Plenarprotokoll 12/87

Deutscher

Stenographischer Bericht

87. Sitzung

Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Inhalt:

Glückwünsche zum Geburtstag des Bundes- Dr. Wolfgang Schäuble CDU/CSU . . . . 7195 B ministers Hans-Dietrich Genscher . . . 7175 D Rudi Walther (Zierenberg) SPD . . . . 7195 C Dr. Herta Däubler-Gmelin SPD 7198 B Änderung von Ausschußüberweisungen von Gesetzentwürfen 7203 C Johannes Gerster (Mainz) CDU/CSU . . 7199 A Dr. PDS/Linke Liste . . . 7199 C Tagesordnungspunkt 1: Ortwin Lowack fraktionslos 7200 C Eidesleistung des Bundesministers der Verteidigung Dr. Peter Struck SPD (zur GO) 7201 D Präsidentin Dr. Rita Süssmuth 7175 A Dr. Barbara Höll PDS/Linke Liste (zur GO) 7202 A Volker Rühe, Bundesminister BMVg . . 7175 B Dr. Jürgen Rüttgers CDU/CSU (zur GO) . 7202 C Dr. F.D.P. (zur GO) . . . 7202 D Tagesordnungspunkt 2: (Berlin) Bündnis 90/GRÜNE Regierungserklärung des Bundeskanz- (zur GO) 7203 B lers zu aktuellen Fragen der deutschen Außenpolitik Nächste Sitzung 7203 D Dr. , Bundeskanzler (BK) . . 7175 D Hans-Ulrich Klose SPD 7179 B Anlage 1 Dr. Gerhard Stoltenberg CDU/CSU . . 7184 C Dr. F.D.P. 7187 B Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7205* A PDS/Linke Liste 7190 B Dr. Bündnis 90/GRÜNE 7191 C Anlage 2 Rudi Walther (Zierenberg) SPD 7193 A Amtliche Mitteilungen 7206*B

Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7175

87. Sitzung

Bonn, den 2. April 1992

Beginn: 10.00 Uhr

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Herren, die Sitzung ist eröffnet. Vielen Dank, Frau Präsidentin. Die heutige Sitzung habe ich gemäß Art. 39 Abs. 3 (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der Satz 3 des Grundgesetzes einberufen. SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE)

Ich rufe Punkt 1 der Tagesordnung auf: Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Zugleich möchte ich dem ausgeschiedenen Bundesminister Dr. Stolten- Eidesleistung des Bundesministers der Vertei- berg für seine jahrzehntelange verdienstvolle Tätig- digung keit in hohen Amtern der Bundesrepublik Deutsch- Der Herr Bundespräsident hat mir folgendes mitge- land im Namen des ganzen Hauses meinen Dank teilt: aussprechen. Gemäß Artikel 64 Absatz 1 des Grundgesetzes (Die Abgeordneten der CDU/CSU und der für die Bundesrepublik Deutschland habe ich auf F.D.P. erheben sich und spenden anhalten Vorschlag des Herrn Bundeskanzlers den Bun- den lebhaften Beifall — Beifall bei Abgeord desminister der Verteidigung, Herrn Dr. Gerhard neten der SPD und des Bündnisses 90/ Stoltenberg, auf seinen Antrag aus seinem Amt GRÜNE) als Bundesminister entlassen und Herrn Volker Gestatten Sie mir, daß ich, bevor wir in den Tages- Rühe zum Bundesminister der Verteidigung ordnungspunkt 2 eintreten, nachträglich auch von ernannt. dieser Stelle aus Herrn Bundesminister Genscher zum Nach Art. 64 Abs. 2 des Grundgesetzes leistet ein 65. Geburtstag die Glückwünsche des Hauses aus- Bundesminister bei der Amtsübernahme den in spreche. Art. 56 vorgesehenen Eid. (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P.,- der Herr Bundesminister Rühe, ich darf Sie zur Eides- SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE sowie des leistung zu mir bitten. Abg. Dr. Gregor Gysi [PDS/Linke Liste]) (Die Abgeordneten erheben sich) Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf: Herr Bundesminister, ich darf Sie bitten, den Eid zu Regierungserklärung des Bundeskanzlers zu sprechen. aktuellen Fragen der deutschen Außen- politik Dazu liegen ein Entschließungsantrag der Fraktion Volker Rühe, Bundesminister der Verteidigung: Ich der SPD und drei Entschließungsanträge der Gruppe schwöre, daß ich meine Kraft dem Wohle des deut- PDS/Linke Liste vor. schen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Scha- Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für den von ihm wenden, das Grundgesetz und die die Aussprache zwei Stunden vorgesehen. — Ich sehe Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine keinen Widerspruch. Dann ist dies so beschlossen. Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit Das Wort zur Abgabe einer Regierungserklärung gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott hat der Herr Bundeskanzler. helfe.

Dr. Helmut Kohl, Bundeskanzler: Frau Präsidentin! Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Bundesmini- Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst ster, Sie haben den Eid gesprochen. darf auch ich im Namen der Bundesregierung ein Ich möchte Ihnen für Ihre Aufgabe Erfolg, Glück besonders herzliches Wort des Dankes an Gerhard und Gottes Segen wünschen. Herzlichen Glück- Stoltenberg richten. wunsch! (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) 7176 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl Er ist am Dienstag dieser Woche als Bundesminister politik ausgewiesen ist. Ich wünsche ihm von Herzen der Verteidigung zurückgetreten. Ich möchte ihm für sein verantwortungsvolles neues Amt Glück und auch von dieser Stelle aus für seine sehr persönlich Erfolg. getroffene Entscheidung meinen besonderen Respekt bekunden. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. sowie bei Abgeordneten der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, gerade Lachen bei der SPD und der PDS/Linke an dem Amt und den Aufgaben des Verteidigungsres- Liste) sorts werden die tiefgreifenden Veränderungen und Gerhard Stoltenberg hat die politische Verantwor- die neuen Herausforderungen deutlich, denen sich tung dafür übernommen, daß im Verteidigungsmini- heute die deutsche und europäische Außen- und sterium in einer wichtigen Sache nicht entsprechend Sicherheitspolitik gegenübersieht. Frieden und Sta- dem erklärten Willen des Parlaments gehandelt bilität in ganz Europa, in seiner Mitte wie an seinen wurde. Er hat dies in der ihm eigenen noblen Weise Grenzen, ist eine der entscheidenden Voraussetzun- getan. gen für eine weiterhin stabile Entwicklung auch bei (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — uns in Deutschland. Bei allen Problemen, die uns im Lachen bei Abgeordneten der SPD) eigenen Land bedrängen, dürfen wir die Entwicklun- gen in der Welt nicht aus den Augen verlieren. Gerhard Stoltenberg hat in 25 Jahren Regierungs- verantwortung die Geschicke der Bundesrepublik Dabei ist es richtig, daß uns die Sicherheitslage in Deutschland an entscheidenden Stellen mitgestaltet: unserer nächsten Nachbarschaft am unmittelbarsten als Bundesforschungsminister, als Ministerpräsident berührt. Dies muß auch die Prioritäten unseres Han- deins bestimmen. von Schleswig-Holstein, als Bundesfinanzminister und als Bundesverteidigungsminister. Wir müssen klar sehen, daß heute wesentliche Ich will seine Leistungen gerade in den vergange- Gefährdungen der europäischen Stabilität von der nen Jahren hervorheben: Er hat unter außergewöhn- Peripherie her kommen. Ich denke hierbei vor allem an den Mittelmeerraum, lichen Bedingungen hervorragende Arbeit im schwie- dessen Stabilität eben nicht rigen Amt des Bundesverteidigungsministers gelei- nur für die unmittelbaren europäischen Anrainer von stet. Bedeutung ist, sondern dessen Entwicklung ganz Europa angeht. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) In diesem Raum ist die Was dies bedeutet, kann man erst richtig ermessen, Türkei für Europa und für das wenn man sich nochmals den grundlegenden Wandel Atlantische Bündnis ein wichtiger Partner. Die von mir der letzten drei Jahre vor Augen hält. Als Gerhard geführte Bundesregierung hat sich stets zur Tradition der Stoltenberg im April 1989 Verteidigungsminister Freundschaft zwischen dem deutschen und dem türkischen Volk wurde, war Deutschland noch geteilt. Der Ost-West bekannt. Die bei uns lebenden und Konflikt und damit die militärische Bedrohung im arbeitenden türkischen Mitbürger sind eine wichtige Brücke zwischen unseren Völkern. Herzen Europas waren noch nicht überwunden. Ger- hard Stoltenberg übergibt eine gesamtdeutsche Bun- (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der deswehr, die ihren Bündnisverpflichtungen in einem SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE) neuen Umfeld gerecht wird und die einen ganz Die Bundesregierung und vor allem auch ich selbst, wesentlichen Beitrag zur inneren Einheit Deutsch- wir setzen uns seit vielen Jahren für eine engere lands leistet. - Ausgestaltung der deutsch-türkischen Beziehungen Die Auflösung der Nationalen Volksarmee, die ein. Wir treten insbesondere für den Ausbau des Neustrukturierung der Bundeswehr, der Beginn ihrer Verhältnisses zwischen der Türkei und der Europäi- Reduzierung auf 370 000 Soldaten sowie ein völlig schen Gemeinschaft auf der Grundlage der bestehen- neues Stationierungskonzept, alle diese schwierigen den Assoziierung ein. Dies muß auch für die Zukunft Aufgaben wurden unter seiner Leitung inzwischen Leitlinie unserer Politik sein. bewältigt oder auf den Weg gebracht. Partnerschaft und Freundschaft, meine Damen und Ich danke ihm für seine unermüdliche Arbeit und Herren, dürfen aber keine Einbahnstraße sein. Mit für seine große Leistung als Bundesminister in schwie- dem Geist von Partnerschaft und Freundschaft sind rigen Zeiten. — Lieber Gerhard, ich möchte das so unqualifizierte Angriffe wie die des türkischen persönlich sagen: Ich danke Dir auch ganz persönlich Staatspräsidenten vom vergangenen Wochenende für Freundschaft und Unterstützung in diesen Jah- nicht vereinbar. ren. (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE — Zustim ordneten der F.D.P.) mung des Abg. Dr. Gregor Gysi [PDS/Linke Wer Gerhard Stoltenberg kennt, der weiß, daß für Liste]) ihn der Begriff Pflicht kein leeres Wort ist, sondern Ich weise sie deshalb auch von dieser Stelle aus noch Maßstab seines Handelns. Ich rechne auch in Zukunft einmal in aller Form zurück. auf seine Erfahrung und seinen Rat. Meine Damen und Herren, die Türkei war in der Mit Volker Rühe übernimmt ein Kollege das Amt Vergangenheit auf Grund ihrer exponierten Lage an des Verteidigungsministers, der seit vielen Jahren als der Südostflanke der NATO ein Eckpfeiler auch ausgezeichneter Kenner der Außen- und Sicherheits- unserer Sicherheit. Heute und für die Zukunft nimmt Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7177

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl ihre Bedeutung angesichts der Entwicklung im Süden und bekämpft jegliche Art von Terrorismus auf das der früheren Sowjetunion sowie in den Ländern des Nachdrücklichste. Nahen und Mittleren Ostens weiter zu. Eine demokra- Auch der Türkei bestreitet niemand das Recht, sich tische und in sich gefestigte Türkei kann und muß eine gegen terroristische Handlungen auf rechtsstaatliche stabilisierende und zukunftsweisende Rolle für das Art und Weise zur Wehr zu setzen. Die Bundesregie- Verhältnis dieser Region zu Europa einnehmen. rung weist mit Nachdruck Unterstellungen von türki- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und scher Seite zurück, daß in Deutschland die PKK der F.D.P.) unterstützt werde. Wir werden und wollen auf keinen Fall zulassen, daß innertürkische Konflikte auf deut- Vor diesem Hintergrund hat auch die Bundesregie- schem Boden ausgetragen werden. rung in erheblichem Umfang Rüstungshilfe für die Türkei wie auch zugunsten Portugals und Griechen- (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der lands geleistet. Diese Rüstungshilfe, meine Damen SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE) und Herren, erfolgte in der Kontinuität auch der Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, für die früheren Bundesregierungen und vor allem auch im Entwicklung einer stabilen friedlichen Ordnung in Interesse der Atlantischen Allianz. Europa hat das deutsch-polnische Verhältnis eine Ich weise allerdings mit Nachdruck noch einmal Schlüsselfunktion. Der soeben abgeschlossene Be- darauf hin: Die entsprechenden Lieferverträge sehen such von Präsident Walesa hat dies erneut unterstri- ausdrücklich vor, daß dieses Material ausschließlich chen. Die Geschichte hat uns gezeigt, daß dauerhafter zur Verteidigung und — dies ist entscheidend — im Friede auf unserem Kontinent nur gewährleistet ist, Rahmen des Bündnisses verwendet werden darf. Wir wenn Deutsche und Polen in guter Nachbarschaft, ja, bestehen darauf, daß diese Vereinbarungen strikt in Vertrauen und Freundschaft zusammenleben. eingehalten werden. Wir werden nicht hinnehmen, Wir sind jetzt dabei, das deutsch-polnische Verhält- daß von uns geliefertes Material im Rahmen innerer nis zukunftsgewandt zu gestalten. Das deutsch-polni- Konflikte eingesetzt wird. sche Vertragswerk ist am 16. Januar 1992 in Kraft getreten. Die Vereinbarungen über die (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der deutsche Min- sind beispielhaft in Europa. Es ist offenkundig, SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE) derheit daß sich ihre Lage inzwischen wesentlich verbessert Die Bundesregierung wird daher mit der türkischen hat. Wir sind selbstverständlich nachhaltig um weitere Regierung darüber zu sprechen haben, wie die strikte Fortschritte bemüht. Einhaltung dieser Vereinbarungen sichergestellt wer- Die deutsch-polnische Regierungskommission für den kann. Wir halten es im Interesse eines guten und regionale und grenznahe Zusammenarbeit hat vor vertrauensvollen deutsch-türkischen Verhältnisses, wenigen Tagen weitreichende Verbesserungen der aber auch wegen der Beziehungen innerhalb der Situation an der deutsch-polnischen Grenze, d. h. Atlantischen Allianz für unerläßlich, daß wir hierbei mehr Übergänge und schnellere Abwicklung be- zu einer befriedigenden Lösung kommen. Die Türkei schlossen. Auch der deutsch-polnische Umweltrat hat selbst muß sich als Teil der westlichen Wertegemein- seine Arbeit begonnen. Das deutsch-polnische schaft — als Mitglied der NATO, des Europarats und Jugendwerk, auf das ich persönlich besondere Hoff- und der KSZE — an den europäischen Standards nung setze, wird noch in diesem Jahr seine Tätigkeit Verpflichtungen messen lassen. Dies gilt vor allem für aufnehmen. die Konventionen und Dokumente über Menschen- und Minderheitenrechte. Präsident Walesa hat in den Gesprächen mit mir bekräftigt, daß die Festigung der Demokratie und der (Beifall bei der CDU/CSU, der F.D.P., der konsequente Übergang zur Sozialen Marktwirtschaft SPD und dem Bündnis 90/GRÜNE) für ihn vorrangige politische Ziele auf dem Weg Die Bundesregierung hat daher die von der neuen Polens nach Europa sind. Ich habe unsere Bereitschaft türkischen Regierung unter Ministerpräsident Demi- erklärt, Polen auf diesem Weg tatkräftig zu unterstüt- rel angekündigte Politik der Verständigung mit der zen. Das Assoziierungsabkommen zwischen Polen Bevölkerung im Südosten des Landes ausdrücklich und der Europäischen Gemeinschaft und der Beitritt gewürdigt. Polens zum Europarat sind erste wichtige Schritte. Ministerpräsident Demirel hat dieser Tage — ich Ich habe dem polnischen Präsidenten versichert, zitiere ihn — erklärt, daß er den sich zunehmend daß sich die Bundesrepublik Deutschland, wenn ins- vertiefenden Beziehungen zu Deutschland besonders besondere die wirtschaftlichen Voraussetzungen er- große Bedeutung beimesse. Ich begrüße seine Äuße- füllt sind — und dies will ich unterstreichen —, nach- rung, und auch wir wünschen, daß die traditionell drücklich für den Beitritt Polens zur künftigen Euro- guten deutsch-türkischen Beziehungen erhalten blei- päischen Union einsetzen wird. ben. Deutsche und Polen haben aus den leidvollen Kapiteln der Geschichte gelernt. Deshalb sollten wir Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir alle heute unsere Kräfte zusammenführen, um gemeinsam verfolgen mit großer Sorge die Eskalation der Gewalt eine friedliche Zukunft zu bauen; denn wir stehen ja im Südosten der Türkei. Wir alle sind über die auch gemeinsam in der Verantwortung für kommende unschuldigen Opfer unter der Zivilbevölkerung Generationen. zutiefst erschüttert. Wir haben stets bekräftigt, daß Gewalt kein Mittel der Politik sein kann, weder nach Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, außen noch im Innern. Die Bundesregierung verurteilt Europa — und unser eigenes Land, Deutschland, in 7178 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl seiner Mitte — durchlebt eine Zeit des tiefen ihrer eigenen Heimat zu helfen, damit sie dort ihre Umbruchs. Was Jahrzehnte unumstößlich schien, wie Zukunft finden. die Konfrontation zwischen Ost und West, wie die (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Teilung unseres Vaterlandes, wurde in einer kurzen Zeitspanne weggefegt. Alte Vorurteile, Klischees und Angesichts der steigenden Zahl von Asylbewer- Feindbilder landeten dort, wo sie hingehören: auf dem bern in der jüngsten Zeit will ich hier noch einmal die Abfallhaufen der Geschichte. Gelegenheit nutzen und an alle politisch Verantwort- lichen, an alle demokratischen Parteien appellieren, Der Wandel eröffnet nunmehr für alle Völker in daß wir möglichst rasch zu einer endgültigen, auch Europa die großartige Chance, ihr Schicksal und ihre den europäischen Anforderungen genügenden Rege- Zukunft in eigener Verantwortung zu gestalten. Wir lung in der Asylfrage kommen. Deutschen haben unsere historische Chance genutzt. Deutschland hat in Frieden und Freiheit und im (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Einvernehmen mit all seinen Nachbarn und Partnern Eine friedliche und stabile Entwicklung auf unserem seine Einheit wiedergefunden. ganzen Kontinent, das ist der Schlüssel für eine Ich verstehe natürlich die Sorgen vieler Menschen, Zukunft in Frieden und Freiheit auch für Deutsch- daß der Wandel neue, ungewohnte Probleme und land. auch Unwägbarkeiten mit sich bringt. Wir wissen vor Meine Damen und Herren, bei unserer Politik der allem aus unserer deutschen Erfahrung, wie schwer Stabilisierung verlassen wir uns auf bewährte Grund- die Völker in Mittel-, Ost- und Südosteuropa unter der lagen. Die Werte der Freiheit und der Selbstbestim- verheerenden Hinterlassenschaft des kommunisti- mung, für die die Völker Europas — und insbesondere schen Zwangssystems leiden. Gerade wir in Deutsch- auch unsere Landsleute in den neuen Bundeslän- land wissen, was es bedeutet, den Schutt einer über dern — im Jahre 1989 so mutig eingetreten sind, sind 40jährigen Fehlentwicklung beseitigen zu müssen. und bleiben unsere Richtschnur. Wir setzen auf die schöpferische Kraft der Menschen; denn sie sind der Unsere Nachbarn, die Reformstaaten in Mittel-, entscheidende Motor für jeden Fortschritt. Ost- und Südosteuropa, und die Nachfolgerepubliken der Sowjetunion brauchen einen neuen Halt. Wir (Unruhe Zurufe von der SPD und der Deutsche wollen gemeinsam mit unseren Freunden PDS/Linke Liste) und Verbündeten dazu beitragen, daß sie diesen Halt — Ich weiß nicht, warum Sie bei diesem Satz Protest erfahren. Ihre neugewonnene Freiheit soll Grundlage murmeln. einer neuen, einer dauerhaften Stabilität auf unserem Kontinent werden. Dies, meine Damen und Herren, (Zurufe von der SPD: Haben wir doch über liegt in unserem ureigensten Interesse. Denn gerade haupt nicht! Das ist die Langeweile!) für uns Deutsche gilt, daß wir eben nicht abgeschottet Da ist es natürlich mit dem historischen Materialismus auf einer Insel leben, sondern im Herzen Europas und nicht mehr getan; das ist wohl wahr. daß wir ganz unmittelbar und mehr als andere von dem berührt werden, was in unserer Nachbarschaft (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge geschieht. ordneten der F.D.P. — Widerspruch bei der SPD) Politische Instabilität, wirtschaftliche Not, sozialer Unfrieden, ja, revolutionäre Entwicklungen bei unse- Ich habe ja gar nichts dagegen, daß Sie diese Vereh- ren östlichen Nachbarn würden direkt auch auf die rung in Ihren Bücherschränken noch fortsetzen. Aber innere Situation Deutschlands zurückwirken. Indem in der Wirklichkeit des europäischen Lebens- spielt es wir den Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas keine Rolle mehr. helfen, helfen wir uns selbst. Man kann diesen Satz (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge nicht oft genug und nicht laut genug auch in der ordneten der F.D.P.) deutschen Öffentlichkeit sagen. Was jetzt gefragt ist, ist Solidarität. Es kann dabei (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) nur darum gehen, Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten. Auch kann Deutschland diese Last nicht allein tragen. Indem wir Brände löschen, verhüten wir, daß die Wir haben — ich stelle das einfach fest; es besteht kein Funken auf andere Teile Europas überspringen. Ich Grund, sich dessen zu berühmen — aus guten Grün- erinnere nur an die Konflikte im bisherigen Jugosla- den in der Vergangenheit, in den letzten Jahren schon wien oder im Kaukasus. Indem wir Menschen in Not mehr geleistet als viele andere, und jeder weiß: Wir helfen, bieten wir ihnen Zukunftsperspektiven für sich sind an der Obergrenze unserer Möglichkeiten ange- und für ihre Kinder in der angestammten Heimat. langt. So verständlich es ist, daß Menschen, die in wirt- Ich begrüße aus diesem Grund ausdrücklich die schaftlicher Not sind, zu uns kommen wollen, so wahr jüngste Erklärung von Präsident Bush, und ich wün- ist auch, daß wir die Probleme vieler Länder der Welt sche mir, daß alle unsere westlichen Partner und nicht auf dem dichtbesiedelten Gebiet der Bundesre- Freunde in diesem Sinne auch an der Vorbereitung publik Deutschland lösen können. der G-7-Konferenz in München im Sommer dieses (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge Jahres mitwirken. Ich denke dabei nicht nur an die ordneten der F.D.P.) G 7, aber vor allem auch an diese. Alle die europäischen Partner in der G 7, die nordamerikani- Gerade deshalb unterstreiche ich auch unsere Pflicht schen Partner und nicht zuletzt unsere japanischen und unser ureigenstes Interesse, diesen Menschen in Freunde — sollten nicht vergessen, daß jede Investi- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7179

