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JOE FISH / ROBA IMAGES Kultur

Peymann, 76, leitet seit 1999 das Berliner Rande der rechtlichen Möglichkeiten jon - SPIEGEL: Welche Lehren soll er ziehen? Ensemble und war zuvor 13 Jahre lang glierte und dass die Katastrophe eines Peymann: Hartmann hat ja eine Spitzen - Chef des Wiener Burgtheaters. Tages kommen musste. Alle haben davon karriere gemacht bis zu seinem fürchter - gewusst, natürlich auch ich. Es gab diese lichen Sturz. Ich finde es ekelerregend, SPIEGEL: Herr Peymann, im Wiener Burg - orangefarbenen Briefumschläge, in denen wie die, die ihm gerade noch in den Hin - theater, dessen Intendant Sie waren, sie die Honorare übergab. tern gekrochen sind, sich jetzt von ihm wurde Ihr Nach-Nachfolger Matthias SPIEGEL: So, wie Sie das erzählen, klingt abwenden. Aber natürlich ist Hartmann Hartmann gefeuert und Ihre langjährige es ziemlich lustig. auch ein Beispiel für die Verführbarkeit Mitarbeiterin Karin Bergmann zur Inte - Peymann: Ich empfinde großes Bedauern. durch Geld und durch Macht. Dass er sich rimsdirektorin bis 2016 ernannt. Denken In Brechts „Der gute Mensch von Sezuan“ so hohe Regiehonorare zusätzlich zum Sie schon über eine Bewerbung nach? gibt es die Figur der Shen Te. Sie tut nur Intendantenvertrag zahlen ließ, finde ich Peymann: Nein, das wäre schon aus biolo - Gutes, aber in kürzester Zeit fährt sie ih - unmoralisch. Das habe ich nie gemacht, gischen Gründen schwierig. Ich werde 79 ren Tabakladen vor die Wand. Und dann ich hatte 40 Jahre lang zwei Inszenierun - sein, wenn in zweieinhalb Jahren mein kommt ihr Alter Ego Shui Ta, der die Din - gen in meinen Intendantenverträgen. Vertrag im Berliner Ensemble endet. ge wieder in Ordnung bringt. Diesen Shui SPIEGEL: In Wien hat Hartmann mehr als SPIEGEL: Im , aber auch in Düs - Ta hatte Silvia Stantejsky leider nicht. An - der österreichische Bundeskanzler ver - seldorf und werden riesige Defizite sonsten hat Brecht die Affäre Stantejsky dient, auch in großen deutschen Theatern beklagt. Können Theatermacher mit öffent - wirklich prophetisch vorausgesehen. Sie bekommen einige Chefs mehr als Frau lichem Geld nicht verantwortlich umgehen? ist das große Opfer. Merkel. Empören sich darüber nicht viele Peymann: Natürlich liegt der Schluss nahe. SPIEGEL: Ist auch Hartmann für Sie ein Menschen zu Recht? Auch in anderen berühmten Theatern, Opfer? Peymann: Das Amt des Bundeskanzlers von denen selbst der SPIEGEL womög - Peymann: Jedenfalls war er ein katastro - ist doch auch nicht so schwierig wie die lich noch gar nichts weiß, gibt es enorme phaler Krisenmanager. Das ging bis zur Aufgabe, das Burgtheater zu leiten! Das Defizite. Es kann sein, dass durch diese Jämmerlichkeit, als er sagte, er habe sich sehen Sie doch an der Merkel, die ja im Probleme das Theater ganz allgemein in Geld in bar auf den Tisch legen lassen, Prinzip nett ist, dass da nicht so viel da - Gefahr gebracht wird. Trotzdem ist der weil er als neuer Burgtheaterdirektor noch zugehört. Bundespräsident oder Bundes - Vorwurf, Künstler könnten mit Geld nicht kein Konto in Österreich gehabt habe. Als kanzler, das kann doch jeder! (Peymann umgehen, Quatsch. lacht.) Aber ein guter Theaterdirektor, da SPIEGEL: Warum? können Sie lange suchen! Ich habe kein Peymann: Ich bin der Gegenbeweis – der schlechtes Gewissen, mehr zu verdienen typische Provinzdirektor. Ich war es in als Frau Merkel. Mein Gehalt ist nicht an - Stuttgart und in Bochum, und ich bin es nähernd so hoch wie das der Chefin der auch im Burgtheater und in geblie - BVG, der Berliner Verkehrsbetriebe. ben. Ich habe immer gewusst: Wir leben SPIEGEL: Was braucht ein Theaterdirektor, von dem Geld der Leute, die nicht ins um gut zu sein? Theater gehen. Das kann man zu anstän - Peymann: Er braucht eine Botschaft, und A dig finden. Aber auch Intendanten wie P wenn sie wahnhaft ist. Meine Botschaft D

