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DAS FRIEDRICH-EBERT-HAUS

Das Friedrich-Ebert-Haus – ein historischer Lernort im Herzen Heidelbergs

Friedrich Ebert war das erste demokratische Staatsoberhaupt in der deutschen Geschichte. Die „Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte“ macht seine Geburts wohnung in der Heidelberger Altstadt der Öffentlichkeit zugänglich, ebenso die an neuen didaktischen Erfordernissen orientierte, anschauliche Dauerausstellung „Vom Arbeiterführer zum Reichspräsidenten. (1871 – 1925)“. Sonderausstellungen, Veranstaltun gen – wie z. B. Vorträge und Diskussionen – und ein umfangreiches museumspädagogisches An - gebot lassen deutsche Demokratiegeschichte lebendig werden. Ausgestattet mit Bibliothek und Archiv ist das Friedrich-Ebert-Haus auch ein Ort der Forschung zu Friedrich Ebert und seiner Zeit mit jährlich rund 60.000 Besuchern.

Pfaffengasse 18 69117 Heidelberg tel +49(0)6221/9107-0 fax +49(0)6221 – 9107-10 E-Mail [email protected] www.ebert-gedenkstaette.de

Täglich außer Montag 10 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr; der Eintritt ist frei; das Haus ist barrierefrei zugänglich. Kostenlose Führungen; Audioguide in deutsch, englisch, französisch, italienisch und spanisch. Das Friedrich-Ebert-Haus ist gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Die Haltestellen „Alte Brücke“, „Marstall“, „Universitätsplatz“ und „Rathaus/Bergbahn“ sind fußläufig entfernt; vom DB-Haltepunkt „Altstadt/Karlstor“ sind es ca. 10 min zu gehen.

Das Friedrich-Ebert-Haus in Heidelberg EBERT-EXPERTENHEFT – INHALT

Inhalt

EINLEITUNG

Informationen, Quellen und Arbeitsvorschläge für junge Ebert-Expertinnen und -Experten und solche, die es werden wollen … für Grundschulen und weiterführende Schulen; Hinweise zur Vorbereitung von Referaten, BLL und GFS ...... 4–8

Lebenslauf Friedrich Eberts ...... 9

Deutschlandkarten:  und  ...... 10 –11

TEIL 

Kindheit in der Pfaffengasse in Heidelberg – Wohnen im Kaiserreich ...... 13 –17

TEIL 

Schulzeit in Heidelberg um : Was Schülerinnen und Schüler in den Schulen des Kaiserreichs lernen ...... 19 –27

TEIL 

In Bremen: Wer darf im Kaiserreich wählen und wer darf gewählt werden? .. 28 –41

TEIL 

Friedrich Ebert: Arbeitersekretär in Bremen – Werbung für die Ideen der Arbeiterbewegung ...... 42 –52

 EBERT-EXPERTENHEFT – INHALT

TEIL 

November : Welche Staatsform soll Deutschland erhalten? ...... 53 –67

TEIL 

Weimarer Nationalversammlung und Weimarer Verfassung ...... 68 –81

TEIL 

Der Versailler Vertrag ...... 83 –85

TEIL 

Das Krisenjahr  ...... 86 –87

TEIL 

Stichwort Grundrechte ...... 88 –91

TEIL 

„Im Visier der Fotografen“: Das Badehosen-Foto ...... 92 –98

Literatur- und Linkliste ...... 99

 INFORMATIONEN / QUELLEN / ARBEITSVORSCHLÄGE

Ebert-„Expertenheft“

Informationen, Quellen und Arbeitsvorschläge für Ebert-Expertinnen und -Experten – und solche, die es werden wollen

EINLEITUNG: WIE ARBEITET IHR MIT DIESEM HEFT?

Herzlich Willkommen im Friedrich-Ebert-Haus, liebe Schülerinnen und Schüler!

Unser Haus ist ein lebendiger Lernort, an dem ihr viel über Friedrich Ebert und seine Zeit erfahren könnt: über das Deutsche Kaiserreich (1871 – 1918) und die Weimarer Republik (1919 – 1933), über Themen wie die Industrialisierung, die Soziale Frage, den Ersten Weltkrieg oder die Entstehung der Arbeiterbewegung, um nur einige zu nennen. Vielleicht kennt ihr bereits unser museumspädagogisches Angebot – angefangen bei Führungen, Projektarbeiten und Seminaren bis hin zu Vorträgen und Zeitzeugengesprächen: Das alles ist kostenlos. Eine Führung oder Projektarbeit solltet ihr, eure Lehrerin oder euer Lehrer natürlich vorher an - melden. Dann steht einer unserer Mitarbeiter für euch bereit. Ihr könnt euch aber auch gerne alleine hier umschauen – zum Beispiel, um ein Referat, eine Gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen (GFS) oder eine Besondere Lernleistung (BLL) vorzubereiten. Dabei will euch dieses „Expertenheft“ unterstützen. Wie ihr damit arbeiten könnt, erfahrt ihr gleich. Vorher wünschen wir euch aber noch viel Spaß beim Entdecken, Forschen und Lernen.

