alchemie des Alltags Schweizer Stiftung für Kunst in Charles-Eames-Str. 1, Konfliktregionen Weil am Rhein Musik von Freschard und Stanley Aargauer Kunsthaus Brinks, Videoinstallationen von Eliane Roman Signer / Winterwelten Rutishauser und Monika Rechsteiner. Aargauerplatz, Aarau Moderation: Jennifer Khakshouri Ausstellungsraum Klingental, Historisches Museum Bern Kasernenstr. 23, Basel. 17 Uhr Mord und Totschlag Helvetiaplatz 5, Bern Third Art Swap balzerARTprojects, Kunsthalle Riehentorstr. 14, Basel. 11 Uhr The Old, the New, the Different Helvetiaplatz, Bern Zwei anthroposophische Wohnhäuser Kunstmuseum Bern Besichtigung von Haus de Amiet Jaager und Haus Duldeck in der Hodlerstr. 12, Bern Architekturkolonie in Dornach. Museum für Kommunikation Haus de Jaager, Rüttiweg 20, Warnung: Kommunizieren gefährdet Dornach. ab 10 Uhr Helvetiastr. 16, Bern Kunstmuseum Luzern SONNTAG Das Atelier. Orte der Produktion Schmeckt garantiert: Käsewähe nach «Basler Kochschule». Foto: Gabriel Tenger / Katerina Šedá (*1977) 4.3.2012 Europaplatz 1 (KKL Level K), Luzern

AUSSTELLUNGEN Anzeigen Anatomisches Museum der Universität Basel  

Unerwünschte Gäste

Pestalozzistr. 20, Basel !   Antikenmuseum Basel    "  und Sammlung Ludwig # ## Sex, Drugs und Leierspiel St. Alban-Graben 5, Basel " "   !     Ausstellungsraum Klingental      ##   Tirana – Tbilisi – Basel.  " " Kunst in Zeiten der Krise   #  # # Kasernenstr. 23, Basel

