Der Zweite Weltkrieg / Band 08

Luftkrieg Europa-bezogen

Vorwort und Themen dieses Buches

Vorwort zum Luftkrieg Europa bezogen

Der Verlauf des Luftkrieges in fünf Phasen

Zusatzthemen zum Luftkrieg

Navigation und Abwurf der Bomben

Flugabwehrkanonen und Jäger in Deutschland

Luftwaffen der am Krieg in Europa beteiligten Länder Vorwort und Themen dieses Buches

Der Zweite Weltkrieg von 1939 bis 1945 war der zweite global geführte Krieg sämtlicher Grossmächte des 20. Jahrhunderts und stellt den grössten militärischen Konflikt in der Geschichte der Menschheit dar. Er begann in Europa mit dem deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939. In Ostasien befand sich das mit Deutschland verbündete Japan seit 1938 in einem Grenzkrieg mit der Sowjetunion und seit 1937 im Pazifikkrieg mit China. Im Kriegsverlauf bildeten sich zwei militärische Allianzen, die als Achsenmächte und Alliierte bezeichnet werden. Direkt oder indirekt waren über 60 Staaten an diesem Krieg beteiligt, mehr als 110 Millionen Menschen standen unter Waffen. Der Krieg kostete über

60 Millionen Menschen das Leben und erfasste den ganzen Erdball.

Der Zweite Weltkrieg bestand in Europa aus Blitzkriegen, Eroberungsfeldzügen gegen die deutschen Nachbarländer mit Eingliederung besetzter Gebiete, der Einsetzung von Marionettenregierungen, Flächenbombardements sowie im letzten Jahr dem Einsatz von Atomwaffen in Japan; er verlief in drei Hauptphasen. Mittelbar starben Millionen Menschen durch Holocaust (Shoa), Porajmos und weitere Massenmorde, durch Zwangsarbeit und zahllose Kriegsverbrechen.

Das vorliegende Buch ist ein Zusammenzug von vorhandenen Daten und Dokumente und der Versuch diese in einen chronologischen Ablauf zu bringen. Die Quellen sind jeweils zu Beginn eines Themas aufgeführt.

Keiner dachte nach dem 1. Weltkrieg, dass ein solches furchtbares Ereignis noch übertroffen werden könnte. Aber bereits 15 Jahre später zogen wieder sehr düstere Wolken am Himmel dieser Welt auf. In Europa kam 1933 an die Macht und 1937 begann die Ausweitung des japanischen Kaiserreiches nach China und Südostasien. Bereits nach sechs Jahren an der Macht, begann Hitler mit dem Angriff auf Polen den zweiten Weltkrieg in Europa, nachdem er bereits vorher verschiedene Gebiete, die Deutschland nach dem ersten Weltkrieg an andere Staten abgeben musste, "zurück ins Reich" zu holen. Der Vertrag von Versailles und die daraus erstandenen Ungerechtigkeiten halfen mit, dass ein zum Sündenbock gemachtes Volk in einer charismatischen fanatischen Person sein Heil suchte und gelenkt von einem brutalen System in sein Verderben läuft. In dieser Dokumentation wird der Versuch gemacht, das ungeheure Verderbnis in wichtigen Abschnitten zusammen zu stellen. Auch sollen Details wie Waffentechnik und sonstige Besonderheiten aufgeführt werden.

Zusatzbemerkung zu diesem Band

Im Netz findet man eine sehr grosse Anzahl Beiträge zum Thema Luftkrieg im zweiten Weltkrieg. Unter anderem, mit zum Teil unterschiedliche Zahlen zu der Flugzeugproduktion der verschiedenen Ländern, Flugzeugverluste, Verluste von Soldaten und zivile Personen usw. Die gefundenen Beiträge mit Zahlen und die selbst zusammengestellten Listen sind aber trotz der Differenzen sehr informativ, aus diesem Grund sind die Zahlen nicht abgeglichen, die Wahrheit ist irgendwo in der Mitte.

Hauptthemen:

- Vorwort und Themen dieses Buches

- Vorwort Luftkrieg Europa-bezogen

- Der Verlauf des Luftkrieges in fünf Phasen

- Zusatzthemen zum Luftkrieg

- Navigation und Abwurf der Bomben

- Flugabwehrkanonen und Jäger in Deutschland

- Luftwaffen der am Krieg in Europa beteiligten Länder

Alle Themen:

- Vorwort zum Luftkrieg Europa bezogen

- Wie der Krieg das Fliegen lernte

- Der Verlauf des Luftkrieges in fünf Phasen

- Konzeptionen und der Aufbau der Luftwaffen

- Die grossen Luftwaffen bis Kriegsbeginn

- Frontstärken und Organisation der Luftwaffen, September 1939

- Führung und Organisation der Luftwaffen

- Die erste Phase

- 1. September 1939 bis 10. Mai 1940

- Britische Bombenangriffe auf militärische Ziele

- Deutsche Bombenangriffe auf militärische Ziele

- Die zweite Phase

- 10./11. Mai 1940 bis 28./29. März 1942

- Die Luftschlacht um

- Vom Luftkrieg im Süden, Südosten und Osten

- Die ersten Nachtangriffe der RAF auf Deutschland

- Die dritte Phase

- 28./29. März 1942 bis Ende des Jahres 1942

- Die vierte Phase

- Anfang 1943 bis 5. Juni 1944 - "Rund um die Uhr"

- Luftüberlegenheit der Alliierten

- Die fünfte und letzte Phase

- 6. Juni 1944 bis zum 8. Mai 1945

- Die Invasion

- Der strategische Luftkrieg auf dem Höhepunkt

- Bombenangriffe auf das deutsche Reichsgebiet

- Aufschlussreiche Verhältniszahlen

- Bilanz der Bomben-Einsätze

- Zusatzthemen zum Luftkrieg

- Tod aus der Luft

- Mit dem Rechen des Todes

- Unternehmen Armbrust

- Navigation und Abwurf der Bomben

- Funknavigationssystem Pip-Squeak

- Radar-Navigation

- Norden-Bombenzielgerät

- Deutsches X- Verfahren

- Knickebein (Funkfeuer)

- Taktiken und Technik der Nachtjäger

- Flugabwehrkanonen und Jäger in Deutschland

- Reichsluftverteidigung

- Im Flakfeuer über Deutschland

- Denkmale des Nazi-Grössenwahns

- Kammhuber Linie

- Luftwaffen der am Krieg in Europa beteiligten Länder

- der

-

- Army-Air-Forces

- Luftstreitkräfte der Sowjetunion

- Geschichte der italienischen Luftstreitkräfte

- Geschichte der französischen Luftstreitkräfte

- Liste der meistgebauten Kriegs-Flugzeuge 2. Weltkrieg

Vorwort zum Luftkrieg Europa bezogen

Wie der Krieg das Fliegen lernte (www.sueddeutsche.de)

Über die italienischen Streitkräfte gibt es allerlei Urteile und Vorurteile. Vielleicht klingt es auch deswegen ein wenig sonderbar, dass es wohl italienische Militärpiloten waren, die als erste in einem Krieg militärische Motorflugzeuge einsetzten.

Unter dem Carlo Piazza gab es im italienisch-türkischen Krieg, in dessen Folge Libyen italienische Kolonie wurde, ein Flieger-Detachement mit neun Maschinen. Im Oktober 1911 flog Piazza einen Aufklärungseinsatz über den türkischen Linien in der Nähe von Bengasi.

Sieht man davon ab, dass die mexikanische Regierung ein paar Monate früher zwei US- Flugpioniere angeheuert hatte, die aus der Luft die Stellungen von Aufständischen auskundschafteten (und wenig später in den Rio Grande stürzten), war Piazzas Flug über der libyschen Wüste die Premiere einer neuen Art von Kriegführung.

Mitglieder seines Fliegerbataillons warfen im November 1911 auch erstmals in der Kriegsgeschichte Sprengkörper, eine Art von Handgranaten, aus einem Flugzeug.

Luftschiffe, Flugzeuge und später Raketen sowie unbemannte gelenkte oder ungelenkte Flugkörper haben seit dem Ersten Weltkrieg nicht nur das Schlachtfeld revolutioniert. Sie haben ausserdem, bereits 1914 beginnend, die Grenzen des Schlachtfeldes immer mehr ausgedehnt.

Der taktische, zum Teil auch schon strategische Einsatz von Bombenflugzeugen in den Jahren des Ersten Weltkriegs war der Auftakt für die Flächenbombardements des Zweiten Weltkriegs, die entscheidend zu dem beitrugen, was der Nazi-Propagandaminister Joseph Goebbels im Berliner Sportpalast als den "totalen Krieg" beschworen hatte.

Die Flieger übernahmen Aufgaben der Kavallerie Im ausgehenden 20. Jahrhundert war - und eigentlich ist sie es bis heute - die gesamte Weltbevölkerung eine Geisel jener atomar bestückten Trägerwaffen, die jeden Punkt der Erde erreichen können. In den Auswirkungen weniger furchtbar, aber dennoch Schrecken erregend genug sind die bewaffneten Drohnen, die pilotenlosen, digital gesteuerten Flugzeuge, die gewissermassen als Urenkel-Generation der Flugmaschinen des Capitano Piazza 100 Jahre nach ihm beim Sturz Gaddafis ebenfalls über Libyen zum Einsatz kamen.

Im Vergleich zu Infanterie oder Artillerie ist die Geschichte der Luftwaffe kurz. Sie beginnt ernsthaft mit dem Ersten Weltkrieg. 1912 gründeten die Engländer ihr "Royal Flying Corps", die Königreiche Preussen und Bayern stellten ebenfalls kleine Flug-Abteilungen auf. Ähnliches geschah in Russland und Frankreich.

Bei Kriegsbeginn (1. Weltkrieg) verfügten die grösseren Mächte über ein jeweils nur wenige hundert Maschinen zählendes Sammelsurium von Flieger-Einheiten, die in erster Linie der Aufklärung und der Nachrichtenübermittlung dienten.

Die Flieger hatten damit Aufgaben übernommen, die Jahrhunderte lang der Kavallerie vorbehalten waren. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich ein nicht unerheblicher Teil des Offizierskorps der neuen Truppe aus der Kavallerie rekrutierte.

Die Deutschen bauten allerdings nicht nur auf die ziemlich fragilen Ein- oder Doppeldecker, sondern auch auf das gelenkte Luftschiff, das bis heute mit dem Namen des Grafen Zeppelin verbunden ist. Zeppeline konnten nicht nur viel weiter fliegen als Flugzeuge, sondern auch nahezu 40 Stunden lang in der Luft bleiben.

08_01/Sturzhelm für Fliegertruppen, nach 1913 08_02/Die Jagdstaffel von Richthofen, 1917

Zu Kriegsbeginn verfügte Deutschland über ein knappes Dutzend Luftschiffe. Die starren, gasgefüllten Zeppeline wurden als ideale Fernkampfmaschinen gesehen - zumindest zu Kriegsbeginn erreichte kaum ein Flugzeug jene Höhen, in denen Zeppeline durch die Lüfte fuhren.

Der erste Luftangriff im Ersten Weltkrieg erfolgte durch einen Zeppelin: LZ 6 (LZ stand für Luftschiff Zeppelin) warf über dem belgischen Lüttich am 6. August 1914 modifizierte Artilleriegranaten ab.

Dazu passt, dass sich der erste Luftangriff gegen Deutschland, geflogen von vier englischen Flugzeugen, die in Antwerpen gestartet waren, gegen einen der Heimathäfen der Zeppeline richtete: Am 22. September 1914 bombardierten britische Marine-Flieger Zeppelin-Hangars in Düsseldorf, später wurde auch die Zeppelin-Basis Köln angegriffen. Sogar Friedrichshafen am Bodensee wurde Angriffsziel von britischen Doppeldeckern, die man, in Kisten verpackt, durch halb Frankreich geschafft hatte.

Deutsche Bomben regnen auf Die englische Zeppelinphobie rührte vor allem daher, dass die Deutschen mit ihren Luftschiffen bis 1917 immer wieder Angriffe auf England flogen, vor allem nachts auf London. Zwar waren die Schäden und die Zahl der Opfer relativ gering.

Mehr Unheil richteten die deutschen Gotha-Bomber an, zweimotorige Ungetüme, die für taktische Angriffe gegen Stellungen, Artillerie oder Depots an den Fronten ebenso Verwendung fanden wie als Langstrecken-Bomber gegen die britische Kanal-Ostküste und gegen London.

Ihr Pendant auf Seiten der Alliierten waren Bomber des Typs Handley Page, mit denen die Briten 1918 zum Beispiel Ludwigshafen oder Kaiserslautern bombardierten. Der letzte deutsche Gotha- Angriff auf London fand im Mai 1918 statt.

Dennoch sind eher weniger die Gothas, sondern die Zeppeline in der kollektiven Erinnerung der Briten haften geblieben. Die Angriffe der zunächst unerreichbaren, nicht abwehrbaren Luftschiffe bedeuteten einerseits die Ausweitung der Kriegführung auf das tiefe Hinterland und die Zivilbevölkerung.

Andererseits durchbrachen die Zeppeline erstmals seit Jahrhunderten, eigentlich seit der normannischen Eroberung 1066, jene als unverletzbar empfundene Sicherheit der britischen Inseln, die weder die spanische Armada 1588 noch der Erzfeind Napoleon hatte beschädigen können.

Anders als die Motorflugzeuge aber blieb das Militärluftschiff nur ein kleines Zusatzkapitel in der Geschichte der Luftkriegsführung. Die Zeppeline hatten im Krieg enorm hohe Verluste; durch Feindeinwirkung und durch Unfälle ging die "Zeppelinwaffe" de facto zu Grunde. Der Nachruhm der Zeppeline verglühte endgültig mit der Explosion des zivilen Amerika-Zeppelins LZ 129 Hindenburg am 6. Mai 1937 in Lakehurst, New York.

Auch wenn der grösste Teil der Flugzeuge im Ersten Weltkrieg als Aufklärer, Artilleriebeobachter und später auch zur bewaffneten Unterstützung der Infanterie sowie zum Angriff auf militärisch relevante Bodenziele eingesetzt wurde, ist der Mythos des ersten grossen Luftkriegs untrennbar mit den Jagdfliegern verbunden.

Das Konzept, man könne in der Luft andere Flugzeuge bekämpfen, spielte 1914 noch keine grosse Rolle. Zum einen war die Zahl der Flugzeuge insgesamt klein; zum anderen sah man als Ziele in der Luft eher die Fesselballone, in deren Gondeln Artilleriebeobachter sassen und das Feuer lenkten.

Ein Niederländer löst das "Maschinengewehr-Problem" Zunächst waren viele der frühen Einsitzer gar nicht bewaffnet; bei den Zweisitzern gab es manchmal ein Maschinengewehr, das der Beobachter nach hinten oder seitwärts einsetzen konnte.

Nach vorne, also in Blickrichtung des Piloten, war der Einbau eines Maschinengewehrs nicht ratsam, weil man noch keine Möglichkeit gefunden hatte, die Schussfolge des Maschinengewehrs mit den Propellerumdrehungen zu synchronisieren. Der Pilot, der von seinem Sitz aus ein Maschinengewehr bedient hätte, dessen Mündung hinter der Luftschraube gelegen wäre, hätte seinen eigenen Propeller zerschossen.

Es dauerte bis fast zur Jahreshälfte 1915, bevor die Büros des holländischen Flugzeugkonstrukteurs Anton Fokker, der für Deutschland arbeitete, eine Technik entwickelten, mit der Propeller und Maschinengewehre synchronisiert wurden.

Dieses sogenannte Unterbrechergetriebe, eingebaut in den einsitzigen Hochdecker "Fokker Eindecker", kurz "Fokker E", der anders als die meisten anderen Flugzeuge zu dieser Zeit eben kein Doppeldecker war, bescherte den Deutschen bis ins Jahr 1916 hinein die Luftherrschaft an der Westfront.

Erst als die Engländer die Synchronisationstechnik ebenfalls gemeistert hatten und Jagdflugzeuge mit besseren Flugeigenschaften als die des eher behäbigen Fokker Eindecker an die Fronten brachten, wendete sich das Blatt wieder. Trotzdem markierte der Fokker Eindecker den Beginn der Ära der Jagdflugzeuge, in der die Maschine zur Waffe des Piloten wurde.

Der Kampf gegen andere Flugzeuge, der vor Fokkers Entwicklung zum Teil mit Handfeuerwaffen aus den offenen Cockpits heraus ausgefochten wurde, geriet zum Inbegriff des Luftkriegs. Seine Protagonisten waren oft draufgängerische junge Männer, deren an der Zahl abgeschossener Flugzeuge zu messender persönlicher "Erfolg" aus der Anonymität des Schlachtens am Boden herauszuragen schien.

Unterbrechergetriebe (aus Wikipedia)

Das Unterbrechergetriebe ist eine Koppelung zwischen Propellerwelle und Maschinengewehr (MG) eines Jagdflugzeuges, die dafür sorgt, dass der Feuerstoss des so synchronisierten Maschinengewehres unterbrochen wird, wenn ein Geschoss aus dem MG ein vor der Mündung vorbeiziehendes Propellerblatt treffen würde.

Aufgabenstellung 08_05/ MG 08/15 mit Unterbrechergetriebe, 08_04/ Funktionsweise des Unterbrechergetriebes ausgestellt im Deutschen Museum in München

Um dem Piloten das Beheben von Ladehemmungen zu ermöglichen, die Schussrichtung des MGs parallel zur Visierlinie des Piloten auszurichten und das Gewicht von Waffe und Munition nah am Schwerpunkt zu konzentrieren, kam es bei den ersten Jagdflugzeugen darauf an, die Bewaffnung unmittelbar vor dem Cockpit zu platzieren. Da einmotorige Flugzeuge mit Zugpropeller die effektivste Bauform für Jagdflugzeuge waren, musste das Maschinengewehr den Propellerkreis durchschiessen können, ohne den laufenden Propeller zu beschädigen.

Technische Lösungen vor dem Unterbrechergetriebe Da eine technische Lösung dafür nicht existierte, griffen im Ersten Weltkrieg Kampfflieger zu folgenden, zum Teil sehr waghalsigen oder ungewöhnlichen Verfahren:

Flugzeuge in der Pusher-Konfiguration mit Druckpropeller wurden verwendet, “die nach vorn für ein bewegliches MG oder ein Geschütz freies Schussfeld hatten. z. B. der britische Vickers Gunbus, der französische Voisin L (ein Voisin dieses Typs schoss am 5. Oktober 1914 erstmals ein deutsches Flugzeug im Luftkampf ab) oder die deutschen Otto C-Typen sowie die Versuchsflugzeuge von Schwade oder August Euler. Motor und Propeller wurden am Heck der Rumpfgondel angebracht und die Streben zum Höhen- und Seitenleitwerk seitlich am Propeller vorbeigeführt. Diese aufwendige Lösung war aerodynamisch ungünstig und minderte die Flugleistungen der "Gitterrümpfe" erheblich.

Bei Zweisitzern wurde der – oft vorn sitzende – Beobachter mit einem beweglichen MG ausgerüstet, mit dem er natürlich am Propellerkreis vorbeifeuern musste. Der Beobachter zielte in gefährlicher Weise und bei stark begrenztem Schussfeld mit dem MG zwischen Streben und Verspannung hindurch oder er konnte, falls er im hinteren Cockpit untergebracht war, nur beim Abdrehen des Flugzeugs mit dem MG wirken. Als taktisch unwirksam erwies sich der Versuch von deutscher Seite durch Einsatz sogenannter "Grosskampfflugzeuge" Feindflugzeuge zu bekämpfen: Schwere dreisitzige Grossflugzeuge wie die Gotha G.I wurden dazu mit beweglichem MG oder Bordkanone bestückt. Diese konnten sich zwar nun verteidigen, aber um gegnerische Flugzeuge zu stellen, anzugreifen und zu verfolgen waren derartige Grosskampfflugzeuge viel zu langsam und schwerfällig.

Eine besonders ungewöhnliche und waghalsige Lösung verfolgte die französische Firma SPAD: Der Schütze sass in einer vor dem Propeller aufgehängten Gondel mit freiem Schussfeld nach vorn, was nicht nur die Zugleistung des Propellers beeinträchtigte und jegliche Verständigung der Besatzung verhinderte, sondern für den Beobachter mit dem rotierenden Propeller im Rücken bei Bruchlandungen zur tödlichen Gefahr wurde.

Am effizientesten erwies es sich, Maschinengewehre entweder höher oder seitlich versetzt oder im Winkel am Propellerkreis vorbeizielend anzubringen. Im ersten Fall war das Nachladen, im zweiten auch das Zielen mit dem angewinkelten MG schwierig. Dennoch blieb dieses zumindest als Zusatzbewaffnung bis 1918 Standard bei zahlreichen alliierten Jagdflugzeugen, u. a. bei der S.E.5 und der Sopwith Camel.

Die höchste Kampfkraft bewiesen Anfang 1915 jedoch Flugzeuge mit unsynchronisiert durch den Propellerkreis feuernden MG: Die Propellerblätter wurden durch Geschossabweiser aus Stahlblech geschützt. Damit wurden Frontalangriff und Verfolgung gegen feindliche Flugzeuge möglich.

Mit diesen Verfahren hatten die Alliierten Anfang 1915 die Luftherrschaft an der Front gewonnen; ihnen waren immer mehr unbewaffnete und damit wehrlose deutsche und österreichisch- ungarische Flugzeuge zum Opfer gefallen, so dass die taktische Luftaufklärung in der Tiefe des gegnerischen Luftraums nahezu unmöglich wurde. Trotzdem erwiesen sich alle genannten Verfahren als behelfsmässig und wenig effizient. Um ein Durchschiessen des Propellerkreises im frontalen Angriff auf ein Feindflugzeug zu ermöglichen, wurde ein Unterbrechergetriebe benötigt, das Motor und MG synchronisierte.

MG-Synchronisation Die gefährlichsten, zum Frontalangriff tauglichen Jagdflugzeuge mit starrem, vorwärts feuerndem MG waren französische Morane-Saulnier-Einsitzer, bei denen der Propeller mit Geschossabweisern aus Stahlblech gegen Treffer geschützt wurde. Seit Anfang 1915 machte u. a. die so ausgerüstete Staffel Escadrille M.S. 23 an der Westfront ungehindert Jagd auf deutsche Flugzeuge. Am 19. April 1915 geriet jedoch der bekannte französische Vorkriegs-Kunstflieger Roland Garros, der bereits fünf Abschüsse erzielt hatte, mit einer so ausgerüsteten Morane-Saulnier L über Courtrai in deutsches Abwehrfeuer. Garros musste bei Ingelmunster auf deutscher Seite notlanden, sein Flugzeug wurde umgehend nach geschafft. Anton Fokker und andere Konstrukteure wurden zur Untersuchung der Morane eingeladen und erhielten den Auftrag, die Maschine zu kopieren oder nachzubauen. Helmuth Förster, Hauptmann und Adjutant des Feldflugchefs übergab Fokker ein Parabellum-MG und Munition. Fokkers Versuche, Ablenkbleche an einem deutschen Flugzeugpropeller anzubringen, erwiesen sich bei der Beschussprüfung wegen der Durchschlagskraft der deutschen Stahlmantelgeschosse als untauglich; seine Ingenieure Heinrich Lübbe, Curt Heber und Leimberger griffen daraufhin eine 1913 patentierte Erfindung des Ingenieurs Franz Schneider von Luftverkehrsgesellschaft (LVG) auf. Innerhalb von zwei Tagen gelang es Fokker und seinen Ingenieuren eine Mechanik zu konstruieren, die über eine Nockenwelle den Abzug des Parabellum-MGs mit der rotierenden Motorachse verband. Fokker nahm nun einen seiner gerade verfügbaren A.III-Einsitzer mit 59-kW-U.I.-Oberursel-Umlaufmotor, rüstete ihn mit dem synchronisierten MG aus, hängte das Flugzeug an seinen Sportwagen, fuhr von Schwerin nach Döberitz und führte seine "Erfindung" dem Generalstab persönlich vor.

Kurz darauf lieferte Fokker bereits seine neuen Jagdeindecker an die Front, deren Einsatz nicht nur bis Anfang 1916 der deutschen Seite die Luftherrschaft erkämpfte ("Fokker-Plage"), sondern auch die Jagdfliegerei revolutionierte.

Weiterentwicklung Das mechanische Unterbrechergetriebe besass den Nachteil, durch die Verzögerung zwischen Unterbrechung und Fortsetzung des Feuerstosses die Kadenz der synchronisierten Bordwaffen spürbar zu verringern. Dieser Nachteil wurde erst in den späten 1930ern durch die Einführung von elektrisch gezündeten Patronen, die einen Zündimpuls von einem vom Triebwerk angetriebenen Zündmagneten erhielten, auf ein Minimum reduziert. Diese Technologie wurde im Zweiten Weltkrieg von den deutschen Jagdflugzeugen verwendet und diente zur Synchronisierung von Maschinengewehren und Bordkanonen.

Ab den 1930er Jahren war es im Flugzeugbau aufgrund tragfähigerer Metallkonstruktionen auch möglich, Bordgeschütze in den Tragflächen unterzubringen, wodurch hier die Notwendigkeit einer Synchronisation entfiel. Weiterhin wurden auch Konstruktionen verwendet, bei denen die Läufe grosskalibriger Waffen durch die Propellernabe hindurch gelegt wurden (z. B. ab Variante F, Jakowlew Jak-3, Bell P-39).

Mit der Einführung von Strahlflugzeugen entfiel mit den Propellern auch das Bedürfnis nach Synchronisation. Modernere militärische Flugzeugtypen mit Propellerantrieb weisen entweder zwei Triebwerke in den Flügeln auf (Rockwell OV-10, FMA IA 58) oder sind mit konvergierenden Bordwaffen bzw. Aufhängepunkten für Waffenbehälter ausserhalb des Propellerkreises ausgerüstet (Douglas A-1, Soko J-20 Kraguj, Embraer EMB 312).

Kult um die "Ritter der Lüfte" (www.sueddeutsche.de, )

Jedenfalls bemächtigte sich die Kriegspropaganda der Briten, der Deutschen, der Franzosen, der Österreicher und Italiener, später auch der Amerikaner schnell dieser Gelegenheit. Es entstand der Kult um die "Ritter der Lüfte", der Mythos um den Krieg als eine tödliche Form der Jagd, bei der Jäger und Gejagter gleiche Chancen haben.

Einer, wahrscheinlich der bekannteste all dieser mythischen Helden war Manfred Freiherr von Richthofen, ein zum Zeitpunkt seines Todes im April 1918 erst 25-jähriger Rittmeister, der früher bei der Kavallerie, einem preussischen Ulanenregiment, noch mit der Lanze gedient hatte. Richthofen erzielte 80 bestätigte Abschüsse, was ihn bei Freund und Feind zur Legende machte.

Bei etlichen dieser fast noch jugendlichen Volkshelden, die das blau emaillierte Kreuz des preussischen Ordens Pour le Mérite am Hals trugen, ist es schwer zu sagen, ob sie sich selbst nicht noch mehr stilisierten, als das die Propaganda ohnehin tat.

Richthofen liess seine Flugzeuge ganz oder teilweise rot lackieren, was ihm den von den Engländern geprägten Spitznamen "The Red Baron" einbrachte. Aus dem "Roten Baron" wurde eine "Weltmarke" von Filmen über Bücher und Comics bis hin zu Getränken und Autos - wahrscheinlich die einzige Marke aus dem Ersten Weltkrieg, die heute noch einige Bedeutung hat.

Natürlich gab es "Fliegerasse" auch bei anderen Nationen: zum Beispiel den Franzosen George Guynemer, der im September 1917 nach 53 Luftsiegen selbst abgeschossen wurde und ums Leben kam; den Amerikaner Eddie Rickenbacker, der erst 1973 als alter Mann und friedlich starb; den Kanadier Billy Bishop, der mit 72 Abschüssen ebenfalls den Krieg überlebte und es im Zweiten Weltkrieg bis zum Air Marshall brachte.

Von den deutschen Fliegerhelden des Ersten Weltkriegs sind manche noch heute bekannt, allen voran der spätere Nazi- Hermann Göring, in dessen Luftwaffe viele seiner alten Kameraden höhere Ränge erreichten, darunter "des Teufels General" .

Die Stilisierung der Jagdpiloten zu individuellen Helden war auch eine Reaktion darauf, dass der industriell geführte Krieg fast alle anderen Soldaten zu einer feldgrauen oder khakifarbenen Masse machte, in der das Individuum im Sinne des Wortes in den Schlamm Flanderns oder die vielfach zerwühlte Erde vor Verdun getrampelt wurde.

Um die Fiktion des Zweikampfes inmitten der Materialschlacht aufrecht zu erhalten, wurden Stories schlichtweg erfunden. Es gab zum Beispiel die Immelmann-Geschichte, die zuerst 1917 in den USA auftauchte und die es im Krieg und in der Nachkriegszeit in zahlreiche Bücher und Artikel schaffte.

Angeblich hatte das englische Fliegerass Albert Ball (44 Abschüsse) den deutschen Piloten Max Immelmann (15 Luftsiege) schriftlich zu einem Duell über den Wolken herausgefordert, Immelmann habe akzeptiert und sei dann von Ball abgeschossen worden.

Die Geschichte von Immelmanns Luftduell - komplett Erfunden Zwar stimmte nichts davon, aber selbst Ernst Jünger nahm dieGeschichte als Auszug aus einem englischen Buch in einen Sammelband mit dem schönen Titel "Hier spricht der Feind" auf, den er 1931 herausgab. Darin heisst es:

"Immelmanns Flugzeug brach in Flammen aus und stürzte ab. Ball folgte von “oben ein paar hundert Fuss nach, richtete sich dann auf und eilte heimwärts. Er landete, stieg von neuem auf und flog zurück, um einen grossen Blumenstrauss fast unmittelbar über dem Ort abzuwerfen, wo Immelmanns verkohlter Körper aus einer verwirrten Masse von Metall herausgehoben wurde"... 08_03/ Der Erste Weltkrieg revolutionierte einerseits den Flugzeugbau - andererseits wurde der Luftkrieg von Beginn an brutal geführt. Eine Übersicht in Bildern aus dem Archiv von SZ Photo. Hier: Romantisierte Postkarte "Militärtaube auf Erkundungsflug bei den Masurischen Seen" von 1915

Viele der Entwicklungen, die bis heute die Kriegsführung in der Luft und aus der Luft bestimmen, begannen im Ersten Weltkrieg: das strategische Bombardement; die Lenkung des Feuers auf dem Boden aus der Luft; die Dominanz der Luftaufklärung; die Doktrin der Luftüberlegenheit als Voraussetzung für erfolgreiche Operationen auf dem Boden und sogar die Verlagerung des Luftkriegs auf das Meer und gegen Schiffsziele (bereits im Ersten Weltkrieg gab es eine Art Flugzeugträger).

Vor 1914 bestand die Luftmacht der Staaten aus Beobachtungsballons und dem, was in einem einst populären Film mal "die tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten" hiess.

Je weiter der Weltkrieg aber fortschritt, desto klarer wurde, dass er nicht nur wegen der Dominanz der Artillerie und der Maschinenwaffen der erste industriell-technologisch geführte Krieg der Neuzeit war, sondern auch, weil eine neue Teilstreitkraft, die Luftwaffe, den Krieg und die Kriegsdoktrin revolutionierte. Der Krieg hatte das Fliegen gelernt.

Der Verlauf des Luftkrieges in fünf Phasen

(gsb.bund.de/BBK/Hampe/05_Verlauf_des_Luftkrieges)

Konzeptionen und der Aufbau der Luftwaffen

Es ist nicht Aufgabe dieser Darstellung, den Luftkrieg von 1939 bis 1945 in seiner Vorgeschichte und seinen Entwicklungen als Ganzes und in allen Einzelheiten zu schildern. Wenn auch heute bei alliierten und deutschen Militärluftfahrtschriftstellern weitgehende Übereinstimmung besteht, so ist doch der Luftkrieg eine komplexe Erscheinung, so dass es einer umfangreichen Darstellung zu seiner Bewältigung bedarf.

Es ist leicht einzusehen, dass eine komplizierte Maschine, zum Beispiel ein Kampfflugzeug, nur so funktionieren kann, wie sie der Konstrukteur geplant und ausgeführt hat. Das gilt ebenso von dem hochkomplizierten Apparat einer Luftwaffe.

Man unterscheidet dabei zwei verschiedenartige Gesichtspunkte, den technischen der Planung und Rüstung und den führungsmässigen der Organisation und des Einsatzes.

Es soll deshalb mit einer Schilderung der Konzeptionen der deutschen, englischen und amerikanischen Luftwaffen begonnen werden. Es folgt dann der Kampf aus und in der Luft während des zweiten Weltkrieges in fünf Phasen unterteilt: Die erste Phase umfasst die Zeit vom 1. September 1939 bis zum 10. Mai 1940, in der Luftangriffe nur auf militärische Ziele geführt wurden.

Die zweite Phase wird in der Nacht vom 10. zum 11. Mai 1940 eingeleitet. In ihr werden in diesem Krieg zum ersten Mal offene Städte angegriffen, freilich zunächst noch mit leichteren Kräften. Den Höhepunkt dieser Phase bildet die "Luftschlacht um England" vom 8. August 1940 bis zum 10. Mai 1941. Ihr Ausgang ermöglicht den Alliierten den Luftbombenkrieg gegen Deutschland.

Die dritte Phase beginnt in der Nacht vom 28. zum 29. März 1942 mit einem schweren Angriff auf Lübeck und dem ersten "1000-Bomber-Angriff" der Luftkriegsgeschichte durch die RAF auf Köln in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942. Sie hält das ganze Jahr an und ihr besonderes Kennzeichen ist der Flächenangriff, das ,Area bombing'.

Die vierte Phase währt von Anfang 1943 bis zum 5. Juni 1944. Von nun an greift die amerikanische Luftwaffe am Tage, die englische Luftwaffe in der Nacht deutsches Reichsgebiet an.

Die fünfte Phase beginnt am D-Tag, dem 6. Juni 1944, mit der Invasion der Normandie und endet am 8. Mai 1945 mit dem Waffenstillstand. Ihr besonderes Kennzeichen ist, dass die alliierten Luftwaffen die Luftherrschaft über Deutschland an sich reissen und behalten kann.

Die Konzeptionen der Luftwaffen Der US Bombing Survey von September 1945 stellt am Anfang seiner Ausführungen über "Die Rolle der Luftwaffe" fest:

"Die Luftwaffen der westlichen Alliierten, die während des europäischen Krieges “gegen Deutschland aufgestellt wurden, erreichten mit fast 28'000 Kampfflugzeugen und 1'335'000 Mann Personal ihren Höchststand. Es wurden gegen den Feind mehr als 1'440'000 Bomber-Feindflüge und 2'680'000 Jagdeinsätze geflogen. Nahezu 2'700'000 Tonnen Bomben wurden abgeworfen. Die Zahl der beim Einsatz verlorenen Mannschaften betrug bei den Amerikanern 79'265 und bei den Engländern 79'281 Mann. Mehr als 18'000 amerikanische und 22'000 englische Flugzeuge gingen verloren oder waren nicht mehr reparierbar. Die Zahl der deutschen Flugzeuge, die laut Meldung im Luftkampf oder auf der Erde zerstört worden sind, übersteigt 57'000".

Hinter diesen Zahlen steht ein Luftbombenkrieg von geradezu schauerlichen Ausmassen, wie man ihn nicht für möglich gehalten hatte. Wie es dazu kam und welches die wahren Gründe für die Niederlage der deutschen Luftwaffe waren, darüber wissen die meisten Deutschen wenig genug, weil die öffentliche Meinung diese Dinge kaum behandelt. Es ist so, als wären wir mit einem Salto über den "konventionellen" Luftbombenkrieg von 1940 bis 1945, der nicht weniger als 25 Millionen Menschen in Deutschland in Mitleidenschaft zog, in die Erörterungen über einen möglichen Atomkrieg von heute und morgen hineingesprungen. Dabei hätte es Sinn, für den Fall eines Abkommens gegen den Gebrauch jeglicher Atomwaffen sich über die gesteigerten Möglichkeiten eines "konventionellen" Luftkrieges der Zukunft Gedanken zu machen.

Erfolg oder Nichterfolg im Luftkrieg hängen weitgehend von der Konzeption der Luftwaffe ab, von ihrer Planung, Rüstung und Organisation. Dabei griff man vor dem zweiten Weltkrieg auf einige Erfahrungen aus dem ersten Weltkrieg und auf die neueren Einsatzerfahrungen aus Abessinien und dem spanischen Bürgerkrieg zurück. Aber neben diesen praktischen Erfahrungen wirkten sich noch stärker einige Theorien auf die Planung aus, in ihrem Mittelpunkt die Lehre des italienischen Generals Douhet.

Die Schriften des Generals "Vorherrschaft in der Luft" erschienen bis 1932 und erregten beträchtliches Aufsehen in Fachkreisen und in der breiten Öffentlichkeit, obgleich man damals mit Theorien über den Boden-, See- und Luftkrieg übersättigt war. Douhet starb 1936, hat also nicht mehr erleben können, wie weit der Verlauf des spanischen Bürgerkrieges 1936 bis 1939 seine Lehren bestätigte oder nicht.

Douhets Lehre hatte eine solche Bedeutung, dass es notwendig erscheint, sie auch heute noch in grossen Zügen in Erinnerung zu bringen. Denn die verschiedenen Stellungnahmen der massgeblichen Persönlichkeiten der später am zweiten Weltkrieg beteiligten Luftmächte zu ihr und die Folgerungen, die sie aus dieser Stellungnahme heraus zogen, sollten entscheidend für den gesamten Verlauf des zweiten Weltkrieges werden.

Douhet ging von der Voraussetzung aus, dass auch der nächste Krieg wieder in einem Stellungskrieg versacken würde. Das war insofern ein Irrtum, als Douhet die Entwicklung der Panzertruppe nicht voraussehen konnte. Er sah im Flugzeug die einzige Waffe, für die eine Gefahr, zur Unbeweglichkeit verdammt zu werden, niemals bestehen würde und die daher auch allein die Kriegsentscheidung herbeiführen könne. Wie viele Theoretiker und Reformer ging Douhet bis zum Extrem seiner revolutionären Ideen. Er war der erste Fachmann, der die kriegsentscheidende Rolle der Luftwaffe in ihren strategischen Bomberflotten klar vorausgesehen hat. In dieser Überzeugung ging er so weit, dass er verlangte, Heer und Marine auf das Mindestmass zu begrenzen, das gerade notwendig ist, um die Grenze des Landes gegen einen Einbruch der gegnerischen Erdstreitkräfte zu schützen. Auch die für eine Zusammenarbeit mit Heer und Marine vorgesehenen Flugzeuge sollten nur auf die für diese Aufgabe unerlässliche Zahl beschränkt werden. Alle übrigen für Rüstungszwecke verfügbaren Mittel solle man ausschliesslich zum Bau einer aus grossen schwerbewaffneten Bombern bestehenden strategischen Luftflotte verwenden.

Die Aufgabe dieser strategischen Bomberflotte sollte sein, die kriegerischen Handlungen mitten in das Land des Feindes zu tragen und durch rücksichtslose und immer wiederkehrende Luftangriffe seine militärischen, industriellen und politischen Zentren zu bekämpfen, bis seine militärischen Operationen und Organisationen zerschlagen, seine Kriegsindustrie vernichtet und der Widerstandswille seiner Bevölkerung gebrochen seien. Um dieses Ziel, den Gegner durch Luftangriffe niederzukämpfen, erreichen zu können, erschien es ihm notwendig, zuvor die absolute Luftherrschaft zu erringen. Dies müsse durch schnellste Vernichtung der feindlichen Luftstreitkräfte in der Luft und auf ihren Stützpunkten auf der Erde erfolgen. Die Erringung der Luftherrschaft sei entscheidend für den Ausgang des Krieges, denn die Partei, die sie erlangt habe, könne dann ihre Luftstreitkräfte nach Belieben verstärken. Die Kriegsentscheidung werde fallen, wenn es gelungen sei, den Gegner aus dem Luftraum zu vertreiben und ihn aus der Luft so zu beherrschen, dass er die Erdoberfläche nicht mehr verlassen könne und alle Angriffe aus der Luft widerstandslos über sich ergehen lassen müsse.

Man muss sich vergegenwärtigen, dass diese Theorie in den zwanziger Jahren erdacht wurde! Betrachtet man den Verlauf und den Ausgang des zweiten Weltkrieges, dann muss man die geradezu "prophetisch" anmutenden Gedanken Douhets aufs höchste Bewundern. Wir übergehen hier die "Mängel und Übertreibungen", die damalige Kritiker etwas voreilig an Douhet und am "Douhetismus" herausgefunden haben. Bestimmt ging Douhet in der Unterbewertung des Heeres und der Marine zu weit. Aber sogar darin steckte ein wahrer Kern: Heer und Marine können ihre Aufgaben nur solange erfüllen, als die eigene Luftwaffe ihren Schutz von oben übernehmen kann. Wenn aber die Luftwaffe nicht einmal die Luftherrschaft über den eigenen Raum gewährleisten kann, sind Heer und Marine tatsächlich von bedingtem Wert. Und das war das prinzipiell Richtige an Douhets Lehre.

Die militärischen Fachleute spalteten sich in drei Gruppen:

1. Die "extremen Douhetisten", die vom strategischen Einsatz der Bomberflotten alles erwarteten und die Zusammenarbeit zwischen der Luftwaffe und dem Heer und der Marine für völlig bedeutungslos ansahen. 2. Die "extremen Anhänger der Kooperation", die in der Luftwaffe nur eine taktisch verwendbare "Hilfswaffe" für Heer und Marine sahen und selbständige strategische Wirkungsmöglichkeiten der Luftwaffe absprachen. 3. Die "gemässigten Douhetisten", für die es nicht die Frage "Strategische Luftkriegführung oder Kooperation" gab, sondern die hier eine Synthese fanden. Der Verlauf des zweiten Weltkrieges hat dieser Gruppe recht gegeben.

Die grossen Luftwaffen bis Kriegsbeginn

Ausser der genialen Theorie Douhets mussten von den Planern der verschiedenen Luftwaffen noch die praktischen Erfahrungen zwischen beiden Weltkriegen ausgewertet und berücksichtigt werden. Von allen am zweiten Weltkrieg beteiligten Luftmächten war keine einzige extrem douhetistisch oder ebenso extrem kooperativ eingestellt. Aber schon aus der Planung, der Rüstung und Organisation, mit der sie 1939 oder später in den Krieg eintraten, und dem späteren Einsatz ihrer Luftwaffen konnte man genau erkennen, welche der beiden gegensätzlichen Theorien bei den einzelnen Luftmächten den grössten Ausschlag gegeben hatte.

Die praktischen Erfahrungen zwischen beiden Weltkriegen waren in kurzer Zusammenfassung:

Die bereits im ersten Weltkrieg erkannte Bedeutung der Luftüberlegenheit oder Luftherrschaft für den Verlauf der Erdkämpfe wurde überall (z. B. in Abessinien und Spanien) bestätigt. Der Wert des Flugzeuges als taktische Waffe zum Eingreifen in den Erdkampf war durch die technische Verbesserung der Flugzeuge, Bomben und Bordwaffen, erheblich gesteigert worden. Der ständige Fortschritt im Flugzeugbau liess eine weitere Steigerung mit Sicherheit erwarten. Das Flugzeug hatte sich als hervorragend geeignetes Mittel für den Nachschub und Truppentransporte bewährt. Auch hier war eine Steigerung der Leistungen vorauszusehen, zum Beispiel im Absetzen von Fallschirmjägern. Die Flakwaffen waren beträchtlich verbessert worden und man musste daher beim Einsatz von Jagd- oder Bombenflugzeugen die Wirkung von Flakwaffen weit mehr in Rechnung stellen als vorher. Das Jagdflugzeug hatte sich als ein gefährlicher Gegner des Bombers erwiesen, sofern es dem Bomber an Höhe und Geschwindigkeit überlegen war. Im Spanischen Bürgerkrieg wurde die Möglichkeit geboten, mit dem modernsten Material Erfahrungen zu sammeln und taktische Fragen des Luftkampfes, der verschiedenen Arten von Luftangriffen und andere taktische Probleme zu lösen.

Dagegen hatte man keine praktischen Erfahrungen oder Anhaltspunkte für die "strategische" Luftkriegführung gewonnen. Hier blieb es bei der" Theorie" und für die spätere Kritik an den Entschlüssen der für die Planung und Rüstung verantwortlichen Fachleute gilt als Regel H. v. Moltkes Wort: "Eine gerechte historische Kritik darf nicht den nachmaligen Verlauf der Dinge, nicht die Kenntnisse der Dinge und Verhältnisse, wie sie nachträglich vorliegen, zum Massstab ihres Urteils nehmen, sondern muss sich fragen: Was konnten die Leiter der Begebenheiten zur Zeit ihres Handelns davon wissen". Mangels konkreter Erfahrungen kam es bis 1939 auf das strategische Vorausdenken an und obgleich man sich in ein vollkommen unbekanntes Gebiet damit wagte, zeigte sich hier die Planung der britischen und amerikanischen Luftwaffen als überlegen.

Der US-Strategie Bombing Survey meint über die Erwägungen der grossen Luftmächte vor ihrem Kriegseintritt:

"Eine Tatsache stand allerdings fest: Niemand konnte genau wissen, welches “die beste Art sei, dieses nahezu neue Kriegsmittel auszuwerten. Folglich fuhr man in den Vereinigten Staaten mit der Aufstellung von Plänen und der Entwicklung von Flugzeugen unter der Voraussetzung fort, dass die Luftwaffe in vielerlei Rollen gebraucht werden würde. Es gab eine starke Strömung, die annahm, dass die entscheidende Rolle der Luftwaffe jedoch die sei, tief in Feindesland hineinzustossen und dort die Quellen seiner militärischen Macht zu vernichten; ganz besonders glaubte man, dass dies durch präzise Bombenabwürfe am Tage erreicht werden könnte.

In Grossbritannien legte man, mit Rücksicht auf seine geographisch gesehen verwundbarere Lage, in der Entwicklung mehr Betonung auf Abwehrjäger und geringere auf Langstreckenbomber. Vielleicht waren die beiden bemerkenswertesten Entwicklungen während dieser Zeit: Die Entwicklung der "Fliegenden Festung" durch die USA und die Entwicklung der "Spitfire" durch England .... Die Deutschen schlugen allerdings einen anderen Weg ein und konzentrierten sich in der Hauptsache auf eine Luftwaffe, die zur Unterstützung von Boden-Operationen gedacht war und schenkten dabei dem Aufbau einer wirklich schweren Bomberwaffe wenig Beachtung".

In der Zusammenfassung der wichtigsten Faktoren für die Niederlage Deutschlands in und aus der Luft erwähnt der genannte Bericht als ersten Punkt:

"Die deutsche Luftwaffe war ursprünglich aufgebaut worden, um Boden- “Operationen unmittelbar zu unterstützen; das Fehlen an Bomber-Verbänden mit grosser Reichweite stellte sich als schwerer strategischer Fehler heraus".

Der erste Generalstabschef der deutschen Luftwaffe, General Karl Wever, hatte sich für die Entwicklung des viermotorigen strategischen Bombers eingesetzt. Nun dauert aber die Entwicklung eines Flugzeugs vom ersten Entwurf bis zum fertigen Muster drei bis vier Jahre, die eines Bombers und eines Flugzeugmotors noch längere Zeit. Trotzdem gelang es, zwei Muster der Ju 89 und drei Muster der Dornier Do 19 herzustellen. Beide viermotorigen Typen wiesen für damalige Verhältnisse ausgezeichnete Leistungen auf und sie hätten sich bei weiterer zielbewusster Entwicklung den englischen und amerikanischen viermotorigen Bombern zum mindesten als ebenbürtig, wenn nicht sogar als überlegen gezeigt. Als aber General Wever im Jahre 1937 mit einer Heinkel H 70 tödlich verunglückte, wurden diese fünf Exemplare der viermotorigen Langstreckenbomber von Junkers und Dornier verschrottet! Infolgedessen musste die deutsche Luftwaffe sich im Kriege mit der als Verkehrsflugzeug konstruierten Focke-Wulf Fw. 200 "Condor" behelfen, die von 1939 bis 1945 in nur 263 Exemplaren hergestellt wurde und sich als bewaffneter Fernaufklärer über dem Atlantik und im Kampf gegen Schiffsziele gut bewährt hat, aber unmöglich wie die englischen und amerikanischen viermotorigen Bomber zum Angriff auf entfernte militärische Ziele eingesetzt werden konnte. Die Tragödie des Fernbombers Heinkel177 erwähnen wir später.

08_06/ Die Ju 89 V2 mit Tarnanstrich 08_07/ Dornier Do 19

Demgegenüber hatten die Engländer bereits vor dem zweiten Weltkrieg zwei schwere Bomber, die zweimotorige Armstrong-Whitworth "Whitley" (ab 1938) und die zweimotorige Vickers "Wellington" (ab 1937) in Dienst gestellt, ferner ab 1941 die Short "Stirling", Handley Page "Halifax" und Avro "Lancaster", sämtlich viermotorig. In den USA war die Boeing "Fortress" B-17 und B-17 A 1939 in Dienst gestellt worden. Aus ihr wurden die im Kriege so erfolgreichen Varianten B-17 C bis B-17 H entwickelt.

Die weit vorausschauende Planung der Amerikaner geht aus folgenden Daten hervor:

Entwicklung des Urtyps der Boeing B-17 "Fortress" 1935 unter der Bezeichnung Boeing 299 oder YB-17.

Im Sommer während des deutschen Feldzuges im Westen verlangt Präsident Roosevelt den Bau von 50'000 1940 Militärflugzeugen und entsprechende Ausweitung der amerikanischen Flugzeugindustrie.

Im März beauftragt Präsident Roosevelt den Luftwaffenchef General Arnold mit der Aufstellung einer 1941 "strategischen" Bomberflotte zur Vernichtung der Achsenmächte.

Im Juni erhält die US-Heeresluftwaffe einen eigenen 1941 Generalstab.

Im Spätsommer befinden sich 12'000 Flugzeugführer 1941 in Ausbildung.

1941 Am 8. Dezember treten die USA in den Krieg ein. An Jagdflugzeugen und Bombern produzierten Deutschland und die vereinigten Staaten:

Hiervon waren viermotorige Bombenflugzeuge:

Unberücksichtigt blieb hier die starke britische Produktion an Jagdflugzeugen und strategischen Bombern, die das Bild weiter zuungunsten Deutschlands verändert. Bei den 35'743 amerikanischen Bombern handelt es sich um wirklich strategische Bomber der Typen Boeing B-17 "Fortress" und Consolidated B-24 "Liberator" (auf dem europäischen Kriegsschauplatz), während auf deutscher Seite die Focke-Wulf Fw 200 "Condor", wie oben ausgeführt, nur behelfsmässig als Bomber eingesetzt wurde und die Heinkel He 177 eine fragwürdige Konstruktion war, bei der Doppelmotoren (DB 606 = 2 DB 601) auf gleicher Welle eine Luftschraube trieben. Das ergab ständige Störungen, schwierige Wartung und ausserdem brannte die Maschine leicht.

Die deutsche Luftwaffenführung bevorzugte den schnellen zweimotorigen "mittleren" Bomber mit drei Mann Besatzung. 1937 hatte die während des, "4. Internationalen Flugmeetings in Zürich" eine Sensation bei allen Fachleuten erregt, weil sie schneller war als alle am Alpenrundflug teilnehmenden Jagdflugzeuge. Bei zielbewusster Weiterentwicklung hätte die deutsche Luftwaffe mit der Do 17 grosse Chancen gehabt, einen wirklichen "Schnellbomber" zu erhalten, der infolge seiner überlegenen Geschwindigkeit auf eine Verteidigungsbewaffnung hätte verzichten können. Statt dessen wurde die Geschwindigkeit zugunsten einer Verteidigungsbewaffnung geopfert, die sich dann jedoch im Kriege als ungenügend erweisen sollte. Zu spät griff Hitler, wie wir später sehen werden, diesen Gedanken wieder auf, indem er das als Jagdflugzeug konstruierte Düsenflugzeug als Schnellbomber einsetzen wollte. Währenddessen gelang es den Briten noch im Laufe des Krieges, einen sehr leistungsfähigen Schnellbomber mit der De Havilland "Mosquito" zu entwickeln, für die nur der an Geschwindigkeit weit überlegene deutsche Düsenjäger Me 262 als ernstlicher Gegner in Betracht kam.

An zweimotorigen mittleren Bombern gelangten auf deutscher Seite nur drei Typen in verschiedenen Versionen und Baureihen zum Grosseinsatz, die , die Dornier Do 17 und die , ausserdem als Sturzkampfflugzeug die . Die deutsche Luftwaffe war also bei dem Mangel an viermotorigen schweren Bombern niemals in der Lage, einen weiträumigen strategischen Luftkrieg zu führen.

Die anfängliche Überlegenheit und spätere Unterlegenheit im Westen dokumentiert sich in den Tonnenzahlen nach Angaben von Lord Tedder in seinem Buch "Luftmacht im Krieg": Die Verluste der anglo-amerikanischen Fliegertruppen betrugen zusammen 158'546 Offiziere und Mannschaften.

Die Verluste der deutschen Fliegertruppe gibt Werner Baumbach in seinem Buch "Zu spät?" an Toten, Verwundeten, Verletzten, Gefangenen und Vermissten mit 99'875 Offizieren und Mannschaften an. Da aber diese Zahlen nur die Verluste bis zum 28. Februar 1945 wiedergeben, müssen sie höher als 100'000 gewesen sein. Doch bezieht sich diese Zahl auf Gesamtverluste, während zu den Verlusten der Amerikaner und Briten an Toten und Vermissten noch die Verluste der polnischen, französischen, niederländischen und sowjetischen Fliegertruppe und die Verwundeten und Verletzten hinzugerechnet werden müssen.

Aus diesen Zahlen lässt sich besser als aus langatmigen Ausführungen ablesen, wie gross einerseits die Übermacht der Anglo-Amerikaner war, und wie erbittert andrerseits sich die deutschen Jagdflieger, Bomber und Flakartilleristen gewehrt haben.

Zu den Vorzügen der angelsächsischen Völker gehört ein nüchternes Urteil in politischen, militärischen und technischen Dingen, das Vermögen, einmal als richtig erkannte Vorhaben schnell, praktisch und gründlich in die Wirklichkeit umzusetzen und Beharrlichkeit in allen Lagen. Lange Zeit vor dem Kriege hatten die Briten die militärische Notwendigkeit einer strategischen Luftkriegführung erkannt. Der Weitblick der britischen Luftwaffenführung im ersten Weltkrieg und zwischen den Kriegen erwies sich in folgendem:

Bereits am 1. April 1918 wurde die britische Luftwaffe unter der heutigen Bezeichnung Royal Air Force in einen selbständigen Wehrmachtteil umgewandelt. Seit 1925 waren unverrückbare Ziele: Strategische Bomberverbände für den Angriff, starke Jagdfliegerverbände für den Heimatschutz.

Forderung an die Industrie nach einem überlegenen Jagdeinsitzer mit einer Bewaffnung von 8 1933 Maschinengewehren. Ergebnis: Hurricane und Spitfire.

Auftrag an die Industrie: Schwere Bomber mit 1934 grosser Reichweite und starker Abwehrbewaffnung. Ergebnis: Whitley, Wellington.

1935/36 Radar-Organisation unter Sir Henry Tizzard.

Forderung nach viermotorigen Bombern. Ergebnis: 1936 Stirling, Halifax, Lancaster. T. O. M. Sopwith, Vorsitzender des Hawker Siddeley 1937 Konzerns, beginnt ohne Regierungsauftrag auf eigenes Risiko mit dem Bau von 1'000 Hurricanes.

Das grösste Verdienst am Aufbau der RAF und ihrem Erfolg hatte General Trenchard, zuletzt Marshal of the RAF Viscount Trenchard, und für die Jagdwaffe Air Chief Marshal Sir Hugh C. T. Dowding, beide höhere Offiziere der Fliegertruppe aus dem ersten Weltkrieg.

Frontstärken und Organisation der Luftwaffen, September 1939

Die effektive Frontstärke jeder fliegenden Kampfeinheit ist einem starken Wechsel unterworfen. So entsprach zum Beispiel die Soll-Stärke einer Jagdstaffel bei Kriegsbeginn 9 Flugzeugen + 3 Reserve-Flugzeugen. Die Ist-Stärke stimmte aber selten mit der Soll-Stärke überein, weil nach einem Einsatz Maschinen unklar geworden oder Verluste eingetreten sein konnten. Trotz grösster Anstrengungen des pausenlos arbeitenden Boden-Personals gelang es nicht immer, unklare Maschinen bis zum nächsten Einsatz, der manchmal im Anschluss an den ersten stattfand, wieder klarzubekommen.

Bei Kriegsbeginn verfügte die deutsche Luftwaffe über folgende Frontstärkenstärken:

30 Kampfgruppen (Bomber), davon 18 mit He 111 1'180 Kampfflugzeuge 11 mit Do 17 1 mit Ju 86

13 Jagdgruppen (Tag), davon 12 mit Me 109 771 Jagdflugzeuge 1 mit Arado 68

9 Stukagruppen mit 336 Sturzkampfflugzeuge Ju 87

10 Zerstörergruppen mit Me 109 D 408 Zerstörerflugzeuge Me 110

1 Schlachtfliegergruppe 40 Schlachtflugzeuge Hs 123

2 Transportgruppen Ju 52 (weitere Gruppen "z.b.V". = zur besonderen 552 Transportflugzeuge Verwendung, vorbereitet aus Schulen, Lufthansa usw.)

23 Aufklärerstaffeln F (Fern) Do 17 P 379 Aufklärungsflugzeuge (F) (1 mit Do 17 F; 1 mit He 111 H) 30 Aufklärerstaffeln H (Heer) mit He 45, He 46, Hs 126 Marinefliegerverbände 240 Flugzeuge (14 Küsten-, 2 Bordflieger-, 2 Flug zeugträgerstaffeln)

Sondereinheiten 55 Flugzeuge

Total 4'333 Flugzeuge

Royal Air Force, März 1939 Die britische "Königliche Luftwaffe" verfügte nach "offiziell" veröffentlichten Zahlen am 1. März 1939 über insgesamt 2327 Flugzeuge der "Regulären (aktiven) Fliegertruppe".

560 Jagdflugzeuge 855 Bomber "Fliegertruppe in der Heimat" Insgesamt 1'751 96 Aufklärer "Heer" Flugzeuge 204 Fernaufklärungs-Flugboote

36 Jagdflugzeuge 66 Bordflugzeuge "Marineflieger-Verbände" Insgesamt 222 Flugzeuge 120 Mehrzweck-Flugzeuge (Aufklärer, Torpedoflugzeuge)

42 Jagdflugzeuge 228 Bomber "Fliegertruppe in übersee" Insgesamt 354 Flugzeuge 60 Aufklärer "Heer" 24 Flugboote

Total 2'327 Flugzeuge

Der Vergleich beider Effektiv-Frontstärken, Deutschland 4'333 gegen England 2'327 Flugzeuge, wäre irreführend, weil die britischen "offiziellen" Zahlen bereits den Stand vom 1. März 1939 angeben, die deutschen Zahlen den vom 1. September 1939. Zu diesem Zeitpunkt dürften die Briten eine weit höhere Zahl von Flugzeugen erster Linie zur Verfügung gehabt haben. Wie hoch diese Zahl tatsächlich war und was an Flugzeugen zweiter Linie und Reserven noch dazu kam, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die veröffentlichten Zahlen waren jedenfalls, auch aus politischen Gründen, von den Briten eher zu niedrig als zu hoch gehalten. Eine ziffernmässige Unterlegenheit hat bei der RAF noch bis Herbst 1940 bestanden. Dann holte sie in der "Schlacht um England" auf. Diese zahlenmässige Unterlegenheit der Briten wurde indessen durch das gute, in einigen Gebieten sogar überlegene Flugzeugmaterial und den Geist, der die RAF beseelte, ausgeglichen.

Die Stärken der Luftwaffen von Frankreich, Belgien, den Niederlanden und Polen zu Beginn des Krieges fallen nicht ins Gewicht, weil diese Luftwaffen keinen strategischen Luftkrieg geführt haben ebenso wie die Sowjetunion, die den strategischen Luftkrieg den Westalliierten überliess. Auch die italienische Luftwaffe kommt hier nicht in Betracht, weil sie, im Mittelmeer gebunden, nichts zur aktiven Abwehr der Bombenangriffe beitragen konnte, sondern im Gegenteil Luftstreitkräfte der deutschen Luftwaffe nach Italien abgezogen hat.

United States Air Force Die grösste Luftmacht des zweiten Weltkrieges, die Luftwaffe der "Vereinigten Staaten" verdient die grösste Aufmerksamkeit. Denn die USAF hat im gemeinsamen Kampf mit der RAF den Krieg entschieden.

Mitte 1939 betrug die Gesamtstärke der USAF rund 5'000 Flugzeuge einschliesslich der noch brauchbaren, aber veralteten Typen, bei der " Heeres-Luftwaffe " (USAAF) etwa 2'400 und bei der "Marine-Luftwaffe" (USN) etwa 2'500. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits Verstärkungen geplant, bei der "Heeres-Luftwaffe" um 5'000, bei der "Marine-Luftwaffe" um 3'000 Flugzeuge modernster Bauart.

Die" Vereinigten Staaten" befanden sich gegenüber den europäischen Staaten in einem beträchtlichen Vorteil. Während in Europa am 1. September 1939 der Krieg ausbrach und die zunächst Kriegführenden: Polen, Frankreich und Grossbritannien, sich auf die bei Kriegsausbruch vorhandene Luftrüstung beschränken mussten, konnten sich die USA bis zum 8. Dezember 1941, dem Tag des japanischen Überfalls auf Pearl Harbour, aus dem Kriege heraushalten. In diesen 27 Monaten lief die amerikanische Produktion von Kriegsmaterial an, so dass sie schon im ersten Kriegsjahr der USA, 1942, auf volle Touren kam. Ausserdem hatten die Amerikaner Gelegenheit, die Erfahrungen ihrer späteren Alliierten, insbesondere auf dem Gebiete des Luftkrieges, auszuwerten und entsprechende Rückschlüsse daraus zu ziehen.

Beim Eintritt der USA in den Krieg betrug die Stärke der "Heeres-Luftwaffe" 3'305 Frontflugzeuge aller Gattungen, von denen sich 1'024 in Übersee befanden. Dazu traten noch 216 Transport-, 6'594 Schul- und 214 Verbindungsflugzeuge. Die Stärke der "Marine-Luftwaffe" stellte sich im. Juli 1940 auf nur 1'708 Frontflugzeuge, dürfte aber Anfang Dezember 1941 ebenfalls etwa 3'000 Frontflugzeuge aller Gattungen betragen haben. Die Personalstärke der "Heeres-Luftwaffe" war von 17'000 Offizieren und Mannschaften 1938 und etwa 23'000 Mitte 1939 auf über 100'000 bis Dezember 1941 gestiegen. Mag auch diese zahlenmässige Stärke der USAF bei ihrem Eintritt in den Krieg noch verhältnismässig gering gewesen sein, so hatten doch die amerikanische Regierung, die verantwortlichen Führer der USAF und die Industrien alle Möglichkeiten der technischen Entwicklung, der industriellen Produktion, der Ausbildung und der Organisation so vortrefflich vorbereitet, dass die US-Luftwaffe in kurzer Zeit einen gewaltigen Aufschwung nehmen und entscheidend in den Kriegsverlauf eingreifen konnte.

Die nackten Produktionszahlen sagen hier mehr, als viele Worte es vermöchten. Die Produktion betrug 1940 nur insgesamt 6'019 Militärflugzeuge, davon 1'685 Jagdflugzeuge und 1'191 Bomber (darunter 60 viermotorige). Diese Ziffern stiegen wie folgt:

*(Einmotorige Bomber wurden hauptsächlich bei der Marine auf Flugzeugträger verwendet). Produktion von Flugzeugmotoren:

Allein in den drei entscheidenden Kriegsjahren 1942, 1943 und 1944 wurden also gebaut:

230'052 Militärflugzeuge, davon 73'630 Jagdflugzeuge und 76'985 Bomber (28'561 viermotorig, 27'666 zweimotorig, 20'758 einmotorig) sowie 622'116 Flugmotoren. Mit der Vermehrung des Flugzeugmaterials, von dem ein beträchtlicher Teil auch an die Verbündeten geliefert wurde, ging die Verstärkung des Personals.

Dieses erhöhte sich bei der "Heeres-Luftwaffe" von den rund 100'000 Offizieren und Mannschaften bei Kriegseintritt auf über eine Million gegen Ende 1942 und erreichte Ende 1943 mit 2'375'000 Offizieren und Mannschaften seinen Höchststand.

In der Zeit vom Dezember 1941 bis zum August 1945 wurden 193'240 Flugzeugführer, 50'976 Beobachter (Navigatoren), 47'354 Bombenschützen, 195'422 Radio-Mechaniker und Funker, 347'236 Bordschützen und 497'533 Flugzeug- und Flugmotoren-Mechaniker ausgebildet.

Der US-Strategie Bombing Survey gibt gegenüber der oben genannten Zahl von 2'375'000 Mann Personal für 1943 etwa 1 Million weniger an, nämlich 1'335'000 Mann Personal als Höchststand; wahrscheinlich betrifft diese Zahl nur das "Fliegende Personal". Als weiteres Beispiel für die industrielle Leistungsfähigkeit der USA dürften, obwohl sie nicht die Luftwaffe betreffen, noch folgende Zahlen interessieren, die auf Angaben von Bernard M. Baruch basieren: Ausser den fast 300'000 Flugzeugen und fast 800'000 Flugmotoren lieferte die amerikanische Kriegsindustrie in den 5 Kriegsjahren über 15 Millionen Gewehre und Karabiner, 319'000 Geschütze, 41'000 Millionen Schuss Gewehr- und MG-Munition, 4'200'000 Tonnen Artilleriemunition, 86'000 Panzer, 64'500 Landungsfahrzeuge und 52 Millionen Tonnen Handelsschiffsraum. Die wurde von 1'900'000 Tonnen auf 13'800'000 Tonnen vergrössert.

Führung und Organisation der Luftwaffen

Nach dem Ende des ersten Weltkrieges wurde in Grossbritannien die RAF von 300 Staffeln radikal auf 21 Staffeln reduziert. Ebenso wurde in den Vereinigten Staaten die amerikanische Luftwaffe stark verkleinert. Trotzdem genügten diese schwachen Luftstreitkräfte, um die kontinuierliche Entwicklung in personeller und technischer Hinsicht sicherzustellen. Die höchsten Führungsstellen blieben bei den Engländern und Amerikanern mit den bewährten Führern besetzt und im Laufe der Jahre konnten jüngere Offiziere über eine gründliche Generalstabsschulung in die höheren und höchsten Führungsstellen nachrücken.

Die deutsche Luftwaffe wurde aufgelöst, ihre Flugzeuge zu Tausenden verschrottet und die überlebenden Offiziere verstreuten sich in alle Winde, ergriffen zivile Berufe und verloren langsam jede Bindung an die Fliegerei. Eine Entwicklung und eine Tradition waren plötzlich abgebrochen worden. Nur ein verschwindend kleiner Teil der ehemaligen Fliegeroffiziere von 1918 kam in Berufen unter, die mittelbar oder unmittelbar mit dem Flugwesen zu tun hatten. Damit ist das wichtigste Problem angeschnitten, dass man geeignete Persönlichkeiten für die höchsten Führungsstellen haben muss, wenn eine Organisation von Grund auf zweckmässig und richtig aufgebaut werden soll.

Die Organisation der deutschen Luftwaffe wurde von 1935 bis 1939, ihrem schnellen Aufbau entsprechend, mehrfach geändert. Vor dem Kriege war die Luftwaffe taktisch in die Luftflottenkommandos 1 bis 4 (Berlin, , München, Wien) und das Luftwaffenkommando Königsberg gegliedert. An der Spitze jedes Luftflottenkommandos stand der "Chef der Luftflotte und Oberbefehlshaber" (1 = Ost, 2 = Nord, 3 = West, 4 = Südost), an der Spitze des Luftwaffenkommandos Königsberg der "Kommandierende General der Luftwaffe in Ostpreussen".

Beim Oberbefehlshaber des Heeres und dem der Kriegsmarine befand sich je ein "General der Luftwaffe beim " bzw. "beim Oberkommando der Kriegsmarine", der gleichzeitig die "Heeres-" bzw. "Marinefliegerverbände" befehligte und inspizierte. Ausserdem gab es den "Befehlshaber der Kommandos der Luftverteidigungszone West" und die "Luftverteidigungskommandos" in Berlin, Stettin, , Düsseldorf und Leipzig.

Jedes Luftflottenkommando verfügte über alle Gattungen der Fliegertruppe, Flakartillerie und Luftnachrichtentruppe.

Territorial war die deutsche Luftwaffe entsprechend den Wehrkreisen in 10 "Luftgaukommandos" eingeteilt.

Die taktische Gliederung der deutschen Luftwaffe war vorwiegend auf die Zusammenarbeit mit dem Heer abgestellt. Hierfür war sie auch gut geeignet, denn jeder Befehlshaber einer Luftflotte verfügte über eine vollständige "kleine Luftwaffe", deren Verbände er so einsetzen konnte, wie es die Lage, bei der im gemeinsamen Bereich befindlichen Armee oder Heeresgruppe erforderte. Obgleich die deutsche Luftwaffe ein selbständiger Wehrmachtteil war, dominierte das notwendigerweise territoriale Denken des Heeres über die Luftwaffe. Man kann es vereinfacht ausdrücken: Die deutsche Führung dachte sich den Luftkrieg vertikal unterteilt, während die Briten, wie wir sehen werden, in der Horizontale dachten. Der ausschlaggebende Nachteil war, dass die für einen "strategischen Luftkrieg" verwendbaren deutschen Bomberverbände nicht ständig einem besonderen Kommando unterstanden, dessen Aufgabe die Führung eines solchen Luftkrieges gewesen wäre. Wenn nun einmal ein operativer Schwerpunkt gebildet werden sollte, für den die Bomberverbände einer Luftflotte nicht ausreichten, so mussten erst die Verbände mehrerer Luftflotten zusammengezogen und einem dann bestimmten Kommando unterstellt werden. Das gilt auch für die Jagdflieger. Der "General der Jagdflieger" und der "General der Kampfflieger" (Bomber) waren Inspekteure, die nur in Einzelfällen das Kommando führten. Es fehlte bei der deutschen Luftwaffe die entsprechende höchste Führungsstelle, wie sie die Briten in ihrem "Bomber Command" und dem "Fighter Command" besassen. Auf diese für eine Luftwaffe ungünstige Organisation ist es zurückzuführen, dass die deutsche Luftwaffe stets hervorragende Erfolge hatte, wenn sie in Zusammenarbeit mit dem Heer eingesetzt wurde, jedoch für einen "strategischen Luftkrieg" nicht vorbereitet war. Daher verlor sie schon die Schlacht um England.

Die Luftverteidigung des deutschen Heimatgebietes war so organisiert, dass die aktiven Luftverteidigungskräfte, Jagdflieger und Flak, bis 1941 durch die verschiedenen Luftgaukommandos geführt wurden. Dabei musste die Flakartillerie die Hauptlast des Abwehrkampfes tragen, weil die meisten Jagdkräfte an der Kanalfront lagen; jahrelang standen nur die beiden 2 und 26 im Heimatkriegsgebiet zur Verfügung. Man führte die Luftverteidigung des Reiches an der Peripherie, während eine Verteidigung von zentralen Stützpunkten aus das Richtige gewesen wäre. Das galt auch für die Nachtjagd. Erst im Juli 1940 konnte General Kammhuber mit dem Aufbau der Nachtjagd beginnen. Als die Einflüge englischer Bomberverbände zunahmen, setzte sich im Herbst 1941 der Gedanke durch, das gesamte Verteidigungssystem des Reiches unter ein einheitliches Kommando zu stellen, des "Luftwaffenbefehlshabers Mitte".

Die Bewaffnung der Flak-Artillerie bestand aus schweren Geschützen (Kaliber 8,8 cm, später auch schwerere Kaliber) der schweren Flak und Maschinenkanonen (Kaliber 3,7 cm und 2 cm) der leichten Flak sowie Fla-MG's. Jede Einheit verfügte über Scheinwerfer und Horchgeräte. Im September 1939 soll die Flak über etwa 650 schwere Batterien (meist 8,8 cm, einige 10,5 cm), etwa 560 leichte Batterien mit etwa 6700 Geschützen und etwa 188 Scheinwerfern verfügt haben.