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Dieter Dorn, Jürgen Flimm und Peter R war es, mit dem Burgtheater die Welt zu E G E

Stein haben sich daran gehalten. A verändern, wie ich auch jetzt mit dem Berli - J

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SPIEGEL: R

Was empfanden Sie, als Sie er - E ner Ensemble die Welt verändern will. Das B O fuhren, dass im Burgtheater im Dezember R ist natürlich der schiere Wahnsinn! An den die Vizedirektorin Silvia Stantejsky und Burgtheaterchef Hartmann 2013 ich aber fest glaube! Diese Wahnhaftig - Mitte März dann der Direktor Hartmann „Durchschaubar, naiv, hilflos“ keit, dass das Theater etwas einmalig gehen mussten, weil die Buchhaltung of - Politisches ist, an der halte ich fest. Vom fenbar chaotisch betrieben wurde und ob, wenn der Burgtheaterdirektor ein Kon - Peymann weiß man: Der haut sich total sich ein Millionendefizit auftat? to eröffnen will, nicht innerhalb von drei rein. Sie merken: Ich muss mich immer sel - Peymann: Da kamen mir die Tränen. Ich Minuten sämtliche Bank direktoren Wiens ber loben, weil es sonst keiner tut! kenne alle Beteiligten. Silvia Stantejsky vor der Tür stehen! Das war leider durch - SPIEGEL: Bei der Dramaturgen-Jahres - hat bei uns 13 Jahre lang mitgearbeitet, schaubar, naiv, hilflos. Dem Hartmann tagung in Mannheim wurde den Theater - Hartmann habe ich viermal als Regisseur rufe ich zu: Ich hoffe, du lernst aus diesem machern gerade vorgerechnet, dass in ab - eingeladen, dabei kamen zum Teil sehr Sturz! Ich weiß, wovon ich rede. soluten Zahlen in Deutschland heute gute Inszenierungen heraus. Ich habe das SPIEGEL: Inwiefern? halb so viele Menschen ins Theater gehen Burgtheater in einer glücklichen Zeit ge - Peymann: Der schlimmste Sturz in mei - wie in den siebziger Jahren. Müssen sich leitet, in der es wirklich zum österrei - nem Theaterleben war mein Abschied Theaterleute wegen solcher Zahlen und chischen Nationaltheater geworden ist aus der Schaubühne 1971. Da bin ich ge - der aktuellen Skandale neu rechtfertigen durch die Uraufführungen der Stücke von flüchtet, weil mir klargeworden war, dass für die Subventionen, die sie kassieren? Thomas Bernhard und Peter Handke, von Peter Stein sich diesen scheinbar so de - Peymann: Vielleicht ist der Fall Burgtheater Elfriede Jelinek und Peter Turrini. Es ist mokratischen Laden unter den Nagel rei - wirklich ein Fanal. Der Aufbruch in eine fatal, was jetzt passiert ist. ßen wollte. Ich habe aber in dieser Krise neue Zeit, eine entscheidende verlorene SPIEGEL: Was genau finden Sie fatal? begriffen, wie gut ich als Theaterdirektor Schlacht um öffentliche Gelder und um Peymann: Es ist völliger Unsinn, die ehe - würde sein können. Ich habe dann in einen Kulturbegriff, wie er speziell in malige kaufmännische Direktorin Silvia Stuttgart, in Bochum und im Burgtheater Deutschland und Österreich entstanden Stantejsky als Verbrecherin zu brandmar - Gegenmodelle aufgebaut zu der damals ist im letzten Jahrhundert. Der Staat fühl - ken. Sie ist ein wunderbarer Mensch. fürchterlich deutschen, total angestreng - te sich verantwortlich für das kulturelle Alle, die heute auf sie schimpfen, an der ten Schaubühnenkunst, indem ich auf das Erbe. Aber schon seit einer Weile betreibt Spitze natürlich Matthias Hartmann sel- Spielerische, Leichtsinnige gesetzt habe, dieser Staat durch sein Kaputtsparen eine ber, haben davon gewusst, dass sie am auf die Treue zur Literatur. Für mich war Umweltbeschädigung, die man mit der das eine Krise, aus der ich als Sieger her - Zerstörung der Natur vergleichen kann. Das Gespräch führte der Redakteur Wolfgang Höbel. vorging. Das wünsche ich auch Hartmann. Ich finde das Zurückgehen der absoluten

