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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Dortmunder Beiträge zur Landeskunde

Jahr/Year: 1997

Band/Volume: 31

Autor(en)/Author(s): Köhler Gerhard

Artikel/Article: Markierte Granitblöcke im Forst des Nordharzes um und ihre Bedeutung 95-125 Dortmunder Beitr. Landeskde. naturwiss. Mitt. 31 95-125 Dortmund, 1997

Markierte Granitblöcke im Forst des Nordharzes um Wernigerode und ihre Bedeutung

G. KÖHLER, Magdeburg

Inhalt Seite 1 Kurzfassung 96 2 Einleitung 96 3 Standort der markierten Steine 97 4 Argumente für eine Deutung als Walenzeichen 97 4.1 Ähnliche Walenzeichen 97 4.2 Mineralvorkommen 98 4.3 Hinweise aus Örtlichkeitsnamen auf mögliche frühere Kenntnisse über Goldvorkommen 99 4.4 Hinweise aus Sagen und Fundweisungen, Alchemie 100 4.5 Bergbauversuche nahe der 101 4.6 Ergebnisse 101 5 Hinweise auf eine andere Deutung der Zeichen 102 6 Die Grenzmarkierungen des Wernigeröder Bürgerforstes Neustädter Häu 103 6.1 Schriftliche Überlieferungen 103 6.2 Ergebnisse einer Begehung der Forstgrenze 105 7 Zusammenfassung 107 8 Anmerkungen 108 9 Schrifttumsverzeichnis 109 Anlage 1 : Mineralvorkommen in der Umgebung der Plessenburg 112 Anlage 2: Bestandsaufnahme von Grenzsteinen 113

95 1. Kurzfassung

Im Jahre 1996 waren in einer Tageszeitung zwei in Steine eingehauene Zeichen abgebildet, die als Wegemarkierungen venetianischer Bergleute im Brockengebiet des Harzes gedeutet worden sind. Vorgestellt wird das Ergebnis vergleichender Betrachtungen von Venediger- oder Walenzeichen, die aus Archivalien und der Literatur bekannt sind, in Verbindung mit Mineral­ vorkommen und mineralogischen Untersuchungsergebnissen im fraglichen Gebiet. Außerdem herangezogene Forstgrenzakten des 17. bis 19. Jahrhunderts und eine Begehung der in Be­ tracht kommenden Forstorte ergaben letztlich Gewißheit, daß es sich hier nicht um Venediger­ oder Walenzeichen, sondern um Markierungen einer alten Forstgrenze handelt.

2. Einleitung

Zu Beginn dieses Jahrzehnts hatte das Museum für Naturkunde der Stadt Dortmund im Rah­ men eines Forschungsprojektes im zumeist aus Fließgewässern zahlreiche Sediment­ proben für Schwermineralanalysen entnommen. Dabei wurden vorwiegend in der Nähe sol­ cher Gewässer oder an diesen selbst Felsblöcke mit rillenartigen Vertiefungen in der Gesteinsoberfläche, darunter auch bisher nicht bekannte, angetroffen und fotografiert. Zumeist erstmals veröffentlichte Reproduktionen von Aufnahmen dieser Zeichen enthält die Ab­ schlußdokumentation1. Diese Rillen in den Gesteinsblöcken, höchstwahrscheinlich nicht natür­ lichen Ursprungs, sondern durch menschliche Einwirkung entstanden, werden auf Grund der in deren Umgebung nachgewiesenen Schwermineralien als mögliche oder tatsächliche Wege­ oder Fundortmarkierungen der Venediger oder Walen gedeutet und beschrieben. Heute wird allgemein die Auffassung geteilt, daß diese erfahrenen südeuropäischen Minerali­ ensucher in der frühen Neuzeit auch im Harz prospektierten, um insbesondere nur ihnen be­ kannte Schmelzzusätze für die in hoher Blüte stehenden Glasmanufakturen ihrer Heimat zu gewinnen, wofür schon geringe Mengen genügten. Nachgewiesen ist hingegen, daß diesen Abgesandten der zumeist oberitalienischen Glas- und Mosaikmanufakturen bald auch deut­ sche und einheimische angebliche Venediger, Gold- und Schatzsucher, Alchemisten, Erzpro­ bierer und Kuxgänger folgten, um nach den in sogenannten Walenbüchern enthaltenen ge­ heimnisvollen Fundortangaben an solchen Stellen nach vermeintlichen Edelmetallen zu suchen. Die schwierige Frage, welche der beiden Interessentengruppen als Urheber der hier zu behandelnden Felsritzungen anzusehen wäre, braucht im vorliegenden Falle nicht beant­ wortet zu werden. Da es sich hier zweifelsfrei um Felsritzungen und nicht um Verwitterungs­ erscheinungen an Gesteinsblöcken handelt, soll vordergründig zu klären versucht werden, wer außer den bereits genannten Mineraliensuchern noch als Urheber angesehen werden kann, wann diese Zeichen eingemeißelt worden sind und welchen Zwecken diese gedient haben können. Nach der durch W. HOMANN, Dortmund, publizierten jüngsten Bestandsaufnahme der im Harz angetroffenen möglichen oder tatsächlichen Venedigerzeichen2 war es nicht verwunderlich, daß der derzeit wohl beste Kenner des Standes der Walenforschung im Harzgebiet, G. LAUB, Goslar-Oker, die im Lauterberger Tageblatt vom 19.04.1996 abgebildeten und als wiederent­ deckte Wegemarkierungen der Venediger an Gesteinsblöcken3 bezeichneten Einritzungen in­ teressiert zur Kenntnis nahm, zugleich aber einräumte, diese weder selbst gesehen noch aus der Literatur davon erfahren zu haben4. Daraus erklärt sich aber der verständliche Wunsch nicht nur der beiden genannten Herren, sondern auch anderer Interessierter, Näheres über diese bisher unbekannten Zeichen zu erfahren. Bei diesem Vorhaben unterstützte mich die Autorin des Beitrages im Lauterberger Tageblatt, Frau M. BLAWE, Bad Lauterberg, zugleich Bildautorin der darin abgebildeten Markierungen, durch Hinweise auf eigene Beobachtungen, Überlassung von eigenem Bildmaterial und Ge­ stattung der Verwendung in dankenswerter Weise. Für großes Entgegenkommen beim Be­ reitstellen spezieller Kartenwerke und Literatur, durch Vermitteln eigener Erfahrungen und von

96 Anregungen danke ich Frau G. ELPEL, Stadtforstamt Wernigerode, sowie den Herren H. FOERSTER, , Dr. O. HILMER, Goslar, Dr. W. HOMANN, Dortmund, Dipl.-Ing. G. LAUB, Goslar-Oker sowie Dipl.-Ing. K.-W. SANDERS, Bad Harzburg. Darüber hinaus bin ich Herrn H. FOERSTER, Darlingerode, sehr verbunden, der als ehrenamtlicher Denkmal­ pfleger im Landkreis Wernigerode mit mir Standorte der markierten Steine aufgesucht hatte. Der Außenstelle Wernigerode des Landeshauptarchivs Magdeburg sowie dem Stadtarchiv Wernigerode danke ich für die Bereitstellung von Archivgut und die gewährte Hilfe bei dessen Durchsicht, dem letzteren und der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) auch für Veröffentlichungsgenehmigungen und der Harzbücherei Wernigerode für Entgegenkommen bei der Ausleihe spezieller Literatur.

3. Standort der markierten Steine

In den Forsten westsüdwestlich der Ortslage der Kreisstadt Wernigerode, abseits von Haupt­ wanderwegen, hatte Frau BLAWE, Bad Lauterberg, im Frühjahr 1996 an einem Forstwege mehrere Granitblöcke mit Einritzungen bemerkt und einige davon fotografiert. Ihrer Beschrei­ bung nach5 wurden als Koordinaten dieses Wegeabschnittes in derTK25 Blatt 4129 Bad Harz­ burg für den Anfangspunkt die Werte R 44 07 875 und H 57 42 450 sowie für den Endpunkt die Werte R 44 07 550 und H 57 44 225 (von Süd nach Nord) ermittelt. In derTK 10 Blatt M- 32-10-C-b-1 llsenburg (Harz)-Plessenburg hat dieser Wegeabschnitt den Namen Grenzweg erhalten. Er bildet heute den westlichen Abschnitt der Grenze des Forstreviers Neustädter Häu des Stadtforstamtes Wernigerode mit dem Forstrevier Plessenburg (gleichnamige Revierför­ sterei) des Staatlichen Forstamtes llsenburg. Dieser Wegeabschnitt ist etwa 1,15 km lang. Er beginnt in der Abb. 1 dort, wo der Alexanderstieg auf den Grenzweg stößt, und endet am Forst­ ort Heiliges Grab. Damit ist die in den Erläuterungen zu den Abbildungen im Lauterberger Tageblatt enthaltene allgemeine Standortangabe „im Brockengebiet ... abseits des Haupt­ wanderweges” eingegrenzt. In der Tagespresse sind genaue Angaben darüber bewußt vermieden worden.

4. Argumente für eine Deutung als Walenzeichen

4.1 Ähnliche Walenzeichen

Das eine der beiden im Lauterberger Tageblatt vom 19.04.1996 abgebildeten Zeichen an ei­ nem Felsblock besteht aus zwei übereinander stehenden einfachen Kreuzen; links und rechts des waagerechten Balkens des unteren Kreuzes zeigen sich je ein nach links geöffneter Halb­ kreis (Abb. 2). Die andere veröffentlichte Abbildung zeigt ebenfalls zwei halbkreisförmige Bo­ gen, die jedoch nach rechts geöffnet sind. In deren Mitte steht ein Schrägkreuz; seitlich vom rechten Halbkreis ist noch eine von links oben nach rechts unten führende Gerade zu erken­ nen (Abb. 3). Halbmondförmige, etwa wie eine Mondsichel gestaltete Zeichen (Abb. 4), aber auch Kreuze sind als Walen- oder Venedigerzeichen bekannt. Das halbmondförmige Zeichen, das nach links oder nach rechts geöffnet sein kann, wird zur Darstellung von Silbervorkommen nicht nur in alchemistischen Schriften, sondern auch in historischen Karten des Harzes, die Bergbauge­ biete ausweisen, gebraucht6. So zeigt z. B. die PREDIGERsche Karte vom Harzgebirge, Blatt Wernigerode, die in Clausthal (1865) erschien, nördlich von Schierke am westlichen Rande des Mönchsbruchs rechts neben dem Namen „Mönch” den nach links geöffneten Halbmond. Gemeint ist damit der als Venedigerstein bekannte Mönchsstein bei Schierke. An diesem Fels­ block mit der eingehauenen Darstellung des Profils eines menschlichen Oberkörpers ist vor einigen Jahren auch eine etwa 6 cm hohe Ritzung entdeckt worden, die eine nicht zu überse-

97 hende Ähnlichkeit mit der Fig. 1 in der Abb. 4 besitzt7. Ein Symbol für Silber am Mönchsstein, außer einem weiteren für Gold, entspricht bezeichnenderweise den damaligen Wunschvor­ stellungen des Wernigeröder Grafen, der sich im Jahre 1693 in seiner Herrschaft Gedern im Vogelsberg in Hessen aufhielt und vor allem wissen wollte, wieviel Gold und Silber „das schwarze Erzt bei dem Münche” enthalten habe, das er aus seiner Grafschaft im Harz einem Laboranten zu Schmelzversuchen hatte überbringen lassen8. Die handschriftliche Acta Ge- dernsia von 1693, die als spätere Abschrift erhalten ist, enthält das als Fig. 1 in der Abb. 4 wie­ dergegebene Zeichen für Silber, das in der betreffenden Fundanweisung allerdings auf den benachbarten Forstort Ahrensklint bezogen ist. Hier wie dort ist Silbererz niemals erschürft worden. Das Vorhandensein von zwei der oben beschriebenen Zeichen in geringerer Entfernung von­ einander wäre noch kein Grund, deswegen von vornherein ausschließen zu wollen, daß es sich um Walenzeichen handelt. Aus älterer Brockenliteratur geht hervor, daß sich im Schup­ pental nördlich von Schierke mindestens zwei in Felsen gehauene Umrisse von „Mönchen” be­ funden haben sollen9. Der seinerzeit wohl beste Kenner des Brockengebietes, der Wernigerö­ der Amtskommissar SCHRÖDER, berichtet in seiner Abhandlung vom Brockengebirge (1796) 45, 46 wohl noch aus eigener Anschauung, daß die in die härtesten Granitklippen eingehau­ enen alchemistischen Zeichen für Gold und Silber „wieder nach einer gewissen Himmelsge­ gend und Schritzahl auf andere Zeichen” weisen würden.