TagesWoche 9 45 Agenda 2. März 2012

SONNTAG Fehlt Ihre 4.3.2012 Kultwerk #19 Ver anstaltung Cabaret Voltaire in der Online- Dada New York III: the Metaphysics of Sitting Agenda? Spiegelgasse 1, Zürich Der Lauf der Dinge Kunsthaus Zürich Erfassen Sie Ein Wintermärchen / Die berühmteste Kettenreaktion der Welt, gefilmt vom Ihre Daten auf Landschaft und Pastell tageswoche.ch/agenda Heimplatz 1, Zürich Künstlerduo Fischli/Weiss, wird 25 Jahre alt. Von Karen N. Gerig Landesmuseum Zürich C’est la vie. Pressebilder seit PARTY 1940 / Schöne Seiten Museumsstr. 2, Zürich Cu at Sunday DJ Donald Museum Bellerive CU Club, Steinentorstr. 35, Perfume Basel. 21 Uhr Höschgasse 3, Zürich Latino Night Museum Rietberg Zürich DJ Flow Helden / Tradition & Innovation Dancing Plaza Club, Gablerstr. 15, Zürich Riehenring 45, Basel. 22 Uhr Museum für Gestaltung Zürich Tango Schnupperkurs «Tango 1900» 100 Jahre Schweizer Grafik DJ Mathis Ausstellungsstr. 60, Zürich Tanzpalast, Güterstrasse 82, Basel. 19 Uhr Völkerkundemuseum der Universität Zürich Tango Sonntagsmilonga Die Kultur der Kulturrevolution DJ Michael Pelikanstr. 40, Zürich Tanzpalast, Güterstr. 82, Basel. 20.30 Uhr THEATER Die Schatzinsel JAZZ!KLASSIK Basler Kindertheater, Drei Jahrhunderte Schützengraben 9, Alles muss rollen, nichts darf stehen bleiben, «Der Lauf der Dinge» muss weitergehen. Foto: Peter brasilianischer Musik Basel. 15 Uhr Fischli, David Weiss; Filmstill; Kamera: Pio Corradi; Courtesy Fischli/Weiss; Galerie Eva Presenhuber, Zürich; © die Künstler Ensemble Mentemanuque, Universität São Paulo, Brasilien Lo Stimolatore Cardiaco Musik-Akademie Basel, Una soluzione transitoria con Leonhardsstr. 6, Basel. 17 Uhr sopratitoli in tedesco. Uraufführung Alles beginnt mit einem vollen, schwar- Schnelle und langsame, fast beschauliche Theater Basel, Theaterstr. 7, Ensemble Amaltea Basel. 19 Uhr zen Kehrichtsack. Aufgehängt an einer Momente, in denen das Auge kurz ruhen «Lady of Silence» Schnur dreht und senkt er sich, bis er einen kann, wechseln sich im Film ab. Wir beob- Gare du Nord, POP!ROCK am Boden stehenden Autoreifen in Bewe- achten ein Kräftemessen der Gegenstände, Schwarzwaldallee 200, Basel. 17 Uhr gung setzt. Was folgt, ist die wohl berühm- das künstlerisch ausformulierte Prinzip von Schubert und die Moderne Andrew Bond und Band teste Kettenreaktion der Welt. Ursache und Wirkung. Vieles ist Mechanik, Sarah Christian (Violine), «Grosse Kiste». Wir schrieben das Jahr 1987, als das Zür- anderes ist Chemie. Es zischt und knallt und Konstanze von Gutzeit (Violoncello), Musical Theater, cher Künstlerduo Peter Fischli und David kracht und rauscht und pfeift und plätschert Sonia Achkar (Klavier) Feldbergstr. 151, Basel. 15 Uhr Burghof, Herrenstr. 5, Lörrach. 11 Uhr Weiss durch diesen 30-minütigen Film an und klirrt. Und zeitweise ist es einfach still. Marius & die Jagdkapelle der documenta 8 schlagartig berühmt wur- Der Film verzichtet auf jeglichen zusätzlichen «De Profundis» in der Passionszeit Auf Wildsaujagd de. «Der Lauf der Dinge» bleibt bis heute Sound, ganz im Gegenteil zu einem Musik- Dorfkirche St. Arbogast, Theater Arlecchino, Kirchplatz, Muttenz. 