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A V A T O V Theaterfreunde Bernhard, Peymann 1988 in Wien: „Meine Weggefährten waren nicht die Schauspieler, sondern die Dichter“

Zuschauerzahlen nicht so bedenklich wie Dichter. Von Euripides über Shakespeare SPIEGEL: Also muss ein guter Theater - das, was an einzelnen Bühnen geschlos - bis Peter Handke und Thomas Bernhard. direktor Ihrer Meinung nach dafür sorgen, sen oder fusioniert wird, in Wuppertal Wir haben die Literatur abgeschafft. Wir dass die Bude und die Kasse voll sind? und in Rostock und in Dessau. Das sind haben unsere Arbeit nicht mehr ernst ge - Peymann: Aber natürlich, die Zeiten, in ungeheure Verluste! nommen. Wir haben sie ironisiert. Die denen Theaterleute stolz waren, wenn SPIEGEL: Könnte es sein, dass die Welt nur Katharsis durch Aufführungen, den gan - die Leute rausrannten, dieser Hochmut achselzuckend zusieht, wenn man das zen Mythos des Theaters. Heute tragen ist vorbei. Ich selber hatte diesen Hoch - deutsche Theatersystem abschafft? Schauspieler Mikrofone, sie können nicht mut nie. Ich war stolz, dass selbst die Ur - Peymann: Das System wird zusammenkra - mehr sprechen, sie werden über Monitore aufführung der „Publikumsbeschimp - chen, wenn man ihm die Grundlage ab - gezeigt. Die großen Klassiker werden heu - fung“ von Peter Handke, die ich 1966 in gräbt. Wir würden trotzdem nicht auf - te in 60 Minuten vom Tisch geräumt. Frankfurt gemacht habe, immer ausver - geben. Dann würden wir eben in den Vor - SPIEGEL: Kriegen Regisseure zu viel Geld, kauft war. Ich habe ja mehr Uraufführun - orten spielen, in den Katakomben. Ich größtenteils Steuergeld, für ihre Arbeit? gen gemacht als jeder andere Regisseur, bin ganz sicher, dass das Theater nicht Peymann: Das mag in manchen Fällen 14-mal Bernhard, 10-mal Handke, 4-mal vom Aussterben bedroht ist, diese wun - stimmen. Andererseits: Für das Honorar, Turrini. Ein Fünftel der Inszenierungen derbare Errungenschaft, die sich unsere das ich für eine Gastinszenierung bekä - meines Lebens sind Uraufführungen! Vorfahren erkämpft haben oder die ihnen me, geht ein Bankdirektor in Hildesheim Und das Publikum ist nie weggeblieben. geschenkt wurde von den Fürsten! Auf oder ein Oberarzt in Bensheim noch nicht SPIEGEL: Ihr Regisseurskollege Leander dem Land leuchten Wälder und Wiesen, mal aus dem Haus. Und die Vorstände