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl tion in die Nachfolgerepubliken der ehemaligen Immerhin zeigt der Rücktritt, daß parlamentarischer Sowjetunion, die zum Rechtsstaat, zur Demokratie, zu und öffentlicher Druck auch gegenüber dieser Regie- sozialer Sicherheit und wirtschaftlichem Aufschwung rung Wirkung zeigen kann. beiträgt, eine Investition in eine friedliche Zukunft (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bedeutet. Das ist unsere Politik! unserer Welt der PDS/Linke Liste und des Bündnisses 90/ (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. GRÜNE) sowie vereinzelt bei der SPD) Auch diese Regierung kann nicht jede Panne durch Wir in Deutschland können zu einer solchen stabi- Aussitzen erledigen. Das immerhin stimmt hoffnungs- len Entwicklung auf unserem Kontinent um so besser froh. einen Beitrag leisten, wenn wir dabei unsere eigenen (Beifall bei der SPD) Pflichten erfüllen und verläßliche Partner bleiben. Unsere parlamentarische Demokratie, meine Da- Dabei ist nicht nur die Politik gefordert, sondern men und Herren, lebt nicht nur von der formalen gefordert sind alle Verantwortlichen in der Gesell- Einhaltung genau definierter Verfahrensregeln, son- schaft, in der Wirtschaft und in vielen anderen Berei- dern auch von ungeschriebenen Gesetzen, die ein chen. Solidität und Stabilität müssen auch innenpoli- wesentliches Element unserer politischen Kultur aus- tisch oberste Priorität haben. machen. Stabilität und Legitimität gerade der reprä- Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, wir sentativen Demokratie sind unmittelbar mit Vertrau- wollen das vereinte Europa schaffen. Unser Land, in ens- und Glaubwürdigkeit von Parlament und Regie- dem jeder dritte Arbeitnehmer für den Export arbeitet, rung verknüpft. Diese Einsicht gebietet es jeder aus verdankt einen ganz entscheidenden Teil seines Parlamentsmehrheiten hervorgegangenen Regie- Wohlstands der Mitgliedschaft in der Europäischen rung, die legislative und kontrollierende Macht des Gemeinschaft und einem freien Welthandel. Aber wir Parlaments zu beachten. dürfen auch das will ich sagen — nicht zulassen, daß dieses sich jetzt einigende Europa ausschließlich Ein Minister, der in kurzer Zeit sowohl eine Hinter- auf seine wirtschaftliche Dimension verkürzt wird. gehung der Kontrollrechte des Bundestages als auch Unser Ziel ist die politische Einigung Europas in den offensichtlichen Verstoß seines Ministeriums diesem Jahrzehnt, gegen einen Parlamentsbeschluß politisch nicht ver- antworten will, schadet der parlamentarischen Demo- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) kratie nachhaltig. denn damit ziehen wir zugleich die Lehren aus der (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ leidvollen Geschichte dieses Jahrhunderts und dienen GRÜNE) vor allem auch deutschen Interessen. Auf diesem Weg darf es kein Zurück mehr geben, denn nur gemeinsam Er schadet ihr, weil er das Vertrauen der Menschen in mit unseren Freunden und Partnern in einem sich diese parlamentarische Demokratie zerstört und die einigenden Europa werden auch die Deutschen allgemeine Politikverdrossenheit fördert. Daß auch Zukunft gewinnen. Politiker für Fehler geradestehen müssen, und zwar unabhängig von persönlichem Verschulden, das ist (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und die Grundregel, die nicht ausgehebelt werden darf. der F.D.P. — Zuruf von der SPD: Thema verfehlt!) (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE) Zur Bedeutung der politischen Verantwortung- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt eines Ministers hat ein Mitglied dieses Hauses einmal der Abgeordnete Herr Klose. folgendes ausgeführt: Zu den obersten Gesetzen dieser Art Hans-Ulrich Klose (SPD): Frau Präsidentin! Meine — damit meint er die ungeschriebenen Gesetze par- sehr geehrten Damen und Herren! Es ist erfreulich, lamentarisch-demokratischen Verfahrens — daß wir über den Antrag meiner Fraktion auf Entlas- zählt der Grundsatz, daß in der parlamentari- sung des Bundesministers der Verteidigung nicht schen Demokratie Männer ohne die herkömmli- mehr debattieren und abstimmen müssen. Der vorge- chen Laufbahnen unter Überspringung aller Zwi- stern vollzogene Rücktritt von Gerhard Stoltenberg schenstationen in das höchste Staatsamt, das vom Amt des Bundesministers der Verteidigung Ministeramt, berufen werden, daß dafür aber von macht diese Debatte überflüssig. Dieser Rücktritt war solchen Männern die schwere Last der Verant- nötig und überfällig. wortung für alle Vorgänge in ihren Ressorts (Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Wolf übernommen wird, die Last der vollen Verant- gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE] - Jo wortung auch ohne eigenes persönliches Ver- hannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Reden schulden . . . Sie über sich selbst!) ... An die Stelle der unbedingten Achtung vor Er erfolgte widerwillig und ohne erkennbare eigene dieser verpflichtenden Regel tritt zusehends in Bereitschaft zur Übernahme politischer Verantwor- der durch das konstruktive Mißtrauensvotum tung. unangreifbaren Regierungsmaschinerie ein (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Standpunkt, welcher, in die Sprache der unteren GRÜNE sowie des Abg. Dr. Gregor Gysi Ränge der Ausführungsorgane übersetzt, heißt: [PDS/Linke Liste]) Uns kann keener! 7180 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Hans-Ulrich Klose Diese Ausführungen, meine Damen und Herren, Meine Damen und Herren, neuer Verteidigungsmi- könnten als Kommentar der jüngsten Vorgänge im nister ist der Kollege Rühe. Verteidigungsministerium durchgehen. Sie stammen von dem F.D.P.-Abgeordneten Dr. (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ aus der Bundestagsdebatte am 16. September 1954 CSU: Das erste wahre Wort! — Weitere zum Fall John. Zurufe von der CDU/CSU: Bravo!) (Beifall bei der SPD, der F.D.P. und dem — Ja, ich bin einverstanden. Bündnis 90/GRÜNE) Ihre Aktualität haben sie nicht eingebüßt. Wir beide, Herr Kollege Rühe, kennen uns schon lange aus Hamburger Zeiten. Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler hat vor der Presse und auch eben hier in seiner (Dr.-Ing. Dietmar Kansy [CDU/CSU]: Dafür Regierungserklärung die Rücktrittsentscheidung des kann er aber nichts!) Kollegen Stoltenberg eine honorige Entscheidung genannt. Wir saßen beide in der Hamburger Bürgerschaft, Sie (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU) damals in der Opposition, was mir besser gefallen hat. Das könnte ich akzeptieren, Herr Bundeskanzler, (Beifall bei Abgeordneten der SPD) wenn es nicht vorher den Versuch gegeben hätte, durch die Benennung eines Sündenbocks von eigener Wir sind zudem, wie die meisten wissen, direkte Verantwortung abzulenken. Kontrahenten im Hamburger Wahlkreis 18. Dort (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ haben wir wiederholt, wie ich finde, mit Anstand, die GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Klinge gekreuzt. Ich denke, wir werden es auch in Linke Liste) Zukunft so halten. Das, Herr Kollege Stoltenberg, war nicht honorig — Sie sind, Herr Kollege Rühe, nicht nur der neue um es milde zu formulieren. Verteidigungsminister, sondern bedauerlicherweise Im übrigen irritiert mich die Erklärung des Kollegen auch noch eine Weile Generalsekretär der CDU, auch Stoltenberg, der Kanzler und der Vorsitzende der dies zweifellos ein Fulltime-Job. Wir halten diese CDU/CSU-Fraktion hätten auch eine andere Ent- Konstellation für fragwürdig. Sie wird Ihnen den scheidung, also das Verbleiben im Amt, unterstützt. Einstieg in das Amt erschweren. Wenn das stimmt, dann zeigt das, daß Sie, Herr Bundeskanzler, die Gefahren Ihres Regierungshan- (Beifall bei der SPD) delns für die Glaubwürdigkeit der Politik nicht begrei- fen oder aus kurzatmigen parteipolitischen Erwägun- Es ist, Herr Kollege Rühe, ohnehin kein leichtes Amt gen beiseite schieben wollen. und Erbe, das Sie antreten. Im Interesse unseres Landes und seiner Streitkräfte wünschen wir Ihnen (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ eine glücklichere Hand, als Ihr Vorgänger sie hatte. GRÜNE) Es ist ein mehr als beklemmender Eindruck, daß Sie Von Ihnen werden politische Führung und Perspek- Herrn Stoltenberg im Kabinett unverdrossen belassen tive erwartet, daneben auch mehr als nur ein Ohr für hätten, wenn Ihrer Regierung und Partei nicht das die menschlichen und sozialen Belange der Soldaten. Wasser bis zum Halse stünde. Sie dürfen sich bei allen Ihren Entscheidungen- der (Beifall bei der SPD) sachlich-kritischen Begleitung durch die SPD-Frak- tion gewiß sein. Meine Damen und Herren, daß dies so ist, belegt die Erklärung des Kollegen Stoltenberg, er habe mit (Beifall bei der SPD) seiner Rücktrittsentscheidung Schaden nicht nur von dieser Regierung, sondern von der Union abwenden Vorrangig, Herr Kollege Rühe, muß es Ihnen darum wollen. gehen, die eklatanten, für jedermann sichtbaren Defi- (Beifall bei der SPD) zite auf der Hardthöhe abzuarbeiten. Ganz besonders Herr Kollege Stoltenberg, wenn das Ihre Vorstellung gilt dies für den Bereich der politischen Führung. von politischer Verantwortung ist, dann liegen Sie Dieses Ministerium ist zu groß. Eine Straffung der schief. Organisation ist seit langem überfällig. Eine Abmage- rungskur auf der Ebene der Staatssekretäre wäre (Lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall beim sicher wirksam. Bündnis 90/GRÜNE) Der Amtseid, den Sie geleistet haben, lautet jedenfalls (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten anders. Es wäre daher richtig gewesen, klipp und klar des Bündnisses 90/GRÜNE) die politische Verantwortung für offenkundige Fehler zu übernehmen. Das wäre aus meiner Sicht eine Es darf nicht der Eindruck entstehen, als nutzten der honorige Entscheidung gewesen. Beamtenapparat und die militärische Führung das politische Vakuum und verfolgten eigene Ziele. (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Haben Sie eigentlich die Debatte für überflüssig (Beifall bei der SPD) erklärt? — Zuruf von der CDU/CSU: Sagen Sie das doch mal Ihren nordrhein-westfäli Meine Damen und Herren, schon der Eindruck, es schen Ministern!) könnte so sein, ist verheerend. Eine Überschrift, wie Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7181

Hans-Ulrich Klose „Die Hardthöhe, ein Saustall?" ist auch mit Fragezei- und das im Januar vorgelegte Rüstungsprogramm chen unerträglich. weit überzogen. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und des Bündnisses 90/GRÜNE) dem Bündnis 90/GRÜNE) Die drei letzten Affären, in die das Verteidigungs- Der Verteidigungshaushalt ist auch für die SPD kein ministerium verwickelt war, U-Boot-Affäre, „Land- Steinbruch. maschinen" -Affäre und Panzer-Affäre, hatten mit (Lachen bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. ungenehmigten Rüstungsexporten zu tun. Sie, Herr Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]) Kollege Rühe, sollten diesem Bereich deshalb Ihre besondere Aufmerksamkeit widmen, damit der mili- Aber bei der Mehrzahl der anstehenden oder in der tärisch-industrielle Komplex nicht die erklärte Politik Abwicklung befindlichen Rüstungsprogramme er- unterlaufen kann. Sie sollten außerdem Ihren Einfluß kennen wir sowohl qualitativ wie quantitativ keinen im Bundessicherheitsrat gegen zu weitgehende Waf- Bezug mehr zu den verbleibenden sicherheitspoliti- fenexporte ausüben. Die Bundesrepublik Deutsch- schen Risiken. Erfreulicherweise ist diese Argumenta- land hat hier etwas gutzumachen. tion inzwischen auch bei einigen Kollegen anderer Fraktionen auf fruchtbaren Boden gefallen. Als größte (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Oppositionspartei sehen wir unseren Auftrag darin, GRÜNE) Fehlinvestitionen zu verhindern. Der Fall Türkei zeigt, wie problematisch solche (Beifall des Abg. Dr. Peter Struck [SPD]) Exporte selbst an Verbündete sein können und daß Auflagen kaum durchzusetzen sind. Die Friedensdividende darf sich nicht nur auf den Abbau von Bedrohung beschränken, sondern muß (Zuruf von der SPD: So ist es!) auch neues Kapital für die Bekämpfung nichtmilitäri- Bei der Güterabwägung müssen Menschen- und Min- scher Risiken freimachen. derheitenrechte Vorrang vor Industrieinteressen ha (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ben. des Bündnisses 90/GRÜNE) (Beifall bei der SPD, dem Bündnis 90/ Bei einer solchen Zielsetzung kann der neue Vertei- GRÜNE sowie der Abg. Uta Würfel digungsminister immer mit der Zustimmung der SPD [F.D.P.]) rechnen. Dies muß auch in der politischen Praxis unseres Meine Damen und Herren, angesichts neuartiger Landes erkennbar sein. NVA-Waffen und -Munition Gefährdungen der Menschheit und des Bedarfs an in großem Umfang ins Ausland zu verkaufen, ist eine Hilfen brauchen wir ein erweitertes, eben internatio- Art der Entsorgung, die wir nicht gutheißen kön- nales Verständnis von Sicherheit. Hungerkatastro- nen. phen, das Elend in den Ländern der Dritten Welt, die gewaltigen Probleme in den neuen Demokratien (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Mittel- und Osteuropas und in den Nachfolgestaaten GRÜNE) der Sowjetunion, die ungeheure Verschuldung der Die NVA-Waffen gehören verschrottet und nicht ver- Entwicklungsländer, Umweltkatastrophen, Flücht- scherbelt zur Aufrüstung anderer Länder. lingsströme und der noch immer weitgehend- unkon- trollierte Waffenhandel beinhalten Risiken globalen (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Ausmaßes, gegen die militärische Potentiale nichts GRÜNE) helfen. Meine Damen und Herren, bei allen Entscheidun- (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ gen über die zukünftigen Aufgaben der Bundeswehr, GRÜNE) ihrer Struktur und Ausrüstung erscheint es mir beson- ders wichtig, vorhandenes Konsenspotential auszu- Wir Sozialdemokraten haben seit vielen Jahren darauf schöpfen und für die Streitkräfte im Umbruch breite hingewiesen, daß diese Sicherheitsprobleme vor gesellschaftliche Akzeptanz zu suchen. Mehr denn je allem mit politischen und wirtschaftlichen Mitteln zu wird sich ein Verteidigungsminister nach der Recht- lösen sind. fertigung seines 52,5 Milliarden DM-Etats fragen las- Meine Damen und Herren, die umwälzenden Ver- sen müssen. änderungen in Osteuropa bieten uns die Chance, (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ langfristig das Ziel einer stabilen gesamteuropäi- GRÜNE) schen Friedensordnung zu erreichen. Auf dem Weg dorthin gilt es, die positiven Entwicklungen abzusi- Angesichts der auch von der Regierungskoalition chern, damit die Umgestaltungsprozesse in Osteuropa nicht bestrittenen Feststellung, daß die militärische friedlich ablaufen und nicht in praktisch unsteuerbare Sicherheit Deutschlands heute weniger als früher Konflikte und militärische Auseinandersetzungen gefährdet ist, und den gleichzeitig auf die Bevölke- umschlagen. Nur der Ausbau der KSZE zu einem rung zukommenden weiteren Lasten für den Aufbau kollektiven Sicherheitssystem und die Schaffung der in den fünf neuen Ländern und die Hilfen für Osteu- Vereinigten Staaten von Europa mit einer integrierten ropa, über die der Kanzler gesprochen hat, ist der Außen- und Sicherheitspolitik können den drohenden gegenwärtige Verteidigungsetat überdimensioniert Rückfall in nationalstaatliches Denken und traditio- 7182 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Hans-Ulrich Klose nelle Gleichgewichtspolitiken mit der Folge neuer Rüstungskonzept zu verwirklichen. Diese Gelegen- Aufrüstung verhindern. heit darf man nicht ungenutzt verstreichen lassen. (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ (Beifall bei der SPD) GRÜNE) Beim Personal bedarf es einer grundlegenden In diesem Punkt sind wir, denke ich, mit der Bundes- Reform, einer Reform an Haupt und Gliedern. Auch in regierung durchaus einer Meinung. Die militärische dieser Hinsicht muß sich der neue Minister beweisen. Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland muß Er darf sich mit dem Herumdoktern an Symptomen zukünftig im Rahmen dieses kollektiven gesamteuro- nicht zufriedengeben, sondern muß einen grundsätz- päischen Sicherheitssystems gewährleistet werden. lich neuen Ansatz finden, der die Streitkräfte einsatz- Schon deshalb bleiben die Bündnisse NATO und bereit hält und zugleich weitere Abrüstungsschritte WEU auf absehbare Zeit unverzichtbar. offenhält. (Beifall bei der SPD) (Zuruf von der CDU/CSU: Neue Erkenntnis bei euch?) Viel Arbeit wartet auf Sie, Herr Kollege Rühe. Robust genug sind Sie — das weiß ich —, durchset- Meine Damen und Herren, ich will nicht verhehlen, zungskräftig auch. Ein bißchen Glück werden Sie daß uns die Art und Weise, wie die sogenannte brauchen; ich wünsche es Ihnen. Out-of-area-Diskussion geführt wird, nicht gefällt. Diese Diskussion ist nötig, sie muß aber behutsam (Beifall bei der SPD) geführt werden. Wir haben dazu ein Angebot Meine Damen und Herren, eine glücklichere Hand gemacht. Aber leider ist die Bundesregierung auf möchte man auch dem in letzter Zeit etwas glücklosen dieses Angebot der SPD, einer Verfassungsänderung Bundesaußenminister wünschen. zuzustimmen, die den Blauhelmeeinsatz im Rahmen von Friedensmissionen der Vereinten Nationen (Zustimmung bei der SPD — Zurufe von der ermöglicht, nicht eingegangen. CDU/CSU) Mit einer Politik des Alles-oder-nichts hat sie bisher Glücklich kann jedenfalls die Bundesrepublik versucht, über öffentlichen Druck doch noch eine Deutschland mit den „Erfolgen" seiner jüngsten weitergehende Änderung des Grundgesetzes durch- außenpolitischen Bemühungen nicht sein. Die Zweifel zusetzen. an der Verläßlichkeit deutscher Politik wachsen. (Dr. Ottfried Hennig [CDU/CSU]: Die Sie im Ich weiß nicht, meine Damen und Herren von der Mai noch für richtig hielten!) Koalition, wie Sie das sehen, aber auf mich wirkt es wie eine Ohrfeige, wenn der amerikanische Verteidi- In dieser Frage hat der neue Verteidigungsminister gungsminister jüngst erklärt, er werde sich umgehend kürzlich Flexibilität erkennen lassen: Man könne sich mit der deutschen Seite in Verbindung setzen, um doch zunächst mit Blauhelmeeinsätzen der Vereinten zwischen den NATO-Partnern Türkei und Deutsch- Nationen zufrieden geben. land zu vermitteln. Soweit sind wir, daß der große Wir sind bereit, darüber zu reden, aber, Herr Kol- Bündnisbruder USA uns helfen muß, auf den Weg lege Rühe, ohne verbindliche Festlegung auf den außenpolitischer Tugend zurückzukehren! Blamabel, zweiten Schritt. Herr Bundeskanzler, blamabel! (Beifall bei der SPD) (Beifall bei der SPD — Zurufe von der F.D.P.) Wo im Innenverhältnis der Streitkräfte, Herr Kol- Deutschland und die lege Rühe, künftig die Schwerpunkte liegen müssen, Türkei haben eine lange hat der jüngste Bericht des Wehrbeauftragten deutlich Tradition freundschaftlicher Verbundenheit. Die Tür- gemacht. Die Motivationskrise ist handfest. Das Kon- kei ist ein wichtiges Land, dessen Bedeutung für die zept der Inneren Führung steht mit der Abrüstung vor Region nach dem Zerfall der Sowjetunion zugenom- einer neuen Herausforderung. Durch die Reduzierung men hat. Eine demokratische Türkei als Anziehungs- der Streitkräfte werden Soldaten wieder zu Staatsbür- punkt und Vorbild der zentralasiatischen Republiken gern in Zivil. Das darf keine Last sein, die Soldaten der GUS wäre ein großer Gewinn für Stabilität und und ihre Familien dürfen nicht den Eindruck gewin- Frieden in Europa, im Nahen und im Mittleren Osten. nen, die von uns allen begrüßten Abrüstungserfolge gingen nur zu ihren Lasten. Für die Bundesrepublik ergibt sich daraus die Notwendigkeit, ihre Beziehungen zur Türkei auf eine (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ verläßliche — ich betone: verläßliche — Grundlage zu GRÜNE) stellen. Es ist zugegebenermaßen eine große Herausforde- (Karl Stockhausen [CDU/CSU]: Wie sieht die rung, vor die wir durch die deutsche Einheit gestellt denn aus?) sind, zwei Armeen zusammenzuführen, deren Perso- nalbestand gleichzeitig zu reduzieren und die Struk- Die Türkei ist NATO-Mitglied und hat sich damit tur der Streitkräfte grundlegend zu ändern. Sie bietet vertraglich auf die demokratischen Werte des Bünd- aber auch die einmalige Chance, gleichzeitig eine den nisses verpflichtet. Dies und die Tatsache, daß in neuen Aufgaben angemessene und zukunftswei- unserem Land nahezu zwei Millionen Menschen mit sende Personalstruktur, die Senkung der Personal- türkischem Paß leben, darunter fast 300 000 Kurden und Betriebskosten der Bundeswehr sowie ein neues — davon viele als Asylbewerber —, gibt uns jedes Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7183

