Tierärztliche Hochschule Hannover

Temperaments- und Charakterbeurteilung bei Reitpferden

INAUGURAL–DISSERTATION zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin – Doctor medicinae veterinariae – (Dr. med. vet.)

Vorgelegt von

Kristina Goslar

Hannover

Hannover 2011

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. H. Hackbarth, Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde), Tierärztliche Hochschule Hannover

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Hackbarth Institut für Tierschutz und Verhalten (Heim-, Labortiere und Pferde), Tierärztliche Hochschule Hannover

2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. H. Sieme Reproduktionsmedizinische Einheit der Kliniken, Klinik für Pferde, Tierärztliche Hochschule Hannover

Tag der mündlichen Prüfung: 10. November 2011

Diese Arbeit wurde gefördert durch die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz sowie die Hans und Helga Maus-Stiftung.

Meinen Eltern

Monika und Achim

Teile der vorliegenden Dissertation wurden bereits auf folgenden Tagungen präsentiert:

Vorträge:

Göttinger Pferdetage „09 (Göttingen, 25.-26. Februar 2009) Untersuchungen zum Individualverhalten von Pferden.

14th International Congress of the International Society for Animal Hygiene (Vechta, 19.-23. Juli 2009) Basic investigation of explorative and flight behaviour in sport horse stallions with regard to the level of schooling.

41. Internationale Tagung Angewandte Ethologie (19.-21. November 2009) Grundlagenuntersuchung zum Flucht- und Erkundungsverhalten bei Reitpferd- Hengsten in Abhängigkeit vom Ausbildungsstand.

Posterpräsentationen:

Göttinger Pferdetage „09 (Göttingen, 25.-26. Februar 2009) Grundlagenuntersuchung zum Individualverhalten von Pferden in Bezug auf Flucht auslösende Reize und die Kontrolle von Ressourcen.

Jahrestagung der Gesellschaft für Tierverhaltensmedizin und –therapie (GTVMT), 16th Annual Meeting of the European Society of Veterinary Clinical Ethology (ESVCE), 7th Annual Meeting of the European College of Veterinary Behavioural Medicine – Companion Animals (ECVBM-CA) (Hamburg, 24.-26. September 2010) The influence of the level of schooling on explorative and flight behavior in sport horse stallions.

Inhaltsverzeichnis

INHALTSVERZEICHNIS

1. EINLEITUNG ...... 1

2. LITERATURÜBERSICHT ...... 3

2.1. Individualverhalten, Interieur, Charakter und Temperament ...... 3 2.1.1. Das Interieur des Pferdes ...... 3 2.1.2. Charakter und Temperament ...... 6

2.2. Verhalten in Konfliktsituationen ...... 8 2.2.1. Fluchtverhalten ...... 8 2.2.2. Erkundungsverhalten ...... 8 2.2.3. Übersprungsverhalten ...... 9 2.2.4. Aggressionsverhalten ...... 10

2.3. Verhaltenstests bei Pferden ...... 10 2.3.1. Open Field Test...... 10 2.3.2. Novel Object Test ...... 13 2.3.3. Startling Test ...... 15 2.3.4. Verhalten gegenüber Menschen ...... 16 2.3.5. Ressourcenkontrolle ...... 18 2.3.6. Persistenz des Verhaltens und Korrelation zwischen verschiedenen Tests ...... 19 2.3.7. Test-Retest-Reliabilität ...... 21 2.3.8. Physiologische Parameter ...... 22 2.3.9. Adaptation auf Praxisrelevanz ...... 22

2.4. Das Ausdrucksverhalten des Pferdes ...... 23 2.4.1. Lokomotionsverhalten ...... 24 2.4.1.1 Bewegung ...... 24 2.4.1.2 Ausweichen ...... 27 2.4.2. Erkundungsverhalten ...... 28 2.4.2.1 Aufmerksames Stehen ...... 29 2.4.2.2 Flehmen ...... 29 2.4.2.3 Scharren ...... 30 2.4.3. Sozialverhalten ...... 32 2.4.3.1 Aggressionsverhalten ...... 32 2.4.3.2 Deeskalationsverhalten ...... 33 2.4.3.3 Vokalisation ...... 34 2.4.4. Komfortverhalten ...... 35 2.4.4.1 Autogrooming ...... 35 2.4.4.2 Bewegungen des Kopfes ...... 35 2.4.4.3 Schütteln ...... 36 2.4.4.4 Schweifschlagen ...... 37 2.4.4.5 Wälzen ...... 37 2.4.5. Ausscheidungs- und Markierungsverhalten ...... 38 2.4.6. Einzelnes ...... 39 2.4.6.1 Gähnen ...... 39 2.4.6.2 Kopf abgesenkt ...... 40 2.4.6.3 Masturbation ...... 41 2.4.6.4 Pica ...... 41 2.4.6.5 Schildern ...... 41 2.4.6.6 Unruhiges Ohrenspiel ...... 42 Inhaltsverzeichnis

2.4.6.7 Verzögerte Reaktion ...... 42 2.4.6.8 Zaunlaufen ...... 43

3. TIERE, MATERIAL UND METHODEN ...... 45

3.1. Die Pferde ...... 45

3.2. Der Test ...... 45 3.2.1. Der Testort ...... 45 3.2.2. Die Testbedingungen ...... 46 3.2.3. Die Testsituationen ...... 47 3.2.3.1 Open Field (OF) (nach KILGOUR (1975)) ...... 47 3.2.3.2 Novel Object Test (NOT) (nach LANSADE et al. (2007)) ...... 47 3.2.3.3 Startling Test Objekt (STO) (nach LANSADE et al. (2007)) ...... 48 3.2.3.4 Startling Test Geräusch (STG) (nach CHRISTENSEN et al. (2005)) ...... 49 3.2.3.5 Personentest Annäherung (PTA) (nach SEAMAN et al. (2002)) ...... 49 3.2.3.6 Personentest Folgen (PTF) (nach KRÜGER (2007)) ...... 50 3.2.3.7 Personentest Ausweichen (PTW) (nach HENRY et al. (2005)) ...... 50 3.2.3.8 Personentest Berühren (PTB) (nach HENRY et al. (2005)) ...... 51 3.2.3.9 Ressourcenkontrolltest (RKT) (nach NMELF (2000)) ...... 51 3.2.4. Das Versuchsmaterial ...... 53

3.3. Aufnahme und Auswertung der Daten ...... 55 3.3.1. Auswertung des Verhaltens und Ethogramm ...... 55 3.3.2. Weitere Parameter ...... 63 3.3.3. Auswertung Interact ...... 64 3.3.4. Vergleich von verschiedenen Altersgruppen ...... 64

3.4. Statistische Auswertung...... 65

4. ERGEBNISSE ...... 67

4.1. Das Verhalten der Pferde ...... 67

4.2. Die Eignung der Testsituationen ...... 70 4.2.1. Open Field ...... 70 4.2.2. Novel Object Test ...... 73 4.2.3. Startling Test Objekt ...... 76 4.2.4. Startling Test Geräusch ...... 82 4.2.5. Personentest Annäherung ...... 88 4.2.6. Personentest Folgen ...... 92 4.2.7. Personentest Ausweichen ...... 97 4.2.8. Personentest Berühren ...... 102 4.2.9. Ressourcenkontrolltest ...... 107

4.3. Die Test-Retest-Reliabilität ...... 107 4.3.1. Open Field ...... 107 4.3.2. Novel Object Test ...... 108 4.3.3. Startling Test Objekt ...... 109 4.3.4. Startling Test Geräusch ...... 112 4.3.5. Personentest Annäherung ...... 115 4.3.6. Personentest Folgen ...... 116 4.3.7. Personentest Ausweichen ...... 116 4.3.8. Personentest Berühren ...... 118 Inhaltsverzeichnis

4.4. Der Vergleich der drei Altersgruppen ...... 120

5. DISKUSSION ...... 123

5.1. Tiere, Material und Methoden ...... 123 5.1.1. Die Pferde ...... 123 5.1.2. Der Test ...... 127 5.1.2.1 Der Testort ...... 127 5.1.2.2 Die Testbedingungen ...... 129 5.1.2.3 Die Testsituationen ...... 130 5.1.2.4 Das Testmaterial ...... 136 5.1.3. Aufnahme und Auswertung der Daten ...... 138 5.1.3.1 Auswertung des Verhaltens und Ethogramm ...... 138 5.1.3.2 Weitere Parameter ...... 139

5.2. Ergebnisse ...... 140 5.2.1. Das Verhalten der Pferde ...... 140 5.2.2. Die Eignung der Testsituationen ...... 144 5.2.3. Die Test-Retest-Reliabilität ...... 151 5.2.4. Der Vergleich der drei Altersgruppen ...... 154

5.3. Schlussfolgerung (und Ausblick) ...... 157

6. ZUSAMMENFASSUNG ...... 159

7. SUMMARY ...... 163

8. LITERATURVERZEICHNIS ...... 167

9. ANHANG ...... 177

9.1. Tabellen ...... 177

9.2. Abbildungen ...... 178 9.2.1. Geräusche im Startling Test Geräusch ...... 178 9.2.2. Bewegungsverhalten der Pferde in den Testsituationen ...... 179

9.3. Abbildungsverzeichnis ...... 187

9.4. Tabellenverzeichnis ...... 189

9.5. Abkürzungsverzeichnis...... 190

Einleitung 1

1. Einleitung

There is nothing better for the inside of a man than the outside of a horse. – WINSTON CHURCHILL

Pferde faszinieren die Menschen seit Jahrtausenden. Dabei spielte das Verhalten der Pferde schon immer eine große Rolle. Sowohl bei der einst vorrangigen Nutzung als Arbeitstier als auch in der heute vorherrschenden Stellung als Freizeit- und Sportpartner ist das Verhalten der Pferde in der vom Menschen vorgegebenen Umwelt von großer Bedeutung.

Durch die Domestikation hat der Mensch seinerseits die Verantwortung übernommen, sich um das Wohlbefinden der Pferde zu sorgen. Dazu gehören Gesundheit, Zufriedenheit, Erfüllung sozialer und ethologischer Bedürfnisse und die Möglichkeit, normales Verhalten zeigen zu können (HACKBARTH u. LÜCKERT 2002). Um diese Bedürfnisse zu erfüllen und sie bei der Nutzung beachten zu können, werden Kenntnisse über das individuelle Verhalten von Pferden benötigt.

Das Fluchtverhalten des Pferdes ist trotz der Domestikation sehr ausgeprägt geblieben und stellt für den Menschen bei der Nutzung von Pferden die größte Herausforderung dar. Dabei gilt im Umgang weniger die Frage, ob ein Pferd flüchtet oder nicht, sondern wie schnell es in eine Erregungslage zurück findet, in der es weiterhin in der Lage ist, sich dem Menschen zuzuwenden und mit ihm zusammen zu arbeiten.

In der vorliegenden Arbeit wurden 70 Reitpferd-Hengste in einem Verhaltenstest untersucht. Der Test bestand aus neun verschiedenen Situationen, die vor allem das Flucht- und Erkundungsverhalten der Pferde überprüften.

Die Fragestellungen in dieser Arbeit lauten:

 Sind die Testsituationen für die Beurteilung des Temperaments und Charakters von Pferden geeignet?

 Ist der Verhaltenstest bei einer Wiederholung reliabel? 2 Einleitung

 Gibt es einen Einfluss des Ausbildungsstandes der Pferde in Bezug auf die Testergebnisse?

Es wurde darauf geachtet, im Verhaltenstest ein hohes Maß an Objektivität zu erfüllen, um eine unabhängige Beurteilung unbekannter Pferde zu ermöglichen. Die Ergebnisse dieser Arbeit sollen somit die Beurteilung des Temperaments und Charakters von Pferden verbessern. Literaturübersicht 3

2. Literaturübersicht

2.1. Individualverhalten, Interieur, Temperament und Charakter

Individuelle Unterschiede im Verhalten sind bei vielen Tierarten beschrieben worden, zum Beispiel bei Nagern (ARCHER 1973), Rindern (KILGOUR 1975) und Pferden (WOLFF et al. 1997). Unterschiede im Verhalten führen dazu, dass einige Tiere besser mit Veränderungen in ihrer Umwelt umgehen können als andere (SEAMAN et al. 2002). Hat ein Tier nicht die Möglichkeit, seine Verhaltensbedürfnisse auszuleben und seine Umwelt zu kontrollieren, kann ein gestörtes Wohlbefinden resultieren. Laut HACKBARTH und LÜCKERT (2002) liegt Wohlbefinden vor, wenn ein Tier frei von negativen Empfindungen ist. Für die Beurteilung des Wohlbefindens bilden die Morphologie, die Physiologie und das Verhalten des Tieres aussagekräftige Parameter.

Durch die Nutzung als Sport- und Freizeitpartner sind das Temperament und der Charakter eines Pferdes für den Menschen von großem Interesse. Sowohl aus seiner Verpflichtung im rechtlichen (Verantwortung im Sinne des Tierschutzgesetzes und Staatsziel „Tierschutz“ im Grundgesetz) und ethischen Sinne (das Pferd als Mitgeschöpf), als auch aus rein praktischen Gründen (durchschnittliches Körpergewicht eines Warmblutpferdes: 500kg) profitiert der Mensch von dem freundlichen Wesen des Pferdes und hat diese Eigenschaft im Laufe der Domestikation erfolgreich züchterisch selektiert und verstärkt.

Eine verbesserte Kenntnis sowohl des Individualverhaltens eines Pferdes als auch des gesamten Verhaltensrepertoire von Pferden kann außerdem helfen, Unfälle zu vermeiden (HAUSBERGER et al. 2008).

2.1.1. Das Interieur des Pferdes

Das Interieur bezeichnet die inneren Werte eines Pferdes (SIMON-SCHÖN 2008) und hat eine zentrale Bedeutung bei Sport- und Freizeitpferden. Laut einer Studie von BRUNS et al. (1978) korrelieren die Auktionspreise bei Sportpferden in einem 4 Literaturübersicht

hohen Maße positiv mit dem Merkmal „Innere Werte“. Diese Bezeichnung entspricht einer Zusammenfassung der Werte Charakter, Temperament und Leistungsbereitschaft. Dieses lässt auf eine große Bedeutung des Interieurs bei Sportpferden schließen. In Marketing-Studien (RUMPF 2009) benennen sowohl Turnier- als auch Freizeitreiter die Bedeutung des Interieurs als unverzichtbar (50% der Antworten) oder wichtig (30-40%). 88% der Teilnehmer finden einen höheren Preis des Pferdes für einen ausgeglichenen Charakter gerechtfertigt. Laut SITZENSTOCK und SIMIANER (2009) verlangt besonders der Freizeitreiter ein vielseitiges Pferd mit sehr guten Interieureigenschaften.

Die Definition des Interieurs bzw. des guten Interieurs ist dagegen schwer zu finden. Ein Pferd soll laut Rahmenzuchtziel der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN 2010) aufgrund seines Temperamentes und seines Charakters für Reitzwecke jeder Art geeignet sein. Die Leitlinien für die Veranlagungsprüfung von Hengsten der deutschen Reitpferdezuchten (BMVEL 2003) fassen das Interieur eines Pferdes in den Merkmalen Charakter, Temperament, Leistungsbereitschaft und Konstitution zusammen. Die Einzelnoten dieser Merkmale werden zu einer Interieurnote zusammen gefasst. Die geringe Variabilität in den Interieurnoten der Leistungsprüfungen bietet aber leider nur wenig Möglichkeiten, die Bedeutung dieses Merkmales bei der Zucht zu berücksichtigen (BROCKMANN u. BADE 2002; PIRSICH et al. 2009). Diese Tatsache verwundert, da die genetische Komponente schon lange vermutet wird und diese Merkmale laut der Leitlinien für die Reitpferdezucht von entscheidender Bedeutung sind.

Üblich ist bisher die Einteilung von Pferden in verschiedene „Typen“. Daraus sind die heute gebräuchlichen Bezeichnungen Pony, Kalt-, Warm- und Vollblut entstanden. Die Typenlehre stellt eine Einteilung der Pferde in Gruppen dar, die sich nicht nur morphologisch, sondern auch in ihrem Verhalten unterscheiden. Diese Unterschiede sind das Resultat verschiedener Zuchtmaßnahmen.

Als Pony bezeichnet man kleine Pferde bis zu einem Widerristmaß von ≤1,48 m. Ihre Körperformen sind eher rund, die Kruppe ist in Relation zur Widerristhöhe breit. Sie haben häufig starke Mähnen- und Schweifbehaarung, sehr dichte Unterwolle und Literaturübersicht 5

derbes Deckhaar. Zusammen mit eher kurzen Ohren machen sie diese Eigenschaften relativ tolerant gegenüber Kälte und Nässe. Sie sind eher leichtfuttrig und neigen zum Verfetten. Da sie im Laufe des Zuchtgeschehens überwiegend in Gruppen gehalten wurden, sind sie sehr gesellig und häufig gut verträglich mit Artgenossen. Ihr Verhalten wird als aufmerksam, lebhaft, sehr lernfähig und nervenstark beschrieben (ZEITLER-FEICHT 2008).

Kaltblüter wurden auf ihren Verwendungszweck als Trag- und Zugtiere selektiert. Diese Tatsache spiegelt sich sowohl in ihrem Exterieur als auch im Verhalten wider. Das Kaltblut hat einen kräftigen Körperbau und ist stark bemuskelt. Durch sein geringeres Bewegungsbedürfnis werden ihm die Attribute gelassen und gutmütig zugeschrieben. Dabei soll es eher langsam lernen, dafür aber einmal Gelerntes lange im Gedächtnis behalten. Kaltblüter eignen sich ebenfalls gut für die Haltung in der Gruppe (ZEITLER-FEICHT 2008).

Warm- und Vollblüter sind größer als Ponys und haben einen feineren Körperbau als Kaltblüter. Sie bilden im Winter weniger Unterwolle aus. Deshalb benötigen sie intensiveren Witterungsschutz als Ponys, die Haltung bei Außentemperaturen ist aber ebenfalls möglich. Das vorrangige Zuchtziel bei Warm- und Vollblütern war schon immer die Eignung zum Reiten und eine hohe Leistungsfähigkeit für sportliche Wettkämpfe. Sie haben daher ein erhöhtes Bewegungsbedürfnis und neigen schneller zur Übererregbarkeit. Dadurch haben sie auch eine höhere Prädisposition zur Entwicklung von Verhaltensstörungen. Es kann sich ein erhöhtes Maß an Aggressionsverhalten gegenüber Artgenossen und Menschen zeigen. Pferde vom Arabertyp haben von allen Rassen das höchste Bewegungsbedürfnis. Sie sind besonders sensibel, reaktionsschnell und leicht erregbar, bei ihnen kann der Fluchtreflex sehr schnell ausgelöst werden (ZEITLER-FEICHT 2008).

Innerhalb dieser verschiedenen Pferdetypen gibt es individuelle Variationen. Sie zeigen sich sowohl im Bereich des Exterieurs, zum Beispiel eine besonders geringe oder hohe Körpergröße abweichend vom gewünschten Rassestandard, als auch im Bereich des Verhaltens. So entwickeln ungünstigen Haltungsbedingungen nicht alle Pferde der gleichen Rasse eine Verhaltensstörung. Durch die Zuordnung zu 6 Literaturübersicht

einem Typ, ebenso wie zu einer Rasse, lässt sich folglich noch nicht auf das individuelle Verhalten eines Pferdes rückschließen. Es können lediglich Tendenzen angegeben werden.

2.1.2. Temperament und Charakter

Das Pferd nimmt eine Sonderstellung unter den Haustieren des Menschen ein, da es sowohl Liebhaber- als auch Nutztier ist und als Reitpferd seinen Zweck erfüllen soll. Im Falle eines Pferdekaufes hat der Käufer häufig relativ genaue Vorstellungen der gewünschten Rasse und Eigenschaften seines zukünftigen Pferdes. Eine bessere Kenntnis des individuellen Charakters und Temperaments eines Pferdes kann hilfreich sein, um den Käufer in der Wahl des zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten passenden Pferdes zu unterstützen. Dieses wäre auch im Sinne des Tierschutzes, da somit ein häufiger Besitzerwechsel und damit auch die mehrfache Adaptation der Pferde an eine neue Umgebung und fremde Artgenossen reduziert werden würde. Bei Hunden wurde diese Möglichkeit bereits erprobt. Durch kurze Verhaltenstests konnte ein mögliches Problemverhalten der Hunde erkannt und daraufhin die Vermittlung der Hunde besser an neue Besitzer angepasst werden (VAN DER BORG et al. 1991).

Die Einteilung eines Pferdes zu einem bestimmten Verhaltenstyp ist häufig ein eher subjektives Verfahren, das auf anekdotischen Erfahrungen der Beurteiler beruht. Diese Tatsache ist für langjährige Pferdehalter und Reiter durch gute Kenntnisse der eigenen Pferde kein Nachteil. Problematisch gestaltet sich der Dialog allerdings, wenn ein unbekanntes Pferd beurteilt werden soll oder die subjektive Meinung dessen, welche Eigenschaften ein „gutes“ Pferd ausmachen, auseinander gehen. MILLS (1998) untersuchte die Inter-Observer-Reliabilität bei der Bewertung der Persönlichkeit von Pferden und fand dabei nur geringe Übereinstimmungen zwischen den verschiedenen Bewertern. Außerdem stellte sich der Verdacht, dass die Bewerter mit den Temperamentsbeschreibungen verschiedene Assoziationen verbanden. Folglich sind konkrete Definitionen der benutzten Begriffe nötig und Literaturübersicht 7

hilfreich. Nur so kann anschließend ein objektiver Vergleich zwischen einzelnen Individuen gezogen werden.

Charakter – Definition

Das Wort „Charakter“ leitet sich ab vom griechischen charassein = ritzen, prägen und bezeichnete ursprünglich ein Kennzeichen oder Merkmal, an dem etwas erkannt wird. In der Psychologie versteht man darunter das Gesamtgefüge der Eigenschaften eines Individuums, die seine Besonderheiten kennzeichnen (DORSCH et al. 2004). Der Charakter ist ein konstantes Verhaltensmuster eines Individuums.

Temperament – Definition

Das Temperament ist das Resultat aus dem physischen, hormonellen und nervalen Status eines Individuums (KILGOUR 1975). Es hebt sich damit von anderen Individuen ab. Da Pferde ebenso wie andere Tiere und der Mensch täglich verschiedenen körperlichen Prozessen und neuen Erfahrungen mit ihrer Umwelt ausgesetzt sind, kann sich das Temperament im Laufe des Lebens verändern. Gewisse Grundzüge des Temperamentes manifestieren sich aber während des Ontogeneseprozesses (LANSADE et al. 2007).

Auch in den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. wird von individuellen Unterschieden der Pferde in Charakter und Temperament gesprochen (FN 1997). Diese sollen in der Ausbildung des Reitpferdes berücksichtigt werden. Der Versuch, ein ausgewogenes Maß zwischen dem Temperament des Pferdes, der Persönlichkeit des Reiters, Haltung, Management und Nutzung des Pferdes zu finden, liefert gute Voraussetzungen sowohl für die erfolgreiche sportliche Leistung, die entspannte Freizeitgestaltung als auch für das Wohlbefinden der Pferde (VISSER et al. 2001). 8 Literaturübersicht

2.2. Verhalten in Konfliktsituationen

2.2.1. Fluchtverhalten

Das Pferd ist ein Fluchttier. In seiner Phylogenese hat sich der Körper des Pferdes auf diese Verhaltensweise spezialisiert. Die Sinnesorgane sind auf eine frühzeitige Wahrnehmung eines Feindes ausgerichtet und die ausgeprägte Leistungsfähigkeit von Bewegungsapparat, Herz-Kreislauf-System und Atmungstrakt ermöglichen dem Pferd eine schnelle Flucht. Dieses Verhalten ist trotz der Domestikation in einem starken Ausmaß vorhanden geblieben und ist für den Menschen bei der Nutzung des Pferdes die größte Herausforderung (LE SCOLAN et al. 1997; CHRISTENSEN et al. 2005; FORKMAN et al. 2007). Da das Fluchtverhalten zum Normalverhalten des Pferdes gehört, stellt sich also weniger die Frage, ob das Pferd Fluchtverhalten zeigt oder nicht, sondern wie stark die Fluchtreaktion ist und wann sie endet. Im täglichen Umgang und beim Reiten ist dabei das Ausmaß der Gefährdung des Menschen durch das flüchtende Pferd und die Zeitdauer bis das Pferd sich wieder entspannt dem Menschen zuwendet von Bedeutung.

2.2.2. Erkundungsverhalten

Das Erkundungsverhalten steht in einem sehr engen Zusammenhang zum Fluchtverhalten (COREY 1978). Pferde sind sehr neugierig und erkunden, wenn sie die Gelegenheit dazu haben, gerne und häufig ihre Umgebung. Dieses Verhalten ist vor allem bei Fohlen und Jungtieren stark ausgeprägt (ZEITLER-FEICHT 2008). Mit zunehmendem Alter nimmt das Erkundungsbedürfnis bei Pferden ab, es bleibt aber trotzdem lebenslang erhalten. Erkundungsverhalten ist unter natürlichen Bedingungen ein wesentlicher Faktor für das Überleben. Es hilft Erfahrungen zu sammeln, neue Ressourcen zu erschließen und gefährliche Situationen und Gegenstände von ungefährlichen zu unterscheiden. Mit Hilfe dieses Lernen durch Erfahrung kann eine unnötige Flucht und der damit verbundene Energieverlust vermieden werden. Literaturübersicht 9

Fördert der Mensch durch eine artgerechte Haltung und ein gut strukturiertes und abwechslungsreiches Training das Erkundungsverhalten des Pferdes, kann er sich die Reduktion des Fluchtverhaltens zu Nutze machen. So können Unfälle vermieden und übermäßiger Stress beim Pferd reduziert werden. Dieses fördert nicht nur das Wohlbefinden des Pferdes sondern auch seine Leistungsfähigkeit (LANSADE et al. 2007).

Durch gezielte Selektion in der Zucht des Pferdes besteht bereits eine große Variabilität bezüglich der Ausprägung des Fluchtverhaltens des Pferdes. Dieses gilt sowohl für die verschiedenen Pferdetypen, die einzelnen Rassen, aber auch individuell durch genetische Anlagen eines Einzeltieres.

2.2.3. Übersprungsverhalten

Unter Übersprungsverhalten versteht man das plötzliche Auftreten von Verhaltensweisen, die in dem jeweiligen Kontext unpassend erscheinen (GATTERMANN 2006). Es entsteht, wenn eine starke Motivation nicht adäquat ausgeführt werden kann, zum Beispiel weil eine Verhaltenskette zu schnell ausgeführt wird und somit keine Befriedung erreicht wird, obwohl der eigentliche Zweck des Verhaltens bereits erfüllt ist. Das Übersprungsverhalten ist dann ein Ventil für die überschüssige Handlungsbereitschaft.

Eine zweite Möglichkeit zur Entstehung von Übersprungsverhalten sind Konflikte bei zwei konkurrierenden Verhaltensweisen, zum Beispiel zwischen Flucht- und Erkundungstendenz. Diese beiden antagonistischen Antriebe hemmen sich gegenseitig und führen dazu, dass eine andere, ursprünglich latente Motivation, wie zum Beispiel zum Komfortverhalten, ausgeführt wird.

Von Pferden häufig ausgeführte Übersprungshandlungen sind zum Beispiel: sich über die Lippen lecken, einen Gegenstand kurz beknabbern oder hinein beißen, mit dem Kopf schlagen, kauen oder gähnen (ZEEB 1959). 10 Literaturübersicht

2.2.4. Aggressionsverhalten

In einer Konfliktsituation kann durch das Erleben von Frustration Aggressionsverhalten entstehen. Frustration entsteht, wenn die Handlungsmöglichkeiten des Pferdes von außen behindert werden und damit eine Erwartungshaltung nicht befriedigt werden kann. Durch eine Verbesserung der Frustrationstoleranz kann das Empfinden der Frustration und das daraus resultierende Aggressionsverhalten gemindert bzw. vermieden werden. Die Voraussetzungen dafür werden vor allem in der Jugendentwicklung des Pferdes gelegt, indem es im Sozialspiel und im weiteren Umgang mit Artgenossen lernt, mit Frustration umzugehen.

2.3. Verhaltenstests bei Pferden

Bei allen Diskussionen um Temperament und Charakter des Pferdes bleibt die Beurteilung in vielen Fällen sehr subjektiv. Wünschenswert wäre ein Test, der mit möglichst wenig Aufwand eine objektive Beurteilung des Verhaltens ermöglicht, idealerweise kombiniert mit der Vorhersage der Reaktion des Pferdes in ähnlichen Situationen. Die Ergebnisse von Fragebogenstudien führen überwiegend zu relativ subjektiven Einschätzungen der Pferde und scheinen stark abhängig von den persönlichen Vorlieben der Befragten zu sein (SEAMAN et al. 2002). Eine bessere Möglichkeit der Beurteilung von Pferden Verhaltenstests. Dabei stehen diverse Testmethoden zu den verschiedenen Fragestellungen zur Verfügung. Die meisten Methoden wurden ursprünglich für die Anwendung von Labortieren verwendet und erst später auf andere Tierarten oder Nutzungsrichtungen übertragen (FORKMAN et al. 2007).

2.3.1. Open Field Test

Der Open Field Test ist eine Beobachtung des Tieres in einem vierseitig geschlossenen Raum, der keine weiteren Strukturen aufweist. Er kann zur Literaturübersicht 11

Untersuchung des freien Erkundungsverhalten (GATTERMANN 2006), aber auch der Angst vor Neuem (JENSEN et al. 1997) herangezogen werden. In der Literatur wird dieser Test häufig auch als „Novel Arena Test“ bezeichnet (FORKMAN et al. 2007). Vor allem bei der Untersuchung von Nagern ist der Verhaltenstest im Open Field bereits lange etabliert (BEILHARZ u. COX 1967; ARCHER 1973). Auf große Säugetiere wie Kühe (KILGOUR 1975), Schweine (BEILHARZ u. COX 1967) und Pferde (WOLFF et al. 1997; SEAMAN et al. 2002) wurde die Untersuchung des Verhaltens im Open Field bereits erfolgreich übertragen.

Die Größe und Beschaffenheit des Raumes variiert je nach Versuchsbedingungen und Tierart. Eine Open Field Arena lässt sich relativ einfach aufbauen und das Verhalten der Tiere kann gut beobachtet werden, so dass sich dieser Test für die Untersuchung von Großtieren gut eignet (KILGOUR 1975). Bei der Auswahl des Ortes muss unter anderem darauf geachtet werden, dass die Fläche der Testarena für die Größe der jeweiligen Tierart ausreichend bemessen ist, damit die Tiere einen Anreiz zur Erkundung ihrer Umgebung haben (WOLFF et al. 1997). DENENBERG (1969) beschreibt die Größe eines Open Fields für eine Ratte als ausreichend, wenn sie die Maße des Käfigs, in dem sie üblicherweise gehalten wird, erheblich überschreitet. KILGOUR (1975) untersuchte das Verhalten von Kühen in einem 22 m2 großen Open Field. Aufgrund der vergleichbaren Körpergröße lässt sich eine ähnlich große Fläche auch für Pferde nutzen. Die Untersuchung im Open Field wird möglichst in einem geschlossenen Raum durchgeführt, um Störungen von außen zu vermeiden. Reithallen haben üblicherweise eine Breite von 20 m, so dass sich eine Arena von entsprechender Größe durch eine Barriere abtrennen lässt. Da die Tiere im Open Field sich selber überlassen werden und freies Erkundungsverhalten zeigen sollen, muss darauf geachtet werden, dass die Abtrennung stabil und so verankert ist, dass sie nicht umfallen kann.

Mit freiem Erkundungsverhalten ist immer Bewegung im Raum verbunden, so dass im Open Field auch das Bewegungsverhalten untersucht werden kann. Zu diesem Zweck werden auf dem Boden der Arena Markierungen angebracht, so dass der Raum in Felder unterteilt ist. Die Häufigkeit der Überschreitung der Linien wird gezählt (BEILHARZ u. COX 1967; DENENBERG 1969; WOLFF et al. 1997; 12 Literaturübersicht

SEAMAN et al. 2002). Auf diese Weise kann zusätzlich eine Präferenz des Tieres für eine Zone der Arena überprüft werden.

In diesem Zusammenhang ist allerdings zu beachten, dass eine rein quantitative Bestimmung des Bewegungsverhaltens häufig nicht ausreichend ist. Die schlichte Aussage, dass Tiere, die sich viel bewegen und dabei - als zweiten Parameter – häufig Kot absetzen, eine hohe Emotionalität im Sinne von vermehrter Angst aufweisen, gilt nicht allgemein (DENENBERG 1969; DE PASSILLÉ et al. 1995). Ein hohes Maß an Bewegung kann ebenso ein Zeichen von verstärktem Erkundungsverhalten sein. Auch der Umkehrschluss lässt sich nicht isoliert auswerten, da auch stationär viel erkundet werden kann. COREY (1978) kritisiert die Untersuchung im Open Field aus diesen Gründen. Er bezeichnet diese Erhebung von Daten als „erzwungene Erkundungs-Prozedur“, da die natürlichen Verhaltensweisen der Tiere, die im Zusammenhang mit Erkunden stehen, wie zum Beispiel Bewegung und Schnuppern, in der künstlichen Umgebung des Open Fields nicht zwingend zu einer eindeutigen Aussage führen. Hier muss deshalb das Ausdrucksverhalten der Tiere mit einbezogen werden, um zu einem aussagekräftigen Ergebnis zu kommen.

Bei sozial lebenden Tieren kann die Angst vor einer neuen Umgebung nicht völlig von dem Einfluss der Isolation getrennt werden (KILGOUR 1975; JONES 1977; WOLFF et al. 1997). In einem Open Field werden die Tiere üblicherweise einzeln beobachtet (FORKMAN et al. 2007), so dass die soziale Isolation immer eine der Hauptkomponenten neben der Neugier oder Angst vor Neuem darstellt. Auf der anderen Seite kann die Untersuchung von Einzeltieren zu einem Anstieg des Erkundungsverhaltens führen, da die Tiere sich nicht auf die Anwesenheit eines Artgenossen konzentrieren (JENSEN et al. 1997). Diesen Umständen kann man je nach Fragestellung entgegen wirken, indem man die Tiere vor Testbeginn mit der Testarena oder mit einer kurzzeitigen Isolation vertraut macht. VISSER et al. (2001) gewöhnten die Pferde in ihrer Untersuchung vor Beginn der eigentlichen Tests an die Arena, in dem sie zweimal die Pferde in einer Gruppe aus acht Tieren in der Arena frei laufen ließen, anschließend wurde jedes Pferd noch zweimal einzeln in der Arena laufen gelassen. Literaturübersicht 13

Das Bewegungsverhalten im Open Field hängt unter anderem von der Haltung der Tiere ab. Kälber zeigen vermehrtes Galoppieren, Buckeln und Traben wenn sie zuvor mehr Zeit ausschließlich im ihrem räumlich begrenzten Stall verbracht hatten (JENSEN et al. 1997). In den Testablauf integrierte Bewegung vor dem eigentlichen Test bietet die Möglichkeit, erste Übermutsreaktionen zu bewältigen und reduziert bei kontrollierter Bewegung die Verletzungsgefahr der Tiere durch langsames Aufwärmen von Muskulatur und Gelenken. Nach DE PASSILLÉ et al. (1995) sinkt dadurch nicht die individuelle Tendenz des Tieres sich im Open Field zu bewegen.

Die Verhaltenselemente, die bei Pferden im Open Field am häufigsten untersucht werden sind Bewegungs-, Erkundungs- und Ausscheidungsverhalten sowie Schweifposition und Vokalisation (FORKMAN et al. 2007).

2.3.2. Novel Object Test

Im Novel Object Test wird ein Tier in einem geschlossenen Raum mit einem unbekannten Gegenstand konfrontiert. Der Gegenstand befindet sich entweder in der Mitte oder einer der Ecken des Raumes und ist dabei so weit von der Tür und dem eintretenden Tier entfernt, dass eine Annäherung an das Objekt beobachtet und die dabei zurückgelegte Strecke bestimmt werden kann. Der Test mit einem stationären unbekannten Objekt ist geeignet, um das Erkundungsverhalten von Tieren und die Angst vor unbekannten Gegenständen (Neophobie) zu untersuchen. Auch diese Testart wurde anfänglich bei Ratten und Mäusen angewandt (COREY 1978; ENNACEUR u. DELACOUR 1988) und später auf andere Tierarten wie Hunde (LEY et al. 2007), Rinder (FORKMAN et al. 2007) und Pferde (WOLFF et al. 1997; VISSER et al. 2001) übertragen. Um sicherzustellen, dass sich die Reaktion auf das neue Objekt bezieht, ist es sinnvoll, die Tiere bereits im Vorfeld der Untersuchung mit dem Testort bekannt zu machen (COREY 1978; LE SCOLAN et al. 1997; WOLFF et al. 1997; VISSER et al. 2001; TANAS u. PISULA 2011). Je stärker sich das neue Objekt von den bisherigen Erfahrungen des Tieres unterscheidet, desto stärker ist der Einfluss des Unbekannten (COREY 1978). Wenn die Tiere die Möglichkeit haben, sich freiwillig dem Objekt anzunähern, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie 14 Literaturübersicht

sich annähern größer, als wenn sie gezwungen werden, sich in die Nähe des Objektes zu begeben (FORKMAN et al. 2007).

Die Zeit, die das Tier benötigt, um sich dem Objekt anzunähern, kann als ein Bewertungsparameter herangezogen werden (WOLFF et al. 1997; LEY et al. 2007). Neben Annäherung mit anschließendem Erkunden oder Ausweichen kann es allerdings auch keine Reaktion auf das Objekt geben (COREY 1978; CHRISTENSEN et al. 2005). In diesem Fall bietet das ausgewählte Objekt nicht den passenden Reiz für das Tier. Um die Reaktionen unterscheiden zu können, sollte das Ausdrucksverhalten mit betrachtet werden (FORKMAN et al. 2007). Auf diese Weise kann man Tiere, die sich aus Angst dem Objekt nicht annähern von denen, die nicht an der Erkundung interessiert sind, unterscheiden. CHRISTENSEN et al. (2005) boten Pferden Futter als Anreiz für eine Annäherung an ein unbekanntes Objekt. Die Zeit, die das Tier mit Fressen verbrachte, sank bei der Anwesenheit des Objektes. Parallel stieg die Zeit, die das Pferd mit Erkunden des Objektes verbrachte. Auf diese Weise konkurrieren allerdings die Motivationen „Fressen“ und „Erkunden“ miteinander, so dass sich möglicherweise keine eindeutige Aussage aus den Ergebnissen ziehen lässt. Eine weitere Möglichkeit ist der forcierte Novel Object Test, in dem das Tier von einem Menschen an das Objekt heran geführt (FORKMAN et al. 2007) oder daran vorbei geritten (VISSER et al. 2003a; PIRSICH et al. 2009) wird. Hier wird dann allerdings mehr das Ausweichen oder Meiden des Tieres untersucht und nicht das Erkundungsverhalten.

LANSADE et al. (2007) zählten die Häufigkeit der Berührung des Objektes durch das Pferd. Dabei zählten sie alle Verhaltenselemente, die im Zusammenhang mit einer Manipulation des Objektes standen, wie daran schnuppern oder lecken, dagegen treten und hinein beißen. Weitere mögliche Testparameter sind die Entfernung zum Objekt oder die Dauer des Kontaktes mit dem Objekt (FORKMAN et al. 2007).

