20566 Deutscher – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001

Vizepräsidentin Dr. (A) Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – CDU/CSU mit den Stimmen des übrigen Hauses ange- (C) Die Sammelübersicht 332 ist mit den Stimmen der Koaliti- nommen worden. Es gab keine Enthaltungen. onsfraktionen und der PDS gegen die Stimmen von Dritte Beratung CDU/CSU und FDP angenommen worden. und Schlussabstimmung. Ich bitte diejenigen, die dem Zusatzpunkt 6 g: Gesetzentwurf zustimmen wollen, sich zu erheben. – Wer Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ausschusses (2. Ausschuss) ist damit in dritter Lesung angenommen worden mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, PDS und Sammelübersicht 333 zu Petitionen FDP gegen die Stimmen von CDU/CSU. – Drucksache 14/7805 – Ich rufe Zusatzpunkt 7 auf: Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Die Sammelübersicht 333 ist mit den Stimmen der Koaliti- a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- onsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP richts des Auswärtigen Ausschusses (3. Aus- bei Enthaltung der PDS angenommen worden. schuss) zu dem Antrag der Bundesregierung Zusatzpunkt 6 h: Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deut- scher Streitkräfte an dem NATO-geführten Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- Einsatz auf mazedonischem Territorium zum ausschusses (2. Ausschuss) Schutz von Beobachtern internationaler Orga- Sammelübersicht 334 zu Petitionen nisationen im Rahmen der weiteren Implemen- – Drucksache 14/7806 – tierung des politischen Rahmenabkommens vom 13. August 2001 auf der Grundlage des Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Ersuchens des mazdonischen Präsidenten Die Sammelübersicht 334 ist mit den Stimmen des ganzen Trajkovski vom 3. Dezember 2001 und der Hauses mit Ausnahme der CDU/CSU, die dagegenge- Resolution Nr. 1371 (2001) des Sicherheitsrates stimmt hat, angenommen worden. der Vereinten Nationen vom 26. September Zusatzpunkt 6 i: 2001 Beratung der Beschlussempfehlung des Petitions- – Drucksachen 14/7770, 14/7816 – ausschusses (2. Ausschuss) Berichterstattung: Sammelübersicht 335 zu Petitionen Abgeordnete (Wiesloch) (B) Christian Schmidt (Fürth) (D) – Drucksache 14/7807 – Dr. Helmut Lippelt Wer stimmt dafür? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Ulrich Irmer Die Sammelübersicht 335 ist gegen die Stimmen der PDS Wolfgang Gehrcke mit den Stimmen des übrigen Hauses angenommen wor- den. b) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Geschäftsordnung Zusatzpunkt 6 j: – Drucksache 14/7826 – Zweite und dritte Beratung des von der Bundes- Berichterstattung: regierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Abgeordnete Uta Titze-Stecher Gesetzes zur Änderung des Bundeszentralregis- tergesetzes (4. BZRGÄndG) Antje Hermenau – Drucksache 14/6814 – Jürgen Koppelin Dr. (Erste Beratung 192. Sitzung) Beschlussempfehlung und Bericht des Rechts- Über die Beschlussempfehlung werden wir später na- ausschusses (6. Ausschuss) mentlich abstimmen. – Drucksache 14/7837 – Nach einer interfraktionellen Vereinbarung ist für die Aussprache eine halbe Stunde vorgesehen, wobei die Berichterstattung: Fraktionen der FDP und der PDS jeweils fünf Minuten er- Abgeordnete Alfred Hartenbach halten sollen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann ist auch Erika Simm so beschlossen. Hans-Christian Ströbele Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat zunächst Jörg van Essen Herr Bundesminister . Sabine Jünger Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf in der Aus- Rudolf Scharping, Bundesminister der Verteidigung: schussfassung zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Her- Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzent- ren! Wir können drei Monate nach Beginn der Operation wurf ist damit in zweiter Beratung gegen die Stimmen der Fox feststellen, dass es in Mazedonien beeindruckende Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001 20567

Bundesminister Rudolf Scharping (A) Fortschritte gibt. Das ist Ergebnis einer gemeinsamen An- zösischen Streitkräfte, die die Hauptlast dieses Einsatzes (C) strengung. Wir haben einen Bürgerkrieg verhindert. Die tragen. Sie haben eine ausgezeichnete Arbeit geleistet und Waffen schweigen. Der verfassunggebende Reformpro- verdienen höchsten Respekt und ausdrückliche Anerken- zess ist abgeschlossen. Die Wiederherstellung der Herr- nung. schaft des Rechtes in Mazedonien geht schrittweise (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten voran. des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der Auch das Vertrauen zwischen den Ethnien wächst CDU/CSU und der FDP) langsam wieder. Das drückt sich unter anderem aus in der NATO und Europäische Union haben im Übrigen von Auflösung der