Beim Aufbau der Organisation der RAF lässt sich erkennen, wie klar die Briten die Dinge gesehen und danach gehandelt haben. Statt komplizierte organisatorische Gebilde wie Luftkreise, Luftgaue, Luftflotten zu schaffen und auf diese Art die vorhandenen Luftstreitkräfte befehlsgemäss in lauter einzelne "kleine Luftwaffen mit allem Drum und Dran" zu zerlegen, wie es besonders für die deutsche und die polnische und, etwas weniger ausgeprägt, auch für die französische Luftwaffe typisch war, wählte man bei der RAF die Gliederung nach "Aufgabenbereichen". Das Aufgabengebiet der Streitkräfte einer grossen Luftmacht umfasste erstens die Durchführung des strategischen Luftkrieges, zweitens den Heimatschutz und drittens die Zusammenarbeit mit Heer und Flotte. Hauptteile der "Fliegertruppe in der Heimat" waren daher nicht "Luftflotten" wie in Deutschland, sondern das "Kommando der Bombenflieger" (Bomber Command), das "Kommando der Jagdflieger" (Fighter Command), dem ausser allen Jagdfliegern im Kriege auch die britische Flak unterstellt war, und das "Kommando der Küstenflieger" (Coastal Command). Die Marineflieger- Verbände wurden 1939 wieder als "" der Flotte unterstellt. Der einzige grosse Fehler, der der RAF in der Organisation unterlief, war, dass sie die Zusammenarbeit mit dem Heer zu sehr unterschätzte und daher ihre taktischen Verbände in Bezug auf Zahl und Flugzeugmaterial viel zu schwach gestaltete. Der Fehler wurde erkannt und Ende 1941 durch die Schaffung des "Army Cooperation Command", das dann 1943 in die" Tactical Air Force" umgewandelt wurde, behoben. Die Vereinigten Staaten hatten die Organisation und Rüstung ihrer Luftwaffe nach ähnlichen Richtlinien durchgeführt wie Grossbritannien. Als sie in den Krieg eintraten, konnten sie ihre Luftwaffenverbände ohne besondere Schwierigkeiten der bewährten englischen Organisation anpassen.

Die erste Phase 1. September 1939 bis 10. Mai 1940

Die erste Phase erstreckt sich auf die Zeit vom 1. September 1939 bis zum 10. Mai 1940 und ist dadurch gekennzeichnet, dass in diesen rund acht Monaten ausschliesslich militärische Ziele angegriffen wurden. Es bestand kein Übereinkommen, nichtmilitärische Ziele zu verschonen, sondern nur ein stillschweigendes gegenseitiges Einvernehmen. Wenn man mit dem Blick nach Westen diese Phase unter dem bekannten Begriff des "Sitzkrieges" versteht, findet man auf beiden Seiten gewollte Beschränkung auf bewaffnete Aufklärung, Handelskrieg gegen Schiffe, Angriffe gegen Kriegsschiffe, Seebefestigungen, Seefliegerstationen, Hangars, Minenlegen und Abwurf von Propagandaschriften.

Es ist hier nicht die Aufgabe, die Frage der Kriegsschuld an dem in der zweiten Phase einsetzenden "unterschiedslosen" Bombenkrieg zu untersuchen. Es müssen aber doch einige Verlautbarungen der Regierungen und führenden Staatsmänner erwähnt werden, weil sie für die Entschlüsse der deutschen Führung von Bedeutung waren.

Es wurde erwähnt, dass die britische Industrie unter dem Schleier des tiefsten Geheimnisses an der Herstellung einer strategischen Bomberflotte arbeitete und andere schwere Bomber schon bei Kriegsausbruch bei der RAF im Dienst standen. Die deutsche Luftwaffe war, wie mehrfach bemerkt, auf einen strategischen Luftkrieg nicht vorbereitet. Es ist daher auch glaubhaft, dass die deutsche Führung, die alles auf die Karte des "Blitz-Krieges" gesetzt hatte, keine solchen Absichten verbarg. Es gab und gibt keine Völkerrechtsvorschriften über den Luftkrieg, die allgemein anerkannt und verbindlich sind. Im März 1936 versuchte die deutsche Regierung mit einem Memorandum, eine Luftkriegsordnung zu vereinbaren, in der jeder Abwurf von Bomben auf offene Städte generell verboten sein sollte. Dieser Schritt blieb erfolglos.

Der britische Premierminister Chamberlain erklärte am 2. Juni 1938 im Unterhaus u. a.: "Ich will hier eindeutig aussprechen, dass wir jede Erklärung, wonach es zu einer vorbedachten Politik gehöre, durch Demoralisierung der Zivilbevölkerung mit Bombenangriffen aus der Luft einen Krieg gewinnen zu wollen, gar nicht scharf genug verurteilen können. Das läuft dem Völkerrecht völlig zuwider und ist auch eine falsche Politik. Denn ich glaube nicht, dass man durch absichtliche Angriffe auf die Zivilbevölkerung jemals einen Krieg gewinnen kann".

Am Tage der Kriegserklärung richtete der Präsident der Vereinigten Staaten, F. D. Roosevelt, an die in die Feindseligkeiten verwickelten Regierungen die Aufforderung, öffentlich zu erklären, dass sie entschlossen seien, ihren Luftwaffen auf keinen Fall Bombenangriffe auf die Zivilbevölkerung oder unbefestigte Städte zu gestatten. Alle Regierungen stimmten noch am gleichen Tage bedingungslos zu. Am 11. September 1939 schrieb Hitler an Roosevelt: "Es ist selbstverständliche Pflicht, Bombenangriffe nicht gegen nichtmilitärische Ziele zu richten, und ich hatte diese Weisung bereits von mir aus gegeben. Ich stimme Ihrem Vorschlag zu. Voraussetzung ist natürlich, dass der Gegner sich an dieselben Regeln hält". Der britische Premier hatte vor dem Unterhaus Anfang September eine ähnliche Erklärung abgegeben. Die RAF hatte den Befehl erhalten: "Angriffe gegen Ziele, die Leben und Eigentum der Zivilbevölkerung gefährden können, sind verboten". Am 15. September gab Chamberlain eine neue Erklärung ab: "Die Regierung Seiner Majestät wird niemals dazu übergehen, verzweifelte Angriffe auf Frauen und Kinder und andere Zivilpersonen zum Zwecke des blossen Terrors zu unternehmen. Indessen muss daran erinnert werden, dass unsere Strategie und Taktik in allen Phasen durch die alleinige Überlegung beschränkt wird, nämlich die wirkungsvollste Führung des Krieges". Zwei Monate später fand eine Sitzung des Obersten Englisch-Französischen Kriegsrates in London statt, in welcher die Aussichten einer Bombardierung des Ruhrgebietes erläutert wurden. In der Niederschrift heisst es: "Der Premierminister ist überzeugt, dass es sich um einen sehr geschickt vorbereiteten Plan handelt, dessen Gelingen ihm möglich erscheint. Aber zur gleichen Zeit schaudert er vor dem Gedanken, den notwendigen Befehl geben zu müssen und er hoffe, dass dazu niemals eine Notwendigkeit vorliegen wird". Der französische Ministerpräsident Daladier erbat für Frankreich einen Aufschub des Bombardements.

Diese Erklärungen sprechen für sich selbst. Sie sind auch der Grund dafür, dass die westlichen Alliierten in der ersten Phase des Luftkrieges aus moral-politischen Gründen von einem "unterschiedslosen" Bombenkrieg absahen. Aber in Chamberlains Haltung seit dem 15. September spiegelt sich deutlich das Bemühen der Befürworter des Bombenkriegs wider, an die Macht zu kommen.

Am 1. September 1939 um 4.40 Uhr morgens starteten die deutschen Bomber, Sturzkampfflieger und Jagdflieger zum Grossangriff auf die polnische Luftwaffe und ihre Bodenorganisation. 24 Stunden später hatte die deutsche Luftwaffe die absolute Luftherrschaft errungen und den grössten Teil der polnischen Flugzeuge am Boden zerstört. Dieser erste Schlag der deutschen Luftwaffe hatte strategischen Charakter, die Weiterführung eines strategischen Luftkrieges gegen Polen war dann nicht mehr notwendig, weil die deutschen Armeen in wenigen Wochen, bis zum 30. September, den Widerstand des Gegners gebrochen hatten, wobei die deutsche Luftwaffe taktisch und kooperativ eingesetzt wurde. Der Erfolg dieses ersten "Blitzkrieges" entsprach den hochgespannten Erwartungen der deutschen Führung, bestätigte ihre taktische Konzeption der Luftwaffe durch das gute Zusammenwirken mit den Erdtruppen, war aber ohne Bedeutung für neue luftstrategische Vorstellungen der Führung, da sich aus dem Polenfeldzug keine unerwarteten Erkenntnisse ergeben hatten.

In diese erste Phase fällt auch der Beginn des Norwegen-Feldzuges vom 9. April bis zum 8. Juni 1940. Bei der Schwäche der norwegischen Fliegertruppe erübrigte sich ein einleitender Grossangriff. Die deutsche Luftwaffe wurde in engster Zusammenarbeit mit Heer und Flotte eingesetzt. Dabei spielten zum ersten Mal in der Geschichte des Luftkrieges Fallschirm- und Luftlandetruppen eine wichtige Rolle. Wenige Tage später, am 15. April, landeten die Briten Truppen in Namsos und Andalsnes, um Trondheim in einer Zangenbewegung zu erreichen. Aber schon nach 14 Tagen war das alliierte Unternehmen völlig gescheitert, weil die deutsche Luftwaffe den alliierten Nachschub über See bedrohte und über Norwegen die Luftherrschaft ausübte.

Aus dem sogenannten "Sitzkrieg" im Westen vom 3. September 1939 bis zum 10. Mai 1940 liessen sich irgendwelche Erfahrungen von Bedeutung nicht gewinnen, soweit es sich um Kämpfe zwischen Jägern oder Jägern gegen Aufklärer handelte. Im Gegensatz hierzu hätten die Bombenflüge der RAF in die Deutsche Bucht, die am 4. September einsetzten, die deutschen Luftangriffe auf britische Flotteneinheiten bei den Shetland- und Orkneyinseln, und vor allem die vielen weit in deutsches Gebiet hineinführenden Nachtflüge der RAF, bei denen Flugblätter abgeworfen wurden, eine Menge für den weiteren Verlauf des Luftkrieges äusserst wertvoller Erfahrungen bringen können -, wenn man diesen Ereignissen die ihnen tatsächlich zukommende Bedeutung beigemessen hätte.

Britische Bombenangriffe auf militärische Ziele

Die RAF eröffnete den Luftkrieg im Westen mit einem für sie äusserst verlustreichen Tagesangriff gegen Schiffsziele vor und gegen den Nordostseekanal. Von 29 mittleren Bombern kam nur einer nach England zurück. - Bei diesem 04. 09.1939 Unternehmen fielen versehentlich um 17.57 Uhr zwei Bomben auf die dänische Stadt Esbjerg, wo es 2 Tote. 3 Verletzte gab und ein Haus zerstört wurde. Die Briten entschuldigten sich offiziell bei den Dänen am 7. September.

Erneuter britischer Angriffsversuch gegen 05. 09.1939 militärische Ziele im Raum Wilhelmshaven und . Verluste 5 Bomber.

28. 09.1939 Britischer Bombervorstoss in den Raum von Helgoland.

29. 09.1939 1 Sprengbombe bei Vechta.

Im Oktober keine britischen Bombenabwürfe auf deutsches Gebiet.

12 britische Bomber greifen die Seefliegerstation 28.11.1939 Borkum an, die durch das Legen magnetischer Minen lästig geworden war.

24 Bomber an der Küste von Helgoland, 21 03.12.1939 Sprengbomben.

12.12.1939 5 Sprengbomben auf Borkum.

5 Sprengbomben auf Sylt. Luftgefecht bei Helgoland. 5 14.12.1939 Bomber abgeschossen.

7 Sprengbomben auf Borkum, 5 auf Juist, 5 auf 18.12.1939 Amrum. Angriff auf Wilhelmshaven vereitelt. 7 Bomber abgeschossen.

Bis Ende Dezember: Sechsmal Bombenwürfe auf deutschen Boden. 55 Bomben auf Helgoland, Borkum, Juist, Amrum, Sylt.

02.01.1940 Luftgefecht bei Helgoland.

Bei Angriff auf Seefliegerstation Sylt fielen 2 Bomben auf 10.01.1940 die dänische Insel Röm.

12.01.1940 Erste Bombenwürfe auf die Stadt Westerland.

19.01.1940 9 Bomben auf Sylt.

18 Bomben gegen Kriegsschiffe vor Helgoland. 1 20.01.1940 Bomber abgeschossen. Im Februar keine britischen Bombenabwürfe auf deutsches Gebiet.

07.03.1940 Angriff auf ein Sicherungsschiff vor Borkum.

50 Bomber greifen die Nacht über mit 20 t Sprengbomben und 1200 Brandbomben aus mittlerer Höhe die Flugbasis 19.03.1940 Hörnum auf Sylt an. Der Angriff wird von Premierminister Chamberlain im Unterhaus als "Vergeltungsangriff" für den Orkney-Angriff bezeichnet. – Mehrere Volltreffer.

12.04.1940 4 Bomben auf Seefliegerstation Heiligenhafen.

23.04.1940 Bomben auf Pellworm bei Süderoog.

24.04.1940 Bomben auf Pellworm bei Süderoog.

Deutsche Bombenangriffe auf militärische Ziele

Die ersten deutschen Bomben auf englischen Boden 13.11.1939 beim Angriff auf Schiffsziele bei den Shetlands.

14 Ju 88 greifen die bei Scapa Flow ankernde britische "Grosse Flotte" an. Ein Schiff wurde getroffen, Flugplätze 16.03.1940 und Flak-Stellungen an Lande bombardiert. Dabei wurde 1 Zivilist auf einem Flugplatz getötet. Im Dorfe Bridge of Waith gab es 7 Verletzte.

Währenddessen gingen über die erstarrte" Westfront" beiderseits Aufklärungsflüge bis zu 1000 km Reichweite hin und her, ohne dass Bomben fielen. Auch die nach Frankreich mit taktischer Tendenz in den Raum Paris-Reims vorgeschobenen britischen Bomberverbände übten gleichfalls Zurückhaltung.

Es ist wenig verständlich, dass beide kriegführenden Parteien aus dem kriegsmässigen Einsatz der Luftwaffen keine Lehren gezogen haben. Die Briten unterschätzten immer noch die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Luftwaffe und Heer, wie sie von den deutschen Streitkräften in Polen und Norwegen vorbildlich gezeigt worden war, die Franzosen zogen keine Konsequenzen aus dem deutschen Luftüberfall auf Polen, so dass auch ihre Luftwaffe am 10. Mai und in den folgenden Tagen den deutschen Grossangriffen zum Opfer fiel.

Aber auch auf deutscher Seite wurden aus den Ereignissen nicht alle Folgerungen gezogen. Die erwähnten Tagesangriffe der RAF in den Raum der Deutschen Bucht waren unter sehr hohen Verlusten der britischen Bomberverbände gescheitert. Daraus folgte, dass Tagesangriffe ohne oder unter nur ungenügendem Jagdschutz viel zu verlustreich werden mussten, um auf die Dauer tragbar zu sein, wenn der Gegner über eine starke Verteidigung des Zielraums durch Jagdflugzeuge verfügte. Die Verteidigungsbewaffnung der mittleren Bomber des Typs Bristol "Blenheim" hatte sich als völlig unzureichend erwiesen. Sie wurden eine leichte Beute der deutschen Jäger vom Typ Me 109 und der Zerstörer Me 110. Jagdschutz aber konnten die Briten ihren Bombern nicht mitgeben, weil ihre damaligen Jäger, meist vom Typ Hurricane, nicht die Reichweite der Bomber besassen und abwerfbare Zusatztanks damals noch nicht eingeführt waren. Man hätte also auf deutscher Seite erkennen müssen, welche Bedingungen die eigenen Bomberverbände bei Tagesangriffen gegen die britische Insel vorfinden würden. Ob und welche Möglichkeiten noch zur Verbesserung dieser Bedingungen gegeben gewesen wären, kann hier nicht untersucht werden.

Auch durch die häufigen Nachteinflüge der RAF hätte die Führung der Luftwaffe gewarnt sein müssen. Diese Flüge wurden mit den damaligen schweren Bombern der RAF, den Vickers "Wellington" und den Armstrong Whitworth "Whitley", seltener Handley Page "Hampden", unternommen. Die dabei abgeworfenen "Flugblätter" verfehlten allerdings jede Wirkung. Die Tatsache jedoch, dass es den Bombern gelang, diese bis weit in den deutschen Luftraum hineinreichenden Flüge mit geradezu beunruhigender Regelmässigkeit durchzuführen, und dass sie dabei nur geringe Verluste erlitten, hätte für die deutsche Führung ein alarmierender Beweis dafür sein müssen, dass es mit der dem eigenen Volk als "undurchdringlich" bezeichneten Luftverteidigung, vor allem gegen Nachtangriffe, irgendwie nicht stimmte und dass die Bomber der RAF genauso gut morgen schon Bomben, wie heute Flugblätter abwerfen konnten. Dieser Flugblattabwurf war nichts anderes als eine raffinierte Tarnung, um den Gegner über den wahren Grund der Flüge zu täuschen. Die Besatzungen der britischen Bomber sammelten nämlich auf ihren Nachtflügen über deutschem Gebiet wertvolle Erfahrungen in der Navigation bei Nacht sowie über die Aufstellung und Wirkung des deutschen Flakschutzes und der deutschen Nachtjagd, die sich damals freilich erst im Versuchsstadium befand. Die deutsche Führung unterlag der geschickten Täuschung durch die Flugblattabwürfe, obwohl nichts naheliegender sein konnte als der logische Schluss, dass diese häufigen Nachtflüge von strategischen Bombern das erste vorbereitende Glied in der Kette der strategischen Luftkriegshandlungen gegen Deutschland darstellen mussten. Dass diese Schlussfolgerung den Tatsachen entsprach, hat später der Verlauf des Luftkrieges bewiesen und zeigte sich bereits zu Beginn der zweiten Phase, als die Briten, nunmehr unter Sir als Premierminister, "die Handschuhe auszogen".

Die zweite Phase

10./11. Mai 1940 bis 28./29. März 1942

Am 10. Mai 1940 trat das Ereignis ein, über dessen Durchführung und Termin schon Wochen und Monate zuvor auf beiden Seiten die verschiedensten Vermutungen und Befürchtungen diskutiert worden waren, der Angriff der Deutschen im Westen.

Diese Offensive wurde, ebenso wie im Feldzug gegen Polen, mit einem überraschenden Grossangriff der zahlenmässig dem Gegner beträchtlich überlegenen deutschen Luftstreitkräfte auf die Luftwaffen der Alliierten in Frankreich, sowie auf die belgische und niederländische Luftwaffe eröffnete. Und wie in Polen wurden auch die französischen, niederländischen und belgischen Flugzeuge bereits auf ihren Flugplätzen und Startbahnen zum grössten Teil vernichtet, so dass die deutsche Luftwaffe überall die Luftüberlegenheit innehatte und an den Schwerpunkten der Kämpfe sogar die Luftherrschaft erringen konnte.

Das sorglose Verhalten der Franzosen, Belgier und Holländer in diesen Wochen der Hochspannung bleibt unerklärlich. Selbstverständlich hatten die Alliierten sich Gedanken darüber gemacht, was sie im Falle eines deutschen Angriffs im Westen Unternehmen wollten. Die Franzosen hatten am 22. April 1940 in London für diesen Fall ihre Zustimmung erteilt, dass Verkehrsanjagen und Öllager im westdeutschen Raum angegriffen werden sollten. Am 8. Mai 1940 erhielt das Britische Luftfahrtministerium vom Kriegskabinett für den Fall des deutschen Vormarsches freie Hand für Luftangriffe auf Verschiebebahnhöfe, Öllager und Kraftwerke. Aber das Nächstliegende, die kriegsmässige Aufstellung und Verteilung ihrer Luftwaffen, hatten die Alliierten übersehen und aus dem Fall Polens keine Folgerungen gezogen. Jedenfalls waren die Zustimmung der Franzosen an London und die Ermächtigung der RAF zu Angriffen gegen die obigen Ziele Vorbereitungen auf den strategischen Luftkrieg, dessen zweite Phase in der Nacht vom 10. zum 11. Mai begann und am 28. März 1942 endete. Jetzt wurden auch Angriffe auf offene Städte verzeichnet.

Am 10. Mai waren zwei Ereignisse eingetreten, über die die deutsche Öffentlichkeit erst nach dem Kriege die volle Wahrheit erfuhr. Während die deutschen Bomber und Jäger zum Angriff starteten und die deutschen Panzerarmeen ihren zügigen Vormarsch antraten, übernahm am 10. Mai der neuernannte Premierminister Sir Winston ChurchilI den Vorsitz im britischen Kriegskabinett. Mit ihm trat eine Persönlichkeit an die Spitze der englischen Kriegführung, die auch vor härtesten Massnahmen nicht zurückscheute, wenn sie ein geeignetes Mittel zur Durchsetzung der Kriegsziele zu bieten schienen. Unter ihm sollte im weiteren Verlauf der Luftkrieg eine bis dahin unbekannte Verschärfung erfahren. Dieser verschärfte Bombenkrieg richtete sich nicht nur gegen militärische Ziele, sondern nahm das gesamte gegnerische Potential zum Angriffsprojekt. Freilich kam im Wechselspiel der gegenseitigen Angriffe diese Verschärfung erst allmählich in Gang. Technische Unzulänglichkeiten wie auch moral-politische Bedenken liessen diese Entwicklung nur schrittweise vor sich gehen. Es ist bekannt, dass ein grosser Teil des englischen Volkes während des ganzen Krieges mit dem unterschiedslosen Bombenkrieg, wie er sich dann entwickelte und auch die Wohngebiete der Städte nicht verschonte, nicht einverstanden war. Darüber, wie es schliesslich zu den Angriffen auf die deutschen Städte kam, gibt ein Bericht der US-Strategie Bombing Survey näheren Aufschluss, der am Ende dieses Abschnittes in Zusammenhang mit weiteren aufschlussreichen Angaben wiedergegeben wird. Das war das eine Ereignis.

Das andere Ereignis war ein Vorfall am Nachmittag des 10. Mai, der Göring, als er wenig später davon erfuhr, in erhebliche Aufregung versetzte. Er rief aus: "Dieser Feldzug fängt ja gut an. Die Luftwaffe und ich haben uns schwer blamiert. Wie kann man dies nur vor dem deutschen Volk verantworten?" Es handelt sich um den berühmten und berüchtigten Bombenwurf auf Freiburg im Breisgau, der im OKW-Bericht vom 11. Mai erwähnt wurde:

"Der Feind griff am 10. Mai die Stadt Freiburg mit Bomben an und warf in der Nacht vom 10. zum 11. Mai Brand- und Splitterbomben auf drei Ortschaften im Ruhrgebiet, wobei zwei Zivilpersonen getötet, mehrere verletzt und geringer Sachschaden verursacht wurden".

Die Nachricht, der Feind habe Freiburg angegriffen, war falsch. Vielmehr hatten einige deutsche Flugzeuge am 10. Mai um 15.59 Uhr ihre Bombenlast auf den Flugplatz und Bahnanlagen in Freiburg in der Meinung abgeworfen, sich über ihrem befohlenen Ziel bei Dijon zu befinden.

Durch eine mit äusserster Genauigkeit geführte Untersuchung wurde einwandfrei festgestellt, dass es sich um einen Fehlabwurf durch deutsche Flugzeuge bei verhältnismässig unsichtigem Wetter handelte. Die Besatzungen waren fest davon überzeugt, ihre Bomben, statt in das befohlene französische Ziel Dijon-Lonvic in das Ausweichziel Dole-Tavaux gebracht zu haben. Der Sachverhalt wurde absichtlich verschleiert und während des Krieges auch nicht mehr richtiggestellt. Es ist viel darüber geschrieben worden, aber die Version, Hitler habe diesen Angriff befohlen, lässt sich nicht halten. Im Gegenteil, Hitler machte Göring die heftigsten Vorwürfe.

Die im Zusammenhang mit dem Bombenwurf auf Freiburg von der deutschen Propaganda geäusserte Drohung, "von jetzt ab zu vergelten", wurde erst wesentlich später in die Tat umgesetzt. Der OKW-Bericht vom 3. 1. 1941 nennt den 8. August 1940 den Tag, an dem die "Luftschlacht um England" begann. Der erste schwere Angriff auf London fand aber erst einen Monat später, am 7. September 1940, statt.

Bis zum 25. Mai war der Durchbruch zum Kanal gelungen. Vom 20. Mai bis zum 4. Juni wurden starke Feindkräfte in Flandern gebunden und schliesslich bei Dünkirchen zusammengedrängt. Der Entschluss Hitlers, seine Panzer am 25. Mai anzuhalten, war auf Vorstellungen des von Rundstedt zurückzuführen, der den Panzern in diesem ungünstigen Gelände weitere Offensiven nicht mehr zumuten wollte. Ausserdem glaubte Hitler, dem Rat und den Versprechungen Görings folgend, die deutsche Luftwaffe sei stark genug, jeden Abtransport von Truppen nach England zu verhindern. Es gelang aber der britischen Flotte unter dem Schutz der Jäger und Bomber der RAF 338 226 Mann nach England zu evakuieren, wobei sie durch das Wetter der beiden letzten Tage des Rückzuges - Nebel im Raum von Dünkirchen, Nebel über vielen deutschen Flugplätzen und spiegelglatte See – begünstigt wurde. Es war die erste grosse Enttäuschung im Verlaufe des bis dahin nur erfolgreich geführten Krieges und daran konnte auch die Kapitulation Frankreichs am 25. Juni wenig ändern.

Die Luftschlacht um England

Vom 21. Juli bis zum 6. September 1940 lief die erste Aktion der deutschen Luftwaffe gegen England, die als planmässige Bekämpfung der englischen Luftwaffe und ihrer Bodenorganisation, der Luftwaffen-Industrieziele und der Einfuhrtransporte bezeichnet wurde. In zeitlicher Überschneidung hierzu begann am 8. August die "Schlacht um England".

Es ist bekannt, dass dem Entschluss, einen verschärften Luft- und Seekrieg gegen England zu führen, ein anderer Plan zugrunde lag, die Operation "Seelöwe", wie der Deckname für die deutsche Invasion in England lautete. Hitler war unschlüssig, nachdem die am 30. Juli dem OKW gemeldet hatte, dass sie die Hauptvorbereitungen dazu frühestens am 15. September abschliessen könne, und wollte erst die ersten Ergebnisse des verstärkten Luftkrieges abwarten. Am 2. August wurde die Anweisung Nr. 17 für die "Luftschlacht um England" erlassen, die folgenden Wortlaut hatte:

1. Die Luftwaffe hat mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln und innerhalb kürzester Zeit die britischen Luftstreitkräfte zu vernichten. Die Angriffe haben sich vorerst gegen die Flugzeuge, ihre Bodenorganisation und den Nachschub zu richten; später sind sie auch auf die Flugzeugwerke sowie Flakmaterial erzeugenden Fabriken auszudehnen. 2. Nach Erringung einer temporären oder lokalen Luftüberlegenheit sind auch die Häfen anzugreifen; zu zerstören sind insbesondere die Lebensmitteldepots, vor allem jene der Hauptstadt London. Die Angriffe auf die Häfen Südenglands sind im Hinblick auf unsere eigenen zukünftigen Operationen auf ein Mindestmass zu beschränken. 3. Angriffe auf Kriegs- und Handelsschiffe sind, im Vergleich zu jenen die der Niederringung der feindlichen Luftstreitkräfte dienen, mit Ausnahme der nachstehend genannten Fälle als zweitrangig zu betrachten: Schiffsziele, die sich bei besonders günstiger Lage von selbst ergeben oder gegen die mit den in Punkt 2 genannten Angriffen (auf Häfen) zusätzliche interessante Wirkungen erzielt werden können und endlich die aus Gründen eines notwendigen Trainings der Besatzungen angegriffen werden müssen. 4. Der verschärfte Luftkrieg ist so zu führen, dass zu jeder Zeit angemessen starke Luftstreitkräfte gegen ein günstiges Gelegenheitsziel eingesetzt werden können. Es sind überdies Jagdstreitkräfte für die Operation "Seelöwe" bereitzuhalten. 5. Die Anordnung von Vergeltungsangriffen bleibt vorbehalten. 6. Der verschärfte Luftkrieg kann am 5. August 1940 beginnen. Der Generalstab der Luftwaffe setzt den genauen Zeitpunkt fest, indem er der Beendigung der Vorbereitungen und den meteorologischen Verhältnissen Rechnung trägt. Die Seekriegsleitung gibt zu gleicher Zeit die Massnahmen bekannt, die sie im Hinblick auf die Verschärfung des Seekriegs getroffen hat.

Die englische Propaganda hat es während des Krieges mustergültig verstanden, die allgemeine Lage bei der "Luftschlacht um England" so hinzustellen, als ob eine zahlen- und personalmässig weit unterlegene RAF die deutsche Luftwaffe geschlagen habe. Der US-Strategie Bombing Survey nennt für den Beginn der Schlacht eine deutsche Gesamtstärke von 1'100 Jagdfliegern + 840 Bombern. Nach amtlichen Unterlagen waren an deutschen Jagdflugzeugen und Zerstörern einsatzbereit:

878 Jagdflugzeuge, aber nur 869 Besatzungen 320 Zerstörer, aber nur 268 Besatzungen

Von den Jagdflugzeugen lagen drei Gruppen in der Heimat, so dass sich die angegebene Zahl noch verringert. Rechnet man die Zerstörer Me 110 zu den Jagdflugzeugen, so kommt die Zahl des amerikanischen Berichts zustande. Aber praktisch hatten die Luftflotten 2 und 3 durchschnittlich nur 500 Jäger und 200 Zerstörer zur Verfügung. Churchill nennt ferner 1'015 Bomber + 346 Stukas, während Galland von rund 600 Bombern und höchstens 200 Stukas spricht.

Die britische Luftverteidigung dürfte unter dem "Fighter Command" am 8. August 1940 rund 960 Jagdflugzeuge zur Verfügung gehabt haben. Das Verhältnis bei den Jagdflugzeugen war demnach etwa 1 :1, wenn die Briten nicht sogar etwas stärker gewesen sind.

Die Luftschlacht um England begann am 8. August 1940 und endete nach dem letzten Grossangriff mit über 500 Bombern auf London in der Nacht vom 10. Zum 11. Mai 1941.

Der deutsche Angreifer, der die gesamte belgisch-französische Atlantikküste gegenüber der britischen Südküste besass, hatte bei seinen Luftoperationen gegen England zwei strategische Vorteile: kurze Flugstrecken und eine vorteilhafte Infrastruktur, die es ermöglichte, aus weit ausgedehnten Stützpunkten zu konzentrischen Angriffen zu starten.

Die Hauptvorteile des britischen Gegners waren: Er verfügte über ein ausgedehntes Frühwarnsystem und über eine gut funktionierende Bodenorganisation und Bodenführung. Dadurch wurde die insulare Lage wieder zur Geltung gebracht. Der zweite Vorteil war die Tatsache, dass der Kampf der englischen Jäger sich fast immer über dem eigenen Boden abspielte. Ihre Verluste waren erheblich, sie wären aber im anderen Falle noch schwerer gewesen. Während von der Flugdauer der deutschen Jagdflugzeuge - höchstens 95 Minuten - die An- und Abflugzeit abgezogen werden musste, konnten die britischen Jagdflieger oft genug die ganze Flugdauer als taktischen Einsatz fliegen. Der dritte Vorteil waren die gewaltigen Anstrengungen der britischen Luftwaffenindustrie, die in wenigen Monaten das Bild zugunsten der britischen Jagdflieger veränderte.

Als erste Phase der Schlacht gelten die deutschen Grossangriffe vom 8. bis 18. August. Ein Jagdgeschwader sammelte sich meist in einer Höhe von 5'000 bis 6'000 m und stieg dann während des Fluges über den Kanal auf 7'000 bis 8'000 m und höher. Die Gruppen flogen aufgelockert in verschiedenen Höhen gestaffelt, meist als Begleitschutz für Stukas oder Bomber. Da der An- und Abflug über den Kanal je eine halbe Stunde in Anspruch nahm, blieb für den eigentlichen taktischen Zweck nur eine kurze Zeitspanne von 20 bis 30 Minuten. Praktisch hiess das, dass unsere Jagdgeschwader nur den Süden und Südosten von England und den Raum von London erreichen konnten, dass ferner unsere schwachbewaffneten Bomber über diesen Raum ungeschützt weiterfliegen mussten und eine leichte Beute der Spitfires und Hurricanes wurden. Der Gegner zog also seine Jagdverbände aus dem gefährdeten Raum zurück, belegte die bombardierten und meist über Nacht wiederhergestellten Flugbasen nur kurzfristig zum Einsatz, baute in den weiten ungestörten Räumen der Insel Flugzeuge, bildete Piloten aus und stellte neue Verbände auf. Als die deutsche Führung eingesehen hatte, dass sie mit der Jagdwaffe allein nicht die Luftherrschaft erringen konnte, setzte sie ihre fliegende Artillerie, die Bomberwaffe, ein, wobei sich das Fehlen einer starken Fernbomberwaffe bald bemerkbar machte. Seit dem 8. August griffen die Bomber Flugplätze und Industriewerke der Flugzeug- und Flugmotorenherstellung an. Am Mittag des 13. August wurde der erste Grossangriff gegen Seestützpunkte, Radarstationen und Jagdflugplätze im Süden und Südosten Englands geflogen. Der Grossangriff am 16. August richtete sich auf die Flugplätze um London. Bis zum 18. August wurden diese Angriffe fortgesetzt.

In der zweiten Phase der Luftschlacht vom 19. August bis zum 6. September wurden Flugplätze im Innern von England angegriffen. Zum Teil wurden diese Angriffe von kleinen Bomberverbänden unter starkem Jagdschutz geflogen, zum Teil wiederum als "freie Jagd". Andere Angriffe richteten sich gegen wichtige Industrieziele, wie die Spitfire Fabrik in Southhampton und die Lager von Brookland, wo erhebliche Schäden entstanden. Sie hätten für die britische Produktion von Jagdflugzeugen ernsthafte Folgen gehabt, wäre in den zwei Monaten Atempause nach Dünkirchen nicht vorgesorgt worden. Das Hauptziel der deutschen Luftwaffe, die britischen Jäger herauszulocken, zum Kampf zu stellen und zu vernichten, konnte auch in dieser Phase nicht erreicht werden, weil die britischen Jäger den Befehl erhalten hatten, möglichst nur die deutschen Bomber anzugreifen und Luftkämpfe mit deutschen Jägern zu vermeiden.

In der dritten Phase vom 7. September bis zum 5. Oktober kam die Luftschlacht auf ihren Höhepunkt. Am Nachmittag des 7. September sammelte sich eine Armada von mehr als 1'000 Flugzeugen, Bomber und Stukas geschützt von Jägern und Zerstörern, an der Kanalküste, nahm Kurs auf die Riesenstadt an der Themse und flog den ersten Grossangriff auf London, wo hauptsächlich Markt- und Lagerhallen, Güterbahnhöfe und Docks, der "Bauch" von London, angegriffen wurden. Das Ringen um die Entscheidung erreichte seinen Höhepunkt am 15. September und dauerte bis zum 26. dieses Monats, aber am 27. war ein derartiges Nachlassen des deutschen Druckes auf die britische Luftverteidigung zu spüren, dass die Briten mit Recht annahmen, die "Schlacht um England" gewonnen zu haben. Alles hatte in diesen Tagen auf des Messers Schneide gestanden, weil die Ausfälle an britischen Jagdpiloten ein solches Ausmass erreicht hatten, dass man auf Flugzeugführer der Bomber und Küstenüberwachungs-Kommandos zurückgreifen musste. Aber auch auf deutscher Seite waren die Ausfälle an Bombern trotz des starken Jagdschutzes gestiegen. Der Schutz der Bomber durch Jagdflugzeuge vom Typ Me 109 war deshalb problematisch, weil dieses auf hohe Geschwindigkeit gezüchtete Flugzeug viel zu schnell und für rein defensive Aufgaben dieser Art nicht geeignet war. Die Begleitjäger konnten auf einen verspäteten Bomberverband nicht warten, schlossen sich einem anderen Verband an oder flogen freie Jagd. Da die Bomber wesentlich langsamer flogen, war es für die Jäger schwierig, am Verband zu bleiben, und auf jeden Fall war, wie schon wiederholt betont, ihre Flugdauer zu kurz. Da man damals keine Langstreckenjäger hatte, hätte man mehr Jäger haben müssen, um die Bomberverbände in Ablösungen zu schützen, wie es später von alliierter Seite geschah. Auch auf deutscher Seite war der Ausfall von Jagdpiloten sehr gross. Das hatte allein in der Zeit vom 13. August bis zum Januar 1941 nicht weniger als 24 Piloten als gefallen und vermisst, 4 als verunglückt und 26 als gefangen, zusammen 54 alte erfahrene Piloten verloren. Das ist die Hälfte der Besatzungen eines Geschwaders!

In der vierten Phase vom 6. bis 31. Oktober wurden hauptsächlich Angriffe durch Jäger mit Me 109 als Jagdbomber und Zerstörer mit Me 110 und Me 210 geflogen. Da die Bombenlast sehr gering war, hatten diese Störangriffe keine allzu grossen Erfolge.

Am 1. November 1940 begann die fünfte und letzte Phase der Luftschlacht mit schweren Nachtangriffen gegen London, Liverpool, Birmingham, Manchester, Southhampton, Glasgow, Edinburgh und andere grosse britische Städte. Die deutschen Bomber flogen bis zu drei Einsätze in der Nacht und warfen bis zu 1000 Tonnen Bomben in ihre Ziele, eine für damalige Verhältnisse unerreichte Leistung. Bekannt ist der Angriff auf Coventry, Sitz einer bedeutenden Flugzeugindustrie, in der Nacht vom 14. zum 15. November 1940. Auch London musste im November noch viele Nachtangriffe über sich ergehen lassen. Die fünfte Phase endete mit einem Grossangriff in der Nacht vom 10. zum 11. Mai auf London. Der letzte Abschnitt der Luftschlacht um England, der von der deutschen Luftwaffe "strategisch" geführt wurde, zeigte, dass sie der Aufgabe eines selbständigen, auf lange Sicht berechneten strategischen Luftkrieges nicht gewachsen war. Es gelang ihr nicht, die britische Produktion entscheidend zu schwächen, die Versorgung Englands ernstlich zu gefährden oder die RAF zu vernichten. Und Göring hatte bei der Luftwaffenkonferenz in 's-Gravenhage, in der die Vorbereitungen für den verstärkten Luftkrieg besprochen wurden, die Meinung vertreten, die Luftherrschaft könne über England innerhalb von 13 Tagen errungen werden, da es möglich sei, die englische Jagdwaffe in dieser Zeit in der Luft und am Boden zu vernichten. Als am 11. Mai die Schlacht abgebrochen wurde, war die RAF längst aus der Defensive zur Offensive übergegangen und ihr Jagdflieger-Kommando hatte sich von den schweren Schlägen gut erholt. Somit war an diesem Tage die "endgültige" Entscheidung in der "Luftschlacht um England" und zugleich - wie die Zukunft erweisen sollte - auch die "endgültige" Entscheidung für den weiteren Verlauf des zweiten Weltkrieges gefallen. Deutschland hatte zwar dadurch den Krieg noch nicht völlig verloren, konnte ihn aber nach dieser Entscheidung nie mehr gewinnen.

Die deutsche Bomberwaffe hatte bei dieser Luftschlacht so schwere Verluste an Material und Personal erleiden müssen, dass sie im ganzen weiteren Verlauf des Krieges nie wieder auf einen Stand gebracht werden konnte, der auch nur einigermassen für die Durchführung eines "strategischen" Luftkrieges ausreichend gewesen wäre, zumal ihre Bestände im folgenden Feldzug gegen Sowjet-Russland, vielfach dazu noch in falschen "taktischen" Einsätzen, aufgerieben wurden.

Dagegen konnte England nun dazu übergehen, von der Insel, dem "Flugzeugträger gegen Europa", aus den strategischen Luftkrieg gegen Deutschland zu beginnen und später zusammen mit den USA bis zu seinem Endziel, der völligen Niederwerfung Deutschlands, durchzuführen. Hätten die Piloten der englischen Jagdwaffe in den neun Monaten vom Anfang August 1940 bis Anfang Mai 1941 nicht durchgehalten, hätte dem strategischen Luftkrieg gegen Deutschland, der nach dem damaligen technischen Stand hätte von keiner anderen Stelle aus durchgeführt werden können, jede Voraussetzung gefehlt.

Über die Verluste der deutschen Luftwaffe sagt der US-Strategie Bombing Survey aus, dass die RAF während der Etappe der Tagesangriffe im September 1940 900 Bomber und 1'000 Jäger zerstört oder beschädigt habe, während der Etappe der darauf folgenden Nachtangriffe 1'475 Jäger und 1'850 Bomber. Nach authentischen britischen und deutschen Quellen liegen über die Totalverluste vom 10. Juli 1940 bis zum 31. Oktober 1940, also bis zum Beginn der deutschen Nachtangriffe, detaillierte Zahlen vor. Demnach verlor das Jäger-Kommando der RAF in diesem Zeitraum 915 Flugzeuge, ferner 375 Jagdpiloten als Gefallene und 358 als Schwerverletzte. Nach britischen Behauptungen während des Krieges betrugen die deutschen Verluste an Bombern und Jägern 2'698 Flugzeuge. Nach deutschen Berichten zur Zeit der Schlacht waren es nur 896 Flugzeuge, die tatsächlichen Verluste auf deutscher Seite waren aber 1'733 Bomber und Jäger, alle Angaben auf den oben genannten Zeitraum bezogen.

Während der »Schlacht um England" konnten verloren gegangene Flugzeuge aus der laufenden Produktion ersetzt werden. Was sich aber nicht ersetzen liess, das waren die erfahrenen, teilweise noch im Frieden gründlich ausgebildeten fliegenden Besatzungen, die in den folgenden Jahren der deutschen Luftverteidigung fehlen sollten.

Vom Luftkrieg im Süden, Südosten und Osten Die Feldzüge gegen Jugoslawien und Griechenland brachten, was den Einsatz der Luftwaffebetrifft, keine neuen Erkenntnisse. Gegen Jugoslawien bewährte sich erneut die deutscheMethode, zuerst durch einen massierten Einsatz die Luftstreitkräfte des Gegners zu zerschlagenund anschliessend die eigene Luftwaffe nur noch rein taktisch zur Unterstützung deseinzusetzen. Heeres In Griechenland waren die feindlichen Luftstreitkräfte, obwohl dort einige britischeFliegerverbände, meist Jäger vom Typ Gloster »Gladiator", stationiert waren, der deutschenLuftwaffe derart unterlegen, dass man sich den einleitenden Grossangriff ersparen konnte. Auchhier zeigte sich wiederum die vorbildliche Zusammenarbeit zwischen Luftwaffe und Heer.

Nach dem Eintritt Italiens in den Krieg wurden auch die italienischen Besitzungen in Nordafrika in die Kriegshandlungen einbezogen. Die Kämpfe dort, im Ganzen mittelmeerischen Raum, die Eroberung Kretas und die Angriffe auf erforderten immer wieder den Einsatz von Jägern, Stukas und Transportmaschinen und trugen zu einer weiteren Verminderung des deutschen Luftwaffenpotentials bei. Da seit dem 22. Juni 1941 das Gros der deutschen Luftwaffe, am Anfang 1'300 Flugzeuge, in der Sowjetunion eingesetzt war, konnte die deutsche Führung an alle diese Kriegsschauplätze im Südosten, Süden und auch im Westen nur wenig fliegende Verbände als Verstärkung entsenden. Diese Verzettelung der deutschen Luftwaffe auf sämtliche Fronten führten schliesslich dazu, dass sie ihre Luftherrschaft nicht halten konnte und sie an den Gegner verlor.

Der Krieg gegen die Sowjetunion hatte nur eine mittelbare Bedeutung für den Luftkrieg über Deutschland, zum Beispiel, dass zeitweilig die Prioritäten der Panzer, denen der Flugzeuge vorangingen. Die sowjetische Luftwaffe war, ebenso wie die deutsche, auf die Zusammenarbeit mit dem Heer eingestellt. Einen strategischen Luftkrieg führten die Sowjetrussen nicht, weil die Anglo-Amerikaner diese Aufgabe übernommen hatten. Es ist im Sinne dieser Dokumentation nicht notwendig, den Luftkrieg mit Sowjetrussland dem Verlauf nach zu schildern. Die fliegenden Verbände, Bomber, Jäger und Transporter, dazu Schlachtflugzeuge, hatten in der befohlenen Zusammenarbeit mit dem Heer hervorragende Erfolge aufzuweisen, sie wurden aber material- und personalmässig im Laufe der Jahre aufgerieben. Ein Ruhmesblatt der deutschen Transportflieger war die Versorgung der Kessel von Cholm und Djemjansk, woraus Göring trotz der Warnungen seines Generalstabschefs Jeschonnek und der zuständigen Luftflotte 4 den "positiven" Schluss zog, es müsse auch möglich sein, den Kessel von Stalingrad mit mindestens täglich 300 t Verpflegung, Material und Munition zu versorgen. Bei diesen Versorgungsflügen für Stalingrad büssten die Transportverbände rund 500 Flugzeuge und etwa 1'000 Mann fliegendes Personal ein".

Die Ausweitung des Krieges nach allen Seiten forderte immer grössere Anstrengungen der deutschen Rüstungsindustrie und der gesamten deutschen Wirtschaft. Versäumnisse, die beim Aufbau der Luftwaffe vor dem Kriege begangen worden oder die einfach zwangsläufig und unvermeidlich gewesen waren, liessen sich nicht mehr aufholen. Die deutsche Bomberwaffe konnte jetzt nicht mehr auf einen solchen Stand gebracht werden, den sie neben ihren taktischen Aufgaben für strategisch wirkungsvolle Luftangriffe gegen England hätte haben müssen. Denn jetzt machte sich auf beiden Seiten die technische Entwicklung fortschreitend bemerkbar, wobei man aber dem einmal eingeschlagenen Weg folgen musste. Um neue Dinge zu schaffen, war es zu spät, und schliesslich sind sogar die USA aus guten Gründen mit den viermotorigen Bombern Boeing "Fortress" und Consolidated "Liberator" in den Krieg eingetreten, obgleich sie auch andere Projekte entwicklungsreif fertiggestellt hatten, wie zum Beispiel den Douglas--19, der bereits 1940 12'500 km flog und um ein Drittel grösser war als der gegen Japan eingesetzte Bomber Boing B-29 "Superfortress".

Die ersten Nachtangriffe der RAF auf Deutschland

Wie schon erwähnt, begann in der Nacht vom 10. zum 11. Mai die britische Bombenoffensive auf militärische und nichtmilitärische Ziele. Da die englische Regierung den Charakter dieser Offensive vor dem eigenen Volk zunächst geheim hielt, konnte die deutsche Führung sich nicht sofort darüber ins klare kommen, ob diese Nachtangriffe auf das Rhein- und Ruhrgebiet im Mai und Juni 1940 auf rückwärtige Verbindungen und andere militärische Ziele gerichtet waren oder ob sie tatsächlich Störangriffe gegen die deutschen Städte und ihre Bevölkerung darstellen sollten. Heute wissen wir auch, dass die französische Regierung gegen den Einsatz der britischen Bomber Widerstand geleistet hat. Der englische Jurist J. F. Veale stellte in seinem Buch "Der Barbarei entgegen" fest: "Der Flug der 18 englischen Whitley-Bomber in der N acht zum 10./11. Mai 1940 zum Angriff auf westdeutsche Städte wendete ein wichtiges Blatt in der Geschichte und setzte den Schlusspunkt hinter eine Epoche, die zweieinhalb Jahrhunderte gedauert hatte".

Kurz nach Mitternacht fielen englische Bomben auf Mönchen-Gladbach und seine Aussenbezirke. Die Zivilbevölkerung hatte 4 Tote, darunter eine Engländerin, und mehrere Verletzte. Es erscheint richtig, über diese ersten Einflüge bis Anfang September eine Übersicht wiederzugeben, obwohl diese der Ergänzung bedürftig sein mag:

In der Nacht schwache Einflüge in die Deutsche Bucht. Ausserdem Bomben auf nichtmilitärische 12./13. Mai Ziele bei Duisburg, Kaldenkirchen, Köln, Troisdorf, Zülpich, Schleiden, in der und bei Saarburg.

In der Nacht 7 Einflüge in die Deutsche Bucht und über 13./14. Mai Schleswig-Holstein. Ausserdem 9 Einflüge in das Gebiet Köln, Düsseldorf.

In der Nacht etwa 18 Einflüge in die Deutsche Bucht, über die ostfriesischen Inseln, über niederländisch- 14./15. Mai belgisches Gebiet. Bomben bei Duisburg, M.- Gladbach, Erp, Krefeld, Waldniel usw.

Etwa 23 Einflüge in den Raum Emmerich - Bochum - 16. Mai Schnee-Eifel.

Am Nachmittag des 16. Mai 2 Einflüge in den Raum Enschede - Osnabrüdc bis Schnee-Eifel und in der Nacht vom 16. zum 17. Mai 14 Einflüge aus dem 16./17. Mai niederländisch-belgischen Raum. Bomben bei Haldern, Goch, Dorsten, Olfen, Kamen, Oberhausen, Hattingen, Remscheid, Rheydt, Erkelenz. Es fielen etwa 50 Bomben. 6 Tote, 34 Verletzte.

In der Nacht griffen etwa 40 bis 50 Flugzeuge an verschiedenen Stellen im norddeutschen Küstengebiet mit 17./18. Mai Schwerpunkt über Hamburg an. Abwurf von Leuchtbomben. Ausserdem 10 Einflüge Rheinland- Westfalen. Zwischen Mitternacht und 6.30 Uhr aus der Deutschen Bucht 12 Einflüge bis Lübecker Bucht. Abwurf von etwa 60 Bomben. Einige Tote und 18. Juni Verwundete. Zwischen Mitternacht und 3.00 Uhr Feindeinflüge aus dem niederländisch-belgischen Raum bis Herford, , Angriffsschwerpunkt Ruhrgebiet. Mehrere Tote und Verletzte.

Nachts Mittelrhein Bombenangriffe. Schaden an 19. Juni nichtmilitärischen Zielen, 2 Tote.

Einflüge in den Raum München und Bombenabwurf 4. Juli etwa 20 Bomben, 6 Tote, 17 Verletzte.

In der Nacht zum 26. August zum ersten Mal Berlin 26. August überflogen, am Stadtrand einige Brandbomben.

In der Nacht planmässiger Angriff auf Wohnviertel von Berlin. Abwurf von Brand- und Sprengbomben. 29. August Mehrere Brände. Zahlreiche Zivilpersonen getötet oder verletzt.

In der vergangenen Nacht Angriffe auf Berlin und andere 31. August Ziele im Reichsgebiet. Bomben auf die Innenstadt und Arbeiterviertel.

In der Nacht zum 1. September Abwurf von Bomben 1. September auf das Ruhrgebiet und Berlin.

In der letzten Nacht versuchte die britische Bomberwaffe 2. September Berlin anzugreifen.

In der letzten Nacht Versuch, Berlin anzugreifen. An 5. September zwei Stellen Abwurf von Bomben über Berliner Gebiet. Angriff durch die Flak abgewehrt.

Das OKW berichtete: "Der Feind griff bei Nacht wieder die Reichshauptstadt an und verursachte einigen Personen- und Sachschaden durch wahllosen Bombenabwurf auf nichtmilitärische Ziele der Innenstadt. 7. September Die deutsche Luftwaffe ist daher dazu übergegangen, nunmehr auch London mit starken Kräften anzugreifen. In der vergangenen Nacht wurden Dockanlagen im östlichen London in Brand geworfen und durch Sprengbomben schwer getroffen. Dort und im Ölhafen von Thameshaven waren starke Brände weithin sichtbar".

Die Einflüge der britischen Bomberwaffe hatten den bereits geschilderten Zweck, für die späteren Grossangriffe Erfahrungen zu sammeln, die Besatzungen mit dem Nachtflug über deutschem Gebiet vertraut zu machen, den Nachschub zu stören und die Zivilbevölkerung zu beunruhigen, unter denen es immer wieder Tote und Verletzte gab. Nach Abbruch der "Schlacht um England" mehrten sich die Nachtangriffe. Sie richteten sich anfangs gegen Industrieziele. Was der englische Premierminister Sir Winston Churchill dachte, geht aus seiner Rede in der County Hall vom 14. Juli 1941 hervor: "Wir jammern nicht um Gnade. Wenn heute die Bevölkerung gefragt würde, ob das Bombardement durch Konventionen abgeschafft werden sollte, würde die überwiegende Zahl antworten: ,Nein, wir wollen uns mit den Deutschen weitermessen und ihnen alles noch gründlicher heimzahlen'". Grosser Beifall! Daher wurde auch ab Juli 1941 dem britischen "Kommando der Bombenflieger" die Aufgabe gestellt, das deutsche Verkehrsnetz zu stören und durch "Flächenangriffe" vor allem auf Städte des Industriegebiets an der Ruhr und im Rheinland die Moral der Bevölkerung zu zermürben. Bei diesen Angriffen gewann der Abwurf von Brandbomben immer mehr an Bedeutung und betrug, wenn es sich um Ziele in Städten handelte, etwa 50 Prozent der abgeworfenen gesamten Bombenmenge. Die Taktik bestand dabei noch in der Form des "Angriffes in Wellen". Die erzielten Erfolge waren gering. Die Störungen der Produktion waren kaum nennenswert und dazu noch weniger auf die tatsächlich angerichteten Schäden als vielmehr auf die Arbeitsunterbrechungen durch die Luftalarme zurückzuführen. Ebenso war die moralische Wirkung auf die Bevölkerung ganz unbedeutend. Obwohl im Laufe des Jahres 1941 nach den Angaben von Air Chief Marshai Bottomley immerhin schon 35'000 Tonnen Bombenlast auf deutsches Gebiet abgeworfen wurden, blieben in diesem Jahr die Luftangriffe praktisch ohne lohnenden Erfolg.

Beim Einsatz gegen die besetzten West gebiete wurden neben einigen Bombenangriffen auf besonders wichtige Ziele, wie den Kriegshafen Brest, chemische Fabriken bei Bethune, U-Boots- Stützpunkte und dergleichen, und, vor allem durch Jabos und Jäger, Störangriffe gegen Verkehrsziele und Flugplätze unternommen, um die deutschen Jäger zum Kampf zu stellen.

Am 11. Dezember 1941 erklärte Hitler den Vereinigten Staaten den Krieg, nachdem die Japaner am 8. Dezember Pearl Harbour überfallen und damit ihren Krieg gegen die USA eröffnet hatten. Wie man nach dem Kriege aus der amerikanischen Veröffentlichung" The Army Air Forces in World War II" erfuhr, hatten die USA mit dieser Möglichkeit bereits gerechnet und die entsprechenden Vorbereitungen dafür getroffen. Auch waren im Rahmen des 1941 abgeschlossenen Pacht-Leih- Abkommens der RAF die ersten "Fliegenden Festungen", 20 viermotorige Bomber Boeing "Fortress" B-17 A geliefert worden. Die Briten hatten damit in 39 Einsätzen bis September 1941 wenig Glück, weil sie die Bomber falsch einsetzten, zum Beispiel einzeln oder in kleinen Verbänden und in zu grossen Höhen fliegen liessen und weil sich die Anordnung der Verteidigungsbewaffnung als ungeeignet erwies.

Am 23. Februar 1942 hatte in England Air Marshai Sir Arthur T. Harris, als "Bomber-Harris" in die Geschichte eingegangen, den Befehl über das Kommando der

Bombenflieger der RAF übernommen. Das war ohne Zweifel ein ebenso fähiger wie energischer Offizier. Von jetzt an zeigte die Luftkriegführung eine planvolle Verschärfung. In der Nacht des 3. März 1942 richtete die RAF den ersten wirklich strategischen Grossangriff mit starken Kräften gegen die Renault-Werke in Paris. Dabei verfehlten viele Bomben ihr militärisches Ziel und trafen stattdessen die benachbarten Arbeiterviertel, bei denen es 250 Tote gab. Sehr bald begannen die "Flächenangriffe" auf deutsche Städte. Damit hatte die Stunde der deutschen Reichsverteidigung geschlagen.

Nach dem Erfolg der britischen Luftverteidigung in der "Luftschlacht um England" hatte man nun auf deutscher Seite die Möglichkeiten der Luftverteidigung stark überschätzt und erwartet, die Angriffe der RAF ebenso erfolgreich abwehren zu können. Aber man hatte bei dieser Ansicht die grundverschiedene taktische Lage nicht genügend in Rechnung gestellt. Die deutschen Angriffe stiessen zwangsläufig stets in das Zentrum der britischen Jagdabwehr hinein, da die Angriffsziele auf der Insel in einem verhältnismässig kleinen Raum konzentriert lagen. In Deutschland dagegen verteilten sich lohnende Ziele auf einen derart grossen Raum, dass es unmöglich war, "überall" Schwerpunkte der Verteidigung durch Jäger und Flak zu bilden. Die RAF konnte daher durch Scheinanflüge mit plötzlicher Kursänderung die deutsche Jagdabwehr weitgehend irreführen und zersplittern und überdies durch ständigen Wechsel ihrer Angriffsräume auch eine Schwerpunktbildung der Flak-Aufstellung ausserordentlich erschweren. So kam es, dass es der deutschen Luftverteidigung nicht gelang, die britischen Angriffe erfolgreich abzuwehren oder gar zu unterbinden, obwohl seinerzeit die deutschen Jagdfliegerverbände im Westen noch über eine beachtliche Stärke und Kampfkraft verfügten und auch die deutsche Flak gute Abschussergebnisse erzielen konnte. Statt dessen wuchs die Zahl und Wucht der britischen Luftangriffe im Laufe des Jahres 1941 zwar noch langsam, aber stetig an.

Die dritte Phase

28./29. März 1942 bis Ende des Jahres 1942

In der Nacht zum 29. März beginnt die dritte Phase, die sich bis zum Ende des Jahres 1942 erstreckt und unter dem Zeichen der "Flächenangriffe", die Briten nannten sie "area bombing", steht. Das erste Opfer dieser neuen Taktik war die alte Hansestadt Lübeck, über der in der Nacht vorn 28. zum 29. März 200 bis 300 britische Bomber eine Bombenlast von rund 500 Tonnen Spreng- und Brandbomben abwarfen. Die Bevölkerung hatte mehr als 300 Tote, was der OKW- Bericht "einige Verluste" nannte, um die begreifliche Unruhe im deutschen Volk nicht noch mehr zu vergrössern. 12 Bomber wurden von der Nachtjagd, Flak und Marineartillerie abgeschossen. Die neue Taktik bestand darin, eine möglichst grosse Anzahl von Bombern in einem möglichst kurzen Zeitraum über dem Ziel zu konzentrieren. Navigatorisch und technisch erforderte das grösste Genauigkeit und Anstrengungen. In der Nacht zum 25. April und in der darauffolgenden griffen britische Bomber Wohnviertel in Rostock mit ähnlicher Wirkung wie bei Lübeck an. Einen Markstein in der Geschichte des Luftkrieges gegen Deutschland stellte der erste "Tausend-Bomber-Angriff" der RAF auf Köln in der Nacht vom 30. Zum 31. Mai dar. Luftmarschall Harris hatte alles zusammengerafft, was er an Bombern zur Verfügung hatte. 1'130 Bomber warfen innerhalb 90 Minuten Bomben in einem Gesamtgewicht von etwa 1'500 Tonnen ab. Die Zivilbevölkerung hatte 460 Tote. Allerdings hatte die RAF diesen Angriff mit 36 abgeschossenen Bombern zu bezahlen. Zwei weitere "Tausend-Bomber-Angriffe" wurden auf in der Nacht zum 1. Juni und auf in der Nacht zum 26. Juni geflogen. Bei Bremen wurden 52 Bomber von der deutschen Abwehr abgeschossen. Ausserdem folgten noch viele schwere, nach der Taktik des "area bombing" durchgeführte Angriffe auf Wilhelmshaven, Mainz, Kassel, Düsseldorf und andere deutsche Städte und Industriezentren. Bis zum 1. September wurden insgesamt 25 deutsche Städte mit jeweils mehr als 100 Bombern angegriffen.

Dabei wurde im August 1942 zum ersten Mal die "Pfadfinder"-Taktik angewendet, die darin bestand, dass dem Bomber-Gros die "Pfadfinder-Flugzeuge" - fast durchweg Mosquitos - voraus flogen und das "Flächenziel" durch Abwurf von Leuchtzeichen "absteckten". Dieses Verfahren stellte eine wesentliche Verbesserung der Nachtangriffsmethoden dar. Nach englischen Angaben wurden im Laufe des Jahres 1942 1'000 Angriffe auf das deutsche Reichsgebiet geflogen, darunter 17 schwere mit einer Abwurfmenge von mehr als 500 Tonnen. Zu diesen Angriffen nehmen der englische J. F. C. Fuller, der amerikanische Luftkriegstheoretiker A. de Seversky und viele andere Militärschriftsteller den sehr wichtigen Standpunkt ein, dass der militärische Wert solcher Angriffe nur sehr gering war. Wie nun Luftmarschall Lord Tedder in seinem Buch "Air Power in War") offen zugibt, waren für die Wahl dieser Angriffstaktik drei Gründe massgebend:

1. Die Annahme, die deutsche Kriegsproduktion sei bereits 1942 bis zum Äussersten angespannt, so dass jeder industrielle Schaden, auch wenn er die Rüstungsbetriebe nicht direkt beträfe, sich nachteilig auf deren Produktion auswirken müsste. Man rechnete damit, dass durch die materiellen Schäden an Fabriken allgemeiner Art, an Kraftwerken, öffentlichen Einrichtungen usw. sowie durch das Absinken der Moral und der Leistungsfähigkeit der wohnungslos gewordenen Arbeiter die gesamte deutsche Produktion und dadurch die wirkliche Rüstungsproduktion um ein Drittel oder sogar noch mehr herabgesetzt werden würde. 2. Nachtangriffe auf Einzelziele waren bei dem damaligen Stand der Entwicklung der Zielgeräte und Navigationsmittel nur in mondhellen Nächten mit Aussicht auf Erfolg durchführbar. Dadurch war naturgemäss die Zahl der möglichen Angriffe stark beschränkt. Dazu trat, dass Nachtangriffe bei mondhellen Nächten durch die wesentliche Verstärkung und Verbesserung der deutschen Nachtjagd zunehmend verlustreicher wurden. 3. Die Tatsache, dass die deutsche Luftwaffe in der "Schlacht um England", vor allem in deren letzter Phase bei den Angriffen auf London, sich nicht auf rein militärische Ziele beschränkt hatte, erleichterte es, auch die moralischen Bedenken gegenüber den militärischen Erfordernissen zurückzustellen.

Die erwartete Wirkung trat allerdings nicht ein. Die deutsche Führung hatte noch lange nicht alle Kräfte und Mittel für die Kriegsproduktion mobilisiert und verfügte noch über Reserven und Ausweichmöglichkeiten. Damit blieb der materielle Erfolg aus, aber auch die Spekulation auf die Demoralisierung der Bevölkerung erwies sich als eine Fehlrechnung. Das Gegenteil wurde erreicht. Der Widerstandswille wurde versteift und daneben entstanden bisher nicht vorhandene "Hassgefühle" , die natürlich von der Propaganda entsprechend geschürt wurden. Diese völlig "negative" Wirkung war die gleiche, wie sie die deutschen Angriffe auf englische Städte hervorgerufen hatten.

Tagesangriffe auf westdeutsches Gebiet erfolgten meist durch" Wellingtons unter Wolkenschutz. Eine Ausnahme bildeten die Tagesangriffe von "Lancasters" auf die MAN-Werke in Augsburg am 17. April 1942 und auf Industrieziele in Danzig am 11. Juli 1942, sowie derjenige mit "Mustangs" auf den -Ems-Kanal. Im Ganzen waren es bis Oktober 1942 nicht weniger als 45 von diesen kühnen Angriffen, die zum Teil für die RAF sehr verlustreich waren. So kamen von den 12 gestarteten Lancasters, die Augsburg angriffen, nach englischen Angaben nur 8 ans Ziel, von denen 7 abgeschossen wurden.

Im April begann die Verschiffung des Personals der 8. amerikanischen Luftflotte nach Liverpool. Die viermotorigen Bomber Boeing B-17 wurden von den eigenen Besatzungen auf dem Luftwege überführt. Bis Ende 1942 waren 882 Flugzeuge in Schottland gelandet. Aber Tagesangriffe auf deutsches Reichsgebiet unternahm die 8. AAF im Jahre 1942 noch nicht, sondern sie operierte zunächst tastend und vorsichtig über den besetzten Westgebieten, um ihre Besatzungen einzugewöhnen.

Die deutsche Lufttätigkeit im Westen war sehr beschränkt, da das Gros der deutschen Bomberwaffe im Feldzug gegen Sowjetrussland und der Rest fast völlig im Mittelmeerraum (Afrika und Malta) gebunden waren. Es konnten gegen England nur vereinzelte schwache Angriffe geflogen werden. Dagegen war die deutsche Jagdwaffe, obwohl auch sie durch die in Russland und im Mittelmeerraum eingesetzten Verbände stark beansprucht war, von beachtlicher Leistungsfähigkeit und numerischer Stärke. Auch die Flak-Artillerie des deutschen Heimatschutzes war nicht zu unterschätzen. Aber beide waren doch zu schwach, um das Anwachsen der britischen Luftangriffe zu vereiteln. Das Jahr 1942 war entscheidend für den weiteren Verlauf des Luftkrieges, denn in diesem Jahr legte die angloamerikanische Luftwaffe durch ihre technische und zahlenmässige Entwicklung und ihren Einsatz den Grundstock zu ihrer Luftüberlegenheit.

Im Juli 1940 begann General Kammhuber die Nachtjagd im grösseren Stil zu organisieren, zunächst als Nachtjagd mit "hellen Riegeln", die durch Scheinwerfer erhellt wurden. Ab Oktober 1940 wurden Würzburg-Geräte und später auch Freya-Geräte geliefert. Durch Holland, Belgien und Frankreich zog sich jetzt ein "dunkler Riegel", der in "Räume" aufgeteilt war. Im Juni 1941 wurde aus der 1. Nachtjagddivision das XII. Fliegerkorps (Nachtjagd). Wir können an dieser Stelle nicht in die an sich interessanten Einzelheiten der Nachtjagd und ihrer Verfahren gehen, stellen aber zusammenfassend fest, dass sie einen beachtlichen Erfolg errang. Bei dem Angriff auf Köln hatten die Nachtjäger bereits den 600. Abschuss zu verzeichnen. Im September 1942 waren es 1'000 und bis März bereits 2'000, davon etwa 80% viermotoriger Bomber. Der US-Strategie Bombing Survey bemerkt zu der deutschen Flugzeugproduktion kritisch, das Flugzeug-Produktionsprogramm für 1940 und 1941 zeige, dass man an höchster Stelle eine Expansion der deutschen Luftwaffe grossen Stiles nicht für notwendig gehalten habe. Tatsächlich hatte die deutsche Flugzeugindustrie 1941/42 eine schwere Produktionskrise zu überwinden, die vor allem auf Fehldispositionen der obersten deutschen Führung (Generalluftzeugmeister) und Fehlkonstruktionen der Industrie zurückzuführen war. Währenddessen lief die britische Flugzeugindustrie ungestört auf vollen Touren und die USA konnten nach 1941 mit 19'433 Flugzeugen im kritischen Jahr 1942 bereits eine Gesamtproduktion von 47'836 Flugzeugen, darunter 2'615 viermotorige Bomber, erreichen. Hierzu schreibt der Bombing Survey: "Und wieder war die deutsche Reaktion merkwürdig apathisch; dass das Oberkommando die Produktionszahlen der Alliierten nicht glaubte, ist ein Beweis dafür". Die von der deutschen Luftwaffe mit grossen Hoffnungen erwarteten neuen Typen blieben aus, und selbst die gesteigerte Produktion der bewährten und inzwischen noch verbesserten Ju 88 konnte diese Lücken nicht schliessen. Bei den Bomben erfolgte die Entwicklung nach zwei Richtungen: Erstens wurde die Wirkung der verschiedenen Bombenarten durch die Verwendung neuer Sprengstoffe und die Verbesserung der Konstruktionen beträchtlich verbessert. Bei der Bekämpfung von Gebäudezielen traten an die Stelle der bisher üblichen Sprengbomben immer mehr die Bomben mit Minenwirkung, da diese eine wesentlich grössere Zerstörungskraft gegenüber diesen Zielen aufwiesen. Zweitens ging man dazu über, Bomben mit beträchtlich grösserem Gewicht zu bauen. Im Frühjahr 1942 wog die schwerste Bombe noch 900 kg, im Sommer gab es schon welche von 1'800 kg und bereits im Herbst 1942 wurden erstmalig Bomben von 3'600 kg abgeworfen. Auch die Brandbomben wurden ganz wesentlich verbessert.

Aber noch ein anderes Problem begann die deutsche Luftwaffe zu beschäftigen. Sie hatte bis 1942 bereits eine Menge guter und bewährter Piloten verloren und musste diese ersetzen. Der "Bombing Survey" schreibt dazu: "Im Jahre 1942 wurde ein gesteigertes Programm für die Piloten- Ausbildung in Betracht gezogen, aber dieses Programm wurde durch die Verknappung von Flugbenzin behindert. Anstatt eine geringere Anzahl von Piloten gründlich auszubilden, entschlossen die Deutschen sich, eine grössere Zahl schlechter ausgebildeter Piloten zu haben, wobei sie mit der Tatsache rechneten, dass sie in der Schlacht unter der Leitung der Veteranen Erfahrungen sammeln könnten. Die Ergebnisse dieser Grundsätze sollten sich in späteren Jahren als katastrophal herausstellen".

Die vierte Phase

Anfang 1943 bis 5. Juni 1944

Stand das Jahr 1942 trotz der für Deutschland empfindlichen Nachtangriffe der RAF doch noch im Zeichen der Vorbereitung für den wirklichen strategischen Luftkrieg durch die Angloamerikaner, so bot das Jahr 1943 schon einen Vorgeschmack dessen, was in der zweiten Hälfte von 1944 und 1945 über das Deutsche Reich hereinbrechen sollte. In der vierten Phase, die sich über den Zeitraum von Anfang 1943 bis zum 5. Juni 1944, dem Tag vor der Invasion der Normandie, erstreckte, griffen die Amerikaner deutsches Reichsgebiet am Tage an, während die Nachtangriffe weiter durch die RAF geflogen wurden. In dieser Phase einer wesentlichen Verschärfung des Luftkrieges mussten die angloamerikanischen Luftstreitkräfte feststellen, dass sie nicht ohne Widerstand an ihr Ziel gelangen konnten, dass dieser Widerstand sogar stärker als erwartet war und es über recht empfindliche Verluste sogar zu einer Vertrauenskrise in der amerikanischen Bomberwaffe kam. Die amerikanischen Bomberverbände erlitten durch Flak, Jäger und Zerstörer Verluste bei einigen Einsätzen bis zu 20 %, was auf die Dauer untragbar war. Ebenso mussten die Briten bei ihren nächtlichen Angriffen schwere Verluste durch die Nachtjagd hinnehmen. Zwar entwickelten die amerikanischen Fortresses und Liberators, wenn sie zu Hunderten massiert und gestaffelt einflogen, eine erhebliche Feuerkraft. Trotzdem wurden ihre Verbände immer wieder von Jägern durchbrochen und auseinandergesprengt.