19 Uhr Amerbachstrasse 14, Basel. 11 Uhr ihr populärstes Werk. Gefilmt wurde mit ei- video der US-Band OK Go, das vom Fischli/ Fire Rose, Demonium ner Handkamera in einer Lagerhalle. Dort Weiss-Film inspiriert zu sein scheint, dessen Metal wurde aus unterschiedlichen Gegenständen einzelne Aktionen aber im Takt des Songs OPER Galery, Rütiweg 9, und Materialien eine 20 bis 30 Meter lange «This too shall pass» passieren müssen. Don Carlo Pratteln. 20.20 Uhr Bahn aufgebaut, eine Art Rube-Goldberg- «Der Lauf der Dinge» ist eines von weni- Opernhaus Zürich Maschine, im Deutschen auch bekannt als gen Beispielen der Medienkunst, das auch Opernhaus, Theaterplatz 1, Zürich. 18 Uhr Was-passiert-dann-Maschine. dank YouTube bekannt sein dürfte. Zudem In der Tat ist «Was kommt als Nächstes?» handelt es sich wahrscheinlich um den Anzeige die Frage, die den Zuschauer bei diesem meistvertriebenen Künstlerfilm. Schliess- DIVERSES Film am meisten umtreibt. Autoreifen rol- lich gibt es das Werk schon längst in fast je- 1. Bummelsonntag len über Rampen, Flaschen füllen und ent- dem Museumsshop auf DVD zu kaufen. Basler Fasnacht 2012 leeren sich, Schaum bildet sich und breitet tageswoche.ch/+awtvp Innenstadt, Basel. sich aus, Flüssigkeiten entzünden sich. Der Offene Bühne für Musik, Film spielt mit der Erwartungshaltung des In dieser Rubrik stellen wir jeweils ein Kultwerk Poesie und Theater Zuschauers, nur um sie hie und da zu bre- vor, das in keiner Sammlung fehlen sollte. Engelhofkeller, Nadelberg 4, Basel. 20 Uhr chen. Da gibt es diese eine Stelle, da zündet Salon Pia    an einem Reifen ein kleines Raketchen, der Reifen rollt vor, aber nicht weit genug. Fischli/Weiss Pia Müller-Potter lädt ihre Gastkünstler und das Publikum    Schon denkt man, die Kettenreaktion wäre Das Zürcher Künstlerduo Peter Fischli (*1952) und David Weiss (*1946) arbeitet im kleinen Saal zu einem  unterbrochen, da zündet doch noch ein Nachmittagstee aus dem Samowar, zweites Raketchen, und weiter gehts. seit 1979 zusammen. Die beiden zählen selbstgebackenem Gebäck und        Manchmal sind es auch nur sprühende Fun- zu den renommiertesten Gegenwarts- Kleinkunst aller Art ein. Kleinkunstbühne Rampe,       %) künstlern der Schweiz und haben diese ken, die zwei Meter weiter eine Lache ent- Byfangweg 6, Basel. 16 Uhr      * zündlicher Flüssigkeit entfachen. schon mehrfach an der Biennale in Vene-        Alles ist bis aufs kleinste Detail aus- dig vertreten. Ihre Arbeiten sind oftmals  * , %   '  tariert; Flecken auf dem Boden zeugen geprägt von Ironie und Hu- davon, dass nicht alles im ersten Anlauf mor und bedienen sich zur       Klärung philosophischer    % %  klappte. Auch gibt es im Film ein paar Schnitte, bei denen unklar bleibt, ob sie nur und theoretischer Fra-  %%  % %  der Straffung der Handlung dienen oder gen der unterschied- -" (!& !& !&#( unterschiedliche Anläufe aneinanderketten. lichsten Medien. +++   %  

