TWEOLOGiSCWES Begründet von Wilhelm Schamoni Herausgegeben von Johannes Bökmann Beilage der »Offerten-Zeitung für die katholische Geistlichkeit Deutschlands« Nr. 193 Mai 1986

INHALT Spalte PAPST JOHANNES PAUL II. PAPST JOHANNES PAUL II. Die Wesensverbindung zwischen Wahrheit, Die Wesensverbindung zwischen Wahrheit, sittlich Gutem und Freiheit muß in der sittlich Gutem und Freiheit muß in der Kirche Kirche wiederhergestellt werden! wiederhergestellt werden! - Ansprache vor Moraltheologen - 7034 Ansprache des Papstes an die Teilnehmer am Internationa- len Kongreß für Moraltheologie am 10. April 1986. JOHANNES BöKMANN Um einen Neubeginn in der Moraltheologie Die folgende sehr bedeutsame Ansprache muß gesehen werden auf Wiederherstellung echt ethischer Grundlegung und dem Hintergrund eines die Kirche quälenden langjährigen tiefen Dis- wahrhaft kirchlicher Lehre senses in Moraltheologie und christlichem Ethos. Sie spricht überzeu- (Kongreßbericht) 7039 gend die oft verleugneten Grundlagen an und fordert intensiv Rück- kehr zur erneuerten Tradition der Kirche. PROF. DR. JOHANNES DUMANN Sehr verehrte Herren Dozenten für Moraltheologie! Die eine Wahrheit und die vielen Religionen 1. Ich freue mich, Sie zu dieser Begegnung anläßlich des III. Vom „anonymen Christentum" zum universalen internationalen Kongresses zu empfangen, der angebrachter Synkretismus? 7042 Weise vom Päpstlichen Institut für Studien über Ehe und J. BERND WITTSCHIER Familie und vom Römischen Akademischen Zentrum vom Märtyrer 33/45: Die Namen der Märtyrerpriester Heiligen Kreuz ausgerichtet wurde. Während ich Sie erge- unter Hitlers Terror 7055 benst und herzlich begrüße, möchte ich Msgr. Carlo Caffarra und Msgr. Alvaro del Portillo und mit ihnen allen, die an der PROF. DDR. HERIBERT SCHAUF Durchführung des Kongresses mitgewirkt haben, danken. Die Die Eucharistie als Wiederholung der Memoria durch Begegnungen wie diese ermöglichte Gegenüberstellung - Zum Fronleichnamsfest - 7057 von Ideen und der Austausch von Meinungen dienen dazu, CARDINAL HOFFNER zum Nachdenken anzuregen und die Vertiefung der großen Ich sterbe, damit ihr lebt Moralthemen zu fördern, anhand derer Sie sich jeden Tag - Aus der Gründonnerstag-Predigt - 7059 anstrengen und bemühen, Gottes Heilsplan im Hinblick auf den Menschen immer besser zu begreifen. PROF. DR. BERNHARD LAKEBRINK Weihnacht nur Legende? Wie Sie ja wohl wissen, hat das Zweite Vatikanische Konzil Zur existentialen Zersetzung allen objektiv-wirklichen den für die Ethik zuständigen Wissenschaftlern eine besonders Heilsgeschehens 7060 ernste und dringende Verpflichtung aufgetragen: „Besondere Sorge verwende man auf die Vervollkommnung der PFARRER JOHANNES LINNEWERTH Moraltheologie, die, reicher genährt aus der Lehre der Schrift, in wis- 20 Jahre Herz-Jesu-Bund senschaftlicher Darlegung die Erhabenheit der Berufung der Gläu- Um das viele rettende Geheimnis der Stellvertretung 7067 bigen in Christus und ihre Verpflichtung, in der Liebe Frucht zu tra- Weiheerneuerung: Vielleicht 1990 gen ftir das Leben der Welt, erhellen soll" (Optatam totius, Nr. 16). - Brief von H. H. Prälat Schätzler - 7075 Diese Aufforderung hat - zwanzig Jahre nach dem Abschluß des Konzils - nichts von ihrer Aktualität verloren. Seminar mit Professor Thürkauf 7075 Denn die Wahrheit, von der die Kirche Zeugnis geben soll, Zuschriften an den Herausgeber 7076 darf nicht nur „mit dem Glauben geglaubt", sondern muß auch „auf das sittliche Leben angewandt werden" (vgl. Lumen gen- WILHELM SCHAMONI tium, Nr. 25). Die Wahrheit muß zur Richtschnur für die Ent- Benigna Consolata Ferrero scheidungen des Gläubigen werden: „Nicht jeder, der zu mir - Lebensbild und Texte - 7079 sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern, wer den Willen meines Vaters im Himmel erfüllt" (Mt 7, 21). Für das Verständnis dieses Zusammenhangs zwischen Wahr- Die Konten der „Fördergemeinschaft ‚Theologisches": heit und Freiheit ist die sittliche Reflexion unerläßlich. Postscheck-Kto.-Nr. 206588-501 beim PSA Köln. • Ja, was sich die eben erwähnte sittliche Reflexion zum Bank-Kto.: Stadtsparkasse Bad Honnef-Rhöndorf BLZ 380 512 290 Ziel setzt, ist zu zeigen, daß nur die Freiheit, die sich der Wahr- Kto.-Nr. 151 241 (Fördergemeinschaft „Theologisches"). heit unterwirft, die menschliche Person zu ihrem wahren Gut Zuschriften an den Herausgeber richte man an: führt. Das Gut der Person besteht darin, in der Wahrheit zu Msgr. Prof. Dr. Johannes Bökmami, 5340 Bad Honnef 1 - Rhön- sein und die Wahrheit zu tun. dorf, Frankenweg 23. 2. Dieser wesentliche Zusammenhang von Wahrheit, Gutem und Freiheit ist der modernen Kultur großenteils ver-

7 7033 - - 7034 - lorengegangen, und darum besteht heute eine der Forderun- Röm 2, 15; Dignitatis humanae, Nr. 3), das er sich nicht selber gen an die Sendung der Kirche zur Rettung der Welt darin, gegeben hat, sondern das Ausdruck der unveränderlichen For- den Menschen zur Wiederentdeckung dieses Zusammenhan- derungen an sein personales Sein ist, das von Gott geschaffen ges zu führen. wurde, auf Gott hingeordent ist und an sich mit einer unend- Die Frage des Pilatus: „Was ist Wahrheit?" wird auch heute lich höheren Würde als jene der Dinge ausgestattet ist. an der trostlosen Ratlosigkeit eines Menschen sichtbar, der • Dieses Gesetz besteht nicht nur aus allgemeinen Richtli- häufig nicht mehr weiß, wer er ist, woher er kommt und wohin nien, deren nähere Bestimmung hinsichtlich ihres Inhaltes von er geht. Und so erleben wir nicht selten den erschreckenden den verschiedenen und veränderlichen geschichtlichen Um- Absturz der menschlichen Person in Situationen einer fortschreitenden ständen abhängig ist. Es gibt moralische Normen, die ihren genau- Selbstzerstörung. Wenn man gewissen Stimmen Gehör schen- en, unveränderlichen und bedingungslosen Inhalt haben. Über ken will, scheint man nicht mehr die unerschütterliche Abso- manche dieser Bestimmungen stellen Sie ja während dieses lutheit eines sittlichen Wertes anerkennen zu müssen. Vor Kongresses strenge Überlegungen an: das gilt z. B. für die aller Augen spielt sich die Verachtung des empfangenen und Norm, die die Empfängisverhütung verbietet, oder für jene, noch ungeborenen menschlichen Lebens ab; die ständige Ver- die die direkte Tötung eines unschuldigen Menschen unter- letzung der Grundrechte des Menschen; die böse Zerstörung sagt. Daß es sittliche Nonnen gibt, die einen solchen Wert der Güter, die für ein wirklich menschliches Leben notwendig besitzen, kann nur jemand bestreiten, der leugnet, daß es eine sind. Wahrheit der Person, eine unveränderliche menschliche Natur • Ja, es ist etwas noch viel Bedenklicheres geschehen: der gibt, die letztlich auf jene schöpferische Weisheit gegründet Mensch ist nicht mehr davon überzeugt, daß er nur in der Wahrheit ist, die jeder Wirklichkeit Rahmen und Maß verleiht. das Heil finden kann. • Es ist darum unerläßlich, daß sich die ethische Reflexion - Die rettende, heilbringende Kraft des Wahren wird ange- auf eine echte Anthropologie gründet und immer tiefer in ihr fochten und allein der - freilich jeder objektiven Sachbezogen- Wurzel faßt und daß diese letzten Endes auf jener Metaphysik heit beraubten - Freiheit wird die Aufgabe zugedacht, auto- der Schöpfung beruht, die im Mittelpunkt jedes christlichen nom zu entscheiden, was gut und was böse ist. Denkens steht. - Dieser Relativismus führt auf theologischem Gebiet zum - Die Krise der Ethik ist der offenkundigste (ganz evi- Mißtrauen in die Weisheit Gottes, die den Menschen mit Hilfe dente) „Test" für die Krise der Anthropologie, eine Krise, die des Moralgesetzes führt. ihrerseits auf die Ablehnung eines wahrhaft metaphysischen - Zu den Vorschriften des Moralgesetzes stehen die soge- Denkens zurückgeht. nannten „konkreten Situationen" im Gegensatz, weil man im — Diese drei Momente — das ethische, das anthropologische, das Grunde nicht mehr daran glaubt, daß das Gesetz Gottes immer das metaphysische — trennen zu wollen, ist ein sehr schwerer Irrtum. Die einzige wahre Gut des Menschen ist. Geschichte der modernen Kultur hat das in tragischer Weise Es ist daher unbedingt notwendig, daß es in der Kirche zur bewiesen. Wiederherstellung einer strengen sittlichen Reflexion kommt. 5. An dieser Stelle ist die rationale ethische Reflexion zu 3. Das ist eine Aufgabe, die man nur unter bestimmten ergänzen, indem sie ihre Vervollkommnung in der theologischen Voraussetzungen wird erfüllen können, von denen einige hier ethischen Reflexion findet. kurz erwähnt zu werden verdienen. • Die schöpferische Weisheit, die jeder Wirklichkeit Rah- • Zuerst muß die ethische Reflexion aufzeigen, daß das men und Maß gibt, in deren Wahrheit jedes Geschöpf wahr ist, sittlich Gute bzw. Böse gegenüber den anderen guten bzw. hat einen Namen: es ist das fleischgewordene Wort, der gestor- üblen menschlichen Eigenschaften und Handlungen seine bene und auferstandene Herr . In ihm und im Blick auf ganz spezifische Ursprünglichkeit (Herkunft) besitzt. ihn wurde der Mensch geschaffen, da der Vater - in seinem + Den moralischen Charakter unserer die Geschöpfe ganz und gar freien Entschluß - wollte, daß der Mensch im ein- betreffenden Handlungen auf die Absicht und das Ziel zu ver- geborenen Sohn am trinitarischen Leben teilhaben sollte. kürzen, die Wirklichkeit in ihren nicht ethischen Inhalten zu Darum vermag nur die theologische Ethik die vollkommen verbessern, kommt letzten Endes der Zerstörung des Moralbegriffes wahre Antwort auf die moralische Frage des Menschen zu selbst gleich. geben. + Denn die erste Konsequenz aus dieser Verkürzung ist die • Von daher ergibt sich eine echte und eigene Zuständigkeit des Leugnung der Tatsache, daß es im Bereich jener Tätigkeiten Lehramtes der Kirche im Bereich moralischer Vorschriften. Sein Ein- Handlungen gibt, die immer und auf jeden Fall in sich und an und greifen auf diesem Gebiet darf nicht einer, wenn auch mit für sich unerlaubt sind. Bereits in dem Apostolischen Schreiben besonderer Glaubwürdigkeit ausgestatteten, Meinung unter Reconciliatio et paenitentia (vgl. Nr. 17) habe ich die Aufmerk- anderen gleichgesetzt werden. Es besitzt das „charisma veritatis samkeit auf diesen Punkt gelenkt. Die ganze Überlieferung der certum", „das sichere Charisma der Wahrheit" (vgl. Dei verbum Kirche hat davon gelebt und lebt davon, daß sie sich auf die Nr. 8); daher ist der katholische Theologe ihm gegenüber zum dieser Leugnung entgegengesetzte Überzeugung stützt. Aber Gehorsam verpflichtet. schon die menschliche Vernunft selbst ist, auch ohne das Licht Ihre fachliche Kompetenz entbindet mich davon, diesbe- der Offenbarung, imstande, den schwerwiegenden Irrtum dieser züglich weitere Präzisierungen vorzunehmen. These zu erkennen. + Sich auf einen „Glauben der Kirche" zu berufen, um zum + Diese These ist das Ergebnis von tiefgreifenden und moralischen Lehramt der Kirche in Gegensatz zu treten, heißt schwerwiegenden Behauptungen, die nicht nur das eigentliche nichts anderes als den katholischen Offenbarungsbegriff zu leugnen. Herz des Christentums, sondern auch der Religion als solcher + Aber nicht nur das, sondern das kann soweit gehen, daß betreffen. Daß es nämlich ein moralisch Gutes bzw. Böses gibt, auch das fundamentale Recht der Gläubigen, von denen, die das sich nicht auf andere menschliche Güter bzw. Übel zurück- mit der missio canonica Theologie lehren, die Lehre der führen läßt, ist die notwendige und direkte Folge der Wahrheit Kirche und nicht die Meinungen irgendwelcher theologischer der Schöpfung, die letztlich die der menschlichen Person Schulen dargelegt zu bekommen, verletzt wird. eigene Würde begründet. 6. Der Wissenschaftler für Ethik hat heute sowohl in der 4. Als Person zur unmittelbaren Gemeinschaft mit Gott Kirche wie in der weltlichen Gesellschaft eine schwere Verant- berufen, als Person Ziel einer ganz einzigartigen Vorsehung, wortung. trägt der Mensch in sein Herz geschrieben ein Gesetz (vgl. • Die Probleme, denen er sich gegenübersieht, sind die ern- - 7035 - - 7036 - Im Rahmen der Audienz, die der Papst den Teilnehmern des Internationalen Kongreß fiir Moraltheologie (7. -12. 4. 86) in Rom gewährte, kam es nach seiner bedeutsamen Ansprache auch zu einer erneuten herzlichen Begegnung mit dem Herausgeber. Dabei bezeichnete der Heilige Vater spontan „Theologisches" als wichtige und mutige Arbeit. Links im Bild der Leiter des Kongresses, Msgr. Prof Carlo Caffarra. stesten Probleme für den Menschen: Probleme, von deren stellen muß, sind auch wegen ihrer Neuheit schwierig. Die Lösung nicht nur das ewige Heil, sondern oft auch die Zukunft wahre Lösung wird sich nur in einer immer tieferen Verwurze- des Menschen auf Erden abhängt. Das Wort Gottes gebraucht lung der Reflexion in der lebendigen Überlieferung der Kirche in diesem Zusammenhang Worte, über die wir unablässig finden lassen: in jener Überlieferung, in welcher Christus nachdenken sollten. selbst, die Wahrheit, die uns frei macht, lebt. - Die Liebe zum irrenden Menschen de niemals zu einem Korn- + Die Kirche und ihr Lehramt brauchen Sie, die wissen- promiß mit dem Irrtum führen: der Irrtum muß aufgedeckt und ver- schaftlichen Lehrer der Ethik, heute ganz besonders. Der urteilt werden. Die Liebe der Kirche gegenüber dem Menschen Mensch braucht Sie. Ihm soll auch durch Ihre Reflexion dabei verpflichtet sie dazu, dem Menschen zu sagen, daß und wann geholfen werden, seine Wahrheit, jene Wahrheit, die in ihm ist, die Wahrheit über ihn verneint, das ihm eigene Gute nicht wiederzuentdecken: zu sich dadurch zurückzukehren, daß er anerkannt, seine Würde verletzt, sein Wert nicht in angemes- über sich hinausgeht in Gott. sener Weise geachtet wird. - Wenn sie das tut, bekundet sie nicht einfach „Ideale": Während ich jedem einzelnen von Ihnen wünsche, daß er vielmehr lehrt sie, wer der von Gott in Christus geschaffene einen gültigen Beitrag zur Befriedigung dieses fundamentalen Mensch ist und worin somit sein wahres Gutes besteht. Das Bedürfnisses des modernen Menschen erbringen kann, möchte Sittengesetz ist ja nicht etwas außerhalb der Person: es ist die ich noch die Studenten grüßen, die an diesem Kongreß teilge- menschliche Person selber, weil sie in und von demselben nommen haben. Ich freue mich, daß Ihr so zahlreich seid: das Schöpfungsakt zum Sein und, zur freien Verwirklichung in Interesse, das Ihr den wichtigen Themen, die auf dem Kongreß Christus berufen worden ist. erörtert wurden, entgegenbringt, ist ein ermutigendes Zei- Von dieser Wahrheit müssen Sie heute in Demut, aber mit chen. großer Festigkeit Zeugnis geben. Allen erteile ich von Herzen meinen Segen. • Eine moraltheologische Lehre, die sich dessen nicht bewußt ist, (Orig. ital. in 0. R. 11. 4. 86, S. 4) hat sich in den letzten Jahren verbreitet und im Bewußtsein der Gläu- Klugheit bigen auch in grundlegenden Moralfragen Verwirrung gestiftet. Es Die Menschenklugheit hat eine Grenze dort, wo es um die Ent- gilt also, wieder Eintracht in der Klarheit und Klarheit in der scheidung geht, wo es um ein Bekenntnis geht. Da hilft nicht mehr eine Eintracht zu finden. übergroße Schlauheit, da hilft nur noch das JA oder NEIN und alles + Die Probleme, denen sich die ethische Reflexion heute was darüber ist, ist von Übel. Ludwig Wolker - 7037 - - 7038 - JOHANNES BÖKMANN Beweis für die heilsame Wahrheit der kirchlichen Lehre „ex eventu" darstellt. Ganz abgesehen davon, daß ihre Qualität Um einen Neubeginn in der Moraltheologie unfehlbaren Charakter nach den Kriterien von Lumen Gen- tium Nr. 25 hat - wie wir mit anderen eingehend begründet Wiederherstellung echt ethischer Grundlegung und und aufgewiesen haben. wahrhaft kirchlicher Lehre 3. Auf diesem Hintergrund muß man die sehr große grund- - Ein Kongreßbericht - sätzliche und faktische Bedeutung des Kongresses sehen und würdigen, über den hier zu berichten ist. Die Grundidee 1. Keiner in und außerhalb der Kirche kann übersehen, daß stammt von Prof. Garcia De Haro vom Institut Johannes Paul „heute der Bereich der Moraltheologie das Hauptfeld der II. in Rom. Vorbereitende Besprechungen fanden u. a. an der Spannungen zwischen Lehramt und Theologie geworden ist" Theologischen Fakultät der Universität von Navarra statt. (Kardinal Ratzinger, Zur Lage des Glaubens, 1985, S. 87). Als Energisch für das Zustandekommen eingesetzt haben sich in den frühen sechziger Jahren die aus trüben persönlichen auch die Kardinäle W. Baum, E. Gagmon und J. Ratzinger. Motiven, suspekten Meinungen und schlicht inakzeptablen Durchführung, Teilnehmerzahl und Atmosphäre machten den Zielen in den USA finanzierte Erfindung der „Pille" nach Kongreß, der sechs volle Tage arbeitete, zu einem bedeutsa- Europa kam (vgl. unseren Bericht im Aprilheft über Margaret men Erfolg. Sanger und Planned Parenthood, Sp. 7024-27), verfielen sehr Über 300 Teilnehmer aus 31 Ländern folgten der Einladung viele der Versuchung zur hedonistischen Praktizierung einer des „Instituts Johannes Paul II. für Studien über Ehe und nun völlig isoliert verwendbaren Sexualität zum „Lustge- Familie" und des „Akademischen Zentrums Santa Croce winn". Der Verkehr war nun „geschützt" vor dem Kind, vor Rom" der Theologischen Fakultät der Universität Navarra. den Folgen („Genuß ohne Reue"). Verbunden mit einer mäch- 117 Professoren von Universitäten aus 20 Ländern wirkten am tigen allgemein antiautoritären Emanzipantionswelle, die sich Internationalen Kongreß für Moraltheologie vom 7. bis 12. rasch zu einem vollen Autonomiepostulat radikalisierte (W. April 1986 in Rom mit. Dazu viele Studenten. Korff: moralische Normen sind Konstrukte menschlicher Ver- Moraltheologen, Ethiker, Philosophen, Humanwissen- nunft), brach diese Welle mächtig in die Kirche ein, gewann schaftler, Mediziner und Experten für die Lebensbereiche kulturrevolutionäre Potenz und eine das gesamte christliche Familie und Ehe diskutierten an sechs Tagen bei vielen Vor- Ethos korrumpierende Sogwirkung. trägen, Wortmeldungen und Diskussionen jene Fragen, gemäß In diesen Jahren konnte man mit Bestürzung, Scham, denen die letzten Wahrheiten über den Menschen auch die Trauer, auch mit Zorn und Sorge miterleben, wie viele Moral- letzten entscheidenden Gründe für das ethische Handeln und theologen in offenen Widerspruch traten zum Lehramt der Leben des Menschen sind. Die bloße Autonomie des handeln- Kirche, das sich gerade hier als unerschüttert klar bewährte. den Menschen, die bloße Inanspruchnahme einer Freiheit Darunter solche Professoren, die noch kurz vorher anders ohne Rücksicht auf die theologische und metaphysische gelehrt hatten und die nun weich wurden. Die Welt erlebte den Wahrheit des Menschen wurde ständig bewußter als jener offenen Dissens in der Kirche. Weg erkannt, der heute wohl weithin als der gängige und plau- Er stellte sich bald als ein zweifacher dar: sible gilt; dennoch führt ein solcher Weg zu einer „Selbstver- a) Unter Berufung auf das subjektive Gewissen, das diese wirklichung" des Menschen, die in nichts vor Selbstauslöschung Lehre nicht anzunehmen sich in der Lage behauptete. des Menschen und seiner Zukunft bewahrt. Das Besprechen b) Unter Berufung auf eine andere Position, die in dieser vieler einzelner ethischer Probleme erwies sich immer wieder Sache Lehre und Gründe der Kirche ablehnte, dennoch in der als die eine Frage nach der Wahrheit des Menschen. Kirche, ja als ein von ihr beauftragter Lehrer weiterzuwirken Dies auf dem Hintergrund der „trostlosen Ratlosigkeit intensiv bestrebt war. Der Dissens sei möglich, ja legitim. Die eines Menschen, der häufig nicht mehr weiß, wer er ist, woher Lehre sei ja nicht unfehlbar (wenn es dergleichen auf morali- er kommt und wohin er geht" (aus der Ansprache des Papstes); schem Gebiet - wie man offen bezweifelt - überhaupt gebe). angesichts auch des „erschreckenden Absturzes der menschli- Ausdrücklich wurde die innere Konsequenz ausgesprochen, chen Person in Situationen einer fortschreitenden Selbstzer- daß damit natürlich auch für andere Aussagen des authenti- störung" (ebda.)