Je nach Haltung und Training der Pferde können Gegenstände wie ein Regenschirm (VISSER et al. 2001), ein großer Ball (PIRSICH et al. 2009), Reifen (LANSADE et al. 2007) oder ein Verkehrshütchen (CHRISTENSEN et al. 2005) den Pferden bereits bekannt sein. Diese Gegenstände werden in manchen Reitställen in das Training der Literaturübersicht 15

Pferde zur Gewöhnung an unbekannte Objekte integriert. Um eine Reaktion auf unbekannte Objekte zu testen eignen sich also eher eigens für den Test erbaute Gegenstände oder Objekte, die sich nach bestem Ermessen noch nie in der Umgebung der Pferde befunden haben (LE SCOLAN et al. 1997).

Bei weiteren Untersuchungen, in denen laut der Autoren ein Novel Object Test durchgeführt wurde, handelte es sich um bewegte Objekte. Es war also kein stationäres Objekt und sollte somit dem Startling Test zugeordnet werden (s.u.).

2.3.3. Startling Test

Als Startling Test, auch Reaktionstest oder stimulus-reactivity-test genannt, bezeichnet man einen Test, der eine Schreckreaktion und anschließende Flucht des Tieres auslöst (FORKMAN et al. 2007). Er dient also der Untersuchung der Angst eines Tieres vor einem Flucht-auslösenden Stimulus. Da die Reaktion von dem testspezifischen Stimulus ausgelöst werden soll, ist es auch hier sinnvoll, wenn die Tiere bereits vor Versuchsbeginn an den Testort gewöhnt wurden.

Bei Pferden ist, wie auch bei anderen Beutetieren, die Reaktion auf sich plötzlich bewegende Stimuli stärker ausgeprägt als auf stationäre unbekannte Gegenstände (CHRISTENSEN et al. 2005). Als Objekte wurden in vorherigen Untersuchungen zum Beispiel sich öffnende Regenschirme (VISSER et al. 2001; LEY et al. 2007), rotierende Ballons (MOMOZAWA et al. 2003) oder Flatterband (MINERO et al. 2006; PIRSICH et al. 2009) verwendet. Dabei liefen die Pferde frei in der Testarena (MOMOZAWA et al. 2003), wurden geführt oder geritten (PIRSICH et al. 2009). SEAMAN et al. (2002) ließen die Pferde direkt vom Menschen mit einer Sprühflasche am Körper mit Wasser besprühen. Hier kann allerdings eine Reaktion des Pferdes aufgrund der vorherigen Erfahrungen mit dem Menschen nicht ausgeschlossen werden.

Ein Geräusch kann ebenfalls als Flucht-auslösender Stimulus herangezogen werden. Nach EKMAN et al. (1985) ist ein Pistolenschuss einer der effektivsten Auslöser für eine Fluchtreaktion. GODDARD und BEILHARZ (1986) untersuchten die Reaktion 16 Literaturübersicht

von Hundewelpen auf einen Schuss. CHRISTENSEN et al. (2005) spielten ein Geräusch ab während die Pferde aus einem Eimer fraßen. Die Zeit, die das Pferd mit Fressen verbrachte, sank im Verhältnis zur Kontrolle ohne Geräusch. Bei PIRSICH et al. (2009) wurden die Pferde von einem Testreiter an einer auf dem Boden liegenden Leiter vorbei geritten, über die ein mit Blechdosen gefüllter Sack gezogen wurde. Somit ergab sich eine Kombination aus optischem und akustischem Reiz.

Da Pferde keinen Rückzugsort im Sinne eines Baus oder Versteckes haben (Zielflucht), spricht man bei ihnen von einer Distanzflucht, die den Abstand zum Stimulus vergrößert (GATTERMANN 2006). Als Testparameter diente somit bei LANSADE et al. (2007) die Strecke, die das Pferd während der Flucht vor einem weggezogenen Plastikwürfel zurücklegte. Ist der Mensch unmittelbar an der Fluchtreaktion des Pferdes beteiligt, zum Beispiel beim Reiten oder während er neben dem Pferd steht, interessiert auch die Gangart, in der das Pferd die Fluchtbewegung ausführt. Eine Flucht im Galopp kann für den Menschen ein höheres Unfallrisiko darstellen als in einer niedrigeren Gangart.

2.3.4. Verhalten gegenüber Menschen

In der Welt eines domestizierten Tieres spielt der Menschen eine sehr große Rolle (FUREIX et al. 2009). Die durch den Menschen vorgegebene Umwelt repräsentiert die Lebensbedingungen für domestizierte Tiere. Testmethoden zum Verhalten der Tiere gegenüber Menschen wurden vorrangig bei Nutztieren entwickelt, da sie im Gegensatz zu den meisten Labortieren bei Angst oder Abwehrverhalten schwieriger zu händeln sind. Trotz der Domestikation ist bei Pferden eine gewisse Furcht gegenüber Menschen nach wie vor erhalten geblieben (FORKMAN et al. 2007). Viele Untersuchungen konzentrieren sich deshalb auf das Verhalten von Pferden während des Handlings durch den Menschen. Das Geschlecht der Testperson hat nach HENRY et al. (2005) dabei keinen Einfluss auf die Testsituation.

FORKMAN et al. (2007) unterscheiden zwischen der Annäherung des Menschen an das Tier („Forced Approach Test“) und der freiwilligen Annäherung des Tieres an den Menschen („Voluntary Approach Test“). Betrachtet man den Einfluss der Literaturübersicht 17

Körperhaltung des Menschen in diesen Situationen, so fanden SEAMAN et al. (2002) keinen Unterschied in der Annäherungszeit von Pferden an eine unbekannte Person, die entweder die Pferde bei hoch aufgerichteter Körperhaltung direkt ansah oder bei passiver Körperhaltung mit hängenden Schultern und abgesenktem Kopf den Blick abwandte. Pferde empfinden aber eine aufrechte, „sich größer machende“ Körperhaltung des Menschen ebenso wie einen direkten Blickkontakt als rangweisend (MILLER 1995b). Da sie dem Ranghohen eher ausweichen würden, ist eine runde, passive Körperhaltung des Menschen anzustreben, damit dass Pferd sich leichter annähern kann.

Die Reaktion des Pferdes auf einen Menschen ist das Ergebnis des Charakters sowohl des Pferdes als auch des Menschen und der vorherigen Erfahrungen des Pferdes mit Menschen (HAUSBERGER et al. 2008). Pferde beobachten sehr genau und lernen, auf die Körpersprache der Menschen zu achten (SIGHIERI et al. 2003; HAUSBERGER et al. 2008; KRÜGER et al. 2010). Kälber (DE PASSILLÉ et al. 1995) und Schafe (LE NEINDRE et al. 1993) zeigen bei Anwesenheit eines Menschen reduzierte Vokalisation im Open Field, sie scheinen den Menschen hier als Sozialpartner anzuerkennen.

Folgt ein Pferd bereitwillig einem Menschen, ohne dass dieser mit Hilfsmitteln auf das Pferd einwirkt, so erkennt es den Menschen als Sozialpartner im Sinne eines Leitpferdes an. Das Pferd will sich gerne weiterhin in der Nähe des Ranghöheren aufhalten und folgt dem „Leittier“ ruhig und mit gesenktem Kopf, also mit einem entspannten Display (SIGHIERI et al. 2003; ZEITLER-FEICHT 2008). Bei KRÜGER (2007) zeigten 19 von 26 Pferden Folgeverhalten über eine Zeit von 10 Minuten, nachdem sie mit der sogenannten „Round-Pen-Technik“ trainiert wurden. Vier Pferde folgten spontan bevor das Training begonnen hatte. Drei Pferde folgten dem Trainer auch nach 30 Minuten Treiben im Round Pen nicht. Diese Pferde zeigten sehr starkes Schwitzen und reagierten nicht mehr auf Signale des Trainers. Bei diesen Pferden wurde der Test abgebrochen.

Das Pferd kann den Menschen als Sozialpartner und auch als ranghöheres Individuum anerkennen. Um dieses Verhältnis zum Menschen zu überprüfen, wurden 18 Literaturübersicht

Pferde bei LE SCOLAN et al. (1997), WOLFF et al. (1997) und VISSER et al. (2001) von einem Menschen über unbekannte Untergründe geführt. Folgt das Pferd in einer solchen Situation sogar einem unbekannten Menschen, so hat es durch vorherige positive Erfahrungen gelernt, Menschen zu vertrauen und sich ihnen auch in Angst- auslösenden Situationen anzuschließen. Auch der körperliche Kontakt zwischen Mensch und Pferd ist ein relevanter Faktor in der Mensch-Pferd-Beziehung. Pferde sollten keine Angst vor der Berührung durch den Menschen haben, damit die tägliche Pflege und eine eventuell nötige tierärztliche Versorgung möglich sind, ohne das Pferd zu ängstigen. LANSADE et al. (2007) maßen zur Überprüfung der Reaktion auf einen unbekannten Menschen die Zeit, die benötigt wurde, um ein Fohlen an der Stirn zu berühren. HENRY et al. (2005) überprüften die Berührung von Fohlen auf der Weide durch eine bekannte und eine unbekannte Person nach unterschiedlichem Handlingsregime der Mutterstuten in den Tagen direkt nach der Geburt der Fohlen. Ziel auf der Weide war es, die Fohlen an Schulter, Rücken, Rumpf, seitlicher Bauchwand, Nacken und Kopf zu berühren. Die positive Beziehung zwischen Pferden und Menschen beruht vor allem auf guten Erfahrungen beim Handling und sollte bereits in die Fohlenerziehung mit eingebunden werden. Pferde, die früh an einen positiven Umgang mit dem Menschen gewöhnt wurden, sind im täglichen Handling deutlich entspannter (JEZIERSKI et al. 1999). Außerdem sind sie weniger ängstlich gegenüber Menschen und einer unbekannten Umgebung. Dadurch lassen sich bessere Erfolge im täglichen Training der Tiere erzielen und es wird mehr Sicherheit im Umgang mit dem Pferd gewährleistet.

2.3.5. Ressourcenkontrolle

Als Ressource bezeichnet man die für ein Tier lebenswichtigen Verbrauchsgüter wie zum Beispiel Nahrung und Wasser (GATTERMANN 2006), im weiteren Sinne aber auch einen Sozialpartner. Das Vorenthalten oder Wegnehmen einer Ressource kann bei dem Tier zu Frustration führen.

Frustration ist ein emotionaler Zustand der Enttäuschung (GATTERMANN 2006). Sie entsteht, wenn die Handlungsmöglichkeiten und Erfolge eines Individuums von Literaturübersicht 19

außen behindert werden oder wenn ein persönlich angestrebtes Ziel nicht erreicht werden kann. Die Erwartungshaltung und die zugrunde liegenden Motivationen können nicht befriedigt werden. Aus dem Erleben von Frustration entsteht häufig Aggressionsverhalten (Frustrations-Aggressions-Hypothese). Je nach Temperament kann das Individuum in der Folge außerdem mit einer Übersprungshandlung, depressiv (Unlust) oder passiv reagieren. Bei einer chronischen Frustration kann es zur Resignation bis hin zur Apathie des Tieres kommen. Eine andauernde Frustration führt häufig zu Verhaltensstörungen.

Im Rahmen der Entwicklung des Niedersächsischen Wesenstest für Hunde (NMELF 2000) wurden vor die eigentlichen Beurteilungssituationen eine Allgemeinuntersuchung des Hundes und anschließend ein Frustrations- und Lerntest eingeführt. In diesem Zusammenhang dient der Frustrationstest dazu, Hunde ermitteln zu können, die mit Beruhigungsmitteln behandelt wurden. Diese zeigen in dem Test ein deutlich herabgesetztes Lernvermögen. Zusätzlich liefert der Test aber auch Hinweise über die Stress- und Frustrationstoleranz des Tieres und bevorzugte Verhaltensmuster, die es unter Stress oder im Zustand der Frustration zeigt.

Durch das Wegnehmen einer Ressource, im einfachsten Fall Futter, kann ein Tier also in eine Frustrationslage gelangen. Dabei ist es möglich, eine aggressive Reaktion des Tieres zu provozieren. Die sofortige Reaktion und eine Veränderung in der Intensität des Aggressionsverhaltens kann dabei gut beobachtet werden. Der Test kann entweder vom Testleiter selber oder von einer eingewiesenen Hilfsperson durchgeführt werden. In beiden Fällen ist es dem Testleiter möglich, das Verhalten des Tieres ausreichend beurteilen zu können.

2.3.6. Persistenz des Verhaltens und Korrelation zwischen verschiedenen Tests

Eine Persistenz des Normalverhaltens wird bei Tieren vorausgesetzt. Wäre dies nicht der Fall, wäre man nicht in der Lage, aus den Ergebnissen von Studien eine allgemeingültige Aussage über das Verhalten der jeweiligen Tierart zu ziehen (SEAMAN et al. 2002). Die Persistenz eines individuellen Temperaments wurde bei 20 Literaturübersicht

vielen Tierarten beobachtet. SEAMAN et al. (2002) fanden konstante Ergebnisse bei Pferden im Open Field und ähnliche Ergebnisse im Novel Object Test und einem Personentest („Voluntary Approach test“) bei drei Versuchen im Abstand von jeweils neun Tagen. Bei Verhaltenstests mit Junghunden im Alter von 3-4 Monaten konnten bereits Vorhersagen für später auftretende Probleme getroffen werden (GODDARD u. BEILHARZ 1986). VISSER et al. (2001) zeigten die Persistenz der Verhaltensreaktionen von Pferden in einem Novel Object und einem Handling Test im Alter von jeweils 9, 10, 21 und 22 Monaten. GRANDIN (1993) fand dagegen keine allgemein gültigen Ergebnisse in der Untersuchung des Verhaltens von Kälbern während des Fixierens zur Blutentnahme. Er fand sowohl Tiere, die sich immer gleich verhielten, als auch solche, bei denen bei jeder Wiederholung der Blutentnahme nach 30 Tagen ein anderes Verhalten auftrat. Hier scheinen noch andere Faktoren eine Rolle zu spielen.

Pferde lernen sehr kontextspezifisch. Die Übertragbarkeit von einer spezifischen Testsituation auf andere Situationen ist nicht zwingend gegeben. WOLFF et al. (1997) fanden eine Korrelation zwischen den Ergebnissen eines Novel Object Tests und einem Handling Test. Die Aufgabe im Handling Test bestand darin, die Pferde über eine Brücke aus Holzplanken zu führen. Die Pferde wurden dementsprechend in beiden Tests mit etwas Unbekannten konfrontiert und reagierten in beiden Situationen ähnlich. Die Ergebnisse aus dem Open Field bei SEAMAN et al. (2002) konnten dagegen nicht für eine Vorhersage im Novel Object Test und Personentest („Voluntary Approach test“) genutzt werden. Daraus lässt sich schließen, dass die Tests zu verschieden waren, um sie aufeinander zu übertragen. FORKMAN et al. (2007) stellen die Eignung des Open Fields für eine allgemeine Aussage über Angst bei Pferden in Frage, da die Ergebnisse nicht oder nur wenig mit denen aus anderen Tests zur Angst korrelieren. CHRISTENSEN et al. (2005) fanden keine Korrelationen im Verhalten der Pferde bei einem optischen, akustischen oder olfaktorischen Stimulus. Dies zeigt, dass die verschiedenen Testsituationen unterschiedliche Reaktionen der Pferde provozieren. Bei LANSADE et al. (2007) zeigten die Pferde Meideverhalten bei Kontaktversuchen durch einen Menschen, Fluchtverhalten auf einen entsprechenden Stimulus, aber vermehrtes Erkundungsverhalten gegenüber Literaturübersicht 21

einem Novel Object. Pferde, die nach dem Training im Round Pen folgten, zeigten das Folgen nicht auf der Weide (KRÜGER 2007). Bei der Auswahl der Tests sollte folglich darauf geachtet werden, welches Verhalten in der jeweiligen Situation untersucht werden soll und ob der Test diese Voraussetzungen erfüllt. Verwendet man in verschiedenen Altersstufen verschiedene Testsituationen, lassen sich die Ergebnisse der Tests nicht zuverlässig aufeinander übertragen (GODDARD u. BEILHARZ 1986). FUREIX et al. (2009) fanden Korrelationen zwischen verschiedenen Tests zum Verhalten von Pferden gegenüber bekannten und unbekannten Personen und in Situationen, die im Zusammenhang mit dem täglichen Reiten standen. Dabei war das Aggressionsverhalten der Pferde dem Menschen gegenüber aussagekräftiger als freundliches Verhalten. Negative Erfahrungen mit Menschen als Auslöser für das Aggressionsverhalten scheinen einen stärkeren Einfluss auf folgende Reaktionen des Pferdes gegenüber Menschen zu haben. Außerdem zeigte sich, dass Pferde in der Lage sind, Situationen mit bekannten auf unbekannte Menschen zu übertragen.

Bei SEAMAN et al. (2002) hatte die Reihenfolge der Tests keinen Einfluss auf die Testergebnisse.

2.3.7. Test-Retest-Reliabilität

Die Wiederholung eines Verhaltenstests bietet Vor- und Nachteile. Vorteilhaft ist die Korrektur von möglichen „Ausreißern“ innerhalb der Ergebnisse, da auch bei Tieren eine Tagesform-abhängige Variation der Reaktionen möglich ist (TULLOH 1961). Durch eine Wiederholung des Tests könnten mögliche Extreme in den Ergebnissen besser erklärt beziehungsweise überprüft werden. Nachteilig ist eine nicht zu vermeidende Habituation der Tiere an die Testsituationen. Bei der Habituation kommt es zu einer Gewöhnung der Tiere an wiederholt angebotene, gleichartige Reize und somit zu einer Abnahme der Reaktion (GATTERMANN 2006). Durch diese einfache Form des Lernens kommt es zu einer Unterscheidung von bedeutsamen und bedeutungsneutralen Reizen. Um diesen Effekt zu minimieren 22 Literaturübersicht

kann es hilfreich sein, geringe Aspekt des Tests zu variieren, so dass zum Beispiel ein Objekt ausgetauscht wird, der Testort aber gleich bleibt (FORKMAN et al. 2007).

Bei Ratten konnte im Open Field gezeigt werden, dass das Verhalten am ersten Testtag sich von den Tagen 2-4 unterschied (DENENBERG 1969). Eine hohe Aktivität der Ratten am ersten Tag trat gemeinsam mit hohen Stressparametern (Defäkation und Kortikosteronlevel) auf, während ab dem zweiten Tag die hohe Aktivität mit niedrigen Stressparametern verbunden war. KRÜGER (2007) fand eine Reduktion der Zeitspanne vom Treiben eines Pferdes im Round Pen bis zum Folgeverhalten des Pferdes bei mehrfacher Wiederholung des Tests. Die Ergebnisse von PIRSICH et al. (2009) zeigten bei der Wiederholung der Testsituationen bei 133 Pferden nach kurzer Zeit (am gleichen Tag) einen signifikanten Anstieg (p>0,001) um eine Testnote (Verbesserung) zum ersten Testdurchlauf.

2.3.8. Physiologische Parameter

Ergänzend zur Beobachtung des Verhaltens können im Rahmen des Tests physiologische Parameter wie zum Beispiel Herzfrequenz, Herzfrequenz-Variabilität, Atemfrequenz, Plasmakortisol, Speichelkortisol oder Lymphozytenproliferation erhoben werden (JEZIERSKI et al. 1999; VISSER et al. 2003b; CHRISTENSEN et al. 2005; MINERO et al. 2006). In der vorliegenden Untersuchung wurde auf die Messung von physiologischen Parametern bewusst verzichtet, um den Versuchsaufbau möglichst einfach und praxisrelevant zu gestalten.

2.3.9. Adaptation auf Praxisrelevanz

Der Einsatz von Verhaltenstests in der Praxis ist neben der Wissenschaft vor allem im Bereich der Zuchtprüfungen und im Rahmen einer Verkaufsuntersuchung denkbar. Für die Anwendung außerhalb von wissenschaftlichen Versuchsbedingungen ist eine einfache Gestaltung, ein rascher Aufbau und geringer Zeit- und Kostenaufwand nötig (KAUFMANN u. BRUNS 2005). Schon 2001 wurde in der Schweiz bei der Freiberger-Rasse weltweit erstmalig und offiziell ein Literaturübersicht 23

routinemäßig durchgeführter Verhaltenstest im Rahmen der Zuchtprüfung für dreijährige Pferde eingeführt, um die Emotivität des Freibergerpferdes im normalen Ruhe- und Arbeitszustand zu objektivieren (BAUMGARTNER et al. 2009). Auch im Zuchtverband für Shagya-Araber, Anglo-Araber und Araber (ZSAA) ist seit 2003 ein Interieurtest im Zuchtprogramm enthalten (KAUFMANN u. BRUNS 2005). Im Jahr 2002 wurde erstmal die „Gelassenheitsprüfung“ (GHP) als ein gemeinschaftliches Projekt der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) und der Pferdesportzeitschrift Cavallo vorgestellt (FN 2009). Dabei handelt es sich um einen Wettbewerb, bei dem Pferde im Rahmen einer Prüfung durch einen Parcours geführt oder geritten werden, in dem verschiedene Aufgaben in einer vorgegebenen Reihenfolge absolviert werden müssen. Es werden der Gehorsam des Pferdes und seine Fluchtreaktionen beurteilt (KAUFMANN u. BRUNS 2005). Die Gelassenheitsprüfung überprüft ein Pferd-Mensch-Team und den Trainingsstand des Pferdes in den speziellen Situationen. Es handelt sich dabei also nicht um einen Test im Sinne der Temperamentsbeurteilung. Trotzdem bieten die Testergebnisse die Möglichkeit, eine Aussage über den Trainingszustand und die Mensch-Pferd- Beziehung des jeweiligen Paares zu machen.

2.4. Das Ausdrucksverhalten des Pferdes

Zu einer objektiven Beurteilung des Verhaltens einer Tierart ist es sinnvoll, dieses vorher auf Basis eines Ethogramms zu definieren. Auf diese Weise kann anschließend von den gleichen Grundlagen ausgegangen werden. Das Ethogramm einer Tierart beschreibt das Verhaltensrepertoire sowohl unter natürlichen Umweltbedingungen als auch im „künstlichen“, durch den Menschen geschaffenen und zugeteilten Lebensraum (GATTERMANN 2006). Ethogramme werden im Allgemeinen nach sogenannten Funktionskreisen gegliedert. Darunter versteht man eine Einteilung in Klassen, die sich nach Zweck, Motivation, Bezugsobjekt und dementsprechend nach ihren biologischen Funktionen unterscheiden. Dabei können allerdings auch Überschneidungen der Verhaltensweisen mit einer Zuordnung zu mehreren Funktionskreisen vorkommen (ZEITLER-FEICHT 2008). 24 Literaturübersicht

Es werden hier die Verhaltenselemente des Pferdes näher beschrieben, die auch in Kapitel 3 (Tiere, Material und Methoden) verwendet werden. Diese Auflistung beinhaltet deshalb nur Teile des vollständigen Ethogramms des Pferdes. Umfassende Literatur zum Ethogramm kann der Sekundärliteratur entnommen werden.

2.4.1. Lokomotionsverhalten

2.4.1.1 Bewegung

Unter natürlichen Bedingungen bewegen sich Pferde pro Tag etwa 6 bis 11 km fort. Diese Angabe kann allerdings je nach Nahrungsangebot und erreichbaren Wasserstellen stark variieren. Neben den Umweltfaktoren kann das Lokomotionsverhalten auch vom Alter, dem Geschlecht und der Gruppenstruktur abhängen. So ist bei Jungtieren und Hengsten der Anteil der Gangarten Trab und Galopp an der Gesamtfortbewegung höher als bei erwachsenen Stuten (ZEITLER- FEICHT 2008). Der Schritt stellt aber die Hauptgangart von Pferden unter natürlichen Bedingungen dar. Das Grasen im Schritt nimmt bis zu 60% der Tagesaktivität ein und auch Wanderungen erfolgen überwiegend in dieser Gangart. Die Gangarten Trab und Galopp werden meist nur kurzfristig und vor allem im Spiel, bei Auseinandersetzungen oder zur Flucht gezeigt.

Die Gangarten des Pferdes sind wie folgt definiert (WISSDORF et al. 2010):

Schritt: Der Schritt ist ein Viertakt in acht Phasen mit der Fußfolge hinten links, vorne links, hinten rechts, vorne rechts.

Trab: Der Trab ist eine gesprungene Gangart im Zweitakt mit vier Phasen: gleichzeitig hinten links/vorne rechts, Sprungphase, hinten rechts/ vorne links, Sprungphase.

Galopp: Der Galopp ist ein Dreitakt in sechs Phasen. Er stellt die schnellste Gangart des Pferdes dar. Er wird als Rechts- oder Linksgalopp ausgeführt, je nachdem, welches seitliche Beinpaar in der Bewegung weiter vorgreift. Aus Literaturübersicht 25

Entlastungsgründen wechseln Pferde im freien Galopp zwischen Rechts- und Linksgalopp.

Ein stehendes Pferd belastet in einer physiologischen Haltung alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Stehen kann kontextspezifisch in vielen verschiedenen Situationen gezeigt werden. In Abhängigkeit von der jeweiligen Haltungsform (Bewegungsmöglichkeit und Nahrungsangebot) verbringen Pferde unter der Obhut des Menschen einen Großteil des Tages mit der Nahrungsaufnahme im Stehen. Neben dem Fressen verbringen frei lebende Pferde etwa sieben bis neun Stunden täglich mit Ruhen (ZEITLER-FEICHT 2008). Das Ruhen in Bauch- oder Seitenlage nimmt dabei nur einen geringen Teil der Ruhephasen ein. Adulte Pferde dösen im Allgemeinen im Stehen. Allerdings wird hier häufig ein Hinterbein auf der Hufspitze abgestellt, das sogenannte „Schildern“ (s.u.). In diesem Fall sind nicht mehr alle vier Gliedmaßen der gleichen Belastung ausgesetzt.

Ein freilaufendes Pferd kann aus der Bewegung anhalten und im Stehen einen Gegenstand genauer erkunden. Als eine Bewältigungsstrategie bei Angst- auslösenden Reizen kann Stehen in Form von „Erstarren“ gezeigt werden. Das Pferd steht völlig unbeweglich mit stark angespannter Körpermuskulatur, meistens verharrt es in der Haltung, die in dem Moment des Reizes gerade ausgeführt wurde. Die Ohren und der Blick sind in die Richtung des Interesses gerichtet. Es wird diskutiert, ob der biologische Sinn des Erstarrens darin liegt, dass ein sich nicht bewegendes Tier für einen Feind weniger gut zu beobachten ist (DENENBERG 1969). Je nachdem, ob das Pferd den Reiz als gefährlich oder ungefährlich einstuft, löst es sich aus der Starre indem es flüchtet oder sich wieder entspannt und mit dem unterbrochenen Verhalten fortfährt. Die ersten Anzeichen dieser Entspannung sind häufig eine Bewegung der Ohren und der Lippen. Die Ohren werden leicht abgesenkt oder in eine andere Richtung gewandt. Die Lippen werden entspannt. Es können Kaubewegungen oder ein Lecken der Zunge über die Lippen zu sehen sein.

Weitere Elemente des Bewegungsverhaltens von Pferden wie Steigen, Buckeln Rückwärtsgehen und Seitengänge zählen ebenfalls zu den normalen Bewegungsabläufen. Sie können vor allem im Verlauf sozialer Interaktionen, im Spiel 26 Literaturübersicht

sowie beim Imponieren beobachtet werden. Beim Buckeln werden Kopf und Hals abgesenkt, das Gewicht wird auf die Vorderhand verlagert. Die Hinterbeine werden vom Boden abgehoben und nach hinten oder hinten-oben ausgestreckt. Das Verhalten kann sich mehrfach in schneller Abfolge wiederholen. Buckeln wird im Spiel oder aus Übermut gezeigt und wirkt oft als allelomimetisches Verhalten, also stimmungsübertragend auf andere Gruppenmitglieder im sozialen Herdenverband. Es lockert die Muskulatur und hilft angestaute Erregung abzubauen (ZEITLER- FEICHT 2008). Bocken dient dagegen der Abwehr von etwas Unerwünschtem und wird unter natürlichen Bedingungen bei der Feindabwehr gezeigt. Beim Reiten zählt Bocken zu den unerwünschten Verhaltensweisen und kann den Reiter aus dem Sattel schleudern. Es wird bei Angst oder Schmerzen durch unsachgemäßes Training oder unpassende Ausrüstung ausgeführt.

Beim Steigen wird der Schwerpunkt des Pferdes so weit auf die Hinterbeine verlagert, dass das Pferd sich mit den Vorderbeinen in die Luft erheben kann. Die Vorderbeine werden an den Bauch herangezogen oder es wird nach vorne geschlagen. Steigen tritt vor allem bei sozialen Auseinandersetzungen oder im Kampfspiel auf. Hengste und Wallache zeigen dieses Verhalten häufiger als Stuten. Da das Steigen häufig in Zusammenhang mit einer hohen Erregungslage gezeigt wird, gibt es eine Disposition bei leicht erregbaren Tieren (ZEITLER-FEICHT 2008). Beim Reiten kann das Steigen als unerwünschtes, aber auch als trainiertes Verhalten auftreten.

Das Vorderbeinschlagen ist eine schnelle Bewegung mit einem Vorderbein, bei dem das Bein aus dem Ellbogengelenk heraus nach vorne-oben gezogen wird und in einem Bogen wieder auf den Boden abgesetzt wird. Der Huf wird am Ende der Bewegung kräftig auf den Boden gestampft. Bei Anwesenheit eines Sozialpartners kann dieser dabei berührt und eventuell verletzt werden. Das Vorderbeinschlagen ist ein Element aus dem Bereich des Kampfspiels oder Kampfes.

Das Ausschlagen eines Hinterbeines, bei dem die anderen drei Beine auf dem Boden stehen bleiben, kann in verschiedenen Kontexten gezeigt werden. Es ist sowohl ein Element des defensiven Aggressionsverhaltens als auch möglicher Teil Literaturübersicht 27

einer Verhaltenskette des Autoaggressionsverhaltens, also der Aggression gegen den eigenen Körper. Dabei beißen sich die betroffenen Pferde selber in die Brust, Schulter oder Flanken, aber auch andere erreichbare Körperteile sind möglich. Es kann eine sich wiederholende Verhaltenskette in Kombination mit Ausschlagen, Quietschen oder Wiehern gezeigt werden und somit stereotype Formen annehmen.

Bei der Beobachtung der Bewegung eines Pferdes sollte grundsätzlich auf eventuell vorliegende schmerzhafte Prozesse im Bewegungsapparat geachtet werden. Ein krankes Pferd ist aus einem Verhaltenstest auszuschließen, da es kein Normalverhalten zeigt.

2.4.1.2 Ausweichen

Das Ausweichen beschreibt die Fluchtbewegung des Pferdes. Das Fluchtverhalten dient einem Ortswechsel zur Gefahrvermeidung (GATTERMANN 2006). Je nach Stärke des Reizes, Erregungszustand und individueller Erfahrung des Pferdes kann es mehr oder weniger stark ausweichen. Bei einer Flucht im Galopp kann das Pferd innerhalb weniger Sekunden eine große Distanz zwischen sich und dem fluchtauslösenden Reiz erreichen. Ist der Reiz schwächer, flüchtet das Pferd im Trab oder weicht im Schritt zur Seite aus. Im Stehen kann der Kopf abgewandt werden oder das Pferd knickt in den Gelenken ein und verlagert seinen Schwerpunkt auf die Hinterhand. So könnte es sich schnell auf den Hinterbeinen umdrehen und flüchten. Ein Ausweichen im Schritt zeigen Pferde häufig in Situationen, in denen sie zwischen Flucht und Erkunden wechseln. Handelt es sich bei dem fluchtauslösenden Reiz um einen Gegenstand, so wird dieser im Schritt umrundet. Der Bogen kann dabei immer enger werden. Ist das Pferd nach wie vor unsicher, kann es sich dabei zwischendurch auch wieder ein paar Schritte entfernen. Dieses Fernerkunden des Pferdes endet dann häufig mit einer direkten Naherkundung des Objektes mit den Lippen und einer eingehenden olfaktorischen Untersuchung. 28 Literaturübersicht

2.4.2. Erkundungsverhalten

Eine allgemeine Übersicht zum Erkundungsverhalten des Pferdes ist bereits oben gegeben. Neben dem bloßen Ansehen eines unbekannten Gegenstandes gehören Elemente wie Beschnuppern, Antippen, Belecken, Benagen, Scharren und Stoßen zum Naherkunden. Die Körper-Muskulatur ist dabei häufig angespannt, um bei plötzlichem Gefahrempfinden für eine Flucht bereit zu sein. Kopf und Hals werden in Richtung des Objektes gestreckt. Augen und Ohren sind darauf zu gerichtet. Die erste Berührung erfolgt mit den Tasthaaren, anschließend kann das Objekt mit den Lippen, der Zunge und den Zähnen weiter untersucht werden.

Die große Oberlippe und die kleinere Unterlippe des Pferdes sind außerordentlich beweglich und sehr empfindsam. Sie können dem Pferd als Tast- und Greiforgan dienen (NICKEL et al. 1999).

Situationsbedingt kann das Erkundungsverhalten anschließend in Spielverhalten übergehen (Objektspiel) oder das Interesse für den spezifischen Reiz ist erloschen und es wird zu etwas anderem übergegangen.

Die Wahrnehmung von akustischen Reizen gehört ebenfalls zum Erkundungsverhalten, vor allem zur Fernorientierung. Da die Schallwellen des Geräusches nacheinander an den Ohren ankommen, kann das Pferd herausfinden, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt. Pferde sind in der Lage, Töne im Bereich von 60 Hz bis ca. 33,5 kHz wahrzunehmen (HEFFNER u. HEFFNER 1983). Sie können somit auch im Ultraschallbereich hören. Dieses soll bei der Ortung eines Geräuschs ebenfalls hilfreich sein (MILLS u. NANKERVIS 2004).

Die geruchliche Wahrnehmung spielt eine große Bedeutung im Sozialverhalten des Pferdes. Bei der Begrüßung eines Artgenossen beriechen sich Pferde gegenseitig zuerst an den Nüstern, anschließend auch am Körper. Ob im Rahmen einer Fluchtreaktion ein olfaktorischer Reiz eine Rolle gespielt hat, lässt sich für den Menschen nur sehr selten nachvollziehen. Literaturübersicht 29

2.4.2.1 Aufmerksames Stehen

Das aufmerksame Stehen beschreibt ein komplettes Display des Pferdes. Es gehört zur Fernorientierung des Pferdes und damit zum Erkundungsverhalten. Das Pferd steht mit deutlich über die Rückenlinie erhobenem Hals, der Kopf ist angehoben. Der Winkel zwischen der Unterseite von Kopf und Hals beträgt 90°. Die Ohren sind nach vorne-oben gezogen, die Augen sind weit geöffnet. Augen und Ohröffnung sind in Richtung des Interesses gewandt. Es kann ebenfalls der gesamte Körper in diese Richtung ausgerichtet werden. Mit dem Anheben des Kopfes richtet das Pferd sein binokulares Sehfeld auf das Objekt des Interesses. In diesem Feld kann das Pferd dreidimensional sehen und Entfernungen abschätzen. Die Nüstern sind geweitet. Das Maul ist bei kurzer Maulspalte geschlossen. Die Angesichtsmuskulatur sowie die gesamte Körpermuskulatur sind angespannt, der Grad der Anspannung korreliert mit der Erregungslage. Der Schweif kann leicht angehoben sein (BOHNET 2007). Die angespannte Körperhaltung signalisiert eine Fluchtbereitschaft des Pferdes. Dieses Display hat auch eine Signalfunktion für andere Pferde, die daraufhin ihre Aufmerksamkeit ebenfalls in die vom ersten Pferd angezeigte Richtung wenden. Das Pferd versucht durch Sehen, Hören und Riechen die Reizquelle zu orten und zu identifizieren. Bei einer Einschätzung des Reizes als ungefährlich wird meistens mit der zuvor unterbrochenen Tätigkeit fortgefahren. Es kann aber auch zu einer näheren Erkundung des Objektes kommen. Bleibt eine Unsicherheit des Pferdes bei der Annäherung an das Objekt bestehen, kann es sogenannte „Sicherheitsstops“ durchführen. Dabei nähert sich das Pferd dem Objekt jeweils um einige Schritte an, bleibt aber immer wieder stehen (hier ist wieder das Display „Aufmerksames Stehen“ zu erkennen). So kann sich dem Objekt im Zickzack angenähert werden oder es wird dabei umrundet, um es sich möglichst von allen Seiten anzusehen (ZEITLER- FEICHT 2008).

2.4.2.2 Flehmen

Wittert das Pferd beim Einatmen interessante Substanzen in der Atemluft, zeigt es ein spezielles Verhalten, das Flehmen. Dabei verschließt es die Nasenhöhlen mit der 30 Literaturübersicht

nach hinten gestülpten Oberlippe. Es drückt die Zunge gegen den weichen Gaumen und zusammen mit einer Kaubewegung des Kiefers werden Luft und Schleim in das Jacobsonsche Organ (Vomeronasalorgan) geleitet (MILLS u. NANKERVIS 2004). Dabei handelt es sich um zwei blind endende Schläuche im vorderen Teil des Gaumendaches. Diese Schläuche sind mit Schleim gefüllt und das Pferd kann darin gelöste Pheromone wahrnehmen. Pheromone sind artspezifische Duftstoffe, die vor allem als Sexuallockstoffe, aber auch der Individualerkennung dienen.

Da das Flehmen überwiegend im Kontext des Sexualverhaltens vorkommt, zeigen adulte Hengste es am häufigsten. Die Impulse, die das Jacobsonsche Organ beim Kontakt des Hengstes mit dem Urin einer Stute aussendet, werden direkt zum Hippocampus weitergeleitet, der das Sexualverhalten kontrolliert (FRASER 2010).

Das Flehmen kann aber auch bei Wallachen und Stuten und in allen Altersgruppen vorkommen. Beim Kot- und Harnabsetzen werden durch die Drüsen am Anus, dem Präputium und der Vulva Pheromone abgesondert. Somit dient die geruchliche Überprüfung der Ausscheidungen auch der Individualerkennung.

Flehmen kann außerdem bei Schmerzen gezeigt werden. Es kann zum Beispiel bei milden abdominalen Schmerzen (Kolik) als einziges äußerlich sichtbares Krankheitssymptom erkennbar sein.

2.4.2.3 Scharren

Scharren kann mehreren Funktionskreisen zugeordnet werden. An erster Stelle gehört Scharren zum Nah-Erkundungsverhalten des Pferdes. Die Hufe des Pferdes sind äußerst sensibel für die Wahrnehmung von Tastreizen. Durch das Scharren können fremde Gegenstände und unbekannte Untergründe erkundet werden. Vor dem Wälzen wird gescharrt, um die Eignung des Untergrundes als Wälzplatz zu prüfen. Auch bei der Futtersuche scharren Pferde, um an verdeckte Nahrung zu gelangen. Unter natürlichen Bedingungen wird Scharren stets nur von kurzer Dauer ausgeführt. Literaturübersicht 31

Im Zusammenhang mit der Haltung und Nutzung durch den Menschen findet sich das Scharren noch in zwei weiteren Situationen: als Aufmerksamkeit-forderndes Verhalten gegenüber dem Menschen und als reaktive Verhaltensstörung. In diesem Zusammenhang ist das Scharren Teil des Bewegungsverhaltens. Beim Aufmerksamkeit-fordernden Verhalten handelt es sich um eine erlernte Verhaltensweise. Hierbei wird jede Form von Aufmerksamkeit des Menschen gegenüber dem scharrenden Pferd als Belohnung empfunden (ZEITLER-FEICHT 2008). Somit wirkt auch das häufig praktizierte Schimpfen mit dem Pferd oder ein Klaps an die Schulter als Belohnung, da dem Pferd die gewünschte Aufmerksamkeit entgegen gebracht wurde. Ein langfristiger Erfolg der Auslöschung dieses Verhaltens ist häufig nur durch konsequentes Ignorieren zu erreichen. Bei den reaktiven Verhaltensstörungen handelt es sich nach ZEITLER-FEICHT (2008) um Abweichungen vom Normalverhalten des Pferdes. Sie gehen zurück auf Unzulänglichkeiten in der Haltung oder im Umgang. Die Häufigkeit ist abhängig von Rasse, Haltung und Nutzung der Tiere. Exzessives Scharren, das besonders langanhaltend gezeigt wird, ist in diesem Fall eine Verhaltensanomalie. Es kommt zu einer stereotypen Ausführung des Scharrens. Auslöser sind häufig Erregungszustände wie zum Beispiel die bevorstehende Fütterung. Die Futtergabe wirkt zusätzlich als Belohnung und führt zu einer weiteren Verstärkung des Verhaltens. In dieser extremen Form kann es zu gesundheitlichen Schäden in Form von starken Abnutzungserscheinungen an unbeschlagenen Hufen führen. Werden diese nicht fachmännisch behandelt, können daraus Fehlstellungen und orthopädische Schäden resultieren. Die Therapie des Scharrens in Form von Aufmerksamkeit-forderndem Verhalten und exzessivem Scharren als reaktive Verhaltensstörung sollte der Sekundärliteratur entnommen oder in Absprache mit einem verhaltenstherapeutisch tätigen Tierarzt durchgeführt werden.