4.2 Mineralvorkommen

Wenn man einmal unterstellt, daß die hier betrachteten markierten Granitblöcke als Merkzei­ chen von Venedigern, von deutschen oder einheimischen Schatzsuchern hinterlassen wurden, muß man sich fragen, ob und gegebenenfalls welche der in der Umgebung vorhandenen Erze, Mineralien, Gesteine oder Erden deren Interesse geweckt haben könnten. Zu prüfen wäre auch, ob überlieferte Fundweisungen (Walenbuchaufzeichnungen) auf das Betrachtungsgebiet hin­ deuten oder ob in diesem auch Örtlichkeitsnamen Rückschlüsse auf heute in Vergessenheit geratene Mineraliensuche oder Bergbauversuche zulassen. Das in der Abb. 1 dargestellte Gebiet liegt in der nordöstlichen Randzone des Brockengranits, der insbesondere im Huyseburger Häu auch Einschlüsse von Tonschieferhornfelsen enthält. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wird der Granit in mehreren Steinbrüchen als Werkstein vor allem an den , den Weißen Steinen und den Birkenköpfen gewonnen (REICH- ARDT (1931) 16-31). Klippen mit den typischen Verwitterungsformen des Granits sowie aus­ gedehnte Blockmeere an Talhängen bestimmen das Relief. Die z.T. vernäßten Talgründe zwi­ schen den Granitkuppen werden in der Nähe der Plessenburg durch den Loddenke-Bach nach Nordwesten und durch den Quellfächer desTänntalwassers nach Nordosten entwässert. Wei­ ter südlich, am Nordhang der Sonnenklippe, entspringt der Schlüsie-Bach, der in westlicher Richtung sein Wasser der Ilse zuführt, während am Nordhang des Gr. Jägerkopfes ein Quell­ arm der Holtemme nach Südosten weist. Unter den bis etwa 1930 im Betrachtungsgebiet nachgewiesenen Mineralen (Anlage 1) könnte nach den bisherigen Erkenntnissen der Walenforschung im Harzgebiet nur Pyrolusit (Weich­ manganerz) von Interesse gewesen sein10. FROMME (1927) 58, 62 gibt als Fundstellen den Forstort Plessenburg und den nordwestlich angrenzenden ForstortTannenklinz an (siehe Abb. 1). Pyrolusit soll hier in Tonschieferhornfelseinschlüssen des Augitgranits Vorkommen. Ob eine Suche der älteren echten Venetianer, wie GROSSE (1931) 116 diese einmal im Unterschied zu den späteren Schatzsuchern nannte, hier lohnend war und diese deswegen Merkzeichen hinterlassen haben, muß jedoch bezweifelt werden, obwohl von diesem Mineral nur geringe Mengen benötigt wurden. Die Vorkommen von Manganomelan nördlich von Braunlage und die­ jenigen in der Umgebung des Mönchssteins bei Schierke wären wohl erfolgversprechender gewesen. Welches der beiden Manganerze bevorzugt gesucht wurde, weiß man nicht. In den der Anlage 1 zugrunde liegenden mineralogischen Schriften werden für unser Be­

98 trachtungsgebiet keine Edelmetallvorkommen genannt. Doch zu Beginn dieses Jahrzehnts konnte HOMANN (1993) 166,217,218 in Sedimenten des Loddenke-Baches, die diesem west­ lich des Forsthauses Plessenburg im Forstort Tannenklinz (siehe Abb. 1) entnommen wurden, außer anderen Schwermineralen auch Spuren von Waschgold nachweisen. Ein solcher Nach­ weis gelang ihm noch in Sedimenten des Schlüsie-Baches, im Volksmund auch „Goldbach” genannt (RIEFENSTAHL (1987) 66), kurz vor dessen Einmündung in die Ilse. Hier fand sich auch häufig Zinnstein. Der Quellhorizont dieses Baches liegt am Nordwesthang der Son­ nenklippe in der Senke zwischen dieser und den Weißen Steinen (siehe Abb. 1).

4.3 Hinweise aus Örtlichkeitsnamen auf mögliche frühere Kenntnisse über Goldvorkommen

Wie schon der volkstümliche Name „Goldbach” für den Schlüsie-Bach weisen auch andere Örtlichkeitsnamen im Betrachtungsgebiet auf früher bekannte wirkliche oder vermeintliche Goldfundpunkte hin, die wieder in Vergessenheit gerieten. So enthält die TK 10 Bl. M-32-10- C-b-1 llsenburg (Harz)-Plessenburg etwa 250 Meter südwestlich der Revierförsterei Plessen­ burg am Südostabfall der Karlsklippen nahe der Forststraße das Zeichen für eine fast 100 Me­ ter lange grabenartige Vertiefung und daneben den Namen „Goldstückel” (Abb. 5). Nur etwa 250 Meter westlich führt der Oberlauf des Loddenke-Baches entlang. Wie schon oben erwähnt, enthielten Sedimente, die dem Mittellauf entnommen wurden, Spuren von Waschgold.

In einem engen Zusammenhang damit steht offensichtlich auch der Name „Goldborn-Straße” in einem Lageplan aus der Bauzeit des gräflichen Jagdhauses Plessenburg, das 1776 einge­ weiht wurde11. Diesen Namen hat darin die nach Westen führende Schneise erhalten, eine von acht geplanten, radial auf das „Sternhaus” zulaufenden Sichtachsen, die für Jagdbauten des 18. Jahrhunderts typisch sind. Wo dieser namengebende Goldborn lag oder liegt, ist nicht be­ kannt. Der schon mehrfach erwähnte Loddenke-Bach fließt in etwa 500 Meter Luftlinie entfernt westlich am Jagdhaus Plessenburg vorbei. In etwa gleicher Entfernung, nur in südwestlicher Richtung, gabelt sich beim Höhenpunkt 592,2 der bereits genannten topographischen Karte ein Bachlauf, dessen Quellgebiet östlich des Wolfs- oder Pfortenberges liegt (Abb. 1). Der nach Nordwesten abzweigende Arm ist der schon mehrfach erwähnte und Spuren von Waschgold führende Loddenke-Bach. Der nach Nordosten führende Arm ist einer der größten Zuflüsse im Quellfächer des Tänntalwassers, das erst am Austritt aus dem Gebirge den Namen Ram­ melsbach führt. Auch diese in einer moorigen Senke liegende Bachgabelung könnte wohl na­ mengebend für die geplante Goldborn-Straße der Sternanlage des Jagdhauses gewesen sein. RIEFENSTAHL (1987) 66 ist der Ansicht, daß der Goldborn auch „Goldstichel” genannt wird und beide Ausdrücke offensichtlich auf alte Erzmutungen zurückzuführen seien. Daß mit den Namen Goldstückel und Goldstichel die gleiche grabenartige Eintiefung am Südosthang der Karlsklippen gemeint ist, kann wohl nicht bezweifelt werden. Wenn nun auch der Goldborn an der gleichen Stelle zu suchen ist, könnte damit auch der dicht neben den grabenartigen Ein­ tiefungen (Abb. 5) vorbei führende, bereits genannte Quellarm des Tänntalwassers gemeint sein.

Nach Angaben von GROSSE (1929) 66, die sich auf Aufzeichnungen des Grafen Botho zu Stolberg-Wernigerode aus dem Jahre 1847 stützen, sollen sich Goldborn und Goldstichel im Forstort Tannenklinz, also nordwestlich des Jagdhauses Plessenburg, befinden. Das würde die bereits geäußerte Annahme bestätigen, den Loddenke-Bach als Goldborn anzunehmen. Alle diese Überlegungen zur Lage des Goldborns lassen aber wohl nur den einen Schluß zu, daß dieser in der Umgebung des Jagd- bzw. Forsthauses Plessenburg gelegen haben muß und seinen Namen entweder von der sehr geringen Goldführung der Sedimente des Loddenke- Baches oder aber vom goldfarbenen Granitsand in den nahegelegenen Quellen und Bächen erhalten hat.