Hans-Ulrich Klose Recht, die Einhaltung der Menschenrechte in der Dies und die Beachtung des Parlamentsbeschlusses zu Türkei einzufordern. den Waffenlieferungen an die Türkei hätten wir von einer verantwortlichen deutschen Bundesregierung (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ erwartet. GRÜNE) (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Konrad Es ist, meine Damen und Herren, völlig abwegig, die Weiß [Berlin] [Bündnis 90/GRÜNE]) Deutschen eben deshalb zu Sympathisanten von Ter- roristen zu erklären. Mit der PKK sympathisieren wir Ganz anders Sie, Herr Außenminister: Unterhalb nicht! der Ebene öffentlicher Wahrnehmung drängt Ihr Ministerium — ob in Abstimmung mit dem Kanzler- (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ amt, ist nach Bekanntwerden des Bohl-Briefes noch GRÜNE sowie des Abg. Dr. Walter Hitschler offen — auf weitere Waffenlieferungen an die Türkei, [F.D.P.]) während Sie zugleich mit großer Emotionalität und Im Gegenteil, wir distanzieren uns von deren Zielen Heftigkeit an die Presse gehen und einen Stopp der und terroristischen Methoden. Die PKK ist eine Terror- Waffenlieferungen fordern. So etwas, meine Damen organisation, und Herren, nenne ich Populismus. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten (Beifall bei der SPD) der CDU/CSU und der F.D.P.) Das geht zu Lasten der deutsch-türkischen Beziehun- die zudem ihre Waffenkäufe auch mit Hilfe ihrer in gen. Denn es muß in der Türkei auf Unverständnis Europa und in Deutschland tätigen Heroin-Mafia stoßen, wenn ihr vom Auswärtigen Amt auf diploma- finanziert. tischem Wege Waffenlieferungen zugestanden wer- (Zuruf von der F.D.P.: Sehr richtig!) den und sie vom Außenminister wegen derselben Sache zugleich öffentlich attackiert wird. Die PKK ist deshalb auch für uns eine Bedrohung. Verschlimmert wird der Eindruck der Unkalkulier- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der barkeit deutscher Türkei-Politik durch die Diskrepanz F.D.P. und dem Bündnis 90/GRÜNE) zwischen der öffentlichen Bewertung der Vorgänge Wenn wir uns gegen deutsche Waffenlieferungen in der Türkei und dem tatsächlichen Wissen um die an die Türkei aussprechen und wir Sozialdemokra- komplizierte Lage der Regierung Demirel/Inönü ten tun das seit langem —, durch den deutschen Außenminister. (Dr. Otto Graf Lambsdorff [F.D.P.]: Wie (Beifall bei Abgeordneten der SPD) bitte?!) Ihm ist bestens bekannt, daß die neue Regierung mit dann ist das ein politisches Signal, daß wir die ihrem demokratischen Reformprogramm praktische andauernden Verletzungen von Menschenrechten im Schritte begonnen hat, nicht nur die kulturelle Selbst- Krisengebiet an der türkisch-irakischen Grenze miß- bestimmung der Kurden, sondern auch die grundsätz- billigen. liche Achtung der Menschenrechte zu verwirklichen. Besonders die SHP und ihr Vorsitzender und stellver- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Willy tretender Ministerpräsident Inönü haben mit ihrer Wimmer [Neuss] [CDU/CSU]) praktizierten Verpflichtung gegenüber dem Recht der Daraus abzuleiten, wir, die Deutschen, mißbrauchten Kurden Mut bewiesen und eine große Verantwortung unsere wirtschaftliche Macht, um Großmachtinteres- übernommen. - sen zu verfolgen, ist so absurd, wie der Vergleich der (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf Bundesrepublik Deutschland mit Hitler-Deutschland gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE]) beleidigend ist. Die gesellschaftlichen Spielräume für das an- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der spruchsvolle Demokratisierungsprogramm der De- F.D.P. und dem Bündnis 90/GRÜNE) mirel-Regierung waren bei ihrem Amtsantritt äußerst Meine Damen und Herren, die in den letzten eng. Sie müssen von ihr Schritt für Schritt erweitert Wochen eingetretene dramatische Verschlechterung werden. Erste Erfolge haben sich gezeigt. Die bürger- des deutsch-türkischen Verhältnisses hat ihren Aus- kriegsähnlichen Entwicklungen in der Südosttürkei gangspunkt in dem brutalen Vorgehen der Sicher- haben aber deutlich gemacht, daß diese Regierungs- heitskräfte gegenüber der kurdischen Bevölkerung politik Gefahr läuft, zwischen dem blutigen Vorgehen während der und nach den Feiern des kurdischen des sich verselbständigenden Militärs und dem Terror Neujahrsfestes. Diese Aktion des türkischen Militärs der PKK aufgerieben zu werden. sowie die Bombardierung kurdischer Siedlungen im (Zuruf von der SPD: Genau!) Norden des Irak empören uns zu Recht und können nicht ohne Auswirkungen auf unsere Beziehungen Deutsche Außenpolitik muß ein Interesse daran zur Türkei bleiben. Es wäre richtig und angemessen haben, diesen Prozeß zu stoppen, statt ihn zu för- gewesen, darüber in den NATO-Gremien zu reden dern. und der Türkei dort — mit Rückendeckung der (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf anderen NATO-Partner unzweideutig klarzuma- gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE]) chen, daß solche Aktionen mit den Grundsätzen des Hinzufügen möchte ich folgendes. Es haben sich in Bündnisses unvereinbar sind. den vergangenen Wochen und Tagen in der Türkei (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ antideutsche und bei uns antitürkische Ressentiments GRÜNE) offenbart; bei uns nicht zuletzt in Verbindung mit der 7184 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Hans-Ulrich Klose ohnehin emotionsbeladenen und beschämenden Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat der Asyldebatte. Einmal abgesehen davon, Herr Bundes- Abgeordnete Herr Dr. Stoltenberg. kanzler, daß Ihre Bundesregierung bis heute nicht einen einzigen Vorschlag zur Lösung des Asylpro- blems gemacht hat — darüber wird zu einem späteren Dr. Gerhard Stoltenberg (CDU/CSU) (von der CDU/ Zeitpunkt zu reden sein CSU mit Beifall begrüßt): Frau Präsidentin! Meine (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf Damen und Herren! Sie verstehen es sicher, daß ich gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE] - La mit einem kurzen persönlichen Wort beginne: Ich chen bei der CDU/CSU und der F.D.P. — danke dem Bundeskanzler für die freundschaftliche Dr. Jürgen Rüttgers [CDU/CSU]: Das darf Würdigung meiner Arbeit als Mitglied der Bundesre- doch nicht wahr sein!) gierung auch hier vor dem Hohen Haus und zugleich vielen über meine eigenen politischen Freunde hin- — Auch wenn Sie lachen, nicht einen einzigen Vor- aus, die mir in den letzten, nicht einfachen Tagen auch schlag hat diese Regierung gemacht. Verbundenheit und Solidarität bekundet haben. (Beifall bei der SPD) Die Entscheidung für den Wechsel ist gefallen. Die Es wäre jedenfalls, Herr Bundeskanzler, Ihre unbe- Argumente sind weithin ausgetauscht. dingte Pflicht gewesen, solchen Ressentiments ent- Ich möchte, Herr Kollege Klose, nicht im einzelnen schlossen entgegenzuwirken. auf Ihre Vorhaltungen eingehen. (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf (Dr. Cornelie Sonntag-Wolgast [SPD]: Lieber gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE]) nicht!) So etwas darf man nicht einfach laufen lassen, Nur eines will ich Ihnen sagen: Als Sie Ihre Maßstäbe für die konkrete Ministerverantwortlichkeit hier vor- (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU — trugen, habe ich mich gefragt: Was haben Sie eigent- Lachen bei der F.D.P.) lich in den letzten Wochen nach diesen unglaublichen weil es sich schnell zu einem bösen Gebräu vermischt. Erschütterungen in Hamburg Ihrem Parteifreund Da bedarf es einer klaren Sprache und der Über- Voscherau für Konsequenzen empfohlen? nahme klarer Verantwortlichkeiten, die Sie eben auch (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Bei in diesem Fall nicht übernehmen wollen. fall bei Abgeordneten der F.D.P. — Lachen (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf bei der SPD — Zurufe von der SPD) gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE] — — Also wissen Sie, es belastet mich nicht, wenn Sie in Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Sie einer solchen Anfrage schon einen Anlaß sehen, in sind wirklich eine traurige Gestalt!) ganz ungewöhnlicher Gereiztheit zu reagieren. Herr Bundeskanzler, wenn ich Ihre heutige Regie- (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: Mit Hei rungserklärung bewerte, dann muß ich sagen: Sie terkeit, Herr Stoltenberg!) entsprach unseren Erwartungen. Sie versuchen — ganz Staatsmann —, von den aktuellen Geschehnis- Das ist alles für eine breite Öffentlichkeit von großem Interesse in diesen Tagen. sen abzulenken, die unangenehm und nicht eben rühmlich sind. Aber es ist unübersehbar: Die Schwie- (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und rigkeiten der Bundesregierung nehmen zu. Innenpo- der F.D.P.) litisch haben Sie die wirtschaftliche Entwicklung, vor Zum zweiten, Herr Klose: Was empfehlen- Sie allem in den neuen Ländern, und die öffentlichen eigentlich Ihrem Parteifreund, Herrn Rau, für Konse- Finanzen nicht mehr im Griff. quenzen, (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Wolf (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Bei gang Ullmann [Bündnis 90/GRÜNE] — Kurt fall bei Abgeordneten der F.D.P. — Lachen J. Rossmanith [CDU/CSU]: Das müssen ge bei der SPD) rade Sie sagen!) nachdem der Verfassungsgerichtshof des Landes Das Verteidigungsministerium ist aus der Kontrolle Nordrhein-Westfalen in einem Urteil festgestellt geraten. Außenpolitisch wächst das Unbehagen an hat, dem Schlingerkurs des Außenministers, mehren sich (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ge besorgte Fragen über das „Wilhelminische" der deut- nau!) schen Politik. daß der Finanzminister dieses Landes vor einer Wahl (Beifall bei der SPD — Oh-Rufe von der für Werbungszwecke ohne haushaltsmäßige Ermäch- CDU/CSU) tigung Millionen DM ausgegeben hat? Die Probleme, Herr Bundeskanzler, werden größer (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der und, wie mir scheint, die Ratlosigkeit dieser Regie- F.D.P.) rung auch. Die Lautstärke wird auch größer. Es lohnt sich wirklich, in einem zeitlichen Abstand (Beifall bei der SPD) von diesen Tagen Viel Zeit, Herr Bundeskanzler, um einen Ausweg aus (Manfred Opel [SPD]: Nichts gelernt!) dem Dilemma zu suchen, bleibt Ihnen nicht. Wir werden Sie treiben. einmal ernsthaft — ich bin dazu bereit — über die Konkretisierung von Ministerverantwortlichkeit zu (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD) reden. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7185

Gerhard Stoltenberg Jetzt richten wir den Blick nach vorn. umfassend mit allen unseren Möglichkeiten zu helfen. (Lachen bei der SPD, der PDS/Linke Liste Natürlich setzt das mittelfristig überzeugende und und dem Bündnis 90/GRÜNE) sachgerechte Konzeptionen für die politische und wirtschaftliche Gesundung voraus. Aber diese Fest- — Ja, das tun wir. Wir reden auf Grund einer Regie- stellung darf nicht bloßes Abwarten bedeuten. rungserklärung des Bundeskanzlers. Ich glaube, daß es richtig ist, auch hierzu für meine Fraktion Stellung (Beifall des Abg. Dr. Wolfgang Ullmann zu nehmen. [Bündnis 90/GRÜNE]) (Beifall bei der CDU/CSU) Es gibt mittel- und osteuropäische Länder, die auf Ich wünsche Volker Rühe auch hier im Deutschen dem schwierigen Weg mutig vorangegangen sind. Ich Bundestag von Herzen Erfolg und Fortune. Ich weiß, nenne beispielhaft vor allem Ungarn, die Tschecho- daß ich in ihm einen hervorragenden Nachfolger slowakei und Polen. habe. Bei allem, was wir als Deutsche jetzt vorrangig für (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge die neuen Bundesländer tun, können wir Solidarität ordneten der F.D.P.) und vorausschauende Politik nicht an der deutschen Ostgrenze enden lassen. Der historische Umbruch in Europa seit 1989 hat die politische Situation auf unserem Kontinent in mancher (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Hinsicht dauerhaft zum Besseren verändert. Die fried- liche Verwirklichung der deutschen Einheit, das Ver- Das wäre nicht nur ethisch verantwortungslos, es schwinden des Eisernen Vorhangs, der Zusammen- würde auch gegen unsere eigenen vitalen Interessen bruch der kommunistischen Systeme, vor allem das verstoßen. Denn eine schwere Dauerkrise in Ost- und Ende der massiven militärischen Konfrontation im Südosteuropa würde voll auf uns zurückschlagen, Herzen Deutschlands und Europas, das alles sind ökonomisch, sozial, sicherheitspolitisch und wahr- Fortschritte von historischem Ausmaß in einer kaum scheinlich auch in großen Wanderungsbewegungen. vorstellbar kurzen Zeit. Deshalb darf es keine neue scharfe Trennungslinie zwischen reichen Völkern einerseits und armen, ver- (Siegfried Hornung [CDU/CSU]: Das hat die elendenden andererseits auf unserem Kontinent SPD nicht begriffen!) geben. Und wir dürfen eine solche Entwicklung, die Wir haben die geschichtliche Chance zur rechten droht, nicht resignierend als Dauerzustand hinneh- Zeit genutzt. Das bleibt das besondere Verdienst des men. Bundeskanzlers. Ich bin dankbar, daß ich in einem (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Teilbereich diese wichtige Aufgabe aktiv mitgestalten konnte. Wir müssen dabei auch einigen unserer westlichen Partner sagen: Es genügt nicht, darüber Konferenzen (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge abzuhalten. Sie müssen ihren Beitrag für abgestimmte ordneten der F.D.P.) Aktionen der Hilfe erheblich erhöhen. Wir begrüßen Wer freilich in der Hochstimmung des ausgehenden deshalb ausdrücklich die gestern verkündete Ge- Jahres 1990 meinte, wir gingen in eine neue Ara des meinschaftsinitiative der G-7-Staaten sehr, die maß- konfliktfreien harmonischen Miteinanders in Europa, geblich vom Bundeskanzler initiiert wurde. wir näherten uns also dem Ende der Geschichte, wie Wichtig ist auch, daß sich der baldige Beitritt sogar postuliert wurde das hat ein sehr bedeuten- - der amerikanischer Politikwissenschaftler gesagt , mehrerer Reformstaaten Osteuropas zur Weltbank der mußte sein Urteil bald korrigieren. und zum Internationalen Währungsfonds bald voll- zieht. Denn auch bei Ausschöpfung aller unserer Nationalistische Konflikte brechen in weiten Teilen Möglichkeiten gilt: Die verständlichen Wünsche nach Ost- und Südosteuropas aus. Sie verbinden sich in sehr Unterstützung sind noch viel größer als die reale gefährlicher Weise mit wirtschaftlichen und sozialen Leistungsfähigkeit der Nationalstaaten des Westens Spannungen zu einem hohen, auch sicherheitspoliti- und auch der Europäischen Gemeinschaft. schen Risiko. Die Golfkrise und der Golfkrieg haben uns ein- Die ökonomische, soziale und ökologische Hinter- dringlich bewußt gemacht, daß auch in der Nachbar- lassenschaft des real existierenden Sozialismus ist schaft Europas ein erhebliches Krisenpotential be- noch ungleich belastender, als wir in der Vergangen- steht, das auf Grund von Aggressionen zu militäri- heit annahmen, jener Zeit, in der ja auch die Verharm- schen Auseinandersetzungen mit überregionalen losung und Verschönerung der bitteren Wirklichkeit Wirkungen führen kann. in jenem Teil Europas von manchen, die sich als fortschrittlich verstanden, betrieben wurde. Wir haben, wie auch die anderen NATO-Partner, in dieser kritischen Zeit der verbündeten Türkei Solida- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) rität bezeugt, auch durch die Entsendung von Verbän- Vor allem das Zerbrechen der ehemaligen Sowjet- den unserer Luftwaffe. Jetzt ist die Türkei durch die union, das Scheitern der Bemühungen um einen sich bis zur breiten militärischen Gewaltanwendung neuen Unionsvertrag ihrer reformierten Republiken verschärfte Auseinandersetzung im Gebiet der Kur- hat die Risiken jetzt erheblich verschärft. den, aber zunehmend auch in großen Städten, in einer besonders gefährlichen Situation. Es ist eine neue historische Aufgabe der westlichen Staaten, den jungen Demokratien des Ostens und Ich sage für meine Fraktion dem Bundeskanzler denen, die noch auf dem Weg zur Demokratie sind, unsere volle Unterstützung für seinen politischen Kurs 7186 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Gerhard Stoltenberg und die zugrunde liegenden Ziele und Analysen in ihrer 37jährigen Geschichte. Fusion von Feldheer und dieser wichtigen Frage zu. Territorialheer, die Straffung und Konzentration der Kommandobehörden und Stäbe, die beschlossene (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Neustationierung auf Grund der künftigen Größen- Am wichtigsten sind in dieser Zeit weitreichende ordnung von 370 000 Soldaten im vereinten Deutsch- politische Reformen, die der Identität der kurdischen land, die erhebliche Verringerung des Bereitschafts- Bevölkerung in der Türkei in vollem Umfang gerecht standes, die Kaderung vieler Verbände auf Grund werden. Dies verbindet sich mit der entschiedenen längerer Vorwarnzeiten, die Reform und Konzentra- Ablehnung der bürgerkriegsähnlichen Aktionen der tion der Wehrverwaltung, neue Ausbildungskon- PKK wie auch von militärischem Vorgehen türkischer zepte, die veränderte Ausrüstungsplanung mit we- Sicherheitskräfte, wenn friedliche Bürger zu Opfern sentlich weniger Mitteln und schließlich die Auflö- werden. sung der NVA und der Aufbau der Bundeswehr Ost — mit diesen wenigen Stichworten ist eine enorme Meine Damen und Herren, die Europäische Herausforderung für Soldaten und zivile Mitarbeiter, Gemeinschaft und das Atlantische Bündnis sind auch aber natürlich auch für die militärische und politische unter dem Vorzeichen der historischen Veränderun- Führung verbunden. gen in Osteuropa in einem dynamischen Wandel begriffen. Maastricht hat die Weichen für die politi- Meine Damen und Herren, ich frage mich seit sche Union gestellt, wenn auch noch nicht alle für uns einiger Zeit nicht, ob wir zuwenig reformieren, wie wichtigen Punkte optimal gelöst sind. immer wieder klischeehaft behauptet wird, sondern ob die Soldaten und zivilen Mitarbeiter mit ihren Die Europäer müssen in der politischen Union Familien vor Ort dieses nie dagewesene Tempo der größere Verantwortung für ihre Sicherheits- und Ver- Veränderung wirklich nachvollziehen und positiv teidigungsfähigkeit im Rahmen der NATO überneh- bewältigen können. men. Das Bündnis hat sein strategisches Konzept grundlegend reformiert und seine Streitkräftestruktur (Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und verändert. Dabei haben wir Deutschen mit wesentli- der F.D.P.) chen konzeptionellen Beiträgen zu diesen Reformen mitgewirkt. Jedenfalls bedürfen unsere Streitkräfte der vollen Solidarität und der nachhaltigen Unterstützung nicht Der NATO-Kooperationsrat ist ein wichtiger insti- nur der unmittelbar Verantwortlichen, sondern des tutioneller Rahmen für die jetzt breit angelegte ganzen Parlaments, auch der Landes- und Kommunal- Zusammenarbeit der Allianz mit den osteuropäischen parlamente und -verwaltungen und unseres ganzen Staaten. Wir erwarten vor allem von den Republiken Volkes. der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten die schnelle Ratifizierung des ersten Wiener Abrüstungsabkom- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) mens, die soeben erneut, aber nicht zum erstenmal in Brüssel zugesagt wurde. Was an Abrüstung erreicht Manches ist noch zu tun. Ich erinnere beispielhaft ist, muß jetzt realisiert werden und darf nicht blockiert an die Erarbeitung eines neuen Konzepts für unsere werden durch die ungelösten inneren Probleme in der Reservisten und die endgültige Festlegung des früheren Sowjetunion. Umfangs und der Standorte für Truppenübungs- plätze. Zu den ganz wichtigen Entscheidungen der (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) letzten Wochen gehört das Einvernehmen der Koali- Wir erwarten die Bereitschaft, Personalobergrenzen tionsfraktionen über eine grundlegend verbesserte für ihre Streitkräfte mit den anderen Staaten Europas Personalstruktur, vor allem für die Zeit- und Berufs- und der NATO verbindlich zu vereinbaren, ohne soldaten, und über die Beibehaltung der Wehr- weiter auf Ausnahmeregelungen für bestimmte Trup- pflicht. penteile zu bestehen. Natürlich erwarten wir die (Zuruf von der SPD: Ha! Ha! Ha!) zentrale, wirksame und durch Verifikation nachprüf- Die Aufgaben der Vorgesetzten sind schwieriger bare Kontrolle aller nuklearen Sprengkörper und und größer geworden. Bessere Aufstiegs- und Beför- deren Träger sowie der chemischen Waffen. Es darf derungschancen sind deshalb geboten, wenn die nicht so sein, daß derartige Waffen außer Kontrolle Bundeswehr attraktiv und leistungsfähig sein soll. geraten und durch Proliferation neue Risiken für Nach dem starken Rückgang der Bewerberzahlen andere Völker und Menschen verursachen. haben wir in den letzten Monaten erfreulicherweise (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. erstmals wieder einen deutlichen Anstieg erlebt. Aber Zustimmung des Abg. Dieter Wiefelspütz gerade hier, in der Hinwendung auf die konkreten [SPD]) Probleme der Menschen, bleibt noch einiges zu tun. In Helsinki wird es vorrangig um die Aufgabe Diese eben genannte Entscheidung ist auch ein gehen, diese Ziele zu erreichen und die Vorausset- politisches Signal. Es wird nicht nur reduziert, gekürzt zung für die Einbeziehung aller europäischen Staaten und eingeschränkt; es wird auch aufgebaut. So helfen in dieses System der Rüstungskontrolle zu schaffen. diese Grundsatzentscheidungen der Bundeswehr Weitere vertrauensbildende Maßnahmen sind gebo- auch psychologisch. Sie zeigen die Bereitschaft von ten. Parlament und Regierung, ihren Dienst nachhaltig anzuerkennen, weil militärische Sicherheitsvorsorge Meine Damen und Herren, die Bundeswehr steht auch in Zukunft unverzichtbar ist. unter dem Vorzeichen der historischen Umbrüche in der umfassendsten und einschneidensten Reform (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7187

