Alumni-Magazin · Ausgabe 2011 · www.alumni.uni-.de

Musiktradition an der Universität Leipzig – dAS KlASSiKlAbel – präSeNTierT

Festliches Konzert zum leipziger universitätsjubiläum

Doppel-CD mit dem Festkonzert vom 2. Dezember 2009 zum 600-jährigen Bestehen der zweitältesten Universität Deutschlands, der Universität Leipzig

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Liebe die Universität Leipzig birgt eine unvergleichlich reiche Musikgeschichte. In den Matrikeln der Alma mater finden sich viele spätere Komponisten, Berufsmusiker Alumnae, oder Instrumentenbauer – darunter einige der größten überhaupt. Beiträge und Impulse von , Felix Mendelssohn Bartholdy oder Georg Philipp Telemann­ strahl(t)en in alle Welt. Seit dem frühen Mittelalter ist die Musik mit der liebe Idee der Universität aufs Engste verbunden. »Das Musizieren und das Musikhören gehörten nicht nur zum alltäglichen Zeitvertreib, sondern auch zur umfassenden Bil- dung«, ist Professor Eszter Fontana, Direktorin des Museums für Musikinstrumente Alumni, der Universität Leipzig, überzeugt. Musik und Universitätsbetrieb sind bis heute eng miteinander verbunden. In der mittlerweile dritten Ausgabe des Alumni-Magazins greifen wir daher das Thema »Musiktradition an der Universität Leipzig« auf, ermöglichen einen kleinen Einblick in die große Tradition und die vielfältige Gegenwart von 601 Jahren Musik an der Universität und geben Ihnen Tipps, wo Sie Unimusik erleben können. Neben histori- schen Betrachtungen zeichnen wir ein Bild der Universitätsmusik anno 2010, welche Studierenden und Lehrenden zahlreiche Möglichkeiten des musikalischen Engage- ments bietet. Auch die Alumni, die wir für diese Ausgabe porträtiert haben, können sich ein Leben ohne Musik nicht vorstellen. Manche konnten ihre Leidenschaft sogar mit dem Beruf verbinden – stellvertretend für Viele haben wir einige von ihnen für das Magazin porträtiert.

Neben dem Titelthema skizzieren wir auch die aktuelle Entwicklung von Leipzig Alumni, dem Alumni-Netzwerk der Universität. Und selbstverständlich kommen auch die Ereignisse des Jahres 2010 nicht zu kurz. Kurz vor Redaktionsschluss erreichte uns die Nachricht, dass die Osnabrücker Medizinprofessorin Dr. Beate Schücking zur Rektorin der Universität gewählt wurde. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, die Universität Leipzig in der Spitzengruppe der Universitäten zu positionieren. Insgesamt will sie die Universität Leipzig als „liebens- und lebenswerten Kosmos“ weiterentwickeln. Wir wünschen ihr dabei viel Kraft, Energie und Erfolg und werden in der nächsten Ausgabe mehr dazu berichten.

Eine anregende Lektüre wünscht Ihnen Ihre

Christin Wätzel, Alumni-Koordinatorin

Alumni-Magazin der Universität Leipzig 1 Alumni-Intern

Alumni-Erfahrungen sind gefragt! 4 Career Center kooperiert eng mit dem Alumni-Netzwerk 4 Kontinuität und Wandel des Studierens in Leipzig 5 Zahnmedizinabsolventen hinterlassen Spuren 5 Freundeskreis Physik und Foto: Tom Schulze Geowissenschaften Impressum Alumni-Magazin Musiktradition an ISSN 1867-7851 der Universität Leipzig

Herausgeber: Rektor der Universität Leipzig, Ritterstraße 26, 04109 Leipzig 6 Musiktradition an der Universität Konzeption und Redaktion: Leipzig – ein Überblick Christin Wätzel (Alumni-Koordinatorin) IhreIhre Unimusik anno 2010 Leipzig Alumni 8 Verbindung Ritterstraße 26, 04109 Leipzig Weiterhin auf hohem Niveau zurzur Alma Tel.: 0341 97-35036 unterwegs Almamater mater

Fax: 0341 97-35009 Alle Alleunsere unsereAlumni 9 sind potenzielle Botschafter E-Mail: [email protected] und FürsprecherAlumni fürsind die Leipzig – UniversitätBotschafter Leipzig. Das Alumni-Netzwerk steht allen offen, die eine Zeitund ihres Lebens Fürsprecher an der Universität Leipzig ver - wo Musik den Ton angibt bracht haben oder verbringen. Ziel ist es, eine wachsende Gemeinschaftfür die von Alumni untereinan- V.i.S.d.P.: Christin Wätzel, M.A. der und zur Alma mater zu pflegen und zu erhal- ten – undUniversität zwar ein Leben lang. Wir laden unsere 9 Alumni herzlich ein, das Leben an der Universität Leipzig aktiv mitzugestalten.Leipzig Gestaltung und Herstellung: Fördervereine der Leipziger wpunktw Universitätsmusik 10 kommunikation und werbung gmbh Telefon: 0341 2267070 & Die neue (alte) Silbermannorgel 11 Sie?

Druck: Universität Leipzig, Leipzig Alumni Ritterstr. 26, 04109 Leipzig www.alumni.uni-leipzig.de

Messedruck Leipzig GmbH Stadtentwicklung mit Musik Tel.: +49 341 97-35036 Grafik: Frank Luther 12 Fax: +49 341 97-35009 [email protected] Auflage: 10.000 Titelfoto: Werner Schneider, Wikipedia; Dem Rauschen lauschen Bearbeitung: wpunktw Alumni intern Leipzig Alumni heißt das fachübergreifen- Grammatisch maskuline Personenbe- Als Botschafter 13 de Netzwerk aller deutschen Alumni der zeichnungen in dem Magazin gelten Leipzigs rund um den Globus Universität seit 2010. Um dem Alumni- Netzwerk ein Erkennungszeichen zu gleichermaßen für Personen weiblichen unterwegs und männlichen Geschlechts. geben, wurde auch ein Logo entwickelt. Es verleiht dem Netzwerk ein Gesicht, Der Nachdruck von Artikeln ist gestat- Alumni im Porträt das sich leicht einprägt und trägt somit tet, sofern die Quelle angegeben wird. zur Identifikation mit der Universität bei. Ein Belegexemplar an die Redaktion Die Zusatzbezeichnung »Lebenslanges wird erbeten. Netzwerk« unterstreicht die dauerhafte 14 Verbindung der Alumni zu ihrer Universi- Redaktionsschluss dieser Ausgabe: Physiker Professor Dr. Werner tät. Das Alumni-Netzwerk kooperiert seit 16.11.2010 Schneider diesem Jahr eng mit dem Career Center der Universität. Wir stellen Möglichkeiten 15 der Mitwirkung vor. Musikmesse-Mitbegründer Matthias Puppe 16 4 Pressesprecherin Agnes Schaefer

2 Alumni-Magazin der Universität Leipzig 10 sich. mit Ergebnisse schende überra Archivfunde bringen manchmal Und statt. Bartholdy« Mendelssohn »Felix Theater und Musik für Hochschule der Studierende für sowie dagogik Musikpä und Musikwissenschaft der Studierende für Akustik und Instrumentenkunde Themen den zu Lehrveranstaltungen hier finden Regelmäßig Leipzig. tät Universi 1929 der Teil seit ist te Musikinstrumen für Museum Das sammlung Studien die in Blick Adresse auf dem Überweisungsbeleg an. Überweisungsbeleg dem auf Adresse Ihre bitte Sie geben wünschen, Euro) 100 (ab Spendenquittung eine Sie Wenn 105 Epitaphien 200 35 Verwendungszweck: Leipzig,Kustodie Universität Empfänger: 300 50 850 BLZ: 315 Kto.-Nr.: 301 1370 Sparkasse Ostsächsische einzahlen: Konto folgendes auf Spende eine Sie können dann möchten, unterstützen Restaurierungsarbeiten die Sie Wenn - - - - -

Foto: Marion Wenzel einnehmen. Platz vorgesehenen seinen Glanze altem in Epitaph restaurierte das wird Paulinum Im Bekrönungskartusche. restaurierte die Epitaphs: des Detail ein Bild im (1619 J. d. Lange 1662), – Christian hier sors Medizinprofes des Epitaphs des Restaurierung die für Beitrag als 2010 Geldspende ber eine Septem im Universität der übergaben Treffens Zahnmediziner-Alumni- eines Teilnehmer Die Restaurierungsarbeiten der Unterstützung Foto: Michael Bader Ton angibt. Ton den Musik Leipzig in wo zeigen, Wir Stadt. der Angebot künstlerischen dem und Kunsttradition der mit Bewertung Leipzig- gute die begründet Blatt Das 9 »31 2010« in Go to Places New-York-Times-Liste der zehn Platz auf es schaffte Leipzig Musikstadt Die

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Inhalt

20 24 26 33 28 25 27 32 21 19 18 17 3 ForschungAlumni-Intern Foto: Fotolia

Alumni-Erfahrungen­ sind gefragt! Career Center kooperiert eng mit Vorausschauen mit Weitblick – Das Career Center unterstützt die dem Alumni-Netzwerk Studierenden bereits während des Studiums beim Thema Berufseinstieg.

as Career Center der Universität Leipzig ist seit seiner Stellenanzeigen sowie Traineeships und Abschlussarbeitsthe- Gründung im August 2009 zentraler Ansprechpartner in men und leitet diese an die Studierenden der Universität Leip- allen Fragen zum Berufseinstieg der Studierenden. Mit einem 3.zig Alumni-Porträtsweiter. breit gefächerten Angebot an Beratung, Orientierungsveran- staltungen, Workshops, Praktikums- und Stellenanzeigen im DJobportal werden die Studierenden auf den Start in das Berufs- Biographien von Alumni können Studierenden Orientierung leben optimal vorbereitet. Besonderes Augenmerk liegt dabei bieten. Zusätzlich zu den Expertenvorträgen wurde daher mit auf Praxisnähe, weshalb das Career Center eng mit dem Alum- der Erstellung eines Alumni-Verzeichnisses zum Thema »Stu- ni-Netzwerk der Universität kooperiert. dium – und dann? Zehn Fragen an ... « begonnen. Die zehn Fra- Alumni der Universität können sich auf dreifache Weise in gen umfassen Infos zur Zeit an der Alma mater und zu Karrie- die gemeinsame Arbeit des Career Centers und des Alumni- re- und Lebenswegen nach dem Studium, aber auch Tipps und 1.Netzwerks Expertenvorträge einbringen und und so selbstExkursionen davon profitieren. Tricks für die heutigen Studierenden. www.alumni.uni-leipzig.de/studium-und-dann Erste Porträts können bereits eingesehen werden: Gesucht werden Alumni, die den heutigen Studierenden über ihren – vielleicht nicht immer ganz geradlinigen – Weg in das Berufsleben sowie aus ihrem beruflichen Alltag berichten. www.alumni.uni-leipzig.deLeipzig Alumni, Christin Wätzel, Gleichzeitig besteht so für die Alumni die Möglichkeit, den ei- E-Mail: [email protected], Telefon: 0341 97-35036 genen Arbeitgeber zu präsentieren und potenzielle Praktikan- 2.ten Jobbörse und Mitarbeiter kennen zu lernen. www.uni-leipzig.de/careercenterCareer Center, Claudia Schoder, E-Mail: [email protected], Telefon: 0341 97-30043 Das Career Center veröffentlicht kostenfrei Praktikums- und

Kontinuität und Wandel des Kragen das Alltagsleben der Studieren- Studierens in Leipzig den gar nicht so sehr verändert hat. Ein abschließender Fototeil präsentiert bisher unveröffentlichtes Material über die letzten 100 Jahre des Studierens Eine Universität ist ohne ihre Studierenden nicht denkbar. in Leipzig, zur Verfügung gestellt von Demzufolge schließt Universitätsgeschichte immer auch Stu- ehemaligen und heutigen Studierenden dierendengeschichte mit ein. Über die Jahrhunderte hinweg Leipzigs sowie dem Universitätsarchiv lebten und wirkten die Studierenden in ganz verschiedenen und der Pressestelle. Lebens- und Lehrwelten. Eine kompakte und spannende Lektüre,­ Der Band »Universität Leipzig – eine Welt – viele Welten. Sechs- für alle Freunde von Vergangenheit und hundert Jahre Leben, Lernen und Lehren an der Alma mater »Universität Leipzig – eineGegenwart Welt – viele der Welten. Alma mater. Sechshundert Lipsiensis« präsentiert Kontinuität und Wandel des Studierens Jahre Leben, Lernen und Lehren an der Alma mater Lipsiensis« in Leipzig. Junge Historikerinnen und Historiker nehmen für Herausgeber: Sebastian Richter jedes Jahrhundert seit der Gründung 1409 einen besonderen ISBN: 978-3941305182 Aspekt studentischen Lebens in den Blick – von bestimmten Preis: 24,95 EUR Kleidervorschriften über das seltsam anmutende Aufnahme- Meine Verlag ritual der Deposition bis hin zum studentischen Duellwesen, wird zugleich deutlich, wie sich jenseits von Barett, Wams oder 4 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Foto: Fotolia

Freundeskreis Physik und Geowissenschaften

Der Freundeskreis der Fakultät für Physik und Geowissen- schaften wurde am 11. September 2000 von 15 Mitgliedern und Absolventen der Fakultät gegründet. Er ist eine nicht rechtsfähige Vereinigung und eingebunden in die »Vereinigung von Förderern und Freunden der Universität Leipzig e. V.«. Sein wesentliches Anliegen ist die Förderung der an der Fakultät beheimateten Wissenschaftszweige Theoretische Physik und Foto: Thomas Sedlmair Experimentelle Physik mit dem Bereich Didaktik der Physik, Geographie, Geologie, Geophysik und Meteorologie. Die ehemaligen Zahnmedizinstudenten des Absolventenjahrgangs Seit 2001 wurden fünf große Absolvententreffen durchgeführt, 1985 verbrachten einen ereignisreichen Tag in Leipzig. 2003 in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Mathematik und Informatik für Lehramtsabsolventen. Alle Veranstaltungen fanden bisher eine unerwartet große Resonanz mit jeweils 400 Zahnmedizinabsolventen bis 500 Teilnehmern. Das nächste große Absolvententreffen wird am 10. September 2011 stattfinden. hinterlassen Spuren Für die Mitglieder des Freundeskreises und interessierte Gäste werden jährlich Exkursionen zu wissenschaftlichen und kul- turellen Zielen organisiert. Weiterhin finden regelmäßig Fach- vorträge zu aktuellen Forschungsrichtungen an der Fakultät Aus der Idee einzelner Kommilitonen, den »Geist von da- statt. mals« wieder aufleben zu lassen, wurde zunächst der Termin Der Freundeskreis hat gegenwärtig 185 Mitglieder. Beitreten 11. September 2010 und schließlich ein wunderschöner Tag. können Einzelpersonen, Personenvereinigungen, Körperschaf- Die 55 ehemaligen zahnmedizin-studenten des Absolventen- ten und Anstalten, die an der Förderung von Physik und Geo- jahrgangs 1985 nutzen das Wiedersehen zum Austausch von Professorwissenschaften Dr. D. Michel, interessiert Sprecher sind. des Der Freundeskreises Freundeskreis Physik lädt dazu und Erinnerungen, Erlebnissen und Erfahrungen. Am Vormittag Geowissenschaftenherzlich ein. schauten sie sich den neuen Universitätscampus näher an. Hö- hepunkt der Führung durch Brigitte Kempe von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und Dipl.-Ing. Thomas Piesk, Mitar- www.uni-leipzig.de/physikfreunde beiter für Bauplanung der Universität Leipzig, war die Besich- Weitere Informationen: tigung des Paulinums – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Im Anschluss übergaben die Teilnehmer des Treffens der Uni- Mitglieder des Freundeskreises Physik und Geowissenschaften versität eine Geldspende als Beitrag für die Restaurierung des bei einem der regelmäßigen Treffen. Epitaphs des Medizinprofessors Christian Lange d. J. (1619- 1662), das im Paulinum in altem Glanze seinen vorgesehenen Platz einnehmen soll. danach begaben sich die Alumni auf eine Stadtrundfahrt durch Leipzig – verbunden mit dem angeneh- Dr.men Lutz Gefühl, Krause, Spuren Christin an ihrer Wätzel Alma mater hinterlassen zu haben (Spendenmöglichkeit siehe Seite 3).

Entdecken Sie die Gebäude des neuen Campus

Für Alumni und andere Interessierte können nach Abspra- che gegen Entgelt private Gruppenführungen über den Campus Augustusplatz zu individuellen Terminen ange- boten werden. Führungen á 1,5 Stunden mit maximal 30 www.uni-leipzig.de/campusrundgang/Personen kosten 60 Euro. Foto: Freundeskreises Physik und Geowissenschaften

Alumni-Magazin der Universität Leipzig 5 Musiktradition

Seit Sethus Calvisius (1594-1615) wurde das Amt des mit dem des Akademischen Musikdirektors vereinigt.

Kupferstich von Melchior Haffner, Augsburg, 1. Hälfte 17. Jahrhundert (Museum für Musikinstrumente der Univer- sität Leipzig, Inv.-Nr. 5154)

Musiktradition an der Universität Leipzig –

m über »600 Jahre Musik an der Universität Leipzig« zu Nur relativ wenig Kunde gibt es aus dem Mittelalter. Seit Grün- berichten, bedarf es eines größerenein Umfangs, Überblick als ihn ein dung der Universität 1409 gehörte die Musik zum Kanon der kleiner Zeitschriftenbeitrag bietet. Über fünfhundert großfor- septem artes liberales, musiktheoretische Texte haben sich matige Seiten beinhaltet der neue Sammelband1 gleichen Titels, auch in mittelalterlichen Handschriften aus Leipziger Univer- und er schöpft sein Thema keinesfalls aus . Dabei ist nicht ein- sitätsgebrauch erhalten. Das Leipziger Musikleben profitier- Umal der lange Zeitraum das größte Problem, sondern die au- te jedenfalls von den in der Stadt ansässigen Studenten, die ßerordentliche Vielfalt der Aktivitäten und die rasche Fluktu- sich neben ihren Studien häufig musikalisch engagierten und ation der Beteiligten. nicht selten ganz der Musik als Profession verschrieben.