Zu Beachten ist außerdem, dass Scharren auch ein Zeichen von Schmerzen sein kann und zum Beispiel bei einer Kolik gezeigt wird. Auch hier gilt, dass der Gesamtkontext der Situation erfasst werden muss, um ein eventuell vorliegendes Krankheitsgeschehen zu erkennen und einen Tierarzt zur weiteren Behandlung des Pferdes hinzu zu rufen. 32 Literaturübersicht

2.4.3. Sozialverhalten

Pferde sind obligat sozial lebende Tiere. Sie leben unter natürlichen Bedingungen in Herden als Familienverband oder Hengst- bzw. Junggesellengruppen. In der menschlichen Obhut dürfen Pferde deshalb nicht alleine gehalten werden (BMELV 2009).

Pferde bilden Dominanzbeziehungen zueinander aus, die relativ stabil sind und wiederkehrenden, verletzungsträchtigen Auseinandersetzungen vorbeugen. In diesem Zusammenhang werden vor allem Droh- und Unterlegenheitsgesten gezeigt.

2.4.3.1 Aggressionsverhalten

Pferde zeigen sowohl im Ausmaß als auch in der Intensität nur so viel aggressives Verhalten, wie es die Situation erfordert. So wird ein erhöhtes oder unnötiges Maß an Verletzungen vermieden. Den Intensitätsgrad der aggressiven Kommunikation kann man anhand des potentiellen Verletzungsrisikos einteilen (ZEITLER-FEICHT 2008). Zu den weniger gefährlichen Elementen ohne Körperkontakt zum Gegenüber zählen zum Beispiel Drohen oder Beißdrohen, Drohschwingen, Hinterhanddrohen und Schnappen. Beim Drohen ist der Hals auf die Höhe der Rückenlinie abgesenkt und auch der Kopf ist nach vorne in Verlängerung des Halses gestreckt. Das Pferd zeigt flach nach hinten zurück gelegte Ohren in Kombination mit schmalen, längs zusammen gezogenen Nüstern und zusammen gepressten Lippen. Der Maulspalt ist nach hinten-unten verlängert, die Unterlippe ist leicht vorgeschoben (BOHNET 2007). Beim Beißdrohen ist bei gleicher Mimik das Maul mit eher kurzem Maulspalt und runden Mundwinkeln geöffnet, so dass die Schneidezähne sichtbar sind. Im Drohschwingen werden mit der oben beschriebenen Angesichtsmimik Kopf und Hals in Richtung des Gegenübers geschwungen. Beim Schnappen wird der Kiefer schnell geöffnet und wieder geschlossen, allerdings entsteht kein Hautkontakt zum Gegenüber, sondern es wird „in die Luft geschnappt“. Auch das Hinterhanddrohen, bei dem die Hinterhand in Richtung des Gegenübers gedreht, ein Hinterbein Literaturübersicht 33

angehoben oder mit dem Hinterbein ungezielt in die Luft geschlagen wird, gehört in die Kategorie der Drohgesten.

Eine deutlich höhere Verletzungsgefahr ist bei den Verhaltensweisen , Beißen und Schlagen mit Körperkontakt gegeben. Beim Zwicken ist das Maul nicht so weit geöffnet wie beim Beißen und die Zähne erfassen nur ein kleines Stück Haut. Es wird in weniger ernsten Auseinandersetzungen oder im Spiel gezeigt. Beim Beißen wird mehr Gewebe erfasst und es kann zu stärkeren Verletzungen kommen. Beim Hinterhandschlag mit Körperkontakt ist je nach Streckung der Hinterbeine und Abstand zum Gegenüber die Verletzungsgefahr ebenfalls erhöht.

Aggressionsverhalten kann auch in offensiv (z.B. Drohschwingen, Beißen) oder defensiv (z.B. Hinterhanddrohen und –schlagen) eingeteilt werden.

2.4.3.2 Deeskalationsverhalten

Unterlegenheitsgesten haben neben dem Aggressionsverhalten eine ebenso große Bedeutung. Sie sind das Gegenteil des Drohverhaltens. Das Pferd versucht sich klein zu machen, es senkt Kopf und Hals nach unten oder vom dominanten Tier ab. Die Hinterhand wird abgesenkt, der Schweif wird eingezogen (ZEITLER-FEICHT 2008). Das sich submissiv verhaltene Tier zeigt mit diesen Gesten eine aktive Unterwerfung gegenüber dem dominanten Tier. Unterlegenheitsgesten können entweder vor einer Auseinandersetzung gezeigt werden, um diese zu verhindern oder danach, um das Gegenüber zu beschwichtigen und die Auseinandersetzung zu beenden (GATTERMANN 2006). Das subdominante Pferd weicht dem dominanten aus, indem es weggeht. Damit entfernt es sich aus der aggressiven Situation oder es läuft von vorne herein einen Bogen, um einer Auseinandersetzung zu entgehen.

Fohlen und junge Pferde zeigen eine spezielle Beschwichtigungsgeste. Das sogenannte „Unterlegenheitskauen“, auch „Fohlenkauen“ genannt, wird sehr häufig gegenüber adulten Pferden ausgeführt. Dabei werden Kopf und Hals wie in der Saughaltung gestreckt und - und Unterkiefer werden in einer „klappenden Bewegung“ geöffnet und geschlossen (ZEEB 1959; ZEITLER-FEICHT 2008). 34 Literaturübersicht

Vereinzelt kann diese spezielle Geste auch von erwachsenen Pferden gezeigt werden. Es wird angenommen, dass sich Lecken und Kauen als Beschwichtigungsgesten bei Adulten aus dem Fohlenkauen entwickelt haben. Häufig sind dabei Kopf und Hals ebenfalls gering bis deutlich abgesenkt (MILLER 1995b).

Pferde zeigen alle Droh- und Unterlegenheitsgesten nicht nur untereinander, sondern auch gegenüber dem Menschen. Bei KRÜGER (2007) zeigten 74% der Pferde Lecken und Kauen bei der Untersuchung des Folgeverhaltens der Pferde im Zusammenhang mit der sogenannten „Round-Pen-Technik“.

2.4.3.3 Vokalisation

Vokalisation ist die Produktion von Lauten für die akustische Kommunikation (GATTERMANN 2006). Pferde sind in der Lage, verschiedene Laute zu produzieren. Hier wird lediglich auf vier Lautäußerungen des Pferdes eingegangen.

Das Wiehern ist die Lautäußerung des Pferdes, die am bekanntesten ist. Dabei ist der Kopf erhoben, die Nüstern sind leicht geweitet und das Maul ist leicht geöffnet. Es dient vor allem der Kontaktaufnahme mit Artgenossen und wird deshalb besonders häufig bei einer Trennung von diesen gezeigt (WARING 2003). Wiehern dient auch der Individualerkennung zwischen bekannten Pferden. WOLSKI et al. (1980) und MUNARETTO (1980) fanden heraus, dass Stuten ihre Fohlen am Wiehern erkennen können und umgekehrt.

Beim Schnauben ist ein „flatterndes“ Geräusch hörbar. Es entsteht bei einer kurzen starken Exspiration. Die Nüstern flattern im Luftstrom, das Maul ist geschlossen. Schnauben wird in verschiedenen Kontexten gezeigt, zum Beispiel beim Imponieren oder im Spiel, aber auch als eine Art „Niesen“ wenn das Pferd Staub o.ä. in die Nüstern bekommen hat. In der Reitlehre wird das sogenannte „Abschnauben“ auch als ein Zeichen der inneren Losgelassenheit, also als ein Merkmal der Entspannung angesehen (FN 1997).

Einen Grunzlaut zeigen Pferde bei geschlossenem Maul im Kontext der olfaktorischen Untersuchung ihrer Umwelt, beim Imponieren und im Nahkampf. Literaturübersicht 35

Das Prusten wird hervorgerufen durch ein starkes, kurzes Ausatmen. Es klingt „hohl“, da die Nüstern stark geweitet und hochgradig angespannt sind, so dass die Luft auf keine Strömungswiderstände trifft. Der Kopf des Pferdes ist angehoben, das Maul ist geschlossen. Pferde prusten zum Beispiel bei einer Fluchtreaktion oder während sie etwas erkunden, vor dem sie Angst haben. Dabei scheint das Geräusch einen alarmierenden Effekt auf Artgenossen zu haben. Es wird ebenfalls diskutiert, ob das Prusten der Reinigung der sensorischen Bereiche der Nasenschleimhaut dient, damit der nächste Atemzug einen genaueren Eindruck des olfaktorischen Reizes liefern kann (MILLS u. NANKERVIS 2004).

2.4.4. Komfortverhalten

2.4.4.1 Autogrooming

Je nach Jahreszeit, Umwelt- und Haltungsbedingungen verbringen Pferde einen Teil des Tages mit Komfortverhalten. Es sind Verhaltensweisen, die der Körperpflege dienen wie zum Beispiel mit den Schneidezähnen an der Haut knabbern und beißen, belecken der Haut und kratzen mit den Hinterhufen an Kopf oder Hals. Häufig wird auch beobachtet, dass Pferde den Körper an einem Gegenstand reiben. Ein Bein kann aufgestampft werden, um Insekten zu vertreiben. In Zeiten des Fellwechsels und bei erhöhtem Insektenaufkommen treten diese Verhaltensweisen besonders häufig auf (MILLS u. NANKERVIS 2004).

2.4.4.2 Bewegungen des Kopfes

Das Pferd kann mit der Bewegung von Kopf und Hals verschiedene Signale aussenden. Beim Kopfschütteln werden Kopf und Hals in einer raschen Bewegung um die Kopf-Hals-Achse gedreht. Ohren und Lippen schwingen bei geringerem Anspannungsgrad der Muskulatur in der Bewegung mit. Kopfschütteln ist ein Element des Komfortverhaltens und kann zum Beispiel zur Abwehr von Insekten ausgeführt werden. 36 Literaturübersicht

Kopfschlagen kann horizontal und vertikal auftreten. Beim horizontalen Kopfschlagen wird der Kopf mit ruckartigen Bewegungen nach links und rechts bewegt. Der Hals bewegt sich dabei nur wenig. Vertikales Kopfschlagen ist ein starkes Halsstrecken und –beugen, verbunden mit einer nickenden Bewegung des Kopfes. Beide Bewegungen erfolgen bei verstärkter Körperspannung und überwiegend in Situationen, die mit einer erhöhten Erregungslage verbunden sind. Beim Kopfschlenkern wird der Kopf ebenfalls von links nach rechts und zurück bewegt, aber die Bewegungen sind eher fließend. Kopfschlenkern wird häufig im Spiel gezeigt, hier sind die Bewegungen im Allgemeinen stark übertrieben.

Das Hochreißen des Kopfes erfolgt überwiegend als Reaktion auf eine Bewegung, die von unterhalb des Kopfes auf das Pferd einwirkt. So kann es zum Beispiel beim Ausweichen vor einem Hinterhandschlag oder einer Beißdrohung gezeigt werden.

Kopfschwingen beschreibt eine Bewegung von Kopf und Hals zur Seite des Körpers. Es wird größtenteils einseitig ausgeführt und endet je nach Intention an Schulter, Bauch oder Flanke. Kopfschwingen wird überwiegend als Komfortverhalten ausgeführt. Durch die schnelle Bewegung werden Insekten, die auf der Haut des Pferdes sitzen, verscheucht. Wird beim Kopfschwingen die Haut an der erreichten Stelle mit den Zähnen bearbeitet, so kann dieses auf einen vorangegangenen Juckreiz zurückgeführt werden. Allerdings tritt dieses Verhalten auch im Rahmen einer Verhaltensstörung auf. Es kann als eine Form der Autoaggression, dem so genannten Flankenbeißen, vorkommen. Hier muss deshalb der Kontext des ausgeführten Verhaltens besonders gut beobachtet werden, um das Verhalten genau einteilen zu können. Sind keine Hinweise auf einen Juckreiz durch Parasiten, Hauterkrankungen oder anderes gegeben, sollte das Pferd in weiteren Situationen genauer auf das Vorliegen einer Verhaltensstörung untersucht werden.

2.4.4.3 Schütteln

Das Sich-Schütteln erfolgt in der Regel nach dem Wälzen oder nach Durchnässung des Fells. Die Schüttelbewegung wird in sägebockartiger Haltung ausgeführt. Sie beginnt am Kopf, wird über den Hals fortgesetzt zum Rumpf und endet in der Literaturübersicht 37

Schweifwurzel. Schütteln kann auch als Übersprungshandlung gezeigt werden, deshalb sollte hier bei der Beobachtung auf den Kontext der Ausführung geachtet werden.

2.4.4.4 Schweifschlagen

Das Schweifschlagen dient der Insektenabwehr. Mit seinem langen Schweif kann das Pferd einen großen Teil seiner Hinterhand und des Bauches erreichen. Im sozialen Verband stehen zwei Pferde häufig verkehrt-parallel zueinander, so dass sie sich gegenseitig mit dem Schweif am Kopf die Insekten vertreiben können.

Schweifschlagen kann aber auch bei Angst und Schmerzen oder als Ausdruck einer erhöhten Erregung gezeigt werden. Nach PFEIL-ROTERMUND und ZEEB (1994) gilt es ebenfalls als Abwehrbewegung gegen eine reiterliche Einwirkung. Der Grad der Erregung eines Pferdes kann in einem gewissen Maß an der Haltung des Schweifes erkannt werden. Im entspannten Zustand hängt der Schweif locker herab, die Schweifrübe liegt dem Rand der Hinterbeine an. In Bewegung und bei mittlerer Erregung wird der Schweif leicht angehoben und etwas vom Körper abgestellt getragen. Bei einem hohen Erregungsgrad wird die Schweifrübe bis zu einem 90° Winkel von der Kruppe aufgestellt. Hier hat die Schweifhaltung außerdem Signalfunktion gegenüber Artgenossen, die sich zum Beispiel einer Fluchtreaktion oder einem Sozialspiel anschließen können.

2.4.4.5 Wälzen

Wälzen dient der Hautpflege und ist ein elementares Bedürfnis von Pferden (ZEITLER-FEICHT 2008). Zum Wälzvorgang gehört eine komplexe Verhaltenskette. Das Pferd prüft den Wälzplatz visuell, beschnuppert den Boden ausgiebig und scharrt mit einem Vorderbein im Bodensubstrat. Dieses Verhalten dient wahrscheinlich sowohl der taktilen, als auch einer verbesserten olfaktorischen Untersuchung. Daraufhin legt sich das Pferd in Bauchlage ab und lässt sich in die Seitenlage fallen. Vor allem Kopf und Hals, aber auch der gesamte Körper werden durch Hin- und Herbewegen auf dem Untergrund gerieben. Durch Schwungholen 38 Literaturübersicht

über ein kurzes Wieder-Aufrichten kann das Pferd sich über den Rücken rollen und den Wälzvorgang auf der anderen Körperseite fortsetzen. Dieses Umdrehen gelingt nicht jedem Pferd. Es muss als motorischer Vorgang erlernt werden. Kann das Pferd sich nicht über den Rücken herum rollen, so steht es auf und legt sich auf der anderen Körperseite wieder ab. Nachdem das Pferd wieder aufgestanden ist, schüttelt es sich vollständig. Die Schüttelbewegung beginnt am Kopf und setzt sich über Hals und Rumpf bis zur Schweifwurzel fort.

Wälzen hat neben der Bedeutung für die eigene Körperpflege auch eine soziale Komponente. Es dient der Kommunikation zwischen den Herdenmitgliedern (ZEITLER-FEICHT 2008). Wälzt sich ein Pferd, führt dies zu allelomimetischem Verhalten bei anderen Pferden, die sich im Anschluss ebenfalls wälzen. Häufig ist der Haremshengst der letzte, der sich auf dem bevorzugten Platz der Herde wälzt, so dass sein Geruch den Geruch der anderen überlagert. Dies dient der Demonstration seiner Dominanz.

Da Pferde für den Vorgang des Aufstehens aufgrund ihrer Körpermasse relativ lange brauchen, legen sie sich nur in einer Umgebung ab, in der sie sich sicher fühlen. Von einem unvollständigen Wälzvorgang spricht man, wenn das Pferd die Verhaltenskette plötzlich unterbricht oder nicht alle Elemente gezeigt werden. Das Pferd erkundet den Boden vor dem Ablegen nicht oder das Schütteln nach dem Aufstehen bleibt aus. Es ist möglich, dass das Wälzen hier nicht aus dem Bedürfnis der Körperpflege heraus, sondern als Übersprungsverhalten gezeigt wurde.

2.4.5. Ausscheidungs- und Markierungsverhalten

Der Absatz von Kot und Harn dient vorrangig der Ausscheidung von Stoffwechselprodukten. Er wird aber ebenfalls zur Kommunikation mit Artgenossen genutzt. Vor allem bei Hengsten kann man vermehrt Markierungsverhalten beobachten, indem sie die Ausscheidungen von Artgenossen überkoten oder überharnen. Pheromone im Kot und Harn geben Informationen über den körperlichen Zustand und bei Hengsten auch über den Rang des Ausscheiders (ZEITLER- FEICHT 2008). Literaturübersicht 39

Der Kotabsatz läuft bei Hengsten häufig als Verhaltenskette ab. Er stellt damit eine Kombination aus Ausscheidungs- und Markierungsverhalten dar: Beriechen des Bodens oder der fremden Kot- oder Harnstelle, Vortreten über die Stelle oder darum herum gehen, Überkoten, Zurücktreten, erneutes Beriechen. Anschließend wiederholt der Hengst den Ablauf oder geht weg. Beim Beriechen kommt es häufig zum Scharren oder Flehmen. Beides dient einer besseren Geruchsaufnahme. Der Schweif wird bei der Defäkation stark angehoben, bei diesem Verhalten wird eine Signalfunktion vermutet (ZEITLER-FEICHT 2008). Es kann vorkommen, dass eine entsprechende Körperhaltung zum Koten eingenommen, aber kein Kot abgesetzt wird. Vermutlich ist in diesem Fall der Darm bereits entleert. Bei Wallachen ist die Verhaltenskette des Kotabsetzens unterschiedlich stark ausgeprägt. Stuten zeigen sie selten bis gar nicht. Sie setzen Kot scheinbar wahllos ab und unterbrechen nur kurz das zuvor gezeigte Verhalten.

Der Kotabsatz erfolgt überwiegend im Stehen. Bei Erregung oder unter menschlicher Einwirkung wird der Kot auch in der Bewegung abgesetzt, dabei kann jede Gangart möglich sein. Durch die Aktivierung des autonomen Nervensystems bei Aufregung in Form von Angst, aber auch positiver Erregung kann Defäkation ausgelöst werden (DENENBERG 1969; MCGREEVY 2004).

Zum Urinieren nehmen Hengste und Wallache eine gestreckte Haltung mit nach vorne und hinten herausgestellten Beinen ein, der Penis wird nahezu vollständig ausgeschachtet. Bei Stuten überwiegt eine Spreizstellung der Hinterbeine. Wenn das Pferd eine Wahlmöglichkeit hat, wird weicher, saugfähiger Untergrund aufgesucht, so dass der Urin nicht gegen Beine und Bauchdecke spritzt. Hengste markieren bevorzugt mit Urin über Stutenkot (ZEITLER-FEICHT 2008).

2.4.6. Einzelnes

2.4.6.1 Gähnen

Beim Gähnen öffnet das Pferd sein Maul, entblößt die Schneidezähne und das Zahnfleisch. Der Kopf ist nach vorne gestreckt (GLATTHAAR 2009). In erster Linie 40 Literaturübersicht

gähnen Pferde in einer Ruhephase als Zeichen von Müdigkeit. Gähnen kann aber auch Übersprungsverhalten sein, wenn es ohne entspannte, nach vorne gestreckte Kopfhaltung erfolgt (ZEITLER-FEICHT 2008). Gähnen kann in Zusammenhang mit einer Verhaltensstörung gezeigt werden, zum Beispiel während des Webens. Hier ist ebenfalls kein entspannter Kontext gegeben.

2.4.6.2 Kopf abgesenkt

Pferde zeigen ein Absenken von Kopf und Hals in vielen Situationen. Beim Erkunden von einem auf dem Boden befindlichen Gegenstand oder dem Bodensubstrat selber werden Kopf und Hals abgesenkt. Da sich direkt vor der Nase und dem Maul ein toter Winkel innerhalb des Blickfeldes befindet, kann das Pferd durch ein Absenken des Kopfes einen Teil der unterhalb des Maules liegenden Umgebung besser sehen. Zur genaueren Erkundung ist das Pferd schließlich aber auf seinen Geruchsinn sowie die Tasthaare, Lippen und Zähne angewiesen (MILLS u. NANKERVIS 2004).

Pferde zeigen ein Absenken von Kopf und Hals auch als submissive Geste gegenüber einem Sozialpartner. Nach ZEITLER-FEICHT (2006) zeigen Pferde in der von ihr benannten Unterlegenheitshaltung eine waagerechte bis tiefe Kopf-Hals- Haltung, seitlich bis waagerecht getragene Ohren mit nach unten weisender Ohrmuschel, geschlossenes Maul, verlängerte spitze Oberlippe, halb geschlossene Augen und einen eingeklemmten Schweif bei gesenkter Kruppe. Die einzelnen Merkmale dieses Displays können dabei je nach Situation, Rangunterschied und Bindung der Pferde zum Gegenüber mehr oder weniger stark ausgeprägt sein. Das Ziel des subdominanten Tieres ist es, sich einem dominanten Tier anzunähern und sich in seiner Nähe aufhalten zu können.

Ein kurzes Kopf- und Halsabsenken, das zügig in eine andere Haltung übergeht, kann auch als Übersprungsverhalten gezeigt werden. Aufgrund der Tatsache, dass dieses Verhalten in verschiedenen Situationen gezeigt werden kann, muss der Kontext genau beobachtet werden, um es zuordnen zu können. Literaturübersicht 41

2.4.6.3 Masturbation

Bei der Masturbation steht ein Hengst oder Wallach in entspannter Körperhaltung mit erigiertem Penis. Der Penis wird wiederholt an die Bauchdecke und wieder herab bewegt (GLATTHAAR 2009). Es werden weder Urin noch Samenflüssigkeit ausgeschieden. Es wurde beobachtet, dass Hengste dieses Verhalten auch während des Grasens ausführen. Bei adulten Tieren werden gelegentlich auch Stoßbewegungen mit dem Becken durchgeführt.

2.4.6.4 Pica

Pica bezeichnet die orale Aufnahme von Nicht-Nahrungsmitteln. Ursache sind häufig Mängel in Form von Nährstoffdefiziten oder nicht befriedigten Fressbedürfnissen. Kotfressen wird dabei vor allem bei zu knapper Raufutterversorgung beobachtet (ZEITLER-FEICHT 2008). Dabei ist vor allem das Infektionsrisiko mit Endoparasiten stark erhöht. Übermäßigem Erdefressen kann ein Salzmangel zugrunde liegen. Lebensbedrohliche Sandkoliken können hier die Folge sein. Gefördert wird das Verhalten in einer isolierten, bewegungs- und beschäftigungsarmen Umgebung. Durch eine bedarfs- und verhaltensgerechte Fütterung, vor allem mit verlängerten Fresszeiten durch erhöhte Raufuttergabe, kann diesem Verhalten entgegen gesteuert werden.

2.4.6.5 Schildern

Beim Schildern stellt das Pferd während des Ruhens ein Hinterbein auf der Hufspitze ab. Die andere Hintergliedmaße ist währenddessen durch eine physiologische Patellaluxation in ihrer Haltung fixiert, so dass kaum Muskelkraft für eine volle Belastung notwendig ist. Auf diese Weise kann das Pferd abwechselnd beide Hintergliedmaßen entlasten (WISSDORF et al. 2010). Diese Art der körperlichen Entlastung zeigen adulte Pferden im Ruheverhalten, das bei ihnen zu etwa 80% stehend verbracht wird (ZEITLER-FEICHT 2008). 42 Literaturübersicht

2.4.6.6 Unruhiges Ohrenspiel

Die Ohrmuscheln des Pferdes sind mit Hilfe der radiär angeordneten Ohrmuskeln sehr beweglich. Die Ohren können unabhängig voneinander bewegt werden, so dass das Pferd seine Aufmerksamkeit „zweiteilen“ kann. Durch die tütenförmige Einrollung der Muschel wirkt sie wie ein Schalltrichter, so dass Geräusche besser geortet werden können. Das Bewegungsspiel ist außerdem ein Bestandteil der mimischen Ausdrucksweise des Pferdes (WISSDORF et al. 2010). Bei den mimischen Displays eines Pferdes betrachtet man die Ohrstellung in Relation zum Kopf. Zeigt das Pferd schnell aufeinander folgende Wechsel zwischen verschiedenen Ohrstellungen, so spricht man von einem unruhigen Ohrenspiel. Diese Mimik lässt sich vor allem dem Display „Irritation“ zuordnen (BOHNET 2007). Die Bewegung der Ohren wirkt leicht desorientiert, da sie in schneller Folge in verschiedene Richtungen gestellt werden. Dieses Verhalten ist typisch für zwei miteinander konkurrierende Motivationen, wie es zum Beispiel beim Erscheinen eines unbekannten Objektes der Fall ist. Das Pferd schwankt zwischen Meiden und Flucht auf der einen Seite, Annäherung und Erkunden auf der anderen Seite. Dieser innere Konflikt zeigt sich in dem Wechsel der Ohrstellungen. Fotographischen Aufnahmen zeigen häufig eine „zweigeteilte“ Ohrstellung: ein Ohr ist nach vorne (auf das Objekt) gerichtet, das andere Ohr zeigt nach hinten und entsprich so, in Kombination mit weiteren mimischen Elementen, dem Display „Angst“.

2.4.6.7 Verzögerte Reaktion

Eine Reaktion ist ein antwortendes Verhalten auf einen Stimulus in Form von Handlungen, Bewegungen etc. (BODENMANN et al. 2004). Sie wird im Gegensatz zur Aktion allein durch Reize aus der Umwelt ausgelöst (GATTERMANN 2006). Sie erfolgt in der Regel unmittelbar und ist von Kognitionen und Emotionen begleitet. Zu einer verzögerten Reaktion kann es kommen, wenn der auslösende Reiz von einer vorangegangen oder zeitgleich auftretenden Wahrnehmung überlagert wird. Ist der fluchtauslösende Reiz stark, genug kommt es zu einer Überlagerung des schwächeren Stimulus und damit zu einer Flucht. Literaturübersicht 43

2.4.6.8 Zaunlaufen

Zaunlaufen ist eine stereotype Laufform, die je nach Situation und Ausmaß den Verhaltensstörungen zugeordnet werden kann. Es gibt Dispositionen durch die Rasse, Haltung und Nutzung der Pferde. Vollblüter zeigen diese Verhaltensstörung besonders häufig, Kleinpferde und Ponys sind eher weniger betroffen (BREDENBRÖCKER 2003). Das stereotype Laufen erfolgt meist auf geraden Strecken, es kann aber auch als Kreisbewegung oder in einer Acht erfolgen. Die Bewegung wird häufig im Schritt bei auffällig gleicher Schrittzahl, gleicher Laufrichtung, gleichen Wendungen etc. ausgeführt. An einem Zaun entlang erfolgt es häufig bei einzeln gehaltenen Tieren auf vegetationslosen Ausläufen, die Kontakt zu ihren Artgenossen suchen und keine Möglichkeit zur Nahrungssuche haben. Die Pferde können beim Ausführen der Verhaltensweise relativ ruhig erscheinen, vor allem wenn sie sich im Schritt bewegen. Mit steigender Erregungslage werden die Bewegungen weniger fließend und das Verhalten wird in den höheren Gangarten Trab und Galopp ausgeführt. Auch hier bleibt aber der stereotype Laufweg überwiegend erhalten.

Die Ursachen für das stereotype Laufen liegen vor allem in einer nicht artgerechten Haltung. Sie kann durch erhebliche Defizite zu einer starken Erregung des Pferdes und chronischem Stress führen. BREDENBRÖCKER (2003) fand außerdem mögliche „Initialtraumata“ heraus wie zum Beispiel die erste Aufstallung bei vorheriger Weidehaltung, das Absetzen von der Mutterstute, den reiterlichen Ausbildungsbeginn, die Trennung von Artgenossen, ein Stallwechsel oder eine längere Boxenruhe durch Krankheit des Pferdes. Eine genetische Komponente wird vermutet, ist aber noch nicht näher untersucht.

Die Ausführung dieses Verhaltens sollte nicht unterbunden werden, da es dem Pferd als Ventil dient, mit den Unzulänglichkeiten seiner Umwelt umzugehen. Durch gezieltes Management können die auslösenden Faktoren eingeschränkt oder vermieden werden. Eine Leistungsminderung und negative Folgen für die Gesundheit des Pferdes sind in der Regel nicht zu erwarten. Tritt das Verhalten allerdings in einer exzessiven Form auf (Videoaufnahmen belegen einen täglichen 44 Literaturübersicht

Zeitaufwand von bis zu 80%), kann es zur Ermüdung und Verspannungen der Muskulatur und zum Gewichtsverlust kommen. Kurzzeitiges Auftreten des Verhaltens wie ein gelegentliches Hin- und Herlaufen in der Box in bestimmten Erregungssituationen sind im Gegensatz als Übersprungsverhalten einzuordnen. In diesem Fall handelt es sich nicht um eine Verhaltensstörung, sondern um eine normale Verhaltensweise, der eine Frustration zugrunde liegt. Treten diese Situationen allerdings gehäuft auf, können sie der Beginn zu einer reaktiven Verhaltensstörung sein. Sie sollten daher vermieden werden (ZEITLER-FEICHT 2008). Tiere, Material und Methoden 45

3. Tiere, Material und Methoden

3.1. Die Pferde

Die Untersuchung wurde an 70 Hengsten des Landgestüts Celle (Niedersachsen, Deutschland) durchgeführt. Die Pferde waren zum Zeitpunkt des Tests in Innenboxen in der Hengstprüfungsanstalt Adelheidsdorf aufgestallt. Die Boxen hatten seitlich hochgeschlossene Trennwände, die Vorderseiten bestanden aus bis zum Boden durchgehenden Gitterstäben. Es wurde überwiegend Stroh als Einstreu verwendet, nur vereinzelt waren die Boxen mit Spänen eingestreut. In jeder Box befand sich eine Selbsttränke. Die Fütterung der Pferde erfolgte 3x täglich mit Heu und Hafer und 2x täglich mit pelletiertem Ergänzungsfutter.

Bei 17 Pferden handelte es sich um Deckhengste des Landgestüts Celle im Alter zwischen vier und 20 Jahren. 53 Pferde waren dreijährige Hengstanwärter des Jahres 2008 (n=18) und 2009 (n=35), die im Landgestüt den 300-Tage-Test zur Hengstleistungsprüfung absolvierten. Eine Übersicht der Pferde findet sich in Tabelle 14. Alle Pferde wurden an den Werktagen geritten. Sie hatten außerhalb der Bewegung unter dem Sattel keinen Auslauf in einem Paddock oder auf einer Weide.

3.2. Der Test

3.2.1. Der Testort

Die Tests wurden in einer 30 x 14,8 m großen Reithalle der Hengstprüfungsanstalt des Landgestüts durchgeführt. Die Reithalle stand an den Testtagen ausschließlich für die Untersuchung zur Verfügung. Die Hallentür wurde während der Tests geschlossen, um Ablenkungen durch den täglichen Arbeitsbetrieb in der Hengstprüfungsanstalt weitgehend zu vermeiden. Geringe akustische Einflüsse durch an der Halle vorbeilaufende Pferde waren aber weiterhin vorhanden. In der Halle wurde die hintere Hälfte mit Hilfe eines Zaunes aus handelsüblichen Paddockelementen (3,66 x 1,70 m, Fa. Patura, Laudenbach) abgetrennt. Den Abschluss zur Bande bildeten zwei selbst angefertigte Zaunelemente aus Holz (Abbildung 1). Dadurch entstand eine 14,8 x 14,8 m großen Testarena. Durch eine 46 Tiere, Material und Methoden

Tür in einem der Paddockelemente konnte das Pferd in die Arena hinein und heraus geführt werden. Die Reithalle war den Pferden aus dem Training bekannt. Sie hatten in der Vergangenheit jedoch keine Gelegenheit, sich völlig frei in der Reithalle zu bewegen.

Im vorderen Teil der Reithalle befanden sich das Material für die Untersuchung sowie fünf Personen, die an der Durchführung des Tests beteiligt waren (Führung der Kamera und Vorbereitung der Testsituationen). Außerdem war ein Mitarbeiter des Landgestütes zum Handling der Pferde anwesend.

Abbildung 1: Abgetrennte Testarena in der Reithalle

3.2.2. Die Testbedingungen

Um eine breite Vielfalt des Verhaltens von Pferden untersuchen zu können, wurde in der vorliegenden Untersuchung ein Test aus verschiedenen Situationen zusammengestellt. Die Auswahl der Methoden erfolgte auf Basis der bereits von anderen Arbeitsgruppen durchgeführten Versuche. Diese wurden so modifiziert, dass sie mit möglichst wenig Aufwand anzuwenden waren und nach Abschluss der Untersuchung an anderen Orten durchgeführt werden könnten. Im Vorfeld wurde die praktische Anwendbarkeit der Testsituationen an zwei Privatpferden überprüft. Tiere, Material und Methoden 47

Der Test bestand aus neun Testsituationen, die immer in der gleichen Reihenfolge durchgeführt wurden. Jedes Pferd wurde einzeln untersucht, ohne visuellen Kontakt zu Artgenossen. Zwischen den Testsituationen wurde das Pferd aus der Arena herausgeführt, damit dort die nächste Situation vorbereitet werden konnte. Anschließend wurde das Pferd wieder hineingeführt und vom Führstrick losgelassen. Das Pferd lief daraufhin frei ohne menschlichen Einfluss durch Führen oder Reiten. Jedes Pferd trug während des Tests ein Stallhalfter und Gamaschen an den Vorderbeinen. Pferde, die im täglichen Training Springglocken trugen, wurden ebenfalls mit diesen geschützt.

Die Pferde wurden am Testtag nicht geritten, sondern erst für den Test aus der Box geholt. Zum Aufwärmen und um vergleichbare Ausgangsbedingungen zu schaffen wurde jedes Pferd vor Testbeginn nach einem vorgegebenen Schema longiert (10 Min. Schritt, je 5 Min. Trab auf beiden Händen, 2 Min. Galopp, 2 Min. Schritt). Bei dieser Gelegenheit wurden die Bewegungen des Pferdes auf eventuell vorliegende Lahmheiten überprüft.

3.2.3. Die Testsituationen

Der Test bestand aus neun verschiedenen Testsituationen, die im Folgenden näher beschrieben sind.

3.2.3.1 Open Field (OF) (nach KILGOUR (1975))

Das Pferd lief frei in der Testarena. Als Testbeginn galt das Loslösen des Führstrickes vom Halfter, da das Pferd ab diesem Moment frei agieren konnte. Die Testsituation wurde nach genau 15 Minuten beendet.

3.2.3.2 Novel Object Test (NOT) (nach LANSADE et al. (2007))

Ein unbekanntes Objekt (Schwimmspielzeug 1 oder 2) wurde in der Mitte der Testarena platziert. Testbeginn war das Loslösen des Führstrickes vom Halfter. Es wurde untersucht, ob sich das Pferd dem Objekt annähert. Die Testsituation galt als beendet, wenn das Pferd das Objekt mit dem Maul berührt hat. 48 Tiere, Material und Methoden

Abbildung 2: Erkundungsverhalten in der Testsituation Novel Object Test

3.2.3.3 Startling Test Objekt (STO) (nach LANSADE et al. (2007))

Testbeginn war erneut das Loslösen des Führstrickes vom Halfter. Ein Objekt (anderes Schwimmspielzeug 3 oder 4) wurde aus der Mitte der Arena mit einer Geschwindigkeit von 3,65 m/s in Richtung des Zaunes gezogen (Abbildung 3). Dort blieb es innerhalb der Arena liegen. Die Fluchtreaktion des Pferdes und die anschließende Annäherungszeit an das Objekt wurden untersucht. Die Testsituation galt als beendet, wenn das Pferd das Objekt mit dem Maul berührte (Abbildung 4). Tiere, Material und Methoden 49

Abbildung 3: Testsituation Startling Test Abbildung 4: Testsituation Startling Objekt, Aufbau zu Testbeginn, Objekt liegt Test Objekt, Annäherung des Pferdes an ausgezogener Leine in der Mitte der an das Testobjekt Testarena

3.2.3.4 Startling Test Geräusch (STG) (nach CHRISTENSEN et al. (2005))

Ein Geräusch (Schuss oder kurze Applaus-Sequenz) wurde 4x hintereinander abgespielt. Der erste Ton des Geräusches galt als Beginn der Testsituation. Es wurde die Zeit gemessen, bis das Pferd nach dem Geräusch ein entspanntes Display zeigte. Damit galt die Testsituation als beendet. Als entspanntes Display war definiert: Oberhalslinie auf Höhe oder unterhalb der Rückenlinie und mindestens eine Pferdelänge Schritt gehen.

3.2.3.5 Personentest Annäherung (PTA) (nach SEAMAN et al. (2002))

Eine unbekannte Person stand in der Mitte der Testarena. Die Person blickte das Pferd nicht direkt an, sondern schaute leicht nach unten. Die Zeit bis zur Kontaktaufnahme des Pferdes mit dem Menschen wurde ermittelt. Die Testsituation begann mit dem Loslösen des Führstrickes und galt als beendet, wenn das Pferd den Menschen mit dem Maul berührte.

50 Tiere, Material und Methoden

3.2.3.6 Personentest Folgen (PTF) (nach KRÜGER (2007))

Die unbekannte Person entfernte sich langsam von dem Pferd. Der erste Schritt der Testperson war gleichzusetzen mit dem Beginn der Situation. Es wurde beobachtet, ob das Pferd der Person folgt (Abbildung 5). Die Testsituation galt als beendet, wenn das Pferd der Person 30 Sekunden lang folgte. Brach das Pferd das Folgen vor Erreichen der 30 Sekunden ab, wurde die Situation erneut begonnen. Es wurde gezählt, wie oft die Testsituation bis zum Erreichen des gewünschten Verhaltens durchgeführt wurde.

Abbildung 5: Folgeverhalten des Pferdes in der Testsituation Personentest Folgen

3.2.3.7 Personentest Ausweichen (PTW) (nach HENRY et al. (2005))

Die unbekannte Person ging aus einer Entfernung von etwa zwei Pferdelängen groß aufgerichtet und mit angespannter Körperhaltung von seitlich-vorne auf das Pferd zu. Die Situation begann mit dem ersten Schritt der Testperson und endete mit dem Ausweichen des Pferdes.