Dieses Heft – ebenso wie die Ausstellung des Friedrich-Ebert-Hauses – will dazu anregen, sich näher mit Friedrich Ebert und seiner Zeit sowie den vielfältigen Aspekten, die sein (politi - sches) Leben ausmachten, zu beschäftigen. Arbeitsblätter bieten Fragen, die ihr mit Hilfe von Quellen und Informationen zum historischen Hintergrund beantworten könnt. Deshalb findet ihr auf den Arbeitsblättern Hinweise zum Umgang mit den abgedruckten Quellen und zu ihrer Interpretation, zum historischen Hintergrund und zu den Möglichkei - ten, Antworten auf eure Fragen in der Ausstellung, in der Bibliothek des Friedrich-Ebert- Hauses oder im Internet zu finden.

Dokumente und Abbildungen stehen im Mittelpunkt dieses Heftes. Sie sind Ausgangspunkt für die Recherche zu einem bestimmten historischen Thema, das Friedrich Ebert beschäftigt hat oder das noch heute mit Friedrich Ebert in Verbindung steht. Um die Quelle richtig ein - ordnen zu können, müssen zuerst folgende Dinge geklärt werden: Um welche Art von Quelle handelt es sich? Ist es eine Fotografie, eine Karikatur oder ein Gesetzestext? Woher stammt das Dokument oder das Foto? Welche Geschichte erzählt das Bild oder das Dokument? Viele Dinge sind erst auf den zweiten Blick zu erkennen; des- halb ist es wichtig, Fotos und Bilder ganz genau anzusehen und auf die Einzelheiten zu achten. Auch die Herkunft und die Entstehung sind wichtig. Erst dann kann man sie in einen histo - rischen Gesamtzusammenhang bringen. Für schriftliche Quellen bedeutet das, dass man sie genau und aufmerksam lesen muss.

 INFORMATIONEN / QUELLEN / ARBEITSVORSCHLÄGE

Friedrich Ebert in Schwarzburg 1919 (Foto: National Archives, College Park/USA)

> Manche Begriffe, Namen oder Ereignisse, die in historischen Dokumenten genannt wer- den, oder Einzelheiten, die auf den Bildern zu erkennen sind, sind heutigen Lesern und Betrachtern fremd. Sie sind aber nötig, um die Quellen richtig zu interpretieren. Deshalb finden sich hierzu auf den Arbeitsblättern Erläuterungen . Falls ihr zusätzliche Erläute- rungen braucht, schaut am besten in eurem Geschichtsbuch oder im Internet nach. Ihr könnt auch einfach fragen – zum Beispiel die Mitarbeiter, die hier durch die Ausstellung führen.

> Eine andere Perspektive: Bei der häufigen Beschäftigung mit historischen Text- und Bildquellen merkt man schnell, dass diese immer aus einer bestimmten Perspektive – zum Beispiel der Person, die fotografiert, gezeichnet oder den Text verfasst hat – gestaltet oder geschrieben wurden. Die Sichtweise, Perspektive oder die Meinung einer einzelnen Person (in unserem Fall ist dies häufig Friedrich Ebert) lässt sich aber im Normalfall nicht verallgemeinern. Deshalb ist es für die richtige historische Einordnung immer wichtig, auch andere Perspektiven auf den untersuchten Sachverhalt zu berücksichtigen. So be- findet sich auf den Arbeitsblättern Material, das einen anderen Blickwinkel bietet.

 INFORMATIONEN / QUELLEN / ARBEITSVORSCHLÄGE

> Auf den Arbeitsblättern sind darüber hinaus Hinweise darauf, wo ihr in der Ausstellung oder in der Bibliothek des Friedrich-Ebert-Hauses (oder im Internet) Informationen fin- det, die euch bei der historischen Einordnung der Sachverhalte, die man den Quellen entnehmen kann, helfen. Erst wenn man den historischen Hintergrund kennt, kann man die Bedeutung dieser Sachverhalte für die Menschen in ihrer Zeit erkennen.

