Blätter Aus Dem Thurgauer Wald

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Blätter Aus Dem Thurgauer Wald Blätter aus dem Thurgauer Wald Informationen für Waldeigentümer und Forstreviere 25. Jahrgang, Nr. 4, November 2018 2 Editorial Geschätzte Leserinnen und Leser Es war ein wunderbarer Herbst! Sowohl der Sep- lich muss wohl auch die Thematik Wald und tember als auch der Oktober waren von viel Klimawandel verstärkt diskutiert werden. Trotz Sonnenschein und milden Temperaturen ge- allem werden Waldbesitzer und Förster in den prägt, und dies nach einem Jahrhundertsommer. nächsten Wochen und Monaten darauf bedacht Die Bevölkerung hat dies sicherlich in vollen Zü- sein, weitere, noch frische Käfernester zu ent- gen genossen. Nun, das ist natürlich legitim, decken und diese aus dem Wald zu entneh- aber wir sind nun einmal Förster und nicht Ba- men. Damit sollte dann auch der offensichtlich demeister. Wir vermissen den Regen seit dem vorhandene Bedarf an Frischholz abgedeckt Frühjahr und nun brachte auch der Frühherbst werden können. die sehnlichst erhoffte, längere Niederschlags- Der Frühherbst 2018 brachte auf dem Forst- periode nicht. Obwohl: Gerade als ich diese Zei- amt zwei grössere personelle Veränderungen len verfasse, regnet es im Tessin und in Teilen mit sich. Einerseits trat per Ende August Gerold des Kantons Wallis teils massiv. Dort geht es Schwager, Leiter Abteilung Planung und Beiträ- sozusagen von der Waldbrandgefahr direkt in ge, nach 28 Jahren in den Ruhestand und ande- eine Hochwassersituation hinüber. Aber wo rerseits ging auch Ruedi Bohren, Leiter Zentrale bleibt die breite Regenfront für die ganze Dienste, nach 15 Jahren per Ende September in Schweiz? Und wo bleiben die sonst für unsere Pension. Ich danke an dieser Stelle den beiden Gebiete so charakteristischen Landregen? nochmals für ihren Einsatz zugunsten des Wal- Die warmen bis sehr warmen Temperaturen des und des Kantons Thurgau. dürften für dieses Kalenderjahr definitiv vorbei Im Rahmen der schon bald zur Gewohnheit sein. Aber die Trockenheit haben wir noch nicht gewordenen Baumartenportraits wird Ihnen hinter uns. Die Niederschlagsdefizite sind sehr dieses Mal die Erle, v.a. die Schwarzerle, vorge- hoch. Im Wald führte die Trockenheit in erster stellt. Jedermann kennt Moore und Erlenbrü- Linie zu seit 2006 nicht mehr gesehenen Käfer- che. Aber was wissen Sie im Detail von dieser kalamitäten. Seit August rollt eine Käferfront Baumart? Ich bin überzeugt, dass Sie Neues von Westen nach Osten durch den Kanton erfahren werden. Thurgau und es sind bereits immense Schad- Schliesslich wünsche ich Ihnen – geschätzte holzmengen angefallen. Zusätzlich erschwe- Leserinnen und Leser – eine angeregte Lektüre rend kommt hinzu, dass der Holzabsatz fast mit den Blättern aus dem Thurgauer Wald. Zu- gänzlich stockt. In dieser sehr schwierigen Situ- dem hoffe ich in den nächsten Wochen auf er- ation fragt man sich schon, wie denn das sein giebige Niederschläge und dann zu gegebener kann: Das Wunschsortiment Fichte ist an der Zeit auf die Einkehr eines richtigen Winters. Waldstrasse bereit für den Abtransport, der Holzbau boomt, aber die Waldbesitzer bleiben auf ihrem Holz sitzen!? Da überlegt man sich sicherlich gelegentlich, welche Bedeutung die