Tiere, Material und Methoden 51

3.2.3.8 Personentest Berühren (PTB) (nach HENRY et al. (2005))

Die unbekannte Person sprach das Pferd ruhig an und versuchte mit ausgestreckter Hand Kontakt zum Pferd aufzunehmen. Dies galt als Beginn der Testsituation. Die Annäherungszeit des Menschen an das Pferd wurde gemessen. Das Pferd wurde nacheinander und immer in der gleichen Reihenfolge an folgenden Stellen berührt: Maul/Nase, Stirn, Oberhals, Rücken (Sattellage), hinter dem Ellbogen (Gurtlage), palmar am Vorderbein herab bis zum Fesselkopf (Abbildung 6 und Abbildung 7). Die Testsituation galt als beendet, wenn das Berührungsschema durchgehend bis zum Fesselkopf vollzogen werden konnte. Bei einem Ausweichen des Pferdes auf die Berührung wurde das Schema von vorne begonnen. Es wurde gezählt, wie oft die Testsituation bis zur Beendigung des Berührungsschemas durchgeführt wurde.

Abbildung 6: Beginn der Berührung in der Abbildung 7: Ende der Berührung in der Testsituation Personentest Berühren Testsituation Personentest Berühren

3.2.3.9 Ressourcenkontrolltest (RKT) (nach NMELF (2000))

Dem Pferd wurde ca. 500g Futter aus einem Eimer bzw. einer Futterschale aus Gummi angeboten. Das Betreten der Arena mit dem Futter galt als Testbeginn. Der 52 Tiere, Material und Methoden

Eimer bzw. die Schale wurde wieder weggenommen während das Pferd noch fraß. Die Testsituation endete wenn die Person die Arena mit dem Eimer verlassen hatte.

Da die Reaktionen auf neue Bedingungen innerhalb der ersten fünf Minuten am stärksten und aussagekräftigsten sind (WOLFF et al. 1997), wurde die maximal untersuchte Testzeit in den Testsituationen Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch, Personentest Annäherung, Personentest Folgen und Personentest Berühren auf fünf Minuten beschränkt. Wenn das Pferd nach Ablauf dieser Zeit das oben beschriebene Verhalten nicht gezeigt hatte, wurde die Testsituation abgebrochen und zur nächsten übergegangen.

Die Tests fanden jeweils an den Wochentagen Dienstag, Mittwoch und Donnerstag statt. Diese Tage wurden gewählt, um die Versuchsbedingungen identisch zu halten. Der Montag wurde ausgeschlossen, da die Pferde sonntags nicht bewegt wurden. Freitags konnte aus organisatorischen Gründen vor Ort nicht getestet werden. Pro Versuchstag wurden jeweils vier Pferde nacheinander untersucht. Nach jedem Pferd wurde der Sand in der Testarena glatt geharkt und eventuelle Kothaufen entfernt.

Die Pferde wurden nach sieben Tagen ein zweites Mal untersucht. Die Objekte in den Testsituationen Novel Object Test und Startling Test Objekt und das Geräusch in Testsituation Startling Test Geräusch wurden geändert, um einen möglichen Lerneffekt zu minimieren. Das Berühren in Testsituation Personentest Berühren wurde in der ersten Woche an der linken und in der zweiten Woche an der rechten Körperseite des Pferdes vollzogen. Die unbekannte Person in den Testsituationen Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren war allerdings identisch um ein gleiches Verhalten des Menschen zu sichern.

Die Pferde wurden parallel zu diesen Tests zu einer zweiten Untersuchung herangezogen (STUCKE in Vorbereitung). Im Rahmen der Datenerhebung für diese Arbeit trugen die Pferde am Hals eine Power-Flex® Bandage, unter der sich ein Messgerät befand. Die Pferde wurden zuvor an das Tragen des Gerätes und der Tiere, Material und Methoden 53

Bandage gewöhnt, so dass sich in diesem Zusammenhang kein Einfluss auf die vorliegende Untersuchung ergab.

3.2.4. Das Versuchsmaterial

Der Test wurde mit einer Digitalen Video Kamera (Panasonic Model No. NV-GS90) aufgezeichnet. In den Testsituationen wurden diverse Hilfsmittel eingesetzt, die im Folgenden näher beschrieben werden.

Bei der Auswahl der unbekannten Objekte für den Novel Object Test und den Startling Test wurde darauf geachtet, dass die Objekte sich farblich gut vom Untergrund abhoben. Um sicherzustellen, dass die Objekte unbekannt waren, wurden Schwimmspielzeuge verwendet. Das Material (Plastik, aufblasbar) bot den Vorteil, eine potentielle Verletzungsgefahr im Test zu minimieren. Außerdem waren sie günstig in der Anschaffung sowie leicht zu transportieren.

„Schwimmspielzeug 1“ im Novel Object Test war ein blau-oranger Schwimmring der Firma „Eddy Toys“, Europe (Abbildung 8) und „Schwimmspielzeug 2“ ein orange- weißer Schwimmring der Firma Wehnke, Germany (Abbildung 9).

Abbildung 8: Schwimmspielzeug 1 Abbildung 9: Schwimmspielzeug 2

Die Objekte im Startling Test Objekt wurden an einer 8 m langen, automatisch aufrollbaren Hundeleine (flexi® MAXI Gurt-Leine) befestigt. Die Hundeleine wurde als Gurtleine statt der Seilleine gewählt, um auch hier die potentielle Verletzungsgefahr bei einem Hängenbleiben der Pferde mit den Beinen zu minimieren. In der Leine wurde ein Knoten als Stopper angebracht. Sie hatte damit 54 Tiere, Material und Methoden

bis zum Knoten eine Länge von 7,30 m. Auf diese Weise konnte bei vollem Auszug der Leine das Testobjekt in der Mitte der Arena ausgelegt werden und beim Einzug blieb das Testobjekt innerhalb der Arena liegen, während die Leine von außerhalb des Zaunes festgehalten werden konnte (Abbildung 3). Als Testobjekte dienten hier „Schwimmspielzeug 3“, ein schwarz-weißer Wal der Firma Wehnke, Germany (Abbildung 10) und ein „Schwimmspielzeug 4“ in Form eines silber-blauen Hammers der Firma Kik Textilien & Non-Food GmbH (Abbildung 11).

Abbildung 10: Schwimmspielzeug 3 Abbildung 11: Schwimmspielzeug 4

Bei Geräusch 1 im Startling Test Geräusch handelte es sich um einen Schuss, der eine Sekunde lang war und vier Mal nacheinander abgespielt wurde. Zwischen den Schüssen lag jeweils eine Pause von drei Sekunden. Der Schuss stammte von der Geräusch-CD „Pudelwohl statt Hundeelend“ (Fa. CEVA Tiergesundheit, Düsseldorf). Bei Geräusch 1 wurde ein Schalldruckpegel von 99 dB SPL (Peak) bzw. 86 dB SPL (RMS fast) erzeugt. Geräusch 2 war menschlicher Applaus, der vier Mal nacheinander für jeweils vier Sekunden abgespielt wurde, mit einer Pause von zwei Sekunden. Dieses Geräusch wurde der Internetseite www.soundsnap.com/human/applause/page=16 (Applaus 1) entnommen. Bei Geräusch 2 wurde ein Schalldruckpegel von 97 dB SPL (Peak) bzw. 85 dB SPL (RMS fast) erzeugt. Die Geräusche 1 und 2 werden in Abbildung 55, Abbildung 56, Abbildung 57 und Abbildung 58 graphisch dargestellt.

Zum Abspielen der Geräusche wurden ein tragbarer CD-Player (Modell Nr. GT 7485, General Technic) sowie Verstärker und Lautsprecher der Fa. Altec Lansing Tiere, Material und Methoden 55

Technologies, U.S.A. (Subwoofer and Computer Speaker System, Modell Nr. ACS340) verwendet.

Im Personentest mit den Testsituationen Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren war die Verfasserin selber die unbekannte Person. Die Testperson trug immer dunkle Kleidung und eine Reitkappe.

Bei dem angebotenen Futter im Ressourcenkontrolltest handelte es sich um die Sorte „Horse + Pony Vollkorn Pellets“ der Firma Eggersmann, Rinteln.

3.3. Aufnahme und Auswertung der Daten

3.3.1. Auswertung des Verhaltens und Ethogramm

In allen Testsituationen wurde das Verhalten der Pferde gefilmt. Die Videoaufzeichnungen wurden anschließend digitalisiert. Ausgewertet wurde nach dem Prinzip der kontinuierlichen Aufzeichnung (MILLS u. NANKERVIS 2004), d.h. während der Beobachtungssequenzen wurde jede Verhaltensweise durchgehend berücksichtigt.

Die Auswertung des Verhaltens der Pferde im Test erfolgte mit der Computersoftware Interact (Fa. Mangold International GmbH, Version 8.1.3). Für die Bearbeitung mit diesem Programm wurde ein Ethogramm erstellt, um die Verhaltensweisen zu kodieren. Aufgrund der Vielzahl der Verhaltensweisen wurde die Funktion „lexikalisches Kodieren“ herangezogen. Dabei wurden die Verhaltensweisen insgesamt 12 Verhaltenskategorien untergeordnet. Dieses führte zu einer verbesserten Übersicht über die verschiedenen Verhaltenselemente. Tabelle 1 gibt das Ethogramm wieder. 56 Tiere, Material und Methoden

Tabelle 1: Übersicht des Ethogramms für die Auswertung des Verhaltens der Pferde

Verhaltenskategorie 1. Ausscheidung Kot absetzen mit Markierverhalten Kot absetzen ohne Markierverhalten Urin absetzen 2. Fluchtverhalten Ausweichen stehend Ausweichen im Schritt (rückwärts oder seitwärts) Flucht im Trab Flucht im Galopp 3. Autogrooming Autogrooming 4. Beißen Schnappen Zwicken oder Beißen 5. Bewegung Stehen Schritt Trab Galopp Buckeln Steigen Vorderbeinschlagen Ausschlagen im Stand (ein Hinterbein) Gezieltes Ausschlagen nach der Testperson In sich zusammen zucken (dabei Verharren auf der Stelle) 6. Einzelnes Kopf abgesenkt Display Aufmerksames Stehen Unruhiges Ohrenspiel Verzögerte Reaktion Lecken ohne Objektbezug (über das eigene Maul) Kauen ohne Objektbezug („Leerkauen“) Wälzen (vollständig) Wälzen (unvollständig) Zaunlaufen Masturbation Pica Gähnen Schildern Ermahnung / Strafe durch die Testperson Flehmen Sonstiges 7. Erkunden Maul Mit dem Maul erkunden inkl. Schnuppern, Betasten mit den Lippen und/oder Tasthaaren Lecken an Gegenständen Objekt mit den Zähnen erkunden, ins Maul nehmen 8. Kopfschlagen Kopfschlagen Kopf schlenkern Kopf hochreißen Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals) Kopfschwingen Kopfschwingen inkl. Manipulation der Haut mit den Zähnen 9. Scharren Scharren beim Erkunden des Bodens Scharren ohne erkennbar auslösendes Objekt 10. Schütteln Schütteln ganzer Körper (kein Zusammenhang zum Wälzen) 11. Schweifschlagen Schweifschlagen Schweif hochstellen (über Rückenlinie hinaus) 12. Vokalisation Wiehern Schnauben Prusten Grunzen

Tiere, Material und Methoden 57

1. Ausscheidung a) Kot absetzen mit Markierverhalten: Das Pferd zeigte mehrere oder alle Elemente der folgenden Verhaltenskette: Beriechen des Bodens oder einer eigenen Kotstelle, Vortreten über die Stelle oder darum herum gehen, Überkoten, Zurücktreten, erneutes Beriechen. Möglicherweise Wiederholung des Ablaufes. Während des Beriechens war Flehmen oder Scharren möglich. Der Schweif konnte bei der Defäkation stark angehoben sein. b) Kot absetzen ohne Markierverhalten: Das Pferd setzte Kot ab ohne vorher Elemente des unter 1. a) beschriebenen „Kot absetzen mit Markierverhalten“ zu zeigen. Der Kotabsatz erfolgte im Stehen oder in der Bewegung. c) Urin absetzen: Eine gestreckte Haltung mit nach vorne und hinten herausgestellten Beinen wurde eingenommen. Der Penis wurde nahezu vollständig ausgeschachtet. Urin wurde im Strahl abgesetzt. 2. Fluchtverhalten Alle Formen der Ausweichbewegungen stellten die Reaktion auf einen fluchtauslösenden Reiz dar. a) Ausweichen stehend: Das Pferd stand mit allen vier Gliedmaßen auf dem Boden. Dabei lehnte es sich entweder nach hinten, so dass sein Körperschwerpunkt mehr auf die Hinterhand verlagert war oder es wand bei gleichmäßiger Belastung aller Gliedmaßen lediglich Kopf und Hals ab. b) Ausweichen im Schritt (rückwärts oder seitwärts): Das Pferd entfernte sich im Schritt rückwärts oder seitwärts. c) Flucht im Trab: Das Pferd entfernte sich im Trab. d) Flucht im Galopp: Das Pferd entfernte sich im Galopp. 3. Autogrooming Das Pferd zeigte eines der folgenden Verhaltenselemente: es kratzte sich selber mit den Zähnen; es beleckte sich selber; es rieb seinen Kopf an einem 58 Tiere, Material und Methoden

Vorderbein; es rieb seinen Kopf, Hals oder Körper an der Bande der Reithalle oder an dem Zaun. Autogrooming konnte in dieser Untersuchung nur als solitäre Körperpflege gezeigt werden, da ein Partner zur Interaktion (soziale Hautpflege) nicht vorhanden war. 4. Beißen Da dieses Verhalten gegenüber einem Sozialpartner gezeigt wird, konnte es nur in den Testsituationen PTA, PTF, PTW und PTB auftreten. a) Schnappen: Das Pferd öffnete und schloss seinen Kiefer in der Luft, es gab keinen direkten Kontakt der Schneidezähne zur Testperson. Die Ohren waren der Waagerechten genähert oder nach hinten gerichtet, die Ohröffnung war schräg nach hinten-unten gedreht. b) Zwicken oder Beißen: Das Pferd öffnete und schloss den Kiefer, die Lippen waren zurückgezogen. Die Zähne erfassten nur die obere Kleidungsschicht (Zwicken) oder zusätzlich das darunter liegende Gewebe (Beißen). Die Ohren waren der Waagerechten genähert oder nach hinten gerichtet, die Ohröffnung zeigte schräg nach hinten-unten. 5. Bewegung a) Stehen: Das Pferd stand mit allen vier Gliedmaßen auf dem Boden. b) Schritt: Das Pferd ging im Schritt. c) Trab: Das Pferd trabte. d) Galopp: Das Pferd galoppierte. e) Buckeln: Das Pferd buckelte. Dabei wurden die Hinterbeine in die Luft gehoben oder angehoben und nach hinten-oben ausgestreckt. f) Steigen: Das Pferd verlagerte seinen Schwerpunkt nach hinten und erhob sich mit den Vorderbeinen in die Luft. Dabei konnte zusätzlich mit dem Vorderbein geschlagen werden. g) Vorderbeinschlagen: Das Pferd trat mit einem Vorderbein nach vorne- oben. Das Bein wurde in einem Bogen geführt. Beim Absetzen wurde der Huf kräftig auf den Boden gestampft. Tiere, Material und Methoden 59

h) Ausschlagen im Stand (ein Hinterbein): Das Pferd trat in einer schnellen Bewegung mit einem Hinterbein nach hinten aus. i) Gezieltes Ausschlagen nach der Testperson: Das Pferd trat mit den Hinterbeinen in Richtung der Testperson. Dieses Verhalten konnte nur in den Testsituationen PTA, PTF, PTW und PTB auftreten. j) In sich zusammen zucken (dabei Verharren auf der Stelle): Das Pferd stand mit allen vier Gliedmaßen auf dem Boden. In einer plötzlichen Bewegung knickte das Pferd in allen großen Gliedmaßengelenken ein, so dass sich seine Rückenlinie für einen kurzen Moment absenkte. Der Schwerpunkt war dabei auf die Hinterhand des Pferdes verlagert. 6. Einzelnes a) Kopf abgesenkt: Das Pferd senkte seinen Kopf und Hals unterhalb der Rückenlinie ab. b) Display Aufmerksames Stehen: Das Pferd stand mit deutlich über die Rückenlinie erhobenem Kopf und Hals. Die Augen waren weit geöffneten. Die Nüstern waren geweitet und die Muskulatur angespannt. Der Schweif konnte leicht angehoben sein. Augen und Ohren waren in die gleiche Richtung gewandt, der Körper war in die Richtung des Interesses ausgerichtet. c) Unruhiges Ohrenspiel: Das Pferd zeigte schnell aufeinander folgende Wechsel zwischen verschiedenen Ohrstellungen. d) Verzögerte Reaktion: Das Pferd reagierte nicht unmittelbar, sondern mit einer kurzen zeitlichen Verzögerung auf einen fluchtauslösenden Reiz. Dieses Verhalten konnte nur in den Testsituationen STO und STG auftreten. e) Lecken ohne Objektbezug (über das eigene Maul): Das Pferd leckte sich über die Lippen. f) Kauen ohne Objektbezug („Leerkauen“): Das Pferd zeigte Kaubewegungen, ohne dass vorher eine Futteraufnahme erfolgte. g) Wälzen (vollständig): Das Pferd wälzte sich. Dabei wurden alle Elemente der Verhaltenskette des Wälzvorganges gezeigt. Das Pferd 60 Tiere, Material und Methoden

erkundete den Boden, legte sich ab, wälzte sich auf einer oder auf beiden Körperseiten, stand auf und schüttelte sich vollständig. h) Wälzen (unvollständig): Das Pferd wälzte sich, dabei wurden nicht alle Elemente der unter g) beschriebenen Verhaltenskette gezeigt. i) Zaunlaufen: Das Pferd lief am Zaun der Testarena auf und ab. j) Masturbation: Das Pferd masturbierte. Die Körperhaltung des Pferdes entsprach in dieser Situation dem entspannten Stehen. k) Pica: Das Pferd nahm Sand mit dem Maul auf. l) Gähnen: Das Pferd gähnte. m) Schildern: Das Pferd schilderte. n) Ermahnung / Strafe durch die Testperson: Die Testperson sprach ein lautes Wort, um eine unerwünschte Handlung wie zum Beispiel eine sehr dichte Annäherung zur Testperson zu unterbrechen. Schnappte das Pferd nach der Testperson, gab sie dem Pferd einen Klaps mit der Hand vor die Brust oder an die Schulter. Dieses Verhalten konnte nur in den Testsituationen PTA, PTF, PTW und PTB auftreten. o) Flehmen: Das Pferd flehmte. p) Sonstiges: Unter dieser Kategorie wurden Verhaltensweisen codiert, die sich keiner anderen Bezeichnung zuordnen ließen. Sie traten nur vereinzelt auf. Teilweise konnte das Verhalten bei den selben Pferden in der zweiten Testwoche ebenfalls beobachtet werden. Eine genaue Auflistung und Beschreibung dieser Ereignisse findet sich im Ergebnisteil. 7. Erkunden Maul a) Mit dem Maul erkunden inkl. Schnuppern, Betasten mit den Lippen und/oder Tasthaaren: Das Pferd erkundete ein Objekt oder die Testperson mit dem Maul. Es beschnupperte das Objekt oder die Testperson und betastete sie mit den Tasthaaren und den Lippen. b) Lecken an Gegenständen: Das Pferd leckte an einem Gegenstand. c) Objekt mit den Zähnen erkunden, ins Maul nehmen: Das Pferd nahm ein Objekt ins Maul und biss hinein. Tiere, Material und Methoden 61

8. Kopfschlagen a) Kopfschlagen: Das Pferd schlug in horizontaler oder vertikaler Richtung mit dem Kopf. b) Kopf schlenkern: Das Pferd schlenkerte den Kopf in einer fließenden Bewegung von einer Seite zur anderen. c) Kopf hochreißen: Das Pferd riss den Kopf in einer plötzlichen Bewegung nach oben. d) Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals): Kopf und Hals wurden in einer raschen Bewegung um die Kopf-Hals-Achse gedreht. e) Kopfschwingen: Das Pferd schwang Kopf und Hals zu einer Seite des Körpers. Die Bewegung endete auf Höhe der Schulter, des Bauches oder der Flanke. f) Kopfschwingen inkl. Manipulation der Haut mit den Zähnen: Das Pferd schwang Kopf und Hals zu einer Seite des Körpers. Die Bewegung endete auf Höhe der Schulter, des Bauches oder der Flanke und das Pferd biss sich in die Haut. 9. Scharren a) Scharren beim Erkunden des Bodens: Das Pferd scharrte mit einem Vorderbein im Sand. Dabei erkundete es den Boden mit dem Maul. b) Scharren ohne erkennbar auslösendes Objekt: Das Pferd scharrte. Dabei war kein Zusammenhang zu einer Erkundung der Umgebung zu erkennen. 10. Schütteln a) Schütteln ganzer Körper (kein Zusammenhang zum Wälzen): Das Pferd stand in sägebockartiger Haltung. Die Schüttelbewegung begann am Kopf, wurde über den Hals fortgesetzt zum Rumpf und endete in der Schweifwurzel. Das Verhalten trat nicht nach dem Wälzen auf. 11. Schweifschlagen a) Schweifschlagen: Das Pferd schlug mit dem Schweif in horizontaler oder vertikaler Richtung. Das Schweifschlagen wurde nicht während 62 Tiere, Material und Methoden

des Buckelns des Pferdes erfasst, da in dieser Bewegung die Auf- und Abwärtsbewegung des Schweifes der Balance des Pferdes dient. b) Schweif hochstellen (über Rückenlinie hinaus): Das Pferd stellte den Schweif im Bereich der Schweifrübe bis zu 90° oberhalb der Rückenlinie auf. 12. Vokalisation a) Wiehern: Das Pferd wieherte. b) Schnauben: Das Pferd schnaubte. c) Prusten: Das Pferd prustete. d) Grunzen: Das Pferd grunzte.

Einige Pferde zeigten zum Beispiel exzessives Scharren im Reithallensand, übermäßiges Benagen der Bande, verstärkte Manipulation der Paddockelemente und dichtes Ablegen am Zaun zum Wälzen. Um eine Verletzung der Pferde und eine Beschädigung der Reithalle oder des Hallenbodens zu verhindern, wurde in diesen Fällen das Verhalten durch Ansprechen der Pferde unterbrochen. Tiere, Material und Methoden 63

3.3.2. Weitere Parameter

Neben dem Verhalten der Pferde wurden weitere Testparameter erhoben. Eine Übersicht aller Parameter ist in Tabelle 2 dargestellt.

Tabelle 2: Weitere Testparameter in der Auswertung der Testsituationen

Testsituation Parameter Open Field Verhalten Novel Object Test Verhalten Annäherungszeit (s) (Pferd  Objekt) Startling Test Objekt Verhalten Fluchtreaktion Annäherungszeit (s) (Pferd  Objekt) Startling Test Geräusch Verhalten Fluchtreaktion Zeit bis entspanntes Display (s) Personentest Annäherung Verhalten Annäherungszeit (s) (Pferd  Mensch) Personentest Folgen Verhalten Kategorie Folgen Personentest Ausweichen Verhalten Kategorie Ausweichen Personentest Berühren Verhalten Annäherungszeit (s) (Mensch  Pferd) Kategorie Berühren Ressourcenkontrolltest Verhalten

Die Annäherungszeiten in den Testsituationen Novel Object Test, Startling Test Objekt, Personentest Annäherung und Personentest Berühren wurden anhand des Zeitstempels der Kameraaufnahme ermittelt. Start- und Endzeit der Testsituation wurden notiert und die Differenz in Sekunden bestimmt. Auf diese Weise wurde ebenfalls mit dem Parameter „Zeit bis entspanntes Display“ in der Situation Startling Test Geräusch verfahren. Die Parameter „Fluchtreaktion“ in den Testsituationen Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch und „Kategorie Ausweichen“ im Personentest Ausweichen wurden durch direkte Beobachtung des Videos bestimmt. Für die Parameter „Kategorie Folgen“ (Personentest Folgen) und „Kategorie Berühren“ (Personentest Berühren) wurde gezählt, wie häufig die Testsituation 64 Tiere, Material und Methoden

durchgeführt werden musste, bis das definierte Ziel erreicht war. Es galt die in Tabelle 3 angegebene Kodierung.

Tabelle 3: Kodierung der Parameter für die Auswertung der Testsituationen Startling Test Objekt (STO), Startling Test Geräusch (STG), Personentest Folgen (PTF), Personentest Ausweichen (PTW) und Personentest Berühren (PTB)

Testsituation Parameter Kodierung Bedeutung STO + STG Fluchtverhalten 0 Kein Fluchtverhalten 1 Ausweichen stehend 2 Ausweichen im Schritt 3 Flucht im Trab 4 Flucht im Galopp PTF Kategorie Folgen 1 Folgen ja, ein Versuch 2 Folgen ja, mehrere Versuche 3 Folgen nein PTW Kategorie Ausweichen 1 Ausweichen stehend 2 Ausweichen im Schritt 3 Flucht im Trab 4 Flucht im Galopp PTB Kategorie Berühren 1 Berühren ja, ein Versuch 2 Berühren ja, mehrere Versuche 3 Berühren nein

3.3.3. Auswertung Interact

Die Verhaltensparameter konnten mit der Software Interact bezüglich der Häufigkeit oder der Dauer analysiert werden. Die Dauer eines Verhaltens wurde nicht für jeden Parameter ausgewertet, da sie nicht überall sinnvoll ist. Sie wurde lediglich für die Parameter der Kategorie Ausweichbewegungen, die Bewegungen Stehen, Schritt gehen, Traben, Galoppieren und Buckeln, die Parameter Zaunlaufen, Display Aufmerksames Stehen, Kopf abgesenkt, Schildern, Masturbation, Pica, die Kategorien Erkunden Maul und Scharren und den Parameter Schweif hochstellen bestimmt.

3.3.4. Vergleich von verschiedenen Altersgruppen

Für die Untersuchung eines Einflusses des Alters und Ausbildungsstandes wurden die Pferde nach ihrem reiterlichen Ausbildungsstand in drei Gruppen eingeteilt (Tabelle 4). Tiere, Material und Methoden 65

Tabelle 4: Einteilung der Pferde in drei Gruppen basierend auf dem Ausbildungsstand

Gruppe Anzahl der Alter Ausbildungsstand Pferde 1 17 4 – 20 Variierte altersentsprechend; Ausbildungsbeginn im Jahre Alter von 3 Jahren 2 18 3 Jahre Ausbildungsbeginn 9 Monate vor Testbeginn 3 35 3 Jahre Ausbildungsbeginn 4 Monate vor Testbeginn

3.4. Statistische Auswertung

Die Daten (Annäherungszeiten) wurden einer deskriptiven Analyse unterzogen. Die Daten wurden visuell per Q-Q-Plot und dem Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft. Die linksschief verteilten Daten ergaben nach Logarithmierung eine Normalverteilung. Das geometrische Mittel und die geometrische Streuung wurden bestimmt. Die Analyse wurde mit der statistischen Software SAS, Version 9.1 (SAS Institute, Cary, NC, USA) ausgeführt. Es wurde eine zweifaktorielle Varianzanalyse mit den Faktoren Woche und Altersgruppe durchgeführt. Für den paarweisen Einzelvergleich wurde der post-hoc Tukey-Test (= 0,05) verwendet. Die Signifikanzgrenzen wurden wie folgt definiert:

. signifikant: p < 0,05 (*) . hochsignifikant: p < 0,01 (**) . höchstsignifikant: p < 0,001 (***)

66 Tiere, Material und Methoden Ergebnisse 67

4. Ergebnisse

4.1. Das Verhalten der Pferde

Die Auswertung des Verhaltens der Pferde mit der Software Interact zeigte, dass nicht alle im Ethogramm aufgelisteten Verhaltensparameter für die weitere Beurteilung der Testsituationen geeignet waren. Die Häufigkeit der Verhaltensparameter in der ersten Testwoche differierte zum Teil sehr stark (Tabelle 5). Die Testsituation Open Field dauerte im Gegensatz zu den anderen Testsituationen 15 Minuten, deshalb wurden in dieser Situation die höchsten Werte erreicht. Die anderen Testsituationen waren je Pferd unterschiedlich lang, so dass die Zahlen nicht direkt miteinander vergleichbar sind, aber einen Überblick über die Häufigkeit des Verhaltens liefern. Das Wort „zero“ kennzeichnet, dass das entsprechende Verhalten in der jeweiligen Testsituation nicht vorkommen konnte.

Die Testsituation Ressourcenkontrolltest ist in Tabelle 5 nicht aufgeführt. Sie erwies sich als ungeeignet für die Untersuchung der Pferde (siehe 4.2).

Das Bewegungsverhalten der Pferde in allen Testsituationen außer dem Ressourcenkontrolltest ist ausführlich in Abbildung 59, Abbildung 60, Abbildung 61, Abbildung 62, Abbildung 63, Abbildung 64, Abbildung 65 und Abbildung 66 dargestellt. 68 Ergebnisse

Tabelle 5: Übersicht der Häufigkeit der Verhaltensparameter in allen Testsituationen

Verhaltens- Verhalten OF NOT STO STG PTA PTF PTW PTB kategorie Bewegung Stehen 2475 329 282 140 281 86 56 112 Schritt gehen 2636 326 292 183 298 161 55 46 Traben 510 68 89 84 71 14 37 4 Galoppieren 334 41 75 35 39 6 20 1 Buckeln 209 17 65 10 17 1 0 0 Steigen 27 1 2 0 0 1 65 0 Vorderbein-schlagen 32 3 1 3 0 1 4 0 Ausschlagen im Stand (ein 2 1 0 0 0 0 0 0 Hinterbein) In sich zusammen zucken 5 3 34 4 3 0 0 0 Gezieltes Ausschlagen nach der zero zero zero zero 0 1 0 0 Testperson Einzelnes Kopf abgesenkt 1340 241 223 144 218 98 16 29 Display Aufmerksames Stehen 1170 90 72 160 62 41 1 19 Unruhiges Ohrenspiel 1 5 8 7 8 3 0 3 Verzögerte Reaktion zero zero 8 0 zero zero zero zero Lecken ohne Objektbezug 103 33 21 14 30 14 6 31 Kauen ohne Objektbezug 55 19 3 8 7 10 1 13 Wälzen (vollständig) 33 0 0 0 0 0 0 0 Wälzen (unvollständig) 20 0 1 0 0 0 0 0 Zaunlaufen 95 2 0 2 6 4 0 0 Masturbation 2 0 0 0 0 0 0 0 Pica 10 0 0 0 0 0 0 0 Gähnen 0 2 0 0 1 3 0 2 Schildern 0 0 0 0 0 0 0 0 Ermahnung/ zero zero zero zero 0 37 0 4 Strafe durch die Testperson Flehmen 53 0 0 0 0 6 0 1 Sonstiges 34 0 3 3 8 4 1 0 Aus- Kot absetzen mit Markierverhalten 36 0 2 0 2 1 0 1 scheidung Kot absetzen ohne Markierverhalten 5 0 0 4 0 0 0 1 Urin absetzen 0 0 0 1 0 0 0 0 Auto- 120 13 3 7 10 3 0 1 grooming Beißen Schnappen zero zero zero zero 0 11 0 26 Zwicken oder Beißen zero zero zero zero 0 0 0 1 Erkunden Mit dem Maul erkunden 1935 118 75 29 95 80 2 67 Maul Lecken an Gegenständen 5 1 0 0 0 0 0 0 Objekt mit den Zähnen erkunden 195 16 10 6 18 1 2 1 Kopf- Kopfschlagen 320 84 34 37 72 17 31 13 schlagen Kopf schlenkern 4 0 0 0 0 20 0 0 Kopf hochreißen 0 0 1 0 0 27 10 6 Kopfschütteln 138 22 18 4 25 20 2 15 (nur Kopf und/oder Hals) Kopfschwingen 22 1 4 0 0 3 0 0 Kopfschwingen inkl. Manipulation der 0 0 0 0 0 0 0 0 Haut mit den Zähnen Scharren Scharren beim Erkunden 103 1 0 1 1 0 0 0 des Bodens Scharren ohne erkennbar 11 13 4 1 2 1 0 3 auslösendes Objekt Schütteln 12 0 1 0 2 1 0 3 Schweif- Schweif-schlagen 289 40 30 15 34 41 7 28 schlagen Schweif hochstellen (über die 18 4 44 8 2 0 8 0 Rückenlinie hinaus) Vokalisation Wiehern 59 1 0 1 3 1 0 0 Schnauben 66 17 4 2 17 0 0 3 Prusten 120 112 383 51 27 2 19 5 Grunzen 0 0 0 0 0 0 1 0

OF = Open Field, NOT = Novel Object Test, STO = Startling Test Objekt, STG = Startling Test Geräusch, PTA = Personentest Annäherung, PTF = Personentest Folgen, PTW = Personentest Ausweichen, PTB = Personentest Berühren Ergebnisse 69

Die Verhaltensweisen „Ausschlagen im Stand (ein Hinterbein)“, „Unruhiges Ohrenspiel“, „Masturbation“, „Pica“, „Gähnen“, „Schildern“, „Flehmen“, „Kot absetzen mit Markierverhalten“, „Kot absetzen ohne Markierverhalten“, „Urin absetzen“, „Kopfschwingen inkl. Manipulation der Haut mit den Zähnen“ und „Grunzen“ traten in allen Testsituationen selten bis nie auf. Diese Parameter wurden deshalb aus der weiteren Auswertung ausgeschlossen.

Das Verhalten „In sich zusammen zucken“ trat in der Testsituation Startling Test Objekt am häufigsten auf. In dieser Testsituation und in der Situation Startling Test Geräusch wurde es in die Auswertung des Fluchtverhaltens mit einbezogen. Aufgrund der geringen Häufigkeit wurde auf eine Auswertung in den anderen Testsituationen verzichtet.

Das Verhalten „Verzögerte Reaktion“ trat nur in den Testsituationen Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch auf. Es wurde in die Auswertung des Fluchtverhaltens mit einbezogen und deshalb nicht separat ausgewertet.

Die Verhaltensweisen „Autogrooming“ und „Kopfschwingen“ ließen sich nur durch eine direkte Beobachtung des Kontextes dem Funktionskreis Komfortverhalten oder Übersprungsverhalten zuordnen. Da diese Einteilung durch die Betrachtung des reinen Zahlenwertes nicht möglich ist, wurden sie nicht weiter ausgewertet.

Die Trennung der Verhaltensweisen „Mit dem Maul erkunden“, „Lecken an Gegenständen“ und „Objekt mit den Zähnen erkunden“ lieferte bei der Beobachtung keine gesonderten Ergebnisse. Aus diesem Grund wurden sie in der weiteren Auswertung als „Erkunden Maul“ zusammengefasst.

Sonstiges

Mit dem Code „Sonstiges“ wurden Verhaltensweisen notiert, die sich keiner anderen Bezeichnung zuordnen ließen oder sehr speziell waren und nur vereinzelt auftraten.

14 Pferde liefen mindestens einmal direkt gegen den Zaun der Testarena. Ein Pferd versuchte, über den Zaun zu springen. Ein Pferd zeigte mehrfach eine sich wiederholende waagerechte Kreisbewegung des Kopfes auf Höhe der Buggelenke. Von diesem Pferd war bekannt, dass es in der Box koppte. Ein anderes Pferd zeigte 70 Ergebnisse

mehrfach Autoaggressionsverhalten, indem es sich mit dem Kopf gegen den Flankenbereich schlug und dort in die Haut hinein biss. Dieses Verhalten wurde in beiden Testwochen gezeigt. Ein anderes Pferd zeigte in der zweiten Testwoche das zuvor beschriebene Autoaggressionsverhalten für wenige Sekunden.

4.2. Die Eignung der Testsituationen

Zur Beurteilung der Fragestellung, ob die Testsituation für das gewünschte Untersuchungsziel geeignet war, wurde jeweils nur die erste Testwoche heran gezogen. Hier waren die Pferde das erste Mal mit der unbekannten Situation konfrontiert.

4.2.1. Open Field

Ziel der Beobachtung der Pferde in der Testsituation Open Field war die Untersuchung des Bewegungsverhaltens im Allgemeinen, ohne die Pferde speziellen Reizen auszusetzen. Nach KILGOUR (1975) sind die ersten fünf Minuten der Untersuchung im Open Field repräsentativ für 15 Minuten Gesamttestzeit. Diese Aussage konnte in der vorliegenden Untersuchung nicht bestätigt werden. Bei einer Teilung der Gesamttestzeit in drei Abschnitte von jeweils fünf Minuten zeigte sich, dass die drei Abschnitte stark voneinander abwichen und die Pferde sich in jedem der drei Abschnitte unterschiedlich verhielten. Ergebnisse 71

Die Beobachtung im Open Field lieferte einen Hinweis auf das individuelle Bewegungsverhalten der Pferde in einem freien Raum. Abbildung 12 zeigt, dass die Pferde überwiegend standen oder sich im Schritt bewegten. Bei 19 Pferden kam überhaupt keine Bewegung im Trab und bei 28 Pferden keine Bewegung im Galopp vor. Buckeln zeigten etwa die Hälfte der Pferde. Die Verhaltensweisen Steigen und Vorderbeinschlagen wurden nur von wenigen Pferden für eine sehr kurze Dauer ausgeführt. Sie werden deshalb nicht in Abbildung 12 wiedergegeben. Es galt für das Steigen n= 12, : 0,84 s ±2,95 und für das Vorderbeinschlagen n= 16, : 0,82 s ± 1,83.

Abbildung 12: Dauer der Bewegung in der Testsituation Open Field. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. 72 Ergebnisse

Abbildung 13 zeigt, dass viele Pferde häufig die Verhaltensweisen „Kopf abgesenkt“, „Display Aufmerksames Stehen“ und „Erkunden Maul“ zeigten. Die weiteren Verhaltensweisen variierten in der Häufigkeit sehr stark zwischen den einzelnen Pferden. Diese Testsituation war dementsprechend eher dazu geeignet, Kenntnisse über das Individualverhalten eines Pferdes zu erlangen, als eine allgemeine Aussage über das Verhalten von Pferden in einem Open Field zu treffen.

Abbildung 13: Verhalten der Pferde in der Testsituation Open Field. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen mit Mittelwert und Standardabweichung (SD). Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, WV = Wälzen vollständig, WU = Wälzen unvollständig, ZLA = Zaunlaufen, SON = Sonstiges, EKM = Erkunden Maul, KSA = Kopfschlagen, KSE = Kopfschlenkern, KSC = Kopfschütteln nur Kopf und Hals, SEB = Scharren beim Erkunden des Bodens, SOO = Scharren ohne erkennbar auslösendes Objekt, SGK = Schütteln ganzer Körper, SSL = Schweifschlagen, SHO = Schweif hochstellen, WIE = Wiehern, SCN = Schnauben, PRU = Prusten Ergebnisse 73

4.2.2. Novel Object Test

Die Testsituation Novel Object Test sollte Auskunft über das Erkundungsverhalten der Pferde geben. 64 Pferde (91,4 %) näherten sich dem unbekannten Objekt an. 6 Pferde (8,6%) näherten sich nicht innerhalb der untersuchten fünf Minuten an.

Die minimale Annäherungszeit betrug acht Sekunden. Der Median lag bei 50 Sekunden. Die maximale Annäherungszeit betrug 202 Sekunden (3,22 Min.). 25% der Pferde näherten sich innerhalb von 27,75 Sekunden an. 75% der Pferde hatten sich nach 91,75 Sekunden dem Objekt angenähert.

