Perleberg 2020
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Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz Band 20 Im Auftrag des Vorstandes herausgegeben von Dr. Uwe Czubatynski Perleberg 2020 Homepages des Vereins: www.uwe-czubatynski homepage.t-online.de/verein html www.geschichtsverein-prignitz.de Abbildung auf dem Umschlag (vgl. Seite 90): Stadtwappen von Pritzwalk nach Otto Hupp. Redaktion: Dr. Uwe Czubatynski, Burghof 10, 14776 Brandenburg Druck: Hohnholt GmbH, Bremen (www.hohnholt.com) Auflage: 310 Exemplare 3 Inhaltsverzeichnis Benjamin Pinchas Unglaub „… mancherley Zucht-Ruthen und Geisseln, dass es kaum zu beschreiben.“ Die Plünderung Perlebergs 1638 bei Johann Crusius (1720) 5 Uwe Czubatynski Die brennenden Vasen. Ein Beitrag zur Biographie des Havelberger Bild- hauers Heinrich Joachim Schultz und zum Verständnis barocker Ikono- graphie 39 Rudolf Bönisch Die Gemälde am Altaraufsatz in Königsberg (Ostprignitz) von 1631 – Kopien europäischer Meisterwerke 45 Jürgen W. Schmidt Perleberg als Garnisonstadt von 1871 bis 1997 75 Bernhard von Barsewisch Siegel und Wappen der Mediatstädte der Gans Edlen Herren zu Putlitz 81 Stephan Porwol Die Fußballabteilung des Singer Turn- und Sportvereins von 1926 e.V. in Wittenberge 101 Torsten Foelsch Klein Gottschow und Simonshagen – Beiträge zur Geschichte zweier Prignitzdörfer 111 JAHRESBERICHT der Studienstiftung Dr. Uwe Czubatynski für 2019 171 KASSENBERICHT des Vereins für das Jahr 2019 177 TÄTIGKEITSBERICHT des Domstiftsarchivs Brandenburg für 2019 179 BIBLIOGRAPHIE zur Geschichte der Prignitz 187 Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 20 (2020) 4 Uwe Czubatynski Bibliographie zur Kirchengeschichte in Berlin-Brandenburg Band 1: Allgemeines und Altmark. Nordhausen: Bautz 2013. 252 S. ISBN 978-3-88309-806-7, Preis: 30,– € Band 2: Kreise und Orte im Land Brandenburg. Nordhausen: Bautz 2014. 284 S. ISBN 978-3-88309-898-2, Preis: 30,– € Band 3: Berlin, Preußen, Niederlausitz, Personen, Orgeln. Nordhausen: Bautz 2017. 260 S. ISBN 978-3-95948-273-8, Preis: 30,– € Aus dem Inhalt: Band I: Allgemeines: Archiv- und Bibliothekswesen – Kirchenbuchwe- sen – Zeitschriften und Zeitungen – Quellenkunde – Gesamtdarstellun- gen – Das Mittelalter – Die Reformation – Protestantismus seit der Re- formation – Themenfelder: Kirchenbau, Kirchenmusik, Kirchenrecht – Katholische Kirche – Die Altmark: Landschaften und Landesteile – Familien und Personen – Orte und Ortsteile. Band II: Landschaften und Landesteile – Kreise 1815 bis 1952 – Kreise nach 1952 – Landkreise nach 1993 – Einzelne Orte: Abbendorf bis Züllichau. Bezugsadresse: Verlag Traugott Bautz, Ellernstr. 1, 99734 Nordhausen Tel. 0 36 31 / 46 67 10, Fax: 0 36 31 / 46 67 11 E-Mail: [email protected], Internet: www.bautz.de Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 20 (2020) 5 Benjamin Pinchas Unglaub „… mancherley Zucht-Ruthen und Geisseln, dass es kaum zu beschreiben.