Holzproduktion künftig haben wird bzw. ob andere Waldleistungen an Stellenwert gewinnen werden. Eine Frage, wel- cher sich auch der Verband der Thurgauer Waldeigentümer, WaldThurgau, angenommen Daniel Böhi hat, wie entsprechender Bericht zeigt. Schliess- Kantonsforstingenieur BTW 4/2018 3 Inhalt Forstamt und Forstdienst Sommer und Herbst 2018: Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer 5 Die Schwarzerle im Kanton Thurgau 6 Försterkurs zum Waldbau mit der Buche 9 Das Forstrevier Unterthurgau 12 Die drei Ahnen sind nicht mehr 16 Revierbesuch von Regierungsrätin Carmen Haag 17 Besichtigung der Forstbaumschule Josef Kressibucher AG 18 Zur Pensionierung von Geri Schwager 20 Zur Pensionierung von Ruedi Bohren 21 Aktuelles aus den Forstrevieren 22 Aus den Verbänden und Branchen WaldThurgau – Die Vertretung aller Waldeigentümer/-innen im Thurgau 23 Die Forstwartlernenden bilden sich im Maschinenunterhalt weiter 24 Zur Lage auf dem Holzmarkt – Auszug aus dem Holzmarktbericht 4/2018 26 Diverses Neuer Leiter für die Abteilung Planung und Beiträge 27 4 BTW 4/2018 Forstamt und Forstdienst Sommer und Herbst 2018: Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer Das Jahr 2018 wird europaweit als eines der wärmsten und trockensten bisher in Erinne- rung bleiben. In der Schweiz war die Ost- schweiz besonders stark betroffen, insbeson- dere die tieferen Lagen. Die extreme Witterung führte zu ausgetrockneten Bächen und Böden und blieb auch für den Wald nicht ohne Fol- gen. Die Bäume litten unter Trockenstress und die Borkenkäferpopulation konnte sich rasant entwickeln, sodass die Schäden seit Langem einen neuen Höchststand erreichten. Nachdem die Borkenkäferpopulation bereits in den Vorjahren stetig zunehmen konnte, Typisches Bild in diesem Sommer: Ausgetrocknete musste in diesem Frühjahr von einer hohen Böden und verfärbte Buchen im August. Foto: Claudia Kuratli Ausgangspopulation ausgegangen werden. Die Sturmschäden der Winterstürme begüns- tigten die Käferentwicklung dann zusätzlich. touren. Befallene Bäume, untere deren Rinde Schliesslich kam im selben Jahr auch noch der sich massenhaft Käferlarven entwickeln, wur- heisse, trockene Sommer hinzu. Über Monate den dazu möglichst vor deren Ausflug genutzt gab es keine nennenswerten Niederschläge, und aus dem Wald gebracht. Unglücklicherwei- auch die sonst üblichen Sommergewitter blie- se stockte der Nadelholzabsatz in diesem Jahr ben mehrheitlich aus. Der Wald zeigte bald schon im Frühjahr aufgrund der grossen Sturm- deutliche Spuren der Trockenheit. Neben der holzmengen vom Januar. Die Lager der Holz- Fichte hatte insbesondere die Buche Mühe verarbeiter waren bereits voll und so wurde es und verfärbte sich teilweise bereits im Juli. zunehmend schwierig, das Käferholz abzuset- Die Trockenheit spitzte sich schliesslich zu, zen. Als Notlösung wurden daher im ganzen sodass am 30. Juli erstmals seit 2003 ein Katon ausserhalb des Waldes Käferholzzwi- Feuerverbot für den ganzen Kanton Thurgau schenlager eingerichtet (siehe Titelbild). erlassen wurde, da das Waldbrandrisiko als Man geht nach derzeitigen Schätzungen gross (Stufe 4 von 5) eingestuft werden davon aus, dass in diesem Jahr im Thurgau musste. Das Feuerverbot konnte erst am 22. rund 40 000 bis 50 000 Kubikmeter