FIGHT

DAS

MAGAZINDER

E .D FORE N GRÜNENE RU 0YOUR4/2019 G RIGHT SCHWERPUNKT FEMINISMUS www.lwl-messe.de Editorial | 3

MERKSATZ 2019 – WAS FÜR EIN JAHR „Ja, ich bin ein Mädchen, und ja, ich bin trotzdem laut. Warum auch nicht?“

Franzi Wessel, Fridays-for-Future-Aktivistin, Seite 13

Inklusion entfaltet! Feminismus: Ein großes Wort. Ein schillernder und für viele Konserva­ tive ein nach wie vor kontroverser Begriff. Für uns Grüne hingegen eine unserer Wurzeln. Schließlich ist unsere Partei vor 40 Jahren auch Lautstark auf den Straßen aus der Frauenbewegung heraus entstanden. Bereits 1986 haben wir mit unserem Frauenstatut eine Frauenquote für Parteiämter verankert. Angeführt von jungen Menschen fordern Heute verzeichnen wir mit 40,5 Prozent weiblichen Mitgliedern den Millionen auf der ganzen Welt einen höchsten Frauenanteil unter allen deutschen Parteien. Doch auch grundlegenden Kurswechsel in der Klima­ bei uns sind es nicht 50 Prozent oder mehr. Jetzt schon politik. Allein in Deutschland mit vormerken! Bauen wir diesen Vorsprung weiter aus! Als progressive Partei haben wir 1,4 Millionen Menschen im September und uns noch nie mit dem Status Quo zufriedengegeben. Und so lasst uns zuletzt 600.000 Demonstrierenden gemeinsam vor allem auch weiter dafür kämpfen, strukturelle Ungerech­ Ende November. tigkeiten, die Frauen auf gesellschaftlicher Ebene benachteiligen, 5. LWL-Messe der endlich ad acta zu legen. Wie dies gelingen kann, das zeigt auch unser Zwischenbericht zum Inklusionsunternehmen Grundsatzprogramm: Hier haben wir alle Politikbereiche feministisch durchdekliniert – der Feminismus durchzieht sozusagen wie ein lila Faden den Entwurf. Mein ganz herzlicher Dank geht daher an Gesine Agena, die sich so leidenschaftlich in diesen Prozess eingebracht hat. Und viel Erfolg für die enorm wichtige Arbeit als frauenpolitische Spreche­ rin wünsche ich nun Ricarda Lang, die Gesine im Amt nachgefolgt ist. Grün im Wachstum Messe Dortmund Schließlich ist Frauenfeindlichkeit noch längst nicht aus der Welt. Gut zwei Jahre nach #MeToo müssen wir leider feststellen, dass der Hass Wir sind mit über 20 % ins Europaparlament 18. März 2020 derzeit sogar wieder zunimmt. Er zeigt sich nicht nur ganz unverhohlen eingezogen und haben die größte und im Netz, sondern auch in sexistischen Äußerungen – ob am Arbeitsplatz schlagkräftigste Grüne Fraktion im Europa­ oder in der Öffentlichkeit. Aber: Auch der Widerstand gegen Misogynie parlament, die es je gab. Und: Wir als wird immer kraftvoller – und präsenter. Die neue Umweltbewegung ist Partei wachsen weiter. Von 75.000 Mitgliedern weiblich geprägt. Das alles macht viel Mut – ganz gemäß Michelle Obamas im Dezember 2018 auf jetzt 95.000. Bonmot: „When they go low, we go high!“ Die Hoffnungen sind riesig, die Heraus­ forderungen auch. Ein echtes Hoch – das konnten wir auch auf unserem Parteitag im Novem­ ber erleben, auf dem wir wichtige Impulse gesetzt haben. Jetzt geht es Packen wir's an! mit viel Schwung ins neue Jahr, das ganz unter dem Zeichen des neuen Vielfalt, Werte, Chancen entfalten. grünen Grundsatzprogramms stehen wird. Ich bin megagespannt, wie Für Menschen mit Behinderung, für Unternehmen mit Mut, es weitergeht und freue mich auf einen anregenden Diskurs. für Entscheiderinnen und Entscheider mit Weitblick. Jetzt wünsche ich euch aber DAS MAGAZIN DER BUNDESTAGSFRAKTION erst viel Freude bei der Lektüre Inklusion entfaltet Werte für uns alle. Erleben Sie es – auf der LWL-Messe der Inklusionsunternehmen. unseres spannenden XXL-­ Zum fünften Mal in diesem Format, zum ersten Mal in Dortmund, Gesprächs über Feminismus, mit noch mehr Platz zur Entfaltung. Seien Sie ein Teil davon und frohe Weihnachten und einen GRÜN engagieren Sie sich für eine offene und inklusive Gesellschaft! guten Rutsch!

Alle Infos zur Messe, zu Ausstellern und zum Programm unter: Euer Michael www.lwl-messe.de Und jetzt:

MICHAEL KELLNER

Foto: Rasmus Tanck Rasmus Foto: Politischer Geschäftsführer

profil-gruen64x64.indd 1 02.12.2019 12:09:34 Prolog | 5

ÜBER FEMINISMUS REDEN

Zwei Jahre nach #MeToo stellen wir die Frage: Wie geht es den Frauen heute in Deutschland? Was bedeutet es, wenn Frauen immer noch in ganz vielen gesellschaft­ lichen Bereichen unterrepräsentiert sind? Was hat sich verändert und wo müssen wir aktuell besonders stark anpacken? Dass wir Grüne immer schon eine Partei waren, die sich für Frauenrechte stark gemacht hat, zeigt auch das Plakat auf der linken Seite. Es ist aus dem Jahr 1980.

Wo stehen wir jetzt, fast vierzig Jahre spä­ ter? Um das auszuloten, haben wir für dieses Heft acht Frauen und zwei Männer eingeladen. Sie berichten über per­ sönliche Erfahrungen, tauschen sich auf theoretischer Ebene zum Feminismus aus und ja – sie streiten auch. Insgesamt zehn in­ teressante Stimmen, die jede für sich steht, und nicht unbedingt die Meinung der Partei

Stiftung wiedergibt. Moderiert wurde das Treffen - Böll - von drei renommierten Journalistinnen – und es wurde ein sehr spannendes Gespräch. Ray ProductionsRay - Abbildung: Archiv Grünes Gedächtnisder Heinrich x Fotos: Gespräch | 7

FOTOS: SIGRID REINICHS „Es geht um Befreiung für alle. Darum, dass man sich nicht Ein Samstagnachmittag im November. Die Zwil­ so verhalten muss, wie andere lingsschwestern Kerstin und Sandra Grether betre­ ten das Pappa e Ciccia in Berlin-Prenzlauer Berg. es von einem erwarten.“ Sie schälen sich aus Handschuhen und Jacken. Das Licht ist an diesem Tag unentschieden. Mal leuchtet Sophie Kirchner es hell durch die große Glasfront des Restaurants. Mal schieben sich dunkle Wolken vor die Sonne und tauchen den langen Tisch, an dem gleich unser Gespräch über Feminismus stattfinden wird, in eine Vorabendstimmung. Kerstin Grether ist Musik­ Wären Sie gern mal eine Frau gewesen, für einen Tag? journalistin und Sängerin, ihre Texte wurden unter Matthias Becker: Nein, darüber habe ich nicht dem Begriff Popfeminismus bekannt. Sandra nachgedacht. Grether, Gitarristin, wollte ihre Schwester heute eigentlich nur begleiten, aber Kerstin redet leise Sophie Kirchner: Ich wäre schon gerne mal ein Junge auf sie ein. Noch vor den Schwestern ist Matthias gewesen. Das hing auch mit meinem Aussehen zu­ Becker eingetroffen. Becker, der Zopf und Ohrring sammen. Ich bin in der DDR geboren, da waren praktische trägt, ist der Männerbeauftragte der Stadt Nürn­ Topfschnitte für viele Kinder an der Tagesordnung. berg, kümmert sich in Teilzeit um die Belange von Mich hat man deshalb oft für einen Jungen gehalten, ich Männern, weil er sich die Erziehung seiner drei bin ja auch recht groß. Und ich hatte den Eindruck, Kinder gleichberechtigt mit seiner Frau geteilt hat. dass die Jungs mehr Narrenfreiheit haben als die Mäd­ Sophie Kirchner setzt sich ebenfalls an den Tisch. chen. Das hat mir gefallen. Sie ist Fotografin und will tabuisierte Themen wie Intersexualität sichtbar machen. Kerstin Grether: Ich habe mit den Jungs Mitleid gehabt, weil sie sich nicht schminken durften. Aber das schien schon früh das einzige Privileg von Mädchen zu sein. Frau Kirchner, wann haben Sie sich erstmalig als Mädchen wahrgenommen? Haben Sie Jungs also auch beneidet? Sophie Kirchner: Als ich angefangen habe, mich für Kerstin Grether: Ja, weil sie sonst alles durften. Puppen zu interessieren. Das war Mädchenspielzeug. Ich habe schon früh Musikzeitschriften gelesen, und dass Aber meine Eltern sagen, dass ich schon immer gerne darin immer die Jungs die Gitarre spielten und die gekämpft und männliche Eigenschaften ausgefüllt Mädchen nur die Fans waren, das hat mich geschockt. habe. Ich war da nicht eindeutig positioniert. Außerdem galt unser neun Jahre älterer Bruder als das Genie in der Familie. Er hat toll gemalt, und sowas Herr Becker, wann haben Sie sich einen Zopf hat meine Mutter gar nicht erst von mir erwartet. Meine wachsen lassen? Bilder wurden niemals so bestaunt wie seine. Mit der Matthias Becker: Das muss in der Pubertät gewesen Zeit habe ich dann gedacht, dass es als Frau einfach viel sein, also zu einem Zeitpunkt, an dem ich es selber schwieriger ist, als brillant zu gelten. Das hat mich entscheiden konnte. gestört. Ich war zwar völlig einverstanden damit, ein Mäd­ chen zu sein, aber ich wollte dieselbe Aufmerksamkeit War das eine Herausforderung für Ihre Eltern? für meine Talente bekommen wie Jungs. Matthias Becker: Ja, sie haben meine Freundinnen regelmäßig traktiert, ob sie mich nicht überreden könnten, zum Friseur zu gehen, damit ich ordentlich Sandra Grether, die das Gespräch mit lebhafter ausschaue. Ich habe mich auch ab und zu mit Kajal Mimik beobachtet hat, setzt sich nun doch an den Suffragetten geschminkt und die Nägel lackiert. Tisch, direkt neben ihre Schwester. kämpften in Groß­ britannien und in den USA für das Sandra Grether: Ich wollte mich niemals schminken. Wahlrecht und Mit dieser Art von weiblicher Identität hatte ich schon die politische Gleich­ SOPHIE KIRCHNER immer Probleme. Ich wollte mich auf keinen Fall limitie­ berechtigung der Die Fotografin beschäftigte sich in ihrer ren lassen und habe mit zehn angefangen, Gitarre zu Frau, das Recht auf Diplom­arbeit mit Intersexualität. Sie nutzt spielen. Die Frauen in unserer Familie waren insgesamt Erwerbsarbeit und das Medium Fotografie, um eine Plattform schon sehr stark. das Recht auf Bil­ für Diskurse über soziale Themen, Tabus und unbewusste Denkmuster zu schaffen. dung. Die bekanntes­ Ihre Arbeit MALE SPORT setzt beim noch Kerstin Grether: Unsere Urgroßmutter war Jahrgang te radikale Suffra­ sehr verbreiteten Konservatismus in der Welt 1888 und als Suffragette eine der ersten Feministinnen, gette war Emmeline des Sports an. www.sophiekirchner.com die für das Frauenwahlrecht gekämpft hatten … Pankhurst. 8 | Gespräch