! schen Lehramtes Möglichkeit und Recht von abweichenden 4. Die Themen des Kongresses bewegten sich von der ent- Positionen in der Kirche und von Lehrern mit Missio canonica scheidenden Frage der Begründung der Moral bis hin zu sehr behauptet und in Anspruch genommen wurde (so z. B. von konreten und neuen Problemen der Gegenwart, in denen die Prof. F. Böckle). ethische Herausforderung besonders bewußt zu erarbeiten ist. 2. Manche Bischofskonferenzen haben ad a) unter Das Programm der sechs Arbeitstage wies über 50 verschiede- bestimmten Kautelen öffentliche Toleranz gezeigt (z. B. ( ne Beiträge von Professoren aus aller Welt aus; wozu noch eine „Königsteiner Erklärung"); ad b) geschwiegen. Zwar blieben große Zahl von Statements und Wortmeldungen kommt, die das oberste Lehramt hier unter den neueren Päpsten, insbes. in die Diskussion eingebracht wurden. Die demnächst erschei- Pius XI., Pius XII., Johannes XXIII., Paul VI. und mit luzider nenden Akten des Kongresses werden alle Beiträge einer inter- Begründung und geradezu prophetischem Nachdruck Johan- essierten Fachwelt zugänglich machen. nes Paul II. ganz klar und fest. Zwar konnte die Römische So hat z. B. der den Lesern von „Theologisches" durch Bei- Bischofssynode und in ihrem Gefolge das große Mahnschrei- träge, die wir von ihm (übersetzt) bringen konnten, bekannte ben „Familiaris consortio" diese Lehre erneut, umfassend und Prof. Germain Grisez (USA) ausführlich, überzeugend und mit auf dem Hintergrund einer inzwischen zu einem katastropha- Zustimmung gehandelt über die Definierbarkeit der Aussage: len gesellschaftlichen Desaster entarteten Prozeß darlegen Die gewollte Tötung eines unschuldigen menschlichen und einschärfen. Konkret geschehen ist aber in Bezug auf den Wesens ist immer objektiv schwerwiegend (materia gravis). für die kirchlichen Autoritäten und die Gläubigen geradezu Solche Darlegungen muß man ja angesichts der Tatsache selbstauflösenden Prozeß eines geduldeten und etablierten, hören, daß heute von nicht wenigen Moraltheologen bestritten nicht selten als Berater mit den Bischöfen verbundenen Dis- wird, daß es solche Handlungen, die immer verwerflich sind, senses nichts oder sehr wenig. Dabei liegt vor aller Augen, daß überhaupt gibt. Dazu der Papst in seiner Ansprache: die von den Kontestatoren hingenommene oder gar salvierte „Den moralischen Charakter unserer die Geschöpfe betref- bzw. begünstigte Entwicklung ein schrecklicher negativer fenden Handlungen auf die Absicht und das Ziel zu verkürzen, - 7039 - - 7040 - die Wirklichkeit in ihren nicht ethischen Inhalten zu verbessern, Gegenüber dem „sicheren Charisma der Wahrheit (vgl. Dei kommt letzten Endes der Zerstörung des Moralbegriffes selbst Verbum Nr. 8) ist der katholische Theologe zum Gehorsam gleich. Denn die erste Konsequenz aus dieser Verkürzung ist verpflichtet". Und: „Sich auf einen «Glauben der Kirche» die Leugnung der Tatsache, daß es Handlungen gibt, die berufen, um zum moralischen Lehramt der Kirche in Gegen- immer und auf jeden Fall in sich und an und für sich unerlaubt satz zu treten, heißt nichts anderes als den katholischen Offenba- sind. Schon die menschliche Vernunft selber ist, auch ohne das rungsbegri ff zu leugnen" (Ebda). Licht der Offenbarung, imstande, den schwerwiegenden Irrtum 7. Zu einem derartigen Kongreß gehören auch die gemein- dieser These zu erkennen." samen Gebete, v. a. die bestärkende herzliche Begegnung mit 5. Diese Aussage trifft ins Zentrum der neuen Lehren von dem Papst. Aber auch sehr viele persönliche Gespräche, das angeblich vor-moralischen oder sittlich neutralen Handlun- Sichkennenlernen von Kollegen aus aller Welt, der Austausch gen, die erst aufgrund einer je variablen „Güterabwägung" ad von Erfahrungen. Die Lage auf diesem Feld ist doch weithin hoc zu sittlichen würden. Immer mehr setzte sich deshalb die überall ähnlich, wenn auch nicht gleichartig (bis auf einen Forderung nach einer wahren Konvergenz von Ethik und Dozenten fehlten z. B. Vertreter aus Frankreich). Aus Deutsch- Anthropologie durch. Es ist die Wahrheit des Menschen und land waren drei Moraltheologen, zwei Philosophen (Ethiker), über den Menschen selbst, die sittliches Handeln fordert und ein Fundamentaltheologe zugegen. Bezeichnend allerdings, begründet. Johannes Paul II., der mit großem Interesse die daß kein Universitätslehrstuhlinhaber dabei war (wie auch Arbeit des Kongresses begleitete, sagte in seiner Ansprache an ähnlich in anderen Ländern, obgleich die Struktur dort oft die Teilnehmer, die Ethik müsse sich immer mehr in einem anders ist). Mit Prof. J. Seifert, (Liechtenstein) und Prof. A. wahren Menschenbild (Anthropologie) begründen; das Men- Laun (Wien-Eichstätt) zusammen waren wir Deutschsprachi- schenbild wiederum braucht eine Metaphysik der Schöpfung gen gut vertreten. Ein starkes Kontingent stellten die Ameri- zu seiner Begründung. Die Grundlegung der Ethik in der kaner und Spanier. Wahrheit und Würde des Menschen bewahrt davor, Gut und In der neueren Geschichte der Moraltheologie wird dieser Böse zu relativieren oder auf anderes zurückzuführen; verbun- Kongreß - so ist zu hoffen -jener Neubeginn sein, der Wissen- den mit der Wahrheit und Würde des Menschen sind Gut und schaftler zu Wort gebracht hat, die sich der Einheit mit dem Böse nicht mehr der bloßen „Situation" oder einem geschicht- Lehramt des Papstes und der Kirche und der besonderen, auf lichen Relativismus unterworfen; das ethische Handeln des Wahrheit und Würde der menschlichen Person gründenden Menschen ist das Handeln der Person, die wiederum in ihrem ethischen Berufung verpflichtet haben. Sein und in ihrem Handeln von der Wahrheit ihres besonderen Geschaffenseins durch Gott bestimmt ist. Die vollkommene PROF. DR. JOHANNES DÖRMANN Wahrheit des Menschen ist für Johannes Paul II. schließlich im Erlöser Jesus Christus verwirklicht. Die eine Wahrheit und die vielen Religionen Die m. E. eindringlichsten Sätze der hochbedeutsamen Ansprache des Papstes finden sich in diesem Kontext: ,ja, es (Bökmann) Mit dem folgenden aussagestarken und dichten Beitrag ist noch etwas viel Bedenklicheres geschehen: fuhren wir die schon in mehreren Artikeln vorgetragene, ungemein - Der Mensch ist nicht mehr überzeugt, daß er nur in der wichtige und aktuelle Thematik weiter. Die bisherigen Ausftihrungen Wahrheit das Heil finden kann. wurden - gerade auch von Fachleuten - als besonders erhellend aner- - Der Relativismus (autonomer Moral) führt auf theologi- kannt. Die Grundlagenklärung auf diesem Gebiet ist bitter notwen- schem Gebiet zum Mißtrauen in die Weisheit Gottes, die den dig fir Theologie, Mission, Pastoral und glaubwürdige Verkündi- Menschen mit Hilfe des Moralgesetzes führt. gung des ganzen Evangeliums der einen Kirche Christi. - ... weil man im Grunde nicht mehr daran glaubt, daß das Ge- III setz Gottes immer das einzige wahre Gut des Menschen ist." 6. Immer mehr erwies sich so dieser Kongreß für Moralfra- Vom "anonymen Christentum" zum universalen Synkre- gen als ein Erhellen der Wahrheit des Menschen, der Würde tismus? der Person; viele wesentliche Einsichten sind dabei geglückt, Karl Rahner hatte „als Dogmatiker", nicht „als empirischer wobei eine überzeugende Konvergenz zwischen der Lehre des Religionsgeschichtler" zum Problem der Religionen Stellung Papstes und den Ergebnissen der Tagung sichtbar wurde. Mit genommen. Bei seiner „katholisch-dogmatischen Interpreta- größtem Nachdruck wurde von vielen Teilnehmern gefordert, tion der nichtchristlichen Religionen" ging es um die theolo- jenen unheilvollen Dissens innerhalb der Kirche in Fragen der gische Qualifikation der „Religionen als Religionen", nicht Moral zu beenden, jenen Dissens, -der der Kirche eine Art um die konkrete Religionsgeschichte'). Das war für die entste- „Neben-Lehramt" von gewissen Theologen eingebracht hat. hende „Theologie der Religionen" Ansporn, das fehlende Mate- Mit Genugtuung und Freude konnte ich feststellen, daß rialobjekt nachträglich zu beschaffen. So wurde das „anonyme meine o. a. (unter 1) kurz dargelegte Sicht der Situation, Ana- Christentum", Ergebnis einer „rein dogmatischen Interpreta- lyse der Lage in Kirche und Moraltheologie, die ich im Kon- tion", zur Grundlage einer theologischen Neubeurteilung der empiri- greß vortrug, mit Zustimmung und Beifall aufgenommen schen Religionen in Geschichte und Gegenwart. - Die Gefahren wurde. Prof. Msgr. C. Caffarra betonte, daß sie mit der Auffas- einer Applikation von a priori feststehenden Theorien auf die sung der Kongreßleitung übereinstimme. empirische Wirklichkeit sind bekannt! Der Forderung nach einer wirklichen Einheit der Lehre in Fragen der Moral pflichtete auch der Papst bei, als er von einer 1. Von der Theorie zur konkreten Wirklichkeit wahren und eigenen Kompetenz des kirchlichen Lehramtes in Die unausweichliche Konsequenz aus Rahners Thesen ist: Sind Fragen der Moral sprach und das Grundrecht der Gläubigen die nichtchristlichen Religionen als Religionen „anonymes betonte, nicht persönliche Sondermeinungen von Theologen Christentum", dann muß ihre Substanz wesenhaft christlich und sondern die wahre Morallehre der Kirche gelehrt zu erhalten. das verborgene Antlitz Christi in ihnen wenigstens für den christlichen Die Liebe zum Irrenden darf keinen Kompromiß mit dem Irr- Religionsgeschichtler erkennbar sein. tum bedeuten; der Irrtum muß erkannt und auch benannt wer- Westliche und östliche Theologen machten sich daran, mit den. Klarheit und Einheit in der Morallehre der Kirche sind der neuen Optik des „anonymen Christentums" die Religions- eine Verpflichtung gegenüber dem Grundrecht der Gläubigen geschichte zu durchleuchten, das dogmatisch „Bewiesene" auf Wahrheit auch in Fragen der Moral. auch in der religiösen Wirklichkeit zu entdecken. Eine bisher - 7041 - - 7042 - nicht gekannte Neu- und Uminterpretation der nichtchristlichen nen als „anonymes Christentum" eine Uminterpretationda eine Religionen war die Folge. Das „anonyme Christentum" wurde Vergewaltigung der Religionsgeschichte ist. Die Applikation der a aus dem unbewußten Dunkel seiner Anonymität in die „kate- priori feststehenden These auf die empirische Wirklichkeit ist gorial-reflexe" Helle seiner Christlichkeit hinübergeführt, das geradezu ein klassisches Beispiel für einen theologischen Urteil der kirchlichen Tradition über das „Heidentum" als Umgang mit der Geschichte, der wissenschaftsmethodisch in „Vorurteil entlarvt". die Zeit vor Galileo Galilei (1564-1642) zu datieren wäre. • Einer der ersten und prominentesten Theologen, die die- + Wie es islamische Gelehrte gibt, welche die Atomphysik sen Schritt von der dogmatischen These zum geschichtlich Konkreten im Qurän wiederzuerkennen glauben, so gibt es neuerdings machten, war Raimund° Panikkar, Priester, Theologe und Reli- christliche Theologen, die das „anonyme Christentum" in gionsphilosoph, durch Abstammung in Christentum und indi- allen Religionen gegenwärtig sehen. Vor allem in Indien nei- scher Kultur beheimatet. Ich wähle ihn als ein Beispiel dafür gen Theologen dazu, in den Heiligen Schriften des Hinduis- aus, wie die Applikation von Rahners Thesen auf die nichtchristlichen mus überall „Christliches" zu entdecken. Diese Form der Religionen vielfach erfolgt ist. „Eisegese", der sogenannte „Inklusivismus", hat in Indien, - Indisches und Abendländisches, Theologie und Reli- dem Schmelztiegel zahlreicher Religionen, Tradition7). Rai- gionsphilosophie vermischend, kommt Panikkar zu einer gro- mund° Panikkar ist nur ein Beispiel für frommes Wunschden- ßen Synthese: ken, das allen soliden Erkenntnissen der Religionsgeschichte Für ihn sind alle Religionen Heilswege, die die Menschen widerspricht. zu ihrem übernatürlichen Ziel, zu Gott, hinführen2). Er glaubt + Nicht besser steht es mit Panikkars großer Vision von der auch, den verborgenen Identitätskern aller Religionen zu kennen: Konvergenz aller Religionen in Jesus Christus, von dem Erwachen Es sei das eine, universale „Christusprinzip", das in allen Reli- des „anonymen Christentums" zu „kategorial-reflexer" Be- gionen gegenwärtig und wirksam sei. Als solches sei es nicht wußtheit in der „Einen, Heiligen, Katholischen und Apostoli- geschichtlich; geschichtlich sei nur die Kirche. schen Religion". - Bei diesen Prämissen kann es nicht verwundern, daß ihm • Die Geschichte lehrt das Gegenteil. Die Begegnung der Reli- auch die subjektive Religiosität des „anonymen Christen" gar nicht gionen verläuft in der geschichtlichen Wirklichkeit nach einer so anonym, sondern ziemlich christlich artikuliert erscheint: anderen Regel: „Ich wage zu sagen, daß das implizite Glaubensbekenntnis - Bei dem ständigen Kulturkontakt des Christentums mit jedes guten Gläubigen jeglicher Religion - bona fide im voll- andern Religionen ist die Beeinflussung durch christliches sten Sinne - wirklich auf die Eine, Heilige, Katholische und Gedankengut unvermeidbar und offenkundig. Es werden Apostolische Religion gerichtet ist" 3) (Religion! - nicht heute viele christliche (besonders karitative und soziale) Ideen Kirche). von andern Religionen „assimiliert", aber gleichzeitig von der - Panikkar fordert den Dialog der Religionen. Der interreli- Sinnmitte ihres Systems „verfremdet", ihres christlichen giöse Dialog habe die Aufgabe, die verborgene Christusidenti- Grundgehaltes beraubt und mit eigenem Sinngehalt gefüllt. tät der Religionen aufzuspüren und ans Licht zu ziehen. Dieses Sie führen dann ihre Anhänger nicht dem christlichen Heils- Bemühen bringe schließlich in einem Prozeß innerer Konvergenz gut zu, sondern den eigenen Numina und befestigen sie in ihrer aus den verschiedenen Religionen die „Eine, Heilige, Katho- religiösen Haltung. Dem Christentum gegenüber zeigen so lische und Apostolische Religion" hervoll. Bei diesem Bemü- aufgefrischte Religionen einen Immunisierungseffekt. hen kommt er zu Aussagen wie: „ Christus ist Buddha, Christus - Derartige Vorgänge sind nicht neu, sondern seit dem ist Krishnal. christlichen Altertum bekannt. Kaiserfulian Apostata und der - Eine solche Identitätsaussage ist für uns nur verständlich, Kreis um den Präfekten Symmachos waren eifrig bemüht, das wenn wir hinduistische Vorstellungen zu Hilfe nehmen: die alte Heidentum durch Übernahme christlicher Ideen zu revi- Alleins-Lehre der Upanishaden, das geheimnisvolle tat tvam talisieren und dem Christentum gegenüber zu immunisieren. asi, die Identität von Atman und Brahman. So vertritt Panikkar Neueste Funde in Paphos auf Zypern zeigen auf sinnlich auch die Auffassung, daß das westliche Denkprinzip der „Aus- berückenden Mosaiken eine christlich beeinflußte dionysische schließlichkeit" den religiösen Phänomenen nicht gewachsen Welterlöserreligion (ebenfalls aus dem 4. Jahrhundert), aber in sei. Hier gelte das „Prinzip der Einschließlichkeit". dieser synkretistischen Gestalt als Konkurrent des Christen- - Der göttliche Identitätskern aller Religionen ist für tums3). Panikkar so evident, die Unterschiede sind für ihn so zweitran- - Die zahlreichen „neuen Religionen", die überall wie Pilze gig, daß er sich äußern kann: „Man könnte gewissermaßen aus dem Boden schießen, wurzeln in ihren angestammten reli- sagen, daß die Unterschiede dort auftauchen, wo Religion zum giösen Traditionen, übernehmen aber bereitwillig Gedanken- Menschenwerk wird"6). gut der Weltreligionen und anderer geistiger Strömungen und Damit ist der Rückzug aus dem Rationalen ins Irrationale, erheben so den Anspruch universaler Geltung9). Das Ergebnis aus der Geschichte in die „religiöse Erfahrung" oder das ist ein kompletter Synkretismus, aber keinesfalls die „Eine, Hei- „mystische Erleben" angetreten. lige, Katholische und Apostolische Religion" Panikkars. - Mit der Alleinslehre ist aber auch eine bestimmte Deu- - Es ist der cantus firmus vieler indischer „Inkulturations"- tung der empirischen Erfahrungswirklichkeit notwendig verbun- Theologen, daß das „westliche Denken" eliminiert und das den. In der Advaita-Lehre Shankaras ist sie ein illusionäres „indische Denken" etabliert werden müsse. Der antiwestliche Phänomen, das Werk Mayäs, das für uns verschwindet, sobald Affekt richtet sich auch gegen die „römisch-westliche Zen- wir intuitiv Brahman schauen. trale". Wie bei Panikkar fällt auch bei andern Theologen der man- Hier ist jedoch zu fragen: Bedeutet der Rückgriff auf uralte gelnde Sinn für echte Geschichte und für den elementar und ehrwürdige indische Spekulationen nicht nur den Ver- geschichtlichen Charakter der biblisch-christlichen Offenba- such, die moderne abendländische Wissenschaft, sondern rung auf. auch die ganze bisherige Theologie der Universalkirche zu ignorie- ren? Sind die monistischen Heils- und Weltlehren des Ostens 2. Neuinterpretation als Manipulation der Religionsge- überhaupt in der Lage, bei der gegenwärtigen „Inkulturation" schichte den christlichen Glauben adäquat wiederzugeben? Für den Religionswissenschaftler ist es evident, daß die - Den despektierlichen Umgang von Theologen mit der theologische Neuinterpretation der nichtchristlichen Religio- christlichen Philosophie hat schon Pius XII in „Humani Gene- - 7043 - - 7044 - ris" (1950) scharf verurteilt: „Während man so unsere Philoso- 3. Atmosphärischer Konsens bei heterogener Prove- phie verachtet, rühmt man dagegen andere philosophische nienz Systeme, sei es des Altertums oder der Jetztzeit, sei es der Völ- Am Beispiel Panikkars haben wir nur eine Hauptrichtung auf- ker des Morgen- oder des Abendlandes, in einer Weise, die gezeigt, in der sich die entstehende „Theologie der Religio- nahezulegen scheint, es lasse sich jede Philosophie und Gei- nen" entwickelt hat. stesrichtung, gewisse, allenfalls notwendige Richtigstellungen Das „anonyme Christentum" war jedoch schon bei Karl und Zusätze vorausgesetzt, mit dem katholischen Dogma ver- Rahner ein schillernder und variabler Zentralbegriff mit zahl- einbaren. Und doch kann kein Katholik daran zweifeln, daß reichen Implikationen, deshalb auch entwicklungsfähig in vie- diese Ansicht durch und durch falsch ist" ...1°) len Richtungen. Von Anfang an war er verbunden mit Bedeu- - Zweifellos enthält der Hinduismus eine tiefe Mystik und tungsvarianten wie „legitime Heilswege", „verschiedene subtilste Spekulationen. Es ist sicher richtig, daß der christ- Offenbarungsweisen Gottes in den Religionen", „kosmische liche „Dialog" mit den östlichen Religionen vor allem die Offenbarungsreligionen des einen Logos" und andere mehr. Mystik zum Gegenstand haben muß. Aber gerade im hindui- Die große Bandbreite solcher Theologumena ließ der In- stischen Alleins-Erlebnis und in der buddhistischen Erleuch- terpretation und Applikation hinsichtlich der nichtchristli- tung liegen große Gefahren für einen unchristlichen Synkretis- chen Religionen einen beträchtlichen Spielraum. Ersetzt man mus. Die Sonde christlicher „Krisis" ist bei den monistischen den Begriff des „anonymen Christentums" durch den der „ver- Religionen des Ostens in erster Linie nicht einmal mit der schiedenenen Offenbarungsweisen Gottes in allen Religio- Christologie, sondern mit dem biblischen Gottesglauben anzuset- nen", dann ist es nicht erforderlich, das anonyme Antlitz zen. Christi in allen Göttern wiederzuerkennen, wie Panikkar es im Falle des Hinduismus krampfhaft versucht hat. Sind alle Reli- • Die unaufgebbare Einzigartigkeit des biblischen Got- gionen verschiedene Offenbarungsweisen Gottes, dann ist das tesglaubens besteht darin, daß Gott ein persönlicher Gott und Christentum eine unter vielen Offenbarungen, dann sind Hin- der Schöpfer der Welt ist. Alles Sein außer Gott ist Kreatur. duismus, Buddhismus und Christentum letztlich keine Gegen- Weltschöpfung ist creatio ex nihilo, keine Emanation, wie sätze, sondern nur verschiedene Wege zum gleichen Zie115), immer sie vorgestellt wird. Arnold Gehlen spricht mit Recht von dann ist die „religiöse Erfahrung" auch im Christentum ergän- einer „absoluten Kulturschwelle", die mit dem biblischen zungsfähig, ja ergänzungsbedürftig. Monotheismus überschritten wurde"). • Die „Theologie der Religionen" brachte nicht nur eine + Das geschöpfliche Sein wiederum ist die Voraussetzung neue theologische Sicht und Würdigung der nichtchristlichen für echte Geschichte überhaupt, also auch für das geschicht- Religionen, sondern sie gab rückwirkend auch der katholischen liche Heilshandeln des persönlichen Gottes mit dem freien Theologie ein neues, „universaleres Fundament". Die Veränderung Geschöpf, dem Menschen12). Das personale Verhältnis von der Grundlagen des christlichen Glaubens durch die Univer- Schöpfer und Geschöpf ist konstitutiv für die biblische religio. Nur salisierung des Heils und die Ausdehnung des Offenbarungs- unter dieser Voraussetzung übersteigt auch der religiöse Akt begriffs auf alle Religionen war für die Theologie, Mission und des Menschen wirklich alle Immanenz, weil er, im Kreatürli- Kirche ein umstürzender, epochaler Vorgang, eine „Kopernika- chen wurzelnd und alles Kreatürliche übersteigend, den wirk- nische Wende" ( Walbert Bühlmann): lich überweltlichen Gott, eben den Schöpfergott, meint. - An die Stelle der