> Der Gegenwartsbezug: Was hat euch an dem, was ihr herausgefunden habt, besonders beeindruckt? Was ist für euch wichtig? Eure Fragen sind wichtig, denn Geschichte hat immer auch mit uns und unserer Gegenwart zu tun. Schreibt diese Fragen auf, denn das Nachdenken über die jeweiligen Antworten hilft, die historische wie gegenwärtige Be- deutung der Dinge, die ihr herausgefunden habt, einzuschätzen. Zusätzliche Hinweise auf den Arbeitsblättern auf die gegenwärtige Bedeutung sollen dies unterstützen.

> Die Ausstellung im Friedrich-Ebert-Haus ist wie alle Ausstellungen eine Inszenierung: Die Ausstellungsmacher haben sich überlegt, mit welchen Gegenständen, Bildern, Filmen und Texten sie ein bestimmtes Thema darstellen wollen. Sie überlegen sich auch, wie sie die Ausstellungsobjekte anordnen und in welchen Gesamtzusammenhang sie diese stel- len, um eine bestimmte Wirkung zu erzielen. Sie setzen diese Objekte somit „in Szene“ – und inszenieren auf diese Weise Geschichte. Fragen mit Bezug zur Ausstellung sollen daher helfen, die Inszenierungen zu erkennen und zu entschlüsseln.

> Hinweise für weitere Recherchen in der Ausstellung, der Bibliothek und im Internet helfen, die Informationen zu vertiefen.

> Nicht alle Nutzerinnen und Nutzer dieser Materialien wollen oder können alle Fragen beantworten; deshalb sind die Materialien und Fragen gekennzeichnet. Je mehr Sterne eine Aufgabe hat, umso schwieriger wird es – aber auch die Fragen mit vier Sternen braucht niemand zu fürchten.

Jetzt können wir eigentlich richtig loslegen. Friedrich Ebert wurde im Jahr 1871 geboren. Das ist gleichzeitig das Jahr, in dem Deutschland gegründet wurde. Zuvor gab es nur einzelne deutsche Staaten wie Bayern, Baden, Hessen, Sachsen oder Preußen. Auf die Frage nach der Staatsangehörigkeit antwortete man damals nicht „deutsch“, sondern beispielsweise „baye - risch“ oder „badisch“. Bis zu einer einheitlichen deutschen Staatsangehörigkeit hat es noch bis zum Jahr 1913 gedauert (fragt doch mal eure Eltern, ob sie das wissen). Zurück zu Friedrich Ebert: Als er geboren wurde, stand ein Kaiser an der Spitze Deutsch - lands. Kaiser wurde er, weil er das Oberhaupt der wichtigsten deutschen Herrscherfamilie, den Hohenzollern, war. Nach ihm wurde das Amt des Staatsoberhaupts vererbt. In dieser Monarchie, dem „Deutschen Kaiserreich“, hing es fast immer vom Einkommen oder Vermö - gen ab, ob jemand wählen durfte oder wie viel Gewicht seine Stimme hatte (Stichwort: „Klassenwahlrecht“). Findest du das gerecht? Wie ist das heute? Friedrich Eberts Vater Karl war von Beruf Schneider. Gearbeitet hat er, zum Teil mit bis zu vier Gesellen, in der kleinen Wohnung, in der Friedrich Ebert auch geboren wurde. Das Ein - kommen Karl Eberts lag weit unter dem Einkommen anderer Handwerksberufe wie z. B. den Bäckern. Daher gehörte er nach dem badischen Gemeindewahlrecht zur 3. Klasse, der Klasse der Niederstbesteuerten. In den Räumen 6 und 7 unserer Dauerausstellung kannst du einen Eindruck vom Vorderhaus gewinnen. Hier wohnte der Bäcker und Stadtrat Mathias Frisch mit seiner Familie. Die Decke ist hier ungefähr doppelt so hoch wie in der Geburtswohnung