Sandra Grether: Aber außerhalb der Familie habe ich „Frauen sind schwächer schon früh wahrgenommen: Bei den Frauen geht es ums Aussehen, bei den Männern um Talente. positioniert, sie haben weniger Besitz, sie sind ein­ Herr Becker, war Ihre Entscheidung, sich zu schminken und einen Zopf zu tragen, Ausdruck davon, dass sich fach benachteiligt.“ damals so etwas wie eine Männerbewegung formierte? Matthias Becker: Das würde ich so nicht sagen. Ich be­ Kerstin Grether haupte, eine Männerbewegung gibt es nicht. Es gibt auch keine Solidarität unter Männern. Sie kämpfen nicht gemeinsam für etwas. Feminismus, weil das Kernproblem doch Sexismus ist. Männerseilschaften sind doch geradezu berühmt, Und der betrifft auch Männer. zum Beispiel in der Politik und in der Wirtschaft. Matthias Becker: Aber das hat mit Männerbewegung Sandra Grether: Das stimmt. Aber es geht um die nichts zu tun. Es gibt einzelne Gruppierungen, die strukturelle Unterdrückung der Frauen. Unter der leiden sich im homosexuellen oder Transgender-Bereich enga­ Männer nicht. gieren. Ich kenne auch Väterrechtler oder sexuell Patriarchat missbrauchte Männer, aber untereinander haben sie Matthias Becker: Doch, das tun sie. Es stimmt, dass Die Entwicklung der keine Solidarität. wir noch immer eine patriarchale Gesellschaft sind, in Jäger und Sammler der ein bestimmtes Männerbild vorherrscht, aber diese zur landwirtschaft­ Frau Grether, Ihnen ist der Begriff Feminismus durch Form des Patriarchats unterdrückt auch viele Männer. lichen, hierarchi­ Ihre Urgroßmutter recht früh begegnet. schen Gesellschaft Kerstin Grether: Naja, den Begriff Feminismus habe ich Kerstin Grether: Das Patriarchat haben sich die Männer im 5. Jahrtausend zum ersten Mal in Zusammenhang mit Alice Schwarzer aber selbst geschaffen. v. Chr. gilt als Ent­ gehört. Wenn Schwarzer im Fernsehen auftrat, wurde stehungszeitpunkt meine Mutter richtig kämpferisch. Ich hatte eher das Matthias Becker: Nein, das hat sich eine bestimmte des Patriarchats. Gefühl, die Schwarzer will mir Schminke, hohe Schuhe Gruppe privilegierter Männer geschaffen, die sich damit Heute versteht man und lange Haare verbieten. Das fand ich falsch. Ich hat­ wohlfühlen, andere zu unterdrücken. Aber es gibt auch darunter Strukturen, te als Vorbild Madonna vor Augen, die Spaß daran hat, marginalisierte Männer in diesem System, und es gibt in denen Macht eine Frau zu sein, die selbst die Eroberungen macht und Männer, die von Sexismus betroffen sind, nur eben nicht und Privilegien von die die Zügel in der Hand hält. so häufig wie Frauen. Mann zu Mann weitergegeben wer­ Frau Kirchner, ab wann haben Sie sich als Sandra Grether: Aber dass Männer, wie Sie selbst den. Der Soziologe Feministin bezeichnet? sagen, seltener betroffen sind, sagt doch etwas über Max Weber manifes­ Sophie Kirchner: Da muss ich erst einmal überlegen, Machtverhältnisse aus! tierte noch Ende ob ich mich überhaupt so bezeichnen würde. In meiner des 19. Jahrhunderts Familie waren die Frauen schon immer stark. Meine Oma Herr Becker, welche Beobachtungen machen Sie in die Unterlegenheit hatte im Zweiten Weltkrieg ihre Familie verloren und Ihrem Arbeitsalltag? von Frauen und war mit 18 Jahren völlig allein. Meine Mutter war allein­ Matthias Becker: Zu mir kommen Männer, die von die Ungleichheit von erziehend, meine Schwester empfinde ich auch als ihren Frauen geschlagen werden und auf die psychischer Mann und Frau. stark. Aber ich habe Schwierigkeiten mit dem Begriff Druck ausgeübt wird. Und es gibt zahlreiche Fälle von sexuellem Missbrauch an Männern, privat und in Insti­ tutionen. Sind Kinder die Opfer, geht man davon aus, dass in 15 Prozent der Fälle Frauen verantwortlich sind, aber über Mütter als Täterinnen wird überhaupt nicht diskutiert. Das gehört auch zu Sexismus. Unsere patriar­ GRÜNE POSITION

RECHTSANSPRUCH AUF SCHUTZ UND KERSTIN UND SANDRA GRETHER UNTERSTÜTZUNG VON FRAUENHÄUSERN Die Zwillingsschwestern Kerstin (links) und Sandra (rechts) sind Sängerinnen, Song­ Sexistische Bemerkungen, körperliche Belästigung schreiberinnen und Chefinnen der Elektro-­ und oft sogar Gewalt hat fast jede Frau schon erlebt. Chanson-Rock-Band „Doctorella“. Sie gelten als Wir werden mit einem Rechtsanspruch für alle Frauen die ersten und wichtigsten Vertreterinnen auf Schutz und Unterstützung für eine sichere des Popfeminismus in Deutschland. Gemein­ sam engagieren sie sich aktivistisch gegen Finanzierung von Frauenhäusern sorgen, damit keine frauenfeindliche Tendenzen im Musikgeschäft Frau in Not abgewiesen werden muss. und in der Mehrheitsgesellschaft. www.doctorella.de Gespräch | 11

MATTHIAS BECKER Kerstin Grether: Ich habe, wenn ich Sie so höre, ja Gesetzliche Regelung Der Sozialpädagoge ist seit vielen Jahren die Befürchtung, Sie wollen den Männern nur noch mehr nach der Scheidung in der Jungen- und Männerarbeit tätig. Tolles geben. Müssen Männer auch mal etwas von ihren Der dritte Artikel Zudem lehrt er an Hochschulen und ist Vor­ Privilegien abgeben? Jetzt dürfen sie auch noch zu Hause des Grundgesetzes sitzender der neu gegründeten Landes­ bleiben und sich um die Kinder kümmern. Aber natür­ legt die Gleichbe­ arbeitsgemeinschaft Jungen*- und Männer*­ lich nur, wenn der Lohn stimmt. rechtigung zwischen arbeit Bayern e. V. Als „Ansprechpartner für Männern und Frauen Männer“ der Stadt Nürnberg ist er Deutsch­ Matthias Becker: Ja, aber warum sollte ein Mann nicht fest. Daher sind lands erster kommunaler Männerbeauftragter. zu Hause bleiben dürfen? bei einer Scheidung Er wird von Männern aus ganz Deutschland die Rechte des angesprochen und kritisiert Strukturen, deren Auswirkungen Männer benachteiligen. Kerstin Grether: In der Musikbranche zeigen Männer Mannes und der Frau seit Jahrzehnten, dass sie nicht bereit sind, etwas dieselben. In der abzugeben. Was ich in der Popkultur an Sexismus Realität kommt es erlebt habe! zu Ungerechtig­ chale Gesellschaftsform bringt es mit sich, dass ich keiten, da für die ge­rade mal fünf Hilfsangebote für Männer in Deutsch­ Frau Kirchner, waren Frauen und Männer in Ost­ Berechnung von land nennen kann. Auch die gesetzlichen Regelungen deutschland zu Zeiten der DDR weiter, was Gleich­ Unterhaltszahlungen nach Scheidungen wirken sich ungleich auf Männer und berechtigung angeht? nur das Einkommen Frauen aus. Sophie Kirchner: Im Nachhinein wird das gerne so herangezogen wird, gesehen. Aber die Frauen mussten vielfach einfach noch nicht aber die Sandra Grether: Jetzt redet hier ja nur der Mann! mehr Rollen ausfüllen. Beide haben gearbeitet, ja, das Zeit, die der Unter­ stimmt, aber ganz sicher haben sich Mann und Frau auch haltspflichtige Sophie Kirchner: Ich habe ja eine steile These: Wir in der DDR nicht im gleichen Maße um die Kinder ge­ (meist der Vater) mit sind immer noch traumatisiert vom Zweiten Weltkrieg. kümmert, sondern die Frau hat die Kinder erzogen und dem Kind verbringt. Männer haben nicht gelernt, über Gefühle zu reden, die Frau hat den Haushalt gemacht. sie dürfen nicht weinen und sie dürfen keine Ängste äu­ ßern. Für mich ist es nicht entscheidend, ob Frauen Das Abtreibungsrecht war zumindest frauen­ mehr leiden als Männer. Am Ende geht es um Befreiung freundlicher. für alle. Dass man sich nicht so verhalten muss, wie Sophie Kirchner: Ja, und auch das Scheidungsrecht andere es von einem erwarten. Und dass Geschlechts­ war unkomplizierter. Aber der Arbeiter- und Bauernstaat rollen durchlässiger werden. Ich glaube auch, dass es hat einfach verlangt, dass jeder arbeitet. Dass Frauen nicht immer leicht für Männer ist. Wenn die Gesell­ dadurch eine Mehrfachbelastung erlebten, wurde gar schaft erwartet, dass ein Mann das Geld für die Familie nicht gesehen. Da sind wir heute schon weiter, finde ich. verdient und sich darüber definiert, welche Karriere­ Denn genau darüber wird ja inzwischen wenigstens schritte er macht … gesprochen.

Kerstin Grether: … dann ist das struktureller Sexismus, Ist es denn überhaupt gut, Strukturen zu schaffen, Struktureller aber in Bezug auf Frauen, denn von der Frau wird das in denen es vor allem darum geht, dass Menschen mög­ Sexismus nicht erwartet, besser gesagt: Sie wird sogar darin oft lichst viel arbeiten können? meint den Mechanis­ behindert. Sophie Kirchner: Ich war schon im Alter von sechs mus eines diskri­ Monaten in der Krippe und bezweifle, dass das so gut minierenden Gesell­ Sandra Grether: Und es geht nicht um das Leid einzel­ war. Es gab in der DDR ja sogar die Wochenkrippen, schaftssystems, ner, sondern darum, dass es auch in Deutschland immer in denen die Kinder die ganze Woche über untergebracht in dem Institutionen noch Strukturen gibt, die Frauen benachteiligen. Sie waren. Wollen wir da hin? Ich hoffe nicht. Aber natürlich und Individuen verdienen weniger, sie sind in der Öffentlichkeit nicht sollte es mehr Kitaplätze geben und die Kitas sollten Frauen und Männer genauso sichtbar wie Männer. Und diese Strukturen vor allem qualitativ besser werden. Aber wir müssen den auf bestimmte Rollen müssen wir ändern. Fokus auch auf die Work-Life-Balance legen. festschreiben, in denen Männer privi­ Wenn Männer Elternzeit nehmen, kehren die meisten legiert und Frauen bereits nach zwei Monaten an ihren Arbeitsplatz zurück. abgewertet werden. Matthias Becker: Ja, auch weil ansonsten unverhohlen mit einem Karriereknick gedroht wird. Aber klar, das passiert auch Frauen. Deshalb müssen wir die Arbeits­ welt insgesamt verändern. Leitungsfunktionen sind „Männer sind vom immer Vollzeitjobs, die Person, die den Chefposten inne­ Sexismus seltener betroffen. hat, ist die erste, die kommt und die letzte, die geht, alles muss über ihren Schreibtisch. Und das sind defini­ Das sagt was über tiv patriarchale Machtstrukturen. Eine Frau, die nur Machtverhältnisse aus.“ 30 Stunden in der Woche arbeiten will, würde diesen Posten nie bekommen. Sandra Grether Gespräch | 13