99 4.4 Hinweise aus Sagen und Fundweisungen, Alchemie

Außer den oben beschriebenen Örtlichkeitsnamen mit der Wortzusammensetzung „Gold-” sol­ len noch Sagen, Fundweisungen und andere Überlieferungen herangezogen werden, die die Anwesenheit von Venedigern oder Schatzsuchern im Betrachtungsgebiet aber nur andeuten können. Zu den Hauptschürfgebieten der Venediger, die LAUB (1962) und (1969) in Skizzen für den Oberharz ausweist, ist nach bisheriger Kenntnis die Umgebung der Plessenburg nicht zu rechnen. Was bleibt, sind Vermutungen oder nur vage Andeutungen. So sieht GROSSE (1929) 66 einen möglichen Zusammenhang zwischen dem Goldborn und Goldstichel nahe der Plessenburg mit einem Morgenbrot-Stein, der nicht weit vom Jägerborn (siehe Abb. 1) und der Mönchenlagerstätte (östlich von diesem und außerhalb des in der Abb. 1 dargestellten Ge­ bietes) in einer Karte des Neustädter Häus vom Jahre 1803 angegeben sein soll. Dabei will GROSSE (1929) 107 nicht ganz ausschließen, daß diesem Morgenbrot-Stein eine ähnliche Bedeutung wie den Morgenbrodstälern im Harz zukommt, an die sich seiner Ansicht nach Schatzsagen oder Venedigersagen knüpfen12. Für den Jägerborn im Neustädter Häu, einer Quelle zwischen den Jägerköpfen und den Wolfs­ klippen, wird als dessen erste Erwähnung das Jahr 1550 angegeben. Ein Granitblock zeigt dort heute nur noch ein eingemeißeltes Jagdhorn; GROSSE erwähnt noch eine „neuere Jahres­ zahl” 1841 und zitiert den bedeutenden Harzsagenforscher PROEHLE, wonach Venetianer- sagen zufolge an dem Felsblock ein Jäger mit seinem Hunde abgebildet sein soll13. Schließ­ lich deutet GROSSE (1929) 106 noch an, daß auch der Name Mönchenlagerstätte für einen Forstort wahrscheinlich schon mit den mittelalterlichen Goldsuchern, also den Venedigern, in Verbindung stehen könnte. Für alle diese doch mehr oder weniger angedeuteten Zusammen­ hänge zwischen den vorstehend genannten Örtlichkeiten und der Anwesenheit der alten Pro­ spektoren oder deren Nachfolger lassen sich jedoch bis jetzt keine einigermaßen verläßlichen Anhaltspunkte finden. Ebensowenig tragen Fundanweisungen in Walenbuchaufzeichnungen nur wenig zur Klärung der Frage bei, ob Venediger oder deren Nachfolger in dem hier betrachteten Gebiet des For­ stes um Wernigerode prospektiert und Merkzeichen hinterlassen haben könnten. Die Repro­ duktion der ersten Seiten eines solchen Walenbuches (Abb. 7) stammt von einer Handschrift, die insgesamt 28 Fundweisungen enthält. Sie befand sich im Bestand der ehemaligen Fürst­ lichen Bibliothek zu Wernigerode14. Es wird sich wahrscheinlich um diejenige handeln, die W. GROSSE im Jahre 1931 als Vorlage für seinen Abdruck gedient hat15. Da diese Handschrift nicht datiert ist, hat GROSSE deren wahrscheinliche Entstehungszeit aus dem Inhalt er­ schlossen. Diese Abschrift von einer älteren, nicht bekannten Handschrift16 muß ihm zufolge nach 1713 angefertigt worden sein17. Schon frühzeitig haben verschiedene Autoren solche Wa­ lenbuchaufzeichnungen quellenkritisch bewertet. Stellvertretend für diese wird auf GROSSE (1931) 112-124, insbesondere 117, verwiesen. Auf Wiederholungen kann hier verzichtet wer­ den, zumal bereits der Auszug (Abb. 7) die ganze Fragwürdigkeit solcher Schriften offenbart. Es soll lediglich versucht werden herauszufinden, ob sich aus dem Inhalt der in Abb. 7 unter Ziffer 2 angegebenen Fundweisung18 ein Bezug zu dem hier betrachteten Forst in der Umge­ bung der Plessenburg abgeleitet werden kann. Auf die phantastische Beschreibung der an­ geblichen Fundstelle im Brockengebiet braucht nicht eingegangen zu werden. Anhaltspunkte für den Weg dorthin bietet jedoch der wohl so zu verstehende Hinweis, von Wernigerode aus zunächst in Richtung des Klosterberges, heute Klosterholz genannt, bei „Tribenack” zu gehen. Diesen Namen hat GROSSE zu Recht mit Drübeck übersetzt; gemeint ist der Klosterort zwi­ schen Wernigerode und llsenburg19. Dort soll man auf ein Tal in Richtung des Brockens zugehen. Damit kann nur das zwischen dem heutigen Ortsteil Öhrenfeld der Gemeinde Drübeck und der Gemeinde Darlingerode in das Gebirge hineinführende Tänntal gemeint sein, das auf der Höhe der heutigen Plessenburg endet. Von dort wird als zweites großes Tal das llsetal und schließlich das Quellgebiet der Ilse im Brockenbett erreicht. JACOBS (1888) 134 nennt das „Thal, durch welches man von Drü­ beck zum steigt”, unter Bezugnahme auf ältere Autoren im Zusammenhang mit dort

100 früher angetroffenen Venediger- oder Walenzeichen. Es wird zwar nicht von der Hand zu wei­ sen sein, daß Venediger oder Schatzsucher auf dem Wege zum Brockengebiet unterwegs hier und da ihnen interessant erscheinende Bachläufe oder Geländeabschnitte auf Mineralvor­ kommen untersucht haben. Einen Nachweis dafür, daß solche es waren, die die in den Abb. 2 und 3 dargestellten Zeichen an dem eingangs beschriebenen Wegeabschnitt südlich der Ples- senburg hinterlassen haben, kann die herangezogene Fundweisung des Walenbuches nicht liefern. Erwiesen ist hingegen, daß in der schon erwähnten Gemeinde Drübeck zu Beginn des 17. Jahrhunderts Goldmacherei betrieben wurde. Aus einem 105 Blätter umfassenden Aktenstück geht hervor, daß der Pfarrherr des Ortes der „Alchymisterey” für schuldig befunden und sei­ nes Amtes enthoben wurde. Zur Durchführung seiner Laborversuche hatte dieser offensicht­ lich Darlehen aufgenommen, auch Gold erhalten und sich so verschuldet, daß er zahlungs­ unfähig wurde. Einige Gläubiger beriefen sich darauf, daß ihnen der Beschuldigte schriftlich zugesichert hätte, ihnen als Gegenleistung das „Geheimnis” seiner Probierkunst zu offenba­ ren, was aber nicht geschehen sei. Dieser wurde daraufhin in Arrest genommen; Bittgesuche der Pfarrgemeinde um Freilassung ihres um die Seelsorge verdienten Pfarrers hatten keinen Erfolg20. Dieser starb nach 1608 „als Alchimist zu Prag”21. Bemerkenswert ist, daß fünf Jahrzehnte danach ein Magister und Pfarrer zu Drübeck, der Or­ ganist des Ortes und ein Verwalter von dort, also angesehene Personen ihrer Zeit, sowie ein weiterer Einwohner als Anteilseigner einer Gewerkschaft „Reicher Stollen”, die ein Bergwerk im unteren Eckertal in der Gemarkung llsenburg um 1660 betrieb, genannt werden22. Zu einer nennenswerten Ausbeute ist es offenbar nicht gekommen.

4.5 Bergbauversuche nahe der Plessenburg

Nachrichten darüber, wann die vermutlichen Schürfgräben23 am Goldstückel (Abb. 5) entstan­ den sind, wer diese angelegt hat und welche Minerale oder Erze man dort zu finden hoffte, fehlen bis heute. Ähnliche grabenartige Eintiefungen weist die schon erwähnte topographische Karte südlich und nördlich der Forststraße im oberen Tänntal aus, ohne daß diese einen Na­ men erhalten haben. Am Goldstückel laufen zwei durch eine Mittelrippe getrennte spitzgra­ benartige Eintiefungen parallel zueinander dicht neben der heutigen Forststraße. Es handelt sich wahrscheinlich nicht um alte Hohlwege, bei denen die Spurbreite der Fahrzeuge ein mehr trapezförmiges Profil hinterlassen hätte. Ihre Ausmaße schließen aus, daß Venediger oder Schatzgräber solche Schürfe hinterlassen haben könnten. Walenzeichen sind hier nicht zu er­ warten. Von Mutern gewissermaßen als Eigentumsmerkmal angebrachte Felsritzungen, wie z. B. diejenigen im Eingangsbereich der sogenannten Eckerhöhle im unteren Eckertal24, konn­ ten bisher nicht entdeckt werden. Mutgesuche und erteilte Schürfzettel, die auf diese Örtlich­ keit hätten bezogen werden können, haben sich in den Bergwerksakten bis heute nicht ange­ funden. Dabei muß jedoch bedacht werden, daß Mutgesuche vor allem des 16. und 17. Jahrhunderts oftmals die Fundpunkte so allgemein oder mit heute unbekanntem Namen be­ zeichnen, daß diese nicht zu lokalisieren sind.

4.6 Ergebnis

Ein Vergleich ergab, daß die im Lauterberger Tageblatt abgebildeten Markierungen an zwei Felsblöcken eine gewisse Ähnlichkeit mit dem für Silber in Waienbüchern und in historischen Karten enthaltenen Zeichen aufweisen. Silbervorkommen sind jedoch im betrachteten Gebiet nicht nachgewiesen. Doch hat schon allein die Hoffnung auf solches Edelmetall in der Ver­ gangenheit dazu geführt, ein Zeichen für Silber, z. B. am Mönchsstein bei Schierke, einzurit­ zen oder solche Zeichen in der SCHRÖDERschen Karte des Brockengebirges anzugeben. Aus der Literatur ist bekannt, daß in der Umgebung der beiden markierten Felsblöcke als so­

101 genannte Venediger-Minerale geringe Mengen von Pyrolusit angetroffen wurden und in zwei Bachläufen Spuren von Waschgold nachgewiesen werden konnten. Einige Örtlichkeitsnamen im Umkreis der Standorte der markierten Steine, die mit dem Bestimmungswort „Gold-” zu­ sammengesetzt sind, deuten auf früher bekannte und später in Vergessenheit geratene tatsäch­ liche oder vermeintliche Goldfundpunkte hin. Hinweise aus Sagen, die auf die Anwesenheit von Venedigern im betrachteten Gebiet hindeuten könnten, sind spärlich und können wenig zur Klärung der zu beantwortenden Frage beitragen. Eine in einer Walenbuch-Abschrift ent­ haltene Fundweisung deutet einen Weg von Wernigerode nach dem Brocken an, der aller Wahr­ scheinlichkeit nach durch das am Harzrande zwischen Darlingerode und Drübeck beginnende und zur heutigen Plessenburg führende Tänntal verläuft und somit das betrachtete Gebiet tan­ giert. Zufällige Erkundungen durch fremde oder einheimische Schatzsucher zu beiden Seiten desTänntales, also auch in der Umgebung der markierten Steine, wären nicht auszuschließen. Eine in Drübeck nachgewiesene alchemistische Betätigung und die Beteiligung mehrerer Ein­ wohner des genannten Dorfes an Bergbauversuchen im Eckertal während des 17. Jahrhun­ derts können die Annahme stützen, daß auch im betrachteten Gebiet prospektiert wurde und möglicherweise Merkzeichen hinterlassen wurden. Als Schlußfolgerung kann festgehalten werden, daß die Forstorte südlich der Plessenburg nicht als Hauptfundgebiet der Venediger gelten, aber von einem Wege zum Brockengebiet aus zu erreichen waren. Ein zufälliges Prospektieren der ursprünglichen Venediger wie auch der spä­ teren deutschen und einheimischen Schatzsucher kann nicht gänzlich ausgeschlossen wer­ den. Ob die hier vorkommenden sehr geringen Mengen der von diesen gesuchten Mineralen den Anlaß gaben, hier Merkzeichen zu hinterlassen, muß allerdings bezweifelt werden.

