Deutscher Drucksache 15/4538

15. Wahlperiode 16. 12. 2004

Gesetzentwurf der Abgeordneten , Hermann Bachmaier, Sabine Bätzing, , , Klaus Brandner, Bernhard Brinkmann (Hildesheim), Dr. Michael Bürsch, , Renate Gradistanac, Angelika Graf (Rosenheim), , Hans-Joachim Hacker, Christel Humme, , Ernst Kranz, Nicolette Kressl, Volker Kröning, Ute Kumpf, , Christine Lehder, Dirk Manzewski, , Marlene Rupprecht (Tuchenbach), Anton Schaaf, Axel Schäfer (Bochum), Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Erika Simm, Christoph Strässer, Rita Streb-Hesse, Joachim Stünker, Andreas Weigel, Jürgen Wieczorek (Böhlen), Franz Müntefering und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Irmingard Schewe-Gerigk, (Köln), Jutta Dümpe-Krüger, Markus Kurth, , (Augsburg), , Hans-Christian Ströbele, Josef Philip Winkler, Katrin Göring-Eckardt, und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien

A. Problem und Ziel Die Gleichheit vor dem Gesetz und der Schutz aller Menschen vor Diskriminie- rungen ist ein Menschenrecht, das in Deutschland insbesondere in Artikel 3 des Grundgesetzes festgeschrieben ist. Im Verhältnis der Bürgerinnen und Bürger zum Staat binden die verfassungsrechtlichen Gleichheitssätze bereits alle Be- reiche staatlichen Handelns. Die EU-Richtlinien – 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleich- behandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. EG Nr. L 180 S. 22), – 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allge- meinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäf- tigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 S. 16) und – 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirk- lichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. EG Nr. L 269 S. 15) Drucksache 15/4538 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode verpflichten dazu, diesen Schutz im Bereich Beschäftigung und Beruf hinsicht- lich der Merkmale Rasse, ethnische Herkunft, Religion und Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Geschlecht auch einfachgesetzlich insbesondere für das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten um- zusetzen. Hinsichtlich der Merkmale „Rasse“ und „ethnische Herkunft“ ist dies ebenfalls insbesondere im zivil- und sozialrechtlichen Bereich erforderlich. Die Richtlinien geben in ihrem jeweiligen Geltungsbereich Definitionen für die unterschiedlichen Arten von Diskriminierung vor und verpflichten u. a. zu wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen bei Verstößen gegen das Gleichbehandlungsgebot sowie zu Beweiserleichterungen für die Be- troffenen. Der Schutz vor Diskriminierung soll sich dabei nicht allein auf Rege- lungen des Rechtsschutzes der Betroffenen beziehen. Um den Schutz bei der Anwendung effektiv zu gewährleisten, schreiben alle Richtlinien ergänzend vor, dass Verbände das Recht erhalten sollen, sich zur Unterstützung der Be- troffenen an den Verfahren zu beteiligen. Ferner muss nach den Richtlinien 2000/43/EG und 2002/73/EG eine Stelle bezeichnet werden, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung zu fördern.

B. Lösung Die drei EU-Antidiskriminierungsrichtlinien werden durch ein einheitliches Gesetz für alle Diskriminierungsmerkmale umgesetzt. Dadurch wird ein in sich stimmiger Schutz vor Diskriminierungen verwirklicht. Hauptbestandteil des Umsetzungsgesetzes ist das in Artikel 1 enthaltene Anti- diskriminierungsgesetz. Abschnitt 1 enthält das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuel- len Identität zu verhindern oder zu beseitigen, ferner werden der Anwendungs- bereich (Arbeitsleben, Sozialschutz, soziale Vergünstigungen, Bildung, zivil- rechtlicher Teil) sowie die Begriffsbestimmungen der unmittelbaren und mittelbaren Diskriminierung, der Belästigung und sexuellen Belästigung ent- sprechend den Vorgaben der Richtlinien festgelegt. Abschnitt 2 enthält die arbeitsrechtlichen Bestimmungen zum Schutz der Be- schäftigten mit einem ausdrücklichen Benachteiligungsverbot sowie seinen Ausnahmeregelungen, ferner werden dort die Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers sowie die Rechte der Beschäftigten beschrieben, die u. a. aus dem Beschäftigtenschutzgesetz herrühren. Kernstück sind die Regelungen zu Ent- schädigung und Schadensersatz, die die Vorgaben der EU-Richtlinien mit dem deutschen Schadensersatzrecht verknüpfen. Abschnitt 3 enthält die Regelungen zum Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr. Entsprechend den Vorgaben der Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG und in Erwartung der Richtlinie des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen [noch nicht erlassen, Vorschlag vom 5. November 2003 – KOM(2003) 657 endgültig – Fassung vom 6. Oktober 2004] werden spezifische zivilrechtliche Benachteiligungsverbote verankert. Über das Gemeinschaftsrecht hinausgehend werden auch die Merk- male Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexuelle Identität und Geschlecht in den zivilrechtlichen Diskriminierungsschutz einbezogen, weil ansonsten wesentliche Bereiche des rechtlichen Lebens aus dem Benachteili- gungsschutz ausgeklammert blieben. Der Rechtsschutz der Betroffenen wird nachhaltig verbessert (Abschnitt 4). Sie erhalten neben der aus § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB bzw. § 81 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch bereits bekannten Beweiserleichterung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4538 zukünftig die Möglichkeit, sich durch Antidiskriminierungsverbände unter- stützen zu lassen. Im Arbeitsrecht können der Betriebsrat und die im Betrieb vertretene Gewerkschaft in besonderen Fallkonstellationen das Arbeitsgericht anrufen. Eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung von Diskriminierungen wird der Anti- diskriminierungsstelle des Bundes zukommen, die nach den Bestimmungen des Abschnitts 6 beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Ju- gend eingerichtet wird. Sie wird neben den Beauftragten des Deutschen Bun- destages oder der Bundesregierung, die ebenfalls gegen Diskriminierungen be- stimmter Personengruppen vorgehen, unabhängig die Betroffenen informieren und beraten, ggf. Beratung durch andere Stellen vermitteln und eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben. Zusätzlich hat sie die Aufgabe, wissenschaftliche Untersuchungen durchzuführen, dem Deutschen Bundestag regelmäßig Berichte über Diskriminierungen vorzulegen und Empfehlungen zu ihrer Beseitigung und Vermeidung abzugeben. Sie wird ferner präventiv arbei- ten. Der Stelle wird ein beratender Beirat beigeordnet. Artikel 2 enthält ein eigenständiges Gesetz zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten vor Diskriminierungen. Artikel 3 enthält Folgeänderungen bestehender Gesetze, darunter des Arbeits- gerichtsgesetzes, des Betriebsverfassungsgesetzes, von SGB I, SGB III, SGB IV, SGB IX und des Soldatengesetzes.

C. Alternativen Keine

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand Keine

2. Vollzugsaufwand Die Errichtung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes verursacht Mehr- ausgaben zu Lasten des Bundeshaushalts. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes leistet umfassende Beratungsarbeit, führt Öffentlichkeitsarbeit und wis- senschaftliche Untersuchungen durch und erarbeitet Berichte und Empfehlun- gen. Die durch ihre Errichtung und Aufgabenwahrnehmung entstehenden Kos- ten werden auf jährlich ca. 5,6 Mio. Euro geschätzt. Über die bereits zu Artikel 1 angesetzten Kosten für die Errichtung der Anti- diskriminierungsstelle des Bundes (die auch im Rahmen des Artikels 2 eine Zuständigkeit erhalten wird) hinaus sind keine weiteren, durch Artikel 2 verur- sachten Mehrausgaben zu Lasten des Bundeshaushalts zu erwarten.

E. Sonstige Kosten Für Unternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, können aus der Anwendung der Vorschriften zusätzliche Kosten nur entstehen, wenn sie im Geschäftsverkehr unzulässige Unterscheidungen wegen der vom Gesetz ge- nannten Merkmale vornehmen. Sowohl Unternehmen als auch öffentliche Dienststellen können schadens- ersatzpflichtig werden, wenn sie Beschäftigte oder Bewerberinnen und Bewer- ber diskriminieren. Welche Kosten in solchen Fällen entstehen können, lässt sich nicht quantifizieren. Drucksache 15/4538 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Anbietern von Gütern und Dienstleistungen können zusätzliche Dokumenta- tionskosten in unwesentlicher Höhe entstehen. Gleiches gilt für die Kosten, die privatrechtlichen Versicherungsunternehmen wegen der gesteigerten Anforde- rungen an die Erstellung und Unterhaltung von Statistiken entstehen können. Auch auf Grund der §§ 12 und 13 des Artikels 2 kann der Dienstherr entschädi- gungs- oder schadensersatzpflichtig werden, wenn ihm Benachteiligungen zu Lasten der in § 6 genannten Personen entsprechend den gesetzlichen Vorgaben zuzurechnen sind. Welche Kosten in solchen Fällen entstehen können, lässt sich jedoch derzeit nicht quantifizieren.

F. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung Die arbeits-, sozial- und zivilrechtlichen Regelungen werden geschlechtsspezi- fisch unterschiedliche Wirkungen zeigen, da sich bereits die Ausgangssituation der von Diskriminierung Betroffenen geschlechtsspezifisch unterschiedlich darstellt. Es muss davon ausgegangen werden, dass Frauen bei allen Diskrimi- nierungsmerkmalen in besonderem Maße von unmittelbaren, insbesondere aber von mittelbaren Benachteiligungen betroffen sind. Daher ist es wichtig sicher- zustellen, dass Frauen auch von den neuen gesetzlichen Schutzmöglichkeiten Gebrauch machen. Das neue Recht stellt entsprechend dem Konzept der EU-Richtlinien individu- alrechtliche Ansprüche (vor allem Schadensersatzansprüche) für von Diskrimi- nierung Betroffene in den Mittelpunkt seines Schutzansatzes. Bei einer solch individuellen Rechtsverfolgung sind allerdings geschlechtsspezifisch unter- schiedliche Auswirkungen zu erwarten, da Frauen erfahrungsgemäß ihre Rechte in geringerem Umfang einklagen als Männer. Sie bedürfen daher einer besonderen Ermutigung, sich gegen Diskriminierungen zur Wehr zu setzen. Hierfür sind als flankierende Maßnahmen vorgesehen: – die Unterstützung durch Verbände bei der Rechtsdurchsetzung, – die Unterstützung durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die im Antidiskriminierungsbereich tätigen Beauftragten der Bundesregierung in Kooperation mit anderen Stellen auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sowie mit Nichtregierungsorganisationen, – gezielte Öffentlichkeitsarbeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit Beratung von Arbeitgebern, wie sie z. B. den innerbetrieblichen Schutz vor (sexuellen) Belästigungen, die insbesondere Frauen treffen, verbessern und transparent machen können. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4538

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen: (3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz Artikel 1 nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vor- schriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung dienen. (Antidiskriminierungsgesetz – ADG) § 3 Abschnitt 1 Begriffsbestimmungen Allgemeiner Teil (1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn § 1 eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine we- Ziel des Gesetzes niger günstige Behandlung als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines in Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Ge- § 1 genannten Grundes liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behin- bis 4 auch dann vor, wenn die unterschiedliche Behandlung derung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern wegen eines Merkmals erfolgt, das mit einem in § 1 genann- oder zu beseitigen. ten Grund in Zusammenhang steht, insbesondere im Fall ei- ner ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwan- § 2 gerschaft oder Mutterschaft. Anwendungsbereich (2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem (1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfah- sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug ren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegen- auf: über anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien 1. die Bedingungen – einschließlich Auswahlkriterien und oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich Einstellungsbedingungen – für den Zugang zu unselb- gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses ständiger und selbständiger Erwerbstätigkeit, unabhän- Ziels angemessen und erforderlich. gig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg; (3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn un- erwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genann- 2. die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließ- ten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder be- lich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbe- wirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt sondere in individual- und kollektivrechtlichen Verein- wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, An- barungen und Maßnahmen bei der Durchführung und feindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidi- Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie gungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. beim beruflichen Aufstieg; (4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in 3. den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Be- Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, rufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Be- sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte se- rufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der xuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung; bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuel- 4. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftig- len Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares An- ten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereini- bringen von pornographischen Darstellungen gehören, die gung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe in Absatz 3 beschriebenen Folgen bezweckt oder bewirkt. angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der (5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus Leistungen solcher Vereinigungen; einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine 5. den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und der Gesundheitsdienste; insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Ver- halten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäf- 6. die sozialen Vergünstigungen; tigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt 7. die Bildung; oder benachteiligen kann. 8. den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und § 4 Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung Unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Gründe stehen, einschließlich von Wohnraum. Bei einer unterschiedlichen Behandlung wegen mehrerer (2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten der in § 1 genannten Gründe muss sich die Zulässigkeit der § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des unterschiedlichen Behandlung auf jeden einzelnen Grund Vierten Buches Sozialgesetzbuch. beziehen. Eine nach den §§ 8 bis 10 und 21 zulässige unter- Drucksache 15/4538 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode schiedliche Behandlung wegen eines der in § 1 genannten gen ihrer Ausübung eine unverzichtbare Voraussetzung Gründe rechtfertigt allein keine unterschiedliche Behand- für die Tätigkeit ist; lung aus einem anderen in § 1 genannten Grund. 2. eines sonstigen in § 1 genannten Grundes ist zulässig, § 5 wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Positive Maßnahmen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung Ungeachtet der in den §§ 8 bis 10 sowie in § 21 benann- darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforde- ten Gründe ist eine unterschiedliche Behandlung auch zu- rung angemessen ist. lässig, wenn durch geeignete und angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile wegen eines in § 1 genannten Grundes (2) Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung für verhindert oder ausgeglichen werden sollen. gleiche oder gleichwertige Arbeit wegen eines in § 1 genannten Grundes wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen eines in § 1 genannten Grundes besondere Schutz- Abschnitt 2 vorschriften gelten. Schutz der Beschäftigten vor Benachteiligung (3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für eine unterschied- Unterabschnitt 1 liche Behandlung wegen eines Merkmals, das im Zusam- Verbot der Benachteiligung menhang mit einem in § 1 genannten Grund steht. § 6 Persönlicher Anwendungsbereich § 9 Zulässige unterschiedliche Behandlung (1) Beschäftigte im Sinne dieses Gesetzes sind wegen der Religion oder Weltanschauung 1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer; (1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behand- 2. die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten; lung wegen der Religion oder Weltanschauung bei der Be- schäftigung durch Religionsgesellschaften und Vereinigun- 3. Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbststän- gen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltan- digkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen schauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine sind; zu diesen gehören auch die in Heimarbeit Beschäf- bestimmte Religion oder Weltanschauung angesichts des tigten und die ihnen Gleichgestellten. Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgesellschaft Als Beschäftigte gelten auch die Bewerberinnen und Be- oder Weltanschauungsvereinigung nach der Art der be- werber für ein Beschäftigungsverhältnis sowie die Perso- stimmten beruflichen Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer nen, deren Beschäftigungsverhältnis beendet ist. Ausübung eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfer- (2) Arbeitgeber (Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen) im tigte berufliche Anforderung darstellt. Sinne dieses Abschnitts sind natürliche und juristische Per- (2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der sonen sowie rechtsfähige Personengesellschaften, die Perso- Religion oder Weltanschauung berührt nicht die nach ande- nen nach Absatz 1 beschäftigen. Werden Beschäftigte einem ren Rechtsvorschriften bestehende Berechtigung der in Ab- Dritten zur Arbeitsleistung überlassen, so gilt auch dieser satz 1 genannten Religionsgesellschaften oder Weltanschau- als Arbeitgeber im Sinne dieses Abschnitts. Für die in ungsvereinigungen, von ihren Beschäftigten ein loyales und Heimarbeit Beschäftigten und die ihnen Gleichgestellten aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstver- tritt an die Stelle des Arbeitgebers der Auftraggeber oder ständnisses verlangen zu können. Zwischenmeister. § 10 § 7 Zulässige unterschiedliche Behandlung Benachteiligungsverbot wegen des Alters (1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genann- Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung ten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und ange- Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines messen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Die in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur an- Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und nimmt. erforderlich sein. Derartige unterschiedliche Behandlungen (2) Bestimmungen in individual- oder kollektivrechtli- können insbesondere Folgendes einschließen: chen Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot 1. die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam. zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie (3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitge- besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, ber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher einschließlich der Bedingungen für Entlohnung und Be- Pflichten. endigung des Beschäftigungsverhältnisses, um die beruf- liche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Beschäf- § 8 tigten und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern Zulässige unterschiedliche Behandlung oder ihren Schutz sicherzustellen; wegen beruflicher Anforderungen 2. die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, (1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang 1. des Geschlechts ist zulässig, wenn das Geschlecht wegen zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäfti- der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingun- gung verbundene Vorteile; Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/4538

3. die Festsetzung eines Höchstalters für die Einstellung hang mit ihrem Beschäftigungsverhältnis vom Arbeitgeber, auf Grund der spezifischen Ausbildungsanforderungen von Vorgesetzten, anderen Beschäftigten oder Dritten we- eines bestimmten Arbeitsplatzes oder auf Grund der gen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt fühlen. Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit Die Beschwerde ist zu prüfen und das Ergebnis der oder vor dem Eintritt in den Ruhestand; dem beschwerdeführenden Beschäftigten mitzuteilen. 4. die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen (2) Die Rechte der Arbeitnehmervertretungen bleiben Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung für unberührt. die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festset- § 14 zung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Leistungsverweigerungsrecht Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Ergreift der Arbeitgeber keine oder offensichtlich unge- Beschäftigten und die Verwendung von Alterskriterien eignete Maßnahmen zur Unterbindung einer Benachteili- im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathemati- gung im Einzelfall wegen eines in § 1 genannten Grundes, sche Berechnungen. sind die betroffenen Beschäftigten berechtigt, ihre Tätigkeit ohne Verlust des Arbeitsentgelts einzustellen, soweit dies zu Unterabschnitt 2 ihrem Schutz erforderlich ist. § 273 des Bürgerlichen Ge- Organisationspflichten des Arbeitgebers setzbuchs bleibt unberührt.

§ 11 § 15 Ausschreibung Entschädigung und Schadensersatz Ein Arbeitsplatz darf nicht unter Verstoß gegen § 7 (1) Verstößt der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungs- Abs. 1 ausgeschrieben werden. verbot des § 7 Abs. 1, so kann der oder die Beschäftigte zum Ausgleich des Schadens, der nicht Vermögensschaden § 12 ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers (2) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrecht- (1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen licher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflich- Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen tet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Der Arbeitgeber (3) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen einer Frist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässig- werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder keit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hin- eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung wirken, dass diese unterbleiben. und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benach- (2) Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungs- teiligung Kenntnis erlangt. verbot des § 7 Abs. 1, so hat der Arbeitgeber die im Einzel- fall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnah- (4) Verstößt der Arbeitgeber gegen das Benachteiligungs- men zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmah- verbot des § 7 Abs. 1, so ist er verpflichtet, den hierdurch nung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen. entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Im (3) Werden Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich durch Dritte nach § 7 Abs. 1 benachteiligt, so hat der Ar- aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. beitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten (5) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteili- zu ergreifen. gungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsaus- (4) Dieses Gesetz und § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes bildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sowie Informationen über die für die Behandlung von Be- sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechts- schwerden nach § 13 zuständigen Stellen sind im Betrieb grund. oder in der Dienststelle bekannt zu machen. Die Bekannt- machung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigne- § 16 ter Stelle oder den Einsatz der im Betrieb oder der Dienst- Entschädigung durch den Arbeitgeber stelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik bei Benachteiligung durch Dritte erfolgen. Der Arbeitgeber ist auch zur Zahlung einer Entschädi- gung nach § 15 verpflichtet, wenn die Benachteiligung we- Unterabschnitt 3 gen eines in § 1 genannten Grundes Rechte der Beschäftigten 1. durch Beschäftigte, die im Namen des Arbeitgebers ge- § 13 genüber anderen Beschäftigten Weisungen erteilen dür- Beschwerderecht fen, in Ausübung dieser Befugnisse erfolgt, oder (1) Die Beschäftigten haben das Recht, sich bei einer zu- 2. durch sonstige Beschäftigte oder Dritte erfolgt und der ständigen Stelle des Betriebs, des Unternehmens oder der Arbeitgeber seine Verpflichtung aus § 12 Abs. 1 bis 3 Dienststelle zu beschweren, wenn sie sich im Zusammen- schuldhaft verletzt hat. Drucksache 15/4538 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

§ 17 1. typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichba- Maßregelungsverbot ren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen (1) Der Arbeitgeber darf Beschäftigte nicht wegen der In- der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine anspruchnahme von Rechten nach diesem Abschnitt oder nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren wegen der Weigerung, eine gegen diesen Abschnitt versto- Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kom- ßende Anweisung auszuführen, benachteiligen. Gleiches men oder gilt für Personen, die den Beschäftigten hierbei unterstützen oder als Zeuginnen oder Zeugen aussagen. 2. eineprivatrechtlicheVersicherungzumGegenstandhaben, (2) Die Zurückweisung oder Duldung benachteiligender ist unzulässig. Verhaltensweisen durch betroffene Beschäftigte darf nicht (2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen werden, wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei die diese Beschäftigten berührt. Absatz 1 Satz 2 gilt entspre- der Begründung, Durchführung und Beendigung sonstiger chend. zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 (3) § 23 gilt entsprechend. Nr. 5 bis 8 unzulässig. (3) Für Benachteiligungen Beschäftigter gelten die Be- stimmungen des Abschnitts 2. Für andere zivilrechtliche Unterabschnitt 4 Sachverhalte im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 gelten die Ergänzende Vorschriften Bestimmungen des Abschnitts 2 entsprechend. § 18 (4) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine An- Soziale Verantwortung der Beteiligten wendung auf familien- und erbrechtliche Schuldverhält- (1) Tarifvertragsparteien, Arbeitgeber, Beschäftigte und nisse. deren Vertretungen sind aufgefordert, im Rahmen ihrer Auf- (5) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine An- gaben und Handlungsmöglichkeiten an der Verwirklichung wendung auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse, bei denen des in § 1 genannten Ziels mitzuwirken. ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien (2) Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschrif- oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnis- ten aus diesem Abschnitt kann der Betriebsrat oder eine im sen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien Betrieb vertretene Gewerkschaft unter der Voraussetzung oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grund- des § 23 Abs. 3 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes die stück nutzen. dort genannten Rechte gerichtlich geltend machen; § 23 Abs. 3 Satz 2 bis 5 des Betriebsverfassungsgesetzes gilt ent- § 21 sprechend. Zulässige unterschiedliche Behandlung § 19 Eine Verletzung des Benachteiligungsverbots ist nicht gegeben, wenn für eine unterschiedliche Behandlung wegen Mitgliedschaft in Vereinigungen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, (1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten entspre- des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts ein chend für die Mitgliedschaft oder die Mitwirkung in einer sachlicher Grund vorliegt. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn die unterschiedliche Behandlung 1. Vereinigung der Arbeitgeber oder Beschäftigten, 1. der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schä- 2. Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufs- den oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient; gruppe angehören oder die eine überragende Machtstel- lung im wirtschaftlichen oder sozialen Bereich inne- 2. dem Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der haben, wenn ein grundlegendes Interesse am Erwerb der persönlichen Sicherheit Rechnung trägt; Mitgliedschaft besteht, 3. besondere Vorteile gewährt und ein Interesse an der sowie deren jeweiligen Zusammenschlüssen. Durchsetzung der Gleichbehandlung fehlt; (2) Wenn die Ablehnung einen Verstoß gegen das Be- 4. an die Religion oder Weltanschauung eines Menschen an- nachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 darstellt, besteht ein knüpft und im Hinblick auf die Ausübung der Religions- Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung in den in Ab- oder Weltanschauungsfreiheit oder auf das Selbstbestim- satz 1 genannten Vereinigungen. mungsrecht der Religionsgemeinschaften sowie der Ver- einigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Weltanschauung zur Aufgabe machen, gerechtfertigt ist; Abschnitt 3 5. bei privatrechtlichen Versicherungsverträgen darin be- Schutz vor Benachteiligung im Zivilrechtsverkehr steht, dass ein in Satz 1 genannter Grund ein bestimmen- § 20 der Faktor bei einer auf relevanten und genauen versi- Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot cherungsmathematischen und statistischen Daten beru- henden Risikobewertung ist. Kosten, die im Zusammen- (1) Eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten hang mit Schwangerschaft und Entbindung entstehen, Grundes bei der Begründung, Durchführung und Beendi- dürfen nicht geschlechtsspezifisch in Ansatz gebracht gung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die werden. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/4538

§ 22 (3) Antidiskriminierungsverbänden ist im Rahmen ihres Ansprüche Satzungszwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Benachteiligter gestattet. (1) Der Benachteiligte kann bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot unbeschadet weiterer Ansprüche (4) Benachteiligte können eine auf Schadensersatz oder die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind wei- Entschädigung in Geld gerichtete Forderung wegen eines tere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann er auf Unter- Verstoßes gegen ein Benachteiligungsverbot nach diesem lassung klagen. Gesetz abtreten. Antidiskriminierungsverbände sind im Rahmen ihres Satzungszwecks zur außergerichtlichen und (2) Im Fall einer Vertragsverweigerung kann der Benach- gerichtlichen Einziehung von an sie nach Satz 1 abgetrete- teiligte den Abschluss eines Vertrages nur verlangen, wenn nen Forderungen befugt. dieser ohne Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot er- (5) Besondere Klagerechte und Vertretungsbefugnisse folgt wäre. Die Leistung muss hinreichend bestimmt sein; von Verbänden zu Gunsten von behinderten Menschen blei- die Gegenleistung ist im Zweifel nach § 315 Abs. 3 und ben unberührt. § 316 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu ermitteln. (3) Bei einer Verletzung des Benachteiligungsverbotes ist Abschnitt 5 der Benachteiligende verpflichtet, den hierdurch entstande- Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche nen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Benach- Dienstverhältnisse teiligende die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. We- § 25 gen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Sonderregelung für öffentlich-rechtliche der Benachteiligte eine angemessene Entschädigung in Geld Dienstverhältnisse verlangen. Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten unter Berück- (4) Ansprüche aus unerlaubter Handlung bleiben unbe- sichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend rührt. für (5) Auf eine Vereinbarung, die von dem Benachteili- 1. Beamtinnen und Beamte des Bundes, der Länder, der Ge- gungsverbot abweicht, kann sich der Benachteiligende nicht meinden, der Gemeindeverbände sowie der sonstigen der berufen. Aufsicht des Bundes oder eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffent- lichen Rechts, Abschnitt 4 Rechtsschutz 2. Richterinnen und Richter des Bundes und der Länder.

§ 23 Abschnitt 6 Beweislast Antidiskriminierungsstelle Wenn im Streitfall die eine Partei Tatsachen glaubhaft § 26 macht, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genann- Antidiskriminierungsstelle des Bundes ten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Be- (1) Beim Bundesministerium für Familie, Senioren, weislast dafür, dass andere als in § 1 genannte, sachliche Frauen und Jugend wird unbeschadet der Zuständigkeit der Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen oder Beauftragten des Deutschen Bundestages oder der Bundes- die unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 genann- regierung die Stelle des Bundes zum Schutz vor Benachtei- ten Grundes nach Maßgabe dieses Gesetzes zulässig ist. ligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes (Antidiskri- minierungsstelle des Bundes) errichtet. § 24 (2) Der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist die für Unterstützung durch Antidiskriminierungsverbände die Erfüllung ihrer Aufgaben notwendige Personal- und (1) Antidiskriminierungsverbände sind Personenzusam- Sachausstattung zur Verfügung zu stellen. Sie ist im Einzel- menschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorü- plan des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen bergehend entsprechend ihrer Satzung die besonderen Inte- und Jugend in einem eigenen Kapitel auszuweisen. ressen von benachteiligten Personen oder Personengruppen nach Maßgabe von § 1 wahrnehmen. Die Befugnisse nach § 27 den Absätzen 2 bis 4 stehen ihnen zu, wenn sie mindestens Rechtsstellung der Leitung 75 Mitglieder haben oder einen Zusammenschluss aus min- der Antidiskriminierungsstelle des Bundes destens sieben Verbänden bilden. (1) Der Bundespräsident ernennt auf Vorschlag der Bun- (2) Antidiskriminierungsverbände sind befugt, im Rah- desregierung eine Person zur Leitung der Antidiskriminie- men ihres Satzungszwecks in gerichtlichen Verfahren, in de- rungsstelle des Bundes. Sie steht nach Maßgabe dieses Ge- nen eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, mit setzes in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis zum Ausnahme von Strafverfahren als Bevollmächtigte und Bei- Bund. Sie ist in Ausübung ihres Amtes unabhängig und nur stände Benachteiligter in der Verhandlung aufzutreten. Die dem Gesetz unterworfen. Vorschriften der Verfahrensordnungen, nach denen Bevoll- (2) Das Amtsverhältnis beginnt mit der Aushändigung mächtigten und Beiständen weiterer Vortrag untersagt wer- der Urkunde über die Ernennung durch den Bundespräsi- den kann, bleiben unberührt. denten. Bei der Amtsübernahme ist vor dem für Familie, Drucksache 15/4538 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Senioren, Frauen und Jugend zuständigen Mitglied der Bun- che der Beauftragten der Bundesregierung oder des Deut- desregierung der in Artikel 56 des Grundgesetzes vorgese- schen Bundestages berührt sind: hene Eid zu leisten. 1. Öffentlichkeitsarbeit, (3) Das Amtsverhältnis endet außer durch Tod 2. Maßnahmen zur Verhinderung von Benachteiligungen 1. mit dem Zusammentreten eines neuen Bundestages, aus den in § 1 genannten Gründen, 2. durch Ablauf der Amtszeit mit Erreichen der Altersgrenze 3. Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen zu die- nach § 41 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes, sen Benachteiligungen. 3. mit der Entlassung. (4) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die Der Bundespräsident entlässt die Leitung der Antidiskrimi- Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bun- nierungsstelle des Bundes auf deren Verlangen oder auf destages legen gemeinsam dem Deutschen Bundestag alle Vorschlag der Bundesregierung, wenn Gründe vorliegen, vier Jahre Berichte über Benachteiligungen aus den in § 1 die bei einer Richterin oder einem Richter auf Lebenszeit genannten Gründen vor und geben Empfehlungen zur die Entlassung aus dem Dienst rechtfertigen. Im Falle der Beseitigung und Vermeidung dieser Benachteiligungen. Sie Beendigung des Amtsverhältnisses erhält die Leitung der können gemeinsam wissenschaftliche Untersuchungen zu Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine vom Bundes- Benachteiligungen durchführen. präsidenten vollzogene Urkunde. Die Entlassung wird mit (5) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die der Aushändigung der Urkunde wirksam. Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bun- (4) Das Rechtsverhältnis der Leitung der Antidiskrimi- destages sollen bei Benachteiligungen aus mehreren der in nierungsstelle des Bundes gegenüber dem Bund wird durch § 1 genannten Gründe zusammenarbeiten. Vertrag mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geregelt. Der Vertrag bedarf der Zustim- § 29 mung der Bundesregierung. Befugnisse (5) Wird eine Bundesbeamtin oder ein Bundesbeamter (1) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann in zur Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes be- Fällen des § 28 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Beteiligte um Stellung- stellt, scheidet er oder sie mit Beginn des Amtsverhältnis- nahmen ersuchen, soweit die Person, die sich nach § 28 ses aus dem bisherigen Amt aus. Für die Dauer des Amts- Abs. 1 an sie gewandt hat, hierzu ihr Einverständnis erklärt. verhältnisses ruhen die aus dem Beamtenverhältnis be- (2) Alle Bundesbehörden und sonstigen öffentlichen gründeten Rechte und Pflichten mit Ausnahme der Pflicht Stellen im Bereich des Bundes sind verpflichtet, die Anti- zur Amtsverschwiegenheit und des Verbots der Annahme diskriminierungsstelle des Bundes bei der Erfüllung ihrer von Belohnungen oder Geschenken. Bei unfallverletzten Aufgaben zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Beamtinnen oder Beamten bleiben die gesetzlichen An- Auskünfte zu erteilen und Akteneinsicht zu gewähren. Die sprüche auf das Heilverfahren und einen Unfallausgleich Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten blei- unberührt. ben unberührt. § 28 Aufgaben § 30 Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen (1) Wer der Ansicht ist, wegen eines in § 1 genannten und anderen Einrichtungen Grundes benachteiligt worden zu sein, kann sich an die An- tidiskriminierungsstelle des Bundes wenden. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll bei ihrer Tätigkeit Nichtregierungsorganisationen sowie Einrichtun- (2) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter- gen, die auf europäischer, Bundes-, Landes- oder regionaler stützt Personen, die sich nach Absatz 1 an sie wenden, bei Ebene zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in der Durchsetzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteili- § 1 genannten Grundes tätig sind, in geeigneter Form einbe- gungen. Hierzu kann sie insbesondere ziehen. 1. über Ansprüche und die Möglichkeiten des rechtlichen Vorgehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum § 31 Schutz vor Benachteiligungen informieren, Beirat 2. Beratung durch andere Stellen vermitteln, (1) Zur Förderung des Dialogs mit gesellschaftlichen Gruppen und Organisationen, die sich den Schutz vor Be- 3. Eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstre- nachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes ben. zum Ziel gesetzt haben, wird der Antidiskriminierungs- Soweit andere Stellen des Bundes, insbesondere die Beauf- stelle des Bundes ein Beirat beigeordnet. Der Beirat berät tragten des Deutschen Bundestages oder der Bundesregie- die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bei der Vorlage rung, oder Stellen der Länder oder Kommunen entspre- von Berichten und Empfehlungen an den Deutschen Bun- chend tätig sind, leitet die Antidiskriminierungsstelle des destag nach § 28 Abs. 4 und kann hierzu sowie zu wis- Bundes die Anliegen der in Absatz 1 genannten Personen senschaftlichen Untersuchungen nach § 28 Abs. 3 Nr. 3 unverzüglich an diese weiter. eigene Vorschläge unterbreiten. (3) Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes nimmt (2) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, folgende Aufgaben wahr, soweit nicht die Tätigkeitsberei- Frauen und Jugend beruft im Einvernehmen mit der Leitung Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 11 – Drucksache 15/4538 der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie den ent- Artikel 2 sprechend tätigen Beauftragten der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages die Mitglieder dieses Beirats Gesetz zum Schutz der Soldatinnen und Soldaten und für jedes Mitglied eine Stellvertretung. In den Beirat vor Diskriminierungen sollen Vertreterinnen und Vertreter gesellschaftlicher Grup- (Soldatinnen- und Soldaten- pen und Organisationen sowie Expertinnen und Experten in Antidiskriminierungsgesetz – SADG) Benachteiligungsfragen berufen werden. Die Gesamtzahl Abschnitt 1 der Mitglieder des Beirats soll 16 Personen nicht über- Allgemeiner Teil schreiten. Der Beirat soll zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern besetzt sein. § 1 Ziel des Gesetzes (3) Der Beirat gibt sich eine Geschäftsordnung, die der Zustimmung des Bundesministeriums für Familie, Senio- (1) Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Grün- ren, Frauen und Jugend bedarf. den der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion, der Weltanschauung oder der sexuellen Identität für den Dienst (4) Die Mitglieder des Beirats üben die Tätigkeit nach als Soldatin oder Soldat zu verhindern oder zu beseitigen. diesem Gesetz ehrenamtlich aus. Sie haben Anspruch auf Aufwandsentschädigung sowie Reisekostenvergütung, Ta- (2) Ziel des Gesetzes ist es auch, Soldatinnen und Solda- gegelder und Übernachtungsgelder. Näheres regelt die Ge- ten vor Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts in schäftsordnung. Form von Belästigung und sexueller Belästigung im Dienst- betrieb zu schützen. (3) Alle Soldatinnen und Soldaten, insbesondere solche Abschnitt 7 mit Vorgesetzten- und Führungsaufgaben, sind in ihrem Schlussvorschriften Aufgabenbereich aufgefordert, an der Verwirklichung dieser § 32 Ziele mitzuwirken. Dies gilt auch für den Dienstherrn, für Unabdingbarkeit Personen und Gremien, die Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz wahrnehmen, und für Gleich- Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nicht zuun- stellungsbeauftragte und deren Stellvertreterinnen. gunsten der geschützten Personen abgewichen werden. § 2 § 33 Anwendungsbereich Schlussbestimmung (1) Dieses Gesetz findet Anwendung auf Soweit in diesem Gesetz nicht Abweichendes bestimmt 1. Maßnahmen bei der Begründung, Ausgestaltung und Be- ist, gelten die allgemeinen Bestimmungen. endigung eines Dienstverhältnisses und beim beruflichen Aufstieg sowie auf den Dienstbetrieb; hierzu zählen ins- § 34 besondere Auswahlkriterien und Einstellungsbedingun- Übergangsbestimmungen gen sowie die Ausgestaltung des Dienstes; (1) Bei Benachteiligungen nach den §§ 611a, 611b 2. den Zugang zu allen Formen und Ebenen der soldatischen und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder sexuel- Ausbildung, Fort- und Weiterbildung und beruflicher För- len Belästigungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz derungsmaßnahmen einschließlich der praktischen Be- [vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406, 1412)] ist das vor rufserfahrung; dem … (einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Geset- 3. die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einem Berufsver- zes) maßgebliche Recht anzuwenden. band oder in einer sonstigen Interessenvertretung von Sol- (2) Bei Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder datinnen und Soldaten, einschließlich der Inanspruch- wegen der ethnischen Herkunft sind die §§ 20 bis 22 nicht nahme der Leistungen solcher Organisationen. auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem … (ein- (2) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder setzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes) begründet Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht worden sind. Satz 1 gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse, berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die vor dem … (einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen. Gesetzes) begründet worden sind und nach diesem Zeit- punkt fortbestehen. § 3 (3) Bei Benachteiligungen wegen des Geschlechts, der Begriffsbestimmungen Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Al- (1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine ters oder der sexuellen Identität sind die §§ 20 bis 22 nicht Person wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes eine we- auf Schuldverhältnisse anzuwenden, die vor dem … (einset- niger günstige Behandlung als eine andere Person in einer zen: Erster Tag des vierten auf die Verkündung dieses Ge- vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren setzes folgenden Kalendermonats) begründet worden sind. würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen eines in § 1 Satz 1 gilt nicht für Dauerschuldverhältnisse, die vor dem Abs. 1 genannten Grundes liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 … (einsetzen: Erster Tag des vierten auf die Verkündung bis 3 auch dann vor, wenn die unterschiedliche Behandlung dieses Gesetzes folgenden Kalendermonats) begründet wor- wegen eines Merkmals erfolgt, das mit einem in § 1 Abs. 1 den sind und nach diesem Zeitpunkt fortbestehen. genannten Grund in Zusammenhang steht. Drucksache 15/4538 – 12 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem 2. Personen, die zu einer Einberufung zum Wehrdienst nach Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfah- Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes heranstehen oder die ren Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes sich um die Begründung eines Wehrdienstverhältnisses in besonderer Weise gegenüber anderen Personen benach- auf Grund freiwilliger Verpflichtung bewerben. teiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel § 7 sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung Benachteiligungsverbot dieses Ziels angemessen und erforderlich. (1) Die in § 6 genannten Personen dürfen nicht wegen (3) Eine Belästigung als Form der Benachteiligung liegt vor, eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes benachteiligt wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 werden. Dies gilt auch, wenn die Soldatin oder der Soldat, Abs. 1 oder 2 genannten Grund in Zusammenhang stehen, be- die oder der die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines zwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden in § 1 Abs. 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchte- nur annimmt. rungen, Anfeindungen,Erniedrigungen,Entwürdigungenoder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird. (2) Jede Belästigung, sexuelle Belästigung und Anwei- sung zu einer solchen Handlungsweise ist eine Verletzung (4) Eine sexuelle Belästigung als Form der Benachteili- dienstlicher Pflichten und Soldatinnen und Soldaten unter- gung liegt vor, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes sagt. Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körper- liche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie § 8 unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von porno- Zulässige unterschiedliche Behandlung graphischen Darstellungen gehören, die in Absatz 3 be- wegen beruflicher Anforderungen schriebenen Folgen bezweckt oder bewirkt. (1) Eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 (5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus Abs. 1 genannten Grundes ist zulässig, wenn dieser Grund einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund gilt als Benachteili- wegen der Art der dienstlichen Tätigkeit oder der Bedingun- gung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 gen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende be- Nr. 1 bis 3 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu rufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmä- einem Verhalten bestimmt, das eine der in § 6 genannten ßig und die Anforderung angemessen ist. Personen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes be- (2) Dies gilt auch für eine unterschiedliche Behandlung nachteiligt oder benachteiligen kann. wegen eines Merkmals, das in Zusammenhang mit einem in § 1 Abs. 1 genannten Grund steht. § 4 Unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Gründe Unterabschnitt 2 Organisationspflichten des Dienstherrn (1) Bei einer unterschiedlichen Behandlung wegen meh- rerer in § 1 Abs. 1 genannter Gründe muss sich die Zuläs- § 9 sigkeit der unterschiedlichen Behandlung auf jeden einzel- Personalwerbung; Dienstpostenbekanntgabe nen Grund beziehen. Anzeigen der Personalwerbung sowie Dienstposten für (2) Eine nach § 8 zulässige unterschiedliche Behandlung Soldatinnen und Soldaten dürfen nicht unter Verstoß gegen wegen eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes rechtfertigt § 7 Abs. 1 bekannt gegeben werden. allein keine unterschiedliche Behandlung aus einem ande- ren in § 1 Abs. 1 genannten Grund. § 10 Maßnahmen und Pflichten des Dienstherrn § 5 Positive Maßnahmen (1) Der Dienstherr ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung eines in § 1 Abs. 1 genannten Grundes und zum Schutz auch zulässig, wenn durch geeignete und angemessene vor den in § 1 Abs. 2 genannten Handlungen zu treffen. Maßnahmen tatsächliche Nachteile wegen eines in § 1 Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen. Abs. 1 genannten Grundes verhindert oder ausgeglichen werden sollen. (2) Der Dienstherr soll in geeigneter Art und Weise, ins- besondere im Rahmen der Fortbildung, auf die Unzulässig- Abschnitt 2 keit solcher Benachteiligungen und Handlungen hinweisen Schutz vor Benachteiligung und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Unterabschnitt 1 (3) Bei Verstößen gegen die Verbote des § 7 hat der Verbot der Benachteiligung Dienstherr die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen dienstrechtlichen Maßnahmen zur Unterbin- § 6 dung der Benachteiligung zu ergreifen. Persönlicher Anwendungsbereich (4) Werden in § 6 genannte Personen bei der Ausübung Dieses Gesetz dient dem Schutz von ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 benachteiligt, so hat 1. Soldatinnen und Soldaten, der Dienstherr die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 13 – Drucksache 15/4538 und angemessenen Maßnahmen zu ihrem Schutz zu er- 1. durch Personen, die im Auftrag des Dienstherrn gegen- greifen. über Soldatinnen und Soldaten Weisungen erteilen dür- (5) Die Vorschriften dieses Gesetzes sowie Abschnitt 6 fen, in Ausübung dieser Befugnisse erfolgt oder des Antidiskriminierungsgesetzes sind in den Dienststellen 2. durch Dritte erfolgt und der Dienstherr seine Verpflich- und Truppenteilen der Streitkräfte bekannt zu machen. Die tung aus § 10 Abs. 1 bis 4 schuldhaft verletzt hat. Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder durch den Einsatz der in den Dienst- § 14 stellen und Truppenteilen üblichen Informations- und Kom- Maßregelungsverbot munikationstechnik erfolgen. (1) Der Dienstherr darf eine in § 6 genannte Person nicht wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach diesem Ab- Unterabschnitt 3 schnitt oder wegen der Weigerung, eine gegen diesen Ab- Rechte der in § 6 genannten Personen schnitt verstoßende Weisung auszuführen, benachteiligen. § 11 Gleiches gilt für Personen, die eine in § 6 genannte Person Beschwerderecht hierbei unterstützen oder als Zeuginnen oder Zeugen aussa- (1) Soldatinnen und Soldaten, die sich von Dienststellen gen. der Bundeswehr, von Vorgesetzten oder von Kameradinnen (2) Die Zurückweisung oder Duldung benachteiligender oder Kameraden wegen eines in § 1 Abs. 1 oder 2 genann- Verhaltensweisen durch betroffene, in § 6 genannte Perso- ten Grundes benachteiligt fühlen, können sich beschweren. nen darf nicht als Grundlage für eine Entscheidung herange- Das Nähere regelt die Wehrbeschwerdeordnung. zogen werden, die diese Personen berührt. Absatz 1 Satz 2 (2) Die in § 6 Nr. 2 genannten Personen können sich gilt entsprechend. wegen einer in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Benachteiligung (3) § 16 gilt entsprechend. bei der für ihre Einberufung oder Bewerbung zuständigen Stelle der Bundeswehr beschweren. Diese hat die Be- § 15 schwerde zu prüfen und das Ergebnis der beschwerdefüh- Mitgliedschaft in Vereinigungen renden Person mitzuteilen. (1) Die Vorschriften dieses Abschnitts gelten entspre- § 12 chend für die Mitgliedschaft oder die Mitwirkung in Entschädigung und Schadensersatz 1. einem Berufsverband der Soldatinnen und Soldaten, (1) Verstößt der Dienstherr gegen das Benachteiligungs- 2. einer sonstigen Interessenvertretung von Soldatinnen und verbot des § 7 zum Nachteil einer in § 6 genannten Person, Soldaten, insbesondere wenn deren Mitglieder einer so kann diese zum Ausgleich des Schadens, der nicht Ver- bestimmten Verwendungsgruppe angehören, wenn ein mögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in grundlegendes Interesse am Erwerb der Mitgliedschaft Geld verlangen. besteht, (2) Ein Anspruch nach Absatz 1 muss innerhalb einer sowie deren jeweiligen Zusammenschlüssen. Frist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht wer- den. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines (2) Wenn die Ablehnung einen Verstoß gegen das Be- beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung, in nachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 darstellt, besteht ein den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeit- Anspruch auf Mitgliedschaft oder Mitwirkung in den in Ab- punkt, in dem die in § 6 genannte Person von der Benachtei- satz 1 genannten Vereinigungen. ligung Kenntnis erlangt. Abschnitt 3 (3) Verstößt der Dienstherr gegen das Benachteiligungs- Rechtsschutz verbot des § 7, so ist er verpflichtet, den hierdurch entstan- denen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der § 16 Dienstherr die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. Im Beweislast Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Dienstherrn, die sich Wenn im Streitfall die eine Partei Tatsachen glaubhaft aus sonstigen allgemeinen Rechtsvorschriften ergeben, macht, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 Abs. 1 unberührt. genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei (4) Ein Verstoß des Dienstherrn gegen das Benachteili- die Beweislast dafür, dass andere als in § 1 Abs. 1 genannte, gungsverbot des § 7 begründet keinen Anspruch auf Be- sachliche Gründe die unterschiedliche Behandlung rechtfer- gründung eines Dienstverhältnisses, auf eine Maßnahme der tigen oder die unterschiedliche Behandlung wegen eines in Ausbildung oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein § 1 Abs. 1 genannten Grundes nach Maßgabe dieses Geset- solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund. zes zulässig ist.