Matthias Becker: Zu mir kommen viele Männer, die erste Auslandskorrespondentin, die es bei der ZEIT gab. weniger arbeiten wollen, und manchmal werden sie Das ist schon krass. von ihren Frauen daran gehindert, aber oft auch von anderen Männern. Ich nenne sie Dinosauriermänner. Man hört inzwischen oft, dass Mädchen und junge Sie verhindern, dass Männer in Teilzeit arbeiten oder in Frauen die Jungen und Männer an Schulen und Universitä­ Elternzeit gehen. Ich habe auch meine Leitungsposition ten abhängen. Frage in die Runde: Wie sehen Sie das? verloren, weil ich reduziert habe. Wir, ihr, Frauen gegen Franzi Wessel: In meiner Klasse bin ich die einzige, Männer: So pauschal ist das wirklich nicht. die sich wirklich krass engagiert. Ich denke, es hängt nicht davon ab, ob man weiblich oder männlich ist, Kerstin Grether: Aber Frauen sind schwächer sondern eher davon, woher man kommt und wie man positioniert, sie haben weniger Besitz, sie sind einfach geprägt ist. benachteiligt. Sophie Kirchner: Da hat sich schon was getan. Früher wurden Frauen, die Kunst studiert haben, noch als Der Streit zwischen Matthias Becker und den Malweiber bezeichnet. In meinem Studium waren unter Grether-­Schwestern flammt wieder auf, als Franziska zehn Studierenden im Schnitt acht Frauen. Wessel an den Tisch kommt. Sie ist 15 und gehört zu den Klimaaktivist*innen von „Fridays for Future“, Prekäre Arbeitsverhältnisse werden aber auch eher von sie stellt sich als Franzi vor und will geduzt werden. Frauen hingenommen als von Männern. Im Pflegeberuf, im Journalismus, in künstlerischen Berufen. Sophie Kirchner: Ich kenne genauso viele männliche Franzi, wie kommt es, dass die Fridays-for-Future-­ Kollegen, die sich durchkämpfen müssen. Aber es Bewegung so ein weibliches Gesicht hat? stimmt schon. Auch bei uns gibt es den Gender Pay Gap. Gender Pay Gap Franzi Wessel: Wir achten darauf, jung, verschieden Wir Frauen müssen lernen, besser zu verhandeln. beschreibt den und möglichst auch weiblich zu sein. Wenn wir mit Männer tendieren dazu, sich zu überschätzen, und Frauen durchschnittlichen Journalist*innen reden, wollen wir ein möglichst breites unterschätzen sich selbst eher. Spätestens wenn sie Gehaltsunterschied Spektrum zeigen, aber es stimmt: Viele sind weiblich. Kinder haben will, bekommt die freiberufliche Fotografin zwischen Frauen Für mich ist das supernormal, und ich denke auch ehrlich dann Angst um ihre Existenz. Da muss man schon einen und Männern und gesagt nicht so viel drüber nach. Wir wählen danach starken Partner haben. Und wenn der wegfällt, bekommt liegt derzeit in aus, ob jemand fit ist in der Debatte und gut mit Leuten man ein richtiges Problem. Aber wir Fotografinnen tun Deutschland nach diskutieren kann. Nach Kompetenzen also. uns mittlerweile zusammen. Im FEMALE PHOTOCLUB Studien des Statisti­ sind wir schon 600 Mitglieder aus ganz Deutschland. schen Bundesamts Wann hast du das erste Mal gedacht: Normalerweise lassen sich Selbstständige ja nicht so bei 21 Prozent. Ich bin ein Mädchen? gern in die Karten schauen, aber wir fangen an, uns Nur in Estland und Franzi Wessel: In meiner Welt und auch in meiner Ge­ zu vernetzen. Tschechien ist der neration interessiert es kaum jemanden, ob ich weiblich Gehaltsunterschied bin oder nicht. Ich kann einfach die Person sein, die ich Sandra Grether: Wie viele Frauen hängen denn im mit 25,6 und sein will. Ja, ich bin ein Mädchen, und ja, ich bin trotzdem Museum? Ein Prozent? Es mag genauso viele oder sogar 21,1 Prozent noch laut. Warum auch nicht? Das Genderdenken fängt lang­ mehr Frauen als Männer geben, die Kunst studieren, etwas höher, sam an, sich aufzulösen. Nur weil andere dieses Frauen-­ aber gerade mal zehn Prozent sind im Kunstmarkt sicht­ zeigen neue Zahlen Männer-Ding so oft thematisieren, habe ich festgestellt, bar. Daran hat sich nicht viel verändert. von Eurostat. dass ich auf Podien meist die einzige Frau und auch die einzige junge Person bin. Ich sitze dann zwischen lauter alten weißen Männern und sorge für die Kontroverse. Aber das ist okay, ich diskutiere ja gern mit Leuten.

Hast du mal mit deiner Mutter darüber gesprochen, ob GRÜNE POSITION das auch in ihrer Generation so funktioniert hätte? Franzi Wessel: Ja, gerade heute morgen. Bei ihr war es anders. Sie ist Journalistin, und sie war, glaube ich, die FRAUENQUOTE

Führungsgremien in Deutschland sind weitgehend Männerrunden. Um mehr Gleichberechtigung in Führungs­ FRANZI WESSEL gremien zu schaffen, wollen wir eine 50 Prozent- Die Zehntklässlerin an einem Berliner Frauenquote für die 3.500 börsennotierten und mitbestimmten Gymnasium ist Hauptvertreterin von Berlins Unternehmen einführen. Wir wollen Maßnahmen für Zweigstelle von „Fridays for Future“ und Führungspositionen auf allen betrieblichen Ebenen, in eine der zahlreichen Organisator*innen der dortigen Proteste. Die Bewegung hat den denen Frauen unterrepräsentiert sind. politischen Diskurs komplett verändert. 14 | Gespräch ANZEIGE

NEUERSCHEINUNGEN „In meiner Welt interessiert ich zu hören. Was die Hater im Netz betrifft: Ich sage mir immer, dass sie mich nur deshalb persönlich angehen, GRÜNE POSITION es kaum jemanden, ob weil ihnen die Argumente fehlen. Die richtig bösen Nach­ Mobilitätsatlas 2019 ich weiblich bin oder nicht. richten kommen meist von weißen Männern über 60, Daten & Fakten zur Verkehrswende manchmal sind es eindeutig Nazis. Für mich ist das alles Der Mobilitäts- Das Genderdenken fängt neu. Ich war 14 Jahre alt, als ich bei „Fridays for Future“ SELBSTBESTIMMT UND SICHER LEBEN MOBILITÄTSATLAS Daten und Fakten für die Verkehrswende 2019 atlas ist unser langsam an, sich aufzulösen.“ angefangen habe. Davor wusste ich weder etwas von Kursbuch zur der Frauenquote noch von alten, weißen Männern. Frauen sollen selbstbestimmt und unabhängig leben können, niemand ihnen vorschreiben, wie sie zu leben haben, was Verkehrswende. Franzi Wessel Er präsentiert Haben dich diese Männer zur Feministin gemacht? sie werden wollen, wie sie sich kleiden. Wir akzeptieren es nicht, die wichtigsten Franzi Wessel: Ich glaube schon. Früher hat mir Femi­ wenn Frauen nachts oder an bestimmten Orten Angst haben Handlungsfelder nismus eher Angst gemacht. Der Begriff erschien mir müssen, auf die Straße zu gehen. Der öffentliche Raum gehört allen, und Lösungsan- superradikal. Es kam mir vor, als wolle man die Verhält­ alle müssen sich dort aufhalten können, selbstverständlich sätze für eine Kann die Politik da was machen? nisse umkehren, so dass die Frauen die Macht haben und ohne Angst. Mehr Polizei vor Ort kann die Sicherheit erhöhen. klimafreundliche Engagierte Frauen Kerstin Grether: In Berlin tut sie das, was die Musik­ und stattdessen die Männer unterdrückt werden. Inzwi­ seit 200 Jahren szene betrifft. Die Stadt unterstützt weibliche Musiker. schen habe ich verstanden, worum es wirklich geht, weil und ressourcen- Olympe de Gouge Das geht einigen Jungsbands schon zu weit. Aber wenn ich bei „Fridays for Future“ von Menschen umgeben bin, schonende Mobilität. Verständlich forderte in ihrer es diese staatliche Unterstützung nicht gäbe, dann wäre die viel über feministische Themen reden. Wir sprechen geschrieben und mit vielen Infografiken. Déclaration des in den letzten zehn Jahren kein Album einer Frau bei auch viel über Kapitalismus. Dieses Thema könnte un­ Kostenfrei bestellen oder herunterladen: droits de la Femme einem Indielabel erschienen. sere Bewegung tatsächlich kaputtreißen, weil wir da so Sabine Hark, wie hat sich der Feminismus in Alice Hasters: Das kann ich bestätigen. boell.de/mobilitaetsatlas et de la Citoyenne krass diskutieren. Die einen sind extrem kapitalismus­ den vergangenen Jahren verändert? Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in bereits 1791 diesel­ Sandra Grether: Bei Festivals sieht es immer noch kritisch, weil sie glauben, wir schaffen innerhalb dieses Sabine Hark: Eigentlich reicht es nicht, dem es eine hohe Wertschätzung für den Podcast-Reihe «Mobilitätsatlas» ben Rechte und schlecht aus. Die Booker stellen sich unfassbar an bei der Systems nicht den notwendigen politischen Wandel, sich nur mit den letzten Jahren zu beschäfti­ Feminismus gab. Zunächst dachte ich, das Wie organisiert man sichere, zuverlässige Pflichten für Frauen Vorstellung, sie müssten weibliche Acts buchen und um die Umwelt zu retten. Andere glauben, es gibt auch gen: Feminismus gab es ja schon lang vor mit dem Feminismus hätte sich erledigt, und klimafreundliche Mobilität für uns ein. Bis dahin hatten wenn, dann natürlich nur die tollen international bekann­ grünen Kapitalismus. Es hat sich wirklich viel in meinem #MeToo. Die neue Frauenbewegung nach ’68 und die Leute, die das immer noch als For­ Menschen, aber auch für die vielen Waren Menschen- und ten. Das Popkultur-Festival, das vom Musicboard veran­ Leben verändert, seitdem ich bei „Fridays for Future“ bin. hat eine 50-jährige Geschichte, und wenn derung vor sich hertrugen, kamen mir vor, und Dinge, die rund um die Uhr unterwegs Bürgerrechte nur für staltet wird, hat deshalb eine Quote. Und musikalisch ist Davor war ich einfach ein Pferdemädchen, das zur Schule man moderne Gesellschaften insgesamt be­ als seien sie irgendwie hängengeblieben. sind? boell.de/podcast Männer gegolten. das auf jeden Fall eines der interessantesten Festivals. ging. Jetzt habe ich das Gefühl, ich kann laut sagen, trachtet, engagieren sich Frauen seit Aber dann hat sich die Gesellschaft in den wenn mich etwas stört. Und ich weiß jetzt, an wen ich 200 Jahren für ihre Rechte. Aber wenn wir vergangenen Jahren politisiert und ist im Immer informiert bleiben! meine Wut adressieren muss: Nicht an „die Politik“ – uns auf die letzten Jahre konzentrieren, Zuge dessen auch feministischer geworden. Abonnieren Sie unseren monatlichen Kurze Pause, die Schwestern Grether verabschieden sondern ganz konkret an die Regierung. Die kann Dinge wird deutlich, wie wichtig die sozialen Medien Das hat sich auch in meiner persönlichen Newsletter «Böll.News»: boell.de/news sich aus der Runde. Eigentlich wären wir noch ändern. geworden sind. In ihnen artikuliert und Entwicklung niedergeschlagen. mehr Frauen, aber Kübra Gümü ay, die deutschtür­ formatiert sich der feministische Aktivismus kische Feministin, und die Filmemacherin Poliana Sophie Kirchner: Ich glaube, es gibt eine unglaublich heute. Seither beobachte ich an der Uni und Maxi Häcke: Mir ging es ganz genauso, und Der World Nuclear Baumgarten mussten kurzfristig absagen. Im Pappa große Angst vor dieser Wut und der ganzen Kraft, die unter meinen Studentinnen eine große Ver­ auf diesem Weg spielten auch ikonische Waste Report e Ciccia sind unter einem großen Strauß nicht in Frauen steckt. Bisher in der Menschheitsgeschichte änderung: Vor zehn Jahren waren 20-jährige Frauen eine Rolle, sei es eine Beyoncé in der Focus Europe riechender Lilien Antipasti aufgebaut, es gibt gutes wurde die Frau immer unterdrückt – und plötzlich er­ Frauen skeptisch gegenüber Feminismus. Popkultur oder eine Autorin wie Chimamanda Wasser und Bio-Rhabarbersaft. Die Toilette ist hebt sie sich. Diese Angst vor dem Weiblichen bemerkt Wir sind doch gleichberechtigt, wir können Ngozi Adichie, die mit „We should all be Die Menge an nicht unisex. man auch in Alltagssituationen. Mit einem Mal sollen alles werden und alles sein, wozu brauchen feminists“ einen ganz wichtigen Text geschrie­ Atommüll wächst Frauen sich bitteschön rasieren. Warum? Aus der DDR wir noch Feminismus? Das war ihre Haltung. ben hat. Mit einem Mal gab es Schlüssel­ weltweit. Aber kenne ich das nicht, da war auch FKK normal. Und nun Das ist inzwischen anders. Heute benutzen figuren, Frauen, die in der Öffentlichkeit stan­ auch 70 Jahre Focus Europe. Focus Sophie Kirchner: Ich frage mich: Würde Greta sollen sich Frauen am Strand bedecken, und sie sollen die 20-jährigen Frauen ein feministisches den und sich als Feministinnen bezeichnet nach Beginn des THE WORLD Thunberg eigentlich auch solche Shitstorms erleben, sich rasieren. Körperhaar hat etwas Animalisches. Es Vokabular, und sie sind sich dessen bewusst, haben, und wir hatten das Gefühl, dass es NUCLEAR WASTE Atomzeitalters wenn sie ein Junge wäre? Es gibt ja sogar Debatten erinnert uns daran, dass wir Menschen nicht immer zivi­ dass wir längst nicht in einer Gesellschaft Sinn macht, wenn wir uns hinter sie stellen, REPORT 2019 hat kein Land der Focus Europe. Schlüsselfiguren darüber, wie sie ihre Haare trägt! lisiert waren. Ich denke, indem wir uns rasieren, versu­ leben, in der wir von Gleichheit zwischen den weil wir noch lange nicht am Ziel sind. NUCLEARTHE WORLD REPORT WASTE 2019 Welt eine echte des Feminismus in chen wir das Animalische in uns zu kontrollieren. Sobald Geschlechtern sprechen können. Lösung für das Geschichte und Franzi Wessel: Ich habe auch superviele Hater. eine Frau Haare an den „falschen Stellen“ hat, scheint Franzi, verbindest du mit dem Namenwww.WorldNuclearWasteReport.org strahlende Erbe Gegenwart verbindet Es kommt nicht selten vor, dass ich Morddrohungen sie zu machen, was sie will – und das ist ein Tabu. Philipp Hübl: In diesem Zusammenhang Alice Schwarzer noch etwas? der Atomkraft die Überzeugung, über Twitter und Instagram bekomme. ist spannend, was wissenschaftliche Studien Franzi Wessel: Nee, ehrlich gesagt nicht. gefunden. Die Endlagerung von hochradioak- dass wir Selbst­ ergeben haben. Da stimmten Menschen Vielleicht habe ich den Namen mal gehört. tivem Atommüll stellt Regierungen weltweit verständlichkeiten Stellst du dein Engagement in solchen Momenten Die nächsten Gesprächsteilnehmer*innen treffen feministischen Positionen zu, wollten sich vor bisher nicht ansatzweise gemeisterte überwinden und in Frage? ein. Sabine Hark, Maxi Häcke, Alice Hasters und selbst aber nicht als Feminist oder Feminis­ Wer an diesem Tisch würde sich nicht als Herausforderungen und birgt unkalkulier- Machtverhältnisse Franzi Wessel: Das tue ich immer wieder, aber nicht Philipp Hübl. Maxi Häcke und Alice Hasters, die sich tin bezeichnen. In einer Befragung gaben Feministin oder Feminist bezeichnen? bare Risiken. Das stellt der erste «World hinterfragen müssen: wegen der Anfeindungen, sondern wegen der Unfähig­ seit der fünften Klasse kennen, setzen sich neben die Frauen als Begründung an, dass sie das Nuclear Waste Report – Focus Europe» fest. Simone de Beauvoir, keit unserer Regierung. Ich stehe da jeden Freitag, ich einander, Philipp Hübl nimmt ihnen gegenüber Platz. Label einfach nicht mochten. Allerdings Judith Butler, Clara stecke so viel Zeit rein – und es passiert de facto gar Wir werden nun etwas grundsätzlicher und be­ glaube ich auch, dass sich das gerade ändert. Keine*r rührt sich, keine*r hebt die Kostenfreier Download: boell.de/wnwr Zetkin, Kimberlé nichts oder kaum was. Das ist so frustrierend! Ich mag schäftigen uns mit der Geschichte des Feminismus. Als ich Mitte der 90er-Jahre Abitur gemacht Hand. Philipp Hübl sieht aus, als würde Crenshaw, Audre es aber auch nicht, wenn ich in der Schule blöd ange­ Sabine Hark ist als Wissenschaftlerin die perfekte habe, war das Wort noch sehr negativ be­ er vielleicht. www.boell.de Lorde, Demet Demir, macht werde, nur weil ich mal eine Plastiktüte dabeihabe. Ansprechpartnerin für solche Fragen. setzt, inzwischen hat es eine positive Neu­ Heinrich-Böll-Stiftung Schumannstr. 8,10117 Berlin Marielle Franco. „Was? Wie kannst du nur?“ Solche Sprüche bekomme entdeckung gegeben.