5. Hinweise auf eine andere Deutung der Zeichen

Die Frage nach der Entstehung und Zweckbestimmung der in den Abb. 2 und 3 dargestellten Zeichen an Granitblöcken stellte sich neu, da sich aus der herangezogenen Top. Karte 1:10000 llsenburg (Harz)-Plessenburg ergab, daß der im Abschnitt 3 beschriebene Wegeabschnitt, an dessen Rande die markierten Steine von M. BLAWE, Bad Lauterberg, im Frühjahr 1996 an­ getroffen und fotografiert wurden, den Namen „Grenzweg” erhalten hat. Dieser Name ist in der Forstwirtschaftskarte des Forstreviers Öhrenfeld von 1921 (M. 1:15000)25, die von der ehema­ ligen Fürstlichen Forstverwaltung bearbeitet wurde, an dem genannten Wegeabschnitt nicht angegeben. Doch hier ist ein Abschnitt einer Forstgrenze zwischen dem Neustädter Häu des Wernigeröder Stadtforstes und dem angrenzenden llsenburger Forst deutlich zu erkennen. In diese Grenzlinie sind in unregelmäßigen Abständen Punkte eingefügt; etwa neben jedem zwei­ ten Punkt stehen arabische Zahlen. Das gesamte Forstrevier Neustädter Häu ist in dieser Forst­ karte auf die angegebene Weise gegen benachbarte Forsten abgegrenzt worden. Ein solcher Verlauf dieser Forstgrenze ist auch in der von GROß (1995) abgebildeten Wirtschaftskarte der Forsten der Stadt Wernigerode von 1926 dargestellt. Hier ist lediglich neben jedem fünften Punkt in der Grenzlinie eine arabische Zahl angegeben. Das südwestlich der Kreisstadt gelegene Revier Neustädter Häu des Wernigeröder Stadtfor­ stes bildet eine von Landesforsten und Gemeindewald umgebene Enklave26. In der Abb. 1 ist der westliche Abschnitt dieses Forstes dargestellt, dessen Grenze gegen ehemals herr­ schaftlichen, jetzt Landesforst, als durchgehende starke Linie markiert ist. Es handelt sich hier um alten Waldbesitz der Bürger der Wernigeröder Neustadt, eines ehemals selbständigen Fleckens, der 1529 mit der Altstadt vereinigt wurde. Wann und auf welche Weise die Werni­ geröder Neustadt diesen Wald erworben hat, ist nicht bekannt. Die Schreibweise des Namens dieses Forstreviers hat sich im Laufe der Zeit mehrmals geändert27. Die in den Forstwirtschaftskarten an der Grenzlinie neben den vermuteten Grenzmalen an­ gegebenen arabischen Zahlen ließen zunächst noch keinen Zusammenhang mit den aus den Abb. 2 und 3 hervorgehenden Zeichen erkennen. Doch als M. BLAWE mitteilte, an dem ein­ gangs beschriebenen Wegeabschnitt in unterschiedlichen Abständen noch weitere solcher

102 Steine mit sich unterscheidenden eingehauenen Zeichen angetroffen zu haben und dazu Fo­ tografien vorlegte, konnte es als erwiesen gelten, daß es sich nicht um Merkzeichen der Ve­ nediger oder der diesen folgenden Schatzsucher handelt. Den Ansatz für die Klärung des Sach­ verhaltes lieferte schließlich GYNZ-REKOWSKI28, der in seinem verdienstvollen Abriß der Geschichte des Forstes um Wernigerode (1974, S. 89) einen dem Jägerborn am nächsten lie­ genden Grenzstein mit der römischen Zahl CXXXIX erwähnt. Die Forstwirtschaftskarte von 1921 weist den Jägerborn29 jedoch nicht aus. Der Forstbeschreibung von GYNZ-REKOWSKI zufolge kann dieser aber nur unweit der Jägerköpfe bzw. des Jägergrundes gesucht werden. Zur Orientierung diente ein in der Forstwirtschaftskarte von 1921 etwa dort eingetragenes Gat­ ter. Es verläuft, zwischen den Forstorten Jägergrund und Trichter beginnend, direkt auf einen eingezeichneten, jedoch nicht numerierten Grenzstein der Forstgrenze zu. Die benachbarten Grenzsteine sind hier mit den arabischen Zahlen 138 und 140 bezeichnet. Folglich ergibt sich für den zwischen beiden Steinen stehenden Grenzstein die Nummer 139, eben die Nummer, die GYNZ-REKOWSKI in römischen Ziffern angegeben hat. Der Standort dieses Grenzsteines ist in der Abb. 1 durch ein Symbol bezeichnet worden. Das berechtigt schon zu der Annahme, daß in die Grenzsteine bestimmter Abschnitte dieser Forstgrenze Zahlen eingehauen worden sind, die sich aus römischen Ziffern zusammensetzen. Diese Schlußfolgerung ist in jüngster Zeit durch O. GROß (1995) Teil 2, S. 1 u. 2 bestätigt worden. Er beschreibt den Verlauf der Grenze des Neustädter Häus und erwähnt dabei den am Forstort Heiliges Grab (siehe Abb. 1) stehenden Grenzstein CCVII (207), auf dem die Jahreszahl 1727 angegeben ist (Abb. 6). Die­ sen Grenzstein hat GROß vor kurzem in einer Zeitschrift beschrieben und abgebildet30. Ferner zeigen zwei Abbildungen seines Manuskriptes die Vorder- und die Rückseite des Grenzstei­ nes mit der Nummer LXXXII (82) auf der einen und der Jahreszahl 1763 auf der anderen Seite31. Damit ist die Vermutung hinreichend begründet, daß die von M. BLAWE erstmals veröffent­ lichten Einritzungen an Steinen einer Forstgrenze römische Zahlzeichen sind, die zur Nume­ rierung der Steine eingehauen wurden.

6. Die Grenzmarkierungen des Wernigeröder Bürgerforstes Neustädter Häu

6.1 Schriftliche Überlieferungen

Nachrichten über die Grenzen dieses Forstortes sind aus älterer Zeit insbesondere durch Pro­ tokolle über durchgeführte sogenannte Grenzzüge oder Grenzbezüge sowie über Grenzrevi­ sionen überliefert. Es würde den vom Thema her begrenzten Rahmen dieser Abhandlung bei weitem sprengen, alle Akten erfassen zu wollen, die Nachrichten über die Grenzen des Neu­ städter Häus oder gar des Wernigeröder Bürgerforstes enthalten. Dazu besteht auch kein zwin­ gender Grund. Mit der hier getroffenen Auswahl wird lediglich bezweckt, für den Neustädter Häu den Übergang vom Waldmal/Grenzzeichen zum numerierten Grenzstein zu belegen und im letzteren Falle Anhaltspunkte dafür zu finden, welche Zahlzeichen (arabische oder römi­ sche Ziffern) dafür vorgesehen waren. Einen solchen Aufwand hat man bei Grenzmarkierungen jedoch nicht von Anfang an betrie­ ben. So kennt das Protokoll über den Grenzzug von 1671, der auch den Neustädter Häu ein­ schloß32, als gräfliches Waldmal33 nur das einfache Kreuz (+) und das Schrägkreuz (X)34 und dort, wo der Wernigeröder Bürgerforst und der Hasseröder Forst aneinandergrenzten, das „W” für Wernigerode und das „H” für Hasserode. Auch der Grenzzug von 1719 kennt noch keine numerierten Grenzsteine35. Im Jahre 1691 wurden Steine mit dem Waldmal nur dann gesetzt, wenn zum Kennzeichnen geeignete Bäume, ja selbst Baumstümpfe, sogenannte Stucken oder Stuken, nicht angetrof­ fen wurden36. Als Malbäume bevorzugt wurden die „Danne” (Fichte), Eiche und Buche. In den Protokollen werden aber noch sechs weitere Laubholzarten genannt37, die mit dem Waldmal gezeichnet wurden. Das spricht zugleich für die Artenvielfalt des damals vorherrschenden

103 Mischwaldes. Bemerkenswert ist aber, daß schon im Jahre 1719 die Zahl der markierten Steine, besonders im Klippengebiet des Großen Birkenkopfes, des Jägerkopfes und der Weißen Steine, im Vergleich mit dem Grenzzuge von 1691 zugenommen hat. Ob dies auf eine Übernutzung des Forstes und den daraus folgenden Mangel an geeigneten Bäumen zurückzuführen ist, oder die Abstände zwischen den Grenzmalen verringert wurden, soll hier nicht untersucht wer­ den. Nur knapp zwei Jahrzehnte nach dem erwähnten Grenzzuge von 1719 bezog man die Grenze des Neustädter Häus am 28. Mai 1727 erneut. Die Kommission mußte das Unternehmen aber am Stein 207 im Forstort Heiliges Grab abbrechen, an dem die Grenzen des gräflichen For­ stes, des Wernigeröder Stadtforstes und des Forstes des Klosters Huysburg (siehe GROSSE (1929) 82) aufeinanderstoßen. Den Grund nennt ein Randvermerk im Protokoll zum Stein 207, in dem es heißt, „weil von denen Hyseburgern niemand zugegen gewesen, und als pro nunc (für jetzt, heute - G.K.) nicht weiter fortgefahren werden könne, so ist dieser actus heute da­ mit beschloßen...”38. Am 4. September 1727 überzeugte man sich durch eine Revision, daß „die Steine gesetzet, nach ihrer Zahl numeriert und in Ordnung gebracht” worden waren. Aus bei­ den Protokollen geht auch hervor, daß der Stein 207 außer seiner Nummer noch drei Kreuze und die Jahreszahl 1727 aufweist, „da dieser Gräntzzug geschehen”39. Die im ersten Protokoll zum Ausdruck kommende Absicht, nun „ordentliche Gräntz Steine an gewöhnliche Aufwürfe” zu setzen, läßt vermuten, daß man beabsichtigte, behauene und nu­ merierte Steine zu beschaffen und an vorgesehenen Stellen zu plazieren. Doch die Lage, Größe, Gestalt und die unterschiedlichen Abstände zwischen den meisten Grenzsteinen der Nummern (röm.) 179 bis 207 sprechen dafür, daß man die bisher bereits benutzten und mit dem Waldmal (Kreuz) gezeichneten Steine sowie weitere links oder rechts des Weges oder in dessen Mitte angetroffene Steine und Felsblöcke numerierte. Diese Verfahrensweise wird spä­ ter in gewisserWeise durch das Protokoll der Grenzrevision vom 29. August 1763 bestätigt, in dem es heißt, daß anstelle des nicht aufzufindenden Steines Nummer (röm.) 188 in der Ge­ gend, wo dieser nach der Beschreibung stehen sollte, eine „andere Klippe rechts des Weges gewählt” und in diese die angegebene Nummer gehauen werden sollte40. Auch im Revisions­ protokoll vom 29. Juli 1793 stellte man fest, daß „an den Klippen und Steinen” die Zahlen aus­ gewittert sind. Auch das darf wohl als Hinweis gelten, daß ein ursprüngliches Vorhaben, die Grenze zu „versteinen”, aus praktischen Gründen zumindest an diesem Abschnitt der Forst­ grenze kaum verwirklicht worden ist41. Wahrscheinlich ist der Ausdruck, die Grenze versteinen zu wollen, wohl so aufzufassen, daß anstelle der bis dahin auch vorhandenen Grenzbäume nur noch (örtlich angetroffene geeignete) Steine und Felsblöcke zur Markierung der Grenze hergerichtet werden sollten.