Dr. Gerhard Stoltenberg Auch das Bundesministerium der Verteidigung ist Herr Klose, zu Ihren Bemerkungen kann ich nur seit drei Jahren in nie dagewesener Weise gefordert. sagen: Im Fußball bekommt man für Nachtreten die Dabei habe ich hervorragende Leistungen erlebt, aber rote Karte. natürlich auch einige Schwachstellen. Wenn jedoch (Lebhafter Beifall bei der F.D.P. und der — Herr Klose hat das schon erwähnt — heute ein CDU/CSU — Horst Jungmann [Wittmoldt] bekanntes Massenblatt die Hardthöhe in einer [SPD]: Dann dürften Sie schon gar nicht mehr Schlagzeile pauschal als „ Saustall" bezeichnet, dann auf dem Spielfeld stehen!) ist das, ungeachtet des hinzugefügten Fragezeichens, genauso ehrverletzend wie das, was ich in den letzten Meine Damen und Herren, das Amt des Verteidi- Tagen in demselben Organ gelesen habe. Ich verur- gungsministers ist gefahrengeneigt. Die Hardthöhe teile das entschieden. hat in den vergangenen Jahrzehnten mehr Minister kommen und gehen sehen als jedes andere Ministe- (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) rium. Wen wundert es, daß sich dann Teile eines Wir haben auch für das Ministerium Organisations- solchen Apparates verselbständigen und daß leider entscheidungen mit dem Ziel der Verkleinerung auch Illoyalität und Kompetenzanmaßung wuchern! getroffen. Sicher wird Volker Rühe prüfen, inwieweit Die F.D.P. wünscht Ihnen, Herr Rühe, für Ihre neue weitere Schritte notwendig sind. und sicherlich nicht einfache Aufgabe eine glückliche Ich möchte heute den Soldaten, Beamten, Ange- Hand. stellten und Arbeitern des Ministeriums, der ganzen Bundeswehr und der Verwaltung für ihren insgesamt (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne vorbildlichen Einsatz sehr herzlich danken. ten der CDU/CSU) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Aber auf den neuen Verteidigungsminister kom- men nicht nur Struktur- und Organisationsaufgaben Die Aufgaben der Neugestaltung sind auch deshalb zu. Ein guter Verteidigungsminister muß auch über- nicht einfacher geworden, weil wir den von 1960 bis zeugen können ; er muß der Bundeswehr ihren Auf- 1980 zwischen allen großen Parteien — lange Zeit trag nahebringen ; er muß ihr sagen, daß für einen konnten wir sagen: allen Parteien — im Bundestag Staat im Vollbesitz seiner Souveränitätsrechte eine bestehenden Konsens mittlerweile in einigen wichti- nationale Sicherheitspolitik unverzichtbar ist. Sie ist gen Fragen der Sicherheitspolitik und der Bundes- deshalb unverzichtbar, weil die Welt so friedlich nicht wehr verloren haben; das Buch von ist da ist, wie wir sie uns wünschen. Die Welt ist im Osten übrigens eine sehr lehrreiche Studie, wie dies erfolgt zwar freier geworden; sicherer ist sie deshalb jedoch ist. Ihn soweit wie möglich durch sachbezogenen nicht geworden. Es bestehen Risiken fort, und es sind Dialog und auch durch argumentative Auseinander- neue entstanden. Nach der ruhigen Knechtschaft der setzung wiederzugewinnen wäre eine große Leistung. vergangenen Jahrzehnte ist jetzt das Zeitalter der Ich möchte, soweit es mir möglich ist, als Abgeordne- unruhigen Freiheit angebrochen. Die Verläßlichkeit ter des Bundestages auch hierzu meinen Beitrag der festen Koordinaten kommunistischer Herrschaft leisten. ist dahin. Aber die neue Freiheit hat noch viele alte (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU und Feinde. Von der berühmten Unumkehrbarkeit mag der F.D.P.) noch keiner so recht sprechen. Nach wie vor liegt in der schwierigen Anpassungs- phase Mittel- und Osteuropas ein nicht zu unterschät- - zendes Gefahrenpotential. Die Reformkräfte sitzen Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster spricht beileibe nicht überall unverrückbar fest im Sattel, Dr. Graf Lambsdorff. ganz zu schweigen von anderen Konfliktherden, die die Welt plötzlich in Atem halten können, wie es der Golfkrieg getan hat. Dr. Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.): Frau Präsidentin! Die F.D.P. glaubt, daß Deutschland gerade auch Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Ich deshalb seiner größer gewordenen weltpolitischen spreche für die F.D.P. und für die F.D.P.-Fraktion Verantwortung gerecht werden muß. Wir befürworten Ihnen, Herr Stoltenberg, den Respekt für Ihre Ent- daher den friedensichernden und friedenstiftenden scheidung aus. Für einen Mann, der sich über Jahr- Einsatz der Bundeswehr auch „out of area", wenn zehnte in zahlreichen Ämtern und Funktionen hohe einer solchen Aktion ein Beschluß des Weltsicher- Verdienste erworben hat und der — das wissen wir — heitsrates zugrunde liegt, wenn sich andere Staaten Politik nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem der Europäischen Gemeinschaft beteiligen und der Herzen gemacht hat, war das ein schwerer und Bundestag einem solchen Einsatz mit Kanzlermehr- schmerzhafter Entschluß. Um so mehr meine persön- heit zugestimmt hat. liche Hochachtung dafür, wie Sie kurz nach diesem (Beifall bei der F.D.P.) Entschluß hier eben aufgetreten sind. Auch dazu braucht man Kraft. Meine Damen und Herren, wer — das sage ich an die Adresse der Sozialdemokraten, besonders an Ihre (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) Adresse, Herr Klose, nach Ihren Ausführungen — Persönliches Fehlverhalten ist Herrn Stoltenberg noch immer nach einer Nische der Weltpolitik sucht, nicht anzukreiden. Aber die politische Verantwortung in die sich Deutschland vor dieser Entscheidung wiegt schwer. So war der Entschluß zurückzutreten flüchten kann, der sollte sich bitte einmal draußen konsequent und richtig. umhören. Wie erklären Sie unseren Verbündeten, daß 7188 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Otto Graf Lambsdorff I sich Deutschland ziert und sie gefälligst für uns nung — zurückgewiesen hat. Wir überhören die einzuspringen haben? Wie entkräften Sie das Argu- gemäßigten Töne von Herrn Demirel nicht, der deut- ment, daß das souveräne Deutschland seine Rechte lich um Ausgleich und vernünftigen Umgang mitein- genießt, aber von seinen Pflichten nichts wissen ander bemüht ist. Wir hoffen, daß die Türkei ihre will? Kurden-Politik umgehend und grundsätzlich ändert, daß sie den Weg zurück zu den Grundsätzen der KSZE Die Beantwortung dieser Frage ist vor allem im und den Wertvorstellungen von NATO und Europäi- Hinblick auf das deutsch-amerikanische Verhältnis scher Gemeinschaft findet. Wir begrüßen die Absicht wichtig. Da stimmt mich optimistisch, daß der neue des Bundesaußenministers, die Türkei demnächst zu Verteidigungsminister in der Vergangenheit die besuchen. transatlantischen Beziehungen immer gepflegt hat und um ihren Wert weiß. Ich hoffe, er wird auch in Meine Damen und Herren, die Darstellungen, die Zukunft Wert auf diese Achse legen. Das europäische Herr Klose hier über die Aktivitäten des Außenmini- Haus, meine Damen und Herren, ist nur dann kom- steriums gegeben hat, sind falsch und irreführend. plett, wenn es auch eine amerikanische Einliegerwoh- nung hat. (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne Unabhängig davon werfen mögliche „out of area"- ten der CDU/CSU) Einsätze der Bundeswehr ein anderes Problem auf, Das Auswärtige Amt hat auf Anfrage zutreffend das zu gegebener Zeit gelöst werden muß. In der festgestellt, daß ein Stopp der Waffenlieferungen das F.D.P. wird über die Frage Wehrpflicht- oder Freiwil- Verhältnis zur Türkei belasten würde. Das ist eine ligen- bzw. Berufsarmee diskutiert. Sie wissen, ich bin objektiv überhaupt nicht zu bestreitende Feststellung. Sie ein überzeugter Anhänger der Wehrpflichtarmee. Als sich dann nach Absendung dieses Briefes der setzt Wehrgerechtigkeit voraus. Und sie kann nur Vertragsbruch der Türkei herausstellte, nämlich daß verlangt werden, wenn die Sicherheit des eigenen deutsche Waffen zu den Zwecken, die wir kritisieren, Landes zentraler Auftrag der Bundeswehr bleibt. Auf eingesetzt worden sind, hat der Bundesaußenminister „out of area” -Einsätze kann man keine Wehrpflicht mit vollem Recht und als einer der ersten den Stopp gründen. dieser Lieferungen verlangt. Ich weiß nicht, was Sie Meine Damen und Herren, vor dem Hintergrund daran auszusetzen haben, Herr Klose. der traditionell guten Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland — die Freundschaft ist ja bei (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne beiden Völkern und in beiden Völkern tief verwur- ten der CDU/CSU) zelt — bedauere ich die offenen Meinungsverschie- denheiten der vergangenen Tage. Aber, meine Im übrigen finde ich Ihre Bemerkung „Wir wenden Damen und Herren, zu Kampfeinsätzen eines NATO- uns schon seit langem gegen Waffenlieferungen an Partners gegen Minderheiten im eigenen Lande, noch die Türkei" geradezu köstlich. Wie lange ist das denn dazu mit deutschen Waffen, dürfen und werden wir eigentlich her? Sie haben allen Entscheidungen auf nicht schweigen. Die Verletzung der Menschenrechte diesem Gebiet Lieferung an NATO-Staaten — wird von uns nicht stillschweigend hingenommen zugestimmt, immer; jedenfalls in all den Kabinetten, die von Sozialdemokraten geführt wurden und denen werden. ich angehört habe, war das so, und nachher hat sich (Beifall bei der F.D.P. und der SPD sowie bei das auch nicht geändert. Abgeordneten der CDU/CSU und des Bünd - nisses 90/GRÜNE) Meine Damen und Herren, wenn Herr Klose dem Bundesaußenminister eine glückliche Hand wünscht, gegen türkische Wir verurteilen den Terror der PKK dann will ich feststellen: Er hat in der Vergangenheit Bürger und türkische Einrichtungen. Terror ist kein eine glücklichere Hand gehabt und wird auch in Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele; aber Bom- Zukunft eine glücklichere Hand haben, als Sie sie ben gegen kurdische Zivilisten sind es erst recht bisher als Fraktionsvorsitzender der SPD gehabt nicht. haben. (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne ten der CDU/CSU, der SPD und des Bündnis (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der ses 90/GRÜNE) CDU/CSU) Ich stelle mit Bedauern und Kritik fest, daß die — Aber das, meine Damen und Herren, ist ja nach den Ausgabe des „ Spiegel" vom vergangenen Montag in Erklärungen des Geschäftsführers der SPD, des Herrn der Türkei, was den Türkei-Bericht anlangt, nur Blessing, auch ziemlich verständlich. Herr Blessing zensiert ausgeliefert worden ist. Pressefreiheit muß hat neulich erklärt: Die Stars der SPD haben ihre bei einem NATO-Staat und bei jemandem, der sich Rollen noch nicht richtig aufeinander abgestimmt. um den Beitritt zur EG bemüht, in vollem Umfang Meine Damen und Herren, wenn die zu dritt auf der gelten. Bühne stehen, Herr Klose den Hamlet gibt, Björn (Beifall bei der F.D.P., der CDU/CSU, der Engholm Sherlock Holmes mit Pfeife spielt und Oskar SPD und des Abg. Dr. Wolfgang Ullmann Lafontaine einen Hinterhof-Danilo aus der Lustigen [Bündnis 90/GRÜNE]) Witwe singt, dann kann aus der Aufführung nichts werden. Die F.D.P. begrüßt die passenden Worte des Bun- deskanzlers, mit denen er die unpassenden Bemer- (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der kungen des Herrn Özal — das ist eine milde Bezeich CDU/CSU — Zurufe von der SPD) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7189

Dr. Otto Graf Lambsdorff — Ich weiß gar nicht, ob Sie das erheitert oder erbost ; Deshalb plädiert die F.D.P. erneut dafür, den Län- die Reaktionen sind unterschiedlich. dern Osteuropas nicht erst irgendwann, sondern jetzt mit einer Zusage auf möglichst schnellen Beitritt eine (Anhaltende Zurufe von der SPD) Perspektive zu geben. — Üben Sie doch die Rollen, und finden Sie mal einen (Beifall bei der F.D.P. sowie bei Abgeordne Regisseur und nicht nur einen Souffleur! Dann wäre ten des Bündnisses 90/GRÜNE) Ihnen schon geholfen. Denn sonst — Herr Stoltenberg hat zu Recht darauf (Heiterkeit und Beifall bei der F.D.P. und der hingewiesen — kommen eines Tages nicht mehr nur CDU/CSU) die freundlichen Unterhändler, die höflich um Auf- Herr Klose hat festgestellt, die Bundesregierung nahme bitten; dann kommen die Menschen. Sie habe keine Vorschläge zur Lösung der Probleme des kommen zum Wohlstand, weil der Wohlstand nicht zu Asylrechts gemacht. Wir wissen, daß es Meinungsver- ihnen kommt. schiedenheiten gibt. Wo waren Sie denn im Okto- Für Deutschland hat die europäische Integration ber? eine ganz besondere Bedeutung. Die Größe und damit (Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: In das politische Gewicht unseres Landes sind gewach- der Toskana! — Dr. Wolfgang Schäuble sen. Daß das in Europa und in der Welt nicht nur [CDU/CSU]: In Mexiko!) einhellige Freude auslöst, wissen wir. Einerseits gibt es niemanden oder nur sehr wenige, die Deutschland Damals waren Sie zwar noch nicht Fraktionsvorsitzen- die Freude der Vereinigung mißgönnen. Andererseits der, aber haben Sie denn nicht mitgemacht, als es hier bleibt doch ein leises Unbehagen bei der verhaltenen darum ging, die Verfahrensbeschleunigung zu verab- Frage: Wohin, Deutschland? Vorsichtig tasten wir uns reden? vor, balancieren wir unsere neue Rolle in der Welt (Beifall bei der F.D.P. — Zurufe von der aus. SPD) Wie zwiespältig das Urteil über die Deutschen sein Haben wir denn hier nicht vor kurzem beschlossen, kann, macht der amerikanische Hinweis auf die „new daß wir bis zum 1. Juli den zentralen Punkt zur Lösung German assertiveness" deutlich. Je nach Neigung dieser Frage mit Ihnen gemeinsam im Parlament kann das als gesundes Selbstbewußtsein oder auch als verabschieden wollen? überhebliche Selbstsicherheit ausgelegt und über- (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Unser Vor setzt werden. Deshalb brauchen wir Deutschen Europa. Europa hilft den Deutschen, sich selbst zu schlag!) definieren. Wir wollen nicht in Europa stark sein, wir — Herr Klose, Ihre Stichwortzettel stimmen einfach wollen für Europa stark sein. nicht; sie müssen sortiert werden. Demokratie und Marktwirtschaft sind die Kennzei- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) chen der Europäischen Gemeinschaft. Im Vertrag Meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutsch- von Maastricht wurde das Prinzip der offenen Markt- land darf und wird sich nicht einigeln. Ich habe das wirtschaft mit freiem Wettbewerb als gemeinsames auch dem polnischen Staatspräsidenten Lech Walesa Ordnungskonzept schriftlich festgehalten. Aber gesagt, der mich wie sicher auch seine anderen Markt und Wettbewerb sind von einer Politik mone- Gesprächspartner — eindringlich um ein stärkeres tärer Stabilität abhängig. Währungs- und Wirtschafts- wirtschaftliches Engagement Deutschlands in Polen ordnung bedingen sich. - gebeten hat. Aber ich habe in dem Gespräch auch Maastricht ist ein außerordentlich komplexes Ver- gesagt: Hilfe ja, aber es muß Hilfe zur Selbsthilfe sein. tragswerk. Aber was sich im Bewußtsein der Men- Sie muß dazu beitragen, daß Polen sein wirtschaftli- schen hier in Deutschland festgehakt hat, sind zwei ches Geschick zunehmend selbst in die Hand nimmt Botschaften: Die D-Mark wird abgeschafft, und die und daß es seine Reformen konsequent weiterver- Deutsche Bundesbank wird aufgelöst. Das ist ursäch- folgt. lich darauf zurückzuführen, daß die Menschen über Von dem gleichen Grundgedanken ist das Angebot die Verträge von Maastricht zuwenig wissen. Inzwi- der G 7, den Republiken der früheren Sowjetunion schen sind wir so weit, daß von den meisten Bürgern 24 Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen, der Vertrag von Maastricht als Bedrohung und nicht geprägt. Ich wiederhole, was ich an diesem Redner- als Gewinn für Europa verstanden wird. Deshalb gilt pult vor Monaten gesagt habe: Ohne Reformen kein es, klarzustellen: Wenn die Beschlüsse von Maastricht Geld, aber ohne Geld auch keine Reformen. als Stabilitätspakt umgesetzt werden, ist das ein großartiger Erfolg für die EG-Politik. Die Deutschen sind nicht allein gefordert, nur weil Trotzdem bleiben kritische Fragen, bis der Stabili- wir als unmittelbare Nachbarn Polens und der CSFR tätspakt auch politisch ausgefüllt ist. Noch gehen die näher und direkter mit den Sorgen Osteuropas kon- ordnungs- und stabilitätspolitischen Überlegungen frontiert sind. Sechs westeuropäische Länder haben und Vorstellungen der Unterzeichnerländer ausein- bereits Anträge auf EG-Beitritt gestellt. Dazu kom- ander. Deshalb muß sichergestellt sein, daß Mitglied men die Beitrittspläne der Länder Osteuropas. Was des Stabilitätspakts nur werden kann, wer sich durch tut die EG? Sie ist stolz auf ihren guten Ruf und die eine anhaltende, glaubwürdige Stabilitätspolitik ob- hohe Attraktivität der Gemeinschaft als Zukunftsmo- jektiv dafür qualifiziert hat. Das sagen wir auch an die dell für ganz Europa. Gleichzeitig hofft sie wohl, daß eigene Adresse, nicht nur an andere. diese Zukunft noch möglichst lange auf sich warten läßt. (Hans-Ulrich Klose [SPD]: Kontrollieren!) 7190 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Otto Graf Lambsdorff Für niemanden, der Mitglied der Währungsunion kampfdebatte statt. Ich kann nur sagen, daß ich das werden will, darf diese Meßlatte niedriger gelegt widerlich finde. werden. Außerdem darf das Zustandekommen der (Unruhe) Wirtschafts- und Währungsunion nicht von Automa- Der Anlaß dieser Sondersitzung ist nämlich völlig in tik bestimmt sein. den Hintergrund getreten. Es geht um die Menschen- (Beifall bei Abgeordneten der SPD) rechtsverletzungen und Massaker am kurdischen — Auf Ihren Zwischenruf, Herr Klose, das müsse Volk. Es geht wieder einmal um bundesdeutsche kontrolliert werden, sage ich eindeutig: Ja; aber es Waffengeschenke in Milliardenhöhe und Polizeihilfe muß nicht nur kontrolliert werden, sondern es müssen an die Türkei. Deutsche Waffen wurden eingesetzt bei auch die Instrumente geschaffen werden und vorhan- den jüngsten Massakern in Kurdistan und auch im den sein, um die Ergebnisse solcher Prüfungen und Irak. Und auch hierfür hat die Bundesregierung die Kontrollen um- und durchsetzen zu können. Mitverantwortung. Das soll durch das Postenge schiebe verschleiert werden. (Beifall bei Abgeordneten der F.D.P. und der Die Darstellung der türkischen Regierung, aber SPD) auch die bundesdeutscher Politiker über die politische Die F.D.P. ist gegen Nachverhandeln, wohl aber für Situation vor den Newroz-Feiern in Kurdistan ent- Nachbessern auf dem Wege zur Wirtschafts- und sprach in keinem Punkt der Wahrheit. Währungsunion. Wir begrüßen die Ziele der europäi- schen Wirtschafts- und Währungsunion uneinge (Unruhe) schränkt, auch das Ziel der einheitlichen europäi- — Vielleicht kann die Präsidentin mal für Ruhe schen Währung. Aber wie so oft steckt auch dabei der sorgen, damit auch ich meinen Beitrag hier in Ruhe Teufel im Detail. Das Ziel ist gut; der Weg läßt noch halten kann. manche Fragen offen. (Beifall bei der PDS/Linke Liste) Meine Damen und Herren, eine kohärente, effi- Ich bitte auch darum, daß mir das nicht von der ziente und auf weitere Integration gerichtete Europa- Redezeit abgezogen wird. Es ist ja unerträglich, hier politik ist eine absolute Notwendigkeit für Deutsch- zu reden. land. Eine starke und einige Europäische Gemein- schaft ist Voraussetzung für eine einige und starke Frau Jelpke, ich Atlantische Allianz. Beide Organisationen werden Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: ihre Aufgaben erweitern. Die NATO wird ihre Funk- bitte Sie, kurz zu unterbrechen, bis die Abgeordneten, die den Saal verlassen wollen, den Saal verlassen. tion über das Gebiet der militärischen Sicherheit hinaus ausdehnen müssen, und die EG wird Verteidi- Dann können wir weitermachen. gung in ihren Aufgabenkreis einschließen müssen. Eine NATO ohne zivile Aufgaben paßt nicht in die Ulla Jelpke (PDS/Linke Liste): Ich konnte mir als veränderte internationale Umwelt. Eine EG ohne Mitglied einer Delegation von medico-international Verteidigungsaufgaben wird nicht zu einer glaubwür- selbst ein Bild von dem Terror der Sicherheitskräfte digen politischen Union werden. und des Militärs machen. Das vereinte Deutschland ist wichtiger Partner der Daß die Kurden ihr traditionelles Neujahrsfest wie- Vereinigten Staaten. Aber wie mir scheint, ist dies der feiern dürfen, wurde als großartige Liberalisie- nicht die Partnership in Leadership, zu der das dama- rungsmaßnahme der türkischen Regierung angekün- lige Westdeutschland 1989 von Präsident Bush in digt. Bundesdeutsche Politiker übernahmen diese seiner Rede in Mainz eingeladen worden ist. Partner- Sprachregelung. Realität aber war und- ist eine ship in Leadership, dieses Konzept enthält die Vorstel- andere: Veranstaltungen, die allesamt, auch von PKK, lung von zwei mächtigen Ländern, deren Führung friedlich geplant und angemeldet waren, wurden im gemeinsam die Richtung angibt, in die alle sich zu Vorfeld verboten, erlaubt und wieder verboten. Kur- bewegen hätten. Ich glaube, daß ein solches Konzept den wurden in Vorbeugehaft genommen. Hochgerü- weder dem amerikanischen noch dem deutschen stetes Militär und bewaffnete Sicherheitskräfte zogen Interesse entspricht. Amerikanisch-deutscher Bilate- auf, schossen schon beim Zeigen der kurdischen ralismus wird zwangsläufig auf Kosten der Europäi- Fahnen auf die Feiernden und Demonstrierenden. schen Gemeinschaft gehen, und damit schließlich (Unruhe) auch auf Kosten der USA. Ein vereinigtes Deutschland in einem geeinten Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ich möchte noch Europa und dieses Europa als der natürliche Partner in einmal um Ruhe im Saal bitten. Ich bitte Sie zuzuhö- Leadership der Vereinigten Staaten das ist die ren. Vision, der wir folgen sollten. (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Ruhig Ich danke Ihnen. müssen wir sein, aber zuhören müssen wir (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) nicht! Von Zuhören steht nichts in der Geschäftsordnung!) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Jelpke. Ulla Jelpke (PDS/Linke Liste): Allein in diesen Tagen gab es 200 Tote und Hunderte von Verletzten. Ulla Jelpke (PDS/Linke Liste): Frau Präsidentin! Ich habe schwerverletzte Frauen, Kinder und Männer Meine Damen und Herren! Was ich befürchtet habe, im Krankenhaus von Mardin besucht. Die Aggressivi- ist leider eingetreten: Hier findet eine reine Wahl tät der Militärs und Sicherheitskräfte habe ich selbst Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7191

