„Der Charakter Der Bewohner Ist Im Allgemeinen Der Des Rheinländers...“
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„Der Charakter der Bewohner ist im allgemeinen der des Rheinländers...“ Interessantes und Amüsantes über die Lebensverhältnisse der Einwohner der früheren Bürgermeisterei Burgbrohl im 19. Jahrhundert Achim Schmitz „Die körperliche Beschaffenheit der Bewohner senswerter, aber auch amüsanter Informationen unseres Bezirks ist von Grund aus gut; ein über die Brohltalgemeinden im 19. Jahrhundert. kräftiger, mehr gedrungener Körperbau ent- Nachfolgend werden einige davon dargestellt. spricht den Mühen der Berge besser als die Wegeler beschreibt zunächst die Ausdehnung mehr schlanke Statur des Bewohners der Ebe- der Bürgermeisterei Burgbrohl, die die Dörfer ne; daher man im Verhältnis zum Rheinlande Burgbrohl, Brenk, Galenberg, Kell, Nieder- und nur wenig große Leute sieht.“ Mit diesen Wor- Oberweiler, Niederlützingen, Oberlützingen, ten, entnommen einem im Jahre 1880 heraus- Wassenach und Wehr umfasste. Dazu gehören gegebenen Buch, werden die Bewohner der da- auch diverse Höfe, darunter Laach, Buchholz, maligen Bürgermeisterei Burgbrohl beschrie- Fuchshöhle, Steinbergerhof, Beunerhof, Geis- ben. Das Zitat stammt aus der Feder des „Kö- hügelhof oder Tönissteiner-Heilbrunnen, und niglich Preußischen geheimen Medizinalrats“ Mühlen, zum Beispiel Buchholzer Mühle, Krey- Dr. Julius Wegeler. Der Mediziner - er lebte ermühle, Schweppenburgmühle, Orbachsmühle, Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Orbachs- Pöntermühle, Sauerwiesmühle, Wassenacher mühle im unteren Brohltal - erkundete Men- Mühle und Welchwiesmühle. In diesem Zu- schen und Natur der hiesigen Region intensiv sammenhang werden auch Einwohnerzahlen und fasste seine Erkenntnisse um 1861 in ei- angesprochen. Demnach lebten im Jahre 1817 nem Aufsatz zusammen. Im Jahre 1880 wurde insgesamt 2664 Menschen in der Amtsbürger- diese „land- und volkswirtschaftliche Chronik meisterei Burgbrohl; 1850 waren es bereits der Bürgermeisterei Burgbrohl“ schließlich ver- 4162 und 1861 schließlich 4446. Mit 871 Ein- öffentlicht. Das gut 150 Seiten umfassende wohnern im Jahre 1861 war Wehr mit Abstand Werk enthält eine Vielzahl interessanter, wis- die größte Gemeinde, gefolgt von Kell (633), Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 149 Niederlützingen (619), Wassenach (570) und flur und einer bis zwei Stuben bestehen.“ Burgbrohl (550). Die Bevölkerungszahlen der Medizinalrat Wegeler weiter: „Hat ein Tagelöh- übrigen Ortschaften: Nieder- und Oberweiler ner ein eigenes Häuschen, fühlt er sich schon 379, Glees 301, Oberlützingen 220, Brenk 191 gehoben, sonst zahlt er für eine Wohnung (ge- und Galenberg 112. wöhnlich zwei Stuben und Küchenraum) in der „Die Einwohner der Bürgermeisterei sind fast Regel zwölf Reichstaler das Jahr. Hier schlafen durchgehend katholisch. Im Jahre 1817 befan- Mann und Frau zusammen und auch die Kin- den sich in derselben 39 Juden, deren Zahl aber der in derselben Stube, anderes Verhalten wä- jetzt auf 87 gestiegen ist. Evangelische haben re eine seltene Ausnahme.