biblischen Offenbarung schob sich ein + Es ist doch bedeutsam, daß die östlichen Weltreligionen „universales Offenbarungsverständnis", das chamäleonartig wesentlich monistisch sind, also weder den persönlichen Schöp- in den verschiedenen Farben der vielen Religionen schillert. fergott als letztes Prinzip, noch die Kreatur in ihrem wesenhaft An die Stelle des biblischen Glaubens trat ein „universaler geschöpflichen und geschichtlichen Sein kennen. Auch die Menschheitsglaube", trat das Diffusum „religiöser Erfahrung" Antike war bis zu einem solchen Schöpfer und Schöpfungsbe- und „mystischen Erlebens". griff nicht vorgedrungen. Es geht hier nicht um Worte. Schon - An die Stelle der objektiv universalen Erlösung durch Origines war Celsus gegenüber durchaus bereit, auch in irgend- Christus trat das reale Erlöstsein aller Menschen in der anony- einer heidnischen Gottheit, heiße sie Zeus oder wie immer, die men Tiefe ihrer menschlichen Existenz. An die Stelle der Identität mit dem christlichen Gott anzuerkennen und die Rechtfertigung durch Glaube und Taufe trat die innere Namen zu tauschen. Aber er fand keinen solchen Schöpfergott, Erleuchtung eines jeden Menschen durch den Heiligen Geist, weder bei den Griechen, noch bei den Ägyptern, noch bei den so daß alle Menschen ihrer höchsten Berufung entsprechen Indem13). können16). - Die Heilsnotwendigkeit der Kirche (necessitas medii) + Ist aber diese elementare Unterscheidung von Schöpfer verblaßte zu einem „Zeichen" für die Gegenwart Gottes in und Geschöpf nicht vorhanden, so muß man fragen: Welcher allen Menschen und Religionen' 7). Art ist dann das „Göttliche" in den monistischen Religionen, - Die Mission der Kirche bestand plötzlich darin, den sei es der numinose Weltgrund oder das Weltprinzip, das im Nichtchristen ihr anonymes Christsein „kategorial-reflex" religiösen Einheits- oder Erleuchtungserlebnis gnostisch oder bewußt zu machen18). An die Stelle des Missionsbefehls mystisch als „Heil" erfahren wird? Ist es nicht tatsächlich wie Christi mit der Forderung von Glaube und Taufe trat der der Mensch selbst, der seine Identität mit ihm ausdrück- „große ökumenische Dialog" zur gegenseitigen spirituellen lich behauptet (brahman - aman) und im Alleins-Erlebnis Bereicherung. sucht?14) Also numinisierte Weltelemente, Vertauschung Got- tes mit Abbildern des Menschen, wie Paulus sagt (Röm 1, 23)? • Diese „katholische" Version der Offenbarung Gottes in allen Religionen Ire sich mit protestantischen Auffassungen, die in den Für die Bibel sind auch die sublimsten Numina Divinierung Religionen der Menschheit ebenfalls die „Selbstbekundung von Geschöpflichem, - vor dem wahren Gott „Gemächte des der göttlichen Wirklichkeit" für erwiesen halten ( Wolfhart Pan- Menschen". Und wir müssen doch wohl die Numina als das nenberg) sowie mit der von Rudolf Otto ausgehenden Richtung Wesen der Religionen betrachten. Der Jahweglaube hat die der modernen Religionswissenschaft. Welt als Schöpfung Gottes prinzipiell entnuminisiert. Alle + Die merkwürdige Allianz von Religionswissenschaft, Numina sind vor Jahwe „Nichtse"; sie haben kein Heil und evangelischer und katholischer Theologie verbindet sich mit können kein Heil vermitteln (Jes 41, 24). der „Mentalität des modernen Menschen" und schafft eine all- - 7045 - - 7046 - gemeine Bewußtseinslage, in der sich die verschiedensten Ten- Farben des Regenbogens. Diese Farben bedeuten die vielen denzen vermischen und gegenseitig verstärken. Bei heteroge- Religionen als verschiedene Offenbarungsweisen Gottes. - ner Provenienz kam es zu einem allgemeinen „atmosphäri- Millionen Zuschauer konnten die „Übersetzung" dieser These schen Konsens": in die Eucharistiefeier, ihre „Inkulturation", an einem Beispiel Die These, daß alle Religionen nur verschiedene Offenba- aus Indien und Afrika am Fernsehschirm bestaunen25). rungsweisen Gottes seien, schmeichelt dem Menschen des So selbstverständlich scheint das alles für IVIISSIO-Aachen zu ausgehenden 20. Jahrhunderts, für den Toleranz ein Höchst- sein, daß in den Gebetsvorlagen zum Sonntag der Weltmission wert ist. Die Ideen der Aufldärung von universaler egalite, fra- (1985) die Gläubigen zu folgendem Gebet angeleitet werden: ternite und liberte verschmelzen mit dem „neuen Dogma" „Du schufst die Kontinente, du machst die Menschen ver- vom universalen Erlöstsein aller Menschenkinder. schieden in Sprache und Kultur. Du bist es, der in vielen Gesich- + Der rechtfertigende Glaube muß einem universalen tern der Religionen erscheint""). Bewußtseinsprozeß weichen, der durch den „interreligiösen Die These, daß die Religionen verschiedene Offenbarungs- Dialog" mit dem Ziel gemeinsamer Wahrheitssuche nach dem weisen Gottes seien, wird auch von MISEREOR-Aachen Absoluten gefördert wird19). Auf der Gefühlsgrundlage eines wochenlang den Gläubigen in der Kirche auf dem Hungertuch alle umschlingenden Menschheitsglaubens, der die Menschen 1984 eindringlich vor Augen geführt. Im Kommentar zum aller Zeiten und aller Zonen als Kinder des einen Vaters überm Hungertuch werden die Katholiken belehrt: Himmelszelt und als anonyme Brüder in Christus ans Herz „Die vier Lichtströme stehen ftir vier Weisen der Offenbarung Got- drückt, wächst die Sehnsucht eines universalen Religionsfrie- tes: Der linke Lichtstrahl ... weist hin auf den Islam und seine dens und .gedeiht der interreligiöse Dialog im Zeichen der starke Hoffnung auf die Auferstehung. Der zweite weist auf „Großen Okumene", der überall in der Welt aufblüht20). den Hinduismus und Buddhismus, für die das Symbol ‚Fluß' + Es versteht sich fast von selbst, daß die liberte des sub- und ‚Baum' besonders wichtig sind ... Der dritte Lichtstrahl jektiven Gewissens zum „obersten Gesetz" des „großen öku- geht über die Christusgestalt: Christus, der verklärte und vom menischen Dialogs" mit allen Religionen erhoben wird21). Der Vater verherrlichte. Das rechte Lichtbündel trifft die Frau am „interreligiöse Dialog" auf allen Ebenen wird zum „Weg Gottes Brunnen und erinnert an die Offenbarung Gottes in uns selbst, der neuen Menschheit des dritten Jahrtausends" erklärt, zur an ,jenes Licht, das jeden Menschen erleuchtet" 2'). „Quelle der Hoffnung" und - wie könnte es anders sein - zum Ist demnach die eine Wahrheit polychrom? Polyglott? Poly- „Werkzeug gegenseitiger Umformung" und „Bereicherung" 22). morph? Findet sie ihren Ausdruck in der Vielfalt der verschie- Dieser neue „Menschheitsglaube" ist inzwischen zu einem denen Sprachen, Kulturen und Religionen? Dann wäre - wie Ferment geworden, das sowohl die Theologie wie die Kirche alle Wahrheit - die Eine Wahrheit nicht „diakritisch", sondern durchdringt und das allgemeine Bewußtsein des gläubigen synthetisch-ergänzend. Volkes zunehmend prägt. 5. Ökumene mit Juden und Muslimen 4. Interreligiöser Dialog: Verpflichtung für alle Ortskir- Der Umbruch der theologischen Fundamente führt zur Ummün- chen - zung der theologischen Begriffe: Es ist Wunsch und Wille Roms, daß alle Ortskirchen ihre - Das Wort „ Ökumene", das bis zum II. Vatikanum dem Gläubigen in Theorie und Praxis des interreligiösen Dialogs Bemühen um die Einheit der Christenheit vorbehalten blieb, einführen und alle Christen den Dialog mit den Anhängern wird nach dem Konzil auch auf den Dialog mit den monotheisti- anderer Religionen aufnehmen und pflegen23). Bei dem engen schen Religionen, ausgedehnt: Unter dem Namen „Ökumene" Zusammenleben von „Gläubigen verschiedener Religionen findet der „interreligiöse Dialog" mit Juden und Muslimen und Kulte" bedürfe es „einer Pastoral, die die Achtung, das statt28). Darin zeigt sich die Veränderung der bisherigen Anhören, das Zeugnis fördert, damit unsere Gesellschaften, die Grundlagen unserer Theologie: der Offenbarungsbegriffwird auf der Versuchung des Egoismus, Atheismus und Materialismus alle monotheistischen Religionen ausgeweitet. ausgesetzt sind, von geistlichen Werten inspiriert werden" 24). - Dieser „ökumenische Dialog" mit Juden und Muslimen Es ist also ganz im Sinne der geforderten Pastoral, wenn die umfaßt nicht nur das theologische Gespräch, nicht nur die Gläubigen durch eine breite Berichterstattung in Zeitungen, Zeit- gemeinsame Aktion in Staat und Gesellschaft, wie schon vom schriften und Prospekten über den interreligiösen Dialog unter- II. Vatikanum angeregt (Nostra Aetate), sondern auch den richtet und zur Pflege des Dialogs ermuntert werden. Es liegt „Austausch religiöser Erfahrung". in der Natur der Sache, daß dabei komplizierte Sachverhalte Ein prominentes Beispiel eines solchen „ökumenischen simplifiziert und theologische Hypothesen wie Glaubens- Dialogs" soll den abstrakten Begriffen die konkrete An- wahrheiten unters Volk gebracht werden. Jedermann wird mit schauung hinzufügen: theologischen, kulturanthropologischen und religionswissen- - Es liegt noch in etwa auf der Linie des II. Vatikanums, schaftlichen Problemen konfrontiert, die selbst dem Fach- wenn es in derartigen Gesprächen, wie Lau rentius Klein hervor- mann größte Schwierigkeiten bereiten. hebt, nicht darum geht, „die Kontroverslehren und die Kon- Auch von offiziellen kirchlichen Stellen werden die Theologu- trovers-Lebensweisen zu diskutieren, sondern darum, das mena, daß alle Religionen Heilswege und verschiedene Offen- Gemeinsame aufzuzeigen" 29). Auch Papst Johannes Paul II. hat barungsweisen Gottes seien, wie selbstverständliche Wahrhei- auf seiner Afrika-Reise in Ansprachen an Muslime diese Linie ten in die Gemeinden und Kirchen hineingetragen. Auf diese des Konzils verfolgt»). Aber der „ökumenische Dialog" mit Weise wird im Kirchenvolk ein neues Glaubensbewußtsein Juden und Muslimen geht darüber hinaus: sein Schwerpunkt geschaffen. Von vielen Gläubigen wurde die „neue Lehre" liegt auf „spiritueller Ebene 31). zuerst mit Erstaunen bedacht, bald aber bereitwillig auf- • So äußerte sich der ehemalige Abt Dr. Laurentius Klein genommen: von der Jerusalemer Dormitio-Abtei: • Das bekannteste Beispiel kirchlicher Propaganda für die „Auf der spirituellen Ebene geht es darum, daß man die Thesen vom „anonymen Christentum" ist die von MISSIO- andern Religionen von innen her kennenlernt. Das Herz und Aachen mitgetragene Fernsehsendung: „Die Kirche im Jahre die Mitte einer jeden Religion ist das Gebet. Nur, wenn man 2021". Die theologische Position dieser Sendereihe wurde einmal lernt, zu beten, wie die andern beten, dann wird es etwa folgendermaßen umschrieben: Gott ist Licht. Dieses einem gelingen, das Herz und die Mitte der anderen Religio- Licht fällt gleichsam auf ein Prisma und erscheint dann in den nen kennenzulernen" 32). - 7047 - - 7048 - + Es bleibt nicht beim privaten Gebet zu Jahwe und Allah, son- Erfahrung von der göttlichen Offenbarung in Christus und der dern derartige Gebete werden in die offizielle Liturgie des Bene- Kirche" 37). Griffiths wird bescheinigt, diese „Integration diktiner-Konventes aufgenommen, so der Abt: (von Hinduismus und Christentum) erreicht" zu haben, „nach „Wir versuchen das in bescheidenem Umfang auch hier in der Merton strebte, die ihm aber in diesem Leben versagt der Abtei zu tun, indem wir beispielsweise einmal in der blieb" 38). Woche anstelle der christlichen Komplet ein jüdisches Abend- - Für viele ist Bede Grzffiths „einer der großen Wegbereiter gebet beten - als unsere liturgische Komplet. Und einmal in für den Dialog zwischen den Religionen", der gleichsam in der Woche beten wir ein muslimisches Abendgebet. Wir seiner Person „die Ehe von Ost und West" glücklich vollzogen haben im Laufe der Feier unseres Kirchenjahres eine ganze habe39). Man rühmt ihn als einen „zeitgenössischen Kirchen- Reihe jüdischer und muslimischer Gebete aufgenommen. Am vater", denn er leiste „in unserer Zeit und mit Bezug auf den Abrahamstag beispielsweise lesen wir nicht nur aus dem Hinduismus dieselbe schwierige, Sorgfalt erfordernde Arbeit Neuen und Alten Testament, sondern auch aus dem Koran kultureller Assimilation und ,Übersetzung` wie die Kirchenvä- und muslimischen Schriftstellern, beten jüdische Gebete und ter im Verhältnis zur griechisch-römischen Kultur - speziell muslimische; wir versuchen die Gedenktage der andern Reli- auf dem Gebiet der Philosophie" 40). Weiß Griffiths überhaupt, gionen mitzufeiern, seien es Festtage oder Fasttage oder wie die Kirchenväter mit der griechisch-römischen Kultur andere Feiern, die die andern Religionen als religiöse Feste im umgegangen sind? Ich glaube es nicht41). Laufe des Jahres feiern" 33). - Wäre dasselbe umgekehrt in Nicht geringer denken Bischöfe über Bede Griffiths. Jeden- einer Synagoge oder Moschee vorstellbar? falls schreibt Weihbischof Angerhausen, nachdem er das „enorme + Der Abt glaubt, „dieses Stück Selbstverfremdung" auf kontemplative Defizit" bei Klerus und Katholiken beklagt sich nehmen zu müsssen, „um die andern wirklich echt zu ver- hat: „Dieser große Mangel muß behoben werden ... Einer der stehen und auch unser eigenes Christentum den andern bes- großen geistlichen Männer Indiens, der Benediktiner Bede ser nahebringen zu können" 34). Griffiths, den wir deutschen Bischöfe 1982 bei unserm Indien- Hier wird Grundsätzliches einem gutgemeinten „Verste- besuch aufsuchten, spricht davon, daß ,ein neues Zeitalter spi- hen" geopfert. Ist es theologisch wirklich möglich, die Religion ritueller Weisheit am Entstehen sei'. Wir Priester müssen auf Israels, Christi und Muhammads „ökumenisch" derart zu ega- ein Erwachen neuer Spiritualität aufmerksam achten und lisieren? Juden und Mulme denken nicht daran, solches zuzu- müssen sie vor allem selbst pflegen" 42). - Sollen etwa die lassen. Sie sehen noch die tiefen Unterschiede. Ist es theolo- Priester ihren Bischöfen in die indischen Ashrams folgen? Gibt gisch möglich, Judentum, Christentum und Islam in der offi- es keine christliche Mystik, die das „enorme kontemplative ziellen Liturgie der Kirche nebeneinander zu praktizieren? Die Defizit" bei Katholiken und Priestern beheben könnte? Viel- Dialogbeflissenen scheinen sich der Ungeheuerlichkeit dieses leicht auch bei Bischöfen? Vorgangs nicht einmal bewußt zu sein. Weiß Bischof Angerhausen, was Bede Grzffiths als „neues + Wir wissen, in welchem Maße Gebet und Liturgie Israels Zeitalter spiritueller Weisheit" verkündet? Eingang in die christliche Liturgie und in das christliche Beten - Grzffiths lehrt, daß alle echten Religionen Offenbarung Gottes gefunden haben. Selbst ein Paulus hat auch nach der Bekeh- seien. Die primitiven und die alten Religionen rechnet er zur rung- weiter am Kult der Religion seiner Väter teilgenommen „kosmischen Offenbarung" und zum „kosmischen Bund" Got- wie die Judenchristen der Frühzeit. Aber es gab den Römer-, tes mit der Menschheit. Diese universale Offenbarung sei Galater- und Hebräerbrief. Offensichtlich wird der elemen- immer und überall gültig. - Demgegenüber sei das Christen- tare Unterschied der neuen Praxis des interreligiösen Dialogs tum in einzigartiger Weise auf eine „historische Offenbarung" zur Haltung der Urkirche nicht mehr gesehen.35) Die neuen gegründet43). Praktiker von St. Dormitio müssen sich wie die Galater von Dem Hinduismus bescheinigt Griffiths, in der höheren Paulus fragen lassen: „So unverständlich seid ihr? Im Geiste mystischen Erfahrung (Anubhava) des allein existierenden habt ihr begonnen und wollt nun im Fleische enden?" (Gal 3, ewigen und unendlichen Brahman (Saccidänanda) eine 3) „Ist Christus umsonst gestorben?" (Gal 2, 21). authentische Erfahrung von Gott, der höchsten Wirklichkeit zu besitzen. Was die Menschheit brauche, sei die Synthese von 6. Universale Ökumene: Neues Zeitalter spiritueller Hinduismus und Christentum, also auch von kosmischer und Weisheit (?) historischer Offenbarung, die er komplementär sieht. Durch Wenn alle Religionen als verschiedene Heilswege und diese Synthese würde gleichsam das Tor geöffnet, durch das Offenbarungsweisen Gottes oder „anonymes Christentum" dann auch buddhistische, taoistische, shintoistische und pri- betrachtet werden, dann besteht kein Grund, den „ökumeni- mitiv-religiöse Elemente in die wirklich universale neue Welt- schen Dialog" auf die monotheistischen Religionen zu beschränken religion einströmen könnten"). und nicht auch auf die monistischen Religionen, ja auf alle Religio- • Der entscheidende Punkt in der Ehe von Hinduismus nen auszudehnen,36) - dann besteht kein Grund, diesen interreli- und Christentum ist die Synthese des hinduistischen Alleins-Erleb- giösen Dialog nicht auch mit allen auf „spiritueller Ebene" zu nisses (saccidänanda) mit der christlichen Dreifaltigkeit. In dieser pflegen. Verschmelzung erblickt Griffiths keinen Synkretismus, den er • So geht es im „ökumenischen Dialog" mit Buddhisten und verbal entschieden ablehnt. Wie stellt sich der Benediktiner Hinduuten den christlichen Gesprächspartnern ganz zentral diese Vereinigung vor?: auch um die authentische spirituelle Erfahrung der andern Religio- + Er geht vom hinduistischen Erlebnis Brahmans aus: nen, das heißt um die Realisierung von Zaz en und Vedänta-Mystik, „Das sich selbst zugewandte Bewußtsein erkennt sich intuitiv. um den Austausch intimster religiöser Akte. In dieser Erfahrung sind Sein und Wissen eins, daher wird sie - Auf diesem Wege sind westliche Ordensleute wie Henri Saccidänanda genannt, weil das Sein (sat) mit einem reinen Le Saux, Jules Monchanin und Bede Grzffiths den Ortskirchen Erkenntnisakt (cit) in der Glückseligkeit (änanda) des Eins- vorangegangen. Sie haben in ihrem Saccidänanda-Ashram das seins, der Nicht-Dualität (advaita) erfahren wird. Der Wis- Unmögliche versucht: das hinduistische Alleins-Erlebnis zu sende, das Gewußte und der Akt des Wissens sind alle eins" 45). realisieren und als echte Gotteserfahrung mit ihrem eigenen Das ist nichts anderes als die Beschreibung der höheren Christentum zu verbinden. „Wir müssen", so betont der Bene- mystischen Erfahrung (Anubhava) des allein existierenden diktiner Bede Griffiths, „diese hinduistische Gotteserfahrung ewigen und unendlichen Brahman im Sinne Shankaras, durch erleben, und wir müssen sie erleben aus der Tiefe unserer die das ganze Wesen des Menschen umgeformt und alles dis- - 7049 - - 7050 - kursive Denken aufgehoben wird. Erkenntnis und Erkanntes Bedeutung der Menschwerdung ist also, daß die Menschheit sind eins. Das ist aber hinduistischer Monismus (= Identität von durch sie zur Teilnahme am göttlichen Bewußtsein erhoben ätman und brahman). wird" 50). Jungfrauengeburt und Auferstehung Christi werden Greths lehrt, daß diese Advaita-Mystik in einem komple- zu „Symbolen" oder schönen „Mythen", die dem Menschen mentären Verhältnis zur christlichen Dreifaltigkeit stehe. Die helfen, zum absoluten Selbstbewußtsein zu gelangen, - denn hinduistische Erfahrung des göttlichen Mysteriums sei noch das sei das Geheimnis des Evangeliums51). Die Unterschiede nicht bis zur letzten Tiefe vorgedrungen, denn: „Die letzte end- der Religionen werden auf „unterschiedliche Gotteserfahrun- gültige Wirklichkeit ist Liebe, und Liebe ist Beziehung. Liebe gen" reduziert. bei einem allein (einer statischen Einheit) ist unmöglich, und - Für Griffiths ist „Gott ein Name, den wir jenem letzten darin liegt die Schwäche einer reinen Advaita. Dort gibt es Mysterium geben, das nicht benannt werden kann". Und letztlich keine Liebe. Es gibt reines Bewußtsein, aber keine welche Namen auch immer von den verschiedenen Weltreli- Liebe" 46). gionen gebraucht worden seien, sie könnten im großen ganzen + Die entscheidende Synthese von Christentum und Hin- als gleichwertig betrachtet werden. Allerdings habe der Hin- duismus fände demnach im mystischen Zentrum beider Reli- duismus gegenüber dem Christentum den Vorteil, daß er sich gionen statt, indem die Einheit Brahmans durch die interper- weigere, seinen Anhägern „Lehren aufzuerlegen". Im Licht des sonale Communio der dreifaltigen Einheit der christlichen mystischen Einheitserlebnisses wird alle Geschichte relativ, Trinität vertieft und vervollständigt würde. Der Dialog zwi- auch der historische Charakter des Christentums. „Im traditio- schen beiden Religionen auf spiritueller Ebene würde also nellen Christentum", so Griffiths, „gibt es nichts, seien es seine durch die „christliche" Realisierung der Vedänta-Mystik zu dogmatischen Formulierungen, sein sakramentales System einer existentiellen Konvergenz von Hinduismus und Chri- oder seine hierarchische Organisation, die nicht dem Wandel stentum führen47). unterworfen sind". Das einzig Unwandelbare sei „die Stimme Indem Griffiths ein „Sannyasi" wurde, hat er in seiner Exi- des Geistes in allen Schriften" 52).