6 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Collegia musica

zuerlangen. Trotzdem engagierte er sich zeitlebens komponie- Nicht wenige Musiker sind aus den Reihen der Studenten der rend und ausführend neben dem Akademischen Musikdirektor Universität Leipzig hervorgegangen, die als Praktiker, Kompo- Johann Gottlieb Görner an der Universitätskirche und erhielt nisten oder Musiktheoretiker ihre berufliche Laufbahn absol- dafürVon auchder eineUniversitätssängerschaft angemessene Entlohnung. zu St. Pauli vierten, so dass der Gothaer Kapellmeister Wolfgang Carl Brie- in Leipzig zum Leipziger Universitätschor gel 1660 schrieb, sie könne »wol2 mit recht eine musikalische Universität« genannt werden . Studenten bildeten seit Mitte des 17. Jahrhunderts Collegia musica, sie wurden von renom- Im späten 18. Jahrhundert veränderte sich die Musik im Uni- mierten Musikern geleitet wie Johann Rosenmüller, Adam Krie- versitätsgottesdienst hin zu einem rationalistischen vernünf- ger, Johann Petzel, Johann Kuhnau, Georg Philipp Telemann, Jo- tigen Christentum, im Jahre 1784 wurde ein Gesangbuch für hann Friedrich Fasch und Johann Sebastian Bach. Die Collegia die Universitätskirche unter dem Titel »Sammlung neuer geist- musica traten nicht nur bei der Kirchenmusik in Erscheinung, licher Lieder. Sammlung vorzüglicher geistlicher Lieder zur sondern auch zu verschiedenen offiziellen Feierlichkeiten der Unterhaltung einer vernünftigen Andacht unter Christen« her- Universität und der Stadt. Weiter kamen sie wöchentlich in ausgebracht. Nach den Wirren der Freiheitskriege und der Völ- Kaffeehäusern oder Kaffeegärten zusammen. Es waren wohl kerschlacht zu Leipzig nahm die Kirchenmusik mit Gründung nicht zuletzt diese Konzerte, die aufgrund einer hohen musi- der »Universitätssängerschaft zu St. Pauli in Leipzig« 1822 ei- kalischen Attraktivität einen erklecklichen Gewinn erbrach- nen neuen Aufschwung. Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm Foto: privat ten, insbesondere zu Messezeiten, wenn viele reiche Kaufleute der »Paulus« auch die musikalische Gestaltung nichtgeistlicher sich in Leipzig aufhielten; die Konzerte wurden seit 1733 in Universitätsfeierlichkeiten und entwickelte sich zum Jahrhun- der Presse angekündigt. So nimmt es nicht Wunder, dass die dertende zunehmend zu einer schlagenden Verbindung. Max Kaufmannschaft dieses Repräsentationsmittel und für die Reger, der den Chor im Februar 1907 als Universitätsmusik- Messe zuträgliche Beiprogramm in eigene Regie nahm und seit direktor übernommen hatte, legte sein Amt nach nicht ein- 1743 unter dem Namen »Großes Concert« als Konzertunter- mal zwei Jahren resigniert nieder. Um die Jahrhundertwende nehmen führte. Nur unterbrochen durch den Siebenjährigen fand sich ein neuer, gemischter Kirchenchor zusammen, der Krieg (1756 – 1763) gingen daraus im Jahre 1781 die Konzerte unter dem Universitätskantor Hans Hofmann im Jahre 1906 im Saale des Gewandhauses (Universitätsstraße) unter Johann als »Universitäts-Kirchenchor zu St. Pauli auf akademischer Adam Hiller hervor, die bis heute fortgeführt werden. Es dau- Grundlage« institutionalisiert wurde. Im Jahre 1926 gründete erte bis zum 20. Jahrhundert, ehe aus studentischer Initiative der Student Friedrich Rabenschlag einen »Madrigalkreis Leip- wiederUniversitäre Orchester Kirchenmusikentstanden. ziger Studenten«, mit dem er sich musikalisch eindrucksvoll qualifizierte. 1933 wurde er Kantor der Universitätskirche und 1939 Universitätsmusikdirektor. Rabenschlag führte die Die Kirchenmusik war ein zweites, eifrig bestelltes Feld der verschiedenen musikalischen Ensembles der Universität zu- Musik an der Universität Leipzig. Ein anscheinend selbstver- sammen, und nach der von den Nationalsozialisten erzwunge- ständliches Zusammenwirken gab es hier zwischen dem Chor nen Auflösung der Leipziger Sängerschaften Paulus und Arion, der Thomasschule und der Universität. Wenn Thomaner als einer Vereinigung ehemaliger Thomaner, gründete er 1938 den Studenten in die Universität eintraten, so blieben sie meist wei- Leipziger Universitätschor. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand terhin musikalisch tätig und nutzten ihre alten Verbindungen sich der Universitätschor wieder zusammen und wurde seit nicht nur bei größeren Aufführungen. Seit dem Thomaskantor Vielfalt1949 wieder in von der Rabenschlag Gegenwart geleitet. Sethus Calvisius (1594 – 1615) wurde konsequenterweise das Amt des Thomaskantors mit dem des Akademischen Musikdi- rektors verbunden. Entsprechend gestaltete auch der für die Nur punktuell lassen sich hier zwei längerfristige Musiktradi- evangelische Kirchenmusik des 17. Jahrhunderts außerordent- tionen der Universität Leipzig andeuten. Wie die Vergangen- lich wichtige Musiker Johann Rosenmüller, der als Collaborator heit, so kennzeichnet auch die Gegenwart der Reichtum und (Hilfslehrer), Baccalaureus funerum und bestätigter Nachfol- die Vielfältigkeit studentischen Musizierens, das aktuell unter ger von Tobias Michael über lange Jahre leitende Aufgaben im der Koordination des Universitätsmusikdirektors David Timm Thomaskantorat übernahm, in der Paulinerkirche die kirchen- steht. Wieder können nur wenige Aktivitäten genannt werden, musikalischen Aufführungen an hohen kirchlichen, universitä- die drei großen, derzeit existierenden musikalischen Ensemb- ren und städtischen Festtagen. Dabei wirkten neben Studenten les: 1) der traditionsreiche Universitätschor, geleitet von Timm auch Thomaner und Stadtpfeifer mit. Die Kooperation von Mu- mit reicher Pflege vor allem großer oratorischer Werke, 2) das sikern verschiedener Institutionen war in einer Stadt wie Leip- eigenständige Universitätsorchester, das ein anspruchsvol- zig selbstverständlich und bewährte sich über lange Zeit. 1710 les sinfonisches Repertoire unter eigens gewählter Direktion wurden an der Universitätskirche wieder regelmäßige Gottes- pflegt, und 3) die Universitäts-Bigband unter der Leitung von dienste eingeführt und gleichzeitig dem Thomaskantor Johann Reiko Brockelt, die u. a. als spezifische Leipziger Eigenheit etwa Kuhnau die Beteiligung seiner Alumni und städtischer Musiker Bachbearbeitungen von Timm interpretiert (siehe Seite 8). untersagt. Damit war der Weg zu einer eigenen universitären ProfessorLeipzig kann Dr. Helmut immer Loos noch »wol mit recht eine musikalische Kirchenmusik frei, die sofort der Jurastudent Johann Friedrich InstitutUniversität« für Musikwissenschaft genannt werden. Fasch übernahm. Kompetenzrangeleien waren damit eingelei- tet, die auch Johann Sebastian Bach betrafen, der vergeblich 1versuchte, 600 Jahre Musik die an der Leitung Universität derLeipzig. Universitätskirchenmusik Studien anlässlich des Jubiläums, hrsg. von zurück Eszter Fontana,- Wettin 2010. 2 Wolfgang Carl Briegel im Vorwort des 1660 erschienenen ersten Teils seiner »Evangelischen Gespräche«, zitiert nach Elisabeth Noack, Wolfgang Carl Briegel. Ein Barockkomponist in seiner Zeit, Berlin 1963, S. 32. Alumni-Magazin der Universität Leipzig 7 Musiktradition

Unimusik anno

2010 Foto: Swen Reichhold Universitätsmusik anlässlich der »bedeutendsten Feier im Jahr«, der feierlichen Weiterhin auf hohem Immatrikulation 2010 im Gewandhaus. Niveau unterwegs

as 600-jährige Bestehen der Universität Leipzig wurde Timm als Assistent des damaligen Universitätsmusikdirektors 2009 mit zahlreichen Veranstaltungen gefeiert, an denen Wolfgang Unger im Herbst 1989 beteiligt: »Für mich ist das die Ensembles der Universitätsmusik einen wesentlichen An- Werk untrennbar mit dem Wendeherbst verbunden. Darüber teil hatten. »Trotz verschiedener Mittelkürzungen versucht die hinaus hat es für Leipzig besondere Bedeutung, weil Carl Rei- Leipziger Unimusik auch im Jahr 1 nach dem Jubiläum ihr Ni- necke es in seiner Gesamtheit hier zur Uraufführung gebracht Dveau und die Bandbreite ihres Angebotes aufrechtzuerhalten«, hat«. erklärt Universitätsmusikdirektor David Timm und verweist Auch das jüngste Kind der Unimusik, die 2006 gegründete auf die neuen Semesterflyer. Für das WS 2010/11 sind hier acht BigBand, hat sich unter der Leitung von Reiko Brockelt präch- Konzerte der Ensembles aufgelistet. Und zur Immatrikulati- tig entwickelt. Bei Festivals oder Kongressen ist sie ein häufig onsfeier am 13. Oktober hat die Unimusik wieder einmal ihr geladener Gast. Und die neue Reihe der »Hörsaalkonzerte«, die geballtes Potenzial eindrucksvoll unter Beweis gestellt. »Das 2010 erstmals stattfanden, um das studentische Publikum vor ist die bedeutendste Feier, die wir im akademischen Jahr ha- Ort zu erreichen, hat mit der BigBand ihre erfolgreiche Feuer- ben: Schließlich begrüßen wir hier die neuen Studierenden, taufe erlebt und soll etabliert werden. die ja die Hauptpersonen der Universität sind«, stellt Timm Neben den Konzerten sind die Universitätsgottesdienste we- den Stellenwert klar. Mit Werken von Schumann, Brahms, El- sentlicher Bestandteil der Unimusik. Universitätsorganist Da- gar und Timm haben Chor, Orchester und Big Band im über- niel Beilschmidt ist glücklich mit seinem »besonderen Arbeits- füllten Gewandhaus Begeisterung ausgelöst: »Es hat sich wohl feld: Die Musik hat ihre Funktion wie in jedem Gottesdienst, mittlerweile herumgesprochen, dass sich das Kommen lohnt«, aber zugleich schiebt sie sich quer, lotet intensiv Möglichkeiten freut sich der Universitätsmusikdirektor über den großen Zu- einer zeitgemäßen Spiritualität aus. Die Musik wird zu einer spruch. weiteren Fläche für bewusste Auseinandersetzung mit dem Doch auch jedes Ensemble für sich kann auf Highlights 2010 Glauben, mit der Situation des Menschen zu Gott hin.« Seine verweisen. »Wir sind glücklich, dass wir es mit unserem eh- Improvisationen empfindet Beilschmidt dabei »wie Kommen- renamtlichen Engagement geschafft haben, die erste Reise des Sabinetare zu Näher Chorälen und Predigten, was den liturgischen Rahmen Uniorchesters zu organisieren«, erzählt Vorstandsvorsitzen- www.uni-leipzig.de/unimusikum viele Ausdrucksfacetten bereichert«. de Sarah Niebergall, Geigerin und Studentin der Kulturwis- senschaften. Nach München, Mailand und Bologna reisten die jungen Musiker im März und haben dort nicht nur erfolgreich konzertiert, sondern auch wertvolle Kontakte geknüpft: Im Vorschau: Alumni-Orchester 2011 Juli waren die Musiker aus Bologna zum Gegenbesuch in Leip- zig; am 1. April 2011 wird das Mailänder Uniorchester folgen. Auch der von David Timm geleitete Leipziger Unichor war Das Leipziger Universitätsorchester wird im Mai 2011, unterwegs: Seine Reise führte im September nach Lettland und sieben Jahre nach seiner Gründung, erstmals Ehemali- Litauen. Die Sänger trugen dort zur musikalischen Völkerver- ge in einem Streichorchester vereinen. Den Abschluss ständigung bei, indem sie 90 Jahre alte Kontakte zum Rigaer http://db.uni-leipzig.de/orchester/bildet ein öffentliches Werkstattkonzert am Unichor wiederbelebten. Große Bedeutung kam auch dem Kon- 22. Mai 2011 um 17 Uhr. zert in der Peterskirche am 21. November mit dem Deutschen Requiem von Johannes Brahms zu. An dessen Erarbeitung war 8 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Leipzig – wo Musik den Ton angibt

Foto: Swen Reichhold eipzig weist eine einzigartige Dichte authentischer Wohn- und Wirkungsstätten berühmter Komponisten auf. Hier lebten und arbeiteten Größen der Musikgeschichte wie Tho-

maskantor Johann Sebastian Bach, Gewandhauskapellmeister Foto: -LTM Brzoska LFelix Mendelssohn Bartholdy, das Ehepaar Clara und Robert Schumann, Richard Wagner, Albert Lortzing, Gustav Mahler Die Thomaskirche wurde 1212 als Klosterkirche im spätgo- und Hanns Eisler. Zahlreiche Institutionen haben sich dem Er- tischen Stil begründet und ist weltweit als Wirkungsstätte halt dieses musikalischen Erbes verschrieben, darunter das des Thomanerchors bekannt geworden. Die Chorknaben 2010 wiedereröffnete Bachmuseum, das Museum für Musikin- wurden in der angegliederten Schule vor allem musika- strumente mit einer der weltweit größten Sammlungen ihrer lisch ausgebildet und sangen als Gegenleistung für Schul- bildung und Unterkunft. Heute leben, lernen und proben Art oder die Initiative Leipziger Notenspur. die Thomaner im knapp ein Kilometer entfernten Alumnat Die glanzvolle Vergangenheit Leipzigs bildet den Grundstein und besuchen das gegenüberliegende Thomasgymnasi- für die lebendige Musikszene der Gegenwart. Das Gewandhaus um. Jeden Freitag (18 Uhr) und jeden Samstag (15 Uhr) ist als Spielstätte des gleichnamigen Gewandhausorchesters finden die Motetten des Thomanerchors in der Thomaskir- che statt (außer Schulferien und Tourneen). unter Stardirigent international eine ers- te Adresse. Der weltberühmte mit seiner fast 800-jährigen Geschichte erfreut sich bis heute größter Beliebt- heit. Jeden Freitagabend und Samstagnachmittag kann man die musikalische Klasse der Thomaner in der Thomaskirche hören – nahe der letzten Ruhestätte des großen Thomaskan- tors Bach. Und auch wenn Leipzigs Opernhaus in diesem Jahr seinen 50. Geburtstag feiert – die Tradition der drittältesten die New York Times: Das ehrwürdige Blatt nahm Leipzig als Musiktheaterbühne Europas reicht bis ins Jahr 1693 zurück. einzigeSteffi Gretschel deutsche Destination in die Liste der 31 weltweit span- Sei es beim alljährlichen Bachfest, in ganz lockerer Atmos­ Leipzignendsten Tourismus Reiseziele und auf, Marketing die man GmbHim Jahr 2010 besuchen sollte. phäre bei den Jazztagen oder dem alternativen Musikforum www.musikstadt-leipzig.de (Pop Up – in Leipzig treffen hochkarätige Ensembles und Solis- ten auf ein musikbegeistertes Publikum. Das überzeugte auch

Förderkreis Leipziger Universitätschor e. V. Verein zur Förderung des Leipziger Universitätsorchesters e. V.

Ehemalige Chormitglieder und Musikfreunde gründeten 1991 den Seit 2009 besitzt das Leipziger Universitätsorchester einen gemein- Förderkreis Leipziger Universitätschor e.V., um den Chor bei all seinen nützigen Förderverein. Sein Ziel ist es, dem Orchester durch Förder- Aufgaben wie Konzerten, Konzertreisen im In- und Ausland und Wett- mitgliedschaften und Spenden weitere finanzielle Mittel zur Verfü- bewerben zu unterstützen. Dies alles verursacht erhebliche Kosten, gung zu stellen, die für die Kulturarbeit gebraucht werden. Denn trotz die weder aus den Einnahmen der Konzerte noch aus Zuschüssen der der ehrenamtlichen Arbeit aller Mitglieder und des Vorstands des Universität finanziert werden können. Den Mitgliedern wird durch Universitätsorchesters sind die Sinfoniekonzerte mit hohen Kosten Jahrestreffen und zwei jährliche Rundbriefe eine enge Verbindung für Saalmiete, Notenleihe, GEMA, Werbung und vieles andere verbun- mit dem geistig-kulturellen Leben des Leipziger Universitätschores den. Das letzte größere Projekt, das maßgeblich durch Zuschüsse des ermöglicht. Fördervereins mitfinanziert wurde, war die Konzertreise des Univer- Die Mitglieder setzen die Höhe ihres Jahresbeitrages durch Selbstein- sitätsorchesters im März 2010 zu Partner-Universitäten in Italien. schätzung fest (Mindestbeitrag: 13 Euro / Ermäßigt: 8 Euro). Der jährliche Mitgliedsbeitrag wird nach eigenem Ermessen be- Kontakt: stimmt und beträgt mindestens 12 Euro (für Schüler, Auszubildende Detlef Schneider, Chordirektor ADC und Studierende mindestens 7 Euro). E-Mail: [email protected] Kontakt: Steffen Blumert (Vorstandsvorsitzender) E-Mail: [email protected]

Alumni-Magazin der Universität Leipzig 9 Musiktradition

Eine neue (alte) Silbermannorgel

sich heute im Museum für Musikinstrumente in Leipzig befin- det und in Hildebrandts Brief erwähnt wird. Die Orgel gelangte durch den Erwerb der Kölner Musikinstrumenten-Sammlung Wilhelm Heyers in den zwanziger Jahren in den Besitz der Uni- versität Leipzig. Da am Instrument die Signatur fehlt, schrieb man damals das Werk auf der Grundlage von unsicheren Quel- len und mündlichen Überlieferungen dem bedeutenden sächsi- schen Orgelbaumeister Gottfried Silbermann zu. 1964 meldete schließlich der Musikwissenschaftler Ulrich Dähnert Zweifel an der Urheberschaft Silbermanns an. Da das Werk Abweichungen von Silbermanns üblichem Baustil aufweist und der oben zitierte Brief des Silbermann-Schülers Zacharias Hildebrandt damals neu aufgetaucht war, schrieb Dähnert letzterem die Hilbersdorfer Orgel zu. Diese neue Zu- ordnung wurde übernommen und musste wegen mangelhafter Quellenlage lange Zeit ungeprüft bleiben. 2008 jedoch fanden Peter Härtel und Christine Zimmermann bei der vollständigen Aufarbeitung der »Nachrichten was sich wohl bey Conradsdorffer als Hilbersdorffer Kirchfarthen von Zeit zu Zeit zugetragen« einen Eintrag von Israel Löscher, in dem unter anderem folgendes zu lesen war: »A[nn]o 1724. Dienstag vor Pfingsten, […], wurde das neue Orgelwerk zu Hilbersdorff […] durch H(errn)1 Silbermann gefer- Foto: Museum für Musikinstrumente der Universität Leipzig, Inv.-Nr. 250 tiget und aufs neue Schüler Chor gesezet.« Israel Löscher war von 1694 – 1739 Pfarrer in Conradsdorf Die Orgel in Hilbersdorf bei Freiberg wurde bislang Zacharias und Hilbersdorf und somit ein unmittelbarer Zeitzeuge. Silber- Hildebrandt zugeschrieben, jetzt aber als Silbermannorgel erkannt. manns Orgeln gelten bis heute als Meisterwerke und wurden schon zu seinen Lebzeiten durch zahlreiche Lobgedichte ge- würdigt. Seit der Publikation der neuen Zuordnung in der Ars Organi Zeitschrift im März 2010 ist nun auch Leipzig stolzer Besitzer einer Silbermannorgel. In Zukunft gilt es nun zu klä- as machen die eigentlich den ganzen Tag im Muse- ren, weshalb das Instrument stilistisch vom Rest der Silber- um?« Unter diesem Motto versuchten Studenten der Ericmannwerke Busch abweicht und ob Hildebrandt vielleicht doch in Musikwissenschaft anlässlich der 2. Leipziger Langen Nacht 1irgendeiner Zitiert nach: Weise W. Hackel, am Chr.Bau Zimmermann,beteiligt war. P. Härtel »Silbermann-Hilde- der Wissenschaften am 24. September 2010 dem Publikum zu brandt-Silbermann«, Artikel erschienen in »Ars Organi« März 2010 erklären, was man an musealen Objekten noch alles erforschen »Wkann. Ein zentrales Thema stellten dabei aktuelle Archivfunde dar, die eine bereits vor Jahrzehnten geführte Diskussion neu Museum für Musikinstrumente belebten. Die Urheberschaft der Hildebrandtorgel stand zur Debatte – mit überraschendem Ergebnis. »Gleich wie da Ichs ihm gemeldet habe vom Orgelwerckgen Deutschlands größte Musikinstrumenten-Sammlung im Hielbersdorff«, schrieb der Orgelbaumeister Zacharias vermittelt einen lebendigen Eindruck von den handwerk- Hildebrandt 1724 in einem Brief an den Freiberger Rat – unge- lichen und künstlerischen Fähigkeiten der Instrumen- ahnt der Folgen, die diese Worte 240 Jahre später haben wür- tenbauer seit dem 16. Jahrhundert und präsentiert eine den. Er war im Begriff, sich gegen die Vorwürfe seines Lehr- reiche Auswahl an bekannten Instrumenten, außerge- meisters Gottfried Silbermann zu verteidigen, welcher ihn des wöhnlichen Kostbarkeiten und Kuriositäten. Weltweit Vertragsbruchs beschuldigte. Ein Vertrag, der besagte, dass einmalig sind die Tasteninstrumente vom Erfinder des Hildebrandt keine Orgelbauarbeiten im Wirkungsgebiet seines http://mfm.uni-leipzig.de/Klaviers Bartolomeo Cristofori. ehemaligen Meisters annehmen dürfe, ohne ihn zuvor davon in Geöffnet ist Di bis So von 10 bis 18 Uhr. Kenntnis zu setzen. Anfang desselben Jahres, 1724, entstand das Brüstungspositiv (Orgel) der Hilbersdorfer Kirche, das 10 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Eine neue (alte) Silbermannorgel Stadtentwicklung mit Musik