“ sich nach und nach 12 angesiedelt. Außerdem Je nach Wohlstand der Besitzer war natürlich befinden sich im Bezirke noch Mennoniten“, auch die Einrichtung der Häuser sehr unter- kommt Wegeler auf die Religionszugehörigkeit schiedlich. „Meistens tritt man gleich in die zu sprechen. Küche, neben welcher sich das Wohnzimmer befindet. Bei den größeren Neubauten findet Krotzenhäuser und teilweise sich stets ein Flur mit besonderer Küche. Je gepflasterte Straßen nach der Ausdehnung des Hauses ist die Ein- Wie sahen die Dörfer aus? Auch hierzu gibt der richtung nun bequemer, aber nur auf eine Stu- Autor wertvolle Informationen. „Hinsichtlich be beschränkt, die dann auch als Schlafzimmer der Gebäude herrscht große Verschiedenheit“ dienen muss. Eine Bank ersetzt mehrere Stüh- schreibt er und erwähnt Wassenach, wo offen- le und Luxus herrscht nirgends vor.“ Letztge- kundig viele schöne Wohnhäuser standen. nannte Aussage führt zu der Frage, von was die „Von behaunen Lava-Krotzen erbaut, mit Ge- Menschen des Brohltals Mitte des 19. Jahrhun- simsen von Beller-Stein, Fenster- und Türge- derts lebten. sponden von Mendiger-Stein, mit Schiefer ge- deckt, sind sie für die Wohnung eines einfachen Bauern, Handwerker und Tagelöhner Bauern fast zu elegant.“ In Glees machten sich Auch hierzu finden sich Hinweise. Insgesamt die zahlreichen neuen Häuser aus behauenem 964 Familien wohnten 1858 in der Bürgermeis- Tuffstein sehr gut. „Wehr hat ebenfalls viele terei Burgbrohl. Die meisten Familien lebten schöne Häuser, massiv gebaut und an einer von der Landwirtschaft. Wegeler bezieht sich breiten Straße gelegen, die gut gepflastert ist, auf eine Zusammenstellung aus dem Jahre und deren Rinnen sogar größtenteils aus be- 1849. Demnach betrug die Zahl derer, die haunem Mendiger Stein bestehen.“ Neben die- „Landwirtschaft als Hauptgewerbe“ ausübten, ser Gemeinde seien auch in Kell und Was- 2650. Dazu kamen 769 Personen, die Land- senach die Hauptstraßen gepflastert, in den wirtschaft als Nebengewerbe betrieben. 97 übrigen Dörfern jedoch nicht. Dort sei dann Knechte und 128 Mägde arbeiteten auf den auch nicht soviel „Reinlichkeit anzutreffen“. Bauernhöfen. Selbstständige Handwerker zähl- Wegeler weiter: „Lützingen, Burgbrohl und te er 257 „und dazu noch 65 weiblichen Ge- Weiler stehen sehr zurück, aber Brenk und Ga- schlechts“. Außerdem gebe es zahlreiche Perso- lenberg haben nur die kleinen Lehmhäuser der nen, die als Tagelöhner beschäftigt seien, sei es Eifel.“ in den Mühlen der Bürgermeisterei (darunter al- Die größeren Gebäude seien gewöhnlich von lein 7 Trassmühlen), in den verschiedenen nur einer Familie bewohnt, während sich in Steinbrüchen, auf den Bauernhöfen oder in ir- den kleineren Häusern oft mehrere Familien gend einer anderen Weise. „Tagelöhner sind zusammendrängten. „Doch ist die Sorge für ei- wohl immer zu haben, wenn nicht gerade in der ne eigene Wohnung überall groß, keiner wohnt Nachbarschaft eine Eisenbahn gebaut wird“, gerne zur Miete und daher die vielen kleinen, schreibt er. von der Straße entfernten Häuschen, zu wel- „Die Gewerbe beschränken sich auf die noth- chem man oft den Zugang kaum findet und die dürftigsten, doch reichen sie für den land- häufig aus einem als Küche dienenden Haus- wirthschaftlichen Bedarf vollkommen aus, und 150 ◆ Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 Tuffsteinbruch im Brohltal auf einer Lithographie des 19. Jahrhunderts es gibt mitunter sehr gute Arbeiter“, stellt We- Geräte und Werkzeuge selbst, es sei denn, dass geler fest und: „So haben wir ausgezeichnete letztere aus den Städten nach fabrikmäßiger Handwerker in dem Bezirke.