 INFORMATIONEN / QUELLEN / ARBEITSVORSCHLÄGE

Die Küche der Familie Ebert

Friedrich Eberts. Frisch wählte in der 2. Klasse, der Klasse der Mittelbesteuerten. Seine Wähler- stimme hatte mehr Gewicht als die Stimme von Karl Ebert. Bis diese Ungerechtigkeiten in ganz Deutschland aufhörten, dauerte es bis ins Jahr 1918. Was da passierte, erfährst du gleich. Kennt Ihr schon andere für Friedrich Ebert oder für Deutschland wichtige Jahreszahlen wie z. B. „1913“ (Wahl Friedrich Eberts zum Vorsitzenden der SPD) oder „1919“ (das Jahr, in dem Friedrich Ebert zum Reichspräsidenten gewählt wurde)? Darüber hinaus sind auch Ereig - nisse wichtig, die auf den ersten Blick nicht direkt etwas mit Friedrich Ebert zu tun haben: z. B. das Attentat von Sarajewo (28. Juni 1914) oder die Unterzeichnung des Waffenstillstands, der das Ende des Ersten Weltkriegs markiert (11. November 1918). Ihr werdet schnell mer - ken, dass es wenig Sinn macht, die Ereignisse und ihr Datum derart zu „sortieren“. Im Fried - rich-Ebert-Haus geht es darum, das Leben Friedrich Eberts in seine Zeit einzubetten. Vielleicht kennt ihr die Formulierung, ein bestimmter Mensch sei „ein Kind seiner Zeit“; jetzt wisst ihr, was damit gemeint ist. Es bedeutet, dass die Verhältnisse um einen herum das eigene Leben, Verhalten, Denken und Fühlen beeinflussen. Ein Beispiel: Unser Nachbarland Frankreich wurde zur Zeit Friedrich Eberts als schlimmer Feind angesehen. Insofern waren Kontakte, wie wir sie heute nach Frankreich und auch an - deren Nachbarländern haben – Städtepartnerschaften, Schüleraustausche usw. – fast unvor - stellbar. Wenn also ein Deutscher schlecht über Frankreich sprach und umgekehrt, bedeutete das nicht, dass er wirklich persönlich etwas gegen Frankreich und die Menschen dort hatte. Könnt ihr das verstehen? Zurück zu den Daten: Ich weiß, dass einige von euch das Fach „Geschichte“ deshalb nicht mögen, weil es angeblich sehr viel auswendig zu lernen gibt. Damit habt ihr einerseits recht. Wenn ihr nicht wisst, wann der Erste Weltkrieg war und wie lange es die Weimarer Republik gab, könnt ihr nicht wirklich „mitreden“. Auf der anderen Seite ist es so, dass ihr diese Ereig - nisse und Daten nicht wie Gedichte einfach auswendig lernen müsst. Gedichte über eine be -

 INFORMATIONEN / QUELLEN / ARBEITSVORSCHLÄGE

stimmte Jahreszeit oder einen Fluss haben sicher wenig miteinander zu tun – beide müssen Zeile für Zeile und Vers für Vers auswendig gelernt werden. Allerdings werdet ihr dabei merken, dass euch das Auswendiglernen, wenn ihr erst einmal ein paar Gedichte könnt, immer leichter fällt. In der Geschichte ist es so, dass die Ereignisse nicht einfach durch einen „Zeitraum“ (ihr könnt dabei gerne auch an den Weltraum denken) „schwirren“. Sicher passiert einmal etwas einfach so, ohne dass jemand weiß, warum es passiert ist. Ganz viele Ereignisse haben aber eine Vorgeschichte, Ausgangsbedingungen – und nachdem sie passiert sind, natürlich auch Folgen. In der Geschichtswissenschaft spricht man in diesem Fall von Struk - turen und Entwicklungen, ihr könnt aber auch den Ausdruck „Ketten“ verwenden; der Historiker spricht dann meist von „Kausalketten“, womit er ausdrücken will, dass dieses die Ursache von jenem ist. Was heißt das? Nun: Ihr müsst die Ereignisse nicht einzeln auswendig lernen. Ihr verknüpft sie miteinander. Ihr wisst, dass der Erste Weltkrieg die Staaten, die daran beteiligt waren, viel Geld gekostet hat (Geld für Waffen, Munition, Sold für die Millio - nen Soldaten, Entfernung von Trümmern, Wiederaufbau usw.). Was macht ein Staat, wenn er Geld braucht? Richtig: Er druckt Geld; schließlich druckt er immer mehr Geld, wenn er immer mehr Geld braucht. So war das damals in Deutschland. Als der Krieg Ende 1918 zu Ende war, hatte die Mark (die damalige Währung in Deutschland) nur noch die Hälfte ihres Wertes. Die Entwicklung, dass das Geld an Wert verlor, setzte sich fort. Vielleicht kennt ihr sogar das Fremdwort dafür: „Inflation“. Besonders schlimm wurde das im Jahr 1923. Da koste - ten dann plötzlich ganz einfache Dinge wie ein Brot oder ein Ei Milliarden Mark. Das ist schwer vorstellbar. Raum 7 unserer Dauerausstellung vermittelt ein Bild davon: Da spielen Kinder mit Bündeln von Geldscheinen, die sie als Bauklötze verwenden. Kaufen kann man damit nichts mehr – es ist völlig wertlos geworden. Ihr erinnert euch? Krieg – Kriegskosten – Inflation. Da ihr (jetzt) wisst, wie dies zusammen - hängt, müsst ihr es nicht mehr auswendig lernen. Ist das nicht so? Ich glaube sowieso, dass ihr mittlerweile schon einiges über Friedrich Ebert wisst und euch schon etwas in der Zeit, in der er gelebt hat, auskennt. Ihr könnt vielleicht schon alleine ein Referat, eine BLL oder GFS vorbereiten. Wie diese aussehen könnten, erfahrt ihr auch in diesem Heft. Und noch etwas: Wir freuen uns über eure Fragen! Schickt uns einen Brief oder eine E-Mail, ruft uns an oder sprecht uns direkt an, wenn ihr hier seid. Und sagt uns bitte, wie es euch hier gefallen hat. Noch etwas: Zu diesem Heft haben viele beigetragen: Von den unzähligen Schülerinnen und Schülern, die uns in den vergangenen Jahren besucht haben, haben wir wertvolle Anregun - gen erhalten. Lehrerinnen und Lehrer haben uns auf bestimmte Themen und Lernformen aufmerksam gemacht und nicht zuletzt haben Kolleginnen und Kollegen vor Ort, in Archiven und Bibliotheken zum Gelingen beigetragen. Ihnen allen sei herzlich gedankt.