Ulla Jelpke erlebt: Schützenpanzer fuhren in friedliche Versamm- führen, sollten Sie sich für einen Dialog mit der PKK lungen hinein, auf Menschen wurde geschossen, und aussprechen und sich für eine politische Lösung auch in brutalster und flächendeckendster Weise gab es gegenüber der türkischen Regierung einsetzen. Hausdurchsuchungen und Verhaftungen. Alle Postenschieberei ist bloße Augenwischerei, Wir selbst erreichten nur mit Mühe und unter solange die hier beschriebene Politik fortgesetzt wird. größten Schwierigkeiten die Städte Nusaybin, Cizre, Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Türkei Sirnak und Mardin. Verhaftungen und Verhöre, in Sachen Militär- und Polizeihilfe muß endlich einge- Schläge und Schikanen seitens der türkischen Sicher- stellt werden. Statt dessen fordern wir gezielte finan- heitskräfte machten auch vor unserer Delegation nicht zielle Wiederaufbauhilfen für zerstörte Stadtteile und halt. Ich selber habe mit zwei kurdischen HEP- Orte in Türkisch-Kurdistan, und endlich müssen auch Abgeordneten eine mehrstündige Hausdurchsu- hier im Bundestag das kurdische Volk und seine chung erlebt. Wir wurden kurzerhand als Terroristen Rechte anerkannt werden. verdächtigt. (Beifall bei der PDS/Linke Liste) Daß es keine neuen Formen des demokratischen Frau Präsidentin, zum Abschluß möchte ich Sie noch Umgangs auch mit türkischen Abgeordneten gibt, vor daran erinnern, daß wir um namentliche Abstimmung allen Dingen kurdischen, zeigt die Tatsache, daß zur über unseren Entschließungsantrag betreffend Mora- Zeit gegen 22 HEP-Abgeordnete von der türkischen torium für deutsche Rüstungsexporte bitten. Vielleicht Justiz die Todesstrafe gefordert wird, weil sie für die können Sie darüber abstimmen lassen. Autonomie des kurdischen Volkes eingetreten sind. Danke. Staatlicher Terror wird von der türkischen Regie- (Beifall bei der PDS/Linke Liste) rung und dem Militär schon seit vielen Jahren gegen das kurdische Volk ausgeübt. Trotzdem wurden und werden Militär- und Polizeihilfe in gigantischem Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster spricht Ausmaße weiter gewährt. Die Einhaltung der Men- der Abgeordnete Dr. Ullmann. schenrechte in der Türkei war immer zweitrangig. Für die Bundesregierung und auch für ihre Vorgängerin- nen standen militärische, ökonomische und bündnis- Dr. Wolfgang Ullmann (Bündnis 90/GRÜNE): Frau politische Interessen immer im Vordergrund. Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Men- Unübersehbar waren dann auch die Ergebnisse schenrechte sind in Gefahr. Die Menschenwürde von dieser Politik bei dem Vernichtungsfeldzug gegen das kurdischen Frauen und Kindern wird durch Bomben- kurdische Volk. Deutsche Waffen aus Ost und West angriffe verletzt und zerstört. Das ist leider nichts wurden eingesetzt hei den Massakern, der Zerstörung Neues in einem Jahrhundert, das einer seiner bedeu- von Häusern und Ortschaften sowie bei der gezielten tendsten Lyriker das Jahrhundert der Wölfe genannt Ermordnung von Oppositionellen. Das wurde im hat. Es ist auch nichts Neues, daß es unter den Fernsehen gezeigt. Auch wir haben Beweismaterial mißhandelten Kurden welche gibt, die meinen, das mitgebracht. Die Waffenlieferungen und die vielbe- ihnen widerfahrene Unrecht sei die Rechtfertigung für schworene vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Terrorismus und Unmenschlichkeit mit umgekehrtem türkischen Regierung sind auf keinen Fall mit der Vorzeichen. angeblichen Liberalisierungspolitik Demirels zu Die Bundesregierung hat richtig gehandelt, wenn rechtfertigen. sie Waffenlieferungen an einen Staat unterband, der notorisch an Menschenrechtsverletzungen beteiligt Das Versprechen, die Newroz-Feier nicht zu behin- war, und sie tat recht daran, auch wenn sie innerhalb dern, war pure Propaganda. Fast genauso ist es mit der NATO mit diesem Staat verbündet ist. Es war dem Versprechen, den Gebrauch der kurdischen darum nur angemessen, wenn diejenigen, die illegale Sprache ungehindert zuzulassen. Verschwiegen wird Waffenlieferungen geduldet oder gefördert haben, nach wie vor, daß die Kurden meistens Frauen — ihre Verantwortung anerkannt und — wenn auch erst gar kein Türkisch können, sondern hauptsächlich nach anfänglichem Zögern — ihre Ämter zur Verfü- Kurdisch können, daß die Kurden aber ihre Sprache gung gestellt haben. nicht lehren dürfen. Das alles ist nicht neu, sondern in gewissem Sinne Beschämend waren auch für mich die ersten offiziel- sogar selbstverständlich. Neu ist, daß in der Weltöf- len Stellungnahmen der Bundesregierung und einiger fentlichkeit an der Zuverlässigkeit deutscher Politik SPD-Politiker, in denen mit der türkischen Regierung gezweifelt wird. Ich denke dabei nicht an die Begriffs- um die richtige Methode der PKK-Bekämpfung falschmünzerei dieser Regierung, die ständig von gefeilscht worden ist, während in Kurdistan Men- „Asylanten" spricht, wo es sich eindeutig um Flücht- schen getötet und verletzt wurden. Tatsache ist, daß linge und Einwanderer handelt. Ich denke auch nicht nach den Massakern die PKK-Guerilla vereinzelt an gewisse unqualifzierte Angriffe auf Bundesaußen- bewaffneten Widerstand leistete. minister Genscher in der türkischen Presse. Die Terrorismushysterie gegen die PKK wurde und Nein, ich denke an Kommentare wie den in der wird durch bundesdeutsche Politiker fast wortgleich „International Herald Tribune", in dem die deutsch- von der türkischen Regierung übernommen. Die türkischen Spannungen mit dem Waldheim-Besuch in breite Verankerung der PKK mag Ihnen oder der München zusammengesehen werden und daraus die türkischen Regierung gefallen oder nicht. Statt hier- Folgerungen gezogen wird: Deutschland hat sich seit zulande den Krieg gegen die PKK mit Worten zu der Vereinigung gewaltig verändert. Natürlich meint 7192 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Wolfgang Ullmann dieses namhafte Blatt nicht: im guten Sinne verän- kongreß kurzerhand der Komplizenschaft mit dem dert. SED-Regime verdächtigt. Was ist hieran neu, und wie ist es dazu gekommen? Das läßt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig Man kommt nicht vorbei an der Schlußfolgerung: Die und ist zugleich eine Sprache, die aus dem Munde Basis und die Prinzipien unserer Politik sind ins eines deutschen Bundeskanzlers nicht hingenommen Zwielicht geraten. Das trifft leider schon für die werden kann. zu. Noch im Novem- Haltung gegenüber der Türkei (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, bei der ber werden vom Auswärtigen Amt Waffenlieferungen SPD und der PDS/Linke Liste) forciert, obwohl das Kurdenproblem schon damals die Weltöffentlichkeit beschäftigte. Auch wenn man von Der Herr Bundeskanzler sei hiermit öffentlich auf- der im Herbst entstandenen türkischen Koalitionsre- gefordert, wenigstens durch eine nachträgliche Inter- gierung eine Verbesserung der Menschenrechts- pretation klarzustellen, daß die Regierung der Bun- situation in der Türkei erwarten durfte: Die Realität desrepublik Deutschland nicht der Meinung ist, sie sei blieb bekanntermaßen bestimmt von jenem Antiter- nunmehr, nach der Vereinigung aller deutschen Län- rorgesetz der Regierung, das mit demokratischen der, neuerdings in der Lage, ungestraft Juden gegen- Normen schlechterdings unvereinbar ist. über die Sprache der öffentlichen Diffamierung spre- chen zu können. Aber gerade in einer so komplizierten Verwicklung innen- und außenpolitischer Probleme bedarf es kla- (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der rer Prinzipien und einer festen Basis, wenn politisches SPD) Handeln nicht in gefährliches Schlingern und den Nicht besser, meine Damen und Herren, ist es um bedenklichen Ruf der Unzuverlässigkeit geraten die Absage der UNO-Menschenrechtskonferenz be- soll. stellt. Die Welt traute ihren Ohren nicht, als sie von der Aber gerade daran hat es die Bundesregierung in Bundesregierung, der Regierung eines der reichsten zwei für den Charakter unserer Politik essentiellen Länder der Welt, zu hören bekam, die ganze Veran- Punkten in besorgniserregendem Umfang fehlen las- staltung sei ihr etwas zu teuer. Es ist schlicht eine sen. Ich spreche von der Begegnung Kohl-Waldheim Schande. und der Absage der für 1993 vorgesehenen UNO- (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der Menschenrechtskonferenz in Berlin. SPD) Wen ein privates Herrenkollegium in München als Ich schäme mich, daß so etwas möglich war, und sehe Gast einlädt, braucht den Deutschen Bundestag nicht aus dieser internationalen Blamage nur einen Aus- zu beschäftigen. Völlig verändert aber ist die Situa- weg. — Aber ich sage vorher noch: Der Herr Bundes- tion, wenn der deutsche Bundeskanzler zur Begrü- kanzler hat ja vorhin über Materialismus philoso- ßung eines Gastes nach München eilt, der wegen phiert. Ich muß hier die Bemerkung einfügen: Was der seiner umstrittenen Vergangenheit bisher nur von Bundesregierung vorzuwerfen ist, ist doch nicht etwa islamischen Ländern und vom Vatikan empfangen zuwenig, sondern zuviel Materialismus. — und von den befreundeten USA ausdrücklich zur unerwünschten Person erklärt worden ist. (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der SPD) (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der SPD — Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten Um die eingetretene internationale Blamage abzu- [CDU/CSU]: Wir müssen ja nicht alles nach wenden, gibt es nur eine einzige Möglichkeit:- daß die machen!) Frage erneut aufgegriffen und so entschieden wird, wie es einem Land angemessen ist, dessen Volk sich in Hier gilt es eines klarzustellen: Kein deutscher seiner Verfassung zu unverletzlichen und unveräu- Politiker wird je wieder die geschichtliche Tatsache ßerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder außer Kraft setzen, daß die Menschenrechtspolitik menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der dieses Landes an seinem Verhältnis zu den Juden und Gerechtigkeit in der Welt bekennt. dem Judentum im Ganzen gemessen wird. Es steht dahin, ob die UNO dann noch in dieses Land (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ wird kommen wollen. Aber jedenfalls könnte der Satz CSU]: Aber nicht an Waldheim!) der „International Herald Tribune" dann in einem ganz anderen Sinne wahr werden: Deutschland hat Ich kann nicht umhin, in diesem Zusammenhang sich seit der Vereinigung verändert. Es hat sich daran zu erinnern, daß ein Präsident dieses Hohen verändert, weil zu Gestapo- und Wannsee-Akten die Hauses, der außerhalb jeden Verdachts antijüdischer Stasi-Akten hinzugekommen sind und die neue Topo- Gesinnung oder Handlungsweise stand, von der graphie des Terrors unser Gewissen noch empfindli- öffentlichen Empörung zum Rücktritt gezwungen cher gemacht hat für unsere Verantwortung gegen- wurde, weil er sich in einem Moment, in dem Klarheit über den Juden als dem unauslöschlichen Paradigma und Eindeutigkeit oberstes Gebot waren, mißver- aller Opfer politischer Unmenschlichkeit und den ständlich ausgedrückt hatte. Vereinten Nationen als Kern einer auf der Basis der Der Bundeskanzler hat es im Gegensatz dazu an Menschenrechte lebenden Völkerdemokratie. Eindeutigkeit nicht fehlen lassen. Er hat sich für seine Ich danke Ihnen. Begegnung mit Waldheim ausdrücklich auf seine Kanzlerkompetenz berufen, und er hat, auf Kritiken (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und bei der von jüdischer Seite reagierend, den Jüdischen Welt SPD) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7193

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster hat der Nein, meine Damen und Herren, eine solche Politik Abgeordnete Rudi Walther das Wort. haben die Soldaten und die zivilen Mitarbeiter der Bundeswehr nicht verdient.