§ 13 § 17 Entschädigung durch den Dienstherrn Unterstützung durch Antidiskriminierungsverbände bei Benachteiligung durch Dritte (1) Antidiskriminierungsverbände sind Personenzusam- Der Dienstherr ist auch zur Zahlung einer Entschädigung menschlüsse, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorü- nach § 12 verpflichtet, wenn die Benachteiligung wegen bergehend entsprechend ihrer Satzung die besonderen Inte- eines in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten Grundes ressen der in § 6 genannten Personen im Rahmen einer Drucksache 15/4538 – 14 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Benachteiligung nach § 1 Abs. 1 oder 2 wahrnehmen. Die ten Verbände bei der Geltendmachung eines Rechts Befugnisse nach den Absätzen 2 bis 4 stehen ihnen zu, wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungs- wenn sie mindestens 75 Mitglieder haben oder einen Zu- verbot nach § 7 Abs. 1 des Antidiskriminierungsgeset- sammenschluss aus mindestens sieben Verbänden bilden. zes, wenn diese Personen kraft Satzung oder Voll- (2) Antidiskriminierungsverbände sind befugt, im Rah- macht zur Vertretung befugt sind.“ men ihres Satzungszwecks in gerichtlichen Verfahren, in b) In Absatz 3 Satz 2 wird die Angabe „Satz 2 bis 5“ durch denen eine Vertretung durch Anwälte nicht geboten ist, mit die Angabe „Satz 2 bis 6“ ersetzt. Ausnahme von Strafverfahren als Bevollmächtigte und 2. § 61b wird wie folgt gefasst: Beistände der in § 6 genannten Personen in der Verhandlung aufzutreten. Die Vorschriften der Verfahrensordnungen, „§ 61b nach denen Bevollmächtigten und Beiständen weiterer Vor- Klage wegen Benachteiligung trag untersagt werden kann, bleiben unberührt. Eine Klage auf Entschädigung nach den §§ 15 und 16 (3) Antidiskriminierungsverbänden ist im Rahmen ihres des Antidiskriminierungsgesetzes muss innerhalb von Satzungszwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend der in § 6 genannten Personen gestattet. gemacht worden ist, erhoben werden.“ (4) In § 6 genannte Personen können eine auf Schadens- (2) Artikel 2 des Arbeitsrechtlichen EG-Anpassungsge- ersatz oder Entschädigung in Geld gerichtete Forderung we- setzes vom 13. August 1980 (BGBl. I S. 1308), das zuletzt gen eines Verstoßes gegen ein Benachteiligungsverbot nach durch Artikel 9 des Gesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl. I § 7 abtreten. Antidiskriminierungsverbände sind im Rah- S. 1406) geändert worden ist, wird aufgehoben. men ihres Satzungszwecks zur außergerichtlichen und ge- (3) § 75 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes in der richtlichen Einziehung von an sie nach Satz 1 abgetretenen Fassung der Bekanntmachung vom 25. September 2001 Forderungen befugt. (BGBl. I S. 2518), das zuletzt durch … vom … (BGBl. I (5) Besondere Klagerechte und Vertretungsbefugnisse S. …) geändert worden ist, wird wie folgt gefasst: von Verbänden zu Gunsten von behinderten Menschen blei- ben unberührt. „(1) Arbeitgeber und Betriebsrat haben darüber zu wa- chen, dass alle im Betrieb tätigen Personen nach den Grund- Abschnitt 4 sätzen von Recht und Billigkeit behandelt werden, insbe- Ergänzende Vorschriften sondere, dass jede Benachteiligung von Personen aus Grün- den ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer § 18 Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, Antidiskriminierungsstelle des Bundes ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ih- Abschnitt 6 des Antidiskriminierungsgesetzes über die res Alters, ihrer politischen oder gewerkschaftlichen Betäti- Antidiskriminierungsstelle des Bundes findet im Rahmen gung oder Einstellung oder wegen ihres Geschlechts oder dieses Gesetzes Anwendung. ihrer sexuellen Identität unterbleibt.“ (4) § 67 Abs. 1 Satz 1 des Bundespersonalvertretungsge- § 19 setzes vom 15. März 1974 (BGBl. I S. 693), das zuletzt Unabdingbarkeit durch … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt Von den Vorschriften dieses Gesetzes kann nicht zu Un- gefasst: gunsten der Soldatinnen und Soldaten abgewichen werden. „Dienststelle und Personalvertretung haben darüber zu wachen, dass alle Angehörigen der Dienststelle nach Recht § 20 und Billigkeit behandelt werden, insbesondere, dass jede Übergangsvorschrift Benachteiligung von Personen aus Gründen ihrer Rasse Erfolgen Benachteiligungen in Form sexueller Belästi- oder wegen ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Abstammung gungen nach dem Beschäftigtenschutzgesetz vom 24. Juni oder sonstigen Herkunft, ihrer Nationalität, ihrer Religion 1994 (BGBl. I S. 1406, 1412) vor dem … (einsetzen: oder Weltanschauung, ihrer Behinderung, ihres Alters, ihrer Datum des Inkrafttretens des Gesetzes), ist das zu diesem politischen oder gewerkschaftlichen Betätigung oder Ein- Zeitpunkt geltende Recht anzuwenden. stellung oder wegen ihres Geschlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.“ Artikel 3 (5) § 8 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes in der Fas- sung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl. I Änderungen in anderen Gesetzen S. 675), das zuletzt durch … vom … (BGBl. I S. …) geän- (1) Das Arbeitsgerichtsgesetz in der Fassung der Be- dert worden ist, wird wie folgt gefasst: kanntmachung vom 2. Juli 1979 (BGBl. I S. 853, 1036), „(1) Die Bewerber sind durch Stellenausschreibung zu zuletzt geändert durch Artikel 5 Nr. 1 des Gesetzes vom ermitteln. Ihre Auslese ist nach Eignung, Befähigung und 18. Mai 2004 (BGBl. I S. 74), wird wie folgt geändert: fachlicher Leistung ohne Rücksicht auf Geschlecht, Ab- 1. § 11 wird wie folgt geändert: stammung, Rasse oder ethnische Herkunft, Behinderung, Religion oder Weltanschauung, politische Anschauungen, a) Dem Absatz 1 wird folgender Satz angefügt: Herkunft, Beziehungen oder sexuelle Identität vorzuneh- „Zulässig ist auch eine Vertretung durch Vertreter der men. Dem stehen gesetzliche Maßnahmen zur Förderung in § 24 des Antidiskriminierungsgesetzes bezeichne- von Beamtinnen zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleich- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 15 – Drucksache 15/4538 stellung im Erwerbsleben, insbesondere Quotenregelungen „§ 19a Benachteiligungsverbot“. mit Einzelfallprüfungen, sowie gesetzliche Maßnahmen zur 2. In § 1 Abs. 2 wird die Angabe „§§ 18f und 18g“ durch Förderung schwerbehinderter Menschen nicht entgegen.“ die Angabe „§§ 18f, 18g und 19a“ ersetzt. (6) § 27 Abs. 1 des Sprecherausschussgesetzes vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I S. 2312), das zuletzt durch … 3. Im Zweiten Abschnitt Erster Titel wird nach § 19 folgen- vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, wird wie folgt der § 19a angefügt: gefasst: „§ 19a „(1) Arbeitgeber und Sprecherausschuss haben darüber Benachteiligungsverbot zu wachen, dass alle leitenden Angestellten des Betriebs Bei der Inanspruchnahme von Leistungen, die den nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsbe- werden, insbesondere, dass jede Benachteiligung von Perso- ratung, der Berufsbildung, der beruflichen Weiterbil- nen aus Gründen ihrer Rasse oder wegen ihrer ethnischen dung, der Umschulung einschließlich der praktischen Herkunft, ihrer Abstammung oder sonstigen Herkunft, ihrer Berufserfahrung betreffen, darf niemand aus Gründen Nationalität, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihrer Be- der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des hinderung, ihres Alters, ihrer politischen oder gewerkschaft- Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer lichen Betätigung oder Einstellung oder wegen ihres Ge- Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität schlechts oder ihrer sexuellen Identität unterbleibt.“ benachteiligt werden. Ansprüche können nur insoweit (7) Das Erste Buch Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil – geltend gemacht oder hergeleitet werden, als deren (Artikel I des Gesetzes vom 11. Dezember 1975, BGBl. I Voraussetzungen und Inhalt durch die Vorschriften der S. 3015), zuletzt geändert durch …, wird wie folgt geändert: besonderen Teile dieses Gesetzbuches im Einzelnen bestimmt sind.“ 1. In der Inhaltsübersicht werden nach der Angabe „§ 33a Altersabhängige Rechte und Pflichten“ (10) In § 36 Satz 3 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch folgende Angaben eingefügt: – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – (Ar- tikel 1 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl. I S. 1046, „§ 33b Lebenspartnerschaften 1047), das zuletzt durch … vom … (BGBl. I S. …) geändert „§ 33c Benachteiligungsverbot“. worden ist, werden nach den Wörtern „den Arbeitsschutz,“ 2. Nach § 33b wird folgender § 33c eingefügt: die Wörter „den Schutz vor Diskriminierungen in Beschäfti- „§ 33c gung und Beruf,“ eingefügt. Benachteiligungsverbot (11) Das Bundesgleichstellungsgesetz vom 30. Novem- Bei der Inanspruchnahme sozialer Rechte darf ber 2001(BGBl. I S. 3234), wird wie folgt geändert: niemand aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen 1. § 5 wird wie folgt geändert: Herkunft oder einer Behinderung benachteiligt werden. Ansprüche können nur insoweit geltend gemacht oder a) Absatz 2 wird aufgehoben. hergeleitet werden, als deren Voraussetzungen und Inhalt b) Die Absatzbezeichnung „(1)“ wird gestrichen. durch die Vorschriften der besonderen Teile dieses Ge- setzbuches im Einzelnen bestimmt sind.“ 2. In § 19 Abs. 1 Satz 1 werden die Wörter „des Beschäf- tigtenschutzgesetzes“ durch die Wörter „des Gesetzes (8) § 36 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch zum Schutz vor Diskriminierung im Hinblick auf den – Arbeitsförderung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. März Schutz vor Benachteiligungen wegen des Geschlechts 1997, BGBl. I S. 594, 595), das zuletzt durch … (BGBl. I und sexueller Belästigung“ ersetzt. S. …) geändert worden ist, wird wie folgt geändert: (12) § 3 Abs. 1 des Soldatengesetzes in der Fassung der 1. In Satz 1 werden die Wörter „oder ähnlicher Merkmale“ Bekanntmachung vom 14. Februar 2001 (BGBl. I S. 232, gestrichen. 478), das zuletzt durch … vom … (BGBl. I S. …) geändert 2. Satz 2 wird wie folgt gefasst: worden ist, wird wie folgt gefasst: „Die Agentur für Arbeit darf Einschränkungen, die der „(1) Der Soldat ist nach Eignung, Befähigung und Leis- Arbeitgeber für eine Vermittlung aus Gründen der Rasse tung ohne Rücksicht auf Geschlecht, sexuelle Identität, Ab- oder wegen der ethnischen Herkunft, der Religion oder stammung, Rasse, Glauben, Weltanschauung, religiöse oder Weltanschauung, einer Behinderung oder der sexuellen politische Anschauungen, Heimat, ethnische oder sonstige Identität des Ausbildungssuchenden und Arbeitssuchen- Herkunft zu ernennen und zu verwenden.“ den vornimmt, nur berücksichtigen, soweit sie nach dem Antidiskriminierungsgesetz zulässig sind.“ (13) In § 73 Abs. 6 des Sozialgerichtsgesetzes in der Fas- sung der Bekanntmachung vom 23. September 1975 3. In Satz 3 wird das Wort „Religionsgemeinschaft“ gestri- (BGBl. I S. 2535), das zuletzt durch … geändert worden ist, chen. werden nach Satz 4 folgende Sätze angefügt: (9) Das Vierte Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame „§ 157 Abs. 1 der Zivilprozessordnung gilt auch nicht für Vorschriften für die Sozialversicherung – (Artikel 1 des Ge- Mitglieder und Angestellte der in § 24 Abs. 1 des Anti- setzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845), zuletzt diskriminierungsgesetzes genannten Vereinigungen, die im geändert durch …, wird wie folgt geändert: Rahmen des Satzungszwecks der Vereinigung als Bevoll- 1. In der Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 19 im mächtigte von Beteiligten tätig werden. Den in Satz 5 ge- Ersten Titel folgende Angabe eingefügt: nannten Vereinigungen ist im Rahmen ihres Satzungs- Drucksache 15/4538 – 16 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

zwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Beteilig- ter gestattet.“ (14) Die §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vom … (BGBl. I S. …), das zuletzt durch das Gesetz vom … (BGBl. I S. …) geändert worden ist, werden aufgehoben. (15) Das Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz vom … (BGBl. I S. …) wird wie folgt geändert: 1. § 4 Abs. 7 wird aufgehoben. 2. § 5 Abs. 2 wird wie folgt gefasst: „(2) Bei Verstößen der Dienststellen gegen die Be- nachteiligungsverbote bei Begründung eines Dienstver- hältnisses und beim beruflichen Aufstieg finden die §§ 12 und 13 des Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskri- minierungsgesetzes Anwendung.“ 3. § 19 Abs. 1 Satz 1 wird wie folgt gefasst: „Die Gleichstellungsbeauftragte hat den Vollzug dieses Gesetzes in der Dienststelle zu fördern und zu unterstüt- zen; dies gilt auch für das Soldatinnen- und Solda- ten-Antidiskriminierungsgesetz in Bezug auf das Verbot von Benachteiligungen auf Grund des Geschlechts in Form von Belästigungen und sexuellen Belästigungen.“

Artikel 4 Inkrafttreten, Außerkrafttreten Dieses Gesetz tritt am … in Kraft. Gleichzeitig tritt das Beschäftigtenschutzgesetz vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406, 1412) außer Kraft.

Berlin, den 16. Dezember 2004

Franz Müntefering und Fraktion Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 17 – Drucksache 15/4538

Begründung

Allgemeiner Teil Das zweite große Antidiskriminierungsthema ist das Ge- schlecht, insbesondere die Benachteiligung von Frauen. Die I. Zielsetzung und Reformbedürfnis Ausgrenzung von Frauen aus dem Arbeitsmarkt wurde nach Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll der Schutz vor dem Zweiten Weltkrieg zum Problem, als sie für die zurück- Diskriminierungen im Sinne des Artikels 3 des Grundgeset- kehrenden Männer die Arbeitsplätze frei machen mussten, zes verbessert werden. Er setzt die Vorgaben folgender die sie während des Krieges ausgefüllt hatten. Thematisiert EU-Richtlinien um: seit dem Internationalen Jahr der Frau 1975 und der ersten Frauenweltkonferenz in Mexiko führte dieser Diskriminie- – Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur rungsbereich 1979 zum VN-Übereinkommen zur Beseiti- Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne gung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, In den letzten Jahrzehnten befasst sich die internationale – Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November Gemeinschaft insbesondere mit der globalen Migration und 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die den Wanderarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmern, ferner Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung mit der demographischen Entwicklung, die in den Industrie- und Beruf und der ländern zu einer Benachteiligung älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer führt, und mit der Benachteiligung von – Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und Menschen mit Behinderungen sowie von HIV-Infizierten. des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung Seit der Menschenrechtsweltkonferenz 1993 in Wien setzt des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern sich der Menschenrechtsansatz in der internationalen Dis- und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, kussion zur Bekämpfung von Diskriminierungen zuneh- zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie mend durch: Es wird von den Werten, Prinzipien und Instru- in Bezug auf die Arbeitsbedingungen. menten der Menschenrechtserklärung her argumentiert und gehandelt, im Mittelpunkt steht die Anerkennung der glei- Er berücksichtigt darüber hinaus die kurz vor der Verab- chen Würde und des gleichen Wertes der Menschen, die auf schiedung stehende Richtlinie des Rates zur Verwirklichung der Basis der Menschenrechtserklärung durchzusetzen ist. des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gü- Andere europäische Länder wie Frankreich, Großbritannien tern und Dienstleistungen [noch nicht erlassen, Vorschlag oder die Niederlande haben seit einigen Jahren zivil- und von 5. November 2003 – KOM(2003) 657 endgültig – Fas- strafrechtliche Antidiskriminierungsgesetze, die jeweils auf sung vom 6. Oktober 2004]. die besonderen nationalen Rechtstraditionen Rücksicht neh- men. In diesem Sinne ergänzt Deutschland sein Zivilrecht. Internationale Bemühungen Die Vorgaben der EU Der Gesetzentwurf steht im Zusammenhang mit der interna- tionalen Weiterentwicklung des Schutzes aller Menschen Auch innerhalb der Europäischen Union spielen die Men- vor Diskriminierung: schenrechte in den EU-Institutionen und im Gemeinschafts- recht eine zunehmend wichtigere Rolle. Dazu gehörte die Die Grundüberzeugung, dass alle Menschen in ihrer Würde, Etablierung eines gemeinschaftsrechtlichen Grundrechts- ihrem Wert und ihrem Rang gleich sind, hat seit der Aufklä- verständnisses durch den Europäischen Gerichtshof, das im rung und den bürgerlichen Revolutionen in England, den Menschenrechtskatalog der europäischen Verfassung seinen USA und Frankreich zunehmend Eingang in das Recht ge- Niederschlag gefunden hat. Die heute anstehende Integra- funden. tion Europas macht verstärkt Menschenrechte und damit Rassismus und Diskriminierungen wegen der Rasse waren auch den Gleichheitssatz zum normativ wichtigen Teil einer die ersten Formen der Diskriminierung, mit denen sich die europäischen Sozialordnung. internationale Gemeinschaft befasste. Es ging zunächst um Nach Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union be- das Verbot der Sklaverei und die Umsetzung dieses Ver- ruht die Europäische Union auf den Grundsätzen der Frei- botes, später um den Umgang mit der Bevölkerung in den heit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Kolonien durch die Kolonialerwaltungen. Die Erfahrungen Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit. Sie hat die mit dem Ende des Kolonialismus sowie mit dem Holocaust Grundrechte, wie sie in der europäischen Konvention zum führten 1948 zur Allgemeinen Menschenrechtserklärung Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewähr- der Vereinten Nationen (VN), in der auch Diskriminierun- leistet sind, zu achten. Die Gleichheit vor dem Gesetz und gen wegen der Rasse ausdrücklich geächtet wurden. der Schutz aller Menschen vor Diskriminierung ist ein solches allgemeines Menschenrecht. Der Europäische In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts beeinflusste vor al- Gerichtshof hat dem Gleichbehandlungsgrundsatz höchste lem die Bürgerrechtsbewegung in den USA, die die Rassen- normative Dignität verliehen, indem er ihn zu den Grund- diskriminierung im Alltag der Amerikaner afrikanischer prinzipien des Gemeinschaftsrechts erklärt hat. Abstammung in das politische Bewusstsein brachte, das VN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Ras- Diskriminierungen können die Verwirklichung der im sendiskriminierung von 1966. EG-Vertrag festgelegten Ziele unterminieren, insbesondere Drucksache 15/4538 – 18 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode die Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und ei- keiten auch zu einem Rechtsschutz vor Diskriminierungen nes hohen Maßes an sozialem Schutz, die Hebung des Le- durch Private, insbesondere durch Arbeitgeber. bensstandards und der Lebensqualität, den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt, die Solidarität sowie die Frei- Rechtlicher Schutz vor Diskriminierung zielt nicht auf den zügigkeit. Schutz besonderer Gruppen, sondern auf den Schutz jedes und jeder Einzelnen vor Benachteiligungen, die an Eigen- In Artikel 13 des Amsterdamer Vertrages wird daher der Rat schaften oder Lebensformen anknüpfen. Die in den Richtli- der Europäischen Union ermächtigt, im Rahmen der auf die nien genannten Merkmale werden von jedem Menschen in Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten Vorkehrungen der einen oder anderen Form verwirklicht, denn alle Men- zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Ge- schen sind beispielsweise Träger eines Geschlechts, einer schlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion Ethnie, eines bestimmten Lebensalters, einer bestimmten oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters sexuellen Identität. Dabei sind nicht alle in gleichem Maße oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. von Diskriminierungen betroffen. Auf der Grundlage von Artikel 13 bzw. Artikel 141 EGV Die Richtlinien sollen die gesellschaftliche Wirklichkeit in hat der Rat zwei Richtlinien beschlossen: den Mitgliedstaaten verändern, d. h. sie sollen Diskriminie- rungen nicht nur verbieten, sondern wirksam beseitigen. – die Richtlinie 2000/43/EG vom 29. Juni 2000 zur An- Auch deshalb enthalten die Richtlinien neben materi- wendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Un- ell-rechtlichen und prozessualen Vorgaben zusätzlich terschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (im Vorschriften zum sozialen Dialog, zur Unterstützung durch Folgenden: Antirassismusrichtlinie), Verbände und zur Benennung von Unterstützungseinrich- – die Richtlinie 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur tungen. Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirk- lichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Be- Reformbedürfnis in Deutschland ruf (im Folgenden: Rahmenrichtlinie Beschäftigung). Die rechtliche Situation Kurz vor Verabschiedung steht die Richtlinie zur Anwen- Die deutsche Politik der Gleichbehandlung ordnet sich in dung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen diesen supranationalen Kontext ein. Es gibt eine Reihe von und Männern beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Diskriminierungsverboten in völkerrechtlichen Überein- Gütern und Dienstleistungen (im Folgenden: Gleichbehand- kommen, die von der Bundesrepublik Deutschland ratifi- lungsrichtlinie wegen des Geschlechts außerhalb der Ar- ziert wurden: beitswelt (noch nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober 2004)). – das Internationale Übereinkommen (der VN) zur Besei- tigung jeder Form von Rassendiskriminierung vom Auf Grundlage des Artikels 141 EGV ist die die Richtlinie 7. März 1966, 2002/73/EG vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des – der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Rechte vom 19. Dezember 1966, Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Be- – der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und rufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug kulturelle Rechte vom 19. Dezember 1966, auf die Arbeitsbedingungen (im Folgenden: Gender-Richt- linie) beschlossen worden. – das Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau vom 18. Dezember 1979, Die Antirassismusrichtlinie, die Rahmenrichtlinie Beschäf- tigung und die Gender-Richtlinie beziehen sich im Rahmen – das Übereinkommen über die Rechte des Kindes vom der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten auf 20. November 1989, das Arbeitsleben, die Antirassismusrichtlinie im genannten – die europäische Konvention zum Schutz der Menschen- Rahmen außerdem auf die Bereiche Soziales, Bildung und rechte und der Grundfreiheiten vom 3. September 1953, den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienst- leistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, ein- – das Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler schließlich von Wohnraum. Die Gleichbehandlungsricht- Minderheiten vom 1. Februar 1995. linie wegen des Geschlechts außerhalb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, Vorschlag vom 5. November 2003 – Aus dem Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung KOM(2003) 657 endgültig – Fassung vom 6. Oktober 2004) jeder Form von Rassendiskriminierung, das die Bundesre- regelt ebenfalls Fragen des Zugangs zu Gütern und Dienst- publik Deutschland 1969 ratifiziert hat, ergibt sich die Ver- leistungen sowie die Anwendung des Gleichbehandlungs- pflichtung zu einer umfassenden Gesetzgebung mit einem grundsatzes im Privatversicherungsrecht. Verbot der Rassendiskriminierung in der Privatwirtschaft. Der nach diesem Übereinkommen eingerichtete Ausschuss Die Gleichbehandlungsrichtlinien entstanden vor dem Hin- hat Deutschland zuletzt in seiner Stellungnahme vom tergrund der Erfahrung von Ausgrenzung von Menschen auf 20. März 1997 empfohlen, den Erlass eines umfassenden Grund bestimmter Merkmale oder Zuschreibungen inner- Antidiskriminierungsgesetzes zu prüfen. Er hat dabei seine halb der Europäischen Union. Sie beschränken sich nicht Besorgnis zum Ausdruck gebracht, dass eine umfassende auf einen Rechtsschutz gegenüber Diskriminierungen durch Gesetzgebung mit einem Verbot der Rassendiskriminierung den Staat, sondern sie verpflichten die Mitgliedstaaten im in der Privatwirtschaft entsprechend den Vorgaben des Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständig- Übereinkommens in Deutschland fehle. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 19 – Drucksache 15/4538

Durch die 1985 erfolgte Ratifizierung des Übereinkommens – Diskriminierungen wegen des Geschlechts werden seit zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau 1980 (Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz) arbeits- (CEDAW) vom 18. Dezember 1979 hat sich die Bundesre- rechtlich untersagt und sanktioniert. publik Deutschland verpflichtet, durch geeignete gesetzge- – Im Bereich des öffentlichen Dienstes haben die Grund- berische und sonstige Maßnahmen jede Diskriminierung der sätze des Artikels 3 Abs. 3 GG sowohl im Beamten- Frau zu verbieten. Deutschland ist als Vertragsstaat des Ab- rechtsrahmengesetz als auch im Bundesbeamtengesetz kommens darüber hinaus verpflichtet, durch geeignete Maß- ihren Niederschlag gefunden. nahmen zu gewährleisten, dass Frauen die Menschenrechte und Grundfreiheiten gleichberechtigt mit Männern ausüben – Das Beschäftigtenschutzgesetz verbietet sexuelle Beläs- können. Die staatliche Verpflichtung zur Beseitigung jeder tigungen in der Privatwirtschaft wie auch im öffentlichen Form von Diskriminierung besteht u. a. für den Bereich des Dienst. bürgerlichen Rechts sowie für das Arbeits- und Wirtschafts- – Im Bundespersonalvertretungsgesetz wie auch im leben. Betriebsverfassungsgesetz sind entsprechende Über- Im Rahmen des Europarats hat der Wiener Gipfel der wachungspflichten für Dienstherren/Arbeitgeber sowie Staats- und Regierungschefs im Oktober 1993 einen Ak- für den Personal-/Betriebsrat verankert. tionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Fremdenhass, – Das neue Bundesgleichstellungsgesetz, das am 5. De- Antisemitismus und Intoleranz verabschiedet. zember 2001 in Kraft getreten ist, enthält vielfältige Fördermaßnahmen, um gegen Diskriminierungen wegen Die Bundesrepublik Deutschland hat zudem als Mitglied des Geschlechts innerhalb der Bundesverwaltung vorzu- der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine Vielzahl gehen. von ILO-Übereinkommen ratifiziert, die insbesondere Dis- kriminierungen in Beschäftigung und Beruf verbieten und – Am 23. Dezember 2000 trat die Änderung von Artikel gleiches Entgelt gebieten. 12a Abs. 4 Satz 2 GG in Kraft, die Frauen den Zugang in alle Bereiche der Streitkräfte ermöglicht. Nach Artikel 3 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) ist eine Un- gleichbehandlung auf Grund des Geschlechts, der Abstam- – § 554a BGB sieht seit dem Jahr 2001 die Barrierefreiheit mung, der Rasse, der Sprache, der Heimat und Herkunft, im Mietrecht vor. des Glaubens, der religiösen oder politischen Anschauungen – Im Neunten Buch Sozialgesetzbuch – Rehabilitation und sowie einer Behinderung verboten. Das verfassungsrecht- Teilhabe behinderter Menschen – wurden 2001 neben liche Benachteiligungsverbot wegen einer Behinderung einem allgemeinen Diskriminierungsverbot auch weit- wurde 1994 im Rahmen der Verfassungsreform eingefügt. reichende positive Maßnahmen festgeschrieben, mit denen die Beschäftigungssituation schwerbehinderter Die Verfassungsnorm des Artikels 3 Abs. 3 GG stellt primär Menschen verbessert werden soll. ein Abwehrrecht der Grundrechtsträger gegenüber dem Staat dar, entfaltet aber auch – vor allem über die General- – Mit dem am 1. Mai 2002 in Kraft getretenen Gesetz zur klauseln und andere auslegungsbedürftige Begriffe der ein- Gleichstellung behinderter Menschen wurden Gleich- zelnen Rechtsgebiete – eine mittelbare Drittwirkung für den stellung und Barrierefreiheit im öffentlichen Recht ver- Privatrechtsverkehr. ankert. Neben anderen Bereichen wurden Regelungen zur Barrierefreiheit für den öffentlichen Personenverkehr Das Privatrecht regelt vor allem die Rechtsbeziehungen und für Gaststätten getroffen. Der Durchsetzung des Be- zwischen den Bürgerinnen und Bürgern selbst, insbesondere nachteiligungsverbotes für Träger öffentlicher Gewalt im Vertragsrecht. Zivilgesellschaften sind auf das vor allem sowie der Regelungen zur Barrierefreiheit dient ein für durch Verträge in freier Selbstbestimmung gesetzte private anerkannte Verbände vorgesehenes Verbandsklagerecht. Recht angewiesen. Bei den hiermit verbundenen Unter- scheidungen, die auf unterschiedlichsten Gründen beruhen, – In diesem Zusammenhang wurde auch das Gaststätten- kann es sich allerdings teilweise auch um sozial verwerfli- gesetz um eine Verpflichtung zur Herstellung von Barri- che Diskriminierungen handeln. Zu dem durch Artikel 3 des erefreiheit unter anderem bei Neuanlagen ergänzt. Grundgesetzes dokumentierten Grundkonsens der Bundes- – Der Beseitigung einer rechtlichen Diskriminierung im republik Deutschland gehört es, dass bestimmte Unterschei- Bereich der Arbeit dient das Gesetz zur Verbesserung dungen auch im Bereich des Privatrechts, für den Artikel 3 der rechtlichen und sozialen Situation der Prostituierten, GG nicht unmittelbar gilt, als unerwünscht gelten können. das 2002 in Kraft trat. Schon das geltende deutsche Recht verpflichtet vor allem Zur Unterstützung der von Diskriminierung Betroffenen hat im Bereich der Daseinsvorsorge auch Private zum Vertrags- die Bundesregierung Beauftragte eingesetzt, darunter schluss oder legt ihnen (zum Beispiel im Arbeitsrecht, im – den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange Mietrecht oder im Verbraucherrecht) Beschränkungen zum behinderter Menschen, Schutz der strukturell schwächeren Partei auf. Zur Bekämp- fung von anderen Diskriminierungen, also von sozial uner- – die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, wünschten Ungleichbehandlungen, stellte das Zivilrecht Flüchtlinge und Integration, bislang allerdings vor allem die Generalklauseln des Bür- – den Beauftragten der Bundesregierung für Aussiedler- gerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Verfügung. fragen und nationale Minderheiten in Deutschland. In anderen Bereichen sind auf einfachgesetzlicher Ebene Einen umfassenden arbeitsrechtlichen Schutz vor Diskrimi- Antidiskriminierungsvorschriften in Deutschland kontinu- nierungen, wie er von den Richtlinien mit wirksamen, ver- ierlich ausgebaut worden: hältnismäßigen und abschreckenden Sanktionen vorge- Drucksache 15/4538 – 20 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode schrieben wird, gibt es in Deutschland noch nicht hinsicht- – Es gibt bei vielen Diskriminierungsopfern Bildungs- lich sämtlicher in den Richtlinien geregelter Diskriminie- barrieren, sie kennen sich nicht mit den rechtlichen und rungsmerkmale. Am weitesten fortgeschritten ist dieser prozessualen Möglichkeiten aus. arbeitsrechtliche Rechtsschutz bei Diskriminierungen we- – Hinzu kommen ökonomische Barrieren, weil gerade gen des Geschlechts, der 1980 durch das Arbeitsrechtliche Menschen, die auf Grund von Rasse, einer Behinderung EG-Anpassungsgesetz eingeführt und seitdem kontinuier- oder wegen des Alters diskriminiert werden, und auch lich verbessert wurde, und bei Benachteiligungen wegen Frauen oft über weniger Geld verfügen. Vielen ist nicht einer Behinderung (§ 81 SGB IX). Das Bundesgleich- bekannt, dass sie gegebenenfalls einen Anspruch auf stellungsgesetz verbietet Diskriminierungen wegen des Prozesskostenhilfe haben. Geschlechts für den Bereich der Bundesbehörden, in den Bundesländern gibt es ähnliche Gesetze für den öffentlichen – Weitere Barrieren sind Scham (z. B. bei sexueller Beläs- Dienst. tigung), Angst vor erneuter Stigmatisierung und man- gelndes Vertrauen in institutionelles Handeln (oft bei In Deutschland fällt auf, dass der vorhandene Rechtsschutz Flüchtlingen auf Grund ihrer Erfahrungen im Herkunfts- in der Praxis von den Betroffenen bisher wenig genutzt land). wird. Nahe liegend wäre hier zunächst die Vermutung, dass es tatsächlich nur zu wenigen Diskriminierungen kommt. Nur unzureichenden Schutz bietet das geltende Recht z. B. Gerade bei der Belästigung und der sexuellen Belästigung vor Belästigungen am Arbeitsplatz. Die deutsche Rechts- trifft dies aber nicht zu. Diese Einschätzung bestätigt den ordnung enthält kein ausdrückliches Verbot der Belästigung Ansatz der EU-Richtlinien, nicht nur das Recht zu verbes- wegen eines der relevanten Merkmale in der Arbeitswelt, sern, sondern auch die faktische Rechtsdurchsetzung in den lediglich für die Sonderform der sexuellen Belästigung am Blick zu nehmen. Für die mangelnde Rechtsnutzung durch Arbeitsplatz besteht mit dem Beschäftigtenschutzgesetz die Betroffenen in Deutschland gibt es verschiedene Erklä- eine gesetzliche Regelung. Gegen andere belästigende Ver- rungen: haltensweisen am Arbeitsplatz bestehen zwar Rechtsschutz- möglichkeiten gegen die Täter sowie gegen die Arbeitgeber, – In Deutschland gibt es bisher keine Kultur der Antidis- das Verhalten kann auch strafrechtlich relevant sein, doch es kriminierung, wie sie z. B. für Menschen in angelsächsi- gibt Probleme bei der praktischen Durchsetzung von Unter- schen Ländern zum Alltag gehört. Für die Betroffenen in lassungs- und Schadensersatzansprüchen, so dass der vor- diesen Ländern ist es daher selbstverständlicher, Diskri- handene Rechtsschutz häufig in der Praxis nicht greift. minierungen offen zu legen und sich dagegen zur Wehr zu setzen. Die Entwicklung in den letzten Jahrzehnten hat gezeigt, dass der bisherige Rechtsschutz vor Diskriminierungen zwi- – In Deutschland sind hingegen die rechtlichen Möglich- schen Privaten nicht ausreicht. Der Ansatz der EU-Richt- keiten, gegen Diskriminierungen vorzugehen, wie auch linien, Diskriminierungen auch durch Private in den Blick 1) die hierzu ergangene Rechtsprechung wenig bekannt . zu nehmen, greift diese Probleme auf und verpflichtet die Soweit Arbeitsrecht auf Richterrecht beruht, hat es einen Mitgliedstaaten, ihre Rechtsordnungen entsprechend aus- geringeren öffentlichen Bekanntheitsgrad. zugestalten. – Artikel 3 GG entfaltet im Bereich der privaten Erwerbs- Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll dieser Rechts- wirtschaft, etwa im Zivilrecht bei der Versorgung mit schutz entsprechend den Vorgaben der Richtlinien für alle Gütern und Dienstleistungen (z. B. im Mietvertrags- Rechtsbereiche geregelt werden. recht), nur mittelbare Drittwirkung. – Manche Bestimmungen sind hinsichtlich ihres Ausma- Die soziale Lage bestimmter Gruppen in Deutschland ßes und ihrer Rechtsfolgen umstritten, so dass Betrof- Durch die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien werden be- fene das Risiko eines Verfahrens scheuen bzw. ihnen ab- stimmte Personengruppen als besonders schutzbedürftig geraten wird. definiert und in den Katalog der geschützten Merkmale auf- – Es werden Beweisschwierigkeiten antizipiert, weil die genommen. Auch in Deutschland gibt es Hinweise dafür, wahren Beweggründe für ungleiche Behandlungen sel- dass diese Bevölkerungsgruppen schlechtere Chancen ha- ten offen gelegt werden2). ben als andere. So zeigen bestimmte Bevölkerungsgruppen eine deutlich geringere Bildungs- und Ausbildungsbetei- – Stereotype, Vorurteile und Stigmatisierungen sind zu- ligung, was in der Folge zu einem insgesamt schlechteren meist tradiert und daher vielen Menschen nicht bewusst. sozialen und wirtschaftlichen Status führt. Die vorhandenen Diskriminierendes Verhalten wird in solchen Fällen Daten zeigen deutliche merkmalsbezogene Unterschiede in nicht als solches erkannt, erfolgt also unbeabsichtigt. Bezug auf die Integration in den Arbeitsmarkt, Erwerbs- – Die Abhängigkeit zwischen Beschäftigten und Arbeitge- losigkeit und Beschäftigungsfelder. Insbesondere Frauen, benden führt zu Angst vor Arbeitsplatzverlust bzw. vor Menschen mit Migrationshintergrund, behinderte und ältere anderen Nachteilen am Arbeitsplatz2). Menschen sind schlechter in die Arbeitswelt eingebunden. Viele Menschen vereinen mehrere dieser Merkmale auf sich und erleben dadurch häufiger Ausgrenzung, wirtschaftliche Einbußen und andere materielle und immaterielle Nachteile. 1) Vgl. z. B. Eurobarometer 57.0 von 2002: 29 Prozent der Deutschen Deutlich wird dies u. a. aus den neuen Bundesländern kennen ihre Rechte nicht. 2) Vgl. Pflüger, Almut/Baer, Susanne: Das Beschäftigtenschutzgesetz – im ersten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundes- in der Praxis, www.bmfsfj.de. regierung (2001), aber auch Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 21 – Drucksache 15/4538