So büssten sie am 17. August 1943 bei ihren Tagesangriffen auf Schweinfurt (Kugellagerfabriken) und Regensburg (Messerschmitt) 15,7 % bzw. 16,4 % ihrer Bomber ein. Bei einem weiteren Tagesangriff auf Schweinfurt am 14.10.1943 betrug die Verlustquote sogar 20,6 %. Die 8. USAAF sah sich daher sogar gezwungen, vorübergehend die Angriffe auf deutsches Reichsgebiet einzustellen. Der Rückschlag der amerikanischen Bomberwaffe hatte seinen Grund in dem Mangel an Langstreckenjägern. Der Jagdschutz konnte wegen seiner ungenügenden Reichweite die Bomber nur etwa bis zum Rhein begleiten und musste dann abdrehen, so dass die Bomber den letzten Weg ungeschützt flogen. Wenn sie dabei auch durch Scheinangriffe und Kursänderungen die deutsche Jagdabwehr oft täuschen konnten, so blieb die Verlustquote auf die Dauer doch untragbar.

Das Auftauchen der Langstreckenjäger ist nun ein typisches Beispiel dafür, wie eine einzige technische Errungenschaft im Luftkrieg die Lage grundlegend ändern konnte. Als Neukonstruktion brachten die Amerikaner den Republik P-47 "Thunderbolt" heraus, der im Mai 1943 zum ersten Mal Geleitschutz gab. Der Einbau von Rumpfabwurfbehältern in den P-47 ermöglichte ihm im August 1943 in Reichweiten zu kämpfen, in denen deutsche Jäger bisher nicht bekämpft worden waren. Im November 1943 wurde die Lockheed P-38 "Lightning" mit Tragflächenbehältern ausgestattet und im Dezember tauchte auch die North American P-51 "Mustang" als Langstreckenjäger auf. Vom Februar 1944 an war es diesen Langstreckenjägern möglich, die Bomber bis zu jedem Ziel in Deutschland zu begleiten. Gleichzeitig wurde die Taktik geändert. Während die Jagdflugzeuge bisher die einzige Aufgabe hatten, die Bomber zu schützen, blieb von jetzt ab nur ein Teil der Jäger bei der Bomberformation, während der andere Teil auf das Auftauchen der deutschen Jäger wartete und sie dann angriff.

Auch auf dem Gebiete der Geräte brachte das Jahr 1943 eine für den Verlauf des Bomberkrieges entscheidende Erfindung, das auf dem Radar-Prinzip beruhende H2SGerät, welches es ermöglichte, auf seiner Mattscheibe selbst bei dunkler Nacht oder bei völlig aufliegender Wolkendecke das überflogene Gebiet wie auf einem Kartenbild zu erkennen. Das erste dieser Geräte, mit 9-cm-Wellen arbeitend, erschien erstmalig im Juli 1943 und wurde von der deutschen Luftwaffe "-Gerät" genannt. Das zweite, mit 3-cm-Wellen arbeitend, trat im Herbst 1943 in Erscheinung und erhielt von deutscher Seite die Bezeichnung "Meddogerät". Dazu kam das "Düppelverfahren" (bei den Anglo-Amerikanern "Window" genannt), der Abwurf von grossen Mengen dünner Aluminium-Streifen, um die deutschen Ortungs- und Flakgeräte zu stören. Ausserdem setzten die Amerikaner gegen von starker Flak geschützte Ziele vereinzelt "Gleitbomben" ein, die schon vor Erreichen des Ziels ausgeklinkt werden konnten. Das Gewicht der einzelnen Bomben erhöhte sich weiter, die schwerste wog 5.440 kg, deren erste am 14. März 1943 auf den Viadukt bei Bielefeld abgeworfen wurde. Auch die Wirkung der Splitterbomben wurde erhöht. Da sich aus den bisher gemachten Erfahrungen ergeben hatte, dass gegen enggebaute Ziele Brandbomben wirksamer waren als Sprengbomben, dass aber die Magnesium- Stabbrandbomben verhältnismässig leicht abgelöscht werden konnten, wurden Flüssigkeitsbrandbomben eingeführt, deren Brandsatz aus einem Gemisch von Benzin, Gummi und Viscose oder von Öl, flüssigem Asphalt und Magnesiumstaub ("synthetische Lava") sehr häufig auch mit Zusatz von Phosphor, bestand. Das Ablöschen dieser Brandbomben war meist unmöglich. Am 24. April 1943 warfen die Briten die ersten Flüssigkeitsbombern mit einem Gewicht von 27 kg an Fallschirmen ab. Die amerikanischen Brandbomben dieser Art hatten Gewichte von 2,7 kg, 45 kg und 225 kg; ihr Brandsatz wurde später noch verstärkt. Die kleinen Brandbomben von 2,7 kg Gewicht waren zu je 38 Stück in einem Streubehälter untergebracht.

Auch an den Flugzeugen hatten die Alliierten eine Reihe von neuen Typen oder Weiterentwicklungen aufzuweisen. Einen weiteren wichtigen Markstein in der Entwicklung des gesamten Flugwesens bildet das Jahr 1943 insofern, als in ihm auf beiden Seiten der Strahl-Antrieb aus dem bisherigen Versuchsstadium heraus in den Stand der praktischen Verwendbarkeit getreten ist, wenn auch in diesem Jahr ein Fronteinsatz von Flugzeugen mit Strahltriebwerken noch nicht erfolgte.

Bei den Engländern war die nach den Patenten von Frank Whittle gebaute Strahlturbine so weit entwickelt, dass man an einen Serienbau denken konnte. Der Düsenjäger Gloster E 28/39 war zwar bereits im Mai 1941 zum erstenmal geflogen, gelangte aber erst im Juni 1944 zur Bekämpfung der "Fliegenden Bomben" V 1 zum Einsatz. Der 1943 aus ihm entwickelte Gloster "Meteor" wurde zur gleichen Zeit gegen die V 1 eingesetzt, in Europa als Jäger jedoch erst im Februar, als Jabo im April 1945. Auch der Prototyp des Düsenjägers De Havilland "Vampire" unternahm schon am 20. September 1943 seinen ersten Probeflug, doch kam die Serien-Ausführung während des zweiten Weltkrieges nicht mehr an die Front.

In Deutschland war man 1943 noch einen grossen Schritt weitergekommen. Dort waren die Strahlturbinen von Junkers und BMW serienreif geworden, und schon im Frühjahr unternahm der Düsenjäger Messerschmitt Me 262 die ersten Flüge und erreichte dabei Geschwindigkeiten über 800 km/h Der erste Flug dieses Jagdflugzeugs mit Düsenantrieb allein war mit dem Prototyp Me 262 V 3 bereits am 18. Juli 1942 durchgeführt worden.

Ausserdem war in Deutschland bereits 1943 das erste mit einem Raketentriebwerk ausgerüstete Flugzeug, der Jagdeinsitzer Messerschmitt Me 163 (Konstruktion Dr. Lippisch) im praktischen Flugversuch und erzielte dabei Geschwindigkeiten, die die 1'000-km/h-Grenze überschritten.

Mit der Messerschmitt Me 262 besass die deutsche Führung ein Flugzeug, das rechtzeitig mit Priorität in Serie hergestellt, mit den besten Jagdpiloten bemannt und ausschliesslich als Jagdflugzeug eingesetzt, die Bombenangriffe hätte abstoppen können und das sogar fähig gewesen wäre, den schnellen hochfliegenden "Mosquito" vom Himmel zu verjagen.

"Rund um die Uhr" Das obengenannte "Düppelverfahren", den Abwurf von Aluminiumfolien, wandten die Briten zum ersten Mal in der Nacht vom 23. zum 24. Juli 1943 beim Grossangriff auf Hamburg an. Dadurch wurde die gesamte deutsche Verteidigung lahmgelegt. Am 25. Juli erfolgte ein amerikanischer Tagesangriff und in der darauffolgenden Nacht wieder ein schwerer Angriff der RAF und abwechselnd weiter bis zur Nacht vom 28 ./29. Juli. Diese Taktik nannten die Alliierten "round the clock bombing".

Die schwersten Nachtangriffe der RAF in den ersten acht Monaten des Jahres richteten sich gegen folgende Städte:

Auf Berlin fielen in der Zeit vom 18. November 1943 bis Ende des Jahres noch weitere 14'000 Tonnen Bomben.

Ausserdem wurden etwa 1'000 nächtliche Störangriffe auf 40 Städte geflogen, meistens durch "Mosquitos".

Die Tagesangriffe der Amerikaner richteten sich vor allem gegen deutsche Flugzeugwerke und deren Zubehörindustrie. Auf Objekte grösseren Ausmasses wurden "Bombenteppiche" geworfen.

Besondere Erwähnung verdient der von der RAF sorgfältig vorbereitete Nachtangriff auf die Eder- Möhne-Talsperre vom 16./17. Mai 1943. Hierfür wurden eigens für diesen Zweck hergestellte zylinderförmige Riesenbomben verwendet, die durch eine in die Lancaster eingebaute Apparatur vor dem Abwurf in Rotation versetzt wurden. 19 Lancaster hatten diesen Angriff durchgeführt. 11 kehrten nach England zurück. Die Sperrmauern der Eder- und Möhnetalsperre wurden eingerissen. Der Schaden an Menschenleben, Material und Produktionsausfall war ausserordentlich.

Im Ganzen wurden im Jahre 1943 135'000 Tonnen auf deutsches Reichsgebiet von den Alliierten geworfen, trotzdem war das Ergebnis für die alliierte Führung enttäuschend, wie Lord Tedder in seinem Buche zugibt. Die deutschen Anstrengungen, der Lage wieder Herr zu werden, spiegeln sich auch in der Verstärkung der Flakartillerie des Heimatgebietes wieder:

1942 rund 439'000 Mann 1943 rund 600'000 Mann 1944 rund 900'000 Mann.

In diesem Zusammenhang muss auf den Angriff amerikanischer Viermotoriger auf die Erdölraffinerien in Ploesti hingewiesen werden. Da die Öl- und Benzinlieferungen aus diesem ergiebigen rumänischen Erdölvorkommen für die deutsche Wehrmacht von grösster Bedeutung waren, bereiteten die Amerikaner in Nordafrika ihren Angriff sorgfältig vor. Der US-Strategie Bombing Survey nennt das Unternehmen vom 1. August 1943 einen "dramatischen Tiefangriff" . Heute liegen die genauen Zahlen vor; es war die schlimmste Katastrophe der USAAF, die sie im ganzen Krieg erlitten hat, herbeigeführt durch die deutsche und rumänische Flak, die hier ihren grössten Erfolg errangen. Von 177 gestarteten Liberator-Bombern kamen nur 11 zurück. 3 verunglückten beim Start oder stürzten unterwegs ab. 54 wurden über Rumänien oder Ploesti abgeschossen. 440 Mann waren getötet oder vermisst, 54 verwundet. 79 Mann landeten in der Türkei und wurden dort interniert und 200 wurden gefangen genommen. Dabei war der Erfolg des Unternehmens äusserst gering. Nach wenigen Wochen waren alle Schäden behoben. Dagegen konnten die schweren Angriffe auf Ploesti seit April 1944 und vor allem die Verminung der Donau den Ölstrom nach Deutschland beträchtlich reduzieren.

Schwerpunkte und "Doppelschlag" Bei den Angriffen der Anglo-Amerikaner gegen das deutsche Reichsgebiet im Jahre 1944 trat die planmässige Wahl von Schwerpunkten immer klarer zutage. Dabei spezialisierten die Angreifer sich auf militärisch wichtige Ziele, ohne freilich die Flächenangriffe auf grössere Städte zu vernachlässigen. Es wurden angegriffen: Im Januar und Februar 1944 Flugzeugfabriken und ihre Zubehörindustrie, im März Flugplätze und allgemeine Industrieziele, im April wieder Flugzeugwerke und Flugplätze, ferner Eisenbahnknotenpunkte und im Mai erstmals Hydrierwerke und Ölraffinerien, dazu abwechselnd alle vorgenannten Ziele. Die Nachtangriffe auf "Flächenziele" blieben weiter Aufgabe der RAF und die Tagesangriffe auf Einzelziele die der USAAF. Die Tagesangriffe wurden nunmehr durch Langstreckenjäger stark geschützt. Die Taktik der Schein- und Ablenkungsangriffe, um den deutschen Flugmeldedienst zu täuschen und die Jagdabwehr in falsche Räume zu locken, wurde verbessert. So unternahmen beim Nachtangriff der RAF auf Berlin vom 20. Januar 1944 Mosquitos einen Ablenkungsangriff auf Nordwestdeutschland. Der Nachtangriff vom 21. Januar auf Magdeburg wurde durch einen Anflug auf Berlin verschleiert. Beim Grossangriff der RAF auf Berlin vom 15. Februar gelang durch einen gleichzeitigen Ablenkungsangriff auf Frankfurt die Täuschung vollkommen. Von den Nachtangriffen auf Berlin ist der vom 27. Januar hervorzuheben. Eine geschlossene Wolkendecke lag bis auf den Boden auf, die Nachtjäger konnten nicht starten und die Flak vermochte nicht einzugreifen.

Im Februar 1944 wurde von den Anglo-Amerikanern die neue Taktik des "Doppelschlages" (double blow) eingeführt. Das gleiche Ziel wurde kurz hintereinander mehrfach angegriffen, um die Bergungsarbeiten zu erschweren oder unmöglich zu machen. Die Kugellagerfabriken in Schweinfurt waren für einen Tagesangriff am 24. Februar und einen Nachtangriff vom 24./25. das erste Objekt dieser neuen, später häufig durchgeführten Taktik. Die Abwehrkraft der deutschen Luftverteidigung war immer noch bemerkenswert gross, so dass die Verlustquoten der Angreifer wieder stiegen. Die schwerste Abfuhr holten sich die Briten bei ihrem Nachtangriff vom 30./31. März 1944 auf Nürnberg. Von 795 Bombern verlor sie durch die deutsche Nachtjagd 95 Bomber. Doch konnten solche Einzelerfolge den Verlauf des Luftkrieges nicht ändern, weil der Gegner durch ständigen Schwerpunktwechsel die deutsche Verteidigung zersplitterte.

Das traf vor allem für die Flak zu, mit der 1943/44 möglichst alle Angriffsobjekte geschützt werden sollten. Obgleich die Stärke der deutschen Flak von 1939 bis Kriegsende von 2'628 schweren Geschützen (Kaliber 8,8 cm und mehr) auf 14'889 und von etwa 3'360 leichten Geschützen (Kaliber 2, 3,7 und 5 cm) auf 41'937 anstieg, konnten doch nicht alle wichtigen Objekte genügend berücksichtigt werden. Darum ging man 1944 dazu über, an bestimmten Schwerpunkten Flakartillerie zu massieren und an militärisch wichtigen Anlagen "Flakfestungen" zu schaffen (z. B. Stettin 500, Leuna 600 und Heydebreck O/S 800 schwere Geschütze). Trotzdem reichte die Abwehrkraft aber nur am Tage und bei klarem Wetter aus, nicht jedoch in der Nacht oder bei bedecktem Himmel, weil dann durch Abwerfen von Folien die Funkmessgeräte ausgeschaltet wurden.

In der Nacht warf die RAF zwischen 2'000 bis 3'500 Tonnen Bomben ab: 20.1.1944 Berlin, 21.1.1944 Magdeburg, 27.1.1944 Berlin, 15.2.1944 Berlin und Leipzig, 23.3.1944 Frankfurt/M.,

24.3.1944 Berlin, 30.3.1944 Nürnberg und 21.5.1944 Duisburg. Dazu traten Störangriffe auf Nordwest- und Westdeutschland, auf Berlin und 14 weitere deutsche Städte. Am Tage wurden schwer angegriffen:

Flugzeugwerke bei Braunschweig, Magdeburg, 11.1.1944 Aschersleben und Halberstadt.

Deutsche Flugzeugindustrie von England und Italien 20. 5. - 25.2.1944 aus.

4. 3.1944 Erster Tagesangriff auf Berlin.

6. 3.1944 Erster Tages-Grossangriff auf Berlin.

12. 5.1944 Marienburg und Gdingen.

31. 1.1944 Klagenfurt. (Von Italien aus)

17. 3.1944 Erster Angriff auf Wien.

Am 24. April 1944 wurden Eisenbahnziele im grösseren Massstab angegriffen, am Tage bei Hamm und Koblenz, in der Nacht bei Düsseldorf und Braunschweig. Insgesamt wurden in der Zeit vom 1. Januar bis 5. Juni 1944 an 36 Tagen und in 55 Nächten 102 grössere Angriffe auf deutsches Gebiet unternommen und dabei 36 Städte angegriffen, darunter Berlin 17mal, Braunschweig 13mal, Frankfurt/M. 8mal, Hannover und Schweinfurt je mal.

Luftüberlegenheit der Alliierten

Trotz der schweren Luftangriffe stieg die deutsche Flugzeugproduktion in den ersten Monaten des Jahres 1944 steil an. Nach dem US-Strategie Bombing Survey wurden 1944 insgesamt 25'860 einmotorige Jagdflugzeuge abgenommen, abgesehen von anderen Mustern für die Nachtjagd, Bomber, Aufklärer usw. Der genannte Bericht meint, dass z. B. die Zahl aller Jagdflugzeuge an allen Fronten, am 4. Juni 1944 = 1'769 und am 27. Juli 1944 = 1'754 Maschinen (Brief von Speer an Hitler vom 29. Juli 1944) sich schwer in Einklang bringen lasse mit den obengenannten amtlichen Abnahmezahlen. Diese paradoxe Erscheinung lässt sich aber leicht erklären. Die deutsche Jagdwaffe hatte bis Anfang 1944 den grössten Teil ihrer älteren und erfahrenen Piloten verloren. Der Nachwuchs war ungenügend geschult. Er wurde vorzeitig an die Front gebracht. Jeder dritte Pilot blieb bereits bei den ersten vier Einsätzen aus. Ein weiterer Grund war, dass die Jäger immer wieder taktisch zur Entlastung der Erdtruppen eingesetzt wurden. Die deutschen Jagdflieger, damit zu Jabos geworden, hatten bei diesen Unternehmungen nur einen völlig ungenügenden Jagdschutz von oben, während die alliierten Jabos durch Schwärme, Staffeln und sogar durch ganze Geschwader von Spitfires neuester Bauart geschützt wurden. So schmolzen die immer wieder angesammelten Jagdflieger-Reserven wie der Schnee in der Sonne dahin.

Die für das Ausland unbegreifliche Flugzeug-Produktion wurde dadurch ermöglicht, dass man die Fabrikationsprozesse soweit wie zulässig getrennt und aufgeteilt hatte. Im weiteren Verlauf des Luftkrieges wurde diese Dezentralisierung der deutschen Rüstungsindustrie jedoch zu einer grossen Belastung, weil die Produktion vom Funktionieren des Verkehrsnetzes abhängig war. Obwohl die alliierten Angriffe auf das Verkehrsnetz vorerst nur im Westen und Südwesten des Reiches erfolgten, wirkten sie sich sehr störend auf die Produktion aus. Der weitere Verlauf des Krieges zeigte dann mit aller Deutlichkeit, dass die Angriffe auf die Treibstoffziele und die auf das Verkehrsnetz die entscheidenden waren.

Parallel zu den Schwerpunktangriffen auf die deutsche Industrie und das deutsche Verkehrsnetz im Westen gingen die schweren Angriffe der alliierten Luftstreitkräfte auf den nordfranzösischen Raum, wo wiederum vorzugsweise Eisenbahnen und Strassenbrücken angegriffen wurden. Da die Anglo-Amerikaner danach trachten mussten, in den beabsichtigten Invasionsraum möglichst schnell mit starken Streitkräften einzudringen, war die Luftüberlegenheit in diesem Gebiet die allererste Voraussetzung. Sie errangen sie sehr rasch. Ein für die Alliierten günstiger Umstand war, dass die deutsche Führung die Invasion an mehreren Stellen erwartete und dementsprechend ihre Panzerdivisionen verteilt hatte. Wegen der Zerstörung der Eisenbahnen und vieler Strassenbrücken und wegen der Luftüberlegenheit der Alliierten bestand dann keine Möglichkeit, rechtzeitig starke Verbände zu massieren und den eingedrungenen Gegner zurückzuschlagen. Und zu strategischen Luftangriffen auf England war die deutsche Luftwaffe nicht mehr in der Lage. Sie konnte nie mehr als 100 Bombenflugzeuge einsetzen und infolgedessen konnte auch die auf England abgeworfene Bombenlast die Vorbereitungen zur Invasion nur stören, sie aber nicht verhindern.

Die fünfte und letzte Phase

6. Juni 1944 bis zum 8. Mai 1945

Die letzte und schlimmste Phase des Luftkrieges gegen Deutschland umfasst die elf Monate vom Tag der Invasion, dem 6. Juni 1944, an bis zum Tage der bedingungslosen Kapitulation, dem 8. Mai 1945. In elf Monaten wurden die grossen deutschen Städte gänzlich zerschlagen. Die erbarmungslosen Luftangriffe bei Tage und bei Nacht gegen die deutsche Zivilbevölkerung steigerten sich bis zur Unerträglichkeit. Die Menschen kamen aus ihren Luftschutzkellern und Bunkern kaum noch heraus. Immer mehr Wohnstätten sanken in Schutt und Asche. Der Strom der Evakuierten wuchs mit jedem Tage. Was in den Ruinen zurückblieb, rückte in den wenigen Wohnungen zusammen oder vegetierte in den Kellern bis zum nächsten Alarm. Am 8. Mai 1945 stand ein ganzes Volk buchstäblich vor dem Nichts.

Die Invasion

Die Invasion begann am 6. Juni 1944. Den Alliierten standen für diesen Zweck 12'837 Flugzeuge, darunter 5'409 Jäger, 1467 schwere und 1645 mittlere und leichte Bomber, zur Verfügung. Dagegen hatten die Deutschen im ganzen Westen nur rund 500 Flugzeuge, darunter 90 Bomber und 80 bis 100 Jäger einsatzbereit. Erst in den folgenden Tagen konnten der deutschen Luftwaffe weitere Verbände zugeführt werden. Sie schlugen sich hervorragend, aber konnten nicht hindern, dass die alliierten Luftstreitkräfte in wenigen Tagen über dem Kampfraum und dessen Umgebung die absolute Luftherrschaft errangen. Am 31. Juli 1944 gelang den Amerikanern der Durchbruch bei Avranches, womit der Erfolg der Invasion gesichert war. Das war der Auftakt zur völligen Niederlage Deutschlands.

Gleichzeitig verstärkten die Alliierten ihre Luftangriffe auf das deutsche Reichsgebiet und warfen hauptsächlich Bomben auf Hydrierwerke, Ölraffinerien, die Flugzeugindustrie und andere Industriewerke. Die "double blow"-Angriffe wurden auf drei kurz aufeinanderfolgende Angriffe verstärkt. Die ersten Opfer dieser Taktik wurden München (drei Tagesangriffe am 11., 12., 13. Juli) und Stuttgart (drei Nachtangriffe am 24., 25., 27. Juli). Dabei wurde der Abwurf von Brandbomben vermehrt; auf Stuttgart fielen am 24. Juli über 30'000 Brandbomben. Am 21. Juni war der erste "Pendeleinsatz" (shuttle bombing) von England aus versucht worden. Amerikanische Verbände griffen Berlin an und flogen dann ostwärts weiter. Die deutsche Luftaufklärung stellte auf dem Flugplatz Poltawa etwa 140 Bomber B-17 und mehrere Langstreckenjäger fest. Daraufhin erfolgte auf Poltawa der letzte Grossangriff deutscher Bomber im Osten: 47 Viermotorige wurden zerstört, dazu 15 Mustangs und mehrere sowjetische Flugzeuge, 26 Bomber wurden beschädigt.

Von den Nachtangriffen der RAF ist der vom 12. Juni auf Hydrierwerke bei Gelsenkirchen zu erwähnen, von den schwersten Tagesangriffen der 8. USAAF der vom 20. Juni auf 12 Ölraffinerien und Hydrierwerke und der vom 21. Juni auf Berlin mit über 1'000 Bombern. Die 15. USAAF bombardierte von Italien (Foggia) aus am 25. Juli Ölraffinerien bei Wien. Insgesamt fanden in der Zeit vom 6. Juni bis 31. Juli 1944 an achtzehn Tagen und in neun Nächten grössere Angriffe auf deutsches Reichsgebiet statt, wobei 13 Städte, darunter München sechsmal und Stuttgart dreimal, mit Bomben belegt wurden. Die Wirkung der Angriffe auf Hydrierwerke und Ölraffinerien begann sich jetzt für die deutsche Kriegsindustrie stärker auszuwirken. Die neuen Waffen, von denen die deutsche Führung sich viel versprochen hatte, kamen zu spät und waren somit nicht kriegsentscheidend. Die Engländer waren durch Auswertungen von Luftaufnahmen von Peenemünde auf das Geheimnis der V 1 gekommen. Bereits vor der Invasion hatten die alliierten Bomber zahlreiche Abschussrampen zerstört. Am 15. Juni 1944 begann der V-1-Beschuss gegen England. Innerhalb von 80 Tagen wurden 8'000 V 1 abgeschossen, von denen aber nur 29 % ihr Ziel erreichten, die anderen fielen meist der britischen Luftverteidigung (Flugzeugen, Flak und Ballonsperren) zum Opfer. Am 8. Oktober 1944 wurde die erste V 2 gegen England abgefeuert. Bis zum 2. April 1945 erreichten 1'115 V 2 England und weitere 2'050 das Gebiet um Brüssel, Antwerpen und Lüttich. Da die V 2 aber eine zu grosse Streuung hatte, war die Wirkung zwar beunruhigend, aber sie fiel nicht ins Gewicht.

Auf dem Gebiete der Raketengeschosse und des Strahlantriebes für Flugzeuge waren die Deutschen den Alliierten weit voraus. Die Amerikaner und Briten hatten zwar einige Düsenflugzeuge in Entwicklung, aber bis auf einen Typ (Gloster "Meteor") in wenigen Exemplaren setzten sie im zweiten Weltkriege keine Düsenflugzeuge an der Front ein.

Aber auch auf anderen Gebieten brachten diese letzten Kriegsmonate wichtige technische Fortschritte. Die Flugzeuge mit Kolbenmotoren wurden an der Zelle verbessert, wesentlich stärkere Motoren wurden eingebaut und ebenso Druckkabinen für den Höhenflug. Viele deutsche Düsenjäger vom Typ Me 262 wurden noch in den letzten Kriegswochen mit Raketengeschossen ausgerüstet. Ein einziger Treffer hiermit konnte einen viermotorigen Bomber zum Absturz bringen. Die Präzision der Radargeräte erhöhte sich beachtlich und erlaubte es jetzt, auch im taktischen Einsatz Ziele trotz mangelnder Erdsicht genau zu treffen. Das Höchstgewicht der Bomben stieg auf 10'000 kg. Bomben dieses Kalibers wurden am 14. März 1945 gegen die Viadukte bei Bielefeld und Arnsberg geworfen. Die 5'400-Kilo-Bombe hatte seit Herbst 1944 verbesserte ballistische Eigenschaften durch Stromlinienform erhalten. Anfang 1945 verwendeten die Amerikaner erstmals eine panzerbrechende Bombe mit einem zusätzlichen Raketenantrieb. Sie verstärkten die Brisanz ihrer Bomben durch den neuen Sprengstoff "Pent" .

Der strategische Luftkrieg auf dem Höhepunkt

Bei ihren Schwerpunktangriffen führten die Alliierten schwerste Schläge gegen die Ölziele (Hydrierwerke, Ölraffinerien, ab November auch Öllager) in den Monaten August bis November 1944. Von September bis November galten die Schwerpunktangriffe hauptsächlich dem Verkehrsnetz, Eisenbahnanlagen und Wasserwegen, vielfach durch Verminung aus der Luft. Im Dezember steigerten sich die Bombardierungen von Verkehrsanlagen derart, dass von diesem Zeitpunkt an bis März 1945 der Schwerpunkt zusammen auf den Öl- und Verkehrszielen lag. Im Laufe des März nahmen auch noch einmal die Angriffe auf Flugplätze, Werften und U-Boot-Bunker zu, im April waren dann Eisenbahnanlagen und der rollende Verkehr auf den Schienen und Strassen die Hauptziele der letzten strategischen Luftangriffe.

Neu war, dass die RAF im September ebenso viele Tages- wie Nachtangriffe flog und dass die 15. USAAF im November von Italien aus mit Nachtangriffen begann. Die Störangriffe der "Mosquitos" bei Nacht wurden vermehrt. Die Luftüberlegenheit der Alliierten wuchs täglich. Sie konnten daher immer mehr auf Scheinangriffe und andere Täuschungsmanöver verzichten. Bei den Nachtangriffen benutzten sie jetzt zahlreicher als vorher Sonderflugzeuge, die durch "Düppel" oder mit Störgeräten starke Bomberverbände vortäuschten und damit die deutsche Luftverteidigung irreführten. Im Verlaufe des Vorrückens der alliierten Erdtruppen auf das deutsche Reichsgebiet wurde es ausser von strategischen auch von taktischen Kampfhandlungen betroffen. Am 16. November 1944, dem Tag des Beginns der amerikanischen Offensive zwischen und Düren, wurden grosse Verbände der 8. und 9. USAAF mit über 1'200 schweren viermotorigen Bombern und einer grossen Anzahl von mittleren zweimotorigen Bombern und Jagdbombern zur Verstärkung der Artillerievorbereitung auf taktische Erdziele eingesetzt. Düren, Jülich und Heinsberg wurden mit 5'600 Bomben belegt.

Bombenangriffe auf das deutsche Reichsgebiet

Für die Zeit von August 1944 bis zum Kriegsende gilt folgende Übersicht. Es wurden an schweren Bombenangriffen durchgeführt: Insgesamt wurden vom 1. August 1944 bis zum 26. April 1945 an 194 Tagen und in 94 Nächten 127 deutsche Städte angegriffen. Die schwersten Nachtangriffe der RAF in diesem Zeitraum waren:

09. August 1944 Verminung des Dortmund-Ems-Kanals

26. August Erster Angriff auf Königsberg

12. September Stuttgart; Sprengbomben und 200'000 Brandbomben

12. September Frankfurt; Sprengbomben und 400'000 Brandbomben

28. September Dortmund-Ems-Kanal; auf etwa 25 km ausgelaufen

19. Oktober Nürnberg

22. Oktober Essen; über 4'500 Tonnen Bomben

30. Oktober Köln; 4'000 Tonnen Bomben

02. November Düsseldorf

04. November Bochum

26. November München; 5'400 Tonnen Bomben

27. November Freiburg

28. November Nürnberg; Grosseinsatz durch Mosquitos

04. Dezember Heilbronn; mit sehr schwerer Wirkung

17. Dezember Ulm

16. Januar 1945 Magdeburg; Double-blow-Angriff 17. Januar

Dresden; zweimal in einer Nacht durch die RAF, 13. Februar anschliessend am 14. 2. noch Tagesangriff durch die 14. Februar USAAF, für die Bevölkerung die verlustreichsten Angriffe des ganzen Krieges

14. Februar Chemnitz; zweimal in einer Nacht

23. Februar ; mit sehr schwerer Wirkung

07. März Dessau

12. März Dortmund; 4'900 Tonnen Bomben

16. März Nürnberg und Würzburg 09. April ; Panzerschiff "Admiral Scheer" versenkt

Leipzig; zweimal in einer Nacht; ausserdem Flugplätze im 10. April Grosseinsatz von Nachtjägern angegriffen

14. April Potsdam

25. April Kiel und München; letzter strategischer Einsatz der RAF.

Als schwerste Tagesangriffe - im Allgemeinen durch die 8. USAAF - sind zu nennen:

24. August 1944 Ölziele in Norddeutschland und bei Brüx

09. September Eisenbahnziele in Westdeutschland

11. September Grossangriff gegen Ölziele (auch durch RAF)

26. September Osnabrück und Hannover

06. Oktober Berlin; über 1'250 Bomber

07. Oktober Hydrierwerke

14. Oktober RAF auf Duisburg; 4'500 Tonnen Bomben

15. Oktober RAF; Sorpedamm getroffen

RAF; Eisenbahnbrücke über den Rhein bei Köln 28. Oktober zerstört

12. November Leuna-Werke und Harburg; über 1'250 Bomber

Eisenbahnanlagen bei Kassel, Mainz, Giessen, Bebra und 04. Dezember Soest

Eisenbahnanlagen bei Hanau, Darmstadt, Witten, 12. Dezember Aschaffenburg und Osterfeld; über 2'000 Bomber der RAF und 8. USAAF; bis dahin zahlenmässig stärkster Luftangriff

01. Januar 1945 RAF; Dortmund-Ems-Kanal erneut getroffen

14. Januar Ölziele

Eisenbahnanlagen bei Hamm, Münster, Koblenz, 29. Januar Niederlahnstein, Kassel und Siegen

05. Februar Berlin

14. Februar (s. o. unter den Nachtangriffen)

158 Eisenbahnanlagen im Fünfeck Berlin - Leipzig - Kassel 22. Februar - Hamburg - Ludwigslust (auch durch RAF)

Eisenbahnanlagen im Viereck Leipzig - Regensburg - 23. Februar Stuttgart - Kassel

26. Februar Berlin

11. März RAF; Essen, 5'000 Tonnen Bomben

12. März RAF; Dortmund, 4'900 Tonnen Bomben Viadukte bei Arnsberg und Bielefeld von 10'000 14. März Tonnen getroffen (RAF)

Deutsches Hauptquartier in Zossen; 6000 Tonnen 15. März Spreng- und 325'000 Tonnen Brandbomben

22. März Grossangriffe auf Flugplätze; 1'300 Bomber

24. März Grossangriffe auf Flugplätze; 1'500 Bomber

03. April RAF; Nordhausen; Double-blow-Angriff 04. April

18. April RAF; Helgoland; Double-blow-Angriff 19. April

25. April Pilsen; letzter strategischer Angriff der USAAF

Ausserdem unternahm die 15. USAAF von Italien aus folgende besonders schweren Angriffe:

15. Oktober 1944 Ölziele bei Wien

09. Dezember Regensburg und Pilsen

09. Dezember Eisenbahnziele bei Rosenheim, Innsbruck

15. Dezember Linz und Salzburg

15. Januar 1945 Eisenbahnziele bei Augsburg, Reutlingen, Ingolstadt

In der Zeit vom 1. August 1944 bis 26. April 1945 flogen die Alliierten insgesamt 205 Störangriffe, davon allein auf Berlin 94. Vom 18. Februar 1945 an wurde Berlin fast täglich, oft sogar mehrmals täglich, angegriffen (Februar: 12, März: 29, April: 26). Die letzten vier Kriegsmonate vom 1. Januar bis 26. April 1945 brachten dem Reichsgebiet insgesamt 404 Bombenangriffe, davon 267 am Tage und 137 in der Nacht; in den ersten drei Monaten wurden insgesamt 329'000 Tonnen Bomben abgeworfen.

Während des ganzen Krieges wurden 131 Städte durch Grossangriffe betroffen, davon Berlin (29), Braunschweig (21), Ludwigshafen (19), Mannheim (19), Kiel (18), Köln (18), Frankfurt/M. (18), Hamburg (16), München (16), Koblenz (15), Hamm (15), Hannover (11), Magdeburg (11).

Aufschlussreiche Verhältniszahlen

Der schon mehrfach zitierte US-Strategie Bombing Survey gibt aufschlussreiche Verhältniszahlen wieder:

Nach Ansicht des Berichtes hatte die strategische Luftoffensive bis zum Frühjahr 1944 keine entscheidende militärische Bedeutung. Von der von der RAF und der USAAF im europäischen Krieg abgeworfenen Gesamt-Bomben-Tonnage wurden 83 % nach dem 1. Januar 1944 abgeworfen. Von der auf das eigentliche Deutschland abgeworfenen Tonnage wurden nach dem 1. Januar 1944 85 % abgeworfen. Die Auswirkungen für Deutschland waren erst ab Juli 1944 spürbar, weil die Reserven sich erschöpften. Die Bomben-Tonnage, die sich auf alle speziellen Produktionsziele richtete, machte nur 3 ½ % der gesamten Bomben-Tonnage aus, die abgeworfen wurde. Die Tonnage, die gegen 01, Chemikalien- und Kautschukziele eingesetzt wurde, betrug ungefähr 9 % der insgesamt abgeworfenen Tonnage und die gegen Flugzeug-Fabriken eingesetzte 2 %. Die auf alle anderen Produktionsziele, einschliesslich der Kugellager-Industrie, der Panzer-, Waffen-, Munition-, Kraftfahrzeugwerke und Stahlwerke abgeworfene Tonnage macht 2 ½ % der Gesamt-Anstrengungen aus. Der Angriff gegen Ziele des Transportnetzes betrug 32 % des ganzen Einsatzes. Von der ganzen Bomben- Tonnage kamen auf militärische Ziele, Flugplätze und Flughäfen, Ziele des See- und Binnenschiffartsverkehrs, Abschussplätze der V-Waffen und alle anderen Ziele 30 ½ %. Die restlichen 20 ½ % - also ein Fünftel der zum Abwurf gebrachten Gesamt-Tonnage und nahezu das Doppelte des Bomben-Gewichts, das gegen alle Industrieziele zusammen eingesetzt wurde - wurde bei den Angriffen auf grosse Städte abgeworfen.

Wie es zu den Angriffen auf die deutschen Städte kam, schildert der folgende Bericht:

"Im Anfang des Krieges hat die RAF kurz mit Tagesangriffen experimentiert, “aber gemerkt, dass sich diese Angriffe der Verluste wegen von allein verboten. Danach ging man zu Nachtangriffen über; hierbei stellte sich aber heraus, dass es im Dunklen unmöglich war, besondere Werke oder Anlagen mit hinreichender Genauigkeit auszumachen, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen. Anfang 1942 nahm die RAF ihre Zuflucht zu einer systematischen Bombardierung der deutschen Städte, die ein grosses Angriffsziel boten, so dass ein weit ausgebreiteter Bombenteppich sich als wirkungsvoll erweisen konnte. Vom Oktober 1939 bis Mai 1945 warfen die Luftwaffen der Alliierten, insbesondere die RAF, bei solchen Gebietsangriffen über eine halbe Million Tonnen Spreng-, Brand- und Splitterbomben über 61 deutschen Städten ab, deren Bevölkerung 100'000 Einwohner und darüber betrug. In diesen Städten wohnten 25 Millionen Menschen, das sind 32 % der Bevölkerung des deutschen Reiches und fast 5 Millionen Arbeitskräfte".

Im August 1944 hatten sich die Auswirkungen der seit Juni punktmässig gegen die Hydrierwerke und Ölraffinerien geführten Angriffe durch die Alliierten gezeigt. Von Juni bis August wurden 66 Werke getroffen. Die deutsche Ölproduktion sank von rund 170'000 Tonnen im Mai 1944 auf nur 20'000 im August und schliesslich auf 5'000 monatlich in den letzten Kriegswochen, während die benötigte Menge weit über 100'000 Tonnen im Monat lag. Von Juni 1944 bis April 1945 wurden auf die Ölziele insgesamt 86'000 Tonnen Bomben geworfen. Dies beeinträchtigte nicht allein die Treibstoffversorgung für alle Wehrmachtteile, sondern auch die Öllieferungen für alle Zweige der deutschen Rüstungsindustrie.

Vom November 1944 an wirkte sich der "Ölkrieg" immer stärker auf die deutsche Luftwaffe aus. Sie bekam bald nicht mehr genug Flugbenzin, um den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten, und musste die Ausbildung hauptsächlich auf die Umschulung von Bombenfliegern auf Jagdflugzeuge beschränken. Die seit September 1944 sich ständig steigernden Luftangriffe der Alliierten gegen das deutsche Eisenbahnnetz und den auf den Strassen rollenden Verkehr brachten bald die gesamte militärische und zivile Organisation in Unordnung.

Am Brennstoffmangel und an der ungenügenden Luftverteidigung, die auf den Kraftstoffmangel zurückzuführen war, scheiterte die letzte deutsche Gegenoffensive im Westen, die Ardennen- Offensive, die am 16. Dezember 1944 mit grossem Erfolg eingeleitet worden war. Das Unternehmen "Bodenplatte" , in dem sich 800 deutsche Jäger, Jabos und Schnellbomber zu einem Überraschungsangriff auf Flugplätze der Alliierten in Holland, Belgien und Nordfrankreich vereinigten, endete zwar mit einem relativen Erfolg: 800 alliierte Flugzeuge wurden zerstört oder ausser Gefecht gesetzt, während auf deutscher Seite zunächst nur 93 Ausfälle waren, dann aber von der eigenen Flak beim Rückflug 200 weitere Maschinen abgeschossen wurden. Allein 59 Verbandsführer fielen bei diesem Unternehmen; schlimmer war, dass der erwartete taktische Erfolg nicht eintrat: Die Alliierten brauchten nur eine Woche, um ihre taktischen Verbände wieder aufzufüllen. Nach dieser Zeit konnten sie ihre Überlegenheit wieder voll zur Geltung bringen. Gleichzeitig wirkten sich die Zerstörungen an dem gesamten für den Nachschub notwendigen Eisenbahnnetz im Raum Hamm - Münster - Osnabrück aus, da die Umleitung über Kassel - Frankfurt unter einem ständigen Bombenhagel lag und auch der gesamte Strassenverkehr laufend angegriffen wurde.

Am 23. Februar begann die alliierte Grossoffensive im Westen. Zu ihrer Unterstützung wurden am Tag vorher und am 23. Februar alle Eisenbahnverbindungen nach dem Westen und Süden des Reiches durch äusserst wirksame Grossangriffe aus der Luft unterbrochen. Eine Folge hiervon war das Scheitern der am 20. Februar begonnenen deutschen Gegenoffensive im Osten, weil es unmöglich war, den erforderlichen Betriebsstoff für Panzer und motorisierte Truppen dorthin zu befördern.

Vom März 1945 an ging es mit raschen Schritten dem Ende zu. Schon am 15. März war der gesamte Güterwagentransport auf 15 %, die Kohlenlieferungen auf 4 % des normalen Umfanges gesunken. Speer schrieb an Hitler, der endgültige Zusammenbruch der deutschen Wirtschaft sei mit Sicherheit innerhalb von 4 bis 8 Wochen zu erwarten. Im April stand der Eisenbahnverkehr still, und die Strassen lagen unter den ständigen Tiefangriffen der Jabos. Die Westalliierten stiessen bis über die EIbe vor und die sowjetischen Truppen eroberten Berlin. Am 8. Mai 1945 kapitulierte die deutsche Wehrmacht bedingungslos. Der Krieg war zu Ende.

Bilanz der Bomben-Einsätze

USAF = Amerikanische Luftwaffe, RAF = Britische Luftwaffe Umteilungen vom Strategischen Bomberkommando zu den Kampfeinheiten (Taktischer Einsatz).

* Die hier zitierten statistischen Angaben der Royal Air Force stammen aus dem Jahre 1945 und sind als provisorisch anzusehen. ** Einschliesslich Jagdbomber und Aufklärer. *** Höchststärke einer jeden Luftwaffe.

Zusatzthemen zum Luftkrieg

Tod aus der Luft (aus der Spiegel)

"Wir bomben Deutschland, eine Stadt nach der anderen", prophezeite Arthur Harris 1942 den Deutschen. 234 Bomber sandte der Befehlshaber des Bomber Commands der britischen Royal Air Force gegen Lübeck aus. In der Nacht zum 29. März 1942 verwandelten sie die Stadt in eine Trümmerwüste. Knapp zwei Monate später attackierten gleich mehr als 1'000 Flugzeuge Köln.

Hamburg, Berlin, München, Bremen, Stuttgart - kaum eine deutsche Grossstadt, die im Zweiten Weltkrieg nicht zum Ziel britischer und amerikanischer Bomberflotten wurde. Der schwerste Angriff galt Dortmund. Mehr als 4'800 Tonnen Bomben trafen die Stadt am 12. März 1945. Am Vortag hatten rund 4'700 Tonnen bereits Essen endgültig zerstört.

Die Nationalsozialisten hatten den Luftkrieg gegen wehrlose Zivilisten in den Städten begonnen. Bereits am 1. September 1939 attackierten deutsche Stukas das polnische Wielun. Militärisch war der Angriff sinnlos. Es folgten Warschau, Rotterdam und die Attacken deutscher Bomber auf die britischen Städte im sogenannten Luftkampf um England. Tausende britische Zivilisten starben.

Mit seiner Strategie des "Moral Bombing" meinte Arthur Harris das Mittel zur schnellen Beendigung des Krieges gefunden zu haben. Ein endloser Bombenhagel sollte die Kampfmoral der Deutschen brechen. "Stadt für Stadt", verkündete der Offizier. "Die Liste wird immer länger". Die Folge war ein Terrorkrieg gegen die Zivilbevölkerung.

Rund 600.000 Zivilisten sollen nach Schätzungen von Historikern in Europa auf den verfeindeten Seiten durch die Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs umgekommen sein.

Um einen Überblick der schwersten Bombardements auf Deutschland im Zweiten Weltkrieg zu geben, haben SPIEGEL und SPIEGEL ONLINE eine Aufstellung aus unterschiedlichen geschichtswissenschaftlichen Quellen erstellt.

Auf den folgenden Karten wird der Verlauf des Bombenkriegs gegen Deutschland gezeigt. Sie zeigen bedeutende Luftangriffe von 1940 bis 1945, und sie zeigen, wie sich ihre Intensität von Jahr zu Jahr steigerte. Je mehr Bomben abgeworfen wurden, desto grösser sind die Kreise auf den Karte dargestellt. Angesichts der Verschiebungen im Grenzverlauf wird Deutschland in den Grenzen von 1990 dargestellt. Hier finden Sie einen Überblick über den Kriegsverlauf. 08_08/Für das Jahr 1940 zeigt die Karte zehn grössere Angriffe, davon zwei auf Berlin und mehrere auf das Ruhrgebiet. Das erste Bombardement trifft Mönchengladbach im Mai 08_09/Im Jahr 1941 werden Bremen, Frankfurt am Main und Düsseldorf getroffen 08_10/Für das Jahr 1942 sind erstmals Angriffe mit einer Bombenlast von mehr als tausend Tonnen zu verzeichnen, unter anderem Düsseldorf und Köln 08_11/Mehr als 130 Luftangriffe stell die Karte für 1943 dar. Besonders häufig trifft es Berlin, Hamburg, Köln und das Ruhrgebiet 08_12/Im Jahr 1944 sind besonders viele schwere Bombenangriffe aufgeführt. Einiger Städte werden mit mehr als 4'000 Tonnen Bomben getroffen 08_13/Bis Ende April 1945 bombardierten die Alliierten deutsch Städte schwer, in dieses Jahr fallen die besonders verheerenden Angriffe auf Dortmund und Essen

Mit dem Rechen des Todes (aus der Spiegel)

Trotz erbitterter Luftabwehr konnten die Alliierten Deutschland zertrümmern. Als die riesige US- Bomberflotte die Rüstungsindustrie lahm legte, war Hitlers Niederlage besiegelt.

Das Unternehmen "Skate" war hoch geheim. Nach der Einsatzbesprechung wurden alle Tore der Militärbasis verriegelt, die Telefonleitungen nach draussen blockiert.

Es war am Nachmittag des 14. Oktober 1944. Auf mehreren Fliegerhorsten der 5. Bomber- in der ostenglischen Grafschaft Lincolnshire machte die Royal Air Force eine Flotte von 233 Maschinen des Typs Lancaster startklar. 7'500 Liter Flugbenzin strömten in die Tanks jeder Maschine. Dann wurden Flüssigkeitsbomben geladen, ganze Schüttkästen voll Stabbrandbomben und je Flugzeug eine Luftmine, Gewicht: eine Tonne. Derweil griffen sich die siebenköpfigen Crews ihre Monturen mitsamt den Notfall- Accessoires: Fallschirme, Landkarten vom Feindgebiet und teils sogar Schnürsenkel mit versteckten Sägeblättern - für die Gitterstäbe eines Gefangenenlagers.

Spätnachmittags startete die Flotte, formierte sich westlich von London zu Pulks und schwenkte dann Richtung "Skate" (deutsch: Rochen). Im RAF-Zielverzeichnis, in dem die deutschen Städte Fischnamen trugen - eine Referenz an den angelversessenen Luftmarschall Robert Saundby -, stand Rochen für Braunschweig.

Über der niedersächsischen Stadt kurvte als Erster unbemerkt der Wetterbeobachter ein, der seine Windmessungen zur Justierung der Zieldaten funkte. Dann begann der "Master-Bomber" seine Beobachtungsschleifen zu ziehen, die "Pfadfinder" erhielten Order, die Markierungsbomben zu setzen. Mit ihren "Christbäumen" - Leuchtbomben, die minutenlang am Fallschirm herabsanken und farbige Signalkörper ausspien - steckten sie das Zielgebiet ab.

Nun erst trat die 5. Group in Aktion. Um das ganze Areal abzudecken, schwärmte der Bomberstrom fächerförmig auseinander. Die Zielgeräte der Maschinen waren so eingestellt, dass beim Abfliegen vorbestimmter Sektoren die Bomben in Abständen zwischen 8 bis 21 Sekunden aus den Schächten fielen. Binnen weniger Minuten wurden 900 Tonnen abgeworfen, die Krater bildeten breite Schneisen im Stadtbild.

Am nächsten Tag verdunkelte ein riesiger Rauchpilz den Himmel, die Toten mussten im Dämmerlicht gezählt werden. Helfer registrierten überall "verkohlte Leichen, merkwürdig klein". In dieser Nacht starben insgesamt 561 Menschen. Von Braunschweig waren 150 Hektar weitgehend vernichtet, darunter auch die ganze Altstadt.

Der Bombenfächer, eine Innovation des Group-Commander Ralph Cochrane, hatte sich in dieser Nacht erstmals über einer deutschen Grossstadt bewährt - so gründlich, dass "Braunschweig kein weiteres Mal angegriffen wurde", wie es im Tagebuch des britischen Bomberkommandos hiess.

Viereinhalb Jahre nach dem Beginn hatte der Bombenkrieg im Herbst 1944 seine grausige Perfektion erreicht. Über dem ganzen Land tauchten jetzt die Flugzeugpulks der Alliierten auf. Tagsüber glitzerten ganz oben am Himmel die Maschinen der 8. US-Luftflotte in der Sonne, Hunderte winziger Silberkreuze mit Bahnen aus Kondensspuren wie makabre Stars and Stripes. Die nächtlichen Anflüge der Royal Air Force waren zwar kaum zu sehen, doch durch das Dröhnen von Tausenden schwerer Flugmotoren umso schauerlicher.

Tag für Tag erlitten die Deutschen nun "die Wucht und Schwere des modernen Krieges mit allen seinen Schrecken und Leiden", wie der amerikanische Schlussbericht "United States Survey" es später beschrieb.

Stärkste Waffe in dem Luftkrieg, der alle Dimensionen sprengte, war die englische Lancaster. Mit 30 Tonnen Abfluggewicht - so schwer wie ein heutiger Regionaljet - übertraf sie Amerikas Grossbomber an Tragfähigkeit. Der containerförmige Rumpf der Lancaster konnte alle Bombentypen der Royal Air Force aufnehmen, bis hin zum sechs Tonnen schweren Bunkerknacker "Tallboy".

Gegen Angriffe der deutschen Jäger konnten sich die plumpen Maschinen oft nur schwer verteidigen. Alle Abschüsse aber wurden im Nu von der auf Hochtouren laufenden Rüstungsindustrie ersetzt. 7'000 Maschinen baute die britische und kanadische Flugzeugindustrie, und als Rolls Royce nicht mehr genügend Motoren liefern konnte, halfen Amerikas Packard-Werke mit mehr als 16'000 Triebwerken aus.

Die US-Grossbomber vom Typ Liberator und Boeing B-17 waren nicht ganz so leistungsstark wie die Lancaster, dafür aber in gut doppelter Anzahl unterwegs.

Insgesamt setzten die Westalliierten in Europa bis zu 30'000 Flugzeuge ein, die bei anderthalb Millionen Einsätzen fast doppelt so viele Tonnen Bomben abwarfen.

Ursprünglich flogen auch die Engländer tagsüber Angriffe, dabei erlitten sie aber hohe Verluste. Beim allerersten Angriff auf eine deutsche Stadt - Mönchengladbach im Mai 1940 - waren am Boden vier Zivilisten tödlich getroffen worden (darunter eine ortsansässige Engländerin), aber auch drei Bomber stürzten ab. So sah das Bomber Command keine Alternative zum nächtlichen Flächenangriff. Schliesslich ging es auch darum, dem eigenen Volk Mut zu machen - "indem wir zeigten: Wir schlagen zurück" (RAF-Marschall Beetham).

Die grausigen Folgen ihres Jobs waren den Crews in den Flugzeugkanzeln bewusst. Doch sie verdrängten Gedanken an "die Leute, die in kleine Fetzen zerrissen werden", erinnert sich der RAF- Navigator Harold Nash, "allein die grosse Höhendistanz zu dem allen erlaubt dir, es zu tun".

Es half den Fliegern aber auch, dass sie einen "ruchlosen Feind bekämpften". Schliesslich hatte Hitler-Deutschland mit dem Krieg und dem Terror aus der Luft begonnen. "Wie viele unschuldige Zivilisten starben denn in Stalingrad, vor Moskau, in Leningrad?", fragte - wie viele seiner Mitkämpfer - der RAF-Flieger John Curtiss.

Die flächendeckenden Bombardements der deutschen Wohnquartiere durch die RAF verbreiteten Angst und Schrecken unter der deutschen Bevölkerung, den Kriegsverlauf beeinflussten sie jedoch nicht wesentlich. Selbst die Hoffnungen der Amerikaner auf das "Präzisionsbombardieren" - durch Schläge auf militärische Ziele sollten die Nazis im Schnellgang besiegt werden - hatten sich als eine der "grössten Fehleinschätzungen des Krieges" entpuppt (so der US-Ökonom John Kenneth Galbraith).

Denn je mehr Bomben fielen, desto mehr produzierten Hitlers Waffenschmieden. 1944 fertigten sie trotz der Bombenteppiche die kaum vorstellbare Anzahl von 40'000 Flugzeugen. Die Panzerfabriken stiessen im gleichen Jahr monatlich 1'500 Tanks aus, dreimal so viele wie 1942 - vor allem mit Hilfe "Tausender von Sklavenarbeitern", wie Rüstungsminister Albert Speer in seinen Memoiren einräumte. Auch traf die "Combined Bomber Offensive" auf unerwartet viel Widerstand. Denn die Flugabwehr, für die zeitweise bis zu 900'000 Deutsche aufgeboten wurden, arbeitete bis Mitte 1944 sehr effizient.

Für die aus England anfliegenden Bomberflotten lag gleich hinter der Kanalküste des besetzten Frankreich eine Barriere: "Himmelbett" nannte die deutsche Luftabwehr ihre tief gestaffelte, hoch integrierte Linie aus Flakposten, Scheinwerferbatterien und Jägerleitstellen. Zudem erfasste der Horchdienst der Luftwaffe den Funkverkehr der Bomber schon auf den englischen Startplätzen. So flogen die Angreifer jedes Mal in ein waffenstarrendes Bollwerk.

Die Geschwader versuchten sich gegenseitig abzuschirmen. Dabei bestand die wirksamste Formation aus je neun Sechsergruppen, also insgesamt 54 Maschinen, die sich zu einem eng gestaffelten Block ("Combat Box") zusammenschlossen, um Jägern weniger Angriffsfläche zu bieten.

Vor allem die US-Bomber waren schwer zu knacken. Der viermotorige Boeing-Bomber B-17, "Fliegende Festung" genannt, konnte aus sechs Kanzeln an Rumpf, Bug und Heck um sich schiessen. "76 Maschinengewehre aus 38 Mg-Türmen", so ein amerikanischer Bordschütze, "waren manchmal auf den Jäger gerichtet".

Gleichwohl gelangen den Jagdfliegern der Luftwaffe eine Menge Abschüsse. Bei Dunkelheit mischten sich die Nachtjäger - meist vom Typ Junkers Ju 88 und Messerschmidt Me 110 - in die Geschwader. Von den durch Scheinwerfer angestrahlten Wolken - dem "Leichentuch", wie es im Kasinojargon hiess - hoben sich die Bomber als konturenscharfe Objekte ab. Die wurden dann auch mit der Technik "Schräge Musik" bekämpft, dem tödlichen Angriff von unten, bei dem der Jäger die schlecht geschützte Unterseite des Bombers durch eine schräg nach oben zielende Spezialkanone aufriss.

08_15/ Nachtjäger Messerschmitt Me 262 08_14/Nachtjäger Messerschmitt Me 110 Doppelsitzer

Allein im Jahr 1943 schossen Nachtjäger rund 1800 englische Bomber ab und sorgten dafür, dass die Insassen sich, so ein RAF-Pilot, "wie sitzende Enten" fühlten. Allerdings verlor auch die Luftwaffe im gleichen Jahr 1012 Abwehrmaschinen - von alliierten Bordschützen oder Jägern abgeschossen, oft genug auch von der eigenen Flak oder Teilen explodierender Bomber getroffen. Die Erfolge der Nachtjäger endeten jäh, als die alliierten Invasionstruppen Frankreich eroberten. Denn mit dem Verlust der vorgeschobenen Frühwarnposten war das Projekt "Himmelbett" fast wertlos.

Schon ein Jahr zuvor war für die vereinigte Luftoffensive der Alliierten eine Direktive mit dem Namen "Pointblank" (deutsch: Fangschuss) beschlossen worden: systematische Angriffe auf 76 Einzelbereiche der Kriegsproduktion, Benzinherstellung und Infrastruktur. Ziel war die "Zerstörung und Desorganisation des deutschen militärischen, industriellen und wirtschaftlichen Systems" sowie die "Untergrabung der Moral des deutschen Volkes bis zu einem Punkt, an dem seine Fähigkeit, bewaffneten Widerstand zu leisten, tödlich getroffen ist".

Fortan gab es eine klare Aufgabenteilung: Die US-Luftflotte sollte gezielt die militärisch-industriell wichtigsten Objekte bombardieren, das britische Bomber Command nächtens die Wohngebiete drum herum.

Dass die USA tagsüber angriffen, hatte vor allem technische Gründe. Ab 1943 hatten ihre Mustang- Jäger, wahlweise mit Zusatztanks ausgestattet, bis zu 2000 Kilometer Reichweite. So konnten sie die US-Bomberkonvois auch auf langen Strecken gegen deutsche Jäger verteidigen. Ausserdem waren die Liberators und Boeings mit hoch entwickelten Bombenzielgeräten von ungeahnter Präzision bestückt - man könne "notfalls in ein Gurkenfass" treffen, renommierten US-Flieger.

Hohe US-Militärs opponierten allerdings auch aus humanitären Gründen gegen die nächtlichen Flächenangriffe der Engländer. Er wolle nicht verantwortlich dafür sein, "den Mann auf der Strasse strategisch zu bombardieren", äusserte etwa General Ira Eaker, Kommandeur der 8. US-Luftflotte. Krieg gegen Zivilisten widerspreche "unseren nationalen Idealen", sagte auch General Laurence Kuter, Vize-Planungschef der US-Luftwaffe.

Einem Grossbombardement verweigerte die US-Flotte die Unterstützung, weil das Kommando rügte, die RAF wolle die Amerikaner "für die Folgen dieser schrecklichen Bombardierung mitverantwortlich machen".

Manche US-"Präzisionsangriffe" unterschieden sich freilich kaum von den englischen Flächenbombardements. Im Februar 1945 etwa rissen 1000 B-17-Maschinen der 8. Flotte, die nach offizieller Lesart in Berlin "Verwaltungszentren und Bahnhöfe" treffen sollten, rund 3000 Stadtbewohner in den Tod. Beim Angriff auf Eisenbahnanlagen in Münster hatte die 8. US-Luftflotte auch auf ein Wohngebiet von Reichsbahnarbeitern gezielt. "Gedanken über die Moralität" solcher Aktionen mache er sich nicht, äusserte der verantwortliche General Curtis LeMay - "da müsste ich verrückt sein".

Englands nächtliche Attacken waren schrecklich genug, aber erst der Einstieg der 8. US-Luftflotte, "Mighty Eighth" genannt, brachte 1943 den Luftkrieg auf den Höhepunkt.

Zu den Befehlshabern der "Mighty Eighth" zählten knorrige Haudegen von Hollywood-Format - wie Flottenkommandeur Carl "Tooey" Spaatz, Flieger-Ass aus dem Ersten Weltkrieg und einer von der ganz alten Schule wie auch sein Vorgesetzter, Air-Force-Chef Henry "Hap" Arnold. Dieser noch vom Flugpionier Orville Wright ausgebildete Veteran war ein gefürchteter Mann der Tat - auf seinem Schreibtisch war einmal ein lautstark gerügter buchstäblich zu Tode erschrocken niedergesunken.

Auch General Curtis LeMay war aus ziemlich hartem Holz. Als Air-Force-Stabschef zu Beginn des Vietnamkriegs prägte er den Krieg geradezu sprichwörtlich mit - durch seinen zum geflügelten Unwort gewordenen Spruch, das asiatische Land "in die Steinzeit zurückzubomben".

Die Oberen der "Mighty Eighth" bombten grossflächig. Bei der "" im Februar 1944 blieb kaum einer der wichtigsten deutschen Standorte der Flugzeugindustrie von vernichtenden Schlägen verschont. Ende des Jahres schalteten amerikanische Grosseinsätze auch die "Ölziele" aus, Hitlers Treibstofffabriken, die bis dahin besonders hartnäckig verteidigt und nach Treffern stets wieder schnell in Stand gesetzt worden waren.

Es brauchte laut US-Bilanz allerdings insgesamt 22 Luftangriffe, um die Hydrieranlage Leuna dauerhaft zu zerstören. Insgesamt 6'552 Flugzeuge warfen dabei bis zum Kriegsende 18'328 Tonnen Bomben.

Die US-Strategie hatte einen hohen Preis, oft genug endeten grosskalibrige Unternehmen in grossen Desastern. "Tidal Wave" (Flutwelle), ein Angriff auf Rumäniens Ölproduktion, kostete 57 Maschinen, ein Drittel der Angriffsformation. Bei "Frantic II" praktizierten Pulks der 15. US-Flotte eine neue Angriffstechnik namens "Shuttle Bombing" - aus England kommend bombardierten sie Ziele in Deutschland und flogen weiter, um in der Sowjetunion für neue Angriffe aufzutanken. Unbemerkt waren ihnen jedoch Luftwaffeneinheiten gefolgt und zerstörten auf dem Landeplatz im ukrainischen Poltawa 47 geparkte US-Bomber.

Blutiger Tiefpunkt der amerikanischen Luftoffensive: Der Angriff auf Kugellagerfabriken in Schweinfurt im Oktober 1943, der als "Black Thursday" in die Annalen der U. S. Air Force einging.

Die Luftwaffe hatte ein Rekordaufgebot von 400 Jägern eingesetzt und wütete nahezu drei Stunden lang unter den Fliegenden Festungen. 60 schwere B-17-Bomber wurden abgeschossen, ein Dutzend kehrte schrottreif zurück, einige stürzten noch bei der Landung ab, und jene 121 Boeings, die stark reparaturbedürftig die Heimkehr schafften, hatten eine Vielzahl Tote und Verletzte an Bord.

Die amerikanische Schlagkraft konnten solche Verluste jedoch nicht mindern, Air-Force-Chef "Hap" Arnold kommandierte schliesslich weltweit 60 000 Maschinen. 08_17/Hamburg, Eilbeker Weg, nach den 08_16/B-17G-Bomber der USAAF auf dem Weg Bombenangriffen der Operation Gomorrha (zwischen nach Westfalen, 1944 August 1943 und 1945)

Eine wahre Vorstellung von den riesigen Verbänden hatten - beim eingeschränkten Sichtfeld ihrer Cockpitfenster - nicht einmal die Piloten. Während der Weihnachtsangriffe 1944 bat ein MG- Schütze den Kapitän seiner "Liberator" in die oberste Schiesskanzel. So etwas hatte Pilot Robert W. Vincent noch nie gesehen - "überall am Himmel, soweit das Auge reichte, US-Bomber, die alle in Richtung Deutschland flogen". An diesem Tag hatten die Amerikaner 2'900 Flugzeuge über Deutschland aufgeboten.

Neben der Menge des eingesetzten Materials bestimmte der technologische Fortschritt den Luftkrieg, vor allem in der Funkmesstechnik. Zu Beginn verwendeten Deutsche und Engländer ähnliche Peilsysteme, um ihre Kampfflugzeuge erst annähernd, dann immer genauer ins Ziel zu bringen. Später setzten beide Seiten Radartechnik ein - die englischen Bomber wurden mit Elektronik gespickt, und die deutschen Jäger trugen Antennen-Gestänge, die aussahen wie Geweihe.

Beim Showdown der Flugelektroniker konnten die Deutschen allerdings nie völlig Schritt halten. Mit Verzögerung zogen sie zwar fast immer nach; am Ende konnten Nachtjäger sogar die englischen Bomber auf einem bordeigenen Radarschirm sehen. Aber die anderen hatte die besseren Ideen immer etwas eher - auch die ganz einfachen - wie das Abwerfen von Stanniolstreifen, um auf deutschen Radarschirmen statt einzelner Maschinen diffuse Metallwolken erscheinen zu lassen.

Es war, konstatierte der Fachautor Georg Hentschel, ein "Verfolgungsrennen mit überlegenem Sieg der Engländer". In seinem Buch über die deutsche Luftrüstung liefert der ehemalige Luftwaffeningenieur viele Belege und vor allem einen womöglich entscheidenden Grund: Durch Gleichschaltung hatte Hitlers Zwangsstaat auch die Kreativität seiner technischen Intelligenz blockiert - und wurde somit ein Opfer des eigenen Systems. Im NS-Reich führten oft Hofschranzen das Wort wie der für Luftkriegstechnik verantwortliche "Generalluftzeugmeister" Erhard Milch, ein gernegrosser "Führer"-Satrap, den seine Mitarbeiter in der dritten Person Plural ("Herr Feldmarschall haben entschieden") anzureden hatten.

Milch hatte keinen Sinn für die Pionierrolle, die eine kreative Tüftlerszene bei der Entwicklung der Funktechnik zu spielen vermochte. Im Gegenteil: Freie Amateurfunker standen im NS-Land unter Generalverdacht, "zu 99 Prozent Moskau-Jünger" zu sein (Erhard Milch). Ein schwerer Denkfehler, den am Ende auch Hermann Göring, einer der Hauptverantwortlichen, bereute: "Wir haben diese Bastlergemeinschaften zerstört und zerschmettert", lamentierte Hitlers Vize.

Die wichtigsten Fehlentscheidungen fällte Hitler persönlich. Er stoppte die effizienten Nachtjägerangriffe auf englische Bomberbasen, zog Techniker von einem serienreifen Boden-Luft- Raketenprojekt ab, um den Bau der "Vergeltungswaffe" V2 zu forcieren. Auch die Weiterentwicklung des ersten Strahljägers Me 262 stellte der "Führer" zurück, Vorrang bekam ein Düsenbomberprojekt für Racheflüge gegen England.

Als das Kriegsende näher rückte und die Nazi-Oberen die letzte Rettung doch wieder in der Abwehr der alliierten Bombenmaschinerie suchten, lahmte die Jägerproduktion bereits - auch wenn Milch seinen Planern neues Effizienzdenken abforderte: "Die Russen haben in Spanien ihr Fahrgestell mit Bindfaden hochgeholt. Das ist nicht schön, aber es geht auch".

1944 kam der Düsenjäger Me 262 doch noch und schreckte alliierte Bombercrews - "ein Klecks, der eine Dampfspur hinterliess" und schneller als alles war, was er je gesehen hatte, beschrieb ein Bordschütze beeindruckt seinen ersten Sichtkontakt mit dem Phantom.

Doch das Gros der insgesamt noch 1'500 ausgelieferten Exemplare musste am Boden bleiben. Geeignete Piloten dafür gab es nach den Verlusten der vergangenen Monate kaum noch, und vor allem fehlte es an Sprit. Dabei wurde der Hightech-Jet, um Treibstoff zu sparen, oft schon von Hand zum Start geschoben; , lange Zeit Hitlers Lieblingsflieger, dessen Me-262- Einheit am Schluss noch über 50 US-Bomber zerschoss, liess am Boden sogar Kühe vorspannen - groteskes Symbol für das Endstadium eines Luftkriegs, in dem die Nazis sich technologisch unbesiegbar wähnten.

Am 16. März 1945 bekam das Finale dann ein Datum, Rüstungsminister Albert Speer erklärte Hitler: "In vier bis acht Wochen bricht unsere Produktion unausweichbar zusammen". Den Himmel über Deutschland beherrschten nun die Alliierten. Einen grausigen Höhepunkt kurz vor Schluss sollte noch einmal die 5. Bomber-Group setzen. Mit 244 Lancasters brachte sie am 13. Februar ihren seit der Nacht von Braunschweig gefürchteten Bombenfächer von neuem aus, es war die erste Welle des Angriffs auf Dresden.

Wie diese Stadt sahen nun auch viele andere aus. Dem amerikanischen Bomberpiloten Lewis Lyle kam es beim Blick aus dem Cockpitfenster auf Berlin so vor, "als hätte man einen Rechen hindurchgezogen".

Zweifel am Sinn der monströsen Bomberschlacht kamen jedoch weder Lyle noch den meisten seiner Mitstreiter aus Royal Air Force und US-Luftflotte - nicht einmal Lyles Landsmann Melvin Larsen, obwohl der Geistlicher war. Larsen schwankte zwar öfter, ob er dem Gebot "Du sollst nicht töten" gehorchen solle oder eher der Psalterstelle: "Herr, wie lange sollen die Gottlosen prahlen?" Doch immer, wenn er es als Flieger betrachtete, war er ganz sicher, dass jeder Bombentag "uns dem Ende des Krieges näher brachte".

Unternehmen Armbrust (aus der Spiegel)

08_18/Anlagen auf Peenemünde und Usedom

1943 prophezeite die Meteorologische Abteilung des Britischen Bomberkommandos: Der Mond werde in der kommenden Nacht voll über der deutschen Ostsee-Insel Usedom stehen, die Wolkendecke werde nirgends tiefer als 500 Meter liegen. Um 9.40 Uhr erging der Befehl für die Unternehmen "Hydra" und "Whitebait" - für die Angriffe auf Peenemünde und Berlin. Peenemünde - Ort der unheimlichen Versuchsanstalt auf Usedom, wo die Engländer den Sitz einer deutschen Raketen-Entwicklung vermuteten - sollte kurz nach Mitternacht angegriffen werden. Bereits um 23 Uhr sollten acht "Mosquito"-Maschinen einen kleinen, aber höchst wichtigen Ablenkungsangriff auf Berlin fliegen - auf einem Anflugkurs über Peenemünde.

Eine Serie kleinerer Störangriffe auf die Reichshauptstadt während der vergangenen Nächte hatte lediglich der Vorbereitung des Grossangriffs auf Peenemünde gedient. Jede Nacht waren sieben oder acht "Mosquito"-Maschinen zu einem Angriff nach Berlin geflogen. Jede Nacht hatten die britischen Flugzeuge den gleichen nördlichen Einflugkurs nach Berlin benutzt. Jede Nacht hatten in Peenemünde die Sirenen geheult, und jede Nacht waren die deutschen Raketen-Forscher wütend in ihre Schutzräume gestiegen. Genau das hatte das Britische Bomberkommando beabsichtigt.

Um 10 Uhr erhielt John Searby die Nachricht, dass der Angriff auf Peenemünde für diese Nacht angesetzt sei. Searby war als "Masterbomber", als der "Zeremonienmeister", für den Angriff vorgesehen.

Der Angriff sollte in drei Wellen erfolgen und insgesamt 45 Minuten dauern. Jede Welle sollte eine andere Gebäudegruppe bombardieren. Da der Hauptstoss des Angriffs gegen die deutschen Wissenschaftler gerichtet werden sollte, war die Reihenfolge der Gebäudekomplexe für die Bombardierung:

- Wohnsiedlung der Wissenschaftler, - Fabrikationshallen, - Entwicklungswerk.

Leuchtkugeln an Fallschirmen sollten das Zielgebiet beleuchten. Radargeleitete Blindmarkierer- und Sichtmarkierer-Maschinen sollten farbige Leuchtbomben als "Zielanzeiger" abwerfen - nacheinander auf jedes der drei vorgesehenen Ziele.

Um 14.50 Uhr erging der endgültige Befehl für das Unternehmen - an die Besatzungen von mehr als 500 viermotorigen "Stirling"-, "Halifax"- und "Lancaster"-Bombern und 65 Pfadfinderflugzeugen. Acht "Mosquito"-Maschinen sollten den Scheinangriff auf Berlin fliegen und eine falsche Fährte durch Nord- und Mitteldeutschland legen.