in interdisziplinäres Projekt am Institut für Stadtentwick- lung und Bauwirtschaft der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät beweist: Musikwissenschaftler und Studierende des Instituts für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft stehen sich näher, als man glauben mag. »Im Rahmen unseres berufsbeglei- Etenden Studiengangs zum Master of Science in Urban Manage- ment erarbeiten sich unsere Studierenden einen Großteil ihres Wissens anhand von multimedialen Lerninhalten, die als Web Based Trainings angeboten werden«, erläutert Professor Johan- nes Ringel den Ansatz, der zu der ungewöhnlichen Zusammen- Foto: Werner Schneider arbeit führte. Konkret ging es um den Kurs Siedlungsgeschich- te, in dem sich Urban-Management-Studierende Wissen über Blick auf das Mendelssohn-Denkmal. die historische Entwicklung stadtstruktureller Typologien so- wie deren Gestaltungs- und Formbildungsprinzipien durch die Bearbeitung der E-Learning-Lerninhalte aneignen und dieses Wissen später im Rahmen einer Übung anwenden. Auf der Suche nach Ergänzungen für den Kurs kam die Musik ins Spiel. Aus einem zufälligen Kontakt mit Musikwis- senschaftlern auf einer Uni-Veranstaltung entwickelte sich Was sich wie eine lustige Spielerei anhören könnte, hat ei- zunächst eine Seminarveranstaltung, in der sich Musikstu- nen ganz konkreten Nutzen. »Stadtentwicklung beschreibt, dierende ein Semester lang mit den einzelnen Epochen des wie Städte gewachsen sind und was alles dazu beigetragen hat, Kurses Siedlungsgeschichte auseinandersetzten und sich in also die Ökonomie ebenso wie die Architektur und eben auch die zur behandelten Epoche hervorgebrachte Musik einarbei- die Kultur«, umreißt es Ringel. Die Beschäftigung mit der His- teten. »Sie suchten Anknüpfungspunkte an unsere bestehen- torie ist dabei aber kein Selbstzweck: »Die Perspektive nach den Inhalte und entwickelten selbst Lerninhalte, die sie unter hinten ist nur dann sinnvoll, wenn man daraus Grundlagen für unserer Betreuung mit ausgewählten Ton- und Bildmedien in die zukünftige Entwicklung gewinnt.« Denn nur dann sind ver- E-Learning-Storyboards überführten. Die ausgefüllten Story- lässliche Aussagen darüber zu treffen, wie Städte in 20 oder in boards bereiteten wir als multimediale Lerninhalte auf, er- 50 Jahren aussehen werden. gänzten die bestehenden Inhalte der Siedlungsgeschichte um Von dem gemeinsamen Projekt profitierten beide Seiten. den neuen musikwissenschaftlichen Anteil und publizierten »Zum einen bieten wir unseren Masterstudenten jetzt ein at- sie«, berichtet Lars Teschauer, der bei Professor Ringel die traktiveres, motivierendes Zusatzangebot für die Lernpausen E-Learning-Inhalte betreut. im Kurs Siedlungsgeschichte an, so dass sich ein umfassende- Da im Masterstudium Urban Management die Siedlungs- res Verständnis über die jeweilige Epoche herausbildet«, sagt geschichte von der Antike bis zur Moderne behandelt wird, Teschauer. Dr. Gilbert Stöck aus der Musikwissenschaft er- wurden im Ergebnis musikhistorische Inhalte zu sechs sied- gänzt: »Das Projekt verdeutlicht nicht nur die Sinnhaftigkeit lungsgeschichtlichen Epochen erstellt: Der allgemeine Über- von interdisziplinären Projekten, sondern auch speziell für un- blick zur jeweiligen Epoche wurde mit unterschiedlichen Mu- sere Studierenden den Praxisbezug, den eine musikhistorische sikbeispielen angereichert. »Wenn es aus musikhistorischer Fragestellung einnehmen kann.« Sicht passend war, arbeiteten die Musikstudenten zu den Ringel ist davon überzeugt, dass aus der Zusammenarbeit bereits verwendeten Stadt-Fallbeispielen die musikalische mit den Musikwissenschaftlern ein Lehrangebot entwickelt Entwicklung in dieser Epoche und den jeweiligen Städten he- wurde, das nach seiner Meinung durchaus das Zeug dazu hätte, raus«, beschreibt Teschauer. So werden zum Beispiel in der in Form einer Lern-CD auf dem Markt zu bestehen. Zudem sieht Lerneinheit »Die Stadt im 19. Jahrhundert« Leipzig und Paris er die Möglichkeit, auch mit anderen Wissenschaftsbereichen aus Sicht der Stadtentwicklung betrachtet. Zusätzlich wurde in ähnlicher Form zusammenzuarbeiten. »Ich denke, es wären das musikalische Leben in diesen beiden Städten zu dieser Zeit jede Menge Ergänzungsmöglichkeiten vorhanden«, sagt er und näher beleuchtet und mit ausgewählten Beispielen versehen – nennt als Beispiel die Kunsthistorik: Bände man etwa Gemälde beispielsweise in Leipzig mit Robert Schumann und Felix Men- Jörgaus den Aberger behandelten Epochen ein, entstünde eine noch genaue- delssohn Bartholdy sowie in Paris mit Jacques Offenbach und re Vorstellung davon, wie sich Städte entwickelt haben. Hector Berlioz. Alumni-Magazin der Universität Leipzig 11 Musiktradition

Dem Rauschen lauschen

Die Initiative KITO des Instituts für Musikwissen- schaft führt in den Leipziger Musikwald Kim Grote betreut innerhalb des KITO-Projekts die Kooperation mit der Oper.

eipzigs Musikleben gleicht einem Dschungel. Konzertan- tes Rauschen verursachen Urwaldriesen wie das Gewand- hausorchester, junge Bäume wie die (PopUp-Messe oder Sträucher und Farne aller Genres und Epochen. KITO »Kultur InterakTiv Organisiert«, eine Initiative des musikwissen- Lschaftlichen Instituts, führt direkt in den artenreichen Wald. Von Studenten für Studenten organisiert, finden regelmäßig Touren in verschiedene künstlerische Regionen und zu deren musikkulturellem Leben statt. Mitwirkende verstehen sich als Mittler zwischen Studieren- den und Praktikern, um den Informationsfluss zwischen Men- schen, die sich mit Musik beschäftigen, zu fördern sowie For- schung und Lehre mit Praxisbezügen in Einklang zu bringen. Letztere finden sich insbesondere im Gewandhaus, in der Oper oder beim MDR – Leuchttürme klassischer Musik. KITO blickt noch zu weiteren Sparten: Jazz&Improvisation, Vokal&Chor, Rock&Elektronik, Kirche, Neue und Welt-Musik. Kim Grote betreut die Kooperation mit der Oper. »Das Pro- jekt wirkt mit Proben- und Konzertbesuchen, Gesprächs- runden oder Blicken hinter die künstlerischen Kulissen dem entgegen, dass die Musikwissenschaft ein rein theoretischer Studiengang ist«, nennt der 25-Jährige ein wichtiges Ziel. Ihm persönlich hat sein Engagement »eine gewisse Offenheit für Richtungen gebracht, die vorher nicht unbedingt zu meinen Favoriten gehörten«. Außerdem den »Kontakt und Umgang mit Menschen und organisatorische Erfahrungen«. Ohne KITO wäre sein Leben konzertärmer, würde die Bandbreite fehlen, glaubt Grote. KITO soll »netzwerkartig funktionieren und allen Beteilig- ten nutzen«, ergänzt Professor Bernd Franke, der 2001 die Ini- tialzündung für die Initiative gab. »Musikwissenschaft braucht Input«, betont er. »Mehr ‚Welt’ – unabhängig von den üblichen Praktika, ohne Selbstausbeutung und mit mehr Persönlich- keit«. Grote bemüht sich, zu jeder Opernpremiere innerhalb der Vorlesungszeit eine Veranstaltung zu organisieren. KITO schaue aber auch über den Tellerrand, »hin zu anderen Städten und quer durch alle Stilrichtungen«, so der Masterstudent. Professor Franke gibt inhaltliche Impulse, steht bei Fragen zur Seite und »zieht auch mal die Fäden«. Der Dozent für Ton- satz und Komposition unterstreicht: »Studenten sollen Ar- beitsgebiete entdecken und eigenständig organisieren lernen.« Wunderbar und anregend sei es etwa gewesen, als im Jahr Katrin2005 »80 Henneberg Studenten nach einer Probe im Gewandhaus mit über seine Interpretationsauffassungen diskutierten«. Foto: Katrin Henneberg 12 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Vorschau: Konzerttipp 2011

18. – 26. Juni 2011: Internationales Festival für Vokalmusik »a cappella«, www.amarcord.deu.a. mit Bobby McFerrin, Rajaton, BR6, Stile antico

Foto: Martin Jehnichen und amarcord

Seit nunmehr 18 Jahren hat sich Amarcord ein breites Repertoire erarbeitet, das auch international seinesgleichen sucht.

Als Botschafter Leipzigs rund um den Globus unterwegs Fünf ehemalige Thomaner tragen den Ruhm der Musikstadt Leipzig in die Welt

m Herbst 1992 wurde das Ensemble amarcord von ehema- die beiden ihren studierten Sangeskollegen aber nicht unter- ligen Mitgliedern des Leipziger Thomanerchors gegründet. legen: »Wenn man sich einmal die englischen Ensembles an- Dass es, nunmehr volljährig geworden, mit großen Schritten schaut, stellt man fest, dass dort gar keiner Gesang studiert auf das 20. Jubiläum zueilt, scheint unglaublich angesichts der hat. Und wir profitieren gerade von den unterschiedlichen jugendlichen Ausstrahlung von Wolfram und Martin Lattke Vorbildungen: Daniel kann uns den einen oder anderen medi- I(Tenor), Frank Ozimek (Bariton), Daniel Knauft und Holger zinischen Zusammenhang erklären; ich bringe kulturhistori- Krause (Bass). In der Heimat längst geschätzt und geliebt star- sche Informationen hinzu. Und die Dinge, die unsere Sänger im teten die jungen Sänger spätestens mit dem Sieg beim Deut- Studium hatten und wir nicht, für die interessieren gerade wir schen Musikwettbewerb im Jahr 2002 zur internationalen uns besonders«, erzählt Holger. Und Daniel ergänzt: »Für die Karriere durch. Mittlerweile haben sie fast alle Erdteile bereist Literatur, die wir singen, hilft in den meisten Fällen auch ein und eine weltweite Fangemeinde gewonnen.­ übliches Gesangsstudium nicht weiter. Da braucht man den Rat Ein Blick auf den Tourkalender 2010: Im März fand die 20.(!) von Spezialisten – und den holen wir uns ganz gezielt.« USA-Tournee statt; zu Weihnachten folgt das 1. Konzert in Obwohl sie weltweit gefragt sind, bleiben die Auftritte in New York;­ mit Istanbul und Izmir war die Türkei erstmals ver- Leipzig für die Fünf etwas Besonderes: »Wir achten darauf, treten; Anfang Oktober kam auch Griechenland dazu. Im No- immer einige Konzerte jährlich in Leipzig zu geben. Und da ist vember geht es erstmals nach Sibirien. »Wir wissen noch nicht, die Aufregung vorher immer am größten: Gerade vor dem hei- ob sie tiefgefroren zurückkommen – ich hoffe aber, dass ich mischen Publikum will man doch am besten sein«, gibt Tobias als Manager weiterhin gebraucht werde«, sinniert Tobias Ro- Rosenthal ein Geheimnis preis. Dass die Verbindung zu »Leipzig senthal, der, ebenfalls ehemaliger Thomaner, genau weiß, wie stark« geblieben ist, zeigt der stetig wachsende Erfolg des 1997 er »mit den Jungs« umgehen muss. Nach Sibirien fährt die Grup- von amarcord gegründeten Festivals für Vokalmusik a cap- pe übrigens im Auftrag des Goethe-Instituts, mit dem sie eine pella und der Siegeszug der 2009 erschienenen CD »Rastlose langjährige Zusammenarbeit verbindet. Für Holger Krause hat Liebe – Ein Spaziergang durch das romantische Leipzig«. Dafür sich damit ein Jugendtraum erfüllt: »Ich habe nicht Gesang stu- erhält amarcord den ECHO Klassik 2010. Die Freude darüber diert, sondern mich für Germanistik und Kulturwissenschaf- ist riesig, auch wenn die Fernsehübertragung der Preisverlei- ten entschieden, weil ich als Botschafter die deutsche Kultur hung ohne die Leipziger stattfinden musste. Die standen da ins Ausland tragen wollte. Insofern bin ich sehr glücklich, dass Sabinegerade Nähermit Monteverdis »Marienvesper« in Hamburg auf dem wir nun genau das mit unseren Konzertreisen verwirklichen.« Konzertpodium… Außer Holger hat nur Daniel Knauft ein anderes Studienfach gewählt: Er ist Mediziner. In der täglichen Arbeit fühlen sich Alumni-Magazin der Universität Leipzig 13 Alumni im Porträt

Der Spur der Noten folgen

Werner Schneider macht mit der »Leipziger Notenspur« 300 Jahre Kompositionsgeschichte in der Stadt erlebbar

ürde Richard Wagner die Aula der Das Jubiläum feierte die Notenspur Alten Nikolaischule, die er von 2010 mit Musikliebhabern bei einem 1828 bis 1830 besuchte, heute wiederer- Sommerfest. Um die erwartungsfrohe kennen? Das Gebäude ist der einzige au- Neugier der Leipziger auf die geplante thentische und erhalten gebliebene Leip- Notenspur-Eröffnung im Frühjahr 2012 Wziger Wagner-Ort – und somit eine der wachzuhalten und weiterhin Spenden- 23 Stationen der »Leipziger Notenspur«. gelder zu akquirieren, wird es 2011 in Professor Dr.-Ing. Werner Schneider hat den Komponisten-Häusern bei Men- das heutige Gasthaus als Treffpunkt vor- delssohn, Grieg, Schumann und Bach geschlagen für unser Gespräch über das »Notenspur«-Salons geben. Die »Leipzi- Foto: Dajana Trapp Projekt, das ab 2012 dreihundert Jahre ger Notenspur« ist Schneiders »Kind«. Die »Leipziger Notenspur« ist Professor Kompositionsgeschichte in Leipzig er- Werner Schneider wird 1951 in Mag- Dr.-Ing. Werner Schneiders »Kind«. lebbar machen wird. Genauso gut hätten deburg geboren und wächst in Naum- wir uns, der Spur der Noten durch die burg auf. Hausmusik gehört zu seinen Leipziger Innenstadt folgend, zum Kaffee frühen Kindheitserlebnissen. Besonders im Alten Rathaus verabreden können. In mag er den Klang von Vaters Harmoni- der Ratsstube unterschrieb Johann Se- um. Er selbst spielt Klavier – auch heu- bastian Bach 1723 seinen städtischen te noch gern. Nach dem Physikstudium Anstellungsvertrag als Thomaskantor. in Halle gelangt er als Quereinsteiger fessor nicht nur Unterstützer in den wis- Oder im »Coffee Baum«, wo sich Mitte ins Bauingenieurwesen, ehe er 1990 in senschaftlichen Bereichen und der Hoch- des 19. Jahrhunderts Robert Schumann den Hochschuldienst wechselt. Bis 2003 schulverwaltung gewinnen können, als Redakteur der Neuen Zeitschrift für lehrt er an der Universität Leipzig Statik son­dern auch in der Stadt eine Vielzahl Musik regelmäßig im Kreise der Davids- und Dynamik. Danach muss er mit dem von Verbündeten, darunter die Leipzig bündler traf. Bereich an die TU Dresden wechseln und Tourismus und Marketing GmbH, die die Werner Schneider berichtet von In- kann der Leipziger Universität (und der Notenspur schon jetzt vermarket – und formationstafeln, die die Stationen er- »Leipziger Notenspur«) als Gastwissen- mittlerweile auch die Stadtverwaltung. klären, und Audio-Guides und vielleicht schaftler am Institut für Stadtentwick- Seit Frühjahr 2010 ist der Planungspro- auch Apps fürs Handy, die in den nächs- lung treu bleiben. zess für das Wegeleitsystem in Gang ge- ten Monaten für die Notenspur-Projekte Die Notenspur-Idee findet Werner kommen und damit unumkehrbar. entwickelt werden sollen. Er beschreibt Schneider im Sommerurlaub 1998 bei ei- Derweil arbeitet Schneider mit seinem den Notenspur-Entdecker-Pass und Mu- ner Radtour in Hameln. »Sowas braucht Netzwerk an der Vorbereitung des Auf- sik-Erlebnisse, die für Erwachsene und Leipzig« ist er sich sofort sicher und ent- nahme-Antrags der »Leipziger Noten- Kinder an und zwischen den einzelnen wickelt Konzept, Umsetzungsstrategie spur« in die UNESCO-Weltkulturerbe- Stationen geschaffen werden sollen, und und einen eisernen Willen, das Projekt in Liste, eine Idee aus dem Spanien-Urlaub Edelstahl-Intarsien, die bald den reich- Leipzig realisieren zu können. Jahrelang 2006. »Anfangs war es ein Klinkenput- lich fünf Kilometer langen Weg der No- in der Bauingenieur-Ausbildung an der zen für die Idee. Jetzt bin ich zunehmend tenspur durch die Leipziger Innenstadt Universität tätig, sieht er darin sofort ein Moderator und versuche, den Entwick- markieren. Er erklärt den »Leipziger nachhaltiges Instrument der Stadtent- lungsprozess im Gleichgewicht zu hal- Notenbogen«, einen ergänzenden Rund- wicklung und macht sich auf die Suche ten«, berichtet der Professor für Statik gang zur jüngeren Kompositionsge- nach Partnern und Unterstützern, die und Dynamik augenzwinkernd. Rund schichte in der Stadt, und das »Leipziger er zuerst in den Musikhäusern und -mu- 30.000 Euro sind für die Umsetzung Notenrad«, eine insgesamt 36 Kilometer seen findet. Doch das Projekt erscheint der Notenspur in Leipzig noch nötig, lange Radtour, die wiederum andere zunächst zu anspruchsvoll und zu teu- auf 20.000 Euro Spendengelder kann Stationen und Beziehungen aus der Mu- er. Der damalige Kulturbürgermeister Schneider bereits verweisen. sikgeschichte der Stadt erlebbar machen bringt die »Leipziger Notenspur« 2003 in FriederikeNicht nur Rohland die Musik hinterlässt ihre wird. Im Stadtgut Mölkau beispielswei- den Kulturausschuss – abermals scheint Spuren in der Stadt. se verbrachten Robert Schumann und die Zeit noch nicht reif. 2005 motivieren www.notenspur-leipzig.de Clara Wieck am 12. September 1840 den ihn Musikfreunde und Musiker aus dem Nachmittag ihres Hochzeitstages. Freundeskreis erneut. Jetzt hat der Pro- 14 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Ein Herz für Musik und Leipzig