stenz diese Konvergenz vollzogen. Er hat, wie er schildert, die - Ähnlich denkt der Benediktiner Steindl-Rast. Zur Über- Welt der „Zeichen" und „Erscheinungen" hinter sich gelassen, setzung einer Anthologie hinduistischer Veda-Sprüche sagt er: um jene letzte Realität, die nicht benannt werden könne, zu „Vor etwa einem Jahrzehnt eröffnete die Jerusalem-Bibel eine suchen, jenes Saccidänanda jenseits aller geschichtlichen Reli- neue Phase des Gemeinschaftsgebetes. Jetzt ist die Zeit reif, gionen, jenseits jeder menschlichen Institution, jenseits aller einen zweiten Band hinzuzufügen: ,Die Bibel der Heiden". Schriften und Glaubensbekenntnisse48). „Dies würde", so erklärt er, „der jüdisch-christlichen Bibel als + Aufgrund des hinduistischen Monismus (= Einheit von ihrem Begleitband zur Seite gestellt werden". Die Christen Brahrnan und Atman), in den die christliche Dreifaltigkeit lädt er ein, die Veda-Gebete und ihre Lehre ganz in ihre eige- komplementär hineingenommen wird, kann es sich bei diesem nen Gottesdienste zu integrieren53). „christlich"-mystischen Einheitserlebnis auch nur um einen • Dieses „neue Zeitalter spiritueller Weisheit" ist jedoch in Bewußtseinsvorgang handeln. Dazu Griffiths: „Die entschei- Indien längst angebrochen: dende Begegnung findet in jenem transzendenten Bewußt- + Im Namen der „Inkulturation" wurde unter den Au- seinszustand statt", den angeblich „beide Religionen anstre- spizien der Indischen Bischofskonferenz auf dem Gelände des ben" 49). „National Biblical Catechetical and Liturgical Center of Es ist jedoch evident, daß der christliche Glaube keinesfalls India" in Bangalore eine Kapelle errichtet, die eine genaue „jenen transzendenten Bewußtseinszustand" anstrebt. Hier Nachahmung eines Hindu-Tempels istm). Die Innenausstat- liegt ein fundamental hinduistisches Mißverständnis des christlichen tung ist ebenfalls dem Hinduismus entlehnt: Man scheute sich Glaubens vor! nicht, ein Bildnis des Gottes Shiva aufzustellen. Der Taberna- • Ist aber, wie bei Griffiths, die mystische Synthese von kel ist auf einem Liriga, dem männlichen Geschlechtssymbol Hinduismus und Christentum, also das „hinduistisch-christ- des Gottes Shiva angebracht55). liche" Anubhava (und das ist ein „transzendenter Bewußt- In diesem Raum wird die neue „indische" Liturgie gefeiert: seinszustand") die Grundlage der neuen Universalreligion, An die Stelle der „westlich-römischen" Gestalt der Euchari- dann erfährt die ganze katholische Dogmatik notwendig eine sub- stiefeier traten Gesten, Haltungen, Symbole und Kultobjekte tile, aber dennoch radikale Umformung im Sinne des mystischen aus der vedischen, trantrischen und agamischen Tradition des moder- Axioms: nen Hindukultes"). Man gab also dem Hinduistischen den Vor- - Griffiths betont zwar den Unterschied von „kosmischer" zug vor dem westlichen „Import". und „historischer" Offenbarung Gottes, aber vom Standpunkt + „Saccidänanda" ist der Titel und der Grundgedanke der des hinduistisch-christlichen Alleins-Erlebnisses verändert neuen inkulturierten Eucharistiefeier57). Saccidänanda ist das sich der Gesamtcharakter der geschichtlich-biblischen Offen- ewige und unendliche Brahman. Es wird mit der christlichen Trinität barung. Der hinduistische Monismus annulliert den christli- gleichgesetzt und im Kanon der Messe feierlich angerufen"). Texte chen Geschichtsbegriff, der auf dem biblischen Schöpfer- und aus den Veden, Upanishaden und der Bhagavad-Gita werden Schöpfungsbegriff beruht. Vielmehr treten bei Griffith.s. Welt gebetet, als Lesung sind neben Perikopen aus dem Alten und und Geschichte in dasselbe Verhältnis zum Erlebnis des Abso- Neuen Testament Texte aus der sakralen Hindu-Literatur vor- luten, wie wir es beim Sannyasi geschildert haben. Die gesehen59). Geschichte selbst erhält eine „mystische Qualität"; sie wird + Es ist eigentlich nur konsequent, wenn in einem von der insgesamt auf Saccidänanda bezogen und umgewertet. Welt Universität Poona anerkannten Institut der Jesuiten mehrere und Geschichte werden zu „Zeichen", zu „Symbolen" und Projekte zur „Erneuerung des Hinduismus" laufen, um den „Erscheinungen" des Saccidänanda, die den Menschen zu Hindus zum Kern ihrer Gotteserfahrung zu verhelfen'). Es ist jenem absolutum mysticum hinführen sollen. Die Offenba- nur ein konsequent durchgeführter interreligiöser Dialog auf rung „Gottes" in Schöpfung und Seele („kosmische Religion") spiritueller Ebene, wenn Priester und Ordensfrauen an hindui- ist nur graduell verschieden von der Offenbarung Gottes in stischen Kulten teilnehmen und Professoren ihre Theologie- der Person Jesu Christi. studenten ermuntern, dasselbe zu tun; - wenn Mönche und - Deshalb wird nach Griffiths die Menschheit durch die Nonnen hier und in Japan im Zazen Buddhas Erleuchtung Menschwerdung lediglich (und echt hinduistisch gedacht) nur suchen, wenn hier und in Indien durch ständige Kurse in Klö- zu einem höheren „göttlichen Bewußtsein" erhoben: „Die stern und Bildungsstätten Priester, Nonnen, Priesterkandida- - 7051 - - 7052 - ten und strebsame Laien mit der Spiritualität der östlichen 42) Pastoralblatt Aachen usw., Mai 1985, S. 129. Mystik vertraut gemacht werden61). 43) Bede Griffiths, The Cosmic Revelation: The Hindu Way to God, (Spring- field 1983). Das Urteil der Hl. Schrift über derartige Praktiken, die in 44) Bede Griffiths, The Marriage of East and West (Springfield 1982).- Vgl. G. das Zentrum der biblischen Gottesverehrung eingreifen, ist H. Duggan, Christian Order (April 1984), 254-256. vernichtend. Aber die Bibel kannte eben den „interreligiösen 45) Ebda., S. 91. 46) Bede Griffiths, The Personal God: The Trinity (unveröffentlichter Vortrag Dialog auf spiritueller Ebene" noch nicht und v. a. nicht die am 17. Sept. 1983); vgl. Wayne Teasdale, a. 0., S. 272. „authentische Gotteserfahrung des Heidentums"! 47) Ebda., S. 270 ff. 48) The Marriage of East and West, S. 42 f.: Now it has led me to the point Anmerkungen where I have become a ,Sannyasi`. A Sannyasi is one who renounces the world 1) Vgl. meinen Artikel: Theologisches März/1986, Sp. 6940 ff. to seek for God, but his renunciation goes far beyond what is ordinarily under- 2) Religionen und die Religion (München 1965) 11. stood by the ,world`. A Sannyasi is one who renounces not only the world in the 3) Ebda., 168. biblical sense of the world of sin, the world which today is so clearly set on the 4) Ebda., 165 ff. path of destruction. A Sannyasi renounces the whole world of ,signs`, of appear- 5) So in einem Vortrag „Die Pluralität der Religionen als theologisches Pro- ances. blem" in Münster/Westf. am 19. 1. 1969. The world which is studied by science, the world of politics and economics, the 6) A. 0., 122. world of social and cultural life, which most people take for reality, is a world of 7) Vgl. Gerhard Oberhammer (Hg.), Inklusivismus (Wien 1983), bes. den Bei- appearances with no ulitmate reality. lt is all passing away at every moment trag von Paul Hacker, S. 11-28. and everybody is passing with it. The Church also belongs to this world of 8) Wiktor A. Daszewski, Dionysos der Erlöser (Mainz 1985). Bespr. von ,sings`. The doctrines and sacraments of the Church are human expressions or Helene Rahms, FAZ 10. Okt. 1985. signs of the divine reality, which are likewise defined to pass away. So also 9) Ernst Benz, Neue Religionen (Stuttgart 1971). Christ himself is the ,sacrament` of God; he is the sign of God's grace and salva- 10) Neuner-Roos, Der Glaube der Kirche in den Urkunden der Lehrverkündi- tion, of God's presence among men, and this sign also will pass, when the Real- gung (Regensburg 1965) 59 f. (Denz. 2323). ity, the thing signified, is revealed. Finally God himself, in so far as he can be 11) Urmensch und Spätkultur (Bonn 1956)18. - Fritz Maass, Was ist Christen- named, whether Yahweh or Allah or simply God, is a sign, a name for the ulti- tum? (Tübingen 1982) 17: „Mit dem israelitischen Jahweglauben erscheint in mate Truth, which cannot be named. Thus the Sannyasi is called to go beyond der Religionsgeschichte ein neues Element. Alle Versuche einer Herleitung aus all religion, beyond every human institution, beyond every scripture and creed, verwandten Religionen in vorisraelitischer Zeit sind bisher vergeblich gewe- till he comes to that which every religion and scripture and ritual signifies but sen." can never name. In every religion, whether Christian or Hindu or Buddhist or 12) Fritz Maass, a. 0., 20: „Der Kontrast israelitischer und sonstiger altorien- Muslim, it has been recognized that the ultimate Reality cannot be named and talischer Gottgläubigkeit hat seine Entsprechung in der Beurteilung des Men- the Sannyasi is one who is called to go beyond all religion and seek that ulti- schen. Dem singulären Gottesbekenntnis Israels entspricht ein singuläres Ver- mate goal." - Das ist hinduistische Interpretation der „Welt" vom Standpunkt ständnis des Menschen und des menschlichen Lebens." des Alleins-Erlebnisses aus. 13) Gegen Celsus 1, 24 f. 49) Cosmic Revelation, S. 16. - Vgl. Wayne Teasdale, a. 0., S. 270. 14) Aus den Upanishaden folgende Konsequenz, die ätman-brahman als das 50) Bede Griffiths, Vedanta and Christian Faith (Los Angeles 1973), 55. alleinige Gesamtprinzip betrachtet und den indischen Monismus endgültig 51) Bede Griffiths, The Marriage of East and West (1982), 172 ff. - Vgl. G. H. begründet. Durch das mystische Erkennen wird die Vereinigung von atman- Duggan, a. 0., S. 254. brahman erreicht. 52) Bede Griffiths, in: The Tablet 5. Nov. 1977, S. 1053 f.; 28. Mai 1977, S. 512 f; 15) Vgl. meinen Artikel in Theologisches August/1985, Sp. 6565 ff. ebenso in Return to the Center (London 1976). - Vgl. James Hitchcock, Catho- 16) Sekretariat für die Nichtchristen, Dialog und Mission, L'Osservatore licism and Modernity (New York 1979), 184. Romano (in deutscher Sprache), 24. August 1984, 10-11, Nr. 23. 53) Natinal Catholic Reporter (Kansas City, Mo.), 11. Nov. 1977, S. 7; S. 12. 17) So schon Heinz-Robert Schlette, Die Religionen als Thema der Theologie 54) D. S. Amalorpavadass, The Chapel Saccidananda. Unique Place of God- (Freiburg 1963) 86-99. Experience, in: Word and Worship, Sept. 1982, S. 263-268. - Gottfried Rother- 18) Karl Rahner, Das Christentum und die nichtchristlichen Religionen, in: mundt, Umstrittene indische christliche Kunst, in: Zeitschrift für Missionswis- Schriften (Einsiedeln usw. 1962) V, 155 ff. senschaft und Religionswissenschaft (Münster), Januar 1982, S. 8-16. 19) Sekretariat, a. 0., Nr. 35. 55) Victor J. F. Kulanday, The Paganized in India, (Madras 20) Vgl. Heinrich Dumoulin, Katholische Missionen 1/1986, 9 ff. 1985) 126. Mit Abbildungen. Die Darstellung Shivas mußte auf Proteste von 21) Vgl. Sekretariat, a. 0., Nr. 38. Hindus und Gerichtsurteil aus der Kapelle entfernt werden. - Der Text zum 22) Ebda., Nr. 41-44. Photo des Tabernakels lautet: „This is the tabernacle in the ‚Temple' of the 23) Johannes Paul II., Ansprache an die Vollversammlung des Sekretariates National Center of the Bishops Conference of India, Bangalore. The tabernacle für die Nichtchristen am 3. März 1984, in: Der Apostolische Stuhl 1984 (Köln), is perched on top of a phaffic design common in many temples in India. In front 1042 f. is a brass temple lamp with a Hindu motif on top of it." 24) Ebda., 1043. 56) New Orders of the Mass for India, 49. vom „National Biblical Catechetical 25) Vgl. meine Artikel im Pastoralblatt für Aachen usw. (Februar 1985) und in and Liturgical Centre" in Bangalore (1974), 12. Das Verbot der Experimente Theologisches (März - August 1985). durch Rom (1975) konnte offensichtlich die Entwicklung nicht stoppen. 26) MISSIO-Aachen, Elemente zur Gestaltung des Gottesdienstes am Sonn- 57) Ebda., S. 58, Anm. 50. tag der Weltmission (27. 10. 1985), S. 5. 58) Ebda., z. B. S. 35: „Brahman is truth, knowledge infinite"; u. viele andere 27) Erwin Mock, Kirche und Leben (11/1984). - Zum „Fluß": z. B. Ganges; Stellen. zum „Baum": unter einem pippala-Baum erlangte Buddha die Erleuchtung 59) Ebda., die Gebetstexte erstrecken sich über die gesamte hl. Messe. (bodhi). 60) Radio Vatikan, in der deutschsprachigen Sendung vom 8. Okt. 1985, um 28) Laurentius Klein, Drei Ebenen der Begegnung. Über Ökumene zwischen 8.30 - 8.45 Uhr. Durch die Vermittlung der wissenschaftlichen Tradition des Juden, Christen und Muslims (Kirchenzeitung/Augsburg 22. 1. 1978, S. 14 f). Westens soll den Hindus zum Kern ihrer Gotteserfahrung verholfen werden, 29) Ebda, 14. nämlich daß „der ganze Kosmos der Leib Gottes ist". 30) Ansprache in Casablanca am 20. August 1985 in: L'Osservatore Romano 61) Vgl. meinen Artikel in Theologisches, August 1985, Sp. 6563 mit Anmer- (deutsch) vom 4. Okt. 1985, S. 12 f. kungen. 31) Laurentius Klein, a. 0., S. 14. Die Artikelreihe wird fortgesetzt. 32) Ebda. 33) Ebda. Die Anschrift des Autors: Prof Dr. Johannes Därmann, Institut ftir Missionswissen- 34) Ebda., S. 15. schaft der Westfälischen Wilhelms-Universität, Pferdegasse 3, 4400 Münster/Westf. 35) Vgl. meinen Artikel: Theologisches Mai 1985, Sp. 6399 ff. 36) So schon Eugene Hillman, The Wider Ecumenism. Anonymous Christia- nity and the Church (London 1968). 37) Eine knappe und instruktive Darstellung von Wayna Teasdale, Intern. Wir Christen brauchen weder Zen noch Yoga - dies sind Kath. Zeitschrift (Communio), Mai 1985, S. 265-273; leider zu unkritisch. - S. 270. meistens Modeströmungen ohne Dauer. Wessen wir 38) Ebda., S. 266. bedürfen, ist eine reale Verbundenheit mit dem lebendi- 39) Ebda. gen Gott, aus der heraus wir jeden Tag leben und die uns 40) Ebda. auch durch unser ganzes Leben begleitet. (W. Nigg, Hei- 41) In dem Artikel aus vorindischer Zeit „The Cloud on the Tabernacle", in: The Life of the Spirit, vol. 7, Nr. 83 (London, May 1963), findet sich bereits die Umbie- lige und Dichter, Olten/Freiburg 1983, S. 98) gung des Umgangs der Kirchenväter mit der heidnischen Antike durch Mystik - 7053 - - 7054 - Spix, Walter (P. Alfons) Wessing, August J. BERND WITTSCHIER Storm, Gerhard Wiecki, Bernhard von Die Namen der Märtyrerpriester unter Symanslci, Wladislaus Wielinski, Anton Hitlers Terror Szymeczek, Friedrich Willimsky, Albert Trageser, Konrad Wohlfeil, Robert Da man im Zusammenhang und Uhlig, Wilhelm Wrzol, Ludwig Zusammenklang mit der seit 20Jah- Unterberg, Joh. (P. Reinhold) Ziegler, Jakob Anton ren andauernden „mit Polemik ver- Unzeitig, Hubert (P. Engelmar) Zilliken, Josef quickten Berichterstattung"1) über Vogt, Gustav Zoehren, Heinrich (P. Dionysius) katholische Kirche und Drittes Reich Wensch, Bernhard Zuske, Stanislaus häufig die Behauptung hört (auch bei einzelnen Priestern), die verfolg- - 2. Hingerichtete und andere Todesopfer ten katholischen Priester seien im Albrecht, P. Johannes Lorenz, P. Friedrich Gesamt der Kirche fremdkörperar- Arnolds, Johann Losch, Josef ti ge Einzelkämpfer gewesen, sollen Bange, Bernhard (P. Romanus) Maier, Johannes in diesem Monat an Stelle eines Beichert, Alois Metzger, Max Joseph Berichtes über einen einzelnen Blut- Binnebesel, Bruno Mitterer, Ludwig zeugen alle 169 katholischen Märty- Birner, Mueller, Eduard rerpriester mit Namen aufgefiihrt Coenen, Franz Mueller, Joseph und sozusagen im Vorgriff auf die weiteren Einzeldarstellungen Delp, P. Alfred Mueller, Otto gewürdigt werden. 2) Deml, P. Norbert Ossowski, Br. Eduard 1. Im Konzentrationslager Umgekommene Endt, Franz Xaver Ott, Johann Adamecki, Josef Kluger, P. Heribert Eduard Frammelsberger (P. Maximilian) Peters, Josef Martin Gerster, August (P. Athanasius) Pontiller, Joseph (P. Edmund) Aeltermann, Johannes Koenig, Heinrich Gonska, Walter Prassek, Johannes Alef, Alex Heinrich Komorowski, Bronislaus Goor, P. Sylvester Reinisch, P. Franz Andritzki, Aloys Korczok, Anton Grimm, P. Alois Richarz, Everhard Barkholt, P. Werner Kubiak, P. Norbert Grimm, Josef Scherer, (P. Gerhard) Bechtel, Peter Josef Lauber, Robert Hirsch, Albert Schloessinger, P. Wilhelm Benninghaus, August Leisner, Karl Hoeft, Walter Schubert, Bruno Bentz, Jakob Lenzel, Joseph Horten, Franz (P. Titus) Schwentner, Bernhard Bernhard, Adolf Lodde, Joseph Jakisch, P. Lambert Simoleit, Herbert Bioly, Peter Majewski, Georg Kirchhoff, Joseph (P. Kilian) Stappers, Franz Bloechl, P. Franz Mangold Karl (P. Petrus) Korte, Antonius (P. Gandulf) Strohmeyer, Willibald Boehm, Franz Maring, P. Albert Braun, Wilhelm Markoetter, Joseph (P. Elpidius) Kramer, Karl Svoboda, P. Coelestin Heinrich Kremer, Br. Johannes Leodegar Vogl, Adalbert Brunke, Wilhelm (P. Thaddaeus) Martin, Franz (Br. Clemens) Kueppers, Leonhard Wachsmann, Alfons Maria Caroli, Wilhelm Mersmann, Alfons Lampert, Carl Wagner, Augustin Cordonnier, Leonhard Mueller, Adolf Lange, Hermann Wehrle, Hermann Josef Delhez, Leopold Oberhaus, Wilhelm Lichtenberg, Bernhard Winkler, Johann Dinstuehler, Friedrich Obernuefemann, Johannes Eise, Albert Olczak, Heinrich Loh, Franz (P. Stanislaus) Zadrasil, P. Alfons Ottokar Engels, Gottfried Olschewski, Leo Lohner, P. Ernst Feurstein, Heinrich Patermann, Alfons (Br. Servulus) Zu den bekannten Blutzeugen kommen noch die umge- Finke, Franz Pazdziore, Augustin brachten Ordensfrauen (100? 200?). Sie alle sind keine Flintrop, Johannes Petersen, Friedrich Karl „Fremdkörper", sondern wie die Spitze eines Eisberges: Fraenznik, Franz Anton Piatkowski, Paul (Br. Wolfgang) Froehlich, August Pichl, Josef Ein mit Blut gegebenes Zeugnis des Widerstandes der Galocz, Klemens Poether, Bernhard Vielen. Geike, Richard Richter, Heinrich Denn sie wurden getragen von einer großen Schar von Prie- Gilz, Hubert Suitbert Josef Riepe, P. Franz stern, die KZ, Gefängnis oder andere Gestapostrafen erdulde- Goebels, P. Johannes Ries, Johann ten3), getragen aber auch von Millionen kirchentreuer Katho- Goersmann, Gustav Rogaczewski, Franz liken, die sich dem NS-Rasse-Mythus verweigerten.4) Keine Gorecki, Marianus Rosenbaum, Fritz (Br. Wolfgang) Einzelwürdigung sollte das unberücksichtigt lassen. Graf, Max Schiess, Anton Anmerkungen Guennewich, Otto Schlicker, Peter Josef 1) K. Repgen, Katholizismus und Nationalsozialismus. In: Kirche und Gesell- Hackethal, Christoph Schmidl, Johann schaft, Heft 99, 1983, S. 3 ff. Haefner, P. Georg Schmidlin, Joseph 2) Von den rund 40 Märtyrern aus dem Laienstande wird die Namensliste zu Hanke, Franz Schniers, Heinrich einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht. 3) Vgl. Ulrich von Hehl (Hrsg.), Priester unter Hitlers Terror, Mainz 1984. Hartz, P. Theodor Scholze, Alois Danach konnten bereits 8021 Priester ermittelt werden. Heinzmann, Bernhard Schramme!, Karl 4) Vgl. J. B. Wittschier, Katholischer Widerstand 1931 - 1945 gegen den NS - Helten, Theodor Schubert, P. August Franz Rasse-Mythus, S. 103 ff. (Hier sind auch die Namen der 308 Priester verzeich- Henkes, P. Richard Schulz, Johannes net, die die KZ-Zeit überlebten). Hirschfelder, Gerhard Sczygiel, Franz (P. Placidus) Hoeffert, Johann Smolik, Johann Gott, der du stark bist über alle, erhöre die Stimme derer, die Huber, Johann Baptist Sobierajczyk, Alfons keine Hoffnung haben. Errette uns aus der Hand der Ungerech- Karbaum, Ernst Sochaczewski, Bronislaus ten und befreie uns von unserer Furcht. Esther 14,19 Keller, Fritz Spies, Anton - 7055 - - 7056 - PROF. DDR. HERIBERT SCHAUE II. Fr. A. Heinischen (Lateinisch-Deutsches Schulwörter- buch7, Leipzig 1903): „recolo = 1) wieder bebauen, wieder Die Eucharistie besuchen; 2) a. - von neuem treiben, üben, hegen, pflegen; als Wiederholung der Memoria b. - erneuern, wiederherstellen; c. - in der Erinnerung pflegen, wieder überdenken." Es gibt wohl keine schönere und zugleich kürzere Euchari- stielehre als jene, die sich in der Magnifikatantiphon der zwei- III. K. E. Georges (Ausführliches Lateinisch-deutsches Hand- wörterbuch9 2. Bd., Hannover 1951, 2230): „recolo ... wieder ten Vesper des Fronleichnamsfestes findet. Der bekannte und (von neuem) warten, -pflegen, -bauen, -anbauen, -bearbeiten oftmals auch außerhalb jener Vesper gebetete Text lautet im ... 1) im allgem. von neuem pflegen, hegen, d:i. a) von neuem Römischen Brevier: bearbeiten, -bilden, b) wieder vornehmen, erneuern, wieder „0 sacrum convivium, in quo Christus sumitur, recolitur treiben, -pflegen ... c) wieder errichten, erneuern, wiederher- memoria passionis eius, mens impletur gratia et futurae glo- stellen ... d) wieder von neuem beehren ... 