– im Nationalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Armut Der Dritte Bericht des Bundesministeriums für Familie, Se- und sozialer Ausgrenzung 2003-2005 und nioren, Frauen und Jugend zur Lage der älteren Generation (2001) weist aus, dass die Erwerbsbeteiligung der über – im Nationalen Beschäftigungspolitischen Aktionsplan 55-Jährigen drastisch zurückgeht. Frauen sind davon stärker der Bundesrepublik Deutschland 2003. betroffen, bei ihnen fällt die Erwerbsbeteiligung zwischen Die Randständigkeit von Deutschen mit Migrationshinter- 55 und 64 Jahren von 61,1 Prozent auf 11,3 Prozent, bei grund wie auch von Ausländern und Ausländerinnen ist Männern gleichen Alters von 82,1 Prozent auf 27 Prozent. u. a. Die Situation für Menschen mit Behinderung wird u. a. im – im Sechsten Familienbericht der Bundesregierung Bericht der Bundesregierung nach § 160 SGB IX über die (2000), Beschäftigungssituation schwerbehinderter Menschen dar- gestellt. Untersuchungen zeigen zudem, dass Menschen mit – in der Untersuchung des früheren Bundesministeriums Behinderung überdurchschnittlich häufig arbeitslos sind: für Arbeit und Sozialordnung zur Situation der ausländi- Die Arbeitslosenquote behinderter Frauen betrug 1999 schen Arbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen in 15 Prozent, die behinderter Männer 16,7 Prozent. Die der Bundesrepublik Deutschland (2002) sowie Erwerbslosenquote der Menschen in der Altersgruppe von – in den Berichten der Beauftragten der Bundesregierung 55 bis 60 Jahren liegt für behinderte Menschen sogar bei für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage 23,7 Prozent gegenüber 19 Prozent bei Nichtbehinderten. der Ausländer in der Bundesrepublik Deutschland Diskriminierungen behinderter Frauen und Männer sind auch aus dem Dienstleistungsbereich bekannt: In Gaststät- dokumentiert, wobei es im Alltag häufig eine Überschnei- ten sind Menschen mit Behinderungen häufig nicht gern ge- dung hinsichtlich der Merkmale ethnische Herkunft und sehen und werden abgewiesen, weil sie sich anders verhal- Religion gibt. Die veröffentlichten Daten zeigen auch, dass ten, artikulieren oder essen. das Geschlecht zusätzlich das Risiko beeinflusst, in eine so- zial ungünstige Position zu gelangen. So ist die soziale Lage Empirische Untersuchungen zeigen häufige Belästigungen von Frauen mit Migrationshintergrund im Schnitt prekärer und ein hohes Ausmaß sexueller Übergriffe bei Menschen als diejenige von Männern mit Migrationshintergrund. mit Behinderung. Das Bundesministerium für Familie, Se- nioren, Frauen und Jugend weist in seiner Broschüre „Ein- Seit Mitte der 90er Jahre geht auch die Ausbildungsbeteili- mischen – Mitmischen“ (2003) darauf hin, dass Frauen und gung zugewanderter Jugendlicher kontinuierlich zurück, Mädchen mit Behinderung ein besonderes Risiko tragen, 2000 lag ihr Anteil in den alten Bundesländern bei 7,1 Pro- Opfer von sexueller Belästigung sowie Gewalt zu werden, zent – bei einem Anteil an der gleichaltrigen Wohnbevölke- sie sind davon doppelt so häufig betroffen wie nicht behin- rung von ca. 12 Prozent. Fast die Hälfte aller Jugendlichen derte Frauen. ohne deutsche Staatsangehörigkeit hat keine abgeschlossene Ausbildung, bei den deutschen Jugendlichen sind dies nur Hinsichtlich des Diskriminierungsmerkmals sexuelle Iden- 15 Prozent. tität ist davon auszugehen, dass viele Homosexuelle ihre sexuelle Identität am Arbeitsplatz verheimlichen, weil sie Untersuchungen belegen, dass Belästigungen bei ausländi- Diskriminierungen durch Kollegen und Kolleginnen und schen Beschäftigten besonders häufig vorkommen. Bei ent- Vorgesetzte befürchten. 79 Prozent der Frauen und 69 Pro- sprechenden innerbetrieblichen Beschwerden wird regel- zent der in einer Untersuchung befragten Männer haben es mäßig von rassistischen Übergriffen und Belästigungen im Laufe ihrer beruflichen Biographie schon einmal für not- berichtet. wendig befunden, ihre Homosexualität am Arbeitsplatz Vorurteilsstudien zeigen, dass in Deutschland die Akzeptanz gänzlich zu verschweigen. Nur knapp 4 Prozent konnten gegenüber Migrantinnen und Migranten gering ist, insbe- immer offen mit ihrer Homosexualität umgehen. sondere gegenüber Zuwanderern aus Drittstaaten. Die Bun- Das meiste – auch repräsentative – Datenmaterial liegt zur desregierung hat deshalb zahlreiche Maßnahmen gegen unterschiedlichen Situation von Frauen und Männern am Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus Arbeitsplatz vor. Aus der Fülle der Berichte und Veröffent- und Gewalt ergriffen. Diese sind in ihrem Bericht vom lichungen insbesondere des Bundesministeriums für Fami- 8. Mai 2002 über ihre aktuellen und geplanten Maßnahmen lie, Senioren, Frauen und Jugend zu diesem Thema sollen und Aktivitäten dargestellt. an dieser Stelle beispielhaft Auch das Diskriminierungsmerkmal Alter, das sich auf je- – der Bericht der Bundesregierung zur Berufs- und Ein- des Lebensalter bezieht und nicht nur auf ältere Menschen, kommenssituation von Frauen und Männern (2002), führt besonders häufig zu Benachteiligungen, gerade wenn – die Bilanz 2003 der Vereinbarung zwischen der Bundes- es zusammen mit anderen diskriminierungsrelevanten regierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirt- Merkmalen auftritt. So ist z. B. die Armut bei älteren schaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen Migrantinnen häufig, aber auch bei älteren Frauen mit und Männern in der Privatwirtschaft, Behinderung. – die Publikation „Frauen in Deutschland“ (2002) Die Daten des Statistischen Bundesamtes in „Leben und Ar- beiten in Deutschland“ (2003) zeigen, dass Menschen über genannt werden. Ein erster Gleichstellungsbericht der Bun- 55 und unter 20 Jahren überdurchschnittlich häufig in atypi- desregierung ist in Vorbereitung. schen Beschäftigungsverhältnissen arbeiten. Berufsanfänger Die Berichte und Untersuchungen der Bundesregierung zei- und Berufsanfängerinnen sind immer häufiger gezwungen, gen, dass das Geschlecht bei allen sonstigen Merkmalen zeitlich begrenzte Arbeitsverträge abzuschließen. verstärkend hinzukommt: Geringere Chancen auf dem Ar- Drucksache 15/4538 – 22 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode beitsmarkt und die höchsten Risiken, benachteiligt zu wer- unterschiedlichen Behandlung wegen mehrerer Gründe, den den, haben Frauen mit Migrationshintergrund, Frauen mit so genannten Mehrfachdiskriminierungen, sowie zu Un- Behinderung und ältere Frauen. Ganz offensichtlich wirken gleichbehandlungen zur Verhinderung und Beseitigung alle Merkmale geschlechtsspezifisch. bestehender Nachteile, den so genannten positiven Maß- nahmen. Aus dieser Zusammenstellung folgt: Es ist auch für Deutschland wichtig und richtig, alle Merkmale der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien in ein Antidiskriminie- Zu Abschnitt 2 (Schutz der Beschäftigten vor Benachteili- rungsgesetz aufzunehmen. Auch die Hereinnahme von Be- gung) lästigungen und sexuellen Belästigungen in den Schutz- Um Benachteiligungen in Beschäftigung und Beruf wirk- bereich des Gesetzes ist sinnvoll, da, wie aufgezeigt, samer als bisher begegnen zu können, werden durch Ab- bestimmte Personengruppen häufiger unter Belästigungen schnitt 2 Bestimmungen zum Schutz der Beschäftigten vor und sexuellen Übergriffen leiden. Benachteiligung geschaffen, die Rechtsunsicherheiten besei- Wegen der hohen Erwartungen an das Gesetz muss aber tigen und die Grundlage für ein tolerantes und benach- gleichzeitig darauf hingewiesen werden, dass die oben be- teiligungsfreies Miteinander in der Arbeitswelt schaffen. schriebene soziale Lage nicht allein mit gesetzlichen Be- Dabei erhebt das Gesetz nicht den Anspruch, eine faktische nachteiligungsverboten verbessert werden kann, denn die Gleichstellung aller Personen oder Personengruppen zu Gründe und Zusammenhänge, die zu ihr führen, sind viel- erreichen. Hierzu reichen gesetzliche Regelungen allein nicht schichtig. Die besorgniserregenden sozialen Daten beruhen aus. Zur wirksamen und dauerhaften Überwindung von Be- nicht zwangsläufig auf einer Vielzahl individueller Diskri- nachteiligungen bedarf es einer nachhaltigen Änderung der minierungen, wie sie nach diesem Gesetz aufgegriffen wer- Einstellung und insbesondere des Verhaltens jedes Einzelnen. den können. Sie machen aber deutlich, dass auch in Ein benachteiligungsfreies Arbeitsumfeld liegt im Interesse Deutschland diese Personengruppen des besonderen Schut- aller Beteiligten. Ein positives Arbeitsklima und eine be- zes bedürfen. Ein Antidiskriminierungsgesetz kann nur ein nachteiligungsfreie Beziehung zwischen Arbeitgeber und Baustein einer umfassenden Integrationspolitik sein, die an Beschäftigten haben direkte Auswirkungen auf Motivation den vielfältigen Ursachen der Ausgrenzung bestimmter und Gesundheit der Beschäftigten. Damit steigen Arbeits- Gruppen ansetzt. qualität und Produktivität. Das bewusste Eintreten für eine benachteiligungsfreie Beschäftigungswelt ist damit auch II. Überblick über die Neuregelungen eine Frage der wirtschaftlichen Vernunft, die sich z. B. in entsprechenden Betriebsvereinbarungen oder speziellen Das Gesetz umfasst folgende Neuregelungen: Förderprogrammen ausdrückt. Artikel 1 Gesetz zum Schutz vor Diskriminierung (Anti- Da der arbeitsrechtliche Geltungsbereich in allen drei Richt- diskriminierungsgesetz – ADG) linien identisch ausgestaltet ist, werden auch alle in den drei Artikel 2 Gesetz zum Schutz der Soldatinnen und Solda- Richtlinien genannten Merkmale in einheitlichen arbeits- ten vor Diskriminierungen (Soldatinnen- und rechtlichen Vorschriften zur Verhinderung von Benachtei- Soldaten-Antidiskriminierungsgesetz – SADG) ligungen zusammengefasst. So wird der arbeitsrechtliche Artikel 3 Änderungen in anderen Gesetzen Zusammenhang gewahrt und die Anwendung für die Praxis erleichtert. Artikel 4 Inkrafttreten, Außerkrafttreten. Inhaltlich wird das bewährte Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch im We- Zu Artikel 1 (Gesetz zum Schutz vor Diskriminie- sentlichen übernommen und auf alle Diskriminierungs- rung – Antidiskriminierungsgesetz – merkmale ausgeweitet. ADG) Die §§ 6 bis 10 enthalten die Bestimmung des persönlichen Artikel 1 enthält das Antidiskriminierungsgesetz. Dieses ist Anwendungsbereichs, das zentrale Benachteiligungsverbot der Hauptbestandteil des Umsetzungsgesetzes und in sieben in Beschäftigung und Beruf und zulässige unterschiedliche Abschnitte gegliedert. Behandlungen. Die §§ 11 und 12 beschreiben die Pflicht zu diskriminie- Zu Abschnitt 1 (Allgemeiner Teil) rungsfreier Arbeitsplatzausschreibung sowie die Organisa- In seinem Allgemeinen Teil enthält das Gesetz Bestimmun- tionspflichten der Arbeitgeber, die die erforderlichen Maß- gen, die für alle betroffenen Rechtsgebiete gleichermaßen nahmen im Einzelfall sowie vorbeugende Maßnahmen um- gelten: Darunter das Ziel, Benachteiligungen aus Gründen fassen. der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Ge- Die §§ 13 bis 17 enthalten die Rechte der Beschäftigten und schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behin- die Rechtsfolgen bei einem erfolgten Verstoß gegen das Be- derung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern nachteiligungsverbot. Auf öffentlich-rechtliche Elemente, oder zu beseitigen, den sachlichen Anwendungsbereich wie z. B. Bußgelder oder eine behördliche Aufsicht, wird nach Maßgabe der im ADG enthaltenen Bestimmungen dabei verzichtet. (Arbeitsleben, Sozialschutz, soziale Vergünstigungen, Bildung und der zivilrechtliche Bereich) sowie die Be- § 18 enthält einen gesetzlichen Appell an alle beteiligten griffsbestimmungen der unmittelbaren und mittelbaren Be- Parteien, an der Verwirklichung einer benachteiligungs- nachteiligung, der Belästigung und sexuellen Belästigung. freien Beschäftigungswelt mitzuwirken, sowie das Recht Vervollständigt wird der Abschnitt durch Regelungen zu des Betriebsrates und der im Betrieb vertretenen Gewerk- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 23 – Drucksache 15/4538 schaft, in besonderen Fallkonstellationen das Arbeitsgericht Ausgenommen bleiben ferner das Familien- und das Erb- anzurufen. recht sowie Schuldverhältnisse, die einen besonders engen Bezug zur Privatsphäre haben. § 19 enthält ergänzende Vorschriften wie die entsprechende Geltung des Gesetzes für die Mitgliedschaft in Organisatio- Zum anderen ist für die Merkmale Geschlecht, Lebensalter, nen der Arbeitgeber und Beschäftigten. Behinderung, sexuelle Orientierung, Religion und Weltan- schauung nach § 21 eine unterschiedliche Behandlung aus Der Gesetzentwurf setzt damit den arbeitsrechtlichen Gel- sachlichen Gründen zulässig. Das ist erforderlich, weil es tungsbereich der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und eine Vielzahl wünschenswerter oder zumindest objektiv er- 2002/73/EG um und erfüllt das in der Koalitionsvereinba- forderlicher Differenzierungen nach den genannten Merk- rung vom 16. Oktober 2002 verabredete Ziel, zur Moderni- malen gibt, die vom Benachteiligungsverbot nicht in Frage sierung der Arbeitswelt eine sinnvolle und anwenderfreund- gestellt werden sollen. liche Lösung für die betriebliche Praxis umzusetzen. Durch dieses Vorgehen bringt der Entwurf den Schutz vor Zu Abschnitt 3 (Schutz vor Benachteiligung im Zivil- Benachteiligung mit der Vertragsfreiheit in ein ausgewoge- rechtsverkehr) nes Verhältnis. Benachteiligte erhalten nach § 22 bei einem Verstoß gegen Das in § 20 geregelte zivilrechtliche Benachteiligungsver- das Benachteiligungsverbot einen Unterlassungsanspruch bot bezieht sich auf sämtliche in § 1 genannten Gründe und und gegebenenfalls einen Anspruch auf Abschluss des ver- geht damit über die gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben weigerten Vertrages sowie – wie im Arbeitsrecht – Ansprü- hinaus. Europarechtlich geboten ist ein Diskriminierungs- che auf Entschädigung und Schadensersatz. schutz insoweit wegen der Rasse und der ethnischen Her- kunft und – in Kürze – wegen des Geschlechts. Zu den Merkmalen Religion und Weltanschauung, Alter, Behinde- Zu Abschnitt 4 (Rechtsschutz) rung und sexuelle Identität bestehen keine gemeinschafts- Die Betroffenen erhalten neben der aus § 611a Abs. 1 Satz 3 rechtlichen Vorgaben. BGB bzw. § 81 Abs. 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX bereits bekann- Eine Beschränkung im allgemeinen Zivilrecht allein auf Be- ten Beweiserleichterung zukünftig die Möglichkeit, sich nachteiligungen auf Grund der ethnischen Herkunft oder der durch Antidiskriminierungsverbände unterstützen zu lassen. Rasse wäre problematisch, weil damit Benachteiligungen, Die Verbände können unter bestimmten Voraussetzungen die Menschen auf Grund ihres Geschlechts, ihrer Religion die Rechtsangelegenheiten der Benachteiligten besorgen oder Weltanschauung, ihres Alters, ihrer sexuellen Identität und in gerichtlichen Verfahren (mit Ausnahme von Straf- oder auf Grund einer Behinderung erfahren, ungeregelt blie- verfahren) als Bevollmächtigte oder Beistände auftreten. ben. Benachteiligte können auch ihre Schadensersatz- bzw. Ent- schädigungsforderungen zum Zwecke der Einziehung an Deshalb wird das Benachteiligungsverbot breiter angelegt. einen Antidiskriminierungsverband abtreten, so dass dieser Dabei ist erforderlich, dass in den wesentlichen Bereichen die abgetretene Forderung einfordern kann. des alltäglichen Rechtslebens Regelungen für alle Diskrimi- nierungsmerkmale geschaffen werden. Zu Abschnitt 5 (Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche Für Menschen mit Behinderung wird damit zudem der be- Dienstverhältnisse) reits in der 14. Wahlperiode begonnene Ausbau des Benach- Abschnitt 5 enthält Sonderregelungen für öffentlich-rechtli- teiligungsschutzes (siehe insbesondere das Sozialgesetz- che Dienstverhältnisse. buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX und das Gesetz zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen) weiterentwickelt. Zu Abschnitt 6 (Antidiskriminierungsstelle) Abschnitt 6 regelt die Einrichtung der Antidiskriminie- Bei der Ausgestaltung eines zivilrechtlichen Benachteili- rungsstelle des Bundes beim Bundesministerium für Fami- gungsschutzes für alle nach diesem Gesetz erfassten Merk- lie, Senioren, Frauen und Jugend. Sie wird neben den Be- male war allerdings sicherzustellen, dass das für das Privat- auftragten des Deutschen Bundestages oder der Bundes- recht prägende Institut der Vertragsfreiheit in angemessener regierung, die ebenfalls gegen Diskriminierungen bestimm- Weise berücksichtigt wird. Dies ist in zweifacher Weise er- ter Personengruppen vorgehen, errichtet. folgt. Ihr Zuständigkeitsbereich umfasst den Geltungsbereich aller Zum einen beschränkt § 20 Abs. 1 das zivilrechtliche Be- vier EU-Gleichbehandlungsrichtlinien. Dies ist erforderlich, nachteiligungsverbot auf solche Geschäfte, die typischer- weil sich die Beratung auf die deutsche Rechtslage beziehen weise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedin- wird, die gemäß Artikel 1 ebenfalls alle Diskriminierungs- gungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen merkmale umfasst. (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Mit der Schaffung einer neuen Antidiskriminierungsstelle Bedeutung hat, sowie auf privatrechtliche Versicherungen. des Bundes, deren Leitung im Hinblick auf ihre Aufgaben Lediglich eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse unabhängig und weisungsfrei ist, soll der Beseitigung und oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus nach Verhinderung von Diskriminierungen Nachdruck verliehen § 20 Abs. 2 auch bei der Begründung, Durchführung und und den Betroffenen eine wichtige Hilfestellung in Form Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse einer zentralen Anlaufstelle gegeben werden. Zugleich unzulässig. werden damit die Vorgaben aus Artikel 13 der Richtlinie Drucksache 15/4538 – 24 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2000/43/EG und aus Artikel 8a der Richtlinie 76/207/ Zu Artikel 2 (Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskri- EWG3) umgesetzt. minierungsgesetz – SADG) Zu den Kernaufgaben dieser Stelle gehört ihre Unterstüt- Artikel 2 setzt für den Bereich der Soldatinnen und Soldaten zungsfunktion für von Diskriminierungen betroffene Perso- die Vorgaben folgender EU-Richtlinien um: nen. Diese erhalten durch die Antidiskriminierungsstelle des Bundes ein niedrigschwelliges Beratungsangebot zur Klä- Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur An- rung ihrer Situation und zu den Möglichkeiten des rechtli- wendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unter- chen Vorgehens. Des Weiteren hat die Stelle Schlichtungs- schied der Rasse oder der ethnischen Herkunft, möglichkeiten, indem sie eine gütliche Beilegung von Dis- Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 kriminierungsfällen zwischen den Beteiligten anstreben zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Ver- kann. Zur Erfüllung dieser Aufgaben kann die Stelle unter wirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und bestimmten Voraussetzungen die Beteiligten um Stellung- Beruf. nahmen ersuchen und hat gegenüber Bundesbehörden ein Keiner Umsetzung für Soldatinnen und Soldaten mehr be- Auskunftsrecht. durfte die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parla- Weitere Kernaufgaben der Stelle sind: ments und des Rates vom 23. September 2002 zur Ände- rung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirkli- – Maßnahmen zur Prävention von Diskriminierungen, chung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern – die Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen, und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in – vierjährige Berichtspflichten gegenüber dem Deutschen Bezug auf die Arbeitsbedingungen. Dieser Richtlinie wird Bundestag und der Bundesregierung, bereits durch das Gesetz zur Durchsetzung der Gleichstel- – Abgabe von Empfehlungen zur Beseitigung und Verhin- lung von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr (Solda- derung von Diskriminierungen an den Deutschen Bun- tinnen- und Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetz – destag und die Bundesregierung, SDGleiG) Rechnung getragen. – Öffentlichkeitsarbeit. Wegen der Aufhebung des Beschäftigtenschutzgesetzes, das Um der bewährten und erfolgreichen Arbeit bislang schon auch für Soldatinnen und Soldaten galt, war es notwendig, beratend und unterstützend tätig werdender Stelle des Bun- den Schutz der Soldatinnen und Soldaten vor Benachteili- des, der Länder oder Kommunen Rechnung zu tragen, ist gungen auf Grund des Geschlechts in Form von Belästigung die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gehalten, ent- und sexueller Belästigung im Dienstbetrieb in das Soldatin- sprechende Anliegen von Betroffenen an solche Stellen wei- nen- und Soldaten-Antidiskriminierungsgesetz aufzuneh- terzuleiten. Hierdurch sollen gewachsene Strukturen erhal- men. ten bleiben und Parallelstrukturen vermieden werden. Die Bundesregierung hat von der in Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten eingeräumten Ferner soll die Antidiskriminierungsstelle des Bundes mit Möglichkeit Gebrauch gemacht, „diese Richtlinie hinsicht- Nichtregierungsorganisationen und regionalen Beratungs- lich von Diskriminierungen wegen einer Behinderung und stellen kooperieren, um so eine ortsnahe Unterstützung zu des Alters nicht für die Streitkräfte“ der Bundeswehr umzu- ermöglichen. Damit wird den Vorgaben aus Artikel 12 der setzen. Die Bundesregierung begründet dies mit dem über- Richtlinie 2000/43/EG und aus Artikel 8c der Richtlinie ragenden Erfordernis der Einsatzbereitschaft und Schlag- 2000/78/EG entsprochen. kraft der Streitkräfte. Der militärische Dienst der Soldatin- Zur Förderung des Dialogs mit gesellschaftlichen Gruppen nen und Soldaten, der letztlich die äußere Sicherheit und die und Organisationen, insbesondere des sozialen Dialogs der Existenz des staatlichen Gemeinwesens gewährleistet, ist Tarifpartner, wird der Antidiskriminierungsstelle des Bundes nicht ohne weiteres mit sonstigen staatlichen Tätigkeiten im ein Beirat beigeordnet. In diesen Beirat sollen Vertreterinnen öffentlichen Dienst vergleichbar. Im Rahmen der staatlichen und Vertreter entsprechender Gruppen und Organisationen Daseinsvorsorge kommt der Einsatzbereitschaft und allseiti- berufen werden. Der Beirat soll die Antidiskriminierungs- gen Verwendbarkeit der Soldatinnen und Soldaten ein be- stelle bei der Vergabe von wissenschaftlichen Untersuchun- sonderer Stellenwert zu. Dieser gewichtige militärische gen sowie bei den Empfehlungen an den Deutschen Bundes- Grund, der staatspolitisch fundiert ist, rechtfertigt es, für die tag und die Bundesregierung beraten. Die Stelle ihrerseits hat Streitkräfte von der Auflage abzusehen, Personen einstellen über den Beirat die Möglichkeit, verstärkt in die Zivilgesell- oder weiterbeschäftigen zu müssen, die hinsichtlich ihrer schaft hineinzuwirken. körperlichen oder geistigen Fähigkeiten oder aus Alters- gründen nicht in der Lage sind, den jeweiligen Anforderun- Zu Abschnitt 7 (Schlussvorschriften) gen an sämtliche, ihnen zu stellenden militärischen Aufga- ben zu erfüllen. Angesichts der im Rahmen der Transforma- Der siebte Abschnitt enthält Schlussbestimmungen zur Un- tion der Bundeswehr vorzunehmenden Reduzierung auch abdingbarkeit, zur Geltung der allgemeinen Bestimmungen des militärischen Personals nimmt die Bundesregierung die sowie die Übergangsbestimmungen. oben genannten Ausnahmen für die gesamten Streitkräfte in Anspruch. Gegenstand des Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskrimi- 3) Im Folgenden werden sämtliche Vorschriften der Richtlinie 76/207/ nierungsgesetzes sind ausschließlich die Rechtsverhältnisse EWG in der seit Inkrafttreten der Richtlinie 2002/73/EG geltenden der den Streitkräften der Bundeswehr angehörenden Solda- Fassung zitiert. tinnen und Soldaten und von Personen, die – sei es nach Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 25 – Drucksache 15/4538

Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes, sei es auf Grund freiwil- Merkmale ethnische Herkunft, Behinderung, Weltanschau- liger Verpflichtung – vor der Begründung eines soldatischen ung und sexuelle Identität erweitert werden. Dabei wird Dienstverhältnisses stehen und in diesem Zusammenhang durch die Änderung des § 8 Abs. 1 Satz 3 klargestellt, dass mit Soldatinnen oder Soldaten sowie mit militärischen gesetzliche Maßnahmen zur Förderung schwerbehinderter Dienststellen in Berührung kommen. Das Soldatinnen- und Menschen von der Ergänzung des Berücksichtigungsverbots Soldaten-Antidiskriminierungsgesetz betrifft daher eine An- des Satzes 2 um das Merkmal der Behinderung unberührt gelegenheit der Verteidigung und ist somit nach Artikel 73 bleiben. Nr. 1 des Grundgesetzes Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes. Die in § 27 Abs. 1 des Sprecherausschussgesetzes (SprAuG) aufgestellten Grundsätze für die Behandlung der leitenden Angestellten des Betriebs werden an die Terminologie des Zu Artikel 3 Artikels 1 § 1 angepasst. Artikel 3 enthält Änderungen bestehender Gesetze. Im Ersten Buch Sozialgesetzbuch wird in Umsetzung der Im Arbeitsgerichtsgesetz wird mit dem neuen Satz 6 des Richtlinie 2000/43/EG durch Einfügung des neuen § 33c § 11 Abs. 1 die Kongruenz der Vorschriften über die Vertre- das Benachteiligungsverbot aus Gründen der Rasse und we- tung vor den Arbeitsgerichten mit der neuen Regelung in gen der ethnischen Herkunft im Bereich des Sozialgesetz- Artikel 1 § 24 hergestellt. Soweit den dort näher bezeichne- buches nominiert und auch die Benachteiligung wegen einer ten Verbänden die Besorgung fremder Rechtsangelegenhei- Behinderung einbezogen. Unter die sozialen Rechte fallen ten erlaubt ist, sind sie zur Prozessvertretung vor den Ar- die in den Büchern des Sozialgesetzbuches vorgesehenen beitsgerichten zugelassen. Dienst-, Sach- und Geldleistungen (§ 11 SGB I), insbeson- Die in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehene Frist von drei Mo- dere auch die Aufklärung, Auskunft und Beratung im Sinne naten zur Erhebung einer Klage auf Entschädigung wird des Sozialgesetzbuches (§§ 13 bis 15 SGB I). Daraus entste- beibehalten. Der Verweis auf § 611a BGB wird ersetzt hen keine neuen sozialen Rechte; diese sind allein in den durch einen Verweis auf Artikel 1 §§ 15 und 16. Die Klage- einzelnen Büchern des Sozialgesetzbuches festgelegt. frist ist damit in allen Fällen einer Klage auf Entschädigung Durch die Änderung von § 36 Abs. 2 des Dritten Buches einzuhalten. Sozialgesetzbuch wird die Umsetzung der Richtlinien durch Die bisherigen Absätze 2 und 3 des § 61b ArbGG betreffen Abschnitt 2 des Artikels 1 dieses Gesetzes für die Grund- Verfahrensregelungen, die sich aus der Unterscheidung von sätze der Vermittlung durch die Bundesagentur für Arbeit bestqualifizierten und anderen Stellenbewerbern ergeben. nachvollzogen, soweit das Dritte Buch Sozialgesetzbuch Durch die Aufgabe dieser Unterscheidung in der neuen Ent- nicht in Bezug auf einzelne Benachteiligungsgründe bereits schädigungsregelung des § 15 Antidiskriminierungsgesetz ein höheres Schutzniveau gewährleistet. werden auch die dazugehörigen Verfahrensvorschriften ent- Soweit der Bereich der Berufsberatung betroffen ist, wird behrlich. durch den neuen § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch Mit der Aufhebung des Artikels 2 des Gesetzes über die das Benachteiligungsverbot für die betroffenen Leistungs- Gleichbehandlung von Männern und Frauen am Arbeits- träger festgeschrieben. platz und über die Erhaltung von Ansprüchen bei Betriebs- übergang (Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz) wird Mit der Änderung in § 36 Satz 3 des Neunten Buches dem Umstand Rechnung getragen, dass die Vorschrift mit Sozialgesetzbuch wird klargestellt, dass nun auch die der Aufhebung der entsprechenden Vorschriften im BGB Regelungen des Antidiskriminierungsgesetzes (Artikel 1 gegenstandslos geworden ist. Die Verpflichtung des Arbeit- Abschnitt 2) im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben und gebers, die gesetzlichen Vorschriften den Beschäftigten be- über § 138 Abs. 4 SGB IX auch in Werkstätten für behin- kannt zu machen, wird nunmehr für alle Richtlinien einheit- derte Menschen entsprechende Anwendung finden. lich in Artikel 1 § 12 Abs. 4 umgesetzt. Das Bundesgleichstellungsgesetz wird an den Wegfall des In § 75 Abs. 1 des Betriebsverfassungsgesetzes werden die Beschäftigtenschutzgesetzes angepasst. aufgestellten Grundsätze für die Behandlung der im Betrieb tätigen Personen an die Terminologie des Artikels 1 § 1 da- In § 3 Abs. 1 des Soldatengesetzes werden die Merkmale, durch angepasst, dass die Insbesondere-Aufzählung der un- welche bei Entscheidungen über Ernennungen und Verwen- zulässigen Differenzierungsmerkmale durch die Einfügung dungen der Soldatinnen und Soldaten nicht berücksichtigt der Benachteiligungsverbote aus Gründen der Rasse oder werden dürfen, um die Merkmale sexuelle Identität, Welt- wegen der ethnischen Herkunft, Weltanschauung, Behinde- anschauung und ethnische Herkunft erweitert. rung und des Alters, die bisher in § 75 Abs. 1 BetrVG nicht Durch die Änderung in § 73 Abs. 6 des Sozialgerichtsgeset- ausdrücklich genannt waren, ergänzt wird. zes wird dem neu geschaffenen Vertretungsrecht von Mit- In vergleichbarer Weise werden die in § 67 des Bundes- gliedern und Beschäftigten der Antidiskriminierungsver- personalvertretungsgesetzes enthaltenen Grundsätze für die bände im Sinne von Artikel 1 § 24 Abs. 1 Rechnung getra- Behandlung der Beschäftigten dem Antidiskriminierungs- gen. gesetz angepasst. Durch die umfassende Neuregelung im Antidiskriminie- § 8 Abs. 1 Satz 2 des Bundesbeamtengesetzes wird in der rungsgesetz werden die §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 des Weise neu gefasst, dass die Merkmale, welche bei der Aus- Bürgerlichen Gesetzbuchs, die bisher den Schutz vor Be- lese von Bewerberinnen und Bewerbern nach einer Stellen- nachteiligung wegen des Geschlechts regeln, entbehrlich ausschreibung nicht berücksichtigt werden dürfen, um die und deshalb aufgehoben. Drucksache 15/4538 – 26 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Änderung des Soldatinnen- und Soldaten-Gleichstel- dernisse zwischen Bund und Ländern sowie zwischen den lungsgesetz trägt der Aufhebung des § 611a BGB und des Ländern. Beschäftigtenschutzgesetzes Rechnung. Soweit das Gesetz für diese Beschäftigtengruppe in Einzel- heiten gehende oder unmittelbar geltende Regelungen ent- Zu Artikel 4 hält, sind diese im Sinne des Artikels 75 Abs. 2 des Grund- Artikel 4 regelt das Inkrafttreten dieses Umsetzungsgesetzes gesetzes ausnahmsweise gerechtfertigt. Sie sind zur Umset- und das Außerkrafttreten des Beschäftigtenschutzgesetzes. zung der EU-Gleichbehandlungsrichtlinien unerlässlich und der einzig mögliche Weg. III. Gesetzgebungskompetenz Die Bestimmungen über den Schutz der im öffentlichen Dienst Beschäftigten vor Diskriminierung stellen bezogen Die Abschnitte 1 bis 4 des Artikels 1 stützen sich mit Aus- auf die vom Beamtenrechtsrahmengesetz erfasste und durch nahme des § 2 Abs. 2 des Artikels 1 auf die Gesetzgebungs- Rahmenvorschriften geordnete Materie des öffentlichen kompetenz des Bundes nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 12 (Ar- Dienstes der Länder sowohl quantitativ wie auch qualitativ beitsrecht einschließlich des Arbeitsschutzes) des Grundge- Ausnahmefälle dar. setzes und auf die nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1 des Grund- gesetzes (bürgerliches Recht, das gerichtliche Verfahren und Abgesehen von den festgeschriebenen einheitlichen Stan- die Rechtsberatung). Die Befugnis des Bundes zur Rege- dards verbleiben den Ländern breite Regelungsfelder zur lung von § 2 Abs. 2 des Artikels 1 stützt sich auf Artikel 74 selbstständigen Ausgestaltung. Die Länder können weiter- Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes (öffentliche Fürsorge). gehende und detailliertere Regelungen schaffen, um berufli- che Benachteiligungen der Beamtinnen und Beamten wegen Die Erforderlichkeit einer bundesgesetzlichen Regelung der genannten Merkmale zu vermeiden. Die Vollregelungen gemäß Artikel 72 Abs. 2 GG ist insbesondere zur Wahrung des Bundes dominieren das Sachgebiet nicht, so dass in der Rechts- und Wirtschaftseinheit gegeben. Der ange- qualitativer Hinsicht ein Ausnahmefall vorliegt (vgl. Ent- strebte effektive Schutz vor Diskriminierungen in Beschäf- scheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Juli tigung und Beruf sowie im Zivilrecht kann nämlich nur 2004 – 2 BvF 2/02). durch eine bundeseinheitliche Regelung erreicht werden. Eine unterschiedliche rechtliche Behandlung derselben Le- Die für die Beamtinnen und Beamten geltenden in Einzel- benssachverhalte würde Umgehungsmöglichkeiten eröffnen heiten gehenden und unmittelbar geltenden Regelungen und außerdem erhebliche Rechtsunsicherheiten und damit stellen auch in qualitativer Hinsicht einen Ausnahmefall dar. unzumutbare Behinderungen für den länderübergreifenden Die Vorschriften lassen nach ihrer inhaltlichen Bedeutung Rechtsverkehr erzeugen. Dies liegt für den Absatz von eine weitere prägende Ausfüllung durch den Landesgesetz- Gütern und Dienstleistungen auf der Hand, gilt in gleicher geber zu. Ohne sie könnte das Gesetz verständlicherweise Weise aber für Beschäftigung und Beruf, insbesondere bei nicht erlassen werden; sie sind schlechthin unerlässlich, da steigender Mobilität der Bevölkerung. Die durch eine diver- die umzusetzenden EU-Gleichbehandlungsrichtlinien nicht gierende Rechtslage ausgelösten Unsicherheiten würden die nach Beschäftigtengruppen differenzieren und Arbeitneh- Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepu- mer und Beamte gleich behandeln. blik Deutschland ernsthaft bedrohen. Die bundeseinheitliche Geltung dieser europarechtlichen Unbeschadet dessen erwartet der Verkehr zumindest im Vorgaben für den Landesgesetzgeber ist zur Schaffung eines Kernbereich des privaten Zivil- und Wirtschaftsrechts, dass allgemeinen Handlungsrahmens für die öffentliche Verwal- bundesweit dieselben Regelungen gelten. tung, der im gesamten Bundesgebiet im Wesentlichen der Gleiche sein muss, unerlässlich. Für den Arbeitnehmer- Bezüglich der in Abschnitt 5 vorgenommenen Einbezie- bereich findet das Gesetz unmittelbar Anwendung. Deshalb hung der Beamtinnen und Beamten des Bundes in den An- ist ein gleichzeitiges Inkrafttreten auch für den Beamten- wendungsbereich des Gesetzes macht der Bund von seiner bereich notwendig. Dadurch ist sichergestellt, dass bei der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz aus Artikel 73 Umsetzung der EU-Vorgaben auch ein wirkungs- und zeit- Nr. 8 des Grundgesetzes Gebrauch. gleicher Diskriminierungsschutz für den öffentlichen Dienst Die Einbeziehung der Landesbeamtinnen und -beamten in insgesamt eintritt. den Anwendungsbereich des Gesetzes gründet auf der Rah- Hinsichtlich des Bereichs der sexuellen Belästigung gilt für mengesetzgebungskompetenz des Bundes aus Artikel 75 alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes in Bund, Län- Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Grundgesetzes. dern und Gemeinden das Beschäftigtenschutzgesetz vom Die bundesgesetzlichen Regelungen sind zur Wahrung der 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406). Diese Schutzregelung wird Rechtseinheit im gesamtstaatlichen Interesse nach Artikel durch Artikel 4 aufgehoben. Für den Bereich der sexuellen 72 Abs. 2 des Grundgesetzes erforderlich, da die Gefahr Belästigung hätte dies bei einem Aufgehen des bisherigen besteht, dass eine Gesetzesvielfalt auf Länderebene oder Beschäftigtenschutzgesetzes in dem allgemeinen Antidis- Untätigkeit des Landesgesetzgebers zu einer Rechtszersplit- kriminierungsgesetz zur Folge, dass die Beamtinnen und terung bzw. Nichtumsetzung der EU-Gleichbehandlungs- Beamten nicht mehr erfasst wären. Insoweit beinhaltet die richtlinien führt. Die Bestimmungen über den Schutz der im Neuregelung keine grundlegende Umgestaltung der bisheri- öffentlichen Dienst Beschäftigten vor Diskriminierung we- gen Rechtslage für diesen Bereich, sondern erweitert den gen der in § 1 des Artikels 1 genannten Merkmale bilden gesetzlichen Diskriminierungsschutz nur um die anderen in eine wesentliche Grundlage für die Funktionsfähigkeit des § 1 des Artikels 1 aufgeführten Merkmale. öffentlichen Dienstes. Dies gilt vor allem auch wegen der Die Befugnis des Bundes zur Errichtung der Antidiskrimi- notwendigen Gewährleistung wachsender Mobilitätserfor- nierungsstelle des Bundes nach Abschnitt 6 des Entwurfs Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 27 – Drucksache 15/4538 ergibt sich aus Artikel 87 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. Gerade bei Frauen, die doch am ehesten von Diskriminie- Ihre Aufgabe besteht in der Förderung des Grundsatzes der rungen, insbesondere in Form der (sexuellen) Belästigung, Gleichbehandlung aller Personen insbesondere in den durch betroffen sind, werden häufig solche Zugangsbarrieren zur die Abschnitte 1 bis 4 dieses Entwurfs geregelten zur kon- gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen beobachtet. kurrierenden Gesetzgebung gehörigen Bereichen. Zudem Ein Grund könnte darin liegen, dass sich Frauen weniger als erfolgt die Errichtung der Antidiskriminierungsstelle des Männer mit den ihnen zustehenden rechtlichen Möglichkei- Bundes auf Grund des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grund- ten identifizieren, weil diese oftmals nicht ihren Strategien gesetzes in Wahrnehmung der öffentlichen Fürsorge, die zur der Konfliktlösung entsprechen. Wahrung der Rechtseinheit eine bundesgesetzliche Rege- Ähnliches gilt für Menschen mit Migrationshintergrund, die lung erforderlich macht. einer fremden Rechtsordnung gegenüberstehen, aber auch Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für Artikel 2 für Menschen mit Behinderungen, die häufig noch mit wei- (Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskriminierungsgesetz – teren Zugangsbarrieren konfrontiert sind. SADG) folgt aus Artikel 73 Nr. 1 GG. Auch hier sind daher flankierende Maßnahmen notwendig. Das Gesetz sieht solche vor IV. Gesetzesfolgen und Gleichstellungswirkung – in der Unterstützung durch Verbände bei der Rechts- Die vorgesehenen Regelungen haben – entsprechend der ge- durchsetzung und schlechtsspezifisch unterschiedlichen Ausgangssituation – – in der Unterstützung durch die Antidiskriminierungs- auch geschlechtsspezifisch unterschiedliche Wirkungen. Es stelle des Bundes. kann davon ausgegangen werden, dass Frauen in besonde- rem Maße von Benachteiligungen betroffen sind, nicht nur Wichtig wird ferner sein, die Auswirkungen des Gesetzes beim Diskriminierungsmerkmal Geschlecht, sondern auch geschlechtsspezifisch zu evaluieren. Hierbei werden insbe- bei den übrigen Diskriminierungsmerkmalen. Es muss des- sondere die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes halb sichergestellt werden, dass die angestrebten Wirkungen vorzulegenden Berichte hilfreich sein. Sie werden u. a. be- des Gesetzes die Lebensbereiche von Frauen mit umfassen kannt gewordene Diskriminierungsfälle, ihre Behandlung und dass Frauen von den neuen gesetzlichen Schutzmög- sowie die Erfahrungen mit der Geltendmachung der neuen lichkeiten auch Gebrauch machen können. Rechte betreffen. Diese Berichte sollen – wie auch die wis- senschaftlichen Untersuchungen der Antidiskriminierungs- Neben den individuellen Schutzwirkungen zugunsten der stelle – wertvolle Hinweise darüber geben, ob der mit dem von Diskriminierung Betroffenen wird mit dem Gesetz vor Gesetz eingeschlagene Weg erfolgreich ist und sich auch allem eine Signalwirkung im Hinblick auf alle Diskriminie- gleichstellungspolitisch positiv auswirkt. rungsmerkmale angestrebt. Das Gesetz ist Ausdruck des po- litischen Willens, eine Kultur der Vielfalt und gegen Diskri- minierung in Deutschland zu schaffen. Dazu gehört, für die Besonderer Teil Problematik der unbeabsichtigten, aber auch der strukturel- len Diskriminierung zu sensibilisieren. Zu Artikel 1 (Antidiskriminierungsgesetz) Damit diese Signalwirkung eintritt, sind flankierende Maß- Zu Abschnitt 1 (Allgemeiner Teil) nahmen erforderlich. Zu § 1 (Ziel des Gesetzes) Hierbei spielen die vorgesehene Errichtung einer Antidiskri- minierungsstelle des Bundes sowie ihres Beirates eine be- Das Gesetz hat die Zielsetzung, Benachteiligungen wegen sondere Rolle. Sie sollen öffentlichkeitswirksam aufklären der in § 1 genannten Gründe in seinem in § 2 Abs. 1 näher und – z. B. Betriebe – beraten. bestimmten Anwendungsbereich zu verhindern oder zu beseitigen. Es setzt damit die Richtlinien 2000/43/EG, Die zweite beabsichtigte Wirkung des Gesetzes ist, eventu- 2000/78/EG und 2002/73/EG um, die – in ihrem jeweiligen elle Zugangsbarrieren zu überwinden. Auch hierzu sind spezifischen Anwendungsbereich – gegen Benachteiligun- flankierende Maßnahmen erforderlich. Zugangsbarrieren gen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Her- können liegen in: kunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, der Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität – der Unkenntnis der neuen Rechte, schützen. Einen Schutz gegen Benachteiligung wegen ande- – fehlenden oder nicht geeigneten Ansprechstellen im Be- rer Gründe regelt dieses Gesetz nicht. Soweit sich aus ande- trieb, ren Vorschriften oder insbesondere aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen weitere Benachteiligungsverbote oder Gleich- – fehlender Transparenz im Betrieb zum Umgang mit Be- behandlungsgebote ergeben, finden diese nach § 2 Abs. 3 schwerden, neben den Vorschriften dieses Gesetzes weiterhin Anwen- – fehlender Unterstützung im Betrieb, dung. – Angst vor Nachteilen am Arbeitsplatz, Rechtlicher Schutz vor Benachteiligung zielt nicht auf den Schutz besonderer Gruppen, sondern auf den Schutz vor Be- – Scham, insbesondere bei sexueller Belästigung, nachteiligungen, die an die in den Richtlinien genannten – Sprachschwierigkeiten u. Ä. Merkmale anknüpfen. Diese Merkmale werden von jedem Menschen in der einen oder anderen Form verwirklicht, In besonderem Maße können sich solche Zugangsbarrieren denn alle Menschen weisen eine bestimmte ethnische Her- im Falle einer Mehrfachdiskriminierung auswirken. kunft auf, haben ein bestimmtes Lebensalter und eine sexu- Drucksache 15/4538 – 28 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode elle Orientierung. Nicht alle Menschen aber sind in gleicher des Volkstums (im Sinne des ethnischen Ursprungs). Dies Weise von Benachteiligungen betroffen. gilt auch dann, wenn scheinbar auf die Staatsangehörigkeit oder Religion abgestellt wird, in der Sache aber die ethni- Der Gesetzentwurf spricht im Folgenden von „Benachteili- sche Zugehörigkeit gemeint ist. gung“ und nicht von „Diskriminierung“, um deutlich zu ma- chen, dass nicht jede unterschiedliche Behandlung, die mit Der Begriff der „Behinderung“ entspricht den gesetzlichen der Zufügung eines Nachteils verbunden ist, diskriminieren- Definitionen in § 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozial- den Charakter hat. Unter „Diskriminierung“ nämlich wird gesetzbuch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Men- schon im allgemeinen Sprachgebrauch nur die rechtwidrige, schen – (SGB IX) und in § 3 des Gesetzes zur Gleichstel- sozial verwerfliche Ungleichbehandlung verstanden. Es gibt lung behinderter Menschen (BGG): Nach den insoweit indessen auch Fälle der zulässigen unterschiedlichen Be- übereinstimmenden Vorschriften sind Menschen behindert, handlung; dies zeigen die §§ 5, 8 bis 10 und 21. „wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger Die in § 1 erwähnten Merkmale entstammen Artikel 13 als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zu- EG-Vertrag, der durch den Amsterdamer Vertrag mit Wir- stand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der kung zum 1. Mai 1999 in das primäre Gemeinschaftsrecht Gesellschaft beeinträchtigt ist.“ Mit diesem sozialrechtlich eingefügt worden ist. Die Bedeutung der aufgezählten entwickelten Begriff werden sich die meisten Sachverhalte Merkmale erschließt sich weithin ohne besondere Erläute- der ungerechtfertigen Benachteiligung Behinderter auch im rung. Ergänzend ist anzumerken: Anwendungsbereich dieses Gesetzes erfassen lassen. Das Merkmal „Rasse“ bzw. „ethnische Herkunft“ ist von Der Begriff der „sexuellen Identität“ entspricht der bereits der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG vorgegeben. Diese zur Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG in § 75 Betriebs- auch in Artikel 13 EG-Vertrag erwähnten Begriffe sind verfassungsgesetz erfolgten Wortwahl. Erfasst werden ho- EG-rechtlich in einem umfassenden Sinne zu verstehen, mosexuelle Männer und Frauen ebenso wie bisexuelle, denn sie sollen einen möglichst lückenlosen Schutz vor eth- transsexuelle oder zwischengeschlechtliche Menschen. nisch motivierter Benachteiligung gewährleisten. Der Begriff „Alter“ meint Lebensalter, schützt also gegen Die Verwendung des Begriffs der „Rasse“ ist nicht unprob- ungerechtfertigte unterschiedliche Behandlungen, die an das lematisch und bereits bei der Erarbeitung der Antirassis- konkrete Lebensalter anknüpfen. Es geht also nicht aus- musrichtlinie 2000/43/EG intensiv diskutiert worden (zur schließlich um den Schutz älterer Menschen vor Benachtei- Auslegung des Begriffs siehe Göksu, Rassendiskriminie- ligung, wenngleich dies ein Schwerpunkt des Anwendungs- rung beim Vertragsabschluss als Persönlichkeitsverletzung, bereichs sein wird. Freiburg/CH 2003, S. 8 ff.). Die Mitgliedstaaten und die Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben letzt- Zu § 2 (Anwendungsbereich) lich hieran festgehalten, weil „Rasse“ den sprachlichen An- knüpfungspunkt zu dem Begriff des „Rassismus“ bildet und Zu Absatz 1 die hiermit verbundene Signalwirkung – nämlich die konse- Absatz 1 bestimmt – in Verbindung mit den Vorschriften der quente Bekämpfung rassistischer Tendenzen – genutzt wer- Abschnitte 2 bis 5 – den sachlichen Anwendungsbereich des den soll. Gesetzes. Dem liegt folgende Regelungstechnik zu Grunde: Zugleich entspricht die Wortwahl dem Wortlaut des Arti- die Nummern 1 bis 4 entsprechen weithin Artikel 3 Abs. 1 kels 13 EG-Vertrag, dessen Ausfüllung die Antirassismus- Buchstabe a bis d der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG richtlinie 2000/43/EG dient, sowie dem Wortlaut des Arti- und 76/207/EWG; zur Klarstellung wird in Nummer 2 in kels 3 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes. In Übereinstim- Hinweis auf individual- und kollektivrechtliche Verein- mung mit Erwägungsgrund 6 der Antirassismusrichtlinie barungen hinzugefügt. Die Nummern 5 bis 8 entsprechen 2000/43/EG sind allerdings Theorien zurückzuweisen, mit wortgleich Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe e bis h der Anti- denen versucht wird, die Existenz verschiedener mensch- rassismusrichtlinie 2000/43/EG. Eine gesonderte Wieder- licher Rassen zu belegen. Die Verwendung des Begriffs gabe von Artikel 2 Buchstabe a der Gleichbehandlungs- „Rasse“ in der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG bedeu- richtlinie wegen des Geschlechts außerhalb der Arbeitswelt tet keinesfalls eine Akzeptanz solcher Vorstellungen. Zur [noch nicht erlassen, Vorschlag vom 5. November 2003 – Klarstellung wurde daher – auch in Anlehnung an den KOM(2003) 657 endgültig – Fassung vom 6. Oktober Wortlaut des Artikels 13 des EG-Vertrags – die Formulie- 2004] war entbehrlich, weil dieser von Nummer 8 erfasst rung „aus Gründen der Rasse“ und nicht die in Artikel 3 wird. Abs. 3 GG verwandte Wendung „wegen seiner Rasse“ Nummer 1 nennt den Zugang zu unselbstständiger und gewählt. Sie soll deutlich machen, dass nicht das Gesetz selbstständiger Erwerbstätigkeit unabhängig von Tätigkeits- das Vorhandensein verschiedener menschlicher „Rassen“ feld und beruflicher Position, sowie den beruflichen Auf- voraussetzt, sondern dass derjenige, der sich rassistisch stieg und betont, wegen der besonderen Bedeutung, Aus- verhält, eben dies annimmt. wahlkriterien und Einstellungsbedingungen. Auch das Merkmal der „ethnischen Herkunft“ ist in einem Nach Nummer 2 unterfallen dem Gesetz alle Beschäf- weiten Sinne zu verstehen. Es ist EG-rechtlich auszulegen tigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeits- und umfasst auch Kriterien, wie sie das Internationale Über- entgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere Verein- einkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskri- barungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Be- minierung (CERD) vom 7. März 1966 (BGBl. 1969 II endigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie für den S. 961) nennt: Benachteiligungen auf Grund der Rasse, der beruflichen Aufstieg. Mit erfasst werden damit auch die Hautfarbe, der Abstammung, des nationalen Ursprungs oder nachwirkenden Folgen eines beendeten Beschäftigungsver- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 29 – Drucksache 15/4538 hältnisses. Die Aufzählung im zweiten Halbsatz dient der auch Geschäftsbesorgungsverträge, Mietverträge und Fi- Konkretisierung, sie ist nicht abschließend und umfasst nanzdienstleistungen, also auch Kredit- und Versicherungs- z. B. auch Weisungen oder sonstige Anordnungen wie Ver- verträge, Leasingverträge etc. setzung oder Umsetzung durch den Arbeitgeber. Eingeschränkt wird der Anwendungsbereich (wie in Ar- Der Begriff der Vereinbarung ist weit zu verstehen. Er er- tikel 3 Abs. 1 Buchstabe h der Antirassismusrichtlinie fasst z. B. vertragliche Regelungen zwischen Arbeitgeber 2000/43/EG) durch das Erfordernis, dass die Güter und und Beschäftigten ebenso wie Vereinbarungen mit Arbeit- Dienstleistungen sowie Wohnraum „der Öffentlichkeit zur nehmervertretungen sowie Tarifverträge und vergleichbare Verfügung stehen“ müssen. Die Formulierung des Gesetzes kollektive Regelungen. („die öffentlich zum Vertragsschluss angeboten werden“) passt diese Vorgabe dem deutschen Privatrecht an: Die Nummer 3 betrifft den Zugang zu allen Formen und allen Norm erfasst den praktisch häufigen Fall, in dem das öffent- Ebenen der Berufsberatung, Berufsbildung einschließlich liche Angebot eine Aufforderung des Schuldners an mögli- Umschulung etc. che Interessenten enthält, ihrerseits einen bindenden Antrag Nummer 4 betrifft die Mitgliedschaft und Mitwirkung in be- abzugeben (invitatio ad offerendum). Denkbar ist aber auch, rufsbezogenen Vereinigungen auf Beschäftigten- und Ar- dass der Anbietende sich selbst bereits nach § 145 BGB beitgeberseite. Die Richtlinien wollen umfassend der Be- bindet und dieser öffentlich erklärte Antrag nur noch der nachteiligung in Beschäftigung und Beruf entgegenwirken. Annahme bedarf. Um dieses Ziel zu erreichen, kommt der Möglichkeit der Praktisch geschieht das Angebot zum Vertragsschluss durch ungehinderten Mitwirkung in entsprechenden Berufsver- Anzeigen in Tageszeitungen, Schaufensterauslagen, Veröf- bänden und ähnlichen Vereinigungen erhebliche Bedeutung fentlichungen im Internet oder auf vergleichbare Weise. Es zu. kommt nicht darauf an, wie groß die angesprochene Öffent- Im Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 werden lichkeit ist, sondern nur darauf, dass die Erklärung über die meist die Bestimmungen des Abschnitts 2 Anwendung fin- Privatsphäre des Anbietenden hinaus gelangt. den, weil es in der Regel um Benachteiligungen Beschäftig- ter im Sinne des § 6 gehen wird. Es sind aber auch Sachver- Zu Absatz 2 halte denkbar, die nicht unter den persönlichen Anwen- Die Regelung trägt den Anforderungen der Richtlinien dungsbereich des § 6 fallen, aber eine diesen Sachverhalten 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG im Bereich des vergleichbare Interessenlage aufweisen. § 20 Abs. 3 Satz 2 Sozialschutzes Rechnung; hierfür gelten, soweit es um Leis- ordnet für diese zivilrechtlichen Sachverhalte deshalb die tungen nach dem Sozialgesetzbuch geht, ausschließlich die entsprechende Anwendung der Bestimmungen des Ab- Regelungen in § 33c SGB I und § 19a SGB IV. schnitts 2 an (siehe auch die Begründung zu § 20 Abs. 3). Die Nummern 5 bis 7 beruhen auf der Umsetzung der Anti- Zu Absatz 3 rassismusrichtlinie 2000/43/EG, die – anders als die Rah- Absatz 3 stellt klar, dass dieses Gesetz lediglich der Umset- menrichtlinie 2000/78/EG und die geänderte Gender-Richt- zung der drei Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und linie 76/207/EWG – nicht nur für Beschäftigung und Beruf 2002/73/EG dient und keine vollständige und abschließende gilt, sondern auch für den Sozialschutz, die sozialen Ver- Regelung des Schutzes vor Benachteiligung darstellt. Be- günstigungen, die Bildung sowie den Zugang zu und die nachteiligungsverbote oder Gleichbehandlungsgebote, die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der auf anderen Rechtsvorschriften beruhen, bleiben unberührt Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von (z. B. § 4 TzBfG). Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Wohnraum. Die meisten dieser Sachverhalte werden öffent- Schutzvorschriften bestimmter Personengruppen, wie z. B. lich-rechtlichen Regelungen unterliegen, denn beim Sozial- die Mutterschutzvorschriften. schutz sowie den sozialen Vergünstigungen und auch bei der Bildung wird es sich überwiegend um staatliche Leistungen Zu § 3 (Begriffsbestimmungen) handeln. Es ist aber auch denkbar, dass einschlägige Leis- tungen auf privatrechtlicher Grundlage erbracht werden, Die Vorschrift setzt Artikel 2 Abs. 2 bis 4 der Richtlinien etwa im Rahmen eines privaten Arztvertrages oder Bil- 2000/43/EG, 2000/78/EG und 76/207/EWG um. Die Be- dungsleistungen privater Anbieter. Einschlägig ist dann das griffsbestimmungen sind weitgehend wörtlich aus den zivilrechtliche Benachteiligungsverbot aus Gründen der Richtlinien übernommen. Nur vereinzelt sind zur Klarstel- Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft nach § 20 Abs. 2. lung Ergänzungen erfolgt. Auch im Anwendungsbereich von Nummer 8 sind öffent- lich-rechtliche Sachverhalte denkbar. Meist wird es hierbei Zu Absatz 1 aber um privatrechtlich zu beurteilende Schuldverhältnisse Absatz 1 Satz 1 definiert die unmittelbare Benachteiligung. gehen, denn der Zugang zu und die Versorgung mit Gütern Sie liegt vor, wenn eine Person eine weniger günstige Be- und Dienstleistungen erfolgt in marktwirtschaftlich organi- handlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleich- sierten Gesellschaften überwiegend auf der Grundlage von baren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. privatrechtlichen Verträgen. Die Formulierung entspricht Dies bezieht sich gleichermaßen auf alle in § 1 genannten dem Sprachgebrauch des EG-Vertrags und den dort garan- Gründe einer unterschiedlichen Behandlung. Eine Benach- tierten Freiheiten, insbesondere dem freien Waren- und teiligung kann auch in einem Unterlassen liegen. Der Nach- Dienstleistungsverkehr (Artikel 23 ff., 49 ff. EG-Vertrag) teil besteht in einer Zurücksetzung. Die Zurücksetzung Mit Dienstleistungen sind also nicht nur Dienst- und Werk- muss wegen eines der in § 1 erwähnten Merkmale erfolgt verträge (§§ 611, 631 BGB) gemeint. Erfasst sind damit sein. Die benachteiligende Maßnahme muss also durch Drucksache 15/4538 – 30 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode eines (oder mehrere) dieser Merkmale motiviert sein bzw. ringfügige Eingriffe aus. Das Verhalten muss aber anderer- der Benachteiligende muss bei seiner Handlung hieran an- seits auch nicht die Qualität einer Verletzung der Menschen- knüpfen. würde im Sinne des Artikels 1 GG erreichen. Ist eine Verlet- zung der Würde vom Handelnden bezweckt, kommt es nicht Die unmittelbare Benachteiligung muss entweder noch an- darauf an, ob diese Verletzung tatsächlich eintritt. Eine Be- dauern bzw. bereits abgeschlossen sein; oder aber es muss lästigung ist aber auch dann gegeben, wenn ein Verhalten eine hinreichend konkrete Gefahr bestehen, dass eine solche die Würde des Betroffenen verletzt, ohne dass dies vorsätz- Benachteiligung eintritt („erfährt, erfahren hat oder erfahren lich geschieht. Auch bei einmalig bleibenden Handlungen würde“). Eine nur abstrakte Gefahr löst noch keine Ansprü- bleibt der Betroffene nicht schutzlos. che aus. Es bedarf einer Wiederholungsgefahr – bei bereits erfolgter Benachteiligung – oder einer ernsthaften Erstbege- Die Unerwünschtheit der Verhaltensweise muss nicht be- hungsgefahr (siehe Palandt-Bassenge, BGB-Kommentar, reits vorher ausdrücklich gegenüber den Belästigenden zum 63. Auflage 2004, § 1004 Rn. 32). Ausdruck gebracht worden sein. Vielmehr ist es ausrei- Satz 2 berücksichtigt die Rechtsprechung des Europäischen chend, dass die Handelnden aus der Sicht eines objektiven Gerichtshofes (EuGH Rs. C-177/88 vom 8. November Beobachters davon ausgehen können, dass ihr Verhalten un- 1990 – Dekker) und stellt für den in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 ter den gegebenen Umständen von den Betroffenen nicht er- geregelten Anwendungsbereich (Beschäftigung und Beruf) wünscht ist oder auch nicht akzeptiert wird. Belästigendes klar, dass eine unmittelbare Benachteiligung auch vorliegt, Verhalten kann sowohl verbaler als auch nonverbaler Art wenn die Unterscheidung wegen eines Merkmals erfolgt, sein. Hierunter können z. B. Verleumdungen, Beleidigungen das mit einem in § 1 genannten Grund in untrennbarem und abwertende Äußerungen, Anfeindungen, Drohungen Zusammenhang steht. Der Europäische Gerichtshof hat in und körperliche Übergriffe fallen, die im Zusammenhang der Rechtssache Dekker klargestellt, dass dies für die Situa- mit einem der in § 1 genannten Gründe stehen. tion von Schwangerschaft und Mutterschaft einer Frau gilt. Damit setzt die Vorschrift Artikel 2 Abs. 7 der Richtlinie Im Anwendungsbereich des zivilrechtlichen Benachtei- 76/207/EWG um. ligungsverbots (§§ 20 ff.) wird es eines Rückgriffs auf Ab- satz 3 selten bedürfen: Wer im Rahmen eines Vertrags eine Person wegen der in § 1 genannten Merkmale belästigt, Zu Absatz 2 lässt die nach § 241 Abs. 2 BGB gebotene Rücksichtnahme Absatz 2 definiert die mittelbare Benachteiligung. Sie liegt auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Maß- Partei außer Acht und verletzt damit seine vertraglichen nahmen, Kriterien oder Verfahren Personen oder Personen- Pflichten. Dies gilt nach § 311 Abs. 2 BGB auch bereits in gruppen, bei denen eines der in § 1 genannten Merkmale der vorvertraglichen Phase, also bei der Aufnahme von vorliegt, in besonderer Weise gegenüber anderen Personen Vertragsverhandlungen, der Anbahnung eines Vertrags oder oder Personengruppen benachteiligen, bei denen die in § 1 bei ähnlichen geschäftlichen Kontakten. genannten Merkmale nicht vorliegen (Bildung von Ver- gleichsgruppen). Dieser sehr weite Anwendungsbereich be- Daneben können Handlungen, die das Persönlichkeitsrecht, darf einer Einschränkung, für die der Anspruchsteller darle- die Gesundheit oder die sexuelle Selbstbestimmung verlet- gungs- und beweispflichtig ist: Eine mittelbare Benachteili- zen, Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüche aus- gung liegt nicht vor, wenn ein sachlicher Grund die Un- lösen (siehe auch § 15 Abs. 4 Satz 3 und § 22 Abs. 4). In gleichbehandlung rechtfertigt und die eingesetzten Mittel Betracht kommen insbesondere § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 erforderlich und angemessen sind. BGB. Auch können entsprechende Handlungen strafrecht- liche Konsequenzen nach sich ziehen. Bereits bei der Feststellung, ob tatbestandlich eine mittel- bare Benachteiligung vorliegt, ist das Vorliegen sachlich rechtfertigender Gründe zu prüfen. Auf die weiteren spezi- Zu Absatz 4 ellen Rechtfertigungsgründe, die das Gesetz in den §§ 5, 8 bis 10 sowie § 21 vorsieht, kommt es dann regelmäßig nicht Die Definition der eine Benachteiligung darstellenden sexu- mehr an. Wie bei der unmittelbaren Benachteiligung genügt ellen Belästigung baut auf der Struktur der Belästigungsde- eine abstrakte Gefährdungslage nicht: Der Benachteiligte finition in Absatz 3 auf. Gegenüber der Formulierung in § 2 muss von der mittelbaren Benachteiligung konkret betroffen Abs. 2 Beschäftigtenschutzgesetzes ist an die Stelle der Be- sein bzw. es muss eine hinreichend konkrete Gefahr beste- schreibung als eines „vorsätzlichen“ und „erkennbar abge- hen, dass ihm im Vergleich zu Angehörigen anderer Perso- lehnten“ Verhaltens entsprechend der Änderung in Artikel 2 nengruppen ein besonderer Nachteil droht. Abs. 2 der Richtlinie 76/207/EWG die Formulierung „uner- wünscht“ getreten. Das unerwünschte Verhalten muss zu- sätzlich sexuell bestimmt sein. Die beispielhafte Aufzäh- Zu Absatz 3 lung möglicher sexuell bestimmter Verhaltensweisen erfasst Die Vorschrift definiert den Begriff der Belästigung, die typische Fälle und entspricht weitgehend den in § 2 eine Benachteiligung darstellt. Wesentlich ist die Verletzung Abs. 2 Satz 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes aufgezählten der Würde der Person durch unerwünschte Verhaltenswei- unerwünschten Verhaltensweisen wie sexuelle Handlungen sen; insbesondere durch das Schaffen eines von Einschüch- und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmten körper- terungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen lichen Berührungen. Darüber hinaus zählen wie bisher erst und Beleidigungen gekennzeichneten Umfeldes. Die uner- recht sexuelle Handlungen und Verhaltensweisen, die nach wünschte Verhaltensweise muss geeignet sein, die Würde strafgesetzlichen Vorschriften unter Strafe gestellt sind, zu der betreffenden Person zu verletzen. Damit scheiden ge- den erfassten Verhaltensweisen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 31 – Drucksache 15/4538

Zu Absatz 5 Zu Abschnitt 2 (Schutz der Beschäftigten vor Benachteili- gung) Die Regelung dient der Umsetzung von Artikel 2 Abs. 4 der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 76/207/EWG, Zu Unterabschnitt 1 (Verbot der Benachteiligung) nach der auch eine Anweisung zu einer Benachteiligung Zu § 6 (Persönlicher Anwendungsbereich) eine Benachteiligung darstellt. Die Weisung muss vorsätz- lich erfolgen. Es ist hingegen nicht erforderlich, dass der Zu Absatz 1 Anweisende sich der Verbotswidrigkeit der Handlung Absatz 1 regelt den persönlichen Geltungsbereich des Ge- bewusst ist, denn das gesetzliche Benachteiligungsverbot setzes in Bezug auf den Schutz vor Benachteiligungen in erfasst alle Benachteiligungen, ohne dass ein Verschulden Beschäftigungsverhältnissen. Der erfasste Personenkreis erforderlich ist. Für das Vorliegen einer Anweisung kommt wird in Satz 1 im Einzelnen aufgezählt und mit dem Begriff es nicht darauf an, ob die angewiesene Person die Benach- des Beschäftigten überschrieben. Erfasst werden alle Be- teiligung tatsächlich ausführt. Im Bereich des allgemeinen schäftigten in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Zivilrechts sind die in Absatz 5 geregelten Sachverhalte Dienst. Für Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und regelmäßig über die zivilrechtlichen Zurechnungsnormen Richter gelten die Sonderregelungen des § 25. zu erfassen (§§ 31, 278, 831 BGB). Für freie Dienstverhältnisse sowie sonstige Beschäftigungs- verhältnisse gelten gesonderte Regelungen. Zu § 4 (Unterschiedliche Behandlung wegen mehrerer Für Menschen, denen auf Grund des SGB IX eine arbeit- Gründe) nehmerähnliche Stellung zukommt, insbesondere die in Die Vorschrift stellt klar, dass jede Ungleichbehandlung für Werkstätten für behinderte Menschen Beschäftigten und sich auf ihre Rechtfertigung hin zu prüfen ist. Ist eine un- Rehabilitanden, finden sind die Regelungen dieses Gesetzes terschiedliche Behandlung möglicherweise im Hinblick auf entsprechende Anwendung. einen der in § 1 genannten Gründe gerechtfertigt, liegt Satz 2 stellt ausdrücklich klar, dass der Geltungsbereich des darin nicht zugleich die Rechtfertigung einer Benachtei- Gesetzes auch Bewerber und Bewerberinnen um ein Be- ligung wegen eines anderen in § 1 genannten – ebenfalls schäftigungsverhältnis und solche Personen umfasst, deren vorliegenden – Grundes. Die Regelung berücksichtigt den Beschäftigungsverhältnis bereits beendet ist, bei denen aber Umstand, dass bestimmte Personengruppen typischerweise noch nachwirkende Folgen wie z. B. bei der betrieblichen der Gefahr der Benachteiligung aus mehreren nach § 1 Altersvorsorge eintreten können. unzulässigen Gründen ausgesetzt sind. Zu Absatz 2 Zu § 5 (Positive Maßnahmen) Als Arbeitgeber werden in diesem Gesetz die natürlichen oder juristischen Personen bezeichnet, die Personen nach Mit der Regelung werden Artikel 5 der Richtlinie 2000/43/ Absatz 1 beschäftigen. Absatz 2 Satz 2 berücksichtigt die EG, Artikel 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG und Arti- Situation von Beschäftigten, die zur Arbeitsleistung an kel 2 Abs. 8 der Richtlinie 76/207/EWG über positive einen anderen Arbeitgeber überlassen werden, indem der Maßnahmen umgesetzt. entleihende Arbeitgeber neben dem die Beschäftigten über- lassenden Arbeitgeber auch als Arbeitgeber im Sinne dieses Die Vorschrift erklärt eine Ungleichbehandlung über die in Gesetzes gilt. Satz 3 betrifft die Besonderheiten des Heim- den §§ 8 bis 10 sowie § 21 genannten Fällen hinaus für zu- arbeitsverhältnisses. lässig, wenn dadurch bestehende Nachteile tatsächlicher oder struktureller Art wegen eines in § 1 genannten Grundes Zu § 7 (Benachteiligungsverbot) verhindert oder ausgeglichen werden sollen. Zulässig sind gezielte Maßnahmen zur Förderung bisher benachteiligter Die Regelung enthält das zentrale Verbot der Benachteili- Gruppen nicht nur durch den Gesetzgeber (wie etwa im Ge- gung in Beschäftigung und Beruf. setz zur Gleichstellung behinderter Menschen und im Ge- setz zur Gleichstellung von Frauen und Männern), sondern Zu Absatz 1 auch durch Arbeitgeber, Tarifvertrags- und Betriebspartner Die Vorschrift spricht ein generelles Verbot der Benachteili- sowie seitens der Parteien eines privatrechtlichen Vertrags. gung von Beschäftigten wegen eines in § 1 genannten Grun- Die Vorschrift lässt Maßnahmen zur Behebung bestehender des aus. Das Benachteiligungsverbot richtet sich neben dem Nachteile ebenso zu wie präventive Maßnahmen zur Ver- Arbeitgeber auch gegen Arbeitskollegen und Dritte, wie meidung künftiger Nachteile. Die Maßnahmen müssen nach z. B. Kunden des Arbeitgebers. Es erfasst die in § 1 genann- objektivem Maßstab geeignet und angemessen sein und be- ten Gründe. Dabei ist zu beachten, dass sich die Zielsetzung dürfen im konkreten Fall der Abwägung mit Rechtspositio- benachteiligenden Verhaltens nicht immer eindeutig aus nen der von ihnen negativ Betroffenen. Das schließt nach dem Verhalten – insbesondere Äußerungen – ergibt. Wer der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes einen z. B. Menschen auf Grund ihrer Staatsangehörigkeit be- absoluten Vorrang der zu fördernden Gruppe aus (EuGH nachteiligen möchte, unterscheidet häufig in Wirklichkeit Rs. C-450/93 vom 17. Oktober 1995 – Kalanke). nach deren ethnischer Herkunft. Das Abstellen auf die Im Übrigen werden aus sonstigen Gründen erlaubte Bevor- Staatsangehörigkeit ist oft nur Vorwand, tatsächlich will der zugungen durch die Vorschrift nicht berührt. Die Richtlinie Täter oder die Täterin auf die ethnische Herkunft abstellen. 2000/73/EG nennt als Beispiel etwa die Gewährung eines Absatz 1 zweiter Halbsatz bestimmt, dass das Benachteili- Vaterschaftsurlaubs. gungsverbot auch dann gilt, wenn die benachteiligende Per- Drucksache 15/4538 – 32 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode son das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes nur an- unterschiedlichen Behandlung wegen eines anderen in § 1 nimmt; ob der Grund tatsächlich in der Person des oder der genannten Grundes auf die wesentliche und entscheidende Beschäftigten vorliegt, ist nicht entscheidend. Er berücksich- berufliche Anforderung ab. Eine Ungleichbehandlung kann tigt damit den Umstand, dass Menschen oft bestimmte also nicht durch Erwägungen der bloßen Zweckmäßigkeit Eigenschaften oder Verhaltensweisen zugeschrieben wer- zulässig werden. Vielmehr muss die an den Beschäftigten den, z. B. allein auf Grund ihres äußeren Erscheinungsbildes. gestellte Anforderung erforderlich sein und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zwischen beruflichem Zweck und Zu Absatz 2 Schutz vor Benachteiligung standhalten. Eine zulässige un- terschiedliche Behandlung kann beispielsweise vorliegen, Absatz 2 setzt Artikel 14 der Richtlinie 2000/43/EG, Arti- wenn bei Organisationen der in Deutschland anerkannten kel 16 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 3 Abs. 2 der nationalen Minderheiten und der anerkannten Regional- Richtlinie 76/207/EWG um, wonach ein Verstoß gegen das oder Minderheitensprachen Personen bevorzugt eingestellt Benachteiligungsverbot die Nichtigkeit der entsprechenden werden, die der jeweiligen Gruppe angehören. Klausel in Individual- oder Kollektivverträgen zur Folge hat. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage. Die Vor- Zu Absatz 2 schrift hat deklaratorischen Charakter und soll die primäre Sanktionierung derartiger Rechtsverstöße deutlich machen. Absatz 2 greift den Grundsatz der Entgeltgleichheit bezüg- Sonstige Unwirksamkeits- oder Nichtigkeitsgründe werden lich des Geschlechts in § 612 Abs. 3 BGB auf. Dieser durch die Vorschrift nicht berührt. Grundsatz wird nunmehr durch § 7 über das Merkmal Ge- schlecht hinaus auch auf alle in § 1 genannten Merkmale er- Zu Absatz 3 streckt und stellt künftig in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 die neue Grundlage für Ansprüche auf glei- Absatz 3 verdeutlicht, dass eine Benachteiligung bei Be- ches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit dar. gründung, Durchführung und nach Beendigung eines Be- schäftigungsverhältnisses eine Verletzung vertraglicher Zu Absatz 3 Pflichten darstellt. Dies gilt gleichermaßen für benachteili- gende Handlungen des Arbeitgebers wie auch eines Be- Absatz 3 greift den Gedanken des § 3 Abs. 1 Satz 2 auf und schäftigten. Da nach § 33 dieses Gesetzes die Vorschriften bezieht in die Regelungen der Absätze 1 und 2 folgerichtig des allgemeinen Schuldrechts des BGB gelten, sind damit auch die Fälle einer unterschiedlichen Behandlung ein, die die Regelungen des vertraglichen Leistungsstörungsrechts wegen eines Merkmals erfolgt, das mit einem unzulässigen anwendbar. Daran knüpft auch § 12 Abs. 3 an, der mögliche Unterscheidungsgrund nach § 1 in untrennbarem Zusam- Maßnahmen des Arbeitgebers beschreibt. menhang steht.