“ Die Plünderung Perlebergs 1638 bei Johann Crusius (1720) 1. Einleitung Der Dreißigjährige Krieg stellte eine bedeutende Umwälzung für die Geschichte großer Teile des heutigen Deutschlands dar, verbunden mit einer enormen Zahl an menschlichen Opfern und großem Leid. Davon künden zahlreiche Schriften von Zeitgenossen, die ihre Erlebnisse zu Papier brachten, was bei vorhergegangenen Geschehnissen noch nicht in diesem Maße stattgefunden hatte. Diese Zeugnisse können einen Einblick geben in die Gedankenwelt der Menschen des 17. Jahrhun- derts, sie können aber auch einen noch relativ „frischen“ Blick auf die Ereignisse dieser Jahre bieten. Gerade der Nordosten des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen. Exemplarisch wird im folgenden eine Samm- lung von Berichten über eine Plünderung der Stadt Perleberg im Jahre 1638 be- trachtet, die einer der dort ansässigen Pfarrer, Johann Crusius,1 knapp 80 Jahre nach den Geschehnissen publizierte.2 Diese Sammlung soll unter der übergeordneten Frage untersucht werden, wie die Geschehnisse dargestellt und interpretiert werden. Im Einzelnen: Wie werden Freund und Feind geschildert? Wie wird Gewalt wahrgenommen und welche Rolle spielt die Religion? Was findet neben der Plünderung selbst Erwähnung? Ab- schließend muss die Frage gestellt werden, wie die Interpretation und Rezeption der Autoren, inklusive Crusius selbst, insgesamt ausfällt. Die Vorgehensweise soll dabei sein, im ersten Schritt eine Beschreibung der Quel- len durchzuführen, die Crusius in seiner Publikation versammelt hat. Hier müssen auch zu Crusius und den anderen Personen einige Anmerkungen gemacht werden, die als Zeugen von ihm zitiert werden. Daran schließt sich im zweiten Schritt eine 1 Hier und im Folgenden wird die latinisierte Schreibweise Crusius verwendet, da diese auch der Au- tor selbst für sich nutzte. Zum Teil findet man heute auch eingedeutschte Schreibweisen wie Cruse oder Kruse, auf die hier verzichtet wird. Einschränkend muss allerdings angemerkt werden, dass er sich selbst auf dem Titelblatt eines seiner Werke (Crusius 1724) als Johann Cruse bezeichnete. Eine eindeutige Schreibweise scheint es damit nicht gegeben zu haben. 2 Crusius l720. Das Zitat, welches im Titel wiedergegeben ist, findet sich ebd., S. 7. An dieser Stelle sei darauf verwiesen, dass es neben dieser Ausgabe von 1720, die in mehreren Bibliotheken zu fin- den ist, auch noch eine frühere Auflage von 1719 gibt. Davon ist nur ein einziges Exemplar in der Kirchenbibliothek Perleberg erhalten geblieben. Der Druck von 1720, bei dem nur der erste Bogen neu gesetzt wurde und ein Kupferstich hinzugefügt ist, verdankt sich wohl der Geschäftstüchtigkeit des Verlegers Ernst Heinrich Campe. Grundlage für die vorliegende Untersuchung bildet aus- schließlich die Version von 1720. Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 20 (2020) 6 kleine Bestandsaufnahme der Situation in Perleberg im Jahr 1638 an. Im dritten Schritt werden die Ereignisse im Herbst des Jahres 1638 anhand der Zeugnisse un- tersucht, gemäß der oben skizzierten Fragestellung aufgeteilt in die Aspekte Freund- und Feindwahrnehmung, religiöse Interpretationen, Gewaltwahrnehmung und Begleitumstände. Dabei werden die verschiedenen Berichte vergleichend her- angezogen. Den vierten Schritt bildet dann ein Blick auf die Rezeption der Ereig- nisse und Schilderungen sowie die Frage nach den Absichten Crusius’. Abschlie- ßend erfolgt eine kurze Zusammenfassung. Die Quelle umfasst neben