2) insbes. denkend riae nobis pignus datur." wieder vornehmen a) im Geiste noch einmal an sich vorüber- Die Übersetzung des Textes gehen lassen ... b) noch einmal überdenken, -überlegen ... c) von neuem sich ins Gedächtnis rufen, sich erinnern ..." - Im Stundenbuch (3. Bd. Im Jahreskreis, Einsiedeln 1978), IV. Aeg. Forcellini (Totius Latinitatis Lexicon, Tom. V, dem Deutschen Brevier, heißt es S. 104: „0 heiliges Mahl, in Prati 1871): „Recolo proprie est rursum colo ... Item rursus dem Christus unsere Speise ist, Gedächtnis seines Leidens, habitare, frequentare, revisere ... Est etiam resumere, reno- Fülle der Gnade, Unterpfand der künftigen Herrlichkeit." vare, instaurare, rursus exercere ... Item meditari, reputare, - In dem Gebet- und Gesangbuch „Oremus" für das Bistum memoria repetere ..." Aachen (Mönchengladbach 1951, 569) lesen wir: „0 heiliges Gastmahl, in welchem Christus genossen, das Gedächtnis sei- Die fünf Übersetzungen im Lichte des lexikographi- nes Leidens gefeiert, die Seele mit Gnaden erfüllt und das schen Befundes Unterpfand der künftigen Herrlichkeit uns gegeben wird." a) Das Gedächtnis wird gefeiert (oben 2). Hier hätte man, - E. Przywara (Nuptiae Agni, Nürnberg 1948, 259) über- obwohl das Gesagte ohne Zweifel stimmt, zusätzlich noch setzt: „0 heiliges Gastmahl, darin Christus genommen wird, gerne gesehen, wenn ein „wieder" hinzugefügt worden wäre. begangen wird Gedächtnis seines Leidens; den Geist einfüllt b) Dasselbe gilt für Przywara (oben 3), bei dem ebenfalls Gnade, und der künftigen Glorie uns Pfand sich gibt." das „wieder" fehlt. - Mir selber ist seit Jahren, ohne daß ich sagen könnte, c) Nicht anders wird man über die Übersetzung im Deut- woher und von wem die Übersetzung stammt, folgender Text schen Brevier, dem Stundenbuch (oben 1), urteilen, wo eben geläufig: „0 heiliges Gastmahl, in dem Christus genossen, das nur gesagt ist, das Mahl sei Gedächtnis - was zwar stimmt -, Andenken seines Leidens erneuert, die Seele mit Gnaden obwohl es doch das wiederholte Gedächtnis ist. erfüllt und ein Unterpfand der künftigen Herrlichkeit uns d) Besser gefällt die Übersetzung bei B. Schäfer (oben 5), gegeben wird." weil es hier von dem Gedächtnis heißt, es werde wieder - B. Schäfer (Liturgische Studien, Bd. 4, Regensburg 1915, gefeiert, obwohl er, wie schon gesagt, in seiner Erklärung mit 216) bringt folgende Ubersetzung: „0 heiliges Mahl, in wel- dem Hinweis auf das blutige Kreuzesopfer den Text überzieht chem Christus genossen, das Andenken seines Leidens wieder und ihn in eine falsche Linie drängt. gefeiert, die Seele mit Gnaden erfüllt und uns das Unterpfand e) Gut ist ohne Zweifel die Übersetzung (oben 4), die von der künftigen Herrlichkeit gegeben wird." der Erneuerung des Andenkens spricht. Dazu S. 217: „Wir haben das Gastmahl der heiligen Kom- munion, die Erneuerung des Kreuzesopfers, die reichlich flie- Der theologische Sinn der Worte „recolitur memoria"') ßende Gnadenquelle und das Unterpfand der ewigen Glorie." Der Text der Magnifikatantiphon will, wie wir überzeugt sind, sagen, daß in dem heiligen Gastmahl Christus nicht nur Die Übersetzung des Wortes "recolitur" in den angeführ- genossen, sondern auch die Memoria, das Gedächtnis, seines ten Texten Leidens begangen wird. Es geht nicht nur um die communio, 1. Bei dem im Stundenbuch, dem deutschen Brevier, sich fin- sondern auch um ein Geschehen, es geht um die Memoria, (das denden Text, sucht man vergebens nach einer Übersetzung Gedächtnis) von Christi Leiden (und Sterben). Diese Memo- des Wortes „recolitur". Es wird einfach bemerkt, das heilige ria, das Gedächtnis, wird erneuert, wieder gefeiert. Damit Mahl sei Gedächtnis seines (Christi) Leidens. steht die Frage an, was mit dieser Memoria (dem Gedächtnis) 2. Das Gebetbuch „Oremus" sagt, daß das Gedächtnis seines gemeint ist. (Christi) Leidens gefeiert werde. Auch hier nichts darüber ob • Es gibt nur die eine Antwort, daß dieses Gedächtnis, das dieses Gedächtnis erneuert oder wiederholt wird. in der heiligen Messe erneuert und wieder gefeiert wird, nichts 3. In der Übersetzung von E. Przywara heißt es lediglich, anderes ist als das, was am Abend vor seinem Leiden Christus das Gedächtnis des Leidens Christi werde begangen. im Abendmahlssaal getan hat. Es geht um jenes Mahl, das 4. Jene mir geläufige Übersetzung sagt aus, daß das Anden- nach den Synoptikern das letzte Paschamahl war, das Jesus mit ken des Leidens Christi erneuert werde. seinen Jüngern feierte. Dieses Mahl war kein einfaches und 5. Der Text bei B. Schäfer betont, das Andenken seines bloßes Mahl. Als Paschamahl war es in sich Memoria, (Christi) Leidens werde wieder gefeiert, aber er versteht dies, Gedächtnis des Vergangenen (der Befreiung aus der Gefan- wie die Erklärung dartut - es wird noch zu prüfen sein, ob man genschaft Ägyptens) und Bitte an die Zukunft (an die messia- dem zustimmen kann - im Sinne der Erneuerung des Kreuzes- nische Zeit der Befreiung). Durch Christi Tun wurde dieses opfers. Mahl die Erfüllung und ihre Darstellung in der Form der Memoria, des Gedächtnisses. Die Feier, schon durch das geop- Das Wort „recolo" in den lexikographischen Werken ferte Lamm und sein Essen als Opfermahl gezeichnet, wurde I. A. Sleumer (Kirchenlateinisches Wörterbuch, Limburg durch die Worte Jesus, daß das Brot sein Leib sei, der hingege- 1926): „Recolo = 1) wieder anbauen, pflegen, üben; 2) immer ben werde, und der Wein sein Blut, das vergossen werde - und wieder betrachten, erwägen; verehren, ein Andenken beides gab er mit den Worten Esset - Trinket - zum echten erneuern." Mahlopfer, durch das die den Leib und das Blut des Herrn - 7057 - - 7058 - Genießenden in seine Hingabe hineingenommen wurden. Während sie bei Tisch saßen, stand Jesus auf „und begann Unter den heiligen, getrennten Zeichen der Gestalten von den Jüngern die Füße zu waschen", den Jüngern, die bald Brot und Wein war sakramental der Opfertod des folgenden davonlaufen sollten (Joh 13,5). Die Fußwaschung ist Ausdruck Tages in der Trennung von Leib und Blut (und das bedeutet der Liebe und Selbstentäußerung des Gottessohnes. Jesus hat Tod) schon gegenwärtig, um denen die Erlösungsfrucht zuzu- uns ein Beispiel gegeben, damit auch wir so handeln, wie er an wenden, die die Memoria feiern, seinen Leib und sein Blut uns gehandelt hat (Joh 13, 15): nicht in der Theorie, nicht vom empfangen. Der einmalige Kreuzestod Christi liegt in der Kopf her, sondern konkret, von den Füßen her. Ebene der objektiven Erlösung, die Memoria in der Ebene der Aber die Fußwaschung bedeutet noch Tieferes. Jesus sagte subjektiven Erlösung der Zuwendung der Frucht der Erlö- zu Petrus: Wenn ich dir die Füße nicht wasche, „hast du keinen sungstat Christi durch sein Leiden und Sterben. Anteil an mir" (Joh 13, 8). Die Fußwaschung weist auf die • Nicht also der blutige Opfertod des Herrn wird bei der Eucharistie und auf den Kreuzestod hin, auf jene Heilsgeheim- Feier des Gedächtnisses an den vielen Altären der Welt nisse, die uns Anteil an Gott, Versöhnung und Gemeinschaft erneuert, sondern die unblutige Memoria des blutigen Opfers, mit Gott und untereinander schenken ... das heilige sakramentale Gedächtnis seines Leidens und Ster- bens. Nur reichlich indirekt und abgeleitet und uneigentlich Beim letzten Abendmahl haben die Jünger zum ersten Mal kann man sagen, wie Schäfer es tut, das Kreuzesopfer werde die eucharistische Gemeinschaft mit Jesus erlebt. Seine erneuert. Die Erneuerung geschieht eben in der Form der Hände, die bei der Fußwaschung dienende Hände waren, wur- sakramentalen Memoria. den zu schenkenden, sich verschenkenden Händen. Das Bre- Die erste Memoria, das Abendmahlsopfer vor dem blutigen chen des Brotes deutet auf den am Kreuz gemarterten Leib hin Leiden und dem Tod des Herrn und die heute nach seinem blu- und das Hinreichen des Kelches auf das für uns vergossene tigen Leiden gefeierte Eucharistie sind die Memoria, ja die Blut. Zugleich ist dieses Brechen und Hinreichen als Geste des Feier heute die wiederholte Memoria. War Christus damals Austeilens Ausdruck des Sich-Verschenkens bis zum Äußer- selbst der Opfernde, so ist er es heute durch die, die in seinem sten. Jesus gibt uns nicht eine Gabe, sondern sich selber. Er Auftrag („Tut dies zu meinem Gedächtnis") handeln, wobei wird für uns zur Speise des ewigen Lebens. Er ist Gabe und Christus immer der Erst- und Haupthandelnde bleibt. Es geht Geber zugleich. Er nimmt uns in seinen Tod und in seine Auf- um einen Auftrag, der nicht jedem Getauften, mag er auch am erstehung herein. Er sagt gleichsam zu uns: Ich sterbe, damit gemeinsamen Priestertum Anteil haben, gegeben wurde, son- ihr lebt. Ihr lebt von meinem Tod ... dern nur jenen, die in der sakramentalen Folge des besonderen sakramentalen Priestertums stehen. Und doch ist es auch so, daß die ganze Kirche, Haupt und Glieder, es ist, die dieses Hei- Die Eucharistie ist Christushingabe, nicht an erster Stelle lige Opfer darbringt. - ein Gemeinschaftserlebnis untereinander. Wir hätten die Und weiter: In diesem heiligen Gastmahl, als Frucht des Eucharistie nicht verstanden, wenn wir ihre Feier daran mes- einen und einzigen Opfers am Kreuz, wird die Seele der Glau- sen würden, ob sie spannend ist, ob sie uns zum Erlebnis wird. benden und Liebenden, die in der Kindschaftsgnade stehen, Eine Gemeinde, die in der Eucharistie nur ein Brudermahl mit Gnade erfüllt, und er, der den Tod überwunden hat, ist, sähe, würde sich selber zelebrieren. Die Eucharistie ist unend- genommen und genossen in der heiligen communio, Unter- lich viel mehr als das, was wir bei ihrer Feier machen können. pfand der ewigen Herrlichkeit. Jesus selber spricht, handelt und verschenkt sich. Kein Bischof, kein Priester und keine Gemeinde können über die Eucharistie So ist die heilige Messe, die Feier des eucharistischen verfügen. Sie ist Geschenk und Vermächtnis des Herrn. Des- Opfers, weit mehr als ein bloßes Mahl. Sie ist Erneuerung, halb ist sie zutiefst Anbetung, Danksagung, Freude mit sakra- Wiederholung jener Memoria, jenes Gedächtnisses, das der lem Gesang, mit liturgischen Gewändern, in einer würdigen, Herr vor seinem Leiden als sakramentales Mahlopfer und dem Heiligsten entsprechenden Feier. Opfermahl gefeiert und eingesetzt hat. Aus der Predigt des Kardinals am Gründonnerstag im Kölner Dom (PEK Nr. 196). „0 heiliges Gastmahl, in dem Christus genossen, das Andenken seines Leidens erneuert, die Seele mit Gnaden erfüllt und ein Unterpfand der künftigen Herrlichkeit uns PROF. DR. BERNHARD LAKEBRINK gegeben wird." Weihnacht nur Legende? Anmerkungen 1) Vgl. hier auch: Um Amt und Herrenmahl. Dokumente zum evangelisch/ Zur existentialen Zersetzung allen objektiv-wirklichen römisch-katholischen Gespräch, hrsg. von G. Gassmann, M. Leinhard, H. Heilsgeschehens Meyer, H. V. Hemtrich, Frankfurt2 1974, 57 ff, 71 ff, 103 ff, 113 ff, 129 ff; ferner: Taufe, Eucharistie und Amt. Konvergenzerklärungen der Kommission für (Bökmann) Im Fastenhirtenbrief von Kardinal Höffner (DT vom Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen, Frank- furt9 1984, 18 ff, bes. 19-22. 18. 2. 86) über das „ Geheimnis Gottes" heißt es u. a.: „In der Fülle Die Anschrift des Autors: Prof. DDr. Heribert Schauf, Leonhardstr. 22, 5100 Aachen. der Zeit ist Unerhörtes geschehen. Der ewige Gottessohn ist einer von uns geworden." Diese authentische christologische Aussage kontra- stiert zu den Worten, die sich in dem im folgenden eindringlichen Bei- JOSEPH CARDINAL HÖFFNER trag behandelten Weihnachtsartikel von H. Bischof Lehmann finden: Ich sterbe, damit ihr lebt „ . . einer von uns durfte zur Gestalt, zum Wort, ja zum Sohn Gottes in dieser Zeit werden." Die Glaubensaussage scheint hier umgekehrt. Wie die Jünger saß auch Jesus tiefbewegt am Tisch des letz- Man wird sie auf dem Hintergrund jener „Christologie von unten" ten Abendmahles. Er war „im Innersten erschüttert", sagt der sehen müssen, der Karl Rahner 1951 das Programm gegeben hat (K. heilige Johannes (Joh 13, 21). „Vater, die Stunde ist da", betete Rahner, Chalkedon - Ende oder Anfang? In: Das Konzil von Chal- er (Joh 17, 1). Jesus hat den Gegnern und den Jüngern auf ihr kedon, hrsg. von A. Grillmeier und H. Backt, Bd. IH, Würzburg Verhalten eine Antwort gegeben, wie die Welt sie nicht erwar- 1954, S. 3-49; Schriften zur Theologie I, 1954, S. 169-222). Dies tet hätte. Es ist eine Antwort, die vordergründig als Ohnmacht neue „Modell" einer „transzendentalen" Chiistologie, in dem Jesus erscheinen könnte: die Antwort der Liebe und Hingabe bis als der einmalige Gipfel im Verhältnis der Schöpfung zu ihrem Schöp- zum Äußersten. fer erscheint, ist nicht ohne die Faszination der damaligen - 7059 - - 7060 - evolutiven Weltanschauung (Teilhard de Chardin) zu verstehen. Es + Christus stieg in eine Welt herab, die gewiß voller ist aber insbesondere von Heidegger inspiriert. Was dasfiir das Wirk- Schuld und Sünde dem Kommen des Erlösers entgegen lichkeits- und Geschichtsverständnis und damit fiir das Inkarnations- seufzte. geheimnis bedeutet, arbeitet der folgende Artikel hellsichtig heraus. Aber der Anfang bzw. die Geburtsstunde unserer Erlösung fiel in eine heilige Nacht. Von „großer Freude" kündete In der „Welt"-Ausgabe vom 2. Januar 1986 erschien ein der Engel, und „in dulci jubilo" begingen unsere Väter dieses ‚Eingesandt' mit der Aufschrift „Nur Legende?", in dem der große Fest der Christenheit. Und das „gloria in excelsis" tönte Verf. zu dem Aufsatz des Mainzer Bischofs Karl Lehmann Stel- fort und fort durch die Jahrhunderte, nachdem es erstmals in lung nahm, der unter der Überschrift „Krippe und Kreuz" in Gegenwart von Engeln und Hirten in stiller Nacht erklungen der Weihnachtsnummer derselben Zeitung veröffentlicht wor- war. Eine hermeneutische Überbildung dieser Welt aus Gottes den war. Der Verfasser stößt sich mit Recht an der Formulie- Herabkunft und menschlichem Entgegenkommen mit moder- rung des Bischofs: „Die christliche Weihnachtsgeschichte mag nem Kulturpessimismus verstellt sie ganz und gar und bringt legendenhafte Züge tragen." Das ist gewiß im Munde eines sie um ihre stete Heilswirkung auf die Menschen aller Zeiten. Bischofs ein seltsames Wort, das auch nicht dadurch entschärft Nicht Unglück und Verzweiflung, Kriege und Katastrophen wird, wenn der Bischof hinzufügt: „aber sie ist keine fromme erstellen das Milieu, in dem sich die Himmelsherrlichkeit von Idylle. Die Freude über die Geburt Jesu Christi hat die Bethlehem entfalten konnte, jene Fülle der Zeit, zu der sich äußerste Armut nicht weggewischt." Der Gedanke des ersten Vergangenheit und Zukunft verdichteten. Sie ist geschichtlicher Satzes wirkt deplaziert, zumindest angesichts der Tatsache, Ausdruck jener „praesentialitas Dei", die immer schon alles Vergan- daß die wahrhaft Gläubigen von einst und jetzt von dem Frie- gene, begrenzt Gegenwärtige und noch ausstehend Künftige in sich den und der stillen Einfalt, von der Ländlichkeit und Familia- umfängt und zu jenem „nunc stans" tendiert, das keinen Mor- rität dieser Szenerie auf Bethlehems Huren so sehr gehalten gen und keinen Abend kennt. Was soll in dieser größten Be- sind, daß sie anbetend und voller Freude in die Knie sinken. glückung die Zeugenschaft der „Bert Brecht" und „Martin Wenn dieses verklärte Inbild von gottmenschlicher Wirklich- Walser", wie sie der Bischof in seinem Artikel herbeizitiert? keit, in der sodann Mutter und Kind einander zugeeignet sind, Sollen sie etwa seine Modernität und seine Erbötigkeit gegen- keine Idylle ist, was sonst? Sie ist noch allem, was an Kreuz und über „den Herren der Stunde" (Nietzsche) bekunden? Elend in der Ferne auf sie wartet, ganz sicher aber der moder- + Und was nun das Kind in der Krippe anlangt, so besteht nen Armuts-Theologie und ihrer marxistischen Heraufkunft, seine „wirkliche Naivität" doch wohl in sehr viel mehr als „in kurz aller Theologie der sogen. Befreiung, weit vorweg. Die der Offenheit für alle Möglichkeiten". Seine „Übergegenwär- Stunde von Bethlehem ist nicht die Stunde von Golgatha, die tigkeit" (praesentialitas) umgreift doch immer schon alles vor- Krippe ist nicht das Kreuz, sie ist der strahlende Aufgang von entworfene Künftige; es ist unendlich viel mehr als bloßes Gottes Herrlichkeit, der sich in seinem An-und-Für-sich nicht Sichselbstvorwegsein, mehr als bloß menschliches Seinkönnen vermarkten und entwerten läßt durch Flittergold und Jahr- im endlichen Planen und in politisch-sozialer Sorgsamkeit. marktzauber. Die Krippe trägt in sich die offenbare Fülle von Dieses Kind in der Krippe birgt in sich die göttliche Fülle von Wirklichkeit, die alles andere ist als „der Schleier dieses Wirklichkeit, die alle Endlichkeit weithin transzendiert. Von Geschehens" und alles bloßen „Seinlassens" durch Menschen ihm heißt es bei Johannes: „Wir sehen seine Herrlichkeit, eine von einst und jetzt. Herrlichkeit wie des Eingeborenen vom Vater, voll Gnade und Wahrheit" (Joh 1, 14). In Bethlehem ereignet sich die Selbst- Die zum bloßen Nominalismus moderner Existentialität mitteilung Gottes weniger für die „Hörer des Wortes" als viel- verfälschte Wirklichkeit ist allem überzeitlichen, geschichtslo- mehr in beglückender Schau als ein Fest für die Augen, das sen Sinn- und Wertgehalt feindlich gesonnen. Die existentiale Okulare überhaupt. „Ein Engel des Herrn stand vor den Hir- Philosophie ist ob ihres leeren Formalismus gehalten, von Zeit ten und Gottes Herrlichkeit umleuchtete sie" (Luk 2, 9). Und in zu Zeit sich mit je neuem temporären Inhalt aufzufüllen. War demselben Evangelium des Johannes wird das neugeborene das vor fünfzig Jahren faschistische „Seinsmächtigkeit", so ist Kind als „das wahre Licht" bedeutet, das „jeden Menschen es heute ein marxistisch-proletarischer Not- und Armutsdün- erleuchtet, der in die Welt kommt" (Joh 1, 9). kel, der selbst in das Geheimnis der Krippe hereinstehen soll, + Die zeitübergreifende „praesentialitas" (Thomas: S. th. I. um uns ihren aktuellen „Sinn" zu erschließen. Weit liegt die 14. 13. c) dieses Gottes in der Krippe ist aller Horizontalität Zeit zurück, wo franziskanische Krippenseligkeit die Herzen von Zeit und Geschichte, der natürlichen Ordnungsfolge von der Menschen erfüllte und nicht sozialistisch-merkantile, wohl Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als deren ständige aber „geistige Armut" den Menschen guten Willens bescherte. Ursprünglichkeit entrückt. Es wandelt die endliche, natürliche • Christi Geburt ist der Höhe verpflichtet, aus der sie kommt. Sie Folgeordnung in souveräner Verkehrung um, indem es das will nicht zunächst den sozial-politischen Frieden, sondern die Spätere zum Früheren, das Vergangene zum Gegenwärtigen Einigkeit derer, die ihr in Gnade verbunden sind. Die Vertika- macht. „Dieser war es, von dem ich (Johannes) sagte: Der nach le bestimmt die Gnade des weihnachtlichen Geschehens, nicht mir kommen wird, ist vor mir gewesen, denn er war früher als die nivellierende Horizontale des bloß Geschichtlichen von ich" (Joh 1, 15). Die Vertikalität dieser neuen Folge macht die Ausbeutung und Klassenkampf, von Armen und Reichen. Das horizontale Geschichtlichkeit der Zeit erst möglich. alles verstellt den wahren Blick auf das, was die Krippe offen- • Die göttliche Wirklichkeit in Gestalt dieser Erscheinung bart. Daß sie sich in Armut und moderater Bescheidung dar- des Herrn ist alles andere als bloße Möglichkeit und menschli- stellt, verbirgt nur den Reichtum göttlicher Beschenkung. ches Sein-können, als ob „die Möglichkeit höher stünde als die Daher ist es auch nicht die „äußerste Armut", die es „wegzuwi- Wirklichkeit", wie Heidegger das will (Sein u. Zeit 38, S. 346). schen" gilt. Die raffinierten Kalamitäten unserer Tage, „die Damit verliert auch die Wahrheit des gewesenen Wirklichen, Gefolterten und die von Bomben Zerfetzten, Gefangenen und das Tatsächliche überhaupt, seine ontologische Bedeutsam- Asylanten, die Obdachlosen und Suchtabhängigen, die Alten keit. „Es gibt grundsätzlich keine bloßen Tatsachen" (Heid.: und die Kranken", das alles gehört nicht zur Substanz dessen, S. u. Z., S. 362). Die Geburt Christi, seine Kreuzigung, sein was wir zur Weihnachtfest/ich begehen. Wir bedürfen nicht der Auferstehen werden existentialistisch einbehalten in dem entmenschten Gegenwart, um sie zur prägenden Kategorie zu Umkreis menschlichen Seinkönnens, menschlicher transzen- machen, die wir auf das weihnachtliche Geschehen „applizie- taler Subjektivität, die aus ihrer inneren „Gelichtetheit" die ren" müßten. worthafte äußere Offenbarung überhaupt erst setzt, um sich in - 7061 - - 7062 - ihr artikulieren zu können und letztere erst recht eigentlich für + Daß die heutige Gegenwart doch nicht die Gegenwart den Menschen sein zu lassen (vgl. Rahner: Hörer des Wortes, von Kreuz und Krippe ist, kann existentialistisch nicht als Ein- S. 188). „Die kategoriale Wortoffenbarung des Christentums wand gelten, da ein realer Zeitverlauf ja existentialistisch gar ist nichts anderes als die reflexe Thematisierung dieser trans- nicht statthat. Es gibt keinen wirklichen Jetztfluß. Wir befinden zendentalen, d. h. inneren apriorischen Offenbarung" (ebd.). uns eben einzig im Raum subjektiver beweglicher Verhaltens- - Die behauptete absolute Priorität des bloß Möglichen weisen, deren „vorhandener Jetztablaue einer bloß „vulgären gegenüber der Wirklichkeit, die Negation alles dessen, was Zeiterfahrung" (S. u. Z., S. 427) zugehört. Die reale Zeit ist außer uns und ohne uns statthat, muß sich vor allem in der allenfalls als Ab-kunft aus jener „ursprünglichen Zeit" (S. u. Z., katholischen Exegese verheerend auswirken. Alle Heilstatsa- S. 427), d. h. der Triplizität bzw. „Einheit von Zukunft und chen, von der göttlichen Dreieinigkeit bis zu den Engeln Gewesenheit als Gegenwart" (S. u. Z., S. 397) zu denken, die herab, bleiben in den fundamentalen Weltbezug (d. h. in die kein reales Nacheinander kennt. Sie legitimiert daher auch das Um- und Mitwelt des Menschen) einbezogen (a. a. 0. 