Die verschiedenen Verhaltenskategorien traten in sehr unterschiedlicher Häufigkeit auf. Einen Überblick stellt Abbildung 14 dar. Die Kategorie Kopfschlagen setzte sich in dieser Testsituation lediglich aus den Verhaltensweisen „Kopfschlagen“ und „Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals)“ zusammen. Die Kategorie Vokalisation bestand überwiegend aus dem Verhalten „Prusten“.

Abbildung 14: Verhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, ST = Schütteln, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation 74 Ergebnisse

Betrachtet man das Bewegungsverhalten, so zeigten die Pferde im Novel Object Test überwiegend Schritt gehen, außerdem standen sie eine lange Zeit. Die Gangarten Trab und Galopp traten nicht bei allen Pferden und deutlich weniger lange auf als Schritt gehen und Stehen. Buckeln kam lediglich bei sieben Pferden vor (Abbildung 15). Die Verhaltensweisen Steigen und Vorderbeinschlagen wurden nur von wenigen Pferden für eine sehr kurze Dauer ausgeführt. Sie werden deshalb nicht in Abbildung 15 wiedergegeben. Es galt für das Steigen n= 1, : 0,02 s ±0,15 und für das Vorderbeinschlagen n= 2, : 0,06 s ± 0,37.

Abbildung 15: Dauer der Bewegung in der Testsituation Novel Object Test. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. Ergebnisse 75

In der Verhaltenskategorie „Einzelnes“ trat besonders häufig das Verhalten „Kopf abgesenkt“ auf. Weniger häufig traten die Verhaltensweisen „Display Aufmerksames Stehen“, „Lecken ohne Objektbezug“ und „Kauen ohne Objektbezug“ auf (Abbildung 16).

Abbildung 16: Verhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, ZLA = Zaunlaufen

Betrachtet man diese Ergebnisse zusammen gefasst, so zeigten sich überwiegend Elemente aus dem Bereich des Erkundungsverhaltens. Die Mehrzahl der Pferde näherte sich dem unbekannten Objekt vollständig an und berührte es, um es zu erkunden. Dabei bewegten sie sich überwiegend im Schritt. Außerdem standen sie häufig. Diesen Wechsel zwischen Schritt gehen und stehen zeigen Pferde sehr häufig beim Erkunden in einer Situation, in der sie sich nicht sicher fühlen. Das Anhalten wird dann als sogenannter „Sicherheitsstop“ bezeichnet, in dem das Pferd immer wieder seine Umgebung beobachtet. Die Häufigkeit des Verhaltens „Display 76 Ergebnisse

Aufmerksames Stehen“ zeigt, dass die Pferde im Stehen vermehrt das Objekt und die Umgebung erkundeten. Die Häufigkeit der Verhaltensweisen „Kopf abgesenkt“, „Lecken ohne Objektbezug“, „Kauen ohne Objektbezug“, „Kopfschlagen“, „Kopfschütteln“ und „Prusten“ lieferte Hinweise auf vermehrtes Übersprungsverhalten der Pferde, die sich in der Situation unsicher fühlten. Die große Differenz der Annäherungszeiten bestätigten diese Annahme. Trotz großer individueller Unterschiede im Erkundungsverhalten näherten sich 75% der Pferde innerhalb einer Zeit von 91,75 Sekunden dem unbekannten Objekt an. Die Testsituation war somit geeignet, das Erkundungsverhalten der Pferde gegenüber dem Objekt zu untersuchen.

4.2.3. Startling Test Objekt

In der Testsituation Startling Test Objekt sollte das Fluchtverhalten der Pferde, ausgelöst durch einen visuellen Reiz, beobachtet werden. Außerdem wurde das anschließende Erkundungsverhalten untersucht, indem die Annäherungszeit an das wieder still liegende Objekt gemessen wurde. Die schnelle Bewegung des Objektes (3,65 m/s) löste bei allen Pferden eine Fluchtreaktion aus (70 Pferde, 100%). Ergebnisse 77

Im Ausmaß der Fluchtreaktion zeigten sich deutliche Unterschiede. Bei 26 Pferden (37%) fand in die erste Reaktion (Sofortreaktion) auf den Reiz im Stehen statt. Sie zuckten in sich zusammen und knickten dabei in allen großen Gliedmaßengelenken ein. 6 Pferde (8,6%) zeigten eine Fluchtbewegung im Schritt, 6 Pferde (8,6%) entfernten sich im Trab und 32 Pferde (45,7%) flüchteten im Galopp vor dem Objekt (Abbildung 17).

Abbildung 17: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Objekt in der ersten Woche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

Die zweite Fluchtreaktion schloss sich direkt an die Sofortreaktion an. 1 Pferd (1,4%) stand, 6 Pferde (8,6%) bewegten sich im Schritt vom Objekt weg, 6 Pferde (8,6%) trabten und 57 Pferde (81,4%) flüchteten im Galopp (Abbildung 18). 78 Ergebnisse

Abbildung 18: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Objekt in der ersten Woche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

64 Pferde (91,4%) näherten sich nach der Fluchtreaktion an das Testobjekt an. 5 Pferde (7,1%) näherten sich dem Objekt nicht innerhalb der beobachteten Zeit an. Bei einem Pferd konnte aufgrund eines Protokollfehlers keine Annäherungszeit bestimmt werden.

Die schnellste Annäherungszeit betrug acht Sekunden. Der Median lag bei 27 Sekunden. Die langsamste Annäherungszeit lag bei 255 Sekunden (4,15 Min.). 25% der Pferde näherten sich innerhalb von 16,75 Sekunden an. 75% der Pferde hatten sich innerhalb von 84,25 Sekunden an das Objekt angenähert. Ergebnisse 79

Die Häufigkeit der Verhaltenskategorien zeigt Abbildung 19. Die Kategorie Vokalisation, die in dieser Testsituation neben dem Bewegungsverhalten besonders häufig auftrat, bestand überwiegend aus „Prusten“. Die Kategorie Kopfschlagen setzte sich vor allem aus „Kopfschlagen“ und „Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals)“ zusammen.

Abbildung 19: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, ST = Schütteln, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation

Nach den Fluchtreaktionen zeigten die Pferde vor allem Bewegung im Schritt und ein Verharren im Stehen (Abbildung 20). Traben, Galoppieren und auch Buckeln traten weniger häufig und lange auf. Im Vergleich zur Testsituation Novel Object Test wurden die schnelleren Bewegungen aber von mehr Pferden gezeigt. Die Verhaltensweisen Steigen und Vorderbeinschlagen wurden wie im Novel Object Test nur von wenigen Pferden ausgeführt. Sie werden deshalb nicht in Abbildung 20 80 Ergebnisse

wiedergegeben. Es galt für das Steigen n= 2, : 0,06 s ±0,35 und für das Vorderbeinschlagen n= 1, : 0,03 s ± 0,26.

Abbildung 20: Dauer der Bewegung in der Testsituation Startling Test Objekt. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben.

Die Verhaltenskategorie Einzelnes bestand vor allem aus dem Verhalten „Kopf abgesenkt“. Außerdem kamen „Display Aufmerksames Stehen“ und „Lecken ohne Objektbezug“ häufiger vor (Abbildung 21). Ergebnisse 81

Abbildung 21: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, WU = Wälzen unvollständig

Die Bewegung des Objektes provozierte bei allen Pferden eine Fluchtreaktion, die jedoch in ihrem Ausmaß sehr unterschiedlich ausfiel. Die Sofortreaktion auf den optischen Reiz zeigte noch eine große Divergenz, indem ein Großteil der Pferde entweder im Stehen in sich zusammen zuckte oder sofort im Galopp flüchtete. Der Reiz war allerdings so stark, dass in der direkt angeschlossenen zweiten Fluchtreaktion der Anteil der galoppierenden Pferde anstieg. Die Testsituation führte außerdem zu einem Anstieg der Häufigkeit der schnelleren Gangarten sowie des Buckelns. Die Verhaltensweisen „Kopfschlagen“, „Kopfschütteln“, „Prusten“, „Kopf abgesenkt“, „Display Aufmerksames Stehen“ und „Lecken ohne Objektbezug“ repräsentierten die konkurrierenden Motivationen zwischen dem Flucht- und Erkundungsverhalten. Als Elemente des Übersprungsverhaltens zeigten sie die Unsicherheit der Pferde in dieser Situation, die sich jedoch in einer überwiegenden 82 Ergebnisse

Annäherung an das Flucht auslösende Objekt auflöste. Dabei kann ein bewegtes Objekt das Erkundungsverhalten der Pferde sogar noch verstärken. Dieses zeigte sich darin, dass sich 75% der Pferde innerhalb von 84,25 Sekunden annäherten. Im Vergleich dazu lag die obere Quartils-Grenze im Novel Object Test bei 91,75 Sekunden.

4.2.4. Startling Test Geräusch

Die Testsituation Startling Test Geräusch diente der Untersuchung des Fluchtverhaltens in Bezug auf einen akustischen Reiz. Außerdem wurde gemessen, wie lange das Fluchtverhalten anhielt. Als Endpunkt wurde hierzu das erste Auftreten eines entspannten Displays nach der Flucht herangezogen.

67 Pferde (95,7%) zeigten eine Fluchtreaktion auf das plötzlich abgespielte Geräusch. 2 Pferde (2,9%) zeigten keine Fluchtreaktion. Bei einem Pferd konnte die Testsituation nicht durchgeführt werden, da das Geräusch abgespielt werden sollte, während das Pferd stand und dieses Pferd permanent in Bewegung war. Ergebnisse 83

Als erste Reaktion zeigten 32 Pferde (45,7%) ein Zusammenzucken im Stehen, 25 Pferde (35,7%) bewegten sich im Schritt, 5 Pferde (7,1%) flüchteten im Trab und 5 (7,1%) im Galopp (Abbildung 22).

Abbildung 22: Fluchtreaktion1 in der Testsituation Startling Test Geräusch in der ersten Woche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

Als zweite Fluchtreaktion standen 35 Pferde (50%), 12 Pferde (17,1%) bewegten sich im Schritt, 16 Pferde (22,9%) trabten und 4 Pferde (5,7%) flüchteten im Galopp (Abbildung 23). 84 Ergebnisse

Abbildung 23: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Geräusch in der ersten Woche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

Die schnellste Zeit, bis die Pferde wieder ein entspanntes Display zeigten, betrug zwei Sekunden. Der Median betrug 37 Sekunden. Die maximale Zeit, die ein Pferd benötigte um ein entspanntes Display zu zeigen betrug 239 Sekunden (3,59 Min.). 25% entspannten sich bereits nach 16 Sekunden. 75% der Pferde zeigten nach 69 Sekunden ein entspanntes Display. Ergebnisse 85

Abbildung 24 zeigt einen Überblick über die Häufigkeiten der Verhaltenskategorien im Startling Test Geräusch. Die Verhaltenskategorie Kopfschlagen bestand überwiegend aus „Kopfschlagen“, die Kategorie Vokalisation fast ausschließlich aus „Prusten“.

Abbildung 24: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation 86 Ergebnisse

Die Pferde standen über einen langen Zeitraum. Das Gehen im Schritt wurde weniger lange ausgeführt als im Startling Test Objekt. Die Bewegung im Trab trat dagegen häufiger und länger auf (Abbildung 25). Nur wenige Pferde galoppierten und buckelten. Steigen kam in dieser Testsituation überhaupt nicht vor und Vorderbeinschlagen wurde lediglich von drei Pferden gezeigt (: 0,09 s ±0,45). Es ist deshalb nicht in Abbildung 25 dargestellt.

Abbildung 25: Dauer der Bewegung in der Testsituation Startling Test Geräusch. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. Ergebnisse 87

In der Kategorie Einzelnes kam das „Display Aufmerksames Stehen“ häufiger vor als das Verhalten „Kopf abgesenkt“ (Abbildung 26).

Abbildung 26: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, ZLA = Zaunlaufen

Diese Ergebnisse zeigen, dass auch der akustische Reiz geeignet war, um eine Fluchtreaktion bei den Pferden auszulösen. Die erste Reaktion war hier allerdings überwiegend Stehen und Schritt gehen. Zusammen mit dem „Display Aufmerksames Stehen“ kann man von Orientierungsverhalten der Pferde bezüglich der Quelle des akustischen Reizes sprechen. Die Verhaltensweisen „Kopf abgesenkt“ und „Prusten“ zeigten aber auch hier die Unsicherheit, die durch die Testsituation bei den Pferden verursacht wurde. In der sich direkt anschließenden zweiten Fluchtreaktion zeigten die Pferde ebenfalls viel Schritt gehen, aber auch die Bewegung im Trab nahm zu. Einige Pferde reagierten folglich auch auf den akustischen Reiz mit einer Zunahme der Fluchtreaktion. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die Pferde auf den 88 Ergebnisse

akustischen Reiz weniger stark reagierten als auf den optischen im Startling Test Objekt. Dieses spiegelt sich auch darin wider, dass 75% der Pferde innerhalb von 69 Sekunden bereits wieder ein entspanntes Display zeigten.

4.2.5. Personentest Annäherung

Die Testsituation Personentest Annäherung diente der Untersuchung des soziopositiven Verhaltens der Pferde gegenüber einem unbekannten Menschen. Der Test sollte die Frage beantworten, ob das Pferd Interesse an Menschen zeigt und sich freiwillig annähert. Anhand der dafür benötigten Zeit sollte beurteilt werden, ob sich das Pferd einem Menschen ohne Furcht und damit schnell annähert oder ob es dabei unsicher ist und dementsprechend eine längere Zeit für die Annäherung benötigt.

61 Pferde (87,1%) näherten sich dem unbekannten Menschen innerhalb von fünf Minuten an. 9 Pferde (12,9%) näherten sich dem Menschen nicht innerhalb der untersuchten Zeit an.

Die schnellste Annäherungszeit betrug sieben Sekunden. Der Median lag bei 36 Sekunden. Die maximale Annäherungszeit betrug 297 Sekunden (4,57 Min.). 25% der Pferde näherten sich dem Menschen innerhalb von 21 Sekunden an. 75% der Pferde hatten sich innerhalb von 67 Sekunden angenähert. Ergebnisse 89

Abbildung 27 zeigt eine Übersicht über die Häufigkeit der Verhaltenskategorien im Personentest Annäherung. Das Verhalten „Erkunden Maul“ bezog sich überwiegend auf die Kontaktaufnahme zur Testperson mit dem Maul. Die Kategorie Kopfschlagen bestand nur aus „Kopfschlagen“ und „Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals)“. Das Vokalisationsverhalten beinhaltete häufiger „Schnauben“ als in den vorher genannten Testsituationen und erneut vermehrtes „Prusten“.

Abbildung 27: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, ST = Schütteln, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation 90 Ergebnisse

Das Bewegungsverhalten wird in Abbildung 28 veranschaulicht. Die Pferde standen häufig, gingen aber auch sehr viel und zum Teil sehr lange im Schritt. Sechs der 22 Pferde, die trabten und drei der 14 Pferde, die galoppierten, zeigten diese Gangarten jeweils über einen langen Zeitraum. Eins der sechs Pferde, die buckelten, tat diese sehr lang anhaltend. Steigen und Vorderbeinschlagen kamen in dieser Testsituation nicht vor.

Abbildung 28: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Annäherung. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. Ergebnisse 91

In der Kategorie Einzelnes trat überwiegend das Verhalten „Kopf abgesenkt“ auf. „Display Aufmerksames Stehen“ und „Lecken ohne Objektbezug“ kamen häufiger vor (Abbildung 29).

Abbildung 29: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, ZLA = Zaunlaufen

Betrachtet man die Ergebnisse des Personentest Annäherung zusammen, so zeigten viele Pferde soziopositives Verhalten gegenüber der unbekannten Testperson. Sie näherten sich dieser an und berührten sie mit dem Maul. 75% der Pferde bewegten sich dabei innerhalb von 67 Sekunden zu der Person. Das Stehen und das „Display Aufmerksames Stehen“ sprechen hier für ein Erkundungsverhalten aus der Ferne, „Prusten“, „Lecken ohne Objektbezug“, „Kopf abgesenkt“, „Kopfschlagen“ und „Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals)“ kennzeichnen Übersprungsverhalten. Die Pferde, die eine längere Annäherungszeit benötigten oder auch jene, die sich nicht annäherten, umrundeten die Testperson, um sie von allen Seiten zu betrachten. 92 Ergebnisse

4.2.6. Personentest Folgen

In der Testsituation Personentest Folgen sollte beurteilt werden, ob das Pferd sich freiwillig einem Menschen anschließt und ihm folgt, wenn sich dieser von dem Pferd entfernt. Dieses Verhalten zeigt, dass ein Pferd den Menschen als Sozialpartner wahrnimmt.

Es wurde beurteilt, ob das Pferd dem Menschen 30 Sekunden lang folgt. Das Verhalten wurde in eine von drei Kategorien eingeteilt.

 Kategorie 1: das Pferd folgte dem Menschen sofort für 30 Sekunden.

 Kategorie 2: das Pferd folgte dem Menschen für 30 Sekunden, allerdings wurde dafür mehr als ein Versuch benötigt.

 Kategorie 3: das Pferd folgte dem Menschen auch nach mehreren Versuchen nicht für 30 Sekunden. Ergebnisse 93

53 Pferde (75,7%) konnten der Kategorie 1 zugeordnet werden, 11 Pferde (15,7%) der Kategorie 2 und 6 Pferde (8,6%) der Kategorie 3 (Abbildung 30).

Abbildung 30: Kategorie Folgen in der Testsituation Personentest Folgen in der ersten Woche. 1 = Folgen ja, ein Versuch, 2 = Folgen ja, mehrere Versuche, 3 = Folgen nein 94 Ergebnisse

Abbildung 31 zeigt eine Übersicht über die Häufigkeit der Verhaltenskategorien im Personentest Folgen. Das Verhalten „Erkunden Maul“ bezog sich überwiegend auf eine Kontaktaufnahme zur Testperson mit dem Maul. Die Kategorie Kopfschlagen setzte sich zu relativ gleichen Teilen aus den Verhaltensweisen „Kopfschlagen“, Kopf schlenkern“, „Kopf hochreißen“ und „Kopf schütteln (nur Kopf und/oder Hals)“ zusammen. Die Verhaltenskategorie Beißen bestand nur aus dem Verhalten „Schnappen“.

Abbildung 31: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Folgen. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation

Das Bewegungsverhalten der Pferde wird in der Abbildung 32 dargestellt. Pferde, die der Kategorie 1 zugeordnet werden konnten, zeigten ausschließlich Bewegung im Schritt. Die Gangarten Trab und Galopp wurden dementsprechend nur von Pferden der Kategorien 2 und 3 ausgeführt. Bei den Pferden, die stehen blieben, fiel auf, dass sich zwei Pferde über einen sehr langen Zeitraum nicht von der Stelle bewegten. Nur Ergebnisse 95

ein Pferd buckelte und ein Pferd stieg. Ein Pferd schlug nach der Testperson aus. Dieses Verhalten trat einmalig und nur in dieser Testsituation auf.

Abbildung 32: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Folgen. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. 96 Ergebnisse

In der Kategorie Einzelnes kam das Verhalten „Kopf abgesenkt“ am häufigsten vor. Die Pferde zeigten außerdem mehrfach „Display Aufmerksames Stehen“. Eine „Ermahnung/Strafe durch die Testperson“ wurde oft ausgeführt. „Lecken ohne Objektbezug“ und „Kauen ohne Objektbezug“ traten in dieser Testsituation etwa gleich häufig auf (Abbildung 33).

Abbildung 33: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, ZLA = Zaunlaufen, EDT = Ermahnung/Strafe durch die Testperson

In der Testsituation Personentest Folgen zeigten viele Pferde Folgeverhalten, die meisten sogar direkt im ersten Anlauf. Die positive soziale Interaktion mit der Testperson zeigt sich an der Häufigkeit des Verhaltens „Erkunden Maul“. Auch die Verhaltensweise „Kopf schlenkern“ weist darauf hin, da dieses Verhalten ein Element des Spielverhaltens ist. Spielverhalten wird neben dem Solitärspiel bevorzugt in der Interaktion mit einem Sozialpartner gezeigt. Ergebnisse 97

Die Verhaltensweisen „Schnappen“, „Ermahnung/Strafe durch die Testperson“ und „Kopf hochreißen“ sind aufeinander bezogen. Schnappte das Pferd nach der Testperson oder kam ihr zu nah, so hob sie die Hand in einer schnellen Bewegung. Daraufhin zeigten die meisten Pferde ein Hochreißen des Kopfes. Die Verhaltensparameter „Schweifschlagen“, „Kopf abgesenkt“, „Lecken ohne Objektbezug“ und „Kauen ohne Objektbezug“ sind wiederum Elemente des Übersprungsverhaltens.

Das „Ausschlagen nach der Testperson“ kam bei einem Pferd vor, bei dem mehrere Versuche vorgenommen wurden, ein Folgeverhalten auszulösen. Die Testperson ging dabei immer wieder auf das Pferd zu und stellte sich diesem dabei auch in den Weg, um es anzuhalten. Das Pferd zeigte daraufhin das Ausschlagen als Abwehrverhalten.

4.2.7. Personentest Ausweichen

Die Testsituation Personentest Ausweichen diente der Beurteilung einer ausweichenden Reaktion des Pferdes auf die schnelle Annäherung eines Menschen. Diese Testsituation sollte somit den „Respekt“ eines Pferdes vor dem Menschen beurteilen und zeigen, ob es diesem ausweicht, so wie es einem ranghöheren Artgenossen ausweichen würde.

69 Pferde (98,6%) zeigten ausweichendes Verhalten gegenüber dem Menschen. 1 Pferd (1,4%) zeigte keine Reaktion im Sinne eines Ausweichens, es verharrte ohne eine besondere Reaktion zu zeigen. 98 Ergebnisse

3 Pferde (4,3%) zeigten ein Ausweichen im Stehen, indem sie lediglich den Kopf oder Kopf und Hals zur Seite bewegten. 26 Pferde (37,1%) wichen im Schritt nach hinten oder zur Seite aus. 10 Pferde (14,3%) entfernten sich im Trab, 30 (42,9%) im Galopp (Abbildung 34).

Abbildung 34: Kategorie Ausweichen in der Testsituation Personentest Ausweichen in der ersten Woche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp Ergebnisse 99

Abbildung 35 zeigt eine Übersicht der Häufigkeit der Verhaltenskategorien im Personentest Ausweichen. Die Verhaltenskategorie Kopfschlagen setzte sich überwiegend aus den Verhaltensweisen „Kopfschlagen“ und „Kopf hochreißen“ zusammen. Die Vokalisation in dieser Testsituation war ausschließlich „Prusten“.

Abbildung 35: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Ausweichen. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation 100 Ergebnisse

Das Bewegungsverhalten der Pferde zeigte in dieser Testsituation keine besonderen Unterschiede in der Dauer der verschiedenen Gangarten (Abbildung 36). Ein Pferd fiel besonders durch die lange Bewegung im Schritt auf. Dieses Pferd bewegte sich immer wieder von der Testperson weg und umrundete sie im Schritt. Zwei Pferde stiegen und drei Pferde schlugen mit dem Vorderbein, während sie sich in der Ausweichbewegung befanden.

Abbildung 36: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Ausweichen. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. Ergebnisse 101

Die Pferde zeigten in dieser sehr kurzen Testsituation am häufigsten das Verhalten „Kopf abgesenkt“ (Abbildung 37).

Abbildung 37: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug

Das Ausweichen der Pferde konnte mit dieser Testsituation gut geprüft werden. Die meisten Pferde wichen dem Menschen im Schritt oder im Galopp aus. Die Situation war insgesamt sehr kurz, deshalb wurden nicht so viele Verhaltenselemente wie in den anderen Testsituationen gezeigt. Das Hochreißen des Kopfes erklärt sich aus der Ausweichbewegung der Pferde, da einige dabei ihren Kopf nach oben zogen. „Kopfschlagen“ und „Prusten“ als Elemente des Übersprungsverhaltens zeigten, dass die schnelle Bewegung der Testperson auf die Pferde zu als starker Reiz auf die Pferde einwirkte. 102 Ergebnisse

4.2.8. Personentest Berühren

Die Testsituation Personentest Berühren diente der Beurteilung des Verhaltens der Pferde auf eine Annäherung eines unbekannten Menschen und eine Berührung durch diesen. Die benötigte Annäherungszeit des Menschen an das Pferd wurde gemessen. Aus einem ruhigen Stehenbleiben während der Berührung oder dem Ausweichen des Pferdes konnte beurteilt werden, ob das Pferd ein gewisses „Grundvertrauen“ gegenüber Menschen hat oder ob ihm die Berührung unangenehm ist. Für die Beurteilung wurde das Verhalten der Pferde in drei Kategorien eingeteilt:

 Kategorie 1: das Berührungsschema konnte im ersten Anlauf vollständig ausgeführt werden.

 Kategorie 2: das Berührungsschema konnte vollständig durchgeführt werden, es wurde allerdings mehr als ein Anlauf benötigt.

 Kategorie 3: das Berührungsschema konnte nicht vollständig ausgeführt werden, das Pferd entzog sich der Berührung durch sein Verhalten.

Die Testperson konnte sich allen Pferden annähern.

Die minimale Annäherungszeit betrug 2 Sekunden, der Median lag bei 6 Sekunden. Die maximale Annäherungszeit betrug 174 Sekunden (2,54 Min.). An 25% der Pferde konnte sich die Testperson innerhalb von 4 Sekunden annähern. Bei 75% der Pferde konnte die Berührung innerhalb von 13 Sekunden begonnen werden. Ergebnisse 103

55 Pferde (78,6%) konnten der Kategorie 1 zugeordnet werden, 13 (18,6%) der Kategorie 2 und 2 (2,9%) der Kategorie 3 (Abbildung 38).

Abbildung 38: Kategorie Berühren in der Testsituation Personentest Berühren in der ersten Woche. 1 = Berühren ja, ein Versuch, 2 = Berühren ja, mehrere Versuche, 3 = Berühren nein 104 Ergebnisse

Abbildung 39 zeigt einen Überblick über die Häufigkeit der Verhaltenskategorien im Personentest Berühren. Das Verhalten „Erkunden Maul“ bezog sich auch in dieser Testsituation überwiegend auf eine Kontaktaufnahme zur Testperson. Die Kategorie Kopfschlagen bestand aus den Verhaltensweisen „Kopfschlagen“, „Kopf hochreißen“ und „Kopfschütteln (nur Kopf und/oder Hals)“. Einmal kam „Beißen“ vor, mehrfach „Schnappen“.

Abbildung 39: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, EM = Erkunden Maul, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, SL = Schweifschlagen, VO = Vokalisation, BS = Beißen Ergebnisse 105

Abbildung 40 zeigt, dass die meisten Pferde in dieser Testsituation standen. Dies entspricht auch den vielen Pferden der Kategorie 1. Sie bewegten sich nicht während sie von der Testperson berührt wurden. Die Bewegungen im Schritt, Trab und Galopp können dementsprechend den Pferden der Kategorien 2 und 3 zugeordnet werden.

Abbildung 40: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Berühren. Es werden der Mittelwert und die Standardabweichung (SD) dargestellt. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. 106 Ergebnisse

In der Kategorie Einzelnes zeigte sich während die Pferde berührt wurden vor allem das Verhalten „Lecken ohne Objektbezug“ und „Kopf abgesenkt“ (Abbildung 41).

Abbildung 41: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen der Kategorie Einzelnes. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. KAB = Kopf abgesenkt, DAS = Display aufmerksames Stehen, LOO = Lecken ohne Objektbezug, KOO = Kauen ohne Objektbezug, EDT = Ermahnung/Strafe durch die Testperson

Die Testperson konnte sich allen Pferden nach dem Personentest Ausweichen wieder annähern, an 75% der Pferde sogar innerhalb von 13 Sekunden. Lediglich bei zwei Pferden konnte das Berührungsschema nicht vollständig bis zum Ende durchgeführt werden. Die Ergebnisse der Kategorien Einzelnes, Kopfschlagen und Schweifschlagen zeigen, dass viele Pferde sich in der Situation nicht sicher und entspannt fühlten. Dies ist die einzige Testsituation, in der auch „Beißen“ vorkam. Das „Schnappen“ der Pferde geschah überwiegend aus dem Spielverhalten heraus. Ergebnisse 107

4.2.9. Ressourcenkontrolltest

Die Testsituation Ressourcenkontrolltest diente der Beurteilung der Reaktion der Pferde auf die Entfernung einer Ressource. Es sollte vor allem untersucht werden, ob durch die dadurch provozierte Frustration aggressives Verhalten beim Pferd ausgelöst werden konnte.

27 Pferde (38,6%) näherten sich dem Futter sofort an und fraßen in entspannter Körperhaltung. 32 Pferde (45,7%) zeigten keine direkte Annäherung an das Futter. Sie blieben in Entfernung zum Eimer oder der Schale stehen, zeigten Erkundungsverhalten, schlugen mit dem Schweif und zogen beim Fressen den Kopf immer wieder in einer schnellen Bewegung nach oben aus dem Futterbehälter heraus. 11 Pferde (15,7%) näherten sich dem Futter gar nicht an.

Eine Beurteilung der Frustration, die über die Entfernung des Futters gegeben sein sollte, war mit diesen Ergebnissen nicht möglich. Das Futter stellte in dieser Situation bei zu vielen Pferden keine wichtige Ressource dar. Auf eine weitere Auswertung dieser Testsituation wurde daher verzichtet.

4.3. Die Test-Retest-Reliabilität

Die 70 Pferde wurden nach genau einer Woche ein zweites Mal getestet. Ein Vergleich der beiden Testwochen wurde herangezogen, um die Test-Retest- Reliabilität zu beurteilen.

4.3.1. Open Field

Abbildung 42 zeigt, dass sich die Häufigkeiten des Verhaltens der Pferde in den verschiedenen Kategorien im Open Field von der ersten zur zweiten Testwoche nahezu gar nicht unterschieden. 108 Ergebnisse

Abbildung 42: Verhalten der Pferde in der Testsituation Open Field Test, Vergleich der zwei Testwochen. Dargestellt ist die Häufigkeit der Verhaltensweisen bezogen auf die Verhaltenskategorien. Die Anzahl der Pferde (n), die das Verhalten zeigten, ist jeweils unter der Säule angegeben. H Wo1 = Häufigkeit in der ersten Testwoche, H Wo2 = Häufigkeit in der zweiten Testwoche, BW = Bewegung, EZ = Einzelnes, VO = Vokalisation, EM = Erkunden Maul, SL = Schweifschlagen, KS = Kopfschlagen, SR = Scharren, ST = Schütteln

4.3.2. Novel Object Test

In der Testsituation Novel Object Test näherten sich in der zweiten Testwoche weniger Pferde dem unbekannten Objekt innerhalb der untersuchten fünf Minuten an als in der ersten Woche (Tabelle 6). Die Pferde näherten sich in der zweiten Testwoche signifikant schneller an als in der ersten (Abbildung 43). Ergebnisse 109

Tabelle 6: Vergleich der Parameter in der Testsituation Novel Object Test zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde angenähert 64 59 n.s. Anzahl Pferde nicht angenähert 6 11 Annäherungszeit < 0,0001 Minimale Annäherungszeit in s 8 6 Median in s 50 16 Maximale Annäherungszeit in s 202 169 25%-Quartil in s 27,75 10,5 75%-Quartil in s 91,75 36 n.s. = nicht signifikant; s = Sekunden

160

140

120

100

80

B 60

40 B

Annäherungszeits in 20

0 Woche1 Woche2 Abbildung 43: Annäherungszeiten in der Testsituation Novel Object Test im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. Dargestellt sind Mittelwert und Median, das 25%- und 75%-Quartil sowie die Standardabweichung der Werte.

4.3.3. Startling Test Objekt

Tabelle 7 zeigt eine Übersicht der Ergebnisse der Testsituation Startling Test Objekt in der ersten und zweiten Testwoche. In der zweiten Testwoche zeigten zwei Pferde keine Fluchtreaktion auf die schnelle Bewegung des Objektes. Von diesen Pferden 110 Ergebnisse

blieb ein Pferd aus dem Schritt stehen und hob Kopf und Hals geringgradig an. Das zweite Pferd zeigte sofort Erkundungsverhalten, indem es dem Objekt in der Bewegung folgte. Die Verteilung der Kategorien Fluchtreaktion1 und Fluchtreaktion2 veränderte sich von der ersten zur zweiten Testwoche nur wenig (Abbildung 44 und Abbildung 45).

In der zweiten Woche näherten sich weniger Pferde dem Objekt innerhalb der beobachteten Zeit von fünf Minuten an (Tabelle 7). Bei einem Pferd konnte aufgrund eines Protokollfehlers keine Annäherungszeit bestimmt werden. Die Pferde zeigten in der zweiten Testwoche eine signifikant schnellere Annäherung an das Objekt (Abbildung 46).

Tabelle 7: Vergleich der Parameter in der Testsituation Startling Test Objekt zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde Fluchtreaktion ja 70 68 n.s. Anzahl Pferde Fluchtreaktion nein 0 2 Fluchtreaktion1 n.s Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Stehen 26 30 . Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Schritt gehen 6 7 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Trab 6 3 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Galopp 32 28 Fluchtreaktion2 n.s. Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Stehen 1 0 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Schritt gehen 6 4 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Trab 6 3 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Galopp 57 61 Anzahl Pferde Annäherung Objekt ja 64 63 n.s. Anzahl Pferde Annäherung Objekt nein 5 6 Annäherungszeit 0,0002 Minimale Annäherungszeit in s 8 7 Median in s 27 13 Maximale Annäherungszeit in s 255 181 25%-Quartil in s 16,75 9 75%-Quartil in s 84,25 33,5 n.s. = nicht signifikant; s = Sekunden

Ergebnisse 111

Abbildung 44: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

Abbildung 45: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp 112 Ergebnisse

180

160

140

120

100

80

60 B

40

Annäherungszeits in B 20

0 Woche1 Woche2 Abbildung 46: Annäherungszeiten in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. Dargestellt sind Mittelwert und Median, das 25%- und 75%-Quartil sowie die Standardabweichung der Werte.

4.3.4. Startling Test Geräusch

Eine Übersicht der Ergebnisse der Testsituation Startling Test Geräusch in der ersten und zweiten Testwoche zeigt Tabelle 8. In der zweiten Woche zeigten alle Pferde eine Fluchtreaktion. In Fluchtreaktion1 und Fluchtreaktion2 stieg der Anteil der schnelleren Gangarten an (Abbildung 47 und Abbildung 48). Dieser Unterschied war signifikant. Die Zeit bis ein entspanntes Display gezeigt wurde, unterschied sich dagegen in den zwei Wochen kaum (Abbildung 49).

Die stärkere Fluchtreaktion lässt sich mit der Auswahl der verschiedenen Geräusche erklären. Das Applaudiergeräusch in der zweiten Woche war demzufolge ein stärkerer Reiz als der Schuss in der ersten Testwoche. Ergebnisse 113

Tabelle 8: Vergleich der Parameter in der Testsituation Startling Test Geräusch zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde Fluchtreaktion ja 67 70 n.s. Anzahl Pferde Fluchtreaktion nein 2 0 Fluchtreaktion1 < 0,0001 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Stehen 32 22 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Schritt gehen 25 7 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Trab 5 15 Anzahl Pferde Fluchtreaktion1 Galopp 5 26 Fluchtreaktion2 0,0104 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Stehen 35 23 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Schritt gehen 12 16 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Trab 16 19 Anzahl Pferde Fluchtreaktion2 Galopp 4 12 Zeit bis entspanntes Display n.s. Minimale Zeit entspanntes Display in s 2 2 Median in s 37 31 Maximale Zeit entspanntes Display in s 239 267 25%-Quartil in s 16 20 75%-Quartil in s 69 40,75 n.s. = nicht signifikant; s = Sekunden

Abbildung 47: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp 114 Ergebnisse

Abbildung 48: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1 = Ausweichen stehend, 2 = Ausweichen im Schritt, 3 = Flucht im Trab, 4 = Flucht im Galopp

120

100

80

60 B

B 40

20 Zeit bis entspanntes Display bisentspanntes ins Zeit 0 Woche1 Woche2 Abbildung 49: Zeit bis zum Erreichen eines entspannten Displays in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. Dargestellt sind Mittelwert und Median, das 25%- und 75%-Quartil sowie die Standardabweichung der Werte. Ergebnisse 115

4.3.5. Personentest Annäherung

Tabelle 9 gibt einen Überblick über die Veränderungen in der Testsituation Personentest Annäherung von der ersten zur zweiten Testwoche. In der zweiten Woche näherten sich mehr Pferde der unbekannten Person an. Außerdem näherten sich die Pferde in der zweiten Testwoche signifikant schneller an (Abbildung 50).

Tabelle 9: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Annäherung zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde angenähert 61 67 n.s. Anzahl Pferde nicht angenähert 9 3 Annäherungszeit 0,0386 Minimale Annäherungszeit in s 7 6 Median in s 36 21 Maximale Annäherungszeit in s 297 279 25%-Quartil in s 21 11 75%-Quartil in s 67 58,5 n.s. = nicht signifikant; s = Sekunden

200

180

160

140

120

100

80

60 B B

40 Annäherungszeits in 20

0 Woche1 Woche2 Abbildung 50: Annäherungszeiten in der Testsituation Personentest Annäherung im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. Dargestellt sind Mittelwert und Median, das 25%- und 75%-Quartil sowie die Standardabweichung der Werte. 116 Ergebnisse

4.3.6. Personentest Folgen

Tabelle 10 und Abbildung 51 zeigen, dass das Folgeverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Folgen sich von der ersten zur zweiten Woche kaum unterschied. Aufgrund eines Protokollfehlers konnte die Testsituation in der zweiten Woche bei zwei Pferden nicht ausgewertet werden.

Tabelle 10: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Folgen zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde Kategorie Folgen 1 53 50 n.s. Anzahl Pferde Kategorie Folgen 2 11 14 Anzahl Pferde Kategorie Folgen 3 6 4 n.s. = nicht signifikant

Abbildung 51: Kategorie Folgen in der Testsituation Personentest Folgen im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1 = Folgen ja, ein Versuch, 2 = Folgen ja, mehrere Versuche, 3 = Folgen nein

4.3.7. Personentest Ausweichen

In der zweiten Testwoche wichen in der Situation Personentest Ausweichen 68 Pferde der Testperson aus. Bei einem Pferd konnte die Testsituation in der zweiten Ergebnisse 117

Woche nicht durchgeführt werden, da es permanent in Bewegung war. Ein anderes Pferd zeigte keinerlei Ausweichen auf die Annäherung der Testperson. Es zeigten tendenziell mehr Pferde ein Ausweichen im Schritt und weniger im Galopp (Abbildung 52). Die Unterschiede von der ersten zur zweiten Woche waren aber nicht signifikant (Tabelle 11).

Tabelle 11: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Ausweichen zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde Ausweichen ja 69 68 n.s. Anzahl Pferde Ausweichen nein 1 1 Ausweichen n.s. Anzahl Pferde Ausweichen Stehen 3 0 Anzahl Pferde Ausweichen Schritt gehen 26 35 Anzahl Pferde Ausweichen Trab 10 16 Anzahl Pferde Ausweichen Galopp 30 17 n.s. = nicht signifikant

Abbildung 52: Kategorie Ausweichen in der Testsituation Personentest Ausweichen im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1= Ausweichen stehen, 2= Ausweichen im Schritt, 3= Flucht im Trab, 4= Flucht im Galopp 118 Ergebnisse

4.3.8. Personentest Berühren

Tabelle 12, Abbildung 53 und Abbildung 54 zeigen, dass sich die Ergebnisse der Situation Personentest Berühren in der ersten und zweiten Testwoche so gut wie gar nicht voneinander unterschieden.