“ Er geht dann ins Anfertigung bezogen werden.“ Julius Wegeler Detail: „In der Bürgermeisterei sind vorhanden erwähnt in seiner Untersuchung aber auch ein 23 Bäcker, Metzger, 26 Schuhmacher, 18 Problem: „Es fehlt in der ganzen Bürgermeis- Schneider, 20 Schreiner, 13 Wagner, 3 Faßbin- terei ein Etablissement, wo man Reparaturen der, 3 Maurer (mit 31 Gesellen), 1 Schiefer- complicirter Maschinen vornehmen lassen decker, 2 Töpfer, 18 Schmiede und 3 Mühlen- könnte.“ Dies, so der Medizinalrat weiter, sei si- bauer.“ cherlich das „Haupthindernis zu deren Ein- „Die Schmiede und Wagner entsprechen den führung.“ Anforderungen der Zeit vollkommen“, schreibt Günstig sei auch das Verhältnis der Wirtschaf- er weiter: „Daher machen sie denn auch alle ten. „Schankwirtschaften sind im ganzen Bezirk Tuschezeichnung der Netzer Mühle im Brohltal Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2009 ◆ 151 nur 21; in Oberlützingen nicht eine! Gasthöfe meindeweg, indeß vorschriftsmäßig chaussiert für gebildete Stände: 4. Die Gegend wird des und dieserhalb den zum Bau herangezogenen Laacher Sees und ihrer vulkanischen Beschaf- Gemeinden gestattet, eine Wege-Hebe-Stelle fenheit wegen häufig von Fremden besucht.“ Im zu halten.“ Wegeler meint damit, dass man für ganzen Bezirk gäbe es lediglich eine einzige das Befahren des Grundweges eine Gebühr ent- Fabrik, „die Bleiweißfabrik in Burgbrohl der richten musste. Für einen beladenen Wagen Gebrüder Rhodius, welche 40 Arbeiter beschäf- oder Karren waren 10 Pfennig zu bezahlen. tigt“. Eingezogen wurden die Gebühren durch einen Ausgiebig widmet sich Julius Wegeler den Pächter, der die Gebührenstation gepachtet landwirtschaftlichen Bedingungen. „Wehr hat hatte. einen vortrefflichen Lehmboden rund um das Bedeutend für die Bürgermeisterei war auch Dorf, dann vulkanischen Sand und über den die „Orbach“. „Dieser Bach setzt seine Thätig- größten Theil seiner Gemarkung einen sandi- keit in Weiler fort, wo er 2 Mühlen treibt, dann gen Lehm.“ Zu Glees heißt es, dass „seine beste bewegt er in und um Burgbrohl die Mühlen der Gemarkung zwischen dem Dorfe und der Flur- Bleiweißfabrik und die sogenannte große Grenze nach Wassenach liegt“. Wegeler an ei- Burgbrohler Traßmühle, dann die Traß- und ner anderen Stelle: „In der Gemarkung von Mahlmühle auf der Orbach (= Orbachsmühle), Wassenach wird eine viel größere Menge Kar- die Traß- und Mahlmühle der Schweppenburg toffeln gezogen als in dem überwiegend und kurz vor seinem Austritt aus der Bürger- schweren Lehmboden von Niederlützingen.“ meisterei die Netzer-Traßmühle.“ Weiler habe in seiner Gemarkung auf dem Forellen führe der Bach bis zur Burgbrohler rechten Ufer der „Orbach“ (so hieß damals der Bleiweißfabrik. „Die schädlichen Beimischun- Brohlbach) humosen, sandigen Boden, der in gen, welcher der Bach durch dieselbe erhält, Richtung Buchholz schwerer und fruchtbarer haben die Fische unterhalb vertrieben.“ werde, auf der linken Seite des Baches sei Sand Weinbau wurde im 19. Jahrhundert auch in der vorherrschend, „der gegen den Herchenberg Bürgermeisterei