187 f.). existential-hermeneutische Unterfangen, die einzelnen Pha- Daher die leichte Hand, mit der heutige Hermeneuten die sen geschichtlichen Geschehens in Form einer sog. „Horizont- wirklich geschehenen Tatsachen der Offenbarung in bloße verschmelzung" beliebig zu konfundieren, Weihnachten aus Möglichkeiten unserer Interpretation, zu Mythen und Legenden dem Karfreitag und umgekehrt zu deuten. Der Hermeneut umdeuten und idealisieren, wie es im Hinblick auf die Weih- befindet sich eben im Horizont existential-geistlicher Zeitlich- nachtsgeschichte die Vögtle, Schnackenburg u. viele andere keit, die - so Rahner - nicht einfach die „Anwendung der praktizieren (vgl. dazu die souveräne Kritik von Karl Prümm: Sternzeit auf den physikalischen Verlauf der menschlichen Gnosis an der Wurzel des Christentums? Salzburg 1972, Geschichte ist". Die existentiale Geschichtszeit „stellt eine S. 626 ff.). ursprünglichere und eigenartige Kategorie vor und unabhängig - Die moderne Mentalität, ihre soziale und existentiale von der physikalischen Zeit dar" (H. d. W., 5.201). Daher bleibt die Geprägtheit, wird so zu einem Vehikel des Zugangs zu den hl. Vergangenheit als Gegenwart, so daß sie „eigentlich immer Schriften. Das Künftige und seine Zeitigung des Jetzt, das so- noch wird" (a. a. 0., S. 202). (Es sei auf die leidenschaftliche eben ankommt, kurz: der existentiale Zeitgeist wird zum kate- Kritik verwiesen, die in seinem überragenden Werk „Allge- gorialen Netz von leeren Formalitäten, die der Hermeneut den meine Auslegungslehre als Methodik der Geisteswissenschaf- Evangelienberichten überwirft, um sie für die „mens vaga- ten", Tübingen 1967, S. 492 f, Emilio Betti an der existentialen bunda" seiner umgetriebenen Subjektivität und existentialen Hermeneutik geübt hat. Dieses hervorragende Werk gehört in Entwürfe mit Gehalt zu füllen. „Insofern gilt in allen Fällen, die Hände eines jeden katholischen Theologen, vor allem aber daß, wer versteht, sich (und seine Zeit) versteht, sich auf Mög- in die des Exegeten.) lichkeiten seiner selbst hin entwirft" (Gadamer: Wahrheit u. • Die idealistisch-existentiale Ausdeutung von Zeit und Methode, 1965, S. 246). Alles Verstehen, handwerkliches und Geschichtlichkeit als der „Substantialität" des Menschen muß hermeneutisches, besagt eben doch nur, daß „alles solche Ver- alles wirkliche Heilsgeschehen mitsamt einer adäquaten Dog- stehen am Ende ein Sichverstehen ist" (ebd.). matik völlig zersetzen und sie allenfalls flachen Köpfen und • Aus diesem Geist von Künftigkeit und Vorentwurf wird einer vulgären Schultheologie überlassen. Die perennierende nun auch das weihnachtliche Geschehen schon zugleich und Wahrheit katholischer Theologie wohnt aber den Wirklichkei- unmittelbar aus dem ihm „künftigen", zukommenden, aber ten der natürlich-übernatürlichen Dinge inne, sie ist daher von „gleich ursprünglichen" Kreuz und Opfertod des Herrn ver- Grund aus aufs Objektive überhaupt eingestellt. Die vollendete standen, dessen Schrecken und Martern sich allsogleich aus- Beseligung erfährt der Mensch dieserhalb in jener unendli- weiten zum heutigen Gesellschaftselend, welch letzteres sich chen Objektivität, als welche Gott selber ist. „Et sic perfectio- dann vorzüglich adaptieren oder nach Art von transzendenta- nem suam habebit (homo) per unionem ad Deum sicut ad ler Kategorialität „applizieren" läßt auf das Gewesensein der objectum, in quo solo beatitudo hominis consistit" (Thomas: S. th. Krippe. I. II. 3. 8. c). + Die Krippe ist dann wesenhaft nur ein Moment, das sich - Die Krippe hat ihre Wahrheit erst im Kreuz - sagt man auf die Zukunft der Passion hin bezieht, von dieser vorausge- uns - und die Passion des Karfreitags ist nicht nur das spätere setzt wird, ihre eigentliche objektive, ansichseiende Faktizität Geschehnis, sie ist vielmehr ursprünglicher als Christi Geburt, verliert, indem sie sich zur Stätte sie bedrängender Not von deren substantiale „Wirklichkeit" sie angeblich ist. Man darf heute und morgen gleichsam nihilisiert. Mit Heideggers Wort: eben niemals übersehen, daß nur aus dem sog. „Vorverständ- aus dem „Gewesenen" wird existentialistisch eine „gewesende nis" des Späteren bzw. Zu- und Ankünftigen das Frühere (die Zukunft" (Sein u. Zeit, S. 326), wird das seinshaft Vergangene, Krippe) begriffen, ja auch erst „sein gelassen" wird. Der Begriff etwa die Geburt Christi, auf seine Nutzbarkeit für uns eines natürlichen Geschehens-ablaufs ist existentialistisch Heutige pragmatisch modifiziert, d. i. zu einer bloßen Mög- unerlaubt. Eine beglückende Rückerinnerung an das, was lichkeit unseres Selbstseins entworfen und so zur Künftigkeit einstmals vor und ohne 'uns geschah, ist dem Existentialisten gewandelt, indem wir unsere entworfene Möglichkeit auf das nicht gestattet. Vergangene zukommen lassen. „Die Gewesenheit entspringt so - Die Kirche aber glaubt, daß Gott selbst erschienen ist in in gewisser Weise der Zukunft" (S. u. Z., ebd.). „Die Gewesen- voller Wirklichkeit, die an und für sich selbst ihr Licht leuch- heit entspringt der Zukunft, so zwar, daß die gewesene (besser ten läßt in der Finsternis, das von den „Menschen guten Wil- gewesende) Zukunft die Gegenwart aus sich entläßt" (ebd.). lens" auch gesehen wird. Sie unterwerfen sich der Weihnachts- In diesem Sinne wird dann die geschehene Geburt des botschaft und wollen sie keinesfalls manipuliert wissen zu so Herrn aus der „künftigen", d. h. ankommenden Passion begrif- etwas wie einer Legende mit ihrem täglichen Je-immer-neu, fen, aber so, daß diese jene überhaupt erst freigibt und sein damit die Künftigkeit unseres Glaubensinhalts und damit die läßt. Diese „gewesende Zukunft" zeitigt sodann die Gegenwart Freiheit eines Christenmenschen gewahrt bleibe. und damit deren heutiges Elend und tödliche Bedrohtheit Das natürliche, wirklichkeitsgetreue Denken, das auch das durch „Bomben" und Gewaltsamkeit, durch Klassenkampf und Denken unserer Kirche ist, negiert alle Änderungsmöglichkei- Rassenwahn. Gegenwart hängt also ab von dem Zusammentref- ten an dem, was einstmals geschah. „In praeteritis possibilitas fen von dem Nichtmehr der Vergangenheit und dem Nochnicht locum non habet" (Thomas: S. c. g. II. 84). Im Vergangenen hat der Zukunft. Gegenwart ist somit durch und durch nichtig und keinerlei Möglichkeit mehr statt. Es hat seine Wirklichkeit ein erweist sich so als das, dem der Mensch verfallen muß. für allemal verloren. Wenn es dennoch nicht Nichts ist und - 7063 - - 7064 - aller Änderung widersteht, so wird es nicht im setzenden und rung der Zukunft, ihr realer Übergang in Gegenwart und Ver- planenden Selbstbewußtsein des Menschen oder seinem allzu gangenheit, ausgeklammert. kurzen „Gedächtnis" aufbewahrt, sondern im allgegenwärti- + Es handelt sich beim udstentialen Zeitverstehen letzten gen Geiste Gottes, der nicht nur Gegenwärtiges und Künfti- Endes immer nur um ein Sichentweifen des Selbst, das „weder als ges, sondern auch das Vergangene und Geschichtlich-Kontin- Substanz noch als Subjekt begriffen werden kann" (S. u. Z., gente mit einem Blick überschaut, eben weil es in Gottes Über- S. 332), es entwirft sich auf jeweilige Möglichkeiten des In-der- gegenwärtigkeit („praesentialitas" S. th. I. 14.13. c.) gegenwärtig Welt-seins. Existenz fächert sich dementsprechend zu jenen steht. Wie die mathematischen, so gründen auch die zeitigenden „Verhaltungen" ihrer selbst, die sich im Sein zu den geschichtlichen Wahrheiten und Geschehnisse im Verstande entworfenen Möglichkeiten konkretisieren. Ob sich diese viel- Gottes, der nicht zuläßt, daß das Vergangene als solches noch fältige „Verhaltung" nun auf so etwas wie Anfang bzw. veränderlich sei. Geburt, oder aber auf das Ende bzw. den Tod bezieht, das hat - Es ist nicht so, daß die angeblich so futurische Existenz mit realem Auf- oder Untergang im wirklichen Leben nichts des Menschen noch irgendwelche Macht besäße über das, was zu tun. Weil - so sagt man uns - das Dasein des Menschen im einstmals war. Als ob die Weite der Vergangenheit sich Innersten seiner selbst so etwas wie verstehendes Vorlaufen, irgendwie hineinintegrieren ließe in die wiederholend Erstreckung, Zeitig-ung, Geschichtlichkeit ist, niemals aber geschichtlichen Überkommenheiten des je einzelnen Men- vorhandenes, physisches Zeitvergängmis, deshalb trägt es sein schen. Die Historie als Wissenschaft bestimmt und entwirft „Zwischen" von Anfang und Ende allemal in sich selbst. Die nicht ihre Gegenstände, als ob ihr Tun lediglich in pragmati- Geburt ist dieserhalb „nie ein Vergangenes im Sinne des scher Wiederholung von gewesenen Möglichkeiten bestünde, Nichtmehrvorhandenen" (S. u. Z., 5.374). Ähnlich steht es mit die der Historiker dann auf sich zukommen ließe. „Die histo- dem Ende bzw. Tode. Daher existiert der Mensch allemal in rische Erschließung zeitigt sich aus der Zukunft" (S. u. Z., seiner Verhaltung zu seiner Geburt: „Das faktische Dasein exi- S. 395), meint Heidegger in allem Ernst, die der einzelne stiert gebürtig, und gebürtig stirbt es auch schon" (a. a. 0.). Mensch sich aus dem verwirrenden Geflecht ihn umschwirren- • Diese perturbierenden Folgen existentialer Wirklich- der Zuhandenheiten und Voraus-entwürfen frei herausklaubt, keitsblindheit können hier nicht weiter bedacht werden. Es um sich ihrer so oder so zu bedienen zu Eigennutz und Selbst- genügt aber, um zu zeigen, wie Weihnacht und Karfreitag als gefälligkeit. Dabei an eine Neuverwirklichung des einstmals bloße Möglichkeiten gewesenen Daseins, ganz unbeschadet Gewesenen zu denken, ist dem Existentialisten streng ver- ihres realen Zeitabstandes, in die Einheit menschlichen Ent- boten. Das dagewesene Dasein wird nicht deshalb vom Men- wurfsgeschehens und existentialer, d. h. allemal subjektiver schen des Heute erschlossen, „um es abermals zu verwirkli- (transzendentaler) Innergeschichtlichkeit eingeschmolzen chen" (S. u. Z., S. 385). Es handelt sich bei der Wiederholung werden. So kann mit leichter Hand Weihnacht in Karfreitag des Möglichen „weder um ein Wiederbringen des ‚Vergange- und umgekehrt Karfreitag in die Weihnacht einbezogen werden. nen' noch ein Zurückbinden der ‚Gegenwart' an das ,Über- Solcherlei existentiale Geschichtlichkeit von Gnaden des " (S. u. Z., S. 385/6). Menschen verfügt souverän über die „bloß" vorhandene, • Damit erhellt, wie folgenschwer sich das widernatürliche gewesene, objektive Geschichte, der in Wahrheit doch auch Ausgangsprinzip alles idealistischen Existentialismus auf der existentiale Mensch unterworfen ist und die unbekümmert menschlichen Umgang mit Natur und Geschichte, insbeson- weiterfließt, ob der Mensch sie „annimmt" oder „ablehnt". Auch dere aber in Sachen Heilsgeschichte auswirken muß. „Höher existentiale Menschen müssen sterben, und zwar in Wirklich- als die Wirklichkeit steht die Möglichkeit" (S. u. Z., S. 38,394). keit, so wie sie auch in eine ihnen vorgängige, welthafte Wirk- Dieses Prinzip bringt uns um zeitliche und ewige Wahrheit, es lichkeit hineinbezogen werden. Das existentiale Vorlaufen in beraubt auch die geschichtlichen Tatsachen ihres unveränder- den Tod wie auch die gewesende Rückkehr in den Anfang von lichen Gewesenseins, ja es sperrt alle Zeitlichkeit in den engen Geburt und Erbe, setzt doch allemal die dreidimensionale Raum der einzelmenschlichen Subjektivität. Zeitlichkeit ist Objektivität von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vor- demnach das wesenhaft Innerste des Einzelmenschen; die exi- aus, die in den einen Zeitablauf so eingelassen sind, daß alle- stentiale Zeit hat keine real-physische Bewegtheit, die Welt mal dem je Jetzt der Gegenwart die - wenn auch noch so und Mensch im gleichen auf- und davonträgt, die Entstehen momentane - Wirklichkeit gebührt. und Vergehen als Ankunft und Vergang von Sein reguliert - Dieser „vulgäre Begriff der Geschichte" (S. u. Z., S. 382) und flüssig macht, und zwar unumkehrbar. Sie umspült gleich- hat gegenüber dem Vornehmtun existentialer Zeitdeutung sam unsere je eigene Wirklichkeit, dringt ein in die Innerlich- eines voraus: die Wahrheit nämlich, welche die ontologischen keit unserer Existenz, ohne jedoch den intellektuellen Gipfel Bedingungen der Zeit mitsamt aller Geschichtlichkeit niemals unserer Geistseele zu korrodieren, denn „intellectus est supra in der beschränkten „Subjektivität" des Menschen zu entdek- tempus" (S. th. I. 85. 4. 1.). ken vermag. Zeit ist eher viel mehr als alle unsere „Verhaltun- + Der Existentialist hat für derlei temporalen Realismus, gen des Daseins" (S. u. Z., S. 387), die sich der Wirklichkeit von der die Zeit vor allem in der Verwirklichung der ihr gegenüber Welt und der harten Unveränderlichkeit gewesener Tatsachen zweitrangigen Möglichkeit sieht, abschätziges Achselzucken entschlagen, nur um sie als bloße Möglichkeiten ihres Selbst- und verweist alles natürliche Nachdenken über Zeit und seinkönnens zum spielerischen „Material" zu entwerten. Als Raum in den Bereich des sog. vulgären Sinn- und Seinsverhal- ob Weihnachten und Ostern nur nutzbare Möglichkeiten in tens. Wie Kant Raum und Zeit zu sinnlichen Anschauungsfor- unserem vereinnahmenden Spiel um die Eigentlichkeit des je men unseres Geistes entwirklichte, so auch die heutigen Sub- eigenen Seins wären! jektivisten. Demnach ist das menschliche Dasein ein entwirk- - Der immanente Zeitenwirbel von Vorlaufen, Rückkunft lichtes, reines, in sich selbst beschlossenes, sich erstreckendes und augenblicklichem Verfallen ist ohne jedwedes stabilisie- Grundgeschehen, das sich in drei Dimensionen des Vorlau- rende Moment, das ihn trüge und transsubjektiven, d. i. objek- fens, Rückkehrens und des Verfallens aufgliedert. An einen tiven Mächten Einfluß auf dieses wirre Spiel erlaubte. Wahr- realen Verfluß der Zeit (nunc fluens), ist dabei keineswegs heit ist nach Heidegger die existentiale Subjektivität selbst, gedacht. Auch ein reales Anfangen (Geburt) oder Zu-Ende-ge- sonst nichts, weil sie eben die von allen Sachen und Sachver- hen (Tod) ist dabei nicht gedacht. Obwohl die Zukunft (das halten losgebundene, existentiale Freiheit bevormunden Vorlaufen) unter diesen drei Erstreckungen des sie seinlassen- könnte. So verbleibt es bei dem währenden Vorentwurf un- den Daseins den Primat beansprucht, so ist doch eine Realisie- endlicher Möglichkeiten, die als unverwirklichbare am mensch- - 7065 - - 7066 - lichen Dasein vorbeigleiten, um neuere und immer neue zu - Da steht ganz am Anfang meine, bei den Schwestern akzeptieren und wieder in die Uneigentlichkeit und Verfallen- Unserer Lieben Frau erzogene, tiefgläubige Mutter, die zum heit an das „man" zu entlassen. Geschichtlich sind diese Mög- Beginn der Herrschaft des Nationalsozialismus ganz bewußt lichkeiten, die der einzelne aus haltlos andrängendem Mate- eine Herz-Jesu-Statue mitten im Haus aufstellte, wobei ich rial des Gewesenen herausfiltert, um sie als „gewesende" sein zu ausdrücklich betonen möchte, daß wir Kinder bei unserer lassen und so vor aller Verwirklichung zu bewahren. Es wun- Mutter keine besonders hervorgehobene Herz-Jesu-Frömmig- dert also nicht, wenn die Möglichkeit als die eigentlichste keit bemerkt haben. Das lief zwar echt, aber doch recht unauf- erscheint, die jeder Verwirklichbarkeit so fern ist wie nur mög- fällig einfach mit. Freilich, von ihren vier Kindern sind die bei- lich. Diese Grundmöglichkeit, die keinerlei weitere Möglich- den Söhne Priester geworden. - keit mehr zur Folge hat, die aller Verwirklichung geradezu - Während meiner Zeit im Priesterseminar in Münster spottet, die Möglichkeit der Unmöglichkeit, ist der Tod, die 1950/51 kam es immer wieder einmal vor, daß ein Pfarrer seine letzte und höchste „Instanz" unseres Daseins (S. u. Z., S. 313). Bibliothek den Theologiestudenten vererbte, eine äußerst „Eigentlich und ganz durchsichtig wird das eigene Seinkönnen willkommene Gabe in der armen Nachkriegszeit. Bei einer sol- im verstehenden Sein zum Tode als der eigensten Möglichkeit" chen Gelegenheit fiel mir das Buch von Louis Chasle/Leo (S. u. Z., S. 307). Sattler: „Schwester Maria vom göttlichen Herzen Droste zu Vische- ring, Ordensfrau vom Guten Hirten" zu, zweite Auflage, Her- In der Welt dieses existentialen Nihilismus hat die Wahr- der Freiburg 1907. Erstmals kam ich dadurch zu einem Ver- heit keinen Platz, sie verändert sich gleichsam unter der Hand. ständnis einer wahrhaft gelebten Weihe an das Hist. Herz Jesu. Ein die Wahrheit bergendes, ein für allemal fixierendes Hinzu kam, daß unser Bischof Michael Keller im Jahre 1951 das Dogma etwa, ein „depositum fidei", das den Menschen die Bistum Münster feierlich der Gottesmutter weihte. Ich erin- Wahrheit zu treuen Händen anvertraut, ist in dieser Welt nere mich sehr gut, mit welch tiefem Ernst er zu uns Priesterse- exzessiver Subjektivität undenkbar. Existentiale Wahrheit ist minaristen darüber sprach und wie er vor der allgemeinen und bleibt objektiv unbetroffen, ihr Maß sind nicht die Dinge, Weihe mit uns in der Seminarkapelle die Weihe an die Gottes- sondern ausschließlich die Geschichtlichkeit, welche einge- mutter vollzog. Mit einer heute fast unvorstellbaren Begeiste- sperrt ist in die Dimensionen einer sich in sich zeitigenden Sub- rung haben die Einwohner Münsters das Gnadenbild der jektivität. Rahner hat hier einmal recht, wenn er in der „Zeit- Schmerzhaften Mutter von Telgte am Stadtrand begrüßt, das von schrift für kath. Theologie" (Bd. 99, 1977, Heft 1, S. 22) unbe- vielen Tausenden von Männern auf einer ca. 10 km langen kümmert und rücksichtslos feststellt: „Man wird nicht daran Fußprozession begleitet worden war. Drei Tage und Nächte zweifeln können, daß auch die Glaubens- und Dogmenge- hindurch haben viele Gläubige sich durch ununterbrochenes schichte der Kirche Veränderungen mit sich bringen wird, die Gebet in verschiedenen münsterschen Kirchen auf die Weihe wir uns heute noch kaum vorstellen können." vorbereitet. Wenn unser geschätzter Bischof und das gläubige Die Anschrift des Autors: Prof Dr. Bernhard Lakebrink, Busdotfmauer 18, Volk mit ihm eine Weihe so ernst nahmen, dann hatte es Sinn, 4790 . sich auf diese spirituellen Bewegungen einzulassen. Das wenigstens war der Schluß, den ich als junger Diakon zog, der ich am eigentlichen Weihetag mit dem Vortragskreuz unmit- PFARRER JOHANNES LINNEWERTH telbar neben dem Gnadenbild der Muttergottes vor der noch zerstörten Bischofskirche auf dem Domplatz stand. 20 Jahre Herz-Jesu-Bund - - Ich muß allerdings sagen, daß mir persönlich seinerzeit Um das viele rettende Geheimnis der Stellvertretung die Marienweihe mehr galt, als die Herz-Jesu-Weihe. Als junger Priester durfte ich u. a. eine Marianische Jung- Vor der Liturgiereforrn wurde das Christ-Königs-Fest frauenkongregation in Altenoythe bei Friesoythe neu beleben jeweils am letzten Sonntag im Oktober gefeiert. Im Jahre 1965 und ich erfuhr in jenen Jahren auch die Begeisterung des gläu- war das am 31. 