albanischen UCK, trotz der Verzögerungen Anfang an mit großer Klarheit und großer Kontinuität, in dem Verfassungsprozess. Die ersten Amnestien sind aber auch Berechenbarkeit zusammengearbeitet. Sie ha- ausgesprochen. Alles das ist unabdingbare Voraussetzung ben ihre Verantwortung wahrgenommen. Wir können es für die Reintegration der vorherigen Kämpfer in die ma- jetzt als gemeinsamen Erfolg verbuchen, dass in einer Re- zedonische Gesellschaft. Das Wachstum des Vertrauens gion nach vier blutigen Balkankriegen, nach Millionen zwischen der slawischen und der albanischen Bevölke- von Vertriebenen und nach immer noch nicht gezählten rung ist im Übrigen von überragender Bedeutung. Denn Toten Südosteuropa eine wirkliche Perspektive für sich nur dann wird ein dauerhafter Weg aus der Krise heraus selbst und mit Blick auf Europa hat. gefunden und das Risiko eines Bürgerkrieges ausge- schlossen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) Ich füge hinzu, dass das Engagement in Mazedonien im Rahmen dieses über mehr als ein Jahrzehnt dauernden Allerdings, dieser Prozess ist bei allen Fortschritten, Prozesses zum ersten Mal in eigentlich idealtypischer die ich jetzt mit Stichworten beschrieben habe, noch nicht Weise unser Verständnis von präventiver Sicherheitspoli- so weit vorangekommen, dass man auf eine Sicherheits- tik widerspiegelt, wie es sich übrigens auch in dem Stabi- präsenz verzichten könnte. Wir wollen nämlich die posi- litätspakt für Südosteuropa ausdrückt. tiven Entwicklungen nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Der Beitrag der Bundeswehr wird unverändert sein. Vor diesem Hintergrund will ich darauf aufmerksam Das gilt für ihren Umfang von bis zu 600 Soldaten und für machen, dass wir im Deutschen Bundestag über die Fra- ihre Führungsrolle im Rahmen dieses Mandates. Das ist gen zu Mazedonien und den Balkan insgesamt häufiger – ich wiederhole es – eine besondere Auszeichnung für gesprochen, teilweise gestritten haben und stets unsere die Leistungsfähigkeit der Bundeswehr und ihr professio- (B) Besorgnisse und Befürchtungen zum Ausdruck gebracht nelles Auftreten. Ich sage das auch mit Blick auf manch (D) haben. Mich berührt es in eigenartiger Weise – ich ver- andere Debatte; denn das Erreichte in Mazedonien nicht mute, das geht nicht nur mir so –, wenn ich die Debatten aufs Spiel setzen zu wollen bedeutet, dass man in der Re- betrachte, die vor mehr als drei Monaten geführt wurden, gion insgesamt – in Bosnien, im Kosovo und in Mazedo- und mir dann das Ergebnis ansehe, das wir heute haben. nien – das Engagement aufrechterhalten und die Fähig- Wichtig ist, dass wir jetzt – wie sich das abzeichnet – für keiten beibehalten muss, um diesen Erfolg zu sichern und die Verlängerung dieses Mandates eine sehr breite Zu- den Weg in die Zukunft friedlich und sicher zu gestalten. stimmung im Deutschen Bundestag bekommen. Wenn wir in Deutschland bereit, willens und fähig Das ist auch gerechtfertigt. Denn die Wiederherstel- sind, in den derzeitigen Größenordnungen diesen Beitrag lung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in ganz für eine europäische Perspektive und eine friedliche Ent- Mazedonien bedarf weiterer Anstrengungen. Dazu wicklung auf dem Balkan durchzuhalten, dann ist das gehören die fünf Pilotprojekte der Europäischen Union auch in Verbindung mit anderen Aufgaben, die sich der und der OSZE zur Übernahme von Verantwortung durch Bundeswehr und ihrer Erneuerung stellen, eine feste Leit- eine multiethnische mazedonische Polizei in den mehr- planke bei der Bemessung von Fähigkeiten, die man an heitlich albanisch besiedelten Gebieten. Dazu gehört die anderer Stelle braucht. koordinierte Rückkehr der Flüchtlinge in jene Krisenge- biete, ohne dass daraus ein Potenzial für neue Spannun- Das gilt für die Bekämpfung des internationalen Terro- gen entsteht. Dazu gehört, dass ein Sicherheitsvakuum rismus ebenso wie für Friedensstabilisierung in anderen vermieden wird. Staaten, zum Beispiel in Afghanistan. Was wir – deshalb schneide ich diesen Punkt an – zur Befriedung und Stabi- Für all das stehen Beobachter der Europäischen Union lisierung der Strukturen von Staat und Gesellschaft bei- und der OSZE zur Verfügung. Sie haben herausragende tragen, ist nämlich auch ein elementarer Beitrag zur Ver- Bedeutung bei der Wiederherstellung normaler Lebens- ständigung und zum friedlichen Zusammenleben von verhältnisse. Andererseits bedürfen diese Beobachter des Christen und Moslems – in Mazedonien und auch in an- Schutzes; denn die Verhältnisse in Mazedonien sind noch deren Staaten Südosteuropas. Was wir dort zur Stabilisie- nicht so stabil, als dass man auf diesen Schutz verzichten rung und zum friedlichen Zusammenleben leisten, was könnte. Deshalb hat die mazedonische Regierung die wir an Perspektiven, persönlicher Sicherheit und wirt- NATO gebeten, die entsprechende Task Force Fox um schaftlichen Möglichkeiten entwickeln, ist auch ein gutes drei Monate fortzusetzen. Das zeigt, welches Vertrauen Beispiel dafür, dass man trotz unterschiedlicher Ethnien, sich die NATO in Mazedonien mittlerweile erworben hat. Kulturen oder Religionen friedlich und mit gemeinsamen Das sage ich auch mit Blick auf die deutschen und fran- Zukunftsaussichten zusammenleben kann. 20568 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001