Um 16 Uhr hörten 4000 britische Flieger in ihren Horsten, dass sie, falls ihr Angriff auf eine geheimnisvolle "Forschungsanstalt" in dieser Nacht nicht gelänge, Nacht für Nacht dorthin fliegen müssten, bis der Auftrag durchgeführt sei. Es sei "notwendig, sowohl die Versuchsanstalt als auch die grossen Fabrikationshallen zu zerstören und die wissenschaftlichen und technischen Fachleute, die dort tätig sind, zu töten oder arbeitsunfähig zu machen".

Der Anflug über die Nordsee musste in sehr geringer Höhe erfolgen, damit die Bomber unter dem Horizont der "Freya"-Geräte des deutschen Frühwarnsystems bleiben konnten. Über Dänemark sollte die ganze Armada auf 2000 Meter steigen.

Um 22 Uhr rollten die ersten Maschinen über die Pisten ihrer Horste. Leuchtend stieg der Mond herauf.

Der 17. August 1943 hatte bereits eine der grössten Luftschlachten des Krieges gebracht: Die 8. amerikanische Luftflotte hatte in einem Angriff auf die Kugellagerstadt Schweinfurt den Versuch unternommen, tief nach Deutschland einzufliegen, und dabei schwere Verluste erlitten. Die deutsche Luftwaffe hatte Blut geleckt und war auf mehr aus.

Am Nachmittag meldete die Pariser Station der deutschen Funkaufklärung, dass die Luft von britischen Funksprüchen schwirre. Bereits um 17 Uhr konnte die Abhörstelle "Seeräuber" angeben, dass das vermutete Ziel eher in Nord als in Süddeutschland liegen werde. Die Abhörstelle - die ein britisches Schlüsselsystem entziffert hatte - konnte eine Nachricht entschlüsseln, nach der britische Bomber bei Cromer England verlassen und wieder anfliegen würden.

Am frühen Abend waren alle deutschen Jagdstaffeln alarmiert. Zum erstenmal sollte in dieser Nacht neben den zweimotorigen Nachtjägern auch eine grosse Anzahl einsitziger Tagjäger kämpfen; zum erstenmal sollte Major Hajo Herrmanns "Wilde Sau" auch nachts zum Einsatz kommen.

Herrmanns Jagdverband "Wilde Sau" bestand aus Freiwilligen, die unmittelbar über dem hellerleuchteten Zielgebiet auf die angreifenden Bomber niederstossen sollten. Das Geschwader war auf Görings Anregung aufgestellt worden, nachdem die Verwendung der Metallfolien durch die Briten Ende Juli Generalleutnant Josef Kammhubers straffes Verteidigungssystem in grosse Verwirrung gestürzt hatte.

Sobald die ersten Meldungen von anfliegenden Bombern Major Herrmann in -Hangelar erreichten, rief er Hubert Weise, den Luftwaffen-Befehlshaber Mitte, in Berlin an. Sie sprachen über das Ziel, das das englische Bomberkommando haben könnte, und kamen zu dem Ergebnis, dass es Berlin sein werde. Auf diese Vermutung hin befahl Weise, Herrmann solle seine Staffeln in Bonn, Jüterbog und Rheine starten lassen.

Kurz nach 23 Uhr rasten die acht "Mosquitos" über Dänemark und warfen gewaltige Mengen Metallfolien ab, überquerten die deutsche Ostseeküste westlich von Peenemünde und brausten südwärts nach Berlin.

Die Musik in den Bereitschaftsbaracken der schleswig-holsteinischen Jägerhorste brach ab, und über Lautsprecher wurde der ersten Einsatzwelle der Nachtjäger der Angriff befohlen. Um 23.07 Uhr flitzten In Jagel bei Schleswig die ersten Messerschmitt-Maschinen die Rollbahnen hinunter.

Um 23.25 Uhr heulte über Peenemünde Vollalarm.

Als die Nachtjäger die angegebene Höhe der feindlichen Flugzeuge erreicht hatten, waren die "Mosquitos" längst vorbei. Alles, was die enttäuschten Deutschen dort oben fanden, waren niedersinkende Schwaden von Metallfolien.

Mittlerweile waren die Jägerstaffeln im ganzen Reich zum Angriff befohlen worden. Der grösste Nachtjägereinsatz der deutschen Luftwaffe fand statt: Mehr als 200 Flugzeuge waren in der Luft. Auch die Männer der "Wilden Sau" kurvten an Deutschlands Himmel.

Nur einer von Herrmanns Piloten, Friedrich-Karl Müller, befand sich noch auf einer anderen Jagd: Er war ausgeschickt worden, als Maskottchen für den neuen Verband eine Wildsau zu fangen. Als Müller die Bonner Sirenen hörte, flog er in einem "Storch" zu seinem Flugplatz und startete seine "Me 109" eine Stunde nach seiner Einheit. Während der britische Hauptangriff auf Peenemünde begann, war Müller der einzige seines Geschwaders, der noch genügend Brennstoff im Tank hatte.

Als sich die ersten "Mosquito"-Maschinen den Aussenbezirken von Berlin näherten, heulten In der Reichshauptstadt die Sirenen - um 23.42 Uhr. Die Jägerleitoffiziere befürchteten für Berlin eine Katastrophe, wie sie unlängst Hamburg traf. Sie wussten "Mosquitos" im Anflug auf den Berliner Raum und Hunderte von Bombern über der Nordsee. In den Divisionsgefechtsbunkern richteten sich alle Augen auf die roten Punkte, die über die Europa-Karte ostwärts wanderten.

Eine Schwierigkeit machte allerdings allen Luftverteidigern zu schaffen: Im Divisionsgefechtsstand Arnheim, über den sämtliche Verbindungen zu Kammhubers Befehlsbunker liefen, waren die Fernverbindungen ausgefallen, und der General war von seinen Jägerverbänden und Beobachtungsposten abgeschnitten.

Um 23.56 Uhr befand sich die erste "Mosquito" über Berlin. Hunderte von Scheinwerfern flammten auf. Die Flak eröffnete das Feuer. Weitere "Mosquitos" trafen ein. Der Himmel war mit Leuchtzeichen übersät, und einige Wohnblockknacker explodierten in weit auseinander liegenden Teilen der Stadt. Die Staffeln von Herrmanns Geschwader "Wilde Sau" wurden nach Berlin befohlen.

Elf Minuten nach Beginn des Angriffs erhielt die Berliner Flak den Befehl, ihr Feuer auf 7000 Meter zu begrenzen, da Jäger des Geschwaders Herrmann oberhalb des Flakfeuers kämpfen wollten.

General Kammhuber bemühte sich weiter, Verbindung mit seinen Jagdverbänden zu erhalten, doch die durch Arnheim führende Leitung war noch immer gestört.

Schliesslich war die von General Junck befehligte 4. Jagddivision so beunruhigt über das völlige Fehlen von Anweisungen, dass sie von ihrem Gefechtsstand in Metz aus den Befehl in einer Luftschlacht übernahm, die über Norddeutschland ausgefochten wurde.

Auf Anweisung von Göring befahl die 4. Jagddivision um 0.31 Uhr den Berliner Flak-Einheiten, ihr Feuer auf 5500 Meter herunterzunehmen.

Vier Minuten später wurde der Befehl - auf den alle britischen Funkhorchstellen besorgt warteten - an die Nachtjäger durchgegeben. Ein Jägerleitoffizier, tief in seinem Betonbunker in Metz, funkte an alle Nachtjäger des XII. Fliegerkorps: "Antreten auf Berlin"! Von ganz Deutschland stürmten die Jäger auf die Hauptstadt zu.

Die III. Gruppe des Nachtjagd-Geschwaders 3 in Kopenhagen wurde um 0.57 Uhr alarmiert und erhielt den Befehl, eine Stunde weit nach Süden zu fliegen, wo sie auf die von Berlin zurückkehrenden britischen Bomber eingewiesen würde.

Eine Armada von mehreren hundert schweren Bombern der britischen Luftwaffe zog über die Nordsee, um Peenemünde zu zerstören.

Zur gleichen Zeit waren im Kaminzimmer des Peenemünder Offizierskasinos Professor Wernher von Braun und Generalmajor Dornberger in ein angeregtes Gespräch mit der berühmten Testfliegerin verwickelt.

In Ostpreussen stakte Generaloberst Hans Jeschonnek, Chef des Luftwaffengeneralstabes, am Ufer des Goldap-Sees entlang und erzählte seinem Adjutanten von einer besonders unangenehmen Auseinandersetzung, die er beim Mittagessen mit dem "Führer" gehabt hatte.

Im Führerhauptquartier hatte Adolf Hitler eine Lagebesprechung mit Keitel und Jodl beendet, er entspannte sich mit dem Prinzen von Hessen bei einer Teeunterhaltung. In Zeist in Holland wusste Kammhuber noch immer nicht das geringste von dem Standort irgendwelcher Angreifer.

In Berlin sass Goebbels - der noch vor einer Stunde zu den Abteilungschefs des Reichspropagandaministeriums über Massnahmen zur Linderung der Notlage des Reiches infolge der britischen Terrorangriffe gesprochen hatte - in seinem Luftschutzbunker und wartete auf die Entwarnung ...

Und die Privatsekretärin Wernher von Brauns schrieb später in ihr Tagebuch:

"Kurz vor Mitternacht packe ich sorgfältig ein, verschliesse den Panzerschrank “und verlasse mit einem Gute-Nacht -Gruss zu den alten Wachmännern das Haus. Draussen eine milchigweisse Vollmondlandschaft. Mein Weg führt zwischen Kiefern und Büschen am Tennisplatz vorbei. In diesem Moment geht die Fliegersirene ... Meine Zimmerkollegin ist noch auf, sie packt den Koffer wie wild. Ich lache sie aus, klemme mir nur ein Buch unter den Arm und hänge mir den Bademantel um. Sie beschwört mich, doch ein kleines Köfferchen zu packen. Na ja, zum Spass. Wir ziehen los ... Der Bunker ist fast leer, wenige stehen draussen, die meisten sind wieder ins Bett gegangen. Ich setze mich auf die Bank und lese 'Das einfache Leben' (von Ernst Wiechert) ."..

Als Oberst John Searbys "Lancaster" -Bomber über den Peenemünder Haken fegte, feuerte kein Geschütz. Doch an der ganzen Küste entlang stiessen Nebelgeneratoren Wolken aus. Mit einiger Sorge bemerkte Searby, dass sich die Nebelwolken über das Zielgebiet zogen, die klaren Umrisse der riesigen Fabrikgebäude verwischten und die Ufer der Seen unkenntlich machten.

Die Wetterverhältnisse im Peenemünder Gebiet waren nicht so günstig, wie man sie vorhergesagt hatte. Und die ungewisse Sicht verführte auch einige Pfadfinderbesatzungen dazu, einen ersten Fehler zu begehen: Einigen gelang es zwar, ihre roten Punktlichter richtig zu setzen, andere jedoch warfen ihre Markierer in die See, und viele legten sie drei Kilometer zu weit südlich.

Dieser Drei-Kilometer-Fehler sollte vor allem mehreren hundert ausländischen Arbeitern im Lager Trassenheide das Leben kosten - denn dieses Lager befand sich genau drei Kilometer südlich des südlichsten Zielpunktes.

Searby sah, was geschehen war, liess Gelblichtbomben werfen, die Ziellichtkonzentration verstärken und den Fehler über Funksprechverkehr mit den Bombenschützen ausbügeln.

1.15 Uhr - die Stunde null für den Angriff. Trotz der anfänglichen Panne schien alles glatt zu gehen. Searby befahl das erste Bombardement.

Als zwölf Minuten später die letzte Maschine der ersten Welle abdrehte, war die deutsche Luftwaffe noch immer nicht in Erscheinung getreten. Die Verteidigung war kümmerlich. Nur wenige Scheinwerfer suchten den Himmel ab. Die leichte Flak störte die Bomber und die Pfadfinder kaum.

So konnte auch die zweite Welle - 113 "Lancaster"-Maschinen - ihren Angriff von acht Minuten Dauer nahezu ungestört fliegen ...

Um diese Zeit waren nicht weniger als 158 deutsche Nachtjäger in der Luft, und alle warteten über Berlin oder flogen die Hauptstadt an - fast 200 Kilometer von Peenemünde entfernt. Kurz darauf liess Major Herrmann weitere 55 Tagjäger seines Verbandes "Wilde Sau" starten, und auch sie flogen zur Reichshauptstadt.

Über Berlin herrschte entsetzliches Chaos: Die schlecht ausgebildeten Tagjäger flogen kühne Angriffe auf alles, was doppeltes Seitenleitwerk besass.

Die Flakmannschaften, die merkten, dass sich Hunderte von Flugzeugen über Berlin aufhielten, eröffneten das Feuer auf alles, was sie erreichen konnten. Die Jäger wiederum nahmen an, dass die Flak kaum schiessen würde, wenn nicht starke Feindverbände da wären.

Der Himmel über der Reichshauptstadt war ein wildes Durcheinander von Luftkämpfen, Scheinwerferstrahlen, Signalkugeln und Explosionen.

Generalfeldmarschall Milch ging ins Freie, um den Fortgang der Luftschlacht zu beobachten; er war erschüttert, als er sah, dass die Flak die unaufhörlich blinkenden Erkennungssignale seiner Jäger einfach unbeachtet liess.

Oberst von Lossberg, der Nachtjagd -Spezialist, drängte Milch, er möge etwas unternehmen, ehe sämtliche deutschen Nachtjäger über Berlin von der eigenen Flak aus der Luft geholt würden. Milch rief nacheinander Göring und das Führerhauptquartier an, um die notwendige Vollmacht zu erhalten, der Flak Feuereinstellung zu befehlen.

Göring war einverstanden. Doch das Führerhauptquartier und auch Jeschonneks Dienststelle schlugen ihm die Bitte ab. Die Berliner Batteriechefs liessen weiterfeuern.

Als Major Herrmann - hoch über Berlin - nun sah, dass feindliche Markierer über Peenemünde niederstiessen, wusste er plötzlich, dass er in die Falle gegangen war.

Die meisten der erfahrenen Nachtjäger, die über der Reichshauptstadt kurvten, hatten ohnehin schon geargwöhnt, dass die ganze Berlin-Geschichte ein einziger grosser Schwindel gewesen sei: Das Britische Bomberkommando hätte die am stärksten verteidigte Stadt der Welt nie bei hellem Mondschein angegriffen. Nun sahen sie hoch im Norden die Zielmarkierungsbomben niedergehen. Doch sie durften sie nicht anfliegen: Der Berliner Bodenleitoffizier befahl ihnen, über der Reichshauptstadt zu bleiben - er hätte noch immer keine Verbindung zu General Kammhuber in Holland.

Friedrich-Karl Müller - der seine Saujagd so schnell abgebrochen hatte als er in Bonn die Sirenen gehört hatte - war 55 Minuten nachdem er Bonn -Hangelar verlassen hatte über Berlin. Ihm wurde befohlen, auf weitere Anweisungen zu warten. Doch Müller flog nach Norden. Zugleich mit Müller flogen auch andere Nachtjäger in Richtung Peenemünde, und die kampferprobten Besatzungen erkannten schnell, dass der feindliche Angriff in sehr geringer Höhe geflogen wurde. Sie erzielten grosse Erfolge.

Fünf Nachtjäger - die um 1.35 Uhr über Peenemünde eingetroffen waren richteten entsetzliche Verheerungen unter den britischen Bombern an. Allein Musset schoss in einer Viertelstunde fünf Bomber ab, ehe er selbst ausfiel. Als er und sein Bordfunker über Güstrow aussteigen mussten, zerschmetterte er sich beide Beine am Leitwerk seiner Messerschmitt.

Mittlerweile merkten die in Kopenhagen gestarteten deutschen Jäger, dass die heimfliegenden britischen Bomber ihren Kurs kreuzten. Sie flogen zwei Formationsangriffe und schossen - in den zehn Minuten von 1.57 bis 2.07 Uhr

- eine Reihe britischer Bomber ab.

Masterbomber Searby bereitete sich auf die dritte Angriffswelle vor. Jedesmal, wenn er über Peenemünde hinwegraste, sah er neue Brände auflodern. Das-ganze Zielgebiet war von Rauch und Feuer bedeckt, und der dritte und letzte Zielpunkt, das Entwicklungswerk, lag zu seinem Ärger völlig verdunkelt.

Als nun die "Lancaster"- und "Halifax"-Maschinen der letzten Welle eintrafen, brausten viele von ihnen 20 oder sogar 30 Sekunden zu weit, ehe sie ihre Last abwarfen: Ihre Bomben detonierten zwei bis drei Kilometer vom Entwicklungswerk entfernt.

Doch um 1.48 Uhr setzte ein Pfadfinder sein grünes Licht korrekt in das Entwicklungswerk, und so warfen die letzten Maschinen ihre Bomben tatsächlich in diesen einsamen Zielanzeiger (und auch diese wenigen Lasten verursachten noch ernste Beschädigungen in den wichtigen Laboratorien und Verwaltungsbüros).

Als Searbys "Lancaster" zum siebtenmal an der Küste von Peenemünde entlangfegte, bemerkte der Oberst die Luftkämpfe rings um sich her. Er selbst flog erheblich niedriger als die Hauptbomberflotte. Zu seinem Schrecken sah er im hellen Mondschein und im grellen Licht der Brände, dass Teile explodierter Flugzeuge vom Himmel regneten.

Als die ausfliegenden feindlichen Maschinen dem Flugplatz Jagel gemeldet wurden, war dort lediglich Leutnant Hans Meissners "Me 110" startklar. Meissner hob ab und schoss in einer Viertelstunde drei "Lancaster"-Bomber ab. Dabei hatte er nur 300 der insgesamt 1100 Schuss aus seiner Zwei-Zentimeter -Kanone verfeuert. Doch die letzte explodierende "Lancaster" beschmierte ihm die Kanzelfenster so sehr mit schwarzem Öl, dass er aufgeben musste und seine Maschine nur unter grossen Schwierigkeiten auf den Boden bringen konnte.

Eine Stunde lang war Friedrich-Karl Müller über Peenemünde gekreist und hatte vergebens nach Verstärkungen gerufen. Er selbst hatte inzwischen drei Flugzeuge abgeschossen. Nachdem er drei Stunden und 40 Minuten in der Luft gewesen war, schwenkte er ab und flog zum Flugplatz Brandenburg-Briest. Hier erwartete ihn ein aussergewöhnlicher Anblick.

Von der Rollbahn stieg eine Rauchsäule auf: Mehr als hundert Jäger - alle ohne Befehle von Kammhuber - hatten sich unabhängig voneinander entschlossen, in Brandenburg zu landen. So rasten sie, einer nach dem andern, in einen Haufen aufeinander gefahrener Maschinen.

Unentwegt wurden rote Signalkugeln abgeschossen, um die anderen, noch kreisenden und anfliegenden Jäger zu warnen.

Müller landete trotzdem. Sein Flugzeug rollte wie verrückt um den Haufen brennender Maschinen.

Mehr als 30 deutsche Jagdflugzeuge mussten auf dieser Betonpiste abgeschrieben werden - die letzte Schmach in einer unrühmlichen Nacht für die deutsche Luftwaffe.

In Brandenburg traf Müller auch seinen Kommandeur, Major Herrmann. Der Major fluchte über den Streich, den die Briten ihm über Berlin gespielt hatten. Herrmann und Müller waren sich einig in der Annahme, dass das Bomberkommando mehr als 200 Maschinen verloren hätte, wenn die deutschen Jäger erst eine Stunde später aufgestiegen wären.

In Holland bemühte sich General Kammhuber immer noch, Verbindung mit Deutschland zu bekommen. Dass die Fernsprechverbindung in Arnheim ausgerechnet in jener Nacht ausgefallen war, in der das Britische Bomberkommando so viel hätte verlieren können, hatte möglicherweise eine bemerkenswerte Ursache:

Erst nach dem Kriege erfuhr Kammhuber von britischen Offizieren, dass sich zwei Deutsche, die im Befehlsbunker von Arnheim beschäftigt waren, als britische Agenten betätigten; vielleicht waren sie angewiesen worden, die Verteidigungsmassnahmen in dieser Nacht zu stören - doch das wird reine Spekulation bleiben müssen.

Zweifellos war das Britische Bomberkommando der schwersten Katastrophe in seiner ganzen Geschichte nur um Haaresbreite entgangen. Der Trick mit Berlin war der Sieg dieser Nacht: Die acht "Mosquito"-Maschinen hatten 203 deutsche Jäger über die Reichshauptstadt gelockt.

Die 30 deutschen Jäger, die auf eigene Faust und gegen ausdrückliche Befehle Peenemünde erreicht hatten, erzielten 42 Abschüsse - zwei mehr, als das britische Bomberkommando eingestand.

Generalmajor Dornberger hatte die Zeit des Luftangriffs im Bunker verbracht. Als der Lärm des Angriffs verebbte, wandte er sich zu seinem Adjutanten Dr. Werner Magirins und stöhnte: "Mein armes, armes Peenemünde ."..

Professor Wernher von Brauns Sekretärin schrieb über die Ereignisse dieser Nacht in ihr Tagebuch:

"Feuer, überall Feuer! Wo ist mein Haus? Ich sehe nichts als Flammen, die “Sträucher brennen, wir stehen mitten drin, meine Haare sengen ... Ich schrecke zurück, um nicht reinzulaufen in die grosse Blutlache vor mir. Darin liegt ein Bein, abgerissen, mit einer Militärhose und einem Schuh bekleidet ... Wir müssen die Geheimsachen retten! Aber das Haus brennt, der zweite Stock ist weg. Der Professor nimmt mich an die Hand, es dröhnt und kracht und prasselt. Tastend an der Wand entlang gelangen wir in den Flur. Türen sind nicht mehr da, Feuer ... Wir sind im Zimmer. Auf den Panzerschrank und raus die Sachen! Bis es nicht mehr geht ... Ein Wachmann muss her - die Geheimsachen im offenen Panzerschrank! Er steht treu mit aufgepflanztem Gewehr daneben ."..

Als die letzten Maschinen in ihre Horste in England zurückkehrten, machte das Bomberkommando Bilanz: Die letzte Angriffswelle war schwer zusammengeschlagen, sie hatte nahezu 20 Prozent ihrer Maschinen und mehrere höhere Offiziere verloren. Andererseits waren insgesamt 1593 Tonnen Sprengstoff und 281 Tonnen Brandbomben auf das deutsche Ziel abgeladen worden.

Duncan Sandys, der die Nacht über auf die Rückkehr der Flugzeuge gewartet hatte, freute sich, als er inoffiziell erfuhr, dass der Angriff erfolgreich gewesen sei. Noch in der Nacht rief er Churchill in Quebec an und übermittelte ihm die gute Nachricht.

Am nächsten Morgen flog eine "Mosquito" einen Aufklärungsflug über Peenemünde. Die Photos zeigten das gesamte Versuchsgelände.

Eine eingehende Analyse der Bilder ergab, dass im Entwicklungswerk 50 der insgesamt 80 Gebäude zerstört oder schwer beschädigt worden waren. Die beiden grossen Fabrikationshallen waren erheblichen Beschädigungen leider entgangen; eine war völlig unbeschädigt. Die Wohnsiedlung der Wissenschaftler hatte am schwersten gelitten. Von den 30 Baracken, die das Zwangsarbeiterlager Trassenheide bildeten, waren 18 vom Feuer zerstört.

In Goldap, dem Gefechtsstand der deutscher Luftwaffe, traf die Nachricht, dass Peenemünde von einem Ende zum anderen brenne, kurz nach 7 Uhr ein. Um 8 Uhr wurde der Chef des Luftwaffengeneralstabs, Generaloberst Hans Jeschonnek, unterrichtet.

Als seine Sekretärin, Frau Kersten, ihn am nächsten Morgen anrief, erklärte er, er werde gleich zur Lagebesprechung kommen. Doch um 10 Uhr war er immer noch nicht erschienen. Frau Kersten ging in sein Zimmer und sah den jungen Chef des Luftwaffengeneralstabs tot auf dem Boden liegen, die Pistole in der Hand.

Nach dem Angriff der Amerikaner auf Schweinfurt und der fast unglaublichen Nachricht, dass Berlin gar nicht das Hauptziel des britischen Nachtangriffs war, hatte Hans Jeschonnek auf das Leben in der Führung der deutschen Luftwaffe verzichtet.

Während des Vormittags traf Albert Speer in Peenemünde ein. Der Anflug über die rauchende Versuchsstation gab ihm einen anschaulichen ersten Bericht. Speer wurde von Dornberger empfangen, und der Generalmajor erläuterte dem Minister die schweren Schäden, die die Raketenstation erlitten hatte.

Dornberger und von Braun erfuhren, dass zwei ihrer wertvollsten Mitarbeiter, Dr. Thiel und Oberingenieur Walther, bei dem Angriff getötet worden waren.

Thiels Tod hatte womöglich schwerwiegende Folgen: Als Mitarbeiter des Raketenprogramms hatte er über die Anwendung von Atomkraft als Raketenantrieb nachgedacht. Er war zum Verbindungsmann zwischen Peenemünde -Ost und Professor Heisenberg, dem Atomphysiker, ernannt worden. Nach seinem Tod erlahmte das Interesse an dieser Frage.

Einige der Peenemünder Wissenschaftler waren dem Tod nur durch Zufall entgangen:

Dr. Ernst Steinhoff, Chef der Abteilung für Bord-, Steuer- und Funkmessgeräte, hatte Zuflucht in dem Schutzraum an einer Seite seines Doppelhauses im Entwicklungswerk gesucht; die andere Haushälfte erhielt einen Volltreffer.

Oberingenieur Walter Riedel und seine Familie waren inmitten des Angriffs in den Garten hinausgegangen, um sich die Brände anzusehen. Kurz darauf traf eine Bombe ihr Haus und zerstörte es völlig.

Zur Zeit des britischen Bombenangriffs arbeiteten schätzungsweise 12 000 Menschen in Peenemünde. Davon waren 8000 unmittelbar mit Entwicklung, Fertigung und Montage des "A 4" beschäftigt; mehr als 3000 davon lebten in der Wohnsiedlung, die das erste Angriffsziel des Bomberkommandos gewesen war.

Später erzählte Dornberger amerikanischen Vernehmungsoffizieren, dass der britische Angriff 735 Menschenleben gekostet habe, von denen lediglich 178 zum ständigen deutschen Mitarbeiterstab gehörten, während der Rest aus Russen, Polen und anderen Zwangsarbeitern bestanden habe.

Die schweren Ausfälle unter den Fremdarbeitern, die im Lager Trassenheide eingesperrt waren, brachten ein tragisches Element in den Angriff auf Peenemünde; denn hier waren auch zwei tapfere luxemburgische Arbeiter untergebracht, die der alliierten Abwehr weitgehend geholfen hatten. Mit dem Angriff auf Peenemünde brach der Nachrichtenstrom von diesen beiden Agenten abrupt ab.

Die deutsche Raketen-Entwicklung war durch den britischen Bombenangriff um mindestens zwei Monate zurückgeworfen. Raketenstarts, die während der ersten Monate des Jahres 1943 durchschnittlich alle zwölf Tage stattgefunden hatten, wurden vorerst völlig eingestellt und erst am 6. Oktober wiederaufgenommen.

Die Zerstörung nahezu sämtlicher Wohnhäuser auf dem Werksgelände machte es nötig, das Personal jeden Morgen von Hotels und aus Dörfern auf der ganzen Insel abzuholen.

Die Siedlung wurde überhaupt nicht wiederaufgebaut, da ein geschwätziger Kriegsgefangener die deutsche Abwehr davon unterrichtet hatte, dass den britischen Flugzeugbesatzungen erklärt worden sei, die Alliierten würden die Angriffe auf Peenemünde so lange wiederholen, bis es völlig zerstört sei.

Obwohl Peenemünde-West - die Erprobungsstelle der Luftwaffe für die Flugbombe "Fi 103" - unmittelbaren Schäden beim Angriff entgangen wart erlitt die Entwicklung der Flugbombe einen Rückschlag durch den Verlust der ausländischen Arbeitskräfte, die nunmehr aus dem Gebiet evakuiert wurden.

Der Bau eines Katapult-Geländes in Zempin, 13 Kilometer südöstlich von Peenemünde, verzögerte sich, weil das Baumaterial, das für diesen Zweck herantransportiert worden war, bei dem Luftangriff verlorengegangen war.

"Durch den Angriff auf Peenemünde", so rechnete der Flugbomben-Experte Direktor Heyne vom Industrierat aus, "haben wir drei Wochen verloren, obwohl wir keine Woche verlieren durften".

Da die deutsche Luftwaffe weitere Angriffe auf Peenemünde befürchtete, bereitete sie eine Woche danach die Verlegung der Flugbomben-Erprobung in eine Marineversuchsstelle in Ostpreussen vor, wo schnell drei Startkatapults von Ingenieuren der Luftwaffe entworfen und von tausend russischen und polnischen Gefangenen erbaut wurden.

Der Luftangriff auf die Heeresversuchsanstalt gab Hitler und Himmler Gelegenheit, ihre Lieblingsprojekte zu forcieren: Hitler befahl, die Arbeit an der Grossbatterie "Hochdruckpumpe" unverzüglich wiederaufzunehmen; Himmler begann, das Geheimwaffenprogramm unter die Kontrolle der SS zu bringen.

Die "Hochdruckpumpe" war eine absonderliche Konstruktion: Eine Anzahl von Pulverladungen in Seitenkammern eines ungewöhnlich langen Geschützrohres sollte nacheinander elektrisch gezündet werden und einem pfeilförmigen Geschoss zunehmende Beschleunigung geben.

Falls die Batterie in 160 Kilometer Entfernung von der britischen Hauptstadt aufgebaut werden konnte, versprach das Geschütz tatsächlich einen ständigen Granatenhagel auf London. Das Geschütz sollte in einem Hügel bei Mimoyecques in der Nähe von installiert werden.

Das sonderbare Gerät - das auch "Tausendfüssler" und "Fleissiges Lieschen" genannt wurde - beflügelte Hitlers Fantasie; es schwebte ihm als Vergeltungswaffe Nummer drei vor. Wie Winston Churchill später zugab, hätte das Gerät durchaus den verheerendsten Angriff auf London führen können.

Mit der Unterwanderung des Geheimwaffenprogramms durch die SS betraute Himmler einen Gaskammer-Experten, den Ingenieur und Brigadeführer Dr. Hans Kammler. Er hatte den Auftrag, sich zunächst zurückhaltend um kleinere Konstruktionsprobleme im Zusammenhang mit dem "A 4"-Programm zu kümmern - und endete als höchster Kommandeur aller deutschen Geheimwaffen, einschliesslich der mit dem Düsenjäger "Me 262" ausgerüsteten Fliegerverbände.

Himmler handelte schnell und entschlossen:

Am 22. August - vier Tage nach dem Bombenangriff auf Peenemünde - war er in der "Wolfsschanze", und über diese Konferenz mit Hitler schrieb Rüstungsminister Speer: "Der Führer ordnet auf Grund eines Vorschlages an, dass alle Massnahmen ergriffen werden, um gemeinsam mit dem Reichsführer SS unter starker Einschaltung seiner Kräfte aus den Konzentrationslagern den Bau der entsprechenden Fertigungsanlagen und die Fertigung von 'A 4' erneut voranzutreiben ... Das endgültige Entwicklungswerk soll gemäss dem Vorschlag des Reichsführers in Zusammenhang mit einem dem Reichsführer gehörenden Truppenübungsplatz im Generalgouvernement errichtet werden".

Am 26. August - acht Tage nach dem Bombenangriff auf Peenemünde - nahm Kammler zum erstenmal an geheimen Verhandlungen zwischen Speer und den Raketen-Experten Gerhard Degenkolb und Generalmajor Dornberger teil. Auf dieser Konferenz schlug Kammler vor, die Funktionen Peenemündes in drei Teile zu gliedern und über das ganze Reich zu verteilen:

Das Hauptwerk für die Montage sollte in eine unterirdische Fabrik in den Harz verlegt werden. Das Entwicklungswerk würde in einer Höhle arbeiten, die am Traunsee in den Fels gesprengt werden sollte. Eine Schussbahn für die "A 4"-Raketen sollte in Blizna in Polen als Teil des SS- Truppenübungsplatzes "Heidelager" ausgebaut werden.

Am 1. September - vierzehn Tage nach dem Bombenangriff auf Peenemünde - erhielt Kammler von Himmler den Auftrag, das neue Konstruktionsprogramm für das "A 4" zu übernehmen.

Kurz zuvor war das deutsche Raketenprogramm von einem weiteren Schlag getroffen worden: Als am 27. August die gesamte Verschalung für die Betonierung des gewaltigen Abschussbunkers Watten in Nordfrankreich aufgestellt war, flogen 185 "Fliegende Festungen" der 8. US-Luftflotte in geringer Höhe einen Angriff gegen das "Sonderziel" und warfen 370 Tonnen Bomben.

Die Zerstörungen waren so schwer, dass Speer sich entschliessen musste, einen neuen Abschussbunker an anderer Stelle errichten zu lassen.

Duncan Sandys hatte inzwischen zwei sensationelle Agentenberichte empfangen - darunter eine der entscheidendsten Informationen, die er je erhielt.

Mitte August 1943 war britischen Stellen von einem unzufriedenen Stabsoffizier im deutschen Heereswaffenamt eine Meldung zugegangen, der zufolge die Deutschen zwei verschiedene Geheimwaffen hatten: ein "unbemanntes Flugzeug, offiziell als 'Phi 7' bezeichnet" und ein "Raketengeschoss, offiziell als 'A 4' bezeichnet". Die Fertigung beider Waffen sei über ganz Deutschland verteilt, in Peenemünde würden sie lediglich montiert und erprobt. Abschussstellen befänden sich bei Le Havre und Cherbourg. Die Raketen könnten aber auch aus eigener Kraft von einfach zu errichtenden "Rutschen" starten.

Der Informationsbericht der britischen Abwehr für Duncan Sandys fuhr fort: "Hitler und Mitglieder seines Kabinetts inspizierten kürzlich beide Waffen in Peenemünde. Um den 10. Juni hat Hitler vor einer Versammlung hoher Offiziere erklärt, Deutschland brauche nur auszuhalten, da London bis Ende 1943 dem Erdboden gleichgemacht sei und Britannien kapitulieren müsse. Der 20. Oktober ist im Augenblick als Tag Null für den Beginn des Raketenangriffs festgesetzt ... Die Produktion beider Waffen hat höchste Dringlichkeitsstufe erhalten ."..

Ende August war die Meldung des anderen Agenten eingegangen: Ein französischer Offizier versicherte, von einem Peenemünder Offizier Informationen über gelenkte Bomben und Fernraketen erhalten zu haben.

Der Franzose berichtete: Die Rakete habe eine Reichweite von 500 Kilometer, werde nahezu senkrecht abgeschossen und erreiche eine Höhe von 80 Kilometer. Ein "Flakregiment 155 (W)" unter einem Oberst Wachtel werde im Oktober oder November nach Frankreich gehen, um die 108 Katapulte für die Waffe zum Einsatz zu bringen.

Der Mann hatte die Rakete mit der Flugbombe verwechselt. Für die britischen Abwehroffiziere waren die Informationen dennoch sehr aufschlussreich. Denn während der letzten Augusttage trafen in London auch die ersten Agentenphotos von der fliegenden Bombe ein:

Am 22. August war eine Flugbombe zu weit gerast und auf Bornholm eingeschlagen. Ein dänischer Agent hatte eine Anzahl Aufnahmen und Skizzen von dem Geschoss angefertigt und die Abzüge auf verschiedenen Wegen nach London geschickt.

Die Stabschefs baten Duncan Sandys, die Möglichkeiten des Bornholmer Projektils analysieren zu lassen. Gleichzeitig entwarfen sie für London den "Schwarzen Plan": Das Evakuierungsprogramm für Kabinett, Parlament und 16 000 Beamte sollte überprüft werden; das Produktionsministerium wurde angewiesen, sich um die Herstellung weiterer 100 000 Morrison-Unterstände zu kümmern; ausserdem sollte der Bau von zwei Schlachtschiffen gestrichen werden, um den für die Schutzmassnahmen notwendigen Stahl zu sichern.

08_19/Einsatzgebiete der V-Waffen

Am 10. September schlug Sandys den Stabschefs vor, seine Verantwortung auf die Untersuchung der deutschen Fernraketen zu beschränken; unbemannte Flugzeuge sollten wie bemannte Flugzeuge von den normalen Dienststellen des Luftfahrtministeriums im Auge behalten werden. Die Stabschefs waren einverstanden.Ehe noch die ersten deutschen Geheimwaffen ihre Startrampen verlassen hatten, beeinflussten sie bereits die britische Kriegsführung.

Wenige Tage später sollten Differenzen zwischen Lord Cherwell und Innenminister Herbert Morrison einen der unangenehmsten Skandale des ganzen Krieges in London auslösen:

Morrison bestand auf seiner Befürchtung, dass die Deutschen ein wirtschaftliches und durchführbares Verfahren entwickelt hätten, monatlich 108 000 Londoner aus der Ferne zu töten. Lord Cherwell bezweifelte die Zahlen und bezeichnete die gesamte Untersuchung als widersinnig. Er lehnte die Verlustschätzungen schon deshalb ab, weil sie auf einer sehr überhöhten Normquote von Toten je Tonne deutscher Bomben beruhten. Er bestritt die Grundlagen für die Annahme, dass deutsche Bomben - Tonne gegen Tonne - mehr Menschen töten sollten als englische Bomben.

Verärgert übergab Morrison seine Schätzungen der Forschungs- und Versuchsabteilung seines Ministeriums - und der Skandal brach los: Professor Thomas berichtete, dass "der Sprengstoff der Deutschen um 80 Prozent besser ist als der unsere".

Lord Cherwell erkundigte sich sofort, was das Ministerium damit meine. Er erhielt zur Antwort, dass Sprengstoffe durch die Zufügung einer kleinen Menge von Aluminiumpulver um 80 Prozent in ihrer Wirksamkeit gesteigert würden. Das wisse man seit längerer Zeit.

Doch nicht nur Morrisons Innenministerium wusste von der Existenz des deutschen Supersprengstoffes; die britischen Verteidigungswissenschaftler wussten davon ebenfalls.

Anfang Oktober konferierte Lord Cherwell mit Sprengstoff-Experten und liess sich von der Waffenforschungsabteilung des Versorgungsministeriums unterrichten, dass die Abteilung "bereits im April 1940 den Vorschlag gemacht hat, die Auswirkungen von aluminiumversetzten Bomben zu testen; doch damals war die Aluminiumversorgung so schwierig, dass die Abteilung angewiesen wurde, die Entwicklung einzustellen".

Lord Cherwell erfuhr auch, dass die britische Admiralität gleichfalls von der Überlegenheit aluminiumversetzter Sprengstoffe gewusst und sie sogar benutzt habe; verschiedene Typen wurden bereits für Torpedos und Wasserbomben verwendet.

Unverzüglich schrieb Lord Cherwell an den Premierminister: "Es herrscht jetzt allgemein Übereinstimmung darüber, dass wir vermutlich den Schadensradius mit unseren Sprengbomben erheblich erweitern - vielleicht sogar verdoppeln - können, wenn wir einen Explosivstoff wie das deutsche Trialen verwenden, das pulverisiertes Aluminium enthält ."..

Die Stabschefs und der Premierminister nahmen den Vorschlag an, und am 28. Oktober empfahl der Rat der wissenschaftlichen Berater die Einführung des neuen Sprengstoffes. Bereits am 4. Dezember wurden die ersten Bomben mit der neuen Füllung ausgeliefert.

Wieviel weniger wirksam der alte Sprengstoff war, wurde bald darauf von einer "Kommission für die Untersuchung aluminierter Explosivstoffe" demonstriert: Statische Detonationsversuche zeigten, dass der "deutsche Typ" des aluminiumversetzten Sprengstoffs 1,8mal so wirksam war wie der übliche britische Explosivstoff.

Der "Führer" wurde ungeduldig. Er wollte endlich mit seinen Vergeltungsschlägen gegen England beginnen. Hitlers pathologische Gier nach Rache um jeden Preis beherrschte auch ein Gespräch im Führerhauptquartier, über das Goebbels Ende September 1943 notierte:

Hitler "steht nach wie vor auf dem unverrückbaren Standpunkt, England durch Vergeltungsangriffe das heimzuzahlen, was es uns angetan hat ... Der Führer meint, dass unsere grosse Vergeltung durch die Raketenwaffe Ende Januar bis Anfang Februar des kommenden Jahres eingesetzt werden kann ... Ich erfahre vom Führer zum erstenmal, dass die grosse Raketenbombe ein Gewicht von 14 Tonnen hat".

Goebbels freute sich: "Das ist natürlich ein verheerendes Mordwerkzeug. Ich glaube, wenn die ersten Geschosse auf London herniedersausen, dann wird in der englischen Öffentlichkeit eine Art von Panik ausbrechen".

Navigation und Abwurf der Bomben

Funknavigationssystem Pip-Squeak (aus Wikipedia, aus dem Englischen übersetzt)

Hintergrund Vor dem Radar Bis Mitte 1930 plante das Kommando der Royal Air Force der Luftverteidigung Grossbritanniens (ADGB) seine Reaktion auf die Bedrohung durch Luftangriffe. Dies beinhaltete den Bau einer grossen Anzahl von akustischen Spiegeln zur Frühwarnung sowie ein Netzwerk von Beobachterstationen, die demnächst im Royal Observer Corps (ROC) eingerichtet werden sollten. Das System würde nur im Grossraum London Schutz bieten, angefangen an der Küste von Suffolk bis mit einem dünnen Gürtel Flugabwehrartillerie, einem Jagdgebiet im Landesinneren und einer zweiten Gruppe von Kanonen in oder in der Nähe der Stadt. Das System war im Betrieb im Vergleich zu seinem Gegenstück aus dem Ersten Weltkrieg im Wesentlichen unverändert, erweiterte jedoch das den Kämpfern zugewiesene Gebiet erheblich.

In Tests, die in der Mitte der 1930er-Jahre hauptsächlich von Biggin Hill aus durchgeführt wurden, stellte sich heraus, dass das erweiterte Einsatzgebiet für Jäger ein ernstes Problem darstellte, wenn es darum ging, befreundete Streitkräfte im Auge zu behalten. Vor allem, wenn die Höhe zunahm oder das Wetter wolkiger wurde, konnten die Beobachter weder den Überblick behalten noch Kämpfer identifizieren. Dies machte es den zentralen Kontroll- und Verfolgungszentren unmöglich, die Jagdflugzeuge ordnungsgemäss zu ihren Zielen zu lenken. Die Funkortung wurde schon früh als Lösung für dieses Problem erwähnt.

Huff-duff Kurz nachdem Hugh Dowding das Kommando über das ADGB-System übernommen und es in das Fighter-Command-Hauptnetzwerk integriert hatte, setzte er die Installation der hochfrequenten Peilung ("Huff-Duff") als Priorität. Im Sommer 1937 forderte er, dass jeder Sektor mit drei Huff-Duff- Sets ausgestattet werde, um eine rasche Triangulation des Standortes der Flugzeuge zu ermöglichen. Gleichzeitig wurde die neueste Version des weit verbreiteten TR.9-Funkgeräts TR.9B eingesetzt.

Der Air Staff reagierte auf die Anfrage von Dowding aufgrund eines Mangels an Kathodenstrahlröhren (CRTs), die in den Huff-Duff-Sets verwendet wurden, nur langsam, und bis Ende 1937 waren nur fünf Sektoren ausgerüstet. Während der Tests im März 1938 wurde jedoch allen Beteiligten der Wert von DF als Teil des Berichtswesens klar, und am 14. April 1938 ordnete das Luftfahrtministerium weitere 29 Sets an, um alle Sektoren auszustatten. Diese wurden ursprünglich ohne CRT ausgeliefert und dauerte länger, um die Richtung mithilfe eines manuellen Radiogoniometers zuverlässig zu bestimmen. Sie sollten jedoch nach dem Eintreffen der CRTs aktualisiert werden.

Quietschen Im Laufe des Jahres 1938 arbeitete die Royal Airforce Führung an einer neuen Version des TR.9- Sets, dem "D" -Modell, das speziell zur Unterstützung von DF-Betreibern entwickelt wurde. Dieses Modell enthielt einen einzelnen Sendeverstärker, aber zwei Hochfrequenzoszillatoren, wodurch das Gerät schnell zwischen zwei Sendefrequenzen umgeschaltet werden konnte. Wenn das eine für Sprache und das andere für Fernsteuerung verwendet wird, kann das Flugzeug ein Fernsteuerungssignal auf dem separaten Kanal senden, ohne die Kommunikation anderer Flugzeuge auf dem Sprachkanal zu stören.

Der Schlüssel zum System war die Hinzufügung eines Tonerzeugungsoszillators, der einen 1-kHz- Ton erzeugte, das "Quietschen". Beim Eingeben in den Sender des TR.9D wurde ein eindeutiger Ton erzeugt, der auf den Huff-Duff-Sets leicht zu erkennen war. Um den Betrieb weiter zu verbessern, wurde ein automatischer Schalter installiert, mit dem das Radio auf die DF- Sendefrequenz umgeschaltet und der Oszillator eingeschaltet und nach einer festgelegten Zeit wieder ausgeschaltet werden konnte. Um anzuzeigen, dass das System aktiv war, wurde derselbe 1-kHz-Ton auch mit gedämpfter Lautstärke in die Kopfhörer des Piloten gespielt.

Einführung von IFF Der experimentelle Einsatz von IFF-Systemen hatte bereits 1936 stattgefunden, aber diese passiven "Reflektor" -Systeme erwiesen sich als nahezu unbrauchbar. Ein aktives Transpondersystem auf der Basis eines regenerativen Empfängers wurde 1939 eingeführt, zeigte jedoch Probleme mit der Verstärkungseinstellung und hatte den Nachteil, dass es nur mit den Chain-Home-Radaren funktionieren konnte.

Diese Probleme wurden im IFF Mark II behoben, das über eine automatische Verstärkungsregelung und mehrere interne Empfänger verfügte, die auf jedes der beliebten Radargeräte der Zeit reagieren konnten. Mark II war ein grosser Fortschritt, aber es wurde erst 1940 verfügbar, als die Schlacht um England eröffnet wurde. Die Lieferungen mussten warten, bis die Schlacht endete. Ab diesem Zeitpunkt wurden sie schnell in einem Grossteil der RAF-Flotte installiert.

Theoretisch hat die IFF Pip-Squeak überflüssig gemacht, aber mangelnde Radarabdeckung über den Binnengebieten wurde es in Gebrauch gehalten. Neue Radarsysteme, insbesondere der AMES- Typ 7, fingen 1941 an, diese Gebiete zu füllen. Pip-Squeak wurde nach dieser Zeit als Notnavigationssystem für den Fall verwendet, dass ein Flugzeug verloren ging, wodurch die Bodenbetreiber ein Flugzeug mit Hilfe Sprechfunkgeräte orten konnten.

Beschreibung Sender Das Pip-Quietschs Bordgerät bestand aus zwei Hauptteilen, einem Oszillator zum Erzeugen eines Pfeiftones bei 1 kHz und einer mechanischen Uhr mit elektrischen Kontakten zum periodischen Ein- und Ausschalten des Oszillators und des DF-Sendekanals. Mit dem TR.9D, dem in den frühen Kriegsphasen am häufigsten verwendeten Radio, standen zwei Kanäle zur Verfügung, und die Frequenzen wurden vor der Mission mit austauschbaren Quarzoszillatoren ausgewählt. Sowohl der Sektionsleiter als auch ein anderes Flugzeug der Sektion hatten normalerweise Pip-Squeak an Bord.

Kurz nachdem sie sich nach einem Kampf gebildet hatten, wurden die Geschwader Führer gebeten, ihre Quietschuhren vorzubereiten. Im ursprünglichen System mussten sie dazu den "Wind" -Knopf drehen, mit dem der einzelne Sekundenzeiger um das Zifferblatt der Uhr gegen den Uhrzeigersinn gedreht wurde. In jedem Geschwader befanden sich bis zu vier Flugzeugabschnitte, obwohl die meisten Geschwader zu einem bestimmten Zeitpunkt zwei oder drei Abschnitte hatten. Jeder Abschnitt hatte seine eigene Position für die Hand; roter Abschnitt hatte die 12-Uhr-Position, gelb war um 9 Uhr, blau um 6 Uhr und grün um 3 Uhr.

Sobald die Uhren richtig positioniert waren, initiierte der Sektor Controller einen Countdown, Zeit synchronisieren, 5, 4, 3, 2, 1, Markierung. An der Markierung würden die Piloten die Uhr einschalten, die den Sekundenzeiger im Uhrzeigersinn bewegen würde. Als der Zeiger die 12-Uhr- Position erreichte, wurde der Oszillator automatisch eingeschaltet und kurz vor der 3-Uhr-Position wieder ausgeschaltet und sendete 14 Sekunden pro Minute. Das System schaltete das Radio auch automatisch an der 12-Uhr-Position von Voice auf Pip-Squeak-Kanal um. Wenn der Pilot sprach, wurde er abgeschnitten.

Der rote Bereich, der an der 12-Uhr-Position begonnen hatte, sendete sofort, als das System aktiviert wurde. Als es 14 Sekunden später anhielt, erreichte die Uhr des gelben Abschnitts nun die 12-Uhr-Position und begann zu senden und so weiter. Innerhalb einer Minute quietschten alle vier Abschnitte (falls vorhanden) und konnten lokalisiert werden.

Ein separater Funkschalter verhinderte die Ausstrahlung des Funksignals, während sich die Uhr weiter bewegte. Dies ermöglichte dem Piloten, das System früh im Flug einzurichten und es dann auszuschalten, wenn eine bessere Kommunikation erforderlich war, wie im Kampf. Das System kann dann jederzeit wieder eingeschaltet werden, wobei sich die Uhr noch in der richtigen Position befindet. Sektor Kommandanten könnten die Piloten bitten, sie einzuschalten, indem sie fragen, ob ihr Hahn kräht.

Es gab zwei gängige Versionen von Pip-Squeak, eine mit der Uhr im Cockpit und eine zweite mit einem Remote-Clock-System. Letzterer platzierte den "Master Contactor" in einer Box in der Ausrüstungsbucht in der Nähe des Radios und es wurde vor der Mission für jeden Abschnitt auf den richtigen Gebrauchtplatz voreingestellt. Das "Remote Contactor" -Display befand sich im Cockpit und wurde von elektrischen Signalen des Master Contactor angetrieben, dessen Signale einmal pro Sekunde einen Schrittmotor versorgten, der den Sekundenzeiger antreibt. Diese Version hatte nur einen einzigen Regler zum Ein- und Ausschalten der Uhr, um sie bei "Mark" zu starten. Ein separater Schalter an der Funkkonsole ermöglichte das Stoppen und Starten des Signals, während die Uhr laufen gelassen wurde.

Peilung Jeder Sektor war mit drei Huff-Duff-Sets ausgestattet, um die Position der Pip-Squeak-Funkgeräte zu bestimmen. Obwohl theoretisch nur zwei erforderlich waren, wurde durch Hinzufügen einer dritten Redundanz die Wahrscheinlichkeit von Fehlern beim Peilen verringert. Die Stationen wurden in einem Abstand von ungefähr 48 km in einem möglichst gleichseitigen dreieckigen Grundriss positioniert. Eine der drei Stationen befand sich gleichzeitig in der Sektor Kontrollzentrale, wobei die beiden entfernten Stationen über Telefonleitungen mit der Zentrale kommunizierten.

Bei der Sektorsteuerung wurde ein einfaches System verwendet, um schnell eine "Lösung" zu finden. Diese bestand aus einer kreisförmigen Zeichnungstafel mit einer Karte auf der Oberseite, die mit dem nationalen Raster der Ordnance Survey markiert war, und einer Reihe von Kompasswinkeln auf einem Winkelmesser um die Aussenkante. Die Position der drei Stationen wurde durch kleine Löcher dargestellt, die in die Karte gebohrt wurden. Gewogene Fäden gingen durch die Löcher und konnten von den Peilern über die Karte gezogen werden. Wenn ein Bericht von einem Huff-Duff-Operator empfangen wurde, zog der Plotter seine Schnur so, dass sie auf dem angegebenen Winkel lag. das Gewicht (oder die elastische Schnur) am anderen Ende hielt die Schnur gespannt.

Wenn die drei Berichte aufgezeichnet sind, kreuzen sich die Zeichenfolgen normalerweise in einem kleinen Dreieck oder Stern auf der Karte. Dieser Ort wurde gegen das Raster gelesen. Die Bediener konnten einfach anhand einer mit Abschnittsfarben bemalten Sektor-Uhr erkennen, welchen Abschnitt sie verfolgten, da die Abschnitte ihre Uhren manuell mit diesem synchronisiert hatten. Ein vierter Bediener, der die Parzellen beobachtet, würde dann die Position zum Hauptoperationsraum anrufen. Das System erforderte schnelle Operationen von allen Beteiligten, da sie nur 14 Sekunden Zeit hatten, um ein Diagramm zu erstellen, bevor der nächste Abschnitt in berichtet wurde.

Wenn der Rasterplatz an die Operationsbasis übergeben wurde, konnte eine Markierung für diesen Abschnitt in der Sektordarstellungstabelle aktualisiert werden. Pip-Squeak produzierte keine direkten Informationen über Freunde oder Feinde (IFF), sondern diente diesem Zweck in der Praxis, indem es den Betreibern ermöglichte, zu bestimmen, welche Parzellen freundlich waren. Dies könnte zum Beispiel verwendet werden, wenn Berichte von Radar- oder ROC-Beobachtern verbündete Streitkräfte verfolgten, ohne es zu wissen.

Probleme Obwohl pip-squeak in der Praxis gut funktionierte und mit jedem Flugzeug mit Funkgerät verwendet werden konnte, gab es einige praktische Probleme, die zu einem eventuellen Austausch führten.

Das erste war, dass das System einen Funkkanal verbraucht hat. Da das TR.9D-Set nur zwei Kanäle hatte, blieb mit einem für Pip-Squeak nur ein einziger Sprachkanal übrig. Alle Flugzeuge des Geschwaders teilten die gleichen Frequenzen für Stimme und Quietschen, die vor der Mission ausgewählt wurden. Dies bedeutete, dass Staffeln untereinander und mit ihrem Sektoroperator sprechen konnten, sich jedoch nicht mit anderen Staffeln oder Sektoren abstimmen konnten. Auch wurden die Piloten ständig unterbrochen. Mit der Einführung der TR.1388-Geräte, die über mehrere Sprachkanäle und eine viel grössere Reichweite verfügten, verbesserte sich die Situation, aber das Quietschen unterbrach den Piloten immer noch, als er sendete. 08_20/ GEE-Sender – mit einer GEE-Karte des 08_21/ GEE-Empfänger Ruhrgebietes

Darüber hinaus erforderte das Pip-Squeak-System eine völlig separate Meldekette mit den dazugehörigen Geräten, Gebäuden, Arbeitskräften und Telefonsystemen. Diese Informationen wurden in erster Linie von den Sektorkontrollen genutzt, die dafür verantwortlich waren, Einsatzkräfte auf Ziele zu lenken, und daher aktuelle Informationen über die Standorte ihrer Einsatzkräfte benötigten. Dies bedeutete, dass Informationen über den Standort der befreundeten Streitkräfte an das Hauptquartier der Gruppe und des Kampfkommandos zurückgeschickt werden mussten, wodurch der Verkehr, der durch das System fliesst, zunahm.

Pip-Squeak wurde dann durch das IFF-System ersetzt. Dies war ein in sich geschlossener Transponder, der durch das Signal eines vom Flugzeug empfangenen Radars ausgelöst wurde. Der Transponder hat beim Empfang des Radarsignals einen eigenen kurzen Funkimpuls ausgesendet. Dieses Signal wurde ausgefiltert und an einen separaten Verstärker der Radarstation gesendet. Der Ausgang wurde dann mit dem Hauptsignal gemischt und verursachte ein leichtes Auf-Ab- Signal nach dem Hauptsignal. Diese "sekundäre" Rückkehr gibt dem sekundären Radar, das die Grundlage der meisten zivilen Radarsysteme bildet, seinen Namen.

IFF wurde bereits 1939 hergestellt, aber nicht häufig eingesetzt, da die frühen Chain-Home- Radarstationen entlang der Küste verlegt wurden und im Landesinneren, wo ein Grossteil der Aktionen stattfand, keine Abdeckung bieten. Bis 1942 wurde das Radarnetz umfassend aktualisiert, insbesondere durch die Einführung der bodengesteuerten Abfangeinheiten und die Aufzeichnung erfolgter Abfänge, die von den Sektorkontrollen auf die Radargeräte selbst verlagert wurden. IFF war zu diesem Zeitpunkt universell.

Radar-Navigation (aus Wikipedia)

Oboe (Observer Bombing Over Enemy) war ein britisches Funknavigationssystem für Bomber im Zweiten Weltkrieg. Das System wurde ab Dezember 1942 in Betrieb genommen. 08_22/Die linke Seite dieses Bildes zeigt eine Oboe- Navigationskonsole. Die beiden CRTs, einige der grössten, die zu dieser Zeit gebaut wurden, wurden für die Messung von Brutto- und Feinabständen verwendet. Dieser 08_22/Funktion System Oboe Kontrollraum ist in eine Nissen-Hütte (oder ähnliches) eingebaut, was möglicherweise darauf hindeutet, dass es sich um einen der mobilen Standorte handelt, die nach dem D-Day nach Kontinentaleuropa verlegt wurden.

Technische Details Zwei ausreichend weit voneinander entfernt in England stehende Sendeanlagen sendeten Signale an einen mit einem entsprechenden Transponder ausgerüsteten Mosquito-Bomber, der als Pfadfinder fungierte. Der Transponder sendete die Signale an die Stationen zurück. Über die Zeit, welche die Signale dafür benötigten, konnte die Entfernung zu den Sendeanlagen errechnet werden.

Jede Sendestation definierte einen spezifischen Sendekreis, der so gewählt wurde, dass der Schnittpunkt der Sendekreise beider Stationen auf das anvisierte Ziel ausgerichtet war. Die Mosquito flog entlang des Kreisumfanges, der von einer der Stationen gebildet wurde, der sogenannten "Cat" (Katze), und warf ihre Ladung, die je nach Mission aus Bomben oder Leuchtsignalen bestand, genau am Kreuzungspunkt mit dem zweiten Signal, der sogenannten "Mouse" (Maus), ab. In Südengland wurde ein ganzes Netzwerk von Oboe-Stationen eingerichtet, und jede davon konnte je nach Bedarf als "Cat" oder "Mouse" eingesetzt werden.

Die erste "Mark I" Oboe entstand aus dem Chain-Home-System, das mit 1,5 m Wellenlänge im 200- MHz-Bereich arbeitete. Die Stationen sendeten eine Reihe von Impulsen mit einer Frequenz von 133 Impulsen pro Minute. Die Pulslänge konnte lang oder kurz eingestellt werden, so dass wie beim Morsecode eine Reihe von Punkten oder Strichen gebildet wurde. War das Flugzeug zu weit innerhalb des definierten Radius, sendete die "Cat" nur Punktsignale, war sie zu weit ausserhalb, wurden nur Strichsignale gesendet.

Sendete die "Mouse"-Station fünf Striche und einen Punkt, war dies das Signal für den Bombenabwurf. Die Mouse-Station enthielt einen Bombenrechner mit dem Namen "Micestro", der den genauen Abwurfzeitpunkt berechnen konnte. Dadurch wurde auch das Mitführen eines Bombenzielgerätes in den Mosquito-Bombern selbst überflüssig.

Die Grundidee für Oboe kam von Alec Reeves von Standard Telephones and Cables Ltd. und wurde gemeinsam mit Frank Jones vom TRE entwickelt.

H2S (Navigation) H2S war der Deckname eines Radargerätes, das in Bombern der britischen Royal Air Force (RAF) eingesetzt wurde. Es diente der Zielfindung unter schlechten Sichtbedingungen, wie schlechtem Wetter und bei Nachteinsätzen.

Am 30. Januar 1943 wurde das H2S erstmals in Bombern der RAF verwendet. Dies war zugleich der erste Kampfeinsatz mit einem Bodenerfassungsradar. Zu Beginn wurde es in Stirling- und Halifax- Bombern zur Navigation und Zielerfassung bei Nacht verwendet.

8_25/Das System H2S in einer De Havilland 08_24/H2S als Stationäre Anlage Mosquito eingebaut

Die Entwicklung des Magnetrons ermöglichte den Einsatz des Zehn-Zentimeter-Radars (genau genommen 9,1 Zentimeter Wellenlänge, mit der dieses System zunächst arbeitete). Später wurde die Wellenlänge erst auf 3,0, dann auf 1,5 Zentimeter reduziert, wodurch das Radar auch Regenwolken erfassen konnte.

Im späteren Verlauf des Zweiten Weltkriegs verwendete die deutsche Luftwaffe den Radardetektor FuG 350 "Naxos", mit dem die Nachtjäger die H2S-Signale anpeilen und damit die britischen Bomber aufspüren konnten.

Die Amerikaner übernahmen die 1945 von der RAF getestete Version Mk VI des H2S-Gerätes, die im Mikrowellenbereich zwischen 8,0 und 12,0 Gigahertz, im sogenannten "X-Band", arbeitete. Diese H2X genannte Version lieferte deutlich schärfere Bilder.

Entwicklungsgeschichte Nach der Luftschlacht um England hatte die RAF begonnen, mit ihren Bombern nächtliche Angriffe gegen deutsche Städte zu fliegen. Wenngleich das Bomber Command grosse Erfolge durch die Angriffe vermeldete, zeigten 1940 durchgeführte unabhängige Untersuchungen bei Tageslicht, dass die Hälfte der Bomben auf freiem Feld abgeworfen wurde und nur eine von zehn Bomben das vorgesehene Ziel tatsächlich traf.

Eine höhere Erfolgsrate ergab sich mit der Verwendung der Funknavigation. Die Briten entwickelten dafür zunächst das im März 1942 einsatzfähige GEE-System und wenig später (Dezember 1942) das Langstrecken-Navigationssystem Oboe. Sowohl GEE als auch Oboe waren passive Systeme und in ihrer Reichweite begrenzt, da sie direkten Funkkontakt zu den stationären Sendern in Grossbritannien voraussetzten.

Ein Bomber, der ein komplettes, aktives Radarsystem mit sich führte, wäre jedoch von der Reichweite der stationären Sender unabhängig. Der britische Physiker Edward George Bowen hatte bei Experimenten für ein Air-Interception-Radar (AI) bereits vor dem Krieg festgestellt, dass sich die Radarwellen, die von Feldern, Städten und anderen Gebieten reflektierten, charakteristisch unterscheiden. Er schlug damals bereits die Entwicklung eines Radars zur Zielsuche vor, die Idee geriet jedoch bis 1941 in Vergessenheit. Eine Gruppe um Philip Dee arbeitete im März dieses Jahres mit einem 10-cm/3-GHz-AI-Radar in einer . Diese Versuchsaufstellung wurde wegen des Betriebs im S-Band-Bereich als AIS bezeichnet. Dabei entdeckte auch dieses Team, dass die Radarreflexion Rückschlüsse auf die Beschaffenheit des überflogenen Geländes zuliess.

Im Oktober 1941 nahm Dee an einer Besprechung des Bomber Commands über Problematik der Zielsuche bei Nacht teil. Danach, am 1. November 1941, führte er ein Experiment durch, bei dem das AIS in der Blenheim zum Abtasten des überflogenen Geländes verwendet wurde. Dabei konnte er die Umrisse einer 55 km entfernten Stadt ausmachen.

Die Führung war davon beeindruckt. Am Neujahrstag 1942 wurde bei der Telecommunications Research Establishment (TRE) in Swanage unter Leitung von Bernard Lovell ein Team zusammengestellt, um auf der Basis des AIS ein Radarsystem zur Zielerkennung zu entwickeln. Das neue Radar sollte in einer Kuppel (Radom) an der Unterseite des Bombers untergebracht werden. Eine rotierende Antenne tastete die Umgebung ab und übertrug die Reflexion auf eine Bildröhre (PPI Display), auf der eine Schwarzweiss-Karte des umgebenden Geländes erschien.

Das System wurde anfangs als "BN" für "Blind Navigation" bezeichnet, aber bald in H2S umbenannt. Für den genauen Ursprung und die Bedeutung dieser Bezeichnung gibt es verschiedene Interpretation. Einige Quellen sagen, dies bedeute "Height to slope", andere deuten auf den übel riechenden Schwefelwasserstoff hin, der mit dem System keinerlei Verbindung hatte. Ein Entwicklungstechniker soll mit dem Ausspruch: "Das wird denen aber stinken, wenn wir deren Städte trotz Verdunkelung sehen". die Vorlage für den Namen H2S geliefert haben. Möglicherweise wurde aber auch aus Tarngründen absichtlich eine obskure Bezeichnung gewählt. Nach manchen Quellen steht H2S für "Home, sweet home". Gegnerische Geheimdienste sollten aufgrund dieser Tarnbezeichnung glauben, dass es sich um eine Navigationseinrichtung handelt, die den Bomber zu seiner Ausgangsbasis zurückbringt. 08_26/die Radarkuppel einer B17 08_27/Eingebaut in einem Lancaster Bomber

Am 23. April 1942 wurde das H2S an einer erstmals erprobt. Es gab aber noch viel zu tun. So musste die Empfindlichkeit bzw. Signalverstärkung je nach Winkel und Entfernung eingestellt werden, um die Umgebung wie eine Karte gleichmässig abbilden zu können.

Das H2S hatte bei der TRE die höchste Priorität und Lovell konnte einige der besten Ingenieure, darunter Alan Blumlein, dafür einsetzen. Aber es gab auch Hindernisse. Der Geheimdienst berichtete von der Stationierung einer Kompanie deutscher Fallschirmspringer bei Cherbourg, von denen man annahm, sie könnten einen Überfall auf die TRE planen, so wie es auch die Briten in der Operation Biting gegen das deutsche Würzburg-Radarsystem taten. Am 25. Mai zog daher die gesamte Organisation in grösster Eile von Swanage 160 Kilometer weiter nördlich nach Malvern College.

Ein weiterer herber Rückschlag ergab sich, als die Halifax, mit der die Tests durchgeführt wurden, am 7. Juni 1942 abstürzte. Dabei wurde der Prototyp des H2S zerstört und die gesamte Besatzung, darunter Alan Blumlein, getötet.

Zudem wollte Churchills wissenschaftlicher Berater Frederick Lindemann, 1. Viscount Cherwell, dass das H2S mit einem Klystron anstelle des Magnetron gebaut werden sollte. Lord Cherwell war ein rechthaberischer, sturer Typ, wie auch Churchill, zusätzlich jedoch mit deutlich weniger Selbsteinsicht. Die meisten Menschen, die mit ihm arbeiten mussten, sahen in ihm einen Blockierer, der eher versucht, Probleme zu schaffen, als sie zu überwinden.

Lindemann wollte verhindern, dass das Geheimnis des Magnetrons in deutsche Hände fiel, da diese, sobald sie das Prinzip erkannten, nicht nur versuchen würden, es zu kopieren, sondern auch schnell Gegenmassnahmen entwickeln konnten. Das Klystron war nicht so leistungsfähig wie das Magnetron, aber es konnte im Notfall sehr leicht zerstört werden, während der Kupferkern eines Magnetrons selbst grössere Sprengladungen überstehen konnte.

Das H2S-Team bezweifelte, dass das Klystron für diese Aufgabe geeignet war. Bei Tests eines H2S mit Klystron ergab sich ein um den Faktor 20 bis 30 geringeres Ausgangssignal. Das H2S-Team protestierte mit dem Argument, dass die Deutschen zwei Jahre bräuchten, um aus einem erbeuteten Magnetron ein Radar mit einer Wellenlänge im Zentimeterbereich zu entwickeln, und dass es keinen Grund für die Annahme gab, dass sie nicht ohnehin bereits an einem solchen System arbeiten. Der erste Einwand erwies sich als zutreffend, der zweite nicht. In Deutschland war das Magnetron zwar bereits bekannt, es wurde dort schon 1935 zum Patent angemeldet. Wegen der Frequenzdrift beim Magnetron setzten die deutschen Entwickler auf Hochtast-Trioden in den Sendestufen ihrer Radaranlagen.

Trotz aller Probleme verlangte Churchill bei einer Besprechung am 3. Juli 1942 mit ranghohen Militärs überraschend den Bau von 200 H2S-Geräten bis zum 15. Oktober 1942. Das H2S-Team stand unter hohem Druck, hatte aber auch Priorität beim Zugriff auf Ressourcen. Damit konnten sie sich nun auch gegen Lord Cherwell durchsetzen und das klystronbasierte H2S aufgeben. Trotz aller Anstrengungen war es jedoch nicht möglich, das Ziel bis zum 15. Oktober zu erreichen. Bis zum 1. Januar 1943 konnten jedoch zwölf Stirling- und ebenso viele Halifax-Bomber mit dem H2S ausgerüstet werden. In der Nacht des 30. Januar 1943 starteten dreizehn Bomber der Pathfinder Force, die Brandsätze oder Leuchtsignale zur Zielmarkierung für den Bomberstrom abwerfen sollten, zu einem ersten Kampfeinsatz mit H2S mit Ziel Hamburg. Sieben der Pfadfinder mussten vorzeitig umkehren, sechs Bombern gelang es, das Ziel zu markieren, das daraufhin von einhundert Lancaster-Bombern bombardiert wurde.

In Deutschland war das H2S-System zu dieser Zeit noch unbekannt. Abgeschossene Flugzeuge wurden routinemässig sorgfältig untersucht. Am 2. Februar 1943 wurde eine Pfadfinder-Stirling bei Rotterdam abgeschossen, in deren Wrack den deutschen Truppen ein ungewöhnliches Gerät auffiel. Abgesehen vom zerstörten Sichtgerät mit der Kathodenstrahlröhre konnte ein nahezu komplettes H2S-Gerät geborgen werden. Daraufhin begannen bei Telefunken in Berlin die Untersuchungen dieses "Rotterdam-Gerätes", dessen Funktion jedoch noch nicht ermittelt werden konnte. Erst etwa ein Jahr später wurde eine intakte Anzeige aus einem anderen Flugzeug geborgen und eine komplette Anlage wurde auf einem der Berliner Flaktürme aufgebaut. Als man es einschaltete, sahen die entsetzten Techniker auf dem Bildschirm die Konturen von Berlin mit seinen deutlich abgezeichneten zahlreichen Wasserflächen.

Bis Sommer 1943 kam das H2S nur vereinzelt zum Einsatz. In der Nacht des 24. Juli 1943 startete die RAF gemeinsam mit den USAAF mehrere systematische Grosseinsätze gegen Hamburg – die Operation Gomorrha. Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Lancaster-Bomber, die nun das Rückgrat des britischen Bomber Command bildeten, mit dem H2S ausgerüstet. Nachdem Flugzeuge der Pathfinder Force mit Hilfe dieses Radarsystems die Ziele markiert hatten, folgten unzählige Spreng- und Brandbomben. Dieses Verfahren wurde am 25. und 27. Juli mit Unterstützung durch Tagesangriffe der 8. US-Luftflotte wiederholt. Im Feuersturm brannten viele Häuser bis auf die Grundmauern nieder, dabei kamen ca. 34.000 Menschen, hauptsächlich Zivilisten, ums Leben.

Das H2S spielte auch bei den zwischen November 1943 und März 1944 durchgeführten Angriffen auf Berlin eine wichtige Rolle. Berlin war ausserhalb der Reichweite der britischen Funknavigation mit GEE und Oboe und zudem im Winter oft von Wolken bedeckt. Man hoffte, mit dem H2S die zahlreichen Wasserflächen in der Stadt als Navigationshilfe nutzen zu können. Mit den ursprünglichen Einstellungen des H2S gelang das jedoch nicht. Erst mit dem H2S Mark III, das mit einer Wellenlänge von 3 cm arbeitete und offene von bebauten Flächen unterscheiden konnte, wurden dort gezielte Bombenabwürfe möglich. Das H2S verwendete erstmals zur Anzeige die zweidimensionale Darstellung von Entfernung und Richtung auf dem runden Radarschirm – den noch heute verwendeten "Plan Position Indicator" (PPI).

Pathfinder Force Die Pathfinder Force (PFF) war eine spezielle Formation innerhalb des Bomber Command der britischen Royal Air Force, die im Zweiten Weltkrieg zum Einsatz kam. Sie war für die Zielmarkierung für die nachfolgenden Bomberverbände zuständig. Ab 1943 bildete sie die eigenständige No. 8 (Pathfinder Force) Group des Bomber Command. Ähnliche Verbände kamen auch bei der 8. US-Luftflotte zum Einsatz.