Tabelle 12: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Berühren zwischen der ersten und der zweiten Testwoche

Woche1 Woche2 p-Value Anzahl Pferde Annäherung ja 70 70 n.s. Anzahl Pferde Annäherung nein 0 0 Annäherungszeit n.s. Minimale Annäherungszeit in s 2 2 Median in s 6 6 Maximale Annäherungszeit in s 174 178 25%-Quartil in s 4 3,25 75%-Quartil in s 13 9,75 Berühren n.s. Kategorie Berühren 1 55 57 Kategorie Berühren 2 13 11 Kategorie Berühren 3 2 2 n.s. = nicht signifikant; s = Sekunden

30

25

20

15 B 10 B

Annäherungszeit in s in Annäherungszeit 5

0 Woche1 Woche2 Abbildung 53: Annäherungszeiten in der Testsituation Personentest Berühren im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. Dargestellt sind Mittelwert und Median, das 25%- und 75%-Quartil sowie die Standardabweichung der Werte. Ergebnisse 119

Abbildung 54: Kategorie Berühren in der Testsituation Personentest Berühren im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche. 1= Berühren ja, ein Versuch, 2= Berühren ja, mehrere Versuche, 3= Berühren nein

Fasst man diese Ergebnisse zusammen, so zeigt sich, dass die Testsituationen Open Field, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren von der ersten zur zweiten Testwoche in einem hohen Maß übereinstimmten. In diesen Testsituationen war eine gute Test-Retest-Reliabilität gegeben. Aus dem Verhalten der Pferde in diesen Testsituationen kann folglich eine gewisse Vorhersage über das Verhalten der Pferde in ähnlichen Testsituationen getroffen werden.

In den Testsituationen Novel Object Test, Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch war die Annäherungszeit in der zweiten Woche kürzer als in der ersten. Hier kann man vor allem von einer Veränderung des Verhaltens der Pferde durch Lernen ausgehen. Die Erfahrungen aus der ersten Woche bewirkten, dass die Wiederholung der Situationen weniger Angst und Unsicherheit bei den Pferden auslöste. 120 Ergebnisse

4.4. Der Vergleich der drei Altersgruppen

Bei der Betrachtung des Einflusses der verschiedenen drei Altersgruppen zeigten sich unterschiedliche Ergebnisse in den einzelnen Testsituationen. Der Einfluss wurde nicht in der Testsituation Open Field ermittelt, da hier keine Zahlenwerte zur weiteren Berechnung vorlagen.

Tabelle 13 zeigt, dass lediglich in den Testsituationen Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung ein signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen bestand. Im Startling Test Objekt bestand in der ersten Testwoche ein signifikanter Unterschied in der Annäherungszeit an das Flucht auslösende Objekt zwischen den Altersgruppen 1 und 3. In der zweiten Testwoche bestand in dieser Testsituation ein signifikanter Unterschied zwischen der Gruppe 1 zu 2 und Gruppe 1 zu 3. Ein Vergleich der Veränderungen innerhalb einer Altersgruppe zwischen den beiden Testwochen zeigte signifikante Unterschiede in der Gruppe 2 und der Gruppe 3.

Im Startling Test Geräusch fanden sich signifikante Unterschiede ausschließlich im Parameter Zeit bis entspanntes Display. In der ersten Testwoche war ein signifikanter Unterschied zwischen der Gruppe 1 und Gruppe 2 auszumachen. In der zweiten Testwoche fand sich ein signifikanter Unterschied zwischen der Gruppe 1 zu Gruppe 2 und Gruppe 1 zu Gruppe 3. In der Altersgruppe 3 lag außerdem ein signifikanter Unterschied zwischen der ersten und zweiten Testwoche vor.

Im Personentest Annäherung fanden sich signifikante Unterschiede nur in der zweiten Testwoche, sie lagen in Gruppe 1 zu 2 und Gruppe 2 zu 3 vor. Ergebnisse 121

Tabelle 13: Vergleich der drei Pferdegruppen in den Testsituationen Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch, Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren

p-Value NOT Annäherungszeit n.s. STO Fluchtreaktion1 n.s. Fluchtreaktion2 n.s. Annäherungszeit Gr.1 Wo.1 – Gr.2 Wo.1 n.s. Gr.1 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 0,0269 Gr.2 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 n.s. Gr.1 Wo.2 – Gr.2 Wo.2 0,0093 Gr.1 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 0,0004 Gr.2 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 n.s. Gr.1 Wo.1 – Gr.1 Wo.2 n.s. Gr.2 Wo.1 – Gr.2 Wo.2 0,0018 Gr.3 Wo.1 – Gr.3 Wo.2 0,0027 STG Fluchtreaktion1 n.s. Fluchtreaktion2 n.s. Zeit bis entspanntes Display Gr.1 Wo.1 – Gr.2 Wo.1 0,0425 Gr.1 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 n.s. Gr.2 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 n.s. Gr.1 Wo.2 – Gr.2 Wo.2 0,0002 Gr.1 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 0,0006 Gr.2 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 n.s. Gr.1 Wo.1 – Gr.1 Wo.2 n.s. Gr.2 Wo.1 – Gr.2 Wo.2 n.s. Gr.3 Wo.1 – Gr.3 Wo.2 0,0358 PTA Annäherungszeit Gr.1 Wo.1 – Gr.2 Wo.1 n.s. Gr.1 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 n.s. Gr.2 Wo.1 – Gr.3 Wo.1 n.s. Gr.1 Wo.2 – Gr.2 Wo.2 0,0079 Gr.1 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 n.s. Gr.2 Wo.2 – Gr.3 Wo.2 0,0365 Gr.1 Wo.1 – Gr.1 Wo.2 n.s. Gr.2 Wo.1 – Gr.2 Wo.2 n.s. Gr.3 Wo.1 – Gr.3 Wo.2 n.s. PTF Kategorie Folgen n.s. PTW Kategorie Ausweichen n.s. PTB Annäherungszeit n.s. Kategorie Berühren n.s. Gr. = Gruppe; NOT = Novel Object Test; n.s. = nicht signifikant; PTA = Personentest Annäherung; PTB = Personentest Berühren; PTF = Personentest Folgen; PTW = Personentest Ausweichen; STG = Startling Test Geräusch; STO = Startling Test Objekt; Wo. = Woche 122 Ergebnisse

Diskussion 123

5. Diskussion

Die vorliegende Arbeit untersuchte verschiedene Testsituationen auf ihre Eignung zur Temperaments- und Charakterbeurteilung bei Pferden in Bezug auf Flucht- und Erkundungsverhalten und dem Verhalten gegenüber Menschen. Anschließend wurde die Test-Retest-Reliabilität geprüft. In einem dritten Schritt wurden die Pferde in drei Gruppen geteilt, um den Einfluss des Alters der Pferde zu untersuchen. Ziel der Arbeit war es, möglichst praxisrelevante Testsituationen herauszufinden, die schnell und einfach anzuwenden sind. Außerdem sollte der Test ein hohes Maß an Objektivität erfüllen.

5.1. Tiere, Material und Methoden

5.1.1. Die Pferde

Bei den 70 Pferden in dieser Studie handelte es sich ausschließlich um Hengste im Alter von 3-20 Jahren, die vom Landgestüt Celle zu Verfügung gestellt wurden. Es wurden somit nur Pferde eines Geschlechts untersucht. Hengstspezifisches Verhalten bezieht sich vor allem auf Verhaltensweisen, die dazu dienen, einen Harem zusammen zu halten, Paarungsverhalten im Sinne von Werben um rossige Stuten und Deckverhalten (MILLS u. NANKERVIS 2004). In der vorliegenden Arbeit wurden Testsituationen ausgewählt, die Flucht- und Erkundungsverhalten und das Verhalten gegenüber Menschen untersuchten. Dabei handelt es sich nicht um primär geschlechtsspezifisches Verhalten. Der Einfluss des Geschlechts wird deshalb als gering eingestuft. WOLFF und HAUSBERGER (1996) fanden in Untersuchungen zum Lernverhalten keine bis geringe Unterschiede in der erfolgreichen Bewältigung der gestellten Aufgaben zwischen Geschlecht und Alter (1-3 Jahre). LESIMPLE et al. (2011) fanden in drei Verhaltenstests (Arena Test, Novel Object Test und Bridge Test) sowie in einem Test zum Lernverhalten der Pferde ebenfalls keinen Einfluss des Geschlechts oder Alters auf die Ergebnisse. In Untersuchungen zur Ängstlichkeit bei Pferden und dem Verhalten in sozialer Isolation (Open Field, Novel Object- und 124 Diskussion

Handling Test) zeigten sich bei WOLFF et al. (1997) keine Unterschiede im Alter (1-3 Jahre) oder dem Geschlecht.

Bezüglich des Alters zeigen sich individuelle Unterschiede im Verhalten vor allem in der frühen Verhaltensontogenese im Vergleich zu einer größeren Persistenz bei erwachsenen Individuen (VISSER et al. 2001). LLOYD et al. (2008) haben deshalb in ihre Studie nur Pferde im Alter von über einem Jahr mit einbezogen, um einen zu starken Einfluss der Jugendentwicklung zu vermeiden. Für Pferde im Alter zwischen 1 und 3 Jahren konnten WOLFF und HAUSBERGER (1996), WOLFF et al. (1997) und LESIMPLE et al. (2011) wie oben bereits erwähnt keine Einflüsse des Alters feststellen. VISSER et al. (2001) diskutierten dagegen einen möglichen Einfluss der Pubertät bei den von ihnen festgestellten Abweichungen in Verhaltenstests, die an den gleichen Pferden einmal im Alter von 9/10 Monaten und ein zweites Mal im Alter von 21/22 Monaten durchgeführt wurden. JEZIERSKI et al. (1999) fanden bei Pferden im Alter von 2 Jahren eine schlechtere Händelbarkeit als bei jüngeren Pferden und vermuteten einen Einfluss der sexuellen Reife bei den zweijährigen Pferden. Dieser Einfluss ist in der vorliegenden Untersuchung zu vernachlässigen, da die Pferde zum Zeitpunkt der Untersuchung bereits mindestens 3 Jahre alt waren. Das Alter der Pferde in der vorliegenden Studie unterlag einer weiten Spanne, die Pferde waren zwischen 3 und 20 Jahren alt. Um einen möglichen Effekt des Alters zu untersuchen, wurden die Pferde in der Auswertung nach einem allgemeinen Überblick in drei verschiedene Altersgruppen eingeteilt.

WOLFF und HAUSBERGER (1996) sowie WOLFF et al. (1997) fanden in ihren Untersuchungen zum Lernverhalten und zur Emotionalität von Pferden einen genetischen Einfluss des Vaters. Halbgeschwister, die vom gleichen Hengst abstammten, reagierten auf eine ähnliche Art und Weise. Für die Pferde der vorliegenden Untersuchung sind Angaben über die Abstammung verfügbar. Eine Prüfung auf einen genetischen Einfluss bezüglich der Reaktionen der Pferde im Verhaltenstest hätte allerdings den Rahmen der vorliegenden Untersuchung weit überschritten und war auch nicht Ziel der Arbeit. Diskussion 125

Durch die Auswahl von Pferden einer Rasse kann eine zu große Variabilität der Ergebnisse aufgrund des Einflusses der Rassezugehörigkeit der Tiere minimiert werden. Im Rahmen der Domestikation wurden Pferde gezielt selektiert, um den verschiedenen Ansprüchen zum Beispiel als Arbeits- oder Sportpferd zu genügen. Dabei wurde nicht nur auf körperliche Vorzüge wie Kraft oder Ausdauer und Schnelligkeit geachtet, sondern auch auf den Charakter und das Temperament, die mit den jeweiligen Anforderungen zusammen passen mussten. Man kann Pferden folglich über das Zuchtziel und den Verwendungszweck einer Rasse gewisse Attribute zuordnen, die im Rahmen der Domestikation und züchterischen Selektion verstärkt wurden. LLOYD et al. (2008) fanden in einem Fragebogen an die Besitzer Unterschiede zwischen den Persönlichkeitsmerkmalen bei acht verschiedenen Pferderassen. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die Besitzer ihr Pferd möglicherweise bewusst wegen bestimmter Eigenschaften der Rasse ausgewählt hatten und dementsprechend die Antworten in dem Fragebogen auch „rassespezifisch“ ausgefallen sein könnten. HAUSBERGER et al. (2004) fanden bei 16 Pferderassen und LESIMPLE et al. (2011) bei 15 Rassen Unterschiede in einem Verhaltenstest. VON BORSTEL et al. (2010) fanden unterschiedlich starke Reaktion auf einen Flucht-auslösenden Reiz bei Pferden verschiedener Zuchtlinien (Dressur, Springen oder gemischt) innerhalb einer Rasse. In der vorliegenden Arbeit handelte es sich überwiegend um Hengste der Rasse „Hannoversches Warmblut“. Jedoch lassen sich in der heutigen Zeit die Warmblutrassen nicht mehr eindeutig voneinander abgrenzen. Der Einsatz von Hengsten innerhalb des Hannoveraner Zuchtverbandes, die nicht zur Rasse „Hannoversches Warmblut“ zählen, hat in der Vergangenheit deutlich zugenommen. Im Jahr 2009 fielen 39% der Bedeckungen im Hannoveraner Verband auf Fremdhengste (SCHADE 2010). Deshalb kann in der vorliegenden Untersuchung von „Reitpferd-Hengsten“ gesprochen werden und ein Einfluss der Rasse „Hannoversches Warmblut“ wird nicht weiter verfolgt.

Die individuellen Bedingungen bei der Aufzucht eines Pferdes, die Haltung und die Art des Trainings stellen neben der genetischen Basis wichtige Einflüsse auf die Entwicklung des Verhaltens eines Pferdes dar. RIVERA et al. (2002) untersuchten den Einfluss der Haltung (Weide oder Einzelbox) auf das Verhalten von 16 126 Diskussion

Jungpferden im Allgemeinen und beim Trainingsbeginn in der Ausbildung zum Reitpferd. Die Gesamt-Trainingszeit und die Habituationszeit bis zum ersten Aufsitzen waren bei den Pferden in der Einzelboxenhaltung höher als bei den Pferden in Weidehaltung. Außerdem zeigten die Pferde in der Einzelboxenhaltung mehr unerwünschte Verhaltensweisen wie vermehrtes Lecken und Kauen sowie Schlagen gegen die Boxenwände. Bei den Pferden der vorliegenden Untersuchung handelte es sich zu einem Teil um Pferde, die nach dem Kauf als Fohlen durch das Landgestüt Celle in der Gruppe in einer Hengstaufzucht gehalten wurden. Zum anderen Teil waren es Hengste, die sich in der Zeit der Aufzucht noch in Privatbesitz befanden und über die deshalb keine Angaben zu den dortigen Haltungsbedingungen bekannt sind. Bei allen untersuchten Pferden war die Haltung zum Zeitpunkt der Testdurchführung identisch, sie waren in Einzelboxen aufgestallt ohne zusätzlichen Paddockgang. JENSEN et al. (1997) fanden Unterschiede im Verhalten von Kälbern in einem Open Field Test in Abhängigkeit davon, ob sie in Einzelboxen oder in der Gruppe gehalten wurden. Einzeln aufgestallte Kälber zeigten mehr Angst im Open Field als Kälber aus der Gruppenhaltung. Bei LESIMPLE et al. (2011) reagierten Pferde, die ausschließlich in einer Einzelbox gehalten wurden, stärker (mehr/schnellere Bewegung, höhere Schweifhaltung, Kopf stärker aufgerichtet) in einem Novel Object Test als Pferde, die täglich mehr als 13 Stunden Paddockgang neben der Haltung in der Einzelbox hatten. In der vorliegenden Arbeit fehlen Vergleichsgruppen aus anderen Haltungsformen. Es können also nur Aussagen über die Haltungsform „Einzelbox“ getroffen werden.

Der Gesundheitszustand der Pferde spielt bei der Beobachtung des Verhaltens eine wichtige Rolle, da kranke Pferde kein Normalverhalten zeigen. VISSER et al. (2001) maßen an jedem Morgen vor Beginn des Verhaltenstests bei den Pferden die Rektaltemperatur und schlossen Tiere mit einer Temperatur von über 38,5 °C aus der Untersuchung aus. In der vorliegenden Untersuchung wurde der Gesundheitszustand der Pferde von den Mitarbeitern des Landgestüts Celle überwacht. Die Pferde wurden in der Testvorbereitung nach einem zeitlich vorgegebenen Schema longiert, um für alle Pferde hinsichtlich der Diskussion 127

Bewegungsmöglichkeit vor Testbeginn die gleichen Ausgangsbedingungen zu schaffen. Im Falle einer Lahmheit wurden die Pferde aus dem Test ausgeschlossen.

5.1.2. Der Test

Bei der Entwicklung des Verhaltenstests wurde darauf geachtet, alle Versuchsbedingungen so zu gestalten, dass sie einer größtmöglichen Standardisierung entsprechen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen alle Bedingungen in ihrer Variabilität identifiziert und kontrolliert werden, damit ausschließlich das Verhalten der Tiere die einzige Variable innerhalb des Tests darstellt (DIEDERICH u. GIFFROY 2006). Diese Standardisierung kann bei der zukünftigen Anwendung des Tests helfen, die Test-Retest-Reliabiliät zu erhöhen (TAYLOR u. MILLS 2006).

5.1.2.1 Der Testort

Die Testbedingungen wurden so gewählt, dass sich der Test mit möglichst wenig Aufwand, kostengünstigen Materialien und angepasst an die üblichen Maße einer Reithalle durchführen ließ. Eine Reithalle bietet sich als Testort an, da sie in vielen Fällen direkt an einen Stall angeschlossen oder in erreichbarer Nähe ist. Außerdem besteht die Möglichkeit, die Pferde zu der Halle zu transportieren. Reithallen haben üblicherweise die Maße 20x40 m oder 20x60 m, da die Leistungsprüfungsordnung der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. diese Maße für Turnierprüfungen vorschreibt (FN 1997). So bieten sich auch bei verschiedenen Testorten vergleichbare Rahmenbedingungen bezüglich der Größe einer Testarena. Eine Reithalle bietet außerdem den Vorteil, dass sich ein geschlossener Raum für den Verhaltenstest ergibt. So können störende Einflüsse durch Außenreize minimiert werden. Es liegen bessere Bedingungen für eine Untersuchung im Sinne der Unabhängigkeit von Wetterverhältnissen, Stromversorgung, künstlicher Beleuchtung etc. vor.

In einem Verhaltenstest sollte die Fläche des Raumes ausreichend groß bemessen sein, so dass sie einem Pferd die Möglichkeit zur freien Bewegung und einen Anreiz 128 Diskussion

zur Erkundung der Umgebung bietet (WOLFF et al. 1997). Bei einer Reithallenbreite von 20 m bietet sich die Abtrennung eines quadratischen Feldes von 20x20 m an. So können im anderen Teil der Halle das Versuchsmaterial, die Videokamera sowie weitere Utensilien untergebracht werden und die Pferde können durch die Abtrennung direkt beobachtet werden. KILGOUR (1975) betrachtete 22 m2 als eine adäquate Größe einer Testarena für einen Open Field Test bei Kühen, die aufgrund ihrer Körpergröße als Anhaltspunkt für eine Untersuchung bei Pferden herangezogen werden können. KRÜGER (2007) untersuchte das Folgeverhalten von Pferden bei der so genannten „Round Pen Technik“, in der das Pferd, wenn es nicht mit dem Trainer kooperiert, von ihm fort gejagt wird, bis es auf die Person mit definierten Signalen reagiert. Diese Methode muss folglich in einem Raum durchgeführt werden, die dem Pferd ausreichend Platz bietet, sich in allen Gangarten bewegen zu können, ohne sich dabei zu weit von dem Einfluss des Menschen zu entfernen. Die Arena darf nicht zu klein sein, damit im Falle einer Fluchtreaktion keine erhöhte Verletzungsgefahr sowohl für das Pferd als auch den Menschen besteht. Bei KRÜGER (2007) lag die Größe der Testarena daher bei 20x20 m. Die Reithalle, die in der vorliegenden Untersuchung zur Verfügung stand, bot lediglich eine Breite von 14,8 m, so dass sich eine Testarena von geringerer Größe (14,8x14,8 m) ergab. Diese Größe erwies sich in der praktischen Durchführung allerdings als ausreichend. Bei der Anpassung des Tests an Arenen mit abweichenden Ausmaßen sollte beachtet werden, dass sich Streckenverhältnisse und somit auch die gemessenen Zeitparameter verändern.

Die Reithalle war den Pferden aus dem Training bekannt. Auf eine allmähliche Habituation der Pferde an die Testarena, wie sie unter anderem von VISSER et al. (2001) durchgeführt wurde, konnte deshalb in der vorliegenden Untersuchung verzichtet werden. Das Longieren zur Vorbereitung der Pferde fand bereits in der Testarena statt, so dass die Pferde sich bereits vor dem eigentlichen Testbeginn in der abgetrennten Arena befanden und diese unter kontrollierten Bedingungen wahrnehmen konnten. Stress durch soziale Isolation ist eine der stärksten Komponenten bei obligat sozialen Tieren, wie Pferde es sind (FORKMAN et al. 2007). Für eine Untersuchung des individuellen Verhaltens sollten die Pferde also Diskussion 129

möglichst daran gewöhnt sein, von Artgenossen getrennt zu werden und sich alleine in der Testumgebung aufzuhalten.

5.1.2.2 Die Testbedingungen

Nach TAYLOR und MILLS (2006) besteht eine der Qualitätsanforderungen an einen Verhaltenstest darin, in der Anwendung praxisnah und nicht zu lang zu sein, damit er auch zukünftig akkurat durchgeführt werden kann. Bei der Festlegung der Testbedingungen der vorliegenden Untersuchung wurde deshalb auf einen möglichst praxisrelevanten Aufbau des Tests geachtet. Er sollte der qualitativen Anforderung genügen, nach Abschluss der Untersuchung auch an anderen Orten und mit möglichst wenig Zeit- und Materialaufwand durchgeführt werden zu können.

Die Reaktion eines Pferdes in einem Verhaltenstest kann durch den Umgang mit einem Menschen beeinflusst werden (CHRISTENSEN et al. 2006; MCCALL et al. 2006). In der vorliegenden Arbeit wurde deshalb bewusst darauf verzichtet, das Verhalten der Pferde zu testen, während sie von einem Reiter geritten wurden. Der Einflussfaktor „Reiter“ lässt sich, vor allem bei verschiedenen Reitern, sehr schlecht kontrollieren. Das Verhalten eines Pferdes wird durch die Fähigkeiten des Reiters, dessen persönliche Eigenarten und Vorlieben ebenso wie durch dessen Reaktion innerhalb des Tests sehr stark beeinflusst. Im gerittenen Zustand ließe sich dabei lediglich eine Aussage über das Reiter-Pferd-Gespann treffen, nicht aber über das Pferd alleine. KEELING et al. (2009) fanden einen Anstieg der Herzfrequenz bei Pferden, die von einer Person geritten oder geführt wurden, nachdem den Personen gesagt wurde, dass ein Regenschirm neben dem Pferd aufgespannt werden würde, was allerdings nicht geschah. Die Erwartungshaltung des Menschen auf eine mögliche Fluchtreaktion des Pferdes führte also zu einer körperlichen Reaktion beim Pferd, ohne dass sie tatsächlich einem Flucht auslösenden Reiz ausgesetzt waren. Durch den Verzicht auf einen Reiter und auf eine Person, die das Pferd führt, wurde in der vorliegenden Untersuchung eine Beeinflussung durch Körpersignale des Menschen in den Testsituationen Open Field, Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Ressourcenkontrolltest völlig ausgeschlossen. Außerdem wurde ein möglicher Abwurf eines Reiters durch die Fluchtreaktion des 130 Diskussion

Pferdes vermieden. KRÜGER et al. (2010) fanden heraus, dass sich Pferde mehr an den Signalen von bekannten als von unbekannten Menschen orientieren. In den Testsituationen Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren agierte deshalb eine unbekannte Person, um den genannten Einfluss zu reduzieren. Die Testperson trug dunkle Kleidung, um ein einheitliches Bild zu bieten. Die Farbe der Kleidung scheint allerdings nur bei bestimmten assoziativen Bildern, wie zum Beispiel ein weißer Kittel in Kombination mit einer veterinärmedizinischen Untersuchung, eine Rolle zu spielen (HAUSBERGER et al. 2008).

5.1.2.3 Die Testsituationen

Für die Auswahl der Testsituationen war es wichtig, im Vorfeld der Untersuchung zu bestimmen, welche Attribute des Verhaltens von Pferden getestet und gewertet werden sollten. Es galt zu beachten, dass je nach Testart unterschiedliche Aspekte des Verhaltensrepertoires von Pferden untersucht werden und dass die Ergebnisse einer Testsituation nicht unreflektiert auf eine andere Situation übertragen werden können (SEAMAN et al. 2002). Das Fluchtverhalten von Pferden ist die Hauptursache für Unfälle beim Reiten oder im Umgang mit Pferden (KEELING et al. 1999). Deshalb sind Testsituationen zum Fluchtverhalten und der damit verbundenen konkurrierenden Motivation des Erkundungsverhaltens wichtig für eine Aussage über das Temperament eines Pferdes. Laut VISSER et al. (2001) sind die wünschenswerten Aspekte eines Pferdes Zuverlässigkeit, Geduld und kooperatives Verhalten. Die Begriffe „Zuverlässigkeit“ und „Geduld“ sind allerdings zu anthropomorph für die Anwendung bei Pferden. „Kooperatives Verhalten“, also die Zusammenarbeit mit dem Menschen, lässt sich dagegen durch die Beobachtung des Verhaltens gegenüber einem Menschen studieren.

Durch die Kooperation mit dem Landgestüt Celle wurde berücksichtigt, die Testmethoden im Hinblick auf eine mögliche Anwendung bei der Interieurbeurteilung innerhalb der Hengstleistungsprüfungen zu gestalten. Laut den Leitlinien für die Veranlagungsprüfung von Hengsten der deutschen Reitpferdezuchten (BMVEL 2003) setzt sich das Interieur aus den Merkmalen Charakter, Temperament, Diskussion 131

Leistungsbereitschaft und Konstitution zusammen. Es werden vier Einzelnoten vergeben, die zu einer Interieurnote zusammengefasst werden.

Das Temperament eines Pferdes stellt sein Verhalten gegenüber der Umwelt dar und beinhaltet damit die individuelle Reaktion auf Umweltreize. Für diese Aspekte wurden die Testsituationen „Open Field“, „Novel Object Test“, „Startling Test Objekt“ und „Startling Test Geräusch“ heran gezogen.

Der Charakter eines Pferdes bezieht sich auf das Verhalten gegenüber Menschen. Dies wurde in der vorliegenden Untersuchung in den Testsituationen „Personentest Annäherung“, „Personentest Folgen“, „Personentest Ausweichen“ und „Personentest Berühren“ berücksichtigt.

Der Parameter Leistungsbereitschaft setzt sich laut der oben genannten Richtlinien aus den Attributen Mut, Neugier, Lernfähigkeit und Bereitwilligkeit zusammen. Laut Duden (DUDENVERLAG 2004) bezeichnet die Eigenschaft „Mut“ die Fähigkeit, in einer gefährlichen Situation seine Angst zu überwinden. Diese Fähigkeit beinhaltet allerdings die bewusste Wahrnehmung sowohl der Gefahr als auch der Angst. Dieses Bewusstsein wird Pferden nicht in einem mit dem Menschen vergleichbaren Maß zugesprochen. Neugierverhalten ist dagegen bei Tieren vorhanden, es bezeichnet exploratives Verhalten im Zusammenhang mit Lokomotion und meistens auch Manipulation (GATTERMANN 2006). Neugier kann somit in den Testsituationen „Novel Object Test“, „Startling Test Objekt“ und „Personentest Annäherung“ überprüft werden. Hier konnten die konkurrierenden Motivationen von Flucht- und Erkundungsverhalten gut beobachtet werden.

Die Lernfähigkeit eines Pferdes, als Teil der Leistungsbereitschaft, wurde in der vorliegenden Untersuchung durch die Wiederholung der Testsituationen überprüft. Bei der Ausbildung der Hengste zum Reitpferd sollte allerdings die Entwicklung im Training mit einbezogen werden, so wie es bisher schon bei der Beurteilung des Interieurs der Pferde erfolgte. Die Bereitwilligkeit eines Pferdes zur Zusammenarbeit mit dem Menschen stellt ebenfalls einen Aspekt der Leistungsbereitschaft dar und spielt für den Menschen eine sehr große Rolle beim Umgang mit Pferden. Ohne eine Mitarbeit des Pferdes ließe sich ein durchschnittlich 500kg schweres Tier nicht von 132 Diskussion

einem körperlich deutlich unterlegenden Menschen kontrollieren. Die Testsituationen „Personentest Folgen“ und „Personentest Berühren“ untersuchten diese Verhältnisse.

Die Konstitution eines Pferdes spiegelt laut Leitlinien für die Veranlagungsprüfung von Hengsten der deutschen Reitpferdezuchten (BMVEL 2003) die Attribute Gesundheit, Ausdauer, Robustheit und Belastbarkeit wider. Diese körperlichen Eigenschaften wurden in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt, da es sich bei dem Test um eine Verhaltensbeobachtung handelte.

Die Testsituation „Ressourcenkontrolltest“ wurde zusätzlich ausgewählt, um eine Information über die Frustrationstoleranz des jeweiligen Tieres zu erlangen. Bei einer niedrigen Frustrationstoleranz kommt es bei Tieren häufig zu Leerlaufhandlungen oder zu Aggressionsverhalten. Diese Unfähigkeit oder herabgesetzte Möglichkeit der Kompensation von Stressereignissen kann, besonders bei andauernder Frustration zu Verhaltensstörungen führen. Folglich können Tests zur Frustrationstoleranz einen Hinweis auf eine mögliche Prädisposition für Verhaltensstörungen liefern.

Als Testperson in den Situationen Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren trat nur die Verfasserin selber auf. So war gewährleistet, dass sich die Person bei jedem Pferd gleich verhielt. KRÜGER (2007) fand keinen Unterschied in der Reaktion der Pferde bei einem Training in der so genannten „Round Pen Technik“ nach einem Wechsel des Trainers. Durch eine entsprechende Einweisung bzw. genaue Beschreibung des Verhaltens der Testperson können somit die Testsituationen auch von wechselnden Personen durchgeführt werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass die Person nicht mit dem täglichen Umgang der Pferde betraut ist, sondern sie den Pferden möglichst unbekannt ist. So kann eine Beeinflussung des Verhaltens der Pferde durch einen bekannten Menschen einerseits und eine möglicherweise subjektive Einschätzung der bereits bekannten Pferde andererseits vermieden werden. VISSER et al. (2003a) zeigten eine hohe Übereinstimmung bei der Beurteilung von Pferden durch verschiedene Testreiter, die die Pferde nie zuvor gesehen hatten und sich bis zur Bewertung der Pferde nicht über ihren Eindruck austauschen sollten. Außerdem Diskussion 133

waren die Reiter angehalten, die Pferde nicht nach „gut“ oder „schlecht“ zu bewerten, sondern bei den vorgegebenen Parametern (z.B. wie oft und intensiv scheut ein Pferd oder wie neugierig ist es) mit „wenig“ bis „viel“ zu skalieren. Auf diese Weise konnte eine möglichst objektive Bewertung der Pferde gewährleistet werden.

Die Reihenfolge der Testsituationen in der vorliegenden Untersuchung war immer gleich. Diese Vorgehensweise hat mehrere Vorteile. Zum einen stellen sich für alle Pferde die gleichen Testbedingungen dar, es kann also von einer höheren Durchführungsobjektivität gesprochen werden. Diese erreicht man durch eine bestmögliche Standardisierung der Untersuchungssituation (TAYLOR u. MILLS 2006). Der Einfluss einer veränderten Reihenfolge auf die Testergebnisse wird somit ausgeschlossen (OTT 2010). Zum anderen wurden die Testsituationen in ihrer Reihenfolge so hintereinander gelegt, dass sich die Testanforderungen allmählich erhöhten. Die Testsituation „Open Field“ wurde als erstes gewählt, damit die Tiere freies Erkundungsverhalten zeigen, ohne von weiteren Stimuli beeinflusst zu werden. Durch die vorherige Bewegung an der Longe wurde ein erstes Bewegungsbedürfnis der Pferde nach dem Aufenthalt in einer Einzelbox befriedigt. Das anschließende Bewegungsverhalten der Pferde im Open Field konnte somit als Hinweis auf das individuelle Bewegungsbedürfnis der Pferde herangezogen werden. Der sich anschließende Stimulus im Novel Object Test, ein unbewegtes Objekt, stellte einen neuen Reiz in einer durch die Testsituation Open Field nun bereits bekannten Testumgebung dar. Ein verändertes Verhalten in dieser Situation konnte auf das unbewegte Objekt bezogen werden, da im Open Field Test bereits ausführlich die Möglichkeit der Erkundung der Umgebung bestand. Das sich bewegende Objekt in der dritten Testsituation Startling Test Objekt bot im Gegensatz zum Novel Object Test zusätzlich den Bewegungsreiz des weggezogenen Objektes. In der Situation Startling Test Geräusch wurde anschließend der optische Fluchtreiz durch einen akustischen Reiz ersetzt. Ein unbekanntes Geräusch stellt dabei genau wie ein sich bewegendes Objekt einen stärkeren Fluchtreiz dar als ein stationäres Objekt (CHRISTENSEN et al. 2005). Die Stärke der auf das Pferd einwirkenden Reize wurde somit nach der Habituation an die Arena im Open Field Test von der Situation 134 Diskussion

Novel Object Test bis hin zu den zwei Startling Test Situationen mit einem Objekt und einem Geräusch gesteigert.

Die vier Testsituationen bezüglich des Verhaltens der Pferde gegenüber einem unbekannten Menschen bauten ebenfalls in ihrer Abfolge aufeinander auf. Die Testarena war durch die vier vorherigen Testsituationen bereits bekannt. Im Personentest Annäherung stand der Menschen unbewegt in der Mitte der Testarena, dort wo sich in der Situation Novel Object Test das Objekt befunden hatte. Pferde, die in menschlicher Obhut aufwachsen, nehmen Menschen als Sozialpartner wahr (ZEITLER-FEICHT 2008). Die Annäherung an den fremden Menschen im Personentest Annäherung stellte dementsprechend eine Mischung aus Erkundungsverhalten und sozio-positivem Verhalten gegenüber einem Sozialpartner dar. Es wurde somit erst eine freiwillige Annäherung des Pferdes an den Menschen untersucht. Da sich das Pferd bei einer positiven Annäherung in der Nähe des Menschen befand, konnte anschließend das Folgeverhalten im Personentest Folgen näher betrachtet werden. Die Testsituation Personentest Ausweichen provozierte eine Flucht des Pferdes. Das schnelle, aufgerichtete Zugehen auf das Pferd stellte eine aggressive Handlung des Menschen dar und hätte ein besonders ängstliches Pferd unter Umständen bereits so stark verunsichern können, dass es sich bei einer anderen Reihenfolge der Testsituationen nach dem Ausweichen nicht mehr freiwillig an den Menschen angenähert hätte. Aus diesen Gründen näherte sich die Testperson in der vorletzten Testsituation Personentest Berühren dem Pferd nach dem Ausweichen freundlich an. Beim Berühren des Pferdes im Personentest Berühren wurden bewusst Körperteile ausgewählt, an denen sich ein Pferd von einem Menschen berühren lassen muss, wenn dieser es als Reitpferd nutzen möchte. Durch eine freundliche Ansprache bei entspannter Körperhaltung des Menschen signalisierte dieser eine sozio-positive Annäherung. Die ausgestreckte Hand bot dem Pferd daraufhin die Möglichkeit einer näheren olfaktorischen Kontaktaufnahme. Das gewählte Berührungsschema: Nase/Maul – Stirn – Oberhals - Rücken (Sattellage) - hinter dem Ellbogen (Gurtlage) - palmar am Vorderbein herab bis zum Fesselkopf deckte einen Großteil der Körperstellen ab, die von einem Menschen bei der täglichen Pflege des Pferdes und der Nutzung zum Reiten berührt Diskussion 135

werden wollen und müssen. Auf eine Berührung der Pferde an der Hinterhand wurde aus Sicherheitsgründen verzichtet.

Der Aufbau der Testsituationen mit der unbekannten Testperson in dieser Reihenfolge sowie die Voranstellung der Situationen mit unbelebten Objekten und dem Geräusch boten außerdem für die Testperson den Vorteil, dass das Pferd bereits über einen längeren Zeitraum beobachtet werden konnte. Auf diese Weise konnte eine subjektive Einschätzung über eine mögliche Gefahr, die von einem der Pferde ausgehen könnte, zum Beispiel häufige Bewegung im Trab und Galopp sowie starke Fluchtreaktionen, vorgenommen werden.

Nach genau sieben Tagen wurde jedes Pferd ein zweites Mal in allen Testsituationen untersucht. Dieser zweite Testdurchlauf diente der Überprüfung der Reliabilität der Testergebnisse, also einer Korrelation der Ergebnisse aus dem ersten und dem zweiten Durchlauf (TAYLOR u. MILLS 2006). Dadurch können Aussagen über die Replizierbarkeit der Ergebnisse getroffen werden. Es gibt keine gesicherten Empfehlungen über den Abstand zwischen zwei Testdurchläufen. Nach VISSER et al. (2001) sollten Verhaltensparameter zumindest über eine kurze Zeit konstant sein. Eine nähere Zeitangabe wird allerdings nicht vorgegeben. Je nach Versuchsaufbau und den Möglichkeiten vor Ort finden deshalb Retests im Abstand von wenigen Tagen oder Wochen bis hin zu Monaten oder Jahren statt. Dabei besteht außerdem die Möglichkeit von Testreihen, wie sie zum Beispiel bei SØNDERGAARD und HALEKOH (2003) stattfinden, die Fohlen nach dem Absetzen bis ins Jungpferdealter insgesamt sechs Mal – im Alter von 6, 9, 12, 18, 21 und 24 Monaten bezüglich ihres Verhaltens gegenüber Menschen testeten. In der vorliegenden Untersuchung wurde die Zwischentestzeit von sieben Tagen festgelegt, um einer zu starken Erinnerung durch eine direkte Wiederholung am nächsten Tag vorzubeugen. Aus organisatorischen Gründen war sie nicht länger auszudehnen. Bei einer Wiederholung der Testsituationen ist zu beachten, dass Erinnerungseffekte und Lernerfahrungen aus dem ersten Durchlauf eine Rolle spielen. WOLFF et al. (1997) untersuchten das Verhalten von Pferden im Alter von ein bis drei Jahren in drei Testsituationen (Open Field Test, Novel Object Test und Handling Test). Sie schlossen eine Wiederholung des Tests aus, um eine Habituation der Pferde an die 136 Diskussion

Testsituationen zu vermeiden. Bei der Gewöhnung spielen sowohl die Stimuli, denen das Tier direkt ausgesetzt war, als auch die umgebenden Faktoren wie der Testort, der Testleiter, das Handling vor/während/nach den Testsituationen eine Rolle (TAYLOR u. MILLS 2006). Um einen Lerneffekt zu minimieren, wurden die Objekte in den Testsituationen Novel Object Test und Startling Test Objekt und das Geräusch in der Testsituation Startling Test Geräusch geändert. Das Berühren in der Testsituation Personentest Berühren wurde in der ersten Woche an der linken und in der zweiten Woche an der rechten Körperseite des Pferdes vollzogen. Die unbekannte Person in den Testsituationen Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren war allerdings identisch um, wie bereits erwähnt, ein gleiches Verhalten des Menschen zu sichern.

5.1.2.4 Das Testmaterial

Das Testmaterial in den Studien anderer Arbeitsgruppen ist sehr vielseitig, aber nicht immer einfach zu beschaffen oder anzuwenden. VISSER et al. (2001) verwendeten als unbekanntes Objekt einen geöffneten blau-weißen Regenschirm, der von der Decke herab gesenkt wurde. Somit war das Objekt zum einen kein stationäres Objekt, sondern in Bewegung und außerdem wurde eine technische Apparatur an der Decke des Testraumes benötigt, um den Regenschirm hinunter und wieder herauf zu bewegen. Ebenso verhielt es sich bei MOMOZAWA et al. (2003), die ein Pferd in eine Halle verbrachten, in der rotierende Ballons von der Decke herab hingen.