Matthias Puppe gründete vor zehn Jahren gemeinsam mit anderen die Leipziger (PopUp, eine der bekanntesten Musik­ messen Deutschlands.

as Ende war immer auch ein Anfang. ten Studenten der Fakultät. Ich habe mir Wenn die letzten Messestände im viel Zeit für die (PopUp genommen und Leipziger Werk II abgebaut waren, be- bin auch dankbar, dass ich das machen gann die Planung für das nächste Jahr. konnte.« Abseits des eigentlichen Lehr- Wo im Mai 2002 ca. 20 Aussteller auf stoffs kam dem damaligen Studenten D2.000 Besucher trafen, lockte die (PopUp­ noch etwas anderes zugute: »Ich wusste, in diesem Jahr tausende Menschen mit wo die guten Plakatflächen im Seminar- 100 Messeständen und einem umfang- gebäude sind: Heute muss ich nachfra- reichen Konzertprogramm in den Leip- gen, wo der heiße Scheiß hängt.« ziger Clubs. Die (PopUp ist anders als Schon zwei Jahre nach der Premiere der riesige Berliner Branchentreff Pop- wurde die (PopUp unter den kleineren Nachdem sich Matthias Puppe zehn Jahre sei- komm: kleiner, sympathischer, mit kur- Labels und Musikzeitschriften zum jähr- ner Herzensangelegenheit (PopUP gewidmet zen Wegen. Eine Mischung aus Messe, Fo- lichen Pflichttermin. Die Messe und das hat, schaut er jetzt, was kommt. rum und Festival. Oder wie es Matthias angeschlossene Festival wachsen, die Puppe beschreibt: »Es ist eine Veranstal- Besucherzahlen schießen in die Höhe. tung, bei der es – so kitschig es klingt – Doch irgendwann beginnt die halbe Welt vor allem um das Herz für die Musik und ihre Musik kostenlos aus dem Internet um die Leute, die es organisieren, geht – zu laden. Die Umsätze der Plattenfir- weniger um das Geld.« men brechen ein und stellen die (PopUp- das Leben als ganz normaler (PopUp-Be- 2001 wird der heute 34-Jährige Mit- Organisatoren um Matthias Puppe vor sucher: »Im Mai 2011 werde ich das erste glied im Verein Pop Universell e.V., der neue Herausforderungen: »Die mittlere Mal als Fan über die (PopUp gehen und die (PopUp organisiert. Nur sechs Jahre und kleine Musikbranche hat gar keine mir die Schnäpse gönnen, die ich all die später steht er an seiner Spitze: »Am An- haptischen Produkte mehr, um sie auf ei- Jahre immer verpasst habe.« fang saß ich mit in den Sitzungen, hörte ner Messe zu präsentieren. Darum über- Was folgt? Matthias Puppe schaut an viel zu. Dann war ich viele Jahre an der legen wir momentan, wie eine Messe im einem lauen September-Abend in einem Kasse, half beim Aufbau. Irgendwann Jahr 2011 aussehen kann. Gibt es noch Lokal an der Leipziger Karl-Liebknecht- habe ich mich um die Diskussionsforen Stände, auf denen Leute ihre Produkte Straße durch seine Brille und grinst: gekümmert und dann kam die Pressear- anbieten? Eher nicht, denn Downloads »Die (PopUp war meine Herzensange- beit noch dazu. Seit 2007 bin ich Vereins- kann man nicht anfassen. Wie also ver- legenheit, die ich mit aufbauen wollte. vorsitzender und habe das Organisatori- anstaltet man eine Messe, der die Pro- Das habe ich getan. Mal gucken, was sche noch mit an der Backe.« So wurde dukte ausgegangen sind?« dann kommt.« Zwei Dinge aber werden die (PopUp zu einer Art zweitem Job ne- Fest steht, dass es auch 2011 eine (PopUp ­ ihn auch weiterhin begleiten: das eigene ben Puppes Arbeit als freier Journalist geben wird. Die Planungen dazu sind be- Herz für die Musik und die Liebe zu Leip- – unbezahlt und gerade deswegen span- reits im vollen Gange, denn das Interesse Andreaszig: »Ich Zagelowwill nicht weg aus dieser Stadt, nend: »Für uns alle ist die Arbeit an der an Pop und alternativer Musik bleibt un- ich mag sie sehr.« (PopUp ein Ausgleich, der uns unseren gebrochen: »Wir wissen selbst nicht, wo eigentlichen Job besser ertragen lässt. Es wir in dieser Musikbranche anzudocken erscheint fast wie eine Utopie, dass ein sind. Wir haben uns nie überlegt, was faires Miteinander so gut funktionieren ein bestimmter Wirtschaftszweig von kann; im Job ist das manchmal gar nicht uns erwartet oder wie wir irgendwem machbar.« helfen könnten. Es ging und es geht uns All das wurde möglich, weil neben darum, Spaß zu haben. Wir schauen auf dem Diplom-Journalisik- und Anglistik- uns selbst, nicht auf die Branche und ihre Studium, das Matthias Puppe 2004 an Erwartungen.« der Universität Leipzig abschloss, immer Das Ende wird ein Anfang sein. Wenn auch noch genügend Zeit für die Musik- Matthias Puppe im Februar 2011 seinen messe war: »Mit 14 Semestern gehöre ich Posten an die nächste Generation von wahrscheinlich nicht zu den strebsams- Musikliebhabern abgibt, beginnt für ihn Alumni-Magazin der Universität Leipzig 15 Alumni im Porträt

»Als Musikstudent war man eigentlich fast überall dabei«

Agnes Schaefer, Pressesprecherin der SAW, interessiert die Bandbreite der Musiklandschaft

ie nennt sich selbst »Mottoverwei- einem Franzosen, auch noch leicht bei gererin« oder »Lieblingskomponis- den Deutschen und Österreichern, wur- tenverräterin«: Agnes Schaefer bleibt de aber kniffliger bei einem Amerikaner; lieber offen für die Dinge in der Welt, bei einem chinesischen Gast wären wir »weil man sich hinter einem Motto auch in Schwierigkeiten gekommen …«, erin- Sschnell mal verstecken kann, ohne es zu nert sie sich lächelnd. leben«, glaubt sie. Ihrer größten Leiden- »Interessiert hat mich auch damals schaft ist sich die Pressesprecherin der schon die ganze Bandbreite der Musik­ Sächsischen Akademie der Wissenschaf- landschaft – von der Konzert- oder ten zu Leipzig (SAW) jedoch vollkommen Opernbühne bis zur Hausmusik im sicher: »Ein Leben ohne Musik kann ich Wohnzimmer. Als Musikstudent war mir nicht vorstellen.« man eigentlich fast überall dabei.« Früh Schaefers Lieblingskomponisten wech­­­ war ihr klar, dass sie nach dem Studium seln immer mal. Die 33-Jährige, die Mu- gerne in einem Kulturbetrieb arbeiten sikwissenschaften und Germanistik auf möchte. »Gleichzeitig wollte ich aber Lehramt und am Deutschen Literatur- Notenlinien kennzeichnen den Lebensweg von eine handfeste Ausbildung haben, daher Agnes Schaefer. institut studiert hat, bevorzugt Klassik, das Lehramtsstudium.« Die Festspie- mag aber auch Lateinamerikanisches le seien dann für ihre Berufswahl eine oder Jazz. Seit April 2009 verantwortlich hervorragende Schule gewesen. »Denn für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oft sind hier alle für alles zuständig, was der SAW bescherte diese ihr einen ge- wahnsinnig aufregend, bisweilen hek- lungenen Start, »und zwar insofern, als tisch, aber auch eine gute Schule ist. Man dass mich die Musik im Mendelssohn- zu verfälschen, um die Öffentlichkeit mit lernt schnell, wie das große Ganze funk- Jubiläumsjahr wieder schlagartig einge- wenigen Sätzen möglichst tiefgreifend tioniert.« holt hat«, berichtet Schaefer. Im Rahmen zu informieren und – vor allem – dafür An ihrem Marketing-Büro an der Ber- der Mendelssohn-Gesamtausgabe an der zu begeistern.« An der SAW unglaublich liner Staatsoper, das schräg über dem SAW erschien 2009 mit Ralf Wehners spannend findet sie die Themenbreite. Orchesterprobensaal lag, genoss sie die Werkverzeichnis ein wissenschaftliches Von Wörterbucheditionen über Briefaus- direkte Hörverbindung zu den Konzert- Mammut-Projekt. »Das sorgte für gro- gaben bis hin zu technikwissenschaftli- und Opernproben als Teilen des großen ßen Medienrummel bis hin zur Tages- chen und Medizinprojekten ist fast alles Ganzen des renommierten Hauses. In schau. Außerdem hatte ich gleich wieder vertreten. besonderer Erinnerung ist ihr vor allem Verbindung zum Gewandhaus und zu an- Ihr Studium betrachtet Schaefer als Generalmusikdirektor Daniel Baren- deren Musikinstitutionen.« »wunderbare Zeit«, die sie auch an der boim geblieben. »Sehr viele seiner Auf- Auf ihrem beruflichen Weg verfolg- Hochschule für Musik und Theater »Felix führungen haben mich wirklich von Her- te Schaefer, die in Bratislava geboren Mendelssohn Bartholdy« vor allem mit zen angerührt. Es sind unvergessliche ist, ebenfalls Notenlinien. Vom Beet- der Querflöte, verbrachte. »Die Jahre wa- Erlebnisse, wie er einfach bedingungslos hovenfest Bonn über die Festspiele ren sehr vielseitig. Ich durfte und musste Musik machte, ungemein ehrlich und tief Mecklenburg-Vorpommern bis hin zur mich den ganzen Tag lang mit spannen- verbunden.« Staatsoper Unter den Linden Berlin ver- den Sachen beschäftigen.« Schon studi- Musik ist für Schaefer heute vor allem half sie Musik zu Gehör. »Meine ersten enbedingt nahm sie mit ihrer Querflöte Freizeit. »Wenn man aber weiterhin in Erfahrungen, gerade bei den Festspie- am musikalischen Leben der Stadt teil. Jubiläen denkt, ging es auch beruflich für len, waren ausgesprochen erfüllend.« »An der Leipziger Universität haben mich in diesem Jahr mit viel Musik wei- Bis heute gäbe es eine Klammer für ihre wir zum Beispiel oft bei Ehrenpromoti- ter, nicht umsonst liegt die Edition des Arbeit: »Egal ob Pressearbeit für eine onen mit Flöte und Klavier für die mu- Schumann-Briefwechsels mit Freunden wissenschaftliche Institution oder Öf- sikalische Umrahmung gesorgt und uns Katrinund Künstlerkollegen Henneberg seit 2010 in den fentlichkeitsarbeit für ein Opernhaus, dabei immer vorgenommen, als unsere Händen der Akademie ...« man fungiert immer als eine Art Über- Art der kleinen Verbeugung nur Stücke setzer. Es geht meist darum, Komplexes aus dem Land zu spielen, aus dem der auf den Punkt zu bringen, ohne es dabei Geehrte kam. Das war sehr einfach mit 16 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Ideale Verbindung von Neigung und Beruf

Professor Dr. Michael Fuchs hat sich trotz neun Jahren im Thomanerchor für die Medizin entschieden, heute betreut er als Phoniater die Stimmentwicklung der Profi-Sängerknaben

rüher mal war Professor Dr. Michael zifischen Probleme von Sängern beson- Fuchs Flügelputzer, als Viertklässler ders gut verstehen kann.« und einer der jüngsten Internatsschü- Insbesondere die Entwicklung der ler des Leipziger Thomanerchors. »Ich Kinderstimme ist ein Forschungsfeld, empfinde es als sehr wichtig, dass wir das Fuchs gern beackert. Die Thoma- Fsehr früh gelernt haben, Verantwortung ner sind hierfür seit Jahrzehnten ein zu übernehmen. In der vierten Klasse wichtiger Partner. »Wichtig ist: Hält die etwa hatten wir die Aufgabe, fünf Minu- Stimme die Belastungen aus? Biologi- ten täglich mit einem Staublappen alle sche Grenzen werden manchmal erst im Flügel zu putzen«, erzählt der Leiter der Chorleben sichtbar. Die zweite kritische Sektion für Phoniatrie und Audiologie Phase ist die Mutation, der Stimmwech- des Universitätsklinikums Leipzig. Heu- sel in der Pubertät, der mit erheblichen te ist der Facharzt für HNO-Heilkunde, Beeinträchtigungen einhergeht.« Der Phoniatrie und Pädaudiologie nicht nur Phoniater trägt dafür Sorge, dass sich eine Koryphäe, sondern auch dem Tho- trotz der enormen Stimmbelastungen manerchor beruflich eng verbunden. Seit im Thomanerchor eine gesunde Männer- 2004 zeichnet er für die phoniatrische, stimme entwickelt. »Auch wer kein Pro- stimmärztliche Betreuung der Thoma- fisänger wird, braucht in vielen Berufen Die Erfahrung des extrem straff organisierten ner hauptverantwortlich – ein Amt, das eine kräftige Stimme.« Tagesablaufs im Thomanerchor nutzt Professor Dr. Michael Fuchs im Klinikalltag viel. er von seinem früheren Lehrer Professor Zwei Schwerpunkte kennzeichnen Dr. med. Wolfram Behrendt übernom- laufende Forschungen. Auf dem audio- men hat, ebenso wie die Abteilungslei- logischen Gebiet läuft eine fruchtbare tung im Uniklinikum selbst. »Die Erfah- Zusammenarbeit mit dem Institut für rung eines extrem straff organisierten Biologie II der Universität Leipzig. »Wir Tagesablaufs im Chor nutzt mir als Klinik- kümmern uns um die zentrale Hör- arzt sehr viel«, ist Fuchs überzeugt. verarbeitung und -wahrnehmung, aus »Von der Zeit an, als ich in den Tho- HNO-Sicht ein eher stiefmütterlich be- Internationale Strahlkraft besitzt der manerchor kam, hat mich Wolfram Beh- handeltes Thema.« Der andere Bereich Thomanerchor, ein Aushängeschild Leip- rendt begleitet. Schon damals habe ich ist die Stimmforschung im weitesten zigs. Hier konnte der Mediziner seinen meine Liebe zur Phoniatrie entdeckt und Sinne. »Im Ende September angeschobe- Tenor prächtig entfalten. »Als Profimu- mich noch zu DDR-Zeiten entschieden, nen LIFE-Projekt forschen wir zu einer siker wäre ich ein klassischer Sänger in diese Richtung Medizin zu studieren Fragestellung, die weltweit noch nie in geworden und ins Opernfach gegangen«, und mir das Singen als Hobby zu erhal- diesem Maße bearbeitet werden konnte, so der bekennende Wagnerianer. »Am ten.« Ein Hobby, das seit der Geburt sei- nämlich: Wie groß sind genetische und meisten begeistert mich aber die Musik nes zweijährigen Sohns Theodor-Ludwig Umwelteinflüsse auf die Entwicklung Bachs.« Durch seine Frau, eine Gesangs- zu kurz kommt und »sich derzeit leider des Stimmapparates und der Stimme?« pädagogin, und den Beruf hat sich der fast ausschließlich auf das Singen von Ein weiteres Forschungsanliegen be- 42-Jährige auch populären Stilen geöff- Kinder- und Wiegenliedern beschränkt«, schreibt Fuchs so: »Der wörtliche Zu- net. »Jazz- und Popsänger sind genauso sagt der beruflich stark Eingespannte, sammenhang zwischen Stimme und unsere Patienten und müssen oft eben- der mit seinem Team und in Kooperati- Stimmung ist nicht zufällig. Wir hören falls enorme Leistungen auf extrem ho- onen zahlreiche Forschungsprojekte re- es, wenn jemand traurig, fröhlich oder hem Niveau erbringen.« Fuchs hegt die alisiert. Eines bleibt dem professionell ärgerlich ist. Wie wirkt sich dann eine Hoffnung auf Zeit, um in der Zukunft ausgebildeten Sänger hierbei: »Von Jahr psychiatrische/psychische Erkrankung wieder in einem kammermusikalischen zu Jahr empfinde ich es als fantastischer, auf die Stimmperformance aus?« Von Chor singen zu können. Dann fängt er dass ich meine Neigung für die Musik in jeher ist seine Sektion in der klinischen keineswegs von vorne an: »Verlernen so idealer Weise mit meinem Beruf ver- Versorgung ein bundesweit führendes werde ich das Singen nach dieser Ausbil- binden kann, was mich enorm erfüllt. Zentrum für Phoniatrie und Audiologie Katrindung mit Henneberg Sicherheit nicht«, sagt er. Und Durch mein Gesangsstudium weiß ich so und ein wissenschaftliches Aushänge- Flügelputzen muss er allenfalls zuhause. viel von der Methodik, dass ich die spe- schild. Alumni-Magazin der Universität Leipzig 17 Alumni im Porträt

