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7007 Chur Auflage 7x wöchentlich 35'681

1015977 / 278.13 / 90'084 mm2 / Farben: 3 Seite 7 04.07.2008

Das Albulatal ist nicht mehr schönesist die Hölle Gestern noch ein Fast-Unesco- zu werden. Die Fahrt löst normaler- Weltkulturerbe, heute schon weise bei den Passagieren Bewunde- der direkte Weg in die Hölle. rung aus für die Baukunst der Ahnen und die stilsichere Hand des Schöp- Das «»-Projekt des fers bei der Gestaltung all der Natur- Kulturfestivals ist ein schönheiten des Albulatals. gewagtes Experiment, das vom Von den Fahrgästen des Origen- Publikum viel Fantasie verlangt.Sonderzugs wird verlangt, dies alles zu vergessen. Das Albulatal ist nicht Von Stefan Bisculm mehr schön, es ist die Hölle - der Sün- der letztes Reiseziel, wie es der flo- Drum denke ich und erkenne deinrentinische Dichter Alighieri Bestes, / Dass Du mir folgest und ich(1265-1321) in seiner «Göttlichen sei dein Führer, / Der rettend durchKomödie» beschrieb. den ew'gen Ort dich leite. / Dort wirst Wie skurril diese Uminterpretation du der Verzweiflung Schrei'n verneh-einer Kaffeefahrt im Grundeist, men, / Die Trauerschar der alten Geis-konnte an der Premiere am Mittwoch- ter schauen, / Wo jeglicher des zwei- abend in den Gesichtern der Autofah- ten Tods begehret. rer gelesen werden, die bei der Bahn- schranke in Surava verdutzt den gut In Tiefencastel hat das Premierepubli-besetzten,offenen Aussichtswagen kum von Dantes «Inferno» in den viernachschauten, die von einer Kroko- Carrozze-Panoramica-Waggonsderdil-Lokomotive in langsamer Fahrt in RhB Platz genommen, als eine Stim-die hereinbrechende Nacht gezogen me über Lautsprecher das Ziel derwurden. Fahrt bekannt gibt: der direkte WegWir sind nun an dem Ort, wo ich in die Hölle. Danach bleibt es langedir sagte, / Du werdest schaun die still. Zwei, drei Minuten vergehen,schmerzenreichen Scharen, / die der ohne dass etwas passiert. - DasErkenntnis höchstes Gut verloren. aus seinem gewohnten kulturellen Umfeld entführte TheaterpublikumUm die Kaffeefahrt in eine Höllen- horcht auf jedes Geräusch: Vogel-fahrt zu verwandeln, genügen Origen- gezwitscher, ein Töff, der in den drit-Intendant Giovanni Netzer wenige ten Gang schaltet, eine Zugtür, dieZutaten:eineliterarischeKlang- schliesst. - Alles scheint von Bedeu-installation des deutschen Komponis- tung, wenn man im Begriff ist, in dieten Lorenz Dangel, mürrisch dreinbli- Hölle zu fahren. ckende, mit einer Laterne bewaffnete Wächter und ein Zugfahrplan, der an Nichts ist mehr, wie es ist den ungewöhnlichsten Orten halten Die Albulastrecke ist eine der belieb-lässt Bahnhöfe werden links liegen testenBahnstrecken Graubündens gelassen, dafür wird die Fahrt auf Via- und womöglich eine der spektaku-dukten und in Tunnels unterbrochen. lärsten der Welt, weshalb sie gute Chancen hat, demnächst auf die Liste Schaurig-schöner Klangteppich des Unesco-Weltkulturerbes gesetztNicht überraschend hat die Fahrt in

Argus Ref 31818342

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Dantcs Höllentricbter ihre bestenFahrplan her bestimmt. Dcr kleine Ort Momente in den diversen Tunnels.am Berghang wird damit aber schon Der Sonderzug hält darum auch meis- zum zweiten Mal von einem Florenti- tens im Schlund der Berge, immer be-ner heimgesucht. Es wii. nämlich ver- gleitet von lautem Ac}izcn und Stöh-mutet, dass ein Schüler des Malers neu der Maschinen. Dem Zuschau- di Bondone das Schiff der 1Cr- er/Passagier schlägt dabei der kalteehe von Stuls im 14. Jahrhundert be- Geruch von altem Eisenentgegen, dermalt hat, Ein Florentiner verbanntc - wenn man so vi1l - wie Blut auf den damals den Teufel ans dem Albulatal, Lippen schmeckt, Die zuweilen blut-und der andere bringt ihn 600 Jahre rünstigen Texte Dantcs verweben sichsptcr wieder zurück. hier mit den Kompositionen Dangels zu eitlem schaurig-schönen Klangtep- in jedem Mund zermalmt' er mit den pich. Zähnen, / Gleich wie mit einer Bre- che, einen Sündei; / So dass er ihrer Den Mund erhob vorn grausen Mah.idrei so leiden machte. der Sünder, / Abwischend an den Haaren ihn des Hauptes, / Das amDer Eishölle entkommen, gehts im Genick er übel zugerichtet. Zug zurück nach'Tiefencaste] - dieses Mal ohne Halt. Was schade ist, Züge Nur einmal auf seiner Fahrt zwischen sollten öfter inTiumels anhalten. 'flefencastel und Bergün hält der Son- derzug in einem Bahnhof. Dass dies «Inferno»,bis 13. August.Fahrten jeweils ausgerechnet in Stuls ist, wo sonst nie mittwochs,21Uhr, Bahnhof Tetencastel. ein Zug hält, ist wahrscheinlich vorn Anmeldungen unter Telefon081 637 1681.

Zwischenholt: Die Tunnels auf Orjeens 1 terarischer Höllenfaht werJen nur von den L.eter'ien mürrisch dreinblickander Wächterinnen berejchtet. EiIJ Benjemin Hafer

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- I.. Endstation Inferno: Auf der Fahrtri Dankes 1-löllentrichter wird das Publikum

im Aussichtswagen von einer G 6/6 gezogen, dem legendären «Krokodil» der Rhätischen Bahn. Bilder Jakob Menolfi

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