Zu § 8 (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen be- Zu § 9 (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der ruflicher Anforderungen) Religion oder Weltanschauung) Die Vorschrift setzt Artikel 4 der Richtlinie 2000/78/EG um. Zu Absatz 1 Die Regelung setzt Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinien Zu Absatz 1 2000/43/EG und 2000/78/EG und Artikel 2 Abs. 6 der Grundsätzlich darf wegen der Religionszugehörigkeit nach Richtlinie 76/207/EWG um. Sie stellt klar, unter welchen den §§ 1 und 7 Abs. 1 keine unterschiedliche Behandlung allgemeinen Voraussetzungen berufliche Anforderungen der Beschäftigten erfolgen. Die Richtlinie 2000/78/EG er- eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. möglicht es aber den Mitgliedstaaten, bereits geltende Der Hauptanwendungsbereich wird bei Fällen der unmittel- Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten beizubehalten, wo- baren Benachteiligung liegen. Bei der mittelbaren Benach- nach eine Ungleichbehandlung wegen der Religion oder teiligung zählt die Rechtfertigung durch einen sachlichen Weltanschauung keine Benachteiligung darstellt, wenn die Grund bereits zu den tatbestandlichen Voraussetzungen; bei Religion oder Weltanschauung einer Person nach der Art einer Belästigung oder sexuellen Belästigung kommt eine der Tätigkeit oder der Umstände ihrer Ausübung angesichts Rechtfertigung regelmäßig nicht in Betracht. des Ethos der Organisation eine wesentliche und gerechtfer- tigte berufliche Anforderung darstellt. Von dieser Möglich- Nummer 1 regelt die berufliche Anforderung wegen des Ge- keit wird mit dieser Vorschrift Gebrauch gemacht. Nach schlechts. Nummer 2 enthält die berufliche Anforderung be- deutschem Verfassungsrecht (Artikel 140 GG in Verbindung züglich aller übrigen in § 1 genannten Gründe. Diese Unter- mit Artikel 136 ff. Weimarer Reichsverfassung) steht den scheidung wurde notwendig, weil bei der Umsetzung der Kirchen und sonstigen Religionsgesellschaften und Welt- Richtlinien bereits bestehende Vorschriften nicht ver- anschauungsgemeinschaften nicht nur hinsichtlich ihrer schlechtert werden dürfen. Nummer 1 entspricht der bisher körperschaftlichen Organisation und ihrer Ämter, sondern in § 611a Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltenen Regelung. Danach auch den der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Ein- ist eine geschlechtsbezogene Benachteiligung nur zulässig, richtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform das Recht wenn das Geschlecht wegen der Art der auszuübenden Tä- zu, über Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten tigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine unver- selbstständig zu entscheiden. Nach geltender Rechtspre- zichtbare Voraussetzung ist. Dies ist z. B. bei einem Manne- chung steht der Kirche die Regelungs- und Verwaltungs- quin der Fall. befugnis nach Artikel 137 Abs. 3 WRV nicht nur hinsicht- Entsprechend den Vorgaben der Richtlinien 2000/43/EG lich ihrer körperschaftlichen Organisation und ihrer Ämter und 2000/78/EG stellt Nummer 2 für die Zulässigkeit einer zu, sondern auch hinsichtlich ihrer „Vereinigungen, die sich Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 33 – Drucksache 15/4538 nicht die allseitige, sondern nur die partielle Pflege des reli- dergrund stehen, in anderen Berufszweigen die höhere giösen oder weltanschaulichen Lebens ihrer Mitglieder zum Lebens- und Berufserfahrung. Hier bestehen so komplexe Ziel gesetzt haben. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Zusammenhänge, dass eine allgemein gültige Lösung durch Zweck der Vereinigung gerade auf die Erreichung eines sol- den Gesetzgeber nicht möglich ist. Die Vorschrift be- chen Zieles gerichtet ist. Das gilt ohne weiteres für organi- schränkt sich daher auf die Umsetzung der in den Richt- satorisch oder institutionell mit Kirchen verbundene Verei- linien vorgegebenen allgemeinen Grundsätze und bleibt nigungen wie kirchliche Orden, deren Daseinszweck eine damit flexibel handhabbar. Intensivierung der gesamtkirchlichen Aufgaben enthält. Es gilt aber auch für andere selbständige oder unselbständige Danach ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Vereinigungen, wenn und soweit ihr Zweck die Pflege oder Alters über die allgemeine Regelung in § 8 hinaus auch zu- Förderung eines religiösen Bekenntnisses oder die Verkün- lässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein le- dung des Glaubens ihrer Mitglieder ist. Maßstab für das gitimes Ziel gerechtfertigt ist; das angewandte Mittel muss Vorliegen dieser Voraussetzungen kann das Ausmaß der in- angemessen und erforderlich sein. Diese Generalklausel gilt stitutionellen Verbindung mit einer Religionsgemeinschaft sowohl für einzelvertragliche als auch kollektivvertragliche oder die Art der mit der Vereinigung verfolgten Ziele sein“ Regelungen. Die Legitimität eines Zieles ist unter Berück- (BVerfGE 24, 236 (246 f.) sowie BVerfGE 46,73 (85 ff.) sichtigung der fachlich-beruflichen Zusammenhänge aus und BVerfGE 70, 138 bis 173). Dieses Recht umfasst Sicht des Arbeitgebers oder der Tarifvertragsparteien zu be- grundsätzlich auch die Berechtigung, die Religion oder urteilen. Dies können auch Ziele sein, die über die Situation Weltanschauung als berufliche Anforderung für die bei eines einzelnen Unternehmens oder einer Branche hinaus- ihnen Beschäftigten zu bestimmen. Der Gesetzestext stellt gehen und von allgemeinem Interesse sind, wie etwa Be- aber in Übereinstimmung mit der Richtlinie klar, dass es schäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung. sich um eine in Bezug auf die Tätigkeit gerechtfertigte An- forderung handeln muss. Zu Nummer 1 Als legitimes Ziel bezeichnet Nummer 1 die Förderung der Zu Absatz 2 beruflichen Eingliederung sowie den Schutz von jugendli- Die Regelung ergänzt Absatz 1 hinsichtlich der Frage, wel- chen und älteren Beschäftigten und von Personen mit Für- che Verhaltensanforderungen eine Religions- oder Weltan- sorgepflichten. Diese Ziele erlauben die Festlegung beson- schauungsgemeinschaft an ihre Mitarbeiter stellen darf. Da- derer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und nach können die Organisationen ein loyales und aufrichtiges besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, ein- Verhalten von den für sie arbeitenden Personen verlangen. schließlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es obliegt den Kirchen und Weltanschauungsgemeinschaf- ten selbst, dementsprechend verbindliche innere Regelun- Zu Nummer 2 gen zu schaffen. Die Frage, welche arbeitsrechtlichen Fol- gen ein Verstoß gegen derartige Verhaltenspflichten haben Nummer 2 nennt als mögliche zulässige Maßnahme die kann, beurteilen unter Berücksichtigung des Grundsatzes Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter oder die der Verhältnismäßigkeit die Arbeitsgerichte. Berufserfahrung für den Zugang zur Beschäftigung oder be- stimmter mit der Beschäftigung verbundener Vorteile. Letz- Im Übrigen gelten für berufliche Anforderungen auch bei teres betrifft insbesondere Entgeltregelungen. Hinsichtlich Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften die allge- des Entgelts dürfte etwa eine Anknüpfung an die Berufser- meinen Regeln des § 8. Zu beachten ist in diesem Zusam- fahrung eher zu rechtfertigen sein als an das bloße Lebens- menhang auch die Regelung über mehrfache Benachteili- alter. gungen in § 4. Zu Nummer 3 Zu § 10 (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen des Alters) Nummer 3 lässt die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung zu. Dem liegt die Überlegung zugrunde, dass Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen eine bei älteren Beschäftigten, deren Rentenalter bereits abseh- unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig ist. bar ist, einer aufwendigen Einarbeitung am Arbeitsplatz Im Hinblick auf die ungünstige Situation älterer Beschäftig- auch eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Mindestdauer ter auf dem Arbeitsmarkt und die sich abzeichnende demo- einer produktiven Arbeitsleistung gegenüberstehen muss. grafische Entwicklung kommt dem Schutz Älterer im Be- schäftigungsverhältnis besondere Bedeutung zu. So soll Zu Nummer 4 etwa bei gleicher Qualifikation nicht automatisch jüngeren Nummer 4 stellt klar, dass die Festsetzung von Altersgren- der Vorzug vor älteren Bewerbern gegeben werden. zen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit Das Merkmal Alter zeichnet sich gegenüber allen anderen – insbesondere der betrieblichen Altersversorgung – regel- in § 1 genannten Gründen durch eine besondere Struktur mäßig keine Benachteiligung wegen des Alters darstellt. aus. Alle Beschäftigten können während ihres Berufslebens Zulässig sind auch unterschiedliche Altersgrenzen für einmal ein „kritisches“ Alter durchlaufen. Dies kann z. B. bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten. sowohl der Zugang zum Beruf nach der Ausbildung für Die Festsetzung von Altersgrenzen darf aber nicht zu einer 20-jährige als auch die Verdrängung aus dem Arbeitsmarkt Benachteiligung wegen des Geschlechts oder wegen eines für 55-jährige Beschäftigte sein. In einem Berufszweig kann anderen in § 1 genannten Grundes führen (vgl. die Ausfüh- die höhere „Belastbarkeit“ jüngerer Beschäftigter im Vor- rungen zu § 4). Drucksache 15/4538 – 34 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Unterabschnitt 2 (Organisationspflichten des Arbeit- nen Reaktion anhand der konkreten Umstände des Einzel- gebers) falls zu bestimmen. Zu § 11 (Ausschreibung) Zu Absatz 4 Die Vorschrift bezweckt, dass schon bei der Ausschreibung einer Stelle eine mögliche Benachteiligung bestimmter Die Regelung setzt Artikel 10 der Richtlinie 2000/43/EG, Gruppen von Bewerbern unterbleibt und verbietet daher Artikel 12 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 8 der jede benachteiligende Form der Stellenausschreibung. Die Richtlinie 76/207/EWG um. Der Arbeitgeber ist – wie Regelung ist gegenüber dem vergleichbaren § 611b BGB schon nach dem Beschäftigtenschutzgesetz – verpflichtet, und § 7 Abs. 1 TzBfG sprachlich gestrafft worden durch die gesetzlichen Vorschriften einschließlich der maßgebli- den Verzicht auf die Formulierung „weder öffentlich noch chen Klagefrist in § 61b ArbGG bekannt zu machen. Um innerhalb des Betriebs“. Eine inhaltliche Änderung ist damit Betroffenen die Wahrnehmung ihrer Rechte zu erleichtern, nicht verbunden. Es wird jede Ausschreibung einer Stelle ist weiter vorgesehen, dass zugleich auch über die vorhan- für den in § 6 Abs. 1 genannten Kreis von Beschäftigten denen, für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 von der Regelung erfasst, insbesondere auch für den Be- Abs. 1 zuständigen Stellen, zu informieren ist. reich der beruflichen Aus- und Weiterbildung. Schon bis- Die Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung lang ist nach der ständigen Rechtsprechung ein Verstoß an geeigneter Stelle oder entsprechend der neueren Ent- gegen den § 611b BGB ein Grund, der die Beweiserleich- wicklung auch unter Einsatz der in dem Betrieb oder der terung nach § 611a BGB auslöst. Dienststelle üblichen Informations- und Kommunika- tionstechnik, wie z. B. das Intranet, erfolgen. Erforderlich Zu § 12 (Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers) ist, dass der Adressatenkreis von der Bekanntmachung Kenntnis erlangen kann. Zu Absatz 1 Um unerwünschten Benachteiligungen im Beruf entgegen- Zu Unterabschnitt 3 (Rechte der Beschäftigten) zuwirken, ist es Erfolg versprechender, deren Eintritt durch präventive Maßnahmen zu vermeiden, als erst nach deren Zu § 13 (Beschwerderecht) Eintritt den Benachteiligten auf Ausgleichsansprüche zu Zu Absatz 1 verweisen. Die Vorschrift begründet daher im Rahmen einer Generalklausel die Verpflichtung des Arbeitgebers, kon- Die Regelung sieht das Recht der Beschäftigten vor, sich krete geeignete Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten wegen einer eingetretenen Benachteiligung bei einer zustän- vor Benachteiligungen durch Arbeitskollegen oder Dritte, digen Stelle des Betriebs oder bei der Arbeitnehmervertre- wie etwa Kunden, zu treffen. Was „erforderlich“ ist, ist nach tung zu beschweren. Die Vorschrift enthält keine Neuerung; objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen, nicht nach der entsprechende Beschwerdemöglichkeiten bestehen bereits subjektiven Einschätzung auf Arbeitgeber- oder Arbeitneh- nach geltendem Recht. Da die Beschwerde aber sowohl merseite. Welche Maßnahmen geboten sind, kann je nach Grundlage für Maßnahmen des Arbeitgebers als auch für der Größe des Betriebes unterschiedlich zu beurteilen sein. weitere Ansprüche des oder der Beschäftigten sein kann, ist Die Verpflichtung kann immer nur so weit gehen, wie der die Vorschrift entsprechend § 3 Beschäftigtenschutzgesetz Arbeitgeber rechtlich und tatsächlich zur Pflichterfüllung in aufgenommen worden. diesem Bereich in der Lage ist. Die Sätze 1 und 2 sind an Der Begriff der zuständigen Stelle ist umfassend zu verste- § 2 Abs. 1 des Beschäftigtenschutzgesetzes angelehnt. Zu hen. Dies kann beispielsweise ein Vorgesetzter, eine Gleich- denken ist sowohl an organisatorische Maßnahmen als auch stellungsbeauftragte oder eine betriebliche Beschwerde- an eine Aufklärung über die Problematik der Benachteili- stelle sein. gung. Satz 3 macht deutlich, dass dabei insbesondere der Satz 2 stellt klar, dass die Beschwerde inhaltlich zu prüfen beruflichen Aus- und Fortbildung erhebliche Bedeutung zu- und dem Beschwerdeführer oder der Beschwerdeführerin kommt. das Ergebnis der Prüfung mitzuteilen ist. Insbesondere wenn infolge der Beschwerde keine konkreten Maßnahmen Zu Absatz 2 ergriffen werden, ist es für die Betroffenen wichtig, die Absatz 2 verpflichtet in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Beschäf- Gründe dafür zu erfahren. tigtenschutzgesetz den Arbeitgeber, geeignete Maßnahmen Die Durchführung eines Beschwerdeverfahrens ist keine zu ergreifen, wenn ein Beschäftigter oder eine Beschäftigte Anspruchsvoraussetzung. Opfer einer Benachteiligung durch andere Beschäftigte ge- worden ist. Die gegenüber Beschäftigten möglichen arbeits- Zu Absatz 2 rechtlichen Maßnahmen sind dabei nicht abschließend auf- gezählt. Die Vorschrift stellt klar, dass Rechte der Arbeitnehmerver- tretungen, wie z. B. nach § 85 BetrVG, unberührt bleiben. Zu Absatz 3 Absatz 3 verpflichtet den Arbeitgeber geeignete Maßnah- Zu § 14 (Leistungsverweigerungsrecht) men zu ergreifen, wenn ein Beschäftigter oder eine Beschäf- Die Vorschrift ist § 4 Beschäftigtenschutzgesetz nachgebil- tigte in Ausübung seiner oder ihrer Tätigkeit von Dritten be- det und berechtigt den Beschäftigten oder die Beschäftigte, nachteiligt wird (z. B. ein Auslieferungsfahrer wird von die Tätigkeit ohne Verlust des Entgeltanspruchs einzustel- Kunden wegen seiner ethnischen Herkunft schikaniert). Ge- len, wenn der Arbeitgeber bzw. Dienstvorgesetzte keine rade in Kundenbeziehungen ist die Form einer angemesse- ausreichenden Maßnahmen zur Unterbindung der Benach- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 35 – Drucksache 15/4538 teiligung ergreift. Der Wortlaut stellt klar, dass ein Leis- Da es hier um den Ausgleich immaterieller Schäden geht, tungsverweigerungsrecht nur dann besteht, wenn eine ein- stellt das Monatseinkommen, auf das § 611a BGB abstellt, zelfallbezogene Benachteiligung dazu Anlass gibt. Das keine sachgerechte Bemessungsgröße dar. Auch die für die kann insbesondere der Fall sein, wenn der Arbeitgeber auf Praxis schwierige Unterscheidung von bestqualifizierten eine Beschwerde nicht ausreichend reagiert oder bei einer Bewerbern und nichtbestqualifizierten Bewerbern wird da- Benachteiligung durch den Arbeitgeber oder Dienstvorge- durch entbehrlich. Im Fall einer Belästigung oder sexuellen setzten selbst. Nicht erfasst sind dagegen etwaige Benach- Belästigung ergibt eine derartige Unterscheidung auch kei- teiligungen infolge von Tarifverträgen oder sonstigen kol- nen Sinn. Zentrale Bedeutung hat demgegenüber die Art lektivrechtlichen Vereinbarungen, die generellen Charakter und Schwere des Verstoßes. haben und nicht auf den Einzelfall ausgerichtet sind. Die Verletzung der allgemeinen Verpflichtung zu Schutzmaß- Zu Absatz 2 nahmen nach § 12 Abs. 2 allein genügt nicht. Das Leis- Erfolgen Benachteiligungen im Betrieb oder in der Dienst- tungsverweigerungsrecht besteht nur, soweit es zum Schutz stelle durch die Anwendung kollektivrechtlicher Vereinba- des oder der betroffenen Beschäftigten erforderlich ist. Im rungen, trifft den Arbeitgeber eine Entschädigungspflicht Wesentlichen ist hier an Belästigungen und sexuelle Belästi- nur, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt. Wenn gungen zu denken. Das Zurückbehaltungsrecht des § 273 Arbeitgeber und Arbeitnehmer einem tarifschließenden Ver- BGB bleibt unberührt. Die Vorschriften verfolgen unter- band angehören, wirken die Bestimmungen eines Tarif- schiedliche Ziele. § 273 BGB soll einen Zwang zur Erfül- vertrages als Rechtsnormen auf das Arbeitsverhältnis ein. lung einer Verbindlichkeit ausüben, während § 14 dem Dieser Gedanke trifft ebenso für Betriebs- bzw. Dienstver- Schutz der Beschäftigten vor weiteren Benachteiligungen einbarungen zu, die – gegebenenfalls über den Spruch der dient. Einigungsstelle – unmittelbare Bindungswirkung entfalten. Die Richtlinien übertragen den Sozialpartnern bei der Um- Zu § 15 (Entschädigung und Schadensersatz) setzung der Richtlinien eigenständige Verantwortung. Die Die Vorschrift setzt Artikel 15 der Richtlinie 2000/43/EG, vermutete „höhere Richtigkeitsgewähr“ rechtfertigt es, die Artikel 17 der Richtlinie 2000/78/EG und die Artikel 6 und Rechtsfolgen benachteiligender kollektiver Regelungen an- 8d der Richtlinie 76/207/EWG um. Die Regelung sieht als ders auszugestalten als bei Maßnahmen, für die der Arbeit- zentrale Rechtsfolge einer Verletzung des Benachteiligungs- geber allein verantwortlich ist. Diese Grundsätze greifen verbotes einen Anspruch auf Entschädigung des Betroffe- auch dann, wenn – mangels Tarifbindung – die Geltung von nen vor. Gegenüber § 611a BGB wird klarer zwischen dem Tarifverträgen im Arbeitsvertrag vereinbart ist, ferner wenn Ersatz materieller und immaterieller Schäden unterschie- ein Tarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt ist. Eine den. Haftung der vertragsschließenden Tarifvertragsparteien bzw. Betriebsparteien fordert das europäische Recht nicht und wird auch durch dieses Gesetz nicht begründet. Eine Zu Absatz 1 Verantwortlichkeit des Arbeitgebers ist nur gegeben, wenn Der Anspruch auf Entschädigung erfüllt die Forderungen er bei der Anwendung des Kollektivrechts zumindest grob der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen fahrlässig gehandelt hat. Benachteiligende kollektive Re- Gerichtshofes nach einer wirksamen und verschuldensunab- gelungen sind nach § 7 Abs. 2 unwirksam. Im Übrigen hängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benach- verbleibt es über § 15 Abs. 4 Satz 3 für die Bereiche des teiligungsverbotes durch den Arbeitgeber. Der aus § 611a Kollektivvertragsrechts bei den von der Rechtsprechung aus BGB bekannte Grundgedanke wird hier auf alle Tatbestände allgemeinen Rechtsgrundsätzen abgeleiteten Folgen von einer Benachteiligung übertragen. Es wird klargestellt, dass Verstößen gegen höherrangiges Recht. die Entschädigung ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt wird, die regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Zu Absatz 3 Benachteiligung aus den in § 1 genannten Gründen vorlie- Die Regelung schreibt eine Frist von sechs Monaten zur gen. § 15 Abs. 1 ist damit gegenüber § 253 BGB die spezi- Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs fest. Ange- ellere Norm. sichts der in § 23 geregelten Beweislastverteilung soll dem Die Höhe der Entschädigung muss angemessen sein. Dies Arbeitgeber nicht zugemutet werden, Dokumentationen entspricht der bewährten Regelung des Schmerzensgeldes über Einstellungsverfahren etc. bis zum Ablauf der allge- in § 253 BGB. Damit bleibt dem Gericht der notwendige meinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu Beurteilungsspielraum erhalten, um die Besonderheiten je- müssen. Im Interesse einer einfachen und klaren Regelung des einzelnen Falles zu berücksichtigen. In diesem Zusam- entfällt eine eventuelle Verkürzung der Frist durch Tarifver- menhang stellt die ständige Rechtsprechung des Europäi- trag, wie sie § 611a Abs. 4 BGB enthält. Derartige tarifliche schen Gerichtshofes die Anforderung, dass zur Gewährleis- Fristverkürzungen sind einem Bewerber vielfach nicht be- tung eines tatsächlichen und wirksamen Rechtsschutzes kannt; ebenso die Tarifbindung des möglichen Vertragspart- eine Entschädigung geeignet sein muss, eine wirklich ab- ners. Diese praktische Schwierigkeit wird mit der Neurege- schreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben lung beseitigt. In Fällen fortgesetzter Benachteiligungen und auf jeden Fall in einem angemessenen Verhältnis zum oder Belästigungen kann es schwierig sein, den Fristbeginn erlittenen Schaden stehen muss (EuGH RS C-180/95 vom zu bestimmen. Eine abstrakte Regelung lässt sich wegen der 22. April 1997 – Draehmpaehl, DB 1997, 983 ff.). So wird Vielzahl möglicher Fallgestaltungen nicht aufstellen. Die etwa eine erhöhte Entschädigung geboten sein, wenn ein Rechtsprechung zu der ähnlich gelagerten Problematik von Beschäftigter aus mehreren Gründen unzulässig benachtei- Dauertatbeständen und tariflichen Ausschlussfristen bietet ligt oder belästigt wird. dafür differenzierte Anwendungshilfen. Drucksache 15/4538 – 36 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der oder die Zu § 17 (Maßregelungsverbot) Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Zu Absatz 1 Im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs ist das der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung durch den Die Regelung setzt Artikel 9 der Richtlinie 2000/43/EG, Arbeitgeber. Artikel 11 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 7 der Richtlinie 76/207/EWG um. Die Vorschrift entspricht dem Zu Absatz 4 bereits in § 612a BGB und § 5 TzBfG enthaltenen Grund- satz, dass Beschäftigte wegen der Inanspruchnahme ihrer In den Sätzen 1 und 2 wird die Formulierung von § 280 Rechte aus diesem Gesetz nicht benachteiligt werden dür- Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB übernommen. Damit wird klarge- fen. Dieser Schutz wird nach Vorgabe der Richtlinien auch stellt, dass der materielle Schadensersatzanspruch – anders auf Personen, die Beschäftigte unterstützen sowie auf als bei der Entschädigung – nur entsteht, wenn der Arbeitge- Zeugen ausgedehnt. Die Ausführung einer Anweisung, die ber die Pflichtverletzung zu vertreten hat. Damit gelten ins- andere Beschäftigte benachteiligen würde, wäre nach § 7 besondere die Vorschriften der §§ 276 bis 278 BGB. Satz 3 Abs. 1 ebenso rechtswidrig wie die Erteilung der Anwei- stellt klar, dass sich aus sonstigen allgemeinen Rechtsvor- sung selbst. Satz 1 stellt ausdrücklich klar, dass die Weige- schriften ergebende Ansprüche gegen einen benachteiligen- rung, eine derartige Weisung auszuführen, vom Arbeitgeber den Arbeitgeber unberührt bleiben. In Betracht kommen nicht mit Sanktionen belegt werden darf. insbesondere Ansprüche auf Unterlassung nach § 1004 BGB oder auf Ersatz des materiellen Schadens nach den Zu Absatz 2 §§ 252, 823 BGB. Die Vorschrift stellt klar, dass der Arbeitgeber keine Folgen Zu Absatz 5 daraus ableiten darf, ob der oder die Benachteiligte die Be- nachteiligung geduldet oder zurückgewiesen hat. Gleiches Absatz 5 greift die bestehende Regelung des § 611a Abs. 2 gilt gegenüber Personen, die Beschäftigte unterstützen oder und 5 BGB auf. Einen Anspruch auf Begründung eines Be- als Zeugen aussagen. schäftigungsverhältnisses oder auf einen beruflichen Auf- stieg gewährt diese Vorschrift nicht. Rechtsansprüche auf einen beruflichen Aufstieg, die sich aus anderen Gründen Zu Absatz 3 ergeben, etwa ein tariflicher Bewährungsaufstieg, bleiben Die Regelung der Beweislastverteilung findet auch im Fall unberührt. eines Verstoßes des Arbeitgebers gegen das Maßregelungs- verbot des § 17 Anwendung. Zu § 16 (Entschädigung durch den Arbeitgeber bei Benach- teiligung durch Dritte) Zu § 18 (Soziale Verantwortung der Beteiligten) Die Vorschrift berücksichtigt die Verantwortlichkeit des Ar- Zu Absatz 1 beitgebers für ein benachteiligungsfreies Beschäftigungs- Absatz 1 setzt Artikel 11 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43/EG, umfeld zu sorgen. Artikel 2 Abs. 5 und Artikel 13 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 8b Abs. 2 und 3 der Richtlinie Zu Nummer 1 76/207/EWG um. Er enthält eine Aufforderung an die Tarif- Werden Benachteiligungen im Betrieb oder in der Dienst- vertragsparteien, Arbeitgeber, Beschäftigten und deren Ver- stelle von Vorgesetzten begangen, hat der Arbeitgeber mit tretungen, ihren Beitrag zur Verwirklichung des Ziels zu der Rechtsfolge einer Entschädigungspflicht ohne Rück- leisten. Das Gesetz kann etwa Anlass dafür sein, Personal- sicht auf ein eigenes Verschulden einzustehen. Das ent- prozesse in Unternehmen und Betrieben unter dem Ge- spricht zum einen dem Grundgedanken des § 278 BGB, sichtspunkt des Benachteiligungsschutzes zu überprüfen aber auch den Anforderungen der Rechtsprechung des Eu- und gegebenenfalls neu zu definieren oder Verhaltenskodi- ropäischen Gerichtshofes an eine wirksame und verschul- zes zu vereinbaren. densunabhängige Sanktion. Benachteiligungen durch wei- sungsbefugte Beschäftigte sind dem Arbeitgeber aber nur Zu Absatz 2 zuzurechnen, wenn diese Person in Ausübung der ihr zuste- Zur Betonung ihrer Verantwortlichkeit wird den Betriebs- henden Weisungsbefugnisse gehandelt hat. räten und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften die Möglichkeit eröffnet, unter der Voraussetzung des § 23 Zu Nummer 2 Abs. 3 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes die dort ge- Werden Benachteiligungen im Betrieb oder in der Dienst- nannten Rechte gerichtlich geltend zu machen. stelle von Arbeitskollegen oder sonstigen Dritten, etwa Liegt ein grober Verstoß des Arbeitgebers gegen Vorschrif- Kunden begangen – dies werden überwiegend Fälle der Be- ten des zweiten Abschnitts vor, können Betriebsräte oder im lästigung oder sexuellen Belästigung sein –, trifft den Ar- Betrieb vertretene Gewerkschaften eine erforderliche Hand- beitgeber eine Entschädigungspflicht nur, wenn er seine lung, Duldung oder Unterlassung des Arbeitgebers verlan- Verpflichtung zum Ergreifen geeigneter Schutzmaßnahmen gen, um Benachteiligungen wirksam zu unterbinden. Ein nach § 12 wenigstens fahrlässig verletzt hat. solcher Verstoß kann beispielsweise darin liegen, dass der Die Verweisung auf § 15 stellt klar, dass die allgemeinen Arbeitgeber die zum Schutz seiner Beschäftigten objektiv Grundsätze zur Berechnung des Entschädigungsanspruchs gebotenen Maßnahmen unterlässt oder selbst in grober und zur Geltendmachung dieses Anspruchs auch hier An- Weise gegen das Benachteiligungsverbot verstößt. Hinsicht- wendung finden. lich der Zuwiderhandlung des Arbeitgebers gegen eine Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 37 – Drucksache 15/4538 rechtskräftige gerichtliche Entscheidung verweist die politische Anschauung und Behinderung), greift er damit Regelung auf die Vorschrift des § 23 Abs. 3 Satz 2 bis 5 des zugleich in die durch Artikel 2 Abs. 1 GG gewährleistete Betriebsverfassungsgesetzes. Die für die Anwendung des Privatautonomie ein. Darüber hinaus wird das Recht, den Betriebsverfassungsgesetzes geltende Schwelle von fünf Vertragspartner frei zu wählen und den Inhalt des Vertrages Arbeitnehmern gilt hier nicht. frei zu gestalten, zusätzlich durch spezielle Grundrechte geschützt. Zu nennen sind beispielsweise im Arbeitsrecht Zu § 19 (Mitgliedschaft in Vereinigungen) Artikel 12 GG (Berufsfreiheit), im Mietrecht Artikel 14 GG (Eigentumsgarantie) oder im Hinblick auf eigene religiöse Die Vorschrift setzt Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe d der oder weltanschauliche Überzeugungen Artikel 4 Abs. 1 GG Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 76/207/EWG (Glaubens- und Gewissensfreiheit). um. Ein privatrechtliches Benachteiligungsverbot kann aber we- Zu Absatz 1 gen der Schutzpflicht des Staates gegenüber dem potentiel- Für die Mitgliedschaft und Mitwirkung in Berufsorganisa- len Vertragspartner gerechtfertigt sein. Die Privatautonomie tionen gelten die Regelungen über die Benachteiligungsver- kann sich nämlich nur entfalten, wenn diese Freiheit auch bote und deren Rechtsfolgen entsprechend wie im Beschäf- realisiert werden kann. Insbesondere in Fällen diskriminie- tigungsverhältnis. render Vertragsverweigerung fehlt es bislang an einem aus- drücklich geregelten Instrumentarium. Zur Vertragsfreiheit gehört nämlich auch die Möglichkeit, Verträge tatsächlich Zu Absatz 2 abschließen zu können. Der Gesetzgeber hat daher eine Ba- Da Berufsvereinigungen eine monopolartige Stellung bei lance herzustellen, die einerseits die Grundlagen der Privat- der Wahrnehmung beruflicher Interessen haben, kann – in autonomie – freie Bestimmung des Vertragsinhalts, freie Abweichung von § 15 Abs. 5 – eine Benachteiligung regel- Auswahl des Vertragspartners – berücksichtigen muss. An- mäßig nur in der Weise behoben werden, dass den Benach- dererseits muss er die Voraussetzungen dafür schaffen, dass teiligten ein Anspruch auf Aufnahme bzw. auf Inanspruch- sich diese Prinzipien für alle Bürgerinnen und Bürger glei- nahme der satzungsmäßigen Leistungen zugebilligt wird, chermaßen entfalten können. Dabei ist zumindest erforder- soweit die übrigen vereinsrechtlichen und satzungsmäßigen lich, dass in den wesentlichen Bereichen des alltäglichen Voraussetzungen dafür erfüllt sind. Rechtslebens (vgl. § 20) Regelungen für alle relevanten Diskriminierungsmerkmale geschaffen werden. Zu Abschnitt 3 (Schutz vor Diskriminierungen im Zivil- rechtsverkehr) Stellt der Gesetzgeber eine solche Gefährdungslage fest – insoweit kommt ihm ein weiter Einschätzungsspielraum Das allgemeine Privatrecht regelt vor allem die Rechts- zu – muss er zwischen den gegenläufigen Grundrechtsposi- beziehungen zwischen den Bürgerinnen und Bürgern, ins- tionen der Parteien im Privatrecht einen angemessenen Aus- besondere im Vertragsrecht. Die Privatautonomie genießt gleich finden. Hierbei ist dem Gesetzgeber ein weiter Ge- einen hohen von der Verfassung geschützten Rang. Ohne staltungsfreiraum eingeräumt (vgl. z. B. Beschluss des Bun- das Prinzip der Vertragsfreiheit sind moderne Gesellschaf- desverfassungsgerichts vom 27. Januar 1998 – 1 BvL 15/87, ten nicht denkbar. Zivilgesellschaften sind also auf das vor BVerfGE 97, S. 169 = NJW 1998, S. 1475). Weil sowohl die allem durch Verträge in freier Selbstbestimmung gesetzte Schwere des Eingriffs in die Privatautonomie als auch die private Recht angewiesen. Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner vom Gegenstand Die privatrechtliche Handlungsfreiheit gilt aber nicht schran- des Schuldverhältnisses und der tatsächlichen gesellschaft- kenlos. Zu dem durch Artikel 3 des Grundgesetzes dokumen- lichen Situation abhängen, sind differenzierte Lösungen tierten Grundkonsens der Bundesrepublik Deutschland ge- nicht nur zulässig, sondern auch geboten. hört es, dass bestimmte Unterscheidungen auch im Bereich Aus Artikel 13 Abs. 1 EG-Vertrag ergibt sich nichts ande- des Privatrechts, für den Artikel 3 GG nicht unmittelbar gilt, res. Nach dieser Bestimmung können geeignete Vorkehrun- als unerwünscht gelten können. Schon die geltende Rechts- gen getroffen werden, „um Diskriminierungen aus Gründen ordnung verpflichtet vor allem im Bereich der Daseinsvor- des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der sorge auch Private zum Vertragsschluss oder legt ihnen (zum Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Beispiel im Arbeitsrecht, im Mietrecht oder im Verbraucher- Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen.“ Auch recht) Beschränkungen zum Schutz der strukturell schwä- Artikel 13 Abs. 1 EG-Vertrag entfaltet keine unmittelbare cheren Partei auf. Zur Bekämpfung von Diskriminierungen, Wirkung zwischen privaten Parteien. Mit der Antiras- also von sozial unerwünschten Ungleichbehandlungen, stellt sismus-Richtlinie 2000/43/EG wurden umfassende Dis- das Zivilrecht darüber hinaus vor allem die Generalklauseln kriminierungsverbote aus Gründen der Rasse oder wegen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zur Verfügung: Zu der ethnischen Herkunft beschlossen, die unter anderem das nennen sind hier § 138 BGB (Sittenwidriges Rechtsgeschäft) allgemeine Privatrecht umfassen. Die Rahmenrichtlinie Be- und § 242 BGB (Leistung nach Treu und Glauben), aber auch schäftigung 2000/78/EG bekämpft Benachteiligung wegen das Recht der unerlaubten Handlung (§§ 823, 826 BGB). Das der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, geltende Recht vermag aber nicht auf alle Fälle sozial nicht des Alters oder der sexuellen Ausrichtung. Sie gilt aber nur erwünschter Unterscheidungen angemessen zu reagieren. für Beschäftigung und Beruf und nicht für das allgemeine Wenn der Gesetzgeber Privatpersonen ein Benachteili- Privatrecht. Die Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Ge- gungsverbot im Hinblick auf die in Artikel 3 Abs. 3 GG ent- schlechts außerhalb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, haltenen Merkmale auferlegt (Geschlecht, Abstammung, Fassung vom 6. Oktober 2004) schließlich enthält diffe- Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben, religiöse oder renzierte Vorgaben zur Gleichbehandlung von Frauen und Drucksache 15/4538 – 38 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Männern im allgemeinen Privatrecht, insbesondere auch für gerung ohne die Benachteiligung ein Vertrag zustande ge- privatrechtliche Versicherungsverträge. kommen, so kann er auch den Abschluss eines Vertrages verlangen. Diesem sowohl nach deutschem Verfassungsrecht als auch nach dem Recht der Europäischen Gemeinschaft gebotenen differenzierten Ansatz folgen die § 20 ff.: Zu § 20 (Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot) § 20 Abs. 1 verankert ein allgemeines Diskriminierungsver- Die Vorschrift enthält das zivilrechtliche Benachteiligungs- bot in der Privatrechtsordnung, das bei der Begründung, verbot. Absatz 1 enthält die Bestimmung des sachlichen An- Durchführung und Beendigung von privatrechtlichen wendungsbereiches für Benachteiligungen wegen eines in Schuldverhältnissen zur Anwendung kommt. Es gilt einer- § 1 genannten Grundes, also aus Gründen der Rasse oder seits für Massengeschäfte, insbesondere also für diejenigen wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Reli- Verträge, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu- gion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters stande kommen oder aber bei denen der personellen Aus- oder der sexuellen Identität. Absatz 2 konkretisiert unter wahl untergeordnete Bedeutung zukommt. Es gilt des Wei- Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 (entsprechend Artikel 3 teren für alle privatrechtlichen Versicherungen. Abs. 1 Buchstabe e bis h der Antirassismus-Richtlinie 2000/ 43/EG) den sachlichen Anwendungsbereich bei Benachtei- Ungleichbehandlungen beispielsweise wegen des Ge- ligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen schlechts, einer Behinderung oder des Alters sind nicht sel- Herkunft. Absatz 3 verweist für Sachverhalte im Kontext ten höchst erwünscht und sozial akzeptiert (z. B. Rabatte für von Beschäftigung und Beruf, die allgemeinem Zivilrecht ältere oder jüngere Kunden) bzw. folgen zumindest objekti- unterliegen, auf die arbeitsrechtlichen Bestimmungen des ven Notwendigkeiten (z. B. Zugangsbeschränkungen bei Abschnitts 2. Absatz 4 stellt klar, dass das Antidiskriminie- gefährlichen Dienstleistungen aus Gründen der Verkehrssi- rungsgesetz für familien- und erbrechtliche Schuldverhält- cherungspflicht). Sie sind also nicht per se diskriminierend. nisse nicht gilt. Absatz 5 schließlich regelt die Anwendung Diesen differenzierten Anforderungen trägt § 21 Satz 1 des zivilrechtlichen Benachteiligungsverbots im engeren Rechnung, der eine Rechtfertigung von Ungleichbehandlun- persönlichen Nähebereich. gen bei einem sachlichen Grund erlaubt und typische Fälle über Regelbeispiele in § 21 Satz 2 Nr. 1 bis 5 erfasst. Zu Absatz 1 Für Menschen mit Behinderungen setzt § 20 das Prinzip der Gleichbehandlung in weiten Bereichen des Privatrechts Absatz 1 regelt das zivilrechtliche Benachteiligungsverbot. durch. Er begründet aber keinen Anspruch auf besondere Erfasst sind hiernach Massengeschäfte bzw. vergleichbare Anpassungs- und Teilhabeleistungen. Diese Leistungen sol- Schuldverhältnisse (Nummer 1) und darüber hinaus alle pri- len systemgerecht weiterhin dem öffentlichen Recht vorbe- vatrechtliche Versicherungen aller Art (Nummer 2). halten bleiben, insbesondere dem Sozialrecht, etwa durch Absatz 1 Nr. 1 erfasst in der ersten Alternative zunächst Leistungen zur Teilhabe (§ 4 SGB IX). Das hat seinen Massengeschäfte, also diejenigen zivilrechtlichen Schuld- Grund auch darin, dass die mit den Anpassungsleistungen verhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person in verbundenen Kosten nicht einzelnen Privaten aufgebürdet einer Vielzahl von Fällen zu gleichen Bedingungen zu- werden können, sondern – über die Finanzierung durch stande kommen. Dieser Tatbestand ermöglicht die erforder- Steuern und andere Abgaben – von der Allgemeinheit zu liche Balance zwischen dem Schutz vor diskriminierendem tragen sind. Verhalten im Privatrechtsverkehr einerseits und der gebote- Der differenzierte Anwendungsbereich des § 20 Abs. 1 nen Wahrung der Vertragsfreiheit andererseits. Die Vor- nebst Rechtfertigungsgründen nach § 21 dient zugleich der schrift setzt zugleich Artikel 2a Abs. 1 der Gleichbe- Umsetzung der Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Ge- handlungsrichtlinie wegen des Geschlechts außerhalb der schlechts außerhalb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, Arbeitswelt (noch nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober Entwurf vom 6. Oktober 2004) im allgemeinen Privatrecht. 2004) um, die ebenfalls darauf abstellt, dass es sich um Gü- Das Regelbeispiel des § 21 Satz 2 Nr. 5 erfasst die auf natio- ter und Dienstleistungen handeln muss, die ohne Ansehen naler und europäischer Ebene intensiv diskutierte Frage der der Person abgesetzt werden. In Artikel 2a Abs. 1a dieser „Unisex-Tarife“ bei privatrechtlichen Versicherungsverträ- Richtlinie weist die Europäische Gemeinschaft ausdrücklich gen. Ein umfassendes Diskriminierungsverbot aus Gründen auf die Bedeutung der freien Wahl des Vertragspartners hin. der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist durch die Erfasst sind zivilrechtliche Schuldverhältnisse aller Artikel. Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG vorgegeben. Dem trägt Meist wird es sich – wie bei dem erweiterten Benachtei- § 20 Abs. 2 Rechnung, indem er über den sachlichen An- ligungsverbot aus Gründen der Rasse oder wegen der eth- wendungsbereich des § 20 Abs. 1 hinausgeht. Weil kaum nischen Herkunft nach Absatz 2 – um den Zugang zu und eine billigenswerte Unterscheidung aus Gründen der Rasse Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen handeln (siehe oder wegen der ethnischen Herkunft denkbar ist, bedarf es auch § 2 Abs. 1 Nr. 8, der Artikel 3 Abs. 1 Buchstabe h hier auch keiner Rechtfertigungsgründe. Wegen der anderen der Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG wörtlich über- Merkmale – Religion und Weltanschauung, Alter, Behinde- nimmt). Der Tatbestand ist allerdings insoweit enger als rung, sexuelle Identität – enthält das Gemeinschaftsrecht Absatz 2 i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 8, weil nur diejenigen keine Vorgaben. Schuldverhältnisse erfasst sind, die darüber hinaus bei einer Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das Benachteili- typisierenden Betrachtungsweise in einer Vielzahl von Fäl- gungsverbot sind in § 22 geregelt: Der Benachteiligte kann len ohne Ansehen der Person zustande kommen. Damit Unterlassung, Beseitigung sowie Schadensersatz bzw. Ent- müssen für ein Massengeschäft folgende weitere Kriterien schädigung verlangen. Wäre im Fall einer Vertragsverwei- erfüllt sein: Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 39 – Drucksache 15/4538