Die beiden Grenzprotokolle des Jahres 1727 beantworten die im Rahmen dieser Betrachtung eine Rolle spielende Frage, ob arabische oder römische Zahlen zur Numerierung der Grenz­ steine zu verwenden sind, leider nicht. Es dürfte wohl wenig wahrscheinlich sein, daß man dies dem Steinhauer überließ. Wegen des damit verbundenen Arbeits- und Kostenaufwandes kann wohl auch ausgeschlossen werden, daß im Jahre 1727 zunächst arabische Zahlen eingehauen wurden, die später durch römische Zahlzeichen ersetzt wurden. Es fällt allerdings auf, daß die 1727 in die Granitsteine, nur um solche handelt es sich, eingehauenen Nummern schon 1763 „alle sämtlich nachgehauen” werden mußten42. Schon 30 Jahre später, im Protokoll vom 29. Juli 1793, wird erneut bemängelt, daß die Nummern an zahlreichen Steinen ausgewittert sind und tiefer eingehauen werden müssen43. Ob dies auf fortschreitende Verwitterung oder auf mangelhafte Steinhauerarbeit zurückzuführen ist, muß hier offenbleiben. Auffällig ist dagegen, wie gut sich im Vergleich hierzu die Einritzungen des menschlichen Oberkörpers am Mönchsstein bei Schierke erhalten haben, deren Entstehung vor 1700 anzusetzen ist.

Erst vom Grenzprotokoll vom 29. August 1763 an werden Nummern der Grenzsteine in römi­ schen Zahlzeichen angegeben. Warum das erst in diesem Jahre geschah, geht aus diesem Aktenstück nicht hervor. Unverständlich bleibt auch, weshalb in der den Abschluß dieses Pro-

104 tokolls bildenden Tabelle der „Distancen von der in Anno 1727 regulirten und versteinten Grentze”, also in der Entfernungstabelle, die Nummern der Steine wieder in arabischen Zah­ len geschrieben wurden44. Aber ein „Register über die Grenze zwischen dem Gräfl. Stolberg Wernigeroedischen Forste und dem Städtischen Bürgerforst Neustaedter Häu” vom 03./15. Mai 1874 beseitigt grundsätz­ lich auch diesen Mangel, wie ein Auszug (Abb. 8) beweist45. Darin sind lediglich die Nummern der Steine 171a, 186 und 194 im Unterschied zu den übrigen hier in arabischen Zahlen ge­ schrieben worden. Zum Stein 194 wird angegeben, daß dieser neu gesetzt werden mußte. Auch bei den anderen beiden dürften nachträgliche Änderungen notwendig geworden sein. Dieses Register liefert nun auch den schlüssigen Beweis, daß die von M. BLAWE im Frühjahr 1996 angetroffenen und fotografierten in Granitblöcke eingehauenen Zeichen römische Zah­ len darstellen, mit denen die Grenzsteine einer alten Forstgrenze, die den Stadtforst Neustädter Häu vom angrenzenden ehemaligen gräflichen Forst scheidet, numeriert worden sind.

6.2 Ergebnisse einer Begehung der Forstgrenze

Der hier betrachtete Abschnitt der Forstgrenze des Neustädter Häus ist von H. FOERSTER, Darlingerode, gemeinsam mit dem Verfasser im Mai 1997 begangen worden. Dadurch sollte unter anderem Aufschluß über die Standorte der von M. BLAWE im Frühjahr 1996 angetroffe­ nen und fotografierten Steine gewonnen werden. Zu prüfen war auch, welches der in den Ab­ bildungen 2 und 13 dargestellten Zeichen einem bestimmten Stein zuzuordnen ist und was die an einigen Steinen zwischen römischen Zahlzeichen stehenden einfachen (geraden) Kreuze zu bedeuten haben. Die beim Besichtigen der angetroffenen Grenzsteine des Abschnittes zwi­ schen den Nummern (röm.) 179 und (röm.) 207 gewonnenen allgemeinen Erkenntnisse sind der Anlage 2 zu entnehmen. Deshalb können sich die folgenden Angaben auf einige Beson­ derheiten beschränken. Als vorteilhaft für unser Vorhaben erwies sich, daß seit dem Frühjahr 1996, als die Fotografien von M. BLAWE entstanden, durch O. GROß, Wernigerode, die Kar­ tierung von Forstgrenzsteinen und anderen Kleindenkmalen auch hier fortgesetzt worden war. Um sein Vorhaben verwirklichen zu können, war er genötigt, in vielen Fällen Steine, die durch Pflanzenwuchs verdeckt oder von Moosen und Flechten bedeckt waren, freizulegen und zu säubern. Solche Säuberungen hatte man seit der Versteinung der Forstgrenze im Jahre 1727 bei fast allen nachfolgenden Grenzrevisionen im Zusammenhang mit Nacharbeiten für aus­ gewitterte Nummern, aber auch in besonderen Fällen unabhängig hiervon vornehmen müs­ sen46. Zu bedenken ist, daß wegen der ungleich höheren wirtschaftlichen Bedeutung der For­ sten für die Territorialherrschaften und die Gemeinwesen in den vergangenen Jahrhunderten gut erkennbare Grenzzeichen jedem Nutzer die Rechtsverhältnisse deutlich vor Augen führen sollten.

Gleich zu Beginn der Begehung fiel am Stein (röm.) 179 ein inmitten der zum Grenzwege zei­ genden Seitenfläche ein zwischen den römischen Zahlzeichen stehendes gerades Kreuz auf (Abb. 9). Aus den Protokollen der Grenzzüge und Grenzrevisionen, die vor 1727 abgehalten wurden, geht hervor, daß Bäume, Baumstümpfe und gelegentlich auch Steine mit dem Wer­ nigeröder Waldmal, dem einfachen (geraden) oder auch mit dem schrägen Kreuz gekenn­ zeichnet wurden (vgl. GROSSE (1929) 145). In der Forstwirtschaftskarte von 1921 ist neben dem Standort dieses Steines keine Nummer angegeben. Doch aus den Nummern der beiden benachbarten Grenzsteine ergab es sich, daß die eingehauenen Zeichen CLX+IX als die rö­ mische Nummer 179 gelten sollen. Hier hat folglich das gerade Kreuz zwischen den Groß­ buchstaben die Bedeutung der römischen Zehn, des Schrägkreuzes X, erhalten. Vermutlich wird der Steinhauer an diesem bereits vor dem Grenzzuge von 1727 mit dem Kreuz als Wald­ mal versehenen Granitblock aus Platzmangel oder zur Vereinfachung seiner Arbeit das Wald­ mal als Zahlzeichen stehen gelassen haben. In gleicherweise wird dies auch beim Numerie­ ren des Steines (röm.) 189 gehandhabt worden sein (siehe Abb. 10).

105 An den Stellen des Grenzweges, an denen nach der Fortstwirtschaftskarte von 1921 die Steine der Nummern (röm.) 183 und 184 stehen müßten, fanden wir diese nicht. Aber am östlichen Wegesrand fiel ein Stein auf, an dem eine offensichtlich einmal vorhandene römische Num­ mer ausgehauen worden war (Abb. 11). Die Erklärung für diesen Sachverhalt liefern die Forst­ grenzakten. Bei der Grenzrevision im Jahre 1821 wurde festgestellt, daß die Steine 181, 182 und 183 fehlen. Deshalb sind neue ausgewählt worden, die mit den entsprechenden römischen Nummern bezeichnet werden sollten47. Doch aus dem Grenzrevisionsprotokoll des Jahres 1871 geht hervor, daß die 1821 vermißten Steine wieder aufgefunden wurden, wodurch ein „dop­ pelter Grenzzug” entstanden sei, den eine Situationszeichnung ausweist48. Daraus kann ab­ geleitet werden, daß die zwischenzeitlich hergerichteten Grenzsteine entweder beseitigt wur­ den oder, wie im Falle des Steines der Abb. 11, die ungültige Nummer ausgehauen worden ist. Der große Stein mit der arabischen Nummer 186 mit nebenstehendem geraden Kreuz (Abb. 12) ist mit dieser Schreibweise der Nummer im Grenzregister von 1871 eingetragen, ohne daß hierzu Angaben gemacht werden. Heute liegen zwei Teile dieses Steines dicht nebeneinan­ der; ihre Trennflächen sind auffallend eben. Die alte römische Nummer befindet sich an der Oberfläche des Steines, und zwar die Buchstaben CL auf dem einen und die Buchstaben XXXVI auf dem anderen Teil. Besonders das eine der beiden im Lauterberger Tageblatt veröffentlichten Zeichen (Abb. 2) hatte zunächst den Anschein erweckt, daß es sich um ein Walenzeichen handeln könnte. Die später von M. BLAWE für die Abb. 13 freundlicherweise zur Verfügung gestellte Aufnahme die­ ses Details eines Steines ließ aber erkennen, daß die Fotografie in der genannten Tageszei­ tung seitenverkehrt gedruckt worden war. Auch für die Bedeutung der beiden zwischen den Großbuchstaben C übereinander stehenden geraden Kreuze gab es vorerst keine Erklärung. Bemerkenswert ist, daß noch in den Grenzprotokollen von 1727, mit denen die Numerierung dieser Forstgrenze begann, zu den im jeweiligen Protokoll angegebenen Nummern der Steine 193, 198 und 199 zwei und beim Stein 207 drei gerade Kreuze zusätzlich angegeben sind49. Das Zeichen der Abb. 13 allein reichte jedoch noch nicht aus, dieses einem der genannten drei Steine mit doppeltem Kreuz zuzuordnen. Dies war erst zweifelsfrei möglich, als die Zeichen des freigelegten Steines (röm.) 193 (Abb. 14) mit der Fotografie (Abb. 13) verglichen werden konnten. Auf Abb. 13 rechts verdeckt Flechtenbewuchs noch fast vollständig die drei dort vor­ handenen senkrechten Rillen. Weshalb dieser Stein mit zwei Kreuzen versehen worden ist, ist nicht bekannt. Wenn man diese aber nur als Waldmal deutet, ergäbe sich für den Stein der Abb. 13 die Nummer (röm.) 200. Durch den am Grenzweg vorausgehenden Stein (röm.) 192 ließ sich für den Stein der Abb. 14 aber zwangsläufig die römische Nummer CXCIII bestim­ men. Hier hat das zwischen den beiden Buchstaben C, dem römischem Zahlzeichen für 100, stehende gerade Kreuz die Bedeutung der römischen Zehn, des Schrägkreuzes X, erhalten, wie das bereits bei den Steinen (röm.) 179 und 189 festgestellt wurde. Als ein besonders prägnantes Beispiel für die Problematik, entdeckte Felsritzungen zu deuten und zuzuordnen, erwies sich der Grenzstein (röm.) 202 nur wenig südwestlich des Forstortes Heiliges Grab am östlichen Hang eines dort beginnenden Hohlweges. Die Fotografie von M. BLAWE vom Frühjahr 1996 (Abb. 15) ließ, hinter Graswuchs und zwischen Moos und Flech­ tenbewuchs verborgen, nur andeutungsweise verschlungene Eintiefungen an einem Stein er­ kennen. Den Standort konnte die Bildautorin aus ihrer Erinnerung noch recht gut angeben. Mit Hilfe des in der Forstwirtschaftskarte von 1921 enthaltenen Grenzverlaufs und nach einigem Suchen standen wir vor einem großen liegenden und freigelegten Granitblock. Auffällig war ein eingemeißeltes großes gerades Kreuz, merkwürdig aber waren zwei übereinander liegende bogenförmige Einritzungen, unter denen sich noch zwei waagerechte Rillen zeigten (Abb. 16). Erst beim Betrachten der Fotografie (Abb. 15) und dem Vergleichen mit den in den Granitblock eingehauenen Zeichen stand schließlich fest, daß die Abb. 15 ein Detail des Grenzsteines CCII in seinem ursprünglichen Zustand dokumentiert. Ohne die „Vorarbeit” von O. GROß, Werni­ gerode, wäre es wohl kaum gelungen, die Identität des Objekts auf Abb. 15 mit dem Grenz­ stein (röm.) 202 nachzuweisen. Die jetzige Lage dieses Steines scheint nicht die ursprüngli­ che gewesen zu sein, wie die Stellung der eingehauenen Zeichen vermuten läßt.