Geschichte Die "Pathfinder Force" ging auf eine Anregung des damaligen Group und stellvertretenden Leiters der Bomberoperationen im , Sydney Bufton, zurück, die dieser im März 1942 dem Chef des Bomber Command, Air Marshal Arthur Harris, unterbreitete. Harris war anfangs nicht von der Idee einer eigenständigen Zielfinderformation überzeugt, weil er von der Aufstellung einer "Elitetruppe" negative Auswirkungen auf die Moral der anderen Besatzungen erwartete. Im Juni erhielt er dann aber von seinem Vorgesetzten und Chef des Air Staff, Air Chief Marshal Charles Portal, die Anweisung, die Schaffung einer solchen Truppe zu veranlassen.

08_28/Lancaster Startvorbereitungen 08_29/Lancaster Startvorbereitungen

Dazu sollte aus jeder der damals fünf Bombergruppen des Bomber Commands eine Squadron mit besonders gut ausgebildeten Besatzungen ausgewählt und diese einem einheitlichen Kommando unterstellt werden. Als Kommandeur der Einheit wurde Group Captain D.C.T. Bennet, ein Australier, der in der RAF diente, ausgewählt. Bennet galt als bester Flugnavigator in Diensten der RAF und war ein erfahrener Pilot, der zuvor die 10. Squadron geführt hatte. Die erste Wahl des Air Ministry war Commander Basil Embry gewesen, was Harris aber erfolgreich verhindern konnte.

Die Aufstellung der PFF erfolgte am 14. August 1942. Der erste Einsatz der Pathfinder war der Luftangriff auf Flensburg am 18. August 1942. Doch der Angriff auf Flensburg scheiterte auf Grund von Wetterverhältnissen und Fehlnavigation.

Die Squadrons blieben anfangs ihren Groups zugeordnet und flogen die gleichen Flugzeuge wie diese, was sich aber mit der immer grösseren Verfügbarkeit der viermotorigen und der Indienststellung der schnellen, zweimotorigen de Havilland DH.98 Mosquito sowie der Aufstellung der No. 8 (Pathfinder Force) Group im Januar 1943 änderte. Bis dahin hatte sich die PFF bereits effektive Methoden und Hilfsmittel entwickelt. Bennet gründete eine besondere Navigationsschule und sorgte für die sorgfältige Auswahl seiner Besatzungen. Die Angehörigen der PFF wurden schneller befördert als andere Besatzungen und erhielten die Erlaubnis, ein besonderes Erkennungszeichen zu tragen.

Im weiteren Kriegsverlauf entwickelte sich eine besondere Rivalität zwischen der No. 8 (Pathfinder Force) Group unter Bennet und der elitären No. 5 Bomber Group unter Ralph Cochrane. Letzterer war der Ansicht, dass seine Besatzungen in der Lage waren, Ziele mit höherer Genauigkeit durch Tiefflugmarkierung zu treffen. Als Problem für die Genauigkeit der pfadfindergeleiteten Bombardements erwies sich insbesondere der "creep-back"-Effekt, der unerfahrene Bombenschützen veranlasste, ihre Bomben zu früh, d. h. schon nach Sichtung der ersten Zielmarkierungen, auszuklinken. Hintergrund hierfür war das Bestreben, die Gefahrenzone des Flakfeuers über den Städten möglichst schnell wieder verlassen zu können.

Technische und taktische Grundlagen Das wichtigste Navigationsmittel zum Zeitpunkt der Aufstellung der PFF war das im März 1942 in Dienst gestellte System GEE, das ein gitterartiges Netz von Funkstrahlen zur Unterstützung der Flugnavigation verwendete und die fehlerträchtige Koppelnavigation ablösen sollte. Dieses wurde aber bereits von den Deutschen erfolgreich gestört und verlor somit seine Effektivität. Die Verfahren Oboe und H2S befanden sich noch in der Entwicklung und standen erst ab Anfang 1943 zur Verfügung. Jedes Pfadfinderflugzeug verfügte über ein "Navigationsteam" aus dem Piloten und zwei Navigatoren, davon war einer für die technischen Navigationshilfen zuständig.

Zur Zielmarkierung benutzte die PFF anfangs einfache rote Leuchtbomben zur Aufhellung und nachfolgend von sogenannten "fire raisers" abgeworfene Brandbomben, die kleinere Brände erzeugten und so eine klare Erkennung des Zieles durch die Bomberbesatzungen ermöglichten. Später wurden verschiedenfarbige Zielmarkierungsbomben eingesetzt. Die Markierung musste oft "blind" erfolgen, hierfür bildeten sich verschiedene Bezeichnungen heraus:

Newhaven - visuelle Markierung Paramatta - blinde Bodenmarkierung (bei eingeschränkter Erdsicht) Wanganui - Himmelsmarkierung (bei geschlossener Wolkendecke)

In Kombination mit den Navigationsverfahren erhielten diese Bezeichnungen Zusätze, z. B. beim Oboe-Verfahren den Vorsatz Musical.

Bei der visuellen Markierung wurde zunächst das Zielgebiet durch sogenannte "Zielausleuchter" mit Fallschirm-Leuchtbomben erhellt. Danach folgten die "Zielmarkierer", die die Bodenmarkierungen setzten. Die schwersten eingesetzten Markierungsbomben wogen 4000 lb. (ca. 1,8 t) und konnten von einer "Mosquito" bis nach Berlin getragen werden. Im Hauptverband flogen weitere Pathfinder mit, um die Markierungen für die Flugzeuge der nachfolgenden Angriffswellen zu erneuern. Als visuelles Zielgerät kam hauptsächlich das Mk XIV Stabilized Vector Sight zum Einsatz. Das verbesserte Mk II Stabilizing Automatic Bomb Sight (SABS) wurde für die No. 617 Squadron der No. 5 Group, besser bekannt unter ihrem Spitznamen "Dam Busters", reserviert.

Blindmarkierungen wurden, sofern das Ziel in dessen Reichweite lag (wie etwa das Ruhrgebiet), mit Hilfe des sehr genauen Oboe-Funkpeilverfahrens oder andernfalls des an Bord installierten H2S-Bodenradars durchgeführt. Bestand keinerlei Erdsicht, wurden lediglich Himmelsmarkierungen gesetzt; dies war die ungenaueste Methode. Fallschirmleuchtbomben kamen daneben auch zur Unterstützung der Bomberverbände bei der Navigation auf dem Anflug zum Einsatz, hauptsächlich an den vorher bekanntgegebenen Wendepunkten der oftmals zickzackförmig verlaufenden Anflugroute sowie am Sammelpunkt für den eigentlichen Zielanflug.

Später im Krieg wurde die Funktion des Master Bomber (von den Deutschen als "Zeremonienmeister" bezeichnet) eingeführt. Dieser kreiste während des gesamten Angriffs über dem Ziel und gab per Funk Korrekturanweisungen an die Zielmarkierer und die Bomber des Hauptverbands durch. Dem erfolgreichen Nachtjagdpiloten Heinz-Wolfgang Schnaufer der deutschen Luftwaffe gelang es, einen Angriff auf seine Heimatstadt Stuttgart zu verhindern, indem er den Master Bomber aus dem angreifenden Verband rechtzeitig abschoss.

Einsatzstatistik Die britischen Pfadfinder flogen während des Krieges über 50.000 Einzelmissionen gegen 3440 Ziele. Ihre Verluste betrugen dabei 3727 Tote.

Norden-Bombenzielgerät (aus Wikipedia)

Das Norden-Bombenzielgerät war ein Bombenzielgerät, das vor allem im Zweiten Weltkrieg in amerikanischen Bombern zum Einsatz kam. Es galt zu seiner Zeit als die präziseste Zieloptik, mit der je ein strategischer Bomber ausgerüstet worden war. und kam in fast allen Horizontalbombern der Air Forces zum Einsatz, etwa in der Boeing B-17, der B-24 Liberator, der North American B-25, der A-26 Invader oder der Boeing B-29, aber auch in Marineflugzeugen wie der Douglas TBD Devastator. Benannt ist es nach seinem Erfinder Carl Lucas Norden.

08_30/Norden-Bombenzielgerät in einer A-26 Invader 08_31/Boeing B-29, der Platz des Bomberschützen

Geschichte Bei einem typischen Bombenzielgerät aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen musste der Bombenschütze zunächst einige Werte, wie etwa die Windgeschwindigkeit oder die ballistischen Eigenschaften der Bombe, eingeben. Dann konnte er durch ein Fadenkreuzokular den Punkt erkennen, an dem eine abgeworfene Bombe einschlagen würde. Der Mittelpunkt des Fadenkreuzes wanderte also während des Zielanfluges ständig auf das Ziel zu. Durch Handzeichen übermittelte der Bombenschütze dem Piloten die nötigen Kurskorrekturen. Wenn die Mitte des Fadenkreuzes das Ziel erreichte, löste der Bombenschütze den Abwurf der Bomben aus. Die Genauigkeit dieser Zielgeräte wurde jedoch durch die Tatsache stark beeinträchtigt, dass Flugzeuge in der Praxis selten völlig ruhig in der Luft liegen. Daher wurden erste Versuche mit kreiselstabilisierten Zielvorrichtungen unternommen, die die Eigenbewegungen des Flugzeugs ausgleichen sollten.

Als die Flugzeuge grösser wurden und der Pilot den Bombenschützen nicht mehr im Blick hatte, wurde der Pilot direction indicator (PDI) entwickelt, bei dem der Bombenschütze mittels elektrischer Schalter ein Zeigerinstrument bediente, das sich im Sichtfeld des Piloten befand und diesem die nötigen Kurskorrekturen anzeigte.

Norden verbesserte dieses Verfahren, indem er das Zielgerät nicht nur auf eine kreiselstabilisierte Plattform setzte – die Signale für die Kurskorrekturanzeige wurden jetzt automatisch erzeugt und an den Piloten übermittelt. Ausserdem "wanderte" das Fadenkreuz jetzt nicht mehr über das Zielgebiet hinweg auf das Ziel zu, sondern das Fadenkreuz blieb ständig auf das Ziel gerichtet.

Die ersten Norden-Geräte des Typs Mark XI wurden 1924 zu Testzwecken an die US Navy übergeben. Die Ergebnisse waren enttäuschend – die Zielgenauigkeit liess zu wünschen übrig und die Bedienung des Geräts war sehr kompliziert. Erst als die Trefferwahrscheinlichkeit deutlich erhöht worden war, erteilte die Navy 1928 einen ersten Auftrag. 1931 erwarb auch das United States Army Air Corps (USAAC) ein Exemplar und kam im Wesentlichen zu den gleichen Ergebnissen. Inzwischen hatte Norden die wesentlich verbesserte Version Mark XV entwickelt, die vor allem deutlich einfacher zu bedienen war. Sie benutzte aber immer noch den PDI, um dem Piloten die nötigen Kurskorrekturen zu übermitteln. Später entwickelte Norden das Stabilized Bombing Approach Equipment (SBAE), einen primitiven Autopiloten, der direkt mit dem Mark XV gekoppelt werden konnte.

Trotz aller Verbesserungen hatte auch das Mark XV noch Schwächen. So verwendete Norden für den Antrieb seiner Gyroskope Gleichstrommotoren. Die dafür notwendigen Kohlebürsten nutzen sich schnell ab, mussten daher oft gewechselt werden und verschmutzten die Mechanik ausserdem mit Kohlenstaub. Vor dem eigentlichen Zielen musste das Gerät zuerst mittels zweier Libellen nivelliert werden, was achteinhalb Minuten in Anspruch nahm. Durch Turbulenzen oder bei heftigen Flugmanövern konnte es vorkommen, dass die Kreisel ihre Richtung verloren und die Nivellierung wiederholt werden musste. Während des gesamten Zielanflugs musste der Bomber ausserdem immer die Höhe beibehalten, was ihn verwundbarer für feindliche Flugabwehrkanonen machte.

Aufgrund eines Exklusivvertrages zwischen Norden und der US Navy musste das USAAC alle seine Norden-Bombenzielgeräte über die Navy beziehen. Da diese jedoch den Löwenanteil aller produzierten Norden-Geräte für sich beanspruchte, wandte sich die Army an die Sperry Corporation, die mit dem S-1 (ursprünglich als O-1 bezeichnet) ein ähnliches System entwickelt hatte. Im Gegensatz zum Norden-Gerät liefen die Kreisel beim Sperry S-1 mit Wechselstrom, weshalb die Probleme mit den Kohlebürsten entfielen; auch war die Umdrehungsgeschwindigkeit der Kreisel mit 24.000 rpm mehr als dreimal so hoch wie beim Norden-Gerät mit 7.800 rpm. Sperry entwickelte mit dem A-5, dem Gegenstück zu Nordens SBAE, ausserdem den ersten vollelektronischen Autopiloten der Welt. Die Army verwendete ihre Norden-Bombenzielgeräte zuerst vor allem in ihren B17-Bombern, während sie ihre B-24 Liberator zunächst mit Sperry- Geräten ausstattete.

Im Juni 1941 erhielt Sperry von der US-Regierung den Auftrag zum Bau einer 186.000 Quadratmeter grossen Fabrik. Das USAAC wollte alle seine Bomber mit Autopiloten des Typs A-5 ausstatten, die dann wahlweise mit einem Norden-Bombenzielgerät oder einem Sperry S-1 gekoppelt werden sollten. Norden weigerte sich jedoch, sein Gerät mit dem Sperry A-5 kompatibel zu machen. Im Januar 1942 beauftragte das Air Corps die Firma Honeywell mit der Entwicklung eines neuen Autopiloten. Dieser vereinte Elemente von Nordens SBAE und Sperrys A-5 zum so genannten Automatic Flight Control Equipment (AFCE), später C-1 genannt.

1943 sah die Navy ihren Bedarf an Norden-Bombenzielgeräten als gedeckt an, auch weil sie sich bei der Bekämpfung von (beweglichen) Schiffen an Stelle von Horizontalbombardements immer mehr auf Sturzangriffe verlegte. Im gleichen Jahr stornierte die Army ihren Vertrag mit Sperry und kaufte von da an nur noch Norden-Bombenzielgeräte. Diese konnten nun direkt mit dem Honeywell C-1 gekoppelt werden, so dass der Bombenschütze beim Zielanflug das Flugzeug praktisch mit seinem Bombenzielgerät steuern konnte.

Insgesamt wurden für das US-Militär etwa 43.000 Norden-Bombenzielgeräte des Typs Mark XV hergestellt, davon 35.000 für die USAAF und 8.000 für die Navy.

Um bei der Ausbildung der angehenden Bombenschützen Kosten zu sparen, wurde ein spezieller Simulator entwickelt, ähnlich den Flugsimulatoren für Piloten.

Im Koreakrieg wurden einige ältere Flugzeugtypen mit Norden-Bombenzielgerät reaktiviert, wie etwa die B-29 Superfortress. Auch im Vietnamkrieg kam das Gerät vereinzelt noch zum Einsatz.

Geheimhaltung Die Existenz und Funktionsweise des Norden-Geräts wurde zunächst streng geheim gehalten. Angehende Bombenschützen mussten einen Eid schwören, das Geheimnis notfalls mit ihrem Leben zu schützen. Im Falle einer Notlandung in Feindesland, oder vor dem Absprung mit dem Fallschirm, sollte der Bombenschütze das Zielgerät mit drei Schüssen aus einer Pistole des Kalibers .45 ACP oder, noch besser, mit einer Thermitladung zerstören. Erst im April 1943 wurde die Geheimhaltung aufgehoben, nachdem bereits einige Exemplare des Geräts von den Achsenmächten erbeutet worden waren. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt schon wesentliche Informationen über das Gerät durch den Spion Herman W. Lang an die Deutschen verraten worden.

Diskussion um die Wirksamkeit von Präzisionsangriffen Während die Briten ihre Luftangriffe vorwiegend nachts und auf Flächenziele wie ganze Städte flogen, glaubten die Amerikaner dank der hohen Treffsicherheit ihrer Bombenschützen, Tagesangriffe auf Punktziele seien auf Dauer erfolgreicher. Schliesslich könne man mit dem Norden-Zielgerät "aus 6000 Metern Höhe eine Bombe in ein Heringsfass werfen". Zudem würde die stärkere Abwehrbewaffnung ihrer Bomber (im Vergleich zu den britischen) die eigenen Verluste in Grenzen halten. Die Briten blieben jedoch skeptisch. Insbesondere Arthur Harris, der Oberbefehlshaber des RAF Bomber Command, kritisierte, das Norden-Bombenzielgerät sei bisher nur unter idealen Bedingungen im sonnigen, wolkenlosen Südwesten der USA getestet worden. In Europa dagegen sei die Sicht oft durch Wolken, Nebel oder Rauch getrübt. Gegenüber dem amerikanischen Kriegsberichterstatter Allan Michie meinte Harris, um ein Fass treffen zu können, müsse man es erst einmal sehen. Tatsächlich war die Trefferquote in der Realität deutlich schlechter als von den Amerikanern erwartet. Beispielsweise landeten bei einem Angriff auf Kugellagerfabriken in Schweinfurt im Oktober 1943 nur etwa 10 % der abgeworfenen Bomben weniger als 500 Fuss (etwa 150 Meter) vom Ziel entfernt. Ausserdem erlitten die Amerikaner zunächst grosse Verluste, die sich erst besserten, als Langstrecken-Begleitjäger wie die P-51 Mustang zur Verfügung standen.

Auch in Japan war die Erdsicht nicht immer ungetrübt – so war beim zweiten Atombombeneinsatz am 9. August das Primärziel Kokura von dichten Wolken bedeckt, so dass die Atombombe Fat Man stattdessen über Nagasaki abgeworfen werden musste.

Deutsches X- Verfahren (aus Wikipedia)

Das X-Verfahren (Deckname "Wotan I") ist der Name eines deutschen Funk-Leitstrahl-Systems, das ab 1934 unter der Leitung von Johannes Plendl von der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt (DVL), Zweigstelle Rechlin – ab 1936 Teil der Erprobungsstelle der Luftwaffe (E-Stelle) – entwickelt und 1938 nach Abschluss der Erprobung eingeführt wurde. Es diente zu Anfang des Zweiten Weltkrieges während der Luftschlacht um England zur Zielführung von Bombern der Luftwaffe. Auf 350 km Entfernung konnte ein Quadrat von 300 Metern Breite getroffen werden. Das System verwendete vier Leitstrahlen auf Frequenzen von 66 bis 77 MHz (Wellenlänge: 4,5 bis 3,9 Meter).

Es entstand in Anlehnung an ein von der Berliner Firma C. Lorenz entwickeltes Landeanflugsystem ("Lorenzbake") für den zivilen Flugverkehr aus dem Jahre 1932, mit dem Flughäfen bei eingeschränkter Sicht präzise angeflogen werden konnten. Dieses ursprüngliche Verfahren arbeitete mit einem Leitstrahl von 5°, entsprechend 8 km Breite auf 100 km Entfernung, für Angriffe also zu ungenau. Plendl verbesserte die Genauigkeit dieses Systems, indem er höhere Frequenzen um 70 MHz (gegenüber 30 bis 38 MHz beim Lorenz-Landesystem), grössere Antennen mit einem kleineren Abstrahlwinkel von 0,1° und deutlich stärkere Sendeleistungen verwendete. Dafür wurden bei Telefunken die Sender "Berta I" (50 W) und "Berta II" (500 W) entwickelt. Anders als beim Lorenz-Landesystem flogen jetzt die Maschinen auf dem Leitstrahl ("Weser") vom Sender weg. Der Leitstrahlsender sendete mit zwei Antennen, die leicht gegeneinander geneigt waren, sodass sich zwei Richtkeulen ergaben. Die nach links strahlende Antenne sendete Morsepunkte (Morsezeichen "e"), die nach rechts strahlende Antenne Morsestriche (Morsezeichen "t"). Im Überlappungsbereich der Signale hörte der Pilot einen Dauerton und die Maschine war damit auf korrektem Kurs. Anfangs musste das Signal über Kopfhörer abgehört werden, eine spätere Ausführung wandelte es um und zeigte die Abweichung auf einem Instrument an. Vor dem Ziel kreuzten drei Signalstrahlen den Leitstrahl. Ab dem ersten Signal etwa 30 km vorher ("Rhein") musste der Flugzeugführer exakt die Mitte des Leitstrahles und die Geschwindigkeit einhalten. Der Bombenschütze wartete nun auf das zweite Signal rund 10 km vor dem Ziel ("Oder"), bei dem er eine spezielle "X-Uhr" zu starten hatte. Diese musste er beim Überflug des dritten Signales 5 km vor dem Ziel ("Elbe") erneut betätigen. Damit war die Geschwindigkeit über Grund bestimmt und die Uhr löste automatisch nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne, die abhängig von der Geschwindigkeit weniger als eine Minute betrug, den Bombenabwurf aus.

Das Zielgebiet konnte mit dem X-Verfahren mit hoher Genauigkeit erreicht werden, 50 % der Bomben landeten nach einer Flugstrecke von 300 km in einem Zielkreis von ±300 m. Nach dem Ende der Erprobung im Jahre 1937 wurden 100 Bordfunkgeräte und 20 Bodenstationen bestellt. Diese wenigen Geräte wurden in spezielle Bomber der Kampfgruppe 100 konzentriert. Dieses "Pfadfinder"-Konzept wurde nur wenige Jahre später von der RAF kopiert und perfektioniert.

Zu diesem Zeitpunkt war die deutsche Luftwaffe die einzige der Welt, die bei Nacht oder schlechter Sicht einen Präzisionsangriff fliegen konnte. Zur selben Zeit arbeitete die britische Royal Air Force (RAF) noch wie in der Seefahrt mit einem astronomischen Navigationsverfahren.

X-Systeme wurden in der Anfangsphase der deutschen Offensive bei Nachtangriffen, unter anderem beim Unternehmen Mondscheinsonate am 14/15. November 1940 gegen Coventry, eingesetzt. Für die nächtlichen Luftangriffe auf England wurden zunächst zwei X-Sendestellen auf eine zu bombardierende Stadt ausgerichtet, später kamen weitere hinzu. An folgenden Standorten wurden Sendestellen aufgebaut (Auswahl):

Julianadorp (Den Helder) Audembert (Calais) Ecalgrain (Cherbourg) Morlaix (Brest)

Das X-Verfahren konnte in England, hauptsächlich durch Reginald Victor Jones, entschlüsselt und bereits 1940 erfolgreich dadurch gestört werden, dass Radiostationen das Punkt-Morse-Signal aussendeten, was zu Irritationen und in der Folge zu Flugbahnen ausserhalb des eigentlichen Leitstrahles führte. Diese Störsender "Domino" waren allerdings vor dem Grossangriff auf Coventry versehentlich auf die falsche Frequenz eingestellt.

Nach dem Krieg kamen der Erfinder auf der deutschen Seite, Johannes Plendl, und der Abwehrende auf der britischen Seite, Reginald Victor Jones, zusammen und wurden gute Freunde.

Knickebein (Funkfeuer) (aus Wikipedia)

Das "Knickebein"-Verfahren war ein zu Beginn des Zweiten Weltkriegs von Bombern der deutschen Luftwaffe zur Zielfindung verwendetes Funk-Leitstrahl-System. Es wurde von der Firma Telefunken aus dem X-Verfahren entwickelt, das wiederum auf dem Lorenz-Landeverfahren aufbaute. Funktionsweise

08_32/ Karte der Knickebein-Standorte

"Knickebein" wurde bei deutschen Nachtangriffen in der Anfangsphase der Luftschlacht um England eingesetzt. Damit konnten einzelne Flächenziele in einer Entfernung von 250 km in einem Zielkreis von ± 1500 m mit ausreichender Genauigkeit getroffen werden.

Anders als beim bereits eingeführten X-Verfahren, für das separate Bordgeräte nötig waren, nutzte "Knickebein" die in den Flugzeugen ohnehin vorhandenen Lorenz-Funk(blind)landeanlagen"FuBl 1" im Frequenzbereich 30–33 MHz. Für grössere Zielentfernungen kam später die Anlage "FuBl 2" mit dem empfindlicheren "Superhet"-Leitstrahlempfänger vom Typ "EBl 3" (anstelle des Zweikreis- Geradeausempfängers"EBl 1") zum Einbau. Wegen des Wegfalls von zusätzlichen Bordgeräten, die noch beim X-Verfahren nötig waren, brauchten die Bordfunker/Bombenschützen für den Einsatz keine aufwendige Einweisung.

Sendestellen Für die nächtlichen Luftangriffe auf England wurden zunächst drei Knickebein-Sendestellen in , auf dem Stollberg und bei Maulburg auf eine zu bombardierende Stadt ausgerichtet, später kamen weitere hinzu. An folgenden Standorten wurden Sendestellen aufgebaut:

* = Antennendurchmesser oder Antennenbreite

Gegenmassnahmen Hauptsächlich der britische Physiker Reginald Victor Jones analysierte die Funktion des Knickebein- Systems. Ein besonders ausgerüstetes Flugzeug vom Typ Avro Anson der Royal Air Force erfasste am 21. Juni 1940 gerichtete Radiowellen aus dem Gebiet des Deutschen Reiches, die sich über dem Rolls-Royce-Stammwerk in Derby kreuzten. Dort stellte das Unternehmen hauptsächlich "Merlin"-Flugmotoren her.

Bereits im gleichen Jahr 1940 konnte das Verfahren erfolgreich dadurch gestört werden, dass englische Radiosender ebenfalls das von den Knickebein-Anlagen verwendete Punkt-Morse-Signal aussendeten; dies irritierte die deutschen Flieger und brachte viele vom Kurs ab. Nach Winston Churchills Einschätzung haben die Gegenmassnahmen 1940 massgeblich dazu beigetragen, die Effizienz der deutschen Flächenbombardements auf unter 20 Prozent zu drücken.

In der Folge reagierte die deutsche Seite auf die englischen Störmassnahmen. Beispielsweise wurden die Knickebein-Sender aktiviert, ohne dass ein Angriff stattfand oder sie wurden erst kurz vor Angriffsbeginn eingeschaltet und das Flugziel konnte nicht mehr rechtzeitig ermittelt werden. Alternativ wurden viele der Anlagen gleichzeitig in Betrieb genommen, so dass wiederum nicht das genaue Ziel ermittelt werden konnte.

Allerdings befanden sich nach der verlorenen Luftschlacht um England und der Aufgabe des Unternehmens Seelöwe die meisten Kampfflugzeuge der Luftwaffe ohnehin an der Ostfront.

08_33/Einsatzbereites FuSAn 724 im besetzten 08_34/Anlage im Bau befindlich. Noch fehlen die Dänemark Speiseleitungen zwischen den Dipolgruppen

Erika (Funkfeuer) Erika war ein deutsches Präzisions-Phasendrehfunkfeuer für Hyperbelnavigation für Kampfflugzeuge der Luftwaffe gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Es wurde ab 1941 bei der Firma C. Lorenz entwickelt und war eine Weiterentwickelung des Langwellen-Funkfeuers "Sonne". Während wie beim Knickebein-Verfahren UKW-Empfangsgeräte (30–33 MHz) eingesetzt wurden, ähnelte der Abstand der Antennen von jeweils 3 Wellenlängen hingegen dem Sonne-Verfahren. Durch die, im Vergleich zum Sonne-Verfahren, viel höhere Frequenz ergab sich ein entsprechend kleinerer Abstand zwischen den Antennen von nur 30 Metern. Zusätzlich existierte eine Feinortung, für die Antennen mit 30 Wellenlängen Abstand montiert wurden, entsprechend 300 Meter. Die erzielte Genauigkeit der Leitstrahlen lag bei 1/100°. In der Folge konnte ein Ziel aus einer Entfernung von 300 Kilometern mit einer Abweichung von nur ±100 Metern getroffen werden.

Allerdings war die Entwicklung erst Ende 1944 beendet, so dass das System nicht mehr zum Einsatz gelangte.

Bernhard (Funkfeuer) Die UKW-Drehfunkfeueranlage FuSAn 724/725, Deckname "Bernhard", war eine Entwicklung von Telefunken und diente während des Zweiten Weltkrieges Flugzeugen zur Bestimmung der eigenen Position. Die grosse Sendeantenne rotierte auf einem Schienenkranz von über 22 Metern Durchmesser zweimal pro Minute und sendete ein entsprechend ihrer Drehposition moduliertes Signal aus. An Bord des Flugzeuges wurde neben dem Hellschreiber (FuG 120 Bernhardine) mit Ansteuerverstärker und einem Umschaltgerät keine zusätzliche Ausrüstung benötigt, da der erforderliche UKW-Empfänger EBl 3 für 30–33,33 MHz bereits Bestandteil der FuBl 2-Bordanlage des Lorenz-Landesystems war. Der Hellschreiber zeichnete die empfangenen Signale auf einem Papierstreifen auf.

Wichtigster Teil des "Bernhard" waren zwei an der Schmalseite miteinander verbundene Antennen, die aber keine durchgehende Fläche bildeten, sondern in einem leichten Winkel zueinander angeordnet waren. Durch diese Bauform erzeugten die beiden Antennen zwei sich überlappende Richtkeulen. Das scharfe Minimum dazwischen zeigte die exakte Hauptstrahlrichtung der Anlage. Mit dem Empfang der Strahlrichtungen zweier "Bernhard"- Drehfunkfeuer konnte der Bordnavigator seine eigene momentane Position in der Karte bestimmen.

Anlagen befanden sich in Trebbin (OT Glau, Standort, nordöstl. Friedensstadt Weissenberg), Den Helder, Bergen-Belveder, Hundborg/Dänemark (Standort, heute Thisted Kommune), auf dem Venusberg bei Aidlingen (Baden-Württ.) sowie an etwa 20 weiteren Standorten.

Taktiken und Technik der Nachtjäger (aus https://www.flugrevue.de)

Vom Aufspüren nach Sicht bis hin zur elektronischen Führung der Nachtjäger bis auf wenige Meter an die Gegner heran: Die Nachtjagd nahm im Laufe des Zweiten Weltkriegs eine rasante Entwicklung. Und sie wurde von der reinen Pilotendomäne auch zu einem Wettlauf der Elektronikingenieure.

Himmelbett, Wilde Sau, Zahme Sau, helle und dunkle Nachtjagd: Schon die Vielzahl der Begriffe rund um die Nachtjagd spricht für die häufig geänderten Taktiken, ihre Anpassung an die sich sprunghaft entwickelnde eigene Technik und an die der Gegner. In den ersten Kriegsmonaten noch kaum als notwendig angesehen, kam die Aufstellung von Nachtjagdverbänden erst im Mai 1940 nach der Bombardierung von Mönchengladbach durch die RAF, dem ersten Nachtangriff auf eine deutsche Stadt, in den Focus der Luftwaffenführung.

Kurz darauf wurde die 1. Nachtjagd Division unter dem Kommando von Oberst Kammhuber aufgestellt, zunächst nur mit einem Nachtjagdgeschwader, dem NJG 1. In wenigen Monaten wurden die Voraussetzungen für die sogenannte helle Nachtjagd geschaffen, ein Verteidigungsgürtel mit zunächst 18 Nachtjagdräumen zwischen Flensburg und Reims. In den einzelnen Abschnitten waren 08_35/Junkers Ju 88R-1 "Nachtjäger

Der nächste signikante Schritt in der deutschen Nachtjagdstrategie war die Einführung des sogenannten Himmelbettverfahrens ab Herbst 1940. Nun wurden auch in der Tiefe gestaffelte Nachtjagdräume eingerichtet. Für jeden Raum übernahm wieder ein "Freya"-Gerät das erste Orten der Gegner. Im Nahbereich übernahm ein "Würzburg"-Gerät das Feindflugzeug, ein zweites den eigenen Nachtjäger. Dieser kreiste in einem ihm zugewiesenen Warteraum, den ein Funkfeuer markierte. Die von den "Würzburg"-Geräten gemessenen Positionen des feindlichen Flugzeugs und des Nachtjägers wurden in der Jägerleitstelle auf einem manuell bedienten Auswertetisch dargestellt, später automatisch auf den sogenannten Seeburg-Tisch projiziert.Scheinwerferabteilungen, jeweils drei Nachtjäger und eine Nachrichteneinheit relativ weit reichende "Freya"-Funkmessanlagen, deren Reichweite etwa 140 bis 160 Kilometer betrug, suchten die Einflugräume der Gegner ab. Hatten sie feindliche Flugzeuge entdeckt, gaben sie deren Position an "Würzburg"-Radarstellungen mit etwa 35 Kilometern Reichweite weiter. Von dort wurden die Scheinwerferbatterien angewiesen, den Himmel anzustrahlen und somit die Gegner für die Nachtjäger sichtbar zu machen. Die RAF antwortete bald, indem die Bomber schlicht die erleuchteten Räume umflogen oder im schnellen Bahnneigungsflug durchstiessen und den Nachtjägern damit kaum Möglichkeiten zum Angriff liessen.

Der Jägerleitoffizier konnte so den Jäger an sein Ziel heranführen. Mit der Einführung der leistungsfähigeren "Würzburg Riesen" konnte die Zielführung noch präziser erfolgen. Das Himmelbett-Verfahren liess den Verzicht auf Scheinwerferbatterien zu. Es war der Beginn der dunklen Nachtjagd. Ein Nachteil war, dass pro Überwachungsraum jeweils nur ein Feindflugzeug bekämpft werden konnte. Deshalb wurde mehr Räume eingerichtet und in der Tiefe gestaffelt, um die Bomber zu zwingen, durch mehrere Räume zu fliegen.

Bis dahin mussten die Nachtjäger in der letzten Angriffsphase ihre Gegner nach Sicht aufspüren. Das änderte sich 1942 mit der Einführung des FuG 202 Lichtenstein B/C. Das erste Bordradar besass zunächst drei, später fünf Kilometer Reichweite. Bedient wurde es vom Bordfunker, der über Codewörter den Piloten fast unmittelbar an den Gegner heranführte. In der Regel pirschten sich die Nachtjäger etwa 200 Meter unterhalb der Bomber heran, weil diese von unten besser zu erkennen waren. Erst im letzten Moment zogen sie hoch in Schussposition.

So revolutionär die ersten "Lichtenstein"-Bordradars auch waren, brachten sie den Nachtjägern auch einen Nachteil. Die grossen Antennen am Bug erhöhten den Widerstand der Flugzeuge enorm. Das minderte deren Geschwindigkeiten um bis zu 50 km/h.

Das Lichtenstein wurde laufend verbessert. 1943 kam die C-1-Version mit grösserem Erfassungswinkel, im gleichen Jahr noch die Version SN-2, das weniger empfindlich für elektronische Störmassnahmen war.

Die Erbeutung von Nachtjägern und von Teilen eines "Würzburg"-Radars hatten die RAF in die Lage versetzt, deren Frequenzen empfindlich zu stören, unter anderem durch den Abwurf von Alufolienstreifen, sogenannte Düppel. Beim Angriff auf Hamburg am 25. Juli 1943 legte sie die deutsche Elektronik so praktisch lahm.

Daraus entstand die auf Vorschlag des Jagdfliegers Hajo Hermann eingeführte "Wilde Sau"-Taktik. Über den brennenden Städten und zusätzlich von Scheinwerfern angeleuchtete Bomberverbände wurden dabei auch von gar nicht für die Nachtjagd ausgerüsteten Tagjägern nach Sicht angegriffen.

Bei der "Zahmen Sau" wurden dagegen reine Nachtjäger in die Bomberströme eingeschleust, die durch die starken Düppelstörungen markiert waren. Sie bekämpften sie sowohl nach Sicht als auch mit ihren Bordradars. "Wilde Sau" und "Zahme Sau" erscheinen wie ein Rückschritt in der Nachtjagd. Unter den gegebenen Umständen waren sie jedoch zeitweise erfolgreicher als das Himmelbettverfahren.

Die Entwicklung schritt schnell voran. Der Radardetektor FuG 350 Naxos, ab Herbst 1943 eingesetzt, ortete die Gegner zumindest grob über Entfernungen von 50 Kilometern über die Impulse ihrer H2S-Zielfindungsradars. Ähnlich funktionierte das FuG 227 Flensburg, das die Nachtjäger ab dem Frühjahr 1944 erhielten. Es detektierte das britische Rückwärts-Warngerät "Monica" im Heck der RAF-Bomber. Nachdem den Briten im Juli 1944 eine mit dem FuG 227 ausgerüstete Ju 88 G-1 (4R+UR) in die Hände gefallen war und sie das Gerät untersucht hatten, wurden sofort alle "Monica" in den RAF-Bombern deaktiviert.

Flugabwehrkanonen und Jäger in Deutschland

Reichsluftverteidigung (aus Wikipedia)

Die Reichsluftverteidigung (RLV) (auch: Luftverteidigung "Reich") oder in der Nachkriegsliteratur verallgemeinernd auch nur Reichsverteidigung (RV) war im Zweiten Weltkrieg das taktische Zusammenwirken der Jagdfliegereinheiten der Luftwaffe mit der Flak-Artillerie (Heimat- und Alarmflakbatterien) mit dem Ziel, im Deutschen Reich sowie in dem von den deutschen Streitkräften eroberten Gebiet den Einfall der feindlichen Fliegerkräfte abzuwehren und das Volk vor dem alliierten Bombenterror zu schützen.

Geschichte

Die "Luftwehr" wurde im Dritten Reich vorwiegend der artilleristischen Fliegerabwehr überlassen. Man hatte versäumt, trotz Einwänden von Adolf Galland, Erhard Milch und anderen, frühzeitig die Jagdwaffe auch als Flugabwehrmittel auf- und auszubauen. Als Hermann Göring 1942 damit begann, war es aufgrund von Materialmangel und fehlendem Personal schon zu spät. Weder das OKW noch das OKL hatte ausreichend strategische Pläne für einen lang andauernden und reichsgefährdenden Krieg, geschweige denn Luftkrieg aufgestellt.

Die grossen Erfolge an der Westfront durch die -Taktik hatten das Reich in Sicherheit gewiegt, trotz der unverkennbaren Lehren während des Unternehmens "Adlerangriff". Die Engländer hatten gezeigt, wie wichtig und schlachtentscheidend eine starke Luftwaffe zur Verteidigung des eigenen Luftraumes sein kann, auch gegen eine in jeder Hinsicht überlegene Macht.

Insbesondere in den Anfangsjahren der Luftwaffe wurden Kampfflieger zahlreich und mit grossem Aufwand hervorragend ausgebildet, während die Jagdfliegerschulen, ja die gesamte Jagdwaffe stiefmütterlich behandelt wurden. Im Gegensatz zur Kriegsmarine und Waffen-SS fehlte es der Luftwaffe anfänglich zudem an Ingenieuren und akademischem Personal (nur 5 % hatten technische Berufs-oder Studienabschlüsse). 1939 verfügte die Luftwaffe über neun Jagdgeschwader. Erst 1942 (1940 und 1941 wurden als Auf- und Ausbaujahre vergeudet) begann man eine imposante Jagdwaffe aus dem Boden zu stampfen, allerdings liessen Qualität und Ausbildung kriegsbedingt stark nach, und nur acht der neuen Geschwader wurden für die Luftabwehr im Reichsgebiet ausgebildet und eingesetzt, obwohl zu diesem Zeitpunkt schon ersichtlich war, dass die geringe Flugstrecke für Bomber von Grossbritannien nach Deutschland eine Achillesferse darstellte, erst recht hinsichtlich der dünnen Streuung deutscher Kräfte und teilweise vollständigen Überforderung der Tag und Nacht eingesetzten Flugzeugführer an vier Fronten.

Ebenso als Kritik zu sehen war der starke Ausbau von Flakstellungen in Industriegebieten. Im Sommer 1943 beschützen über 2.200 schwere Flakbatterien industrielle Ziele im Reich, 1940 waren es noch unter 1.000. Viele in der Luftwaffe wollten die Flakkanonen an die Front verfrachten, aber am liebsten das Metall (vor allem das Aluminium der Geschosshülsen) zum Bau vieler Jäger benutzen, dies wurde jedoch abgelehnt. Militärhistoriker geben den Kritikern recht, denn durchschnittlich verfeuerte die Flakwaffe 16.000 Schuss für jedes abgeschossenes Feindflugzeug. Dieses Material hätten die Flugzeughersteller besser verwenden können und müssen.

Vom Jäger zum Gejagten Ab 1943 mussten zahlreiche Jagdgeschwader auf Befehl der jeweiligen übergeordneten Luftflotte zusätzlich zum Kampfauftrag RLV-Gruppen aufstellen und dem Befehl der Dienststelle Luftwaffen- Befehlshaber Mitte unterstellen. Es ging so weit, dass neue Jagdgeschwader aufgestellt wurden mit dem ausschliesslichen Auftrag, sich u. a. mit Verwendung des Wilde-Sau-Nachtjagdverfahrens und später des Zahme-Sau-Nachtjagdverfahrens der RLV zu widmen. Nichtsdestoweniger wurde das "Lichtenstein"-Gerät (Radar) zu spät und nicht fertig entwickelt eingesetzt. Die Nachtjagddivision war erfolgreich, aber gegen die Massen an einfliegende Feindmaschinen war auch sie zum Schluss machtlos. Auch die erfolgreiche Kammhuber-Linie (Luftverteidigungssystem) von wurde zunehmend lückenhaft, da Treibstoffmangel die deutsche Nachtjagd 1944/45 weitgehend am Boden hielt.

Nun wurden auch zahlreiche Kampfgeschwader aufgrund eines fehlenden Offensivkrieges umbenannt, neu ausgestattet sowie ausgebildet und als Jagdgeschwader der RLV zugeführt. 1943 waren die deutschen Abschüsse von Bombern der RAF und der USAAF hoch, bei der Schweinfurt- Regensburg-Mission vom 17. August 1943 haben die US-Amerikaner auf zwei Einflugstrecken 96 B- 17 verloren, weitere 120 wurden leicht bis schwer beschädigt, an die 600 Feinde wurden getötet, die Luftwaffe dagegen verlor nur 27 Jäger. Bei einem nächsten Versuch am 14. Oktober 1943, Mission 115 ("Black Thursday" = schwarzer Donnerstag), schoss die Luftwaffe 77 der einfliegenden 291 B-17 ab, mindestens 122 wurden beschädigt. Die Luftwaffe verlor 38 Jäger, wobei zahlreiche Flugzeugführer mit Fallschirm aussteigen oder eine Bruchlandung hinlegen konnten. Bis Mitte Februar 1944 sollte die deutsche Jagdwaffe die Lufthoheit über das Reichsgebiet fest im Griff haben, dies sollte sich jedoch mit der Einführung des Langstreckenjagdschutzes der Alliierten während des Offensivunternehmens "Big Week" schlagartig ändern. Es war wieder Adolf Galland, der Göring über diese Möglichkeit informierte, nachdem mehrere P-47 und P-38 mit abwerfbaren Zusatztanks für Treibstoff in Aachen aufgefunden worden waren. Göring jedoch hielt den Vorfall für eine Finte des Feindes und verfolgte die Hinweise nicht weiter.

Am 5. Februar 1944 wurde Luftwaffen-Befehlshaber Mitte unter dem erfahrenen Generaloberst Hans-Jürgen Stumpff in umbenannt – die Gefahr war nun endgültig erkannt. Bis Sommer 1944 war die dünngestreckte Luftabwehr im Reich zunehmend machtlos, kämpfte jedoch erbittert und zuweilen verzweifelt weiter. Auch der Konkurrenzkampf zwischen der Luftflotte Reich (Mitteleuropa) und der (südliches Reich) trug zur Schwäche bei, da diese sich nicht ausreichend koordinieren wollten oder konnten. Erhard Milch drängte Göring öfter, die Luftflotten zu vereinigen, dieser konnte sich jedoch nicht dazu durchringen. Erst als die Luftflotte 3 während und nach der Invasion in der Normandie vernichtet wurde, löste sich das Problem von selbst, jedoch war es nun zu spät. Allerdings waren zuvor Verbände von "Reich" der Luftflotte 3 gegen die Invasionsfront zugeführt wurden, die dann regelrecht verheizt wurden, und nun bei der Reichsluftverteidigung fehlten.

Das Einfallstor im Sommer 1944 für die feindlichen Bomber mit ihrem neuen Langstreckenjagdschutz (P-51) war weit geöffnet, und weder die stark dezimierte und ausgeblutete deutsche Jagdwaffe noch die Flak-Korps des Reiches konnten die an Materialmenge übermächtigen Terrorflieger aufhalten. Auch das Jägernotprogramm, die längst überfällige Entscheidung, die Produktion von Bombern vollständig zugunsten der Jagdflugzeuge einzustellen, konnte sich kriegsbedingt nicht mehr ausreichend entfalten, vor allem fehlten genügend geeignete Piloten. Nach der Ardennenoffensive und dem Unternehmen "Bodenplatte" konnten die letzten "Ritter der Lüfte" ab Februar 1945 nur marginal, wenngleich nicht weniger beeindruckend und aufopfernd Siege gegen den Feind in der freien Jagd verbuchen. Zum Teil flog nur ein Schwarm (zwei Rotten = vier Flugzeuge) gegen 1.000 und mehr Eindringlinge an.

Götterdämmerung Im März 1945 war die Reichsluftverteidigung für die Jagdwaffe der deutschen Luftwaffe verloren, nur noch wenige Einzelaktionen fanden statt, allerdings auch noch bis in den April hinein der Einsatz von selbstaufopfernden Rammjägern sowie eine heldenhafte Aufbietung des "Verbandes der Experten", des JV 44 bis zum letzten Feindflug samt Luftsieg am 4. Mai 1945.

Im Flakfeuer über Deutschland (aus FliegerrevueX)

Viele über Deutschland abgeschossene alliierte Bomber gingen auf das Konto der Flak. Die Besatzungen fürchteten das Flakfeuer – doch wie erfolgreich war die Abwehr wirklich? Berichte von alliierten Piloten und eine ausführliche Beschreibung der deutschen Flugabwehr im Zweiten Weltkrieg zeigen den Kampf am Himmel von beiden Seiten.

Die Struktur der Flakwaffe Die kleinste Einheit der Flakverteidigung war das einzelne Geschütz mit seiner Bedienung, bestehend aus dem Geschützführer und neun Mann für ein 8,8-cm-Geschütz. Im Laufe des Krieges wurde die Mannschaft auf den Geschützführer mit sechs Mann reduziert. Vier Geschütze bildeten eine Batterie mit dem verantwortlichen Batteriechef (meist Hauptmann). Ab 1943 wurden in der Reichsverteidigung die Schweren Batterien aus 8,8-, 10,5- oder 12,8-cm-Geschützen auf bis zu zwölf Geschütze zu Grossbatterien aufgestockt. Im Extremfall, auf den Flaktürmen der Grossstädte, bestand die Bewaffnung aus 12,8-cm-Zwillingsgeschützen. In den ersten Kriegsjahren waren vier (selten nur drei) Batterien zu einer Flakabteilung zusammengefasst, die von einem Major geleitet wurde. Die Abteilung war die taktische Grundeinheit der Flakwaffe.

Der Ausrüstung entsprechend gab es Schwere, Leichte, Gemischte und Scheinwerfer-Abteilungen, teilweise als motorisierte oder halbmotorisierte Abteilung mit Fahrzeugen. Vier, ab 1943 in der Reichsverteidigung sechs Abteilungen wurden als Regiment unter einem Oberst als Regimentskommandeur mit seinem Stab geführt. Zwei bis vier Regimenter zusammengefasst bildeten eine Flakbrigade, von denen zwei bis maximal vier ab September 1941 zu einer Flakdivision mit ortsfestem Stab unter einem Divisionskommandeur gruppiert wurden. Flak- Divisionen in der Reichsverteidigung waren dem Luftgau-Kommando als zentrale Schaltstelle der regionalen Luftverteidigung unterstellt.

Als Beispiel für die personelle Besetzung soll hier die 14. Flakdivision (Leunawerke) aus dem Oktober 1944 dienen:

Soldaten der Luftwaffe 28'000 Mann Reichsarbeitsdienst 18'000 Mann Luftwaffenhelfer männl. 6'000 Mann Flakhelferinnen 3'050 Frauen italienische Freiwillige 900 Mann russische Kriegsgefangene als Freiwillige 3'600 Mann andere Hilfskräfte 3'000 Mann

08_36/Grundsätzlicher Aufbau einer Flugabwehr- 08_37/12.8 cm schwere Flugabwehrkanone 40 Kanone

Somit hatte die 14. Flakdivision eine Personalstärke von 62'550 Mann. Im Laufe des Krieges wurden immer mehr reguläre Soldaten der Flakeinheiten an die Front abkommandiert und durch Hilfskräfte ersetzt. Bekannt sind die Flakhelfer aus den Reihen der Hitlerjugend oder die weiblichen Luftwaffenhelferinnen, die hier als Flakhelferinnen bezeichnet wurden. Aus den Reihen von kriegsgefangenen oder internierten Soldaten von Gegnerstaaten, hauptsächlich aus der Sowjetunion und Italien meldeten sich viele freiwillig zum Dienst bei der Flak. Diese Menschen hofften, so den lebensfeindlichen Umständen der Gefangenenlager entkommen zu können.

All diese Helfer wurden von der Wehrmacht als Nichtkombatanten eingestuft und durften keine direkten Handlungen zum Abfeuern der Geschütze vornehmen. Diese Tatsache und die Kennzeichnung der Helfer wurde den Kriegsgegnern mitgeteilt. Geriet die Flakstellungen aber in die unmittelbare Kampfzone, konnten die Hilfskräfte kein Pardon erwarten. Bei einer Bombardierung der Flakstellungen war diese Unterscheidung sowieso wertlos. Besonders schlimm traf es die russischen Hilfswilligen, ihnen drohte nach Gefangennahme durch die Rote Armee ausnahmslos die Todesstrafe.

Die Schwere Flak – die Hauptwaffe gegen Bomber Auch nach über 70 Jahren nach Kriegsende ist der Begriff "Achtacht" das Synonym für die Luftverteidigung Deutschlands. Die Kanone für Granaten mit dem Kaliber 88 Millimeter ist die Kreuzung einer Weiterentwicklung eines Marinegeschützes des Ersten Weltkriegs und der schwedischen 7,5-cm-Flak von Bofors. Die erste Version wurde 1933 noch im Geheimen bei der eingeführt. Die genau Bezeichnung lautete 8,8-cm-FlaK 18, wobei 18 eigentlich das Jahr der Indienststellung angeben sollte, aus Tarngründen aber einfach auf das Jahr 1918 zurückverlegt wurde, um die Tatsache der Neuentwicklung zu verschleiern.

Verschossen wurden den ganzen Krieg hindurch die Sprenggranatpatronen 8,8 cm L/45. Verschussbereit wog diese Granate 14,5 kg, das eigentliche Geschoss 9 kg. Der Schlagbolzen des Geschützes entzündete die Treibladung aus Nitroglyzerinpulver in Stangenform in der Kartusche. Bei der Explosion des Pulvers entstand im Geschützrohr ein Überdruck von etwa 2500 bar. Dadurch wurde die Granate mit einer Mündungsgeschwindigkeit von etwa 800 m/s aus dem Rohr befördert. Damit konnte das Geschoss eine Flughöhe von 8800 Metern erreichen. Im Laufe des Krieges wurde die Mündungsgeschwindigkeit durch bessere Pulversorten und geänderte Bauweise des Geschützes gesteigert und damit die Reichhöhe verbessert.

Vor dem Laden musste der Zünder der Granate auf die geplante Detonationshöhe eingestellt werden. Die entsprechenden Werte erhielt der Ladeschütze von einem Kommando- und Rechengerät der Zielerfassung. Anfangs manuell mit einem Zünderstellschlüssel, später automatisch mit einem Zündereinstellgerät wurde die Laufzeit des Uhrwerkszünders vorgewählt. Die Granate bestand aus Pressstahl und erzielte ihre Kampfwirkung hauptsächlich durch Splitter. Die 8,8-cm-Flak 18 konnte nur bis zu einer Überhöhung von 85 Grad aufgerichtet werden, dies wurde bei späteren Ausführungen dann auf 90 Grad verbessert. Eine eingespielte Geschützmannschaft konnte 15 Granaten pro Minute verfeuern. Nach 20 bis 25 Schuss musste das Feuer aber zum Abkühlen des Rohres für fünf Minuten eingestellt werden.

Denkmale des Nazi-Grössenwahns (aus Spiegel Online)

Vom "Wunder der Abwehr" zum militärischen Flop: Unsummen investierten die Nazis in die Errichtung von Flakbunkern, um den alliierten Luftangriffen eine wirkungsvolle Waffe entgegenzusetzen. Doch die Monsterbauten waren schon bald technisch überholt - ein typischer Fall nationalsozialistischer Selbstüberschätzung.

Grossspurig tönte Hermann Göring kurz nach Kriegsbeginn:

"Wenn ein einziges englisches Flugzeug unsere Luftabwehr durchbrechen kann, “wenn eine einzige Bombe auf Berlin fällt, dann will ich Meier heissen".

Nur knapp ein Jahr später musste der Oberbefehlshaber der Luftwaffe kleinlaut Lücken in der Abwehr einräumen. In der Nacht zum 26. August 1940 warf die Royal Air Force zum ersten Mal Bomben auf Berlin - als Vergeltung für die vielen Luftangriffe der Deutschen. Der Schaden hielt sich zwar in Grenzen, die psychologische Wirkung aber war enorm. Der Angriff hatte Berlin in Angst und Schrecken versetzt.

Hitler reagierte sofort und mimte zur Beruhigung der Bevölkerung Stärke: "Wir werden ihre Städte ausradieren", geiferte er und liess England tagelang bombardieren. Gleichzeitig ordnete er den Bau von mehreren "Luftwehrtürmen" in den Grossstädten Berlin und Hamburg an. Vier Flaks sollten darauf Platz finden. Die Luftabwehr versprach, das Feuer würde die feindlichen Flieger geradezu vom Himmel mähen. Um die Wehrhaftigkeit und Allmacht des "Dritten Reichs" zu unterstreichen, sollten die Türme wie mittelalterliche Festungen aussehen. Das Kalkül: Jeder würde diese Formensprache verstehen.

08_38/Hamburger Flakturm 08_39/Wiener Flakturm

Die Pläne dazu entwarf der Berliner Architekt Friedrich Tamms, der sich im Reich bereits als Brückenspezialist einen Namen gemacht hatte. "Ausgangspunkt war die Forderung der Luftabwehr, eine Flakbatterie so aufzustellen, dass sie höher stand als die umliegenden Dächer", erinnert er sich später. Die Entwürfe sahen daher einen rund 40 Meter hohen Gefechtsturm vor, auf dem die Flakgeschütze standen, und einen etwas niedrigeren Leitturm, auf dem die Feuerleitgeräte für die Ortung der feindlichen Bomber untergebracht werden sollten.

Die Nazi-Führung war begeistert. Sie feierte die Türme als "wahre Wunder der Abwehr" und "artilleristische Höchstkonstruktion". Ein typischer Fall nationalsozialistischer Selbstüberschätzung. Denn nur drei Jahre später sollten sich die Flakbunker als militärischer und wirtschaftlicher Flop erweisen.

Autarke Lebenswelt Dabei hatte alles so vielversprechend begonnen. Tamms sonnte sich in dem Erfolg, mit den Gefechtstürmen einen ganz neuen Bauwerkstyp erfunden zu haben: eine moderne Festung aus Stahlbeton. 75 Meter lang, 75 Meter breit, 40 Meter hoch. 2,5 Meter dicke Wände und eine 3,5 Meter dicke Decke liessen hundertprozentigen Schutz vor den gefürchteten Bomben erwarten. Ein umlaufender Wehrgang in luftiger Höhe gab dem Bauwerk den geforderten mittelalterlichen Festungscharakter. Damit die Flakbunker auch nach dem Krieg sinnvoll genutzt werden konnten, sollten sie eine repräsentative Fassade aus edlem Naturstein erhalten.

Tamms war bewusst, dass die Bunker vollkommen autark sein mussten. Jeder Turm würde deshalb eine eigene Wasserversorgung, eine eigene Lüftung und ein Notstromaggregat bekommen. Die Grösse bot zudem genug Platz, um darin neben den Soldatenunterkünften auch zivile Luftschutzräume, ein Krankenhaus, Küchen, eine Bäckerei und Büroräume für Regierungsbeamte und Behörden unterzubringen. Tausende Menschen konnten in diesen Bunkern für Wochen Unterschlupf finden.

Und alles schien reibungslos zu laufen. Tausende Zwangsarbeiter begannen im Oktober 1940 mit dem Bau des ersten Luftwehrturms, dem Zoo-Bunker im Berliner Tiergarten. 100'000 Tonnen Beton, 10'000 Tonnen Stahl und 45 Millionen Reichsmark kamen zu Einsatz - ein Aufwand, mit dem man auch bombensichere Luftschutzplätze für 180'000 Menschen hätte bauen können. Nach nur sechs Monaten waren Gefechts- und Leitturm fertiggestellt - ein martialisch wirkender, grauer Betonriese mit einem etwas kleineren Zwillingsbruder. Nur für die aufhübschende Fassade blieb keine Zeit mehr. Knapp ein Jahr später standen im Friedrichs- und im Humboldthain zwei weitere "Schiess-Dome", wie Tamm die Bunker gern nannte, weil ihn das Geschützfeuer der Flaks an den Lichtdom erinnerte, den Hitlers Chefarchitekt Albert Speer anlässlich des Nürnberger Reichsparteitags 1938 inszeniert hatte.

Tamms muss nachbessern Im Oktober 1942 stand auch in Hamburg das erste Flakturmpaar - doch schon während der Bauarbeiten hatte sich abgezeichnet, dass die Bunkeranlagen technisch überholt waren: Die Bomben der Alliierten konnten mittlerweile bis zu 3,5 Meter dicke Betondecken durchschlagen. Hinzu kam, dass die Türme angesichts ihrer gigantischen Grösse eine perfekte Angriffsfläche boten und leicht geortet werden konnten. Die Flaks waren dem feindlichen Feuer nahezu ungeschützt ausgesetzt; die vielen Fenster gefährdeten die Stabilität der Seitenwände.

Also besserte Tamms nach: Er verzichtete auf Fenster. Mit einer Seitenlänge von 47 Metern war der neue Flakbunker in Hamburg-Wilhelmsburg deutlich schmaler, insgesamt robuster. Nebeneffekt: Tamms sparte mehr als 42.000 Kubikmeter Stahlbeton ein.

Die Alliierten hatten in der Zwischenzeit in Nordafrika gesiegt, und es würde nur noch eine Frage der Zeit sein, bis sie in Italien landen und ihre Luftangriffe von dort aus fliegen würden. Hitler befahl deshalb Ende 1942 den Bau von Flaktürmen auch in Wien. Ähnlich wie in Berlin sollten sie im Dreieck rund um das Stadtzentrum angeordnet werden. Im Sommer 1943 war der erste Turm im Arenbergpark fertig. Zwei weitere - in der Stiftskaserne und im Augarten folgten. Der letzte konnte im Januar 1945 in Betrieb genommen werden. Um noch weniger Angriffsfläche zu bieten, war das Wiener Modell noch weiter verschmälert worden.

Militärische und planerische Stellen mischten sich nun immer seltener in Tamms Arbeit ein. Das gab ihm die Möglichkeit, seinen Wiener Türmen einen letzten architektonischen Feinschliff zu verleihen - für die Luftabwehr hatte das Bauprogramm Flakbunker offensichtlich keine absolute Priorität mehr.

Vollkommen wirkungslos Tatsächlich war die Flakbunker-Euphorie der Nazi-Führung bereits im Sommer 1943 spürbar abgekühlt. Der Grund: Die einst bejubelten Luftwehrtürme hielten bei weitem nicht das, was man sich von ihnen versprochen hatte. Nur vereinzelt hatten sie Bomber vom Himmel geholt - und die Alliierten lernten schnell dazu: Sie flogen ihre Angriffe nicht mehr wie zu Beginn des Kriegs im Tiefflug, sondern in einer Höhe von 8000 Metern und mehr. Die Flaks hatten Mühe, sie in diesen Höhen zu treffen. Zudem warfen die Piloten vor ihren Angriffen tonnenweise Stanniolstreifen - sogenannte Düppel - ab, die die Radargeräte auf den Leittürmen lahmlegten. Die Flaks mussten also blind schiessen. Um eine Maschine vom Himmel zu holen, brauchte es bis zu 3'000 Versuche. Jeder Abschuss, so errechnete der Historiker Hans Brunswig, kostete die Deutschen rund 2,7 Millionen Reichsmark.

Das Ergebnis stand dazu in keinem Verhältnis. Mit dem Bau der für München und Bremen geplanten Bunker wurde deshalb gar nicht erst begonnen. Die vorhandenen Flaktürme erfüllten vor allem einen Zweck: Sie dienten als zivile Luftschutzbunker - und zur Beruhigung der Bevölkerung.

Kammhuber Linie (aus www.deacademic.com)

Aufbau und Funktionsprinzip Nach dem Sieg über Frankreich im Westfeldzug ernannte Reichsmarschall Hermann Göring Oberst Josef Kammhuber am 19. Juli 1940 zum Kommandeur der 1. in Aufstellung befindlichen Nachtjagddivision, bestehend aus nur einem Nachtjagd-Geschwader (NJG 1), einer Scheinwerferbrigade und einem Luftnachrichtenregiment. Später folgte ein zweites Geschwader (NJG 2). Im August 1941 wurde er "General der Nachtjagd" mit dem Kommando über das XII. Fliegerkorps, dem alle Verbände der Nacht-Luftverteidigung unterstellt wurden.

Kammhuber entwickelte und organisierte das Zusammenspiel aller Horchposten, Scheinwerferbatterien, Flak- und Radar-Einheiten und vom Boden geführten Nachtjägern, die bis zu dieser Zeit weitgehend unabhängig voneinander - unter getrenntem Kommando, ohne gemeinsame Kommunikation - gegen in steigendem Masse einfliegende alliierte Bomber agierten. Dazu errichtete Kammhuber eine Kette voneinander überschneidenden Luftverteidigungszonen, sogenannten Himmelbetten. Die Begriffe Kammhuber-Linie oder Kammhuber-Riegel wurden von den Alliierten geprägt und bei den Deutschen bis Kriegsende nicht verwendet

Erfolge und Misserfolge Die Kammhuber-Linie war anfänglich gegen die wenigen einfliegenden Bomber äusserst effektiv, verlor aber von Mitte 1942 bis 1943, als die Royal Air Force immer öfter mit hunderten Bombern ins Reichsgebiet einflog, an Wirkung. Grund: pro Himmelbett konnten jeweils nur 2 Nachtjäger an den Feind geleitet werden. Hinzu kamen erhebliche Rückschläge: erste 1'000-Bomber-Angriffe u. a. auf Köln (Operation Millennium), Essen, Bremen, der Feuersturm in Hamburg (Operation Gomorrha) und der Einsatz von Düppeln, die das Himmelbett-Verfahren Monate lang unwirksam machte. Daher wurde bis Herbst 1943 die starre "Kammhuber-Linie" völlig flexibilisiert: Nachtjäger mit modernisiertem Bordradar wurden in grösseren Gruppen an Bomberverbände geführt und gingen eigenverantwortlich auf freie Nachtjagd. Selbst Tagjäger wurden mit Hilfe der Flakscheinwerfer ebenfalls in der Nachtjagd eingesetzt ("Wilde Sau"). Die neuen Taktiken brachten Kammhubers Luftverteidigungssystem erneute Abwehrerfolge bis September 1944, als kriegsbedingter Treibstoffmangel die deutsche Nachtjagd bis zur Kapitulation 1945 weitgehend am Boden hielt.

08_40/Kammhuber - Linie

Strategisches Konzept In Kammhubers Überlegungen sollten die verschiedenen Verteidigungssysteme der Nachtjagd möglichst effizient verzahnt werden, wobei folgende Punkte bedacht wurden:

geringe strukturelle Aufbaukosten geringe Personalbindung Hauptlast des Personals aus angelernten lokalen Helfern äusserst wenig hochgeschultes Personal grösste Effektivität Konzentration strategischer Informationen und Technologien auf gut zu verteidigende/zu versteckende Zentren

Realisierung Kammhubers Ziele sollten erreicht werden, indem verschiedene Bereiche eingerichtet wurden, die der Abwehr alliierter Angriffe dienen sollten. Hierzu gab es drei unterschiedliche Bereiche: Die Dunklen Nachtjagdräume (Dunaja), die Hellen Nachtjagdräume (Henaja) und die kombinierten Nachtjagdräume (Konaja). Um besonders schützenswerte Bereiche herum wurden kombinierte Nachtjagdräume eingerichtet. In diesen Konajas sollten alliierte Angriffe im Zusammenspiel von Jagdfliegern und Flak bekämpft werden. Konajas waren im Einsatz um Kiel (Konaja "Kiebitz"), Hamburg (Konaja "Hummel"), Berlin (Konaja "Bär"), Duisburg (Konaja "Drossel"), Köln (Konaja "Kolibri"), Bremen (Konaja "Roland"), Darmstadt (Konaja "Dachs") und München (Konaja "Mücke"). Dieses Abwehrverfahren führte allerdings bei geringen Abschusserfolgen zu zahlreichen eigenen Verlusten und wurde etwa Ende 1941 abgelöst durch verbesserte freiere Kampf-Verfahren (Zahme- Sau, Wilde-Sau).

Da die Vorwarnzeit für eine effektive Luftverteidigung möglichst gross sein musste, wurde an der Nordseeküste, später auch an der Atlantikküste ein System aus "Freya"- und "Würzburg"-Geräten errichtet. Diese waren, abweichend von den englischen Pendants, hochkomplexe Anlagen mit fachausgebildetem Personal, das aus Geheimhaltungsgründen praktisch kaserniert war. Der technische Fortschritt gegenüber England betrug um 1942 ca. 7 Monate, und man tat alles, um diesen auch zu halten. Dabei verkannte man allerdings, dass eine hochkomplexe und auch teure Anlage ein taktisch schwieriges Ziel darstellt, jedoch ein strategisch umso lohnenderes, und so gelang es der USAF und der RAF mehrmals, durch gezielte taktische Angriffe die Kammhuber- Anlage für Stunden bis Tage ausser Gefecht zu setzen.

Die Funktion entsprach weitestgehend dem modernen Radar, mit einigen geringen Unterschieden:

Es gab (oft räumlich getrennt) Anlagen zur Passiv- und Anlagen zur Aktivortung. Die Würzburg- Riese genannten Anlagen sendeten mit ihren 8m grossen Parabolspiegeln einen Fächer von Radarwellenkegeln aus, bei denen der mittlere Kegel etwa 560 MHz Frequenz hatte, auf den ein Signalton aufmoduliert wurde (FM-Technik), der für jeden Sektor dieses Fächerstrahls eine eigene Frequenz hatte. Diesen Sendestationen waren die Freya-Anlagen zugeordnet. Eine Freyaanlage war wesentlich einfacher aufgebaut, am zutreffendsten zu beschreiben als Dipol-Antenne. Die einzelnen Antennenstäbe waren so auf die Verstärker aufzuschalten, dass der Funkmesstechniker einen Such- und einen Fokus-Modus zur Verfügung hatte. Das Freya- System hatte den grossen Vorteil, dass die erhaltenen Daten akustisch ausgewertet werden konnten. Der Messtechniker hatte einen Kopfhörer, bei dem er das modulierte Signal hörte, sobald seine Antenne die Reflexion auffing. Dadurch waren keine teuren und kurzlebigen Ausrüstungsgegenstände wie Bildschirme nötig. 08_42/ Der "Würzburg-Riese" mit dem 8 Meter 08_41/B-17 Bomber im Anflug, gemaltes Bild grossen Parabolspiegel in der Normandie

Dazu gehören natürlich auch Horchposten und Beobachtungseinheiten usw. Die Würzburganlagen trugen die Bezeichnungen "Wolf" (Nordfriesland), "Languste" (Ostfriesland), "Löwe/Tiger" (Westfriesland), "Hering" (West Niederlande), "Hamster" (Belgisch/Niederländisches Grenzgebiet). Der Raum um Mannheim hatte eine kombinierte Würzburg/Freya/Beleuchtungszone, die den Codenamen "Kranich" trug.

Das Prozedere der Jagdleitung

1. Ein feindliches Flugzeug fliegt in den Überwachungsluftraum ein. 2. Die vom Würzburgriesen emittierten Signale treffen auf seine Aussenhaut und werden reflektiert. Je nach Sektor (relativ zur Sendeantenne) ist der auf die Trägerwelle modulierte Ton hoch oder tief. 3. Das reflektierte Signal wird von einer Freya-Station empfangen. Der Techniker hört auf seinen Kopfhörern z. B. links ein lautes, rechts ein leises Signal gleicher Frequenz und lässt somit seine Antenne ein wenig weiter nach links ausrichten. Die einzelnen Flügel seiner Antenne hatten nämlich eigene Verstärker und waren auf die Kopfhörerseiten geschaltet. 4. Am Richtwinkel der Freya-Anlagen kann er nun ablesen, aus welcher Richtung das Signal kommt. 5. nun schaltet er Vergleichstöne auf seine Kopfhörer und kann so durch die entstehenden Akkorde und die Schwebungen (oder den Gleichklang) ermessen, in welchem Sektor sich sein Überwachungsobjekt relativ zur Würzburg-Station befindet. Daraus ist trigonometrisch die Position zu errechnen. 6. Der Funkmessleiter meldet die Position an die Luftraumüberwachung und diese lässt die Signale auf ihrer taktischen Tafel markieren. 7. Nun sollte der Luftraumüberwachung auffallen, wenn mehrere Freya-Anlagen das gleiche Signal verfolgen oder wenn ein Signal dabei ist, aus dem Überwachungssektor der einen Anlage heraus, in den Sektor einer anderen Anlage zu wechseln. Sie entscheidet welche Anlage dann welches Ziel verfolgt und befiehlt den übrigen Anlagen die Überwachung der frei gewordenen Sektoren. 8. Alsdann versetzt sie die Abfangjäger der Lokalitäten, die als Angriffsziel in Frage kommen, in Alarmbereitschaft (Piloten sitzen startbereit im Flugzeug und die Ölwanne wird passiv vorgeheizt usw.). Dabei handelt es sich um klassische Jagdflugzeuge mit Signalbemalung. 9. Zur gleichen Zeit werden Verfolgungsjäger gestartet. Diese sind grösstenteils voll nachtgetarnte Bf 110 (umlackierte Variante "C", ab Mai 1942 fast nur noch die G4 in ihren verschiedenen Ausführungen) und haben ab Februar 1942 ein Passiv- ("Lichtensteingerät", "Rostenthal-halbe" usw.) später auch Aktiv-Radars ("Lichtenstein SN" und "SN2", "Neptunanlage" und "Flensburgsystem") und jagen den Bombern hinterher. Dabei muss man bedenken, dass die Jäger selbst keine Navigationseinrichtungen hatten. Sie können sich höchstens an Flüssen oder anderen nachts sichtbaren Landmarken orientieren.

08_43/Überreste einer Freya-Anlage am Cap Gris 08_44/Luftabwehr Scheinwerfer mit Strom- Nez in Frankreich Erzeugungs-Aggregat

10. Hier kam eine zweite Freya-Station ins Spiel, die den Jäger verfolgte und ihn per Funk bis ans Ziel heranführte. Dabei wurde, wenn möglich, der Jäger gegen das Mondlicht an die Bomber herangeführt, so dass er die dunkle Silhouette vor den Wolken ausmachen konnte. Dabei war darauf zu achten, dass nur ein Jäger auch einen Bomber/Staffel verfolgte, und nicht ein Jäger auf einen anderen Jäger stiess. Nicht nur aus Gründen der Ökonomie!