16 | Gespräch

Herr Hübl? SABINE HARK Philipp Hübl: Ich als Philosoph müsste erst einmal Die Leiterin des Zentrums für Interdisziplinäre in Erfahrung bringen, was mit diesem Begriff genau Frauen- und Geschlechterforschung an der gemeint ist. Wenn wir über den politischen Feminismus TU Berlin ist auch Mitherausgeberin der Zeit­ sprechen, dem die Menschenrechte zugrunde liegen, schrift feministische studien. Zudem schreibt also die Idee, dass alle Menschen unabhängig von ihrem sie für die ZEIT als Gastautorin. Die Soziologin Geschlecht und ihrer Herkunft dieselben Rechte haben gilt als eine der renommiertesten Geschlech­ müssen, dann würde ich zustimmen. Ansonsten müsste terforscherinnen Deutschlands und wird ich mir die einzelnen Positionen und Forderungen hierzulande als Mitbegründerin der Queer Theory gesehen. genauer anschauen.

Sabine Hark, heute spielt der intersektionale Feminismus eine große Rolle. Wie würden Sie diesen Begriff Um zur Frage der Mehrfachdiskriminierung zurück­ meiner Großmutter erklären? zukehren: Kann man denn sagen, welche Form der Sabine Hark: Das hängt davon ab, aus welcher Schicht Diskriminierung schwerer wiegt? sie kommt. Alice Hasters: Wie soll das möglich sein? Wie kann ich wissen, ob ich in einem bestimmten Moment Aus dem Arbeitermilieu. als schwarze Person oder als Frau diskriminiert werde? Sabine Hark: Da sehen Sie’s: Man bezieht in dieses Das geht alles ineinander über, und wie wenig man Milieu die Arbeiterinnen schon begrifflich nicht ein. das auseinanderdenken kann, zeigt der Fall, durch den Wenn eine Frau daraus stammt, würde ich ihr sagen, dass der Begriff Intersektionalität in den 70ern entstanden ist. die Erfahrungen, die sie macht, nicht die aller Frauen Damals hat General Motors in den USA fünf schwarze sind, sondern die einer Frau aus der Klasse der Arbeite­ Arbeiterinnen entlassen, die zuletzt eingestellt worden Intersektionalität rinnen und Arbeiter. Genau das meint Intersektionalität. waren. Sie klagten, aber ein Gericht wertete das nicht meint die Über­ Wir sprechen nicht von Frauen quer über alle Schichten, als rassistische oder sexistische Diskriminierung sondern schneidung von Be­ Klassen, religiöse Orientierungen und sexuelle Lebens­ begründete seine Entscheidung damit, dass schwarze nachteiligung auf stile, sondern wir sprechen über Personen, die weiblich männliche Arbeiter und weiße weibliche Arbeiterinnen Grund verschiedener sozialisiert und klassifiziert sind in spezifischen sozialen ja durchaus weiterbeschäftigt wurden, weil sie ja schon Faktoren wie Milieus und bestimmten kulturellen und ökonomischen länger dort arbeiteten. Dabei waren die Klägerinnen Geschlecht, Alter, Kontexten. Man darf aber nicht vergessen: Ganz neu ist erst später eingestellt worden, eben weil sie schwarz Herkunft oder Natio­ das nicht. Auch in den 60er- und 70er-Jahren haben und weiblich waren. Es gibt auch aktuellere Beispiele. nalität. Die Ungleich­ Frauen schon versucht, diese Bedingungen mitzudenken, Als Hillary Clinton gegen Barack Obama antrat und heitsverhältnisse beispielsweise Feministinnen wie die afroamerikani­ Obama am Ende als Präsidentschaftskandidat aufgestellt addieren sich dabei sche Denkerin und Aktivistin Angela Davis oder im wurde, musste das als Beweis dafür herhalten, dass nicht, sondern es west­deutschen Kontext Soziologinnen wie Maria Mies. der Rassismus nicht so stark ist wie die Diskriminierung entstehen Wechsel­ Aber heute ist intersektionales Denken definitiv viel der Frau. So etwas fühlt sich für mich als schwarze wirkungen, die wie­ präsenter als noch vor einer Dekade. Frau total bescheuert an. derum neue Formen der Diskriminierung Alice Hasters: Für mich als schwarze Frau gibt es gar Maxi Häcke: Diese Hierarchisierung von Diskriminie­ hervorrufen. keine andere Möglichkeit, als Feminismus intersektional rungserfahrungen ist auch problematisch, man verrennt zu verstehen. Sobald man sich Mehrfachdiskriminie­ sich da schnell, außerdem wird diese Argumentation rungen anschaut, stellt man schnell fest, dass sie alle aus zum Beispiel oft von Rechten beansprucht. demselben System stammen und dieselbe Wurzel haben. Denn das Patriarchat und die weiße Vorherrschaft ha­ Sabine Hark: Das ist eben keine Mengenlehre! Wir kön­ ben dieselbe Funktion. Diese Systeme wurden etabliert, nen nicht sagen: Okay, hier haben wir eine bestimmte um den weißen heterosexuellen Mann zu bevorteilen. Menge an Diskriminierung, die auf rassistische Strukturen Wie eng die Unterdrückung von Frauen und Schwarzen und Verhältnisse zurückzuführen ist, und hier haben zusammenhängt, hat Katharina Oguntoye in ihrem Cis-Frau Buch „Farbe bekennen“ sehr deutlich gezeigt. als Cis-Mann/Cis- Frau werden diejeni­ Maxi Häcke: Ich wusste anfangs noch wenig über „Die Erfahrungen einer Frau gen bezeichnet, Intersektionalität, doch lerne ich mit jeder Folge unseres aus dem Arbeitermilieu deren Geschlechts­ Pod­casts dazu. Inzwischen bin ich davon überzeugt, identität dem Ge­ dass Feminismus zwingend antirassistisch sein muss – sind nicht die aller Frauen, schlecht entspricht, und im Prinzip auch antikapitalistisch. Unsere Bemühun­ sondern die einer Frau das ihnen bei der gen dürfen nicht bei der Frage aufhören, ob es der Geburt zugewiesen weißen Cis-Frau besser geht, sondern es muss immer aus der Klasse der Arbeite­ wurde. weitergedacht werden. rinnen und Arbeiter.“

Sabine Hark 18 | Gespräch

wir eine Menge an Diskriminierung, die in sexistischen „Es muss ein Schaden ent­ Strukturen begründet ist, und jetzt schauen wir mal, zu welcher Seite sich die Waage neigt. stehen, damit man von Diskriminierung sprechen Was meinen Sie eigentlich mit „Strukturen“? Sabine Hark: Wenn wir uns die Situation von einzelnen kann. Sonst könnte jeder Personen anschauen, ist das immer ein komplexes behaupten, dass er sich diskri­ Geflecht von Verhältnissen, in denen sie jeweils stecken, und das lässt sich nicht quantifizieren. miniert fühle und keiner könnte widersprechen.“ Philipp Hübl: Stimmt das wirklich? Muss es nicht doch Entgelttransparenz­ irgendwie quantifizierbar sein? Schließlich sind wir ja Philipp Hübl gesetz auch der Meinung, dass es schlimmere und schwächere Seit Juli 2017 ist Formen von Diskriminierung gibt. Der Aussage, dass das Gesetz in Kraft ein Land, in dem Frauen kein Wahlrecht haben, Frauen mit dem Ziel, stärker diskriminiert als ein Land, in dem sie wählen natürlich kann man das, wenn man so will, quantifizieren. „gleichen Lohn für dürfen, aber bestimmte Nachteile haben, wenn sie in den Aber die Frage zielte ja auf etwas anderes – nämlich gleiche Arbeit“ Arbeitsmarkt wollen, würden doch alle von uns zustim­ darauf, ob die unterschiedlichen Diskriminierungserfah­ in der Praxis stärker men. Und sobald man das tut, erstellt man ein Ranking rungen ein unterschiedliches Gewicht haben. durchzusetzen. und hierarchisiert Diskriminierungserfahrungen. Und es Je nach Anzahl existiert doch auch ein Kriterium: Es muss ein Schaden der Beschäftigten entstehen, damit man von Diskriminierung sprechen Während die Begrifflichkeiten definiert werden, müssen Arbeit­ kann. Gäbe es das nicht, könnte jeder behaupten, dass er setzt sich Julia Woller neben Phillip Hübl, sie ist geber*­innen ihren sich diskriminiert fühle, und keiner könnte ihm wider­ Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Frauen Mitarbeiter*innen sprechen. Da könnte ein Atheist sagen, er fühle sich von der Grünen. Franzi Wessel verabschiedet sich die Kriterien ihrer religiösen Menschen diskriminiert, und alle müssten fröhlich winkend. Der Kellner stellt neue Wasser­ Bezahlung erläu­ das so hinnehmen. flaschen auf den Tisch. Eigentlich sollte er sich tern, ihre Entgelt­ dazu setzen, mit einem androgynen Schillern federt strukturen über­ Alice Hasters: Aber echte Diskriminierung hat doch er durch den dunkler werdenden Raum. prüfen und zudem einen bestimmten historischen und sozialen Kontext regelmäßig über und ist meist in einer langen Geschichte der Unter­ den Stand der drückung verankert. Welche Veränderungen wären im Arbeitsleben nötig, Gleichstellung und um die Benachteiligung von Frauen zu verringern? der Entgeltgleich­ Sabine Hark: Natürlich können wir von Fortschritten Julia Woller: Ja, da gibt es noch viel zu tun. Wir haben heit berichten. oder Rückschritten in der Gleichstellung sprechen, und seit eineinhalb Jahren ein Entgelttransparenzgesetz, aber geändert hat sich an den Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen nichts. Aktuell liegen diese bei 21 Prozent. Gerade viele Frauen arbeiten in Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten, wo sie gar kein Auskunftsrecht darüber haben, wie viel Kollegen GRÜNE POSITION verdienen. Wir brauchen ein Gesetz, dass wirklich für Entgeltgleichheit sorgt. Man muss Tarifverträge über­ prüfen und wir brauchen ein Verbandsklagerecht, damit WIRTSCHAFTLICHE UNABHÄNGIGKEIT UND Frauen nicht wie bisher alleine dastehen, wenn sie INDIVIDUELLE BESTEUERUNG gleichen Lohn wie die Männer fordern. Dann wären wir schon einen großen Schritt weiter. Mit einem echten und wirksamen Entgeltgleichheitsgesetz, das über das bestehende Recht hinaus geht, sollen möglichst viele arbeitende Frauen erreicht werden. Mit einem Lohn- check soll überprüft werden können, ob im Betrieb ungleich PHILIPP HÜBL bezahlt wird. Gewerkschaften und Arbeitgeber müssen Tarif­ Der Autor und Philosoph forscht unter ande­ verträge und Vereinbarungen auf Diskriminierung überprüfen. rem zur Philosophie des Geistes und Sprach­ Dieses Gesetz muss auch in kleinen Unternehmen (ab zehn philosophie und schreibt im Philosophie Beschäftigte) greifen. Wir wollen das Ehegattensplitting durch Magazin eine Kolumne „Hübls Aufklärung“. eine gezielte Förderung von Familien mit Kindern ersetzen. In seinem Buch „Die aufgeregte Gesellschaft. Wie Emotionen unsere Moral prägen und Das neue Recht soll für Paare gelten, die nach der Reform heiraten die Polarisierung verstärken“ greift er Beispie­ oder sich verpartnern. Minijobs wollen wir in sozialversiche­ le auf – Flüchtlingsthematik, Rechtsruck, rungspflichtige Beschäftigung umwandeln. Dabei darf die Belas­ Hasskommentare – und verbindet sie mit poli­ tung mit Steuern und Abgaben nicht sprunghaft steigen. tischen und gesellschaftlichen Phänomenen, darunter mit dem Thema Feminismus. Gespräch | 21