106 Das Ergebnis der Begehung eines Abschnittes der alten Forstgrenze hat gezeigt, daß einzelne Fotografien von Details der Grenzsteine und auch ein Aktenstudium allein nicht ausgereicht haben, bestimmte Zeichen einem einzelnen Grenzstein zuzuordnen oder eingehauene Zei­ chen als Zeichen für eine Zahl zu erkennen. Diese Begehung als notwendige Ergänzung der genannten Vorarbeiten kann und soll keine Kartierung aller Forstgrenzsteine ersetzen, schon weil darauf verzichtet wurde, an Stellen, an denen Forstarbeiten durchgeführt wurden, durch liegende Stämme und Reisig etwa verdeckte Grenzsteine aufzusuchen und freizulegen. Im Rahmen des Themas wird es als ausreichend angesehen, am Beispiel einzelner Forstgrenz­ steine den Zusammenhang von Erscheinungen und ihren Ursachen nachgewiesen zu haben.

7. Zusammenfassung Zu Beginn dieses Jahrzehnts hatte W. HOMANN zur Vorbereitung von Schwermineralanaly­ sen aus Gewässerablagerungen zahlreicher Bäche und Flüsse des Harzes die Entnahme­ stellen gezielt nach bekannten oder vermuteten Standorten von Mönchs- oder Venedigerstei­ nen bzw. -Zeichen festgelegt. Dabei sind ihm im weiteren Brockengebiet fünf Venedigersteine bekannt geworden; drei weitere Steine mit Einritzungen, bei denen es sich um Venedigerzei­ chen handeln könnte, wurden bei Probennahmen aufgefunden. Seine Abschlußdokumenta­ tion enthält auch erstmals die Abbildungen aller bisher bekannten und noch erhaltenen tatsäch­ lichen oder vermuteten Venediger- oder Walenzeichen des Harzes. Deshalb erregten Abbildungen von bisher unbekannten im Harz angetroffenen Felsritzungen, die im Frühjahr 1996 in einer Tageszeitung veröffentlicht und als Walenzeichen gedeutet wurden, bei thema­ tisch Interessierten Aufmerksamkeit. Die Umgebung der Standorte dieser markierten Fels­ blöcke an einem Forstwege westlich der Kreisstadt Wernigerode gilt nicht als eines der Haupt­ fundgebiete der Venediger oder Walen, der nahe Harzrand jedoch als einer der Zugänge zum Brockengebiet. Ein zufälliges Prospektieren der alten Venediger oder ihrer Nachfolger im hier betrachteten Gebiet kann daher nicht ausgeschlossen werden. Zur Meinungsbildung wurden deshalb aus der Literatur bekannte ähnliche Walenzeichen zum Vergleich herangezogen und in der Umgebung der markierten Steine anzutreffende und für die Venediger interessante Mi­ nerale ermittelt. Ferner sind Hinweise aus Venedigersagen und Fundweisungen ausgewertet und Örtlichkeitsnamen der Umgebung zusammengestellt und bewertet worden, die eine mög­ liche frühere Kenntnis über Goldvorkommen vermuten lassen. Verläßliche Hinweise darauf, daß hier Merkzeichen von Venedigern oder ihren Nachfolgern hinterlassen worden sein könn­ ten, ließen sich daraus nicht ableiten. Davon unabhängig ist es gelungen, für dieses Forstge­ biet nahezu alle für die Walenforschung wesentlichen Hinweise zusammenzutragen. Weil die markierten Steine an einem alten Forstwege angetroffen wurden, der die Grenze zwi­ schen städtischem und ehemals herrschaftlichem Forst bildet, lag es nahe, zunächst Archiv­ gut auszuwerten. Es konnte nachgewiesen werden, daß im Jahre 1727 an dem hier betrach­ teten Abschnitt der Forstgrenze Granitsteine und -blocke erstmals numeriert wurden. Aus Protokollen über spätere Grenzrevisionen geht hervor, daß hierzu grundsätzlich römische Zahl­ zeichen eingehauen wurden, in die hin und wieder bereits vorher vorhandene Waldmarken, hier das einfache Kreuz, integriert wurden. Dadurch traten zunächst Mißverständnisse bei der Zuordnung von Abbildungen solcher Zeichen zu bestimmten Forstgrenzsteinen oder bei der Deutung solcher Nummern und Zeichen auf. Eine Begehung des hier betrachteten Abschnit­ tes der alten Forstgrenze behob schließlich noch vorhandene Zweifel und ermöglichte es außer­ dem, einige aus den Forstgrenzakten bekannt gewordene Sachverhalte an Ort und Stelle nach­ zuprüfen. Die Untersuchung der Frage, ob die im Jahre 1996 veröffentlichten Abbildungen von Zeichen an Granitsteinen als Wegezeichen der Venediger im Brockengebiet gedeutet werden können oder ob diese Markierungen anderen Zwecken dienten, führte schließlich zu einem eindeuti­ gen Ergebnis. Es handelt sich um Nummern an Forstgrenzsteinen, die zumeist aus römischen Zahlzeichen bestehen und, beginnend im Jahre 1727, in solche Steine am Grenzwege zwi­ schen ehemals herrschaftlichem und städtischem Forst eingehauen worden sind.

107 8. Anmerkungen

(Abkürzungen: LHA WR = Landesarchiv Magdeburg, Landeshauptarchiv, Außenstelle Wernigerode; StA WR = Stadtarchiv Wernigerode)

1 HOMANN (1993) Abb. 3, 8-14, 38-40. 2 HOMANN (1993) 188-193. 3 Hier „Wabensteine”; Druckfehler, gemeint sind Walensteine. 4 Dipl.-Ing. G.LAUB, Goslar-Oker, schriftl. am 24.05.96; HOMANN, Dortmund, tel. am 18.08.96. 5 Schriftl. am 29.10.96. 6 Vgl. Harzkarte von RIPKING (1715, 1716), Brockenkarte von SCHRÖDER (1785), PREDIGERsche Karte vom Harz, Bl. Wernigerode (1865). 7 7 FOERSTER u. KÖHLER (1993) 12. 8 LHA WR H.A. B 97 Fach 10 Nr. 20, insbes. Bl. 9, 13; GROSSE (1931) 119, 120. HOMANN (1993) 189, 190 konnte in der Nähe des Mönchssteins Vorkommen von Manganomelan (Schwarzmanganerz) bestätigen. Lesefunde hatte H. FOERSTER, Darlingerode, wenige Jahre vorher etwa 150 Meter vom Standort des Mönchssteins entfernt geborgen. 9 RITTER (1744) 55; GYNZ-REKOWSKI (1974) 63 (Zit. RITTER, bezogen auf die lateinische Ausgabe Helmstedt 1740, 26). 10 Z. B. GROSSE (1931) 116, 117; HOMANN (1993) 192 unter Hinweis auf zahlreiche darauf bezogene Lit.; LAUB (1962) 8, (1969) 198-204, (1989) 5 (Zit. RITTER (1744)) u. Anm. 20, 21; WAGENBRETH (1952) 434; WILSDORF (1987) 218ff. 11 PAPPENHEIM (1938) 114-116; RIEFENSTAHL (1987) 144; GYNZ-REKOWSKI (1993). 12 Dazu ausführlich LAUB (1995) unter Berücksichtigung der durch die Forschungsergeb­ nisse von HOMANN (1993) gewonnenen weiteren Erkenntnisse. Vgl. GROSSE (1931) 146-148. 13 GROSSE (1929) 83; GROßE (1995) Abb. 11/18. 14 Für die Überlassung der Kopie bin ich Herrn Dipl.-Ing. K.-W. SANDERS, Bad Harzburg, dankbar. 15 GROSSE (1931) 112, 133-140. 16 SANDERS schriftl. 04.03.97. 17 GROSSE (1931) 112 Ziff. 1. 18 „Item gehe von wernigeroda nach dem großen Brocken, nach dem Kloster berge nach Tribenack und halte dich auf die rechte Hand des Brockens gegen daß tahl, so würst du einen bäum fünden, in welchen dieses Zeigen B. 7. eingeschnitten stehen drey schritt da von fündestu ein guth mit bohlen bedecket siehet auß wie weitzen Kleien, und ist Gold und Silber, p.” 19 GROSSE (1931) 146. 20 LHA WR H.A. A 14 Fach 6 Nr. 4. 21 DELIUS (1805) 31. 22 LHA WR H.A. B 97 Fach 10 Nr. 13. 23 RIEFENSTAHL (1987) 66. 24 KÖHLER u. FOERSTER (1996) 92-95, Abb. 7-9. 25 Im Besitz von H. FOERSTER, Darlingerode, dem ich für die gewährte Einsichtnahme danke. 26 GYNZ-REKOWSKI (1974) Abb. 10 u. 11 (Karte der Grafschaft Wernigerode von J.B.KIß (1768)). 27 GROSSE (1929) 30, 109. 28 Dr. Georg von GYNZ-REKOWSKI 03.10.1919 - 31.01.1997. 29 GROSSE (1929) 83; GROß (1995) Abb. 1/14; siehe auch Abb. 1. 30 GROß (1997); für den Hinweis darauf danke ich Herrn Dr. HILMER, Goslar.