TagesWoche 9 Agenda 2. März 2012

Speisung der Hungernden: Ein irischer Missionar im weissen Kittel beaufsichtigt 1969 die Lebensmittelabgabe an Kinder in Biafra.

Aus dem Foto archiv Der Fotograf kann sich auf den Stand- Kurt Wyss unterwegs war) sammelten. Doch von Kurt Wyss punkt stellen, dass er einfach festhält, was sei- plötzlich war man nicht mehr sicher, ob mit den ne Kamera sieht. Und diese sieht in diesem Fall Geldern nicht Waffen statt Nahrung gekauft afrikanische Kinder (ziemlich viele), die ver- wurden. Darum eine Überprüfung vor Ort, und pflegt werden müssen. Wir sehen die Gefässe so reisten schweizerische Medienschaffende in den Kinderhänden. Wir sehen auch einen über eine Luftbrücke ins Kampf- und Krisenge- mächtigen weissen Mann (ganz in Weiss) mit biet. Und so entstand unter anderem das Bild Parteilicher anordnendem Gestus und zwischen den Kin- dieser «feeding station». dern noch ein paar Helfer, einen mit einem Ste- Ein parteiisches Bild? Das Bild zeigt gleich- cken in der Hand. Hinzu kommt etwas Hinter- sam nur sich selbst. Es wären auch andere Bil- Fotograf? grund, der uns zeigt: Wir sind im Urwald. der möglich gewesen, und es gab diese auch: Das Weitere muss eine Bildlegende leisten. etwa lachende Kinder beim Baden im Fluss. Ein Diese könnte lauten: «Irische Missionare sor- solches lag aber quer zum Klischee des «enga- gen 1969 in Biafra dafür, dass Kinder nicht ver- gierten Reporters», der doch das Elend der hungern.» Biafra? Das ist ein nigerianischer Welt in die Wohnstube zu liefern hatte. Teilstaat, und wenn man alt genug ist, erinnert man sich, dass da mal was los war. Das heisst: Das mehrheitlich christliche (katholische) und Ein Stammeskrieg, mit wertvollen Bodenschätzen ausgestattete Krieg um Rohstoffe – Gebiet wollte sich, nachdem ein Putsch geschei- tert war, vom mehrheitlich muslimischen Nige- und dazu unsere ria los sagen und wurde dann auch – vorüberge- Anteilnahme. hend – von viereinhalb der rund 190 Staaten als eigenes Gebilde anerkannt. Die ganze Schweiz spendete Das ging nicht ohne einen Krieg mit ein bis Ein Konflikt wie derjenige in Biafra (oder in zwei Millionen Toten in dreissig Monaten (1967 Darfur, Syrien, Afghanistan, Libyen, Ägypten, in den 1960er-Jahren für Kinder bis 1970) und mit einer effektiven Hunger- in der Elfenbeinküste, Tschetschenien, Geor- blockade eben gegen Biafra. Ein grosser Stam- gien, Palästina, im Kosovo etc.) lässt sich nicht in Biafra. Plötzlich die Frage: meskrieg, Bürgerkrieg, Sezessionskrieg, Krieg in einem einzigen Bild zeigen. Und dennoch um Rohstoffe und ein Religionskrieg – und kann das einzelne Bild eine gültige Wahrheit Kommt das Geld auch an? dazu unsere Anteilnahme. einfangen. Hier: In Kriegen sind die Kinder In der Schweiz war man für Biafra und man die fragilsten Opfer. Darum musste speziell si- Medienschaffende sollten es sammelte für Biafra. Die katholische Hilfsorga- chergestellt werden, dass das Essen (ein Stock- nisation Caritas war führend. Aber auch die fischeintopf) seine Destination erreichte. vor Ort klären. Von Georg Kreis Migros und die «National-Zeitung» (für die tageswoche.ch/+awvhp