(Beifall bei der SPD) (Zierenberg) (SPD): Frau Präsidentin! Rudi Walther Im übrigen ist das reihenweise Zurruhesetzen von Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Staatssekretären und hohen Beamten für den Steuer- Kolleginnen und Kollegen! Es tut mir leid, aber ich zahler viel zu teuer, auch angesichts der desolaten muß die Debatte auf ihren eigentlichen Ausgangs- Situation der öffentlichen Haushalte in Deutschland. punkt zurückführen: auf den in der Geschichte des deutschen Parlamentarismus einmaligen Vorgang, (Beifall bei der SPD) daß ein Bundesminister eine durch Parlamentsbe- schluß zum Teil des Haushaltsgesetzes gewordene Ich kann nicht erkennen, daß der Kollege Rühe noch Beschlußempfehlung des Haushaltsausschusses in- hier ist ; sonst würde auch ich ihm wünschen, daß er haltlich unterlaufen hat. Er, Herr Kollege Stoltenberg, schnell aus den vielen Fehlern der Vorgänger lernt. ist damit ohne daß ihm zunächst einmal persönlicher Denn wenn er nicht ganz schnell lernt, sich im und Vorsatz nachgewiesen werden kann, zum Gesetzes- gegen den Apparat durchzusetzen, wird auch er sehr umgeher geworden. schnell scheitern. Ehe ich zur Genese dieses einmaligen Vorgangs Zur Erinnerung nur drei Beispiele aus der jüngsten komme, will auch ich Ihnen, Herr Kollege Dr. Stolten- Vergangenheit: erstens die geheimnisumwitterte berg, meinen persönlichen Respekt vor Ihrer politi- Verschiffung von zum landwirtschaftlichen Gerät schen Lebensleistung nicht versagen. umdeklarierten Panzern nach Israel — entgegen der Weisung von Staatssekretär Pfahls. (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der F.D.P.) (Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/ Wir — auch ich — hatten mit Ihnen manchen politi- CSU]: Das sind doch olle Kamellen!) schen Streit; wohl wahr. Wir haben Ihnen manche — Sie gefallen Ihnen nicht, ich weiß das. Aber man — aus unserer Sicht — politischen Fehler vorgehal- muß es Ihnen trotzdem vorhalten. Insbesondere Herr ten. Aber ich will auch feststellen, daß die gegensei- Rühe muß wissen, worauf er achten muß. tige persönliche Respektierung darunter nicht gelitten hat. Zweitens die Verscherbelung von überflüssigen (Beifall des Abg. Horst Jungmann [Witt NVA-Waffen hinter dem Rücken des Parlaments an moldt] [SPD]) andere Länder, insbesondere an die Türkei, die diese dann auch noch gegen die drangsalierte kurdische Ihr jetziger Rücktritt ist zwar viel zu spät erfolgt. Bevölkerung einsetzte. Dabei ist noch die Frage zu Gleichwohl wünsche ich Ihnen für Ihr jetzt beginnen- klären, inwieweit der Einsatz dieser Waffen in Südost des Lebensalter mehr Glück als in Ihrem bisherigen anatolien auch noch gegen die KSE-Akte von Paris politischen Amt; verstößt und damit internationales Recht gebrochen (Zuruf von der CDU/CSU: Na, na!) wird. (Beifall bei der SPD) vor allem aber wünsche ich Ihnen, Herr Kollege Stoltenberg, viel Gesundheit und daß Sie jetzt alles Das letzte Beispiel, der Vorgang, der Anlaß- der das tun können, woran die Politik Sie bisher gehindert heutigen Debatte ist — hierzu die Chronologie —: Am hat. 30. Oktober 1991 haben wir uns auf Antrag der SPD (Beifall des Abg. Horst Jungmann [Witt mit der beabsichtigten Sperre — Herr Kollege moldt] [SPD] — Johannes Gerster [Mainz] Dr. Hennig, Sie waren dabei — beschäftigt. Sie und [CDU/CSU]: Mieser Stil! — Weitere Zurufe Ihr Ministerium haben sich damals, wenn auch mehr von der CDU/CSU) formal als inhaltlich, noch gegen diese Empfehlung gewandt. Dann haben Sie am 7. November 1991, als Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sich herausstellte, daß es eine einstimmige Annahme Pannenregister dieser Regierung wird immer länger. der Empfehlung gab, zugesagt, daß Sie „diesen Das Bundesministerium der Verteidigung hat an die- Beschluß nicht unterlaufen" würden. sem Register den größten Anteil. Von Herrn Wörner über Herrn Scholz bis zur letzten Panne — eine Panne Ich sage Ihnen: Sprache ist verräterisch. Eine solche nach der anderen. Formulierung läßt zumindest eine innere Distanzie- rung von dem Inhalt dieses Beschlusses erkennen. (Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein [CDU/CSU]: Aber nenne auch die SPD- (Beifall bei der SPD — Dr. Ottfried Hennig Abgeordneten, Rudi!) [CDU/CSU]: Quatsch!) Dabei wurden fünf beamtete Staatssekretäre ver- Seitdem hat es eine Menge Interventionen von schlissen von den Parlamentarischen will ich erst türkischer Seite gegeben. Der türkische Botschafter gar nicht reden —; die sind alle — das waren gute war bei allen möglichen Abgeordneten. Der türkische Leute — im Ruhestand und belasten jetzt Steuerzah- Außenminister war beim Bundeskanzler. Friedrich lers Kasse. Bohl, der Minister im Kanzleramt, hat mir einen Brief (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ geschrieben, man möge doch einmal über die Aufhe- GRÜNE) bung der Sperre nachdenken. Das läßt zumindest die 7194 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Rudi Walther (Zierenberg) Frage zu, ob denn nicht auch das Bundeskanzleramt Deshalb sei auch hier noch einmal in das Stamm- auf das Verteidigungsministerium eingewirkt hat; buch eines jeden politisch Verantwortlichen, gleich, welcher parteipolitischer Couleur, geschrieben: Poli- (Zuruf von der SPD: Sehr wahr!) tische Verantwortung reicht viel weiter als juristische. denn die Zusage des Bundeskanzlers gegenüber dem Die ausdrückliche Akzeptanz von politischer Verant- türkischen Außenminister, sich für eine Aufhebung wortung ist essentieller Bestandteil politischer Kultur, der Sperre einsetzen zu wollen — so wörtlich proto- — die ja leider immer mehr verkommt. kolliert , kann immerhin zu dem Verdacht führen, Ich sage Ihnen, Kollege Stoltenberg: Hätten Sie sich daß das Kanzleramt auch nicht ganz unschuldig an so verhalten wie einer Ihrer Vorgänger, nämlich dem Vorgang ist. , dann wäre Ihnen und uns viel erspart (Beifall bei der SPD) geblieben. (Beifall bei der SPD) Ich bin dem Parlamentarischen Staatssekretär Man- fred Carstens ausdrücklich dankbar, daß er mit seiner Wir wollten gestern im Haushaltsausschuß nicht Entsperrungsvorlage die Wahrheit ans Licht gebracht nur, wie es dann einvernehmlich geschehen ist, das hat. Ministerium um einen — hoffentlich objektiven — (Beifall bei der SPD) ausführlichen Bericht über die Verfahrensabläufe, die Informationsstränge und die darin steckenden Knoten Denn er hat uns mitgeteilt, die Panzer seien nun bitten, sondern auch den parteipolitisch völlig unver- geliefert und deshalb müsse entsperrt werden. Man- dächtigen Bundesrechnungshof bitten, eine beglei- fred, herzlichen Dank dafür, daß du der deutschen tende Prüfung durchzuführen. Aus welchem Grunde Öffentlichkeit reinen Wein eingeschenkt hast. Sie das abgelehnt haben, bleibt Ihr Geheimnis. (Beifall bei der SPD) (Beifall bei Abgeordneten der SPD — Hans Nur, die Begründung, nun müsse entsperrt werden, Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: Das war natürlich ein bißchen mager, wenn ich auch gern haben wir doch eindeutig erklärt! Das haben zugeben will, Kollege Carstens: Mir wäre vielleicht wir doch klar erklärt, warum wir abgelehnt auch keine bessere eingefallen. haben!) Ich will die Gelegenheit wahrnehmen, den Bundes- — Nein, lieber Kollege Hans-Werner Müller. Bei der minister der Finanzen, der ausdrücklich für die Ein- Erklärung, die ihr abgegeben habt, hat euch doch das haltung des Haushaltsrechts zuständig ist, aufzufor- schlechte Gewissen aus den Augen geguckt. dern, nicht jede Vorlage aus dem Verteidigungsmini- (Beifall bei der SPD — Carl-Detlev Freiherr sterium unbesehen an den Haushaltsausschuß weiter- von Hammerstein [CDU/CSU]: Wir haben zuleiten, wie es in diesem Fall geschehen ist. kein schlechtes Gewissen, Rudi!) (Beifall bei der SPD) — Charly, halte dich da raus! Du warst nicht dabei. Bloßes Weiterleiten von Unterlagen darf nicht zur Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir Regel werden; denn der Bundesfinanzminister hat geben Ihnen heute durch unseren Antrag, der nachher eine besonders hohe Verantwortung für die Einhal- zur Abstimmung stehen wird, die Gelegenheit, diesen tung des Haushaltsrechts. Fehler wiedergutzumachen, d. h. mit uns gemeinsam die Bitte an den Bundesrechnungshof zu übermitteln, (Beifall bei der SPD) - daß er die begleitende Prüfung dieses Berichts vor- Als dann der Vorgang öffentlich wurde, wollte es nimmt. von der politischen Spitze keiner gewesen sein. Nicht Falls Sie auch diesen Antrag ablehnen, müssen wir Herr Hennig, nicht Herr Stoltenberg, keiner wollte es öffentlich fragen, welche Gründe Sie haben, diese gewesen sein. Nun fällt es mir schwer, von einem Ablehnung durchzusetzen, und was nach Ihrer Ver- Bauernopfer zu reden; denn Herr Ruppelt, über den mutung möglicherweise noch herauskommt, wenn ich jetzt reden will, war in Ihrem Ministerium ganz der Bundesrechnungshof prüft. gewiß kein Bauer, sondern mindestens ein Turm. Jedenfalls blieb das Ganze an Wolfgang Ruppelt (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten hängen. Man war richtig froh; man hatte den gefun- der PDS/Linke Liste und des Bündnisses den, der schuld war. Er hat es in seiner honorigen Art 90/GRÜNE) und Weise auch auf sich genommen, wofür ich ihm hohen Respekt zolle. Volker Rühe möchte ich noch folgendes mit auf den Weg geben: Unter der Führung der Vorgänger ist der (Beifall bei der SPD) Primat der Politik in schleichender Weise immer mehr zurückgedrängt worden. Die Arroganz von Angehöri- Nur, ich sage Ihnen: Dem Kollegen Rühe wird Herr gen des Verteidigungsministeriums insbesondere im Ruppelt noch bitter fehlen. Verteidigungsausschuß gegenüber Parlamentariern Nun dachte der Kollege Stoltenberg, mit diesem ist gewachsen. Ich sage, Kollege Rühe — wenn Sie Trick sei er den ganzen Schlamassel los. zuhören könnten —: Sorgen Sie doch bitte dafür, daß der Primat der Politik auf der Hardthöhe wieder voll in Nicht bessere Einsicht, sondern das verheerende seine Rechte eingesetzt wird! Presseecho hat ihn dann am Tag, nachdem er das Bauernopfer gefunden hatte, zu dem längst überfälli- (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Konrad gen Rücktritt gebracht. Weiß [Berlin] [Bündnis 90/GRÜNE]) Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7195

Rudi Walther (Zierenberg) Treiben Sie Ihrem Generalinspekteur seine Ideen Ihr Beitrag war aber vor allen Dingen auch deswe- über weltweite Einsatzmöglichkeiten der Bundes- gen überflüssig, weil gestern unter Ihrem Vorsitz der wehr auf vielen Gebieten aus, die weit über das Haushaltsausschuß des Deutschen Bundestages, militärisch Notwendige und das verfassungsmäßig wenn ich richtig unterrichtet bin, doch einstimmig, Zulässige hinausgehen. also auch mit Ihren Stimmen, beschlossen hat, die (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ entsprechenden Berichte des Bundesministeriums für GRÜNE) Verteidigung bis Ende April anzufordern und dann darüber zu befinden. Was soll das also hier? Treten Sie dem Eindruck entgegen, es gebe auf der Hardthöhe Verantwortliche, die dem Gedanken, am (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge deutschen Wesen müsse die Welt wieder einmal ordneten der F.D.P.) genesen, nähertreten wollen! Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Dr. Schäuble, (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Konrad gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Weiß [Berlin] [Bündnis 90/GRÜNE] — Wi Walther? derspruch bei der CDU/CSU — Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten [CDU/CSU]: Was sind das für Unterstellungen!) Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): Bitte sehr. Auf den Kollegen Rühe wartet eine Herkulesauf- Rudi Walther (Zierenberg) (SPD): Kollege gabe, auch deshalb, weil sein Vorgänger sie nicht Dr. Schäuble, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, schulterte. Es ist ganz selbstverständlich — ich sage es daß dies, was Sie hier zu Recht vorgetragen haben, nur noch einmal —, daß auch die Opposition ihm bei ein Teil der Geschichte war und daß der zweite Teil, dieser mit Schleudersitzen wahrlich gepflasterten der Antrag, den Bundesrechnungshof um eine beglei- Aufgabe viel Glück wünscht. tende Prüfung zu bitten, von der Mehrheit abgelehnt (Dr. Ottfried Hennig [CDU/CSU]: Wie beim wurde? vorigen Mal! Heribert Scharrenbroich [CDU/CSU]: So viele Krokodilstränen!) Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): Herr Kollege Zum Schluß: Unsere Freundschaft mit dem türki- Walther, wenn ich von den Kollegen meiner Fraktion schen Volk darf unter diesem abenteuerlichen Vor- richtig unterrichtet bin, war doch die Beschlußfassung gang nicht leiden. Wir bitten aber auch den türkischen im Haushaltsausschuß — unter Ihrem Vorsitz, deswe-

Staatspräsidenten und die türkische Regierung, dafür gen müßten Sie es auch wissen — so — — zu sorgen, daß alle friedliebenden Kurden in der Türkei ein Leben in kultureller, sprachlicher, geistiger Rudi Walther (Zierenberg) (SPD): Ich bitte um Ent- und demokratisch gesicherter Freiheit führen können. schuldigung, Herr Kollege Schäuble: Darf ich darauf Dann besteht die Hoffnung, daß diese Affäre doch nur aufmerksam machen, daß, weil ich mich an der eine Episode bleibt. Debatte beteiligt hatte, der Kollege Rose den Vorsitz Schönen Dank. geführt hat. (Beifall bei der SPD — Johannes Gerster [Mainz] [CDU/CSU]: Mein Gott, Walther! Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): Gut, jedenfalls Was war das schwach! Wirklich! Sie beschä waren Sie aber anwesend. digen das Ansehen des Haushaltsausschus (Zurufe von der SPD) ses, Herr Vorsitzender, mit parteipolitischer Es spielt ja auch gar keine Rolle; die Beschlußfas-- Münze! Der schwächste Vorsitzende in der sung — — Geschichte!) (Lachen und weitere Zurufe von der SPD) — Die Frage, wer den Vorsitz in diesem Augenblick im Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Es spricht Dr. Wolf- Haushaltsausschuß geführt hat, spielt wohl keine gang Schäuble. entscheidende Rolle. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): Frau Präsiden- Zurufe von der SPD) tin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Beschlußfassung im Haushaltsausschuß ist mit (Zuruf von der SPD) Ihren Stimmen gewesen, daß die entsprechenden Berichte bis zum 30. April angefordert werden sollen Herr Kollege Walther, Ihr Fraktionsvorsitzender hat und daß danach im Haushaltsausschuß befunden einleitend in dieser Debatte schon gesagt, daß Ihr wird, ob der Rechnungshof eingeschaltet werden soll Beitrag überflüssig war, jedenfalls habe ich Sie, Herr oder nicht. So bin ich unterrichtet. Klose, so verstanden, auch wenn Sie sich selbst nicht daran gehalten haben. (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abge ordneten der F.D.P. — Zuruf von der CDU/ (Rudi Walther [Zierenberg] [SPD]: Das haben CSU: Das ist der Fakt! — Johannes Gerster Sie falsch verstanden!) [Mainz] [CDU/CSU]: Walther, setzen! Fünf! — Ach, Sie mißverstehen Ihren Fraktionsvorsitzenden — Zuruf von der SPD: Die halbe Wahr öfters; diesen Eindruck haben wir in den letzten heit!) Wochen gehabt. Nun, Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, (Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der würde ich gern auch von dieser Stelle aus noch einmal CDU/CSU) ein Wort des Dankes an Gerhard Stoltenberg für seine 7196 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Wolfgang Schäuble Leistungen insbesondere als Bundesminister der Ver- vom Vorsitzenden der SPD-Fraktion und von Graf teidigung sagen. Lambsdorff, die Bedeutung unserer Beziehungen zur (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Türkei, die Wichtigkeit der Rolle der Türkei für unsere gemeinsame Entwicklung in Europa und dar- Ich verbinde damit zugleich die guten Wünsche an über hinaus gewürdigt worden ist. Es ist gut und Volker Rühe, wichtig, daß wir uns unserer Verantwortung für diese (Zuruf von der SPD: Wo ist er?) Beziehungen auch im Rahmen unseres Atlantischen Bündnisses bewußt bleiben und entsprechend danach der sich wegen einer dringenden Verpflichtung ab handeln. 12 Uhr entschuldigen mußte. Ich bin darüber unter- richtet. Das ist in solchen Tagen, wo man ein solches Nur, Herr Kollege Klose, wenn Sie davon gespro- Amt neu übernimmt, verehrte Kolleginnen und Kolle- chen haben ich suche gerade das, was ich mir gen auch von der SPD, gelegentlich so, daß man während Ihrer Rede aufgeschrieben habe —, daß die zwingende terminliche Verpflichtungen hat. Ich Zweifel an der Verläßlichkeit der Bundesrepublik respektiere, daß Volker Rühe die Sitzung des Bundes- Deutschland als Bündnispartner wachsen würden, tages gegen 12 Uhr verlassen mußte, ( [SPD]: Leider wahr!) (Zustimmung des Abg. Hans-Ulrich Klose dann müssen Sie noch einmal darüber nachdenken, [SPD]) ob solche Zweifel, wenn es sie denn gibt, nicht im und wünsche ihm dennoch in seinem wichtigen und wesentlichen dadurch geschürt werden, daß die große schwierigen, schönen und verantwortungsvollen Amt Oppositionspartei in diesem Bundestag diese Zweifel für die CDU/CSU-Fraktion von Herzen alles Gute. nährt. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Es ist im übrigen gut, daß die Regierungserklärung An der Verläßlichkeit von CDU/CSU, dieser Bun- des Bundeskanzlers dazu beigetragen hat, daß wir desregierung, dieser Koalition von CDU/CSU und den Blick wieder etwas mehr auf das Wesentliche der F.D.P. als Bündnispartner im Atlantischen Bündnis hat deutschen Politik lenken, niemand im Ausland wie im Inland jemals zu zweifeln Anlaß gehabt. (Lachen bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE — Zurufe von der SPD) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) in einer Zeit, in der große Veränderungen in Deutsch- Wenn wir uns über Zweifel an der Verläßlichkeit der land und Europa für uns mitten in Europa Aufgaben, Bundesrepublik Deutschland als Bündnispartner Sor- Verantwortung und Chancen bedeuten, die wir wahr- gen machen, müssen wir über die Fragen notwendi- nehmen, die wir erkennen und denen wir gerecht ger Rüstungskooperation im Atlantischen Bündnis in werden müssen. einer differenzierteren Weise nachdenken und reden, als Sie, Herr Klose, es heute getan haben. Der Besuch des polnischen Staatspräsidenten in diesen Tagen gehört wohl zum Wesentlichen der (Widerspruch bei der SPD) deutschen Politik. Ich glaube, daß für das, was wir jetzt Wenn Sie Rüstungskooperation ausschließlich mit in Europa zustande bringen wollen, die deutsch- Industrieinteressen gleichsetzen, dann werden Sie polnische Aussöhnung von einer ganz besonderen dem Anliegen einer verläßlichen Zusammenarbeit im Bedeutung ist. Bündnis nicht gerecht. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — Ich denke, auch bei diesem Besuch ist sichtbar Manfred Opel [SPD]: Das ist doch einfach geworden, daß unsere Politik richtig ist: in Europa falsch!) nicht mehr um Grenzen zu streiten und Grenzen Es geht nicht nur um Industrieinteressen, sondern verändern zu wollen, sondern Grenzen durchlässig zu darum, daß wir im Atlantischen Bündnis zur Rüstungs- machen, damit die Menschen diesseits und jenseits kooperation auch in Zukunft fähig bleiben müssen. von Grenzen friedlich und freundschaftlich und in guter Nachbarschaft miteinander leben können. Dies Richtig ist natürlich auch — darüber besteht zum ist auch der beste Weg, um Minderheitenprobleme in Glück kein Dissens; ich will es noch einmal unterstrei- Europa und weit darüber hinaus zu lösen. chen —, daß die gelieferten Waffen nur im Rahmen der vertraglichen Zweckbindung eingesetzt werden Deswegen sind wir auch in unserer Fürsorge für die dürfen. Darauf müssen wir auch gegenüber der Türkei Deutschen jenseits von Oder und Neiße auf diesem bestehen; darüber besteht überhaupt kein Dissens. Weg in diesen Jahren gut vorangekommen. Beides aber gehört zusammen. Ein einseitiger Stopp Ich hoffe, daß dieses Beispiel auch in anderen Teilen jeder Rüstungskooperation ist kein Weg, der uns als Europas Schule macht. Ich wünsche mir so sehr, daß es Bündnispartner zuverlässig macht und der den Not- auch für die so schwierig zu lösenden Anliegen des wendigkeiten europäischer wie atlantischer Zusam- kurdischen Volkes ein Weg ist, um die Probleme zu menarbeit gerecht wird. lösen. Denn einen Weg der Gewalt gibt es weder für die einen noch für die anderen. Im übrigen liegt mir daran, daß wir auch in dieser Debatte noch einmal klarmachen, daß die Bundes- (Beifall im ganzen Hause) wehr ebenso wie die Streitkräfte unserer Verbünde- Ich denke, es ist gut, daß in dieser Debatte vom ten auch in Zukunft für Frieden, Sicherheit und Bundeskanzler und von Gerhard Stoltenberg, auch Freiheit unverzichtbar ist und daß die Soldaten der Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7197