Sie tut es für Körper, Geist und Seele

Brigitte Jäger – lange Zeit die gute Fee im Gleichstellungsreferat der Universität – singt seit über 20 Jahren im Gewandhauschor

gestaltung für Brigitte Jäger in erster Seele schön, sondern auch für den Kör- Linie auch aktiv sein. Deshalb widmet per«, fasst Brigitte Jäger zusammen. sie wöchentlich viele Stunden der Musik Zweimal in der Woche probt sie für zwei- – seit über 20 Jahren hauptsächlich als einhalb Stunden im Gewandhauschor. semiprofessionelle Sängerin im Gewand- Mein Herz schlägt stilistisch zwar für die hauschor. Neben der Familie eines ihrer Romantik, aber ich liebe es auch, schö- Teams im Leben, auf das die Hobbymu- ne alte Melodien für die heutige Zeit zu sikerin, die auch Akkordeon, Violine und gestalten, also das Modernere, das auch Klavier spielt, auf keinen Fall verzichten mal Reibung verursacht.« möchte. »Schon von Beginn an, im Früh- Die vielen Auftritte mit dem Gewand- jahr 1989, hatte ich hier eine aufregende, hauschor sind für Brigitte Jäger Aus- tolle Zeit«, schwärmt sie, »sicher auch, gleich dafür, dass sie sich gegen eine weil in diesem Jahr die Wendewirren be- Musikerkarriere entschieden hat. Und gannen«. Der herannahende politische nur so konnte sie die vielen beruflichen Umbruch wirkte sich auch auf die Stim- Erfahrungen machen, die im Chemiela- mung im Chor aus. »Alle waren sehr eu- bor und bei Robotron Leipzig in der DDR Einen Wechsel im Gesellschaftssystem, drei phorisch, weil wir montags immer Probe begannen, nach der Wende kurz in die Gewandhauskapellmeister und vier Ge- hatten, praktisch nach den Demos.« Arbeitslosigkeit, zu Umschulungen und wandhauschorleiter erlebte Brigitte Jäger im Gewandhauschor. Ein Wechsel im Gesellschaftssystem, dann in die freie Wirtschaft führten und drei Gewandhauskapellmeister (Kurt an der Universität Leipzig endeten. »Aus Masur, Herbert Blomstedt, Riccardo verschiedenen Gründen habe ich Ende Chailly) und vier Gewandhauschorlei- 1994 damit angefangen, die Stellenaus- ter (, Ekkehard schreibungen der Uni zu studieren. Da- Schreiber, Morten Schuldt-Jensen, Gregor mals gab es noch die Glaskästen des Per- uf große Ziele stets gut organisiert Meyer) brachten für die LaiensängerInnen, sonaldezernats, die an der alten Mensa hinarbeiten, das liegt Brigitte Jäger. die trotzdem eine musikalische Ausbil- hingen«, erzählt sie. »Irgendwann ist es »Am liebsten im Team etwas planen und dung durchschritten und zur Aufnahme mir geglückt, im Justiziariat als Sekre- durchführen«, benennt sie eine Vorliebe, in den Chor eine professionelle Prüfung tärin anzufangen. Dafür muss man zwar welche die 63-Jährige beruflich wie pri- abgelegt haben, immer wieder Verände- nicht studiert haben, aber das hatte ich Avat oft in die Tat umgesetzt hat. Ihre 15 rungen mit sich. »Ich konnte zwar schön eben. Mit Aufnahme meiner Tätigkeit an Berufsjahre vor der jetzigen Rente ver- singen, aber eine sängerische Ausbildung der Uni war ich mit mir und der Welt wie- brachte die studierte Chemikerin (Fach- hatten wir früher in dem Maße nicht. Ein der im Reinen.« hochschule Köthen) als Mitarbeiterin der Laie jedoch, der nicht gelernt hat, richtig Eineinhalb Jahre später führte ihr Weg Universität Leipzig – zuerst als Sekretä- zu singen, kann nicht mehrere Stunden ins Gleichstellungsreferat, »was meine rin im Justiziariat, dann als Sachbearbei- hintereinander proben. Mir wurde des- prägendste berufliche Erfahrung war, terin im Gleichstellungsreferat und zu- halb ans Herz gelegt, Gesangsunterricht weil ich sehr gern mit allen verschiede- letzt in Altersteilzeit in der Pressestelle. zu nehmen, um meine Stimme richtig zu nen Stellen der Universität, mit Men- So konnte die gebürtige Eilenburgerin schulen.« Im Jahr 1999 schließlich ver- schen und besonders mit Professor Dr. ausleben, was sie zu ihren besonderen schiedene Sing- und Atemtechniken oder Ilse Nagelschmidt zusammengearbeitet Fähigkeiten zählt: »Veranstaltungen, Ta- auch Aussprachen professionell zu erler- habe«. Die Uni sei als Arbeitsplatz auch gungen oder Besprechungen sowie de- nen, hat Brigitte Jäger als Sängerin dann richtig gewesen, »weil ich einen riesigen ren Rahmenbedingungen organisieren, noch mehr bestätigt. wissenschaftlichen Apparat als Ganzes die Finanzen dabei im Blick haben, für Singen ist eine anstrengende, sport- kennenlernen wollte«. Auch ein großes reibungslose Abläufe sorgen – eben die liche Tätigkeit. »Man braucht sehr viele KatrinZiel, das Henneberg Brigitte Jäger stets gut organi- gute Fee sein.« Muskeln in Bauch, Zwerchfell und Rü- siert erreicht hat. Privat lässt die Mutter zweier erwach- cken, muss professionell und frei atmen sener Söhne zwar gern mal die Seele können und die richtige Körperhaltung baumeln, trotzdem bedeutet Freizeit- haben. Das ist nicht nur für Geist und 18 Alumni-Magazin der Universität Leipzig »Musik ist für mich die pure Freude.«

Rolf Alexander Böhme wollte immer schon Musik vermitteln – und tut dies bis heute

er Tagesablauf des 80-Jährigen ist Himmelfahrt 1960 über West-Berlin. An klar strukturiert: Frühstück, Spa- der Grenze wird er festgehalten, doch ziergang, Vorbereitung der Musikkur- er hat Glück. Der Inhalt seiner Akten- se und Theaterfahrten, Mittagessen, tasche ist ihm bei der »Überzeugung« Zeitungsstudium und E-Mail-Korres- des Grenzbeamten behilflich. Neben Dpondenz, Abendessen, Fernsehen. Zum Zeugnissen hat er zufällig eine kleine Sortieren seiner großen Musik-CD- Broschüre mit Parteitexten eingepackt. Sammlung bleibt indes keine Zeit, denn An dieser Broschüre wolle er mit dem Rolf Alexander Böhme hat Wichtigeres Onkel in West-Berlin arbeiten, versi- zu tun: Im mittlerweile 92. Semester chert er dem Grenzer in einer Notlüge, bringt er seinen Hörern der Volkshoch- der ihn daraufhin passieren lässt. »Jeder schule Göttingen die Musik in Theorie hat irgendwann im Leben einmal lichte und Praxis näher; das Musiktheater mit Momente – in diesem Moment hatte ich seinen Bereichen Oper, Operette, Musi- einen«, sagt er heute sichtlich bewegt. cal, Ballett steht dabei im Mittelpunkt. Foto: privat Über Tempelhof wird er ausgeflogen, Parallel dazu unterrichtet er an der Uni- landet in Frankfurt, später dann in Göt- versität des Dritten Lebensalters der Rolf Böhme bei einem seiner Musiktheater- tingen. Um seine Familie zu ernähren, Universität Göttingen und organisiert Seminare an der Volkshochschule Göttingen. nimmt er zunächst einen Job als Versi- Theaterfahrten. cherungsvertreter an, schlägt später Schon früh findet Böhme zur Musik. hochdotierte Angebote der Deutschen 1930 in Freiberg/Sachsen geboren spielt Grammophongesellschaft und privater er Klavier seit dem fünften, Orgel seit Gymnasien aus. Um bei seiner Familie dem zehnten Lebensjahr. An der großen manern. Als einer der besten Sänger im sein zu können, wählt er stattdessen den Silbermannorgel im Freiberger Dom be- Leipziger Hochschulchor darf er die Tho- Weg ans Gymnasium – als Musiklehrer. dient er zunächst nur den Blasebalg als maner bei großen Konzerten sogar mit In Göttingen lernt er Wolfgang Natonek Orgel-Gehilfe, später darf er auch selbst verstärken, was ihm bis heute in freudi- und seine Familie kennen, die im selben spielen. Diese Erfahrungen in jungen ger Erinnerung geblieben ist. Während Haus eine Etage höher wohnen. Nato- Jahren entfachen sein Feuer für die Mu- seiner Zeit als Studienleiter und Assis- nek – von 1947 bis 1948 Studentenrats- sik, er entscheidet sich für ein entspre- tent des Generalmusikdirektors am Lan- vorsitzender an der Universität Leipzig chendes Studium. destheater Altenburg von 1954 bis 1958 – war zuvor wegen seines Widerstands Von 1948 bis 1949 studiert er an der studiert er Musikwissenshaft an der gegen die entstehende DDR von der Musikhochschule Leipzig – Fachrich- Universität Leipzig und legt darin 1959 sow­jetischen Besatzungsmacht zu einer tung Klavier und Kapellmeister, setzt seine Diplomprüfung als Externer ab. mehrjährigen Strafhaft verurteilt wor- sein Studium im Anschluss bis 1951 in Zu der angestrebten Promotion im An- den. Die Beziehung zu Wolfgang Natonek Dresden fort. Auf Anraten seiner Lehrer schluss kommt es nicht: sein potenzieller bezeichnet er selbst als »wunderbare verlässt er ohne Examen die Hochschule­ Doktorvater verstirbt. Freundschaft«, geprägt durch intensive und arbeitet am Stadttheater Köthen Als Musikdramaturg und 1. Kapell- Diskussionen, gemeinsame Urlaube mit als Korrepetitor. Von dort führt ihn sein meister kehrt er von 1958 bis 1960 an der Familie, Kegel- und Skatabende. Weg nach Quedlinburg, wo er als Chor- die Städtischen Bühnen in Quedlinburg Zum 80. Geburtstag im August 2010 direktor und 2. Kapellmeister an den zurück. Dort wird ihm bewusst, wie sehr haben Familie, Freunde und Bekannte Städtischen Bühnen wirkt und nebenbei er in seinem Wirken vom politischen Sys- ihm viele Wünsche und Ratschläge ent- beginnt, eine Familie zu gründen. tem der DDR eingeschränkt wird. Anwei- gegengebracht. Er will sie fast alle befol- Im Jahr 1954 legt er an der Musik- sungen, wonach er eine Musikquote von gen. Den Rat der Kinder »Mach mal we- hochschule Leipzig sein Examen als Ka- 60 Prozent Ost-Komponisten erfüllen niger, Vati!«, will er allerdings nicht ganz pellmeister ab. Leipzig erscheint ihm zu und musikalische Redevorträge politi- so ernst auslegen. »Es geht mir doch so dieser Zeit gewaltig – so oft es seine Zeit sieren soll, widersetzt er sich wiederholt. Christingut, WEIL Wätzel ich noch arbeiten darf«, sagt er erlaubt, geht er zu Konzerten – mit Vor- Auf Anraten eines Bekannten verlässt mit einem verschmitzten Lächeln. liebe ins Gewandhaus oder zu den Tho- er das Land aus politischen Gründen an Alumni-Magazin der Universität Leipzig 19 ForschungZehn Fragen

Zehn Fragen an Professor Dr. Wolfgang Böhmer Foto: privat

Was hat Sie dazu bewogen, ein Studium an der Universität Leipzig aufzunehmen? Professor Dr. Wolfgang Böhmer, Alumnus der Universität Leipzig und heutiger Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt, gibt Einblicke in seine Studienzeit.

Da hatte man zu DDR-Zeiten keine Wahl: Die Zuteilung eines Studienplatzes war vorgegeben. Aber ich war nicht unzufrie- Welcheden, dass Bedeutung ich Leipzig zugeteilt hat die wurde. Universität Leipzig heute für Welche sächsische Gewohnheit haben Sie zu Studienzeiten Sie? lieb gewonnen und führen sie noch heute fort?

Ich glaube, jeder, der mal studiert hat, hat eine Beziehung zu Da ich selbst Sachse bin, sind mir sächsische Gewohnheiten seiner Uni. Das liegt schon daran, dass man damals jung war wahrscheinlichWelchen Tipp möchtengar nicht Sieaufgefallen. abschließend den heutigen Stu- und vieles erlebte, was neu war. Aber ich erinnere mich durch- dierenden mit auf den Weg geben? aus auch daran, dass ich Kohlen im Güterbahnhof geschippt Welcheshabe, weil Ereignis ich ein Jahr Ihrer lang Studienzeit kein Stipendium ist Ihnen bekam. in besonders guter Erinnerung geblieben? Den Tag so zu nutzen, dass auch die Nächte noch in schöner Er- Interview:innerung bleiben. Christin Wätzel

WelcheDie Medizinerbälle. Methoden haben Sie angewendet, um Prüfungs- angst zu überwinden?

Es ist mir gelungen, mir die Prüfungsangst nicht anmerken zu Waslassen. war Ihr Lieblingsessen in der Mensa? Professor Dr. med. habil. Wolfgang Böhmer (geb. 1936) ist seit 2002 Ministerpräsident des Landes Sachsen- Anhalt, 2002/2003 war er Präsident des Bundesrates. WasGrützwurst war Ihr mit Lieblingsplatz Sauerkraut . in Leipzig, um sich vom Studi- Von 1954 bis 1959 studierte er in Leipzig Medizin. Im enalltag zu erholen? Anschluss arbeitete er in der Görlitzer Frauenklinik und von 1974 bis 1991 als Chefarzt im Krankenhaus Paul-Gerhardt-Stift in Wittenberg. 1991 war Wolfgang WomitEine kleine konnte Kneipe man namens Sie am »Schmalfuß«. ehesten vom Lernen abhalten? Böhmer Minister der Finanzen des Landes Sachsen- Anhalt, 1993/1994 Minister für Arbeit und Soziales. Zwischen 1994 und 2002 übte er verschiedene politi- WasDas haben würden einige Sie junge studieren, Damen wenngeschafft. Sie heute noch einmal sche Funktionen aus: Landtagsabgeordneter, Vizepräsi- entscheiden könnten? dent des Landtages, Fraktions- und Landesvorsitzender der CDU in Sachsen-Anhalt.

Ich war gern Arzt und würde es auch wieder werden wollen. Foto: Tom Schulze 20 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Alumni im Dialog Foto: Swen Reichhold

Komponist Professor Bernd Franke und Universitätsmusikdirektor David Timm im Gespräch mit Christin Wätzel und Dr. Manuela Rutsatz (von links nach rechts).

Foto: privat »Ein sehr harmonisches und kreatives Gefüge« Professor Bernd Franke und David Timm im Gespräch

601 Jahre Universität Leipzig stellen zu- gleich auch 601 Jahre Musikgeschichte in Leipzig dar. Mit Telemann, Bach und im Lehrbetrieb der Universität. Es zeigt semble oder das Pauliner Kammeror- seinen Söhnen, Mendelssohn, Schumann, sich, dass die Studierenden, die aktiv Wiechester. ist die Auftragskomposition „Me- Wagner und Reger waren etliche bedeu- Musik betreiben, sehr gut sozial struk- moriam – Tempo e tempi“ im Jubilä- tende Musiker in Leipzig aktiv. Bis heute turiert sind, gut mit Zeit umgehen sowie umsjahr 2009 entstanden? setzt die Universität diese Tradition fort. auf Leute zugehen können und sich vor Timm: Zahlreiche musikalische Ensembles, die­ allem auch an dieser Universität stärker angewandte Lehre und Forschung am Insti- Welcheangebunden Rolle fühlen. kann der Musik an der Ich habe das Projekt der Fest- tut für Musikwissenschaft und nicht zuletzt Universität historisch gesehen zuge- musiken-CDs von meinem Vorgän- auch Auftragskompositionen kennzeich- schrieben werden? ger Wolfgang Unger übernommen und nen den Reichtum und die Vielfältigkeit Timm: fortgeführt. Aufgabe war zunächst, die der Musik an der Universität bis heute. Kantaten, die Bach für die Universität David Timm, Universitätsmusikdirektor Leipzig hat eine einzigartige geschrieben hatte, aufzunehmen, was und Professor Bernd Franke, Komponist Universitätsmusik zu bieten. Als be- mittlerweile vollendet ist. Daneben gab und Universitätsprofessor am Institut für deutendster Vertreter muss Johann Se- es die Idee, eine moderne Fortsetzung Musikwissenschaft, treffen für „Alumni im bastian Bach genannt werden: Keine zu finden. Ursprünglich sollten dafür Dialog“ aufeinander. Ein moderiertes Ge- andere Universität der Welt kann von die vorhandenen Texte von verschol- spräch von Pressesprecherin Dr. Manuela sich behaupten, dass Bach für sie kompo- lenen Kantaten genutzt und mit neuer Rutsatz und Alumni-Koordinatorin Christin niert hätte. Weiterhin sind uns die Bach- Musik vertont werden – eine Art moder- Wätzel. Söhne, Georg Philipp Telemann und Max ne Bachkantate. Von dieser Idee bin ich Reger verbunden. Wenn man diese Reihe abgerückt. Die alten Kantatentexte sind Zum Einstieg einmal provokant ge- bis heute fortsetzt, dann gelangt man zu doch oft sehr speziell und ohne großen fragt: Warum gibt es „Universitäts- Bernd Franke, der mit seiner Auftrags- Erklärungsapparat kaum verständlich. musik“ in Leipzig? komposition im Jubiläumsjahr eine Fest- Mit Bernd Franke haben wir dann einen Timm: musik der Neuzeit geschaffen hat. international bekannten Komponisten Heute gibt es mit dem Universitätschor, gefunden, der zudem auch einen direk- Die Musik stellt einen Teil des Bil- dem Universitätsorchester und der Uni- Franke:ten und persönlichen Bezug zur Univer- dungsauftrages dar – und zwar im Sinne bigband drei bedeutende studentische sität Leipzig hat. einer kulturellen Bildung durch aktives Ensembles, dazu kommen professionelle Ich habe hier in Leipzig Kompo- Tun, daher gibt es auch ihre Verankerung Ensembles wie das Pauliner Barocken- sition und Dirigieren studiert und bin Alumni-Magazin der Universität Leipzig 21 Alumni im Dialog

