12. März 1968: Fraktionssitzung
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SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 12. 03. 1968 [43] 12. März 1968: Fraktionssitzung AdsD, SPD-BT-Fraktion 5. WP, 88 Überschrift: »Protokoll der Fraktionssitzung vom 12. März 1968 Teil I«; »Protokoll der Fraktionssitzung vom 12. März 1968 Teil II«. Dauer: 9.30–13.00 und 15.10–16.45 Uhr. Anwesend: 164. Vorsitz: Schmidt. Bundesregierung: Heinemann, Schmid, Strobel, Weh- ner; Ritzel (AA). PStS: Arndt, Börner, Jahn. Protokoll: Schmidt; Daul (Teil II). Datum der Niederschrift: 25. 3. 1968; 29. 3. 1968 (Teil II). Sitzungsverlauf: A. Informationen B. Bericht Alex Möller über die Gespräche in Leipzig C. Vorbereitung der Plenarsitzungen D. Grüne Debatte und Gesetzentwurf Agrarstrukturverbesserung (BE: Martin Schmidt) E. Bericht Alex Möller zur Altersversorgung F. Vorlagen aus den Arbeitskreisen a) Staatsangehörigkeitsgesetz (BE: Hirsch) b) Große Anfrage zur Gesundheitspolitik (BE: Schellenberg) c) Bericht über die Arbeit der Kampagne für Demokratie und Abrüstung (BE: Schmitt- Vockenhausen) d) Bildungsurlaub (BE: Matthöfer) G. Bericht Helmut Schmidt über Koalitionsgespräche H. Südostasienreise I. Neuwahl Fraktionsvorstand J. Verankerung der Verfassungsbeschwerde im Grundgesetz Nach Eröffnung und Begrüßung gab Helmut Schmidt bekannt, daß Willy Brandt lei- der verhindert sei, an dieser Sitzung teilzunehmen. Tagesordnung1 Punkt 1: Informationen Dr. Paul Kübler fragte Herbert Wehner, ob und wie den Erschwerungen abgeholfen werden könne, wenn es um die Beschaffung von Heiratsunterlagen aus der DDR gehe. Herbert Wehner wies darauf hin, daß keine Regelungen bestehen. Menschenrechts- normen in dieser Hinsicht bestünden noch nicht und seien daher auch nicht praktizier- bar. Da es bis auf weiteres auf individuelle Behandlung jedes einzelnen Falles ankomme, bitte er, bekannt werdende eklatante Fälle ihm zur Kenntnis zu bringen. Albert Tönjes berichtete über Schwierigkeiten der Textilindustrie im Münsterschen Bereich hinsichtlich der notwendigen Einfuhr von Baumwolle. Er erbat die Aufmerk- samkeit der Fraktion zu diesem wirtschaftspolitisch bedeutsamen Sachverhalt. Klaus Dieter Arndt äußerte, der Wirtschaftsausschuß habe darauf zu antworten, und Karl Ravens, Erwin Lange und Martin Hirsch würden sich der Sache annehmen. Die Liefe- rungen aus Ägypten seien wieder angelaufen. 1 TO liegt dem Protokoll in einer vorläufigen und einer endgültigen Fassung bei. Copyright © 2016 KGParl Berlin 1 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 12. 03. 1968 Rudolf Kaffka erbat Auskunft, ob eine Meldung zutreffe, nach der der deutsche Bot- schafter in Paris, Klaiber, sich zum deutsch-französischen Verhältnis geäußert habe. Ritzel (AA) erklärte, die Meldung treffe zu. Konrad Porzner fragte im Zusammenhang mit dem deutsch-französischen Verhältnis nach einem Ausschuß für Ministerverantwortlichkeit. Helmut Schmidt erklärte, daß wir über Paris unsere eigene Meinung haben. Herbert Wehner sagte dazu, daß er im Kabinett zwar den Bundesminister des Auswärtigen2 erforderlichenfalls zu vertreten habe, jedoch sei es ihm nicht möglich, zur vorgebrachten Einzelfrage aufklärend ant- worten zu können. 