Dr. Wolfgang Schäuble Bundeswehr Friedensdienst für uns alle leisten, für die angeblich vorgesehen seien, alle nicht der Wahr- den wir ihnen danken. heit entsprechen. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P. — sowie der Abg. Ingrid Matthäus-Maier Zuruf von der SPD: Wer einmal lügt!) [SPD]) Wie kann man denn in Anzeigen im baden-württem- bergischen Wahlkampf vom Rentenbetrug sprechen, Letztlich, so scheint mir bei den Aufregungen dieser wenn man die Rentenreform noch vor einem Jahr im Tage, wird in vielem sichtbar, wie schwer es uns Konsens aller demokratischen Kräfte in diesem Hause Deutschen noch immer fällt, den großartigen Verän- verabschiedet hat! derungen und Chancen der letzten Jahre durch die deutsche Einheit und nach dem Ende des Ost-West (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der Konflikts auch mit den ganz eigenen und neuen F.D.P. — Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Verantwortungen gerecht zu werden. Lesen Sie mal die Anzeige des Kollegen Austermann durch!) (Ingrid Matthäus-Maier [SPD]: Was hat das Das ist ein derartiges Maß an Doppelzüngigkeit und mit den Panzern zu tun?) Heuchelei. In Wahrheit schüren Sie damit Ängste, und Wir erleben in Fragen der Rüstungskooperation, der Sie betreiben das Geschäft der Radikalen in diesem Zusammenarbeit im Atlantischen Bündnis, der euro- Lande. päischen Zusammenarbeit die Strategie Ihres Herrn (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der nach dem Lafontaine, eine Verweigerungsstrategie F.D.P.) Gipfel von Maastricht. Wer heute den Menschen unverantwortlich Ängste (Dr. Herta Däubler-Gmelin [SPD]: An allem einredet, darf sich nicht wundern, wenn damit radi- sind die Sozialdemokraten schuld!) kale Kräfte in diesem Lande gestärkt werden. Das alles hat mit den Veränderungen in Deutschland (Beifall hei der CDU/CSU) und Europa zu tun, Lieber Herr Klose, ich finde, nach den schweren (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Monaten, die Sie in ihrer Fraktion hatten, haben Sie Sie wollten sich zwar im Bundestag an mir reiben, und es hat mit den prioritären Verantwortlichkeiten wie ich gelesen habe, haben das aber heute nicht so der Bundesrepublik Deutschland zu tun. arg getan — noch ein bißchen Anspruch auf Schonung Wenn Sie in der Endphase der Landtagswahl- durch mich, weil Sie es so schwer mit Ihren Fraktions- kämpfe eine so unglaubliche Neid-, Angst- und Diffa- kollegen haben. mierungskampagne führen, wie Sie es zur Zeit tun, (Widerspruch bei der SPD) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Herr Dr. Schäuble, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten dann hat das mit den Verantwortlichkeiten in Jungmann? Deutschland zu tun. (Beifall hei der CDU/CSU — Horst Jung mann [Wittmoldt] [SPD]: Sie müssen sich mal Dr. Wolfgang Schäuble (CDU/CSU): Nein, ich etwas Neues einfallen lassen!) möchte gerne ein paar Sätze — — (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Es- ist Sie haben das Erbe von Lafontaine aus dem Jahr der Ihnen peinlich, diese Anzeige vorgelegt zu deutschen Einheit, der die Einheit nicht wollte, jeden- bekommen! — Zuruf des Abg. Dr. Hans falls nicht so schnell, noch immer nicht überwun- Ulrich Klose [SPD]) den. (Beifall bei der CDU/CSU) Herr Kollege Klose, es geht aber nun wirklich nicht, zu sagen, die Regierung habe in der Asylpolitik nicht Noch immer wird den Deutschen in den neuen Bun- einen einzigen Vorschlag vorgelegt, und dann zu desländern die Hoffnungslosigkeit und zugleich den erwarten, daß wir Ihnen das auch noch abnehmen und Menschen in den alten Bundesländern die unmittel- nicht sagen, daß Sie offenbar die letzten zehn Jahre an bar bevorstehende Verelendung eingeredet. Nichts der deutschen Politik nicht teilgenommen haben. Das davon entspricht der wirklichen Lage. geht ein bißchen weit. (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) (Beifall bei der CDU/CSU) Wahr ist, daß wir eine einmalige geschichtliche Im übrigen ist die Wahrheit: Sie betreiben mit Ihrer Aufgabe in kurzer Zeit bewältigen müssen und daß Angstkampagne das Geschäft der Radikalen in die- wir uns deswegen auf die Durchsetzung der notwen- sem Lande. digen Prioritäten zu konzentrieren haben. Wahr ist (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der auch, daß dies für die nächsten Jahre unsere wirt- SPD: Pfui! — Unerhört! Dr. Peter Struck schaftlichen und finanziellen Kräfte in ungewöhnli- [SPD]: Sie gehen eindeutig zu weit! Unerhört chem Maße fordern wird, so daß eben nicht die Zeit für ist das! Weitere Zurufe von der SPD) neue große Verteilungskämpfe ist. Sie betreiben es auch, weil Sie seit Jahr und Tag die Aber wahr ist auch, daß wir es schaffen können und notwendige Zusammenarbeit in der Asylpolitik ver- daß die Diffamierungskampagnen hinsichtlich neuer weigern. Steuererhöhungen und großer Abgabenkürzungen, (Beifall bei der CDU/CSU) 7198 Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Wolfgang Schäuble Je schneller Sie diese Verweigerungs- und Blockade- (Beifall bei der SPD, der PDS/Linke Liste und haltung aufgeben, desto besser sind unsere Möglich- dem Bündnis 90/GRÜNE — Widerspruch bei keiten, der CDU/CSU — Gerhard O. Pfeffermann [CDU/CSU]: Sie haben vielleicht ein infames (Rudolf Kraus [CDU/CSU]: Sonntag ent Mundwerk, Frau Kollegin! — Gegenruf des scheidet das Volk!) Abg. Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: das Anwachsen radikaler Kräfte von links oder von Pfeffermann, Sie auch!) rechts in diesem Lande gemeinsam zu bekämpfen. Sie verwechseln den Ort und den Anlaß, aus dem wir (Beifall bei der CDU/CSU — Manfred Opel uns heute treffen. Sie kommen vielleicht in einer [SPD]: Sie haben nichts gelernt, Herr CDU-Parteiveranstaltung mit dem durch, was Sie hier Schäuble!) sagen. Aber das hier ist der Deutsche Bundestag. Wir sollten alle gemeinsam zweierlei zugleich tun: Es geht heute auch nicht darum, ein verdientes Wir sollten an unsere Mitbürger appellieren, daß sie CDU-Mitglied zu verabschieden, sondern es geht um auch verständliche Verärgerung über dieses oder die Verantwortlichkeit eines auf unsere Verfassung jenes nicht zum Anlaß nehmen, radikalen Kräften in vereidigten Bundesministers, und dazu habe ich von unserem Lande ihre Zustimmung zu geben, Ihnen nichts gehört. (Beifall bei der CDU/CSU) (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten weil damit die Bundesrepublik Deutschland ihrer der PDS/Linke Liste und des Bündnisses Verantwortung nicht gerecht werden kann. 90/GRÜNE) Aber wir sollten auch in gemeinsamer Verantwor- Vor allen Dingen aber — das sage ich jetzt dem tung die Probleme lösen, die unsere Bürger beschäf- Fraktionsvorsitzenden der größten Fraktion im Deut- tigen und beunruhigen. Beides gehört zusammen. schen Bundestag — geht es darum, daß der Deutsche Bundestag über alle Parteigrenzen hinweg heute (Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. feststellt, daß wir gedenken, unsere verfassungsge- Dr. [F.D.P.]) mäßen Pflichten und Rechte wahrzunehmen. Wir sollten die Lage nicht schlechterreden, als sie Sie hätten es so leicht gehabt, vier Feststellungen zu ist. (Lachen bei der SPD) treffen, nämlich: Erstens. Wir lassen es nicht zu, daß die Regierung am Deutschen Bundestag vorbei han- Es gibt keinen Grund zu Weltuntergangsstimmung delt und ihn täuscht. oder Defätismus. Wir haben alle Chancen, das groß- artige Geschenk der Geschichte, die deutsche Einheit, (Beifall bei der SPD) das Ende des Ost-West-Konfliktes, das Ende der Zweitens. Wir lassen es nicht zu, daß ein Verteidi- Sowjetunion und des Warschauer Paktes, für eine gungsminister oder ein Staatssekretär illegal Waffen Zukunft in Frieden, Freiheit, in wirtschaftlichem exportiert. Wohlstand und sozialer Sicherheit zu nutzen. Es gibt keinen Grund, den Menschen Angst einzureden, (Beifall hei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ (Werner Schulz [Berlin] [Bündnis 90/ Linke Liste - Zurufe von der CDU/CSU: GRÜNE]: Ängste zu benennen!) Unglaublich! — Pfui! Weitere lebhafte sondern es gibt allen Grund, verantwortlich zu han- Zurufe von der CDU/CSU) - deln, gemeinsam Verantwortung wahrzunehmen, Drittens. Wir wollen nicht, daß mit deutschen Waf- aber den Bürgern auch Zuversicht zu vermitteln. fen immer mehr Flüchtlinge in unser Land gebombt Ich denke, verehrte Kolleginnen und Kollegen, die werden, meine Damen und Herren. Geschichte hat uns Deutschen zum Ende dieses Jahr- (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ hunderts eine ungeheure Gnade erwiesen. Wir haben GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ die Gunst der Geschichte auch genutzt — entschlos- Linke Liste) sen, tatkräftig und mit viel Mut. Wir sollten uns jetzt alle miteinander auch durch Zuversicht und durch Wir hoffen, daß Sie Ihre infame Asylkampagne bald entschlossenes Handeln der Gunst der Geschichte abbrechen. Wenn der braune Sumpf am Sonntag in würdig erweisen. die Parlamente gespült wird, werden Sie ein gerüttel- tes Maß an Verantwortung dafür tragen. (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU Beifall bei der F.D.P.) (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ Linke Liste - Zurufe von der CDU/CSU: Sie!) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer Kurzintervention hat die Abgeordnete Frau Dr. Däub- Viertens. Meine Damen und Herren, der Rücktritt ler-Gmelin. des Verteidigungsministers und seines Parlamentari- schen Staatssekretärs ist ein erster Schritt. Jetzt muß volle Aufklärung auf den Tisch; jetzt müssen vor allen Dingen alle nötigen Konsequenzen gezogen werden.

Dr. Herta Däubler - Gmelin (SPD): Herr Schäuble, Dafür stellen wir heute unseren Antrag. Meine Damen Ihre böse, Ihre infame Rede bedarf einer kurzen und Herren, wenn Sie das Parlament ernst nehmen, Erwiderung. werden Sie dem zustimmen müssen. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7199

Dr. Herta Däubler-Gmelin Danke schön. Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat jetzt (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ der Abgeordnete Gysi. GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ (Helmut Sauer [Salzgitter] [CDU/CSU]: Jetzt Linke Liste) kommt bestimmt die Wahrheit! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Abgeordnete Gerster. Dr. Gregor Gysi (PDS/Linke Liste): Wissen Sie, Ihre ganze Unqualifiziertheit wurde schon deutlich, als hier eine Abgeordnete des Deutschen Bundestages Johannes Gerster (Mainz) (CDU/CSU): Frau Däub- gesprochen hat, die als einzige von uns wirklich ler-Gmelin, „Veritas facit pacem", „Die Wahrheit anwesend war, als die Massaker stattfanden; wenn Sie schafft Frieden". wirklich Interesse an den Menschen dort und an den (Lachen bei der SPD — Zuruf von der SPD: Menschenrechten gehabt hätten, hätten Sie wenig- Dann versuchen Sie es jetzt mal! Weitere stens bei dieser Gelegenheit einfach einmal zuhören Zurufe von der SPD) können. — Ich finde es schon bemerkenswert, daß Sie mich gar (Beifall bei der PDS/Linke Liste sowie bei nicht zu Wort kommen lassen, wenn ich hier die Abgeordneten der SPD) Wahrheit anspreche. Anlaß für die Sitzung ist bekanntlich die illegale Die Behauptung, daß ein Minister oder ein Staats- Lieferung von 15 Panzern in die Türkei. sekretär wissentlich-willentlich illegal Waffen gelie- (Hans-Werner Müller [Wadern] [CDU/CSU]: fert habe, ist die reine Unwahrheit. Sie sollten das Das stimmt ja schon nicht!) zurücknehmen. Hier darf vielleicht auch einmal erwähnt werden, daß (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU und der es der parlamentarischen Arbeit der PDS/Linke Liste F.D.P.) zu verdanken ist, daß dies bekannt wurde, wenn auch Ein zweiter Punkt, wenn wir gerade dabei sind: Frau andere versuchen, jetzt den Ruhm dafür einzustrei- Däubler-Gmelin, ich selbst war bei den Gesprächen chen. im Bundeskanzleramt im Oktober letzten Jahres (Horst Jungmann [Wittmoldt] [SPD]: Sie dabei, Sie ja auch. Sie wissen ganz genau Ihr waren im Ausschuß gerade mal nicht anwe Fraktionsvorsitzender Klose weiß es ebenfalls —, daß send!) wir in diesen Gesprächen eine Bestandsaufnahme in bezug auf Maßnahmen gemacht haben, die im Asyl- Ungerecht ist es allerdings, hinsichtlich dieser ille- bereich getroffen werden müssen. Da hörte der dama- galen Lieferung die Verantwortung allein im Vertei- lige Innenminister Schäuble von Ihnen den Vorwurf, digungsministerium zu sehen. Das Finanzministe- er mache zwar zum Asylverfahrensrecht Vorschläge, rium hat zumindest seine Kontrollpflicht nach dem er habe aber noch keinen Vorschlag z. B. zu einer Haushaltsgesetz verletzt. Das Auswärtige Amt und Ergänzung des Art. 16 des Grundgesetzes gemacht. das Bundeskanzleramt ergriffen Initiativen zu diesen Waffenlieferungen, gaben Versprechen an türkische Auf Ihre Forderung hin hat dann der Innenminister Politiker; so auch der Bundeskanzler gegenüber dem Schäuble einen Tag danach — am 11. Oktober — eine türkischen Außenminister. Grundgesetzergänzung in der ausformulierten Form - vorgelegt, was wiederum zu Ihrem Vorwurf führte, er Gerade beim Finanzministerium wundere ich mich torpediere die Vereinbarung bei Kohl mit dieser sehr, daß diesbezüglich relativ wenig geprüft wird; Formulierung. denn die führenden Vertreter dieses Ministeriums haben an den beiden entscheidenden Beratungen des (Zuruf von der SPD: Richtig!) Haushaltsausschusses teilgenommen, und es hätte Die Behauptung, es gebe keine Vorschläge zu einer ihnen deshalb auffallen müssen, als sie die Vorlage grundlegenden Änderung des Asylverfahrensrechts mit dem Entsperrvermerk zur Lieferung dieser Waffen und zur Änderung des Grundgesetzes — von Ihnen bekamen, und sie haben eben nichts kontrolliert. Ich erhoben —, ist falsch. Sie sagen wissentlich die kann mir nicht vorstellen, daß deutsche Beamte das Unwahrheit. einfach so umgehen, wenn sie dazu nicht eine höhere (Beifall bei der CDU/CSU) Weisung hatten, und die würde ich gerne einmal kennenlernen. Ich finde, das gehört auch zur Aufklä- Dritte Feststellung. Wer so in den Saal ruft, darf sich rungspflicht. nicht wundern, wenn auf einen groben Klotz ein grober Keil gesetzt wird. (Dr. Ottfried Hennig [CDU/CSU]: Eine miese Unterstellung!) (Lachen bei der SPD und beim Bündnis 90/ GRÜNE) Aber ich frage auch, ob das alles wirklich mit Rücktritten geklärt werden soll. Sind die Probleme Frau Däubler-Gmelin, ich weise Ihre disqualifizieren- lösbar, indem Waigel, Genscher, Bohl, Kohl zurück- den Äußerungen gegenüber unserem Fraktionsvorsit- treten? Ich glaube, nicht. Ich glaube auch nicht, daß es zenden zurück. Ich bin der Meinung, daß Sie zur in erster Linie um diese 15 Panzer geht; denn der Wahrheit zurückfinden und Ihre Beschimpfungen Waffenexport aus der Bundesrepublik ist ja nur zum einstellen sollten. geringsten Teil illegal. 97 % der Exporte erfolgen (Beifall bei der CDU/CSU) legal. 7200 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Gregor Gysi Die kurdische Zivilbevölkerung wird auch mit verschiedenen Ländern geschieht, in die sie geschickt deutschen Waffen gemordet, aber überwiegend eben werden! Lassen Sie uns einhalten und sowohl bei den mit legal gelieferten Waffen. Ich wundere mich, daß wirtschaftlichen als auch bei den sogenannten militä- der Einfluß auf den Kanzler seitens der türkischen rischen Interessen zurückstecken! Unsere Sicherheit Regierung offensichtlich schon so groß ist, daß er sich wird nicht dadurch erhöht, daß wir Waffen in die Welt aus diplomatischen Gründen nicht einmal mehr wagt, hinaus exportieren, mit dem Ergebnis, daß sich die hier im Bundestag das Wort „Kurden" in den Mund zu entsprechenden Konflikte letztlich auch zum Nachteil nehmen und die Unterdrückung dieses Bevölke- der Bundesrepublik Deutschland auswirken. rungsteils bis hin zum Mord deutlich zu verurteilen. (Beifall bei der PDS/Linke Liste) Die Formulierung „Konflikt" trifft das Geschehen dort nicht. (Beifall bei der PDS/Linke Liste) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als letzter hat der Wir bekommen jetzt vorgeführt, was auch das Ergeb- Abgeordnete Lowack das Wort. nis von Waffenexporten in ein NATO-Partnerland sein kann. Dieses NATO-Partnerland ist in den letzten Monaten von der Bundesregierung erheblich hochge- Ortwin Lowack (fraktionslos): Frau Präsidentin! rüstet worden; seit 1980 im Umfange von 4 Milliar- Meine Damen und Herren! Die Hintergründe für diese den DM. Debatte sind in der Tat gespenstisch. Der Bundes- kanzler stellt Widrigkeiten der Politik dar. Er legt die Es ist wahr: Auch die früheren Regierungen haben Regierungserklärung vor bzw. liest sie ab und verzieht sich ähnlich verhalten. Es ist auch wahr, daß es wenig sich dann und überläßt das Feld anderen. hilft, in Verträge hineinzuschreiben, zu welchem Zweck Waffen verwendet werden dürfen, wenn sie (Stefan Schwarz [CDU/CSU]: Er war ganz erst einmal exportiert sind. Wer Waffen exportiert, lange hier! — Zuruf von der CDU/CSU: Auf muß sich damit abfinden, daß sie in dem Lande so Sie konnte er verzichten!) angewandt werden, wie es die dort Verantwortlichen Dabei ist es genau der Bundeskanzler, dessen Schwä- wünschen. Das ist eine Tatsache. che, dessen Wankelmütigkeit und dessen Unklarheit in der Regierungspolitik die Probleme aufwerfen, Deshalb waren und bleiben wir Gegner des Waffen- über die wir heute diskutieren. exports überhaupt und sind nach wie vor dafür, das im Grundgesetz entsprechend zu verankern. Ich glaube (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ auch, daß es der SPD schwerfallen wird, in Anbetracht GRÜNE) der Ereignisse in der Türkei zu begründen, weshalb Das wird jetzt auf die Umgebung abgewälzt, leider auf im Grundgesetz der Waffenexport nur außerhalb der gutmütige und gutgläubige Opferlämmer, die ihren NATO verboten werden soll. Er richtet eben auch bei Kopf entweder hinhalten oder hinhalten müssen. Ich einem NATO-Partner Türkei größten Schaden an und weiß nicht, warum der Kollege Stoltenberg vorhin in — wie Sie richtig gesagt haben — bringt zusätzlich dieser Nibelungentreue zum Kanzler gestanden hat. Flüchtlinge auch in die Bundesrepublik Deutsch- Ich weiß, daß vieles im Hintergrund eine Rolle spielen land. kann und heute nicht Diskussionsstoff ist. Auch das Es macht mir auch Sorgen, wie diese Debatte wird sicher noch einmal aufgeklärt werden. genutzt wird, um die Blauhelm-Diskussion fortzuset- Aber das eigentliche Problem ist doch, meine sehr zen. Wenn der Fraktionsvorsitzende der SPD sagt, verehrten Kolleginnen und Kollegen: Diese Bundesre- man kann mit der SPD darüber reden, aber der zweite gierung ist eine Regierung ohne erkennbare Grund- Schritt darf nicht festgeschrieben sein, dann heißt das sätze, wohl, er darf offen bleiben. Das heißt dann wohl, er (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ kann folgen. Ich glaube, daß diese Inkonsequenz in GRÜNE) der Politik der Rolle, die Deutschland in der Welt zu spielen hätte, nicht gerecht wird. die den Menschen draußen zur Orientierung dienen könnten. Sie ist geballte Macht und sonst nichts. Ich Lassen Sie mich, da meine Redezeit abgekürzt werde nie vergessen, als der Bundeskanzler vor einem worden ist, zum Schluß kommen. Wir stellen uns hier Jahr, am 17. Januar, in seinem Amt bestätigt werden hin und erwarten — ich finde: zu Recht — von den sollte und zwei Stunden vorher im Auftrag des UNO- neuen Staaten der GUS, daß sie Waffen nicht zu einem Sicherheitsrates unter der Leitung der Amerikaner der Geschäft nutzen. Nicht nur die Atomwaffen, sondern Gegenangriff zur Befreiung Kuwaits erfolgt war, wie auch die anderen Waffen, die dort lagern, sollen nicht er sich in einer Situation völliger Hilflosigkeit Theo zum Zwecke des Verkaufs genutzt werden, um wirt- Waigel und Graf Lambsdorff hergeholt hat mit dem schaftliche Probleme in diesen Ländern zu lösen. Aber Hinweis: Ich weiß nicht, was ich machen soll; es wird es gibt dort riesige wirtschaftliche Probleme. Mit soviel Druck auf mich gemacht. welcher Glaubwürdigkeit wollen wir das vortragen Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, heute ist und einklagen, solange wir selbst mit Rüstung ein so immer noch die gleiche Situation. Wir haben immer riesiges Geschäft machen, wie es in der Bundesrepu- noch keine politische Antwort darauf gefunden, wann blik Deutschland stattfindet? die Bundeswehr einsetzbar ist. Der neue Verteidi- Lassen Sie uns ein Moratorium beschließen! Lassen gungsminister Volker Rühe übernimmt Hypotheken Sie uns Berichte von der Bundesregierung anfordern! aus dieser Zeit, für die er nichts kann auch ein Hören wir mit dem Waffenexport zumindest vorüber- Gerhard Stoltenberg konnte nichts dafür , mit gehend auf, bis wir wissen, was mit den Waffen in den denen er in der Zukunft aber zu tun hat. Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7201

Ortwin Lowack Slowenien und Kroatien. Wir haben doch im letzten Ich darf abschließen: Meine lieben Kolleginnen und Jahr erlebt: Das ganze Jahr über keine konkrete Kollegen, das Schwanken der Bundesregierung Politik der Bundesregierung, politische Erklärungen, gefährdet in der Zwischenzeit unsere außenpolitische aber keine Feinarbeit, die notwendig gewesen wäre, Position. um mit den Amerikanern, mit den Briten, mit den Ich darf vielleicht eines sagen — Franzosen, mit den Griechen und wem anders noch klarzukommen. Die 73 Milliarden DM, auf die sich der Bundeskanz- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ihre Redezeit ist ler heute beruft, die man in die alte Sowjetunion beendet, Herr Lowack. gesteckt hatte, waren doch in ein altes, marodes System gesteckt worden, das uns heute nicht mehr als Vorbild dienen kann. Das ist Geld, das uns heute fehlt, auf das wir dringend angewiesen wären. Ortwin Lowack (fraktionslos): Frau Kollegin, ich Und wie war es mit den 8,6 Milliarden DM beson- darf zum Schluß kommen: Meine lieben Kolleginnen dere Hilfeleistung an Honecker noch im Januar 1989, und Kollegen, in einer Zeit, in der man wirklich absehen konnte oder (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Entzie mußte, daß es mit einem geteilten Deutschland nicht hen Sie das Wort! Den braucht die SPD noch! weitergehen würde? Der paßt auch zur SPD! Der hat auch das Meine sehr verehrten Damen und Herren, wo liegen entsprechende Niveau!) denn die Konzeptionen der Bundesregierung in ihrer Vieles, was als Erfolg dieser Bundesregierung darge- Türkei-Politik? Natürlich wird die Türkei im Jahre stellt wird, sind nicht Erfolge der Bundesregierung, 2000 über 70 Millionen Menschen haben. Sie hat sondern sind das Ergebnis des Fleißes und der Arbeit einen ungemein wichtigen Einfluß auf die gesamte von Millionen Menschen draußen, Entwicklung im Nahen Osten und natürlich auch im südlichen Teil der alten Sowjetunion. Aber wo gibt es (Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ denn eine mittel-, langfristige Konzeption? Warum GRÜNE) sagt der Bundeskanzler hier nicht, daß man zwischen die Deutschland eine Position in der Welt vermittelt den Kurden und der PKK durchaus unterscheiden haben, der diese Politik leider nicht gerecht wird. Und muß, daß das eine eine Terrororganisation ist, Sie werden die Antwort darauf erhalten. (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Danke. GRÜNE) (Beifall bei der SPD) die bei uns übrigens noch sehr stark am Rauschgift- geschäft beteiligt ist? Warum bringt man diese Tren- nung nicht, und warum entwickelt man hier keine Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ich schließe die Konzeption? Aussprache. Wo finden wir in anderen Bereichen eine Konzep- Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die Ent- tion der Bundesregierung? China-Politik: Da klebt schließungsanträge. Die Fraktion der CDU/CSU hat man an dem alten Blut-System in Peking und ist nicht nach § 88 Abs. 2 Satz 2 der Geschäftsordnung die in der Lage, eine moderne Politik zu artikulieren. Verschiebung der Abstimmung auf den nächsten (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ Sitzungstag beantragt. Wir stimmen heute- also nicht GRÜNE) ab. Wo sind denn im Bereich der Sicherheitspolitik Damit erübrigt sich auch die geschäftsordnungsmä- Leitlinien in unserem Interesse? Maastricht wird hier ßige Behandlung des Verlangens der Gruppe PDS/ in der Diskussion noch eine große Rolle spielen. Aber, Linke Liste nach namentlicher Abstimmung. meine lieben Kolleginnen und Kollegen, glauben Zur Geschäftsordnung, Herr Struck. nicht auch Sie, daß wir viel mehr ein Europa der lebendigen Ideen brauchten als das, was die Bundes- regierung fördert, ein Europa undemokratischer Institutionen? Wir setzen doch die Mittel völlig falsch Dr. Peter Struck (SPD): Frau Präsidentin! Meine ein. Die Menschen begreifen Europa doch nicht mehr Damen und Herren! Ich stelle fest, daß wir uns gegen so, wie das hier vorgeführt wird. diesen Antrag der CDU/CSU-Fraktion nicht wehren können, die Entscheidung über den Antrag auf die Ich habe mich gewundert, Kollege Schäuble, daß sie vorhin die Sozialdemokraten angegriffen haben. nächste Sitzungswoche zu verschieben. Ohne die Sozialdemokraten hier und in der Volks- (Karsten D. Voigt [Frankfurt] [SPD]: Das ist kammer wäre Ihr Weg zur Deutschen Einheit mit dem ein ganz fieser Trick, ein unparlamentari Einigungsvertrag — ich habe ihn für überflüssig scher Trick!) gehalten — niemals möglich gewesen. Auch das hät- Ich stelle weiter fest, Frau Präsidentin, meine Damen ten Sie klarstellen müssen. und Herren, daß es absolut unsinnig ist, einen Antrag, (Beifall bei der SPD und dem Bündnis 90/ mit dem der Deutsche Bundestag aufgefordet wird, GRÜNE — Zurufe von der CDU/CSU — einen Bericht des Bundesrechnungshofes bis zum Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Sie ma 29. April zu verlangen, am 30. April zu debattieren. chen Lafontaine alle Ehre! Das hat die SPD Das zeigt nur die Unsinnigkeit Ihrer Politik, und es nicht verdient!) zeigt, daß Sie sich scheuen, daß der Bundesrech- 7202 Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