108 31 Unter diesen Abbildungen ist die Jahreszahl 1996 handschriftlich angegeben. 32 LHA WR H.A. B 8 Fach 1 Nr. 17 33 GROSSE (1929) 145. 34 Zum Kreuzzeichen als Symbol der Inanspruchnahme und als Grenzzeichen DIETZEL (1985) 48-55. 35 LHA WR H.A. B 8 Fach 2 Nr. 18. 36 LHA WR H.A. B 8 Fach 1 Nr. 17 Bl. 2v: „...Grenz Bäume ausgezeichnet, oder in Ermangelung derer Mahlsteine gesetzet werden...”. 37 Linde, „Quitsche” (Eberesche), Ahorn, Birke, Erle und Holzapfel. 30 LHA WR Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 573 T Nr. 3; beglaubigte Abschrift vom 03.08.1750, Bl. 13r. 39 Ebd. Bl. 13v u. 18v; vgl. Abb. 6. 40 Ebd. Bl. 24v Ziff. 17. 41 Ebd. Bl. 41 r Ziff. 5. 42 Ebd. Bl.26r. 43 Ebd. Bl. 41 r. 44 Ebd. Bl. 22r-32r; vgl. StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.757. Bl. 1 r-4r. 45 StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.807. Reproduktion mit Genehmigung des Stadtarchivs Wernigerode 40.5 fr. vom 24.04.1997. 46 Z. B. LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 573 T Nr. 3 Bl. 24v Ziff. 18; StA WR, Rep. WR, Best./Sign. II/5.757 Bl. 85v. 47 LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 475 T I Nr. 15 Bl. 92r; vgl. StA WR, Rep. WR, Best./Sign.WR II/5.757 Bl. 85r/v. 48 StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.799 Bl. 40r; vgl. LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 573 T Nr. 3 Bl. 11/1 r. 49 LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 573 T Nr. 3 Bl. 12r/v, 13r, 18r/v.

9. Schrifttumsverzeichnis

(Abkürzungen: LHA WR = Landesarchiv Magdeburg, Landeshauptarchiv, Außenstelle Wernigerode; StA WR = Stadtarchiv Wernigerode; ZHV = Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde)

9.1 Quellen

LHA WR, H.A. B 8 Fach 1 Nr. 17. Grenzbeziehung zwischen Haßerode, dem Landmann und sämtl. Wernigerod. Raths und Bürger Gehöltze de 3 und 4ten Jul. 1671. LHA WR, H.A. B 8 Fach 2 Nr. 18. Grentz-Zug zwischen dem Herrschaftl. Forst und dem Neu- staedter Häu de 24. Aug. 1719. LHA WR H.A. B 97 Fach 10 Nr. 13. Namen-Register von Heft I bis X. G. Spengler 1893. LHA WR, H.A. B 97 Fach 10 Nr. 20 (G. Spengler 1893), Heft VII. Acta Gedernsia, betreffend die Erze am Münche und Ahrensklind (Brocken) 1693. Insert des Grafen Ernst über das Churfürstl. Privilegium 1694. LHA WR, Kammer Wernigerode, Lfd. Reg. Fach 123 M VI Nr. 1. Acta gener. die Taxation und Regulirung der Wernigerödischen Forsten de 1838. LHA WR, Kammer Wernigerode, Lfd. Reg. Fach 1224 N IV Nr. 7. Acta betr. Flächenverände­ rungen im Forstrevier Öhrenfeld durch Erwerb, Veräußerung, Tausch, Grenzregulierung und Separation. Begonnen 1896. LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 475 T I Nr. 15. Grentze um der Stadt Werni­ gerode Neustädter Häu mit allen daran stoßenden Nachbahrn, renoviert 1754, 1763-1870.

109 LHA WR, Kammer Wernigerode, Rep. Reg. Fach 573 T Nr. 3. Grentz-Beschreibungen zwischen dero Herrschaftl. Forst und der Wernigeröder Bürger-Floltzung der Neustädter Flau genant de 1727 und Revision de 1754 de 1763 de 22. Aug. 1782 de 29. Jul. 1793. StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.757. Acta ... die Grentz Züge um den Neustädter Häu und in Specie mit Gnädigster Grafschaft Forst betr. 1763-1841. StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.799. Acta betr. die Grenze um den Neustädter Häu von 1850 bis 1886. StA WR, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.807. Register über die Grenze zwischen dem Gräfl. Stolberg-Wernigeroedischen Forste und dem Städtischen Bürgerforst Neustaedter Häu. 1874.

9.2 Karten

Topographische Karten 1:10000 Blatt M-32-10-C-b-1 llsenburg(Harz)-Plessenburg, Ausgabe 1988. 1:25000 Blatt 4129 Bad Harzburg, Ausgabe 1992. 1:25000 Blatt 4130 Wernigerode. Ausgabe 1994. Wirtschaftskarten 1:15000 Wirthschaftskarte vom Forst-Revier Öhrenfeld. Areal u. Waldzustand v. 1. Juli 1921. 1:20000 Wirthschaftskarte des Bürgerforstreviers Neustädter Häu, Block 1. Sonstige ERDMANNSDÖRFFER, O. H. u. SCHROEDER, H. (1926): Geologische Karte von Preußen und benachbarten deutschen Ländern. Lieferung 240. Blatt Wernigerode Nr. 2305. Berlin. Klß, J. B. (1768): Die Grafschaft Wernigeroda... RIPKING, B. (1715, 1716): Harzkarte. SCHROEDER, C. F. (1785): Abbildung des Brocken-Gebürges...

9.3 Literatur

BAUER, H. (1984): Bernhard Ripkings Harzkarte. Mit Tafel II und einer Kartenbeilage.-Harz- Z., 36 (1984), 79-88, Braunschweig. DELIUS, C. H. (1805): Die Wernigerödische Dienerschaft. - Wernigerode. DIETZEL, W. (1985): Grenzkreuz und Sühnemal. Das Kreuzzeichen als Symbol der Inan­ spruchnahme. - Urgeschichte und Heimatforschung, 22, 48-55, Weimar. ELPEL, G. (1996): Aus der Stadtwaldchronik: Die Förster im Stadtwald. Unterm Brocken. -Wernigeröder Heimatblätter 1/1996, 23-26, Wernigerode. ERDMANNSDÖRFFER, O. H. u. SCHROEDER, H. (1926): Erläuterungen zur Geologischen Karte von Preußen und benachbarten deutschen Ländern. - Lieferung 240, Blatt Werni­ gerode Nr. 2305, Berlin. FOERSTER, H. u. KÖHLER, G. (1993): Ergebnisse von Untersuchungen am Mönchsstein bei Schierke. Archäologie und Denkmalpflege. - Mitt.BI. 1 der Nordharzer Altertumsges., 8-21, Wernigerode. FROMME, J. (1927): Die Minerale des Brockengebirges, insonderheit des Radautales, Braun­ schweig. GROSSE, W. (1929): Geschichte der Stadt und Grafschaft Wernigerode in ihren Forst-, Flur- und Straßennamen. - Forsch, z. Gesch. d. Harzgebietes, V, Wernigerode. GROSSE, W. (1931): Die Venetianischen Goldsucher im Harze. - ZHV, 64 (1931) 105-150, 65(1932), 1-15. GROß, O. (1995): Gedenk- und Grenzsteine in Wernigerode und Umgebung. - Masch. Ms., unveröffentlicht, Wernigerode.

110 GROß, O. (1997): Grenzstein „Das Heilige Grab” im Harz wiedergefunden. - DER HARZ 62 (1997), Heft 4, 23, Wernigerode. GYNZ-REKOWSKI, G. v. (1974): Hohne und Steinharz und die Geschichte des Forstes um Wernigerode. - Masch. Ms., unveröffentlicht, Wernigerode. GYNZ-REKOWSKI, G. v. (1993): Aus der Geschichte der Plessenburg. Anlage als ein „Stern­ haus” errichtet. - Wernigeröder Ztg. v. 30.07.1993, (nz). HEILFURTH, G. (1967): Bergbau und Bergmann in der deutschsprachigen Sagenüberliefe­ rung Mitteleuropas. - Bd. I. Quellen, Marburg. HERRMANNS, O. (1963): Revierförstereien Neustädterhäu, Salzberg, Nöschenrode. - Hand­ schrift!. Ms., Harzbücherei Wernigerode. HOMANN, W. (1993): Die Goldvorkommen im Variszischen Gebirge.Teil II. Das Gold im Harz, im Kyffhäuser-Gebirge und im Flechtinger Höhenzug. - Dortmunder Beitr. Landeskd., na- turwiss. Mitt. 27, 149-245, Dortmund. JACOBS, E. (1888): Johann Christian Ruberg. Ein Beitrag zur Geschichte der Goidmacherei am Harz. - ZHV 21(1888), 131-158, Wernigerode. KÖHLER; G. u. FOERSTER, H.(1996): Die sogenannte Eckerhöhle im Nordharz. Überliefe­ rung und heutiger Zustand. - Dortmunder Beitr. Landeskde. naturwiss. Mitt., 30, 75-111, Dortmund. LAUB, G. (1962): Venedigerzeichen im Oberharz. - Unser Harz Heft 3/1962, 8-9, Clausthal-Zel­ lerfeld. LAUB; G. (1969): Fundstellen der Venediger im Oberharz. - Der Aufschluß, 20 (1969), Heft 7/8, 194-214, Göttingen. LAUB, G. (1989): Venedigerzeichen und Mönchsorte im Westharz. Ein Wanderbuch. - Unver- öff. Ms. Hamburg. LAUB, G. (1995): Zum Bestimmungswort „Morgenbrod” in Harzer Flur- und Bachnamen. - Heimatbl. f. d. süd-westl. Harzrand. Heft 51/1995, 38-45, Osterode/Harz. PAPPENHEIM, H.-E. (1938): Zur Geschichte des Sternhauses bei Gernrode. - ZHV 71 (1938), 106-116. REICHARDT, H. (1931): Aus der Entwicklung der Granitstein-Industrie im Wernigeröder Harz. - Wernigerode. RIEFENSTAHL, H. (1987): Landschaftsnamen im llsenburger Raum.Teile 1,2 u. 3, llsenburg. RITTER, A. (1744): Historische Nachricht von einer doppelten Reise nach dem auf dem Harze belegenen so berühmten Berge, gemeiniglich der Blocksberg genandt, aus dem Latei­ nischen insTeutsche übersetzt. - Magdeburg. SCHRAMM, R. u. WILSDORF; H. (1987): Venetianersagen, 2. Aufl., Leipzig. SCHROEDER, C. F. (1785): Abhandlung vom Brocken und dem übrigen alpinischen Gebürge des Harzes. Erster Theil. Mit zwei Karten, Dessau. WAGENBRETH, O. (1952): Der Venediger-Stein am Brocken, ein bergbaugeschichtliches Kulturdenkmal ersten Ranges. - Bergakademie, 4 (1952), 11, 433-434, 439-440, Freiberg (Sachsen). WERNER, D. u. NEUBERT, E. (1987): Bergmannssagen aus dem Harz. - 1. Aufl., Leipzig. WILSDORF, H., SCHRAMM, R. u. (1987): Venetianersagen.- 2. durch ges. Aufl., Leipzig.

Bildnachweis: im Text zu den Abbildungen.

Veröffentlichungsgenehmigungen wurden erteilt für Abb. 7 durch die Universitäts- und Lan­ desbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle (Saale) Hg 582/72/97 am 08.07.97 sowie für Abb. 8 durch das Stadtarchiv Wernigerode 40.5 fr am 24.04.97. Die Urheberrechte an den veröffent­ lichten Handschriften verbleiben bei den genannten Institutionen.

Anschrift des Verfassers: Gerhard KÖHLER, Semmelweisstraße 5, 39112 Magdeburg

111 Anlage 1

Mineralvorkommen in der Umgebung der Plessenburg

(nach JASCHE (1852, 1858), ERDMANNSDÖRFFER u. SCHROEDER (1926), FROMME (1927); vollständige Literaturangaben enthält das Schrifttumsverzeichnis) Die Lage der nachfolgend genannten Forstorte geht aus Abb. 1 hervor.