Viel Spaß und viel Erfolg wünschen euch die Autoren

Michael Braun und Anette Hettinger

 LEBENSLAUF FRIEDRICH EBERTS

Lebenslauf Friedrich Eberts

1871 4. Februar: Geburt in HeideIberg als siebtes von neun Kindern des Schneidermeisters Karl Ebert und seiner Frau Katharina 1877 – 1885 Besuch der Volksschule in der Sandgasse 1885 – 1888 Sattlerlehre in Heidelberg 1888/89 – 1891 Wanderschaft – er schließt sich den Gewerkschaften und der Sozialdemokratie an 1891 Friedrich Ebert lässt sich in Bremen nieder, arbeitet als Sattler und Redakteur der sozialdemokratischen „Bremer Bürger-Zeitung“ und engagiert sich in der bremischen SPD, zeitweise als deren Vorsitzender 1894 Er übernimmt eine Gastwirtschaft und heiratet die Fabrikarbeiterin Louise Rump. In den Jahren bis 1900 kommen ihre fünf Kinder Friedrich, Georg, Heinrich, Karl und Amalie zur Welt 1900 Arbeitersekretär in Bremen und Mitglied der Bremer Bürgerschaft (Stadtparlament) 1904 Ebert organisiert und leitet den in Bremen stattfindenden Parteitag der SPD 1905 Wahl in den zentralen Parteivorstand in Berlin 1912 Wahl in den Reichstag für den Wahlkreis Elberfeld-Barmen (heute: Wuppertal) 1913 Wahl als Nachfolger August Bebels zu einem der beiden Parteivorsitzenden der SPD 1916 Wahl zu einem der drei Vorsitzenden der SPD-Reichstagsfraktion 1917 Tod der beiden Söhne Heinrich und Georg in Mazedonien bzw. an der Westfront 1918 Ebert übernimmt am 9. November das Amt des Reichskanzlers von Prinz Max von Baden und wird am 10. November einer der beiden Vorsitzenden des Rates der Volksbeauftragten, der aus sechs Mitgliedern bestehenden Übergangsregierung 1919 11. Februar: Wahl zum Reichspräsidenten 11. August: Friedrich Ebert unterschreibt die Weimarer Verfassung – sie tritt drei Tage später in Kraft (14. August) 1922 Friedrich Ebert erklärt das „Deutschlandlied“ zur Nationalhymne 1924 Als Höhepunkt der Verleumdung durch die republikfeindliche Rechte wird Ebert von einem Magdeburger Gericht des Landesverrates bezichtigt 1925 28. Februar: Friedrich Ebert stirbt in Berlin an den Folgen einer zu spät operierten Blinddarmentzündung. Er wird nach Heidelberg überführt und dort auf dem Bergfriedhof beigesetzt

 KARTEN

Aus: Großer Historischer Weltatlas. Hrsg. vom Bayerischen Schulbuchverlag. Dritter Teil (Neuzeit), München 1957, S. 162.