SEAMAN et al. (2002) stellten einen blauen Metall-Sattel-Ständer mit rotem Plastikschlitten in die Mitte ihrer Testarena. Damit erfüllten sie das Kriterium „stationäres Objekt“ und mit hoher Wahrscheinlichkeit hat kein Pferd zuvor ein solch spezielles Objekt gesehen. Dagegen könnten ein großer Ball (PIRSICH et al. 2009), Reifen (LANSADE et al. 2007) oder ein Verkehrshütchen (CHRISTENSEN et al. 2005) den Pferden bereits aus dem Training bekannt sein, da solche Gegenstände vermehrt in der Bodenarbeit verwendet werden. Ziel der Bodenarbeit, einer Trainingsform im Pferdesport, ist unter anderem, das Pferd mit vielen verschiedenen Diskussion 137

Situationen und Gegenständen, denen es im Alltag begegnen könnte, zu konfrontieren und in einer entspannten Trainingssituation daran zu gewöhnen.

Bei MACKENZIE und THIBOUTOT (1997) öffnete eine sitzende Person einen Regenschirm direkt vor dem Pferd. MINERO et al. (2006) hängten rot-weißes Flatterband in die Box der getesteten Pferde. Es wurde bewegt, wenn die Pferde darauf zu gingen. Diese beiden Situationen finden sich in der „Gelassenheitsprüfung“ wieder (FN 2009), einer Prüfung, bei der ein Pferd-Reiter-Team einen fest vorgegebenen Parcours geführt oder geritten durchqueren muss. Hier sollen die Parcours-Stationen durch gezielte Vorbereitung trainiert werden. Durch die Verwendung dieser Materialien kann folglich nicht grundsätzlich von einer unbekannten Situation für das Pferd in einem Verhaltenstest ausgegangen werden.

Aus diesen Gründen wurden in der vorliegenden Untersuchung als Versuchsmaterialien für die Testsituationen Novel Object Test und Startling Test Objekt Schwimmspielzeuge gewählt. Die Form der Objekte wurde so ausgesucht, dass sie möglichst noch nie zuvor von einem der Pferde gesehen wurde. Außerdem wurde bei der Farbauswahl auf kräftige Farben geachtet, damit sich die Objekte gut vom Sandboden in der Reithalle abhoben. Die Schwimmspielzeuge boten mehrere Vorteile. Sie waren günstig in der Anschaffung, ließen sich leicht transportieren und stellten eine sehr geringe Verletzungsgefahr für die Pferde dar. Diese Vorteile galten ebenfalls für die ausziehbare Hundeleine, die im Startling Test Objekt benutzt wurde, um das Objekt zu bewegen. Sie bewegte das Objekt immer in der gleichen Geschwindigkeit, auch in der Wiederholung der Testsituation, da die Objekte annähernd über das gleiche Gewicht verfügten.

MACKENZIE und THIBOUTOT (1997) untersuchten neben einem visuellen Stimulus auch die Reaktion von 83 Pferden auf einen akustischen Reiz. Sie hängten hinter einer Sichtbarriere sieben Töpfe und Pfanne auf, die fallen gelassen wurden, als das Pferd sich neben der Barriere befand. Das Abspielen eines Geräusches von einem Tonträger erfordert weniger Aufwand. Auf diese Art und Weise können außerdem die Frequenz und Lautstärke des Geräusches in jeder Anwendung beibehalten werden. Im Vorversuch der vorliegenden Untersuchung wurde deutlich, dass die Pferde auf 138 Diskussion

ein einzelnes, kurzes Geräusch kaum oder gar nicht reagieren. Das Geräusch sollte also mehrfach nacheinander abgespielt werden oder über einen Zeitraum von mehr als einer Sekunde andauern. Bei der Auswahl des Geräusches muss darauf geachtet werden, dass es sich tatsächlich um einen Flucht-auslösenden Stimulus handelt. EKMAN und FRIESEN (1985) bezeichnen einen Pistolenschuss als einen der effektivsten Auslöser für eine Fluchtreaktion. In der vorliegenden Untersuchung reagierten einige Pferde allerdings bei dem Schuss-Geräusch erst auf die zweite oder dritte Wiederholung. Dagegen löste das Geräusch „Applaus“ eine stärkere Reaktion aus. Dieses Geräusch war zwei Sekunden länger als der Schuss und stellte folglich den größeren Reiz für die Pferde dar.

5.1.3. Aufnahme und Auswertung der Daten

5.1.3.1 Auswertung des Verhaltens und Ethogramm

Bei der Beschreibung der Persönlichkeit eines Menschen spricht man von konstanten Mustern der Gefühle, Gedanken und des Verhaltens. Diese Erklärung lässt sich nicht uneingeschränkt auf Tiere übertragen, sie birgt die Gefahr der Anthropomorphisierung. Die Gefühle und Gedanken eines Tieres können nur schwer gemessen werden. Aus diesem Grund wurde im Rahmen der Persönlichkeits- Untersuchung bei Tieren der Schwerpunkt in die Beobachtung des Verhaltens gelegt, um individuelle Unterschiede zwischen den einzelnen Tieren herauszufinden (LLOYD et al. 2008).

Die Bewertungssystematik spielt bei der Auswertung von Verhaltenstests eine große Rolle. In der vorliegenden Untersuchung wurde das Verhalten der Pferde nicht in der direkten Beobachtung während des Tests, sondern durch die anschließende Auswertung der Videoaufnahmen beurteilt. Diese Art der Verhaltensanalyse bietet den Vorteil, dass schnell ablaufende Verhaltenssequenzen wiederholt oder bei Bedarf verlangsamt angesehen werden können. Auf diese Weise lassen sich auch Verhaltensweisen, die parallel ablaufen, besser erfassen. Eine anschließende Diskussion 139

Archivierung der Videoaufnahmen ermöglicht außerdem jederzeit eine erneute Überprüfung der Daten.

Die vorliegenden Daten wurden ausschließlich von einer Person ausgewertet. Es können also keine Angaben zu einer Übereinstimmung der Beobachtungen zwischen mehreren Bewertern gemacht werden. Die Bewerterin war durch das Studium von Fachliteratur und den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen geschult in der Beurteilung von Gestik und Mimik bei Pferden. Bei Unklarheiten oder Schwierigkeiten in der Auswertung konnte jederzeit eine zweite Gutachterin zu Rate gezogen werden. VISSER et al. (2001) konzentrierten sich in Langzeituntersuchung zur Konstanz des Verhaltens von 41 Pferden ausschließlich auf die Parameter Bewegung, Position von Kopf und Schweif und Anzahl und Art der Vokalisation. Sie ergänzten die Parameter Position in der Testarena und Zeit bis zur Annäherung an ein unbekanntes Objekt. Außerdem beobachteten sie das Pferd bereits in einer Startbox vor der Testarena. Bei LESIMPLE et al. (2011) wurde die Frequenz der aufgetretenen Verhaltensmuster gezählt. In der vorliegenden Untersuchung wurde das Ethogramm vor der Auswertung der Videoaufnahmen erstellt. Auf diese Weise sollte die Auswertungs-Objektivität erhöht werden. In diesem Ethogramm wurden die Verhaltensweisen sehr ausführlich aufgeführt. Die Auswertungssoftware Interact© (Mangold International GmbH) bot die Möglichkeit, neben der Häufigkeit eines Verhaltens auch dessen Dauer zu bestimmen. Die Dauer war allerdings nicht für alle Verhaltensweisen sinnvoll.

5.1.3.2 Weitere Parameter

Die Beurteilung des Temperaments eines Pferdes kann häufig nicht durch eine einzelne Variable erfolgen (VISSER et al. 2001). Deshalb ist es sinnvoll, mehrere Parameter zu erfassen, um diese zu kombinieren. Die Bestimmung von physiologischen Parametern ist dabei häufig entweder mit einem invasiven Eingriff direkt am Tier oder erhöhtem zeitlichen bzw. materiellen Aufwand verbunden. Außerdem muss der geeignete Parameter herausgefunden werden. RIVERA et al. (2002) fanden deutliche Unterschiede im Verhalten sowie der Trainings- und 140 Diskussion

Habituationszeit zwischen Pferden aus Einzelboxen- und Weidehaltung, jedoch keine in den physiologischen Parametern Speichelkortisol und Herzfrequenz.

Durch die direkte Beobachtung oder Videoauswertung können neben dem Verhalten Parameter gemessen, gezählt oder notiert werden, die sich aus dem Testbedingungen ergeben. In der vorliegenden Untersuchung wurden deshalb die Parameter Annäherungszeit, Fluchtreaktion, Zeit bis entspanntes Display, Kategorie Folgen, Kategorie Ausweichen und Kategorie Berühren ermittelt. Ähnlich verhielt es sich bei VISSER et al. (2001), die ebenfalls die Annäherungszeit an ein unbekanntes Objekt und ergänzend die Position des Pferdes innerhalb der vorgegebenen Testarena bestimmten. MACKENZIE und THIBOUTOT (1997) maßen in zwei Testsituationen zum Fluchtverhalten bei Pferden auf einen akustischen und einen visuellen Reiz die Zeit bis zum Erreichen eines vorgegebenen Punktes in der Testarena als Parameter.

5.2. Ergebnisse

5.2.1. Das Verhalten der Pferde

Die Auswertung des Verhaltens der Pferde in den verschiedenen Testsituationen zeigte, dass das zuvor erstellte Ethogramm für die statistische Auswertung zu ausführlich gewählt wurde. Folgende Verhaltensweisen traten entweder nur sehr selten oder gar nicht auf: „Ausschlagen im Stand (ein Hinterbein)“, „Unruhiges Ohrenspiel“, „Masturbation“, „Pica“, „Gähnen“, „Schildern“, „Flehmen“, „Kot absetzen mit Markierverhalten“, „Kot absetzen ohne Markierverhalten“, „Urin absetzen“, „Kopfschwingen inkl. Manipulation der Haut mit den Zähnen“ und „Grunzen“. Für eine statistische Auswertung waren diese Parameter deshalb nicht geeignet.

„Flehmen“ und „Kot absetzen mit Markierverhalten“ traten fast ausschließlich in der Testsituation Open Field auf, da die Pferde in dieser Situation nicht durch weitere Stimuli beeinflusst waren und die Testarena ausgiebig erkunden konnten. Diese Verhaltensweisen werden von Hengsten häufiger gezeigt als von Wallachen und Stuten, weshalb ihr Auftreten im Test nicht überraschte. Sie lieferten allerdings keine besonderen Informationen bezüglich des Temperaments oder Charakters der Pferde Diskussion 141

und konnten deshalb aus der Auswertung ausgeschlossen werden. „Kot absetzen ohne Markierverhalten“ und „Urin absetzen“ traten lediglich zehn bzw. ein Mal auf. Das Absetzen von Urin als normales Ausscheidungsverhalten ist für die gewünschte Beurteilung der Pferde ebenfalls irrelevant. Eine quantitative Bestimmung des Kotabsatzes, die nach ARCHER (1973) bei der Beobachtung von Ratten häufig als Hinweis auf eine hohe Erregungslage oder sogar Angst verwandt wurde, lässt sich aufgrund der geringen Häufigkeit hier nicht übertragen.

In der direkten Beobachtung können selten auftretende Verhaltenselemente aber durchaus eine Information über die Befindlichkeit des individuellen Pferdes in einer Testsituation liefern und damit die Beurteilung des Temperamentes oder Charakters der Pferde ergänzen. Nach TSCHANZ (1994) können mit Hilfe des Ausdrucksverhaltens die Bewältigungsfähigkeiten eines Tieres in einer Umweltsituation als sicher oder unsicher unterschieden werden. Die einzelnen Verhaltenselemente müssen dabei in ein vollständiges Display eingeordnet werden und der vorliegende Kontext der Situation muss ergänzend beachtet werden (BOHNET 2007). Die Verhaltensweisen „Ausschlagen im Stand (ein Hinterbein)“ und „Unruhiges Ohrenspiel“ können dabei Hinweise auf eine erhöhte Erregungslage des Pferdes liefern. „Masturbation“, „Gähnen“ und „Schildern“ bei entspannter Körperhaltung weisen auf eine Situation hin, in der das Pferd sich sicher fühlt. Liegt allerdings keine entspannte Haltung vor, sondern tritt das Gähnen als Übersprungshandlung auf, ergibt sich daraus eine Situation, die für das Pferd einen Stressor darstellt. Schildern wird häufig in einer entspannten Situation gezeigt, kann aber bei angespannter Gestik und Mimik ein Zeichen einer schmerzhaften Gliedmaßenerkrankung sein. Das Auftreten von „Pica“, also der Aufnahme von Nicht- Nahrungsbestandteilen, war unerwartet. Bei der Beobachtung dieses Verhaltens sollte unabhängig vom Verhaltenstest ein Raufutter- oder Nährstoffmangel des Pferdes überprüft werden, damit eventuelle gesundheitliche Beeinträchtigungen beseitigt werden können. „Kopfschwingen inkl. Manipulation der Haut mit den Zähnen“ und „Grunzen“ traten nie bzw. ein Mal auf und wurden im Vorfeld lediglich der Vollständigkeit halber in das Ethogramm mit aufgenommen. 142 Diskussion

Nach VISSER et al. (2001) sollen Verhaltensparameter in einer Untersuchung die Kriterien erfüllen, jede Verhaltensklasse zu repräsentieren und eine weite Variation zwischen den einzelnen Individuen abzudecken. Die Zuordnung der Parameter zu Verhaltenskategorien zeigte, dass mit dem erstellten Ethogramm viele Funktionskreise abgedeckt wurden. Allerdings traten nicht alle Parameter in der erwarteten Häufigkeit auf. CHRISTENSEN et al. (2005) schlossen Verhaltenselemente, die von weniger als drei Pferden gezeigt wurden, aus der weitere Analyse der Ergebnisse aus. In der vorliegenden Untersuchung zeigte allerdings vor allem die Kategorie „Sonstiges“, dass selten auftretende Verhaltensweisen nicht grundsätzlich unbeachtet bleiben sollten. Sie lieferten eine nicht unwesentliche Zusatzinformation zu dem jeweiligen Pferd. Besonders Verhaltensstörungen, wie das von einem Pferd gezeigte Automutilationsverhalten, oder auch ein gezielter Angriff auf die Testperson sollten in der Beurteilung der Testergebnisse ergänzend berücksichtigt werden.

Das Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Open Field war geeignet, um eine Grundaktivität der Pferde beurteilen zu können. Dabei fiel auf, dass 25 der 70 Pferde überhaupt keine Bewegung im Trab oder Galopp zeigten. Diese Ergebnisse decken sich mit den Ergebnissen von LE SCOLAN et al. (1997) und WOLFF et al. (1997), die in einem Novel Object Test das Verhalten „Stehen“ und MCCALL et al. (2006), die „Schritt gehen“ als häufigstes Verhalten in ihren Untersuchungen fanden. MCCANN et al. (1988) bezeichneten Jährlinge durch die Beobachtung in einem Untersuchungsstand als „nervös“ oder „nicht nervös“. Diese Einteilung stimmte mit dem Bewegungsverhalten der Pferde in der Gruppe im Paddock überein. „Nervöse“ Pferde lagen weniger häufig (seitlich oder Brustlage) und bewegten sich häufiger im Schritt, Trab und Galopp als „nicht nervöse“ Pferde. VISSER et al. (2001) stellten nach ihren Untersuchungen von Pferden in einem Novel Object Test die Vermutung auf, dass Pferde, die sich viel und in hohen Gangarten bewegten und dabei häufig das Objekt ansahen, ängstlicher waren als die Pferde, die sich weniger bewegten. Diese These wird unterstützt von LLOYD et al. (2008), die eine Korrelation der Attribute „Ängstlichkeit“ und „Erregbarkeit“ fanden. Diskussion 143

MCCALL et al. (2006) fanden Korrelationen zwischen der Herzfrequenz und Verhaltensparametern in einem Isolationstest (geschlossene Box) und einem Novel Object Test. Sie bevorzugten deshalb für weitere Untersuchungen die Kombination von Verhaltensparametern mit physiologischen Werten oder mindestens die Beurteilung von mehreren Verhaltensparametern. Eine Kombination des Bewegungsverhaltens der Pferde mit anderen Verhaltensparametern liefert folglich den Schlüssel für eine erfolgversprechende Beurteilung der Pferde.

Dabei erscheint ein kürzeres Ethogramm als das in der vorliegenden Untersuchung verwendete zur Beurteilung des Verhaltens der Pferde in den Testsituationen sinnvoll. Denkbar wäre eine Zusammenfassung der Verhaltensparameter zu verschiedenen Displays, die eine Einteilung von Ruhe/Entspanntheit über eine erhöhte Erregungslage bis hin zu Angst zulässt (BOHNET 2007). Bezüglich des Verhaltens gegenüber Menschen kann die Bewertungssystematik um weitere Parameter erweitert werden. FUREIX et al. (2009) verwendeten in ihrer Untersuchung über das Verhalten von Pferden gegenüber bekannten und unbekannten Menschen eine Skala von fünf Stufen, beginnend bei einem Ansehen der Person mit aufgerichteten Ohren, mit oder ohne Annäherung über keine Verhaltensänderung auf das Erscheinen der Person bis hin zu Drohverhalten mit oder ohne Annäherung an die Person. Die Verhaltensweisen „Schnappen“ und „Beißen“, die in der vorliegenden Untersuchung gezählt wurden, können dabei hilfreiche Zusatzinformationen liefern.

Eine der qualitativen Anforderungen, die ein Verhaltenstest erfüllen sollte, ist ein Mindestmaß an Objektivität. Um das Maß der Auswertungsobjektivität so hoch wie möglich zu halten, sollten die Bewerter in der Beurteilung des Ausdrucksverhaltens der Pferde geschult sein. So kann gesichert werden, dass unterschiedliche Anwender eines Verfahrens zu denselben Ergebnissen kommen und dass bei einer Anwendung des Tests in Situationen außerhalb der experimentellen Wissenschaft keine Benachteiligungen durch unterschiedliche Bewertungen entstehen (TAYLOR u. MILLS 2006). Das Wissen darüber, wie ein Pferd mit potentiell Angst-auslösenden Situationen umgeht, kann anschließend für das Training und den Umgang mit dem Pferd genutzt werden (FORKMAN et al. 2007). Es gibt verschiedene Methoden, mit 144 Diskussion

Angst umzugehen, einerseits Erstarren oder andererseits vermehrte Bewegung im Sinne einer Flucht (JONES 1977). Angst und daraus entstehender chronischer Stress können zu einer verminderten Leistungsfähigkeit bis hin zu körperlichen Beschwerden bei Pferden führen. Da Ängstlichkeit negativ korreliert ist mit sportlichen Erfolgen (VISSER et al. 2003c) und Angst die Konzentration herabsetzt, kann eine Beurteilung der Pferde helfen, das Training individuell auf das einzelne Pferd abzustimmen. So kann die Leistungsfähigkeit der Pferde erhöht werden. Dieses Wissen bietet dem Reiter die Möglichkeit, ein unbekanntes Pferd besser einzuschätzen und es individuell an Flucht-auslösende Reize zu gewöhnen. So kann Unfällen mit Pferden besser vorgebeugt werden.

5.2.2. Die Eignung der Testsituationen

Bei der Beurteilung der Eignung der Testsituationen spielte neben der praktischen Umsetzbarkeit der Testbedingungen die Beobachtung des gewünschten Verhaltens der Pferde eine Rolle. Die Ziele eines Verhaltenstests müssen im Vorfeld definiert werden, damit sichergestellt ist, dass der Test auch das gewünschte Verhalten untersucht (TAYLOR u. MILLS 2006). Die Ziele der Testsituationen in der vorliegenden Untersuchung wurden in Kapitel 3.2.3 erläutert.

Die Testsituation Open Field war gut für die Beobachtung des individuellen Verhaltens eines Pferdes in der Testarena ohne zusätzliche Stimuli geeignet. Es zeigten sich vor allem Unterschiede im Bewegungsverhalten der Pferde. Da alle Pferde im Vorfeld nach einem vorgegebenen Schema longiert wurden, ließ sich auf eine unterschiedliche Grundaktivität der Pferde im Open Field schließen. Die Haltung der Pferde kann einen Einfluss auf die Aktivität der Pferde haben. LESIMPLE et al. (2011) fanden heraus, dass Reitschul-Pferde, die in Einzelboxen ohne Auslauf in einem Paddock gehalten wurden, mehr Bewegung zeigten als Pferde, die tagsüber die Möglichkeit zur freien Bewegung auf einem Paddock hatten. Bei RIVERA et al. (2002) zeigten Jungpferde in Einzelboxenhaltung im Gegensatz zu Jungpferden aus Weidehaltung während des Trainings vermehrt Verhaltensweisen, die mit einer höheren Erregungslage in Verbindung stehen wie buckeln und ein hoch erhobener Kopf und Schweif. Die Möglichkeiten des selbständigen Erkundens von unbekannten Diskussion 145

Gegenständen bei der Weidehaltung schienen außerdem dazu beizutragen, dass sich die Jungpferde schneller an neue Gegenstände während des Trainings (Trense, Sattelpad, Sattel) gewöhnten. In der vorliegenden Untersuchung waren die Haltungsbedingungen für alle Pferde gleich. Unterschiede im Verhalten können folglich tatsächlich als individuelle Unterschiede angesehen werden.

Neben dem häufigen Wechsel zwischen Schritt gehen und stehen traten in der Situation Open Field sehr häufig die Parameter „Kopf abgesenkt“, „Display Aufmerksames Stehen“ und „Erkunden Maul“ auf. Es handelt sich dabei um Elemente des Erkundungsverhaltens. Nach JONES (1977) gibt es eine negative Korrelation zwischen Angst und Erkundungs- und Aktivitätsverhalten. Bei der Bewertung eines einzelnen Pferdes ließe sich somit über die Häufigkeit und auch die Dauer dieser drei Parameter in Kombination mit dem Bewegungsverhalten eine Abstufung zwischen einer höheren Erregungslage, gekennzeichnet durch das „Display Aufmerksames Stehen“, und einer niedrigen Erregungslage, repräsentiert durch einen abgesenkten Kopf und vermehrtem Erkunden mit dem Maul, unterscheiden. Die Bewegung im Trab und Galopp, Buckeln, Steigen, Vorderbeinschlagen, sowie die Parameter Zaunlaufen, Kopfschlagen, Schweifschlagen, Schweifhochstellen und Prusten sprachen ihrerseits für eine weitere Zunahme der Erregung und können die Beurteilung der Pferde ergänzen.

WOLFF et al. (1997) fanden bei der Untersuchung von ein- bis dreijährigen Pferden in einem Open Field wenig Erkundungsverhalten, dafür häufig Wiehern und aufmerksames Stehen. Diese Beobachtung deckt sich nicht mit den Ergebnissen der vorliegenden Untersuchung. Hier zeigten die Pferde im Open Field zwar häufig aufmerksames Stehen, aber noch mehr Erkundungsverhalten und nur wenig wiehern. Dies kann an den verschiedenen Testzielen liegen. WOLFF et al. (1997) verwendeten den Open Field Test als Methode, um die Angst vor der Trennung von Artgenossen zu überprüfen. Den Pferden war die Testarena bekannt, aber nicht das Alleine sein in dieser. Das war bei den Pferden der vorliegenden Untersuchung anders. Sie kannten die Halle, in der die Testarena abgetrennt wurde, aus dem Training. Außerdem wurden sie zum Freispringen alleine in diese Halle verbracht. Es war ihnen aber zuvor nie möglich, die Halle frei zu erkunden. 146 Diskussion

In der Situation Novel Object Test zeigten die Pferde überwiegend Erkundungsverhalten. 91,4% der Pferde näherten sich dem unbekannten Objekt innerhalb der untersuchten Zeit von fünf Minuten an. Die Testsituation erwies sich damit als geeignet, um das Erkundungsverhalten von Pferden zu untersuchen. Damit übertrafen die Ergebnisse die Untersuchung von MCCALL et al. (2006), bei denen 82,5% der Pferde das Novel Object innerhalb von 15 Minuten berührten. MCCALL et al. (2006) waren mit diesem Ergebnis nicht zufrieden, ihrer Meinung nach haben zu viele Pferde das Objekt berührt und sie hätten einen „stärkeren“ Stimulus, also ein Objekt, das mehr Angst bei den Pferden auslöst, vorgezogen. Dort lag allerdings der Fokus in der Untersuchung des Angstverhaltens der Pferde, wohingegen in der vorliegenden Untersuchung Unterschiede im Erkundungsverhalten betrachtet werden sollten. Die individuellen Unterschiede zeigten sich vor allem in den Annäherungszeiten. Sie lagen zwischen acht und 202 Sekunden. Bei LESIMPLE et al. (2011) war die Bewegung im Novel Object Test abhängig von der Haltung (Einzelbox ohne Auslauf im Paddock = mehr Bewegung). Diese Beobachtung kann in der vorliegenden Untersuchung durch die identische Haltung der Pferde nicht unterstützt werden, hier liegen deutliche individuelle Unterschiede vor.

Die Bewegung des Objektes im Startling Test Objekt mit einer Geschwindigkeit von 3,65 m/s löste zuverlässig eine Fluchtreaktion aus. CHRISTENSEN et al. (2006) fanden eine Fluchtreaktion bereits bei einer Geschwindigkeit von 1 m/s bzw. bei dem Versuch einer allmählichen Desensibilisierung der Pferde an das Objekt bei 0,5 m/s. In der vorliegenden Untersuchung zeigte sich allerdings in den Fluchtreaktionen eine große Häufigkeit von zwei Reaktionstypen. 26 Pferde blieben als erste Reaktion auf den Reiz stehen, 32 Pferde flüchteten sofort im Galopp. Die sich direkt anschließende zweite Fluchtreaktion fand aber bei 57 Pferden im Galopp statt. Die hohe Geschwindigkeit bei der Bewegung des Objektes stellte folglich durchaus einen Vorteil dar, um durch einen schnellen Reiz eine starke Fluchtreaktion zu provozieren. Die Annäherung von 64 Pferden an das Objekt zeigte, dass die Pferde überwiegend in der Lage waren, die Angst des ersten Momentes zu überwinden und das unbekannte Objekt zu erkunden. Dieses Verhalten fördert die Erfahrung der Pferde zu lernen, mit einem Flucht-auslösenden Reiz umzugehen und diesen durch das Diskussion 147

anschließende Erkunden als ungefährlich einzustufen. Dabei näherten sich die Pferde schneller an das Objekt an als im Novel Object Test (Median STO: 27 Sekunden, Median NOT: 50 Sekunden). Die schnelle Geschwindigkeit des Objektes scheint folglich das Erkundungsverhalten der Pferde zu forcieren. In dieser Situation konnten somit Erkenntnisse sowohl über das Flucht-, als auch das Erkundungsverhalten der Pferde gewonnen werden.

Im Startling Test Geräusch zeigten 95,7% der Pferde eine Fluchtreaktion auf das plötzlich abgespielte Geräusch. Auf den akustischen Reiz reagierten die Pferde allerdings weniger stark als auf den optischen Reiz im Startling Test Objekt. Über das Messen der Zeitspanne bis zum Eintreten eines entspannten Displays konnte das Ausmaß der Fluchtreaktion zusätzlich bewertet werden. Diese beiden Parameter lieferten Hinweise darauf, wie lange eine Fluchtreaktion anhielt und wie schnell ein Pferd in der Lage war, sich anschließend auf etwas anderes zu konzentrieren. CHRISTENSEN et al. (2006) verwendeten als „Entspannungsparameter“ die Zeit bis ein Pferd, nachdem es einem optischen Fluchtreiz ausgesetzt wurde, wieder zu fressen begann. In der vorliegenden Untersuchung zeigten die Ergebnisse aus der Testsituation „Ressourcenkontrolltest“, dass sich nicht alle Pferde einem Eimer mit Futter annäherten, um daraus zu fressen. Es muss also vorher überprüft werden, ob die Pferde es kennen, aus einem Eimer gefüttert zu werden und es muss bekannt sein, welches Futter sie gerne fressen, damit dieses eine genügend große Motivation bietet, sich dem Eimer wieder anzunähern.

Die Ergebnisse der Testsituationen Open Field, Novel Object Test, Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch eignen sich besonders in Kombination miteinander zu einer Aussage über das Temperament eines Pferdes. Durch die Simulation verschiedener Umweltsituationen können Angaben über die Grundaktivität eines Pferdes sowie über das Ausmaß einer Fluchtreaktion in einer unbekannten Situation getroffen werden. Da das Fluchtverhalten von Pferden der größte Auslöser für Unfälle mit Pferden ist, ist vor allem dieser Faktor von großer Bedeutung (CHRISTENSEN et al. 2006). Das mit dem Fluchtverhalten konkurrierenden Erkundungsverhalten wurde untersucht und lieferte Hinweise auf die individuelle Tendenz des Pferdes, eine solche Situation selbständig lösen zu können. 148 Diskussion

Außerdem konnte über die Parameter „Annäherungszeit“ im Startling Test Objekt und „Zeit bis entspanntes Display“ im Startling Test Geräusch eine zusätzliche Aussage über die Stärke der Fluchtreaktion bzw. die Möglichkeit des Zurückfindens in eine entspannte Situation getroffen werden.

Der Personentest Annäherung zeigte die sozio-positive Annäherung der Pferde an einen unbekannten Menschen. 61 der 70 Pferde näherten sich der unbekannten Person an, 75% von ihnen innerhalb von 67 Sekunden. Im direkt angeschlossenen Personentest Folgen folgten 75,7% der Pferde dem Menschen bereits im ersten Versuch über einen Zeitraum von 30 Sekunden. Das Ausweichen aufgrund der schnellen Annäherung des Menschen im Personentest Ausweichen konnte bei 98,6% der Pferde provoziert werden. Die Testperson konnte sich im Personentest Berühren allen Pferden annähern. Das Berührungsschema ließ sich bei 78,6% der Pferde direkt im ersten Versuch komplett durchführen. Diese vier Testsituationen waren somit alle geeignet, Informationen über den Charakter eines Pferdes bezüglich seines Verhaltens gegenüber einem unbekannten Menschen zu erlangen. Nach FUREIX et al. (2009) generalisieren Pferde bei regelmäßigem Kontakt mit Menschen zwischen bekannten und unbekannten Personen. Die Ergebnisse der Testsituationen mit einem unbekannten Menschen lassen sich demnach auf ein generelles Verhalten gegenüber Menschen übertragen. Das Verhalten von Pferden gegenüber Menschen kann nach FUREIX et al. (2009) in positives (Annäherung, Kontakt, Interesse, Erkunden) und negatives Verhalten (Ausweichen, Meiden, Aggression) geteilt werden. Sie fanden Korrelationen zwischen den Reaktionen der Pferde in verschiedenen Testsituationen mit Menschen. Dabei trat das positive Verhalten der Pferde nicht gleichmäßig in allen Situationen auf. Pferde, die Aggressionsverhalten zeigten, taten dies aber in mehreren Situationen. Bei der Durchführung eines Verhaltenstest sollte folglich besonders auf eine aggressive Reaktion der Pferde geachtet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Person bekannt oder unbekannt ist und um welche Testsituationen es sich handelt. Bereits ein einmaliges Auftreten eines aggressiven Displays ist zu vermerken, die Häufigkeit und/oder die Dauer dieses Verhaltens können zusätzlich notiert werden. Die Ursache des aggressiven Verhaltens scheint unerheblich zu sein bzw. lässt sie sich in vielen Diskussion 149

Fällen nicht sicher nachvollziehen. Eine einzelne negative Erfahrung eines Pferdes mit einem Menschen ist nach FUREIX et al. (2009) ausreichend, um Aggressionsverhalten gegenüber Menschen zu zeigen. Diese Ergebnisse lassen allerdings nicht darauf schließen, dass diese Pferde ihr ganzes Leben lang aggressiv reagieren. SØNDERGAARD und HALEKOH (2003) zeigten, dass positives Handling einen positiven Effekt auf die Beziehung zwischen Pferd und Mensch hat und nach HAUSBERGER et al. (2008) hat der tägliche Umgang mit dem Pferd einen großen Einfluss auf die Reaktion von Pferden gegenüber bekannten und unbekannten Menschen. Somit können die Pferde ihr Verhalten gegenüber Menschen durch neue Erfahrungen wieder verändern.

Die Kombination verschiedener Testsituationen bietet den Vorteil, verschiedene Verhaltensaspekte abzufragen. Es gibt unterschiedliche Angaben zur Übertragbarkeit der Ergebnisse von Verhaltenstests auf die Reaktion der Pferde in ähnlichen Situationen. VISSER et al. (2010) fanden signifikante Korrelationen zwischen den Ergebnissen von 56 Pferden in einem Novel Object Test und einem Handling Test. WOLFF et al. (1997) fanden keine Übertragbarkeit der Ergebnisse vom Open Field auf einen Handling Test, aber eine Übertragbarkeit vom Novel Object Test auf den Handling Test: Pferde, die mehr Fluchtverhalten bei der Präsentation eines unbekannten Objektes zeigten, benötigten auch mehr Zeit, um einen unbekannten Untergrund zu überqueren. SEAMAN et al. (2002) fanden heraus, dass sich die Ergebnisse aus einem Open Field Test nicht eigneten, um eine Vorhersage über die Reaktion der Pferde in einem Novel Object Test zu machen. Bei LE SCOLAN et al. (1997) korrelierten die Reaktionen der Pferde im Open Field mit dem durch die Reitlehrer bewerteten Parameter “Geselligkeit” bzw. der Fähigkeit, alleine zu sein. Die Reaktionen im Novel Object Test korrelierten mit der Nervosität beim Handling oder Geritten werden, das Verhalten beim Geführt werden über eine weiche Matte korrelierte mit der Beurteilung der Reitlehrer über die Ängstlichkeit der Pferde im Handling oder beim Reiten. VISSER et al. (2003a) fanden keine Übereinstimmung des Verhaltens von Pferden in einem Novel Object Test zu den Bewertungen von verschiedenen Testreitern über das Temperament der Pferde. In einem Handling Test dagegen fanden sie Korrelationen zwischen dem Verhalten der 150 Diskussion

Pferde und den Bewertungen der Reiter. Allerdings agierten die Pferde im Handling Test nicht frei, so dass ein Einfluss des Menschen innerhalb der Testsituation nicht ausgeschlossen werden kann. FUREIX et al. (2009) fanden Übereinstimmungen zwischen dem Verhalten von Pferden gegenüber bekannten und unbekannten Menschen zu dem Verhalten in einer unbekannten Situation (geführt werden über eine Brücke mit einem unbekannten Untergrund).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Untersuchung des Temperaments und Charakters eines Pferdes mit den angegebenen Testsituationen durchführen lässt. Die Eignung und Durchführbarkeit sind Qualitätsmerkmale für einen Verhaltenstest. Eine Verbreitung oder sogar kommerzielle Anwendung eines Verhaltenstests wird sich nur durchführen lassen, wenn die Anwendung des Tests praktikabel und nicht zu lang ist. So wird auch die korrekte Durchführung des Tests gewährleistet, damit die Ergebnisse von verschiedenen Testorten, -tagen, -gruppen etc. miteinander verglichen werden können. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss beachtet werden, dass sie sich nicht vollständig auf die Reaktionen der Pferde beim Reiten übertragen lassen. LE SCOLAN et al. (1997) und WOLFF et al. (1997) fanden, dass ein Novel Object Test bessere Möglichkeiten bietet, das Verhalten von Pferden unter dem Reiter vorher zu sagen als ein Open Field. Die Reaktion auf ein unbekanntes Objekt, ob ein Pferd in dieser Situation eher flüchtet oder zum Erkunden übergeht, spielt beim Reiten eine große Rolle, da die Pferde bei einer Flucht den Reiter gefährden können. Die Ergebnisse eines Open Field Test wie die Grundaktivität des Pferdes und ein Verhalten ohne weitere Stimuli können beim Reiten durch den Menschen besser kontrolliert werden. Bei der Nutzung als Reitpferd spielt die Pferd-Reiter-Kombination eine große Rolle. Diese Kombination beeinflusst sowohl die erfolgreiche Nutzung des Pferdes zum Beispiel im sportlichen Wettkampf als auch das Wohlbefinden von Pferd und Reiter gleichermaßen (HAUSBERGER et al. 2008). Ein sicherer Reiter kann einem Pferd Sicherheit geben und umgekehrt. Es kann also lediglich eine Tendenz des Verhaltens der Pferde angegeben werden, beim Reiten kann es durch einen positiven oder negativen Einfluss des Reiters auf das Pferd zu anderen Ergebnissen kommen.

Diskussion 151

5.2.3. Die Test-Retest-Reliabilität

Der Vergleich der Testergebnisse zwischen Woche 1 und Woche 2 zeigte keine Unterschiede in den Reaktionen der Pferde in den Testsituationen Open Field, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren. Es lässt sich also sagen, dass die Reaktionen der Pferde im Abstand von einer Woche in diesen Situationen reproduzierbar waren.

Im zweiten Testdurchgang gab es dagegen Unterschiede in den Situationen Novel Obejct Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung. An die Objekte näherten sich im Novel Object Test und Startling Test Objekt weniger Pferde, an die unbekannte Person im Personentest Annäherung mehr Pferde an. Insgesamt war die Annäherungszeit der Pferde in diesen drei Testsituationen kürzer als in der ersten Woche. Man kann dabei von einer Veränderung des Verhaltens der Pferde durch die Lernerfahrungen aus der ersten Woche ausgehen. Dabei decken sich die Veränderungen mit einer Untersuchung von WOLFF und HAUSBERGER (1996) zum Lernverhalten. Sie zeigten, dass die Pferde eine Aufgabe bei einer Wiederholung nach einem Monat schneller lösen konnten als beim ersten Mal. Bei VISSER et al. (2001) näherten sich die Pferde in einem Novel Object Test bei einer Wiederholung nach einem, zwölf und dreizehn Monaten dem Objekt ebenfalls schneller an.

Im Startling Test Geräusch zeigten die Pferde in der zweiten im Gegensatz zur ersten Woche alle eine Fluchtreaktion, die auch stärker war als in der ersten Woche. Dies lässt sich auf die Auswahl des abgespielten Geräusches „Applaus“ zurück führen. Es war länger als der Schuss in der ersten Woche und wirkte dementsprechend intensiver auf die Pferde ein. Die Zeit, bis die Pferde ein entspanntes Display zeigten, unterschied sich allerdings in den beiden Wochen kaum. Die Reaktionen auf das Geräusch hielten somit in beiden Wochen vergleichbar lange an. Hier lässt sich vermuten, dass das Ausmaß der Fluchtreaktion mit der Stärke des Reizes korreliert, die Länge der Reaktion aber von der Situation selber abhängt. Zur Vermeidung dieser Unterschiede hätte die Wiederholung der Situation mit dem gleichen Geräusch durchgeführt werden müssen. Dabei wäre 152 Diskussion

allerdings die Aussagefähigkeit über die Reaktion der Pferde auf einen unbekannten Stimulus nicht mehr gegeben. Von BORSTEL et al. (2010) konnten zeigen, dass bei einer zu häufigen Wiederholung eines gleichbleibenden Flucht-auslösenden Reizes eine Habituation auf den Reiz erfolgte und nicht mehr von einer unbekannten Situation ausgegangen werden konnte. MCCALL et al. (2006) fanden Unterschiede bei der Wiederholung von einem Isolationstest (Pferd in geschlossener Box) und einem Novel Object Test von Tag 1 auf Tag 2 und von Tag 2 auf Tag 3, nicht aber von Tag 1 auf Tag 3. Sie schlossen daraus, dass es ein Limit an Wiederholungen gibt, bevor eine Habituation bei den Pferden einsetzt. Sie präferierten bei der Wiederholung einer Situation ebenfalls den Wechsel der Stimuli (Testobjekte) bei sonst gleichen Testbedingungen.