3 4 5 Max Seidel griff Personalfragen auf, z. B. hinsichtlich Stingl , Klaiber und Arnold und kritisierte die im Kabinett getroffenen Entscheidungen. Dr. Karl Mommer ging darauf mit dem Hinweis ein, daß wir zu Fragen der Stellenbesetzung ein besseres Verhältnis gewinnen müssen. Karl Riegel schnitt das Wahlergebnis im Bereiche Hamm-Unna an.6 Ihm antwortete Manfred Schulte mit Hinweisen auf regional bedingte Einzeltatbestände. Ergänzende Bemerkungen hierzu äußerte Werner Jacobi. Willy Könen bezog sich auf eine Äußerung von Heinz Kühn, wonach die Große Koali- tion 1969 nicht überdauern werde. Helmut Schmidt klärte ihn darüber auf, daß hier- über bisher keine verbindliche Entscheidung gefallen ist. Fritz Büttner erwähnte landespolitische Verhältnisse, auch im Hinblick auf SPD- Aussagen zum Notstandsrecht und bat, die Fraktion möge endlich und deutlich sagen, wie unsere Abgeordneten und Minister »draußen zu debattieren haben«. Helmut Schmidt antwortete, daß die Partei verlangen könne, daß sich alle Abgeordneten und Minister vor die Politik ihrer Partei stellen. Tagesordnung Punkt 2: Bericht Alex Möller über die Gespräche in Leipzig Alex Möller gab einen eingehenden Bericht über das Ergebnis seines Besuches der Leipziger Messe vom 2. bis 4. März 1968. In diesem Zusammenhang verwies er auf das 7 »Handelsblatt« Nr. 46 vom 5. 3. 1968. Die mit Persönlichkeiten in Leipzig geführten Gespräche und hergestellten Kontakte anläßlich der »Messe des technischen Fortschritts«, über die er auch der Bundesregierung berichten werde, seien für die Partei und für ihn ein bleibender Gewinn. Die DDR sei an der Ausweitung des Handels mit der Bundesrepu- blik interessiert, und er wisse, daß sie auch zu entsprechendem Entgegenkommen bereit ist. Mit beeindruckenden Zahlenangaben lenkte er die Aufmerksamkeit auf den Bun- deshaushalt, in dem – über die zur mittelfristigen Finanzplanung gezogenen Grenzen hinausgehend – fördernde Mittel bereitzustellen seien. 2 Willy Brandt. 3 Vgl. SPD-Fraktionssitzung am 13. Februar 1968, Anm. 8. 4 Manfred Klaiber übernahm am 1. April 1968 mit Sitz in Bonn das neugeschaffene Amt eines Koordi- nators für die deutsch-französischen Beziehungen, der dem Auswärtigen Amt unterstellt war, jedoch direktes Vortragsrecht beim Bundeskanzler hatte, vgl. AdG 1968, S. 13830. 5 Vgl. SPD-Fraktionssitzung am 5. März 1968, Anm. 3. 6 Bei den außerplanmäßigen Kommunalwahlen im Landkreis Unna und der Stadt Hamm am 10. März 1968 erlitt die SPD erhebliche Verluste, NPD und DFU erzielten zum Teil kräftige Gewinne. Im Rat von Hamm erlangte die CDU mit 47,1 % die absolute Mehrheit, die SPD war von zuvor 46,4 % auf 37,4 % eingebrochen, die NPD kam auf 5,9 %. Im Landkreis Unna verlor die SPD insgesamt 6,1 Pro- zentpunkte. Vgl. »SPD und FDP verlieren – NPD profitiert«, SÜDDEUTSCHE ZEITUNG vom 12. März 1968, »Schulte: Protestwähler in Unna«, FAZ vom 12. März 1968 und INFORMATIONEN, Nr. 138 vom 11. März 1968. 7 Vgl. »Aussteller tragen es mit Fassung«, HANDELSBLATT vom 5. März 1968. Copyright © 2016 KGParl Berlin 2 SPD – 05. WP Fraktionssitzung: 12. 03. 1968 Klaus Dieter Arndt antwortete Alex Möller dankbar auf seinen Bericht. Er habe mit seiner Reise nach Leipzig, die vorher abgesprochen war, der SPD sehr geholfen. Diese Reise habe auch im Sinne der Regierungserklärung vom 13. 