TagesWoche 9 47 Agenda 2. März 2012

Das gibt Ärger – This means War Intouchables [12/9 J] Der Verdingbub [14/12 J] 13.00 Fr/Di 17.25/21.50 18.30/21.00 D So 14.00 Dialekt Sa-Mo/Mi 15.10/19.40 Sa 00.15 D Fr/Di 15.10/19.40 Fr 00.15 REX Liestal Sa-Mo/Mi 17.25/21.50 E/d/f Steinen 29, kitag.com Der Ruf der Wale – Big Miracle [9/6 J] Eine wen iig, dr Dällebach Kari [11/8 J] ORIS 13.00 So 10.45 D Michael 14.00/20.00 Dialekt Kanonengasse 15, oris-liestal.ch Basel 16.00 D Kleiner starker Panda [6/3 J] Hugo – 3D [9/6 J] Kleiner starker Panda [6/3 J] Bottled Life [12 J] In 2D: 13.00 D In 3D: 15.00 D 14.30 D 17.30/20.30 E/d Fr-So 13.30 D CAPITOL 16.30 D Journey 2: The Mysterious Island – 3D Tinker Tailor Soldier Spy [13/10 J] Hugo – 3D [9/6 J] Steinenvorstadt 36, kitag.com Mama Africa 13.10/15.10 D So 11.10 E 17.00 E/d/f Fr-So 15.30 D This means War [14/11 J] 18.30 Ov/d Star Wars: Episode 1 – 3D [11/8 J] 15.00/18.00/21.00 E/d/f La source des femmes [14 J] Fr-Mo/Mi 13.15 D So 10.20 E/d/f STADTKINO Für immer Liebe – The Vow [9/6 J] 18.00 D Ziemlich beste Freunde – 20.15 So 11.15 Ov/d/f Fünf Freunde [6/3 J] Klostergasse 5, stadtkinobasel.ch Eine ruhige Jacke 13.20 D Eine wen iig, dr Dällebach Kari [12/9 J] Intouchables [13/10 J] Dead End So 11.00 Dialekt Alvin und die Chipmunks 3 [6/3 J] 20.15 So 11.00 Dialekt 15.00/18.00/21.00 D Fr 15.15 Mo 18.30 E/d Atmen 13.40 So 11.40 D The Barefoot Contessa So 12.30 D Intouchables [12/9 J] SPUTNIK KULT.KINO ATELIER Fr 17.30 Mo 21.00 E/d/f 15.20 D 17.50/20.20 Fr/Sa 22.50 F/d Poststr. 2, palazzo.ch Theaterstrasse 7, kultkino.ch KULT.KINO CLUB Angels with Dirty Faces The Iron Lady [6/3 J] [6 J] Balkan Melodie Fr 20.00 Sa 15.15 E/d Fünf Freunde Marktplatz 34, kultkino.ch 15.30/18.15/20.30 D Fr/Sa/Mi 15.00 So 13.15 D Fr/Mo-Mi 12.10 Ov So 11.00 E/d/f Nuggi Kino The Maltese Falcon Monsieur Lazhar Fr 22.15 Sa 17.30 E/d Die Wiesenberger [10/7 J] Intouchables [12 J] 14.00/16.00/18.15/20.30 F/d Safe House [16/13 J] 13.30/15.45/18.15/20.45 F/d Sabrina Fr-So 18.00 Dialekt Ursula – Leben in Anderswo Fr/Di 15.40/20.40 Sa-Mo/Mi 18.10 Die Kinder vom Napf [7 J] Sa 20.00 E/d Intouchables [13/10 J] So 12.00 Dialekt Sa 23.00 E/d/f Fr/Di 18.10 Fr 23.00 20.15 So 15.30 F/d 14.00 Dialekt Sa-Mo/Mi 15.40/20.40 D The Harder They Fall The Artist [8 J] Vorfilm: Salty Times NEUES KINO Sa 22.15 Mi 18.30 E/d Wandlungen Für immer Liebe – The Vow [12/9 J] So 11.00 D 14.15/21.00 Fr-Mo/Mi 18.30 ohne Dialog Klybeckstr. 247, neueskinobasel.ch Fr 16.00/18.15 E/d/f Sa-Mo/Mi 16.00/18.15 D Sátántangó The Iron Lady So 13.30 Ov/d Halt auf freier Strecke [10 J] Reel Injun The Descendants [11/8 J] Mo-Mi 18.00 D 15.45/18.00/20.30 E/d Fr/Di 16.00/21.15 Sa-Mo/Mi 18.45 So 10.30 D Familiennest Fr 21.00 E Mi 21.00 Ov/d/f Wandlungen Jerusalema Fr/Di 18.45 Sa-Mo/Mi 16.00/21.15 E/d/f Sissach 16.30 So 12.15 D Sa 21.00 E/Afrikaans/d The Devil Inside [16/13 J] STUDIO CENTRAL Mama Africa 17.20/19.20/21.20 D Fr/Sa 23.20 E Gerbergasse 16, kitag.com PALACE So 11.30 Ov/d PATHÉ ELDORADO Ghost Rider 2 – 3D [16/13 J] Der Verdingbub [12 J] Steinenvorstadt 67, pathe.ch 20.00/22.00 Fr/Sa 00.10 D The Artist [8/5 J] Felsenstrasse 3a, palacesissach.ch So 11.45 Dialekt 14.15/20.30 E/d/f Eine wen iig, dr Dällebach Kari Ein riskanter Plan [12/9 J] Fünf Freunde [9/6 J] Rhythm is it ! Fr/So-Mi 13.00/15.30/18.00/20.30 Fr-So/Di/Mi 20.30 Fr/Sa 22.50 D The Girl with the Dragon Tattoo [16/16 J] Fr-So 14.00 D Di 18.30 Sa 13.30/16.00/18.20/20.45 Dialekt Headhunters [16/13 J] 17.00 E/d/f Hugo – 3D [9/6 J] Anschl. Diskussion mit Catherine Brunet, The Artist [8/5 J] Fr/Sa 23.00 D Fr/Sa 23.50 E/d/f Fr-So 16.00 D Beatrice Goetz und Irena Müller-Brozovic 13.30/16.00/21.00 Stumm Cave of Forgotten Dreams – 3D Frick Der Verdingbub [12/9 J] Tinker Tailor Soldier Spy [13/10 J] So 11.00 E/d/f Fr 18.00 Dialekt KULT.KINO CAMERA 18.20 E/d/f MONTI Eine wen iig, dr Dällebach Kari [12/9 J] Rebgasse 1, kultkino.ch PATHÉ PLAZA Kaistenbergstr. 5, fricks-monti.ch 20.30 So 10.30 Dialekt Die Wiesenberger PATHÉ KÜCHLIN Steinentorstrasse 8, pathe.ch Eine wen iig, dr Dällebach Kari [12/10 J] Die Wiesenberger [9/6 J] 14.00/18.15 Dialekt Steinenvorstadt 55, pathe.ch Hugo – 3D [9/6 J] Fr-Mo/Mi 20.15 Dialekt Sa-Mo 18.00 Dialekt Mon pire cauchemar [13 J] Gefährten – War Horse [12/9 J] Fr/Di 13.15 Sa-Mo/Mi 15.50 E/d/f Intouchables [12/10 J] Intouchables [12/9 J] 14.15/20.30 F/d 13.00 D 17.00 E/d/f Fr/Di 15.50 Sa-Mo/Mi 13.15 D Sa/So 17.00 F/d Di/Mi 18.00 F/d

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