etwas in den Unternehmenskulturen verändern. Es muss Matthias Becker: Ich kenne aber auch Fälle, wo Männer selbstverständlich sein, dass Frauen und Männer in ein massives Problem damit haben, wenn ihre Frauen GRÜNE POSITION Elternzeit gehen. Und es muss endlich auch das Ehe­ mehr verdienen. Noch immer heiraten Frauen selten sta­ gattensplitting abgeschafft werden. Das ist einfach tustiefer und Männer nicht statushöher: Der Zimmer­ überfällig. mann wird eben nicht die Ärztin heiraten und umgekehrt. FLEXIBLE VOLLZEIT Sabine Hark: Der Kern des Problems ist, dass wir eine Ist das ein westdeutsches Phänomen? Für Kinderbetreuung, Pflege und Weiter­ Arbeitsteilung haben, die geschlechtlich organisiert Sophie Kirchner: Ich würde schon sagen, dass es in bildung soll es möglich sein, finanziell ist. In der bürgerlichen Gesellschaft haben wir eine der DDR eine selbstverständlichere Haltung gab, dass und rechtlich abgesichert die Arbeitszeit zu Trennung in produktive und so genannte reproduktive Frauen dasselbe wie Männer tun, in dem Fall: arbeiten reduzieren. Mit der „flexiblen Vollzeit“ Arbeit, die nicht als Arbeit zählt. Wenn wir uns das gehen. Aus meiner Perspektive macht die gesellschaftli­ sollen Beschäftigte ihre Arbeitszeit um bis Gesamtvolumen der gesellschaftlich geleisteten Arbeits­ che Entwicklung da wieder Rückschritte. zu zehn Wochenstunden reduzieren und stunden in unserer Republik – und in allen Ländern wieder erhöhen können. Dazu muss endlich weltweit – anschauen, ist der Anteil von nichtbezahlter Herr Hübl, Moralpsychologen sagen, „weibliche Werte“ das Rückkehrrecht auf Vollzeit kommen. Arbeit weit größer als der Anteil der bezahlten Arbeit. seien auf dem Vormarsch. Was hat das zu bedeuten? In einer Relation von ungefähr 3:1. Das heißt: drei Viertel Phillip Hübl: Es gibt Studien aus der Moralpsychologie, der Arbeit, die in einem Land geleistet wird, sind un­ die fragen, woher unsere Werte und Neigungen kommen bezahlte Arbeit. Und das ist mehrheitlich die Arbeit von und womit sie korrelieren. Dass Männer mehr als Frauen weiblich klassifizierten Personen, und das ist natürlich zum autoritären Denken und zu Fremdenfeindlichkeit viel schwieriger zu verändern, als das Ehegattensplitting neigen, das weiß man schon lange. Und in Wertestudien Maxi Häcke: Und solange es kaum männliche Erzieher abzuschaffen. Was die Grünen seit 30 Jahren immer werden Menschen seit 40 Jahren weltweit gefragt: Bist oder Grundschullehrer gibt, lernen die Kinder auch kein mal wieder auf der Agenda haben – und wovor sie immer du religiös? Wer soll die Familie leiten? Gibt man einem anderes Frauen- und Männerbild. wieder zurückschrecken. Wir müssen zu einer völligen ungezogenen Kind eine Ohrfeige? Dürfen Jungs Gefühle Neubewertung des Verhältnisses von bezahlter zu un­ zeigen? Wie soll Politik aussehen? Und da kann man Julia Woller: Das stimmt, es gibt aber noch einen bezahlter Arbeit kommen und damit zu anderen sehen, dass die Werte nach dem Zweiten Weltkrieg vor weiteren wichtigen Aspekt. Wir sind mittendrin in der Mechanismen, Arbeit zu verteilen. digitalen Revolution und mittlerweile gibt es Studien, die vermuten lassen, dass Frauen aufgrund ihrer Berufs­ Das wäre das Antikapitalistische am Feminismus? wahl viel stärker von Arbeitsplatzverlusten betroffen Sabine Hark: Ja. Es gibt einen Aufsatz aus der Frauen- JULIA WOLLER sein werden als Männer. Und nicht nur das. Aufgrund von und Geschlechterforschung, den Gisela Bock und Barbara Die gelernte Tischlergesellin, ehemalige Flugbegleiterin Algorithmen sehen Männer bei Google mehr hoch­ Duden schon 1976 verfasst haben, der bis heute auf den und studierte Germanistin ist Sprecherin der Bundes­ bezahlte Stellenangebote als Frauen – und auch viel Punkt bringt, dass wir eine gesellschaftliche Trennung arbeitsgemeinschaft für Frauenpolitik. Sie war von 2014 bis mehr Jobangebote in der technischen Branche oder haben: zwischen Arbeit und Liebe. Wir substituieren mit 2016 Ratsmitglied der Stadt Köln und frauenpolitische in der Wissenschaft. Das geht doch nicht an! Hier muss Liebe Arbeit – und verschleiern damit, dass es sich eben Sprecherin ihrer Fraktion. Derzeit leitet sie das Büro der Fraktions­vorsitzenden Monika Düker im Landtag von sich dringend etwas tun. auch um Arbeit handelt. Nordrhein-­Westfalen. Matthias Becker: Ich finde es grundsätzlich wichtig, Das heißt, was wir als Liebe deklarieren, zu Schwachen, dass man das Recht hat, von einer Teilzeitstelle zur Voll­ Alten, Kranken, ist mit Arbeit verbunden – und wird Algorithmen Matthias Becker: Viele Berufe müssen generell anders zeit zurückzukehren. Wenn mehr Eltern zuhause bleiben nicht als solche anerkannt und honoriert. liefern für Such­ bezahlt und aufgewertet werden. Erziehung, Grund­ könnten, müssten wir auch nicht so viel über Ganztags­ Maxi Häcke: Ich mache in meinem Bekanntenkreis die begriffe die ent­ schule, Pflege, Krankenhaus – all diese weiblich konno­ kinderbetreuung diskutieren. Dass Väter nicht die glei­ Erfahrung, dass es inzwischen oft eine ganz praktische sprechenden Ergeb­ tierten Bereiche werden schlecht bezahlt. Also tauchen che Elternzeit nehmen wie Mütter, wird ja immer noch so Frage ist, wer beim Kind bleibt. Es ist der- oder diejenige, nisse auf Seiten da wenige Männer auf, weil sie das Klischee des Familien­ begründet: Können wir uns nicht leisten, dass ich zu die weniger verdient. Bei meinem Partner und mir ist es wie Google, Yahoo!, ernährers im Kopf haben. Hause bleibe, meine Frau verdient deutlich weniger. so, dass ich mit meiner freiberuflichen Tätigkeit mehr oder Bing und Viele Männer sagen: Das Maximum in der Elternzeit sind verdiene als er. Also muss er dann wahrscheinlich mehr ordnet sie in einer Julia Woller: Ein Müllmann verdient zum Beispiel ja nicht mal zwei Drittel von dem, was ich sonst ver­ von den Erziehungsaufgaben übernehmen, sollten wir bestimmten Reihen­ wesentlich mehr als eine Altenpflegerin. Er muss ja auch diene, und damit kommen wir nicht hin. Das sind all die­ irgendwann Kinder haben. folge, gemäß der täglich schwer heben, natürlich, das ist anstrengend. se stereotypen Doppelbotschaften! Und die kriegen jeweiligen Ranking-­ Aber schwer heben muss die Altenpflegerin auch! Der wir zum Beispiel durchs Ehegattensplitting und unsere Faktoren, an. Müllmann bekommt außerdem eine Gefahrenzulage. Steuermodelle reingedrückt. MAXI HÄCKE Der Job der Altenpflegerin ist aber ebenfalls gefährlich – sie kann sich zum Beispiel mit Hepatitis anstecken, Julia Woller: Was mich sehr beschäftigt: Frauen über­ Die Sprecherin ist als Synchronstimme für von der psychischen Belastung in diesem Beruf und dem nehmen weiterhin den Großteil der Sorge- und Care-­ Film und Fernsehen zu hören und hat zuletzt Schicht- und Wochenenddienst ganz zu schweigen. Arbeit in der Familie, was meist nicht sichtbar, unbezahlt Noémie Marchant in „Porträt einer jungen Frau in Flammen“ synchronisiert. Mit ihrer Das sind also zwei Berufe, von denen der eine haupt­ und dann auch noch schlecht für ihre Rente ist. Kurz, Kindheitsfreundin Alice Hasters produziert sächlich von Männern und der andere eher von Frauen Armut ist also immer noch weiblich. Und ein Kind bedeu­ und moderiert sie den Podcast „Feuer und ausgeübt wird, und obwohl beide Berufe körperlich sehr tet in Deutschland einen deutlichen Karriereknick für Brot“. Die beiden unterhalten sich persönlich anstrengend sind und ein gewisses Gesundheitsrisiko die Frauen. Und obwohl Frauen heute so gut ausgebildet und humorvoll über Feminismus sowie aufweisen, verdient die Pflegerin viel schlechter. Und da sind wie nie zuvor, landen sie öfters in Teilzeit und über Fragen aus Popkultur, Gesellschaft müssen wir ansetzen. seltener in Führungspositionen. Da muss sich unbedingt und Politik. ANZEIGE 2

Ausgaben „Wie kann ich wissen, ob ich in einem und den Sonderdruck bestimmten Moment als schwarze Person kostenlos! oder als Frau diskriminiert werde? Das geht alles ineinander über, das kann man nicht auseinanderdenken.“