Zum einen geht es damit nicht um einmalige Sachverhalte, Merkmalen, ändert sich nichts an der Anwendbarkeit der sondern um Fälle, die häufig auftreten. Ob es sich typischer- Vorschrift. Die Einordnung als Massengeschäft erfolgt näm- weise um eine „Vielzahl von Fällen“ handelt, ist aus der lich nach einer allgemeinen, typisierenden Betrachtungs- Sicht der Anbieterseite zu beurteilen, denn an sie (und nicht weise. So sind etwa Freizeiteinrichtungen (Badeanstalten, an den nachfragenden Kunden) richtet sich das Benachteili- Fitnessclubs etc.) typischerweise für Angehörige jedes Ge- gungsverbot. So ist etwa der Absatz von Gebrauchtwagen schlechts und jedes Alters zugänglich. Die Differenzierung für den gewerblichen Kfz-Händler ein Geschäft, das er in ei- nach diesen Merkmalen im Einzelfall (z. B. gesonderte Öff- ner Vielzahl von Fällen abwickelt. Anders ist es bei einer nungszeiten in einer Badeanstalt nur für Frauen, Altersbe- Privatperson, die ihren gebrauchten Pkw verkaufen will. schränkungen bei der Aufnahme in einen Fitnessclub) ist Damit sind in der Regel also nur diejenigen Leistungen vom also nur zulässig, sofern sie nach § 21 wegen eines sachli- allgemeinen zivilrechtlichen Benachteiligungsverbot er- chen Grundes gerechtfertigt ist. fasst, die von Unternehmen erbracht werden, also von natür- Unerheblich ist bei der gebotenen typisierenden Betrach- lichen oder juristischen Personen, die in Ausübung ihrer ge- tungsweise auch, ob einzelne Vertragspartner beispielsweise werblichen oder beruflichen Selbständigkeit handeln (§ 14 wegen eines besonderen Verhandlungsgeschicks im Einzel- BGB). Der mit dem Benachteiligungsverbot zwangsläufig fall Preisnachlässe erreichen. Differenzierungen, die zur Er- verbundene Eingriff in die Vertragsfreiheit lässt sich bei Un- füllung gesetzlicher Pflichten dienen und Merkmale des § 1 ternehmen eher rechtfertigen, weil sie sich mit ihrem Leis- betreffen (z. B. ein Mindestalter aus Gründen des Jugend- tungsangebot in die öffentliche Sphäre begeben und es da- schutzes verlangen), sind selbstverständlich ohne weiteres mit grundsätzlich an die Allgemeinheit richten (so schon zulässig. Bydlinski, Archiv für die civilistische Praxis 180 [1980], 1, 39). Auch Privatversicherungen können strukturell Massenge- schäfte i. S. d. Nummer 1 sein, wenn bei dem angebotenen Weiterhin muss es sich um Schuldverhältnisse handeln, die Versicherungsschutz typischerweise auf die Ermittlung von typischerweise „ohne Ansehen der Person“ und „zu glei- Risikoindikatoren verzichtet wird, die vom Anwendungsbe- chen Bedingungen“ begründet, durchgeführt und beendet reich des § 1 erfasst sind. Das ist etwa bei Reisegepäckver- werden. Denn die sozial verwerfliche Diskriminierung un- sicherungen der Fall, die aber auch – wie andere privatrecht- terscheidet sich von der durch das Prinzip der Vertragsfrei- liche Versicherungen, insbesondere die private Kranken- heit gedeckten erlaubten Differenzierung gerade dadurch, und Lebensversicherung – grundsätzlich über Nummer 2 dass willkürlich und ohne sachlichen Grund einzelnen Per- erfasst werden. Bei der Überlassung von Räumen wird es sonen der Zugang zu einer Leistung verwehrt oder er- sich meist nicht um Massengeschäfte im Sinne der ersten schwert wird, die ansonsten anderen Personen gleicherma- Alternative handeln, denn die Anbieter von Wohn- oder ßen zur Verfügung steht. Ein Schuldverhältnis wird ohne Geschäftsräumen wählen ihren Vertragspartner regelmäßig Ansehen der Person begründet, durchgeführt oder beendet, individuell nach vielfältigen Kriterien aus dem Bewerber- wenn hierbei die in § 1 genannten Merkmale typischerweise kreis aus. Anders kann es sich verhalten, wenn etwa der keine Rolle spielen. Vertragsschluss über Hotelzimmer oder Ferienwohnungen Insbesondere im Bereich der Konsumgüterwirtschaft und über das Internet abgewickelt und hierbei auf eine individu- bei standardisierten Dienstleistungen kommen Verträge elle Mieterauswahl verzichtet wird. Kreditgeschäfte beru- typischerweise ohne Ansehen der Person zustande: Im Ein- hen meist auf einer individuellen Risikoprüfung. Auch hier zelhandel, in der Gastronomie oder im Transportwesen wird es sich deshalb regelmäßig nicht um Massengeschäfte schließen die Unternehmer im Rahmen ihrer Kapazitäten handeln. Verträge ohne weiteres mit jeder zahlungswilligen und zah- Von der zweiten Alternative werden auch Rechtsgeschäfte lungsfähigen Person, ohne dass nach den in § 1 genannten erfasst, bei denen „das Ansehen der Person“ zwar eine Rolle Merkmalen unterschieden würde. Natürlich hängt der Ver- spielt; diese Voraussetzung jedoch eine nachrangige Bedeu- trag häufig auch hier von weiteren, vertragsspezifischen tung hat. Dies wird z. B. vielfach der Fall sein, wenn ein Bedingungen ab, die sich aus Treu und Glauben, aus der großer Wohnungsanbieter eine Vielzahl von Wohnungen an- Verkehrssitte oder aus der Natur des Schuldverhältnisses bietet. ergeben: Ein Taxifahrer muss einen Fahrgast mit extrem verschmutzter Kleidung nicht befördern; ein Gastwirt kann Absatz 1 Nr. 2 bezieht als Spezialvorschrift zu Nummer 1 einen randalierenden Besucher aus der Gaststätte weisen. ausdrücklich alle privatrechtlichen Versicherungsverhält- Diese Handlungen sind schon deshalb nicht benachteiligend nisse ein, denn Absatz 1 Nr. 1 würde nur, wie soeben erläu- im Sinne dieses Gesetzes, weil sie weder unmittelbar noch tert, Versicherungen erfassen, die typischerweise auf die Er- mittelbar an die in § 1 genannten Merkmale anknüpfen. mittlung von einschlägigen Risikoindikatoren verzichten. Im Bereich der Privatversicherung besteht nämlich auch bei Weil Massengeschäfte regelmäßig „ohne Ansehen der Per- individueller Risikoprüfung ein Bedürfnis, sozial nicht zu son“ zustande kommen, werden diese Verträge (und andere rechtfertigende Unterscheidungen zu unterbinden: Versiche- Schuldverhältnisse) typischerweise auch „zu vergleichbaren rungen decken häufig elementare Lebensrisiken ab; deshalb Bedingungen“ begründet, durchgeführt und beendet. Die kann der verweigerte Vertragsschluss für den Benachteilig- Gleichbehandlung bei Erbringung der Leistung ist letztlich ten schwerwiegende Auswirkungen haben. Unbenommen Spiegelbild der Tatsache, dass der Anbieter bei der Auswahl bleiben den Versicherungen sachlich begründete Differen- des Vertragspartners nicht unterscheidet. zierungen z. B. bei der Prämienhöhe oder im Zusammen- Differenziert der Unternehmer im Einzelfall bei der Aus- hang mit Risikoausschlüssen, insbesondere auf der Grund- wahl des Vertragspartners oder bei der Erbringung der Leis- lage statistisch erfassbarer und belegbarer Daten im Sinne tung dennoch von vorne herein nach den in § 1 genannten von § 21 Satz 2 Nr. 5. Drucksache 15/4538 – 40 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu Absatz 2 wird. Die Bestimmung kommt auch für Benachteiligungs- Absatz 2 erstreckt den Anwendungsbereich des zivilrechtli- verbote zur Anwendung, die nicht auf der Umsetzung von chen Benachteiligungsverbots bei Benachteiligungen aus Richtlinien beruhen, denn der Grundgedanke gilt hier in Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft auf gleicher Weise. sämtliche zivilrechtliche Schuldverhältnisse, die von § 2 Ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis im Sinne Abs. 1 Nr. 5 bis 8 erfasst sind. Wegen der Einzelheiten wird von Satz 1 erfordert eine Beziehung, die über das hinaus- auf die Begründung zu § 2 verwiesen. Von besonderer geht, was ohnehin jedem Schuldverhältnis an persönlichem Bedeutung ist § 2 Abs. 1 Nr. 8, der Artikel 3 Abs. 1 Buch- Kontakt zugrunde liegt. Dies kann beispielsweise darauf be- stabe h der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG entspricht ruhen, dass es sich um ein für die durch das Benachteili- und ein Benachteiligungsverbot fordert, das nicht nur für gungsverbot verpflichtete Person besonders bedeutendes in Absatz 1 geregelten Schuldverhältnisse fordert, sondern Geschäft handelt, oder dass der Vertrag besonders engen für Schuldverhältnisse aller Art, die den Zugang zu und die oder lang andauernden Kontakt der Vertragspartner mit sich Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen zum Gegen- bringen würde. stand haben. Erfasst sind hier beispielsweise auch Geschäfte Privater, sofern der Vertragsschluss öffentlich angeboten Satz 2 benennt ein – nicht abschließendes – Beispiel für den wird, etwa der Verkauf des gebrauchten privaten PKW über in Satz 1 benannten Grundsatz: Mietverhältnisse, bei denen eine Zeitungsannonce. die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demsel- ben Grundstück nutzen, sind vom Anwendungsbereich aus- Zu Absatz 3 genommen. Wegen des besonderen Näheverhältnisses ist es dem Vermieter hier insbesondere nicht zumutbar, eine Ver- Absatz 3 regelt, welche Bestimmungen bei Benachteiligun- tragspartei aufzuzwingen. Zugleich sind damit sämtliche gen in Beschäftigung und Beruf zur Anwendung kommen. Ansprüche auf Ersatz von Schäden ausgeschlossen, die auf Satz 1 stellt zunächst klar, dass für Beschäftigte (siehe die eine Vertragsverweigerung zurückzuführen sind. Legaldefinition in § 6) die Bestimmungen des Abschnitts 2 gelten. Dort ist, abgestimmt auf die besonderen Anforderun- Bei der Auslegung des Begriffs „Angehörige“ ist zu berück- gen des Arbeitsrechts, der Diskriminierungsschutz insbe- sichtigen, dass die Ausnahmevorschrift des Absatzes 5 dem sondere für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geregelt. Erwägungsgrund 4 der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG Hintergrund der Regelungen in Satz 2 ist, dass im Anwen- Rechnung zu tragen hat. Hiernach „ist es wichtig, dass im dungsbereich des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 zwar typischerweise Zusammenhang mit dem Zugang zu und der Versorgung mit Bestimmungen des Abschnitts 2 Anwendung finden, weil es Gütern und Dienstleistungen der Schutz der Privatsphäre meist um Benachteiligungen Beschäftigter im Sinne des § 6 und des Familienlebens sowie der in diesem Kontext getä- geht. Es sind aber auch Sachverhalte denkbar, die nicht un- tigten Geschäfte gewahrt bleibt.“ Der Begriff des Angehöri- ter den persönlichen Anwendungsbereich des § 6 fallen, gen erfasst damit Mitglieder des engeren Familienkreises, aber eine diesen Sachverhalten vergleichbare Interessenlage nämlich Eltern, Kinder, Ehe- und Lebenspartner und Ge- aufweisen. Dies gilt insbesondere für solche Dienstverträge, schwister. Er dürfte damit im Wesentlichen mit dem Begriff die nach der deutschen Rechtsordnung nicht dem Arbeits- der engen Familienangehörigen im Sinne des § 573 Abs. 1 recht zuzuordnen sind, oder für bürgerlich-rechtliche Werk- Nr. 2 BGB übereinstimmen. verträge. Verträge dieser Art können bei richtlinienkonfor- mer Auslegung des § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 als Erwerbstätig- Zu § 21 (Zulässige unterschiedliche Behandlung) keit bzw. Beschäftigungsverhältnis im Sinne des Artikels 3 § 21 regelt, in welchen Fällen eine unterschiedliche Be- Abs. 1 Buchstabe a bis d der Richtlinien 2000/43/EG, handlung wegen einer Behinderung, der Religion oder 2000/78/EG und 76/207/EWG zu qualifizieren sein. Da hier Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Identität oder des die Interessenlage arbeitsrechtlichen Sachverhalten aber Geschlechts, die den Tatbestand des § 20 Abs. 1 erfüllt, weithin entspricht, ordnet das Gesetz die entsprechende An- gleichwohl zulässig ist. Eine Verletzung des Benachteili- wendung des Abschnitts 2 an. gungsverbotes liegt dann nicht vor. Die Norm ist als Recht- fertigungsgrund ausgestaltet. Der Anbieter muss also nach Zu Absatz 4 allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen die Zulässigkeit Nach Absatz 4 sind die im Familien- und Erbrecht gere- der unterschiedlichen Behandlung darlegen und beweisen. gelten Schuldverhältnisse ausgeschlossen, weil sie sich Bei einer mittelbaren Benachteiligung (§ 3 Abs. 2) sind grundlegend von den Verträgen des sonstigen Privatrechts Fragen der zulässigen Ungleichbehandlung bereits auf Tat- unterscheiden. Wegen des inneren Zusammenhangs zum bestandsebene zu entscheiden; es werden also viele in § 21 Erbrecht sind Vereinbarungen, die eine Erbfolge vorweg geregelte Fragen bereits an dieser Stelle (und nicht erst auf nehmen, ebenfalls von dem Ausschluss erfasst. der Ebene der Rechtfertigung) zu prüfen sein. Unberührt von alledem bleibt das Benachteiligungsverbot des § 20 Zu Absatz 5 Abs. 2, das der Umsetzung der Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG dient, denn in dieser Richtlinie sind entspre- Absatz 5 trägt den Maßgaben des Erwägungsgrundes 4 der chende Rechtfertigungsgründe nicht vorgesehen. Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG Rechnung, wonach der Schutz der Privatsphäre und des Familienlebens sowie der Satz 1 enthält den Grundsatz, wonach Unterscheidungen zu- in diesem Kontext getätigten Geschäfte gewahrt bleiben lässig sind, für die ein sachlicher Grund vorliegt. Dieser soll. Die Regelung soll also gewährleisten, dass nicht unver- Rechtsfertigungsgrund ist erforderlich, weil bei den genann- hältnismäßig in den engsten Lebensbereich der durch das ten Merkmalen – anders als bei Unterscheidungen aus Benachteiligungsverbot verpflichteten Person eingegriffen Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 41 – Drucksache 15/4538

Differenzierungen im allgemeinen Zivilrecht oft akzeptiert (siehe Erwägungsgrund 12 der Gleichbehandlungsrichtlinie oder sogar höchst erwünscht sind. Beispielhaft erwähnt wegen des Geschlechts außerhalb der Arbeitswelt [noch seien hier nur Preisrabatte für Schülerinnen und Schüler nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober 2004]). oder für Studierende oder gesonderte Öffnungszeiten für Der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schäden Frauen in Schwimmbädern. Andere Unterscheidungen wer- oder anderen Zwecken vergleichbarer Art kann die unter- den von den Betroffenen zwar subjektiv als diskriminierend schiedliche Behandlung regelmäßig nur dienen, wenn sie empfunden, dienen objektiv aber notwendigen Zwecken, zur Zweckerreichung grundsätzlich geeignet und erforder- etwa der Einhaltung von Verkehrssicherungspflichten und lich ist. Willkürliche Anforderungen sind deshalb von Num- damit der Schadensverhütung. All diese Unterscheidungen mer 1 nicht gedeckt. Dem Anbieter steht hierbei allerdings können und sollen weiterhin möglich sein; denn hierbei eine gewisser Spielraum zur Verfügung. Das ist zum einen handelt es sich nicht um Diskriminierungen, also sozial ver- deshalb erforderlich, weil etwa eine vorbeugende Schadens- werfliche Unterscheidungen. Satz 1 dient damit auch der verhütung zwangsläufig auf Prognosen beruht, die mit Un- Umsetzung von Artikel 3 Abs. 4 der Gleichbehandlungs- sicherheiten behaftet ist. Zum anderen kann bei der Ab- richtlinie wegen des Geschlechts außerhalb der Arbeitswelt wicklung von Massengeschäften auf eine Standardisierung (noch nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober 2004), wo- nicht verzichtet werden. So kann es etwa gerechtfertigt sein, nach es gerechtfertigt sein kann, Güter und Dienstleistungen den Zugang zu risikobehafteten Leistungen (z. B. Ausübung ausschließlich oder vorwiegend für die Angehörigen eines gefährlicher Sportarten in einer privaten Anlage) erst Kun- Geschlechts bereitzustellen. den ab 18 Jahren zu erlauben. Die Feststellung eines sachlichen Grundes bedarf einer wer- Nummer 2 trägt der Tatsache Rechnung, dass es insbeson- tenden Feststellung im Einzelfall nach den Grundsätzen von dere Unterscheidungen nach dem Geschlecht gibt, die auf Treu und Glauben und entzieht sich wegen der Reichweite das Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persön- des allgemeinen zivilrechtlichen Benachteiligungsverbotes lichen Sicherheit reagieren. Strukturell ähnelt der Rechtfer- einer abschließenden näheren Konkretisierung. Die sachli- tigungsgrund einer positiven Maßnahme (§ 4). Maßnahmen chen Gründe können sich zunächst aus dem Charakter des dieser Art – wie etwa getrennte Öffnungszeiten in Schuldverhältnisses ergeben. Es können Umstände sein, die Schwimmbädern und Saunen, die Bereithaltung von Frau- aus der Sphäre desjenigen stammen, der die Unterscheidung enparkplätzen sind sozial erwünscht und gesellschaftlich trifft, oder aber aus der Sphäre desjenigen, der von der Un- weithin akzeptiert. terscheidung betroffen ist. Die Vorschrift rechtfertigt Unterscheidungen nur dann, Das Erfordernis einer Abwägung im Einzelfall kommt auch wenn sie aus nachvollziehbaren Gründen erfolgen. So sind im bereits erwähnten Rechtfertigungsgrund des Artikels 3 Frauen generell einer größeren Gefahr als Männer ausge- Abs. 4 der Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Ge- setzt, Opfer von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestim- schlechts außerhalb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, mung zu werden. Es kann deshalb gerechtfertigt sein, in Entwurf vom 6. Oktober 2004) zum Ausdruck. Der Erwä- Parkhäusern Frauenparkplätze zur Verfügung zu stellen, gungsgrund 12a dieser Richtlinie stellt darüber hinaus klar, auch wenn sich im Einzelfall nicht nachweisen lassen sollte, dass beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen die je- dass besondere Gefahren drohen, etwa bei einem beleuchte- weiligen Möglichkeiten nicht in jedem Fall gleichermaßen ten Parkplatz in einem sicheren Einkaufcenter. Nicht jedes geboten werden müssen, sofern dabei nicht Angehörige des subjektive Sicherheitsbedürfnis reicht jedoch zur Rechtferti- einen Geschlechts besser gestellt sind als die des anderen. gung einer Unterscheidung aus. Wenngleich keine Bedro- Es ist also sachlich gerechtfertigt, Waren und Dienstleistun- hungslage nachgewiesen werden muss, ist es doch nötig, gen geschlechtspezifisch anzubieten, sofern dies sachlichen dass einem verständlichen Sicherheitsbedürfnis Rechnung Kriterien Rechnung trägt. Ein weiteres Beispiel sind etwa getragen werden soll. Eine beispielsweise auf Xenophobie Sportveranstaltungen, die nur Angehörigen eines Ge- beruhende pauschale Angst vor „dem Islam“ oder „den Ju- schlechts zugänglich sind (siehe Erwägungsgrund 12 der den“ kann daher eine Ungleichbehandlung nach dem Merk- Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Geschlechts außer- mal der Religion nicht rechtfertigen. halb der Arbeitswelt [noch nicht erlassen, Entwurf vom 6. Oktober 2004]). Nummer 3 erfasst diejenigen Fälle, in denen Personen wegen einer Behinderung, der Religion oder Weltanschau- In der Praxis werden meist die Regelbeispiele in Nummer 1 ung, des Alters, der sexuellen Identität oder des Geschlechts bis 5 einschlägig sein, die – nicht abschließend – die wich- ein besonderer Vorteil gewährt wird. Mit dieser Bevorzu- tigsten Fallgruppen umreißen und zugleich eine Richtschnur gung – meist wird es sich um Preisnachlässe oder andere für die Auslegung des Grundtatbestandes geben können. Sonderkonditionen bei der Anbahnung, Durchführung oder Nummer 1 rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung, Beendigung von Massengeschäften handeln – ist notwendi- die der Vermeidung von Gefahren, der Verhütung von Schä- gerweise eine Benachteiligung aller anderen verbunden. den oder anderen Zwecken vergleichbarer Art dient. Zweck Hier besteht kein Anlass, den Grundsatz der Gleichbehand- der Vorschrift ist vor allem die Notwendigkeit, bei Massen- lung durchzusetzen. Die gewährten Vergünstigungen reagie- geschäften die Beachtung von Verkehrssicherungspflichten ren nämlich entweder darauf, dass bestimmte Gruppen typi- durchzusetzen. So kann es z. B. in Freizeitparks erforderlich scherweise weniger leistungsfähig sind: Rabatte für Schüler sein, den Zugang zu Fahrgeschäften für Menschen mit einer und Studenten etwa sind damit zu begründen, dass sie meist körperlichen Behinderung zu beschränken oder aber auf ei- nicht über ein Erwerbseinkommen verfügen. Oder aber die ner Begleitperson zu bestehen. Ein weiteres Beispiel ist der Vergünstigungen bewecken die gezielte Ansprache von Schutz von Opfern sexueller Gewalt durch Einrichtungen, Kundenkreisen, die der Anbieter anlocken möchte. Diese die nur Angehörigen eines Geschlechts Zuflucht bieten Maßnahmen sind also nicht diskriminierend, sondern im Drucksache 15/4538 – 42 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gegenteil sozial erwünscht bzw. Bestandteil einer auf Wett- che oder Weltanschauungsgemeinschaft entscheidend. Ist bewerb beruhenden Wirtschaft. Ein Verbot dieser Praktiken das Rechtsgeschäft karitativer Natur, so liegt die Bejahung würde auch den objektiv benachteiligten Personenkreisen der eigenen Angelegenheit nahe. Ist von einer eigenen nicht helfen, denn der Anbieter würde nicht mit der Erstre- Angelegenheit auszugehen, so ist das kirchliche Selbst- ckung der Vorteile auf alle Kunden reagieren, sondern mit bestimmungsrecht zwar nur in den Schranken der für alle dem Verzicht auf jegliche Vergünstigung. geltenden Gesetze gewährleistet. Darunter fallen aber nur die Gesetze, die für die jeweilige Religions- oder Welt- Anders ist es, wenn die Gewährung gezielter Vorteile dazu anschauungsgemeinschaft dieselbe Bedeutung haben wie dient, eine diskriminierende Verhaltensweise bei Massenge- für jedermann (BVerfGE 66, 1, 20). Dabei kommt dem schäften nur zu tarnen. Das wäre etwa bei einer Preisgestal- Selbstverständnis der Gemeinschaft wiederum besonderes tung denkbar, bei der das regulär geforderte Entgelt weit Gewicht zu (BVerfGE 66, 1, 22). über dem Marktpreis liegt, so dass es dem Anbietenden im Ergebnis nur darum geht wird, den Kundenkreis auf diejeni- Auch bei Nummer 4 handelt es sich um ein Regelbeispiel, gen Personen zu beschränken, die Adressaten der „besonde- das den Bereich des religiös oder weltanschaulich motivier- ren Vorteile“ (tatsächlich aber des Normalpreises) sind. Die ten Handelns nicht abschließend normiert. Von dem Wort- Voraussetzungen von Nummer 3 sind hier nicht gegeben, laut des Regelbeispiels nicht erfasste sonstige religiös oder weil hier ein Interesse besteht, diese Ungleichbehandlung zu weltanschaulich motivierte Ungleichbehandlungen können unterbinden. daher im Einzelfall ebenfalls sachliche Gründe im Sinne des Nummer 4 regelt die zulässige unterschiedliche Behand- § 21 Satz 1 darstellen. lung, die an die (tatsächliche oder ihm zugeschriebene) Re- ligion oder Weltanschauung des Benachteiligten anknüpft. Dies bedeutet aber nicht, dass jedes religiöse oder welt- Es geht hierbei meist um Fälle, bei denen die unterschiedli- anschauliche Motiv eine an sich nach dem Antidiskrimi- che Behandlung auf religiösen oder weltanschaulichen Mo- nierungsgesetz verbotene Differenzierung rechtfertigt. Ar- tiven des Benachteiligenden beruht. tikel 4 Abs. 1 GG schützt das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszu- Nimmt jemand in einer Weise am privaten Rechtsverkehr richten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln, bei- teil, die Ausdruck seiner religiösen Grundhaltung ist, so spielsweise auch bei Ausübung einer gewerblichen Tätig- wird sein Handeln nicht nur durch die allgemeine Hand- keit. Der Metzger etwa, dem gesetzlich verboten wird, lungsfreiheit nach Artikel 2 Abs. 1 GG, sondern auch durch Fleisch von geschächteten Tieren zu verkaufen, kann seinen seine Glaubensfreiheit, Artikel 4 Abs. 1 GG, geschützt. Übt Beruf nicht mehr den islamischen Regeln entsprechend aus- der Gläubige einen Beruf aus, der die Einhaltung bestimm- üben. Ein Verbot, Kundinnen ohne Kopftuch zu benachteili- ter religiöser Vorgaben fordert (etwa der islamische Metz- gen, würde dementsprechend nur dann den grundrechtlichen ger, der das Fleisch von Tieren verkaufen will, die nach isla- Schutzbereich betreffen, wenn sich der Metzger auf einen mischen Regeln geschlachtet worden sind), so wird sein Glaubenssatz berufen könnte, der es ihm verbietet, Fleisch Handeln von Artikel 12 Abs. 1 bzw. Artikel 2 Abs. 1 an Frauen zu verkaufen, die kein Kopftuch tragen. Den i. V. m. Artikel 4 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfGE 104, Metzger träfe insoweit die Darlegungslast (vgl. BVerwGE 337, 346 – „Schächten“). Dieselben Überlegungen gelten 94, 82 ff.). Er müsste ernsthaft darlegen können, dass das für weltanschaulich motiviertes Handeln. Betreiben einer islamischen Metzgerei nicht nur die Ein- Darüber hinaus ist zu beachten, dass Artikel 140 GG i. V. m. haltung bestimmter Regeln bei der Schlachtung der Tiere, Artikel 137 Abs. 3 WRV den Religionsgemeinschaften und sondern auch eine bestimmte Auswahl der Kundschaft er- den ihnen zugeordneten Einrichtungen die Freiheit bei der fordert. Dabei genügte nicht die Berufung auf behauptete Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten innerhalb Glaubensinhalte und Glaubensgebote; vielmehr müsste ein der Schranken der für alle geltenden Gesetze zusichert. Das- Gewissenskonflikt als Konsequenz aus dem Zwang, der selbe gilt gemäß Artikel 140 GG i. V. m. Artikel 137 Abs. 7 eigenen Glaubensüberzeugung zuwider zu handeln, kon- WRV für Weltanschauungsgemeinschaften. Daher erfasst kret, substantiiert und objektiv nachvollziehbar dargelegt die Regelung nicht nur die Religions- oder Weltanschau- werden (vgl. BVerwGE 94, 82 ff.). ungsgemeinschaften selbst, sondern auch die ihnen zuge- ordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechts- Nummer 5 schließlich enthält eine besondere Bestimmung form, wenn die Einrichtungen der Religions- oder Weltan- für private Versicherungsverträge. Sie gilt unabhängig da- schauungsgemeinschaften nach deren Selbstverständnis ih- von, ob es sich um Massengeschäfte handelt oder um Ver- rem Zweck und ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, träge, die nach Prüfung des zu versichernden Risikos abge- ein Stück des Auftrags der Religions- oder Weltanschau- schlossen werden. Sind die Voraussetzungen von Nummer 5 ungsgemeinschaft wahrzunehmen und zu erfüllen (vgl. erfüllt, bleibt bei der Vertragsgestaltung (insbesondere der BVerfGE 70, 138 (162); 57, 220 (242); 53, 366 (391); 46, 73 Prämien- oder Leistungsbestimmung), aber auch bei der (85f.)). Dabei sind die Begriffe der Ordnung und Verwal- Entscheidung über den Vertragsschluss selbst, die Berück- tung weit auszulegen. Dazu gehören etwa karitative Tätig- sichtigung der von diesem Gesetz erfassten Risiken mög- keiten, das kirchliche Dienst- und Arbeitsrecht, aber auch lich. Die Einbeziehung sämtlicher Privatversicherungsver- die Verwaltung des eigenen Vermögens. Nimmt eine Kir- träge (einschließlich ihrer Anbahnung, Durchführung und che, eine ihr zugeordnete Einrichtung oder eine Weltan- Beendigung) in den Anwendungsbereich des allgemeinen schauungsgemeinschaft am privaten Rechtsverkehr teil, ist privatrechtlichen Benachteiligungsverbots soll vor Willkür zunächst zu beurteilen, ob die in Frage stehende Tätigkeit zu schützen; sie soll aber nicht die auch im Interesse der Ver- ihren eigenen Angelegenheiten gehört oder nicht. Dabei ist sicherten erforderliche Differenzierung nach dem ex ante das dem Tun zugrunde liegende Selbstverständnis der Kir- beurteilten individuellen Risiko unmöglich machen. Diese Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 43 – Drucksache 15/4538