Käferholz August gelockert und auf den Wald reduziert anfallen, also mehr als doppelt so viel wie im werden, ehe es nach einigen Niederschlägen Vorjahr. Das viele Holz auf den Zwischenla- und zunehmendem Tau und Nebel am 4. Sep- gern soll verkauft werden, sobald der Markt tember ganz aufgehoben wurde. wieder aufnahmefähig ist. Ist die Witterung Schon Ende Mai entschied das Forstamt, aber auch im nächsten Jahr vorwiegend warm auch im 2018, wie schon im Vorjahr, Beiträge und trocken und damit käfergünstig, so ist zu zur Borkenkäferbekämpfung einzusetzen. Bis befürchten, dass die Entwicklung gleich wei- zu den Sommerferien blieb es dann trüge- tergehen wird wie in diesem Jahr. Dann könn- risch ruhig, aber anschliessend waren plötz- te sich die Situation beim Holzabsatz noch lich überall Käferschäden zu verzeichnen. weiter verschärfen. Seither lief die Käferbekämpfung auf Hoch- Claudia Kuratli BTW 4/2018 5 Forstamt und Forstdienst Die Schwarzerle im Kanton Thurgau Nach dem verbreiteten Ausfall von Ulme und Im Thurgau findet die Schwarzerle ihre Haupt- Esche ist die Schwarzerle unsere letzte ver- verbreitung zum einen als «Bacherle» in den bleibende einheimische Wertholzart auf Auen- Ufergehölzen im ganzen Kanton und zum an- böden und anderen stark vernässten Standor- deren als «Walderle» auf den schweren, nas- ten. Dank ihrer Fähigkeit, über eine Symbiose sen Böden im Oberthurgau. Mit ihrem dich- ihrer Wurzeln mit Knöllchenbakterien den ten, tiefreichenden Herzwurzelsystem vermag Luftstickstoff zu binden, ihn so biologisch ver- sie sowohl schwere Tonböden zu erschliessen fügbar zu machen und damit den Boden zu als auch Bach- und Flussufer wirksam vor Ero- verbessern, wird sie zudem bei der Erstauf- sion zu schützen. Als freistehender Einzel- forstung problematischer Standorte beson- baum bildet sie – fast wie ein Nadelholz – ders geschätzt. eine ausgeprägt pyramidale Krone. Unter der Last von Schnee oder Rauhreif brechen im Die bei uns zwar nicht allzu häufige, aber Winter aber auch häufig Äste oder gar ganze doch weit verbreitete Schwarzerle (Alnus glu- Kronenteile ab. Aufgrund des hohen Stock- tinosa) kommt in ganz Europa vor. Sie ge- ausschlagvermögens entwickeln sich so oft deiht auch auf nassen und häufig überflute- mehrstämmige Exemplare. ten Standorten. Als Pionierbaumart zeichnet Von ihrem Vorkommen her bevorzugt die sie sich durch hohes Lichtbedürfnis und ra- Schwarzerle die Tieflagen unterhalb von sches Wachstum in der Jugend aus, erreicht 600 Meter ü. M., gedeiht aber auch in Höhen dafür aber mit etwa 100 bis 120 Jahren nur ein bis 1300 Meter ü. M. Gemäss dem Schweizeri- geringes Höchstalter. schen Landesforstinventar LFI3 ist nur gut je- Wissenschaftliche Zeichnung der Schwarzerle aus Die 5er-Schwarzerle am Hüttwilersee – mit einem dem Pflanzenbestimmungsbuch von Otto Wilhelm Brusthöhendurchmesser von 1,39 Meter wohl eine Thomé aus dem Jahr 1885. der grössten im Kanton. Foto: Erich Tiefenbacher 6 BTW 4/2018 Forstamt und Forstdienst höchste Transpirationsrate aller einheimi- schen Baumarten – aber auch angewiesen auf eine dauernde und gute Wasserversorgung. Nicht umsonst gilt sie unter anderem als Grundwasserzeiger. Der über die Knöllchenbakterien
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