Haußmann sagt, einem Regisseur müsse in einer Stadt leuchten die Bühnen, die von Dax-Unternehmen wie der Deut - der Erfolg beim Publikum egal sein. Museen, die Opern. Die Stadt Berlin ist schen Bank kriegen einen Lachanfall, Peymann: Ein guter Regisseur wird immer ja das Deutsche Theater, die Schaubühne, wenn sie hören, was ich verdiene. Über vor vollem Haus spielen. Er wird nach das BE, das Gorki, die Staatsoper oder deren Gehälter regt sich keiner auf. der größten, radikalsten Verwirklichung die Komische Oper. Was ist Berlin sonst? SPIEGEL: Weil es kein öffentliches Geld ist. eines Themas suchen. Ich zumindest habe Verschmutzte Wohnquartiere am Rand Peymann: Natürlich ist es das. Unsere Mil - gemacht, was ich wollte, und hatte trotz - und mittendrin ein Haufen schlecht ent - liardenzahlungen nach Griechenland dem 90 Prozent Auslastung. worfener Neubauten. sind doch nichts anderes als Zahlungen SPIEGEL: Kritiker meinen, diese gute Aus - SPIEGEL: Sie beschwören das Theater als an die Deutsche Bank, deren Kredite die lastung komme daher, dass Sie Ihr Thea - zentralen Ort des gesellschaftlichen und griechische Regierung nicht mehr zurück - ter, in dem einst Bertolt Brecht arbeitete, politischen Palavers. Stimmt diese doch zahlen konnte. Die Bundesregierung wie ein Museum betreiben. Zu Unrecht? sehr wahnhafte Vision noch? könnte das Geld auch gleich direkt in Peymann: Ja, die Kritiker, die sind ja im - Peymann: Palaver? Nun mal langsam. Das Frankfurt abgeben. Doch statt sich über mer klüger als das Publikum. Was ist Theater bleibt und ist ein politischer Ort, solche Dinge zu empören, zetern die Leu - denn an einem Museum schlecht? Es ist und das haben selbst die Theaterleute ver - te, weil eine Opernsängerin mal an ei - eine Unverschämtheit, den kreativen Be - gessen. Ich glaube, am meisten schuld nem Abend 20 000 Euro verdient. An ei - griff des Museums so niederzumachen, sind wir selbst. Wir haben unser Geheim - nem Abend, an dem man aber auch das wie es in Berlin zurzeit geschieht. In ei - nis aufgegeben, das, was unsere Einma - Doppelte der üblichen Abendkasse ein - nem Museum hängt hier ein Rembrandt ligkeit ausmacht: Das ist der spielende nimmt. Das ist lächerlich in unserer Neid - und dort ein Neo Rauch. In einem Mu- Mensch, der große dramatische Stoff, die gesellschaft. seum stehen die Leute für eine große Aus -