Bundesminister Rudolf Scharping (A) Ich sage das auch vor dem Hintergrund der Tatsache, 6. März hinaus erforderlich sein. Das hoffen auch wir. Wir (C) dass die innermazedonischen Konflikte ihre politisch-eth- müssen deshalb den Druck auf die Parteien aufrechterhal- nische und soziale Natur haben. Was wir dort in einem ten, damit sie zu wirklichen Lösungen bereit sind. mittel- und langfristigen Prozess zur Überwindung dieser (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Konflikte und Schwierigkeiten beitragen, ist ein Hinweis Abg. Ulrich Irmer [FDP]) darauf, dass die internationale Staatengemeinschaft nicht nur in Südosteuropa ein gutes Beispiel schafft, sondern Wenn wir ehrlich sind, müssen wir zugeben: Das große die Fähigkeiten hat – und diese weiterentwickeln will –, Manko der internationalen Balkanpolitik besteht darin, um im Zusammenwirken aus politischen, ökonomischen, dass wir kein politisches Ordnungskonzept für die Re- kulturellen, gesellschaftlichen und, wo notwendig, mi- gion haben. Wir wissen auch, wie eng die Frage des Kon- litärischen Fähigkeiten für eine friedliche, am besten im- flikts in Mazedonien mit der albanischen Frage zusam- mer durch präventives Handeln geprägte Perspektive zu menhängt. Und die albanische Frage hängt mit dem Status sorgen. des Kosovo zusammen, der Status des Kosovo wiederum (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten mit der serbischen Frage. Solange wir kein politisches des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Ordnungskonzept für die gesamte Region Südosteuropa haben, werden wir immer wieder in die Situation kom- Ich bedanke mich bei allen Fraktionen – mit Ausnahme men, international mit militärischer Präsenz ein neues der einen –, dass sie den Antrag der Bundesregierung un- Ausbrechen von Konflikten zu verhindern. Deshalb brau- terstützen, und zwar nicht wegen der Unterstützung für chen wir ein realistisches Gesamtkonzept, auch ange- die Bundesregierung, sondern wegen der Unterstützung sichts der Tatsache, dass wir international woanders stär- für die Soldaten der Bundeswehr und deren Familien so- ker militärisch gefordert sind und daher die Präsenz, die wie wegen der Unterstützung für eine friedliche und si- wir auf dem Balkan haben, in der Bedeutung und in dem chere Perspektive in Südosteuropa als einen unverzicht- Umfang langfristig nicht aufrechterhalten können. baren Teil unseres gemeinsamen Kontinentes, die damit gewährleistet werden kann. Zurzeit sind 7 500 Soldaten auf dem Balkan, und zwar in Bosnien, im Kosovo – wir müssen das Mandat im Früh- Vielen Dank. jahr verlängern, weil das bisherige Mandat nicht ausrei- (Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ chen wird; wir wissen das heute schon – und in Mazedo- DIE GRÜNEN) nien. Herr Minister, Sie haben gestern gesagt, insgesamt seien 60 000 Soldaten gebunden; das betrifft die Soldaten, die in Ausbildung sind, die im Ausland sind und die zur Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat Auswechslung bestehender Truppenkontingente bereit- (B) jetzt der Abgeordnete . stehen. Nachdem wir gestern im Auswärtigen Ausschuss (D) gefragt haben, wie denn das Afghanistan-Kontingent Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU): Frau Prä- aussehen solle – die Schutztruppe, über die wir nächste sidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir teilen Ihre Woche zu bestimmen haben –, hat uns der Außenminister Auffassung, Herr Minister, dass in Mazedonien Fort- gesagt, darüber habe sich die Bundesregierung noch keine schritte erzielt worden sind, dass aber der politische Pro- Gedanken gemacht, weil es noch kein Mandat gebe. Zum zess noch nicht so weit fortgeschritten ist, um auf eine Si- gleichen Zeitpunkt haben Sie, Herr Minister Scharping, cherheitspräsenz verzichten zu können. Deshalb ist es eine Pressekonferenz gegeben und gesagt, die Schutz- richtig, dass die Parlamentswahlen verschoben wurden. truppe umfasse 8 000 Soldaten, wovon 2 600 durch die Richtig ist auch, dass eine Geberkonferenz für Mazedo- Bundeswehr gestellt würden. nien verschoben wurde, nachdem sich das Parlament ent- (Peter Zumkley [SPD]: Das ist doch nicht gegen den Forderungen von NATO und EU noch nicht auf wahr!) ein neues Gesetz zur kommunalen Selbstverwaltung eini- gen konnte. – So steht es in der Zeitung. Herr Minister, Sie