Eine Persistenz des Verhaltens der getesteten Tiere ist gewünscht, damit die Tests eine Vorhersage für zukünftige Reaktionen der Pferde liefern können. Allerdings ist die Manifestation von Temperamentszügen das Ergebnis des Ontogeneseprozesses und da sich ein Individuum lebenslang weiter entwickelt, kann eine Persistenz des Verhaltens nur bedingt erwartet werden (LANSADE et al. 2007). Verhalten ist die Folge einer ständigen Interaktion von genetischen Faktoren mit der Umwelt, ein Prozess der Epigenese genannt wird (MILLS u. NANKERVIS 2004). Bei der Beurteilung der Test-Retest-Reliabilität muss daher beachtet werden, dass bei einem Test mit Tieren immer mindestens eine geringe Veränderung im Verhalten zu erwarten ist. Die Zeitspanne zwischen den Testwiederholungen sollte deshalb nach MCCALL et al. (2006) nicht zu lang sein, da zu viele Einflussfaktoren wie Training, Erwachsenwerden, Klimafaktoren etc. eine Veränderung in den Ergebnissen hervor rufen können. Erinnerungen und Lernerfahrungen, basierend z.B. auf klassischer oder instrumenteller Konditionierung, beeinflussen das zukünftige Verhalten in gleichen oder vergleichbaren Situationen. Kontextbezogenes Lernen, vor allem hinsichtlich Faktoren wie Testaufbau, Testleiter, Testort, usw., spielt eine nicht unerhebliche Rolle. Es gibt allerdings Hinweise darauf, dass trotz allem eine Reliabilität der Ergebnisse gegeben ist, so lange die Ergebnisse aus dem ersten und dem zweiten Testlauf stark miteinander korrelieren (GREGORY 1992). Die Art des Trainings kann eine Rolle spielen. HELESKI und BELLO (2010) zeigten, dass Pferde Diskussion 153

durch ein Training mit einer Kombination aus positiver und negativer Belohnung einen Test mit einem Angst-auslösenden Stimulus (eine Plane überqueren) besser absolvierten als Pferde, die nur mit negativer Belohnung trainiert wurden. Nach VISSER et al. (2001) zeigte die Kurz-Zeit-Übereinstimmung der Ergebnisse (Wiederholung nach einem Monat) die Verlässlichkeit der überprüften Verhaltensparameter, die Lang-Zeit-Übereinstimmung (Wiederholung nach einem Jahr) zeigte die Verlässlichkeit des zugeordneten Temperaments bei einem Pferd. Trotz allem sind die Ergebnisse von Verhaltenstests eher als Tendenzen und nicht als feste Gegebenheiten zu sehen. Dies zeigen die verschiedenen Ergebnisse anderer Untersuchungen, die sich teilweise ergänzen, sich zum Teil aber auch widersprechen. So gilt nach VISSER et al. (2003b) eine Persistenz des Verhaltens auch für das Lernverhalten von Pferden. Sie fanden heraus, dass individuelle Unterschiede über einen Zeitraum von 16 Monaten beständig bleiben. LANSADE et al. (2007) fanden bei einem Teil der von ihnen getesteten Pferde eine Persistenz des Verhaltens bei vier Tests im Alter von 3, 6, 12 und 24 Monaten, aber nicht bei allen. Wahrscheinlich spielte bei den Pferden die Entwicklung des Flucht- und Erkundungsverhaltens im Laufe der Ontogenese eine große Rolle bei den Veränderungen der Reaktionen. Außerdem waren diese Pferde zum Testzeitpunkt noch nicht abgesetzt, sie wurden in Anwesenheit der Mutterstute getestet. So konnten sie sich zu einem gewissen Teil an dem Verhalten der Stuten orientieren, die in allen Versuchen ruhig geblieben sind. Aus diesen Erfahrungen kann man schließen, dass die Pferde nicht zu jung sein sollten (mindestens bereits abgesetzt), wenn ein Verhaltenstest durchgeführt wird. Dadurch lässt sich die Test-Retest- Reliabilität erhöhen.

Auch VISSER et al. (2001) fanden bei zwei von vier Eigenschaften, die jungen Pferden in Verhaltenstests zugeordnet werden konnten, eine Persistenz im Alter von 9 bis 22 Monaten. Die Ergebnisse der zwei weiteren Eigenschaften konnten nur innerhalb eines Monates reproduziert werden. Sie gehen deshalb von einem Trend der Eigenschaften bei den getesteten Pferden aus, die sich aber im Laufe der Jahre durch die Entwicklung der Pferde verändern können. Diese Aussage lässt sich für die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung übernehmen. 154 Diskussion

5.2.4. Der Vergleich der drei Altersgruppen

Im Vergleich der drei Altersgruppen gab es lediglich in den Situationen Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung signifikante Unterschiede. Diese betrafen jeweils nur die Annäherungszeiten bzw. die Zeit bis zum entspannten Display. Bezüglich der Fluchtreaktionen gab es keine signifikanten Abweichungen.

Im Startling Test Objekt näherten sich in der ersten Testwoche die Pferde aus Gruppe 3 signifikant schneller dem Objekt an als die Pferde aus Gruppe 1. In der zweiten Woche waren die Pferde aus Gruppe 2 und Gruppe 3 schneller als die Pferde aus Gruppe 1. Zwischen Gruppe 2 und Gruppe 3 bestand dabei nahezu kein Unterschied. Die Betrachtung der Veränderungen innerhalb einer Gruppe zeigte, dass sich die Pferde aus Gruppe 2 und Gruppe 3 in der zweiten Woche schneller annäherten als in der ersten Woche. Dabei fällt auf, dass es sich bei den Pferden, die sich schneller an das Flucht-auslösende Objekt annäherten, jeweils um Pferde aus den Gruppen 2 und 3, also den beiden Gruppen der dreijährigen Pferde handelte. Das Erkundungsverhalten ist besonders bei Fohlen, aber auch bei jungen Pferden, stark ausgeprägt. Es gilt neben dem Spielverhalten als der „Hauptmotor zum selbständigen Lernen“ (ZEITLER-FEICHT 2008). Dieser Effekt spiegelt sich in der Testsituation Startling Test Objekt in der schnelleren Annäherung der jüngeren Pferde wider. Junge Pferde lernen leichter als erwachsene und können sich besser an Veränderungen anpassen. Sie können dementsprechend die Situation mit dem Flucht-auslösenden Objekt besser kompensieren und vom Flucht- zum Erkundungsverhalten wechseln.

Dagegen fanden WOLFF und HAUSBERGER (1996) keinen Unterschied im Lernverhalten bezüglich des Alters (zwei oder drei Jahre) und lediglich eine Tendenz, dass Stuten schneller lernten als Hengste. Es gab allerdings Hinweise auf einen genetischen Einfluss, Nachkommen aus einer Hengstlinie brauchten mehr Zeit zum Lernen der gestellten Aufgaben als Nachkommen aus anderen Linien. WOLFF et al. (1997) fanden ebenfalls keine Unterschiede in den Ergebnissen eines Open Field Tests bezüglich des Alters der Pferde. Sie fanden geringe Unterschiede in einem Diskussion 155

Novel Object Test: dreijährige Stuten standen häufiger und trabten weniger als zweijährige Stuten. Die Unterschiede insgesamt (Stuten und Hengste) waren aber eher individuell, nicht gruppenspezifisch. Der Abstand der Pferde zum unbekannten Objekt war unabhängig von Alter oder Geschlecht. Pferde, die sich in einer höheren Erregungslage befanden, näherten sich nicht so nah an das Objekt an.

Die Unterschiede in der ersten Testwoche lassen einen Einfluss der verschiedenen Trainingsstände der dreijährigen Pferde vermuten. In der ersten Testwoche näherten sich die Pferde der Gruppe 3, die erst seit vier Monaten geritten wurden, schneller dem Objekt an als die Pferde der Gruppe 1. Dieses Ergebnis kann daraus resultieren, dass die Pferde im Laufe ihrer Ausbildung lernen, auf Signale des Menschen zu reagieren, ein selbständiges Erkundungsverhalten aber weitgehend unterbunden wird.

Von BORSTEL et al. (2010) fanden keinen Einfluss des Trainingsstandes der Pferde (über oder unter 6 Monate geritten) auf ihre Reaktionen in einem Startling Test mit einem Objekt, aber einen genetischen Effekt. Pferde aus Dressur- oder Misch-Linien (Dressur und Springen) reagierten stärker als Pferde aus Spring-Linien. Sie fanden einen Einfluss des Trainingsstandes auf die Habituation der Pferde bei direkter Wiederholung (fünf Wiederholungen in 20 Minuten): trainierte Pferde gewöhnten sich schneller an die Situation als untrainierte Pferde. Sie schlossen daraus, dass trainierte Pferde schneller lernen als untrainierte. Die anschließende Entspannung (=Zeit, bis die Pferde nach dem Stimulus zu kauen begannen) war unabhängig von Genetik und Trainingsstand.

Im Startling Test Geräusch zeigten die Pferde aus Gruppe 2 in der ersten Testwoche schneller ein entspanntes Display als die Pferde aus Gruppe 1. In der zweiten Woche entspannten die Pferde aus Gruppe 2 und Gruppe 3 schneller als die Pferde aus Gruppe 1. Die Zeitspannen zwischen Gruppe 2 und Gruppe 3 waren auch hier sehr ähnlich. Eine signifikante Veränderung zwischen den beiden Testwochen zeigten nur die Pferde aus Gruppe 3, sie entspannten sich in der zweiten Woche schneller als in der ersten Woche. Hier traten ebenfalls die Veränderungen in den Gruppen der dreijährigen Pferde auf. In der ersten Testwoche entspannten sich die 156 Diskussion

dreijährigen Pferde, die seit neun Monaten geritten wurden, schneller als die älteren Pferde der Gruppe 1. Dieses spricht erneut für die schnellere Kompensation der Situation wie im Startling Test Objekt. Der Unterschied zwischen den Pferden der Gruppen 2 und 3 lässt auch hier einen Einfluss der unterschiedlichen Ausbildungsstände der Pferde vermuten. Bei den Pferden der Gruppe 3 lag der Ausbildungsbeginn zum Reitpferd erst vier Monate zurück. Der Beginn des Anreitens stellte für diese Pferde erhebliche Veränderungen in ihrem Leben dar. Sie wurden von der Gruppenhaltung auf dem Aufzuchtgestüt in Einzelboxenhaltung umgestallt. Es gab somit gravierende Einschränkungen in den Möglichkeiten zur freien Bewegung und dem Sozialkontakt zu Artgenossen. Zusätzlich wurde mit dem Reittraining begonnen. Diese Veränderungen können dazu geführt haben, dass die Pferde in ihren Kompensationsmöglichkeiten – dauerhaft oder vorübergehend – eingeschränkt waren (ZEITLER-FEICHT 2008). Der Unterschied zwischen den Testsituationen Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch zeigt, dass sich die Einschränkungen unterschiedlich äußern können.

RIVERA et al. (2002) untersuchten den Einfluss der Haltungsbedingungen auf das Verhalten von Jungpferden beim Einreiten. Bei den im Stall untergebrachten Pferden lag die Gesamttrainingszeit höher als bei Pferden in Weidehaltung. Die Stallpferde benötigten außerdem eine längere Habituationszeit vom Trainingsstart bis zum ersten Aufsitzen. Zusätzlich zeigten die Stallpferde häufiger unerwünschtes Verhalten. Alle Ergebnisse zusammen zeigten, dass Pferde in Weidehaltung sich schneller an die neuen Trainingsbedingungen gewöhnten als die Pferde in Stallhaltung und bestätigten damit den Einfluss äußerer Faktoren auf das Training von jungen Pferden. Die Umstellungen beim Trainingsbeginn können ein erhebliches Stressgeschehen für Jungpferde darstellen. VISSER et al. (2008) fanden ebenfalls einen deutlichen Einfluss der erstmaligen Aufstallung von zweijährigen Pferden als Stress-auslösendes Ereignis. 67% der Pferde, die in Einzelboxen aufgestallt wurden, zeigten mehr unerwünschtes Verhalten wie exzessives Scharren, Schlagen gegen die Boxwand und Knabbern an der Wand oder der Futterkrippe sowie stereotypes Verhalten wie Koppen, Weben und Boxlaufen. Dagegen zeigten Pferde, die zu zweit gehalten wurden, keinerlei Verhaltensstörungen. In den parallel durchgeführten Diskussion 157

Verhaltenstests fanden diese Autoren allerdings keine Unterschiede im Verhalten und den Annäherungszeiten der verschieden aufgestallten Pferde in einem Novel Object Test.

Im Personentest Annäherung gab es lediglich in der zweiten Testwoche Unterschiede. In dieser Woche näherten sich die Pferde aus Gruppe 2 schneller an die unbekannte Person an als die Pferde aus Gruppe 1 und Gruppe 3. Innerhalb der drei Gruppen gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Testwochen. Die Verhältnisse in der zweiten Testwoche lassen sich mit den Situationen Startling Test Objekt und Startling Test Geräusch vergleichen. Die schnellere Annäherung der Pferde der Gruppe 2 an die unbekannte Person erklärt sich aus dem stärkeren Erkundungsverhalten der jüngeren Pferde. Die erst vor kurzem stattgefundenen Veränderungen im Leben der Pferde aus Gruppe 3 können dazu geführt haben, dass sie sich zum Testzeitpunkt Menschen gegenüber zurückhaltender verhalten. Die Erfahrungen, die Pferde bereits mit Menschen gemacht haben, wirken sich auf zukünftige Reaktionen ihnen gegenüber aus. SØNDERGAARD und HALEKOH (2003) fanden in zwei Testsituationen, die analog zum Personentest Annäherung und Personentest Berühren durchgeführt wurden, dass Pferde, die vor dem Versuch gehändelt wurden und somit positive Erfahrungen mit Menschen machten, sich schneller annäherten als Pferde, die nicht gehändelt wurden.

5.3. Schlussfolgerung (und Ausblick)

Bei den Ergebnissen eines Verhaltenstests kann von einem „Status quo“ gesprochen werden, der einen Hinweis auf den Charakter und das Temperament des Pferdes liefert. Eine verbindliche Aussage über alle zukünftigen Reaktionen ist mit einem solchen Test nicht möglich. Er ist vergleichbar mit einer klinischen Kaufuntersuchung im Rahmen des Verkaufs eines Pferdes, die der Feststellung des gegenwärtigen gesundheitlichen Zustandes dient. Es wäre durchaus denkbar, die Kaufuntersuchung durch einen Verhaltenstest und damit die klinische Untersuchung um Elemente des Temperaments und Charakters zu erweitern. 158 Diskussion

Dabei wäre allerdings zu bedenken, dass bei einer Beibehaltung der Testsituationen und einer Anwendung in der Praxis (Kaufuntersuchung, Interieurbeurteilung, etc.) die Ergebnisse durch ein vorheriges Training der Pferde veränderbar sind. Für die Anwendung des Verhaltenstest ließe sich allerdings sagen, dass aus einem Training der Testsituationen – bei tiergerechten Trainingsmethoden – keine negativen Auswirkungen auf die Testergebnisse zu erwarten sind. Eine Verbesserung dahin gehend, dass die Pferde durch ein Training besser in der Lage sind, die Situationen zu bewältigen und zum Beispiel das Ausmaß der Fluchtreaktionen geringer ausfällt, käme sowohl den Pferden als auch den Pferdehaltern zu Gute. Zusammenfassung 159

6. Zusammenfassung

Kristina Goslar (2011):

Temperaments- und Charakterbeurteilung bei Reitpferden

Durch die Nutzung als Sport- und Freizeitpartner sind das Temperament und der Charakter eines Pferdes für den Menschen von großem Interesse. Diese auch als Interieur bezeichneten inneren Werte lassen sich trotz ihrer Bedeutung nur schwer definieren und noch weniger messen. Diese Untersuchung befasste sich mit einem Verhaltenstest bei Pferden, der in neun Testsituationen verschiedene Aspekte des Flucht- und Erkundungsverhaltens sowie dem Verhalten gegenüber Menschen näher untersuchte.

Es sollten folgende Fragestellungen geklärt werden: Wie verhalten sich die Pferde in dem Verhaltenstest? Sind die Testsituationen geeignet, dass gewünschte Verhalten zu untersuchen? Ist der Test reliabel? Welche Unterschiede bestehen im Verhaltenstest zwischen drei verschiedenen Altersgruppen mit unterschiedlichem Trainingsstand?

Dazu wurden 70 Hengste einzeln untersucht. Die Pferde liefen frei in einer Testarena, ohne menschlichen Einfluss durch Führen oder Reiten. Nach sieben Tagen wurde der Test wiederholt. Dabei wurden die Testobjekte und ein Geräusch verändert, um einen möglichen Lerneffekt zu minimieren.

Die Auswertung des Verhaltens der Pferde in allen Testsituationen zeigte, dass nicht alle Verhaltensparameter des zuvor festgelegten Ethogramms für die Untersuchung geeignet waren. Die Häufigkeit der Verhaltensweisen differierte sehr stark.

Es stellte sich heraus, dass die Verhaltenskategorie „Sonstiges“, unter der sehr spezielle, einzeln auftretende Verhaltensweisen kodiert wurden, wichtige Zusatzinformation über Verhaltensstörungen bei einzelnen Pferden lieferte.

Die Testsituation Open Field war dazu geeignet, Kenntnisse über das Individualverhalten eines Pferdes alleine in einer Testarena zu erlangen. In der Situation Novel Object Test zeigten die Pferde überwiegend Erkundungsverhalten, 160 Zusammenfassung

bei einer großen Differenz in den Annäherungszeiten. Trotz großer individueller Unterschiede näherten sich 75% der Pferde innerhalb einer Zeit von 91,75 Sekunden dem unbekannten Objekt an und die Testsituation erwies sich damit als geeignet um das Erkundungsverhalten von Pferden zu untersuchen.

Die Bewegung des Objektes im Startling Test Objekt löste zuverlässig eine Fluchtreaktion aus und es zeigte sich anschließend eine schnellere Annäherung der Pferde an das Objekt als im Novel Object Test. Die Situation konnte somit sowohl das Flucht-, als auch das Erkundungsverhalten der Pferde provozieren.

Im Startling Test Geräusch zeigten 95,7% der Pferde eine Fluchtreaktion auf das plötzlich abgespielte Geräusch. Über die Zeit bis zum Eintreten eines entspannten Displays konnte das Ausmaß der Fluchtreaktion zusätzlich bewertet werden. Auf den akustischen Reiz reagierten die Pferde allerdings weniger stark als auf den optischen Reiz im Startling Test Objekt.

Der Personentest Annäherung zeigte die sozio-positive Annäherung der Pferde an einen unbekannten Menschen. Dabei näherten sich 75% der Pferde innerhalb von 67 Sekunden der Person an. Im direkt angeschlossenen Personentest Folgen folgten 75,7% der Pferde der Testperson bereits im ersten Versuch über einen Zeitraum von 30 Sekunden. Das Ausweichen aufgrund der schnellen Annäherung des Menschen im Personentest Ausweichen konnte bei 98,6% der Pferde provoziert werden. Die Person konnte sich im Personentest Berühren allen Pferden annähern. Das vorgegebene Berührungsschema ließ sich bei 78,6% der Pferde direkt im ersten Versuch komplett durchführen.

Die Testsituation Ressourcenkontrolltest erwies sich als nicht geeignet. Sie sollte untersuchen, ob die Wegnahme der Futter-Ressource aggressives Verhalten bei den Pferden auslöste. Allerdings zeigten 45,7% der Pferde eine sehr zögerliche Annäherung an den Futtereimer. 15,7% der Pferde näherten sich dem Eimer überhaupt nicht an. Auf die weitere Auswertung dieser Testsituation wurde deshalb verzichtet.

Die Test-Retest-Reliabilität zeigte keine Unterschiede in den Testsituationen Open Field, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren. Zusammenfassung 161

Es gab dagegen Unterschiede in den Situationen Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung. Hier kann man von einer Veränderung des Verhaltens der Pferde durch die Lernerfahrung aus der ersten Woche ausgehen.

Die Pferde wurden in drei Gruppen eingeteilt: Gruppe 1, n = 17, Alter 4 – 20 Jahre, Ausbildungsstand variierte altersentsprechend; Ausbildungsbeginn im Alter von 3 Jahren; Gruppe 2, n = 18, Alter 3 Jahre, Ausbildungsbeginn 9 Monate vor Testbeginn, Gruppe 3, n = 35, Alter 3 Jahre, Ausbildungsbeginn 4 Monate vor Testbeginn. Die Testsituation Open Field wurde nicht in den Vergleich mit einbezogen. Es gab lediglich in den Situationen Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung signifikante Unterschiede zwischen den Altersgruppen. 162 Zusammenfassung Summary 163

7. Summary

Kristina Goslar (2011):

Assessment of temperament and character in sport horses

Temperament and character of horses are of great interest for humans who use horses for competition and leisure riding. Both are intrinsic values which, despite of their importance, are difficult to define and measure. This study dealt with a behaviour test consisting of nine test situations. The test was used to examine different aspects of flight and explorative behaviour in horses as well as the horses‟ behaviour towards humans.

The aim of this study was to examine: Which behaviour do the horses show in the behaviour test? Are the different test situations suitable to examine the expected behaviour? Is the test a reliable instrument? Are there differences between three groups of horses which differ in age and level of schooling?

In order to achieve this, seventy sport horse stallions were examined individually, i.e. without other horses being present. During the different test situations, each horse ran free in the test arena. There was no human influence by leading or riding. The test was repeated seven days after the initial test. Hereby, the stimuli (two objects and a noise) were changed to minimize the occurrence of learning effects.

The analysis of the horses‟ behavior during the test situations showed that some behaviour parameters in the preassigned ethogramm were not suitable for this examination. They were excluded from further analysis.

The behaviour category „Sonstiges“ that encoded particular behaviour that appeared sporadically turned out to be important to obtain additional information about behaviour problems in individual horses.

The test situation Open Field was suitable to reveal information about the individual behaviour of a horse when staying alone in the test arena. The test situation Novel Object Test elicited predominantly explorative behaviour. Hereby, the time required to approach the object varied markedly between horses. Despite these large inter- 164 Summary

individual differences, 75% of the horses approached the novel object within 91.75 seconds. Therefore, this situation turned out to be suitable to examine explorative behaviour in horses.

In the Startling Test Objekt, the movement of the object reliably elicited a flight reaction in all horses. The time to approach the object in the Startling Test Objekt was shorter than in the Novel Object Test. The results show that the Startling Test Objekt was suitable to provoke flight and explorative behaviour in horses.

95.7% of the horses displayed a flight reaction after hearing the noise in the Startling Test Geräusch. Hereby, the horses‟ gait when fleeing and the time until the horses showed a relaxed display again were used to evaluate the intensity of the flight reaction. The intensity of the flight reaction in this test situation was not as strong as in the Startling Test Objekt.

The situation Personentest Annäherung was used to evaluate the socio-positive approach behaviour of the horses towards an unknown person. 75% of the horses approached the person within 67 seconds. Subsequently, the situation Personentest Folgen was conducted. Here, 75.7% of the horses followed the person for 30 seconds on the first attempt. In the situation Personentest Ausweichen 98.6% of the horses moved away when the person approached them quickly. In the Personentest Berühren the testperson was able to approach all horses. The predetermined, standardized touching scheme could be completed in 78.6% of the horses on the first attempt.

During the situation Ressourcenkontrolltest, 45.7% of the horses showed hesitant approach behaviour towards the feeding bucket and 15.7% of the horses did not approach the feeding bucket at all. This test situation was considered unsuitable to provoke frustration and aggressive displays in horses. Therefore, this test situation was not analysed further.

Concerning the test-retest reliability, no differences were found for the situations Open Field, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren. However, for the situations Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch und Personentest Annäherung, differences were found. Summary 165

These differences in the horses‟ behaviour were assumed to be due to learning effects between first and second test.

For further analyses, the horses were divided into three groups according to age and level of schooling: Group 1, n = 17, age 4 – 20 years, level of schooling varied according to their age, training started at an age of three years; Group 2: n = 18, age 3 years, training started 9 months prior to the behaviour test; Group 3: n = 35, age 3 years, training started 4 months prior to the behaviour test. The situation Open Field was not included in this analysis. Significant differences between the three groups were found for the situations Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch and Personentest Annäherung. 166 Summary

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176 Literaturverzeichnis

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Anhang 177

9. Anhang

9.1. Tabellen

Tabelle 14: Pferde

Pferd Geburtsjahr Pferd Geburtsjahr Now or Never 1995 Etienne 2006 Walt Disney II 1988 Sir Hasso 2006 Iberio 1991 Special One 2006 Embassy III 2002 Simpson 2006 Westerland 1988 Stanley 2006 Ballettmeister 2003 Royal Bayou 2006 Toronto 2000 Symphoniker 2006 Semantiker 2004 Royal Matcho 2006 Retoucheur 2004 Dürrenmatt 2006 Escudo I 1991 Rabauke 2006 Chivas 2004 Esperanto 2006 Al Cambero 2004 Serenus 2006 Rosentau 1994 Hardenberg 2006 Uccello 2001 Randalf 2006 Wilton 2003 Dundee 2006 First Pleasure 2001 Denzel Washington 2006 Nobre xx 1999 Walberan 2006 Ficino 2005 Händel 2006 Sophokles 2005 Bonne Chance 2006 Faust 2005 Nordglanz 2006 Quirello 2005 San Pablo 2006 Rio Novo 2005 Apollonius 2006 Demograph II 2005 Febo del Chirone 2006 Alchimist 2005 Sir Werra 2006 Auerbach 2005 Graf Galen 2006 Edward 2005 Sir George 2006 Dostojewski 2005 Seraphin 2006 Salier 2005 Ephrem 2006 Gilgamesch Uruk 2005 For Cento 2006 David Copperfield 2005 Folkert 2006 Dutschke 2005 Fortunato 2006 Elton 2005 Quadam 2006 Nietzsche 2005 Fürstentanz 2006 Eltano 2005 Forchello 2006 Danton 2005 Cordato 2006

178 Anhang

9.2. Abbildungen

9.2.1. Geräusche im Startling Test Geräusch

Schalldruckpegel Schalldruckpegel in dB Schalldruckpegelin

15 kHz Zeit in s Frequenz in kHz

Abbildung 55: Oszillogramm von Abbildung 56: Schalldruckpegel und Geräusch 1 (Schuss) der Testsituation Frequenz von Geräusch 1 (Schuss) der Startling Test Geräusch Testsituation Startling Test Geräusch

Schalldruckpegel Schalldruckpegel in dB Schalldruckpegelin

20 kHz Zeit in s Frequenz in kHz

Abbildung 57: Oszillogramm von Abbildung 58: Schalldruckpegel und Geräusch 2 (Applaus) der Testsituation Frequenz von Geräusch 2 (Applaus) Startling Test Geräusch der Testsituation Startling Test Geräusch Anhang 179

9.2.2. Bewegungsverhalten der Pferde in den Testsituationen

Abbildung 59: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Open Field 180 Anhang

Abbildung 60: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test

Anhang 181

Abbildung 61: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt

182 Anhang

Abbildung 62: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch Anhang 183

Abbildung 63: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung 184 Anhang

Abbildung 64: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Folgen

Anhang 185

Abbildung 65: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Ausweichen 186 Anhang

Abbildung 66: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren Anhang 187

9.3. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Abgetrennte Testarena in der Reithalle ...... 46 Abbildung 2: Erkundungsverhalten in der Testsituation Novel Object Test ...... 48 Abbildung 3: Testsituation Startling Test Objekt, Aufbau zu Testbeginn, Objekt liegt an ausgezogener Leine in der Mitte der Testarena ...... 49 Abbildung 4: Testsituation Startling Test Objekt, Annäherung des Pferdes an das Testobjekt ...... 49 Abbildung 5: Folgeverhalten des Pferdes in der Testsituation Personentest Folgen ...... 50 Abbildung 6: Beginn der Berührung in der Testsituation Personentest Berühren ...... 51 Abbildung 7: Ende der Berührung in der Testsituation Personentest Berühren ...... 51 Abbildung 8: Schwimmspielzeug 1 ...... 53 Abbildung 9: Schwimmspielzeug 2 ...... 53 Abbildung 10: Schwimmspielzeug 3 ...... 54 Abbildung 11: Schwimmspielzeug 4 ...... 54 Abbildung 12: Dauer der Bewegung in der Testsituation Open Field...... 71 Abbildung 13: Verhalten der Pferde in der Testsituation Open Field...... 72 Abbildung 14: Verhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test...... 73 Abbildung 15: Dauer der Bewegung in der Testsituation Novel Object Test...... 74 Abbildung 16: Verhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test...... 75 Abbildung 17: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Objekt in der ersten Woche...... 77 Abbildung 18: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Objekt in der ersten Woche...... 78 Abbildung 19: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt...... 79 Abbildung 20: Dauer der Bewegung in der Testsituation Startling Test Objekt...... 80 Abbildung 21: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt...... 81 Abbildung 22: Fluchtreaktion1 in der Testsituation Startling Test Geräusch in der ersten Woche...... 83 Abbildung 23: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Geräusch in der ersten Woche...... 84 Abbildung 24: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch...... 85 Abbildung 25: Dauer der Bewegung in der Testsituation Startling Test Geräusch...... 86 Abbildung 26: Verhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch...... 87 Abbildung 27: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung...... 89 Abbildung 28: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Annäherung...... 90 Abbildung 29: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung...... 91 Abbildung 30: Kategorie Folgen in der Testsituation Personentest Folgen in der ersten Woche...... 93 Abbildung 31: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Folgen...... 94 Abbildung 32: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Folgen...... 95 Abbildung 33: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung...... 96 Abbildung 34: Kategorie Ausweichen in der Testsituation Personentest Ausweichen in der ersten Woche...... 98 Abbildung 35: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Ausweichen...... 99 Abbildung 36: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Ausweichen...... 100 Abbildung 37: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung...... 101 Abbildung 38: Kategorie Berühren in der Testsituation Personentest Berühren in der ersten Woche...... 103 Abbildung 39: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren...... 104 188 Anhang

Abbildung 40: Dauer der Bewegung in der Testsituation Personentest Berühren...... 105 Abbildung 41: Verhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren...... 106 Abbildung 42: Verhalten der Pferde in der Testsituation Open Field Test, Vergleich der zwei Testwochen...... 108 Abbildung 43: Annäherungszeiten in der Testsituation Novel Object Test im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 109 Abbildung 44: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 111 Abbildung 45: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 111 Abbildung 46: Annäherungszeiten in der Testsituation Startling Test Objekt im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 112 Abbildung 47: Fluchtreaktion 1 in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 113 Abbildung 48: Fluchtreaktion 2 in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 114 Abbildung 49: Zeit bis zum Erreichen eines entspannten Displays in der Testsituation Startling Test Geräusch im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 114 Abbildung 50: Annäherungszeiten in der Testsituation Personentest Annäherung im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 115 Abbildung 51: Kategorie Folgen in der Testsituation Personentest Folgen im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 116 Abbildung 52: Kategorie Ausweichen in der Testsituation Personentest Ausweichen im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 117 Abbildung 53: Annäherungszeiten in der Testsituation Personentest Berühren im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 118 Abbildung 54: Kategorie Berühren in der Testsituation Personentest Berühren im Vergleich der ersten und zweiten Testwoche...... 119 Abbildung 55: Oszillogramm von Geräusch 1 (Schuss) der Testsituation Startling Test Geräusch...... 178 Abbildung 56: Schalldruckpegel und Frequenz von Geräusch 1 (Schuss) der Testsituation Startling Test Geräusch ...... 178 Abbildung 57: Oszillogramm von Geräusch 2 (Applaus) der Testsituation Startling Test Geräusch...... 178 Abbildung 58: Schalldruckpegel und Frequenz von Geräusch 2 (Applaus) der Testsituation Startling Test Geräusch ...... 178 Abbildung 59: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Open Field ...... 179 Abbildung 60: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Novel Object Test ...... 180 Abbildung 61: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Objekt .. 181 Abbildung 62: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Startling Test Geräusch ...... 182 Abbildung 63: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Annäherung ...... 183 Abbildung 64: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Folgen .. 184 Abbildung 65: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Ausweichen ...... 185 Abbildung 66: Bewegungsverhalten der Pferde in der Testsituation Personentest Berühren ...... 186 Anhang 189

9.4. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Übersicht des Ethogramms für die Auswertung des Verhaltens der Pferde ...... 56 Tabelle 2: Weitere Testparameter in der Auswertung der Testsituationen ...... 63 Tabelle 3: Kodierung der Parameter für die Auswertung der Testsituationen Startling Test Objekt (STO), Startling Test Geräusch (STG), Personentest Folgen (PTF), Personentest Ausweichen (PTW) und Personentest Berühren (PTB) ...... 64 Tabelle 4: Einteilung der Pferde in drei Gruppen basierend auf dem Ausbildungsstand ...... 65 Tabelle 5: Übersicht der Häufigkeit der Verhaltensparameter in allen Testsituationen ...... 68 Tabelle 6: Vergleich der Parameter in der Testsituation Novel Object Test zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 109 Tabelle 7: Vergleich der Parameter in der Testsituation Startling Test Objekt zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 110 Tabelle 8: Vergleich der Parameter in der Testsituation Startling Test Geräusch zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 113 Tabelle 9: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Annäherung zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 115 Tabelle 10: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Folgen zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 116 Tabelle 11: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Ausweichen zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 117 Tabelle 12: Vergleich der Parameter in der Testsituation Personentest Berühren zwischen der ersten und der zweiten Testwoche ...... 118 Tabelle 13: Vergleich der drei Pferdegruppen in den Testsituationen Novel Object Test, Startling Test Objekt, Startling Test Geräusch, Personentest Annäherung, Personentest Folgen, Personentest Ausweichen und Personentest Berühren ...... 121 Tabelle 14: Pferde ...... 177

190 Anhang

9.5. Abkürzungsverzeichnis bzw. beziehungsweise d.h. das heißt et al. lat. et alii (und andere) etc. et cetera Fa. Firma Gr. Gruppe n Anzahl NOT Novel Object Test n.s. nicht signifikant o.ä. oder ähnliches OF Open Field Test PTA Personentest Annäherung PTB Personentest Berühren PTF Personentest Folgen PTW Personentest Ausweichen RKT Ressourcenkontrolltest s Sekunden SD Standardabweichung STG Startling Test Geräusch STO Startling Test Objekt s.u. siehe unten Wo. Woche z. B. zum Beispiel

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt…

…Dr. Willa Bohnet, die Löwin

Für Dich könnte ich eine Danksagung schreiben, die den Rahmen dieser Niederschrift sprengen würde. Danke, dass Du mein Interesse an (Tier-) Verhalten geweckt hast und mir dieses Thema für meine Promotion zur Verfügung gestellt hast. Danke für die kompetente fachliche Betreuung und die permanente Weiterbildung, die ich in Deiner Gesellschaft erfahren habe. Danke für alle Minuten an Abenden und Wochenenden, die Du mit der Korrektur dieser Arbeit verbracht hast. Danke für Deine Freundschaft!

…Prof. „Chef“ Hackbarth für seine Unterstützung, seinen Rat und den sanften Druck zur richtigen Zeit. Außerdem für die Möglichkeit, als Mitarbeiterin im Institut einen Anteil an der Lehre zu übernehmen und meinen Horizont auf Dienstreisen und in privaten Gesprächen auf vielfältige Art und Weise zu erweitern.

…Helge D. Stelzer ohne den eigentlich gar nichts läuft. Danke für Deine – zu Deinem Leid leider oft technische - Hilfe, Deine Geduld, die netten Gespräche und die Vermittlung fachlicher (Handling Mäuse und Ratten) und kulinarischer (Kürbisspalten und Bratwursttorte) Kompetenzen.

…Ping-Ping Tsai PhD für die schnelle statistische Hilfe und die Mühe, mir einen Pfad durch den Statistik- Dschungel zu schlagen. Und für den Fluffy-Kuchen.

…Frau Zimmermann für Rat und Tat in allen bürokratischen Belangen.

…Dr. Karl Rohn für die mal sehr schnelle und mal sehr aufwändige statistische Hilfe. Auch wenn wir die Faktorenanalyse leider aufgeben mussten, so kann ich dank Ihnen meiner Anumerie endlich einen Namen geben.

…Dr. Kalle Esser für die schnelle audiographische Hilfe in Sekunde.

…Dr. Axel Brockmann für die Erlaubnis, Hengste des Landgestüts Celle zu untersuchen und die damit verbundene Bereitstellung nahezu idealer Rahmenbedingungen für meine Arbeit.

…Herrn Winter und allen weiteren Mitarbeitern des Landgestüts Celle, die mich in der praktischen Durchführung der Arbeit vor Ort in Adelheidsdorf unterstütz haben.

…Steffi O. für die Korrektur meiner fremdsprachlichen Ergüsse, die EndNote-Hilfe in letzter Sekunde und die vielen Hunde-, Katzen-, Vogel- und was-weiß-ich-was-noch-für- Tierarten-Verhaltensweisen, die ich von Dir gelernt habe.

…Judith K. dass ich mit ins Büro einziehen und mitspielen durfte.

…Diana für unsere gemeinsame Arbeit in Adelheidsdorf und die unzählbaren Pferdegespräche.

…allen weiteren Mitarbeiterinnen und Doktorandinnen des Instituts für Tierschutz und Verhalten für die unterhaltsamen Mittagspausen und die vielen schönen Gespräche.

…meinen Freundinnen und Freunden, die mir immer zugehört und meine Probleme mit mir bewundert und verflucht haben, auch wenn sie vielleicht nicht immer alles verstanden haben.

…Miriam !! für die unermüdliche Hilfe und Geduld bei der Formatierung (mit mir und dem Computer) und für Deine Freundschaft.

….meinen Eltern Monika und Achim dass sie immer an mich geglaubt und mich in allen Lebenslagen unterstützt haben.

…meiner Oma Adele für die gelegentlichen Taler, die das Doktorandengehalt aufgestockt haben.

…Sascha meinem Superhelden, für seine kritischen Fragen, seine Geduld, seine Ungeduld, seine Unterstützung, seine kulinarische Versorgung, seine Sorge und seine Liebe.

…den Pferden

Außerdem:

…der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT) für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit und die interessante Mitarbeit im AK 11 (Pferde).

…der Hans-und-Helga-Maus-Stiftung für die finanzielle Unterstützung dieser Arbeit.

…der Firma Eggersmann für die Futterspende.

Ein Hase sitzt im Wald auf einem Baumstumpf und kritzelt eifrig. Ein Fuchs läuft vorbei, hält an und fragt:

„Was schreibst Du, Hase?“

„Eine wissenschaftliche Abhandlung darüber, wie Hasen Füchse fressen.“

„Waaas?“

„Komm mal mit, ich zeige Dir was…“

Blende…

Der gleiche Hase sitzt auf dem gleichen Baumstumpf und schreibt wieder etwas. Kommt ein Wolf angerannt und fragt, was der Hase schreibt.

„Eine wissenschaftliche Abhandlung darüber, wie Hasen Wölfe fressen.“

„Waaas? Spinnst Du?“

„Komm mal mit, ich zeige Dir was…“

Blende…

Noch etwas später, der Hase bei der gleichen Beschäftigung. Ein Bär kommt vorbei – die gleiche Geschichte…

Zweihundert Meter weiter: eine Höhle, in der Mitte türmen sich Knochen übereinander. Daneben liegt ein riesiger Löwe und nagt an einem frischen Bärenknochen.

Und die Moral von der Geschicht„:

Es kommt nicht auf das Thema deiner wissenschaftlichen Arbeit an, sondern einzig und allein darauf, wer dein Projektleiter ist…