Alice Hasters allem im Westen deutlich liberaler gewor­ Weibliche Werte den sind, was Gleichberechtigung, Anti­ Der norwegische Soziologe Øystein Gullvåg diskriminierung, sexuelle Selbstbestimmung Holter hat Depression, Lebenszufriedenheit, und andere Freiheitswerte angeht. Zudem Lebenserwartung von Menschen in der EU, ist den Forschern aufgefallen, dass Frauen den USA und Russland untersucht und fest­ weltweit sehr ähnliche Antworten geben – gestellt, je weiter die Geschlechtergerechtig­ Diei Kunst, egal, in welchem System sie leben. Wohin­ keit und weiblich besetzte Werte ausgeprägt gegen Männer sich sehr stark unterscheiden – sind, desto höher die „Zufriedenheit“ aller. den Kapitalismus je nachdem, ob sie in traditionalistischen zu verändern Kulturen leben oder in eher progressiven. Ein rasender Finanzkapitalismus Man kann also sagen, es gibt „männliche“ und • regiert die Welt „weibliche“ Werte. Und jetzt kommt der Clou: Länder, in denen Männer eher weibli­ rung gegeben hat – und welche Rolle unsere • Wenige Megafonds und Weltkonzerne unter- che Werte befürworten, sind im Schnitt er­ Geschichte spielt. Es ist ja nicht so, dass werfen die Menschheit dem Diktat der Rendite folgreicher. Sie haben eine bessere Gesund­ auf einmal die feministischen Frauen kom­ Fünf Schritte, wie dies grundlegend geändert heitsversorgung, die Menschen leben länger men und sagen: Wir wollen was abhaben werden könnte. und sind zufriedener, die Kindersterblichkeit und außerdem wollen wir alle bitte nicht ist geringer, es gibt mehr technischen Fort­ mehr so rassistisch sein – und dann schrei­ schritt, sie sind wirtschaftlich sehr stark und ten wir alle gemeinsam voran. Sondern %Q Ja, schicken Sie mir den Sonderdruck sie sind vollwertige Demokratien. Selbst es gibt Rückwärtsgewandte, die ihre Privile­ »Die Kunst, den Kapitalismus zu den Männern geht es dort besser: sie leben gien nicht aufgeben wollen. verändern« und die nächsten zwei Ausga- länger und sexuell zufriedener. ben von Publik-Forum kostenlos zu. Die Be- Sabine Hark: Viele junge Menschen gehen lieferung endet automatisch nach der zweiten So wie bei uns? derzeit für „Fridays for Future“ auf die Straße, Ausgabe. Alice Hasters: Ich finde, man muss da zugleich haben in Thüringen mehrheitlich vorsichtig sein und darf moderne Gesellschaf­ junge Menschen eine faschistische Partei ge­ ten nicht als besser darstellen als konser­ wählt. Und wir hatten soeben einen faschis­ NAME vativere, die vielleicht noch mehr mit Scham, tischen, antisemitischen, antifeministischen Moral, Religion zu tun haben. Man muss da Mord in Halle – und drei Tage später spricht VORNAME auch unsere gemeinsame Kolonialgeschichte die politische Klasse davon, dass ein Bernd einbeziehen: Viele Gesellschaften wurden Lucke in nicht sprechen durfte?! STRASSE, HAUSNUMMER durch „unsere“ viktorianische Sexualmoral Das ist eine eklatante Verharmlosung, das erst prüde gemacht. Außerdem erleben wir zeugt meiner Meinung nach auch von einem POSTLEITZAHL, ORT gerade ein Erstarken der AfD und einen Verlust an politischer Urteilsfähigkeit in die­ Rechtsruck. Da frage ich mich schon manch­ sem Land. TELEFON mal, ob es hier wirklich eine Entnazifizie­ Den Sonderdruck und die zwei Publik-Forum Ausgaben schal- ten wir Ihnen gerne auch digital frei. Zur Freischaltung benö- In der Küche klappern die Schüsseln, tigen wir Ihre E-Mail-Adresse: die ersten Tische werden eingedeckt, ALICE HASTERS das Licht über unserem Tisch wird E-MAIL Die freie Journalistin hat kürzlich das runter­gedimmt – gleich kommen die Buch „Was weiße Menschen nicht über ersten Abendgäste. Wir haben schon DATUM, UNTERSCHRIFT 20192017 Rassismus hören wollen aber wissen so lange gesprochen und könnten noch sollten“ veröffentlicht. Darin beschreibt BITTE EINSENDEN: ebenso lange weitersprechen. Themen sie sehr persönliche Erfahrungen mit Publik-Forum Verlagsgesellschaft, gibt es genug. Zum Beispiel die weib­ Rassismus im Alltag und beschäftigt sich Postfach 2010, 61410 Oberursel, mit strukturellen Problemen. Der Pod- liche Sexualität. Auch das Thema Mens­ Telefon: 06171/7003470, cast „Feuer und Brot“ von ihr und Maxi truation beschäftigt die anwesenden Fax: 06171/700346 Häcke erscheint einmal monatlich. Frauen. oder bestellen Sie Ihre zwei Ausgaben auf: www.feuerundbrot.de www.publik-forum.de/192017

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und eine traumatische Geburt erleiden zu müssen, weil ich keinen Kreißsaal finde und mein Kind am Ende im LIEBE LESER*INNEN, GRÜNE POSITION Taxi zur Welt bringe. Was muss denn noch alles passieren? Feminismus ist eine Wurzel der Grünen. Aber auch heute noch erheben wir Was erhoffen Sie sich vom Feminismus für die Zukunft? feministische Forderungen. Und zwar lauter denn je. Denn Feminismus SELBSTBESTIMMT LEBEN UND ÜBER Maxi Häcke: Franzi macht mir unglaublich Hoffnung, DEN KÖRPER ENTSCHEIDEN mit welcher Selbstverständlichkeit sie an alles ran geht! ist unsere Antwort auf den Rechtsruck. Anschließend an das Café-Gespräch Und man denkt: Wow, kommen da tolle Leute nach, drei Thesen zum grünen Feminismus. Wir setzen uns für das Selbstbestimmungsrecht diese Jugend! von Frauen und Mädchen über ihren Körper ein. Bei ungewollter Schwangerschaft brauchen Frauen schnelle und gute Matthias Becker: Es ist einfach ärgerlich, dass der Feminismus bringt mehr Selbstbestimmung zu kämpfen, oder noch schlimmer, der anti­ Informationen; deshalb setzen wir uns für die Abschaffung des Feminismus für viele immer noch negativ konnotiert ist. für alle muslimische oder rassistische Ressentiments § 219a ein. Frauen in Konfliktsituationen brauchen wohnort­ Mir ist wichtig zu sagen: Feminismus ist auch was für Manche Menschen denken immer noch, Femi­ schürt oder bestimmte Frauen ausschließt, GLEICHBERECHTIGUNG nahe Unterstützung und Hilfe, keine Bevormundung und keine Männer! Denn so wie ihr ihn hier definiert, würde ich ihn nist*innen würden dafür kämpfen, dass sich ist nicht zukunftsfähig. Wir Grüne kämpfen für FÜR ALLE Strafe. Hebammen sollen nicht wegen unzumutbarer auch definieren. Er nimmt Männern nicht nur etwas das Verhältnis zwischen den Geschlechtern die Rechte von allen Frauen in ihrer Unter­ Dass sich auch Männer für Femi­ Versicherungskosten, schlechter Bezahlung oder schlechter weg – er bietet ihnen Chancen und neue Freiheiten in umdreht und in Zukunft Männer gegenüber schiedlichkeit. Ganz egal, ob Muslimin, Christin nismus stark machen können Arbeitsbedingungen ihren Beruf aufgeben müssen. der Arbeitswelt und in der Familie. Aber das ist natür­ Frauen benachteiligt sein sollen. Das ist oder Atheistin, ganz egal, ob arm oder reich, und sollten, haben einige Männer lich anstrengend und neu. Quatsch. Nicht nur Frauen, auch Männer leiden ob mit Behinderung: Wir sind unteilbar. Das ist im Grünen Männermanifest unter patriarchalen Verhältnissen. Und natür­ ein Gedanke, der gerade für den grünen beschrieben. Ihr findet es auf der Maxi Häcke: Ja, Feminismus sollte definitiv auch Män­ lich gibt es noch viel mehr geschlechtliche Feminismus besonders wichtig ist. Seite des Gunda Werner Insti­ ner befreien. Auch kleine Jungs sollen sich mal einen Identitäten als weiblich und männlich. Starre tuts der Heinrich Böll Stiftung: Schmetterling aufs Gesicht malen dürfen, wenn sie Lust Rollenbilder, ganz egal, ob in der Werbung, Und das gilt umso mehr in diesen Zeiten: www.gwi-boell.de Steuern auf Maxi Häcke: Da gibt es immer noch solche Tabus und drauf haben. Aber es gibt immer Gegenbewegungen im Steuersystem oder auf dem Arbeitsmarkt, Die AfD, die identitäre Bewegung und andere Hygienemittel Unverhältnismäßigkeiten. Beispielsweise kann man und Backlashs. Erst kürzlich hat Barbara Schöneberger stressen alle Menschen. Und alle Menschen rechtsextreme Bewegungen verbindet der sollen vom 1. Januar in Social Media-Kanälen nicht offen über Menstruation ein Video veröffentlicht, in dem sie sagte, dass Männer werden freier, wenn sie sich als Menschen ent­ Hass. Der Hass gegen Muslim*innen, gegen 2020 an gesenkt sprechen, die zensieren ja schon Fotos von Blut in sich nicht schminken dürfen, weil Männer Männer bleiben falten können, völlig unabhängig davon, Jüdinnen und Juden, gegen Geflüchtete, ge­ INTERSEKTIONALITÄT werden. Für Waren Unterhosen. Und es müsste auch unbedingt offen dis­ sollen und Frauen Frauen. So ein Quatsch! welches Geschlecht sie haben. Deswegen ist gen LSBTIQ und eben auch ein ganz massiver Intersektionalität kommt vom des täglichen kutiert werden können, ob man Hygienemittel wie Feminismus etwas, bei dem nicht nur Frauen Antifeminismus und Sexismus. Und deswegen englischen Wort intersection, Bedarfs und Lebens­ Tampons und Binden beispielsweise in Schulen zur Ver­ Sabine Hark: Es gibt Zukunftsberechnungen, wie lange mitmachen können und sollen, denn wir alle setzen wir als Grüne diesen Menschen und also Kreuzung. Es bedeutet, dass mittel gilt bislang fügung stellt und die Steuer darauf verringert. es in Europa dauern wird, bis wir allein im Bereich der können davon profitieren, wenn Privilegien ihrer Politik nicht einfach irgendwas entgegen. Diskriminierungsformen nicht der niedrigere Mehr­ Wissenschaft die rechtliche Gleichstellung von Frauen und Macht gerechter geteilt werden. Sondern wir sagen: Feminismus statt Faschis­ isoliert vorkommen, sondern wertsteuersatz Julia Woller: Ich finde es sehr positiv, dass gerade und Männern erreicht haben. Das wäre im Jahr 2312. 1 mus. Und kämpfen mit einem solidarischen, Menschen mehrfach von Diskrimi­ von sieben Prozent. junge Frauen jetzt viel offener über die Menstruation Wenn man sich diese Zahl vergegenwärtigt, kann man Ein zukunftsfähiger Feminismus ist intersektionalen Feminismus für eine bessere nierungen betroffen sein können Tampons und Binden sprechen, auch auf Instagram. entweder in Depression verfallen – oder sich darauf intersektional und solidarisch Zukunft. (Lest dazu auch auf Seite 16 in der waren davon bisher besinnen, dass wir gesellschaftliche Entwicklung eben Die Gesellschaft ist vielfältig und wird immer Diskussion). Dadurch verstärken ausgenommen. Alice Hasters: Da mag ja eine leichte Enttabuisierung nicht in Fortschrittsmodellen denken können, nach diverser. Ein Feminismus, der sich darauf Feminismus ist eine Frage sie sich gegenseitig und wirken zu beobachten sein, aber ich würde mal sagen: In einer denen es immer besser wird. Sondern in Kämpfen. Nichts beschränkt, für die Rechte von weißen Frauen der Gerechtigkeit gleichzeitig. Ein intersektionaler normalen Arbeitssituation reden menstruierende Perso­ ist ein für alle Mal erreicht, und daher gibt es auch In den aktuellen Debatten um Feminismus Feminismus bezieht mit ein, dass nen lieber über ihren Schnupfen als über schmerzhafte immer Rückschritte. sind Themen wie Sprache und Körper sehr Menschen nicht nur aufgrund Bauchkrämpfe. präsent. Und das ist auch gut so. Und gleich­ des Geschlechts diskriminiert sind, zeitig bleibt es eine zentrale feministische sondern auch aus rassistischen Julia Woller: Gestern erst war ich in einem Arbeitskreis Herausforderung, auf der materiellen Ebene oder anderen Gründen. für Frauengesundheit zum Thema Endometriose. Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern Das ist eine Krankheit, von der ich auch selber betroffen herzustellen. In Deutschland gibt es nach wie bin und die oft nicht richtig diagnostiziert wird. Sie be­ INTERVIEW VON: vor Strukturen, die dazu führen, dass Frauen wirkt, dass Frauen während der Menstruation immense in einer Beziehung oft zu Hause bleiben oder GERECHTIGKEIT Nataly Bleuel schreibt Reportagen, Essays Schmerzen erleben, weil sich Gebärmutterschleimhaut und Porträts u. a. für die ZEIT, GEO, taz wenig Geld verdienen, während Männer Seit Jahren ist der Gender Pay im Thorax ausgebreitet hat. Im medizinischen Bereich und die Süddeutsche Zeitung und Bücher, die Haupternährer sind. Ehegattensplitting, Gap stabil, die Lohnlücke liegt gibt es dazu sehr wenig Forschung und die Betroffenen demnächst mit einem feministischen kostenlose Mitversicherung, Minijobs, bei etwa 20 Prozent. In der Rente organisieren sich vor allem in Selbsthilfegruppen. Blick auf die Hormone. schlechte Löhne – das alles macht Frauen ab­ weitet sich das noch aus (siehe hängig. Wir wollen, dass Frauen finanziell Seite 13). Der Gender Pension Gap Sophie Kirchner: Das wäre wahrscheinlich viel Verena Friederike Hasel hat gerade ein und wirtschaftlich unabhängig sein können liegt bei über 40 Prozent. Wenn besser erforscht, wenn die Krankheit auch Männer Sachbuch über Demokratie mit dem Titel und dass sie weder jetzt noch im Alter arm wir diese Rentenlücke schließen „Wir wollen mehr als nur wählen“ betreffen würde. Tanck Rasmus Foto: sind. Deswegen bleibt es eine zentrale Gerech­ und dafür sorgen wollen, dass geschrieben und arbeitet für die ZEIT. tigkeitsfrage, dass typische Frauenberufe Frauen im Alter nicht arm sind, Maxi Häcke: Frauengesundheit ist politisch sowieso GESINE AGENA besser bezahlt werden, dass das Ehegatten­ müssen wir vor allem mehr für Carolin Pirich schreibt und spricht ein Riesenthema! Es gibt so viele Punkte. Der Paragraph meistens über Menschen und Musik im war von 2013 bis 2019 stellvertretende Bundes­ splitting abgeschafft wird und dass die die wirtschaftliche Unabhängig­ 219a, der endlich geändert werden muss, Kreißsäle, die Süddeutsche Zeitung-Magazin, in der vorsitzende und frauenpolitische Sprecherin Vereinbarkeit von Familie und Beruf mit Kita­ keit von Frauen tun. schließen. Ich bin 30, ich überlege, Kinder zu bekommen, ZEIT und für Deutschlandfunk Kultur. von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Zuvor war sie plätzen, guten Schulen und besseren Arbeits­ Quelle:Doris Lucke1999