Präambel der Bismarckschen Reichsverfassung

„Seine Majestät der König von Preußen im Namen des Norddeutschen Bundes, Seine Majestät der König von Bayern, Seine Majestät der König von Württemberg, Seine Königliche Hoheit der Großherzog von Baden und seine Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen und bei Rhein für die südlich vom Main belegenen Theile des Großherzogtums Hessen, schließen einen ewigen Bund zum Schutze des Bundesgebietes und des innerhalb desselben gültigen Rechtes, sowie zur Pflege der Wohlfahrt des Deutschen Volkes. Dieser Bund wird den Namen Deutsches Reich führen und wird nachstehende Verfassung haben.“

(Aus: Bundesgesetzblatt (künftig: BGBL) 1871, 64. Hinweis zur Zitierweise: Die erste Zahl bezeichnet jeweils das Jahr, in dem das Gesetzblatt erschienen ist, die zweite Zahl die Seite(n) auf der/denen sich das betreffende Gesetz befindet).

Präambel der Weimarer Verfassung

„Das Deutsche Volk, einig in seinen Stämmen und von dem Willen beseelt, sein Reich in Freiheit und Gerechtigkeit zu erneuern und zu festigen, dem inneren und dem äußeren Frieden zu dienen und den gesellschaftlichen Fortschritt zu fördern, hat sich diese Verfassung gegeben.“

(Aus: Reichsgesetzblatt (künftig RGBL) 1919, 1383).

 KARTEN

Aus: Großer Historischer Weltatlas. Hrsg. vom Bayerischen Schulbuchverlag. Dritter Teil (Neuzeit), München 1957, S. 176.

Präambel des Grundgesetzes

„Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen, von dem Willen beseelt, als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat sich das Deutsche Volk kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz gegeben. Die Deutschen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands vollendet. Damit gilt dieses Grundgesetz für das gesamte Deutsche Volk.“

(Aus: BGBL 1990, 890).

 Silbenrätsel 1

AL _ AR _ BAR _ BEI _ BER _ BERG _ BRE _ DE _ DEL _ DER _ EL _ FELD _ GAS _ HEI _ KRA _ KRE _ LER _ MEN _ MEN _ MO _ SAND _ SATT _ SCHNEI _ SE _ SE _ SO _ STATT _ TAER _ TER _ TIE _ WERK _ ZI

In welcher Stadt wurde Friedrich Ebert 1871 geboren?

— — — — — — — ▄ — — An welcher Straße lag einst die Volksschule, die Friedrich Ebert hier besuchte?

— — — — ▄ — — — —

Was betrieb Friedrich Eberts Vater, Karl Ebert, in seiner Wohnung?

— — — ▄ — — — — — — — — — — — — — —

Welchen Beruf erlernte Friedrich Ebert ursprünglich?

— ▄ — — — — —

In welcher Stadt ließ sich Friedrich Ebert 1891 nach seiner Wanderschaft nieder?

— — — — — —

In welcher Funktion unterstützte Friedrich Ebert dort ab dem Jahr 1900 hilfesuchende Arbeiterinnen und Arbeiter?

— — — — — — — — ▄ — — — — — — — —

Welcher im 19. Jahrhundert entstandenen politischen Bewegung gehörte Friedrich Ebert an?

— — — — — — — — — — — — — — — —

Für welchen Reichstagswahlkreis wurde Friedrich Ebert 1912 in den Reichstag gewählt?

— — — — — ▄ — — — ¯ — — — — — —

Die mit ▄ markierten Buchstaben der beiden Silbenrätsel ergeben, in neue Reihenfolge gebracht, das Lösungswort. Hinweis: Lösungsseite 82

 . KINDHEIT IN DER PFAFFENGASSE IN HEIDELBERG – WOHNEN IM KAISERREICH

TEIL 

Kindheit in der Pfaffengasse in Heidelberg – Wohnen im Kaiserreich

Q 

Die Pfaffengasse wahrscheinlich zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Q 

Der Innenhof zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

 . KINDHEIT IN DER PFAFFENGASSE IN HEIDELBERG – WOHNEN IM KAISERREICH

A  **) Was sagen diese Bilder (Q  + Q ) über die Lebensverhältnisse der Menschen, die in der Pfaffengasse um 1900 wohnten, aus?

A  **) Vergleiche die historische Situation, die auf den Fotos (Q  + Q ) dargestellt ist, mit der heutigen. Was ist anders, was ist gleich geblieben?