10. Nach einigen vorbereitenden Predigten bigen Südoldenburger Volkes bei der Perigrinatio der Fatima- wurden zu diesem Sonntag in Sevelten, einer kleinen Rekto- Madonna im Marianischen Jahr 1954. Seelsorger und Gläubige ratsgemeinde von damals ca. 500 Seelen in der Nähe der Kreis- waren seinerzeit durchaus bereit, sich auf die Botschaft von stadt Cloppenburg im oldenburgischen Teil des Bistums Mün- Fatima einzulassen. Später hat sich das geändert, durch wessen ster vervielfältigte Werbeblätter ausgegeben für eine Mit- Schuld, das wüßte ich wohl gern. gliedschaft im Herz-Jesu-Bund. Wer in dieser Gemeinschaft • Zwei Ereignisse führten mich in der Folgezeit nach und mittun wollte, konnte einfach seinen Anmeldezettel an diesem nach zu einer vertieften „Beschäftigung" mit dem Hist. Herzen Festtag mit in das Kollektenkörbchen legen. Am Abend dieses Jesu, ich wurde Kaplan in Lohne i. Oldbg. und erhielt dort Tages bestand der Herz-Jesu-Bund mit 12 Mitgliedern. bald die Erlaubnis, meine Wohnung in der Bauernschaft Süd- Im Laufe von nunmehr 20 Jahren ist diese Gemeinschaft ein lohne zu nehmen bei einer kleinen St. Anna-Gnadenstätte aus e. V. geworden, der etwas über 1900 Personen zu seinen Mit- dem Spätmittelalter, die gerade in diesen Jahren unter recht gliedern und Freunden zählt. Inzwischen gibt es Priester, bemerkenswerten Umständen zu neuem Leben erwacht war. Ordensleute, ganze Familien, Jugendliche und besonders viele Man hatte das verschollene Gnadenbild nach langem Suchen Senioren vor allem aus dem Südoldenburger Raum, aber auch wiedergefunden, eine neue Klus, das zu einer alten Einsiedler- aus der ganzen Bundesrepublik und aus dem angrenzenden klause gehörige kleine Kapellchen neu errichtet und - vor Ausland, soweit sie Deutsch verstehen, sowie eine Anzahl Mis- allem - man hatte eine ehemals als wundertätig gerühmte sionare in Übersee, die sich mehr oder weniger eng dem Herz- Quelle wiederaufspüren können. Jesu-Bund verbunden fühlen. Dazu fiel mir in jener Zeit ein Buch in die Hand:Josef Stierli „Cor Salvatoris, Wege zur Herz-Jesu-Verehrung", zweite Auflage, Wie kam es zu dieser Gemeinschaft? Nun, die Idee dazu ist Herder Freiburg 1956. Sehr rasch begriff ich nun, wie tief im Herzen eines Seelsorgers nach und nach gereift. Auch wur- biblisch verankert die Herz-Jesu-Verehrung unter dem Bild den manche Dinge erst im Laufe der Jahre tiefer begriffen. des Schöpfens aus dem „Quell lebendigen Wassers" erfaßt Dabei sind viele kleine Rinnsale spirituellen Lebens und Den- werden kann. kens zusammengeflossen, ehe daraus eine kleine, sichtbare + Hinzu kam, daß Papst Pius XIL am 15. Mai 1965 die bis Quelle wurde. jetzt letzte, große Enzyklika über die Verehrung des Heilig- - 7067 - - 7068 - sten Herzens Jesu herausgab, die gerade den Titel trug, unter brüche und Defizite vorausahnen. Ja, der Prozeß des Nieder- dem ich den Zugang zum Heilandsherzen gefunden hatte: gangs ist hier jetzt erst richtig in Gang gekommen, und ein „Haurietis Aquas", „mit Freuden werdet ihr Wasser schöpfen Ende ist durchaus noch nicht abzusehen. aus den Quellen des Heiles" (Jes 12, 3). - „Heilige Mutter Ich meine, daß eine solche Situation einem Seelsorger keine Anna, führe uns durch die Immaculata zum Heiligsten Herzen Ruhe lassen darf. So rückte sich mir mehr und mehr die Frage Jesu", das war die Anrufung, die ich in jenen Jahren oft und oft ins Blickfeld: „Was geschieht denn nun mit den Menschen, die mit den ansässigen Gläubigen und Pilgern in der kleinen Klus - jedenfalls nach der Auffassung, wie wir sie noch in der Dog- gebetet habe. matik und Moral gelernt hatten, - den Weg der schweren + In diesem Heiligtum konnte seinerzeit auch die sonntäg- Sünde gingen und die sich durch herkömmliche Seelsorgeme- liche Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes zweimal im thoden nicht mehr oder kaum noch ansprechen ließen. - Insge- Monat für je mehrere Stunden begonnen werden. Mit nie samt bin ich nicht bereit, einer gewissen Laxheit auf diesem erlahmendem Eifer hat vor allem auch die damalige Pfarrhel- gefährlichen Gebiet ewigen Heiles oder Unheiles Raum zu ferin Frl. Dullweber für den Besuch der Anbetungsstunden geben, wie man sie heute wohl bei Hirten und Herde antreffen geworben. kann. Über Einzelheiten kann und soll man selbstverständlich Die Pfarrei St. Gertrud in Lohne war seinerzeit noch nicht diskutieren, aber dazu ist hier nicht der Ort. aufgeteilt, und die ca. 10 000 Gläubigen nahmen noch sehr in- - Was ich jetzt darlege, ist das Endergebnis eines langen tensiv am religiösen Leben der Gemeinde teil. Es stellte sich Denkprozesses, der nicht so geradlinig verlaufen ist, wie er hier für mich bald heraus, daß ich einer solchen Arbeitsbelastung geschildert wird: auf die Dauer nicht gewachsen war und so beendete schließ- Bischof Hermann-Josef Spital, Trier, hat folgendes einmal lich eine Versetzung meine seelsorglichen Bemühungen an anläßlich eines Abends im Rahmen der religiösen Erwachse- dieser Gnadenstätte. nenbildung, als er noch Generalvikar in Münster war, anhand • Ein intensives Suchen, Studieren und Beten aber ging von Matth. 25, 31-46 in der Rede Jesu über das Weltgericht so weiter. Man hatte sich zu der Zeit im Südoldenburger Raum dargelegt: Christus spricht dort von den „Völkern", die er rich- noch verschiedentlich um das Entstehen einer Marianischen ten wird. „Völker" aber waren für die jüdischen Zeitgenossen Jungmänner-Congregation bemüht. Der Name des Landes- Jesu die Heidenvölker, also Menschen ohne die übernatür- Seelsorgers der Mannesjugend, des heutigen Prälaten Quat- liche, göttliche Offenbarung, wie sie in geringerer Weise mann wäre hier zu erwähnen. Als Dekanats-Jugendseelsorger zunächst dem Gottesvolk des Alten Bundes und später in der habe ich daran intensiv teilgenommen. Man sah eben damals ganzen Fülle den Christgläubigen zuteil wurde. Diese werden noch die guten Früchte, die die Jungfrauen-Congregation her- nach den leiblichen Werken der Barmherzigkeit gerichtet, vorbrachte. Trotz mancher Bemühungen kam es aber zu kei- weil jeder Mensch von Natur aus erkennen kann, daß er zum nem praktischen Ergebnis mehr. Ja, in der Folgezeit verfiel Mitmenschen gut sein muß. Christus spricht dabei deutlich auch der blühende Zweig der M. C. auf Seiten der weiblichen genug aus, daß sie unwissentlich ihm Gutes getan oder nicht Jugend rasch, der nach dem Krieg vom t Herrn Prälaten Gill- getan haben, wenn sie zum Mitmenschen gut oder nicht gut mann aufgebaut worden war. Einige Frauen- und Mütter- waren. Entsprechend erhalten sie Lohn oder Strafe. - Zu M. C.-en haben sich allerdings bis heute im Südoldenburger denen, die Christus hier „Völker" nennt, gehören nach meinem Raum gehalten. Ja, es sieht fast so aus, als ob sie sich sogar Begriff nicht nur die „Alt"- sondern auch die „Neu"-Heiden, langsam erholen. Herr Prälat Gillmann hat später von Mün- die ja zu einem nicht geringen Teil schon keinen persönlichen ster aus eine Kranken-M. C. gegründet, die ihre Mitglieder in Anteil mehr an der Schuld des Glaubensabfalls ihrer Väter der gesamten Bundesrepublik hat und die ihre Lebendigkeit haben, und wohl auch die Christen, die nie eine rechte Chance nie eingebüßt hat. - Ganz bestimmt hat die M. C.-Arbeit in der hatten, tiefer in das Verständnis des Glaubens eingeführt zu Frauenjugend viele Ordensberufe hervorgebracht und gewiß werden. auch viele gute Familienmütter geformt. Könnte man sich nun damit zufrieden geben, daß also viele Der Wert eines intensiveren religiösen Lebens auch in den Menschen auf diesem Wege zum ewigen Heil gelangen? Kei- Schichten des „einfachen Volkes" war mir so in den ersten neswegs! Alle Gnade ist Gnade Christi. Ewiges Leben erlangt Priesterjahren durchaus zum Bewußtsein gekommen. Es der Mensch aller Zeiten und aller Zonen letztlich nur durch die mußte aber eine Form gefunden werden, die es vor so manchen Erlösungstat des Gottmenschen Jesus Christus. So muß ganz „Zufälligkeiten" schützte. Immer wieder einmal hatte ich im fundamental und absolut unersetzbar auch dem Heiden jegli- Lande gesehen, daß mit dem Wechsel eines Kaplans die ganze cher Couleur sein Anteil vom Erlösungsschatz Christi zuflie- jahrelange Aufbauarbeit eines Vorgängers zu Bruch ging, weil ßen. plötzlich neue Akzente gesetzt wurden. Wenn man also etwas - Tatsächlich werden indes viele Menschen Erben des Rei- Dauerhafteres schaffen wollte, mußte man vor allem auch ches werden, die niemals zur Kirche gehört haben. Alle aber, diese Abhängigkeit umgehen, zudem wurde mir im Laufe der bei denen aus irgendeinem Grund, schuldig oder unschuldig, Jahre immer mehr klar, daß man die Hauptlast der Existenz ein Defizit vorliegt, brauchen den Dienst der Kinder der einer überörtlichen religiösen Gemeinschaft nicht dem Pfarr- Kirche. Diese sollen stellvertretend für sie die absolut notwendige klerus aufbürden dürfte, der sich der Zahl nach schon langsam Erlösergnade aus dem Heilandsherzen schöpfen. Genau dazu hat zu verringern begann und dem sowieso immer noch neue Auf- der Herr einen Teil der Menschheit, - die „kleine Herde" - aus- gabenfelder zufielen. gewählt, damit dieser im „Bund" mit Christus als Kirche • Vor allem aber stellte sich mir zunehmend die Frage nach (Kirche = Ecclesia = die Herausgerufene) an dem Heilsdienst der generellen Effizienz unserer Seelsorge, die Frage, wie denn des Gottessohnes für die Gesamtmenschheit einen entspre- überhaupt der Einzelmensch sein ewiges Heil bei Gott findet. chenden Dienstanteil habe: Mehr und mehr rückte so das große Wort von der „Stellvertretung" „Ein wahrhaft schaudererregendes Geheimnis, das man niemals in mein Blickfeld. Die Denkansätze dazu kamen aus den ver- genug betrachten kann: daß nämlich das Heil vieler abhängig ist von schiedensten Richtungen: den Gebeten und freiwilligen Bußübungen der Glieder des geheimnis- Wenn der Südoldenburger Raum auch heute noch im reli- vollen Leibes Jesu Christi, die sie zu diesem Zweck auf sich nehmen, giösen Leben relativ intakt ist, - in Visbek etwa, einer 5 000- und von der Mitwirkung, welche die Hirten und Gläubigen, besonders Mann Pfarrei beichten zu Ostern noch immer etwa 2 000 Per- die Familienväter und -mütter, unserem göttlichen Erlöser zu leisten sonen, - so ließen sich doch auch hier schon lange schwere Ein- haben." (Pius NL: Weltrundschreiben „Mystici Corporis"). - 7069 - - 7070 - - Die kleine hl. Theresia hat um dieses Heilsgeheimnis drückliches Bitten des Herrn selber an die sel. Schwester Maria schon vor ihrem Klostereintritt gewußt, als sie als Vierzehn- Droste zu Vischering vorgenommen und wie sie später - von jährige mit ausdauerndem Eifer monatelang für den Anarchi- den nachfolgenden Päpsten leicht korrigiert - von der ganzen sten und Raubmörder Pranzini aus den durchbohrten Wunden Kirche zunächst an jedem Herz-Jesu-Fest und seit 1925 am des gekreuzigten Erlösers betend, liebend, opfernd das gött- Christ-Königs-Fest erneuert wurde. Wie weit das heute noch liche Lebensblut auffing und es im Geiste dem Unbußfertigen öffentlich geschieht, entzieht sich meiner Kenntnis. Unser zuwandte. Sie durfte erleben, daß er, der bis zuletzt einen prie- neues Gotteslob enthält das Gebet in seinem Stammteil nicht sterlichen Beistand verweigert hatte, unmittelbar vor der Hin- mehr. richtung dreimal sehr andächtig die Wundmale Christi auf + Über P. Maximilian Breig SJ, Augsburg, dem Gründer einem Kruzifix küßte, aus denen sie für ihn geschöpft hatte. - des Theresienwerkes, lernte ich auch Paray-le-Monial und seine Ich habe deshalb Theresia auch gebeten, sie möchte die himm- Botschaft tiefer verstehen. U. a. wurde dort der hl. Margareta lische Patronin des Herz-Jesu-Bundes sein. - Maria Alcoque versprochen: „Überall, wo das Bild des Her- • An diesem Punkt kann auch der Sinn einer gelebten zens Jesu zur Verehrung aufgestellt sei, würde der Herr seine Herz-Jesu- und Herz-Mariä-Weihe aufleuchten. Weihe meint Gnade und seinen Segen ausgießen." ja letztlich nichts anderes, als zu dieser Berufung, in der Ver- Das führte zu dem Versuch, verschiedene Herz-Jesu-Bilder einigung mit Christus Heilsmittler für andere zu sein, das ,Ja" schaffen zu lassen und sie den Mitgliedern und Freunden des zu sprechen. Herz-Jesu-Bundes anzubieten. (Die Frage nach einem allseits Hier wäre auch die Antwort auf eine vielfältige Unsicher- befriedigenden Herz-Jesu-Bild ist nach wie vor ungelöst.) Für heit so vieler Getaufter, was denn eigentlich ihre „besondere" das erste neu geschaffene Bild hat der Herz-Jesu-Bund aus frei- Berufung gegenüber Ungetauften oder unkirchlich Geworde- willigen Spenden in den Jahren 1979/80 in Visbek i. Oldbg., nen ist. Die Nächstenliebe muß jeder Mensch üben, - wenn er wo ich jetzt meine Wohnung gefunden habe, eine Kapelle für halt nicht mehr davon versteht, wenigstens in der Form der 80 Sitzplätze gebaut. Doch darüber später mehr. leiblichen Werke der Barmherzigkeit. Von den Kindern der + Durch den mehrfachen Besuch von Paray-le-Monial Kirche aber erwartet der Herr mehr. Sie sollen ganz bestimmt kam auch das wunderbare Leben und Wirken des P. Mateo auch für sich persönlich sich um das Wachstum des göttlichen Crawly-Boevey, Ordensmann von den Hist. Herzen Jesu und Gnadenlebens in ihrem Herzen bemühen, aber das wird ihnen Mariens, gebürtig aus Peru in mein Blickfeld, der mit unglaub- am sichersten zuströmen, wenn sie sich treu und ernsthaft lichem Erfolg von 1910 bis 1960 in der ganzen Welt für die bemühen, es anderen und besonders den - aus welchen Grün- „Inthronisation" des HerzensJesu in den Familien gewirkt hat. Mil- den auch immer - Fernstehenden zu vermitteln. Mitmenschli- lionen von Familien haben, von ihm inspiriert, einem, von ches Gutsein ist der unerläßliche Ackerboden, auf dem das einem Priester gesegneten Herz-Jesu-Bild einen Ehrenplatz in göttliche Gnadenleben wachsen kann, aber auch muß. ihrem Haus gegeben und sich selber dem Herzen Jesu geweiht Wenn Hirten und Gläubige das Mysterium ihrer Gnaden- (vgl. „Theologisches" Okt. 1984, Sp. 6055 f. sowie in demsel- mittlerschaft in und mit Christus tagtäglich tiefer in ihr Leben ben Heft „Das Kloster des göttlichen Wohlgefallens" von P. hereinlassen, wird es auch ein neues Aufblühen des religiösen Mateo , Sp. 6048-53). Lebens in unserer Zeit geben. - Mir persönlich fällt es relativ leicht, mich auf solche Nun sind wir Menschen immer in Gefahr, daß wir im Egois- Dinge einzulassen. Wenn ich erkannt habe, daß sie mit der mus hängen bleiben, sei es im Einzel- oder Gruppenegoismus. amtlichen Lehre der Kirche nicht kollidieren, daß sie in Letzterer findet sich heute bei so manchen „Weltverbesse- solchen „Privatoffenbarungen" (ein nun leider mal gängiges, rern". Theresia vom Kinde Jesu spricht dazu einen sehr wichti- aber die gemeinte Realität nicht treffendes Wort), die die gen Gedanken aus: Sie bemüht sich deshalb um das Heil mög- Kirche gutgeheißen hat, gewünscht werden, und daß Seel- lichst vieler Menschen, damit Gott in alle Ewigkeit mehr von sorger, die sich darauf einließen, großen und echten Erfolg seinen Geschöpfen geliebt werde, denn eine vermehrte und hatten, dann fällt es mir nicht schwer, ähnliche Wege zu be- innigere Gottesliebe kann ja überhaupt nur das letzte Ziel aller schreiten. 7 vernunftbegabten Kreatur sein. - + Darum z. B. verbreite ich unter Freunden und Mitglie- Wenn es nun also eine neue Gemeinschaft, einen Herz-Jesu- dern des Herz-Jesu-Bundes auch gern die „Wunderbare Bund geben sollte, dann müßten sich darin Kinder der Kirche Medaille", die auf die erste große Marienerscheinung der Neu- in Liebe und Dienstbereitschaft so dem Erlöserwirken Christi zeit zurückgeht. Ich meine, Bischöfe und Priester sollten ruhig zur Verfügung stellen, daß möglichst viele Menschen das end- einmal den Anteil dieser Medaille im Leben und Wirken der gültige göttliche Heil zuteil wird, und daß, soweit durch göttli- jüdischen Konvertitenbrüder Ratisbonne oder eines hl. Maxi- chen Ratschluß Menschen überhaupt einen Anteil daran milian Kolbe studieren. Theologieprofessoren sollten sich haben, das Wachstum des Reiches Gottes größere Chancen nicht schämen, die Postulate und Gnadenangebote, die mit so auf dieser Erde bekommt manchen „Erscheinungen" gegeben sind, gründlich zu durch- Die Lebensordnung des Herz-Jesu-Bundes sollte anderer- denken, Zeit- und Situationsgebundenes zu unterscheiden seits so sein, daß der schlichteste, einfache Gläubige sie leben und den überzeitlichen Wert solcher Seelsorgehilfen heraus- kann. zuarbeiten. Letztlich meint Gott es doch ernst, wenn er sich Später wurde erkannt, daß der moderne Mensch eine fast heute auf• solchen Wegen kundtut. - Das von vielerlei z. T. panische Angst hat, sich überhaupt irgendwo fester zu binden. recht unvernünftigen sogenannten „Offenbarungen" geplagte Deshalb kam zu dem eigentlichen Mitgliederkreis, den „Hel- einfache Volk bedarf auf diesem Gebiet dringend einer Hilfe fern" im Herz-Jesu-Bund ein Freundeskreis hinzu, in dem man der dafür zuständigen Hirten, allerdings nicht dadurch, daß nicht „gebunden" ist, sich aber doch von den Gedanken dieser nun alles in Bausch und Bogen als wertlos abgetan wird. Gemeinschaft inspirieren läßt und vielleicht im Laufe der Zeit + Gern spreche ich im Herz-Jesu-Bund auch über den Wert mehr und mehr in den Bund hineinwächst. des „Apostolischen Herzensgebetes". Es ist ein beständiges Es sollte auch nichts „Neues" erfunden, sondern nur längst Schöpfen und Verschenken in Form kurzer, freigewählter Vorhandenes und Erprobtes zu einer gewissen neuen Ordnung Stoßgebete, um dadurch dem Kommen und Wachsen des Rei- zusammengefügt werden. ches Gottes zu dienen, denn: Jeder, der bittet, empfängt" (Luk • So stand an erster Stelle die Weihe an das Hist. Herz Jesu, in 11, 10). der Form, wie sie 1899 erstmals von Papst Leo XIII. auf aus- Zur gelebten Herz-Jesu-Weihe kommt ganz selbstverständ- - 7071 - - 7072 - lich die Herz-Mariä-Weihe hinzu. Beide sind vom Himmel her sitz in meiner Heimatgemeinde Visbek. So wurden durch die für unsere Zeit gewünscht. • Seniorenarbeit, hauptsächlich in religiösen Besinnungsnach- Über andere Dinge, etwa die „Heilige Stunde", die Teil- mittagen in den einzelnen Gemeinden die meisten Mitglieder nahme am hl. Meßopfer, über eine regelmäßige Beichte und und Freunde für unsere Gemeinschaft gewonnen. Auch haben das Rosenkranzgebet möchte ich hier nicht ausführlicher spre- einige Zeitschriften, etwa der österreichische „Sendbote des chen. Sie verstehen sich eher von selbst. Herzens Jesu", der „Bote von Fatima" und auch die mün- + Ein Punkt aus der „Lebensordnung" des Herz-Jesu-Bun- stersche Kirchenzeitung „Kirche und Leben" öfter über den des aber muß noch zur Sprache kommen. Jeder einzelne oder Herz-Jesu-Bund berichtet und ihm manchen lieben Menschen jede Gemeinschaft, die sich irgendwie dem gemeinsamen Ziel zugeführt. unserer Gemeinschaft verbunden sind, erhalten durch die Post Vom Herz-Jesu-Bund wurde im Laufe der Jahre öfter zur jeden Monat einen Rundbrief ins Haus geschickt. Das bringt Teilnahme an Exerzitien mit P. Maximilian Breig SJ, Augs- viel Mühe und Arbeit mit sich, hat sich aber doch im Laufe von burg in Lisieux und Paray-le-Monial eingeladen. Auch haben 20 Jahren als ein probates Seelsorgemittel erwiesen. Durch die wir jetzt schon sechs Lisieux-Pilgerfahrten durchgeführt. In ständigen Portoerhöhungen ist er allerdings gegenüber Zeit- den letzten Jahren gab es auf Wunsch aus Laienkreisen hier schriften relativ teuer geworden. Andererseits lehrt die Erfah- und dort Einkehrtage. Alle diese Bemühungen, aber auch die rung, daß er von vielen Mitgliedern fast wie ein persönlich ganz schlichte „Mundpropaganda" von Mensch zu Mensch geschriebener Brief angenommen wird, ein Vorteil, den wohl brachten ein langsames, aber stetiges Anwachsen der Mitglie- kaum eine Zeitschrift erlangen kann. derzahl. Relativ viel Kraft kostet der persönliche Briefverkehr Wenn ich auf über 30jährige seelsorgliche Erfahrung mit Einzelmitgliedern. Viel und vielfältiges menschliche Leid zurückblicke, dann hat es schon oft sehr gute Anstöße gege- ist da schon zur Sprache gekommen. Wir beten im Herz-Jesu- ben, die durchaus auch auf Dauer hätten fruchtbar sein kön- Bund aber ja nicht nur miteinander, sondern auch füreinander. nen. Weil aber niemals wieder nachgehakt wurde, verlief so Mein Wohnort Visbek war zur Zeit Kaiser Karls des Gro- viel im Sande. Keine „weltliche" Firma könnte sich leisten, so ßen für den hiesigen Raum die Missionszentrale für das junge ineffizient zu wirtschaften. Wenn aber im monatlichen Christentum. So hielt ich es für ganz passend, daß wir gerade Abstand ein kleines Erinnerungszeichen ins Haus kommt, so hier in unmittelbarer Nähe zur großen neugotischen Pfarr- wirkt sich das sehr positiv aus. Ganz bewußt will der Herz- kirche eine kleine Herz-Jesu-Kapelle für ca. 80 Sitzplätze Jesu-Bund auch kein eigenes, besonderes Werk sein. Jeder errichteten. Das Vechtaer Bischöfliche Offizialat gewährte Gläubige, gleichgültig zu welcher religiösen Gemeinschaft in dafür ein sehr günstiges Darlehen, die eigentlichen Geldgeber der Kirche er sonst noch gehört, soll Mitglied bei uns sein kön- aber waren die Mitglieder und Freunde des Herz-Jesu-Bundes. nen. Ein größeres publizistisches Organ stände diesem Bemü- Es hat in den letzten Jahren im südoldenburgischen Teil des hen sicherlich selber im Wege. Bei uns besteht eine lebendige Bistums Münster wohl nichts die Gemüter mehr angeregt, Gemeinschaft, ohne daß teure Zentren errichtet und unterhal- nach dem Sinn der Herz-Jesu-Verehrung überhaupt zu fragen, ten werden müßten. Zudem ist man nicht vom Eifer von als der Bau dieser Kapelle. Ein von Laien ins Leben gerufener sowieso überlasteten Seelsorgern oder anderer Förderer Fatima-Gebetskreis kommt dort seit Jahren mit sehr großer abhängig. Diese können sich engagieren und tun es auch. Aber Treue jeden Montagabend zum Rosenkranzgebet zusammen. wenn wir einmal die genaue Postadresse eines „Helfers" oder Monatlich trifft sich ähnlich ein allerdings recht kleiner Kreis „Freundes" haben, dann kann der Kontakt von uns aus so einer Theresiengebetsgruppe. Einmal im Jahr, wegen der lange aufrecht erhalten werden, als der einzelne oder solange „Sommerzeit" erst im September, ist auf dem Vorplatz der Gott will. Kapelle eine abendliche Eucharistiefeier mit anschließender Betonen möchte ich noch, daß stets wenigstens die notwen- Lichterprozession. Etwa 500 Gläubige haben in den letzten dige Erlaubnis der kirchlichen Vorgesetzten für die Existenz Jahren daran teilgenommen. Oft beten auch mal Nachbar- und das Wirken des Herz-Jesu-Bundes gegeben war, wenn schaften für einen Schwerkranken oder plötzlich Verunglück- auch mit unterschiedlicher Anteilnahme. - ten. „Pilger" von auswärts mit Omnibussen kamen anfänglich • Was wäre nun zu einer Bilanz: „20 Jahre Herz-Jesu-Bund" schon mal häufiger zur Feier der Eucharistie oder zu einer zu sagen? Anbetungsstunde. Wahrscheinlich ist da die erste Neugierde Nun, der „Zeitgeist" bläst einem solchen Bemühen sehr hart befriedigt, und zu einem beständigen Tun reicht vorläufig der ins Gesicht. Es stellte sich auch schon früh heraus, daß Ansporn noch nicht aus. Ganz sicher aber kommen viele Ein- zunächst nicht, wie erhofft, die Jugend, sondern mehr die zelbeter zu dem kleinen Heiligtum. Der ständige Bedarf an Senioren für den Herz-Jesu-Bund zu gewinnen waren. Viel, Opferkerzen ist ein stiller Beweis dafür. Ja, kürzlich hat sogar viel Mißtrauen war abzubauen. Das lag z. T. sicher auch an eine Grupe von 52 Priestern und Gläubigen aus der Diözese meiner persönlichen Ungeschicktheit, die Dinge nicht immer Avignon in der Visbeker Herz-Jesu-Kapelle das hl. Opfer klug vorzutragen oder sie durch andere eigene menschliche gefeiert. Schwächen selber zu behindern. Manchmal, meine ich, könn- ten auch Confratres mein Bemühen etwas ernsthafter unter- Heute hat der Herz-Jesu-Bund über 1900 Helfer und stützen. Für die Arbeit des Herz-Jesu-Bundes erbitte ich zwei- Freunde aus allen Altersstufen und Ständen. - Nur, Gott zählt mal im Jahr zum Herz-Jesu- und zum Christ-Königs-Fest eine nicht, bei ihm gilt am Ende nur das Gewicht der empfangenen Geldgabe nach freier Wahl. Vor allem wohl zu der Zeit, als wir und geschenkten Liebe. Ob der Herz-Jesu-Bund da bestehen in Visbek die Herz-Jesu-Kapelle bauten, gab es hier und dort kann, Gott allein weiß es. - die Befürchtung, daß wir zuviel Geld aus anderen Gemeinden Wünschenswert wäre ohne Zweifel, daß fähigere und ein- abziehen würden. Auch wurde die Errichtung dieses kleinen flußreichere Menschen in der Kirche sich unseres Anliegens Heiligtums zunächst von einigen Seelsorgern sehr radikal annehmen würden, nur sie müßten halt wohl recht gütig und abgelehnt. demütig sein, damit sie unser schlichtes Bemühen nicht für zu Persönliche Lebensumstände, die schließlich sogar zu einer gering erachten. 