12. 1966 gelegen und werde mit Sicherheit zu einer Ausweitung des gegenseitigen Handels führen. Dies sei auch schon wegen Berlin sehr wichtig, das zur Zeit »keine guten Karten« habe. Zum Bericht stellte Arthur Killat die Frage, ob die zahlreichen Aussteller aus der Bun- desrepublik nicht gute Abschlüsse gemacht hätten und welche Schwierigkeiten bestün- den. Alex Möller wies darauf hin, daß Minister Schiller Kataloge festgesetzt habe, die für 1969 vertreten werden sollen. Binnen 24 Stunden sei eine entsprechende Informati- on »drüben« durchgegeben worden. Tagesordnung Punkt 3: Vorbereitung der Plenarsitzung Joachim Raffert berichtete über die Sitzung der Arbeitsgruppe, der zur Rede Kiesingers (Lage der Nation) Aufgaben gestellt wurden.8 Er verwies auf das inzwischen bekannt- gewordene Presse-Echo.9 Im Plenum werde zu sagen sein, wie wir uns den Bericht vorstellen. Beschlossen wurde: Hauptredner Helmut Schmidt. Auch Willy Brandt werde, und zwar in seiner Eigenschaft als Vizekanzler, sprechen. Vietnam soll nicht erwähnt wer- den. Sprechen werden außerdem Max Seidel, Egon Franke, Kurt Gscheidle und Joachim Raffert. Deren Redezeit soll jeweils auf 15 Minuten beschränkt sein. Tagesordnung Punkt 4: Grüne Debatte und Gesetzentwurf Agrarstrukturverbesserung Dr. Martin Schmidt berichtete zur bevorstehenden Grünen Debatte und unseren Ge- setzentwurf über Agrarstrukturverbesserung.10 Er deutete an, daß die Debatte anders sein werde als in den vergangenen Jahren. Wir werden zu sagen haben, wie es weiterge- hen soll. Im Hinblick auf den Wahlkampf in Württemberg und gewisse Beschlüsse der Berliner CDU zur politischen Situation werden wir den Bauern die Wahrheit sagen müssen. Heinz Frehsee ging ergänzend auf die soziale Sicherheit der bäuerlichen Be- völkerung ein. Beschlossen wurde folgende Rednerliste der SPD-Fraktion: Helmut Schmidt, Dr. Mar- tin Schmidt, Karl-Heinz Saxowski, Heinz Frehsee, Dr. Fritz Rinderspacher, Heinrich Welslau und Karl Ravens. Es solle nicht zu lange gesprochen werden. Dr. Paul Kübler betonte, daß die Annahme unseres Gesetzentwurfs unbedingt erfor- derlich sei, weil sonst die notwendigen strukturellen Veränderungen nicht zustande- » 8 Am 11. März erstattete Bundeskanzler Kiesinger erstmals den Bericht der Bundesregierung über die Lage der Nation im gespaltenen Deutschland«. BT STEN. BER. 66, S. 8168–8176; die Aussprache folg- te am 14. März, ebd., S. 8293–8381. Zur Zusammensetzung der Arbeitsgruppe vgl. SPD-Fraktions- sitzung am 6. Februar 1968 (Teil 1) mit Anm. 25. 9 Die Presse hatte Kiesingers Bericht überwiegend positiv aufgenommen: Die FAZ bescheinigte ihm, »gemessen und nüchtern« gesprochen zu haben, die KÖLNISCHE RUNDSCHAU sprach von einer »echte[n] Botschaft an die Nation diesseits und jenseits der Zonengrenze«. Der Kommentator der NEUEN RHEIN-RUHR-ZEITUNG charakterisierte den Bericht als »behutsam, verbindlich, diplo- matisch«. Ausdrücklich anerkannt wurde die Bereitschaft zu Gesprächen mit der Regierung der DDR. 10 Die Grüne Debatte fand am 13. März 1968 statt, BT STEN. BER. 66, S. 8197–8254. Der von der SPD eingebrachte Gesetzentwurf über die »Gewährung von Umstellungshilfen und Umschulungs- beihilfen zur Verbesserung der Agrarstruktur«