106 ! "  14/2014 Kultur stellung zehn Stunden an – wie in Berlin, Castorfs Inszenierungen heute nicht mehr SPIEGEL: Warum jetzt genau? als das MoMA in der Stadt gastierte. Und sehen, dabei habe ich seine großen Ar - Peymann: Der Laden ist ausgereizt, wir warum tun sie das? Weil sie ihre Utopie, beiten vor 15 Jahren geliebt. Ich finde es haben zu wenig Geld. Alle Aufführungen ihren Schönheitsbegriff auch aus der unmöglich, dass er kaum in Berlin ist. mit weniger als 70 Prozent Auslastung Vergangenheit beziehen. Ist die Philhar - SPIEGEL: Also gehört zu einem guten Thea - nehmen wir vom Spielplan. 70 Prozent, monie etwas Schlechtes, nur weil dort terdirektor, dass er dauernd in seinem da würde mancher jubeln! Brahms vom Blatt musizie - Chefbüro sitzt und Präsenz zeigt? SPIEGEL: Wie stellen Sie sich Ihr Leben ren lässt und eben nicht um des Effekts Peymann: Selbstverständlich. Ich bin jeden ohne einen Theaterdirektorenjob vor? willen die Violinen durch eine Ziehhar - Tag hier im Haus, ich gastiere nicht an - Peymann: Ich kann es mir nicht vorstellen. monika ersetzt? Nein. Wenn Sie mich fra - derswo als Regisseur. Wenn ich mal drei Das Theater war die letzten 40 Jahre mei - gen: Wir brauchen sogar noch mehr gute Tage weg bin, dann mit dem Theater. Das ne Familie, auch wenn ich nie sagen wür - Theatermuseen! ist der Spießer Peymann. de, dass die Schauspieler meine Kinder SPIEGEL: Ist es nicht der Hauptjob eines SPIEGEL: Zumindest für die Wiener stehen waren. Das waren sie nicht. Ich bin kein Theaterleiters, auf seiner Bühne statt der Sie im Augenblick als Sieger und Licht - Kantinensäufer und habe mir Freunde politischen und gesellschaftlichen Vergan - gestalt da. Dort wünschen sich viele den nie unter Schauspielern gesucht. Meine genheit die Gegenwart zu verhandeln, Burgtheaterdirektor Peymann zurück. Weggefährten waren die Dichter. egal woher er den Stoff bezieht? Peymann: (lacht) Ja, aber in Deutschland SPIEGEL: Welchen Luxus haben Sie sich Peymann: Aber doch nicht um den Preis sind Sie und ich die beiden Einzigen, die als Theaterdirektor erwirtschaftet? des Verzichts auf die Dichtung! Das Thea - mich als Sieger sehen. Wie meine Arbeit Peymann: Ich habe keine Häuser, keine ter kann meinetwegen alles machen. Es von den Berliner Kritikern gehasst wird! Landsitze, ich habe es zu nix gebracht, hält auch die Anmaßung und den Grö - Manchmal bestätigt mich das. In Wien aber ich werde einiges an Rente kriegen. ßenwahn von Regisseuren aus. Aber dagegen, wo man eigentlich sterben muss, Ich habe keinen Porsche, weil ich keinen wenn wir aufgeben, was das Wesentliche um zur Legende zu werden, werde ich Führerschein habe. Ich bin um halb zehn ist, darf man sich nicht wundern, dass wir schon jetzt immer freundlich begrüßt. im Theater und verlasse das Theater um am Rand der Gesellschaft sind. Das freut mich. zehn oder um halb elf. Einmal die Woche SPIEGEL: Sie sind heute als Theaterdirektor SPIEGEL: Gibt es in Berlin wenigstens in die Sauna, sonst ist da nichts. Ich gehe ein konservativer Mahner. Waren Sie einen Politiker, der Ihnen beisteht? gern gut und bin großzügig. Seit nicht mal selber ein Revoluzzer? uns die Betriebsausflüge vom Senat ver - Peymann: Natürlich, das ist der Witz. Ich boten wurden, bezahlen wir es jetzt pri - war mal der Prototyp des Neuerers. Am vat – unsere graue Eminenz Hermann Anfang meiner Karriere, 1966, da hat mit Beil und ich –, wenn wir ein Schiff für der „Publikumsbeschimpfung“ das Dra - das Ensemble mieten. Sie merken, jetzt ma neu begonnen, so wie zehn Jahre spä - spiele ich auch noch die Mutter Teresa … ter mit Peter Zadeks „Othello“ in Ham - SPIEGEL: Braucht das Theater nicht einen burg das Theater insgesamt neu begon - verschwenderischen Glanz durch seine nen hat. Aber beide Inszenierungen Fürsten, wie Ihr Freund Castorf meint? haben nie das Grundprinzip des Theaters Peymann: Glanz ja – verschwenderisch in Frage gestellt, den ernsthaften Vorstoß nein. Natürlich muss jedes Theater leuch - in die Terra incognita eines Textes. Das ten. Aber mir war es immer zuwider, sogenannte deutsche Regietheater, dieses wenn die Regiekönige einen Hofstaat von S E