1. Liess sich in etwa abschätzen, welche Städte als Ziel in Frage kamen, so wurden die Nachtjäger dahingehend instruiert (was die Navigation erleichterte), alsdann wurden die Flakgürtel in Alarmbereitschaft versetzt. Diese riefen für die Stadt eine niedrige Alarmstufe aus (Beleuchtungsverbot usw.), meistens mit einer genauen Zeitangabe, wann mit dem Eintreffen der Bomber zu rechnen sei. War das Ziel klar ausgemacht, erging eine Fliegeralarmwarnung an die betroffene Stadt, Flak wurde bemannt und Suchscheinwerfer in Position gebracht. Die Abfangjäger starteten und begaben sich auf die von den Freya-Stationen gepeilten Höhen. 2. Wenn die Bomber gefährlich nah an die Flakgürtel der Industriegebiete/Hafenanlagen gelangt waren, drehten die zweimotorigen Nachtjäger ab. Sie waren zu oft das Opfer der eigenen Flak gewesen, trotz Signalleuchtkugeln und eindeutiger Typisierung. Die Flak schoss einfach auf jedes mehrmotorige Flugzeug. Die Jäger kehrten zu ihren Standorten zurück, wurden aufgetankt und aufmunitioniert, oft starteten sie auch für einen zweiten Angriff gegen die rückkehrenden Bomber (diese hatten allerdings aufgrund ihrer geringeren Ladung eine höhere Geschwindigkeit und eine grössere Flughöhe, ausserdem eine geringere Priorität). 3. Den Luftkampf übernahmen nun die einmotorigen Tag-Dämmerungsjäger. Diese waren schnell und wendig genug, um in anfliegenden Bomberstaffeln zu manövrieren, gleichzeitig waren sie mit ihrer Silhouette leichter von den Bombern zu unterscheiden.

Resümee Diese Verteidigungstaktik war überaus effektiv. Wenn eine Staffel mit vier Bombern abends gen Deutschland startete, kehrten selten mehr als drei Flugzeuge zurück. Die Verluste beim britischen Bomber Command betrugen zum Teil 30 % pro Nacht (nicht heimgekehrte und essenziell beschädigte Flugzeuge). Es wird beschrieben, dass die Strecke Dortmund–Groningen bei Sonnenaufgang mit hunderten grösserer und kleinerer Flugzeugtrümmer übersät gewesen sei. Das änderte sich phasenweise mit der Einführung von Heckwarnradars auf Bombern, mit schwerstbewaffneten Heck-Waffentürmen (bis zu 6xMaschinengewehre), mit Mosquito-Bombern (die eine sehr geringe Radarsilhouette boten, da ihr Tragwerk vollständig aus Holz gebaut war) die als Pfadfinder die Bomberstaffeln effektiv ins Ziel leiteten und vor allem mit der Erfindung der Düppel: Auf die Frequenz des deutschen Radars zugeschnittene Staniolstreifen zerstreuten erstmals am 28. Juli 1943 das Radarsignal und produzierten falsche Bombermeldungen. Dagegen entwickelte man zwar ein neues Bordradar, das multifrequenzfähig ("Lichtenstein SN2" und "Neptun") war, jedoch konnten die Freya/Würzburg-Systeme nicht unter vertretbarem Aufwand und schnell genug umgerüstet werden. Sie verkamen somit zum Frühwarnsystem. Ausserdem war es kein Problem, die Düppelstreifen in verschiedenster Form zu produzieren, um so alle denkbaren Radars auszutricksen. Hier kamen wiederum die Mosquito-Bomber ins Spiel: ein Angriffsbomber kann nur den Raum hinter sich mit Düppeln verschatten, er selbst fliegt vor seiner Wolke und schützt sich so nur gegen Verfolger. Der Pfadfinder (Mosquito) flog den Bombern voraus, verdüppelte die Luft und kehrte, wegen seiner hohen Geschwindigkeit und der geringen Radarabstrahlung meistens, ohne einen Feind zu Gesicht bekommen zu haben, nach England zurück.

Man darf sich wundern, wieso Kammhuber 1941 die immensen Mittel einwerben konnte, um eine richtungweisende Anlage wie das Himmelbettsystem aufbauen zu können. Es bleibt anzunehmen, dass es die Angst vor der inneren Propagandaschlappe eines Bombenangriffes auf die eigenen Städte war, man wollte auch der R.A.F. nicht die Propagandaleistung zubilligen, ungehindert nachts deutsche Städte bombardieren zu können. Wohlgemerkt: 1941 war England von Tausend- Bomber-Angriffen noch ein Jahr entfernt, und niemand ging davon aus, dass es jemals dazu kommen würde. Man wollte durch die Kammhuber-Linie Macht, Stärke und Überlegenheit demonstrieren, was ja auch zeitweise gelang.

Chronik der Luftschlacht um Deutschland Die RAF setzte von 1941 bis 1943 eher auf eine Taktik des Nacht-Terrors: Eine Stadt wurde mit wenigen, oft in sehr lockerem Verband fliegenden Nachtbombern angegriffen, vertrauend darauf, dass es sehr unwahrscheinlich sei, dass ein Jäger in der Nacht auf einen Bomber trifft. Die abgeworfene Bombenmasse betrug dabei vielleicht um die 50 t Sprengladungen unterschiedlichster Zusammenstellungen. Dabei muss man bedenken, dass Sprengbomben gegen Häuser nicht sehr effizient sind und sehr viel Stahl benötigen (Stahl/TNT-Massenverhältnis 3/1, Volumenverhältnis 1/1). Luftminen waren wesentlich dünnwandiger, daher im Verhältnis zur Sprengwirkung auch leichter. Brandbomben wiederum hatten eine Papphülse, in die die Phosphormischung luftdicht eingegossen war.

Das Ziel hierbei war zuerst weniger, eine Stadt zu zerbomben (wozu man technisch weder in der Lage war, noch das irgendwie gewollt haben konnte), oder tausende Menschen zu töten, sondern der Zivilbevölkerung zu zeigen, dass die Propaganda log, wenn sie behauptete, dass die RAF am Boden sei und keine deutschen Städte bombardieren könne. Die Regierung sollte einsehen, dass es unmöglich war, ein Land zur Festung umzugestalten.

Diese Massnahme konnte aber nicht greifen: Die deutsche Propaganda bezeichnete die englischen Nachtangriffe als "undeutsch", war aber ab 1943 wegen hoher Tagesverluste gezwungen, ebenso auf Nachtangriffe zu wechseln. Der grösste Erfolg dieser Nachtangriffe war jedoch, dass zigtausende Deutsche aus dem Bett in die Keller und Schutzräume fliehen mussten, obwohl nur ihre Nachbarstadt angegriffen wurde, zudem auch noch mit geringen Mengen an Bomben. Grösser wäre jedoch die Propagandaschlappe gewesen, wenn eine Stadt angegriffen worden wäre, ohne dass die Bevölkerung gewarnt worden wäre. Kurzum: die Nachtbombentaktik schürte nur den Hass auf den Feind, und trug nicht dazu bei, den Krieg zu verkürzen oder humaner zu machen. Es gelang der deutschen Propaganda sogar, den nächtlichen Bombenangriff der Zivilbevölkerung als "Fronterlebnis" zu verklären. Der Bombenkrieg war jedoch das Einzige, was die RAF und die USAF zu tun vermochten, folglich wurden die Bomberstaffeln vergrössert und die Bombenzuladungen optimiert. Bei den Luftangriffen auf Wuppertal gelang es so erstmals, einen Feuersturm zu entfachen, in dem ganze Stadtbezirke zu einer Feuerfalle wurden. Der Bombenkrieg hatte sich verselbstständigt. Zurück blieben ausgebombte Menschen mit gebrochenem Kampfeswillen, die nicht einmal mehr im Stande waren, gegen die Nazis zu opponieren, im Gegenteil sogar akut hilfsbedürftig waren. Durch die Bombenangriffe der Vorjahre war das Schwert der Nachtangriffe stumpf geworden. Dieses war aber das Ende einer zweifelhaften Entwicklung, keinesfalls ihr Anfang. Unter anderem war es eine Lehre daraus, dass alleinfliegende Bomber nichts ausrichten können und ein sehr leichtes Ziel für Abfangjäger bieten, wohingegen Bomberschwärme von über 1.000 Bombern weder aufzuhalten sind noch einen einzigen Grashalm stehen lassen, wo sie zuschlagen.

Luftwaffen der am Krieg in Europa beteiligten Länder

Luftwaffe der Wehrmacht (aus Wikipedia)

Die Luftwaffe der Wehrmacht war von 1935 bis 1945 neben dem Heer und der Kriegsmarine eine der drei Teilstreitkräfte im nationalsozialistischen Deutschen Reich. Im Zweiten Weltkrieg war sie Luftstreit- und Flugabwehrkraft, daneben stellte sie auch Bodenstreitkräfte (Luftwaffen- Felddivisionen, Fallschirmjäger-Divisionen und Fallschirm-Panzerkorps Hermann Göring) zur Unterstützung des Heeres auf.

Organisation und Führung Oberkommando Oberbefehlshaber der Luftwaffe war seit ihrer Gründung Hermann Göring, bis dieser kurz vor Kriegsende von Adolf Hitler entlassen und durch Robert Ritter von Greim ersetzt wurde. Der Oberbefehl ging vom Reichsluftfahrtministerium aus; im April 1944 wurde dann ein Oberkommando der Luftwaffe als befehlshabende Behörde gebildet.

Wichtig für die strategische Ausrichtung der neu geschaffenen Luftwaffe war auch deren erster Generalstabschef, Walther Wever. Seit März 1935 in dieser Position, war er zuvor schon seit 1. September 1933 Leiter des Luftkommandoamtes im Reichsluftfahrtministerium und in den Anfangsjahren massgeblich an der Entwicklung der Luftwaffe beteiligt. Am 3. Juni 1936 kam er bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

Während der gesamten Zeit ihres Bestehens war der Staatssekretär im Reichsluftfahrtministerium und Luftwaffenoffizier Erhard Milch (seit 1940 ) Generalinspekteur der Luftwaffe. Nach dem Tod Wevers wurde Görings Vertrauter Ernst Udet als Nachfolger Wilhelm Wimmer zum Chef des Technischen Amtes im Reichsluftfahrtministerium ernannt. Dieser Posten wurde am 1. Februar 1939 in das neu geschaffene Amt eines Generalluftzeugmeisters umgewandelt. Udet war ein leidenschaftlicher Flieger, aber kaum ein fähiger Organisator und erwies sich auf dem Posten schnell als überfordert. Er nahm sich im November 1941 das Leben, worauf Milch bis 1944 die vakante Position des Generalluftzeugmeisters übernahm.

Ebenfalls durch Suizid aus dem Leben schied der seit 1. Februar 1939 amtierende Generalstabschef der Luftwaffe Oberst (später Generaloberst) Hans Jeschonnek, als nach den schweren Luftangriffen auf Hamburg über seine Ablösung diskutiert wurde. Sein Nachfolger wurde General Günther Korten. Luftflotten und Luftgaukommandos Vor Kriegsbeginn gliederte sich die Luftwaffe in vier Luftflotten, denen die Luftgaukommandos als Territorialbereiche unterstellt waren. Der (Berlin) unterstanden das I., III., und IV. Luftgaukommando, während die (Braunschweig) die Luftgaukommandos VI. und XI. befehligte. Im Südwesten Deutschlands stand die Luftflotte 3 (München) mit dem VII., XII. und XIII. Luftgaukommando, während die Luftflotte 4 (Wien) mit dem VII. und XVII. Luftgaukommando den Südosten abdeckte.

Die Luftgaukommandos der Luftwaffe waren ähnlich wie die Wehrkreise des Heeres Dienststellen, die bestimmte territoriale Aufgaben übernahmen. Diese waren vor allem der Unterhalt aller Einrichtungen und Flugplätze der Luftwaffe in den jeweiligen Gebieten und die Ausbildung des Personalersatzes. Mit Stand vom 1. September 1939 gab es in Deutschland zehn Luftgaukommandos, die mit römischen Zahlen bezeichnet wurden. Die Nummerierung war nicht durchlaufend, da zuvor einige Luftgaukommandos zusammengelegt worden waren. Später im Krieg befehligten die Luftflotten, deren Zahl von 1940 bis 1944 auf sieben stieg, die Verbände der Luftwaffe an der Front. Die Luftflotten waren von 1 bis 6 durchnummeriert und wurden jeweils an die verschiedenen Kriegsschauplätze verlegt. Ausserdem gab es die Luftflotte Reich, die für das Reichsgebiet zuständig war. Auch richtete die Luftwaffe in den besetztenLändern Luftgaukommandos und Feldluftgaukommandos ein, welche die gleichen Aufgabenwahrnahmen wie die Luftgaue in der Heimat.

Organisation und Bezeichnung der Geschwader Die fliegenden Einheiten der Luftwaffe waren in Geschwader, Gruppen und Staffeln organisiert: Ein Geschwader bestand in der Regel aus einem Stabsschwarm mit vier bis sechs Maschinen und zwei bis vier Gruppen mit jeweils 30 bis 40 Flugzeugen. Die Gruppe war in der Regel in drei bis vier Staffeln von üblicherweise zwölf Flugzeugen unterteilt. Kleinere taktische Verbände waren die Kette mit drei (vor allem bei Kampffliegern), der Schwarm mit vier und die Rotte mit zwei Flugzeugen (vor allem bei den Jagdfliegern).

Die Bezeichnungen der Verbände setzten sich aus der Abkürzung für die Einsatzart sowie aus arabischen Ziffern für das Geschwader und die Staffel und aus römischen Ziffern für die Gruppe zusammen. Die Geschwaderbezeichnung für vor Kriegsbeginn aufgestellte Verbände ergab sich aus dem Aufstellungsort des Geschwaders. Lag dieser im Bereich der Luftflotte 1, war es mit einer Nummer von 1–25 bezeichnet. Bei Aufstellungsorten im Bereich der Luftflotte 2 (Nummer 26–50), Luftflotte 3 (Nummer 51–75) und Luftflotte 4 (Nummer 76–100) war es ebenso. Zum Beispiel wurde das Jagdgeschwader 1 mit JG 1 bezeichnet, I. Gruppe des JG 1 mit I./JG 1 und 1. Staffel des JG 1 mit 1./JG 1. Es gab Kampfgeschwader (KG), Jagdgeschwader (JG), Sturzkampfgeschwader (StG), Zerstörergeschwader (ZG), Nachtjagdgeschwader (NJG), Schlachtgeschwader (SG), Schnellkampfgeschwader (SKG), Lehrgeschwader (LG) und Transportgeschwader (TG). Bei speziellen Einsatzarten, wo eine Gliederung in Geschwader nicht sinnvoll war, wurden selbstständige Fliegergruppen aufgestellt. Hier gab es Kampfgruppen (Kgr), Küstenfliegergruppen (KüFlGr), Aufklärungsgruppen (AufklGr) und Nachtschlachtgruppen (NSG). Auch auf der Ebene der Staffel gab es selbstständige Fliegereinheiten, insbesondere im Bereich der Aufklärungs-, Kurier- und Verbindungsflieger.

Mit Ausnahme der einmotorigen Jagdverbände waren die Flugzeuge im Geschwader mit einer Geschwaderkennung gekennzeichnet. Diese war vor dem Balkenkreuz am Flugzeugrumpf und unter den Tragflächen angebracht und setzte sich aus einer Zahl und einem Buchstaben zusammen. Nach dem Balkenkreuz folgte eine zweistellige Buchstabenkombination, welche die Stellung des Flugzeugs innerhalb des Geschwaders beschreibt. Aufgrund dessen ergab sich eine vierstellige Zahlen-/Buchstabenkombination, die je Flugzeug, zu einem bestimmten Zeitpunkt, nur einmal vergeben war.

Gewöhnlich hatte ein (Geschwader-) Kommodore die Verantwortung für ein Geschwader, ein (Gruppen-)Kommandeur für eine Gruppe und ein (Staffel-)Kapitän für eine Staffel. Es handelt sich dabei nicht um Dienstgrade, sondern um Dienststellungen der Luftwaffe. Der Geschwaderkommodore war gewöhnlich ein Oberstleutnant (oder in Ausnahmefällen ein Oberst), während der Gruppenkommandeur meist ein Major oder Hauptmann war. Eine Staffel wurde in der Regel von einem oder Leutnant befehligt. Im taktischen Verband der Rotte hatte der erfahrenere Pilot als Rottenführer das Sagen. Sein Rottenflieger – im Sprachgebrauch der Flieger auch Kaczmarek genannt – konnte durchaus ranghöher sein. Er hatte den Rottenführer bei dessen Vorhaben zu unterstützen, beispielsweise bei einem Angriff Deckung zu geben.

Flugzeugbestand

Personalbestand Geschichte Nach dem Ersten Weltkrieg Obwohl es Deutschland nach der Demobilisierung der kaiserlichen Fliegertruppe durch den Friedensvertrag von Versailles verboten war, eine Luftstreitmacht zu unterhalten, wurden in der Weimarer Republik der 1920er-Jahre und Anfang der 1930er-Jahre unter Geheimhaltung als zivile Einrichtungen getarnte Ausbildungsstätten für Militärpiloten geschaffen und geheime Fliegereinheiten unterhalten, so die Deutschen Verkehrsfliegerschulen, die Hanseatische Fliegerschule oder der Deutsche Flugwetterdienst.

Zuerst wurden die Flugschüler in leichten Schulflugzeugen bei den zivilen Ausbildungsstätten in Deutschland geschult. Um den Piloten die Gelegenheit zu geben, Flugerfahrung in Kampfflugzeugen zu sammeln, suchte Deutschlands Reichswehr die Hilfe der Sowjetunion (siehe auch: Vertrag von Rapallo). Ein geheimer Ausbildungsfliegerhorst wurde 1924 in der Nähe der russischen Stadt Lipezk eingerichtet und bis 1933 betrieben. Insgesamt benutzte diese Schule, die offiziell als 4. Fliegerabteilung des 40. Geschwaders der Roten Armee bezeichnet wurde, eine Anzahl niederländischer, russischer und auch deutscher Flugzeuge. Dort wurden insgesamt etwa 220 deutsche Flieger ausgebildet und auch neue, in Deutschland entwickelte Flugzeugkonstruktionen erprobt.

Aufbau der Luftwaffe Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war eine offizielle Luftwaffe noch in weiter Ferne. Da die Bestimmungen des Versailler Vertrages weiter in Kraft blieben, führte die Reichswehr die begonnenen Projekte weiter im Geheimen fort. Am 30. Januar 1933 wurde Hermann Göring zum Reichskommissar für die Luftfahrt ernannt und am 10. Mai 1933 übernahm er das neu geschaffene Reichsluftfahrtministerium (RLM). In dessen Luftkommandoamt plante Oberst Walther Wever, der spätere erste Chef des OKL (Oberkommando der Luftwaffe), den vorerst noch geheimen Aufbau der Luftwaffe.

Die geringen Ausbildungsmöglichkeiten in der Sowjetunion fielen ab Herbst 1933 ganz weg, da der neue Reichskanzler Adolf Hitler aus ideologischen Gründen eine weitere Zusammenarbeit mit der kommunistischen Sowjetunion verbot. Dafür wurden als zivil getarnte Ausbildungsstätten und Fliegereinheiten ausgebaut und neue gegründet, wie der Deutsche Luftsportverband (DLV) unter . In diesem bildete die Reichswehr, anfangs noch mit Segelflugzeugen, angehende Flugzeugführer aus. Da diese vorher aus der Reichswehr entlassen worden waren, hielt man sich – formell – an die Einschränkungen des Versailler Vertrages. Die Mitglieder des DLV trugen bereits die Uniform der späteren Luftwaffe und benutzten deren künftige Abzeichen als "Gliederabzeichen". Man gab den DLV-"Gliedern" Sondernamen, um vorzutäuschen, dass der Verband eher ein Zivilflugverein als eine mit der Reichswehr verbundene Organisation sei. In den Deutschen Verkehrsfliegerschulen setzten die Flugzeugführer dann ihre Ausbildung bis zum Ende fort. Auch Piloten der Lufthansa wurden in einer Kurzausbildung militärisch geschult. Bis Ende 1934 waren so fünf Kampf-, drei Jagd- drei Fernaufklärer-, zwei Nahaufklärer- und eine Sturzkampfstaffel vorhanden. Insgesamt gab es Ende 1934 41 militärische Fliegerverbände in Deutschland, die als zivile Organisationen getarnt waren.

Am 1. März 1935 wurde die Luftwaffe offiziell gegründet. Hermann Göring soll persönlich für die Luftwaffe ein Emblem (Hoheitszeichen) gewählt haben, das sich von dem der anderen Teilstreitkräfte unterschied. Der Adler, das Symbol des Deutschen Reiches, blieb erhalten, jedoch in einer anderen Positur. Seit der Machtübernahme der NSDAP hielt der Adler in seinen Fängen das Symbol der Partei, das Hakenkreuz, das gewöhnlich von einem Eichenlaubkranz umgeben war. Göring lehnte für die deutsche Luftwaffe den alten heraldischen Adler ab, der sehr stilisiert, sehr statisch und sehr massiv aussah, und wählte einen "jüngeren", natürlicheren und leichten Adler mit in Flugposition gespreizten Schwingen, der mehr einer Luftstreitkraft entsprach. Während der Wehrmachtsadler mit beiden Fängen das Symbol der Partei festhielt, hielt der Luftwaffenadler das Hakenkreuz nur mit einem Fang, während der andere eine Faust ballte.

08_45/Flak-Regiment der Luftwaffe bei der Ausbildung, 1940

Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Luftwaffe zu einer der stärksten Luftstreitkräfte der Welt. Die Kampfflugzeugflotte umfasste einschliesslich der Stukas 1610 Flugzeuge, dazu kamen 1230 Jagdflugzeuge (inklusive Nachtjagd- und Zerstörerflugzeuge) und 661 Aufklärungsflugzeuge. Rund 2600 schwere Flakgeschütze (8,8 cm) sowie rund 6700 mittlere und leichte Flakgeschütze (3,7 und 2 cm) waren vorhanden, die feindliche Luftangriffe abwehren sollten.Am 14. März 1935 wurde das erste Geschwader, das Jagdgeschwader "Richthofen", in Berlin-Staaken aufgestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren noch 90 Prozent aller Flieger in der Ausbildung. Durch die Wiedereinführung der Wehrpflicht war der personelle Grundstock gesichert; die Luftwaffe vergrösserte sich ständig. Im Sommer 1939 hatte sie schon 373.000 Soldaten. Die materielle Aufrüstung der Luftwaffe verlief dank der vielfältigen Luftrüstungsindustrie in Deutschland zügig. Die bedeutendsten Flugzeugwerke waren Junkers in Dessau, Heinkel in Warnemünde, Dornier in Friedrichshafen und die Bayerischen Flugzeugwerke in Augsburg (ab 1938 Messerschmitt AG).

Mit dem Göring-Programm vom 23. Juni 1941 sollte die Luftwaffe zum Kampf gegen die Westmächte vervierfacht werden.

Spanischer Bürgerkrieg Der Spanische Bürgerkrieg (1936–1939) wurde genutzt, um Besatzungen, Flugzeuge, Waffen und Taktiken unter Einsatzbedingungen zu erproben. Zur Unterstützung des von Francisco Franco geführten Militäraufstands gegen die gewählte Regierung schickte Hitler die Legion Condor unter dem Oberbefehl von Generalmajor nach Spanien. Dort kamen erstmals die neuen Maschinen der Typen Bf 109, He 111, Ju 86 und Ju 87 zum Einsatz.

Vor der Weltöffentlichkeit sollte die Unterstützung Deutschlands für Francos Putsch verheimlicht werden. Deshalb trugen die Maschinen der Legion Condor keine deutschen Balken- oder Hakenkreuze, sondern Spezialerkennungszeichen: das schwarze "X" (Andreaskreuz) auf weissem Grund auf dem Seitenruder und eine schwarze runde Scheibe mit "X" auf Flächen und Rumpf. Das Zeichen auf dem Ruder ist an allen Flugzeugen der spanischen Ejército del Aire noch heute zu sehen, während die runde Scheibe nicht mehr auf den Rumpf aufgetragen wird. Stattdessen gibt es dort eine Kokarde in den Farben Rot, Gelb und Rot. Alle Einheiten der Legion Condor wurden mit 88 nummeriert: Jagdgruppe 88 (J/88) für die Jagdflugzeuge, Kampfgruppe 88 (K/88) für die Kampfflugzeuge, Aufklärungsstaffel 88 (A/88) für die Aufklärungsflugzeuge und die Seefliegerstaffel 88 (AS/88) für die Aufklärung auf See.

08_46/Das von der Legion Condor zerstörte 08_47/Das zerstörte Wielu?, Polen Guernica, Spanien

Eine Vorwegnahme der Luftangriffe auf zivile Ziele während des nächsten Weltkrieges fand am 26. April 1937 statt, als eine Gruppe aus deutschen und italienischen Flugzeugen die baskische Stadt Guernica im Nordosten Spaniens fast vollständig zerstörte. Der Luftangriff auf Guernica erzeugte weltweites Entsetzen und wurde von vielen Nationen verurteilt. Die tatsächlichen Geschehnisse und Opferzahlen sind bis heute umstritten. Pablo Picasso verewigte dieses Verbrechen an der Menschlichkeit in dem Gemälde "Guernica".

Der italienische Stratege General Giulio Douhet hatte in der Zwischenkriegszeit seine Theorien zu "strategischen Luftbombenangriffen" formuliert. Die grundsätzliche Idee hinter den Theorien war, dass ein Krieg durch ständige mächtige Luftbombenangriffe gegen die industriellen Zentren des Gegners gewonnen werden könne. Die Moral der Zivilbevölkerung werde folglich soweit sinken, dass die Regierungen der angegriffenen (und leidenden) Nationen gezwungen sein werden, um Frieden zu bitten. Diese Tendenzen und solche Veröffentlichungen erzeugten besonders in Europa eine tiefe Angst vor einem bevorstehenden, sehr grausamen Krieg mit Auswirkungen wie in Guernica und riefen bald Proteste hervor. So stellte sich der Brite George Kennedy Allen Bell, Bischof von Chichester, 1939 öffentlich gegen solche Massnahmen. Die Zerstörung Guernicas gilt in der ganzen Welt noch heute als eine Vorbedeutung – und nicht nur des kommenden Krieges, der nur einige Monate nach dem Ende des Spanischen Bürgerkrieges in Europa ausbrach.

Überfall auf Polen Ungefähr eine Stunde bevor deutsche Truppen am 1. September 1939 um 4:45 Uhr die polnische Grenze überschritten fielen die ersten Bomben des Zweiten Weltkrieges. Zwei Sturzkampfgeschwader der Luftwaffe griffen in drei Angriffswellen aufgeteilt die polnische Kleinstadt Wieluń an. Dabei kamen 1'200 Zivilisten ums Leben und etwa 70 Prozent der Stadt wurden zerstört. Die angreifenden Flugzeugführer berichteten später, "keine besondere Feindbeobachtung" gehabt zu haben.

Die Luftwaffe setzte im Überfall auf Polen die Luftflotte 1 (Oberbefehlshaber ) im Bereich der Heeresgruppe Nord und die Luftflotte 4 (Oberbefehlshaber General der Flieger Alexander Löhr) im Bereich der Heeresgruppe Süd ein. In diesen beiden Luftflotten standen 1302 Flugzeuge bereit. Weiterhin waren weitere 133 eingesetzte Flugzeuge direkt dem Oberbefehlshaber der Luftwaffe, 288 als Aufklärer den Heeresverbänden und 216 Jagdflugzeuge der Heimatluftverteidigung Ost unterstellt. Von diesen 1939 Flugzeugen waren zu Beginn 1'538 Maschinen im Osten des Deutschen Reichs einsatzbereit. Die polnische Luftwaffe hatte dagegen nur 277 Jagdflugzeuge, 203 Mehrzweckflugzeuge, 66 Bomber und 199 Nahaufklärer aufzubieten.

Die deutsche Luftwaffe unterstützte hauptsächlich das Heer unmittelbar. Dazu griffen insbesondere die Kampfflieger- und Sturzkampffliegerverbände den Gegner auf dem Schlachtfeld oder in der Artilleriestellung an. Auch wurden systematisch Rückzugsmöglichkeiten (Brücken, Bahnlinien, Strassen und andere) des Gegners zerstört und zurückflutende Kolonnen angegriffen.

Am 8. September erreichten die ersten deutschen Truppen den Stadtrand von Warschau, konnten aber aufgrund der starken Verteidigung der Stadt diese nicht einnehmen. Daraufhin kam es zur Schlacht um Warschau. Am 9. September flogen fünf Stuka-Gruppen einen ersten Luftangriff auf eine Artilleriestellung im Stadtteil Praga. Am 12. September griffen 183 deutsche Flugzeuge den Nordwestteil von Warschau an. Am Morgen des 25. September warfen 370 Flugzeuge in zwei bis drei Einsätzen 560 Tonnen Spreng- und 72 Tonnen Brandbomben auf Warschau, darunter auch 1'000-kg-Bomben. Sie verursachten schwere Verluste unter der Zivilbevölkerung und im Stadtbild. Daraufhin bot der polnische Befehlshaber in Warschau General Juliusz Rómmel am 26. September Kapitulationsverhandlungen an. Warschau kapitulierte am 27. September bedingungslos. Am 6. Oktober ergaben sich die letzten polnischen Truppen bei Kock.

Die deutsche Luftwaffe verlor 285 Flugzeuge als Totalverlust. 734 Soldaten der Luftwaffe starben, wurden verwundet oder blieben vermisst.

Norwegenfeldzug/Fall Weserübung Unternehmen Weserübung, auch Fall Weserübung, war der Deckname für den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Norwegen und Dänemark während des Zweiten Weltkrieges am 9. April 1940.

Strategische Ziele der Invasion waren die Besetzung der norwegischen Häfen, um die deutsche Ausgangsstellung im Krieg gegen Grossbritannien zu erweitern und eine Seeblockade zu verhindern, die Kontrolle der Ostseezugänge und die Sicherung der Eisenerz-Versorgung der deutschen Rüstungsindustrie aus Kiruna (Schweden) über Narvik. Dänemark erschien den Planern unter General als Nachschubweg unverzichtbar. Langfristig sollten Norwegen und Dänemark in ein "Grossgermanisches Reich" auf dem europäischen Kontinent eingegliedert werden.

Sowohl Dänemark als auch Norwegen waren neutral. Dänemark hatte 1939 als einziges nordeuropäisches Land einen Nichtangriffspakt mit Deutschland geschlossen. Deutschland stellte beiden Staaten ein Ultimatum mit der Zusicherung, ihre territoriale Integrität und politische Unabhängigkeit nicht anzutasten, falls sie sofort kapitulierten. Norwegen lehnte ab; die Dänen akzeptierten nach wenigen Stunden Kampf. In der Schlacht um Narvik erlitt die Wehrmacht ihre erste Niederlage des Krieges. Angelandete alliierte Truppen waren siegreich und waren dabei, die deutschen Truppen nach Schweden abzudrängen, als die Kriegslage im Westen (vor allem Frankreich) dem 24.Mai 1940 eine Rückverlegung des alliierten Expeditionscorps nach Frankreich notwendig machte. Erst am 9. Juni konnten die deutschen Truppen unter General Narvik wiedererobern. Norwegen kapitulierte am 10. Juni 1940, als der deutsche Sieg im Westfeldzug absehbar war.

Westfeldzug Am 10. Mai 1940 um 05:35 Uhr begann mit dem ersten Einsatz deutscher Fallschirmjäger und Luftlandetruppen der Westfeldzug. In den Niederlanden nahmen sie die wichtigen Brücken über das Hollandsch Diep bei Moerdijk, über die Noord bei und die Neue Maas bei Rotterdam unversehrt in Besitz. Lediglich die Brücke bei Arnheim konnte rechtzeitig gesprengt werden. In Belgien konnten Luftlandetruppen das Fort Eben-Emael erobern, indem sie mit Lastenseglern auf dessen Dach landeten.

Die Luftwaffe setzte die Luftflotte 2 (Befehlshaber General der Flieger Albert Kesselring) zur Unterstützung der Heeresgruppe B ein. Zu diesem Zweck waren ihr das IV. und VIII. Fliegerkorps, das Fliegerkorps z. b. V., das II. Flak-Korps, die 7. Flieger-Division (Fallschirmjäger) und 22. Luftlande-Division, sowie das Kommando des Jagdfliegerführer 2 unterstellt.

In der Luftflotte 3 (Befehlshaber General der Flieger Hugo Sperrle), welche die Aufgabe hatte, die Heeresgruppe A zu unterstützen, waren das I., II. und V. Fliegerkorps, das I. Flak-Korps und das Kommando des Jagdfliegerführer 3 zusammengefasst. In diesen beiden Luftflotten standen etwa 900 Jagdflugzeuge, 220 Zerstörerflugzeuge, 1'100 Kampfflugzeuge, 320 Sturzkampfflugzeuge sowie 45 Schlachtflugzeuge zur Verfügung.

Auf der Gegenseite hatte es die Luftwaffe mit vier verschiedenen Luftwaffen zu tun, die unterschiedlich ausgestattet waren und unterschiedliche Einsatzgrundsätze hatten. Die niederländische Koninklijke Luchtmacht verfügte im Mai 1940 in den Niederlanden über rund 140 Flugzeuge. Die belgische Aviation Militaire Belge bestanden aus 154 leichten Aufklärungsbombern, 69 Jagdflugzeugen, 16 einmotorigen Bombern und etwa 100 Beobachtungs- und Trainingsflugzeugen diverser Typen. Die britische Royal Air Force (RAF) war in Jagdwaffe (Fighter Command), Bomber (Bomber Command) und Marineflieger (Coastal Command) gegliedert. Zu Beginn des Westfeldzuges waren auf dem Kontinent 456 Maschinen (262 Jäger, 135 Bomber und 60 Aufklärer) eingesetzt.

Die französische Armée de l’air verfügte zu Beginn des Westfeldzuges über 2'400 Jagdflugzeuge, 1'160 Bomber und 1'464 Aufklärer, damit über 5'026 Maschinen.

Die deutsche Luftwaffe, die nach wenigen Tagen die Luftherrschaft errungen hatte, wurde erneut hauptsächlich als Heeresunterstützungswaffe eingesetzt, indem sie unmittelbar die Panzerspitzen bei Widerstand aus der Luft unterstützte oder Verkehrswege des Gegners zerstörte. Im Rahmen der Bombardierung von Städten erfolgte unter anderem irrtümlich der Bombenangriff auf Freiburg am 10. Mai 1940, bei dem 57 Menschen ums Leben kamen.

Als sich am 14. Mai der niederländische Stadtkommandant von Rotterdam, Oberst Scharroo, weigerte, die Stadt zu übergeben, wurde ein Luftangriff auf die Stadt angedroht. Als Kampfflugzeuge des Kampfgeschwaders 54 schon im Anflug auf die Stadt waren, lenkte der Stadtkommandant ein. Deutscherseits gelang es nur noch, die zweite Angriffswelle zu stoppen, sodass 57 Kampfflugzeuge 97 Tonnen Sprengbomben hauptsächlich auf die Altstadt abwarfen. Dabei wurden 814 Menschen getötet (Bombardierung von Rotterdam 1940).

In der Schlacht von Dünkirchen versuchten Teile der Luftwaffe ab dem 25. Mai, eingeschlossene belgische, französische und britische Truppen an der Evakuierung nach England zu hindern. Trotz schwerer Luftangriffe gelang es nicht, die Überführung von 338'226 alliierten Soldaten zu verhindern.

Am 25. Juni um 1:35 Uhr trat der deutsch-französische Waffenstillstand in Kraft. Die Personalverluste der Luftwaffe im Mai/Juni 1940 beliefen sich auf mehr als 6'000 Mann, davon 3'290 Tote und Vermisste.

Die Luftwaffe hatte 1236 Maschinen als Totalverluste.

Luftschlacht um England Die Luftschlacht um England entwickelte sich aus dem deutschen Ziel, die Luftherrschaft über England zu erringen, um danach eine Invasion auf der Insel (Unternehmen Seelöwe) durchführen zu können. Als dies utopisch wurde, versuchte die Luftwaffe, durch Luftangriffe auf britische Industriezentren die Rüstungsindustrie zu zerstören. Als eigentlicher Beginn der Operationen wird deutscherseits der 13. August 1940, der sogenannte "", angesehen. Auf deutscher Seite traten erste strukturelle Probleme auf.

Die deutschen Jagdflugzeuge des Typs Messerschmitt Bf 109 E wiesen eine zu geringe Reichweite auf, um die Kampffliegerverbände ausreichend schützen zu können. Der eigens für den Langstreckeneinsatz entwickelte Jäger wiederum erwies sich den wendigen britischen Jagdflugzeugen als unterlegen. So konnte die Luftwaffe über England nie dieselben Bedingungen der Luftherrschaft erreichen wie zuvor über Polen oder Frankreich. Ohne ausreichenden Jagdschutz gingen daher viele Kampfflugzeuge verloren, etwas, das sich später bei den ersten Einflügen der USAAF 1943 ins Reichsgebiet auf der alliierten Seite wiederholen sollte. Insbesondere die Stuka-Verbände erlitten sehr hohe Verluste und mussten aus der Luftschlacht zurückgezogen werden.

Hier zeigte sich sehr deutlich, dass ohne schwere Langstreckenbomber die gegnerische Rüstungsindustrie nicht nachhaltig gestört werden konnte. Da viele deutsche Flugzeugbesatzungen über England oder dem Kanal abspringen oder notlanden mussten, gingen der Luftwaffe wertvolle, noch im Frieden gründlich ausgebildete Flugzeugführer verloren. Während der Luftschlacht um England zeigten sich auch zum ersten Mal die Unzulänglichkeiten der Rüstung bei der Jagdflugzeugproduktion und im Umfang der Pilotenausbildung: Zu Beginn des Krieges gab es nur eine einzige Schule für Jagdflieger.

Die Luftwaffe hatte bis zum Mai 1941, als aufgrund des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion die Luftangriffe praktisch eingestellt wurden, 2'000 Luftwaffenangehörige als Gefallene und 2'600 Luftwaffenangehörige als Vermisste oder in Gefangenschaft verloren. Dazu kamen 2'200 Flugzeuge als Totalverlust.

Balkanfeldzug Mit den deutschen Luftangriffen auf Belgrad begann am 6. April 1941 der Balkanfeldzug. Dabei warfen 484 Kampfflugzeuge 440 Tonnen Brand- und Splitterbomben auf die Stadt. Ziel des Angriffs auf die jugoslawische Hauptstadt war die Zerstörung des administrativen und logistischen Zentrums Jugoslawiens. Dabei starben tausende Zivilisten, und weite Teile der historischen Innenstadt wurden zerstört.

Auf Seiten der Luftwaffe nahm die Luftflotte 4 (Oberbefehlshaber General der Flieger Alexander Löhr) mit 1'153 Flugzeugen an diesem Feldzug teil.

Der Schwerpunkt der Luftangriffe in Griechenland lag auf der Unterstützung des Heeres beim Durchbruch durch die Metaxas-Linie und der Bombardierung von Häfen, insbesondere des von Piräus, um das Übersetzen britischer Truppen nach Kreta zu verhindern.

Die jugoslawischen Streitkräfte kapitulierten am 17. April, während auf dem griechischen Festland bis zum 23. April gekämpft wurde.

Luftlandeschlacht um Kreta Unter Führung der Luftflotte 4 begann am 20. Mai 1941 die Eroberung der griechischen Mittelmeerinsel Kreta aus der Luft. Die im XI. Fliegerkorps (Befehlshaber Generalleutnant ) vereinigten circa 10.000 Fallschirmjäger landeten nach einem Bombardement der deutschen Luftwaffe in mehreren Angriffswellen auf der Insel. Nach hohen Verlusten gelang es den Fallschirmjägern und den im Lufttransport sowie auf Schiffen nachgeführten Gebirgsjägern bis zum 1. Juni 1941, Kreta vollständig zu erobern. Die deutschen Verluste betrugen 3'714 Gefallene und 2'494 Verwundete sowie 271 Transportflugzeuge als Totalverlust. Ein erheblicher Teil der anderen Transportmaschinen waren schwer beschädigt.

Durch das VIII. Fliegerkorps, insbesondere Sturzkampfgeschwader 2 und , erlitt die Royal Navy in den Luft-/Seegefechten vor Kreta hauptsächlich während der Evakuierung hohe Verluste. So wurden drei Kreuzer (HMS Gloucester, HMS Fiji und HMS Calcutta) und fünf Zerstörer (HMS Kelly, HMS Greyhound, HMS Kashmir, HMS Hereward, HMS Imperial) versenkt sowie sechs Kreuzer, fünf Zerstörer, drei Schlachtschiffe und der einzige Flugzeugträger im Mittelmeer zum Teil stark beschädigt.

Angriff auf die Sowjetunion Am 22. Juni 1941 begann auch für die Luftwaffe, deren Geschwader noch bis Mai in der Luftschlacht um England oder auf dem Balkan gekämpft hatten, der Angriff auf die Sowjetunion. Die Luftwaffe gliederte sich in drei Luftflotten, die mit den drei Heeresgruppen zusammenarbeiteten.

Die Luftflotte 1 (Oberbefehlshaber Generaloberst Alfred Keller) sollte mit der Heeresgruppe Nord zusammenarbeiten und in Richtung Leningrad vorgehen. Dazu hatte sie 592 Flugzeuge (unter anderem 203 Jagdflugzeuge, 271 Kampfflugzeuge) in ihren Verbänden. Mit dem ihr unterstellten Fliegerführer Ostsee nahm sie auch die Luftraumüberwachung und Bekämpfung des Gegners auf der östlichen Ostsee wahr. Die Luftflotte 2 (Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Albert Kesselring), die mit der Heeresgruppe Mitte zusammenarbeitete, war die zahlenmässig stärkste der drei Luftflotten. Ihr unterstanden 1'367 Flugzeuge (unter anderem 384 Jagdflugzeug, 299 Kampfflugzeuge, 425 Sturzkampfflugzeuge), die das Heer beim Vormarsch in Richtung Moskau unterstützen sollten. Das ihr unterstellte I. Flak-Korps wurde überwiegend zur Panzerbekämpfung eingesetzt, da die schweren Flakgeschütze gegen die schweren sowjetischen Panzer teilweise die einzigen erfolgversprechenden Einsatzmittel waren. Die Luftflotte 4 (Oberbefehlshaber Generaloberst Alexander Löhr) sollte zusammen mit der Heeresgruppe Süd in die Ukraine und in Richtung Schwarzen Meeres marschieren. Dazu waren ihr 887 Flugzeuge (unter anderem 366 Jagdflugzeuge, 360 Kampfflugzeuge) unterstellt. Auch ihr II. Flak-Korps wurde hauptsächlich zur Panzerbekämpfung eingesetzt.

Insgesamt standen bei Angriffsbeginn zusammen mit Fliegerverbänden, die direkt Heeresverbänden unterstellt waren, 3'664 Flugzeuge bereit.

Wie schon in den vorausgegangenen Feldzügen begann die Luftwaffe mit der Bombardierung von Flugplätzen, um die Masse der sowjetischen Luftwaffe bereits am Boden zu zerstören. Dabei zerstörte die erste Angriffswelle, deren Ziel 31 Flugplätze im grenznahen Raum waren, 890 sowjetische Flugzeuge (davon 222 in Luftkämpfen). Die Angriffe auf feindliche Flugplätze wurden in den nächsten Tagen auf insgesamt 123 Flugplätze ausgeweitet. Bis Ende Juni wurden 4'616 feindliche Flugzeuge (davon 1'438 in Luftkämpfen) zerstört, bis zum 12. Juli gar 6'857. Die Luftwaffe hatte bis zu diesem Zeitpunkt 550 Flugzeuge als Totalverlust verloren und 336 beschädigte Flugzeuge zu reparieren. Gemessen an der Einsatzstärke zu Beginn war dies ebenfalls ein schwerer Verlust in den ersten drei Wochen des Krieges. Danach begann die Luftwaffe, zu der bekannten Taktik der mittelbaren (Angriffe auf Transportbewegungen) und unmittelbaren Heeresunterstützung (Truppenansammlungen, Artilleriestellungen u. a.) überzugehen. Ausnahmen hiervon waren die Luftangriffe auf Moskau ab 21. Juli 1941. In der Nacht vom 21. auf den 22. Juli griffen 195 Kampfflugzeuge an und warfen 104 Tonnen Spreng- und 46.000 Brandbomben ab. Bis zum 5. April 1942 wurden weitere 75 Angriffe auf Moskau geflogen, wobei aber nur an den ersten Dreien mehr als 100 Kampfflugzeuge teilnahmen. Insgesamt starben in Moskau 1'088 Menschen durch deutsche Luftangriffe.

Bis zum 27. Dezember 1941 hatte die Luftwaffe 2'505 Flugzeuge als Totalverluste verloren. Dazu kamen noch 1'895 beschädigte Flugzeuge, die nur teilweise wieder an die Front zurückkehrten. 3'010 Mann fliegendes Personal gingen verloren.

Nachdem im Winter 1941/42 einige Verbände der Luftwaffe (Stab Luftflotte 2, II. Fliegerkorps) abgezogen wurden und die Verlustrate weiterhin hoch blieb, sank die Zahl der am 14. Februar 1942 noch an der Ostfront vorhandenen Flugzeuge auf 1'545 Flugzeuge, davon 615 einsatzbereite.

Bis zum Beginn der deutschen Sommeroffensive steigerte sich diese Zahl auf 2'635, davon 1'873 einsatzbereite Flugzeuge. Da der Schwerpunkt der Offensive im Süden der Ostfront lag, wurde die hier verantwortliche Luftflotte 4 erheblich verstärkt. In ihr befanden sich 1'593 Flugzeuge, davon 325 Jagdflugzeuge, 480 Kampfflugzeuge, 192 Sturzkampfflugzeuge und andere.

In dem für die Heeresgruppe Mitte zuständigen Luftwaffenkommando Ost, und der für die Heeresgruppe Nord zuständigen Luftflotte 1 befanden sich zusammen nur 1'042 Flugzeuge. Damit waren diese Bereiche zu Gunsten des Südens weitgehend von Flugzeugen entblösst.

Vom 8. Februar 1942 bis zum 21. April 1942 gelang es der Roten Armee, das II. Armeekorps im Kessel von Demjansk einzuschliessen. Die sechs eingeschlossenen Divisionen wurden aus der Luft durch Teile der Luftflotte 1 versorgt. Diese musste täglich 200 Tonnen Nachschubgüter in den Kessel einfliegen und verlor dabei 488 Flugzeuge und ungefähr 1'000 Mann fliegendes Personal.

Die Schwerpunkte des Luftwaffeneinsatzes im Frühjahr und Sommer 1942 waren die grossen Offensiven der Heeresgruppe Süd, wie die Eroberung der Halbinsel Kertsch und der Festung Sewastopol wo das von der Heeresmitte zur Luftflotte 4 verlegte VIII. Fliegerkorps mit 460 Flugzeugen unterstützend eingriff.

Es folgten die Unternehmen Fridericus I und Fridericus II im Raum Isjum und Kupjansk, in denen grosse Fronteinbuchtungen der Roten Armee beseitigt wurden.

Beim Vormarsch in Richtung Stalingrad war es wiederum das VIII. Fliegerkorps, das die Heeresverbände unterstützte, während das IV. Fliegerkorps in Richtung Kaukasus vorging. Am 23. und 24. August wurde Stalingrad das erste Mal von deutschen Fliegern angegriffen und dabei insbesondere die Vororte mit ihren Holzhäusern schwer beschädigt. Die Verluste unter der Zivilbevölkerung gingen in die Zehntausende.

Nachdem die 6. Armee nach einer sowjetischen Gegenoffensive ab dem 22. November in Stalingrad eingekesselt war, begann der grösste Luftversorgungseinsatz des Krieges. Zum Überleben benötigte die Armee täglich bis zu 500 Tonnen Versorgungsgüter. Das VIII. Fliegerkorps konnten aber im Durchschnitt aufgrund der Witterung, der Flak- und Jägerangriffe nur 94 Tonnen einfliegen. Bis zum Ende des Kessels Ende Januar/Anfang Februar 1943 verlor die Luftwaffe hier 495 Flugzeuge. Aber auch im Kessel befanden sich Luftwaffeneinheiten, unter anderem grosse Teile der 9. Flak-Division und die Bodenorganisation der Fliegerhorste.

Luftschlacht um Malta Für die deutsch-italienischen Schiffskonvois auf dem Weg nach Nordafrika ging von der britischen Kronkolonie Malta eine ständige Bedrohung aus. Daher entstand Ende 1941 unter der Bezeichnung "Unternehmen Herkules" der Plan, die Mittelmeerinsel ähnlich wie beim Angriff auf Kreta durch Fallschirmjäger aus der Luft zu erobern. Dazu wurde von der Ostfront die Luftflotte 2 (Oberbefehlshaber Generalfeldmarschall Albert Kesselring) mit dem II. Fliegerkorps nach Süditalien bzw. Sizilien verlegt.

Nachdem es schon im Januar und Februar 1942 zu Luftangriffen auf Malta gekommen war, setzten vom 30. März bis zum 28. April die verstärkten Luftangriffe auf Malta ein. Dabei griffen täglich 200 bis 300 deutsche und italienische Flugzeuge die Insel an. Bis Mitte April gelang es, bis auf sechs Jagdflugzeuge alle britischen Flugzeuge auf der Insel zu zerstören und die britische U-Boot-Flotte zum zeitweiligen Abzug aus dem Grand Harbour von Valletta zu zwingen. Danach kamen die deutsch-italienischen Nachschubkonvois eine Weile wieder ungestört nach Nordafrika durch. Die geplante Luftlandung erfolgte nicht, da das Unternehmen als zu riskant erschien und man es als nicht mehr notwendig erachtete. 08_48/Bombenschäden in Valletta auf Malta

Die bereitgestellten deutschen und italienischen Fallschirmverbände wurden stattdessen nach Nordafrika verlegt, um die Panzerarmee Afrika bei dem geplanten Angriff auf Alexandria zu unterstützen. Der Verzicht auf die Eroberung Maltas sollte sich als folgenschwere Fehleinschätzung erweisen, da die Alliierten die Insel einige Zeit später erneut zur Basis ihrer Operationen machten und den deutschen Nachschub nach Afrika empfindlich störten. Durch die Luftangriffe wurden auf Malta ungefähr 4'500 Menschen verletzt und über 1000 getötet.

Schlacht im Atlantik Die ersten geplanten Aktionen der Luftwaffe gegen die britische Flotte fanden bereits 26 Tage nach Kriegsausbruch statt. Die Besatzung eines Do-18-Flugbootes sichtete vier britische Schlachtschiffe, einen Flugzeugträger, einen Kreuzer und einen Zerstörer. Sofort wurde die erste Gruppe des KG 26 sowie ein Teil des KG 30 mit dem Angriff beauftragt. Diese erste "Schlacht" entpuppte sich aber als totaler Fehlschlag. Gerade einmal eine einzige Bombe traf den britischen Schlachtkreuzer "Hood", explodierte aber nicht, da der Zündmechanismus versagte.

Die Qualität dieses "Auftakt-Einsatzes" spiegelte den Verlauf der ganzen Atlantikschlacht wider. Die meisten Angriffe im Verlauf der Jahre 1939 und 1940 erzielten nur mittelmässige Erfolge und spielten keine kriegsentscheidende Rolle. Ein viel wichtigerer Punkt war die Nah- und Fernaufklärung, mit deren Hilfe die Marine mit wichtigen Informationen über Geleitzüge usw. versorgt wurde. Erst ab 1941 wurde die Zusammenarbeit zwischen Kriegsmarine und Luftwaffe vertieft. Beispielsweise konnten am 9. Februar 1941 mindestens fünf britische Schiffe mit insgesamt über 60'000 BRT versenkt werden. Die Flugzeuge des KG 40 wurden von deutschen U- Booten zum Ziel geleitet und brauchten so keinen Treibstoff auf der Suche nach den Schiffen zu verschwenden.

In den beiden Kriegsjahren 1941/1942 verlagerte sich das Zielgebiet der Luftwaffe von den Gewässern um Südengland ins Nordmeer, wo zahlreiche Konvois, welche die Sowjetunion versorgten, angegriffen wurden. Im Frühjahr und Sommer 1942 fand der Kampf um die Nordmeergeleitzüge PQ 13, PQ 15, PQ 16, PQ 17 und PQ 18 statt. Insgesamt versanken dabei 4100 Fahrzeuge, 580 Panzer und 270 Flugzeuge mit ihren Frachtschiffen, bevor sie die Sowjetunion erreichen konnten. Wieder waren es deutsche U-Boote, die Zielinformationen für die Flugzeuge lieferten und auch beim Angriff eng mit der Luftwaffe zusammenarbeiteten. Dieser Kampf war mehr oder weniger die erfolgreichste Aktion der Luftwaffe gegen Nordmeer-Geleitzüge.

In den darauf folgenden Jahren schützten die Alliierten ihre Geleitzüge mit immer mehr Zerstörern, sodass die stärkere Flugabwehr jeden Anflug deutscher Bomber verhinderte. Treibstoffknappheit und der Mangel an moderneren Flugzeugen führten zu einer Einstellung der Operationen im Nordmeer, die Marine mit ihren U-Booten war in den letzten Kriegsjahren auf sich allein gestellt.

Die viermotorige Focke-Wulf Fw 200 "Condor" bewährte sich als Seeaufklärungsflugzeug im Atlantik, wo sie in Zusammenarbeit mit U-Boot-Einheiten durch die Versenkung von Frachtschiffen die Versorgung von Grossbritannien mit Lebensmitteln, Waffen und anderen Gütern unterbrechen sollte.

Verteidigung gegen die Bomberoffensive der Alliierten Die United States Army Air Forces (USAAF), deren Oberbefehlshaber General Henry H. Arnold war, stellten 1942 mit der 8. US Air Force in England ein Bomberkommando auf, dessen Zweck das Bombardieren von strategischen (industriellen) Zielen tief im Reichsgebiet war. Das gleiche Ziel verfolgte das britische RAF Bomber Command seit Kriegsbeginn. Ab 1943 wurden deren Bemühungen in der Combined Bomber Offensive koordiniert.

Zum Schutz der amerikanischen Bomber wurden diese ab 1943 von Langstreckenjägern eskortiert – zunächst vor allem bis an die Reichsgrenze von der Republic P-47, über dem Reichsgebiet von der Lockheed P-38, bis ab Anfang 1944 schliesslich der auch luftkampfmässig überlegene Langstreckenjäger North American P-51 eingeführt wurde. Die P-38 erwies sich auf dem europäischen Kriegsschauplatz als ähnlich ungeeignet zum Begleitjäger wie zuvor die deutsche Bf 110 über England. Die P-47 wurde noch bis zum Ende des Krieges als Jagdbomber und als Erdkampfunterstützungsflugzeug eingesetzt.

Die nächtlichen Bombardierungen wurden von den britischen Bombern weitgehend ohne Jagdschutz geflogen. Das Bomber Command der RAF erlitt in der Nacht vom 30. auf den 31. März 1944 eine schwere Niederlage, als es den deutschen Nachtjagd-Piloten und den Flak-Einheiten gelang, 95 von 795 viermotorigen Lancaster-Bombern, deren Aufgabe die Bombardierung von Nürnberg war, abzuschiessen.

Unternehmen Steinbock Zum Ende des Jahres 1943 arbeitete die Luftwaffe Pläne aus, wie der Kampf gegen Grossbritannien wieder intensiviert werden könnte. Bis zu diesem Zeitpunkt fanden nur noch Störangriffe mit bis zu 30 Flugzeugen statt, die aber keine ernsthafte Bedrohung darstellten. Die Angriffe sollten den Charakter von Vergeltungsangriffen haben; d. h., dass es primär nicht darauf ankam, militärische Ziele zu treffen, sondern Verluste unter der Bevölkerung zu bewirken.

Um die erneute Offensive zu ermöglichen, wurden nun im IX. Fliegerkorps (Befehlshaber Oberst Dietrich Peltz) Kampffliegerverbände zusammengefasst, die vor allem aus dem Mittelmeerraum abgezogen wurden. Insgesamt waren zum 20. Januar 1944 524 Flugzeuge vorhanden, von denen 462 einsatzbereit waren. Es waren insgesamt 270 Junkers Ju 88, 121 , 35 , 46 Heinkel He 177, 27 Messerschmitt Me 410 und 25 Focke Wulf Fw 190 die in den Kampfgeschwadern 2, 6, 30, 40, 54, 66, 76, 100 sowie im Schnellkampfgeschwader 10 vorhanden waren.

In der Nacht vom 21. Januar zum 22. Januar 1944 wurde der erste Angriff im Rahmen des Unternehmens Steinbock auf das britische Mutterland geflogen. Dabei griffen 447 deutsche Flugzeuge in zwei Wellen London an. Von den Besatzungen, deren Ausbildungsstand nicht mehr der gleiche wie 1940 war, konnten jedoch nur wenige die britische Hauptstadt erreichen und dabei nur 30 Tonnen Bomben abwerfen. Bei den nächsten Angriffen sah es nicht besser aus, und die deutschen Verluste waren immens. Bis zum 18. April wurden 14 Luftangriffe auf London, danach bis zum 29. Mai weitere auf küstennahe Städte wie Portsmouth, Bristol, Weymouth oder Falmouth geführt. Danach wurden die Luftangriffe aufgrund von Erfolglosigkeit beendet.

Ungefähr 1500 Menschen starben durch die Luftangriffe, während die Luftwaffe 329 ihrer 462 Flugzeuge verlor.

Schutz der Ölproduktion Es gab einige Jagdeinheiten in Rumänien, die für den Schutz der strategisch wichtigen Erdölraffinerien der Stadt Ploesti verantwortlich waren. Zum Beispiel wurde 1942 die erste Gruppe eines späteren (die I./JG 4 mit vier Staffeln) in Rumänien zum Schutz von Ploesti aufgestellt. Sie entstand aus der früheren "Ölschutzstaffel Ploesti". Von Ploesti aus wurde das Deutsche Reich mit Erdölprodukten beliefert, die es zur Aufrechterhaltung des Krieges benötigte. Erste einsatzfähige Düsenflugzeuge Die deutsche Luftwaffe war die erste Luftwaffe der Welt, die einsatzfähige Düsenjägerverbände aufstellte und auch zum Einsatz brachte. Die zweistrahlige Messerschmitt Me 262, die in Konzept und Bewaffnung (30-mm-Maschinenkanonen und Raketen ) ihrer Zeit weit voraus war, diente hier als Standardjäger. Allerdings verhinderte die direkte Intervention Hitlers den schnellen undvor allem umfangreichen Einsatz als Jagdflugzeug. Hitler sah in dem Flugzeugtyp in erster Linieeinen Blitzbomber. Erst spät erlaubte Hitler die Erprobung der Me 262 als Jagdflugzeug. Als Ersteswurde die Me 262 zur Erprobung im Kommando Nowotny als Jagdflugzeug eingesetzt. Spätererfolgte die Aufstellung anderer Me-262-Verbände wie des Jagdverbandes 44 (auch StaffelExperten der genannt) unter dem Kommando von Adolf Galland, dem von Göring Anfang zunächst Januar abgesetzten General der Jagdflieger. Die Strahltriebwerke der Achsenmächte wareneinsatzfähig, aber aus verschiedenen Gründen, besonders wegen auftretender Werkstoffprobleme,nicht zuverlässig.

08_53/Messerschmitt Me 262b 1a u1, in den Händen der Amerikaner und ausgestattet mit einem RadarFug 218 Neptun

Weitere eingesetzte Strahlflugzeuge waren die Arado Ar 234 "Blitz" als zweistrahliger Schnellbomber und -aufklärer, die von einer einzelnen BMW-Turbine angetriebene, als Volksjäger bezeichnete und die raketengetriebene Messerschmitt Me 163. Bei Kriegsende im Mai 1945 war eine Anzahl von anderen fortschrittlichen Flugzeugtypenentweder im Versuchsstadium oder auch in der Herstellung, beispielsweise der Nurflügler HortenHo 229 (Horten H IX), die im Flugzeugwerk der Gothaer Waggonfabrik hergestellt werden sollte.

Neuartige Waffen Für die Luftwaffe wurde auch eine neuartige Waffe entwickelt – die Fieseler Fi 103 (V1): der erste Marschflugkörper der Welt. Das Aggregat A4 (V2), die erste Langstrecken-Rakete, war hingegen unter Wernher von Braun beim Heer entwickelt worden. Die Produktion des A4 war wegen der Verwendung von auch für den Flugzeugbau wichtiger Rohstoffe nur auf Kosten der Flugzeugproduktion möglich.

Weiterhin wurde von der Luftwaffe der erste ferngelenkte Flugkörper (Fritz X) eingesetzt.

Unternehmen Bodenplatte Am 1. Januar 1945 fand das Unternehmen Bodenplatte statt. Es sollte den durch die alliierte Luftherrschaft stark bedrohten Erfolg der Ardennenoffensive sichern. Dazu griffen ungefähr 850 deutsche Flugzeuge, hauptsächlich einmotorige Jagdflugzeuge, alliierte Flugplätze in den Niederlanden, Belgien und Nordfrankreich an und zerstörten am Boden und in der Luft 290 alliierte Flugzeuge. Die Luftwaffe selbst verlor dabei 336 Flugzeuge und 213 Flugzeugführer, die entweder im Angriff fielen, gefangen genommen wurden oder auf dem Rückflug der eigenen Flak zum Opfer fielen, die über den Einsatz nicht informiert worden war und die deutschen Flieger daher vielfach für Feinde hielt. Die hohen Verluste an ausgebildeten Flugzeugführern innerhalb nur eines Tages konnten nicht mehr ersetzt werden. Die Alliierten, die nur wenige Piloten verloren, konnten ihre Flugzeugverluste dagegen in kürzester Zeit wieder ausgleichen. So scheiterte mit dem Unternehmen Bodenplatte der letzte Versuch der Luftwaffe, lokal die Luftüberlegenheit zu erringen.

Fliegerforstschutzverband (Erprobungskommando 41) Die Luftwaffe unterhielt mit dem Erprobungskommando 41 unter Oberst Hans Christoph v. Borstell eine Einheit, die spezialisiert darauf war, Chemikalien aus der Luft zu versprühen. Der Schwerpunkt lag dabei zunächst auf Forstschutz (Göring war in Personalunion Reichsforstmeister). Später kamen Kooperationen mit der SS-Wissenschaftseinrichtung Ahnenerbe hinzu. Dieses war an der Entwicklung von B- und C-Waffen beteiligt, aber auch an Malaria-Prävention (Abteilung M des Instituts für wehrwissenschaftliche Zweckforschung). Es wurden Tests mit dem Versprühen von Chemikalien gegen Malaria-Mücken durchgeführt, aber auch mit dem Abwerfen von Kartoffelkäfern, die im Erfolgsfalle britische Ernten zerstören sollten. Als die Einheit aufgelöst werden sollte und ihre 14 Mitarbeiter, v. Borstell und die Spezialflugzeuge an andere Einheiten abgegeben, intervenierten Ahnenerbe-Geschäftsführer Sievers und Kurt Blome mehrfach. Schliesslich regte Sievers an, die Einheit in die Waffen-SS zu übernehmen. Jedoch wurde sie Ende Mai 1944 endgültig aufgelöst.

Niederlage Die Niederlage der Luftwaffe war das Ergebnis eines Abnutzungskrieges. Ein wesentlicher Faktor für die Abnutzung war der Rohstoffmangel (besonders der Mangel an für den Bau von Flugzeugen wichtigem Aluminium), ab Ende 1944 auch der von den alliierten Luftangriffen herbeigeführte Treibstoffmangel. Auch an ausgebildeten Piloten fehlte es. Am 1. März 1944 wurde vom Rüstungsministerium und dem Reichsluftfahrtministerium ein Krisenstab, der sogenannte "Jägerstab" eingerichtet, der mit umfangreichen Vollmachten eine Produktionssteigerung im Flugzeugbau erreichen sollte. Die SS begann mit grossen Bunker- und Stollenbauvorhaben, um die Flugzeugindustrie zum Schutz vor alliierten Luftangriffen unter die Erde zu verlegen (U-Verlagerung). Himmler plante, die Zahl der in der Luftrüstung schon eingesetzten KZ-Häftlinge von 36'000 auf 190'000 zu erhöhen, insbesondere ungarische Juden sollten herangezogen werden. Für die Wachmannschaften der Lager stellte die Luftwaffe ab Mai 1944 als erster Wehrmachtsteil Soldaten ab.

Waffengattungen Fliegertruppe, Tagjäger Die Tagjagdverbände waren zahlenmässig nach den Kampffliegern die zweitstärkste Streitmacht der Fliegertruppe. Als Defensivwaffe stand sie bei der offensiv eingestellten Führung der Luftwaffe im Schatten der Kampfflieger und Sturzkampfflieger. Dies änderte sich erst 1944 unter dem Eindruck der schweren alliierten Luftangriffe.

Noch vor der offiziellen Enttarnung stellte die Luftwaffe am 1. April 1934 das erste Jagdgeschwader auf. Das anfangs noch Jagdgeschwader 132 (JG 132) genannte Geschwader wurde später in JG 2 Richthofen umbenannt.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges standen ungefähr 770 Jagdflugzeuge in acht Jagdgeschwadern bereit. Im Laufe des Krieges wurden weitere zwölf Jagdgeschwader aufgestellt, die aber nicht alle ihre volle Stärke erreichten und sich teilweise nach kurzer Zeit wieder auflösten. Der Höchststand an Jagdflugzeugen mit ungefähr 2500 Stück wurde im Jahre 1944 erreicht.

In den ersten Jahren des Krieges war die Messerschmitt Bf 109 in verschiedenen Versionen der Standardjäger der Tagjagdverbände. Später, ab 1941 kam die Focke-Wulf Fw 190 in verschiedenen Versionen hinzu. Beide Jagdflugzeuge bildeten das Rückgrat der Jägerverbände. Andere wie die Messerschmitt Me 262 kamen erst kurz vor Kriegsende und in geringen Stückzahlen an die Front.

Die Jägerverbände waren an allen Fronten der Luftwaffe eingesetzt, um die Luftherrschaft über dem Einsatzraum zu erkämpfen und zu verteidigen. Dazu streiften die Jäger in freier Jagd über dem Einsatzraum, das heisst, dass einzelne Rotten, Ketten oder Staffeln feindliche Flugzeuge dort bekämpften, wo sie sie antrafen. Häufig schützten die Jäger auch Kampf- oder Sturzkampfverbände, indem sie diese begleiteten. Spätestens ab 1943 mussten starke Verbände im Deutschen Reich stationiert werden, um die Einflüge US-amerikanischer Bomber am Tage zu stören.

Insgesamt gelang es der Jagdwaffe vom 1. September 1939 bis zum 8. Mai 1945 etwa 70'000 feindliche Flugzeuge in der Luft oder am Boden zu zerstören. Auf Seiten der Luftwaffe gingen 38'977 Jagdflugzeuge verloren. Dabei starben 8'500 Flugzeugführer, 2'700 gerieten in Gefangenschaft oder blieben vermisst.

Die erfahrensten und erfolgreichsten deutschen Jagdpiloten wurden im Luftwaffen-Jargon "Experten" genannt. Der erfolgreichste Jagdflieger aller Zeiten war Erich "Bubi" Hartmann mit 352 Luftsiegen, gefolgt von Gerhard Barkhorn mit 301 Luftsiegen (beide Ostfront). Die Abschusszahlen sind nicht miteinander vergleichbar, da es an jeder Front andere Bedingungen gab (Einsatzanzahl und Anzahl von feindlichen Flugzeugen). Insgesamt hatten in der Luftwaffe 104 Jagdflieger 100 oder mehr- und über 5'000 Jagdflieger fünf oder mehr Abschüsse.

Die im Wehrmachtbericht genannten Abschusszahlen waren allerdings nach 1942 oft überhöht, da eine Prüfung der tatsächlichen Erfolge längere Zeit in Anspruch nahm und man versuchte, durch propagandistische Berichte die ständigen Rückzugsbewegungen zu kaschieren. Für genaue Zahlen gibt es bis heute keine zuverlässigen Quellen.

Erster, der 100 Luftsiege erzielte: Werner Mölders Erster, der 150 Luftsiege erzielte: Gordon Gollob Erster, der 200 Luftsiege erzielte: Erster, der 250 Luftsiege erzielte: Erster, der 300 Luftsiege erzielte: Erich Hartmann Erster, der 350 Luftsiege erzielte: Erich Hartmann Die meisten Abschüsse während des Spanischen Bürgerkrieges: Werner Mölders 14 Luftsiege Die meisten Abschüsse an der Ostfront: Erich Hartmann 352 Luftsiege Die meisten Abschüsse an der Westfront: Hans-Joachim Marseille 158 Luftsiege Die meisten Abschüsse mit dem Düsenjäger (Me 262): 25 Luftsiege Die meisten Abschüsse von Bombern (Tagjäger): Herbert Rollwage 102 Luftsiege (davon 44 Bomber) Die meisten Abschüsse von Bombern (Nachtjäger): Heinz-Wolfgang Schnaufer 121 Luftsiege (davon 115 Bomber) Die meisten Abschüsse bei einem Einsatz: Erich Rudorffer 13 Luftsiege Die meisten Abschüsse an einem Tag: Emil Lang 18 Luftsiege Bester Abschuss-Durchschnitt pro Einsatz: Günther Scheel 71 Luftsiege (bei 70 Einsätzen)

Dem gegenüber hatten die Alliierten nichts Vergleichbares aufzuweisen, da bei ihnen (ausser bei der Roten Armee) die Piloten zyklisch ausgetauscht wurden, sodass die Maximalzahl der Feindflüge nicht zu hoch wurde und die erfolgreichsten Piloten langfristig als Ausbilder erhalten blieben. Der hohen Abschusszahl steht eine zunehmende Abnutzung der Piloten der Jagdwaffe durch ununterbrochenen Einsatz an allen Fronten gegenüber. Der erfolgreichste Jagdflieger der Alliierten war Iwan Nikitowitsch Koschedub mit 62 Luftsiegen.

Fliegertruppe, Nachtjäger Obwohl das Konzept der Nachtkampffliegerei schon im Ersten Weltkrieg in Grundzügen aufgestellt worden war, wurde die Taktik der Nachtjagd erneut entwickelt, als die Bomber der Royal Air Force in grosser Zahl von 1940 an bei Nacht industrielle und auch zivile Ziele in Deutschland angriffen. Zu diesem Zeitpunkt gab es in der Luftwaffe zwei Versuchsstaffeln (10./JG 2 und 11./LG 2) der Nachtjagd.

Diese noch mehr experimentellen Einheiten, ausgerüstet mit normalen Bf-109- und Bf-110- Flugzeugen, wurden mit den ansteigenden Luftangriffen im Laufe des Krieges weiter ausgebaut. Ein erbeutetes Nachtjagdflugzeug Messerschmitt Bf 110 G-4 mit einem in der Nase eingebauten "Lichtenstein"-Radarsystem in Farnborough, England, etwa Herbst 1945

Am 22. Juni 1940 wurde in Düsseldorf das mit Hauptmann Wolfgang Falk als Kommodore aufgestellt. Falk war es am 30. April 1940 als Erstem gelungen, in der Nacht mit Hilfe eines Freya-Funkmessgeräts, Koppelnavigation und Sprechfunk einen Bomber zu finden, den er aber nicht abschiessen konnte.

Ab 1940 wurde eine Kette von Freya-Radarstationen, die sogenannte "Kammhuber-Linie" (nach Oberst Josef Kammhuber, später Generaloberst), von Norwegen bis zur Schweizer Grenze aufgestellt. Im niederländischen und belgischen Gebiet, der Haupteinflugrichtung der britischen Bomber, befanden sich 30 Kilometer breite Scheinwerfer-Riegel. Von einem zentralen Leitstand aus wurden nahegelegene Nachtjagdverbände alarmiert, an den Gegner herangeführt und im durch Scheinwerfer erhellten Himmel bekämpft. Dieses Verfahren nannte man die Helle Nachtjagd. Da die Briten versuchten, den Scheinwerfer-Riegel zu umfliegen, wurde dieser ausgeweitet. Alle dazu nötigen Verbände (Nachtjäger, Flugmelde- und Funkmessdienst, Flak, Scheinwerfer) waren in der am 17. Juli 1940 aufgestellten Nachtjagddivision (Oberst Josef Kammhuber) zusammengefasst. Am 20. Juli gelang Oberleutnant Werner Streib im oben genannten Verfahren der erste Nachtjagdabschuss.

Als dann ab Herbst 1940 die neuen Funkmessgeräte Würzburg eingeführt wurden, war auch die Dunkle Nachtjagd möglich, das heisst, die Nachtjäger konnten unabhängig von Scheinwerfern ihre Ziele finden. Dazu wurden sie mit der Messerschmitt Bf 110 und der Junkers Ju 88 mit in der Flugzeugnase eingebauten Lichtenstein-Radarsystem ausgerüstet.

Ende 1940 waren 165 Nachtjagdflugzeuge einsatzbereit. Bis 1942 erhöhte sich dieser Wert auf 370.