haben unseren Beitrag zur Stabili- (Peter Zumkley [SPD]: Glauben Sie nicht alles, sierung Südosteuropas herausgestellt. Das ist durchaus was in der Zeitung steht! Informieren Sie sich richtig. Wir dürfen aber nicht den Eindruck erwecken, als einmal selbst!) ob wir oder das Mandat der NATO diese Stabilisierung – Entschuldigung, ich glaube nicht alles, was in der Zei- leisten könnten. Die NATO steht nicht im Mittelpunkt der tung steht. Aber wenn der Außenminister sagt, die Bun- Konfliktlösung, sondern begleitet einen Prozess, den die desregierung habe sich noch keine Gedanken über den Af- Konfliktparteien vor Ort leisten müssen. Bei ihnen bleibt ghanistan-Einsatz gemacht, die politische Verantwortung. Was Sie zur Prävention ge- sagt haben, ist doch etwas, was wir uns manchmal einre- (Peter Zumkley [SPD]: Eine Regierung, die den. Die Wahrheit ist: Die Konfliktprävention hat trotz sich keine Gedanken macht, gibt es doch gar beachtlicher finanzieller Leistungen vor allem der EU, nicht!) aber auch der OECD und des Stabilitätspakts nicht die Er- und wenn zur gleichen Zeit sein Amtskollege Scharping gebnisse gebracht, die wir uns gewünscht haben. auf einer Pressekonferenz erklärt, das Kontingent für den Der mazedonische Präsident hat am Wochenende ge- Afghanistan-Einsatz umfasse 8 000 Soldaten, dann muss sagt, es werde keine Verlängerung des Mandats über den ich Ihnen sagen – Entschuldigung, dass ich das so deut- Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001 20569

Dr. Andreas Schockenhoff (A) lich tue –: Sie lassen sich vielleicht so abspeisen, aber wir tan. Es gibt in Afghanistan Terroristen. Es gibt dort mei- (C) nicht. nes Wissens keine Massenvernichtungswaffen. Deswe- gen sage ich Ihnen, Herr Minister – Sie werden nachher (Beifall bei der CDU/CSU, der FDP und das Wort ergreifen –, noch einmal: Wir wollen von Ihnen der PDS) wissen – die Bundesregierung hat einen entsprechenden Wir haben ein Recht darauf, dass die Regierung uns in- Antrag vorgelegt –, wofür und wo genau diese 800 Sol- formiert. Vor allem haben die Soldaten und ihre Familien daten eingesetzt werden sollen. ein Recht darauf, dass wir öffentlich darüber diskutieren, Wir wissen, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen in welchem Umfang und für welche politischen Ziele wir von den Grünen, einen Antrag auf Ihrem Parteitag gestellt sie einsetzen werden. haben, wonach Soldaten nicht außerhalb von Afghanistan In dem Zusammenhang muss ich auf zwei Dinge hin- zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus einge- weisen. Zurzeit stehen – unser Fraktionsvorsitzender setzt werden dürfen. Frau Präsidentin, Sie haben in einem hat heute schon Stellung zu dem genom- Interview mit dem „Stern“ gesagt, wenn dagegen ver- men, was gestern im Haushaltsausschuss lief – für die stoßen werde, dann sei die Koalition zu Ende. So ver- Soldaten, die wir in den Einsatz schicken, noch nicht ein- stünden Sie diese Selbstbindung. Ich sage Ihnen: Es darf mal die notwendigen Transportkapazitäten zur Verfü- nicht sein, dass aufgrund innerparteilicher Befindlichkei- gung. Die Bundeswehr braucht dringend neue ten einer Koalitionsfraktion die Soldaten darüber im Un- Transportflugzeuge als Ersatz für die über 30 Jahre alten klaren gelassen werden, wofür und wo wir sie einsetzen Transalls. Der Bundeskanzler hat die Anschaffung neuer werden und welche politische Zielsetzung sich mit Ihrem Transportflugzeuge auf internationaler Ebene wiederholt Mandat verbindet. zugesagt, ohne seinen Worten Taten folgen zu lassen. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- Herr Minister Scharping, Sie haben gesagt, dass Sie neten der FDP) den Vertrag über die Anschaffung neuer Transportflug- Wir halten die Verlängerung des Mandats für den Ein- zeuge unterschreiben könnten, wenn Sie eine entspre- satz in Mazedonien für erforderlich. Wir gehen davon aus, chende Verpflichtungsermächtigung bekämen. Eine dass es zeitlich begrenzt ist, und wünschen, dass so viel solche Verpflichtungsermächtigung würde Bundestags- Druck auf die Konfliktparteien ausgeübt wird, dass im abgeordnete, die bis jetzt noch nicht einmal gewählt sind, März kommenden Jahres eine erneute Verlängerung nicht in ihrem Abstimmungsverhalten in der nächsten Legisla- mehr notwendig sein wird. Nach unserer Meinung hat die turperiode binden! Bundeswehr mit ihren Einsätzen ihre Grenzen erreicht. Damit war das Hin und Her aber noch nicht beendet. Wir wollen, dass es eine verlässliche Finanzierung und (B) Sobald die Äußerung von Herrn Scharping über den (D) eine gute Ausstattung der Bundeswehr gibt. Eine moti- Ticker lief, hat der haushaltspolitische Sprecher der Grü- vierte Bundeswehr setzt voraus, dass wir informieren, nen erklärt, dies sei eine Brüskierung des Parlaments. Das dass es Transparenz darüber gibt, wofür Sie die Bundes- Geld sei