Regiewunder, kam erst später. G zehn Assistenten um sich scharen. Außer - A M I SPIEGEL: Wie wichtig ist für einen guten dem bin ich Bremer und Hanseat: Wir S U I T Theaterchef die Zustimmung seiner eige - I nehmen keine Orden. Dreimal wurde mir R U nen Künstler zu seiner Arbeit? Im Wiener A das Bundesverdienstkreuz angedient. Das M

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Burgtheater haben die Schauspieler mit Y habe ich immer abgelehnt. Ich sehe mich M A L einem Misstrauensvotum gegen den Chef A als Kapellmeister, als Diener. Hartmann Furore gemacht. Burgtheater in Wien SPIEGEL: Jetzt dienen Sie Franz Kafka. Peymann: Demokratie und Kunst schließen „Demokratie und Kunst schließen sich aus“ Peymann: Ja. Ich beschäftige mich konzen - sich aus. Diesen Antagonismus können Sie triert mit der Inszenierung von Franz Kaf - nicht auflösen. Kunst ist immer die Ver - Peymann: Trotz der Gehässigkeit in dieser kas „Prozess“, die am Freitag dieser Wo - wirklichung des Einzelnen. Wir haben an Stadt, die ein Ausdruck ihrer Provinzia - che Premiere haben wird. der Schaubühne ja die Demokratie ver - lität ist, habe ich ein gewisses Zutrauen SPIEGEL: Ausgerechnet Sie inszenieren ei - sucht und sind gescheitert. Wenn man heu - in die Weisheit von Klaus Wowereit. Er nen Romanstoff, obwohl Sie wie kein an - te hier im BE abstimmen würde, wer für ist ein großstädtischer Bürgermeister. Er derer Theatermann stets Ihre Liebe zu mich ist und wer gegen mich? Ich weiß weiß, dass diese Stadt Berlin ohne ihre den Stückdichtern betonen? Warum das? nicht, wie das ausgehen würde! Je nach - Theater arm wäre. Er hat ein gutes Urteil Peymann: Weil ich nach einem Text ge - dem, ob wir gerade einen Riesenerfolg ha - über Aufführungen. Er und ich, wir haben sucht habe, der mir hilft, von der Angst ben wie mit Wilsons „Peter Pan“ und Hauß - beide diesen schnoddrigen Großstadtton vor der totalen Überwachung zu erzäh - manns „Hamlet“ oder nicht. Haben Sie und lassen uns nichts gefallen. Mal sehen, len, die sich auch in mir in den vergange - einen Volltreffer gelandet, dann sind alle wie er mit seinem neuen Staatssekretär nen Monaten ausgebreitet hat. Von dieser für Sie, sonst sind schnell alle gegen Sie. für Kultur die komplizierten Nachfolge - NSA-Krake, die uns alle bedroht, kann SPIEGEL: Wie würden Sie bei einem Auf - fragen in den Theatern lösen kann. man am besten mit dem großen Autor stand Ihres Ensembles reagieren? Ihr Kol - SPIEGEL: Warum soll das so schwer sein? Franz Kafka erzählen. Ich gebe zu, dass lege Frank Castorf sagt, er würde mit der Peymann: Einen Nachfolger für Castorf in es sich fast um einen Sündenfall handelt, stalinistischen Knute dreinschlagen. der Volksbühne zu finden ist leichter. Die - wenn ich jetzt einen Prosatext inszeniere. Peymann: Der Castorf war ja nie wirklich ses Theater muss man nur wieder wach - Aber bedauerlicherweise hat Kafka keine Theaterdirektor, das hat er in der besten küssen. Aber das BE ist schwer. Weil wir Stücke geschrieben. Zeit der Berliner Volksbühne den Mat - es so verdammt gut machen. Ich wünsche SPIEGEL: Herr Peymann, wir danken Ihnen thias Lilienthal machen lassen. Ich mag keinem, mein Nachfolger zu werden. für dieses Gespräch.

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