Q 

Bewohner des Hauses Pfaffengasse 27. Bei Familien werden nur die Haushaltsvorstände und ihre Berufe genannt. Ausschnitt aus dem Adressbuch der Stadt Heidelberg zum Jahr 1876. Das Adressbuch der Stadt Heidelberg nennt die Bewohner der Stadt nach Straßen und Häusern geordnet. Vgl. auch Q  .

 . KINDHEIT IN DER PFAFFENGASSE IN HEIDELBERG – WOHNEN IM KAISERREICH

A  **) Schaue dir die komplette Adressbuchseite an. Du findest das Adressbuch des Jahres 1876 im Internet unter: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/AdressbuchHD1876/ Zähle die Haushaltsvorstände und schätze anhand des Beispiels der Familie Ebert, wie viele Menschen damals wohl in der Pfaffengasse wohnten.

A  *) Besichtige die Wohnung, in der Friedrich Ebert zusammen mit seinen Eltern und fünf Geschwistern lebte und in der sein Vater eine Schneiderwerkstatt betrieb. Die Einrichtung stammt nicht aus dieser Zeit, doch kann die Wohnung einen Eindruck von den damaligen Verhältnissen vermitteln.

A  **) Was lässt sich zu Lebensbedingungen und Alltag von Friedrich Ebert sagen? Ziehe Schlussfolgerungen aus der Wohnsituation in der Pfaffengasse. Denke z. B. an Schlaf- und Waschmöglichkeiten, an die Erledigung der schulischen Hausaufgaben und das Spielen mit Freunden, an Lärm und Licht, aber auch an die Hausarbeit der Mutter (z. B. Kochen, Waschen der Wäsche, Vorratshaltung), an die Nachbarn und die häufigen Überschwemmungen der Altstadt durch den Neckar.

 . KINDHEIT IN DER PFAFFENGASSE IN HEIDELBERG – WOHNEN IM KAISERREICH

A  **) Du bist ein Schüler des Reallehrers Krauß an der höheren Bürgerschule und hast Friedrich Ebert zu Hause besucht. Schreibe auf, was du deinen Eltern von den Lebensverhältnissen der Familie Ebert erzählen würdest.

Q 

Bürgerliche Wohnhäuser mit Mietwohnungen in der Leopoldstraße (heute Friedrich-Ebert- Anlage) im Jahr 1911. Die Häuser wurden in den Jahrzehnten nach der Eröffnung des alten Heidelberger Bahnhofs am westlichen Ende der Leopoldstraße (heute: Adenauerplatz) im Jahr 1840 gebaut; die Wohnungen hier wurden häufig an wichtige Persönlichkeiten der Universität vermietet. Zu sehen sind die Häuser Nr. 27 bis 33; zwischen Nr. 27 und 29 befindet sich der Friedrich-Ebert-Platz (damals Wrede-Platz).

(Foto: Stadtarchiv Heidelberg, 8303723; Informationen zu den Häusern unter: http://www.rzuser.uniheidelberg.de/~f25/homo-heid/heidelberg/leograf.htm)

 . KINDHEIT IN DER PFAFFENGASSE IN HEIDELBERG – WOHNEN IM KAISERREICH

A  ***) Vergleiche die Fotos Q  u. Q  mit Q  . Welche Ansprüche stellte das Bürgertum an seine Wohnverhältnisse im Unterschied zu den Bewohnern der Pfaffengasse? Suche dazu Anhaltspunkte in Q  .

A  ***) Über Größe und Ausstattung der einzelnen Wohnungen in der Leopoldstraße um 1900 wissen wir – noch – nicht allzu viel; hierfür wären weitere Nachforschungen nötig. Wie einzelne Wohnungen möglicherweise geschnitten und eingerichtet waren, zeigt der Plan einer Etagenwohnung in Hamburg, den du vom Museumspersonal erhalten kannst. Beschreibe die Wohnverhältnisse und vergleiche sie mit denen in der Pfaffengasse 18. Charakterisiere anhand des Ausschnittes aus dem Adressbuch (Q ) die Berufe der Bewoh - ner der Pfaffengasse. Welche Aussagen lassen sich zu den wirtschaftlichen Verhältnissen und zum Ansehen der in der Pfaffengasse lebenden Menschen machen? Vergleiche mit den Angaben zu den Bewohnern der Leopoldstraße im Adressbuch der Stadt Heidelberg aus dem Jahr 1876 unter: http://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/AdressbuchHD1876/0028

A  ***) Erläutere: Unterschiedliche Wohnverhältnisse sind auch Ausdruck unterschiedlicher sozialer Zugehörigkeit.