nicht vorhanden. wehr einsetzen wollen. So können Sie weder mit der Industrie noch mit den Wir werden schon nächste Woche wieder zusammen- Soldaten umgehen. Sie können auch nicht einen Bundes- kommen, um im Deutschen Bundestag über ein weitaus tag binden, der noch gar nicht gewählt ist. umfangreicheres Mandat für die Bundeswehr zu befin- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- den. Sie haben jetzt noch wenige Tage Zeit, vor der deut- neten der FDP) schen Öffentlichkeit, vor den Soldaten und vor ihren Fa- milien endlich klar zu machen, wofür und an welchem Ort Deswegen fordern wir Sie auf: Legen Sie einen Nach- die Bundeswehr zum Einsatz kommen soll. tragshaushalt vor, in dem Sie solide, verlässlich und bere- chenbar darlegen, wie Sie die Bundeswehrsoldaten, die Sie bekommen unsere Unterstützung. Voraussetzungen wir in den Einsatz schicken, ausstatten und wie Sie ihren sind: Klarheit, Offenheit, Transparenz, Berechenbarkeit. Einsatz finanzieren wollen. Vielen Dank. Ich muss auch noch auf einen anderen Punkt hinwei- (Beifall bei der CDU/CSU sowie des sen. Herr Außenminister, der Kollege Rühe hat Sie in der Abg. Ulrich Irmer [FDP]) Haushaltsdebatte in der vorletzten Woche gefragt, wel- ches politische Konzept dem Einsatz der Soldaten, die wir zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus mit ei- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat nem Mandat ausgestattet haben, zugrunde liege. Das müs- jetzt der Herr Bundesaußenminister . sen nicht nur wir wissen, wenn Sie unsere Zustimmung haben wollen. Vor allem die Soldaten – ich sage es noch Joseph Fischer, Bundesminister des Auswärtigen: einmal –, die mit unserem politischen Mandat ausgestat- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit der er- tet sind und die auf ihren Einsatz warten, haben ein Recht folgreichen Verabschiedung der Verfassungsänderungen darauf, zu erfahren, wohin sie geschickt werden. ist es gelungen, in Mazedonien, einem Schlüsselland auf Es soll nun offenbar ein ABC-Spürtrupp mit 800 Sol- dem Balkan, eine Entwicklung einzuleiten, die verspricht, daten entsandt werden. Die internationale Terrorismus- dass wir tatsächlich in der Lage sein werden, eine weitere bekämpfung konzentriert sich im Moment auf Afghanis- blutige Runde auf dem Balkan zu verhindern. 20570 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001

Bundesminister Joseph Fischer (A) In Mazedonien sind keinesfalls bereits alle Probleme Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat (C) gelöst, aber wir können heute schon feststellen, dass es ein jetzt der Abgeordnete Ulrich Irmer. Beispiel für eine keineswegs unriskante, aber doch mehr und mehr von Erfolg gekrönte Präventionspolitik der Ulrich Irmer (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen Bundesregierung auf dem Balkan darstellt. und Herren! Mit Ausnahme der notorischen Neinsager Wir haben mit dem Auseinanderbrechen Jugoslawiens von der PDS erlebt, wie ein blutiger und gewaltbereiter Nationalismus (Widerspruch bei der PDS) nicht zögerte, die Furien des Krieges in Europa wieder zu entfesseln. Es hat ethnische Säuberungen und Massen- werden wir heute erneut einem Antrag der Bundesre- vergewaltigungen gegeben. Allein in Bosnien liegen gierung auf Entsendung der Bundeswehr in einen Aus- 250 000 Menschen in Massengräbern. Millionen von landseinsatz mit großer Mehrheit zustimmen. Wir, die Flüchtlingen sind dem nationalistischen Irrsinn zum Opfer FDP-Fraktion, halten die Verlängerung des Mandats für gefallen. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, meine Damen erforderlich. Wir sind der Auffassung, dass ohne das erste und Herren, dann ist es die Tatsache – ich werde nicht Mazedonien-Mandat zum Einsammeln der Waffen dieses müde, dies zu betonen –, dass wir die präventive Politik, die Mandat nicht möglich gewesen wäre. wir Europäer gemeinsam mit unseren Partnern des atlan- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten tischen Bündnisses auf dem Balkan umgesetzt haben, nicht der SPD) bereits im Jahr 1992 auf dem Balkan umsetzen konnten. Daher bitte ich diejenigen Abgeordneten der Regierungs- (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fraktionen, die damals so entschieden dagegen gewesen und bei der SPD) sind, uns jetzt einmal ein wenig dankbar dafür zu sein, Es war eine bittere Lektion, bitter vor allem für die un- dass wir ihnen die Möglichkeit gegeben haben, heute der schuldigen Opfer, bitter für ihre Familien, bitter für die be- Verlängerung des Friedenseinsatzes zuzustimmen. Ich er- troffenen Menschen und die Länder in der Region, bitter innere Sie daran, dass Sie damals keine eigene Mehrheit aber auch für Europa, für uns alle. Wir können allerdings aufbieten konnten und dass es zum ersten Einsatz, zumin- feststellen, dass diese Lektion – ich denke, das gilt für fast