den Erinnerungen an die Plünderung auch eine Predigt von Crusius sowie einen Aufsatz über Kindererziehung aus seiner Feder. Da dieser Aufsatz das Thema nur sehr peripher betrifft, wird er hier nicht berücksichtigt. Auch auf die Predigt von Crusius wird nur kurz eingegangen, da sie in erster Linie der Ermahnung und Erbauung der Perleberger dienen sollte und den eigentlichen Berichten keine neuen inhaltlichen Elemente hinzufügt. Interessant für die vorlie- gende Arbeit werden sie vor allem in dem Zusammenhang der Deutung der Ereig- nisse. Diese Predigt und der Aufsatz verdienen es aber sicherlich, dass ihnen eine eigene, vertiefende Arbeit gewidmet würde. Die Geschichtswissenschaft bearbeitet den Dreißigjährigen Krieg seit einigen Jah- ren wieder intensiver, die Gedenkkultur und die Öffentlichkeit haben aber bisher nicht im gleichen Maße nachgezogen.3 Vor allem für die Bevölkerungsgeschichte gibt es nur wenige aktuelle Darstellungen.4 Und auch regionalgeschichtlich be- trachtet sind viele Werke zur Aufarbeitung und Erinnerung an den Krieg in der Zeit bis etwa Mitte des 20. Jahrhunderts erschienen. Einige dieser Werke wurden, ohne die historische Zeitgebundenheit außer Acht zu lassen, gezielt in die Arbeit mit einbezogen.5 In jüngerer Zeit hat sich in besonderem Maße Lieselott Enders um die nordostdeutsche Regionalgeschichte verdient gemacht.6 Für die Stadt Per- leberg selbst dagegen muss auf den Glücksfall verwiesen werden, dass die noch 3 Gerade im Vergleich zu dem geradezu ausufernd begangenen Lutherjahr 2017 erscheinen die Akti- vitäten zum Gedenken an den 400 Jahre zurückliegenden Beginn des Dreißigjährigen Krieges doch eher übersichtlich. Freilich gibt es Veranstaltungen und Ausstellungen in Museen sowie Fachveran- staltungen, aber die Öffentlichkeitswirksamkeit erscheint letztlich beschränkt. Auch in populäreren Veröffentlichungen spielte das Thema keine herausragende Rolle. Wissenschaftliche Werke gibt es mittlerweile jedoch einige, so etwa Asche 2006 oder Schmidt 2018. 4 So wird z. B. in Bezug auf quantitative bevölkerungsgeschichtliche Fragestellungen noch immer auf Franz 1979 verwiesen, trotz der Erstauflage des Werks in der NS-Zeit und deshalb nicht auszu- schließender ideologischer Verfälschungen. In jüngerer Zeit wird das Werk mehr und mehr hinter- fragt, vgl. dazu Behringer 1999. Diese Mängel wurden in den letzten Jahren angegangen, in regio- nalen und lokalen Kontexten wurde hier bereits nachgesteuert. Verwiesen sei hierzu z. B. auf die – auch hier verwendeten – Arbeiten von Gundula Gahlen. 5 Genannt sei hier z. B. Schultze 1956. 6 Für die Prignitz sei verwiesen auf Enders 1962 und Enders 2000. Auch für andere Regionen zeich- net sie für maßgebliche Überblickswerke verantwortlich, so etwa für die Uckermark (Enders 2008). Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Prignitz 20 (2020) 7 vorhandenen Archivalien, so namentlich des Pfarrarchivs, bereits weitgehend er- fasst und eingehend dokumentiert wurden.7 2. Beschreibung der Quelle 2.1. Äußere und innere Form Crusius’ Werk führt den Titel „Höchstnöthige und heilsame Erneurung des solen- nen Perlebergischen Denck-Tages, bestehend nicht allein in umständlicher Nach- richt von der grausamen und