und habe massive Angst, keine Hebamme zu bekommen, Sie ist Moderatorin bei rbbKultur. 1 Sprecherin der Grünen Jugend. zeitmodellen ermöglicht wird. Europagruppe GRÜNE | 27

POLEN OBDACHLOSIGKEIT WESTBALKAN AUFKLÄRUNG ILLEGAL? #HOUSINGFIRST BRÜCKEN BAUEN

EUROPAGRUPPE in Gesetzesentwurf im polnischen Parlament soll Aufklärung berall in der EU steigt die Anzahl obdachloser Menschen. räsident Macrons Absage an den Beginn der Beitrittsver­ für Jugendliche kriminalisieren und unter Strafe stellen. In Frankreich hat sie sich in den letzten elf Jahren ver­ handlungen mit Nordmazedonien und Albanien hat nicht E Während das Gesetz weitgehende Konsequenzen für Men­ Ü doppelt, in Griechenland ist sie in fünf Jahren um 75 Pro­ P nur dem Ansehen der EU auf dem Westbalkan geschadet, GRÜNE schen hat, die Aufklärung zu Sexual- oder Gesundheitsthemen zent gestiegen und in Deutschland liegt der aktuelle Stand bei sondern den demokratischen Bestrebungen dieser Länder einen für Minderjährige betreiben, verwehrt es jungen Menschen ihr Recht 678.000 Menschen. Allein Finnland schafft es mit seinem Housing- Dämpfer verpasst. Es wäre ein historischer Fehler, vor allem für auf Bildung und Selbstbestimmung. Besonders betroffen sind First-Programm, das Problem erfolgreich anzugehen. Fester Wohn­ die jungen Leuten dieser Region, die EU-Perspektive auf die lange junge Frauen und LSBTIQ. raum ist der Schlüssel zurück ins gesellschaftliche Leben. Bank zu schieben. Während Tausende Menschen gegen das Gesetz auf die Straße Die neue EU-Kommission muss dringend eine Strategie vorstellen, Als Delegationsleiter für die Beziehungen des EU-Parlaments Liebe Freund*innen, gingen, stimmten die Abgeordneten im polnischen Parlament Mitte die die Wohnungslosigkeit bekämpft, sozialen mit Bosnien und Herzegowina und dem Oktober gegen eine Ablehnung. Ein weiterer, gefährlicher Schritt Wohnraum schafft und die sozialen Aspekte als Kosovo setze ich mich für Brücken zu den liebe Leser*innen, in Richtung einer regressiven Demokratie und Gesellschaft in Polen, notwendige Indikatoren begreift. Europäer*innen auf dem Westbalkan ein. gegen den wir uns solidarisch – im Sinne eines gemeinsamen Europas – wehren müssen. ROMEO FRANZ nach der Wahl der neuen KATRIN LANGENSIEPEN Im Kampf gegen Rassismus und Ausgrenzung Es ist normal, verschieden zu sein. Inklusion will ich die EU zum Garanten für ein selbst­ EU-Kommission setzen wir auf ist ein Menschenrecht. Darum streite ich für ein bestimmtes Leben in Würde für alle Menschen soziales Europa für alle. in Europa machen. eine konstruktive Zusammen- arbeit, um Europa mit aller Kraft ökologischer und sozialer zu FORSTSTRATEGIE 2020 EU-HAUSHALT TERRY REINTKE machen. Stellt sich dem Backlash entgegen und streitet WÄLDER RETTEN! GRÜNER ERFOLG für Grundrechte und Selbstbestimmung in Europa. Wie? Davon berichten die 21 Abgeordneten mit ihren ie Klimakrise hat den Wald längst erreicht: Trockenheit, ine halbe Milliarde Euro mehr für den Klimaschutz, 78 Milli­ AGRARPOLITIK Schädlingsbefall und Wetterextreme zerstören unsere onen Euro mehr für die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit Themen und Initiativen im D grünen Lungen. Das befeuert die Diskussion in Deutschland E und das Austauschprogramm Erasmus sowie insgesamt und in Europa. Wie können wir Wälder besser schützen? Wie machen für Programme für die Bürger*innen der EU: Uns ist gelungen, den Europaparlament. REFORM OHNE WILLE wir sie resilienter gegen die Herausforderungen der Klimakrise? grünsten Haushalt in der Geschichte der EU zu verhandeln. Klar ist: Wir müssen schnell handeln! So ist es folgerichtig, dass die Jetzt liegt es an den Mitgliedstaaten der EU, ihre Blockade für Wir heißen alle Leser*innen EU ihre Forststrategie für 2020 als Handlungsempfehlung für die Zukunftsinvestitionen aufzugeben. Als unsere grüne Haushaltsstimme tatt mit der laufenden Reform der Agrarpolitik in Europa die Mitgliedstaaten erneuern will. versuche ich mit meinen Kolleg*innen im Europäischen Parlament herzlich willkommen auf den Agrarsubventionen an die Erfüllung von Umweltmaßnahmen Für die grüne Fraktion streite ich für einen mehr Investitionen gegen die deutsche Bundes­ Europaseiten und wünschen S zu binden, soll weiter der Löwenanteil unqualifiziert auf mutigen und nachhaltigen Bericht des Euro­ regierung durchzusetzen. die Fläche verteilt werden. Die einst als Einkommensstütze für Land­ päischen Parlaments! spannende Einblicke. wirt*innen gedachten Direktzahlungen landen zudem oft nicht bei den Landwirt*innen selbst, sondern zum Beispiel bei Investor*innen. ANNA DEPARNAY-GRUNENBERG RASMUS ANDRESEN Christdemokrat*innen und die liberale Fraktion im Europäischen Als Försterin und Mensch liegt mir die Zukunft Ich setzte mich im Europäischen Parlament unserer Wälder sehr am Herzen. Diese grüne für einen grünen EU-Haushalt mit neuen EURE EUROPAGRUPPE GRÜNE Parlament sehen hier keinen Änderungsbedarf – wir Grüne schon! Lunge zu schützen, ist Kern meiner politischen und innovativen Investitionen in Klima- und Eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik muss die Landwirt*innen Arbeit. Umweltschutz ein. belohnen und Artenvielfalt, Böden und Klima schützen. Bevor im Frühling 2020 der Agrarausschuss des Europäischen CHEMIKALIEN, KLIMA SCHÜTZEN, SACHAROW-PREIS ZWEITER ARABISCHER Parlaments über die Agrarreform abstimmt, werden wir Grüne ABER SICHER MEERE SCHÜTZEN FÜR ILHAM TOTI FRÜHLING? wesentliche Verbesserungsvorschläge wieder vorschlagen und ver­ Farben, Reinigungsmittel: Wir nut­ Die Klimakrise bedroht das Le­ Der uigurische Intellektuelle Die Krise in Syrien spitzt sich suchen, diese in die Arbeit des Umweltausschusses einfließen zen Chemikalien täglich. Sie setzen ben auf unserem Planeten. Ilham Toti, der seit 2014 in China erneut zu. In Ägypten kam es zu zu lassen. uns aber zu oft versteckten Gefah­ Gerade in den Ozeanen schrump­ eine lebenslange Haftstrafe ab­ Massenverhaftungen. Im Irak ren aus. Deshalb streite ich für fen Lebensräume dramatisch. sitzt und seit 2017 keinen Kontakt und im Libanon gehen Jugendli­ strengere Regeln zum Beispiel für Riesige Ökosysteme stehen vor zu seiner Familie haben durfte, che auf die Straße. Der Iran mischt hormonverändernde Gifte. Über den dem Kollaps. Nur mit ambitio­ erhält den Sacharow-Preis des Eu­ sich ein. Zeit, dass die EU sich Weg zu einer sicheren, zukunfts­ niertem Klimaschutz und ausge­ ropaparlaments 2019. Wir haben stärker engagiert. Ich war vor Ort fähigen Chemieindustrie informiere weiteten Meeresschutzgebieten das mit ermöglicht. Das EP knickt unterwegs, um rauszufinden, ich auch über meinen Newsletter: können wir die Artenvielfalt der vor China nicht ein. Wir fordern: wie. Berichte von den Reisen gibt MARTIN HÄUSLING sven-giegold.de/newsletter. Meere erhalten. Toti muss freikommen. es auf meiner Webseite. Setzt sich im Europaparlament für eine nach­ haltige Landwirtschaftspolitik ein, die Ska Keller Reinhard Bütikofer Hannah Neumann www.sven-giegold.de www.skakeller.de www.reinhardbuetikofer.eu www.hannahneumann.eu die Artenvielfalt, Böden und das Klima schützt. 28 | Europagruppe GRÜNE Europagruppe GRÜNE | 29