Dreisageblocksberg Erdiger und dichter Epidot (Pistazit, Thallit) - FROMME (1927), S. 156. Erdiger, dichter und gemeiner Thallit (Pistacit); Thallit in dichtem und körnigem Eisenglanz - JASCHE (1852), S. 13, 14.

Huyseburger Häu Grüner Augitgranit mit Hornblende im Einschluß von Quarzdiorit (S. 4, 108), häufig Schörl (S. 134), Fluorit in schörlreichem Granit (S. 213) nach FROMME (1927); Sphen (Syn. Titanit) -JASCHE (1858), S. 11. Einschlüsse von violettbraunen Tonschieferhornfelsen im Granit enthalten nicht selten Spinell und Korund, Hornfelse auf Klüften, Kristalle von Hornblende, Granat u. a. - ERDMANNS­ DÖRFFER u. SCHROEDER (1926), S. 25.

Karlsklippe Grüne Hornblende in Hornblendegranitporphyr - FROMME (1927), S. 108.

Neustädter Häu Sphen (Syn. Titanit) - JASCHE (1858), S. 11.

Plessenburg Epidot ziemlich häufig strahlig in kleinen Hohlräumen des Biotitaugitgabbro zwischen Ples­ senburg und Darlingerode - FROMME (1927), S. 156. In Tonschieferhornfelseinschlüssen des grünen Augitgranits Korund (S. 38), Pyrolusit (S. 62), Spinell (S. 63), Andalusit (S. 131) und Schörl (S. 135) nach FROMME (1927).

Tannenklinz Pyrolusit in Augitgranit - FROMME (1927), S. 58. Epidot (Pistazit, Thallit) in Augitgranit als Verwitterungsprodukt - FROMME (1927), S. 155.

112 Anlage 2

Bestandsaufnahme von Grenzsteinen

Ergebnisse der Begehung eines Abschnittes der alten Grenze zwischen dem Wernigeröder Bürgerforst Neustädter Häu und dem ehemals herrschaftlichen Forst llsenburg südlich der Plessenburg im Mai 1997

Grundlagen

Top. Karte 1:10000 llsenburg (Harz)-Plessenburg M-32-10-C-b-1 Ausgabe 1988.

Wirthschaftskarte vom Forst-Revier Öhrenfeld. Areal- u. Waldzustand v. 1. Juli 1921. M 1:15000. Angefertigt in der Fürstlichen Plankammer zu Wernigerode.

Register über die Grenze zwischen dem Gräfl. Stolberg-Wernigeroedischen Forste und dem Städtischen Bürgerforst Neustaedter Häu. 1874. StA WR Best./Sign WR II/5.807.

Hinweise

Die Forstgrenzsteine dieses Abschnittes wurden aus südöstlicher in nordwestlicher Richtung begangen und aufgenommen. Ausgangspunkt bei Stein CLXXIX (179) war eine den Grenzweg in Höhe des Forstortes Weiße Steine von Südwest nach Nordost querende Schneise.

Koordinaten des Ausgangs- und Endpunktes der Begehung in derTK 10 llsenburg (Harz)-Ples- senburg:

R 26 14 670 bis R 26 14 430 H 57 44 600 H 57 45 320

Länge des begangenen Grenzabschnittes von Stein CLXXIX (179) bis Stein CCVII (207) nach dem Grenzregister von 1874: 925 m.

Im begangenen Abschnitt sind Forstarbeiten ausgeführt worden. Es muß damit gerechnet wer­ den, daß liegende Stämme und Reisig nicht angetroffene Grenzsteine verdeckt haben.

Alle angetroffenen Grenzsteine trugen einen mehr oder weniger deutlichen kreisförmigen grü­ nen Fleck sowie der mit ausgehauener Nummer ein solches Kreuz. Kennzeichnung durch O. GROß, Wernigerode (vgl. dessen Foto-Dokumentation (1995/1996), 2. Teil. (HB WR Sign. As 681).

113 Ergebnisse

Abkürzungen zur Standortangabe der Steine

ö östlich am Wege öiW östlich vom Wege im Walde w westlich am Wege wiW westlich vom Wege im Walde m Mitte des Weges I liegender Stein Fo. Forstort

Des Steines Nummer Standort Bemerkungen It. Register arabisch

CLXXIX 179 ö in Höhe der Schneise, mit mittig stehendem geraden Kreuz, hier als röm. Zahlzeichen

CLXXX 180 wiW, I groß, am alten Weg

CLXXXI 181 wiW, I groß, am alten Weg

CLXXXII 182 ö undeutliche Nummer

CLXXXI II 183 nicht ö ein Stein mit ausgehauener ange­ röm. Nummer, CLXXXIV 184 troffen

CLXXXV 185 w

186 186 w, I großer Stein, geborsten, auf einer Hälfte + und CL, auf der anderen XXXVI. An der Seite einer Hälfte zum Wege: 186 und +.

CLXXXVII 187 m, I

CLXXXVIII 188 ö undeutliche Nummer

CLXXXIX 189 w, I mit geradem Kreuz zwischen CL u. XXIX, hier als röm. Zahlzeichen

CXC1 190 w, I

CXCI 191 w, I undeutliche Nummer

CXCII 192 ö

114 Des Steines Nummer Standort Bemerkungen It. Register arabisch

CXCIII 193 ö mit zwei übereinander stehenden Kreuzen auf der Vorderseite

194 194 nicht an­ lt. Reg. mit arab. Nummer getroffen neu gesetzt.

CXCV 195 öiW

CXCVI 196 ö CX undeutlich

CXCVII 197 w

CXCVI II 198 ö

CXCIX1 199 ö als CIC dargestellt, mit großem Kreuz auf der Vorderseite c c 200

CCI 201 nicht an­ getroffen

CCII 202 ö, I mit großem Kreuz, Stein ursprünglich stehend? ccm 203 nicht an­ getroffen

CCIIII2 204 I an Wegekreuz mit Wegweiser c c v 205 I in Fichtendickung des Fo. Heiliges Grab

CCVI 206 nicht an­ getroffen

CCVII 207 I in Fichtendickung des Fo. Heiliges Grab, einem Sarkophag ähnelnd. Oben drei Kreuze, vorn „1727”

Anmerkungen 1 Nach dem Grenzrevisionsprotokoll vom 21 ./22. Juni 1821 sind die ausgewitterten Nummern 190 und 199 neu ausgehauen worden (StA WR Best./Sign. WR II/5.757 Bl. 85v). 2 Nach vorstehend genanntem Protokoll Blatt 85v ist in einen „Statt des Steines Nro. 204 neu gewählten Stein” das Zeichen + und die Nummer CCIIII eingehauen.

115 Abb. 1: Wernigeröder Stadtforst Neustädter Häu Forstgrenze des westlichen Abschnittes des Reviers

116 Abb. 2: In einen Granitblock eingehauenes Zeichen. Reproduktion nach einer Abbildung im Lauterberger Tageblatt vom 19.04.1996.

Abb. 3: Das zweite im Lauterberger Tageblatt abgebildete Zeichen. Reproduktion der Originalaufnahme von M. BLAWE; Bad Lauterberg (1966).

i Luna = Silber 1 2

0 2 > 9 / j S< Ibernelft&n n C S i l i e r Ixirufclsben) 3 h 5

3 bedeutet Silber 6

Abb. 4: Zeichen für Silber im Schrifttum, in historischen Karten und in der Literatur. Reproduktionen nach 1 Acta Gedernsia (1693/1893) Bl. 7r, 2 WERNER u. NEUBERT (1986) S. 341, 3 SCHRÖDER (1785) Karte, 4 u. 5 RIPKING Karte (1715, 1716) nach BAUER (1984), 6 SCHRAMM u. WILSDORF (1987) S. 278.

117 Abb. 5: Forstort Goldstückel, vermutete Schürfgräben am Südosthang der Karlsklippen. Aufnahme: H. FOERSTER, Darlingerode (1977).

Abb. 6: Grenzstein CCVII (207) mit Jahreszahl 1727 im Forstort Heiliges Grab. Aufnahme: H. FOERSTER, Darlingerode (1977).

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¿Hl****'' *• ► * * • * - (SiA-f Abb. 7: Fundweisungen in einem fc t - Walenbuch, Erzvorkommen im Harz betreffend. Re­ produktion eines Auszu­ ges (Seiten 1-3). Ori­ MiSV'-' ginal der Handschrift in der Universitäts- u. Landesbibliothek Sach­ sen-Anhalt in Halle (S) Sign* Stoib.-Wern, Zf 34m. Veröffentlichung mit freundlicher Geneh­ migung .

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119 Abb. 8, Seite 1: Register über die Grenze zwischen dem Gräfl. Stolberg-Wernigeroedischen Forste und dem Städtischen Bürgerforste Neustaedter Hau. 1874. Auszug, Bl. 15v. Stadtarchiv Wernigerode, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.807. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.

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Abb. 8, Seite 2: Register über die Grenze zwischen dem Gräfl. Stolberg-Wernigeroedischen Forste und dem Städtischen Bürgerforste Neustaedter Häu. 1874. Auszug, Bl. 16v. Stadtarchiv Wernigerode, Rep. WR, Best./Sign. WR II/5.807. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung.

121 Abb. 9: Grenzstein CLXXIX(179) mit geradem Kreuz, hier als römisches Zahlzeichen einbezogen (CLX+IX). Aufnahme: Verfasser (1997).

Abb. 10: Grenzstein CLXXXIX (189) mit geradem Kreuz, hier als römisches Zahlzeichen einbezogen (CL+XXIX). Aufnahme: Verfasser (1997).

122 Abb. 11: Ehemaliger Grenzstein des „doppelten Grenzzuges” (Nummern 181 bis 183), mit ausgehauener römischer Nummer. Aufnahme: H. FOERSTER, Darlingerode (1997).

Abb. 12: Grenzstein 186, geborsten. Oben auf einem Teilstück + und die römischen Zahlzeichen CL, auf dem anderen XXXVI. Aufnahme: H. FOERSTER, Darlingerode (1977).

123 Abb. 13: Grenzstein CXCIII (193), Detail, mit oberem geradem Kreuz, hier als römisches Zahlzeichen einbezogen. Aufnahme: M. BLAWE, Bad Lauterberg (1996).

Abb. 14: Grenzstein CXCIII (193), Vorderseite und Seitenfläche. Oberes gerades Kreuz als römisches Zahlzeichen einbezogen (C+CIII). Aufnahme: H. FOERSTER, Darlingerode (1997).

124 Abb. 15: Grenzstein CCII (Detail) vor der Freilegung durch O. GROß, Wernigerode, im Rahmen der Kartierung. Aufnahme: M. BLAWE, Bad Lauterberg (1996).

Abb. 16: Grenzstein CCII nach der Freilegung mit großem Kreuz und übereinander stehenden römischen Zahlzeichen, ursprünglich wahrscheinlich aufrecht stehender Stein. Aufnahme: Verfasser (1997).

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