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Biosphärenreservat Flusslandschaft -

1000 Jahre Elbtalaue

1147 Männersache: Albrecht der Bär christianisiert und kolonisiert. Mit ihm auf dem Weg in das Land östlich der Elbe sind Herren, deren Nachwuchs über Jahrhunderte Prignitzgeschichte schreiben. Das edle Geschlecht namens Gans baut Burgen in und .

1297 Splitternackt: Otto I. Gans wird in Wittenberge von mecklenburgischen Raubrittern aus der Badewanne geklaut. Erst gegen Lösegeld kommt er frei. Wittenberges hölzernes Steintor-Oberteil brennt bei dieser Gelegenheit ab.

1303 Clever: Perleberg kauft die . Der Weg zur Hanse ist frei. Noch ein paar kleine Rechte für die Perleberger: Ermäßigung des Elbzolls für Salz, Korn, Bier und Wein (1337), alleinige Stapelgerechtigkeit in Wittenberge, denn da schläft noch alles.

1349 Mogel-Meister: Der Name “prygnitz” taucht jetzt auf. In der Urkunde des falschen Waldemar. Der verspricht das Blaue vom Himmel und der Stadt Wittenberge, für immer zur Mark Brandenburg zu gehören. Das klappt dann nicht immer. (Pregnyca, altpolabisch = ungangbares Waldgebiet).

1383 Wunderlich: Am 24. August steckt Ritter Heinrich von Bülow das Dorf Wilsnack in Brand. Drei Tage später findet der Pfarrer drei Hostien, die bluten. Der Pfarrer rennt zum Bischof und der meldet es dem Papst. Wilsnack wird bedeutender Wallfahrtsort Nordeuropas.

1395 Abgezockt: In den Folgejahren baut der Bischof Johann Wöplitz mächtig am neuen gotischen Dom zu Havelberg. Das „Wunderblut“ aus Wilsnack hört gar nicht auf zu fließen.

1487 Love-Parade: Zwischen Ostern und Pfingsten ziehen 10.000 junge Leute aus Sachsen nach Wilsnack. Unterwegs tanzen und schreien sie, wie besessen.

1588 Bauarbeiten: Die Eldenburg, einstige askanische Grenzfeste, wird von den Quitzows zu einem Schloss mit 365 Fenstern umgebaut. Wohlstand der Raubritter.

1638 Narben: Der dreißigjährige Krieg (1618-1648) wütete in der . Drei Tage im November (15.-17.) tobt die kaiserliche Soldateska durch die Straßen von Perleberg. Danach ist alles anders. Am Ende des Krieges leben von ehemals 3500 Einwohnern noch 300 in der Stadt.

1651 Abgeschoben: Kurfürst Friedrich Wilhelm schenkt dem niederländischen Admiral Gysel van Lier (1593-1676) das . Für Verdienste. Der Admiral räumt auf, holt Siedler in die Wische, lässt Deiche reparieren, sorgt für Bildung auch in Amtsstuben und dafür, dass es Branntwein erst nach dem Gottesdienst gibt.

1656 Pferdestärken: Die erste Post wird zweimal wöchentlich von nach befördert. Der Weg führt über Kletzke, Perleberg und Lenzen und dauert 42 Stunden.

1754 Ganz vergessen: Am 15. Januar kommt in Boberow Friedrich Gedicke zur Welt. Der Pädagoge (gest. 1803) revolutionierte mit seinen neuen Sachen deutsches Schulwesen: Klassenbücher für Lob und Tadel, Entschuldigungszettel, Schulbibliotheken und die Reifeprüfung an Gymnasien.

1778 Prignitz-Promi: Der Lanzer Pfarrer wird Vater eines Sport- und Freizeitbegeisterten: Friedrich Ludwig Jahn.

1804 Schön dumm: Am 14. Oktober kommt in Lenzen Maria Dorothea Elisabeth Lensing zur Welt. Die Arme. Als Dauer-Geliebte von Hebbel, bekommt sie Söhne, aber keinen Ehering. Der Dramatiker heiratet dann doch, aber nicht sie. Elise zieht, weil sie’s nicht lassen kann, den störenden Knaben der schönen Schauspielerin und Hebbel-Gattin Enghaus auf.

1808 Schuhtick: In Perleberg arbeiten 101 Schuhmachermeister mit 107 Gesellen. Bereits am 27. März 1239 bekamen sie als erste Handwerkerzunft der Mark Brandenburg landesherrliche Privilegien.

1823 Dornröschenschlaf vorbei: Der Berliner Salomon Herz baut seine Ölmühle auf den weißen Strand von Wittenberge. Perfekte Flussufer-Logistik zwischen Berlin und Hamburg. Herz war der Erste, der es mit neuen Zeitalter-Augen sah.

1846: Bahn frei: Am 15. Dezember fährt der erste Personenzug der Strecke Berlin - Hamburg vom Bahnhof Wittenberge ab.

1851 Zeitfrage: Am 25. Oktober wird die erste Eisenbahnbrücke über die Elbe bei Wittenberge für den Zugverkehr freigegeben.