dest was die Beteiligung der Bundeswehr angeht, nicht alle hier im Hause – gelernt wurde und die notwendigen gekommen wäre, wenn nicht wir aus der Opposition he- Konsequenzen gezogen wurden, Konsequenzen, die be- raus diesem Einsatz zugestimmt hätten. deuten, dass der Einsatz militärischer Macht nicht ver- (Beifall bei der FDP und der CDU/CSU – meidbar ist, dass er aber Ultima Ratio ist, dass der Einsatz [SPD]: Wir haben auf eure Ver- militärischer Macht politische Konflikte nicht lösen kann, nunft gesetzt!) (B) aber dort, wo es anders nicht mehr geht, wenn sich Gewalt (D) und Mord breit machen und ein gewaltbereiter Nationalis- Ich habe an uns alle eine sehr ernsthafte Bitte: Lassen mus meint, eine verwerfliche Politik umsetzen zu können, Sie uns dafür sorgen, dass diese Beschlüsse nicht zur die Voraussetzungen für ihre Lösbarkeit schafft. Routine werden. Wir haben in diesem Hause über diese Einsätze oft und (Beifall bei Abgeordneten der FDP) lange gestritten. Der erste Mazedonien-Einsatz war noch Wir sollten uns jedes Mal, wenn wir zu einem solchen Be- hochstreitig, die zweite Entscheidung, nämlich über die schluss aufgerufen sind, daran erinnern: Es geht um Le- Operation Amber Fox, war nicht mehr streitig. Wir kön- ben und Tod. Wir schicken Soldaten in einen gefährlichen nen heute feststellen, dass die politischen Vorgaben um- Einsatz. Der Einsatz in Mazedonien ist weit weniger ge- gesetzt wurden. fährlich, als es der in Afghanistan sein wird, über den wir Jetzt geht es darum, ein Vakuum zu verhindern. Jetzt nächste Woche zu beraten und zu beschließen haben, aber geht es darum, die weitere Implementierung der Verfas- vergessen wir nicht: Die Soldaten setzen bei jedem Ein- sungsänderungen und der Amnestievereinbarung zu be- satz ihr Leben aufs Spiel! Unsere Gedanken sollten auch gleiten. Die Voraussetzungen dafür sind, denke ich, nun in dieser Stunde bei den Soldaten und ihren Angehörigen gegeben. Ein Schreiben von Präsident Trajkovski mit dem sein, denen wir einen herzlichen Dank aussprechen. Ersuchen um Verlängerung für die Dauer von drei Mona- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ten liegt vor. Wir hoffen, dass die Operation dann aus- der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNIS- laufen kann. Sicher kann ich Ihnen das heute nicht sagen, SES 90/DIE GRÜNEN) nur: Die Alternative, nämlich eine erfolgreiche Operation abzubrechen, bevor die politischen Bedingungen, die ihre Es besteht – der Kollege Schockenhoff hat darauf hin- geordnete Beendigung ermöglichen, geschaffen wurden, gewiesen – natürlich ein Zusammenhang zwischen jedem kann man allen Ernstes nicht wollen. Deswegen hat der dieser Bundeswehreinsätze. Dabei geht es zum einen um NATO-Rat am 6. Dezember die Verlängerung beschlos- die Kapazitäten, um die Ausrüstung und um die sen. Ich bitte Sie alle hier um Ihre Zustimmung zur Ver- Gefährdungslagen; zum anderen geht es darum, wie eine Bundesregierung mit dem Parlament umgeht. In der Tat längerung dieses Mandats, damit wir die erfolgreiche war das, was die Bundesregierung erst gestern im Hin- präventive Politik in Mazedonien fortführen können. blick auf die Behandlung des Parlaments vorgeführt hat Ich bedanke mich. – man soll ja mit der Vokabel Skandal etwas zurückhal- tend umgehen –, zumindest höchst eigenartig. (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD) (Walter Hirche [FDP]: Starker Tobak!) Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001 20571

Ulrich Irmer (A) Der Außenminister hat vor dem Auswärtigen Aus- Auch bitte ich Sie – sosehr wir jetzt, auch mit der Bun- (C) schuss – der für die Formulierung des Antrags, mit dem deswehr, im Rahmen der NATO aktiv werden –, doch die über diese Einsätze entschieden wird, federführend zu- europäische Komponente stärker in den Vordergrund zu ständig ist – in geradezu volmerschen Ausmaßen – mit rücken. Laeken wird sich mit einer gemeinsamen europä- Verlaub, Herr Fischer – herumgeeiert und blieb die Ant- ischen Sicherheitspolitik beschäftigen. Wir als Europäer, wort auf jede Frage schuldig. Zur gleichen Zeit gab der die wir diese Einsätze in Mazedonien bestritten haben, Verteidigungsminister eine Pressekonferenz, auf der er haben schon etwas geleistet, was eigentlich zu den diejenigen Antworten gab, die Herr Fischer dem Auswär- Petersberg-Aufgaben der Europäischen Union gehört. tigen Ausschuss nicht geben wollte. Was ist denn das für Hier müsste Laeken ein deutliches Signal setzen, dass wir ein Parlamentsverständnis? das, was jetzt schon erfolgreich gemacht worden ist, in die europäischen Strukturen überführen. (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU) In diesem Sinne wünsche ich, dass wir hier eine große Mehrheit finden. Ich wünsche aber insbesondere, dass die Ich appelliere an die Kollegen aus der Koalition: Sie Soldaten, die wir