dann nach meinem Studium nahtlos an floss ebenfalls direkt in das Werk ein. Foto: Swen Reichhold die Universität gegangen, an das Institut Des Weiteren sangen einige Studen- für Musikwissenschaft. In all den Jahren ten der Musikwissenschaft im Chor bei Bernd Franke des Unterrichtens habe ich viele int­e­ der Uraufführung mit und diskutierten ressante Begegnungen mit Studierenden während des Probenprozesses und nach gehabt, habe viele Anregungen erhalten. der Uraufführung intensiv mit mir über Da ich in Leipzig lebe und arbeite, hatte WieWerk habenund Aufführung. Sie die Uraufführung am Bernd Franke (geboren 1959) gehört ich natürlich einen ganz anderen Bezugs- 2. Dezember 2009 erlebt? zu den renommiertesten deutschen punkt zu so einem Datum wie dem 600. Franke: Komponisten seiner Generation. Sei- Jubiläum einer Universität. Gern wollte ne Werke werden weltweit von wich- ich also auch einmal etwas zurückgeben. Natürlich ist es immer aufregend tigen und prominenten Interpreten Als mich David Timm dann für die Auf- die Uraufführung zu hören. Wenn man und Orchestern aufgeführt und tragskomposition angefragt hat, habe gut arbeitet, dann hat man das alles na- exklusiv von C.F. Peters Frankfurt- Inich nicht der lange Komposition überlegen werden müssen. Texte türlich vorher schon innerlich gehört London-New York verlegt. Franke von Hans Ulrich Treichel und Shake- und kann an dem ein oder anderen noch studierte in Leipzig an der Musik- speare verwendet. Wie kam es dazu? arbeiten, zum Beispiel an der Akustik. hochschule »Felix Mendelssohn Franke: Die Tage des Jubiläums selbst waren ein Bartholdy« Dirigieren und Komposi- ganz ungewöhnliches Erlebnis und ich tion, in Berlin an der Akademie der Dass mit Hans Ulrich Treichel – habe es sehr bedauert, als diese Zeit vor- Künste, in den USA in Tanglewood einem Professor vom Deutschen Litera- bei war. Meine größte Freude war aber und hatte Privatunterricht bei Hans turinstitut – einer der prominentesten weniger die Uraufführung selbst, son- Werner Henze. Er geht seit 1981 deutschen Lyriker und Schriftsteller – in dern der Raum, in dem sie stattfand. In Lehrtätigkeiten an der Universität das Vorhaben mit eingebunden wurde, der neuen Universitätskirche, dem Pauli- Leipzig und an der Hochschule für fand ich sehr gut. Treichel ist ein sehr num, zu sitzen, fand ich unbeschreiblich. Musik und Theater »Felix Mendels- sensibler Künstler und war viele Jahre Wenn man sich vorstellt, wer da bis zur sohn Bartholdy« Leipzig nach, lehrt Opernlibrettist einer meiner Lehrer, des Sprengung 1968 musiziert und an der derzeit am Institut für Musikwis- deutschen Komponisten Hans Werner Orgel gesessen hatte – dann ist das schon senschaft der Universität Leipzig. Henze. Damit entstanden ganz andere Timm:sehr beeindruckend und schlicht und er- Im Jahre 2003 wurde Franke zum Eck- und Bezugspunkte, die mir sehr greifend ein großes Erlebnis. Professor der Alma mater Lipsiensis wichtig waren. Mit dem Gedicht „Immer- Mir ging es durchaus ähnlich, wo- berufen. Als Composer in Residence dar“ (siehe Seite 23, Anm. der Redaktion) bei ich mich während der Aufführung wurde er u.a. nach Schweden, Finn- brachte Treichel eine Zeitlosigkeit in die natürlich voll und ganz auf die Musik land, Litauen und Dänemark einge- Arbeit ein, die mich wiederum sehr ge- konzentriert habe. Es war ein spannen- www.berndfranke.deladen, war weltweit häufig Gast in reizt und inspiriert hat. Durch den Text des Erlebnis, ein solches Werk an einem Goethe-Instituten. von Shakespeare wollte ich eine bewuss- noch nicht erschlossenen Ort aufzufüh- te Verbindung zu den Ursprüngen der ren. Zum Glück hat der Platz für Chor Universität, der Renaissance, herstel- und Orchester ausgereicht und auch die len. Die Ideale der Gründungszeit der Akustik war trotz diverser Einbauten Universität – allen voran das universale gut – das lässt mich optimistisch in die Denken – dürfen meines Erachtens nicht GabZukunft es vor blicken. der Jubiläumskomposition stark den musikpraktischen Teil der Inwieweitverloren gehen. war es möglich, Studierende­ schon andere Formen der Zusammen- Universität. Dass sich die Studierenden in den Prozess der Komposition mit arbeit zwischen Ihnen? neben dem musiktheoretischen Teil im einzubinden? Timm: Studium auch praktisch einbringen kön- Franke: nen, zum Beispiel in Chor, Orchester oder Es gab eine Art Vorprojekt mit den BigBand, ist sehr gut. Daneben gibt es Studierende waren nicht direkt drei Universitätschören Halle, Jena und seit 2001 zum Beispiel auch regelmäßig in den Kompositionsprozess mit ein- Leipzig im Juli 2009. Dabei hat der Leip- Abende der Studierenden der Musikwis- bezogen, aber ich hatte einige wenige ziger Universitätschor das Stück „Au- senschaft, wo sie ihre eigenen Kompo- meiner Studenten in die Textsuche und gustusplatz“ von Bernd Franke uraufge- sitionen aufführen können. Ich denke, Recherche mit einbezogen und wertvolle führt. Wir konnten uns so schon an seine synergetisch ist das ein sehr harmoni- Hinweise erhalten. Der dritte unverton- Kompositionsweise herantasten und uns sches und kreatives Gefüge, was wir hier te Text stammt von Eugenio Montale und in den Stil einfühlen. Haltenhaben. Sie über die Studienzeit hinaus inspirierte mich zum instrumentalen Des Weiteren gebe ich Jazzkurse für das Kontakt zu Ihren Chormitgliedern? Mittelteil meiner Komposition. Diese Franke:Institut für Musikwissenschaft, die An- Timm: Anregung kam während einer Unter- frage dazu kam von Bernd Franke. richtsstunde von einem Studenten und David Timm verkörpert ganz Innerhalb der Universitätsmusik 22 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Foto: Swen Reichhold den sind, verliert man sich – trotz neu- denn der Universitätshaushalt wird ester Medien – häufig sehr schnell aus Franke:wohl nicht so wachsen, dass die Musik David Timm dem Blick. Das Universitätsorchester hat ihren Etat verdoppeln könnte. auch einen Förderverein. Mit diesem zu- Neben der Fortführung aktueller sammen soll im Frühjahr 2011 sogar ein Projekte liegt mir ein Zeitzeugen-For- Franke:Alumni-Konzert mit der Gründergenera- schungsvorhaben besonders am Herzen. David Timm, »hellster Stern zurzeit tion stattfinden. Im Rahmen eines Masterprojektes for- an Leipzigs Musikhimmel« (Die In der Musikwissenschaft ist die schen unsere Studierenden derzeit über Zeit), geboren 1969 in Waren/Mü- Alumni-Arbeit ein wenig schwieriger zu noch lebende Komponisten aus der ehe- ritz, war Mitglied und 1. Präfekt des organisieren. Aber wir haben tatsächlich maligen DDR, zunächst waren Leipziger Thomanerchors und studierte Kir- in den letzten Jahren den Kontakt aus- Komponisten im Mittelpunkt, in diesem chenmusik und Klavier an der Hoch- gebaut, sodass unter den Studierenden Semester Berliner; Komponisten aus schule für Musik »Felix Mendels- mittlerweile eine Art Netzwerk entsteht. Chemnitz, Magdeburg, Halle und Rostock sohn Bartholdy« in Leipzig und am Zu unseren Veranstaltungen laden wir sollen folgen. Ziel ist, die Studierenden Mozarteum in Salzburg. Seit 2005 Bestehtauch Ehemalige aus ihrer ein. Sicht ein Zusam- näher mit Praxis und Zeitgeschichte ver- ist er Leipziger Universitätsmusikdi- menhang zwischen Literatur und traut zu machen, ein besseres Verständ- rektor und leitet in dieser Funktion ­Musik?­ Können Sie als Musiker etwas nis für zeitgenössische Musik zu entwi- den Leipziger Universitätschor. 1999 von den Schriftstellern lernen? ckeln, in die jüngste Vergangenheit der gründete er die LeipzigBigBand, Franke: letzten 40 Jahre intensiver einzudrin- 2002 war er Mitbegründer der gen. Zum anderen soll mit Interviews ein »Richard-Wagner-Gesellschaft Leip- Wir haben in den letzten Jahren Kolloquium über DDR–Musik vorbereitet zig 2013 e.V.«, deren Vorsitzender er mehrfach Konzerte oder Abendveran- werden und letztlich soll auch ein Archiv heute ist. Timm gastiert im In- und staltungen mit dem Deutschen Literatur- über DDR–Musik entstehen. Es ist also Ausland und ist 1. Preisträger unter institut organisiert. Unsere Studenten ein sehr langfristig und breit angelegtes anderem der Orgelimprovisations­ haben dann Texte oder Gedichte dieser Projekt – insofern sind wir hier auf viel- wettbewerbe in Weimar und in Studenten vertont. Es gibt aus meiner fältige Unterstützung durch Stiftungen Schwäbisch Gmünd. 2008 erhielt er Sicht also viele gemeinsame Schnittstel- und andere Förderer angewiesen. den Mozartpreis der Sächsischen len zwischen den Künsten. Was einer Mozart-Gesellschaft e. V. sowie die Komponistin oder einem Komponisten www.uni-leipzig.de/unichorEhrenmitgliedschaft des Richard- als Inspirationsquelle dient, ist ja ganz Immerdar www.uni-leipzig.de/unimusikWagner-Verbandes Leipzig e. V. verschieden: Das kann ein Bild sein oder ein Gedicht, ein Roman oder auch ein Naturereignis. Die Studierenden vom Alles hat seine Zeit, Deutschen Literaturinstitut haben doch der Wind, das Laub, die gleichen Sorgen, Nöte, Probleme oder der Schnee und die Krähen, Freuden, die gleichen Gefühle, das glei- ein Jegliches hat seine Zeit, che Zeitgefühl, wie ihre Kommilitonen auch das, was geschrieben steht, hier am Institut für Musikwissenschaft. auch die Worte, Gebete, WelcheAlle suchen Projekte und probieren sind bei aus. Ihnen in der der Schrei, das Gelächter, gibt es eine große Alumnischaft. Beim Zukunft geplant? auch die Zeit hat ihre Zeit, Chor zum Beispiel gibt es einen Förder- Timm: der Himmel, die Wolken, verein, in dem viele Ehemalige engagiert wie alles und alle, jeder und jede, sind, der uns gezielt fördert – auch finan- In erster Linie steht natürlich der Herzschlag, der Atem, ziell. Das Bedürfnis, diese Gemeinschaft, die Bespielung des wiedergewonnenen das Schnurren der Katze, die man im Chor erlebt, hat in irgendei- Raumes, der Universitätskirche und was wächst, was gedeiht, ner Weise noch weiterleben zu lassen, ist Aula ­St. Pauli,­ an. Wir wollen dort regel- was stirbt, was verdirbt, stark. Ältere Mitglieder des Förderver- mäßig Konzerte, auch Uraufführungen, die vor uns waren, eins, soweit sie in Leipzig sind, kommen spielen und zudem den internationalen die nach uns kommen, immer noch in die Konzerte, sprechen Austausch weiter ausbauen. Und sollte das Haus, das wir bauen, einen an und erzählen von Aufführun- es gelingen, den Bau rechtzeitig fertig zu der Sturm, der es einreißt, gen unter meinen Vorgängern Friedrich stellen, könnte auch der 200. Geburtstag der Tag, den wir loben, Rabenschlag, Max Pommer oder Wolf- Richard Wagners am 22. Mai 2013 be- das Jetzt und das Niemals gang Unger. In letzter Zeit werbe ich sonders begangen werden: Die Planung hat seine Zeit und auch dafür, dass aktive Mitglieder des Chors für den Ring des Nibelungen ist bereits Hans-Ulrichdas Immerdar. Treichel (Januar 2009) in den Förderverein integriert werden. in Arbeit. Um alle Projekte umzusetzen, Denn wenn sie erst einmal ausgeschie- müssen wir aber viele Förderer finden, Alumni-Magazin der Universität Leipzig 23 ForschungUni aktuell

Entwicklung der Universität

Hochschulrat der Universität Leipzig

Im März 2010 hat der Hochschulrat der Universität Leipzig auf seiner konstituierenden Sitzung Professor Monika Harms, Ge- neralbundesanwältin beim Bundesgerichtshof, zur Vorsitzen- den sowie Professor Dr. Dr. h.c. Ernst Th. Rietschel, Präsident Foto: Randy Kühn der Leibniz-Gemeinschaft, zum stellvertretenden Vorsitzen- den gewählt. Der gemäß Paragraf 86 des Sächsischen Hoch- Der neue Hochschulrat mit dem Rektorat der Universität Leipzig am Gründungstag, 4. März 2010. schulgesetzes einzurichtende Hochschulrat ist Aufsichts- und Beratungsorgan der Universität. Er führt die Funktion des bisherigen Kuratoriums mit erweiterten Zuständigkeiten fort und gibt mit externem sowie internem Sachverstand der Uni- versität Empfehlungen zur Profilbildung und Verbesserung ihrer Leistungs-und Wettbewerbsfähigkeit. Der Hochschulrat der Universität Leipzig besteht aus sieben Mitgliedern, davon als Externe Professor Dr. Reinhold R. Grimm (Friedrich-Schil- ler-Universität Jena, Lehrstuhl für romanische Literaturwis- senschaft), Professor Monika Harms (Generalbundesanwältin beim Bundesgerichtshof), Professor Dr. Dr. h.c. Ernst Th. Riet- schel (Präsident der Leibniz-Gemeinschaft), Dr. Jürgen Staupe (Staatssekretär im Sächsischen Staatsministerium für Kultus und Sport) und Dr. h.c. Klaus Tschira (Klaus Tschira Stiftung).

Mitglieder aus der Universität sind Professor Dr. Annette G. Foto: Swen Reichhold Beck-Sickinger (Geschäftsführende Direktorin des Institutes für Biochemie der Fakultät für Biowissenschaften, Pharma- Eine von drei taktilen Übersichtstafeln an den Zugängen zum Campus. zie und Psychologie) sowie Professor Dr. rer. biol. hum. habil. Elmar Brähler (Leiter der Abteilung für Medizinische Psycho- logie und Medizinische Soziologie an der Medizinischen Fakul- tät). Das Gremium wird mindestens zweimal im Semester und Barrierefreiheitbei Bedarf tagen. auf dem Campus gewiesen. Ebenso „sprechen“ die Aufzüge, die Treppenstufen sind markiert und es gibt taktile Übersichtstafeln am Eingang In Zusammenarbeit mit der Deutschen Zentralbücherei für Grimmaische Straße und an den Zugängen der Universitäts- Blinde wurde bis Jahresende 2010 ein taktiles Leitsystem für straße. Das Institutsgebäude ist bereits seit Frühjahr 2009, das sehgeschädigte Studierende und Lehrende realisiert. Hörsä- Hörsaal- und Seminargebäude seit Sommer 2009 wieder in vol- le, Seminarräume und Büros auf dem Campus Augustusplatz lem Studienbetrieb. Ziel für 2011 ist es, die Bodenindikatoren sind nunmehr taktil – also mit Braille-Beschriftungen – aus- zur Orientierung zu erweitern. Kurz gefasst

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Im Juni 2010 schlossen Professor Dr.- bote, kooperative Promotionsverfahren,+++ Mit Georg Teichert hat die Univer- Ing. Hubertus Milke, Rektor der HTWK gemeinsame Forschungsvorhaben sowie sität Leipzig erstmals einen Studieren- Leipzig, und Professor Dr. iur. Franz Häu- +++Marketing und Öffentlichkeitsarbeit. den als Gleichstellungsbeauftragten. Der ser, Rektor der Universität Leipzig, eine 24-Jährige wurde im Oktober 2010 in der Rahmenvereinbarung zur künftigen Zu- Die Liebigstraße, Hauptverkehrs- Versammlung der Gleichstellungsbeauf- sammenarbeit der beiden Hochschulen. ader der Leipziger Unimedizin, soll bis tragten der Fakultäten und Einrichtun- Voraus gingen zahlreiche Kooperationen 2013 ausgebaut werden, um den Anfor- gen einstimmig gewählt. Die Versamm- in den Gebieten Lehre, Studium und For- derungen einer modernen Infrastruktur lung hat außerdem beschlossen, dass die schung sowie Nachwuchsförderung, de- gerecht zu werden. Die Gesamtkosten Gleichstellungsarbeit als Querschnitts- nen jetzt eine vertragliche Basis gegeben von rund 2 Millionen Euro tragen+++ die aufgabe verankert und+++ stärker bei allen wird. Die Rahmenvereinbarung umfasst Stadt Leipzig, das Universitätsklinikum universitären Entscheidungen berück- insbesondere gemeinsame Studienange- Leipzig und der Freistaat Sachsen. sichtigt werden soll. 24 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Forschung aktuell

Novum: PromovierendenRat gewählt

Allen DoktorandInnen eine Stimme geben soll der im Rahmen der Gremienwahlen erstmals gewählte PromovierendenRat (ProRat) der Universität Leipzig – ein bundesweites Novum der

Interessenvertretung. »Die Erkenntnis, dass es an der Uni un- Foto: Kristin Baumert heimlich viel unentdecktes und ungefördertes Nachwuchspo- tenzial gibt, war unser Motor«, sagen Benjamin Bigl und Carlo Klauth, die 2008 gemeinsam mit anderen Promovend­Innen die Jedes Semester organisiert der ProRat neben Workshops und Semina- Leipziger Initiative für Promovierende mit zirka 20 Mitglie- ren die Leipziger Promotionsvorträge. Die Themen sind stets interdiszip- linär angelegt. dern aller Fakultäten ins Leben gerufen haben. Ziel des von etwa 15 Prozent aller Berechtigten gewählten Rats, welcher in der vorliegenden Grundordnung der Universität gesetzlich ver- ankert ist, sei es, »den Einstieg in die Promotion zu erleichtern, zu verbessern und eine Vertretung für alle Promovierenden zu schaffen, unabhängig von ihrem sozialen oder wirtschaftli- Das Fächerspektrum des Centre for chen Status«, sagt Klauth. Die Aufgaben des ProRats umfassen Area Studies reicht von den Politik-, sowohl die interne als auch externe Vertretung der Promovie- Wirtschafts-, Kultur-, Religions-, renden der Universität Leipzig, insbesondere aber: die Vertre- Literatur- und Sprachwissenschaften tung vor allem hochschulpolitischer Interessen der Doktoran- bis zu Ethnologie und Geschichts- wissenschaft. Das Centre for Area dInnen, die Beratung sowie individuelle Unterstützung in allen Studies befindet sich im westlichen Phasen der Promotion, die Verteilung von Informationen und Teil des Stadtzentrums von Leipzig, direkt neben der Thomaskirche am

Organisation von Weiterbildungsangeboten für Promovieren- Foto: Randy Kühn www.prorat.uni-leipzig.dede sowie die Vernetzung der Promovierenden sowohl interdis- Thomaskirchhof 20. ziplinär als auch mit anderen Hochschulen. Centre for Area Studies verbindet Regionalwissenschaften weltweit das Zentrum die Kompetenzen der verschiedenen regionalwis- senschaftlichen Institute der Universität Leipzig in einem ge- Im Juni 2010 wurde das Centre for Area Studies (CAS) feierlich meinsamen Arbeitsprogramm und verleiht ihnen damit auch eröffnet. Das Centre for Area Studies der Universität Leipzig größere nationale und internationale Sichtbarkeit. ist eine interdisziplinäre und fakultätsübergreifende For- Leipzig gehört zu den wenigen deutschen Universitäten, die schungseinrichtung, die sich der Frage widmet, welche Positi- die Voraussetzungen durch traditionsreiche regionalwissen- on verschiedene Weltregionen im Zeitalter der Globalisierung schaftliche Institute für ein solch weitgespanntes verglei- einnehmen und wie sich das Verständnis von Weltregionen chendes Programm besitzen. Das CAS wird für vier Jahre vom unter dem Eindruck intensivierter globaler Flüsse von Waren, www.uni-leipzig.de/casBundesministerium für Bildung und Forschung mit 3 Millionen Kapital, Menschen und Ideen verändert. Unter dem Titel »Cul- Euro gefördert. tural Encounters and Political Orders in a Global Age« bündelt Kurz gefasst

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Mit Antragsskizzen in den Förderli- Bis zum Frühjahr 2011 werden die rund 550.000 Euro vom Europäischen nien »Exzellenzcluster« und »Zukunfts- Deutsche Forschungsgemeinschaft und­­ Sozialfonds gefördert. Die Kompetenz- konzept« beteiligt sich die Universität der Wissenschaftsrat entscheiden, welche schule dient dazu, Qualifikationsmodule Leipzig in der zweiten Runde der Exzel- Universitäten ihre Anträge weiter+++ aus- zu entwickeln und einzuführen, die Pro- lenzinitiative von Bund und Ländern. führen dürfen, um sich endgültig für die movierende auf leitende Tätigkeiten+++ in Darüber hinaus wird sie sich für eine +++Exzellenzförderung zu empfehlen. den Bereichen Hochschule, Verwaltung Verlängerung der Graduiertenschule und Wirtschaft optimal vorbereiten. Leipzig School of Natural Sciences – Buil- Das Sächsische Staatsministerium ding with Molecules and Nano-objects für Wissenschaft und Kunst befürwor- (BuildMoNa) einsetzen, die sich in 2007 tete in diesem Jahr die Einrichtung einer in der ersten Programmphase der Ex- Kompetenzschule an der Research Aca- zellenzinitiative durchgesetzt hatte.­ demy Leipzig. Sie wird seit Juli 2010 mit Alumni-Magazin der Universität Leipzig 25 ForschungUni aktuell