UNTERNEHMEN IN DIE AUF DER SUCHE NACH PLASTIKFLUT KI-ETHIK ESC PFLICHT NEHMEN MENSCHLICHKEIT STOPPEN! Ein T-Shirt für fünf Euro ist nicht Ich habe im November wieder Wir brauchen endlich umfassen­ REGELN NÖTIG! EUROPA VEREINEN billig. Es produziert Kosten, die der Lesbos besucht. Seit Jahren leben de Maßnahmen gegen Mikro­ Preis nicht abbildet. Arbeiter*in­ dort Tausende Menschen unter plastik. 50 Prozent des Mikroplas­ nen werden ausgebeutet und die schlimmen Bedingungen. Die Situ­ tiks stammen aus Reifenabrieb! Umwelt verschmutzt. Ich will, dass ation dort und an anderen Außen­ Als Schattenberichterstatterin ie neue Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von er ESC ist eines meiner Herzensprojekte. Nein, nicht der Unternehmen in die Pflicht ge­ grenzen der Europäischen Union habe ich über die Klassifizierung der Leyen hat als Ziel ihrer ersten 100 Tage einen Rechts­ Songcontest, sondern der European Solidarity Corps. Dieses nommen werden, entlang ihrer ist einfach menschenunwürdig. und Deklarierung von Plastik­ Europagruppe GRÜNE / gesamten Produktions- und Liefer­ Und offenbar soll sich das auch partikeln durch Reifenabrieb ver­ rahmen für die Ethik von künstlicher Intelligenz angekündigt. EU-Programm bietet jungen Europäer*innen die Möglich­ Europäisches Parlament D D ketten Menschenrechts- und nicht verbessern. Mehr zu meinem handelt. Der Kampf gegen Mikro­ www.gruene-europa.de Das ist weltweit die erste Initiative dieser Art. Ich streite dafür, keit, für ein Hilfsprojekt im Ausland zu arbeiten, eine neue Sprache Sozial­standards zu garantieren. Besuch erfahrt ihr auf meiner plastik geht weiter: Plastikpartikel [email protected] dass künstliche Intelligenz allen Menschen dient. und Kultur kennenzulernen und dazu beizutragen, Europa mensch­ Dafür brauchen wir eine euro­ Website. müssen raus aus Kosmetik- und twitter: @gruene_europa päische Regelung. Hygieneprodukten! Da es viele Hinweise darauf gibt, dass die derzeitigen Anwendun­ lich zu vereinen. facebook.com/europagruene gen Frauen, People of Color, arme Menschen und Menschen mit Als grüner Schattenberichterstatter verhandle ich mit den anderen Anna Cavazzini Erik Marquardt Jutta Paulus Verantwortlicher Europaseiten: Behinderungen benachteiligen, setze ich mich besonders dafür ein, Fraktionen im Europäischen Parlament die Programmdetails für die www.annacavazzini.eu www.erik-marquardt.eu www.jutta-paulus.de Aldo Caruso dass der künftige Rechtsrahmen für eine künstliche Intelligenz Jahre 2021 – 2027 und streite für ein Budget von 1,6 Milliarden Euro. ohne Diskriminierung sorgt. Nur so können wir das Projekt voll ausgestalten und möglichst WAS LANGE WIRTSCHAFT KLIMA-­ UNSER EUROPÄISCHES WESTBALKAN Dazu habe ich eine Resolution veranlasst, die der Ausschuss für vielen jungen Menschen aus allen Milieus den Zugang ermöglichen. WÄHRT … NEUTRAL MACHEN! KLIMASCHUTZGESETZ IM WARTESAAL Binnenmarkt und Verbraucherschutz in das Plenum des Europäischen Die neuen EU-Kommissar*innen Gute Klima- und Umweltpolitik Die neue EU-Kommission hat an­ Trotz enormer Reformanstren­ Parlaments einbringen wird. wurden durch uns im Rechts­ funktioniert nur, wenn wir die gekündigt, dass Europa der erste gungen in Nordmazedonien und ausschuss auf Herz und Nieren Wirtschaft mitdenken. Europa klimaneutrale Kontinent werden Albanien verweigert der Euro­ geprüft, um Interessenkonflikte braucht JETZT einen Green New soll. Ein großes Ziel, jetzt muss päische Rat beiden Ländern nach aufzudecken. Zwei konnten wir Deal: eine sozial-ökologische es umgesetzt werden. Dazu haben wie vor eine klare Beitrittsper­ stoppen, darunter den ehemaligen Umformung der Industriegesell­ wir Ideen für ein europäisches spektive. Diese Verzögerungstak­ ungarischen Justizminister. Eine schaft. Wir brauchen eine euro­ Klimaschutzgesetz mit konkreten tik gefährdet die Stabilität in der dritte stoppte der Fachausschuss. päische Industriestrategie. Und Maßnahmen für Klimaneutralität, Region, sie spielt den Falschen Ein Bedeutungsgewinn für das den Mut und die Entschlossen­ Klimagerechtigkeit und einem in die Hände – und sie beschädigt Parlament! Denn die EU verdient heit zur Durchsetzung. Sofortprogramm vorgelegt. Die das Ansehen und die Glaubwür­ eine integre Kommission. Kommission muss mutig sein. digkeit der EU! ALEXANDRA GEESE NIKLAS NIENASS Brüssel setzt die Agenda für digitale Themen. Streitet für den ländlichen Raum, eine bunte Sergey Lagodinsky Henrike Hahn Michael Bloss Viola von Cramon Es ist wichtig, dass Europa seine demokratischen Kulturpolitik, die Anliegen junger Menschen www.lagodinsky.de www.henrike-hahn.de www.michaelbloss.eu www.violavoncramon.eu Werte auch in der digitalen Welt behauptet. und ein geeintes Europa.

ANZEIGE ZUKUNFT DER EU COTONOU-ABKOMMEN EURE IDEEN! AUF AUGENHÖHE

s könnte das prägendste Projekt von Ursula von der Leyen, m Februar 2020 läuft das so genannte Cotonou-Abkommen der neuen EU-Kommissionspräsidentin, werden: In den zwischen der EU und 79 Staaten in Afrika, in der Karibik und E kommenden zwei Jahren soll eine Konferenz zur Zukunft I im Pazifischen Ozean (AKP-Staaten) aus. Dies wird neu ver­ der Europäischen Union Reformvorschläge erarbeiten. Vertrags­ handelt – eine Gelegenheit für Beziehungen auf Augenhöhe. veränderung sind wahrscheinlich. Viel wird jedoch vom Verhandlungsergebnis abhängen. Um­ Nun liegt es an uns, die Konferenz zu einem grünen Erfolg zu stritten sind beispielsweise die Wirtschaftsabkommen, auf welchen machen. Wir brauchen keine Quasselbude. das Abkommen basiert. Mit der damit einhergehenden Markt­ Europa soll demokratischer, transparenter, handlungsfähiger öffnung können viele Länder mit Billigprodukten aus der EU nicht werden und näher an die Bürger*innen rücken. Die Zivilgesellschaft konkurrieren. muss eng eingebunden werden. Dafür brauchen wir auch eure Hilfe! Die Verhandlungen müsen daher unbedingt auf Respekt, Menschenrechten und sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit basieren. Dafür stehe ich.

DANIEL FREUND Eure Ideen und Vorschläge für die PIERRETTE HERZBERGER-FOFANA Konferenz zur Zukunft der EU könnt ihr mir Ich streite für Beziehungen auf Augenhöhe an [email protected] schicken. zwischen der EU und den AKP-Staaten. Gemeinsam machen wir das deutsche Gesundheitssystem zu einem der besten der Welt. Erfahren Sie mehr unter www.pkv.de/linda

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Um die Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen und eine sozial -­ökologische Transformation in Bewegung zu setzen, benötigt es mutige Menschen und starke Bündnisse. Dass wir MEHR WAGEN, als BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dafür bereit sind, haben wir auf Impressum unserem Parteitag deutlich gezeigt: Wir müssen endlich mehr UM NICHT ALLES ZU wagen, um nicht alles zu riskieren. Hier und Jetzt. Alle wichtigen Das Magazin der Grünen – Informationen, Berichte, Beschlüsse und Reden vom Parteitag Mitgliederzeitschrift gibt es auf gruene.de Nr. 15, ISSN 2509 - 3193 RISKIEREN YouTube-Kanal zum Nachlesen. Auf unserem grünen gibt es zudem Videos ausgewählter Reden bei Postvertriebszeichen: A 02908 der BDK. Und unter sich anmelden, um übergruene.de/mitmachen aktuelle Kampagnen und Aktionen Herausgeber: kann man auf dem Laufenden zu bleiben. MACH MIT BEIM BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN Michael Kellner PROGRAMMPROZESS Politischer Bundesgeschäftsführer V. i. S. d. P.: Annkathrin Schäfer NEU IM VORSTAND Als Nachfolgerin von Gesine Agena wurde Ricarda Lang zur stell­ Das Jahr 2020 steht ganz im Zeichen Redaktion, Gestaltung, Produktion: vertretenden Bundesvorsitzenden und frauenpolitischen Sprecherin des Grundsatzprogramms Anzinger und Rasp, München gewählt. Sie war zuvor zwei Jahre lang Bundessprecherin der Redaktion: Alexandra Bürger, Grünen Jugend. Auch Ricarda will sich als Vorstandsmitglied stark Martina Jacoby für Feminismus und den Kampf gegen Rechts einsetzen. Bis zum 15. Dezember können noch Mitgliederbegehren einge­ Gestaltung: Lukas Millinger reicht werden, die anschließend 90 Tage diskutiert werden können. Schaut rein und macht mit unter beteiligung.gruene.de. Kontakt Redaktion: Der Bundesvorstand wird seinen ersten Entwurf des Grundsatz­ E-Mail: [email protected] programms im April vorstellen. Die Diskussion dazu findet auf einem Redaktion: Das Magazin der Grünen darauf folgenden Konvent und in den folgenden Monaten unter BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN Unser neuer Bundesvorstand von links nach rechts: anderem im Beteiligungsgrün statt. Der Bundesvorstand veröffent­ Triftstraße 13, 80538 München Marc Urbatsch, Ricarda Lang, , , Michael Kellner und Jamila Schäfer. licht Ende August den zweiten Entwurf zum Grundsatzprogramm als Antrag zur BDK. Damit startet das reguläre Antragsverfahren bis Anzeigenverwaltung: zur BDK am 20. bis 22. November 2020, wo wir gemeinsam unser Runze & Casper Werbeagentur GmbH NEUER BUNDESVORSTAND neues Grundsatzprogramm beschließen. Ruth Hansmann Auf unserer 44. Bundesdelegiertenkonferenz vom 15. bis 17. Novem­ Linienstraße 214, 10119 Berlin ber in Bielefeld arbeiteten mehr als 800 Delegierte an Grünen Tel.: 030 /28 01 80 - 145 Positionen zu drei großen Herausforderungen unserer Zeit: Klima­ WEITERE E-Mail: [email protected] schutz, Wohnungskrise und die Zukunft der Wirtschaft. Außerdem TERMINE wurden unser Bundesvorstand, der Parteirat und das Bundesschieds­ 18. Januar: Druck: gericht neu gewählt. „Wir haben es satt!“ 86.000 Exemplare Für eine bäuerlich GRUNDSATZ- -Demo in Berlin Dierichs Druck + Media GmbH & Co. KG, NEUE VORSITZENDE DER EGP Landwirtschaft und-ökologischere artgerechte Kassel, auf 100 % Recycling­papier. PROGRAMM Tierhaltung, für insektenfreundli Die Europäische Grüne Partei (EGP) hat Anfang November zwei neue Den Auflagen von Bayern, Baden-­ Vorsitzende gewählt: Evelyne Huytebroeck und Thomas Waitz. REGIONAL- che Landschaften und globale Württemberg, Berlin, Hessen, Nordrhein-­ ­ Für die deutschen Grünen ist Ute Michel als Schatzmeisterin im Vor­ Solidarität ruft ein breites zivil­ Westfalen, Rheinland-Pfalz und KONFERENZEN gesellschaftliches Bündnis zur stand vertreten – sie wurde mit 100 Prozent gewählt. Ein herzlicher Schleswig-­Holstein liegen Zeitungen „Wir haben es satt!“ Dank geht an Reinhard Bütikofer, der als Vorsitzender verabschiedet Lasst uns gemeinsam Werte, der Landesverbände oder Landtags­ wurde. Er hat die Arbeit der EGP entscheidend geprägt, die euro­ Mehr Infos unter:-Demo auf. fraktionen bei. Heraus­forderungen und Antworten päischen Grünen sind unter seiner Führung zusammengewachsen wir-haben Das Werbemittel von Plan International unserer Partei für die nächsten Jahre -es-satt.de und stärker geworden. diskutieren. Mehr Infos unter: Deutschland e. V. liegt einer Teilauflage 23. Februar: bei. gruene.de/grundsatzprogramm Bürgerschaftswahl in Hamburg Unterstützt 18. Januar in Mannheim: Jahresabonnement: -­ und die Hamburger Grünen Regionalkonferenz Baden im Wahlkampf und werdet Teil von Vier Ausgaben: 11,90 Euro Württemberg Bestellung schriftlich an: #TeamFegebank: BÜNDNIS 90 /DIE GRÜNEN gruene- 31. Januar in Hannover: hamburg.de/wahl Abo /Magazin VERABSCHIEDET AUS DEM VORSTAND -2020/ Regionalkonferenz Niedersachsen Platz vor dem Neuen Tor 1 Nach sechs Jahren als stellvertretende Vorsitzende und frauen­ 8. März: 10115 Berlin politische Sprecherin wurde Gesine Agena mit Standing Ovations und Internationaler Die nächste Ausgabe erscheint 15. Februar in Kassel: Bundesweit gibt es Frauentag jedes Jahr einer Laudatio von verabschiedet. Sie war an diesem Regionalkonferenz Hessen am 8. März zahlreiche Infoveranstal voraussichtlich am 15. April 2020. Wochenende nicht erneut angetreten. Neben ihrem jahrelangen En­ tungen und Demonstrationen. gagement für Feminismus und den Kampf gegen Rechts hatte Gesine Bei euren Kreisverbänden erfahrt ­ Agena zuletzt die AG Vielfalt initiiert, um die Vielfalt der Gesell­ ihr, was bei euch vor Ort geplant ist.

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Titelgestaltung Leif Diefenthaler Der Plan für eine bessere Welt

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