jetzt wieder in den Einsatz schicken, heil müssen darüber einmal ein wenig nachdenken! Aber bei und gesund zu uns zurückkehren können. den Grünen ist eh alles zu spät. Sie schicken niemals mehr irgendwelche einfachen Abgeordneten in die Debatten; Vielen Dank. vielmehr redet immer der Einzige, den sie dafür noch ha- (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten ben, nämlich Herr Fischer, der immer wieder spricht. der CDU/CSU) (Kerstin Müller [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine außenpolitische De- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Das Wort hat batte!) jetzt der Abgeordnete Wolfgang Gehrcke. Ich habe lange keinen Vertreter der Fraktion der Grünen zu solchen Themen sprechen hören. Wolfgang Gehrcke (PDS): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war zu erwarten, dass die (Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten Bundesregierung die Mazedonienfrage als Propaganda der CDU/CSU – Walter Hirche [FDP]: Das ist für eine erfolgreiche Außenpolitik benutzt. Es ist nicht eine Ministerpartei geworden, ganz einfach!) originell, was die Kollegen Fischer und Scharping hier ge- Herr Scharping hat mit Recht darauf hingewiesen, dass macht haben. Ich will Ihnen entgegenhalten, dass auch Sie wir in Mazedonien eine unerwartet erfreuliche Entwick- lernen sollten, dass erfolgreiche Militäraktionen noch lung beobachten können. Was gleichwohl nach wie vor lange kein Nachweis für erfolgreiche Politik sind. (B) (D) fehlt – auch darauf hat der Kollege Schockenhoff hinge- (Beifall bei der PDS – Rudolf Bindig [SPD]: wiesen –, ist ein umfassendes politisches Konzept zur Wie hätten Sie es denn gelöst? Gar nicht!) Lösung der Probleme auf dem Balkan. Machen wir uns nichts vor: Diese Gegend stellt nach wie vor ein Pulver- Wenn man diese Bilanz aufmacht, wird man auch ei- fass dar. Der Kosovo-Status ist nach wie vor ungeklärt. Es nige andere Tatsachen nicht verschweigen dürfen: gibt erfreuliche Entwicklungen: Slowenien und auch Deutschland hat in den drei Jahren Rot-Grün zweimal ak- Kroatien sind inzwischen stabile Demokratien. In Serbien tiv mit anderen Staaten zusammen Krieg geführt, und ist eine hoffnungsvolle demokratische Entwicklung in zwar gegen Jugoslawien und Afghanistan. Das gilt es fest- zuhalten. Deutsche Soldaten sind oder waren in Gang gekommen. In Mazedonien ist die Lage – auch dank Bosnien, im Kosovo, in Mazedonien, in Osttimor und in der Bemühungen der internationalen Gemeinschaft – sta- Afghanistan. Ich muss fragen – da Sie hierüber die Aus- biler geworden. kunft verweigern –, ob ich Dschibuti und Oman dazu- Was wir aber noch nicht haben, ist eine grundlegende setzen muss, ob ich nach dem Irak, nach Kuwait fragen Planung für das, was auf dem Balkan stabilisierend wei- muss. Die Bundesregierung täuscht die Öffentlichkeit. ter zu geschehen hat. Natürlich ist der Stabilitätspakt er- Wir wollen endlich wissen, wo deutsche Soldaten statio- freulich. Natürlich muss sich die Geberkonferenz darum niert sind oder stationiert werden sollen. Darüber hat der bemühen, die wichtigsten materiellen Lücken notdürftig Kollege Schockenhoff schon gesprochen. zu schließen, die dringendste Hilfe zu leisten. Aber das er- (Beifall bei der PDS) setzt nicht ein politisches Gesamtkonzept, das von der Regelung der politischen Fragen, der Menschenrechts- Die außenpolitischen Debatten landen bereits nach fragen und der Minderheitenfragen bis hin zu wirtschaft- zwei, drei Sätzen immer wieder bei der Militärfrage. Das lichen Konstrukten versucht, eine Lösung für diese Re- steht mittlerweile im Zentrum. Gestern sprach der Bun- gion zu finden, die im gesamteuropäischen Interesse liegt. deskanzler in seiner Regierungserklärung zur Europa- politik einen halben Satz zu sozialen Fragen, aber drei Jetzt noch ein hoffnungsvoller Gedanke zum Schluss. Seiten zur europäischen Verteidigungsgemeinschaft. Jede Berufen Sie, Bundesregierung, doch im Rahmen der Eu- Regierungserklärung endet darin, dass die außenpoli- ropäischen Union die Konferenz für Sicherheit und Zu- tische Fähigkeit an der Fähigkeit festgemacht wird, Sol- sammenarbeit in Südosteuropa ein. Ich glaube, hier daten zu entsenden. Außenpolitik darf aus meiner Sicht könnte nach dem Modell der damaligen KSZE wirklich nicht zur Militärpolitik verkommen. Das muss endlich Vernünftiges bewirkt werden. wieder getrennt werden. (Beifall bei der FDP) (Beifall bei der PDS) 20572 Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 208. Sitzung. Berlin, Donnerstag, den 13. Dezember 2001