Studium

»Science: Who cares?” Englisches Leipzig In Anbetracht der Tatsache, dass [...] unser Leben vielfältig durch Wissenschaft bestimmt ist, muss auch kritisch über den Sinn von Wissenschaft» und den Umgang mit ihr reflektiert werden.« (Pro- Im Wintersemester 2009/2010 wurde am Institut für AnglisFoto: Universität Leipzig - fessor Dr. Volker ter Meulen, ehem. Präsident der Nationalen Aka- tik unter Leitung von Professor Dr. Elmar Schenkel zum ers- demie der Wissenschaften Leopoldina Halle/S. und Schirmherr ten Mal ein Seminar angeboten, das eine Buchveröffentlichung von »Science: Who cares?«) zum Ziel hatte. Unter dem Titel »Angelsächsisches Leipzig – eine Spurensuche« trafen sich 32 Studenten und ließen ihrer Fantasie freien Lauf. Mit viel Mühe und Sorgfalt wurde alles Welchen Wert hat Wissenschaft für die Gesellschaft? Im Jubilä- erforscht, was Leipzig mit der englischsprachigen Welt ver- umsjahr der Universität Leipzig stellten sich 50 Studierende­ aus bindet: von Literatur über Musik bis zur Geschichte. Das ver- mehr als 20 Fachrichtungen im Rahmen des Kollegs »Science:­ öffentlichte Buch »Englisches Leipzig« ist eine Spurensuche Who cares?« dieser Frage. In drei Arbeitsgruppen analysierten von A bis Z, welche viele Überraschungen bereithält. Neben und diskutierten sie die Bedeutung des Lehramtsstudiums für offensichtlichen Verbindungen wie Leipziger Musiker im Aus- den Lehrerberuf, die Wahrnehmung von Wissenschaft in Mu- land, Englisch an der Universität Leipzig und englischsprachi- seen und die Stellung von Wissenschaft in den Medien. Eine ge Romane über Leipzig wurden auch unbekannte Bereiche Publikation präsentiert nun die Ergebnisse des Kollegs und entdeckt. Kaum einer weiß zum Beispiel, dass die Homöopa- spinnt den Faden weiter. thie mithilfe engagierter Sachsen Amerika eroberte oder in Es ist ein Buch entstanden, das Fragen aufwirft und ihnen wie vielen Filmen Leipzig als Drehplatz diente, erwähnt wurde nachgeht, das Grenzen zwischen verschiedenen gesellschaft- oder sogar der Handlungsort war. lichen Bereichen benennt und zwischen ihnen zu vermitteln sucht. Genauso wie das Projekt ist auch dieses Buch zu ver- Foto: Jan Woitas stehen: als Einladung zur Diskussion, die nicht aufhören soll, »Science:wenn der Who Buchdeckel cares?” wieder geschlossen wird. Englisches Leipzig Herausgeber: Sven Jaros Eine Spurensuche von A bis Z ISBN: 978 – 3941305120 Herausgeber: Preis: 24,95 Euro Professor Dr. Elmar Schenkel Meine Verlag ISBN: 978-3940075437 Preis: 10,95 Euro Edition Hamouda Science: Who Cares?

Ein studentisches Kolleg fragt nach dem Wert von Wissenschaft für die Gesellschaft

Sven Jaros Herausgeber

Kurz gefasst

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Zum Wintersemester 2010/2011 starte- Ende 2010 nutzten erstmals mehr Skripte von +++ Referaten bei Bedarf allen te mit dem Master of Science in Clinical als 20.000 Studierende und Lehrende der anderen Seminarteilnehmern zur Verfü- Research & Translational Medicine der Uni die Lernplattfom »moodle«. Diese +++gung stellen. erste Master-Studiengang der Medizi- unterstützt das Studium, beispielsweise nischen Fakultät. Die Inhalte schlagen durch die kursbezogene Bereitstellung Beim Studieninformationstag am eine Brücke zwischen Forschung und von Studienunterlagen, Onlineaufgaben 7. Mai 2011 können sich Interessierte über Anwendung und reichen von der Arznei- oder Selbsttests. Zeitlich und räumlich Studienmöglichkeiten an der Universität mittelentwicklung bis hin zur klinischen unabhängig haben Studierende dadurch informieren. Am selben Tag findet auch Prüfung am Menschen.+++ Ergänzt wird das jederzeit Zugriff auf ihre Dokumente und die Lange Nacht+++ der Museen statt, an der Studium durch den Bereich Ökonomie können zudem beispielsweise Hausar- sich auch Museen und Sammlungen der und Management. beiten an die Dozen­ten übermitteln oder Uni beteiligen. 26 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Universität und Öffentlichkeit Foto: Swen Reichhold Architektur der Sportwissenschaftlichen Fakultät im Blickpunkt Blick auf den Sportcampus.

Das letzte Wochenende im Juni ist für Architekturbegeister- te inzwischen ein fester Veranstaltungstermin: In allen Bun- desländern laden die Architektenkammern dann zum Tag der Architektur ein. Architektur-, Technik- und Sportfreun- de kamen so Ende Juni auch auf dem Gelände der Sportwis- senschaftlichen Fakultät voll auf ihre Kosten. Der gesamte Schwimmhallenkomplex mit 50-Meter-Becken, Sprunghalle und Lehrschwimmbecken sowie die zur Betreibung notwen- dige Betriebstechnik, die Leichtathletik-Anlage und diverse Sporthallen konnten in Augenschein genommen werden. Auch die sonst nicht öffentlich zugänglichen drei Schwimmhallen in der Mainzer Straße 4 konnten von den Besuchern für ein erfri- schendes Bad genutzt werden. Für die Forschung sind an der Sportwissenschaftlichen Fa- kultät eine Reihe weiterer Baumaßnahmen geplant. Mit dem Foto: Paul Trainer Bau eines Forschungslabors für die humanphysiologische Leis- tungsdiagnostik wurde im Juli 2010 begonnen. Besucher des Instituts für Parasitologie beim Mikroskopieren Lange Nacht der Wissenschaften von Parasiten.

Tausende Besucher nahmen am 24. September 2010 an der zweiten Langen Nacht der Wis- senschaften in Leipzig teil. Unter dem Thema »Energie« luden Leipzigs Forschungseinrich- te der Forschernacht war die vom Theater Titanick inszenierte tungen und die Universität Leipzig gemeinsam Aufführung »Eine Sinfonie mit drei Hochöfen« auf dem Gelän- mit der Stadt Leipzig in Labore, Hörsäle, Maga- de der Alten Messe. Mithilfe von Live-Musik und Showeffekten zine und Archive ein. So wurden Orte zugänglich gemacht, die behandelte das Theater Themen rund um Mensch, Natur und sonst für die Öffentlichkeit verborgen bleiben. Vorführungen, Technik. Diskussionen, Lesungen, Ausstellungen und Mitmachexperi- Zeitgleich fanden europaweit an diesem Tag in vielen großen mente boten die Gelegenheit, mit den Forschern ins Gespräch europäischen Städten Wissenschaftsnächte statt, die sich im zu kommen. Kinder waren eingeladen, an der Universität Leip- Programm »Researcher’s Night« um eine EU-Förderung be- zig einen Virus zu basteln, den kleinsten Bestandteilen der worben haben. Leipzig war neben Hamburg eine der zwei Tomaten-Sauce auf die Spur zu kommen und zur Vampirnacht im Rahmen des Programms geförderten deutschen Wissen- die Blutbank Leipzig unsicher zu machen. Einer der Höhepunk- schaftsnächte.

Kurz gefasst

+++ +++ Im Sommer 2010 ist das Universitäts- seiner Art in Deutschland. Zahlreiche net: Mo 11 bis 15 Uhr sowie nach telefoni- archiv in die Prager Straße 6 umgezogen. Benutzungen und Anfragen zur Universi- scher+++ Vereinbarung (0341 97-30170). Das renovierte Gebäude der ehemaligen tätsgeschichte prägen das gegenwärtige Posthalterei beherbergt im Erdgeschoss Arbeitsfeld des Archivs, hinzu+++ kommen Im Juni 2010 hat das Ägyptische Mu- und in der 1. Etage Magazine, in der ­ noch eigenständige Untersuchungen und seum seine Pforten im Krochhochhaus 2. Etage­ sind 16 Leseplätze. Alle Zugän- +++langfristige Editionsprojekte. geöffnet. Auf etwa 500 Quadratmetern ge sind barrierefrei und mit Fahrstuhl werden rund 6.000 Exponate der ältes- bequem erreichbar. Das Archiv der Uni- Die Studiensammlung der Kustodie ten ägyptologischen Lehrschausamm- versität Leipzig gehört mit mehr als 8000 in der Ritterstraße zeigt seit 2010 wieder lung einer+++ deutschen Universität gezeigt. laufenden Metern Akten und über 2000 Kunstschätze aus sechs Jahrhunderten, www.uni-leipzig.de/aegyptisches-muse- Urkunden zu den größten Einrichtungen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Geöff- um/. Alumni-Magazin der Universität Leipzig 27 Reflexionen Foto: Nils Kinder

»Ich schwärme für diese Stadt. Ich schlage mich im Zweifelsfall immer auf ihre Seite und verteidige sie wie meine Heimat, wenn es wieder mal heißt, erst in Berlin lasse es sich aushalten, alles andere sei Provinz, Dresden oder Leipzig, hin oder her.«, sagt Alumna Ulrike Almut Sandig.

28 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Schwarzbrot und Schlitten Nachdenken über Leipzig von Alumna Ulrike Almut Sandig

ch bin auf dem Weg zum Hügel im Clara-Zetkin-Park, den nie- baue in meiner Neugier. Die Gesichter hellen sich auf, die be- mand hier Hügel nennt, er heißt tatsächlich Warze, das muss handschuhten Finger vergessen, das Schwarzbrot loszulassen. jemandem mit Humor eingefallen sein – und niemand hat sich Weiter unten macht eine Ente ein ungeduldiges Geräusch. Hier gewehrt. Meine Verabredung rodelt darauf mit ihrem Sohn, oben werden Schultern gezuckt. Die Brüder sind trotzdem er- gleich werde ich die beiden auflesen und zu einem heißen Ka- freut und erklären mir, dass man das so sage, mittelsächsische Ikao in das Glashaus einladen. Von der Elsterbrücke aus ist es Redewendung, wenn man so wolle, und ob ich denn nicht von nur noch ein Sprung bis auf die Warze, das Lachen der rodeln- hier sei. den Kinder und die Aufmunterungen der Väter reichen bis hier- Nein, bin ich nicht. Vielleicht muss man hier geboren worden her und steigen in der Winterluft auf wie frisch gewaschene sein oder wenigstens in der Landeshauptstadt, um dieses bluts- Kleider. Ich lasse mir Zeit und schwesterliche Verhältnis zwi- schlittere auf glatten Sohlen schen Leipzig und Dresden bis an das Brückengeländer. ganz zu verstehen: Da wird Auf der zugefrorenen Fläche verglichen, unterschieden, da stehen Möwen und Wildenten werden Witze gemacht und in getrennten Grüppchen und schwer verständliche Rede- werfen ab und zu einen Blick wendungen, manchmal wird nach oben – falls jemand vor- Chemnitz von der Schwelle beikommt, jemand wie ich. »Man muss nicht aus zum Erzgebirge heraus- und Ich habe Brot mitgebracht, mit herangezogen, aber ei- aber nur für die Möwen, die Leipzig stammen, um hier gentlich nur um der Pointe Enten werden schon von an- willen, und die Pointe ver- deren überfüttert, jeder hat zu Hause zu sein.« stehen nur die Leipziger seine Lieblinge. Die beiden selbst, oder die Dresdner, je Männer in Schiebermützen nachdem. Sie können nicht weiter rechts entscheiden ohne einander, die zwei un- sich gerade für die Enten, si- gleichen Schwestern. Eigentlich gibt es nicht wirklich etwas zu cher ein Familienausflug. Alle anderen sehen den Kindern beim vergleichen. Aber was wären Dresden und Leipzig, hätten sie Rodeln zu, und die Schwager nutzen die Zeit, werfen den Enten nicht ihren Wettkampf ohne Zielgerade? große Brocken Schwarzbrot in die Schnäbel und unterhalten Stellen wir also fest: Von Weltrang sind weder Dresden noch sich über Landespolitik: »In Chemnitz wird das Geld verdient, Leipzig. Man muss es so sagen. Mit Istanbul kann keine von in Leipzig wird damit gehandelt, und in Dresden wird es wie- beiden mithalten, mit Berlin nicht, und auch nicht mit London der ausgegeben«, höre ich. oder Shanghai, und kleine Weltstädte gibt es nicht, es gibt nur »Verzeihung, aber woher haben Sie das?«, rutscht es mir he- Weltstädte und Städte. Aber, und darin sind sich Dresden und raus. Die beiden Männer drehen die Köpfe zu mir um. Sie se- Leipzig wie Schwestern: Ihre Bewohner beanspruchen den hen sich ähnlich, keine Schwager also, eher Brüder. Ich muss Status, genau das zu sein, von Weltrang, oder mindestens groß. ein eigenartiges Bild abgeben, wie ich mich neben ihnen auf- Das ist eine Haltung, die sie nicht lächerlich erscheinen lässt. Alumni-Magazin der Universität Leipzig 29 ForschungReflexionen

Im Gegenteil, sie verleiht ihren Bewohnern einen Charme, der tatsächlich etwas von Weltrang in sich trägt. Wie viele Realisten haben während der aufwendigen Finan- zierung des Wiederaufbaus der Frauenkirche nicht auf ver- nünftigere Einsatzgebiete für Spendengelder verwiesen, aber ungeachtet dessen werden schon wieder die ersten Kinder im neuen alten Denkmal getauft, und auch Dresden selbst scheint den Kopf wieder aufrechter zu tragen. Leipzig dagegen ist vor noch nicht zwei Jahren an Olympia vorbeigerauscht, und wie- der wurden die Finger gehoben, Leipzig, die Pomeranze, hat sich zu große Turnschuhe angezogen, da musste ja gestolpert werden. Aber genau hier findet er sich ein, der Charme dieser Stadt, der sich aus der Neugier und dem unerschütterlichen, an Größenwahn grenzenden Optimismus ihrer Bewohner zusam- mensetzt, die sich längst dem nächsten wahnwitzigen Vorha- ben widmen. Mag sein, dass die Untertunnelung der Innenstadt nicht nur die Reste des Leipziger Sackbahnhofs in einen Durch- gangsbahnhof verwandelt, der potenziellen Investoren eine Stunde ihrer Fahrzeit spart, die sie dann wieder verwenden können, um die Leipziger aus ihrer Arbeitslosigkeit zu retten. Mag sein, dass es nur das ist: Ein teurer Irrtum. Aber es zeugt von einer Bereitschaft dieser Stadt, sich auf diese und andere unsinnig erscheinende Abenteuer einzulassen, die mir Respekt einflößt. Leipzig muss keine Weltstadt sein. Leipzig benimmt sich einfach so. Das hat Stil. Vielleicht haben ihre Bewohner Ulrike Almut Sandig wurde 1979 in Großenhain sich diese resolute Art tatsächlich aus der Zeit vor dem Mauer- (Sachsen) geboren. Nach einem Jahr in Frankreich fall erhalten, aus den Montagsdemonstrationen unter der Auf- zog sie 1998 nach Leipzig, wo sie heute lebt. Sie brach merksamkeit der ganzen Welt. Vielleicht ist das Erbe aber auch ihr Journalistikstudium ab, unternahm Sprachreisen älter, eine Art Charaktermerkmal der Kaufmannsstadt, die nach Indien, gründete mit Marlen Pelny die Litera- Leipzig einmal gewesen ist. Diese schönen Altbauwohnungen tursache augenpost (Gedichte für alle) und schloss mit Parkett und Stuck – ob sie ihre nachwachsenden Bewohner 2005 an der Universität Leipzig ein Magisterstudium prägen, und erst die hohen Straßenzüge in der Südvorstadt, in in Religionswissenschaft und moderner Indologie ab. Schleußig, im Waldstraßenviertel, ob das uns allen diesen un- Von 2007 bis 2009 war sie Redakteurin der Literatur- vernünftigen Stolz eingibt, während wir uns an freien Tagen zeitschrift EDIT, 2010 schloss sie ein Diplomstudium auf den Weg in den Park begeben? am Deutschen Literaturinstitut Leipzig ab. Wenn dem so ist, dann muss ich die besonderen Dämpfe des Leipziger Baumaterials immer besonders tief eingeatmet ha- ben: Ich schwärme für diese Stadt. Ich schlage mich im Zweifels- Bisher erschienen die Gedichtbände »Zunder« (2005) fall immer auf ihre Seite und verteidige sie wie meine Heimat, und »Streumen« (2007), das Hörbuch »der tag an dem wenn es wieder mal heißt, erst in Berlin lasse es sich aushalten, alma kamillen kaufte« (2006, gemeinsam mit Mar- alles andere sei Provinz, Dresden oder Leipzig, hin oder her. len Pelny) und die Hörspiele »HUSH LITTLE BABY« Dabei habe ich hier nur studiert, ausgiebig, unter dem grünen (2008) sowie »Unter Wasser« (2010). Ihre Gedichte Tischlicht der Deutschen Bücherei und in kleinen Insti­tu­ten, in wurden vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Leonce- denen wir bei jeder Gelegenheit indische Feste feierten oder und-Lena-Preis 2009. »Flamingos« (2010) ist ihre Auslandssemester einschoben und auch sonst alles taten, was erste Prosaveröffentlichung. 2010 erhielt sie dafür irgendwie mit der Welt zu tun hatte, nur nicht mit Leipzig. Ich den Silberschweinpreis der lit.COLOGNE. Einige ihrer habe gut hierher gepasst, finde ich heute, schließlich ist Leip- Texte wurden ins Englische, Französische, Polnische, zig wie wohl keine andere deutsche, halbwegs große ­Stadt vom Türkische, Bulgarische, Ukrainische und ins Hindi Studentenleben geprägt. übersetzt.