Dr. Peter Struck nungshof diesen skandalösen Vorgang aufklären Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als nächster spricht soll. der Abgeordnete Rüttgers. (Beifall bei der SPD, und dem Bündnis 90/ GRÜNE sowie bei Abgeordneten der PDS/ (CDU/CSU): Diese Auftritte Linke Liste) Dr. Jürgen Rüttgers machen, Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nur eines deutlich: daß hier in unverant- Dr. Barbara HöII (PDS/Linke Liste): Meine Damen wortlicher Art und Weise versucht wird, die Ge- und Herren! Wir wissen, daß es laut § 88 Abs. 2 der schäftsordnung dazu zu mißbrauchen, noch einmal Geschäftsordnung möglich ist, Entschließungsan- Positionen vorzutragen, die man in der Debatte nicht träge zu verschieben. Aber wir finden es skandalös, hinüberbekommen hat. die Entschließungsanträge unserer Gruppe zu ver- schieben. Vergegenwärtigen Sie sich nur das Thema, (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) den Inhalt dieser Entschließungsanträge! Am Montag Sie werden auch mißbraucht, verehrter Kollege hat Frau Jelpke im Auswärtigen Ausschuß über ihre Struck, um Sachverhalte zu verdrehen. Reise in die Türkei berichtet, über die Massaker an (Zuruf von der SPD: Von Ihnen! — Weiterer türkischen Kurden. Zuruf von der SPD: Sie sollen zur Geschäfts (Zuruf von der SPD) ordnung sprechen!) Herr Außenminister Genscher signalisierte, daß ein und hier einen falschen Eindruck zu erwecken. Abschiebestopp für Asylanten notwendig sei. (Ulla Jelpke [PDS/Linke Liste]: Sie sollen zur (Zuruf von der CDU/CSU: Kein neuer Debat Geschäftsordnung sprechen!) tenbeitrag!) — Sie können soviel brüllen wie Sie wollen, Sie werden es nicht erreichen — gerade Sie von der PDS, Zur Geschäftsord- Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: aber auch Sie von der SPD , daß hier vorne nicht nung, Frau Höll. mehr gesagt werden kann, was man sagen will.

Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste): Wir haben aber (Beifall bei der CDU/CSU — Karsten D. Voigt gestern aus der Presse die Begründung zu diesem [Frankfurt] [SPD]: Aber zur Geschäftsord Antrag erfahren, nämlich daß in Hessen verfügt nung!) wurde, einen Asylantrag abzulehnen und diesen Kur- Gestern hat der Haushaltsausschuß getagt. Dort den abzuschieben, obwohl dem Gericht glaubhaft sind, teils einvernehmlich sogar, Aufträge an die war, daß er dort als politisch Verfolgter in Lebensge- Bundesregierung erteilt worden. Diese Aufträge sind fahr ist. terminiert für die nächste Sitzungswoche. Die Ergeb- (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist ein Debat nisse werden also in der nächsten Sitzungswoche tenbeitrag!) vorliegen. (Dr. Wolfgang Schäuble [CDU/CSU]: Mit Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Höll, ich wie- Stimmen der SPD!) derhole: zur Geschäftsordnung. Von daher gesehen ist es schlichtweg unlogisch, die Aufträge hier noch einmal zu wiederholen. Aber das Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste): Wir halten es eigentlich Schlimme bei diesen vier Anträgen — auch für unverantwortlich, über diese Entschließungs- nämlich einer von der SPD und drei von den- Kommu- anträge, insbesondere das Moratorium, heute nicht nisten — ist: abzustimmen. Ich darf darauf hinweisen, daß die (Zurufe von der PDS/Linke Liste) Bundesregierungen von 1964 bis 1988 in Höhe von 3,7 Milliarden DM Verteidigungshilfe an die Türkei Es ist schlichtweg unverantwortlich, hier Anträge leisteten. vorzulegen, die das Ergebnis der Prüfung überhaupt nicht abwarten, sondern jetzt bereits beschließen (Zurufe von der CDU/CSU: Zur Geschäfts wollen, was man eigentlich erst prüfen will. ordnung!) (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Frau Höll, entweder Dies wollen wir nicht. reden Sie jetzt zur Geschäftsordnung, oder ich muß (Zuruf von der SPD: Zur Geschäftsord Ihnen das Wort entziehen. nung!) Unser Weg ist: Erst prüfen, dann entscheiden. Deshalb (PDS/Linke Liste): Es geht hier um Dr. Barbara Höll haben wir den Antrag nach § 88 Abs. 2 gestellt. den Genozid am kurdischen Volk, der mit Hilfe deutscher Waffen durchgeführt wird. Deshalb finden (Beifall bei der CDU/CSU und der F.D.P.) wir es absolut skandalös, . . .

Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Das Wort hat der Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Ich bitte Sie, das Pult Abgeordnete Herr Dr. Hoyer. zu verlassen. Das geht so nicht.

Dr. Barbara Höll (PDS/Linke Liste):... wie hier im Dr. Werner Hoyer (F.D.P.): Frau Präsidentin! Meine Parlament verhandelt wird. Damen und Herren! Wir sind der Ansicht, daß der (Beifall bei der PDS/Linke Liste) Antrag der PDS auf namentliche Abstimmung gegen- Deutscher Bundestag — 12. Wahlperiode — 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7203

Dr. Werner Hoyer über den Kolleginnen und Kollegen, die heute nicht Der Sinn dieses Entschließungsantrags der SPD ist hier sind, unfair ist. doch, die Recherche im Verteidigungsministerium (Lachen bei der SPD und der PDS/Linke durch eine Überprüfung seitens des Bundesrech- Liste) nungshofs zu begleiten Wir haben ausdrücklich interfraktionell — mit der (Zurufe von der CDU/CSU: Das machen wir sozialdemokratischen Bundestagsfraktion — verein- doch!) bart, daß wir, um Kosten zu vermeiden, nicht darauf und nicht erst nach der Aktenbereinigung in diesem bestehen, daß Abgeordnete aus allen möglichen Tei- Ministerium, die überaus ansteht, den Bundesrech- len der Welt, wo sie auf höchst anstrengenden Dienst- nungshof mit der Prüfung zri beauftragen. reisen und aus sonstigen Gründen unterwegs sind, zurück nach Bonn reisen, um an dieser Sitzung (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und der teilzunehmen. Bedanken Sie sich im Zweifel bei Ihrer SPI)) eigenen Fraktionsführung! Ich glaube, in diesem Zusammenhang macht der Meine Damen und Herren, wir haben im Haushalts- Antrag dann keinen Sinn mehr. ausschuß gestern verlangt, daß dem Recht des Parla- Das, was Sie hier tun, halte ich für undemokratisch. mentes, rückhaltlose Aufklärung über die Vorgänge Zu der Stoltenberg-Affäre kommt diese undemokrati- zu bekommen, zum Durchbruch verholfen wird. Wir sche Praxis noch hinzu, die Sie hier heute üben. werden den Bericht im Haushaltsausschuß in der ersten Sitzungswoche nach Ostern bekommen. Wir (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE, der SPD haben uns ausdrücklich — auch im Haushaltsaus- und der PDS/Linke Liste) schuß — vorbehalten, je nachdem, wie der Bericht ausfällt, gegebenenfalls den Rechnungshof in die weiteren Beratungen einzubeziehen. Von daher ist es der einzig logische Weg, zunächst den Bericht im Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Meine Damen und Haushaltsausschuß in der nächsten Sitzungswoche Herren, wir sind damit am Schluß unserer Tagesord- abzuwarten nung. (Zuruf von der CDU/CSU: Genau das ist Bevor ich die Sitzung schließe, muß ich Sie jedoch es!) noch um Zustimmung zu zwei Änderungen von Aus- und am folgenden Tag - das ist nämlich der nächste schußüberweisungen bitten. Sitzungstag — nach § 88 Abs. 2 der Geschäftsordnung die Möglichkeit wahrzunehmen, gegebenenfalls wei- Der Gesetzentwurf zu dem Abkommen mit der terführende Beschlüsse des Plenums zu fassen. Republik Osterreich über Erleichterungen der Grenz- abfertigung — Drucksache 12/2264 —, der dem Aus- (Beifall bei der F.D.P. und der CDU/CSU) schuß für Fremdenverkehr und Tourismus zur feder- führenden Beratung überwiesen wurde, soll nunmehr dem Finanzausschuß zur federführenden Beratung Präsidentin Dr. Rita Süssmuth: Als letzter hat das und dem Ausschuß für Fremdenverkehr und Touris- Wort der Abgeordnete Schulz. mus zur Mitberatung überwiesen werden. Der Gesetzentwurf zur Verkürzung der Juristenaus- bildung — Drucksache 12/2280 — soll nachträglich (Berlin) (Bündnis 90/GRÜNE): Frau Werner Schulz dem Ausschuß für Bildung und Wissenschaft zur Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor allen Mitberatung überwiesen werden. Dingen Sie, meine Damen und Herren von der CDU/ CSU-Fraktion! Ich halte es für einen peinlichen Vor- Sind Sie damit einverstanden? — Ich sehe und höre gang, wenn mit den Mitteln der Geschäftsordnung ein keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Entschließungsantrag verdrängt werden soll, über Die nächste Sitzung des Deutschen Bundestages den hier und heute im Deutschen Bundestag abge- berufe ich auf Mittwoch, den 29. April 1992, 13 Uhr stimmt werden muß und sollte, wenn er überhaupt ein. noch einen Sinn machen soll. Die Sitzung ist geschlossen. (Beifall beim Bündnis 90/GRÜNE und der SPD) (Schluß der Sitzung: 12.47 Uhr)

Deutscher Bundestag 12. Wahlperiode - 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992 7205*

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 entschuldigt bis Abgeordnete(r) einschließlich Liste der entschuldigten Abgeordneten Kleinert (Hannover), F.D.P. 02. 04. 92 entschuldigt bis Detlef Abgeordnete(r) einschließlich Köppe, Ingrid BÜNDNIS 02. 04. 92 90/GRÜNE Adam, Ulrich CDU/CSU 02. 04. 92 Kohn, Roland F.D.P. 02. 04. 92 Antretter, Robert SPD 02. 04. 92** Kolbe, Regina SPD 02. 04. 92 Austermann, Dietrich CDU/CSU 02. 04. 92 Dr. Krause (Börgerende), CDU/CSU 02. 04. 92 Bartsch, Holger SPD 02. 04. 92 Günther Baum, Gerhart Rudolf F.D.P. 02. 04. 92 Kretkowski, Volkmar SPD 02. 04. 92 Becker-Inglau, Ingrid SPD 02. 04. 92 Dr.-Ing. Krüger, Paul CDU/CSU 02. 04. 92 Beckmann, Klaus F.D.P. 02. 04. 92 Kubicki, Wolfgang F.D.P. 02. 04. 92 Berger, Johann Anton SPD 02. 04. 92 Dr.-Ing. Laermann, F.D.P. 02. 04. 92 Bierling, Hans-Dirk CDU/CSU 02. 04. 92 Karl-Hans Bindig, Rudolf SPD 02. 04. 92 Leutheusser- F.D.P. 02. 04. 92 Blank, Renate CDU/CSU 02. 04. 92 Schnarrenberger, Dr. Bötsch, Wolfgang CDU/CSU 02. 04. 92 Sabine Büchler (Hof), Hans SPD 02. 04. 92 Marienfeld, Claire CDU/CSU 02. 04. 92 Bühler (Bruchsal), Klaus CDU/CSU 02. 04. 92* Marten, Günter CDU/CSU 02. 04. 92 Bulmahn, Edelgard SPD 02. 04. 92 Dr. Materne, Dietmar SPD 02. 04. 92 Clemens, Joachim CDU/CSU 02. 04. 92 Meckel, Markus SPD 02. 04. 92 Mischnick, Wolfgang F.D.P. 02. 04. 92 Cronenberg (Arnsberg), F.D.P. 02. 04. 92 Dieter-Julius Dr. Modrow, Hans PDS/Linke 02. 04. 92 Liste Dr. Dobberthien, SPD 02. 04. 92 Molnar, Thomas CDU/CSU 02. 04. 92 Marliese Dr. Müller, Günther CDU/CSU 02. 04. 92* Dr. Dregger, Alfred CDU/CSU 02. 04. 92 Müller (Düsseldorf), SPD 02. 04. 92 Engelmann, Wolfgang CDU/CSU 02. 04. 92 Michael Eylmann, Horst CDU/CSU 02. 04. 92 Müller (Pleisweiler), SPD 02. 04. 92 Dr. Feige, Klaus-Dieter BÜNDNIS 02. 04. 92 Albrecht 90/GRÜNE Müller (Schweinfurt), SPD 02. 04. 92 Gallus, Georg F.D.P. 02. 04. 92 Rudolf Gattermann, Hans H. F.D.P. 02. 04. 92 Müller (Zittau), Christian SPD 02. 04. 92 Dr. Gautier, Fritz SPD 02. 04. 92 Dr. Neuling, Christian CDU/CSU 02. 04. 92 Gleicke, Iris SPD 02. 04. 92 Neumann (Gotha), SPD 02. 04. 92 Glos, Michael CDU/CSU 02. 04. 92 Gerhard Dr. Götzer, Wolfgang CDU/CSU 02. 04. 92 Otto (Erfurt), Norbert CDU/CSU 02. 04. 92 Graf, Günter SPD 02. 04. 92 Dr. Paziorek, Peter Paul CDU/CSU 02. 04. 92 Gries, Ekkehard F.D.P. 02. 04. 92 Peter (Kassel), Horst SPD 02. 04. 92 Grochtmann, Elisabeth CDU/CSU 02. 04. 92 Poppe, Gerd BÜNDNIS 02. 04. 92 Gröbl, Wolfgang CDU/CSU 02. 04. 92 90/GRÜNE Grünbeck, Josef F.D.P. 02. 04. 92 Rahardt-Vahldieck, CDU/CSU 02. 04. 92 Günther (Plauen), F.D.P. 02. 04. 92 Susanne Joachim Reddemann, Gerhard CDU/CSU 02. 04. 92** Hansen, Dirk F.D.P. 02. 04. 92 Reimann, Manfred SPD 02. 04. 92 Hasenfratz, Klaus SPD 02. 04. 92 Reinhardt, Erika CDU/CSU 02. 04. 92 Rempe, Walter 02. 04. 92 Dr. Hauchler, Ingomar SPD 02. 04. 92 SPD von Renesse, Margot SPD 02. 04. 92 Henn, Bernd fraktionslos 02. 04. 92 Repnik, Hans-Peter CDU/CSU 02. 04. 92 Dr. Heuer, Uwe-Jens PDS/Linke 02. 04. 92 Reschke, Otto SPD 02. 04. 92 Liste Romer, Franz-Xaver CDU/CSU 02. 04. 92 Dr. Hirsch, Burkhard F.D.P. 02. 04. 92 Schaich-Walch, Gudrun SPD 02. 04. 92 Homburger, Birgit F.D.P. 02. 04. 92 Dr. Scheer, Hermann SPD 02. 04. 92* Dr. Hornhues, Karl-Heinz CDU/CSU 02. 04. 92 Schloten, Dieter SPD 02. 04. 92 Jaffke, Susanne CDU/CSU 02. 04. 92 Schmidt (Spiesen), Trudi CDU/CSU 02. 04. 92 Dr. Janzen, Ulrich SPD 02. 04. 92 Dr. Schöfberger, Rudolf SPD 02. 04. 92 Jaunich, Horst SPD 02. 04. 92 Schröter, Karl-Heinz SPD 02. 04. 92 Dr. Jobst, Dionys CDU/CSU 02. 04. 92 Schuster, Hans Paul F.D.P. 02. 04. 92 Dr. Jüttner, Egon CDU/CSU 02. 04. 92 Hermann Jung (Düsseldorf), Volker SPD 02. 04. 92 Singer, Johannes SPD 02. 04. 92 Junghanns, Ulrich CDU/CSU 02. 04. 92 Dr. Sperling, Dietrich SPD 02. 04. 92 7206* Deutscher Bundestag - 12. Wahlperiode - 87. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 2. April 1992

entschuldigt bis Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Abgeordnete(r) einschließlich Drucksache 12/941 Drucksache 12/944 Steiner, Heinz-Alfred SPD 02. 04. 92 Drucksache 12/945

Stübgen, Michael CDU/CSU 02. 04. 92 EG-Ausschuß Terborg, Margitta SPD 02. 04. 92 Drucksache 12/1614 Thiele, Carl-Ludwig F.D.P. 02. 04. 92 Tietjen, Günther SPD 02. 04. 92 Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Tillmann, Ferdi CDU/CSU 02. 04. 92 Ausschuß die nachstehenden EG-Vorlagen zur Kenntnis genommen bzw. von einer Beratung abgesehen hat: Titze, Uta SPD 02. 04. 92 Dr. Waigel, Theodor CDU/CSU 02. 04. 92 Innenausschuß Graf von Waldburg-Zeil, CDU/CSU 02. 04. 92 Drucksache 12/1518 Nr. 1 Alois Drucksache 12/2144 Nr. 2.1 Dr. Warnke, Jürgen CDU/CSU 02. 04. 92 Finanzausschuß Dr. Warrikoff, Alexander CDU/CSU 02. 04. 92 Drucksache 12/1681 Nr. 3.2 Drucksache 12/1914 Nrn. 1, 2 Dr. Wetzel, Margit SPD 02. 04. 92 Dr. Wieczorek CDU/CSU 02. 04. 92 Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Auerbach), Bertram Drucksache 12/706 Nrn, 3.16, 3.17 Wissmann, Matthias CDU/CSU 02. 04. 92 Drucksache 12/764 Nrn. 2.2-2.8 Drucksache 12/849 Nrn. 2.2, 2.3 Wollenberger, Vera BÜNDNIS 02. 04. 92 Drucksache 12/1003 Nrn. 14-20 90/GRÜNE Drucksache 12/1072 Nrn. 11-21 Zurheide, Burkhard F.D.P. 02. 04. 92 Drucksache 12/1122 Nr. 3.14 Drucksache 12/1174 Nrn. 2.6-2.9, 2.11-2.13, 2.15-2.17, 2.19 * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versamm- Drucksache 12/1220 Nrn. 3.9-3.11 lung des Europarates Drucksache 12/1339 Nrn. 2.7, 2.9-2.12 ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Drucksache 12/1449 Nrn. 2.3, 2.4 Drucksache 12/1518 Nrn. 9, 10 Drucksache 12/1612 Nrn. 2.5-2.8 Anlage 2 Drucksache 12/1681 Nrn. 3.3-3.8 Drucksache 12/1838 Nrn. 3.6, 3.9, 3.10, 3.12, 3.13 Drucksache 12/1914 Nrn. 16-19, 21-30 Amtliche Mitteilungen Drucksache 12/2101 Nrn. 3.27, 3.29, 3.31, 3.33, 3.34, 3.36-3.44

Die Vorsitzenden folgender Ausschüsse haben mitgeteilt, daß der Ausschuß für Familie und Senioren Ausschuß gemäß § 80 Abs. 3 Satz 2 der Geschäftsordnung von einer Drucksache 12/350 Nr. 11 Berichterstattung zu den nachstehenden Vorlagen absieht: Ausschuß für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit Finanzausschuß Drucksache 12/849 Nr. 2.4 Drucksache 12/1616 Drucksache 12/1914 Nr. 32 Ausschuß für Gesundheit Drucksache 11/6149 Ausschuß für Bildung und Wissenschaft Drucksache 12/1316 Drucksache 12/2257 Nr. 3.71