Wolfgang Gehrcke (A) Die deutsche Außenpolitik ist in weiten Teilen Mi- Fahn‘ und Säbel und noch mehr, (C) litärpolitik, was sie nicht sein sollte. Deswegen kann man ja, ein ganzes Kriegesheer die Mazedonien-Entscheidung nicht nur an einer Einzel- möcht‘ ich gerne haben. frage festmachen, sondern muss dies von der politischen Danach agiert offensichtlich diese Regierung. Trommel, Linie abhängig machen. Wir haben Nein zur Entsendung Pfeife und Gewehr, ein ganzes Kriegesheer möchte sie der Truppen gesagt und sagen selbstverständlich auch einsetzen, und das möglichst weltweit. Das ist eben nicht Nein zur Verlängerung des Mandats. unsere Politik. Unsere Politik ist konträr und diese Politik (Beifall bei der PDS) werden wir hier im Parlament auch weiterhin vertreten. Wenn wir uns aber die Einzelfragen ansehen, was man (Beifall bei der PDS) ja tun soll und was ich auch wichtig finde, ist doch fest- zuhalten: Mazedonien wäre der klassische UN-Blauhelm- Fall gewesen. Beide Konfliktparteien waren einverstan- Vizepräsidentin Dr. Antje Vollmer: Ich schließe die den. Was wir aber in Mazedonien haben, ist ein Aussprache. Nato-Einsatz. Wir kommen zur Abstimmung über die Beschluss- Man muss auch einmal fragen, ob man die mazedo- empfehlung des Auswärtigen Ausschusses zu dem Antrag nische Regierung mittlerweile als eine Regierung mit be- der Bundesregierung zur Fortsetzung der Beteiligung be- schränkter Souveränität bezeichnen soll, wenn hier unwi- waffneter deutscher Streitkräfte an dem NATO-geführten dersprochen berichtet wird, unter welchen politischen Einsatz auf mazedonischem Territorium. Druck Mazedonien gesetzt worden ist und dass die Ge- Es ist namentliche Abstimmung verlangt. Ich bitte Sie, berkonferenz immer noch nicht stattgefunden hat, weil bei der Stimmabgabe wie immer sorgfältig darauf zu ach- man dieses Druckmittel der Finanzen behalten will. Mit ten, dass die Stimmkarten Ihren Namen tragen. Ich bitte einer solchen Politik wird nicht stabilisiert, sondern de- die Schriftführerinnen und Schriftführer, die vorgese- stabilisiert. Wenn Sie das zur Weltpolitik machen wollen: henen Plätze einzunehmen. – Sind die Plätze an den Bitte sehr, machen Sie so weiter. Dann erntet man das, Stimmurnen besetzt? – Urne 1 ist noch nicht besetzt. – was man gesät hat. Urne 2 ist auch noch nicht besetzt. – Jetzt sind beide Ur- (Beifall bei der PDS) nen besetzt. Ich eröffne die Abstimmung. Ich würde auch mit dem Jubel darüber, dass Deutsch- Ist noch ein Mitglied des Hauses anwesend, das seine land endlich Leitnation geworden ist, vorsichtiger umge- Stimme nicht abgegeben hat? – Das ist nicht der Fall. Ich hen. Mir geht es auf den Keks, ich habe damit nichts am schließe damit die Abstimmung. (B) Hut. Ich würde es zumindest nicht als besonders bedeut- Ich bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, mit (D) sam herausstellen und damit indirekt auch begründen der Auszählung zu beginnen. Das Ergebnis der nament- wollen, dass man ein eigenes Interesse daran hat, solche lichen Abstimmung wird Ihnen später bekannt gegeben. Einsätze fortzusetzen. Natürlich will Deutschland damit auch seine gewachsene Souveränität beweisen. Wir setzen jetzt die Beratungen fort, und ich rufe die Tagesordnungspunkte 7 a bis 7 d sowie die Zusatz- Es ist auch darauf hinzuweisen, dass eine Entwaff- punkte 8 bis 13 auf: nung der Konfliktparteien in Mazedonien in der Tat nicht stattgefunden hat. Hier werden Gerüchte verbreitet. 7. a) Beratung der Beschlussempfehlung und des Be- Ich fasse zusammen: Politisch ist wenig gelöst, die richts des Ausschusses für Menschenrechte und Außenpolitik wird weiter in Richtung Militärpolitik humanitäre Hilfe (18. Ausschuss) zu dem Antrag betrieben, die Konfliktsituation auf dem Balkan wird der Abgeordneten Rudolf Bindig, Angelika Graf nicht entkräftet. Dazu gehörten eben eine Albanien-Poli- (Rosenheim), Hanna Wolf (München), weiterer tik, ein Konzept für den Konsovo und ein Konzept für Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Jugoslawien und Serbien, was mehr ist, als nur Druck aus- Abgeordneten Kerstin Müller (Köln), Rezzo zuüben. Aus allen diesen Gründen werden wir nicht zu- Schlauch und der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ stimmen. DIE GRÜNEN Nun soll man vor Weihnachten ja auch etwas Versöhn- Prävention und Bekämpfung von Frauen- liches sagen. Ehrlich gesagt, fällt mir das, was die Regie- handel rung angeht, schwer. – Drucksachen 14/6540, 14/7539 – (Unruhe – Glocke der Präsidentin) Berichterstattung: Abgeordnete Angelika Graf (Rosenheim) Ich habe lange gesucht, ob ich Ihnen nicht ein anspruchs- Dr. Erika Schuchardt volles Weihnachtsgedicht mit auf den Weg geben kann. Christa Nickels Ich fand das Weihnachtsgedicht von Hoffmann von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger Fallersleben angemessen, das ich Ihnen nicht vorent- halten will: b) Beratung der Großen Anfrage der Abgeordneten Morgen kommt der Weihnachtsmann, Rudolf Bindig, Lilo Friedrich (Mettmann), kommt mit seinen Gaben. Angelika Graf (Rosenheim), weiterer Abgeord- Trommel, Pfeife und Gewehr, neter und der Fraktion der SPD sowie der Abge-