Die 1943 eingeführte "Uhu" war einer der technisch besten und erfolgreichsten Nachtjäger der Luftwaffe. Allerdings verhinderte die militärische Führung die rechtzeitige und vor allem ausreichende Produktion und Auslieferung dieses Flugzeugtyps. Die gebauten Stückzahlen dieses Typs waren nicht ausreichend, um die Bomberströme aufzuhalten.

Um die immer wirkungsvoller werdende deutsche Nachtjagd zu stören, begannen alliierte Bomber, zuerst beim Angriff auf Hamburg am 24. Juli 1943, zur Störung der deutschen Funkmessgeräte passend geschnittene Metallstreifen aus den Flugzeugen zu werfen, sogenannte Düppel. Das sind Aluminiumstreifen, engl. chaffs, Codename window. Bis gegen diese Störmassnahmen eine technische Lösung gefunden werden konnte, wurde das Verfahren der Wilden Sau eingeführt. Dabei wurde der Luftraum mittels Flakscheinwerfern erleuchtet, um den eingesetzten einmotorigen Tagjagdflugzeugen ähnliche Sichtbedingungen wie am Tage zu gewähren. Später gelang es den Nachtjägern, durch Einführung anderer Radargeräte in den Flugzeugen wieder konventionell die anfliegenden Bomber zu finden.

Eine wirksame Waffe der Nachtjäger war die 1943 erprobte und ab 1944 serienmässig eingeführte sogenannte "schräge Musik". So bezeichneten die Kampfflieger eine Schnellfeuerkanone, die schräg nach oben schoss. Damit ausgerüstete Nachtjäger unterflogen die feindlichen Verbände und manövrierten im toten Winkel der Bordschützen. Ausgelöst wurde die Waffe entweder manuell oder durch optische Sensoren.

Der erfolgreichste Nachtjäger war Heinz-Wolfgang Schnaufer, der über 120 feindliche Bomber abschoss. Ihm gelang es als einzelnem Piloten, einen britischen Luftangriff auf seine Heimatstadt Stuttgart zu verhindern. Schnaufer schoss den sogenannten "Zeremonienmeister", der für die Zielmarkierung zuständig war, aus dem feindlichen Verband heraus. Ohne diesen mussten die übrigen Bomber ihre Last im sogenannten Notwurf wahllos ins Gelände fallen lassen. Ein weiterer militärisch erfolgreicher Nachtjäger war , der 110 alliierte Flugzeuge abschoss, bis er im Oktober 1944 bei einem Landeunfall starb.

Nahkampfflieger Nahkampfflieger wurden in der Luftwaffe die Sturzkampf-, später Schlachtgeschwader und Nachtschlachtgruppen genannt.

Die Luftwaffe stellte bis Kriegsbeginn insgesamt fünf Sturzkampfgeschwader (Stukageschwader 1, 2, 3, 5, 77) auf, die alle mit der Junkers Ju 87 ausgestattet waren. Hauptaufgabe der Sturzkampfgeschwader war die unmittelbare Unterstützung des Heeres auf dem Schlachtfeld durch Angriffe mit Bomben und Maschinengewehren auf feindliche Truppenansammlungen, Bunker oder Artilleriestellungen. Die Sturzkampfgeschwader waren meist in speziellen Fliegerkorps zusammengefasst und wurden kurzfristig innerhalb der Front an die entsprechenden Schwerpunkte des Erdkampfes verlegt. Bereits in der Luftschlacht um England 1940 zeigte sich, dass die Junkers Ju 87 veraltet war. Trotzdem wurde sie weiterhin in den Geschwadern eingesetzt. Erst im Herbst 1943 begann man, die Sturzkampfgeschwader auf die Focke-Wulf Fw 190 umzurüsten. Sie wurden am 18. Oktober 1943 in Schlachtgeschwader umbenannt. Zusätzlich wurden die Schlachtgeschwader 4, 9 und 10 aufgestellt. Im Schlachtgeschwader 9 waren Panzerjagdstaffeln zusammengefasst worden. Diese seit 1942 an der Ostfront vorhandenen Verbände konnten mit ihren Henschel Hs 129 und Junkers Ju 87 aufgrund der 3,7-cm-Kanonen unter den Tragflächen gegnerische Panzer aus der Luft abschiessen.

Ab November 1942 wurden an der Ostfront sogenannte Störkampfstaffeln und -gruppen aufgestellt, deren Aufgabe es war, zur Nachtzeit an der Front feindliche Truppen anzugreifen. Vorbild waren die seit Kriegsbeginn auf sowjetischer Seite eingesetzten Doppeldeckerflugzeuge U- 2, die zur Nachtzeit deutsche Truppen angriffen. Am 18. Oktober 1943 wurden all diese Verbände zusammengefasst und in Nachtschlachtgruppen umbenannt. Geflogen wurden Flugzeuge, die für den Tageinsatz über der Front veraltet waren (Arado Ar 66, Gotha Go 145, Focke-Wulf Fw 58, Heinkel He 46, Arado Ar 96, Heinkel He 50 u. a.).

Aufklärungsflieger Die Zahl der Aufklärungsflieger war gegenüber den Jagdfliegern und Kampffliegern seit dem Aufbau der Luftwaffe deutlich geringer. Die Luftwaffe unterschied zwischen Fern-, Nah- und Seeaufklärern sowie Wettererkundungsflugzeugen. Deren Hauptaufgabe war die Beobachtung des zugewiesenen Einsatzraumes und das schnelle Weiterleiten relevanter Sichtungen über Funk.

Die Fernaufklärer setzten Luftbildgeräte zum Fotografieren ein. Anhand der Bilder konnten zum Beispiel Angriffe der Kampfflieger vor- oder nachbereitet werden. Auch für die höhere und mittlere Führung in Heer und Luftwaffe waren Aufklärungsergebnisse tief aus dem Hinterland des Gegners wichtig, um operative Entschlüsse fassen zu können. Fernaufklärer waren meist in Staffeln zu zwölf Flugzeugen den Luftflotten direkt unterstellt. Ausgerüstet waren die Fernaufklärer mit der Junkers Ju 290, Dornier Do 215, Heinkel He 111, Dornier Do 17, Junkers Ju 88 und Junkers Ju 188.

Die Aufgabe der Nahaufklärer war es hauptsächlich für das Heer im unmittelbaren Kampfgebiet das Gelände, den Aufmarsch und Kräfteverteilung des Feindes, über Vorbereitung, Verlauf und Abbruch von Kampfhandlungen, sowie über Bewegungen und Anlagen, aufzuklären. Dazu wurden Aufklärungsstaffeln zu je zwölf Flugzeugen gebildet, die den Heeresgruppen, Armeen, Panzerkorps und selbst einzelnen Panzerdivisionen taktisch unterstellt wurden. Geflogen wurden am Anfang die , Messerschmitt Me 110, Donier Do 17, Junkers Ju 88, Focke-Wulf Fw 189 und Junkers Ju 290, später nur einsitzige Flugzeuge.

Die Seeaufklärer gliederten sich in Küstenfliegerstaffeln und -gruppen. Ihre Aufgabe war die Aufklärung der Meere mit mehreren Flugzeugen in sogenannter Fächeraufklärung, um feindliche Flottenverbände oder Konvois aufzuspüren und so lange Fühlung zu halten, bis eigene Luft- oder Seestreitkräfte eingreifen konnten. Oft wurden auch bewaffnete Aufklärungseinsätze geflogen; das heisst, der aufgespürte Konvoi wurde durch das Aufklärungsflugzeug selbst mit Bomben oder Bordwaffen, später auch Torpedos angegriffen. Es wurden zum Teil Flugboote wie die Dornier Do 18, Blohm & Voss BV 138 oder Wasserflugzeuge wie die Heinkel He 60, Heinkel He 115 aber auch Landflugzeuge eingesetzt.

Die genaue Vorhersage des Wetters konnte beträchtlichen Einfluss auf den Verlauf militärischer Operationen haben. Um das Wetter vorhersagen zu können, brauchte man allerdings viele Wetterdaten von verschiedenen Wetterstationen und einen internationalen Austausch darüber. Da dies im Krieg nicht möglich war, stellte die Luftwaffe spezielle Wettererkundungsstaffeln (Wekusta) mit meteorologischem Fachpersonal an Bord auf.

Transportflieger Die Transportflieger waren in Geschwader oder eigenständigen Gruppen zusammengefasst, die zuerst Kampfgeschwader oder Kampfgruppe z. b. V. (zur besonderen Verwendung) hiessen. Später wurden sie in Transportgeschwader 1, 2, 3, 4, und 5 umbenannt. Diese waren zu Beginn des Krieges vornehmlich mit der Junkers Ju 52 ausgestattet. Später kamen in geringeren Stückzahlen Messerschmitt Me 323, Junkers Ju 90 und Junkers Ju 290 hinzu. Eine der Aufgaben der Transportflieger war das Absetzen von Fallschirmjägern oder Luftlandetruppen. Letztere wurden auch mit Lastenseglern, einem speziellen Segelflugzeug wie die (DFS 230 oder die Gotha Go 242), transportiert und diese im Schlepp gezogen. Aufgrund dieser Aufgabe waren Transportflieger in grösseren Rahmen bei der Besetzung Norwegens, der Besetzung der Festung Holland und des belgischen Forts Eben-Emael 1940 beteiligt. Der grösste Einsatz 1941 war die Besetzung der griechischen Insel Kreta aus der Luft. Anfang 1942 musste das Heer im Kessel von Demjansk an der Ostfront vollständig aus der Luft versorgt werden. Die grössten Verluste hatten die Transportflieger bei der Versorgung der eingeschlossenen Soldaten im Kessel von Stalingrad. Innerhalb von zwei Monaten gingen 266 Junkers Ju 52 verloren.

Flakartillerie Die Flak der Luftwaffe (Flak = Flugabwehrkanone) war das Herzstück der Luftverteidigung. Nach der Mobilmachung im Herbst 1939 dienten ungefähr 258.000 Soldaten in 151 gemischten, 23 leichten und drei Eisenbahnflakabteilungen sowie 60 Scheinwerfer- und drei Luftsperr(ballon)abteilungen. Insgesamt waren 5'511 leichte und mittlere und 2362 schwere Flakgeschütze vorhanden. In 499 schweren Batterien waren je vier 10,5-cm-Flak eingesetzt, in 489 Batterien mit der 8,8-cm-Flak ebenfalls. In 73 mittleren Batterien befanden sich je neun 3,7-cm- Flak, während in 296 leichten Batterien nach Sollstärke je zwölf 2-cm-Flak eingesetzt wurden. Dazu kamen noch 177 Batterien mit je neun Flakscheinwerfern und in geringer Zahl diverse andere Einheiten wie Flak-MG- und Eisenbahnflakbatterien. Ebenfalls zur Flakwaffe gehörten die neun Luftsperrbatterien mit ihren Sperrballons zur Behinderung gegnerischer Flugzeuge im eigenen Luftraum. Die meisten dieser Batterien waren in der Heimatluftverteidigung eingesetzt, deshalb ortsfest und nicht motorisiert.

08_50/Horchgerät zur Einweisung der schweren Flak 08_51/Scheinwerfer einer Scheinwerferbatterie

08_52/12,8-cm-Flak auf dem Flakturm am Zoo in 08_53/Funkmessgerät Würzburg in Frankreich Berlin Für den Westfeldzug stellte die Flak zwei selbständige motorisierte Flakkorps mit je zwei bis drei Flakregimentern auf, um die Panzerverbände an den Schwerpunkten des Erdkampfes zu unterstützen. Nachdem die besetzten Gebiete im Norden und Westen ebenfalls gegen Luftangriffe gesichert werden mussten, wurden auch dort Flakbatterien der Luftwaffe eingesetzt. Dabei wurde die Heimatluftverteidigung geschwächt, obwohl in der zweiten Jahreshälfte 1940 die ersten Bombenangriffe der RAF auf deutsche Städte stattfanden. Im Jahre 1940 benötigte die Flakwaffe 8'000 Schuss, um ein Flugzeug abzuschiessen. In den drei Grossstädten Berlin, Hamburg und Wien wurden ab 1940 insgesamt acht Flakturmpaare (je ein Leit- und Gefechtsturm) errichtet, die mit diversen leichten und schweren Geschützen bis hin zu 12,8-cm-Flak bestückt waren.

Im Jahr 1941 wuchs die Flakwaffe wegen des bevorstehenden Angriffs auf die Sowjetunion erneut an. Die schweren Batterien begann man von vier auf sechs Geschütze, die leichten von zwölf auf 15 Geschütze und die Scheinwerferbatterien auf zwölf Scheinwerfer zu vergrössern. Die beiden motorisierten Flakkorps wurden erneut an der Erdfront eingesetzt und waren mit ihren schweren Geschützen oftmals der letzte Rückhalt gegen die schweren Panzerkampfwagen der Roten Armee.

Das Hauptproblem der Flak war 1942 immer noch die mangelhafte elektronische Ortung gegnerischer Flugzeuge und der daraus resultierende hohe Munitionsverbrauch. Ab Juni wurden sogenannte Heimat- und Alarmflakbatterien aufgestellt, die nur aus wenigen Soldaten bestanden und im Angriffsfalle mit Zivilisten, beispielsweise Industriearbeiter des zu schützenden Betriebs, besetzt wurden. Auch durch solche Aushilfsmassnahmen wurde die Flak 1942 weiter verstärkt.

1943 wurde die Anzahl der Flakgeschütze in den schweren Flakbatterien von sechs auf acht erhöht. Die weitere Verstärkung der Flakwaffe stiess personell an ihre Grenzen. Deshalb behalf man sich, indem man sogenannte Flakhelfer einsetzte. Das waren Angehörige der Hitlerjugend, des BDM, des RAD oder Kriegsgefangene, die als sogenannte Hilfswillige eingesetzt wurden. Im November waren zum Beispiel 400'000 Flakhelfer eingesetzt, davon 80'000 Schüler. Durch dieses ungenügend ausgebildete Personal und eine technische Unterlegenheit bei der Flugzeugortung waren Ende 1943 ungefähr 6'500 Schuss der leichten und 4'000 Schuss der schweren Flak für einen Flugzeugabschuss notwendig.

Ab 1944 wurden verstärkt Flakkräfte von der Reichsluftverteidigung an die Erdfronten verlegt, sobald diese sich den deutschen Reichsgrenzen näherten. In der Flugzeugbekämpfung kämpfte die Flak immer noch mit den Störungen der Funkmessgeräte und der zunehmenden Munitionsknappheit. Auch die personelle Situation verschlechterte sich weiter. Bei Kriegsende befanden sich in den Flakbatterien nur noch zehn Prozent ausgebildete Soldaten, der Rest waren Flakhelfer-/innen.

Nach dem Krieg teilten die United States Army Air Forces (USAAF) mit, dass die deutsche Flak 5.400 US-Flugzeuge abgeschossen hatte. An der Ostfront wurden etwa 17.000 gegnerische Flugzeuge durch Flak abgeschossen. Luftnachrichtentruppe Am 1. Dezember 1933 wurde, noch geheim, die damals Fliegerfunkertruppe genannte Luftnachrichtentruppe gegründet. Als Schöpfer, der ab 1. März 1935 auch offiziell Luftnachrichtentruppe genannten Teilstreitkraft gilt Wolfgang Martini, der ab 1944 auch Generalnachrichtenführer der Luftwaffe war. Zu den Aufgaben der Luftnachrichtentruppe gehörte die Erstellung und Unterhaltung von Fernmeldeverbindungen (Funk und Telefon) zwischen allen militärischen Einheiten der Luftwaffe und als Verbindung zum Heer und Kriegsmarine. Weiterhin war sie verantwortlich für die gesamte Luftraumüberwachung (mittels Funkmessverfahren) über dem deutschen Luftraum und in von der Wehrmacht besetzten Ländern. Insbesondere in Deutschland und im besetzten Westeuropa betrieb sie Flugmelde- und Jägerleitdienststellen zur Abwehr der alliierten Bomberangriffe. Auch war sie verantwortlich für die Flugsicherung und Funknavigation der eigenen Flugzeuge. Ein weiteres Betätigungsfeld war die Funkaufklärung des Gegners mittels Funkhorch- und Funkmessaufklärung und daraus resultierende Stör- und Täuschungsmassnahmen.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren in der Luftnachrichtentruppe ungefähr 70'000 Soldaten im Dienst. Dieser Wert erhöhte sich bis zum 20. Mai 1941 auf 243'000 und bis zum Sommer 1944 auf 500'000 Soldaten. Es wurden insbesondere innerhalb Deutschlands, zum Beispiel bei den Jägerleitdienststellen, auch Frauen zum Dienst verpflichtet.

Die Luftnachrichtentruppe besorgte unter anderem die Funkaufklärung der polnischen Luftwaffe zu Beginn des Polenfeldzuges. Nach der Besetzung Norwegens baute sie ein Funknetz für interne und externe Verbindungen auf. Im Funkmessverfahren wurde 1942 der deutsche Kanaldurchbruch unterstützt (durch Störung der britischen Radargeräte) und die alliierte Landung in aufgeklärt. In den besetzten Gebieten der Sowjetunion wurde ein Drahtfernmeldenetz (Drehkreuz- Telegrafenachsen mit Trägerfrequenz und Wechselstromtelegrafie) aufgebaut und betrieben. Bei den Kesseln von Demjansk, Stalingrad oder Tunis und zu besetzten Inseln mussten Richtfunkverbindungen erstellt werden.

Die Waffenfarbe der Luftnachrichtentruppe war Braun.

Erdkampfverbände Fallschirmjäger Ein einzigartiges Merkmal der deutschen Luftwaffe war – im Gegensatz zu anderen unabhängigen Luftstreitkräften – der Besitz einer organischen Elitetruppe von Fallschirmjägern. Sie kam in den Jahren 1940/1941 zum Einsatz, insbesondere bei der Einnahme des belgischen Forts Eben-Emael (Mai 1940) und der Insel Kreta (Unternehmen Merkur, Mai 1941). Jedoch fielen bei dem Einsatz in Kreta mehr als 3'700 von 15'000 eingesetzten Fallschirmjägern. Angesichts dieser Verluste untersagte Hitler den Fallschirmjägereinheiten, zukünftig Grosseinsätze dieser Art durchzuführen. Stattdessen nahmen die Fallschirmjäger an kleineren Spezialeinsätzen teil, wie beispielsweise der Befreiung des gestürzten und gefangen gehaltenen italienischen Diktators im September 1943 (Unternehmen Eiche). Darüber hinaus wurden die Fallschirmjägerverbände vor allem im Erdkampf als Eliteinfanterie eingesetzt. Vor allem wurde die Verteidigung des Klosters von Monte Cassino durch deutsche Fallschirmjäger bekannt.

Fallschirmpanzerkorps Hermann Göring Das Fallschirm-Panzerkorps Hermann Göring wurde am 1. Oktober 1944 mit der Fallschirm- Panzerdivision 1 Hermann Göring und der Fallschirm-Panzergrenadierdivision 2 Hermann Göring gebildet. Vorläufer war die am 25. April 1933 in Berlin aufgestellte Polizeiabteilung z. b. V. Wecke. Diese wurde 1934 zur Landespolizeigruppe General Göring erweitert. Hermann Göring war zu diesem Zeitpunkt Reichskommissar für das preussische Innenministerium und damit oberster Dienstherr der Polizei und Reichskommissar für Luftfahrt. Da Hermann Göring die Landespolizeigruppe mit seinem Namen als seine eigene Haus- und Hoftruppe betrachtete, übernahm er sie zur Luftwaffe, als er zu deren Oberbefehlshaber ernannt wurde. Die nun Regiment General Göring genannte Einheit wurde im Verlauf des Krieges erst zur Brigade und dann zur Division vergrössert. Der Name Fallschirm- wurde erst ab Februar 1944 aus Propagandagründen eingeführt, da ein Sprungeinsatz nicht möglich war.

Luftwaffen-Felddivisionen Aufgrund der militärisch schlechten Lage an der Ostfront und bedingt durch die hohen Personalverluste bereits ab dem Winterkrieg 1941/1942 sollte die Luftwaffe Soldaten an das Heer abgeben. Da sich der Oberbefehlshaber der Luftwaffe Hermann Göring dagegen sträubte, Soldaten abzugeben, wurden stattdessen ab November 1942 überzählige Luftwaffen-Soldaten in eigenen Luftwaffen-Felddivisionen überwiegend an der Erdfront im Osten eingesetzt. Diese infanteristisch unzureichend ausgebildeten Soldaten wurden durch Offiziere der Luftwaffe geführt, die für den Infanterieeinsatz teilweise schlecht geschult waren. Deshalb erlitten sie innerhalb kürzester Zeit hohe Verluste und wurden zum Teil wieder aufgelöst. Die restlichen Luftwaffen-Soldaten wurden zum 1. November 1943 in das Heer überführt und gehörten damit formal nicht mehr zur Luftwaffe. Von den eingesetzten 250'000 Luftwaffen-Soldaten fielen innerhalb eines Jahres ungefähr 90'000 als Gefallene, Verwundete oder Vermisste aus.

Verluste Die Luftwaffe verlor vom 1. September 1939 bis zum 31. Januar 1945 insgesamt 138'596 (davon 9'409 Offiziere) Soldaten als Gefallene, 216'579 (9.367) Soldaten als Verwundete und 156'132 (7'816) Soldaten als Vermisste.

Zu den Totalverlusten zählten Abschüsse durch den Feind, Abstürze ohne Feindeinwirkung an der Front oder während der Ausbildung. Zum Beispiel waren 1942 ungefähr 40 Prozent der Flugzeugtotalverluste ohne Feindeinwirkung.

Royal Air Force (aus Wikipedia)

Royal Air Force (offizielle Abkürzung RAF, inoffiziell auch R. A. F.) ist die Bezeichnung für die Luftstreitkräfte des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland. Die "Royal Air Force" war die erste als selbständige Teilstreitkraft organisierte Luftwaffe der Welt.

08_54/ Jagdflugzeug 08_55/Spitfire MK IIa

Vorläuferorganisationen Die ersten militärisch genutzten Luftfahrzeuge in den "Armed Forces of the Crown", den Streitkräften des Vereinigten Königreichs, unterstanden dem Flugstab des "Corps of Royal Engineers", den Pioniertruppen der "". Diese Einheiten wurden durch königliche Anordnung am 13. April 1912 in das "Royal Flying Corps (RFC)" überführt, welches offiziell die direkte Vorläuferorganisation der späteren "Royal Air Force" darstellt. Am Ende des Jahres 1912 unterstanden dem "Royal Flying Corps" bereits 12 bemannte Ballons und 36 Doppeldecker- Kampfflugzeuge. Zeitgleich stellte die "Royal Navy" im Jahr 1912 unautorisiert ihren eigenen Marinefliegerverband auf, den "Royal Naval Air Service (RNAS)", der erst am 1. Juli 1914, einen knappen Monat vor Beginn des Ersten Weltkrieges, offiziell anerkannt wurde. Beim Eintritt des Vereinigten Königreichs in den Ersten Weltkrieg am 4. August 1914 hatte der "Royal Naval Air Service" mehr Flugzeuge unter seiner Kontrolle als das "Royal Flying Corps". Die "Royal Navy" unterhielt 12 Luftschiffhäfen entlang der britischen Küste vom im Nordosten in Schottland gelegenen Dorf Longside in Aberdeenshire bis zur im Westen gelegenen walisischen Insel Anglesey. Gründung im Ersten Weltkrieg Die Herausforderungen des Ersten Weltkrieges – Grossbritannien hatte unter seiner Zivilbevölkerung durch die Bombenangriffe deutscher Zeppeline und Bombenflugzeuge annähernd 3'500 Tote und viele Verwundete zu beklagen - trugen entscheidend dazu bei, bereits 1916 erste Überlegungen einer Zusammenführung der britischen Heeresflieger des "Royal Flying Corps (RFC)" mit den britischen Marinefliegern im "Royal Naval Air Service (RNAS)" aufkommen zu lassen, um künftig eine wirksame Verteidigung des britischen Luftraums zu gewährleisten. Diese Überlegungen wurden schliesslich am 1. April 1918 mit dem Zusammenschluss beider Fliegerverbände zu einer von Heer und Kriegsmarine unabhängigen Teilstreitkraft, der "Royal Air Force", in die Tat umgesetzt. Damit war die britische "Royal Air Force" die erste als selbstständige Teilstreitkraft organisierte Luftwaffe der Welt. Sie unterstand dem Befehl des "Air Ministry", des britischen Luftfahrtministeriums. Ihr erster militärischer Oberbefehlshaber wurde Hugh Trenchard.

Zwischenkriegszeit (1918–1939) Zwischen dem Ersten Weltkrieg und dem Zweiten Weltkrieg übernahm die RAF auch Transportaufgaben für die Post und beim Gütertransport. Militärisch wurde sie in dieser Zeit für sogenannte Polizeiaufgaben in den britischen Kolonien eingesetzt. So führte die "Royal Air Force" im Jahr 1928 zum ersten Mal eine Evakuierung von Zivilisten aus Afghanistan durch. Organisatorisch gliederte sich die RAF seit 1936 in die Oberkommandos "Fighter Command", "Bomber Command" und "Coastal Command", die 1938 um das "Maintenance Command" erweitert wurden. Zum ersten Oberkommandeur des neu geschaffenen "Fighter Command" wurde Hugh Dowding berufen.

Aufrüstungsplanungen Als 1934 ein künftiger Krieg gegen das Deutsche Reich allmählich in den Bereich der Möglichkeiten kam, formulierte die britische Regierung einen auf fünf Jahre angelegten Plan ("Plan A") zur Erweiterung der britischen Luftstreitkräfte, der die Aufstellung einer starken Streitmacht von Bombern zum Angriff auf Deutschland sowie die Schaffung eines Luftverteidigungssystems zur Abwehr deutscher Luftangriffe vorsah. Dieser Plan wurde in wesentlichen Teilen entsprechend dem ursprünglichen Entwurf umgesetzt. Der Aufbau eines Netzes von Fliegerhorsten in Südengland und die Ausbildung eines Kaders von Piloten und Besatzungen hatten dabei Priorität. Die Ausrüstung der Royal Air Force mit modernen Kampfflugzeugen konnte dagegen erst gegen Ende des Planungszeitraums stattfinden. Das Fehlen einer einsatzbereiten Luftwaffe beeinflusste die britische Politik und wird häufig als einer der Gründe für Chamberlains Appeasement-Politik angesehen. Demgegenüber war sich die Führung des Deutschen Reiches der von seinen aufgerüsteten Streitkräften ausgehenden Drohwirkung bewusst. Das traf im Besonderen auf die neu geschaffene deutsche Luftwaffe zu.

Nachfolger von Viscount Swinton als "Secretary of State for Air" (Luftfahrtminister) wurde im Zuge einer Kabinettsumbildung Kingsley Wood, der das Amt von 1938 bis 1940 innehatte. Kurz nach Amtsantritt gab er bekannt, Grossbritanniens "Air Expansion Scheme" (Luftrüstungsplanung) revolutionieren zu wollen.

Radarentwicklung Nach erfolgreichen Testergebnissen steckte man viel Geld in die britische Radarentwicklung. Bereits im Januar 1936 waren für alle Aspekte der Radarortung (Entfernung, Höhenwinkel und Ortungsrichtung) Lösungen gefunden. Sogar das Prinzip eines Zielfolgeradars konnte am 20. Juni 1939 vor Winston Churchill praktisch demonstriert werden. Im Jahre 1937 begann man, an der Ostküste der britischen Insel eine Kette von 20 Küsten-Radar-Stellungen, die sogenannte Chain Home, zu installieren. Sie arbeitete bei 10 bis 13,5 m Wellenlänge (22 bis 30 MHz), sendete 25 Pulse pro Sekunde mit 200 kW Leistung und hatte eine Reichweite von 200 km. Ab Karfreitag 1939 war diese Radarkette im 24-Stunden-Dauerbetrieb.

Zweiter Weltkrieg (1939–1945) Am 1. September 1939 hatte die Wehrmacht den Überfall auf Polen begonnen. Grossbritannien und Frankreich erklärten dem Deutschen Reich daraufhin nach Ablauf eines Ultimatums am 3. September 1939 gemeinsam den Krieg.

Erst zu Beginn des Zweiten Weltkrieges begann Grossbritannien, seine Flugabwehrkanonen durch neue Modelle zu ersetzen. Das schwedische 40-mm-Bofors-Geschütz erwies hierbei sich als effektive Waffe (Reichweite 4'000 m).

1939 wurde bei den ersten RAF-Angriffen auf deutsche Kriegsschiffe und Marinestützpunkte an der Nordsee deutlich, dass durch Suchradar geführte Jagdflugzeuge der Luftwaffe die Bomber zum Kampf stellen und den Bomberformationen trotz ihrer Abwehrbewaffnung vernichtende Verluste zufügen konnten. Bei einem britischen Luftangriff am 4. September 1939 auf Wilhelmshaven und Brunsbüttel kam es zu einem Luftgefecht; sieben von 24 Bombern des RAF Bomber Command wurden abgeschossen. Beim ersten grossen Einsatz gegen den deutschen Flottenstützpunkt Wilhelmshaven am 18. Dezember 1939 kam es zum Luftgefecht über der Deutschen Bucht; dabei "starb" der Mythos, dass ein massiver Bomberangriff, bei dem sich die Flugzeuge mit ihren Abwehrwaffen gegenseitig deckten, immer "durchkam". Diese Erfahrung liess das britische Luftverteidigungssystem als wesentlich wichtiger erscheinen als man vor dem Krieg erwartet hatte. Bomber erwiesen sich als weniger wirkungsvoll als gedacht. Trotzdem hielten die Briten an der Erwartung fest, dass Bombenangriffe gegen die Zivilbevölkerung kriegsentscheidend sein würden ("morale bombing").

Während des Zweiten Weltkrieges wurde die Kommandostruktur der "Royal Air Force" 1940 um das "Flying Training Command" und 1943 das "Transport Command" erweitert.

Westfeldzug und Unternehmen Seelöwe Als die Wehrmacht am 10. Mai 1940 den Westfeldzug begann, endete der Sitzkrieg. Mitte Mai 1940 flog die RAF ihren ersten Angriff gegen das westliche Deutschland. Ziel war Mönchengladbach.

Seite Mitte Juni 1940 traf die Wehrmacht konkrete Massnahmen für die Umsetzung des "Unternehmens Seelöwe", der geplanten Invasion Grossbritanniens. Diese Operation scheiterte aus mehreren Gründen. Einer der Gründe bestand in der Stärke der Royal Navy. Letztlich musste dieser Plan von deutscher Seite aufgegeben werden.

Nach der Niederlage Frankreichs begann im August 1940 die Luftschlacht um England (""). Die RAF verteidigte erfolgreich den britischen Luftraum gegen die deutsche Luftwaffe und fügte ihr schwere Verluste zu. Die Luftwaffe erreichte weder das Ziel, durch Bombardierungen Friedensverhandlungen herbeizuzwingen, noch konnte sie die Luftherrschaft über einem möglichen Invasionsraum für Bodentruppen im Süden Englands erringen.

Die deutschen Luftangriffe richteten sich in der Endphase der Luftschlacht um England gegen den Grossraum London (""), sowohl gegen die Zivilbevölkerung als auch gegen Produktionseinrichtungen und Hafenanlagen.

In der Nacht vom 27. auf den 28. Februar 1942 gelang den Briten die Kommando-Operation Biting. Sie erbeuteten Teile einer deutschen Radaranlage vom Typ 'Würzburg' und gewannen die wichtige Erkenntnis, dass deren Sendefrequenz nicht verändert werden konnte. Diese Erkenntnis ermöglichte es, die ideale Länge für Stanniolstreifen ("Düppel") zu berechnen. Diese Streifen (in Deutschland bald "Lametta" genannt) warfen britische Flugzeuge bei Angriffen ab. Die Deutschen sahen auf ihren Bildschirmen "Signalwolken" und nicht mehr einzelne Flugzeuge. Diese Infos wären für Flugabwehr und Flak nützlich gewesen. Die Stanniolstreifen retteten tausende Flugzeuge vor dem Abschuss; England hätte nicht die Kapazitäten gehabt, bei einer höheren Abschussquote die Zahl seiner Flugzeuge beizubehalten (= Verluste zeitnah zu ersetzen).

Im April 1943 landete ein Nachtjäger vom Typ Ju 88 C-6 mit einem Bordradar vom neuen Typ Lichtenstein FuG 202 B/C in England. Dadurch gewannen die Briten wertvolle Erkenntnisse über dieses Radar, unter anderem dessen verwendete Wellenlänge (75 cm). Sie warfen alsbald auch 37,5 cm lange Düppel (in England als Window bezeichnet) ab; dies machte das Bordradarsystem für einige entscheidende Wochen im Frühsommer 1943 weitgehend nutzlos.

Bombenangriffe Ab dem Sommer 1942 flogen alliierte Bomberflotten kontinuierlich schwere Angriffe gegen Städte und Industrieanlagen in Deutschland, im vom Deutschen Reich besetzten Europa und in Italien (siehe dazu auch den Artikel Luftkrieg). Die Verteidigung des deutschen Luftraumes schien zunächst möglich (wenn auch schwierig). Das RAF Bomber Command flog in dieser Zeit zumeist Nachtangriffe und versuchte gezielte Bombardements auf die Infrastruktur und Rüstungsindustrie (wobei ihre Trefferquote klein war und nur langsam anstieg). Ab Sommer 1943 begannen Bomberverbände der in Grossbritannien stationierten 8. US-Luftflotte, zusammen mit der RAF unter ihrem Oberkommandierenden Sir Arthur Harris Flächenbombardements durchzuführen (Area Bombing Directive vom Februar 1942). Die Bomberflotte der RAF war nun bis zu 1'000 Flugzeuge stark ("Tausend-Bomber-Angriff"), viele davon schwere viermotorige Bomber. Die deutsche Luftabwehr war – auch aufgrund der Belastungen eines Mehrfrontenkrieges – zunehmend überfordert. Das Bomber Command der RAF stimmte seine Einsätze mit der 8. US-Luftflotte und der später von Italien aus operierenden 15. US-Luftflotte ab. Bis Kriegsende flogen beide Flächenbombardements auf Wohngebiete deutscher Grossstädte, bei denen Brand- und Phosphorbomben gezielt dazu eingesetzt wurden, grosse Brände oder sogar Feuerstürme zu entfachen, um eine möglichst grossflächige und vollständige Zerstörung zu verursachen. Über 20 solcher Angriffe verursachten Feuerstürme, unter anderem in Dresden (1945), Hamburg (1943), Pforzheim, Kassel, Frankfurt, Köln und Würzburg. Das Ziel dieser Aktionen sollte es sein, den Willen der deutschen Bevölkerung zu brechen.

Ob diese Art der Kriegführung ethisch vertretbar oder einen militärischen Nutzen hatte, ist umstritten; dass diese Angriffe unzählige menschlichen Tragödien verursachten und grosses Leid brachten, ist unstrittig. Auch lassen die – international nicht ratifizierten – Haager Luftkriegsregeln sowie die Auslegung einiger Artikel der Haager Landkriegsordnung eine Bewertung dieser unterschiedslosen Flächenbombardements als völkerrechtswidrig zu. Man kann die These vertreten, dass Deutschland mit seinen Luftangriffen einen strategischen Luftkrieg gegen Teile der britischen Zivilbevölkerung führte; die alliierten Flächenbombardements der letzten Kriegsjahre waren jedoch viel umfangreicher, intensiver und zielgerichteter auf die Zivilbevölkerung.

United States Army-Air-Forces (aus Wikipedia)

Die militärische Luftfahrt der Vereinigten Staaten ist seit 1907 mehrmals in den Streitkräften der Vereinigten Staaten neu organisiert worden und ist in ihrer Bedeutung von einem Experiment zum strategischen Primat der amerikanischen Kriegsführung herangewachsen.

08_56/ P-51 Mustang of 361st Fighter Group, 1944 08_57/Boing B17b Fliegende Festung

Luftfahrtabteilung des United States Army Signal Corps Im Januar 1905 erwog das Kriegsministerium, der Vorläufer des heutigen Verteidigungsministeriums ein Angebot, das es von zwei Erfindern aus Dayton, Ohio erhalten hatte, die der Regierung eine Flugmaschine liefern wollten, die schwerer als Luft war. Die Tatsache, dass damals viele bezweifelten, dass die Brüder Wilbur und Orville Wright wirklich ein funktionsfähiges Flugzeug gebaut hatten, ist ein Teil der Luftfahrtgeschichte. Aber das Board of Ordnance and Fortifications, das Komitee, das den Vorschlag der Brüder Wright untersuchte, musste auch noch weitere Tatsachen in Betracht ziehen. Ausserhalb der Science-Fiction war es damals durchaus nicht ganz klar, welche Rolle Luftschiffe, Segelflugzeuge und Flugzeuge in der Kriegsführung spielen würden. Nur Ballons hatten ihren praktischen Wert erwiesen. Das revolutionäre Frankreich hatte 1794 einen Ballon in der Schlacht bei Fleurus eingesetzt. Auch im amerikanischen Bürgerkrieg waren Ballons eingesetzt worden, und das U.S. Army Signal Corps hatte die Aufgabe erhalten, diese zu erwerben und zu bedienen. Allerdings schuf das Signal Corps erst 1892 eine permanente Ballonabteilung, deren Einsatz im Krieg mit Spanien im Jahre 1898 aber nicht sehr erfolgreich war. Vom Ende des Sezessionskrieges bis zum Jahr 1907 hatte das Signal Corps acht Ballons beschafft.

Im Jahre 1898 vergab das Signal Corps den Auftrag zum Bau eines Flugzeugs an Samuel P. Langley, den Sekretär der Smithsonian Institution, doch dessen Erprobung endete am 8. Dezember 1903 mit einem spektakulären Sturz in den Potomac River, nur neun Tage vor dem ersten Flug der Gebrüder Wright. Das Kriegsministerium, das im Jahre 1905 immer noch an diese peinliche Episode dachte, lehnte deshalb das neue Angebot ab.

Am 1. August 1907 gründete James Allen, als Chief Signal Officer of the Army Kommandeur des Signal Corps, auf Anregung seines neuen executive officers in seinem sechsten Memorandum des Jahres eine Aeronautical Division, die die Oberaufsicht über alle Belange der "militärischen Ballonfahrerei, Luftmaschinen und verwandter Subjekte" führen sollte:

"This division will have charge of all matters pertaining to military ballooning, “air machines, and all kindred subjects. All data on hand will be carefully classified and plans perfected for future tests and experiments. The operations of this division are strictly confidential, and no information will be given out by any party except through the Chief Signal Officer of the Army or his authorized representative".

"Diese Abteilung wird für alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit militärischem Ballonfahren, Luftmaschinen und allen verwandten Themen zuständig sein. Alle vorliegenden Daten werden sorgfältig klassifiziert und Pläne für zukünftige Tests und Experimente perfektioniert. Die Operationen dieser Abteilung werden streng vertraulich behandelt und von keiner Partei ausser dem Chief Signal Officer der Armee oder seinem bevollmächtigten Vertreter werden Informationen herausgegeben".

Die Abteilung bestand anfangs aus einem Offizier, Captain Charles deForest Chandler, und zwei Mannschaften. Kurze Zeit später wurde ihr noch der von der Kavallerie kommende 1st Lt. Frank P. Lahm zugeteilt.

Im Juli 1908 kaufte die Aeronautical Division von Ballonpionier Thomas Scott Baldwin ihren ersten Lenkballon, den man in Fort Omaha, Nebraska, zur Schulung von Soldaten einsetzen wollte. Bei Testflügen von Baldwin und Glenn Curtiss konnten alle Spezifikationen bis auf die Geschwindigkeit erfüllt werden und das Luftschiff wurde als Signal Corps Dirigible No. 1 (SC-1) in den Dienst übernommen. Baldwin bildete daraufhin die Leutnante Lahm, Thomas E. Selfridge und Benjamin D. Foulois mit dem Gerät aus. Den ersten Alleinflug von Armeeoffizieren mit SC-1 unternahmen Lahm und Foulois im Mai 1909.

Ihr erstes motorisiertes Flugzeug, das für 25'000 Dollar von den Brüdern Wright gekauft worden war, testete die Abteilung vom 20. August 1908 an in Fort Myer im Bundesstaat Virginia. Am 9. September desselben Jahres verunglückte Lieutenant Selfridge bei einem missglückten Testflug tödlich, während sein Begleiter Orville Wright überlebte. Nach zusätzlichen Experimentalflügen, die zunehmend ohne Komplikationen verliefen, gab die Army dem Flugzeug vom Typ Wright Model A am 2. August 1909 die Bezeichnung Airplane No. 1. Im Haushaltsjahr 1911 wies der Kongress der Vereinigten Staaten dem Signal Corps $ 125'000 zur Beschaffung einer Flugzeugflotte von zehn weiteren Maschinen zu. Gegen Ende des Monats Oktober des Jahres 1912 besass es aber nur neun, da eine der Neuanschaffungen bei einem Unfall zerstört und Airplane No. 1 der Smithsonian Institution übergeben worden war.

Im Jahre 1913 wurden die in Augusta, Georgia, und Palm Beach, Florida, trainierenden Flieger zu Manövern der 2. US-Infanteriedivision bei Galveston, Texas, abkommandiert. Der Chief Signal Officer George P. Scriven wies ihnen wenige Tage vor Beginn der Übungen als Einheit den Namen 1st Provisional Aero Squadron (dt.: "1. provisorische Luftstaffel") zu. Am 8. Dezember 1913 trat die vier Tage zuvor verfügte Umbenennung als 1st Aero Squadron ("1. Luftstaffel") in Kraft. Dieser Verband ist bis zum heutigen Tag unter wechselnden Bezeichnungen im Dienst gewesen und war auch die erste reine Flugeinheit, die im Jahre 1916 gegen Mexiko einen Kampfeinsatz flog. Zum Geschwaderkommandeur bestimmte der Erlass Captain Charles deForest Chandler.

Am 18. Juli 1914 gründete der Kongress im Aviation Service Act (ch. 186, 38 Stat. 514) die Aviation Section, US-Signal Corps. Die Aeronautical Division diente fortan als Vertretung der Aviation Section in Washington, D.C. Das Gesetz erweiterte die Kompetenz auf alle materiellen Angelegenheiten, welche die militärische Luftfahrt betrafen, ebenso wie die Ausbildung aller Offiziere in diesem Bereich.

Erster Weltkrieg Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs im August stellte die 1st Aero Squadron mit einer Sollstärke von 12 Offizieren, 54 Unteroffizieren und Mannschaften sowie sechs Flugzeugen die gesamte taktische Luftstreitkraft der Vereinigten Staaten; sie war daher gegenüber den Luftstreitkräften der europäischen Grossmächte militärisch wertlos. Der Kongress, der bis heute nicht nur das Budget, sondern auch die maximale Grösse des Militärs bis in bestimmte Verbände hinein festlegt, billigte eine eingeschränkte Erweiterung, sodass die Aviation Section im Dezember 1915 aus 44 Offizieren, 224 Unteroffizieren und 23 Flugzeugen bestand. Zu dieser Zeit etablierte sich eine Luftkompanie auf den Philippinen und eine Luftfahrtschule für Offiziere in San Diego, Kalifornien. Die Aviation Section forderte die Heeresführung und den Kongress auf, die Luftstreitkräfte auf 24 Geschwader zu vergrössern. Diese sollten sich mit sieben auf die Regular Army und mit zwölf Geschwadern auf die Nationalgarde verteilen, während die restlichen fünf für die Verteidigung der Küsten vorgesehen waren. Bis zum Frühjahr 1917 setzte man diese die Forderung der Luftfahrtsektion um, auf organisatorischer, personeller und technischer Sollstärke war jedoch weiterhin allein das 1. Luftgeschwader. Daher traf der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Ersten Weltkrieg am 6. April desselben Jahres die militärische Luftfahrt unvorbereitet.

Die Aufteilung der amerikanischen Militärluftfahrt über mehrere Heeresverbände und -institutionen an der Front hinweg erschwerte die Koordination amerikanischer Luftaktivitäten, was zur Gründung übergeordneter Befehlsebenen führte. Einheiten mit ähnlicher Funktion wurden in Gruppen organisiert, von denen die erste die I Corps Observation Group war. Im darauf folgenden Monat bildeten die American Expeditionary Forces (AEF) die erste untergliederte Jagdfliegereinheit und später die erste Gruppe für Tagesbombardements.

In ihrem knapp neunmonatigen Einsatz in der amerikanischen Expeditionsstreitkraft auf Seiten der Triple Entente an der Westfront stellten die letztendlich 740 Luftfahrzeuge der Vereinigten Staaten knapp 10 % der westlichen Luftstreitkräfte. Dabei gingen 150 Bombenangriffe auf die amerikanischen Luftstreitkräfte zurück, die bis zu 160 Meilen hinter die deutschen Linien vordrangen und bei denen sie insgesamt ungefähr 138 t Bombenlast abwarfen. Der Air Service verlor während des Krieges 289 Flugzeuge und 38 Ballons. Dem standen als Abschüsse 756 feindliche Flugzeuge und 76 Ballons gegenüber.

Massive Probleme gab es demgegenüber im Bereich der Produktion. Es gelang nicht, die Flugzeuge der Alliierten an amerikanische Standards anzupassen und die Ersatzteilproduktion war nicht einmal in Ansätzen ausreichend. Da die USA vor allem Personal stellten, es ihnen aber oft an Ausrüstung fehlte, setzte die AEF überall dort, wo ausgebildete Piloten über keine Maschine verfügten, französische Flugzeuge ein. Trotz ehrgeiziger Ziele und grosszügiger Finanzierung gelang es den Vereinigten Staaten nicht, den technischen Vorsprung der europäischen Grossmächte einzuholen.

Am 20. Mai 1918 verfügte US-Präsident Woodrow Wilson daher die Übertragung der Oberaufsicht über die militärische Luftfahrt auf zwei neu gegründete Behörden im Kriegsministerium der Vereinigten Staaten. Das Bureau of Aircraft Production unter der Leitung von John D. Ryan betreute vor allem die Neuanschaffung von Flugzeugen, während die Flugzeugkonstruktion zunächst in den Händen des Militärs verblieb. Demgegenüber ging die Befehlsgewalt auf Generalmajor William L. Kenly in der Division of Military Aeronautics über.

Das Kriegsministerium erkannte diese Behörde am 24. Mai als Air Service of the US Army an. Am 27. August 1918 ernannte Wilson Ryan zum Direktor des Air Service und zum zweiten assistierenden Kriegsminister. Die gängige Praxis der amerikanischen Verteidigungspolitik, nach einem sicheren Kriegsende radikal zu demobilisieren, traf auch die Luftstreitkräfte. Bei Waffenstillstand verfügten sie über 185 fliegende Staffeln, 44 Baueinheiten, 114 Luftwaffenversorgungsstaffeln, 11 Ersatzstaffeln, 86 Ballonkompanien, 6 Ballongruppenhauptquartiere, 15 Baukompanien und 55 Photographensektionen. Bis zum 22. November 1919 war diese Zusammensetzung auf eine Bau-, ein Ersatz-, 22 Luftstaffeln, 32 Ballonkompanien und 15 Photographensektionen gefallen. Im gleichen Zeitraum verringerte sich die Anzahl der Offiziere von 19'189 auf 1'168 Mann. Die übrige Personalstärke fiel von 178'149 auf 8'428 Mann im Frieden.

Zwischenkriegszeit Im Jahre 1920 erliess der Kongress den Army Reorganization-Act, der die Luftstreitkräfte zu einer eigenständigen Waffengattung der Armee erhob. Nunmehr war der Chief of the Air Service automatisch ein Generalmajor, sein Stellvertreter ein Brigadegeneral. Ihm wurde das Kommando über alle luftfahrttechnischen Ausbildungsstätten, Depots und ähnliche Einrichtungen übertragen. Die taktischen Luftschlagkapazitäten der USA wurden darüber hinaus neun regionalen Korpskommandeuren unterstellt. Über das Gros der 1920er hinweg betrug die Offensivkapazität des Air Service eine Jagd-, eine Angriffs- und eine Bombergruppe. Darüber hinaus war jeweils eine Gruppe für die Philippinen, den Panamakanal und für anderweitige Auslandseinsätze vorgesehen.

Zur selben Zeit nahm die Ausbildung in dieser Waffengattung zunehmend Gestalt an. Der Grossteil der Flugausbildung fand in Texas statt. Technische Schulen für Offiziere und Nichtoffiziere waren gleichermassen in Chanute Field, Illinois, angesiedelt. Die Air Service Tactical School zog 1931 vom Langley Field in Virginia zum Maxwell Field in Alabama.

Durch den Air Corps Act benannte der Kongress den United States Army Air Service 1926 in United States Army Air Corps um. Daneben erkannte das Gesetz die zunehmende Bedeutung der militärischen Luftfahrt durch die Schaffung des Amtes eines Staatssekretärs in Kriegsministerium für die Luftwaffe (Assistant Secretary of War for Air) an. Zu diesem Zeitpunkt bestand das Air Corps aus 919 Offizieren und 8'725 Unteroffizieren und Mannschaften. Die Ausrüstung bestand aus knapp 1'000 Fluggeräten, von denen 60 Jäger und 169 Beobachtungsflugzeuge waren.

Im August 1926 zentralisierte das Heer die Pilotenausbildung beim Air Corps Training Center in San Antonio, Texas. Zusätzlich stellte es die Versorgung ihrer Waffengattung durch speziell für die Logistik zuständige Unterabteilung namens Materiel Division, Air Corps auf ein stärkeres Fundament und schuf Synergien. Von Dayton, Ohio, zog es ein Jahr später zum nahe gelegenen Wright Field, welches dadurch zur wichtigsten Versorgungsbasis des Air Corps erhoben wurde.

In dieser Zeit wurden auf vielen Gebieten technische Entwicklungen vorangetrieben, beispielsweise die Luftbetankung und die Erprobung neuer Kampfflugzeuge und Bomber wie dem Martin B-10.

Bis 1932 wuchs das Air Corps auf 1'305 Offiziere, 13'400 Nichtoffiziere (inklusive Kadetten) und 1'709 Luftfahrzeuge an. Ihm gehörten zwei Luftschiff- und zwei Ballongeschwader an. 1935 aktivierte das Heer ein seit 1933 in Vorbereitung befindliches Hauptquartier namens General Headquarters Air Force (GHAF). Es unterstellte die neun Kommandogebiete des Air Corps einer zentralen Instanz. Das Office of the Chief of the Air Corps und das GHAF waren auf derselben Befehlsebene angeordnet und berichteten dem Vertreter des Heeres im Generalstab gleichberechtigt.

Ab 1937 kam die B-17 Flying Fortress zum Einsatz.

US-Präsident Franklin Roosevelt befürchtete zu diesem Zeitpunkt eine Verwicklung der Vereinigten Staaten in den damals auf Europa beschränkten Zweiten Weltkrieg. Vor diesem Hintergrund erkannte er die zunehmende Bedeutung der Luftkriegsführung und setzte sich für eine massive Vergrösserung des Air Corps ein. Nachdem er sich 1938 der politischen Unterstützung seiner engsten Mitarbeiter im Weissen Haus vergewissert hatte, beantragte er beim Kongress am 12. Januar 1939 die Finanzierung eines Programms, das das Air Corps auf 10'000 Fluggeräte vergrössern sollte. Hiervon sollten 7'500 Kampfflugzeuge sein. Dies stellte eine weitere Steigerung gegenüber der ursprünglichen Planung von 7'000 Fluggeräten dar. Der Kongress bewilligte der Luftmacht ein Budget von $ 300 Mio., jedoch unter besonderem Verweis darauf, dass die Anzahl der Flugzeuge insgesamt nicht 6'000 überschreiten dürfe.

Zweiter Weltkrieg Nach Kriegsausbruch lockerte sich die kritische Haltung des Kongresses derart, dass das Air Corps nun fast reibungslos alles erhielt, was es beantragte. Unter dem Eindruck der deutschen Blitzkriegsstrategie forderten Kommandeure der militärischen Luftfahrt 54 kampffähige Gruppen. Der Kongress übertrumpfte dies mit seiner Bewilligung von Mitteln für 84 Kampfformationen mit 7'800 Flugzeugen und 400'000 Mann Personal bis zum 30. Juni 1942. Bis zum Ende des Krieges schwoll das Air Corps von 26'500 Mann und 2'200 Flugzeugen im Jahre 1939 auf 2'253'000 Männer und Frauen sowie 63'715 Flugzeuge an. Bereits seit 1939 baute das Kriegsministerium die Basen und ausbildenden Institutionen für die Luftstreitkräfte vor allem in Übersee massiv aus.

Ebenso waren die ersten Kriegsjahre trotz einer vorläufigen Zurückhaltung der USA von hektischen Organisationsmassnahmen geprägt. Am 19. November 1940 wurde das General Headquarters Air Force der Befehlsgewalt des Chief of the Air Corps entzogen und dem Kommandeur der Army Field Forces zugewiesen. Am 20. Juni 1941 gründete der damals amtierende Vertreter des Heeres im Generalstab, George C. Marshall, die United States Army Air Forces, um sowohl das Air Corps als auch das Air Force Combat Command angesichts ihres massiven Wachstums unter geeigneter militärischer Oberaufsicht zu halten.

In der ersten Hälfte des Jahres 1941 leitete das Kriegsministerium eine Reihe von Massnahmen ein, um auch für Institutionen, die nicht direkt am Kampfgeschehen teilnahmen, eine Hierarchie zu schaffen. Hieraus ging auch das Flying Training Command hervor, welches neue Ausbildungsprogramme sowohl für Bodencrews als auch für technisches Personal entwickeln, zuweisen und koordinieren sollte. Im nächsten Jahr übernahm es darüber hinaus die Verantwortlichkeit für die Pilotenausbildung. Das Mitte 1942 aufgestellte Air Corps Ferrying Command steuerte die Zuteilung von Flugzeugen und Piloten an die anderen Alliierten. Mit zunehmender Expansion wurde es dem Air Transport Command zugewiesen.

Gleichermassen wurde eine Kommandostelle nötig, um die Versorgung und Wartung der Luftstreitkräfte zu dirigieren. Dies geschah im Air Corps Maintenance Command, welches dem Air Corps Materiel Division zugewiesen wurde. Die Materiel Division konzentrierte sich im Folgenden auf die Beschaffungspolitik und die Entwicklung neuer Technologien.

Eine grössere Strukturmassnahme leitete das Kriegsministerium am 9. März 1942 ein, indem es drei voneinander unabhängige Heereskommandos schuf: Army Ground Forces, Services of Supply (ab 1943 unter dem Namen Army Service Forces), und Army Air Forces. Obwohl dieser Schritt für sich allein administrativer Natur war, signalisierte er neben anderen die wachsende Bedeutung der Heeresfliegerei, die durch die diversen Strukturmassnahmen auf Kommando- und Ministerialebene zusätzlich auch in der Hierarchie der Waffengattungen aufstieg. Steckte die militärische Fliegerei am Anfang des Zweiten Weltkrieges noch immer in den Kinderschuhen, war sie bei dessen Ende eine der wichtigsten militärischen Waffengattungen und Organisationen mit unzähligen Geschwadern, Korps, Kommandos und zugewiesenen Truppenteilen und mit mehreren Millionen Mann herangewachsen. Diese hatte im Luftkrieg entscheidend zum Sieg der Alliierten über die Achsenmächte beigetragen.

Für die Luftstreitkräfte eingesetzt hatte sich vor allem der Luftfahrtpionier und General Henry H. Arnold, unter dessen Führung von 1941 – 1945 die Bandbreite der Flugzeugtypen stetig gestiegen war und die USAAF so ihrem Aufgabenprofil anpasste. Unter diesen Typen befanden sich so bekannte Modelle wie das Transportflugzeug C-47 Skytrain, das vielseitige Jagdflugzeug P-51 Mustang, der robuste Bomber B-17 Flying Fortress und der Langstreckenbomber B-29 Superfortress. Mit diesem Modell führten die USA die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki 6. und 9. August 1945 durch.

Luftstreitkräfte der Sowjetunion (aus Wikipedia)

Die Luftstreitkräfte der Sowjetunion (russisch Военно-воздушные силы СССР, transkribiert: Wojenno-wosduschnye sily SSSR, kurz WWS) waren eine Teilstreitkraft der Sowjetarmee.

Die Luftstreitkräfte bestanden von 1918 bis 1991. Sie gingen aus der zaristischen Fliegertruppe hervor und wurden nach der Auflösung der Sowjetunion auf die Nachfolgestaaten aufgeteilt.

Geschichte Die Anfänge 1917 Russland verfügte bei Beginn der Oktoberrevolution über einen Flugzeugpark von insgesamt 1'109 Militärmaschinen. Die meisten dieser Flugzeuge waren ebenso wie die dazugehörigen Motoren vor und während des Ersten Weltkrieges in Grossbritannien und Frankreich erworben oder in Lizenz nachgebaut worden. Von den Eigenentwicklungen erlangten nur die berühmte Ilja Muromez sowie die einmotorigen Muster Anatra D, Anatra DS und Lebedj-12 die Serienreife.

Bereits kurz nach dem Umsturz begann ein neugebildetes Kollegium mit der Erfassung der vorhandenen Ressourcen und der Auflistung der zur Verfügung stehenden Flugzeuge, Triebwerke und Produktionsstätten. Am 10. November 1917 wurde die erste Abteilung der revolutionären Fliegerkräfte gebildet.

Zur Ausbildung der Piloten gründete man zehn neue Fliegerschulen sowie 1919 das Fliegertechnikum Moskau, aus dem 1920 das Ingenieursinstitut der Roten Luftflotte sowie 1922 die Akademie der Luftflotte, die heutige Militärakademie für Ingenieure der Luftstreitkräfte, hervorgingen.

Mitte 1918 wurden von den Bolschewiki die Luftstreitkräfte der Roten Armee in Fliegerabteilungen gegliedert, die der im Mai gegründeten Hauptverwaltung der Roten Arbeiter- und Bauernluftflotte unterstanden. Eine Fliegerabteilung bestand aus sechs Flugzeugen mit 113 Angehörigen und verfügte über einen Fuhrpark von vier Kraftfahrzeugen und sechs Pferdegespannen. Waren es anfangs erst neun dieser Abteilungen, so wuchs ihre Zahl bis Dezember 1920 auf 65 Land- sowie 18 Marineabteilungen.

Diese neuformierten sowjetischen Fliegerkräfte übernahmen einen Grossteil des Flugzeugbestands des alten Russland, der sich, wie oben angedeutet, aus einem Sammelsurium der verschiedensten Typen zusammensetzte. Als Jagdflugzeuge verfügbar waren beispielsweise 307 französische Nieuports der Versionen X bis XXIV und einige SPAD S.VII, britische Sopwith Triplane, RAF S.E.5 und Vickers F.B.19 sowie einige erbeutete deutsche Fokker D.VII Doppeldecker.

Im Verlauf des Bürgerkriegs fand auch eine Intervention westlicher Staaten und Japans gegen Sowjetrussland statt. Es konnten etwa 150 weitere Flugzeuge erbeutet und in den Bestand aufgenommen werden. Insbesondere die 15 einsatzbereiten Ilja Muromez, die in einer speziellen Bomberabteilung zusammengefasst worden waren sowie die französische Breguet 14 bewährten sich in diesem Konflikt bei Bombenangriffen gegen die Reiterarmeen der Weissgardisten von General Mamontow gut, die Hauptaufgabe der Fliegerkräfte beschränkte sich jedoch aufgrund der fehlenden Mittel meistens auf Aufklärungsaufgaben. Die Konsequenzen, die die Regierung deshalb aus diesem Bürgerkrieg unter anderem zog, bestanden im Aufbau einer starken Luftflotte. In den Jahren 1921–1928 wurden aus diesem Grund unter grossen Anstrengungen neue Flugzeugwerke errichtet, sowie Schulen und Forschungseinrichtungen gebaut, um die Entwicklung und Produktion auf diesem Gebiet schnell voranzutreiben.

Erste eigene Typen – die zwanziger Jahre Am 1. Dezember 1918 wurde vom Vater der russischen Luftfahrt, Nikolai Schukowski mit der Gründung des Zentralen Aerohydrodynamischen Instituts (ZAGI) der Grundstein der Forschung gelegt, auf den sich die sowjetische Luft- und Raumfahrt in den kommenden Jahrzehnten stützte. Im ZAGI wurden neue Flugzeugtypen entwickelt und getestet sowie aerodynamische Gegebenheiten erforscht. Zu diesem Zweck wurde auch ein grosser Windkanal errichtet, in dem das Flugverhalten von kompletten Flugzeugen beobachtet werden konnte.

Eine Zeit lang stützte sich die Sowjetunion jedoch noch auf den Einkauf von Flugzeugen im Ausland. 1922 waren 90 % aller neuen Militärmaschinen als Import in die UdSSR gelangt. So ist es nicht verwunderlich, dass der erste Typ aus sowjetischer Produktion, die R-1, ein Nachbau der britischen de Havilland D.H.4 war, dessen Herstellung von Nikolai Polikarpow auf die einheimischen Produktionsmöglichkeiten zugeschnitten worden war. Noch 1926 kaufte die Sowjetunion zur Ausbildung von Bomberpiloten veraltete französische Farman Goliath- Doppeldecker, die auch als Absetzflugzeuge, für die sich formierenden Fallschirmjägereinheiten genutzt wurden.

Am meisten zu schaffen machte den sowjetischen Luftstreitkräften jedoch der Mangel an geeigneten Motoren. Sämtliche Flugzeugantriebe mussten importiert oder in Lizenz produziert werden. Beispielsweise waren die beiden leistungsfähigsten Triebwerke, die die sowjetische Industrie produzierte, der M-17 und der M-22, Nachbauten des deutschen BMW VI und des französischen Gnôme-Rhône Jupiter.

Diese Situation änderte sich erst im Dezember 1930 mit der Gründung des Zentralinstituts für Flugzeugmotorenbau (ZIAM). Alexander Mikulin, der schon seit 1'923 Flugzeugmotoren baute, entwickelte dort ab 1930 das erste leistungsfähige sowjetische Flugzeugtriebwerk, den wassergekühlten 12-Zylinder-V-Motor M-34. Ein weiterer Mitarbeiter, der später durch seine Motoren bekannt wurde, war Wladimir Klimow.

Ende 1924 wurden die sowjetischen Luftstreitkräfte erneut umstrukturiert. Die bestehenden Fliegerabteilungen löste man auf und fasste die Flugzeuge in den ihren Aufgaben entsprechenden Staffeln zusammen. Gebildet wurden Jagd-, Aufklärungs-, Schlachtflieger- und leichte Bomberstaffeln. Eine Staffel bestand aus drei Unterabteilungen zu je 18 Flugzeugen. Bis 1928 erhöhte sich die Einsatzstärke der Staffeln um das Doppelte. 08_58/ Die Po-2, eines der meistgebauten Flugzeuge überhaupt (40'000 Exemplare)

Bei der Konstruktion von Flugbooten zeigte sich seit dem Ersten Weltkrieg Dmitri Grigorowitsch führend. Seine beiden Konstruktionen M-5 und M-9 bildeten das Rückgrat bei den Bordflugzeugen der sowjetischen Seekriegsflotte.Mitte der 1920er Jahre erschienen dann die ersten leistungsfähigen Eigenkonstruktionen, die auch im Ausland Beachtung fanden. Richtungsweisend hierzu war das von Andrej Tupolew entwickelte erste freitragende Ganzmetall-Bombenflugzeug der Welt, die TB-1. Jagdflugzeuge dieser Periode waren unter anderem die Doppeldecker Grigorowitsch I-2 und Polikarpow I-3, welche in mehr oder weniger bedeutenden Stückzahlen den Luftstreitkräften zur Verfügung gestellt werden konnten.

Die Entwicklung, die mit der Polikarpow R-1 ihren Anfang genommen hatte, nämlich die Produktion von leichten einmotorigen Mehrzweckmaschinen, wurde mit der Tupolew R-3 fortgesetzt. Sie gipfelte in den 1930er Jahren in den Massenweise gefertigten Typen Polikarpow R-5 und Polikarpow Po-2 und kennzeichnet die damalige Produktionsweise der sowjetischen Industrie: Kleine, ohne grossen Aufwand herzustellende Typen, die im Bedarfsfall variabel als Aufklärer, Bomber, Verbindungsflieger und anderes einsetzbar waren. Spezielle Typen wie der Bomber TB-1 blieben dagegen deutlich in der Minderzahl. 1929 stellte dieser nur 5 % der Flugzeuge der sowjetischen Luftflotte, die einmotorigen Aufklärungsflugzeuge dagegen 80 %.

Die dreissiger Jahre Mit dem allmählichen Erstarken der sowjetischen Wirtschaft änderte sich auch das Kräfteverhältnis in den sowjetischen Luftstreitkräften. Die ausländischen Typen waren verschwunden und eigene Triebwerke standen nun in genügendem Mass zur Verfügung. Mit dem PW-1 und dem DA waren bereits in den vorhergehenden Jahren zwei Flugzeug-Maschinengewehre entwickelt worden, die nun durch so leistungsstarke Waffen wie das SchKAS-MG abgelöst wurden.

Hatten die Aufklärer bisher das Bild der Luftstreitkräfte dominiert, so waren nun 43 % aller sowjetischen Militärmaschinen Jagdflugzeuge, bei Beginn des Grossen Vaterländischen Krieges sogar 53,4 %.

Im Juli 1929 wurde vom Zentralkomitee der KPdSU ein Beschluss herausgegeben, der die Entwicklung neuer und besserer Flugzeuge vorsah. 1930 wurde aus diesem Grunde das Zentrale Konstruktionsbüro (ZKB) gegründet, in welchem ab 1932 auf bestimmte Flugzeugtypen spezialisierte Konstruktionsteams arbeiteten. Es gab Entwicklungsgruppen für Jäger, Fernbomber, Aufklärer, Seeflugzeuge, Drehflügler, Fahrwerke, Flugzeugwaffen und Luftschrauben. Das ZAGI war ähnlich organisiert.

08_59/ Polikarpow I-16, Jagdflugzeug der dreissiger 08_60/ Yak-3 Jakowlew - Sowjetisches Jagdflugzeug Jahre

Aufgrund dieser Spezialisierung entstanden leistungsfähige Typen, die den Anschluss an die technologische Weltspitze brachten, so die Jagdflugzeuge Polikarpow I-15, I-16 oder der schwere Bomber Tupolew TB-3.

1932 wurden die sowjetischen Luftstreitkräfte eine eigenständige Waffengattung und man legte Wert auf einen verstärkten Aufbau von Jagdflugzeug- und Bomberstaffeln. Der Anteil, der bis dahin dominanten Aufklärer verringerte sich aufgrund dieser Massnahme drastisch (nur noch 31 %), die Jäger und Bomber dagegen machten ab 1932/33 den Grossteil aller Militärflugzeuge aus.

1940 wurden die Luftstreitkräfte erneut umstrukturiert. Die Brigaden wurden durch Divisionen ersetzt, die in Regimenter unterteilt waren. Ein Jägerregiment bestand aus vier Staffeln mit 60 Flugzeugen, ein Bomberregiment aus fünf Staffeln zu entweder 60 mittleren oder 40 schweren Bombern. In der Regel bildeten zwei Jagdflieger-, zwei Bomber- und ein Schlachtfliegerregiment zusammen eine gemischte Fliegerdivision. Die schweren Bomberverbände gliederte man in ein Korps, aus dem am 5. März 1942 die Fernfliegerkräfte ADD (Awiazija Dalnewo Deistwija) gebildet wurden. Mit dem schweren Bomber TB-3 war nun auch die Möglichkeit vorhanden, den Aufbau der Luftlandetruppen voranzutreiben. Es wurden deshalb die Absetzversuche, die schon seit 1930 mit Farman Goliath durchgeführt wurden, perfektioniert und ab 1932 entstanden die ersten Luftlandeabteilungen. Im Manöver im Kiewer Militärbezirk 1935 wurden erstmals Luftlandetruppen in Regimentsstärke eingesetzt und die sowjetische Doktrin der tiefen Operation praktisch geprobt. 1939 verfügte die sowjetische Armee über sechs Luftlandebrigaden, deren Zahl bis 1940 verdoppelt wurde.

Bereits zum Anfang der 30er Jahre wurden Manöver durchgeführt, in denen man das Zusammenwirken zwischen Luft- und Bodentruppen testete, eine Doktrin, die während des Zweiten Weltkrieges erfolgreich angewendet werden und auf die sich die Rote Armee bis zum Zerfall der Sowjetunion stützen sollte.

Im maritimen Bereich setzte sich ebenfalls die Spezialisierung von Flugzeugen auf zugeschnittene Aufgaben durch. Die Flugboote und Seeflugzeuge von Georgi Berijew, speziell die MBR-2, erzielten im Gegensatz zu den veralteten Grigorowitsch-Konstruktionen bemerkenswerte Flugleistungen. Der Grossteil des Flugzeugparks bestand aus landgestützten Maschinen. Die Seeflieger, bis dato Teilstreitkräfte der Luftstreitkräfte, wurden ab 1935 Bestandteil der Seekriegsflotte unter der Bezeichnung Wojenno-wosduschnije silij-wojenno-morskoij flot (WWS-WMF).

Der Spanische Bürgerkrieg Im Juli 1936 brach der Spanische Bürgerkrieg aus und Deutschland und Italien nutzten diesen Konflikt dazu, um im Rahmen von Hilfsleistungen an die Putschisten unter General Franco ihre neuesten Waffentechnologien zu testen. Die Sowjetunion sandte der republikanischen Regierung ebenfalls Waffenhilfe, unter anderem auch Flugzeuge.

In der Anfangsphase der Luftkämpfe konnten sich die eingesetzten I-15 und I-16 Jagdflugzeuge noch gut gegen die deutschen und italienischen Fiat CR.32 behaupten. Als aber die modernen Messerschmitt Bf 109 Jäger erschienen, zeigte es sich, dass die sowjetische Technologie nicht mehr mit der neuesten Entwicklung Schritt halten konnte. Das zweimotorige Bombenflugzeug SB-2, bei seinem Erscheinen 1935 schneller als alle Jagdflugzeuge jener Zeit, konnte seinen Geschwindigkeitsvorteil bei der schnelleren Bf 109 nicht zum Tragen bringen und erlitt empfindliche Verluste.

Diesen Erfahrungen Rechnung tragend wurden durch das Zentralkomitee der KPdSU im September 1939 die Gründung neuer Konstruktionsbüros beschlossen. Von 1938 bis 1941 entstanden deshalb unter anderem die OKBs Mikojan-Gurewitsch, Petljakow, Lawotschkin und Suchoi sowie zusätzlich neun Flugzeug- und sieben Motorenwerke. So konnte noch bis zum Beginn des Grossen Vaterländischen Krieges damit begonnen werden, moderne Typen wie die Jäger MiG-3, LaGG-3 und Jak-1 sowie die Bomber Pe-2, Il-2 und Su-2 zu erproben und in die Serienproduktion zu überführen.

Zweiter Weltkrieg Der Überfall auf die Sowjetunion traf die Luftstreitkräfte unvorbereitet inmitten dieser wichtigen Umstrukturierungsphase. Die Regimenter bestanden grösstenteils aus veralteten Flugzeugen. Etwa 80 % der Jagdstaffeln stellten die Modelle I-15, I-16 und I-153. Bei den Bombern waren 47 % SB-2 und 34 % DB-3/Il-4. Durch die Bombardierung von Flugplätzen gelang es der deutschen Luftwaffe, einen Teil der Flugzeuge am Boden zu zerstören. Durch eine erhöhte Produktion von Maschinen in den vom Krieg nicht betroffenen Landesteilen konnten die Verluste aber schnell kompensiert werden.

Um der Gefahr von Bombenangriffen zu entgehen und um sie dem Zugriff der vorrückenden deutschen Wehrmacht zu entziehen, mussten bis Ende 1941 etwa 1.300 Betriebe nach Osten bis hinter den Ural evakuiert werden, was eine ungeheure logistische Leistung darstellte. Bei dieser Aktion wurden komplette Werke samt ihrer Belegschaft auf Züge, LKWs und teilweise auch auf Lastkähne geladen und abtransportiert. Unter extremen Bedingungen – der russische Winter war hereingebrochen und die Versorgungssituation der Werkarbeiter war ungenügend – wurden die Betriebe in den Tiefen des Landes wieder errichtet. Teilweise wurden die Flugzeuge in erst halb fertiggestellten Werkshallen unter freiem Himmel produziert. Nach einem aus dieser Verlagerung resultierenden Produktionseinbruch im Dezember 1941 stieg die Flugzeugproduktion der Sowjetunion ab da bis zum Kriegsende stetig an. Beherrschte die deutsche Luftwaffe zu Beginn des Feldzuges mit den Jägern Bf 109 und Fw 190 uneingeschränkt den Luftraum, so drehte sich dieser Vorteil ab 1943 in Richtung Sowjetunion. Die evakuierten Werke steigerten ihren Produktionausstoss ständig und die neuen Typen La-5, La-7 sowie Jak-9 und Jak-3 waren den deutschen Typen ebenbürtig, wenn in einigen Belangen nicht gar überlegen. Durch das grosse Potenzial an Menschen konnten die Verluste an fliegendem Personal problemlos ausgeglichen werden, während die Deutschen an chronischem Personalmangel litten. Auch die Bewaffnung konnte durch den Übergang vom Maschinengewehr zur grosskalibrigen Maschinenkanone, insbesondere der 20-mm-SchWAK und 23-mm-WJa, verbessert werden.