80prozentigen Behinderung wurden, brachten es mit sich, daß ich aus der „normalen" Seelsorge ausschied und schließlich Zur Kontaktaufnahme in Sachen des Herz-Jesu-Bundes bin hauptamtlicher und überörtlicher Altenseelsorger im olden- ich jederzeit bereit. burgischen Teil des Bistums Münster wurde, mit dem Wohn- Adresse: Pfarrer Johannes Linnewerth, Ahlhonzerstr. 22, Postf 1223, D-2849 Visbek 1. - 7073 - - 7074 - Weiheerneuerung: Vielleicht 1990 Aus Zuschriften an den Herausgeber (Bökmann) Auf meine Anregung zur Weiheerneuerung, die mir Sehr geehrter Herr Professor Bölunann, angesichts der intensiven Diskussionen um die Katastrophe unseres in der letzten Nummer von „Theologisches", das ich immer Volkes anläßl. des 40.Jahrestages der Kapitulation (4. 5.1985) und wieder mit großem Interesse und Gewinn lese, hat die so des 70. Jahresgedächtnisses jener im 1. Weltkrieg vorgenommenen bewundernswert für die ungeborenen Kinder engagierte Frau Weihe unseres Volkes besonders angemessen schien, schrieb der Sekre- Backhaus leider ein Eigentor geschossen, indem sie die Formu- tär der Deutschen Bischofskonferenz mir unter dem 20. Dezember lierung gebraucht, das Gesetz „erlaube" den Abort ... Ich habe 1985 folgenden Brief Frau Backhaus schon mehrfach darauf hingewiesen, daß diese Sehr geehrter Herr Professor Bökmann, Formulierung im Gesetz keine Grundlage finde. Das StGB Sie hatten sich an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonfe- spricht im § 218 a vielmehr nur von Strafbefreiung, wodurch renz gewandt (Schreiben vom 20. 12. 1984) mit dem Vorschlag, eine nach dem juristischen Sprachgebrauch der Unrechtscharak- Erneuerung der Weihe an das Heiligste Herz Jesu vorzunehmen, ter einer Tat nicht verändert wird. zumal sich im Jahr 1985 die von den deutschen Bischöfen 1915 Ob und wann evtl. ein Abort rechtmäßig ist, ist in der erfolgte Weihe an das Heiligste HerzJesu zum 70. Mal jährt. Sie hat- gesamten Gesetzgebung erstaunlicherweise ungeregelt. ten mit Datum vom 1. 3. 1985 einen Zwischenbescheid erhalten, daß Offenbar fehlt dem Gesetzgeber hierzu der Mut. Nach der sich die Liturgiekommission mit Ihrem Vorschlag beschäftigen werde. angeblich „ganz herrschenden Meinung" (so der BGH, der Es besteht nun die durchgehende Auffassung bei den Bischöfen, diese jedoch bisher nie (!) begründet hat) soll „nach dem Wil- daß die Herz-Jesu-Verehrung bei weitem nicht mehr so allgemein ver- len des Gesetzgebers" jede indizierte Abtreibung rechtmäßig breitet ist, wie das im Jahr 1915 der Fall war. Darum würde eine sein. Hier liegt das jur. Kardinalproblem der Abtreibungs- Erneuerung dieser Weihe eine langfristige pastorale Vorbereitung not- frage, dem sich gerade die Mitglieder unserer Juristen-Verei- wendig machen, für die eine große Anzahl unserer Priester nicht so nigung widmen, die schon in vielen Beiträgen diesen Irrtum schnell zu gewinnen sein wird. Es ist daher vorgeschlagen worden, zurechtgerückt haben. Aber Sie wissen ja, wie schwer es ist, ein daß man die Bedeutung des Herz-Jesu-Festes in den kommenden Jah- zeitgemäßes Tabu zu entlarven. Umso trauriger sind dann ren wieder zunehmend betont und auch entsprechende Impulse in den Eigentore, was auch dem Rhein. Merkur vor Jahren unterlief einzelnen Diözesen zur Verlebendigung der Herz-Jesu-Verehrung gibt. durch den Aufsatz des christ.-kath. BVerfGRichter a. D. Brox, Dies ist in den einzelnen Diözesen bereits geschehen (z. B. Würz- den die sozial-liberale Regierung in ihrem fatalen Erfahrungs- burg). Es ist zu hoffen, daß aufgrund dieser längerfristigen pastora- bericht zu § 218 als einzige Quelle für die Rechtfertigungs- len Arbeit vielleicht anläßlich des 7 5 . Jahrestages dieser Weihe an das these. zitieren konnte. Heiligste Herz Jesu (1990) mit einer gemeinsamen Erklärung der Zu verweisen ist auf den hervorragenden Aufsatz von Prof. Deutschen Bischofskonferenz die Erneuerung der Weihe an das Hei- Geiger in Nr. 2 unserer Schriftenreihe. ligste Herz Jesu erfolgen kann. Mit freundlichem Gruß Ihr Notar Dr. W. Esser, Köln Mit freundlichen Grüßen Ihr Prälat Wilhelm Schätzler (Bökmann) Ob es sich bei den in, 218 genannten sogen. „Indika- tionen" um einen „Entschuldigungsgrund" oder einen „Rechtferti- Gebet gungsgrund" handelt ist leider faktisch umstritten, wenngleich das Heiligstes Herz Jesu, Quelle alles Guten, ich bete Dich an, Gesetz formell in der Tat Abtreibungen nicht „erlaubt". Mit Frau ich glaube an Dich, ich hoffe auf Dich, ich liebe Dich und Backhaus bin ich der Meinung, daß ausschlaggebend fir das vielzi- bereue alle meine Sünden. Dir schenke ich dieses mein armes tierte „Bewußtsein" die Straffreiheit und die Nichtverfolgung sind Herz, mache es demütig, geduldig, rein und allen Deinen (natürlich auch die Bezahlung durch Krankenkassen als „Recht"). Wünschen entsprechend. Gib, o guter Jesus, daß ich in Dir und Wer aber nur von „Mißbrauch" des § 218 spricht - wie die Geißler- Du in mir lebst. Beschütze mich in Gefahren, tröste mich in Süssmuth-CDU und leider auch einige in der Kirche - will dies ja Trübsal und Betrübnissen. Gewähre mir die Gesundheit mei- gar nicht ändern. Um das Gesetz umzustoßen, wäre viel günstiger, nes Leibes, Deinen Segen für alle meine Werke und die Gnade die „Fristenregelung" bis zur 22. Woche anzugreifen. Oder die totale eines heiligen Todes. Amen. Papst Benedikt XV., Breve 4. 12. 1915 Ausschaltung des Vaterrechts, oder die Schutzlosigkeit bis zur Nida- Göttliches Herz Jesu! Verbinde mein Herz so innig und fest tion; oder den willkürlichen Punkt der „Menschwerdung bei den mit Dir, daß mich bis zum Ende meines Lebens nichts mehr Eröffnungswehen" u. a. m. von Dir trennen kann. Herz Jesu, ich vertraue auf Dich! Zum Linolschnitt in Spalte 7031 in der April-Nummer von Mit kirchlicher Druckerlaubnis „Theologisches" mit der Darstellung eines „trinitarischen Glaubensgeheimnisses und Heilshandelns" eine Bemerkung: Seminar mit Professor Thürkauf Menschliche Darstellung von Übernatürlichem ist immer stück- In der Abtei Weltenburg spricht anläßlich eines Semi- haft und kann nur wie im Spiegel erfolgen (vgl. 1 Kor 13,12). nars (allgemein zugänglich) Dieser Linolschnitt ist aber wohl sehr „vollkommen", d. h. er vom 6.-8. Juni 1986 Prof. Dr. Max Thürkauf. bringt „alles", läßt nichts Wesentliches weg. In diesem Bild ist Dr. Thürkauf ist Professor für physikalische Chemie an der auch die Stellung der lieben Gottesmutter als Corredemptrix Universität Basel und war über zehn Jahre in der Atomfor- und Mediatrix mit dargestellt: Das trinitarische Heilshandeln hat schung tätig. marianische Modalität. Das hat nichts mit einer Vierfaltigkeit zu Er stellt sich dem Thema: „EVOLUTION, NATURWISSEN- tun; illustriert aber das Wort von Pater Josef Kentenich, daß SCHAFT UND GLAUBE'. Maria „Sitz und Stimme im Rate der allerheiligsten Dreifaltig- Allgemein verständlich will er darlegen, wie Glaube und keit" hat. Dies ist echte „moderne" Theologie. Naturwissenschaft vereinbar sind. In Dankbarkeit grüßt sie, Ihr Beginn: Freitag, 6. Juni um 18.00 Uhr. Zimmer mit Dusche, Johannes Handrick, Neustadt/Weinstraße Vollverpflegung. Nähere Information und Anmeldung bei P. Leopold Lörnitzo OSB, Für mich und für viele Priester und Laien ist „Theologi- Heimvolkshochschule Weltenburg, Asamstr. 32, 8420 Kelheim 4, sches" in der geistigen und theologischen Verwirrung unserer Tel.: 0 94 41 / 5911, bei Abwesenheit 1662. Zeit geistige Information und Orientierung. - 7075 - - 7076 - Für mich bedeutet jedenfalls das Lesen von „Theologi- mungen werden für lästig, auch unnötig erklärt. Das, was die sches" Meditation und Stärkung in meinem Glauben, den ich vom heiligen Papst Pius V. geordnete Messe an zentralen von einem frommen Elternhaus und von gläubigen Priestern, Glaubensaussagen zu geben hatte, hat sich nach ihrem prak- besonders den Jugendseelsorgern, übernommen habe. tisch kirchenamtlichen Verbot bei einem nicht zu unterschät- Für Ihre Arbeit weiterhin Gottes reichsten Segen und Dank zenden Großteil der Gläubigen erschöpft. Prälat Joseph Kowalski, Köln Implizit ist zu beobachten, daß bei den nach 1962-65 ange- leiteten Gläubigen ein geradezu programmiertes Unverständ- Wir möchten Ihnen von Herzen danken für Ihren fruchtba- nis von Liturgie als Dienst vor und für Gott die Regel ist. ren Einsatz in „Theologisches" und Ihnen sagen, daß wir Ihr Angesichts solcher Zustände dürfte der kritisch beobach- Wirken gerne betend unterstützen vor dem ausgesetzten tende Christ aber nicht nur klagend auf seinem Standort ver- Allerheiligsten bei Tag und Nacht. harren. Er setzte sich besser in Bewegung in der Absicht, die Mit herzlichen Grüßen und guten Wünschen Ihre heilige Messe, ganz gleich, ob er von dieser oder jener Druck- Sr. M. Gabriele, Kloster Bethlehem (Klarissen-Kapuzinerin- gruppe bedrängt würde, als objektiven Wert zu feiern oder nen von der Ewigen Anbetung) 5400 Koblenz-Pfaffendorf mitzuvollziehen. Priester und Laien müßte sich darin je nach Stand einig sein. Sie wirkten damit attraktiv und orientierend Lieber Herr Bökmann! auf suchende Gläubige, denen der Weg zu Jesus Christus hori- Ich möchte Ihnen etwas zu „Theologisches", März 1986, zontalistisch verweht worden war ... schreiben. Mit freundlichem Gruß W. A. Dräger, Ahaus Der Artikel von Ratzinger „Wir brauchen ein Höchstmaß an Ethos und religiöser Kraft" ist vorzüglich. Daß liberalistischer Sehr dankbar bin ich Ihnen, daß Sie mir auch im neuen Jahr Kapitalismus und marxistisches Zentralverwaltungssystem „Theologisches" zukommen lassen, sowie das Blatt mich philosophische basale Gemeinsamkeiten haben, ist wohl noch regelmäßig 1985 immer erreichte. nie so klar herausgestellt worden. Daß Weltwirtschaft und Auch möchte ich hiermit Msgr. Prof. Dr. Johannes Bök- Ethos untrennbar sind, kommt ebenfalls in origineller Weise mann meinen aufrichtigen Dank übermitteln. Weil dieselben deutlich zutage. Probleme auch bei uns hier „kochen", wenn auch in latein- Ein besonderes Ereignis ist der Artikel von Johann Auer: amerikanischer Färbung, ist die Beilage der „Offerten-Zei- „Um eine trinitarische Theologie". Interessant und instruktiv tung" trotz der für deutsch lesende Brasilianer ungemein lan- ist, daß Auer auch bei den Unterteilungen der Punkte (fast) gen Sätze für uns entscheidend wertvoll. immer eine Dreizahl hat. Nur bei Punkt 5, Spalte 6938 ver- Wir wünschen „Theologisches" für 1986 den stärksten Bei- mißte ich sie. Aber ich glaube, es könnte mühelos ein c) (also stand des Heiligen Geistes und die gnadenvolle Hilfe der Mut- ein Drittes zu a) und b) angefügt werden: Die Einsetzung aller ter Gottes, jede Woche und jeden Monat. Sakramente durch Christus. Mit erneutem herzlichsten Dank, Diese Linienführung für eine trinitarische Theologie ist fast frei Elzeärio Schmitt, OFM, Florianöpolis SC. von mathematischer Klarheit, und darin liegt zugleich ein logisch-ästhetisches Moment. Aus einem Brief an H. Froitzheim, Regensburg: Vorbildlich. So sollte ein Katechismus aufgebaut sein, sei es Auf diese Reihe RESPONDEO gehört unbedingt wiederholt ein Katechismus für Erwachsene oder für Kinder. hingewiesen. Ich habe selten so etwas Gutes, Solides, Klares nur Auch der Artikel von Dörmann: „Die eine Wahrheit und die Richtungsweisendes gelesen wie sie. Dazu noch in geraffier Kürze, vielen Religionen" ist wuchtig, klar und erhellend. Diese weil man dicke, wissenschaftliche Wälzer doch nur mit Wider- Widerlegung der „Theologie der Religionen" (Spalte 6944 ff)! willen liest. Leider ist diese Reihe viel zu wenig bekannt. Hätten Die Entlarvung von Rahners „anonymem Christen" (und Sie mir nicht ein Heft geschickt, hätte ich gar nichts von ihrer „anonymem Christentum") und seiner allen Irrungen zu Existenz gewußt. Man müßte sie mehr unter die Theologen Grunde liegenden „transzendentalen Anthropologie", dies und interessierten Laien bringen! Man müßte die katholischen alles wirkt erfrischend und befreiend. Buchhandlungen, die allerhand modernen theologischen Mit herzlichen Grüßen Ihr Schund bringen, mit der Nase darauf stoßen! H. E. Hengstenberg, Prof., Würzburg Laßt uns unermüdlich weiterarbeiten für den Sieg unseres Glaubens, den durch eine dürftige Zeit hindurchzutragen wir Hochwürdiger Monsignore! durch Gottes Gnade berufen sind! Gehen Sie davon aus, daß „Theologisches" meinerseits Herzlichst Ihr OStr. Prof. Alfred Palka gerne gelesen und argumentativ verwendet wird. Meinen Dank für Ihre Mühen um die Veröffentlichung sonst nicht Recht befriedigt als Teilnehmer Ihrer Tagung im Nov. u. immer geschätzter Stellungnahmen. dankbar für Ihre Zeitschrift „Theologisches" wollte ich auf Aus der Vielfalt der Beiträge zur Anreicherung Ihrer Zeit- meine Weise meinen Beitrag für die so wichtige Sache leisten, schrift trifft der analytische Aufsatz von Dr. Eric M. de Saventhem besonders nachdem Sie höchst ungerecht von Bischof Moser angegrif- über die Reform der Messe und das „Indult" auf mein beson- fen wurden, ein Zeichen, wie sehr Sie die wahren Anliegen der Kirche deres Interesse (Nr. 190, Febr. 86). wahrnehmen. Mit herzlichen Grüßen Ich sehe darin bestätigt, was in meiner Familie, in der Ver- Pfarrer Ringelmann, Waldkirchen wandtschaft, in der Nachbarschaft und in beruflichen Kreisen beobachtet wurde: von dem Indult so gut wie keine Kenntnis. Bei dieser Gelegenheit darf ich mich ganz herzlich bei den War je eine aufgrund gezielt sparsamster Information vorhan- Autoren von „Theologisches" - besonders bei Msgr. Prof. Dr. den, so ist sie heute schon wieder verblaßt, sinnentleert oder Johannnes Bökmann - bedanken. Ich darf noch einmal wieder- vergessen. Dazu trägt in zunehmendem Maße die Unkenntnis holen und bekräftigen, daß „Theologisches" die wertvollste und vom Wesen der Meß- oder der Eucharistiefeier überhaupt bei. meiner Gesinnung am Nächsten stehende Zeitung darstellt. Dafür ist der auf den Minimalismus gerichtete Indifferentis- Deshalb möchte ich mit besonderer Freude allen, die an mus zu weit verbreitet. Die Bequemlichkeit im Denken und „Theologisches" beteiligt sind, meine herzlichsten Grüße und Handeln geht unstreitig vor, und somit sollen Gottesdienste Segenswünsche aussprechen und Ihnen für alles danken. vorab menschlich zumutbar sein. Theologische Ortsbestim- Herzlichst Ihr Franz Georg Schröer, Arnsberg - 7077 - - 7078 - WILHELM SCHAMONI 7. Dieser Gott der Liebe geht in seiner Zärtlichkeit so weit, daß er mir Arzt, Arznei und noch mehr als alles, Bräutigam Benigna Consolata Ferrero sein will. * 6. VIII. 1895 zu Turin 8. Dieser Gott der Liebe will sich alles nehmen lassen wie ein t 1. IX. 1916 zu Como Baum, von dem alle Früchte gepflückt werden, und der, anstatt sich zu beklagen, neue hervorbringt. Der Baum war- In ihrem Kloster von tet bis zum nächsten Jahre; Ich aber bringe sie sogleich hervor. der Heimsuchung Mari- 9. Diesem Gott der Liebe ist es nur darum zu tun, Armselig- ens in Como wußte nie- keiten zu verzehren, Unvollkommenheiten zu vernichten, mand außer der Oberin den schwachen Willen zu stärken, guten Vorsätzen zur Aus- von den Gnadengaben führung zu verhelfen. der Dienerin Gottes. 10. Dieser Gott der Liebe sucht das auf, was die Welt verach- Auch außerhalb ihres tet, verabscheut und im Stiche läßt, nämlich die armen Sün- Klosters kannte man sie der. Nachdem Er sie mit der ganzen Zärtlichkeit Seiner nicht. Das wurde plötz- Liebe bekehrt, macht Er mit den sinnreichen Erfindungen lich anders, als kurz nach Seiner Barmherzigkeit aus ihnen, sofern sie derselben ent- ihrem Tode ein Schrift- sprechen, Meisterwerke der Heiligkeit. chen herausgegeben war: „Vademecum für gottge- Zehn Gebote der göttlichen Barmherzigkeit (12. Septem- weihte Seelen von einem ber 1915) frommen Verfasser" Es lebe das göttliche Herz Jesu, die Quelle aller Barmher- (Kanisiuswerk Fribourg, zigkeit. Schweiz). 1. Ich bin der Gott aller Barmherzigkeit. (Das hier wiedergegebene Bild stammt aus dieser Schrift). 2. Ich suche nichts so sehr, als immer Barmherzigkeit zu üben. Das Schriftchen berührt tief die Herzen der Lesenden, weil 3. Wenn Ich von Meiner Gerechtigkeit Gebrauch machen sie das Empfinden haben, es sei Jesus selbst, der zu ihnen muß, so ist es Mir, als müßte Ich gegen den Strom schwim- spreche. In vielen Sprachen und immer neuen Auflagen wurde men; Ich muß mir Gewalt antun. es verbreitet. Ähnlich dem Rosenregen der kleinen hl. There- 4. Die Türe Meiner Barmherzigkeit ist nie verschlossen, sie ist sia ergoß sich eine Fülle von Segnungen auf die Beter. Der nur angelehnt. Man braucht nur ein wenig an sie zu stoßen, 1936 gedruckte vierte Band (320 Seiten) "Fiori di Riconos- so öffnet sie sich, - ein kleines Kind und ein schwacher cenza" (Blumen der Dankbarkeit) ist, wie die vorausgegange- Greis vermögen sie zu öffnen. nen, ergreifende Einladung zu einem grenzenlosen Vertrauen 5. Dagegen ist die Türe Meiner Gerechtigkeit fest verschlos- auf die unermeßliche Barmherzigkeit des gottmenschlichen sen, und Ich öffne sie nur, wenn Ich dazu gezwungen werde; (nicht eines arianischen menschlichen) Herzens Jesu. Darüber aus eigenem Antrieb öffne Ich sie nie. sollten sich besonders jene freuen, die aus ihrem Desaster her- 6. Wenn eine Seele die Schwelle der Türe Meiner Barmherzig- auskommen möchten, in das sie sich durch jahrelanges Nicht- keit überschritten hat, so fällt sie der Macht der Liebe beichten oder Schlechtbeichten hereingebracht haben. Zum anheim, die nur daran denkt, ihre Flucht zu verhindern, und Vertrauen könnte auch sehr verhelfen eine Sammlung von sie auf jede Weise zu ergötzen sucht, damit sie ihre neue Gedanken, die anderen Schriften Benigna Consolatas entnom- Wohnung liebgewinne. men und 1979 vom Kloster der Heimsuchung in Como ver- öffentlicht wurden. (Rimanete nel mio amore. Pater Julius 7. Ist die Seele eine glückliche Gefangene der Liebe gewor- Knichel, Johanneskloster Niederlaluistein/Rhein, hat daraus den, so gibt die Liebe ihr die Freiheit, doch nur in den Gren- einiges übersetzt, das folgende stammt aus seinem Manu- zen der Liebe; denn wenn die Seele diese Grenzen über- skript). schritte, wäre es ihr Tod. Die Liebe macht das Überschrei- Der schon 1923 begonnene Seligsprechungsprozeß ist, wie ten der Grenzen zwar nicht unmöglich, denn die Seele ist bei so manchen Mystikern und Mystikerinnen, abgebrochen frei; aber die Liebe warnt die Seele, und insofern setzt sie ihr worden. Er wurde vor einigen Jahren wieder aufgenommen Schranken. und geht jetzt seiner Vollendung entgegen. 8. Je mehr sich eine Seele der Herrschaft der Liebe anheim- gibt, mag ihr Zustand infolge der zuvor erlittenen Übel, die Die beiden folgenden Texte sind entnommen der deutschen Ausgabe sie sich durch Unordnungen und Leidenschaften zugezo- des Vademecum (Kanisiuswerk, Freiburg/ Schw. -Konstanz-Mün- gen hat, noch so schlecht sein, um so mehr freut sich die chen, 51957), S. 63-66. Liebe, daß sie so viel zu tun hat. Zehn Gebote des Vertrauens auf Gott (11. September 9. Die elendsten, die schwächsten und entstelltesten Seelen 1915) sind die besten Kunden der göttlichen Barmherzigkeit und 1. Ich habe einen Gott, der mir ganz angehört. werden von ihr am allermeisten geliebt. 2. Dieser Gott, der mir ganz angehört, ist mein Vater. 10. Diese von Gott so sehr geliebten Seelen werden gleichsam 3. Dieser Gott, der mir ganz gehört, will, daß ich für immer lebendige Denkmäler zur Verherrlichung der Größe der ganz Ihm gehöre. göttlichen Erbarmungen; sie werfen auf Gott helle Strahlen 4. Um mich zu suchen, ist dieser Gott der Liebe vom Himmel jenes Lichtes zurück, das ihnen im Laufe ihres irdischen auf die Erde herabgekommen. Lebens von der Fülle der göttlichen Zärtlichkeit gegeben 5. Dieser Gott der Liebe verlangt mein Herz. wurde, um sie zum ewigen Heil zu führen. Diese Seelen 6. Dieser Gott der Liebe will mein Bruder, mein Freund und werden wie Edelsteine glänzen und die Krone der göttli- Tröster sein. chen Barmherzigkeit bilden.

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