1854 Nobler Stall: Der Hengst Scherz gewinnt als erstes deutsches Pferd das Rennen im englischen Newmarket. Sein Futter bezahlt Graf Hugo von Wilamowitz-Moellendorff auf Schloß Gadow.

1871 Ausverkauft: Der letzte Rest Eichenwald bei Lenzen wird verkauft. Jahrhunderte ging das so: Stadtkasse leer, Baum verkauft. Bis nach Holland und Portugal ging das schöne Holz. Nun ist nichts mehr da.

1879 Kassenschlager: Bronze auf der Weltausstellung im australischen Sydney für Perleberger Schuhglanzwichse.

1888 Stolzer Vater: Lotte Lehmann, die Dame mit der goldenen Kehle und Erfolgen an allen Opernbühnen dieser Welt, wird in Perleberg geboren. Der Papa ist Beamter.

1899 Olle Klamotte: Am 15. September pochen die Steinbrucharbeiter Schröder und Jaap durch Zufall die bedeutendste bronzezeitliche Grabanlage in Mitteleuropa frei. Die Steine vom Königsgrab in Seddin werden zum Chaussee-Bau verwendet. Auch der Perleberger Bahnhofsplatz wird mit heiligen Resten gepflastert.

1903 Luxus Maschine: die Singer Manufacturing Company, führender Nähmaschinenhersteller der Welt, baut in Wittenberge ihr größtes Nähmaschinenwerk und das einzige des Konzerns in Mitteleuropa.

1906 Kalorienbomben: “Anfertigung von verschiedenen Torten, Eistorten, Baumtorten, Bienenkörben, Bismarck-Eichen. Eduard Dannehl’s Konditor- und Chokoladen- Spezialgeschäft, Wittenberge.” Auch Gräfin von Bismarck aus Königsberg ordert.

1916: Giftig: Carl Sternheim veröffentlicht eine weitere Komödie zu seinem Lieblingsthema: deutsches Spießertum und provinzielle Engstirnigkeit. Der Titel: Perleberg.

1918 Schauplätze: Am 6. März erzielt Herold, ein in “jeder Beziehung erstklassiger Bulle” auf einer Auktion in Wittenberge den höchsten Verkaufspreis. Züchter Adolf Thiede aus Baarz in der Lenzer Wische freut sich. Auch “Lustig” der zweitteuerste Bulle, stammt aus der Wische.

1921 Fischer(un)glück: Bei Wootz wird der letzte große Stör in der Elbe gefangen. Er ist zu schwer für alle Waagen des Dorfes und enthält 70 Pfund Kaviar. 1925 26. April Stichwahl: Drei Kandidaten bewerben sich um das Amt des Reichspräsidenten der Weimarer Republik. Das Wahlergebnis in der Prignitz: Paul von Hindenburg: 48,8 Prozent, Wilhelm Marx (Zentrum): 45,3 Prozent, Ernst Thälmann: 6,4 Prozent.

1929 Die Stadt Wilsnack darf sich Bad nennen.

1939 12. Januar: Das Amtsgericht Wittenberge teilt lapidar mit: Die bisherige Eintragung der jüdischen Gemeinde in das Vereinsregister ist ungültig. Eine Neueintragung erfolgt nicht.

1945 12. April: Wittenberge wird von den Deutschen zur Festung erklärt. Der Kommandant Rauterberg lässt die Elbbrücke sprengen. Bei Seehausen stehen amerikanische Panzer.

13. April: Der Seehausener Arzt Dr. Albert Steinert und der Bürgermeister von Wahrenberg, Ewald Fredrich, machen sich auf den Weg, den Wittenberger Stadtkommandanten um die Einstellung von Kriegshandlungen zu bitten. In den frühen Morgenstunden des nächsten Tages lässt Rauterberg die beiden Parlamentäre auf dem Gelände des Singer-Nähmaschinenwerkes standrechtlich erschießen.

10. Mai: Gemeinsam feiern amerikanische und sowjetische Soldaten das Ende des Krieges in Wittenberge.

1949 10. Februar: Der sowjetische Kreiskommandant, die SED-Ortsleitung und der Oberbürgermeister eröffnen das erste HO-Geschäft in Wittenberge.

1952 Aufgelöst: Die Länder im Osten Deutschlands werden administrativ aufgehoben. Die Westprignitz wird von brandenburgischen Gebieten abgetrennt und als Kreis Perleberg dem angeschlossen.

1960 Durchgesetzt: Die Prignitz ist “vollgenossenschaftlich”. Die LPG in Lütchenheide heißt “Alte Eiche”, die in Groß Breese “Schöne Zeiten”.

1980 Leergepumpt: Am 6. Oktober wird das -Schöpfwerk seiner Bestimmung übergeben.

1987 Geburtsstunde: Im Juli begeht Rühstädt sein 1.Storchenfest. 16 Storchenpaare ziehen 33 Junge auf.

1989 Ohne Grenzen: Am 2. Dezember fährt die Lenzener Fähre wieder. Nach 44 Jahren Unterbrechung.

1999 Für heute und morgen: Am 20. März gibt der Umweltminister Dr. Eberhard Henne den brandenburgischen Teil des länderübergreifenden Biosphärenreservats Flusslandschaft Elbe in Lenzen bekannt.