Im Gegensatz zu anderen Luftstreitkräften im Zweiten Weltkrieg flogen in der Sowjetunion auch Frauen Kampfeinsätze. 1942 bestanden drei Regimenter ausschliesslich aus Pilotinnen. Berühmt wurde etwa das 588. Nachtbomberregiment, in dem die Fliegerinnen Doppeldecker des Typs Po-2 flogen und sich selbst Nachthexen nannten. Von 29 Pilotinnen, die die Auszeichnung Held der Sowjetunion erhielten, zählten 23 zu den Nachthexen. Insgesamt erhielten während des Krieges 2'420 Angehörige des fliegenden Personals diese höchste Auszeichnung der Sowjetunion, 65 wurde sie zweimal verliehen, die Piloten Iwan Koschedub und Alexander Pokryschkin erhielten sie dreimal.

Eine neue Taktik der Sowjetunion war das Bilden von grossen gemischten Flugzeugverbänden, sogenannten Luftarmeen mit bis zu 1'000, später bis zu 1'500 Flugzeugen. Jede Luftarmee war einer Front (sowjetisches Pendant zur deutschen Heeresgruppe) zugeteilt, deren Oberbefehlshaber sie unterstand. Dadurch konnte ein enges Zusammenwirken von Land- und Luftstreitkräften gewährleistet werden. Auch verlagerte man den Schwerpunkt der Bomberproduktion in Richtung der Schlachtflieger, die eine taktisch sehr wirkungsvolle Waffe darstellten. Insbesondere die Il-2 sowie deren Nachfolger Il-10 erwiesen sich im Zusammenspiel mit den Bodentruppen als äusserst effektiv. Insgesamt wurden von diesen beiden Typen etwa 40'000 Exemplare hergestellt. Die Gesamtzahl aller während des Krieges produzierten Flugzeuge lag bei 136'800 Stück, 62'500 davon waren Jagdflugzeuge.

Bis zum Ende des Krieges flogen die sowjetischen Luftstreitkräfte rund 3 Millionen Einsätze und waren nach dem Heer die zweitgrösste Teilstreitmacht der Roten Armee.

Geschichte der italienischen Luftstreitkräfte (aus Wikipedia)

Die Geschichte der italienischen Luftstreitkräfte beginnt 1884 mit der Erprobung von Fesselballonen in Rom. Dort wurden 1910 auch die ersten Flugzeuge in Dienst gestellt und noch in jenem Jahr zu einem selbständigen Pionier-Bataillon zusammengefasst. Der weitere Ausbau führte 1915 zur Gründung des Corpo Aeronautico Militare. Zusammen mit den 1913 aufgestellten Marinefliegern nahm es am Ersten Weltkrieg teil, auch in Frankreich, auf dem Balkan und in Nordafrika.

Aus den Luftstreitkräften von Heer und Marine ging 1923 die „Königliche Luftwaffe“ Italiens hervor (). In den Jahren danach stellte sie zahlreiche fliegerische Rekorde auf, deren internationale Beachtung für die faschistische Propagandapolitik Vorrang vor militärischen Erwägungen hatte. Die seit 1922 geführten Kolonialkriege in Nord- und Ostafrika, die Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg und der damit einhergehende Verschleiss, mangelnde Anstrengungen bei der Modernisierung des Flugzeugbestandes und die Fixierung auf nebensächliche internationale Wettbewerbe bewirkten, dass die Regia Aeronautica Ende der 1930er Jahre den Anschluss an die technische und operative Entwicklung der Luftstreitkräfte anderer Grossmächte verlor. Der von Benito Mussolini entschiedene Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg zwang die Regia Aeronautica in einen technisch oft ungleichen Kampf. Ihre Geschichte blieb nach dem Krieg trotz Diktatur und Niederlage lebendig, auch weil die italienische Luftwaffe mit Abschaffung der Monarchie nur ihren Namen in Aeronautica Militare änderte und es zu keinem historischen Bruch kam. Dank amerikanischer Militärhilfe erholten sich die italienischen Streitkräfte und damit auch die Luftwaffe schnell von dem desaströsen Krieg und gliederten sich als Partner in die NATO ein. Die Aeronautica Militare beteiligte sich in der Folge zusammen mit der italienischen Industrie an verschiedenen internationalen Rüstungsprojekten, die im Lauf der Zeit trotz finanzieller Engpässe eine angemessene Modernisierung der Ausrüstung ermöglichten. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat die Aeronautica Militare Beiträge zu verschiedenen internationalen Militäreinsätzen im Ausland geleistet.

Fliegertruppen von Heer und Marine Anfänge Das militärische Luftfahrtwesen begann in Italien im Jahr 1884 beim 3. Pionierregiment in der Festung Forte Tiburtino bei Rom, das unter der Bezeichnung „Servizio Aeronautico“ unter dem Kommando von Tenente (Leutnant) Alessandro Pecori Giraldi eine Spezialeinheit mit den beiden 550 m³-Fesselballons "Africo" und "Torricelli" aufbaute.

Am 23. Juni 1887 wurde die erste Luftschifferkompanie aufgestellt. Der Kompaniechef war Capitano (Hauptmann) Alessandro Pecori Giraldi, gleichzeitig der erste italienische Fesselballonführer. Die erste Bewährungsprobe legte die Kompanie im Kolonialkrieg 1887–1888 in Eritrea ab, wo drei Ballons zur Gefechtsfeldaufklärung eingesetzt wurden.

1894 wurde die Kompanie zu einer Abteilung („Brigata“) umgegliedert. Am 11. Juni 1894 stiegen Hauptmann Maurizio Mario Moris und sein Kamerad, Leutnant Cesare del Fabbro, auf den Prati di Castello in Rom erstmals mit einem Freiballon auf, den Moris nach Plänen von del Fabbro auf seine eigenen Kosten hatte herstellen lassen. 1904 beauftragte Hauptmann Moris die Leutnante Gaetano Arturo Crocco und Ottavio Ricaldoni, sich mit dem militärischen Einsatz von lenkbaren Luftschiffen zu befassen. Sie unternahmen in den Militäreinrichtungen in Cavour bei Rom erste Versuche mit Flugmodellen.

Das erste von den Hauptleuten Gaetano Arturo Crocco und Ottavio Ricaldoni konstruierte Luftschiff “Crocco-Ricaldoni N° 1” startete am 3. Oktober 1908 zum Jungfernflug.

1909 begann Moris, sich auch der neuen Flugzeugtechnik zuzuwenden. Er erwirkte einen Besuch des amerikanischen Luftfahrtpioniers Wilbur Wright, der am 15. April 1909 auf dem Wiesengelände in Centocelle bei Rom eintraf. Er führte in den folgenden Tagen 67 Flüge durch und beförderte dabei insgesamt 19 Passagiere.

Hier entstand im Januar 1910 vorläufig auch der erste Flugplatz und die erste Flugschule Italiens; sie bildete neben Militärpiloten auch Zivilpiloten aus. Die militärischen Einrichtungen wurden bald darauf aufgegeben und stattdessen zwei neue in Aviano (Udine) und Cascina Malpensa (Varese) eingerichtet.

Die Fliegertruppe wurde am 28. Oktober 1910 in ein selbstständiges Bataillon der Genie-Truppe unter dem Kommando von Oberstleutnant Moris mit acht Kompanien umgegliedert.

Im Mai 1911 erhielt Kapitänleutnant Mario Calderara als erster Absolvent das Militärfliegerabzeichen.

Das Fliegerbataillon nahm am 22. August 1911 mit acht Flugzeugen, zwei Luftschiffen und zwei Fesselballons erstmals an den Heeresmanövern im Piemont teil.

Italienisch-Türkischer Krieg Am 1. Oktober 1911 erklärte Italien der Türkei den Krieg, um seinen Kolonialbesitz um Libyen zu erweitern. Für diesen Feldzug wurden vier Ballons, zwei Luftschiffe und 28 Flugzeuge bereitgestellt. Am 16. Oktober 1911 trafen die ersten elf Piloten, darunter ein Arzt, mit einem Sergente (Feldwebel) und 30 Mann Bodenpersonal sowie neun Flugzeugen (zwei Blériot XI, drei Nieuports, zwei Etrich Tauben und zwei Farman III-Doppeldecker) in Tripolis ein. Später landeten weitere Einheiten in Bengasi.

Die Flieger starteten ihre Einsatze von Tripolis, Derna, Tobruk und Bengasi, wo aufgrund der Bodenbeschaffenheit auf dem Flugplatz Sabri erstmals eine 100 m lange und 12 m breite Behelfslandebahn aus Holzbohlen angelegt werden musste.

Die Luftschiffe P2 und P3 starteten von Tripolis (als Luftschiffbezeichnungen standen «P» für piccolo=klein, «M» für medio=mittel und «G» für grande=gross), P1 und mehrere Fesselballons zur Artilleriebeobachtung waren in Bengasi stationiert.

Die italienischen Flieger hatten auch Verluste zu verzeichnen: Der zivile Flieger Carlo Montù, Führer einer Staffel von Freiwilligen, wurde als Beobachter beim Einsatzflug über der Cyrenaica durch eine Schusswunde am Bein verwundet, am 25. August 1912 kam Sottotenente di Cavalleria (Unterleutnant der Kavallerie) Piero Manzini bei einer Fotoaufklärungsmission mit Ziel Zuara ums Leben, als sein Flugzeug nach Motorschaden ins Meer stürzte. Hauptmann Moizo geriet am 10. September 1912 aufgrund einer Motorpanne auf Feindgebiet in Kriegsgefangenschaft, wurde jedoch nach korrekter Behandlung nach Einstellung der Feindseligkeiten am 11. November 1912 freigelassen.

Ausbau Auf den Vorschlag des Piloten Leonino da Zara schrieb der Aero Club d'Italia am 3. März 1912 eine Stiftung «date ali alla Patria!» (“Flügel für das Vaterland!”) aus, die ca. 3,5 Mio Lire einbrachte.

Im Laufe des Jahres wurde der Servizio Aeronautico umgegliedert: Luftschiffer und Fesselballonabteilung kamen nach Rom, das am 27. Juni 1912 ausgegliederte Fliegerbataillon (Battaglione Aviatori) mit Einsatzkräften und Flugschule wurden nach Turin verlegt, die luftfahrttechnischen Fabrikationsanlagen blieben in Rom, die flugtechnische Erprobungsanstalt wurde in Vigna di Valle eingerichtet. Die Marine (Regia Marina) bildete im Oktober 1912 eine eigene Seefliegerstation in Venedig mit Wasserflugzeugen ein. Die Regia Marina beschaffte für die Seefliegerstation Le Vergini bei Venedig französische Wasserflugzeuge der Typen Borel und Farman und liess ihre Piloten in der französischen Marineschule in Juan les Pins ausbilden. Kurz zuvor, im September 1912, war es Guglielmo Marconi gelungen, erstmals eine funktelegrafische Verbindung von einem Kriegsschiff zu einem Flugzeug herzustellen.

Am 19. November 1912 wurde die Kolonial-Fliegerabteilung (Servizio d'Aviazione Coloniale) gebildet, am 28. November 1912 der Servizio Aeronautico zur „Flotta Aerea d'Italia“ (italienischen Luftflotte) umbenannt. Maggiore (Major) Giulio Douhet, seit dem 13. November 1913 Kommandeur des Fliegerbataillons, bildete in diesem Rahmen logistisch und organisatorisch eigenständige Squadriglie (Staffeln), die mit zerlegbare Hangars, Kraftfahrzeugen und Werkstattwagen ausgerüstet wurden.

Am 1. Februar 1913 erfolgte die Gründung einer eigenen Erprobungsstelle der Marine, an der Konstruktionen der beiden Kapitänleutnante Manlio Ginocchio und Alessandro Guidoni erprobt wurden. Das Panzerschiff Dante Alighieri wurde mit einem Curtiss-Wasserflugzeug ausgerüstet, 1914 erhielt der Kreuzer Elba ein Hangar für Wasserflugzeuge. Ausserdem kaufte die Marine die beiden Luftschiffe “Città di Jesi” und “Città di Ferrara”.

Im Juni 1913 wurde der “Servizio Aeronautico della Regia Marina”, die Marinefliegertruppe, gegründet, im August 1913 nahm die Marineflugschule („Scuola di Aviazione della Marina“) in Venedig den Betrieb auf.

Das Fehlen einer leistungsfähigen Flugzeugindustrie blieb jedoch ein ungelöstes Problem; ein offener Leistungswettbewerb sollte 1913 die italienische Flugzeugindustrie fördern, brachte jedoch nicht das gewünschte Ergebnis.

Am 18. Juni 1913 wurde das Fliegerbataillon zum Corpo Aeronautico umgegliedert. Es bestand nun aus 14 Squadriglie (Staffeln), von denen zwei in Rom, eine in Tripolis und der Rest in Norditalien stationiert wurden. Aufgrund weiterer Haushaltsmittel sollten 193 Flugzeuge und 330 Motoren beschafft und weitere 374 Offiziere aller Truppengattungen zu versetzt werden.

Erster Weltkrieg Trotz der Kriegserfahrungen und aller Aufbauanstrengungen waren die italienischen Fliegertruppen weder technisch noch organisatorisch noch industriell noch seitens der Infrastruktur für den Kriegseintritt gerüstet.

Die am 7. Januar 1915 zum Corpo Aeronautico Militare umbenannte Luftflotte blieb formal weiterhin der Pioniertruppe (Arma del Genio) unterstellt, dazu wirkte Colonello (Oberst) Maurizio Mario Moris als Generalinspekteur für das Luftfahrwesen im Kriegsministerium. Das Fliegerbataillon konnte bei Kriegsbeginn gerade 15 Squadriglie mit 135 Piloten und 86 Flugzeugen, davon für den Fronteinsatz zwölf Squadriglie mit 75 Flugzeugen stellen: Sechs Staffeln waren mit Blériot-, vier mit Nieuport- und zwei mit Farman-Flugzeugen ausgerüstet. Diese Art der Ausstattung vor allem mit französischen Flugzeugen sollte den ganzen Krieg hindurch überwiegen. Hinzu kamen die flugtechnische Erprobungsanstalt, das Luftschifferbataillon mit Fesselballons und das Luftschiffbataillon mit den drei Luftschiffen M.l, P.5 und dem der Marine unterstellten P.4. Diese verfügte über zwölf Piloten und 15 veraltete Wasserflugzeuge: fünf Curtiss-, vier Borel-, vier Albatros- und zwei Bréguet-Wasserflugzeuge, sowie die Luftschiffe M.2 "Città di Ferrara" und V.1 "Città di Jesi".

Weitere Einheiten und Kommandobehörden waren das Fliegerersatzbataillon für die Flugschulen, die technische Luftfahrtbehörde („Direzione tecnica dell'aviazione militare“) und die Zentrale Luftfahrtbehörde („Direzione Centrale Aeronautica“). Etwa 130 Piloten und 20 Beobachtungsoffiziere standen zur Verfügung.

Zu dieser Zeit verfügte Frankreich über 600, Russland über 1'000, Deutschland über 500 Flugzeuge und 40 Luftschiffe und hatte dazu soeben seine Fliegertruppe effizient restrukturiert. Die k.u.k. Luftfahrttruppen besassen 96 Flugzeuge und ein Luftschiff.

Von Frankreich erwarb Italien Lizenzen zum Nachbau von Farman-, Nieuport-, Caudron- und Voisin- Flugzeugen sowie für die Motoren Gnôme und Caonton-Unné. Die Importe von Aviatik- und Albatrosflugzeugen und Maybachmotoren aus Deutschland waren seit Kriegsbeginn blockiert. Die italienische Flugzeugindustrie bestand aus den Fabriken von Macchi, SAML (Società Anonima Meccanica Lombarda), Savoia und SIAI (Società Idrovolanti Alta Italia).

Die Bewaffnung der Flugzeugbesatzung beschränkte sich auf Selbstladepistolen zur Selbstverteidigung bei Notlandungen im Feindgebiet, sowie kleine Bomben und Fliegerpfeile zur Bekämpfung von Bodenzielen.

Am ersten Kriegstag führten bereits Leutnant Gaetano Coniglio mit dem Beobachter Leutnant Andrea De Brani einen ersten Fotoaufklärungseinsatz im Raum Podgora durch, der bereits 1911 als erster Flugzeugbeobachter beim Heeresmanöver teilgenommen hatte. Am gleichen Tag bombardierten österreichische Seeflieger ungehindert Venedig. Weitere Luftangriffe gegen Venedig, Padua und Treviso folgten.

Am 25. Mai 1915 kam es auch zum ersten Kampfeinsatz, als fünf Flugzeuge die Fabriken von Monfalcone bombardierten. Am folgenden Tag führten auch die Luftschiffe ihren ersten Einsatz über die Adria hinweg gegen Sebenico durch, das auch am folgenden Tag erneut von einem Luftschiff angegriffen wurde. Am 8. Juli 1915 wurde die “Citta di Ferrara” jedoch von einem k.u.k.- Seeflieger abgeschossen, und am 5. August wurde die “Citta di Jesi” durch die österreichische Flugabwehr vernichtet. Die österreichisch-ungarischen Seeflieger bombardierten zudem die italienischen Luftschiffstationen in Jesi und Ferrara. Die kriegserfahrenen österreichisch- ungarischen Flieger errangen bald die Luftherrschaft. Zudem stellten die Flugverhältnisse an der Alpenfront mit ihren extremen und unsicheren Wetterverhältnissen hohe Anforderungen für beide Gegner. Nach nur drei Monaten Krieg waren die italienischen Staffeln auf acht zusammengeschmolzen und die Blériot-Flugzeuge nicht mehr im Einsatz.

Im Juni 1915 wurden die bisherigen Flugzeuge allmählich von der Front abgezogen und an die Flugschulen abgegeben; modernere Farmans wurden geliefert, von der SAML (Società Anonima Meccanica Lombarda) nachgebaute deutsche Aviatiks für die Verteidigung von Udine, Verona und Brescia vorgesehen.

Der Ingenieur Gianni hatte bereits 1913 ein dreimotoriges Grossflugzeug entworfen. Am 20. August 1915 bombardierten erstmals Caproni-Bomber einen österreichischen Flugplatz bei Aisovizza. Im November 1915 wurden die ersten vier Squadriglie mit dreimotorigen Caproni Ca.32- Grossflugzeugen aufgestellt.

Die Grossflugzeuge, mit denen inzwischen sieben Squadriglie ausgerüstet waren, wurden zunächst zur taktischen Luftnahunterstützung eingesetzt, was zu empfindlichen Verlusten führte. Die Ausrüstung mit Motoren von bis zu 450 PS ermöglichte jedoch 1916 die Bombardierung weiter entfernter Ziele, wie der Angriff vom 17. Mai 1916 gegen die k.u.k. Marinebasis in Pola, der bei Nacht durch Luftschiffe fortgesetzt wurde. Neben Pola war das Marinearsenal in Triest ein weiteres wichtiges Bomberziel, auch für die italienischen Luftschiffe. Luftschiffe der 'M'-Klasse trugen bis zu 1'000 kg an Bombenlast.

Doch auch italienische Städte wurden nun zum Ziel des Luftkrieges. Mailand wurde am 14. Februar 1916 von 11 Lloyd und einer Lohner B.VII bombardiert, die aus dem Trentino gestartet waren, worauf im Gegenzug Caproni-Bomber Ljubljana angriffen. La Spezia wurde am 11. Juli 1916 von Joseph Siegel mit einer Brandenburg-Maschine bombardiert, Neapel wurde am 10. März 1916 vom deutschen Zeppelin L 59 (LZ 104) von Bulgarien aus angegriffen, der trotz geringem Sachschaden zahlreiche zivile Opfer forderte. Für den Schutz Neapels wurde daraufhin in Pozzuoli eine Staffel von Wasserflugzeugen, für den Schutz Mailands sogar dreimotorige Caproni-Grossflugzeuge abgestellt. Zwei französische Jagdstaffeln mit Nieuport-Jagdflugzeugen und FBA-Flugbooten wurden in Venedig und in Sant'Andrea stationiert. Im September starteten 22 italienische Flugzeuge zum Bombenangriff auf Triest. Insgesamt flog die Bomberflotte im Laufe des Jahres ca. 540 Bombereinsätze.

Mit der Nieuport 11 “Bebè”, die inzwischen in Italien durch Macchi in Lizenz, hergestellt wurde, errang Major am 7. April 1916 seinen ersten Luftsieg gegen ein österreichisches Brandenburg-Flugzeug bei Medeuzza. Erste Jagdstaffeln (Squadriglie de Caccia) wurden aufgestellt; der Kavallerieoffizier Francesco Baracca (34 Luftsiege), Silvio Scaroni (26 Luftsiege), P.R. Piccio (24 Luftsiege), Baracchini, Ruffo di Calabria und Ranza waren die führenden Jagdflieger des Corpo Aeronautico Militare.

Bis Ende 1916 hatte die italienische Flugzeugindustrie mit Hilfe des französischen Verbündeten und dank der ausgebauten Kapazitäten 1'255 Flugzeuge und 2'300 Motoren geliefert. 49 Squadriglie operierten an der Front, darunter 13 Bomber-, 22 Aufklärungs- und 9 Jagdstaffeln. Es wurden Fliegerverbände nach Valona in Albanien (8º Gruppo), Sakulevo in Mazedonien (21º Gruppo) und nach Frankreich (18º Gruppo mit drei Staffeln von Caproni-Bombern) verlegt. In Libyen wurden die 104ª und 106ª Squadriglia mit Farmans und die 12ª Suqadriglia mit zum Schutz der Küstenorte stationiert, in die sich die italienischen Truppen zurückgezogen hatten.

Zur Bekämpfung der U-Boote wurden ständig 20 Flugzeuge und 10 Luftschiffe abgestellt.

Bei der Eröffnung der zehnten Isonzoschlacht am 23. Mai 1917 führte das Oberkommando massive Fliegerkräfte ins Gefecht, zwei Wellen von 64 und 75 Flugzeugen griffen in die Kämpfe ein.

In der Ortigara-Schlacht im Juni 1917 griffen 145 Flugzeuge an, in der elften Isonzoschlacht im Oktober 1917 standen 230 Flugzeuge im Einsatz.

1917 wurden die Squadriglie da bombardamento mit den Caproni-Bombern Ca.3-Ca.5, Ca.36 sowie Ca.42 zu Bomberabteilungen zusammengefasst, der 4°, der 11° und 14° Gruppo mit zwölf Squadriglie unter dem Kommando von Oberstleutnant Egidio Carta, die Oberst Moizo im Oberkommando des Heeres unterstellt wurden. Grossen Einfluss auf die Luftstreitkräfte gewann als Luftwaffenstratege General Giulio Douhet, der erstmals die strategischen Wirkungen von Flächenbombardements beschrieb. Die Armeen erhielten eigene Fliegerabteilungen, hinzu kamen die Einheiten, die dem Oberkommando direkt unterstellt waren. Die Zahl der Jagdstaffeln wurde auf 12, später auf 15 erhöht und mit Hanriot HD.1 und SPAD S.VII ausgerüstet. Im Zuge der Ausbildungsunterstützung für den neuen Bündnispartner USA wurden ca. 500 amerikanische Flieger ausgebildet, von denen 75 unter dem Kommando von Captain Fiorello La Guardia, dem späteren Bürgermeister New Yorks, als Bomberpiloten an der italienischen Front kämpften. Bei Angriffen auf Pola, Triest und die Torpedowerke Whitehead in Fiume kamen teilweise Formationen von bis zu 100 Flugzeugen zum Einsatz.

Unter dem Kommando von Oberst Ernesto La Polla wurden später auch Jagdgeschwader gebildet. Bis auf die Ansaldo A.1 Balilla, die allerdings zu spät für den Fronteinsatz kam, verwendete das Corpo Aeronautico nur französische Jagdflugzeuge.

Am 25. Dezember 1917 griff der kanadische Kampfflieger Captain William George Baker der No. 28 Squadron Royal Flying Corps vom Flugplatz Istrana bei Treviso den Flugplatz der deutschen Fliegerabteilung 204 mit einer Sopwith Camel an. Am nächsten Tag gegen 8:30 Uhr schlugen 25 deutsche Albatrosse mit Begleitjägern gegen den Flugplatz Istrana zurück, wo sich die 6. und 10. italienische Jagdgruppe (Gruppo Caccia) befanden. Elf italienische Jagdflugzeuge stiegen auf und schossen acht deutsche Flugzeuge ohne eigene Verluste ab.

Auch die Flugzeugproduktion war stetig weiter gesteigert worden: 3'861 Flugzeuge und 6'726 Motoren wurden geliefert. Nach der Niederlage bei Caporetto (Karfreit), der darauffolgenden Verteidigung an der Piave bis zu den Gefechten auf dem Montello im Juni 1918 stieg die Zahl der Frontflugzeuge auf 480. Am 14. Oktober 1918 warf ein britischer Bomber eine 750 kg-Bombe auf die zurückweichenden k.u.k.- Truppen. Als am 28. Oktober 1918 in der Schlacht von Vittorio Veneto der Durchbruch gelang, hatte das Corpo Aeronautico längst die Luftherrschaft errungen.

Zwei Jagdstaffeln flogen nun auch die kampfstarken SPAD S.XIII mit Doppel-MGs.

1918 erschien auch das von den Konstrukteuren der Firma Ansaldo, Umberto Savoia und Rodolfo Verduzio gebaute, extrem schnelle S.V.A.-Aufklärungsflugzeug, das auch als Schnellbomber eingesetzt wurde. Am 9. August 1918 starteten unter der Führung von Gabriele D’Annunzio vom Flugplatz San Pelagio bei Padua elf S.V.A. der 87ª Squadriglia "La Serenissima" zum Flug über Wien. Acht der elf Maschinen überquerten die Alpen entlang der Strecke Udine-Klagenfurt in 3.500 m Höhe. Eine Maschine musste gegen 8:35 Uhr bei Schwarzau notlanden, es gelang dem Piloten namens Giuseppe Sarti jedoch, vor seiner Gefangennahme die Maschine noch in Brand zu setzen. Sieben Maschinen erreichten gegen 9:30 Uhr Wien, machten Luftbildaufnahmen und warfen aus nur 6–800 m Höhe Propagandaflugblätter ab. Unbeschadet von feindlicher Abwehr landeten die Flugzeuge um 12:36 Uhr wieder in San Pelagio.

Die deutsche Funkstation in Misurata, die die Verbindung zu den U-Booten hielt, wurde im September 1918 von den italienischen Luftstreitkräften zerstört.

Im Oktober 1918 verfügte das Corpo Aeronautico über 58 Langstreckenbomber und 210 Jagdflugzeuge, dazu die Marine über vier Seefliegerstaffeln (Squadriglie della Marina) mit Ca.44- Doppeldeckern (Ca.5) mit 600-PS-Motoren und Ca.40-Dreideckern (Ca.4) mit 1'200 PS, die eine Bombenzuladung von 3'000 kg tragen konnten.

Beim Waffenstillstand am 4. November 1918 war die Fliegertruppe auf 10'348 Mann gewachsen, darunter 5'100 Piloten (davon ca. 500 Amerikaner), 500 Beobachter, 100 Fliegerschützen. 5'000 weitere Spezialisten waren ausgebildet worden. 1'784 Flieger waren gefallen.

Das italienische Heer verfügte über 84 Squadriglie, vier Spezialeinheiten, 31 Flugschulen und fünf Luftschiffe und die Marine über 45 Squadriglie mit 550 Wasserflugzeugen, vier Flugschulen und 15 Luftschiffe. An allen Fronten standen 1'020 Aufklärer, 135 Bomber, 528 Jagdflugzeuge und 26 Luftschiffe; die italienische Luftschiffflotte war damit die zweitstärkste nach der deutschen. Zehn Luftschiffe waren im Einsatz, vier weitere durch Unfälle verloren gegangen.

Insgesamt hatte die italienische Industrie 11'986 Flugzeuge 250 verschiedener Typen, 60 Prallluftschiffe, 23'979 Motoren, 39'783 Propeller, 7'700 MGs, 512'400 Bomben und 10'644 m² Fotoplatten geliefert. Zahlreiche Flugzeugfabriken waren erweitert oder neu errichtet worden.

Nachkriegszeit Obwohl die Beteiligung am Ersten Weltkrieg 1918 von den italienischen Streitkräften zu einem erfolgreichen Ende gebracht werden konnte, führte sie in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Italien zu schweren sozioökonomischen Verwerfungen und zu erheblicher politischer Instabilität. Die strikte Konsolidierung der Staatsfinanzen machte eine rasche Demobilisierung der Streitkräfte unumgänglich. Bei den Luftstreitkräften von Heer und Marine fiel sie besonders drastisch aus, weil der General- und der Admiralstab kein besonderes Interesse an starken Fliegerkräften hatten, deren mögliche Zusammenfassung zu einer neuen, dritten Teilstreitkraft mit großem Argwohn betrachtet wurde. So veräußerte man zahllose Flugzeuge zu Schleuderpreisen, oft an (ehemalige) Militärpiloten, die sie nunmehr in ihrer Freizeit flogen. Die herausragenden Leistungen einzelner Piloten hielten in den folgenden Jahren den Mythos der Fliegertruppen wach.

1919 gewann Guido Janello mit einer SIAI S.13 in Bournemouth das Schneider-Trophy-Rennen. Da die Jury seinen Sieg wegen Nebels nicht bestätigen konnte, wurde das Rennen schließlich annulliert, dem Herkunftsland des Gewinners jedoch die Austragung des folgenden Wettbewerbs überlassen. Die Schneider-Trophy ging 1920 und 1921 an italienische Piloten. 1922 verhinderte der Brite Biard in Neapel, dass die Trophäe ganz in Italien verblieb, was nach drei Siegen in Folge der Fall gewesen wäre.

1919 entsandte Italien eine Militärmission nach Argentinien. Am 30. Juli gelang Antonio Locatelli mit einer SVA von Buenos Aires aus die Überquerung der Anden in Richtung Chile, am 5. August dann nochmals auf dem Rückweg. Arturo Ferrarin und Guido Masiero flogen 1920 mit zwei SVA und einfachster Ausrüstung von Rom nach Tokio, was dort mehrere Wochen lang gefeiert wurde. 1921 konnte der mittlerweile zum General beförderte Giulio Douhet das Standardwerk Il dominio dell’aria veröffentlichen, in dem er der Luftherrschaft und strategischen Bombardements kriegsentscheidende Bedeutung zumaß. Während es im Ausland viel beachtet und später auch umgesetzt wurde, rief es in Italien noch immer den Widerstand des konservativen Heeres- und Marine-Establishments hervor. Teilweise stellte man die taktische Luftnahunterstützung als entscheidend in den Vordergrund, die im Gegensatz zu strategischen Flächenbombardements weniger auf die Gründung einer neuen Teilstreitkraft hindeutete. Die widerstrebenden Interessen und Ideen verhinderten die Ausgestaltung klarer Einsatzgrundsätze, nicht aber die letztlich unausweichliche Aufstellung einer Luftwaffe.

Regia Aeronautica Aufbau der Teilstreitkraft Den entscheidenden Impuls gab Benito Mussolinis erste Regierung, nicht in erster Linie aus militärischer Überzeugung, sondern in der Absicht, eine besonders regimetreue neue Teilstreitkraft aufzubauen und damit einen Keil zwischen Heer und Marine zu treiben, die als besonders monarchistisch galten. Auch ließen sich individuelle Leistungen der Piloten in der späten Pionierzeit noch gut propagandistisch im Sinn des Faschismus verwerten. Deshalb standen die Teilnahme an internationalen Wettbewerben und Flugschauen sowie das Aufstellen von fliegerischen Rekorden lange Zeit im Vordergrund; militärische Erfordernisse blieben nachrangig.

Das bis 1931 errichtete Luftfahrtministerium in Rom, heute als Palazzo Aeronautica Sitz des Luftwaffen-Generalstabs

Mussolini richtete am 24. Januar 1923, knapp drei Monate nach seiner Machtergreifung, ein Luftfahrtkommissariat ein. Am 28. März 1923 erfolgte die offizielle Gründung der Regia Aeronautica. Anlässlich des fünften Jahrestages des Kriegsendes erhielt der erste „Generalkommandant“ der Regia Aeronautica, Pier Ruggero Piccio, am 4. November 1923 die Truppenfahne der neuen Teilstreitkraft. Am 30. August 1925 wurde aus dem Luftfahrtkommissariat ein eigenes Ministerium, die Aufwertung des Generalkommandanten zum Generalstabschef der Luftwaffe folgte wenige Monate später. Der Haushalt der neuen Teilstreitkraft entsprach der Hälfte des Marinebudgets und einem Viertel des Heeresbudgets.

Die übereigneten Flugzeuge und Einrichtungen der Heeres- und Marineflieger bildeten die Grundlage für den Aufbau fliegender Einheiten und Verbände, wobei die noch nachwirkende kriegsbedingte Konzentration im Nordosten Italiens nicht förderlich war. In allen anderen Bereichen, von der Ausbildung bis zur Verwaltung und zur Logistik, von den Dienstvorschriften bis zu Uniformen und Dienstgraden, musste die neue Teilstreitkraft völlig neu errichtet werden. Die neue Luftwaffenakademie brachte man bis 1926 bei der Marineakademie in Livorno unter, weil man von deren soliden Ausbildungsgängen und von den technischen Ähnlichkeiten zwischen See- und Luftfahrt überzeugt war. Die Offizierausbildung dauerte von Anfang an drei Jahre. Das erste Ausbildungsjahr absolvierten die Offizieranwärter auf Probe, zwischen dem zweiten und dritten Jahr begann dann eine sehr begrenzte fliegerische Ausbildung, die erst nach Abschluss der Akademie an verschiedenen Flugschulen wirklich in Gang kam. Bei der Suche nach einem definitiven Standort für die Luftwaffenakademie spielten gute Wetterbedingungen sowie die Nähe zu einem Flugplatz und zu einer Universität eine entscheidende Rolle. Die Wahl fiel auf den Flugplatz Neapel-Capodichino, wohl auch aus politischen Gründen, weil die Akademien von Heer und Marine im Norden des Landes lagen und ein gewisser Proporz einzuhalten war. Das in Capodichino errichtete Gebäude erwies sich als ungeeignet und wurde zu einer technischen Schule umfunktioniert. Der erhöhte Platzbedarf veranlasste zum Umzug in das Schloss von Caserta, das funktional nicht besser war. Dozenten der Universität und des Polytechnikums Neapel übernahmen in Caserta verschiedene Lehraufträge, der Flugplatz im benachbarten Capua diente der fliegerischen Ausbildung.

Bis 1925 hatte die Regia Aeronautica 26 fliegenden Gruppen mit 78 Staffeln aufgestellt, hinzu kamen 19 Gruppen mit 57 Staffeln zur Unterstützung des Heeres sowie elf Gruppen mit 35 Staffeln zur Unterstützung der Marine. Zwölf in Libyen stationierte Staffeln waren separat organisiert. Italienische Staffeln (Squadriglie) hatten in der Regel sechs bis zwölf Flugzeuge. Die Verbände zur Unterstützung von Heer und Marine bildeten eigene „Hilfsfliegertruppen“ (Aviazione Ausiliaria per l’Esercito/per la Marina), die integraler Bestandteil der Luftwaffe waren, operativ jedoch Kommandos der beiden anderen Teilstreitkräfte zugeteilt wurden. Heer und Marine durften bis 1931 noch in sehr begrenztem Maß eigene spezialisierte Fliegertruppen unterhalten, dann wurden sie Luftwaffengeneralen unterstellt und ab 1937 ganz in die Regia Aeronautica integriert.

Rekorde und Trophäen Die Schneider-Trophy hatte auch für den neuen faschistischen Luftfahrt-Staatssekretär höchste Priorität. Nachdem es dem Testpiloten Mario de Bernardi 1926 im amerikanischen Hampton Roads mit einer extra für das Rennen gebauten Macchi M.39 gelungen war, zu gewinnen und den Wettkampf damit wieder nach Italien zu holen, musste man sich 1927 in Venedig wiederum einem Briten geschlagen geben. De Bernardi schied wegen eines Motorschadens aus, stellte aber mit 479,29 km/h erneut einen Geschwindigkeitsrekord auf. 1929 erreichte er mit einer M.52R sogar über 500 km/h. Der in der Folge alle zwei Jahre ausgetragene Wettbewerb fand noch zwei Mal in Großbritannien statt, wo die Trophäe 1931 mangels internationaler Teilnehmer ganz blieb. 1928 begann man mit dem systematischen Ausbau des Flugversuchszentrums auf dem Militärflugplatz Montecelio bei Rom, um den dann ab 1935 im faschistischen Stil die so genannte „Luftfahrtstadt“ Guidonia Montecelio gebaut wurde. Etliche technische Neuerungen und fliegerische Rekorde der italienischen Luftfahrt beruhten auf den hier erbrachten Leistungen von Forschern wie Alessandro Guidoni, Gaetano Arturo Crocco, Luigi Broglio und Antonio Ferri. Hinzu kam die so genannte „Hochgeschwindigkeitsschule“ in Desenzano del Garda, wo insbesondere Wasserflugzeuge Rekordgeschwindigkeiten erreichten, ohne dass beispielsweise die technischen Fortschritte in der Triebwerksentwicklung in konkrete militärische Projekte eingeflossen wären. Am 23. Oktober 1934 erreichte Francesco Agello mit einer Macchi MC.72 über dem Gardasee 709,2 km/h. Dieser Geschwindigkeitsrekord in der Klasse kolbenmotorgetriebener Wasserflugzeuge ist bis heute ungebrochen. Auf diese Weise befriedigt schloss man die Schule in Desenzano einige Jahre später.

Auch im Bereich der Langstreckenflüge leisteten Piloten der neuen Regia Aeronautica außergewöhnliches. 1925 flog Francesco De Pinedo mit Ernesto Campanelli auf einer SIAI S.16 von Sesto Calende nach Melbourne und dann über Tokio wieder zurück nach Italien. Ein weiterer Rekordflug folgte 1927 auf einer Savoia-Marchetti S.55 von Cagliari-Elmas nach Rio de Janeiro und Buenos Aires, von dort über das Amazonasbecken und die Karibik nach New York und von dort über Neufundland und Lissabon zurück nach Italien. 1928 stellte Arturo Ferrarin mit Carlo Del Prete einen Geschwindigkeitsrekord und einen weiteren Rekord für Nonstopflüge auf, die 1929 von zwei anderen italienischen Piloten, Maddalena und Cecconi, noch übertroffen wurden. 1934 erreichte Renato Donati mit einer modifizierten Caproni Ca.113 14'433 Meter und damit einen neuen Höhenrekord. Außergewöhnlich war auch der erste Nordpolflug von Oberst Umberto Nobile, der mit dem Luftschiff Norge am 10. April 1926 in Rom-Ciampino startete und am 14. Mai in Teller bei Nome in Alaska landete. 1928 endete sein zweites Nordpolunternehmen auf dem Rückflug mit einem Unglück. Nobile fiel in Ungnade und die Luftschiffe hatten bei der technischen Weiterentwicklung das Nachsehen.

Langsam begann sich die Einsicht durchzusetzen, dass diese und andere individuelle Höchstleistungen keine besonderen Auswirkungen auf den Ausbildungsstand und die Einsatzbereitschaft der Kampfverbände hatten. Der Luftfahrtminister Italo Balbo versuchte dem durch die Organisation von Formations-Langstreckenflügen entgegenzuwirken, an denen normale Einsatzverbände teilzunehmen hatten. Der erste Flug dieser Art fand 1928 über dem westlichen Mittelmeer statt, im folgenden Jahr dann im östlichen Mittelmeerraum. In Orbetello richtete Balbo hierfür eine eigene Ausbildungsstätte ein, von wo aus Ende 1930 insgesamt 14 S-55A zu einem Formationsflug nach Rio de Janeiro starteten. 1933 überquerte Balbo mit 24 S-55X den Atlantik und wurde dafür in New York und Chicago mehr als gebührend gefeiert. In Italien erhielt er den neuen Titel eines Luftmarschalls, was ein einmaliger Vorgang blieb. Tatsächlich wurde Balbos persönlicher Erfolg dem Diktator Mussolini so gefährlich, dass er seinen Luftfahrtminister im folgenden Jahr als Generalgouverneur nach Libyen abschob.

Kriege in Afrika und Spanien Während des Ersten Weltkriegs war Italien gezwungen, seine Bodentruppen aus Libyen weitgehend abzuziehen und sich dort auf die Kontrolle der wichtigsten Küstenorte zu beschränken. In der von politischer Instabilität geprägten Krisenzeit zwischen 1919 und 1922 handelten die verschiedenen italienischen Regierungen mit den libyschen Stammesführern eine Kompromisslösung aus, nach der dem nordafrikanischen Land weitgehende innere Autonomie zugestanden wurde und die örtlichen Machthaber (Sanusiya) im Gegenzug die formale Oberhoheit des Königs von Italien anerkannten. Im benachbarten Ägypten verfolgte Großbritannien einen ähnlichen Ansatz, der sich dort schließlich auch durchsetzte.

Im Gegensatz dazu beharrten die am 30. Oktober 1922 an die Macht gekommenen Faschisten auf eine tatsächliche politisch-militärische Unterwerfung Libyens und auf dessen Kolonialisierung, obwohl das zehn Jahre zuvor besetzte Gebiet (nach damaligem Kenntnisstand) außer Wüstensand praktisch nichts zu bieten hatte. Der faschistische Machtanspruch bewirkte einen über zehn Jahre andauernden Kolonialkrieg, der nach der Hinrichtung von Umar al-Muchtar erst mit der Besetzung der Kufra-Oasen im Südosten des Landes abgeschlossen werden konnte. Während des Krieges verübten italienische Soldaten und Einheiten verschiedene Kriegsverbrechen, vor allem auch aus der Luft. Die Regia Aeronautica beteiligte sich an diesem Kolonialkrieg seit ihrer Gründung im Frühjahr 1923, insbesondere mit Jagdbombern und Bombern sowie mit Aufklärungs-, Transport- und Verbindungsflugzeugen. Zunächst kamen noch Flugzeuge aus der Weltkriegszeit zum Einsatz, später dann Ro.1, Ca.73 und Ca.101. Moderne Jagdflugzeuge blieben mangels gleichwertigem Gegner in Italien. In den fliegerisch oft nicht einfachen Wüstengebieten übernahmen die verschiedenen Staffeln bei zahlreichen Langstreckeneinsätzen die unterschiedlichsten Aufgaben, bei denen Improvisationsgabe und Einfallsreichtum gefragt waren. Diese Operationen verbrauchten erhebliche Ressourcen (Geld, Kraftstoff usw.) bei zweifelhaftem politischem und ökonomischem Nutzen.

Faschistische Großmacht- und Revanchesucht waren dann im Oktober 1935 wiederum der Grund für die Unterwerfung Äthiopiens, das sich 1896 erfolgreich gegen einen ersten italienischen Kolonialisierungsversuch verteidigt hatte. Italien brachte in diesem zweiten Krieg die größte Kolonialstreitmacht der Geschichte zum Einsatz. Über 300'000 Soldaten wurden aus dem Mutterland nach Ostafrika entsandt, hinzu kamen Kolonialtruppen aus Eritrea und Somalia. In diesen beiden Ländern, von wo aus Äthiopien in einer großen Zangenbewegung angegriffen wurde, legte die Regia Aeronautica für die Bereitstellung und die ersten Operationen nicht weniger als 83 neue Flugplätze an: 29 in Eritrea und 54 in Somalia.

In verschiedener Hinsicht ähnelte der Kriegsschauplatz dem Umfeld in Libyen. In der Luft fehlte ein gleichwertiger Gegner, andererseits machte neben der territorialen Ausdehnung der am Boden besser organisierte Gegner und die Entfernung zum Mutterland einen weit größeren operativen und logistischen Aufwand notwendig. Die Regia Aeronautica beteiligte sich in Äthiopien sowohl während des sieben Monate andauernden Krieges als auch bei der nachfolgenden jahrelangen Aufstandsbekämpfung wiederum an Kriegsverbrechen. Es wurden entgegen dem Genfer Protokoll auch chemische Waffen eingesetzt und Ortschaften und Menschenansammlungen willkürlich aus der Luft angegriffen. Der Befehl hierzu kam von Mussolini selbst. Im Dezember 1935 musste der italienische Militärpilot Tito Minniti mit seiner Ro.1 in feindlich kontrolliertem Gebiet notlanden. Nach seiner Gefangennahme wurde er mehrere Stunden gefoltert, entmannt und geköpft. Dieser Fall und einige andere lösten in Italien einen Sturm der Entrüstung aus. Nach Ansicht der Regierung in Rom und der militärischen Führer vor Ort hatte Äthiopien wegen dieser verbrecherischen Einzelfälle das Recht auf eine Einhaltung des Kriegsvölkerrechts verwirkt. Die Regia Aeronautica setzte in Äthiopien zunächst Flugzeuge der Typen Ro.1, Ca.97, Ca.101 und CR.20 ein, dann Ro.37 und Ca.111 zur Aufklärung und Ca.133 und SM.81 für Angriffe auf Bodenziele.

Nur zwei Monate nach der Eroberung von Addis Abeba stellte Italien der Spanischen Fremdenlegion erste Kampfflugzeuge und Besatzungen zur Unterstützung Francos und seiner aufständischen Nationalisten zur Verfügung. Dieser Militärintervention lag unter anderem die Absicht zu Grunde, ein gleichgesinntes politisches System in Spanien zu installieren und damit dem britisch-französischen Machtanspruch im Mittelmeerraum entgegenzuwirken. In den 32 Monaten der italienischen Beteiligung am Spanischen Bürgerkrieg entsandte die Regia Aeronautica über 700 Flugzeuge nach Spanien, die dort unter der Bezeichnung Aviazione Legionaria operierten. SM.81, SM.79 und BR.20 wurden als Bomber eingesetzt, Ro.41, CR.32 und einige G.50 als Jäger, Ba.65 als Jagdbomber und Ro.37 als Aufklärer, hinzu kamen einige Wasserflugzeuge vom Typ Z.506. Sie flogen insgesamt über 8'500 Kampfeinsätze, die einerseits bis zu einem gewissen Grad den Ausbildungsstand der Besatzungen verbesserten, andererseits aber die Illusion verstärkten, Italien habe weiterhin mit die stärksten Luftstreitkräfte überhaupt. Tatsächlich unterschätzte man die technischen und taktischen Weiterentwicklungen in anderen Staaten, die ihre Kräfte nicht in Kolonial- und Bürgerkriegen verbrauchten, sondern sie im Gegensatz zu Italien auch mit zusätzlichen finanziellen Ressourcen im Stillen verstärkten.

Knapp drei Monate nach dem Ende des Krieges in Spanien befahl die Regierung in Rom am 7. April 1939 die Besetzung Albaniens. Nicht wenige bewerteten dies sofort als sinnfreie Aktion, da das Land seit 1927 de facto ein Protektorat Italiens war. Mussolini beabsichtigte damit, das politische und ökonomische Vordringen des Deutschen Reiches in den Balkanraum symbolisch einzudämmen, den er als italienisches Einflussgebiet betrachtete. Die Regia Aeronautica setzte bei dem kurzen Feldzug 261 Flugzeuge ein, die insgesamt 1'800 Stunden flogen. Unter anderem wurde das 3. Grenadierregiment des Heeres von Grottaglie aus nach Albanien geflogen.

In diesen Kriegsjahren vor dem Zweiten Weltkrieg nahm die italienische Luftwaffe weiterhin an internationalen Wettbewerben teil und stellte Rekorde auf. 1937 gewann man das Rennen Istres- Damaskus-Paris. Im selben Jahr stellte Oberst Mario Pezzi vom Flugversuchszentrum in Guidonia auf einer modifizierten Ca.161 mit 17.083 Metern den noch heute ungebrochenen Höhenrekord für Flugzeuge mit Kolbenmotoren auf. Im Sommer 1939 hielt Italien von den 84 von der Fédération Aéronautique Internationale anerkannten Rekorden 33, Deutschland 15, Frankreich zwölf, die USA elf, die Sowjetunion sieben, Japan drei, Großbritannien zwei und die Tschechoslowakei einen. Zweiter Weltkrieg Italien war 1939 auf einen Weltkrieg weder militärisch noch industriell vorbereitet. Den deutschen Verbündeten hatte man im Vorfeld wissen lassen, dass ein Kriegseintritt aus diesen Gründen vor 1942 nicht in Frage käme. Die mangelnde Konsultation Italiens beim einseitigen deutschen Vorgehen löste in Rom Verbitterung aus, und insbesondere bei Mussolini den Wunsch, in ähnlicher Weise zu verfahren. Die anfängliche Zurückhaltung gab er im Juni 1940 während der sich abzeichnenden Niederlage Frankreichs auf, in der Befürchtung, Italien werde bei der Beuteverteilung zu spät kommen. Vorsichtige politische Kritik an ehrlosem Verhalten und die deutlichen Warnungen der militärische Führung ignorierte Mussolini. Auch die ablehnende Haltung der meisten Italiener und auch der meisten Soldaten spielte keine Rolle, weil der Diktator seiner Meinung nach nur einige tausend Tote brauchte, um an den erwarteten Friedensverhandlungen teilnehmen zu können.

08_61/ Macchi MC205 Veltro 03 08_62/ Savoia Marchetti SM-79

Die tatsächliche untergründige Stimmung bei zahlreichen italienischen Offizieren fasste Mussolinis ehemaliger Luftfahrtminister, Luftmarschall Italo Balbo in Worte. Er sprach sich vehement gegen einen Kriegseintritt an der Seite Hitler-Deutschlands aus und forderte sogar die Unterstützung Frankreichs und Großbritanniens. In Libyen, wohin Mussolini seinen politischen Widersacher verbannt hatte, kam Balbo kurz darauf ums Leben, als er bei einem Flug über Tobruk angeblich versehentlich von der italienischen Flugabwehr abgeschossen wurde.

Mussolini führte seit 1933 die drei Ministerien für Krieg, Marine und Luftfahrt persönlich. Zu der politischen Verantwortung für die verschiedenen Kriegseinsätze kam damit auch die unmittelbare politische Verantwortung für die konzeptionelle Ausrichtung, die Ausrüstung und die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte hinzu. Dem für Rüstungsangelegenheiten zuständigen General Carlo Favagrossa zufolge lag die militärische Einsatzfähigkeit der italienischen Streitkräfte im Jahr 1940 bei höchstens 40 Prozent, worüber Mussolini und König Viktor Emanuel III. informiert waren. Letzterer war nomineller Oberbefehlshaber der Streitkräfte und in diesem Zusammenhang seit der Abschaffung der Demokratie die letzte wirksame Kontrollinstanz. In der Annahme, er werde sich mit seiner Skepsis wie schon bei den vorigen Feldzügen täuschen, ließ der König Mussolinis Kriegserklärung am 10. Juni 1940 zu.

Die rund 120'000 Mann starke Regia Aeronautica zog mit fünf Fliegerkorps (squadre aeree) in den Krieg. Ihnen unterstanden über verschiedene Divisions- oder Brigadekommandos insgesamt sechs Jagdgeschwader auf CR.32, CR.42, G.50 und MC.200, 23 Bombergeschwader auf BR.20, Z.1007, SM.79 und SM.81, zwei maritime Bombergeschwader auf Z.506, zwei Kampfgeschwader auf Ca.310 und Ba.88, 37 fliegende Einheiten zur Unterstützung des Heeres, 20 zur Unterstützung der Marine sowie weitere Einheiten in den Kolonien. Einschließlich der Schul- und Verbindungsflugzeuge hatte die Regia Aeronautica zwischen den Alpen und dem Äquator über 5'000 Flugzeuge, davon rund 3'600 Kampfflugzeuge, von denen etwa die Hälfte einsatzbereit waren. Kennzeichnend für diese Flugzeuge waren ihre schweren Sternmotoren und ihre unzureichende Bewaffnung. Bei vielen Modellen handelte es sich noch um Holzkonstruktionen.

Unter diesen Bedingungen flogen die Piloten der Regia Aeronautica ihre ersten Kampfeinsätze. Am 13. Juni 1940 bombardierten BR.20 des 13. Geschwaders den französischen Militärhafen Toulon. Die sie begleitenden CR.42-Doppeldecker nahmen den Kampf mit wesentlich moderneren und besser bewaffneten Dewoitine D.520 auf. Als der Feldzug zehn Tage später endete, hatte die Regia Aeronautica zehn Flugzeuge und 24 Mann verloren. 08_63/Großverbände und Stützpunkte der Regia Aeronautica. Die 5ª Squadra aerea befand sich von 1940 bis 1943 in Nordafrika

Ein wenig bekanntes Ereignis des Krieges war die im Juli 1940 beginnende Bombardierung von Städten des britischen Mandatsgebiets Palästina durch italienische und deutsche Flugzeuge. Die Bombardierung von Tel Aviv am 10. September 1940 tötete 137 Menschen. Mitte Oktober bombardierten die Italiener auch von Amerikanern betriebene Ölraffinerien im britischen Protektorat Bahrain.

Trotz des in Nordafrika beginnenden Feldzuges gegen die Briten beließ man auf Anordnung Mussolinis, der den Deutschen misstraute, neben den wenigen motorisierten und gepanzerten italienischen Heeresverbänden auch die besten fliegenden Einheiten bis April 1941 in Norditalien.

Erst mit dem Eintreffen von Erwin Rommels Verbänden und des X. Fliegerkorps der deutschen Luftwaffe, die einen weiteren Vormarsch der Briten verhinderten, entsandte auch Italien moderneres Gerät nach Nordafrika, darunter die MC.200 und einige Monate später auch die verbesserte Macchi MC.202. Die CR.42-Doppeldecker, die bis April 1941 manchmal mit bemerkenswertem Erfolg gegen britische Hawker Hurricanes gekämpft hatten, wurden in der Folge mit 50- und 100-Kilogramm-Bomben zur Luftnahunterstützung eingesetzt.

Der erwähnten Prestigesucht Mussolinis lag auch die Entsendung eines italienischen Luftwaffenverbandes nach Belgien zu Grunde. Von dort aus operierten ab Oktober 1940 zwei Bombergeschwader auf BR.20, ein Jagdgeschwader auf CR.42 und G.50 sowie eine Aufklärungsstaffel auf Z.1007 unter General Rino Corso Fougier mit sehr begrenztem Erfolg gegen Großbritannien. Die hierfür grundlegende Blindflugschule hatte man kurz vor Kriegsbeginn geschlossen. Es mangelte auch an Flugfunkgeräten.

Das in Belgien stationierte Corpo Aereo Italiano wurde Anfang 1941 aufgelöst und viele seiner Piloten nach Ostafrika versetzt, wo man mit veralteten Flugzeugen in einen isolierten Kampf gegen die Übermacht der Commonwealth-Truppen ging. Insgesamt schossen italienische Piloten hier bis Oktober 140 feindliche Flugzeuge ab und zerstörten weitere 80 am Boden. Zu den bekanntesten Piloten, die hier fielen, zählte Mario Visintini.

Die Verzettelung der italienischen Kräfte erreichte ihren vorläufigen Höhepunkt, als Mussolini am 28. Oktober 1940 Griechenland angreifen ließ. Der schlecht organisierte und mit unzureichenden Bodentruppen geführte Angriff gegen die entschlossenen Griechen wandelte sich schnell zu einem Abwehrkampf, den die Regia Aeronautica nach Kräften unterstützte. Auch hier konnte die Entscheidung nur mit deutscher Hilfe erreicht werden, in deren Folge auch Jugoslawien angegriffen und besetzt wurde.

Im zentralen Mittelmeer-Kriegsschauplatz kämpften italienische Torpedobomber vom Typ SM.79 mit teilweise beträchtlichem Erfolg gegen alliierte Konvois. Zu den erfolgreichsten Staffeln gehörte die von Carlo Emanuele Buscaglia. Weniger Erfolg hatten die Luftangriffe auf die Insel Malta, was aber letztlich auch vom Einfluss grundsätzlicher strategischer Entscheidungen abhing.

Als im Sommer 1941 ein italienisches Expeditionskorps in die Sowjetunion entsandt wurde, stellte die Regia Aeronautica hierfür zwei fliegende Gruppen ab (22º und 61º Gruppo, ab 1942 21º und 71º Gruppo), die dort bis Anfang 1943 Flugzeuge der Typen MC.200, MC.202, SM.82, BR.20, Ca.133 und Ca.312 relativ erfolgreich einsetzten, trotz widrigster Bedingungen während der Wintermonate.

Im Frühjahr 1942 gelang den MC.202 des 3. und 4. Geschwaders ein entscheidender Beitrag bei der Erringung der Luftherrschaft über Nordafrika. Die letzten erfolgreichen Aktionen der italienischen Luftwaffe gingen größtenteils auf das Konto der Torpedobomber, die im Sommer 1942 zusammen mit deutschen Kräften die Konvois Vigorous, Harpoon und Pedestal angriffen.

Von den im Herbst 1942 über dem Schlachtfeld von El Alamein erlittenen Verlusten erholte sich die Regia Aeronautica nicht mehr. Trotz Einführung moderner Jagdflugzeuge der so genannten Serie 5 (MC.205, G.55, Re.2005) mussten die italienischen Piloten in den folgenden Monaten über Tunesien und Süditalien verlustreiche Abwehrkämpfe gegen weit überlegene alliierte Luftstreitkräfte durchstehen. Obwohl an der Niederlage kein Zweifel mehr bestehen konnte, gaben viele Piloten bei wilden Luftkämpfen ihr Leben, darunter Franco Lucchini und der junge Ferruccio Serafini, nach dem später sein 51. Geschwader benannt wurde. Serafini rammte im Juli 1943 über Sardinien mit seiner MC.205 eine amerikanische P-40, weil er keine Munition mehr hatte.

Die militärische Lage war für Italien so aussichtslos, dass Mussolini abgesetzt und von Pietro Badoglio abgelöst wurde. Nach Geheimverhandlungen mit den Alliierten trat im September 1943 der Waffenstillstand von Cassibile in Kraft. Während die deutsche Führung diesen Schritt vorausgesehen und die Besetzung Italiens vorbereitet hatte, verblieb die Masse der italienischen Soldaten im Unklaren. Wie im Fall der anderen Teilstreitkräfte löste sich auch die Regia Aeronautica weitgehend auf. Von 180'000 Soldaten verblieben nur 30'000, die die schwierige Entscheidung zu treffen hatten, entweder an der Seite der deutschen Verbündeten den Krieg fortzusetzen oder den Befehlen der rechtmäßigen italienischen Regierung zu folgen, die in Süditalien unter dem Schutz der Alliierten stand. Im Lauf der folgenden Monate schlossen sich viele Soldaten, die im September 1943 ihre Uniform abgelegt hatten, der einen oder anderen Seite an.

ICBAF und ANR In Norditalien, wohin sich die Regia Aeronautica weitgehend zurückgezogen hatte, fielen den deutschen Verbänden der Großteil der italienischen Flugzeuge sowie fast alle Flugzeugfabriken des Landes in die Hände. Deutsche Truppen zerstörten auf besetztem italienischem Gebiet etwa 2'500 Flugzeuge und rund 10'000 Flugzeugtriebwerke, über 1'000 italienische Flugzeuge wurden in die Wehrmacht eingegliedert.

Diese Maßnahmen stellten für diejenigen italienischen Soldaten, die den Kampf auf deutscher Seite im Rahmen der Aeronautica Nazionale Repubblicana fortsetzen wollten, einen großen Rückschlag dar. Die Lage verbesserte sich erst gegen Ende 1943, als unter anderem die beschlagnahmten MC.205 zurückgegeben wurden. Die ANR-Jagdgruppen brachten den alliierten Bomberverbänden und ihrem Begleitschutz bis April 1945 erhebliche Verluste bei. Die Torpedofliegergruppe flog im Juni 1944 mit ihren SM.79 einen Langstreckeneinsatz bis nach Gibraltar. Eine Lufttransporteinheit unterstützte deutsche Truppen an der Ostfront. Nach deutschem Vorbild stellte die ANR auch Flugabwehr- und Fallschirmjäger-Verbände auf, die in Italien davor im Allgemeinen zum Heer gehört hatten. Einerseits versuchte die Wehrmacht eine gewisse Zeit, sich die ANR ganz einzugliedern, andererseits stellte sie schließlich ihre Bf 109-Jäger zur Verfügung, 1945 sogar in der modernsten verfügbaren Version K-4. Einer der bekanntesten ANR-Piloten, Adriano Visconti, nahm im April 1945 mit italienischen Partisanen Kapitulationsverhandlungen auf, er wurde jedoch in Mailand zusammen mit seinem Adjutanten von Unbekannten erschossen.

Die italienischen Soldaten, die nun unter der Regierung Badoglio an der Seite der Alliierten gegen NS-Deutschland kämpften, blieben völker- und verfassungsrechtlich Soldaten des Königs von Italien, weil sich das Königreich und seine Regierung mit dem Waffenstillstand nicht aufgelöst hatte. Aus diesem Grund bestand in Süditalien die Regia Aeronautica rechtlich unverändert fort, woran die englische Bezeichnung Italian Co-Belligerent Air Force (ICBAF) und das davon abgeleitete (Regia) Aeronautica Cobelligerante Italiana nichts änderte. Bei der ANR hingegen handelte es sich um eine illegale Abspaltung der Regia Aeronautica.

Im Gegensatz zur ANR fehlte der ICBAF von Anfang an eine industrielle Grundlage und damit auch eine ausreichende logistische Versorgung. Zu den wenigen verbliebenen einsatzfähigen Flugzeugen in Süditalien stießen im September 1943 rund 200 Maschinen hinzu, die von ihren Piloten auf teilweise abenteuerliche Weise in Nord- und Mittelitalien der Wehrmacht entzogen worden waren. Da die Alliierten in Süditalien kriegsverwendungsfähiges Material requirierten, soweit es von zurückweichenden deutschen Verbänden nicht zerstört worden war, und reguläre Ersatzteile nicht zu beschaffen waren, mussten die Techniker der ICBAF in außergewöhnlicher Weise improvisieren und Ersatzteile in der Regel in Handarbeit anfertigen oder anpassen. Nur dank des Erfindungsreichtums ihrer Flugzeugmechaniker gelang es der ICBAF, sich zwölf Monate lang mit italienischem Fluggerät an den alliierten Operationen zu beteiligen, vorwiegend auf dem Balkan, wodurch man direkten Konfrontationen mit italienischen Piloten der ANR aus dem Weg ging. Erst im September 1944 überließen die Alliierten der ICBAF in Anerkennung ihrer Leistungen die ersten P-39 Airacobras und Spitfires sowie einige Bomber vom Typ A-30 Baltimore, nach denen ein italienischer Verband als „Baltimore-Geschwader“ bezeichnet wurde.

In den 20 Monaten der „Mitkriegführung“ unterstützte die ICBAF insbesondere die Jugoslawische Volksbefreiungsarmee, welche sich ihrerseits 1945 an der Vertreibung der Italiener aus Istrien und Dalmatien beteiligte. Die Transportflieger versorgten verschiedene italienische Verbände, die auf dem Balkan abgeschnitten waren und dort oft zwischen den Fronten ums Überleben kämpften. Auf dem Balkan und auch in Italien landeten italienische Transportflugzeuge oft nahe oder hinter den feindlichen Linien, um Partisanen zu unterstützen oder Verwundete auszufliegen. Die verbliebenen Wasserflugzeuge wurden zur Konvoisicherung, zur U-Jagd sowie zur Luftrettung und zu Transportaufgaben eingesetzt.

Geschichte der französischen Luftstreitkräfte (aus Wikipedia)

Geschichte Die Armée de l’Air ist eine der ältesten Luftstreitkräfte der Welt. Ihre Anfänge reichen zurück bis ins Jahr 1909, formell bis 1912, als die neugeschaffene Aéronautique Militaire in die Streitkräfte eingegliedert wurden. Sie hatte zu Beginn des Ersten Weltkriegs 132 Flugzeuge. Beim Waffenstillstand im Jahr 1918 war die Aéronautique Militaire mit 90'000 Mann, 350 Staffeln und 3'222 Flugzeugen die stärkste Luftwaffe an der Westfront. Sie hatte 2'049 Feindflugzeuge und 357 Fesselballons vernichtet. Sie verlor 3'500 Piloten, 3'000 wurden vermisst oder waren verwundet. 2'000 Soldaten kamen bei Unfällen ums Leben.

Mit Gesetz vom 2. Juli 1934 wurde die Aéronautique Militaire eine eigenständige Teilstreitkraft unter dem Namen Armée de l’air.

Die Armée de l’air verfügte zu Beginn des Westfeldzugs über 2'400 Jagdflugzeuge, 1'160 Bomber und 1'464 Aufklärer, damit über 5'000 Flugzeuge. Darunter befanden sich etwa 1'000 Jagdeinsitzer moderner Bauart (Dewoitine D.520: 351 bis zur Kapitulation produziert, Curtiss P-36 amerikanischer Produktion: etwa 290, Bloch MB.152: etwa 500). Hinzu kamen noch etwa 1'000 Stück Morane-Saulnier MS.406. Dieses Jagdflugzeug war zwar frisch entwickelt, aber untermotorisiert (860 PS). Dennoch errang die MS.406 einen großen Teil der französischen Luftsiege. Ihr Gegner, die Messerschmitt Bf 109 E, hatte einen Daimler-Benz-Motor (DB 601 A-1) mit einer Startleistung von etwa 990 PS (also 15 % mehr).

Im Bereich der Bomber hatte die Ausrüstung mit modernen Kampfflugzeugen der Typen LeO 451, Amiot 351 / 354, Douglas DB-7 (später von den Briten als „Boston“ bezeichnet), Glenn-Martin 167, Bloch MB.174 und Breguet 691/693 erst vor kurzer Zeit begonnen. Dennoch gelangten bis zur Kapitulation im Juni 1940 insgesamt knapp 800 moderne Bomber zu den französischen Bomberstaffeln (rund 370 LeO 451, etwa 200 Breguet 691/693, etwa 80 Glenn-Martin 167, etwa 70 Amiot 351 / 354, etwa 70 Douglas DB-7, 25 Bloch MB.174).

Über Sturzkampfbomber verfügte (in kleinen Zahlen) nur die Marine (je zwei Staffeln Loire- Nieuport LN.401/402 und Vought V-156, insgesamt etwa 50 Flugzeuge).

Am 10. Mai 1940 waren nur etwa 25 % der verfügbaren Ressourcen der Armée de l’air an der Westfront im Einsatz. Der Anteil der in Nordfrankreich stationierten britischen Jagdflugzeuge war mit 30 % (der Gesamtzahl an Jägern in Frankreich) größer als der Anteil der französischen (25 %).

Als eine deutsch-französische Kontrollkommission nach dem Waffenstillstand allein im unbesetzten Frankreich 4'268 einsatzbereite Maschinen vorfand, zu denen noch 1'800 Maschinen in Nordafrika zu zählen waren, erhob sich die Frage, warum nur ein Bruchteil der Maschinen im Fronteinsatz standen. Man führte dies auf die Teilmobilisierung der Luftwaffe zurück, die sich auf eine längere Kriegsdauer eingestellt hatte. Abgesehen davon erwies sich auch die Koordination der Kampfführung zwischen der traditionell selbständigen Luftwaffe und den Kampftruppen als völlig unzureichend.

Das Fernmeldewesen der französischen Armee im Allgemeinen und speziell der Armée de l’Air war unzureichend.

Die französische Luftabwehr basierte im Wesentlichen noch immer auf den gleichen Mitteln und den gleichen Frühwarnsystemen wie im Ersten Weltkrieg. Das auf dem unzureichenden französischen Telefonnetz beruhende Meldesystem war ineffektiv und langsam. Die in Nordfrankreich errichtete britische Radarkette erwies sich über Land als wenig nützlich und unausgereift.

Liste der meistgebauten Kriegs-Flugzeuge 2. Weltkrieg (aus Wikipedia)

Erstflug Anzahl Flugzeug Land Art Jahr

Schlachtflugzeug 36'163 Iljuschin Il-2 1939 (Schturmowik)

Jagdflugzeug (Me 33'300 Messerschmitt Bf 109 1935 109) 20'351 1936 Jagdflugzeug

Jagdflugzeug 19'500 Focke-Wulf Fw 190 1939 (Würger)

18'482 Consolidated B-24 1939 Bomber (Liberator)

16'769 Jakowlew Jak-9 1942 Jagdflugzeug

Jagdflugzeug 15'858 North American P-51 1940 (Mustang)

Jagdbomber 15'686 Republic P-47 1941 (Thunderbolt)

Schulflugzeug 15'495 North American T-6 1938 (Texan, Harvard)

14'882 Junkers Ju 88 1936 Bomber

14'533 Hawker Hurricane 1935 Jagdflugzeug

Gleitflugzeug, 13'900 Waco CG-4A 1942 Lastensegler

Jagdflugzeug 13'738 Curtiss P-40 1938 (Warhawk)

12'731 Boeing B-17 1935 Bomber

Jagdflugzeug, 12'571 Chance Vought F4U 1940 Jagdbomber (Corsair)

Jagdflugzeug 12'275 Grumman F6F 1942 (Hellcat)

Schulflugzeug 11'537 Vultee BT-13 1939 (Valiant)

11'461 1936 Bomber

11'426 Petljakow Pe-2 1939 Bomber

Jagdflugzeug 10'037 Lockheed P-38 1939 (Lightning)

10'000 Lawotschkin La-5 1941 Jagdflugzeug

9'984 North American B-25 1940 Bomber (Mitchell) Torpedobomber 9'836 Grumman TBF 1942 (Avenger)

Jagdflugzeug 9'584 Bell P-39 1938 (Airacobra)

Schulflugzeug, 9'000 Avro 504 1913 Mehrzweckkampfflugzeug

8'721 Jakowlew Jak-1 1940 Jagdflugzeug

8'643 Polikarpow I-16 1933 Jagdflugzeug

Schulflugzeug, 8'584 Boeing-Stearman 1934 Agrarflugzeug (PT- 13, PT-17)

8'472 SPAD S.XIII 1917 Jagdflugzeug

7'800 Breguet 14 1928 Bomber

de Havilland DH.98 7'781 1940 Jagdbomber Mosquito

7'722 Grumman F4F 1937 Jagdflugzeug

7'603 Heinkel He 111 1935 Bomber

Bomber (Havoc, 7'478 Douglas A-20 1938 Boston)

7'377 Avro Lancaster 1941 Bomber

7'140 Curtiss SB2C 1940 Bomber (Helldiver)

7'000 Polikarpow R-5 1928 Schlachtflugzeug

6'656 Tupolew SB-2 1934 Bomber

6'528 Lawotschkin LaGG-3 1940 Jagdflugzeug

6'500 SPAD S.VII 1916 Jagdflugzeug

6'399 Jakowlew Jak-7 1940 Jagdflugzeug

6'178 Handley Page Halifax 1939 Bomber 6'166 Iljuschin Il-10 1944 Schlachtflugzeug

Bomber, 5'936 Douglas SBD 1938 Sturzkampfflugzeug

5'760 Messerschmitt Bf 110 1936 Mehrzweckkampfflugzeug

5'753 Lawotschkin La-7 1944 Jagdflugzeug

Schlachtflugzeug, 5'752 Junkers Ju 87 1937 Sturzkampfflugzeug (Stuka)

5'720 Sopwith 1½ Strutter 1915 Bomber

5'562 Bristol Beaufighter 1939 Bomber, Jagdbomber

5'490 Sopwith Camel 1916 Jagdflugzeug

5'329 Bristol F.2 1916 Bomber

5'266 Martin B-26 1940 Bomber

5'256 Iljuschin Il-4 1939 Bomber

Royal Aircraft 5'205 1916 Jagdflugzeug Factory S.E.5