30 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Später habe ich mit einer Freundin Gedichtplakate in die kirche immer noch im Sperrgebiet stand. Als er vor drei Jahren Straßen geklebt. Wir kamen uns vor, wie die ersten Siedler im Büro des Landesrabbiners Dr. Almekias-Siegl zu Gast war im Treck quer durch Amerika. Wir merkten uns jeden Strom- – es ging um die jüdischen Zuwanderer aus Russland – stutzte kasten, jeden Bauzaun und jedes leer stehende Haus, das noch er mitten im Gespräch, ging zum Fenster, sah hinaus, lief zur nicht von Konzertankündigungen überfrachtet war. Wir hat- Tür, drehte den Kopf in alle Richtungen und meinte schließ- ten unseren eigenen Stadtplan im Kopf, und die Markierungs- lich: »Wissen Sie, Rabbi, in diesem Zimmer habe ich als Student punkte waren gut einsehbare Klebeflächen, wie geschaffen für schon gewohnt.« unsere Gedichte. Wir erobern uns Leipzig, haben wir gesagt, So ist Leipzig: Überschaubar. Man kann hier niemandem aus Poetisierung des öffentlichen Raumes und solche Sachen, aber dem Weg gehen, genauso wenig seiner eigenen Geschichte. Man natürlich war es anders herum: Leipzig eroberte uns. Leipzig trifft sich immer an einer Straßenecke wieder. Das denke ich war längst schon poetisch, wir hatten es nur noch nicht begrif- noch, als mir ein voll beladener Schlitten direkt vor die Füße fen. rast. Der Sohn grinst mich aus einer riesigen, orangefarbenen Halten wir also weiter fest: Man muss nicht aus Leipzig stam- Skibrille heraus an. Ich stehe ein bisschen steif da nach dieser men, um hier zu Hause zu sein. Aber ein Studium und ein, wenn ganzen Denkerei. Meine Verabredung hebt fragend den Blick, auch vierjähriger, Eroberungsfeldzug gedruckter Gedichte­ ich werde pathetisch: »Findest du, wir sind hier zu Hause?« Sie kann nicht alles sein, so leicht lässt sich diese stolze Stadt Ulrikelacht und Almut streckt Sandig den roten Finger aus Richtung Glashaus. Was nicht einnehmen. Nein, angefangen hat es früher, bei meinen warten wir noch. Urgroßeltern, die in Wahren lebten. Als Uropa Fincke am Tag nach einem großen Bombenangriff in Strickjacke bei seiner Tochter in Olbernhau in der Tür stand und verkündete, nein, ausgebombt sei er nicht, aber es reiche ihm jetzt und er wer- de sich künftig aus dieser Stadt heraushalten, war das Kapitel Leipzig in meiner Familiengeschichte trotzdem nicht beendet. Später hat mein Vater hier studiert, jeden Sonntag im Ratskel- ler Filetgulasch Stroganoff gegessen und sich eine Menge Ärger eingehandelt, weil er kurz vor der Sprengung der Universitäts-

LVZ_Nachdenken_Titel_RZ 19.08.2009 12:49 Uhr Seite 1

Erich Loest Erich Loest Juli Zeh Was war Leipzig? Was ist Leipzig? Was wird Leipzig sein? In hun- Juli Zeh Günter Kunert Günter Kunert Bernd Sikora dert Essays gehen namhafte Autoren aus dem In- und Ausland Bernd Sikora Galsan Tschinag Galsan Tschinag Helga Schmidt diesen Fragen auf den Grund. Dazu angeregt hatte der deutsche Helga Schmidt Werner Schneyder Werner Schneyder Josef Haslinger Universalgelehrte Walter Jens nach der Olympiabewerbung der Josef Haslinger Bora C´osic´ Bora C´osic´ Der Essay von Ulrike Almut Sandig erschien im Margot Kässmann Stadt in einem Gespräch mit Thomas Mayer von der Leipziger Margot Kässmann Grigori Pasko Grigori Pasko Rupert Neudeck Volkszeitung. Der Chefreporter griff die Idee auf, wandte sich Rupert Neudeck Hinrich Lehmann-Grube Hinrich Lehmann-Grube Horst Drescher an Dichter, Denker und Lenker, ermunterte sie zum Nachdenken Horst Drescher Dieter Zimmer Dieter Zimmer Rahmen der Reihe »Nachdenken über Leipzig« in der Herbert Blomstedt Herbert Blomstedt NACH Tom Pauls über Leipzig. So entstanden in sechs Jahren hundert Texte, die Tom Pauls Helmut Richter Helmut Richter Matthias Moosdorf dieser Sammelband chronologisch geordnet vereint. Zwanzig Matthias Moosdorf Jurij Breˇzan Jurij Breˇzan Fletcher M. Burton Jahre nach der Friedlichen Revolution vom Herbst 1989 doku- Fletcher M. Burton Leipziger Volkszeitung, Ausgabe: Sonnabend / Sonn- Katja Oskamp Katja Oskamp Wolfgang Ullmann mentiert »Nachdenken über Leipzig« ein Stück Zeitgeschichte, Wolfgang Ullmann Roswitha Haring Roswitha Haring Bernd Wagner entwickelt Visionen und ist vor allem eins – eine Liebeserklä- Bernd Wagner Heinz-Florian Oertel Heinz-Florian Oertel tag, 28./29. Januar 2006. Heinz Czechowski rung an eine wunderbare Stadt. Heinz Czechowski Erich Loest Erich Loest Ralph Grüneberger DENKENRalph Grüneberger Hans-Hendrik Grimmling Hans-Hendrik Grimmling Hartwig Hochstein Hartwig Hochstein Herwig Guratzsch »Leipzig muss keine Weltstadt sein. Herwig Guratzsch Das Buch zur erfolgreichen Serie der Leipziger Kerstin Hensel Kerstin Hensel Dieter Hildebrandt Leipzig benimmt sich einfach so. Das hat Stil.« Dieter Hildebrandt Roger Rössing Roger Rössing Nenad Popovic´ Nenad Popovic´ Edgar Hilsenrath Edgar Hilsenrath Fritz Rudolf Fries Fritz Rudolf Fries Volkszeitung ist jetzt im Buchhandel erhältlich. In Angela Krauß Angela Krauß Elmar Faber Elmar Faber Peter Gutjahr-Löser Peter Gutjahr-Löser Lutz Hermann Lutz HermannUBER Martina Hefter Martina Hefter Wolf-D. Speck von Sternburg Wolf-D. Speck von Sternburg hundert Essays gehen namhafte Autoren aus dem Peter Gosse Peter Gosse Rainer Gries Rainer Gries Lutz Rathenow Lutz Rathenow Jörg Bernig Jörg Bernig Gil Schlesinger Gil Schlesinger In- und Ausland der Frage auf den Grund, welchen Peter Degner Peter Degner Bernhard Echte Bernhard Echte Ullrich Heilemann NACHDENKEN LEIPZIG UBER Ullrich Heilemann Bernd-Lutz Lange Bernd-Lutz Lange Hans-Ulrich Treichel Hundert Essays Hans-Ulrich Treichel Ulrike Almut Sandig Ulrike AlmutLEIPZIG Sandig Hundert Essays Weg Leipzig einschlägt – und was ihnen das bedeu- Adel Karasholi Adel Karasholi Elmar Schenkel Elmar Schenkel Matthias Klemm Matthias Klemm Martin Gillo Martin Gillo Klaus von Dohnanyi Klaus von Dohnanyi Nicholas Shakespeare Nicholas Shakespeare tet. Dazu angeregt hatte der deutsche Universalge- Günther Huniat Günther Huniat Rolf Richter Rolf Richter Clemens Meyer Clemens Meyer Reinhard Gröper Reinhard Gröper Thomas Krakow Thomas Krakow Kerstin Preiwuß Kerstin Preiwuß lehrte Walter Jens nach der Olympiabewerbung der Jana Hensel Jana Hensel André Hille André Hille Wolfgang U. Schütte Wolfgang U. Schütte Berndt Stübner Berndt Stübner Niels Gormsen Niels Gormsen Stadt in einem Gespräch mit Thomas Mayer von der Ilse Nagelschmidt Ilse Nagelschmidt Jürgen Schneider Jürgen Schneider Volker Ebersbach Volker Ebersbach Stephan Bickhardt Stephan Bickhardt Susanne Heinrich Susanne Heinrich Else Buschheuer Else Buschheuer Leipziger Volkszeitung. Der Chefreporter griff die Sebastian Krumbiegel Sebastian Krumbiegel Martin Jankowski ISBN 978-3-9811948-8-3 Martin Jankowski Hael Yxxs Hael Yxxs Michael Lentz Michael Lentz James Hopkin James Hopkin Laurynas Katkus Laurynas Katkus Idee auf, wandte sich an Dichter, Denker und Lenker, John Haskell John Haskell Küf Kaufmann Küf Kaufmann Kathrin Gerlof Kathrin Gerlof Dietger Niederwieser Dietger Niederwieser Frank Zöllner Frank Zöllner ermunterte sie zum Nachdenken über Leipzig. So Claudius Nießen Claudius Nießen Cornelius Schnauber Cornelius Schnauber Viola Eckert Viola Eckert Rainer Eckert Rainer Eckert Rolf Becker 12,95 € Rolf Becker Wolfgang Niedecken Wolfgang Niedecken entstanden in sechs Jahren hundert Texte, die dieser Andreas Reimann Andreas Reimann Friedrich Schorlemmer Friedrich Schorlemmer Carl-Christian Elze Carl-Christian Elze Gunter Böhnke Gunter Böhnke Christoph Hein Christoph Hein Sammelband chronologisch geordnet vereint. ISBN: 978-3981194883 Preis: 12,95 Euro

Alumni-Magazin der Universität Leipzig 31 WieWussten macht Sie man schon, dass ...

Wussten Sie schon, dass… … die Universität Leipzig ein eigenes Lokal­ radio hat?

mephisto 97.6 sendet werktags von 10 bis 12 und 18 bis 20 Uhr. Die ersten beiden Stunden gehören dem Vormittags- magazin: Im »Faustschlag« geht es um Themen aus Wissen- schaft, Gesellschaft und Kultur. Von 18 bis 19 Uhr berichtet das

Abendmagazin »Direkt« über tagesaktuelle Ereignisse. Nach- Foto: Wolfgang Zeyen richten gibt es zu jeder vollen und Schlagzeilen zu jeder halben Stunde. Die »Vierte Stunde«, von 19 bis 20 Uhr, wird täglich Seit mehr als 15 Jahren wird mephisto 97.6 von Studenten von einer anderen Redaktion gestaltet. So kreiert der »Lausch- betrieben und gestaltet. angriff« montags jede Woche eine andere Themen-, Hörspiel- oder Featuresendung. Dienstags widmet sich der »Kultstatus«, das Radiofeuilleton, Kunst und Kultur. In der Mitte der Woche … mephisto 97.6 gern wandert? kommen verschiedene Gäste aus Politik, Wissenschaft und Kultur bei »M19«, dem langen Interview, zu Wort. Donnerstags bekommt die Musikredaktion im »Tonleiter« die Gelegenheit Nicht nur die Festwoche bildete 2010 ein Highlight in der Ge- musikjournalistische Themen aufzuarbeiten. Den Wochenab- schichte des Senders. Anlässlich des 20. Jubiläums der Wieder- schluss bildet der »Nachschlag« – der satirische Wochenrück- vereinigung schickte mephisto 97.6 vier Redakteure auf den …blick. bei mephisto 97.6 nur Studenten Wanderweg der Deutschen Einheit. Unter dem Motto »20 Jahre am Werk sind? Deutsche Einheit – Geschichten ohne Grenzen« durchwander- ten die zwei Teams einen Monat Ost- und Westdeutschland. Die einen starteten in Görlitz, die anderen in Aachen. Das Finale Das Programm wird ausschließlich von Studenten gestaltet, bildete die Einheitsfeier am 3. Oktober in Heldra, am Turm der die ehrenamtlich, unentgeltlich und in vollkommener Eigen- Einheit. Insgesamt legten die Wanderer rund 1.100 Kilometer verantwortung arbeiten. Bei mephisto 97.6 können sie Erfah- zurück. Auf ihrem langen Weg lernten sie viele Interessante rungen in allen Bereichen des Hörfunk- und Onlinejournalis- Menschen und Geschichten rund um die Deutsche Einheit ken- mus sammeln, ob als Redakteur, Reporter, Moderator oder …nen. mephisto 97.6 seit knapp einem Jahr Mitarbeiter in der PR. Im Gegenzug erhalten sie eine vielseitige wieder vom Uni-Campus sendet? Ausbildung, die Elemente der Hörfunktheorie und -praxis un- ter realen Sendebedingungen verbindet. Mit Engagement kann jeder Mitarbeiter Redakteur vom Dienst, Ressortleiter oder Die Zeiten der Interimslösung sind Geschichte. Seit dem …auch mephisto Chefredakteur 97.6 werden. mittlerweile schon mehr 2. November 2009 haben die Studios von mephisto 97.6 wieder als 15 Jahre alt ist? einen festen Platz auf dem Campus. Universitätsstraße 3 lautet die neue Adresse – in der zweiten Etage des Hörsaalgebäudes, über der Mensa am Park. Hier tüfteln und basteln und kreieren Die Idee eines nichtkommerziellen Lokalradios, das von Stu- Annetäglich Eichhorn viele hörfunkbegeisterte Studenten im »Auftrag des denten betrieben und gestaltet wird, entstand bereits im Jahr ChefredakteurinTeufels«. mephisto 97.6 1992. Damals entwickelten Professoren der Medien- und Kom- munikationswissenschaft zusammen mit den Studenten ein solches Konzept. Es sollte das theoretische Studium mit der Praxis verknüpfen. Am 4. Juni 1995 war es dann soweit: me- phisto 97.6 ging um 18 Uhr das erste Mal auf Sendung. In der Alle Beiträge,www.mephisto976.de Nachrichten, Playlisten der Musik und Zwischenzeit haben viele Redakteure den Sender mitgestaltet. viele weitere Informationen zum Sender finden Sie Einige von ihnen arbeiten mittlerweile als Hörfunkjournalis- unter: ten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. immer aktuell wissen, was in Leipzig passiert: In diesem Jahr feierte mephisto 97.6 seinen 15. Geburtstag: mephisto 97.6 bei Twitter mit einer Festwoche und vielen besonderen Veranstaltungen, mit dem Teufel befreundet sein: wie zum Beispiel einem Live-Hörspiel, einer Alumni-Sendung mephisto 97.6 bei facebook und einer großen mephisto 97.6-Geburtstagsfeier in der Mo- ritzbastei. 32 Alumni-Magazin der Universität Leipzig Wie macht man ...?

Wie schreibt man eigentlich... einen Bestsellerroman?

ohl eher mit spitzen Zähnen als mit spitzer Feder. Das Hören fehlerfrei nachsprechen kann: Dan Brown oder Ken Fol- zumindest legt ein Blick auf die aktuellen Spiegel-Best- let dienen hier einmal als gefällige Beispiele. Da scheidet die sellerlisten nahe. Gegen die Flut aktueller Vampirgeschichten Hälfte der Bundesrepublik leider schon aus, Menschen mit Um- scheinen jedenfalls weder Knoblauch noch Silber ein proba- laut oder Eszett können sich direkt umschulen lassen, da ist als tes Heilmittel. Kein Kraut gewachsen ist auch gegen den ewig Bestsellerautor kein Blumentopf zu gewinnen. Nicht mal ein Wwachsenden Ratgebermarkt. Hier findet man, spürt man der Mauerblümchen. Frage nach der Bestsellerschreiberei ein wenig nach, Bücher Regel Nummer zwei: In englischer Sprache muss er geschrie- die oft allein vom Titel den baren Reichtum und Erfolg ver- ben sein, der Bestseller, dann kann er schnell von Agentur zu sprechen. Jederzeit bei Amazon zu bestellen zum Beispiel Agentur und Verlag zu Verlag wandern und die Lizenzkasse »20 Masterplots. Woraus Geschichten gemacht werden«. Oder fängt mächtig an zu klingeln. Ach ja, drittens, das unterschätzt wie wäre es mit: »Vier Seiten für ein Hallelujah«, selbstredend man gern, das Cover, schön dunkel gehalten, vielleicht ein Blitz hat dieses Buch auch einen Untertitel: »Ein Schreibratgeber darauf oder ein glühend rotes Auge, dazu in großen Lettern der etwas anderen Art«. Dem ist nichts hinzuzufügen. Außer (geprägt) ein eingängiger Titel (4.). Apropos Titel: Ein-Wort- vielleicht noch dieses Angebot: »Ein Roman in einem Jahr: Eine Titel erhöhen die Chance (5.) enorm (Verblendung, Verdamm- Anleitung in 52 Kapiteln«. nis, Vergebung). In jedem Fall ein Taschenbuch (6.), Hardcover Aber »wie schreibt man denn nun eigentlich einen Bestsel- ist nur was für Intellektuelle und welcher Bestsellerleser will ler?« Fangen wir der Einfachheit einmal ganz vorne an: Über schon mehr als 9,99 für ein Buch ausgeben (das Ding mit dem das Schreiben kann man schreiben was man will, aber man- Preis, Nr. 7). Und nein, Harry Potter zählt da nicht, denn für ches ändert sich ja doch nie. Da sitzt man zu Hause vor dem seine Kinder schaufeln die Leute das Geld ja wenn es sein muss Rechner, starrt auf ein virtuelles leeres Blatt. Da sitzt man also mit der Kohlenschaufel zum Fenster hinaus. und fragt sich: Wo die Idee, die einem eben im Kopf herum ging, Dann wäre noch wichtig (die Acht), dass man sich an die gute nun eigentlich so plötzlich abgeblieben ist. Wie also bloß an- alte Genreliteratur hält: Historische Romane, Fantasy oder fangen? Thriller (worunter wir großzügig jede Form von Kriminal- und Und sind wir mal ehrlich: Anfänge sind eigentlich immer Suspenseliteratur) subsumieren. Das wollen die Massen lesen. ein Problem. Nicht dass ein Ende kein Problem darstellt, von Und weil ja auch die schöne Metzgerstochter mehr Wurst ver- den Sätzen zwischendrin, die meist unauffällig platziert und kauft als die häßliche, ein klares Ja, auf dem Weg zum Bestsel- dementsprechend weniger beachtet, aber schließlich eine Ge- lerautor kann ein Besuch beim Schönheitschirurgen durchaus schichte erst ausmachen, ganz zu schweigen. Wäre man Pes- ein paar Punkte bringen (9.). Die zehnte Regel simist, so könnte man sich zu der Feststellung versteigen, das allerdings kommt ein wenig philosophisch Schreiben eigentlich kaum mehr ist als eine ewig währende daher, es ist aber auch die größte Hürde Schreibblockade. Aber das ist natürlich wenig zielführend. Da- auf dem Weg zum Bestsellertum und rüber sollte man gar nicht erst nachdenken, auch wenn weiße macht das grenzenlose Geldverdienen Blätter das irgendwie zu provozieren scheinen. zu so einer ungemein vertrackten Manchmal hilft in solchen Momenten nur Ablenkung. Und da Angelegenheit: Denn auch wer einen das Lesen als Tätigkeit dem Schreiben am Nächsten kommt, ClaudiusBestseller Nießen schreibt, muss es ernst empfehle ich jedem Schreibwilligen mit Nachdruck, es in einem Geschäftsführermeinen. Schachmatt. Deutsches solchen Fall einmal mit Lektüre zu probieren. Literaturinstitut Leipzig Wenn gar nichts anderes zur Hand ist zur Not auch die »20 Masterplots«. Das muss man nicht lesen, leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen ja dem Volksmund nach das Denk- vermögen, da kann auch dieses Buch ein sehr probates Hilfs- mittel sein. Aber da die Frage nun mal im Raum steht, versuchen wir eine Antwort mittels Methoden der Bestsellerei: Nein, nicht mit »20 Masterplots« sondern mit »10 ganz und gar unliterari- schen goldenen Regeln« damit aus einem Buch ein Bestseller wird: Zuallererst braucht es einen Autor der so heißt, dass ihn auch ein Amerikaner aus dem mittleren Westen beim ersten Alumni-Magazin der Universität Leipzig 33