Differenzierung nämlich gehört zu den Grundprinzipien der 6. Oktober 2004) aufstellen: Hiernach entscheiden die Mit- privatrechtlichen Versicherung. gliedstaaten der Europäischen Union über die Rechtsfolgen von Verstößen gegen das Benachteiligungsverbot aus Grün- Die Vorschrift greift die Formulierung in Artikel 4 der den der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft sowie Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Geschlechts außer- wegen des Geschlechts. Die Sanktionen müssen hierbei halb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, Entwurf vom wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese 6. Oktober 2004) auf und setzt diese Bestimmung im Be- Anforderungen beruhen auf der Rechtsprechung des EuGH reich des Versicherungsvertragsrechts um. Besondere Be- für Beschäftigung und Beruf, wonach eine Entschädigung deutung wird dieser Rechtfertigungsgrund für Unterschei- im angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen dungen nach dem Geschlecht und nach dem Alter erlangen. und über einen symbolischen Schadensersatz hinausgehen Einschlägig ist er aber nur, wenn es sich bei dem betreffen- muss (EuGH Rs. 14/83 vom 10. April 1984 – v. Colson u. den Merkmal um einen „bestimmenden Faktor“ handelt. Kamann). Mit „Abschreckung“ ist also nicht die Forderung Das in Frage stehende Merkmal darf also nicht nur ein Dif- nach dem „Strafcharakter“ des Schadensersatzes verbun- ferenzierungskriterium unter vielen sein, sondern es muss den. sich um einen maßgeblichen Faktor bei der Beurteilung der versicherten Risiken handeln, wenn auch nicht unbedingt Die in § 22 vorgesehenen Ansprüche leisten – im Einklang um den Einzigen. Das Merkmal darf nicht willkürlich sein. mit allgemeinen Prinzipien des Schadensersatzrechts – volle Kompensation der entstandenen Vermögens- und Nichtver- „Relevant“ und „genau“ sind hierbei nur Daten, die eine mögensschäden und genügen damit diesen Anforderungen: stichhaltige Aussage über das in Frage stehende Merkmal Absatz 1 regelt, wie erwähnt, Primäransprüche auf Unter- erlauben. Als Risikomerkmale sind ohnehin nur solche Um- lassung und Beseitigung der Beeinträchtigung. Absatz 2 stände geeignet, die zu vertretbaren Kosten statistisch er- stellt klar, dass ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages fassbar sind und einen deutlichen statistischen Zusammen- in Betracht kommt, sofern die Benachteiligung ursächlich hang mit der Schadenserwartung haben (Wandt, Ge- für die Vertragsverweigerung war: Das ist eine sehr ein- schlechtsabhängige Tarifierung in der privaten Krankenver- schneidende „Sanktion“, die dem Benachteiligten eine sicherung, VersR 2004, 1341, 1432). Die Daten müssen große Rechtsmacht verleiht. Die Rechtsordnung verpflichtet deshalb verlässlich sein, regelmäßig aktualisiert werden und den Benachteiligenden nämlich, den Vertrag dennoch zu auch der Öffentlichkeit zugänglich sein. Insgesamt trifft die schließen, wenn der Benachteiligte dies verlangt. Absatz 3 Versicherungen damit eine gesteigerte Darlegungs- und Be- schließlich garantiert die Kompensation der Vermögens- weislast. schäden und einen angemessenen Ausgleich für Nichtver- Hiervon macht Satz 2 entsprechend Artikel 4 der erwähnten mögensschäden. Richtlinie eine sozialpolitisch motivierte Ausnahme: Kos- ten, die im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Ent- Zu Absatz 1 bindung entstehen, dürfen nicht geschlechtsspezifisch in Ansatz gebracht werden. Die Norm folgt damit insoweit Satz 1 gibt bereits beim objektiven Verstoß gegen das Be- auch den Forderungen des Deutschen Bundestages, die im nachteiligungsverbot einen Beseitigungsanspruch. Entspre- Entschließungsantrag vom 30. Juni 2004 niedergelegt sind chend allgemeiner Rechtsgrundsätze kann nach Satz 2 der (Bundestagsdrucksache 15/3477). Benachteiligende bei Wiederholungsgefahr auch auf künf- tige Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dies kann tatsächliches Handeln betreffen und beispielsweise Zu § 22 (Ansprüche) darauf gerichtet sein, künftig die Verweigerung des Zugangs Die Vorschrift regelt Ansprüche bzw. Rechtsfolgen nach zu einer Einkaufspassage zu unterlassen. In diesem Falle einem Verstoß gegen das zivilrechtliche Benachteiligungs- muss die bevorstehende Benachteiligung konkret drohen; verbot. Soweit § 22 keine besonderen Vorschriften enthält, ein Verdacht genügt nicht. gelten die einschlägigen allgemeinen Bestimmungen des Bürgerlichen Rechts, insbesondere des Bürgerlichen Ge- Zu Absatz 2 setzbuchs, denn die §§ 20 ff. sind, wenngleich sonder- Absatz 2 trifft Sonderregelungen für den Fall, dass ein An- gesetzlich geregelt, Bestandteil der einheitlichen Privat- spruch auf den Abschluss eines Vertrags in Betracht kommt. rechtsordnung. Die Bestimmungen enthält Klarstellungen, die sich bereits Absatz 1 regelt die auf Beseitigung und Unterlassung ge- aus allgemeinen Prinzipien des Zivilrechts ergeben, wie richteten Primäransprüche, Absatz 3 die Sekundäransprüche etwa das in Satz 1 formulierte Kausalitätserfordernis. Auch (Ersatz materieller Schäden sowie Entschädigung für Nicht- der in Satz 2 geregelte Sachverhalt, wonach Leistung und vermögensschäden). Absatz 2 konkretisiert den Anspruch Gegenleistung hinreichend bestimmt sein müssen, ent- auf Abschluss eines Vertrages, wenn dieser bei einer Ver- spricht bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen. Nach allgemei- tragsverweigerung ohne Verstoß gegen das Benachteili- nem Leistungsstörungsrecht kommt ein Anspruch auf Ver- gungsverbot zustande gekommen wäre. Die Absätze 4 und 5 tragsschluss dann nicht mehr in Frage, wenn der Benachtei- stellen klar, dass Ansprüche aus unerlaubter Handlung un- ligende inzwischen über die Sache oder das Recht verfügt berührt bleiben und Vereinbarungen, die dem Benachteili- hat (§ 275 Abs. 1 BGB). gungsverbot widersprechen, unbeachtlich sind Satz 1 ist keine eigenständige Anspruchsgrundlage. Der An- Damit genügt § 22 den Anforderungen, die Artikel 15 der spruch selbst hat seine Grundlage im Schadensersatzrecht Antirassismusrichtlinie 2000/43/EG und Artikel 13 der (Vertragsschluss als Naturalrestitution) bzw. ergibt sich als Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Geschlechts außer- quasinegatorischer Folgenbeseitigungsanspruch (Vertrags- halb der Arbeitswelt (noch nicht erlassen, Entwurf vom schluss als Beseitigung der Beeinträchtigung, siehe Pa- Drucksache 15/4538 – 44 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode landt-Heinrichs, BGB-Kommentar, 63. Auflage 2004, An- keiten zu ermitteln, weil die andere Partei die standardisierte hang nach § 319 Rn. 20). Satz 1 stellt klar, dass in Fällen der Leistung auf Grund öffentlicher Preisangaben oder nach Vertragsverweigerung ein Anspruch auf Abschluss eines Listenpreisen vertreibt. Ansonsten verbleibt ihm nach § 316 Vertrages nur dann gegeben ist, wenn dieser ohne das diskri- BGB das Leistungsbestimmungsrecht; es besteht kein An- minierende Verhalten abgeschlossen worden wäre. Fehlt es lass, über den gesetzlichen Kontrahierungszwang hinaus an dieser kausalen Verknüpfung, kann zwar eine Benachtei- dem Benachteiligenden auch die Vertragsgestaltungsfreiheit ligung vorliegen, die Ansprüche hinsichtlich des immateri- zu nehmen. Allerdings unterliegt diese Befugnis nach § 315 ellen Schadens oder der Aufwendungen für die Anbahnung Abs. 3 Satz 1 BGB einer Billigkeitskontrolle, weil ansons- des Zielvertrages auszulösen vermag. Aus einer solchen Be- ten die Gefahr bestünde, den Zielvertrag durch unbillige nachteiligung kann dem Gläubiger aber kein Anspruch auf Forderungen nach Gegenleistung (etwa prohibitiv wirkende Abschluss eines Vertrages erwachsen. Eine Benachteiligung Preise) im Ergebnis wieder zu vereiteln. In diesem Fall oder in der Anbahnungsphase eines Vertrags führt also nicht „au- bei verzögerter Bestimmung entscheidet nach § 315 Abs. 3 tomatisch“ zum Anspruch auf Vertragsschluss. Satz 2 BGB das Gericht (zu diesem Regelungsmodell Bu- sche, Privatautonomie und Kontrahierungszwang, 1999, Diese Kausalitätsprüfung wirft wenige Probleme auf, wenn S. 251 ff.). es dem Unternehmer bei diskriminierungsfreiem Handeln nur auf den Absatz von Waren und Dienstleistungen ohne Ansehen der Person ankommt, wie dies bei Massengeschäf- Zu Absatz 3 ten i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 regelmäßig der Fall ist. Denn Absatz 3 regelt die Verpflichtung des Benachteiligten, bei hier zielt der Unternehmer i. d. R. ausschließlich auf den einem Verstoß den Vermögensschaden zu ersetzen bzw. eine reibungslosen, umsatzfördernden Absatz seiner Leistungen angemessene Entschädigung für die Beeinträchtigung zu ab, und er hält Waren oder andere Leistung in einer hinrei- leisten, die nicht Vermögensschaden ist. chenden Menge vorrätig, so dass mit jedem potentiellen Gläubiger ein Vertrag zustande kommen kann. Satz 1 und 2 entsprechen strukturell § 280 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB: Satz 1 legt den Grundsatz fest, wonach jede Schwieriger sind diejenigen Fälle zu handhaben, bei denen schuldhafte Benachteiligung die Verpflichtung zum Ersatz ein Anspruch auf Vertragsschluss ausscheidet, weil der des hierdurch verursachten Vermögensschadens mit sich Schuldner des Benachteiligungsverbots nach dem Charakter bringt. Weigert sich etwa ein Taxiunternehmer, einen Fahr- des Vertrages redlicherweise auf andere, nicht durch das ge- gast wegen seiner ethnischen Herkunft zu befördern, und setzliche Verbot des § 20 Abs. 1 und 2 erfasste Unterschei- entgeht dem Benachteiligten hierdurch ein Geschäft, weil er dungsmerkmale abstellen darf, wie etwa auf die Solvenz einen entsprechenden Termin nicht einzuhalten vermag, so oder auf besondere Fertigkeiten und Kenntnisse des Gläubi- ist dieser Vermögensschaden nach § 22 Abs. 3 Satz 1 zu er- gers. Auch kommt wegen des Schutzes der Vertragsfreiheit setzen. Verlangt der Benachteiligte Schadensersatz wegen ein Anspruch nicht in Betracht, wenn mehrere weitgehend Verzögerung der Leistung oder Schadensersatz statt der gleichwertige Angebote vorliegen bzw. Interessenten bereit- Leistung, so kommen die allgemeinen Vorschriften zur stehen, denn der potentielle Vertragspartner des Benachtei- Anwendung (§ 280 Abs. 3 BGB i. V. m. §§ 281 ff. BGB). ligten muss sich auch bei diskriminierungsfreiem Verhalten nicht zwangsläufig für diese Person entscheiden. Es kann Steht die Benachteiligung fest, ggf. unter Berufung auf die sich dann nämlich so verhalten, dass der Schuldner einen Beweiserleichterung nach § 23, so trägt nach Satz 2 die an- Mitbewerber (berechtigterweise) bevorzugt oder auf einen dere Partei die Beweislast dafür, dass sie die Benachteili- Vertragsschluss ganz verzichtet hätte. Insoweit liegt nach gung nicht zu vertreten hat. Dieser Entlastungsbeweis wird allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast bei der ummittelbaren Benachteiligung (§ 3 Abs. 1) kaum beim Benachteiligten. praktisch werden, weil hier in der Regel vorsätzliches und damit schuldhaftes Handeln gegeben sein wird. Bei der mit- Prozessual ist der Anspruch auf Abschluss eines Vertrags telbaren Benachteiligung (§ 3 Abs. 2) kommt eine entspre- durch eine Klage auf Annahme des Antrages nach § 894 ZPO chende Beweisführung allerdings dann in Betracht, wenn geltend zu machen, ggf. verbunden mit der Klage auf die der Tatbestand erfüllt ist, für die andere Partei aber auch bei Leistung (Palandt-Heinrichs, BGB-Kommentar, 63. Auflage der gebotenen Sorgfalt nicht erkennbar war, dass die schein- 2003, Rn. 22 vor § 145). Der Antrag und die hierauf gerich- bar neutralen Maßnahmen im Ergebnis zu einer nicht ge- tete Klage müssen hinreichend bestimmt sein (§ 145 BGB rechtfertigten Benachteiligung führen. Unberührt bleiben und § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO), Satz 2 erster Halbsatz stellt hiervon Ansprüche nach Absatz 1, weil diese nicht von ei- dies klar. Bei Massengeschäften bereitet diese Bestimmung nem Verschulden abhängig sind. meist keine Mühe, denn der Leistungsgegenstand des Zielvertrages (etwa die industriell gefertigte Ware oder eine Satz 3 regelt im Hinblick auf § 253 Abs. 1 BGB den Ersatz standardisierte Dienstleistung) steht fest. Sofern sich die des durch die Benachteiligung eingetretenen immateriellen Leistung noch nicht hinreichend konkretisiert hat, kann im Schadens: Der Benachteiligte kann hiernach i. V. m. Satz 1 Einzelfall die Klage auf die Abgabe eines bestimmten Ange- von dem Benachteiligenden auch für diesen Schaden eine botes in Betracht kommen, das dann etwa die Nebenpflichten angemessene Entschädigung in Geld verlangen. und Modalitäten der Leistung konkretisiert (siehe hierzu Für die Geldentschädigung, die die Rechtsprechung (BGHZ Bundesgerichtshof NJW 1986, S. 2822). 35, 363, 367 f.; 39, 124, 130 ff.; 128, 1, 15) bei Verletzun- Satz 2 zweiter Halbsatz regelt, wie die Gegenleistung des gen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus dem Schutz- Zielvertrages zu bestimmen ist, sofern diese Zweifeln unter- auftrag der Artikel 1 und 2 GG gewährt, steht der Gesichts- liegt. Bei vielen Alltagsgeschäften ist die typischerweise als punkt der Genugtuung regelmäßig im Vordergrund (BGH Geldschuld zu erbringende Gegenleistung ohne Schwierig- NJW 1996, 984, 985; NJW 1996, 985, 987). Auch für den Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 45 – Drucksache 15/4538 spezialgesetzlichen Geldentschädigungsanspruch nach § 22 Auch nach den Grundsätzen des europäischen Rechts trägt Abs. 3 Satz 1 und 3 wegen der in der Benachteiligung derjenige, der sich auf eine Benachteiligung beruft, in einem liegenden Persönlichkeitsrechtsverletzung liegt hierin der Rechtsstreit die Beweislast für diese anspruchsbegründende maßgebliche Entschädigungszweck. An ihm ist daher auch Tatsache. Wenn er aber dem ersten Anschein nach diskrimi- vordringlich die Bemessung der Geldentschädigung nach niert ist und auf Grund der spezifischen Situation kein wirk- Absatz 3 Satz 1 und 3 auszurichten. sames Mittel hätte, um seine Rechte durchzusetzen, kehrt sich die Beweislast um (so auch schon vor Erlass der Beweis- Angemessen ist die Entschädigung, wenn sie dem Benach- lastrichtlinie EuGH Rs. C-127/92 vom 27. Oktober 1993 – teiligten Genugtuung für die durch die Benachteiligung zu- Enderby). Es entspricht ebenso den Grundsätzen des deut- gefügte Herabsetzung oder Zurücksetzung verschaffen schen Prozessrechts, die Anforderungen an die Darlegungs- kann. Zur weiteren Konkretisierung können die Grundsätze und Beweislast danach zu bestimmen, im Einflussbereich des Geldentschädigungsanspruchs bei Verletzungen des all- welcher Partei sich bestimmte Vorgänge ereignet haben. gemeinen Persönlichkeitsrechts herangezogen werden. Hiernach ist zu berücksichtigen, dass der Geldentschädi- gungsanspruch bei Verletzungen des allgemeinen Persön- Der Kläger muss daher nach den allgemeinen Grundsätzen lichkeitsrechts nur schwerwiegende und anderweitig nicht zunächst den Vollbeweis führen, dass er gegenüber einer an- auszugleichende Persönlichkeitsrechtsverletzungen kom- deren Person ungünstig behandelt worden ist. Weiter muss er pensiert und für die Bemessung der Entschädigungshöhe die sog. Vermutungstatsachen vortragen, aus denen sich schlie- Intensität der Persönlichkeitsrechtsverletzung erheblich ist ßen lässt, dass diese unterschiedliche Behandlung auf einem (BGH NJW 1996, 984, 985; Palandt-Sprau, BGB-Kommen- nach § 1 unzulässigen Grund beruht. Welche Anforderungen tar, 63. Auflage 2004, § 823 Rn. 124). Das Verweisen auf daran im Einzelfall zu stellen sind, können nur die Gerichte einen lediglich symbolischen Schadensersatz wäre unzuläs- unter Berücksichtigung der Grundsätze des § 138 ZPO beur- sig und entspräche auch nicht den Anforderungen der Richt- teilen. Danach sind einerseits Erklärungen „ins Blaue hinein“ linie, die wirksame, verhältnismäßige und abschreckende unzulässig, andererseits ist zu beachten, welche Informatio- Sanktionen verlangt. nen einer Prozesspartei überhaupt zugänglich sind. Ein tatsächlicher Anhaltspunkt kann sich etwa aus einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§ 10) ergeben. Zu Absatz 4 Absatz 4 stellt klar, dass Ansprüche aus unerlaubter Hand- Auch die Ergebnisse von Statistiken oder so genannten Tes- lung unberührt bleiben. Insoweit kann eine Anspruchskon- ting-Verfahren können im Rahmen der richterlichen Würdi- kurrenz bestehen, etwa dann, wenn mit der Benachteiligung gung des Sachverhalts einen tatsächlichen Anhaltspunkt eine Beleidigung (§ 185 StGB) verbunden ist, was Ansprü- darstellen. Bei Testing-Verfahren wird z. B. eine Vergleichs- che nach § 823 Abs. 2 BGB auslösen kann. Der Benachtei- person eingesetzt, um zu überprüfen, ob ein Verhalten ge- ligte sich allerdings meist auf die in diesem Abschnitt gere- genüber einer Person, bei der eines der in § 1 genannten gelten Anspruchsgrundlagen berufen, weil er sich insoweit Merkmale vorliegt, gleichermaßen auch gegenüber der auf die in § 23 geregelte Beweiserleichterung stützen kann. Vergleichsperson, bei der dies nicht der Fall ist, erfolgt. Der Beklagte hat dazu gemäß § 138 ZPO konkret Stellung zu Zu Absatz 5 nehmen. Soweit einzelne Tatsachen nicht – ausreichend – bestritten werden, kommt es auf Beweisfragen nicht an. Absatz 5 stellt im Hinblick auf einzelne diskriminierende Bleiben Vermutungstatsachen streitig, hat der Kläger sie mit Vertragsabreden klar, dass sich der Schuldner auf eine Ver- den in der Zivilprozessordnung vorgesehenen Beweismit- einbarung nicht berufen kann, die zum Nachteil des Gläubi- teln nachzuweisen. Die Anforderungen an das Beweismaß gers von dem Benachteiligungsverbot abweicht. Dies ent- werden dabei jedoch abgesenkt. Es genügt, wenn das Ge- spricht der neuen gesetzlichen Regelungstechnik nach der richt ihr Vorliegen für überwiegend wahrscheinlich hält Schuldrechtsmodernisierung (z. B. § 475 Abs. 1 BGB), (siehe zur Auslegung des § 611a Abs. 1 Satz 3 BGB BAG schließt § 139 BGB insoweit aus und erhält das Schuldver- Urteil vom 5. Februar 2004 – 8AZR 112/03, NJW 2004, hältnis im Übrigen, denn mit einer Rückabwicklung des 2112). Stehen dem Kläger dabei keine anderen Beweismit- Vertrags wäre dem Benachteiligten oftmals nicht geholfen. tel, insbesondere Zeugen zur Verfügung, hat das Gericht alle Im Übrigen verbleibt es dabei, dass insbesondere einseitige zulässigen Möglichkeiten der Anhörung (§ 141 ZPO) und Rechtsgeschäfte, die gegen das gesetzliche Benachteili- Vernehmung (§ 448 ZPO) des Klägers auszunutzen (BAG gungsverbot verstoßen, nach § 134 BGB grundsätzlich Urteil vom 6. Dezember 2001 – 2 AZR 396/00, AP zu § 286 nichtig sind, beispielsweise Kündigungen, die ausgespro- ZPO Nr. 33; BGH Urteil vom 16. Juli 1998 – 1 ZR 32/96, chen werden, um aus den in § 1 genannten Gründen zu dis- NJW 1999 S. 363). Ist danach eine unzulässige Motivation kriminieren. der unterschiedlichen Behandlung zu vermuten, trägt der Beklagte die volle Beweislast dafür, dass doch kein Verstoß Zu Abschnitt 4 (Rechtsschutz) gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt. Das betrifft vor allem das Vorliegen rechtfertigender Gründe. Im Falle einer Zu § 23 (Beweislast) Belästigung oder sexuellen Belästigung kommt regelmäßig Die Vorschrift regelt die Grundsätze der Beweislast in den keine Rechtfertigung in Betracht. Ein nachträglich vorge- Fällen unterschiedlicher Behandlung. Sie ist § 611a Abs. 1 brachter Grund ist nur dann geeignet, die unterschiedliche Satz 3 BGB nachgebildet und erfüllt die Vorgaben der Be- Behandlung zu rechtfertigen, wenn besondere Umstände er- weislastrichtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember kennen lassen, dass dieser Grund nicht nur vorgeschoben 1997. Die Vorschrift setzt Artikel 8 der Richtlinie 2000/43/ ist (Bundesverfassungsgericht vom 16. November 1993, EG und Artikel 10 der Richtlinie 2000/78/EG um. Az. 1 BvR 258/86). Drucksache 15/4538 – 46 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Zu § 24 (Unterstützung durch Antidiskriminierungsver- in der Verhandlung aufzutreten. Die Bestimmung gilt nicht bände) für das Strafverfahren und lässt die Vorschriften der Verfah- Die Vorschrift regelt die Mitwirkungsbefugnisse von Ver- rensordnungen unberührt, nach denen ungeeigneten Vertre- tern bzw. Beiständen der weitere Vortrag untersagt werden bänden, die sich die Bekämpfung von Benachteiligungen kann. Für den Zivilprozess bedeutet dies beispielsweise, zur Aufgabe gemacht haben. Sie setzt zugleich die Maßga- ben der Richtlinien um, wonach Verbände, Organisationen dass ein Verband, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt, in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsge- oder andere juristische Personen, die gemäß den in ihrem richt als Bevollmächtigter (§ 79 ZPO) oder als Beistand einzelstaatlichen Recht festgelegten Kriterien ein rechtmä- ßiges Interesse daran haben, für die Einhaltung der Bestim- (§ 90 ZPO) auftreten kann, also nicht gemäß § 157 Abs. 1 ZPO ausgeschlossen ist. Das Gericht kann aber nach § 157 mungen dieser Richtlinie zu sorgen, sich entweder im Na- Abs. 2 ZPO den weiteren Vortrag untersagen, wenn sich men der beschwerten Person oder zu deren Unterstützung und mit deren Einwilligung an den in dieser Richtlinie zur herausstellt, dass der Verband zu einem geeigneten Vortrag Durchsetzung der Ansprüche vorgesehenen Gerichts- und/ nicht in der Lage ist. oder Verwaltungsverfahren beteiligen können (Artikel 7 Abs. 2 Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 9 Zu Absatz 3 Abs. 2 Rahmen-Richtlinie Beschäftigung 2000/78/EG, Ar- Nach Absatz 3 sind Antidiskriminierungsverbände vom tikel 6 Abs. 3 der revidierten Gleichbehandlungsrichtlinie Verbot der außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbera- wegen des Geschlechts 2002/73/EG, Artikel 7 Abs. 3 der tung freigestellt. Die Bestimmung könnte nach der derzeit Gleichbehandlungsrichtlinie wegen des Geschlechts außer- noch geltenden Rechtslage auch in das Rechtsberatungsge- halb der Arbeitswelt [noch nicht erlassen, Entwurf vom setz eingefügt werden. Im Vorgriff auf die bevorstehende 6. Oktober 2004]). Damit stellt das Gesetz ein weiteres In- Reform (siehe Diskussionsentwurf des Bundesministeri- strument zur effektiven Durchsetzung des Gleichbehand- ums der Justiz für ein Rechtsdienstleistungsgesetz, abrufbar lungsgrundsatzes zur Verfügung, das die individualrecht- unter www.bmj.bund.de/Gesetzentwürfe/Rechtsdienstleis- lichen Ansprüche (§§ 15, 22) und die Tätigkeit der Antidis- tung) wird die Befugnis der Antidiskriminierungsverbände kriminierungsstelle (§§ 27 ff.) ergänzt. im Zusammenhang mit der jeweiligen Fachmaterie geregelt.

Zu Absatz 1 Zu Absatz 4 Absatz 1 Satz 1 enthält eine Legaldefinition der Antidiskri- Absatz 4 Satz 1 stellt klar, dass auf Schadensersatz oder Ent- minierungsverbände. Es muss sich um Personenzusammen- schädigung in Geld gerichtete Forderungen (§§ 15, 22) ab- schlüsse handeln, die nicht gewerbsmäßig und nicht nur getreten werden können. Dies hat folgenden Hintergrund: vorübergehend die besonderen Interessen benachteiligter Der Diskriminierungsschutz ist weitgehend dem Schutz des Personen oder Personengruppen wahrnehmen. Denkbar sind Allgemeinen Persönlichkeitsrechts zuzuordnen. Im Rahmen etwa Vereine, die sich um die besonderen Interessen von des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sind die bisher gel- Migrantinnen und Migranten kümmern, aber auch Ver- tenden Grundsätze zur (Nicht-) Übertragbarkeit von höchst- bände, die sich spezifisch für die Rechte von Frauen oder persönlichen Ansprüchen durch die „Marlene Dietrich“-Ent- Männern, für die besonderen Interessen älterer Menschen, scheidung des Bundesgerichtshofs in Bewegung geraten für Menschen mit Behinderungen oder für gleichgeschlecht- (BGH NJW 2000, 2195 ff.). Der Bundesgerichtshof hat ent- liche Lebensweisen engagieren. Wegen der Auslegung der schieden, dass die vermögenswerten Bestandteile des Per- Tatbestandsmerkmale „nicht gewerbsmäßig“ und „nicht nur sönlichkeitsrechts nach dem Tode seines Trägers fortbeste- vorübergehend“ kann auf § 4 Abs. 2 Unterlassungsklagen- hen und durch die Erben geltend gemacht werden können, gesetz (UKlaG) zurückgegriffen werden. während die ideellen Interessen unauflöslich an die Person Satz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen den in Satz 1 ihres Trägers gebunden und als höchstpersönliche Rechte bezeichneten Verbänden die besonderen Befugnisse nach unverzichtbar und unveräußerlich sind. Die höchstrichter- den Absätzen 2 bis 4 zustehen. Wegen der großen Hetero- liche Klärung weiterer Einzelheiten steht noch aus. genität der in Betracht kommenden Verbände ist es nicht zweckmäßig, ein zentrales Anerkennungsverfahren zu re- Die Entschädigungsansprüche nach § 15 Abs. 1 und § 22 geln, wie dies beispielsweise im Verbraucherschutz mit dem Abs. 3 Satz 3, deren Abtretungsbefugnis durch Absatz 4 Listenverfahren nach § 4 UKlaG oder mit dem Anerken- Satz 1 klargestellt wird, betreffen nicht die eigentlichen Per- nungsverfahren nach § 13 Abs. 3 des Gesetzes zur Gleich- sönlichkeitsrechte. Es handelt sich vielmehr um aus einer stellung behinderter Menschen geschehen ist. Das Gesetz Verletzung dieser Rechte bereits entstandene, auf eine Geld- knüpft vielmehr an die Größe des Personenzusammen- forderung gerichtete Ansprüche. Die Abtretbarkeit solcher schlusses an und verlangt mindestens 75 Mitglieder oder bereits entstandenen Ansprüche ist für den Ersatz des imma- aber bei Dachverbänden die Mitgliedschaft von sieben Ver- teriellen Schadens nach einer Körperverletzung bereits nach bänden. Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist im Anwen- geltendem Recht gewährleistet: Der hier bestehende dungsbereich der Absätze 2 bis 4 nach Maßgabe der jeweili- Schmerzensgeldanspruch ist ohne weiteres abtretbar. Auch gen Verfahrensordnungen von dem jeweils zuständigen Ge- beim Schmerzensgeld nach einer Körperverletzung handelt richt zu prüfen. es sich – ebenso wie beim Entschädigungsanspruch wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts – um einen Ersatzanspruch aus der Verletzung eines höchstper- Zu Absatz 2 sönlichen Rechts. In Teilen des juristischen Schrifttums Absatz 2 regelt die Befugnis, bei Verfahren ohne Anwalts- wird die Übertragbarkeit bereits entstandener Ansprüche zwang als Bevollmächtigte oder Beistände Benachteiligter auf Geldentschädigung wegen Verletzungen des Allgemei- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 47 – Drucksache 15/4538 nen Persönlichkeitsrechts deshalb bereits nach bestehender ihrer bisherigen Tätigkeit Gewähr für eine sachgerechte Rechtslage bejaht (Rixecker, in MüKo, Anh. § 12, Rn. 223; Aufgabenerfüllung bieten. so wohl auch Erman-Ehmann, BGB, Anh. § 12 Rn. 834; Die Aufklärung und Beratung von Verbrauchern muss zwar a. A. Burckhardt, in Wenzel, Das Recht der Wort- und Bild- satzungsgemäße Aufgabe sein, es muss aber nicht das ein- berichterstattung, Rn. 14/140). Vor diesem Hintergrund zige Tätigkeitsfeld des Vereins sein. Andererseits darf es sich stellt Absatz 4 Satz 1 die Abtretbarkeit der Schadensersatz- auch nicht um völlig untergeordnete Nebenaufgaben han- und Entschädigungsansprüche nach diesem Gesetz noch- deln. Derzeit werden z. B. Hausfrauenverbände, die neben mals ausdrücklich klar. ihren eigentlichen Aufgaben auch Verbraucherinteressen mit Satz 2 erlaubt es, die in Satz 1 bezeichneten Ansprüche zum vertreten, nicht unter die klagebefugten Stellen gezählt, wäh- Zwecke der gerichtlichen und außergerichtlichen Einzie- rend die Klagebefugnis z. B. für den ADAC bejaht wurde. hung an Antidiskriminierungsverbände abzutreten. Dass die Verbände neben der Wahrnehmung von Verbrau- cherinteressen auch z. B. Ziele im politischen Raum verfol- Zu Absatz 5 gen, ist unschädlich (Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wett- bewerbsrecht, 23. Auflage 2004, Rn. 3.56 zu § 8 UWG). Absatz 5 stellt klar, dass besondere Klagerechte und Vertre- Antidiskriminierungsverbände werden die Voraussetzung tungsbefugnisse von Verbänden zu Gunsten von Menschen für die Eintragung in die Liste der qualifizierten Einrichtun- mit Behinderungen unberührt bleiben, etwa die in § 63 gen erfüllen, wenn sie aktiv die Aufklärung und Beratung SGB IX geregelte Prozessstandschaft. der von Ihnen vertretenen Personenkreise im Hinblick auf Neben den in Absatz 2 bis 4 geregelten Rechten haben Anti- den Verbraucherschutz betreiben. diskriminierungsverbände schon nach geltendem Recht Für die Klagebefugnis nach UWG ergibt sich letztlich nichts weitere Möglichkeiten, sich aktiv für die Belange Benach- anderes: Auch hier können qualifizierte Einrichtungen teiligter einzusetzen. Rechtsverstöße im Verbraucherinteresse geltend machen. So ist es allgemein üblich, dass Verbände mit spezialisierten Im Übrigen eröffnet das UWG Mitbewerbern, Wettbe- Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten zusammenarbei- werbsverbänden sowie Industrie- und Handelskammern die ten. Diese verfügen dann wegen ihres ständigen Kontakts Möglichkeit, gegen Rechtsverstöße vorzugehen, die das mit der Verbandsarbeit über ein besonderes Fachwissen. Marktverhalten regeln sollen. Diese Anwälte können Benachteiligte in gerichtlichen Ver- fahren mit Anwaltszwang vertreten. Der Antidiskriminie- Zu Abschnitt 5 (Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche rungsverband kann auch in diesen Verfahren Kontakt mit Dienstverhältnisse) dem Benachteiligten und seinem Anwalt halten und Rat- schläge für die Prozessführung geben. Das prozessuale Ge- Zu § 25 (Sonderregelungen für öffentlich-rechtliche bot, sich durch einen Anwalt vertreten zu lassen, hindert Dienstverhältnisse) also nicht die faktische Mitwirkung der Antidiskriminie- Zu Nummer 1 rungsverbände auch in diesen Verfahren. Die Regelung bezieht die Beamtinnen und Beamten des Darüber hinaus können Verbände Verstöße gegen zivilrecht- Bundes, der Länder, der Gemeinden, der Gemeinde- liche Benachteiligungsverbote auch nach dem Unterlas- verbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Bundes oder sungsklagengesetz (UKlaG) und dem Gesetz gegen den un- eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und lauteren Wettbewerb (UWG) verfolgen: Stiftungen des öffentlichen Rechts in den Anwendungs- Nach § 1 UKlaG besteht ein Unterlassungsanspruch, wenn bereich des ADG ein. Dies ist erforderlich, weil die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen, die EU-Gleichbehandlungsrichtlinien auch die Beamtinnen und gegen die AGB-Regelung des BGB verstoßen, verwandt Beamten erfassen. Die Einbeziehung der Beschäftigten- werden. Nach der Rechtsprechung des BGH kann die Klage gruppe der Beamten muss aber unter Berücksichtigung ihrer aber auch auf die Unwirksamkeit wegen Verstoßes gegen besonderen Rechtsstellung erfolgen. Insbesondere gilt das ein gesetzliches Verbot oder gegen zwingendes Recht ge- Leistungsverweigerungsrecht (§ 14) für die Beschäftigten stützt werden. Bei Geschäftsbedingungen, die gegen das des öffentlichen Dienstes nicht, soweit im Einzelfall dienst- Antidiskriminierungsgesetz verstoßen würden, wäre damit liche Belange entgegenstehen. Eine solche Einschränkung ein Unterlassungsklage- und Widerrufsanspruch gemäß § 1 ist wegen der sachgerechten und kontinuierlichen Erfüllung UKlaG gegeben, weil ein Verstoß gegen die gesetzlichen öffentlicher Aufgaben mit Blick auf die Gemeinwohlver- Bestimmungen diese Klauseln unwirksam macht. pflichtung des öffentlichen Dienstes notwendig. Dieser Anspruch kann gemäß § 3 Abs. 1 UKlaG u. a. gel- Zu Nummer 2 tend gemacht werden von qualifizierten Einrichtungen, die Nummer 2 enthält eine Nummer 1 entsprechende Sonder- nachweisen, dass sie in die Liste qualifizierter Einrichtun- regelung für Richterinnen und Richter. gen eingetragen sind. In die beim Bundesverwaltungsamt geführte Liste qualifizierter Einrichtungen können gemäß § 4 UKlaG u. a. eingetragen werden rechtsfähige Vereine, Zu Abschnitt 6 (Antidiskriminierungsstelle) zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interes- Zu § 26 (Antidiskriminierungsstelle des Bundes) sen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung nicht gewerbsmäßig und nicht nur vorübergehend wahrzuneh- Zu Absatz 1 men, wenn sie in diesem Aufgabenbereich tätige Verbände Nach Absatz 1 wird eine Antidiskriminierungsstelle errich- oder mindestens 75 natürliche Personen als Mitglieder tet und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, haben, seit mindestens einem Jahr bestehen und auf Grund Frauen und Jugend zugeordnet. Drucksache 15/4538 – 48 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Die Zuständigkeit umfasst den Geltungsbereich der drei außerdem mit Erreichen der Altergrenze nach § 41 Abs. 1 EU-Antidiskriminierungsrichtlinien 2000/43/EG, 2000/78/ des Bundesbeamtengesetz sowie mit der Entlassung. Eine EG und 76/207/EWG und erstreckt sich auf die Diskriminie- Entlassung erfolgt nach Satz 2 auf Verlangen der Leitung der rungsmerkmale Rasse oder ethnische Herkunft, Geschlecht, Antidiskriminierungsstelle des Bundes oder in den Fällen, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter und se- die bei einer Richterin oder einem Richter auf Lebenszeit xuelle Identität. Hintergrund dafür ist, dass im Mittelpunkt eine solche rechtfertigen. Die Sätze 3 und 4 regeln die Mo- der Beratung stehen wird, die Betroffenen hinsichtlich ihrer dalitäten der Beendigung des Amtsverhältnisses. neuen Rechte aufzuklären und sie bei der Verfolgung dieser Rechte zu unterstützen. Neue Rechte ergeben sich hinsicht- Zu Absatz 4 lich dieser Diskriminierungsmerkmale aus den in den Ab- schnitten 2, 3 und 4 dieses Gesetzes enthaltenen Regelungen Absatz 4 sieht die Regelung des Rechtsverhältnisses der Lei- zum Schutz vor Benachteiligungen in Beschäftigung und tung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes durch Ver- Beruf sowie im Zivilrechtsverkehr und zum Rechtsschutz. trag mit dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vor, der der Zustimmung der Bundesre- Die Vorschrift regelt des Weiteren die ressortmäßige Zuord- gierung bedarf. Inhalt des Vertrages werden neben Regelun- nung der Stelle. Darüber hinaus stellt sie – wie auch die Re- gen zur Bezahlung und Versorgung insbesondere solche be- gelungen in § 28 Abs. 2, 3 und 4 klar, dass ihre Errichtung die treffend Nebentätigkeiten, Annahme von Belohnungen und Zuständigkeiten anderer Beauftragter des Deutschen Bun- Geschenken, Amtsverschwiegenheit, Aussagegenehmigung, destages oder der Bundesregierung unberührt lässt. Damit Vertretungsfragen und der Dienst- und Rechtsaufsicht sein. sollen bürokratischer Mehraufwand, Aufgabenüberschnei- dungen und Doppelzuständigkeiten vermieden werden. Zu Absatz 5 Zu Absatz 2 Die Vorschrift enthält Regelungen für den Fall, dass eine Bundesbeamtin oder ein Bundesbeamter zur Leitung der Die Vorschrift gibt der Antidiskriminierungsstelle des Bun- Antidiskriminierungsstelle des Bundes ernannt wird. des Anspruch auf die für die Erfüllung ihrer Aufgaben not- wendige Personal- und Sachausstattung, die in einem eige- Nach Satz 1 scheidet er oder sie aus dem bisherigen Amt nen Kapitel auszuweisen ist. aus, wobei nach Satz 2 und 3 abgesehen von dort bestimm- ten Ausnahmen für die Dauer des Amtsverhältnisses die Zu § 27 (Rechtsstellung der Leitung der Antidiskriminie- Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis ruhen. rungsstelle des Bundes) Zu § 28 (Aufgaben) Zu Absatz 1 Zu Absatz 1 Absatz 1 Satz 1 regelt die Ernennung der Leitung der Anti- diskriminierungsstelle des Bundes durch den Bundespräsi- Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes soll allen, die denten. Satz 2 sieht vor, dass die Leitung der Antidiskrimi- der Ansicht sind, wegen eines der in den EU-Antidiskrimi- nierungsstelle des Bundes in einem öffentlich-rechtlichen nierungsrichtlinien genannten Merkmals benachteiligt wor- Amtsverhältnis zum Bund steht. Die Ausgestaltung als den zu sein, als Anlaufstelle dienen. Zur bestmöglichen Er- öffentlich-rechtliches Amt trägt der Regelung in Satz 3 zur reichung des jeweils in Artikel 1 der Richtlinien 2002/73/ Stellung der Leitung Rechnung, die vorsieht, dass diese un- EG, 2000/43/EG und 76/207/EWG verankerten Zwecks der abhängig in Ausübung ihres Amtes und nur dem Gesetz un- Bekämpfung von Benachteiligungen soll den Betroffenen terworfen ist. Ihre Rechtsstellung entspricht damit den Vor- eine möglichst einfach zu erreichende Unterstützung zur gaben aus Artikel 13 der Richtlinie 2000/43/EG und Artikel Verfügung gestellt werden. 8a der Richtlinie 76/207/EWG. Durch diese Unabhängigkeit Die Inanspruchnahme der Antidiskriminierungsstelle des soll eine hohe Akzeptanz der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ist voraussetzungsfrei und insbesondere nicht davon Bundes bei den von Diskriminierung Betroffenen ermöglicht abhängig, ob die (vermeintliche) Benachteiligung einen Le- werden. Diese werden sich mit ihren häufig persönlichen und benssachbereich betrifft, in dem Ungleichbehandlungen existenziellen Problemen bevorzugt an eine Stelle wenden, auch gesetzlich untersagt sind. Anrufungsberechtigt ist jede die die Gewähr für eine unabhängige Unterstützung bietet. Person, die meint, aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Zu Absatz 2 Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der se- Absatz 2 regelt den Beginn des Amtsverhältnisses und die xuellen Identität benachteiligt worden zu sein. Ausreichend Eidesleistung nach Artikel 56 des Grundgesetzes. ist, dass die Betroffenen einen als benachteiligend empfun- denen Sachverhalt vorbringen. Die Anrufung kann formlos, Zu Absatz 3 mündlich, telefonisch, schriftlich oder auf elektronischem Weg erfolgen. Sie ist an keine Frist gebunden. Absatz 3 benennt die Fälle der Beendigung des Amtsverhält- nisses. Die in Nummer 1 enthaltene Regelung entspricht den Zu Absatz 2 Regelungen der Amtszeit der Beauftragten der Bundesregie- rung für Migration, Flüchtlinge und Integration (§ 91a Die Vorschrift regelt die Behandlung von Anrufungen durch Abs. 4 AuslG) und der oder des Beauftragten der Bundes- Personen, die sich benachteiligt fühlen. Nach Absatz 2 Satz 1 regierung für die Belange behinderter Menschen (§ 14 Abs. 3 hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eine Unter- des Behindertengleichstellungsgesetzes). Nach Absatz 3 stützungsfunktion für diese Personen hinsichtlich der Durch- Satz 1 Nr. 2 und 3 endet das Amtsverhältnis außer durch Tod setzung ihrer Rechte zum Schutz vor Benachteiligungen. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 49 – Drucksache 15/4538

Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 bis 3 konkretisieren diese Unterstüt- wohnter Weise fortsetzen können. Es wird bewusst nicht auf zungsaufgabe beispielhaft und im Einzelnen. Absatz 2 Satz 2 die rechtliche Zuständigkeit abgestellt, sondern auf die tat- Nr. 1 sieht eine Unterstützung in Form von Informationen sächliche Aufgabenwahrnehmung. Vielfach nehmen die über Ansprüche und die Möglichkeiten des rechtlichen Vor- Stellen ihre Aufgaben in umfassender Weise wahr, wie z. B. gehens im Rahmen gesetzlicher Regelungen zum Schutz vor die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flücht- Benachteiligungen vor. Die Antidiskriminierungsstelle kann linge und Integration, die sich auch für Eingebürgerte ein- hiernach Personen, die sie nach Absatz 1 angerufen haben, setzt und sich gegen Antisemitismus oder für die Integration allgemein und umfassend über etwaige Ansprüche und Mög- des Islam engagiert. Durch das Abstellen auf die tatsächli- lichkeiten der Rechtsdurchsetzung informieren. che Tätigkeit bleiben solche gewachsenen Strukturen erhal- ten und werden fortentwickelt, da die Beauftragten auch auf Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 gibt der Stelle die Möglichkeit, eine die Instrumente zur Bekämpfung von Diskriminierungen Beratung auch durch andere Stellen zu vermitteln. Damit ist zugreifen können, die Absatz 2 und 3 zur Verfügung stellen. gewährleistet, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bun- Zugleich wird bürokratischer Aufwand, etwa durch Mehr- des den Personen, die sich an sie gewandt haben, über die in fachbearbeitungen von Anliegen, vermieden. Im Interesse Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 vorgesehenen allgemeinen Informa- der Betroffenen an einer schnellen Beilegung hat die Wei- tionen hinaus gezielte und gegebenenfalls auch einzelfall- terleitung solcher Anliegen unverzüglich zu erfolgen. bezogenen Beratung zugänglich machen kann. Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 sieht vor, dass die Antidiskriminie- Zu Absatz 3 rungsstelle des Bundes eine gütliche Beilegung zwischen den Beteiligten anstreben kann, wobei der Beteiligtenbegriff Absatz 3 regelt weitere Aufgaben der Antidiskriminierungs- nicht im Sinne bestehender Verfahrensordnungen zu verste- stelle des Bundes, soweit nicht die Tätigkeitsbereiche (vgl. hen ist, sondern zum einen die Person umfasst, die sich nach Begründung zu Absatz 2) der Beauftragten der Bundesre- § 28 Abs. 1 an die Antidiskriminierungsstelle des Bundes gierung oder des Deutschen Bundestages berührt sind. Die gewandt hat, und zum anderen die Person, gegen die ein Be- Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann ihre Aufgaben nachteiligungsvorwurf erhoben wird. Die vorgesehene nur dann effektiv erfüllen, wenn sie den von Benachteili- Möglichkeit einer einvernehmlichen Konfliktbereinigung gung Betroffenen bekannt ist und diese sich an sie wenden liegt im Interesse dieser Beteiligten. Insbesondere die Opfer können. Deshalb sieht Satz 1 Nr. 1 vor, dass sie Öffentlich- von Benachteiligungen empfinden die gerichtlichen Aus- keitsarbeit leistet. Diese wird besonders in der ersten Zeit einandersetzungen oftmals als belastend. Eine konkrete und nach ihrer Errichtung zunächst ihre Bekanntmachung be- praktische Verbesserung ihrer Situation durch eine fortan treffen und in der Folgezeit zunehmend der Information benachteiligungsfreie Behandlung ist ihnen wichtiger als über ihre Aufgaben und Tätigkeit sowie über Rechte der Be- ein möglicherweise langwieriger Rechtsstreit mit unsiche- troffenen und deren Durchsetzungsmöglichkeiten dienen. rem Ausgang. Dies belegen beispielsweise Untersuchungen Dadurch wird in Umsetzung der Artikel 10 der Richtlinie zum Beschäftigtenschutzgesetz (Pflüger/Baer, Das Beschäf- 2000/43/EG, Artikel 8 der Richtlinie 76/207/EWG und Ar- tigtenschutzgesetz in der Praxis, www.bmfsfj.de). Ob und tikel 12 der Richtlinie 2000/78/EG dafür Sorge getragen, inwieweit die Antidiskriminierungsstelle des Bundes von dass die nach diesen Richtlinien getroffenen Maßnahmen der hier eingeräumten Möglichkeit Gebrauch macht, wird allen Betroffenen bekannt gemacht werden. von den Umständen des Einzelfalles abhängen, insbeson- Daneben werden Maßnahmen zur Prävention von Benach- dere vom Ausmaß der Dialog- und Kooperationsbereit- teiligungen eine wichtige Rolle spielen, die als Aufgabe der schaft der Beteiligten. Hierbei ist die in § 29 Abs. 1 vorge- Antidiskriminierungsstelle in Satz 1 Nr. 2 geregelt sind. sehene Möglichkeit, die Beteiligten um Stellungnahmen zu Der jeweils in Artikel 1 der Richtlinien 76/207/EWG, ersuchen, für die Stelle ein wichtiges Instrument, um die 2000/43/EG und 2000/78/EG verankerte Zweck der Be- Chancen der gütlichen Beilegung eines Falles abschätzen kämpfung von Diskriminierungen wird am nachhaltigsten und gegebenenfalls ausschöpfen zu können. durch deren Prävention gefördert. Als konkrete Präven- tionsmaßnahmen kommen beispielsweise das Angebot und Nach Satz 3 hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Durchführung einschlägiger Fortbildungen durch die auch die Aufgabe, Anliegen Betroffener an andere, entspre- Stelle in Betrieben in Betracht. chend beratend oder unterstützend tätige Stellen des Bun- des, der Länder oder Kommunen weiter zu leiten. Auf Bun- Die Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen zu desebene ist dies hinsichtlich der Merkmale Rasse oder eth- Benachteiligungen ist eine weitere Aufgabe der Antidiskri- nischen Herkunft sowie Religion und Weltanschauung, so- minierungsstelle, die in den Richtlinien vorgegeben ist. Sie weit Personen mit Migrationshintergrund betroffen sind, die wird in Satz 1 Nr. 3 geregelt. Die Unabhängigkeit der Un- Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge tersuchungen wird durch die in § 27 Abs. 1 Satz 2 geregelte und Integration sowie der Beauftragte der Bundesregierung Unabhängigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes für Aussiedlerfragen und nationale Minderheiten; hinsicht- sichergestellt und auch dadurch gewährleistet, dass es sich lich des Merkmals Behinderung der Beauftragte der Bun- um wissenschaftliche Untersuchungen handeln muss. Ver- desregierung für die Belange behinderter Menschen. Als bunden ist damit auch das Recht der Antidiskriminierungs- entsprechend tätige Stellen der Länder oder Kommunen stelle des Bundes, solche Untersuchungen an Dritte, z. B. kommen beispielsweise Landesministerien, kommunale wissenschaftliche Einrichtungen, zu vergeben. Gleichstellungsbeauftragte, Ausländer- oder Bürgerbeauf- tragte in Betracht. Zu Absatz 4 Durch die Vorschrift wird sichergestellt, dass die bestehen- Des Weiteren hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes den Stellen ihre bewährte und erfolgreiche Arbeit in ge- nach Absatz 4 Satz 1 die Aufgabe, alle vier Jahre dem Deut- Drucksache 15/4538 – 50 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode schen Bundestag Berichte vorzulegen, wobei sich deren Un- muss die Person, die sich nach § 2 Abs. 1 an sie gewandt abhängigkeit aus § 27 Abs. 1 Satz 2 ergibt. Die Berichte hat, hierzu ihr Einverständnis erklärt haben. werden sich regelmäßig auf die Situation der von Benach- teiligung Betroffenen und die Tätigkeit der Antidiskriminie- Zu Absatz 2 rungsstelle des Bundes beziehen. Durch die in dieser Vor- schrift vorgesehene gemeinsame Berichtspflicht mit den Be- Absatz 2 entspricht § 15 Abs. 3 SGB IX und räumt der An- auftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundes- tidiskriminierungsstelle des Bundes die gleichen Auskunfts- tages wird sichergestellt, dass die Ergebnisse anderer rechte gegenüber allen Bundesbehörden und sonstigen öf- Berichte über Benachteiligungen einbezogen werden. fentlichen Stellen des Bundes ein, die die oder der Beauf- Hierzu gehört beispielsweise der Bericht der Beauftragten tragte der Bundesregierung für die Belange behinderter der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Inte- Menschen hat. Die Regelung des Satzes 2, wonach die Be- gration nach § 91c Abs. 2 AuslG (ab 1. Januar 2005 § 94 stimmungen zum Schutz personenbezogener Daten unbe- Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes), soweit dieser Aussagen zu rührt bleiben, umfasst auch die entsprechende Anwendung den wegen ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft benachtei- des § 24 Abs. 4 Satz 4 BDSG auf die Verpflichtung zur ligten Ausländerinnen und Ausländern enthält. Darüber hi- Auskunftserteilung und Gewährung von Akteneinsicht ge- naus hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes eben- genüber der Antidiskriminierungsstelle des Bundes. falls gemeinsam mit dem Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages Empfehlungen zur Beseiti- Zu § 30 (Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisatio- gung und Vermeidung von Benachteiligten aus Gründen der nen und anderen Einrichtungen) Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Ge- Die Vorschrift eröffnet die Möglichkeit zur Kooperation und schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behin- Vernetzung der Tätigkeit der Antidiskriminierungsstelle des derung, des Alters oder der sexuellen Identität zu geben. In Bundes mit Nichtregierungsorganisationen und anderen diese Empfehlungen können Erkenntnisse aus den nach Ab- Einrichtungen auf europäischer, landes- oder regionaler satz 3 Nr. 3 durchzuführenden Untersuchungen oder aus der Ebene. Bezweckt wird damit ein Erfahrungs- und Kennt- Ombudstätigkeit nach Absatz 2 einfließen. Satz 2 sieht vor, nisaustausch, um Diskriminierungen aus Gründen der Rasse dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die Be- oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der auftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundes- Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Al- tages gemeinsam wissenschaftliche Untersuchungen im ters oder der sexuellen Identität wirksam bekämpfen zu Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nr. 3 durchführen können. Die können. Eine Kooperation mit Nichtregierungsorganisatio- Durchführung eigener Untersuchungen wie auch die Vor- nen und deren Beratungsstellen auf regionaler Ebene bietet lage eigener Berichte bzw. die Abgabe eigener Empfehlun- sich auch bei der Einzelfallbearbeitung an. Im Hinblick auf gen durch die Beauftragten der Bundesregierung und des die Kooperation mit den Nichtregierungsorganisationen ent- Deutschen Bundestages bleiben durch Absatz 4 unberührt. spricht die Vorschrift damit den Vorgaben aus Artikel 12 der Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 8c der Richtlinie 76/207/ Zu Absatz 5 EWG und Artikel 14 der Richtlinie 2000/78/EG. Absatz 5 sieht die Zusammenarbeit der Antidiskriminie- rungsstelle des Bundes und der Beauftragten der Bundes- Zu § 31 (Beirat) regierung und des Deutschen Bundestages in den Fällen vor, in denen eine Benachteiligung aus mehreren der in § 1 ge- Zu Absatz 1 nannten Gründe vorliegt. Zahlreiche gesellschaftliche Organisationen beschäftigen sich mit Fragen der Diskriminierung aus Gründen der Rasse Zu § 29 (Befugnisse) oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Al- Zu Absatz 1 ters oder der sexuellen Identität und haben sich deren Be- Absatz 1 räumt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes kämpfung zum Ziel gesetzt. Die Einbindung dieser Gruppen die Möglichkeit ein, die Beteiligten um Stellungnahmen zu in die Tätigkeit der Antidiskriminierungsstelle des Bundes ersuchen. Die Vorschrift bezweckt, die in § 2 Absatz 2 Satz und die Nutzung ihrer Erfahrungen und Kompetenzen ist für 1 geregelte Ombudsfunktion der Stelle zu stärken. Um den eine erfolgreiche Arbeit mit dem Ziel der Bekämpfung von Sachverhalt aufzuklären und eine qualitativ gute und umfas- Diskriminierungen unerlässlich. Satz 1 sieht deshalb zur sende Beratung leisten oder die Möglichkeiten einer gütli- Förderung des Dialogs mit diesen Gruppen und Organisa- chen Beilegung ausloten zu können, wird die Antidiskrimi- tionen die Bildung eines Beirats vor, der der Antidiskrimi- nierungsstelle des Bundes vielfach auf Informationen der nierungsstelle des Bundes beigeordnet wird. Beteiligten und Kontakte zu diesen angewiesen sein. Mit Durch die Schaffung und Einbindung des Beirats wird auch der Möglichkeit, Stellungnahmen einzuholen, ist auch die der Vorgabe der Richtlinien zum Dialog mit Nichtregie- Erwartung verbunden, dass die gegenseitige Bereitschaft rungsorganisationen Rechnung getragen (Artikel 12 der der Beteiligten, eine gütliche Beilegung gemeinsam zu erar- Richtlinie 2000/43/EG, Artikel 8c der Richtlinie 76/207/ beiten und anzunehmen, erhöht wird. EWG, Artikel 14 der Richtlinie 2000/78/EG). Diese Rege- Eine Verpflichtung zur Abgabe einer Stellungnahme besteht lungen sehen vor, dass die Mitgliedstaaten den Dialog mit nicht. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kann im den jeweiligen Nichtregierungsorganisationen fördern, die Rahmen ihrer nach § 2 Abs. 4 zu erstellenden Berichte die gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Ge- Wirksamkeit dieses Instruments thematisieren. Damit die pflogenheiten ein rechtmäßiges Interesse daran haben, sich Stelle tätig werden und Stellungnahmen einholen kann, an der Bekämpfung von Diskriminierung aus Gründen der Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 51 – Drucksache 15/4538

Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Ge- Senioren, Frauen und Jugend bedarf. Gegenstand der Ge- schlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behin- schäftsordnung sollten u. a. Regelungen zum Vorsitz, zur derung, des Alters oder der sexuellen Identität zu beteiligen. Häufigkeit der Sitzungen und zum Verfahren der Beschluss- Nach Satz 2 besteht die Aufgabe des Beirats darin, die Anti- fassung sein. diskriminierungsstelle des Bundes bei der Vorlage von Be- Zu Absatz 4 richten und Abgabe von Empfehlungen an den Deutschen Bundestag nach § 28 Abs. 4 des Gesetzes zu beraten. Der Absatz 4 stellt fest, dass die Mitglieder des Beirats ihre Tä- Beirat hat außerdem die Möglichkeit, hierzu eigene Vor- tigkeit nach diesem Gesetz ehrenamtlich ausüben. Die Beru- schläge zu unterbreiten sowie zu wissenschaftlichen Unter- fung kann daher abgelehnt und jederzeit niedergelegt wer- suchung nach § 28 Abs. 3 Nr. 3. Durch Kooperation mit den. Den Mitgliedern des Beirats steht als Folge ihrer ehren- dem Beirat hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes amtlichen Tätigkeit eine Aufwandsentschädigung zu. Sie ihrerseits die Möglichkeit, in die Zivilgesellschaft hinein- erhalten außerdem Reisekostenvergütung, Tagegelder und zuwirken. Durch eine mit dem Beirat abgestimmte Öffent- Übernachtungsgelder. Gemäß Satz 3 werden Einzelheiten in lichkeitsarbeit kann beispielsweise das Bewusstsein für eine der Geschäftsordnung geregelt. Kultur der Antidiskriminierung zielgenauer gefördert und der Beirat auch als Multiplikator für Inhalte genutzt werden. Zu Abschnitt 7 (Schlussvorschriften) Zu Absatz 2 Zu § 32 (Unabdingbarkeit) Absatz 2 enthält Regelungen zur Besetzung und Berufung Entsprechend den europarechtlichen Vorgaben sind die in die- des Beirats. Bei dem Beirat handelt es sich nicht um ein au- sem Gesetz enthaltenen Schutzvorschriften zwingend. So kann tonomes Organ, weshalb seine Mitglieder sowie jeweils z. B. weder im Arbeitsvertrag noch in kollektiven Vereinba- eine Stellvertretung nach Satz 1 vom Bundesministerium rungen zuungunsten der Beschäftigten davon abgewichen wer- für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Einvernehmen den. Dies gilt insbesondere auch für die Fristen zur Geltend- mit der Leitung der Antidiskriminierungsstelle und den ent- machung des Entschädigungsanspruches in § 15 Abs. 3. sprechend tätigen Beauftragten der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages berufen werden, da die Antidis- Zu § 33 (Schlussbestimmung) kriminierungsstelle des Bundes bei diesem Bundesministe- rium angesiedelt ist. Bei den entsprechend tätigen Beauf- Die Schlussbestimmung macht deutlich, dass die allgemei- tragten handelt es sich derzeit um die in der Begründung zur nen für das jeweilige Beschäftigungsverhältnis geltenden Regelung des § 28 Abs. 2 Satz 3 genannten Beauftragten. Gesetze unberührt bleiben. Das bedeutet vor allem, dass die Dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Vorschriften des BGB, insbesondere des Schuldrechts und Jugend obliegt deshalb auch die verwaltungsmäßige Unter- Deliktsrechts, ferner z. B. Kündigungsschutzgesetz, Gewer- stützung des Beirats. Die Stellvertretung vertritt das Mit- beordnung, Handelsgesetzbuch und das Betriebsverfas- glied bei dessen Verhinderung mit allen Rechten und Pflich- sungsgesetz oder Personalvertretungsgesetze ergänzend an- ten des ordentlichen Mitglieds. zuwenden sind, soweit dieses Gesetz keine abschließende spezielle Regelung enthält. Die Berufung erfolgt im Einvernehmen mit der Leitung der Antidiskriminierungsstelle des Bundes sowie den entspre- Zu § 34 (Übergangsbestimmungen) chend tätigen Beauftragten der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages nach einem festzulegenden transpa- Zu Absatz 1 renten Auswahlverfahren. Es sollen Vertreterinnen und Ver- Für Benachteiligungen, die zeitlich vor dem Inkrafttreten treter gesellschaftlicher Gruppen und Organisationen sowie dieses Gesetzes liegen, findet die alte Rechtslage einschließ- Expertinnen und Experten in Benachteiligungsfragen unter lich der nunmehr außer Kraft tretenden Regelungen der Beachtung des Bundesgremienbesetzungsgesetzes berufen §§ 611a, 611b und 612 Abs. 3 BGB sowie § 81 Abs. 2 des werden. Damit soll ein Netzwerk mit den in einschlägigen Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Beschäftigten- Interessengruppen Tätigen und Expertinnen und Experten schutzgesetzes weiterhin Anwendung. aufgebaut werden, das sich an Modellen aus anderen EU-Mitgliedstaaten orientiert. Da mit dieser Vorschrift zugleich auch die Vorgaben aus Artikel 11 der Richtlinie Zu den Absätzen 2 und 3 2000/43/EG und Artikel 8b der Richtlinie 76/207/EWG Die Absätze 2 und 3 enthalten die notwendigen Überlei- sowie Artikel 13 der Richtlinie 2000/78/EG zum sozialen tungsvorschriften für das zivilrechtliche Benachteiligungs- Dialog umgesetzt werden, ist bei entsprechenden Berufun- verbot. Gemäß Absatz 2 Satz 1 sollen die neuen Vorschrif- gen auf jeden Fall sicherzustellen, dass die Tarifpartner im ten der §§ 20 bis 22 bei Benachteiligungen aus Gründen der Beirat vertreten sind. Satz 3 enthält eine Vorgabe zur Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft grundsätzlich Höchstzahl der Mitglieder des Beirats, die auch die Diskus- nur für Schuldverhältnisse gelten, die nach Inkrafttreten ab- sionsfähigkeit des Beirats gewährleisten soll. Satz 4 sieht geschlossen werden. Absatz 2 Satz 2 enthält dabei eine be- entsprechend den Vorgaben des Bundesgremienbesetzungs- sondere Ausnahme für Dauerschuldverhältnisse, die vor gesetzes vor, dass der Beirat zu gleichen Teilen mit Frauen dem Inkrafttreten begründet worden sind und nach diesem und Männern besetzt sein soll. Zeitpunkt fortbestehen. Hier gelten die neuen Vorschriften bei der Durchführung des Schuldverhältnisses, was Auswir- Zu Absatz 3 kungen insbesondere im Bereich der Kündigung dieser Nach Absatz 3 gibt sich der Beirat eine Geschäftsordnung, Dauerschuldverhältnisse haben kann. Absatz 3 trägt Bedürf- die der Zustimmung des Bundesministeriums für Familie, nissen der Wirtschaft Rechnung, sich im nicht durch die Drucksache 15/4538 – 52 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Antirassismus-Richtlinie 2000/43/EG vorgegebenen Be- und Soldaten wie andere Staatsbürger auch bereits durch reich innerhalb von drei Monaten auf die neuen Regelungen das Antidiskriminierungsgesetz geschützt sind; ein Zusam- einstellen zu können. menhang mit dem soldatischen Dienst besteht insoweit nicht. In § 2 Abs. 1 Nr. 1 war die Anwendbarkeit des Geset- Zu Artikel 2 (Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskri- zes auf den Dienstbetrieb ausdrücklich hervorzuheben, weil gerade im täglichen Dienst Benachteiligungen auf Grund minierungsgesetz) des Geschlechts in Form von Belästigung und sexueller Be- Zu Abschnitt 1 (Allgemeiner Teil) lästigung unterbunden werden sollen.

Zu § 1 (Ziel des Gesetzes) Zu den §§ 3, 4 und 5 (Begriffsbestimmungen, Unterschied- § 1 Abs. 1 entspricht § 1 des Antidiskriminierungsgesetzes. liche Behandlung wegen mehrerer Es kann daher auf die Begründung zu dieser Vorschrift ver- Gründe, Positive Maßnahmen) wiesen werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass Be- Die Vorschriften entsprechen den §§ 3, 4 und 5 des Anti- nachteiligungen aus Gründen der Merkmale „Behinderung“ diskriminierungsgesetzes. Auf die dortigen Begründungen und „Alter“ für den Bereich des Soldatinnen- und Solda- wird verwiesen. ten-Antidiskriminierungsgesetzes keine Regelung gefun- den haben. Hierzu wird auf den Allgemeinen Teil der Be- gründung zu diesem Gesetz verwiesen, wo dargelegt wird, Zu Abschnitt 2 (Schutz vor Benachteiligung) warum die Bundesregierung von der in Artikel 3 Abs. 4 der Richtlinie 2000/78/EG den Mitgliedstaaten eingeräumten Zu Unterabschnitt 1 (Verbot der Benachteiligung) Möglichkeit Gebrauch macht, „diese Richtlinie hinsichtlich von Diskriminierungen wegen einer Behinderung und des Zu § 6 (Persönlicher Anwendungsbereich) Alters nicht für die Streitkräfte“ der Bundeswehr umzuset- Die Vorschrift nennt die durch das Gesetz geschützten Per- zen. Im Allgemeinen Teil der Begründung wird auch darge- sonen. Dies sind einerseits die in einem Dienstverhältnis legt, warum in § 1 Abs. 1 auf die Regelung von Benachteili- stehenden Soldatinnen und Soldaten. Geschützt werden an- gungen aus Gründen des Geschlechts (im Hinblick auf die dererseits sowohl die Männer, die nach Maßgabe des Wehr- dies bereits regelnden Vorschriften des Soldatinnen- und pflichtgesetzes zu einem Wehrdienst heranstehen und in Soldatengleichstellungsdurchsetzungsgesetzes) mit Aus- diesem Zusammenhang mit einer Dienststelle der Bundes- nahme der Benachteiligungen in Form von Belästigung und wehr in Kontakt treten, als auch die Personen, die als Bewer- sexueller Belästigung, die in § 1 Abs. 2 Aufnahme gefunden berinnen oder Bewerber für einen freiwilligen soldatischen haben, verzichtet werden kann. Dienst in den Streitkräften an die Bundeswehr herantreten In § 1 Abs. 2 findet sich das aus dem Beschäftigtenschutz- (z. B. durch den Besuch einer Freiwilligen-Annahmestelle); gesetz übernommene Ziel, Soldatinnen und Soldaten vor in beiden Fällen soll verhindert werden, dass die in § 6 Nr. 2 Belästigungen und sexuellen Belästigungen zu schützen. genannten Personen schon im Vorfeld eines Wehrdienstver- Aus der Formulierung der Vorschrift („Ziel … ist es auch, hältnisses Benachteiligungen aus den in § 1 Abs. 1 und 2 ge- …“) wird aber deutlich, dass auch der sonstige in § 6 ge- nannten Gründen unterliegen (z. B. auf Grund ihrer ethni- nannte Personenkreis in das gesetzgeberische Ziel des § 1 schen Herkunft, ihrer Religion oder ihrer sexuellen Identität). Abs. 2 einbezogen ist. Zu § 7 (Benachteiligungsverbot) § 1 Abs. 3 Satz 1 enthält für Soldatinnen und Soldaten ins- besondere in Vorgesetzten- und Führungspositionen ein Ge- § 7 Abs. 1 entspricht § 7 Abs. 1 des Antidiskriminierungs- bot, sich nach Kräften für die Verwirklichung der in § 1 gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Abs. 1 und 2 genannten Benachteiligungsverbote einzuset- zen. Dieses Gebot und das Verbot derartiger Benachteili- § 7 Abs. 2 ersetzt für die Soldatinnen und Soldaten die bis- gungen ist bereits aus dem Pflichtenkatalog des Soldatenge- herige Regelung in § 2 des Beschäftigtenschutzgesetzes. setzes ableitbar (zu Einzelheiten siehe die Begründung zu Wegen der Aufhebung dieses Gesetzes war es notwendig, in § 7). In § 1 Abs. 3 Satz 2 werden – neben dem Dienstherrn – das Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskriminierungsgesetz die Personen in die Pflicht genommen, denen auf Grund ih- ein Verbot von Benachteiligungen auf Grund des Ge- rer besonderen Funktion und Stellung („Vermittlerrolle“) in schlechts in Form von Belästigung und sexueller Belästi- den Einheiten und Dienststellen eine besondere Verantwor- gung im Dienstbetrieb – auch in Form einer Anweisung zu tung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im täglichen einer solchen Handlung – aufzunehmen. Zugleich wird aus- Dienstbetrieb übertragen wird. gesprochen, dass solche Benachteiligungen (übrigens auch solche nach § 7 Abs. 1) als Dienstvergehen nach § 23 Zu § 2 (Anwendungsbereich) Abs. 1 des Soldatengesetzes anzusehen sind. Unberührt von der speziellen Verbotsregelung in § 7 Abs. 2 bleiben die Die Vorschrift entspricht § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 und Abs. 3 nach dem Soldatengesetz (SG) begründeten Pflichten der des Antidiskriminierungsgesetzes. Auf die dortigen Begrün- Soldatinnen und Soldaten, vor allem die Pflicht zur Kame- dungen wird insoweit verwiesen. Eine Übernahme der Re- radschaft (§ 12 SG), die Pflicht der Vorgesetzten, für ihre gelungen des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 und Abs. 2 des Antidis- Untergebenen zu sorgen (§ 10 Abs. 3 SG), und die Pflicht kriminierungsgesetzes war entbehrlich, weil vor Benachtei- zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 17 ligungen in den dort genannten, außerhalb der Beschäfti- Abs. 2 SG), aus denen sich ebenfalls ein Verbot der in § 7 gung und des Berufs angesiedelten Bereichen Soldatinnen Abs. 2 genannten Handlungsweisen ergibt. Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 53 – Drucksache 15/4538

Zu § 8 (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen be- Zu § 14 (Maßregelungsverbot) ruflicher Anforderungen) Die Vorschrift entspricht § 17 des Antidiskriminierungs- Die Vorschrift entspricht § 8 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 des gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Antidiskriminierungsgesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Einer dem § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Antidiskri- Zu § 15 (Mitgliedschaft in Vereinigungen) minierungsgesetzes entsprechenden, auf das Geschlecht ab- Die Vorschrift entspricht § 19 des Antidiskriminierungsge- stellenden Regelung im Soldatinnen- und Soldaten-Antidis- setzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Neben kriminierungsgesetz bedurfte es nicht, weil das Verbot der Berufsverbänden der Soldatinnen und Soldaten, von denen Diskriminierung wegen des Geschlechts beim Zugangs zur insbesondere der Deutsche Bundeswehrverband e. V. zu Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Auf- nennen ist, spricht die Vorschrift auch sonstige, an spezifi- stieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen bereits im schen Merkmalen ausgerichtete Interessenvertretungen der Soldatinnen- und Soldatengleichstellungsgesetz (SGleiG) Soldatinnen und Soldaten an; beispielhaft könnte eine Inte- geregelt ist (eine dem § 8 Abs. 1 Nr. 1 des Antidiskriminie- ressengemeinschaft der Offiziere, die in strahlgetriebenen rungsgesetzes entsprechende Ausnahmeregelung findet sich Kampfflugzeugen der Streitkräfte verwendet werden, in in § 5 Abs. 1 SGleiG). Frage kommen.

Zu Unterabschnitt 2 (Organisationspflichten des Dienst- Zu Abschnitt 3 (Rechtsschutz) herrn) Zu § 16 (Beweislast) Zu § 9 (Personalwerbung; Dienstpostenbekanntgabe) Die Vorschrift entspricht § 23 des Antidiskriminierungs- § 9 ergänzt den § 6 des Soldatinnen- und Soldatengleich- gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Zu stellungsgesetzes. Während diese Vorschrift zum Schutz vor beachten ist, dass die Vorschrift nur auf Benachteiligungen Diskriminierungen wegen des Geschlechts beim Zugang nach § 1 Abs. 1 Anwendung findet, da sie wie § 23 des zur Beschäftigung und zum beruflichen Aufstieg bestimmte Antidiskriminierungsgesetzes nur Artikel 8 der Richtlinie Maßgaben für Anzeigen der Personalwerbung und für die 2000/43/EG und Artikel 10 der Richtlinie 2000/78/EG um- Dienstpostenbekanntgabe festlegt, verbietet § 9 in diesen setzt. Fällen jede Bekanntgabe, die eine Benachteiligung aus den in § 1 Abs. 1 genannten Gründen der Rasse, der ethnischen Zu § 17 (Unterstützung durch Antidiskriminierungs- Herkunft, der Religion, der Weltanschauung oder der sexu- verbände) ellen Identität darstellt. Die Vorschrift entspricht § 24 des Antidiskriminierungs- gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Zu § 10 (Maßnahmen und Pflichten des Dienstherrn) Die Vorschrift entspricht § 12 des Antidiskriminierungs- Zu Abschnitt 4 (Ergänzende Vorschriften) gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Zu § 18 (Antidiskriminierungsstelle des Bundes) Zu Unterabschnitt 3 (Rechte der in § 6 genannten Perso- Es wird auf die Begründungen zu den §§ 26 bis 31 des Anti- nen) diskriminierungsgesetzes verwiesen. Durch die Verweisung auf Abschnitt 6 dieses Gesetzes und die Anwendbarkeit der Zu § 11 (Beschwerderecht) Vorschriften über die Antidiskriminierungsstelle des Bun- Auf die Übernahme des in § 13 des Antidiskriminierungs- des wird sichergestellt, dass auch die in § 6 genannten Per- gesetzes geregelten, dort auf Beschäftigte bezogenen Be- sonen sich an diese Stelle wenden können, wenn sie der schwerderechts ist für Soldatinnen und Soldaten, wie dies Ansicht sind, wegen eines in § 1 Abs. 1 oder 2 genannten bereits in den §§ 3 und 6 des Beschäftigtenschutzgesetzes Grundes benachteiligt worden zu sein. Zu den in § 26 vorgesehen war, verzichtet worden. Stattdessen können Abs. 1 und § 28 Abs. 2 bis 5 des Antidiskriminierungsgeset- Soldatinnen und Soldaten von der gesetzlich in der Wehr- zes genannten Beauftragten des Deutschen Bundestages, de- beschwerdeordnung geregelten Wehrbeschwerde Gebrauch ren Zuständigkeiten durch die Errichtung der Antidiskrimi- machen. Für die dem § 6 Nr. 2 unterfallenden Personen ist nierungsstelle des Bundes unberührt bleiben, ist, soweit in hingegen, da sie nicht dem persönlichen Geltungsbereich § 6 genannte Personen betroffen sind, auch der Wehrbeauf- der Wehrbeschwerdeordnung unterfallen, ein dem § 13 des tragte des Deutschen Bundestages (Artikel 45b des Grund- Antidiskriminierungsgesetzes entsprechendes Beschwerde- gesetzes) zu zählen. recht geregelt worden. Insoweit kann auf die Begründung zu dieser Vorschrift verwiesen werden. Zu § 19 (Unabdingbarkeit) Die Vorschrift entspricht § 32 des Antidiskriminierungs- Zu den §§ 12 und 13 (Entschädigung und Schadensersatz, gesetzes. Auf die dortige Begründung wird verwiesen. Entschädigung durch den Dienst- herrn bei Benachteiligung durch Zu § 20 (Übergangsvorschrift) Dritte) Die Vorschrift stellt mit Blick auf die notwendige Rechts- Die Vorschriften entsprechen § 15 Abs. 1 und 3 bis 5 sowie sicherheit fest, dass Benachteiligungen zu Lasten von Sol- § 16 des Antidiskriminierungsgesetzes. Auf die dortigen datinnen und Soldaten in Form von sexuellen Belästigun- Begründungen wird verwiesen. gen, die zurzeit der Geltung des Beschäftigtenschutzgeset- Drucksache 15/4538 – 54 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode zes stattgefunden, aber zum Zeitpunkt der Aufhebung die- über die Benachteiligung wegen des Geschlechts betrifft, ses Gesetzes noch nicht zu den nach diesem Gesetz wird mit der Aufhebung der entsprechenden Vorschriften im möglichen Folgen geführt haben, weiterhin nach altem BGB gegenstandslos. Die Aufhebung dient der Rechtsberei- Recht zu behandeln sind. nigung.

Zu Artikel 3 (Änderungen in anderen Gesetzen) Zu Absatz 3 (Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes) Zu Absatz 1 (Änderung des Arbeitsgerichtsgesetzes) Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und 2002/73/EG durch das Antidiskriminie- Zu Nummer 1 (Änderung § 11) rungsgesetz sind die in § 75 Abs. 1 des BetrVG aufgestell- Zu Buchstabe a ten Grundsätze für die Behandlung der im Betrieb tätigen Personen an die Terminologie des § 1 Antidiskriminierungs- Mit dem neuen Satz 6 wird die Kongruenz der Vorschriften gesetz anzupassen. über die Vertretung vor den Arbeitsgerichten mit der neuen Regelung in § 24 des Antidiskriminierungsgesetzes herge- Nach § 75 Abs. 1 BetrVG haben Arbeitgeber und Betriebs- stellt. Soweit den dort näher bezeichneten Verbänden die rat darüber zu wachen, dass alle im Betrieb tätigen Personen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erlaubt ist, sind nach den Grundsätzen von Recht und Billigkeit behandelt sie zur Prozessvertretung vor den Arbeitsgerichten zugelas- werden. Die Insbesondere-Aufzählung der unzulässigen sen. Im Rahmen ihrer satzungsmäßigen Aufgaben, die Inte- Differenzierungsmerkmale in § 75 Abs. 1 BetrVG wird ressen von benachteiligten Personengruppen wahrzuneh- durch die Einfügung der Benachteiligungsverbote aus Grün- men, werden diese Verbände den anderen in Absatz 1 be- den der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, Weltan- reits genannten Vereinigungen und Organisationen gleich- schauung, Behinderung und des Alters, die bisher in § 75 gestellt. Damit ist im Bereich des Arbeitsrechts die Abs. 1 BetrVG nicht ausdrücklich genannt waren, an die Maßgabe der Artikel 7 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43/EG, Terminologie des Antidiskriminierungsgesetzes angepasst. Artikel 9 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG und Artikel 6 Mit der Aufnahme des Verbots der Diskriminierung wegen Abs. 3 der Richtlinie 76/207/EWG erfüllt, nach der die Mit- des Alters in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG haben gliedstaaten sicherzustellen haben, dass die einschlägigen Arbeitgeber und Betriebsrat nicht nur wie bisher nach § 75 Verbände sich entweder im Namen der beschwerten Partei Abs. 1 Satz 2 BetrVG darauf zu achten, dass Arbeitnehmer oder zu deren Unterstützung und mit deren Einwilligung am nicht wegen Überschreitung bestimmter Altersstufen be- gerichtlichen Verfahren beteiligen können. nachteiligt werden, sondern darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung wegen des Alters unterbleibt. Satz 2 des Zu Buchstabe b § 75 Abs. 1 BetrVG kann damit entfallen. Der Begriff der Benachteiligung und die Zulässigkeit einer unterschiedli- Folgeänderung auf Grund der Erweiterung der Prozessver- chen Behandlung richtet sich nach den Bestimmungen des tretung in Absatz 1. Antidiskriminierungsgesetzes. Mit dem Begriff der „sonstigen Herkunft“ wird in Abgren- Zu Nummer 2 (Änderung § 61b) zung zur „ethnischen Herkunft“ an das bisherige Diffe- Die in § 61b Abs. 1 ArbGG vorgesehene Frist von drei Mo- renzierungsverbot „wegen der Herkunft“ in § 75 Abs. 1 naten zur Erhebung einer Klage auf Entschädigung wird BetrVG angeknüpft. Damit ist weiterhin insbesondere auch beibehalten. Der Verweis auf § 611a BGB wird ersetzt eine Benachteiligung wegen der örtlichen, regionalen oder durch einen Verweis auf die §§ 15 und 16 des Antidiskrimi- sozialen Herkunft nicht erlaubt. nierungsgesetzes. Die Klagefrist ist damit in allen Fällen ei- ner Benachteiligung einzuhalten. Zu Absatz 4 (Änderung des Bundespersonalvertretungs- Die bisherigen Absätze 2 und 3 des § 61b ArbGG betreffen gesetzes) Verfahrensregelungen, die sich aus der Unterscheidung von Die beispielhafte Aufzählung der Diskriminierungsmerk- bestqualifizierten und anderen Stellenbewerbern ergeben. male wird weiter ergänzt. Es handelt sich lediglich um eine Durch die Aufgabe dieser Unterscheidung in der neuen Ent- Klarstellung. Da die Aufzählung nicht abschließend ist, sind schädigungsregelung des § 15 des Antidiskriminierungsge- sämtliche Diskriminierungsmerkmale auch ohne ihre aus- setzes werden auch die dazu gehörigen Verfahrensvorschrif- drückliche Benennung erfasst. ten entbehrlich. Zu Absatz 5 (Änderung des Bundesbeamtengesetzes) Zu Absatz 2 (Aufhebung des Artikels 2 des Gesetzes über die Gleichbehandlung von Männern und Zur Klarstellung wird der in der Vorschrift aufgeführte Ka- Frauen am Arbeitsplatz und über die Erhal- talog der beispielhaften Merkmale, die bei der Auswahl der tung von Ansprüchen bei Betriebsübergang – Bewerberinnen und Bewerber nicht berücksichtigt werden Arbeitsrechtliches EG-Anpassungsgesetz) dürfen, um die Merkmale ethnische Herkunft, Behinderung, Weltanschauung und sexuelle Identität erweitert. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, die gesetzlichen Vor- schriften den Beschäftigten bekannt zu machen, wird für alle drei Richtlinien einheitlich in § 12 Abs. 4 des Antidis- Zu Absatz 6 (Änderung des Sprecherausschussgesetzes) kriminierungsgesetzes umgesetzt. Artikel 2 des Arbeits- Im Rahmen der Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, rechtlichen EG-Anpassungsgesetzes vom 13. August 1980, 2000/78/EG und 2002/73/EG durch das Antidiskriminie- der die Bekanntmachung der bisher geltenden Vorschriften rungsgesetz sind die in § 27 Abs. 1 des Sprecherausschuss- Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 55 – Drucksache 15/4538 gesetzes (SprAuG) aufgestellten Grundsätze für die Be- Zu Absatz 8 (Änderung des Dritten Buches Sozialgesetz- handlung der leitenden Angestellten des Betriebs an die Ter- buch (§ 36 SGB III)) minologie des § 1 Antidiskriminierungsgesetz anzupassen. Durch die Änderung wird die Umsetzung der Richtlinien Nach § 27 Abs. 1 SprAuG haben Arbeitgeber und Sprecher- 2000/43/EG, 2000/78/EG, und 2002/73/EG durch das Anti- ausschuss darüber zu wachen, dass alle leitenden Angestell- diskriminierungsgesetz für die Grundsätze der Vermittlung ten des Betriebs nach den Grundsätzen von Recht und Bil- durch die Bundesagentur für Arbeit nachvollzogen, soweit ligkeit behandelt werden. Die Insbesondere-Aufzählung der das Sozialgesetzbuch Drittes Buch nicht in Bezug auf ein- unzulässigen Differenzierungsmerkmale in § 27 Abs. 1 zelne Benachteiligungsgründe bereits ein höheres Schutz- SprAuG wird durch die Einfügung der Benachteiligungs- niveau gewährleistet. verbote aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, Weltanschauung, Behinderung, des Alters und der Zu Absatz 9 (Änderung des Vierten Buches Sozialgesetz- sexuellen Identität, die bisher nicht ausdrücklich genannt buch (§ 19a SGB IV)) waren, an die Terminologie des Antidiskriminierungsgeset- Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG und zes angepasst. 2002/73/EG für den Bereich der Berufsberatung; im Übri- gen vgl. Begründung zu § 33c Erstes Buch Sozialgesetz- Mit der Aufnahme des Begriffs „sexuelle Identität“ wird das buch. Benachteiligungsverbot wegen der sexuellen Ausrichtung entsprechend der Richtlinie 2000/78/EG auch im Sprecher- Zu Absatz 10 (Änderung des Neunten Buches Sozial- ausschussgesetz umgesetzt. Der gewählte Begriff „sexuelle gesetzbuch (§ 36 SGB IX)) Identität“ entspricht dem in § 1 Antidiskriminierungsgesetz und § 75 Abs. 1 BetrVG verwandten Begriff. Mit der Änderung soll klargestellt werden, dass in gleicher Weise wie bisher z. B. die Regelungen des Beschäftigten- Durch die Aufnahme des allgemeinen Benachteiligungsver- schutzgesetzes nun auch die Regelungen des Gesetzes zum bots wegen des Alters in Umsetzung der Richtlinie 2000/78/ Schutz vor Diskriminierung (Artikel 1 Abschnitt 2) im Be- EG kann Satz 2 des § 27 Abs. 1 SprAuG entfallen. Arbeit- reich der Teilhabe am Arbeitsleben und über § 138 Abs. 4 geber und Sprecherausschuss haben nicht nur wie bisher SGB IX auch in Werkstätten für behinderte Menschen ent- nach § 27 Abs. 1 Satz 2 SprAuG darauf zu achten, dass die sprechende Anwendung finden. leitenden Angestellten des Betriebs nicht wegen Über- schreitung bestimmter Altersstufen benachteiligt werden, Zu Absatz 11 (Änderung des Bundesgleichstellungsgeset- sondern darüber zu wachen, dass jede Benachteiligung von zes) Angehörigen dieser Personengruppe wegen des Alters un- § 19 Abs. 1 Satz 1 berücksichtigt den Wegfall des Beschäf- terbleibt. Der Begriff der Benachteiligung und die Zulässig- tigtenschutzgesetzes. keit einer unterschiedlichen Behandlung richten sich nach den Bestimmungen des ersten und zweiten Abschnitts des ersten Artikels dieses Gesetzes. Zu Absatz 12 (Änderung des Soldatengesetzes) § 3 Abs. 1 des Soldatengesetzes legt fest, welche Merkmale Der Begriff der „sonstigen Herkunft“ knüpft in Abgrenzung bei Entscheidungen über Ernennungen und Verwendungen zur „ethnischen Herkunft“ an das bisherige Differenzie- der Soldatinnen und Soldaten nicht berücksichtigt werden rungsverbot „wegen der Herkunft“ in § 27 Abs. 1 SprAuG dürfen. Durch die Änderung der Vorschrift wird das Be- an. Damit ist weiterhin insbesondere auch eine Benachteili- rücksichtigungsverbot um die Merkmale sexuelle Identität, gung wegen der örtlichen, regionalen oder sozialen Her- Weltanschauung und ethnische Herkunft erweitert. kunft nicht erlaubt. Zu Absatz 13 (Änderung des Sozialgerichtsgesetzes) Zu Absatz 7 (Änderung des Ersten Buches Sozialgesetz- Mitglieder und Angestellte von Antidiskriminierungsver- buch (§ 33c SGB I)) bänden im Sinne des § 24 Abs. 1 des Antidiskriminierungs- gesetzes können im Rahmen ihres Satzungszwecks als Be- Hiermit wird in Umsetzung der Richtlinie 2000/43/EG das vollmächtigte im sozialgerichtlichen Verfahren auftreten, Benachteiligungsverbot aus Gründen der Rasse und wegen sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertre- der ethnischen Herkunft im Bereich des Sozialgesetzbuches tung befugt sind. Im Rahmen ihres Satzungszwecks ist An- nominiert; auch die Benachteiligung wegen einer Behin- tidiskriminierungsverbänden die Besorgung von Rechtsan- derung wird einbezogen. Soweit der Bereich der Berufs- gelegenheiten Beteiligter gestattet. beratung betroffen ist, wird in Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, und 2002/73/EG das Benachtei- Zu Absatz 14 (Aufhebung der §§ 611a, 611b und 612 ligungsverbot im Vierten Buch Sozialgesetzbuch festge- Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) schrieben, das für die betroffenen Leistungsträger gilt. Un- ter die Sozialen Rechte fallen die in den Büchern des Sozial- Durch die umfassende Neuregelung im Antidiskriminie- gesetzbuches vorgesehenen Dienst-, Sach- und Geldleistun- rungsgesetz werden die Vorschriften des Bürgerlichen Ge- gen (§ 11 SGB I), insbesondere auch die Aufklärung, setzbuchs, die bisher den Schutz vor Benachteiligung we- Auskunft und Beratung im Sinne des Sozialgesetzbuches gen des Geschlechts regeln, entbehrlich. (§§ 13 bis 15 SGB I). Daraus entstehen keine neuen sozia- § 611a BGB enthält in Absatz 1 das Verbot der Benachteili- len Rechte; diese sind allein in den einzelnen Büchern des gung wegen des Geschlechts und die Regelung über die Be- Sozialgesetzbuches festgelegt. weiserleichterung. Dies ist künftig in den §§ 1, 7 Abs. 1 und Drucksache 15/4538 – 56 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

§ 23 des Antidiskriminierungsgesetzes enthalten. § 611a Abs. 2 und 5 BGB regeln den Anspruch auf Entschädigung sowie den Ausschluss des Anspruchs auf Einstellung oder Beförderung. Die inhaltsgleiche Neuregelung findet sich in § 15 Abs. 4 des Antidiskriminierungsgesetzes. Die Rege- lung über den sog. Bestqualifizierten in § 611a Abs. 3 BGB entfällt auf Grund der Neufassung ganz. Die bisher in § 611a Abs. 4 BGB vorgesehene Frist zur Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs ist in geänderter Form in § 15 Abs. 3 des Antidiskriminierungsgesetzes geregelt. Die Verpflichtung des § 611b BGB zur geschlechtsneutralen Stellenausschreibung ist in § 11 des Antidiskriminierungs- gesetzes enthalten. Der in § 612 Abs. 3 Satz 1 BGB genannte Grundsatz der Entgeltgleichheit zwischen Männern und Frauen ergibt sich zukünftig aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 7 Abs. 1 des Anti- diskriminierungsgesetzes. § 8 Abs. 2 des Antidiskriminie- rungsgesetzes stellt klar, dass das Bestehen besonderer Schutzvorschriften nicht die Vereinbarung einer geringeren Vergütung rechtfertigen kann und ersetzt damit § 612 Abs. 3 Satz 2 BGB.

Zu Absatz 15 (Änderung des Soldatinnen- und Soldaten- gleichstellungsgesetzes) Zu Nummer 1 Folgeänderung zu Artikel 2 § 3 Abs. 3 und 4 (Aufnahme der Begriffsbestimmungen der „Belästigung“ und der „sexuel- len Belästigung“ in das Soldatinnen- und Soldaten-Antidis- kriminierungsgesetz) und zur Aufhebung des Beschäftigten- schutzgesetzes.

Zu Nummer 2 Folgeänderung zur Aufhebung des § 611a BGB. Die Ent- schädigungspflicht des Dienstherrn wird nunmehr in den §§ 12 und 13 des Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskrimi- nierungsgesetzes (Artikel 2) geregelt.

Zu Nummer 3 Die Neufassung trägt der Aufhebung des Beschäftigten- schutzgesetzes und der Regelung des Verbots von Benach- teiligungen auf Grund des Geschlechts in Form von Beläs- tigungen und sexuellen Belästigungen der Soldatinnen und Soldaten im Soldatinnen- und Soldaten-Antidiskriminie- rungsgesetz Rechnung.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten; Außerkrafttreten) Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien (Arbeitstitel) und das zeitgleiche Außerkrafttreten des Beschäftigtenschutzgesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl. I S. 1406, 1412).

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