Mehr zu Kindheit und Jugend von Friedrich Ebert findest du in der Ausstellung, im Begleitband zur ehemaligen Ausstellung und in dem Buch „Von Heidelberg nach Berlin. Friedrich Ebert 1871 – 1905“ von Ronald A. Münch.

 Silbenrätsel 2

BA _ BEN _ BERG _ BLIND _ DARM _ DE _ DENT _ DUNG _ EN _ ENT _ FRAU _ FRIED _ HO _ HOF _ LER _ LUNG _ MA _ NA _ NAL _ O _ PRAE _ RECHT _ REICHS _ RER _ SAIL _ SAMM _ SE _ SI _ SIE _ TI _ TRAG _ VER _ VER _ VER _ WAHL _ WEI _ ZUEN

In welches hohe Amt wurde Friedrich Ebert im Februar 1919 gewählt?

— — — — — — ▄ — — — — — — — — —

Welches Gremium wählte Friedrich Ebert damals zum Staatsoberhaupt?

— — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Welche Errungenschaft feierte in Deutschland bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Januar 1919 ihre Geburtsstunde?

▄ — — — — — — — — — — — — — —

Wie bezeichnet man das im Juni 1919 unterzeichnete Vertragswerk, mit dem nach dem Ende des Ersten Weltkriegs Frieden zwischen dem Deutschen Reich und seinen Feinden geschlossen wurde?

— — — — — — — — — — — — — — — ▄ —

Wie viele Jahre dauerte im Regelfall die Amtszeit des Reichspräsidenten in der Weimarer Republik?

— — ▄ — — —

Welches Kleidungsstück trug Friedrich Ebert auf einem Foto, dessen Veröffentlichung 1919 großes Aufsehen erregte?

— — — — — — ▄ —

An den Folgen welcher Erkrankung verstarb Friedrich Ebert 1925?

— — — — — — — — — — — — — — — — — — — —

Wo liegt Friedrich Ebert in Heidelberg begraben?

— — — — ▄ — — — — — — — Die mit ▄ markierten Buchstaben der beiden Silbenrätsel ergeben, in neue Reihenfolge gebracht, das Lösungswort. Hinweis: Lösungsseite 82

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

TEIL  Schulzeit in Heidelberg um 1880 – Was Schülerinnen und Schüler im Kaiserreich lernten

Q 

Friedrich Ebert besuchte wie andere Kinder der unteren sozialen Schichten in der Altstadt von 1877 bis 1885 die achtjährige Volksschule in der Sand - gasse. Das Gebäude wurde um 1901 für den Neubau der Universitätsbi - bliothek abgerissen. Kinder der wohlhabenderen Familien konnten die Vorschulen der Bürger - schulen oder der Gymnasien besu - chen, die zu einem mittleren Abschluss oder zum Abitur führten.

Volksschule und Turnhalle auf der rechten Seite der Sandgasse, um 1900. Das Foto wurde durch Mitarbeiter des Stadtbau- amtes im Verlauf der Planungen für den Abriss der Gebäude aufgenommen (Foto: Stadtarchiv Heidelberg).

Q 

Klassenfoto 1880. Es entstand wahrscheinlich im Innenhof der Schule. Friedrich Ebert ist der Dritte von links in der dritten Reihe (x).

x

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

A  *) Beschreibe den Eindruck, den die abgebildeten Schüler (Klassenfoto Q ) auf dich machen. Erläutere dann die dargestellte Situation und nenne Einzelheiten, die deinen Ein - druck untermauern (z. B. die Aufstellung der Schüler, Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Kleidung, Frisur). Vermute, warum der Fotograf die Schüler in dieser Haltung und Aufstellung ablichtete.

A  *) Unterstreiche die Wörter, die zu den Schülern auf dem Foto passen. Begründe deine Wahl: Ordnung, Spiel, Sauberkeit, Disziplin, Jungenklasse, Sonntagskleidung, aufmerksam, Schnappschuss, Freundschaft, fröhlich, brav, Regeln. Finde weitere Wörter, die deiner Ansicht nach passen können, und begründe dies.

A  *) Erinnere dich an dein letztes Klassenfoto und beschreibe es. Vergleiche es mit dem Klas - senfoto von Friedrich Ebert. Stelle Vermutungen zu den Gründen der Veränderungen an.

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

Q 

Schulzeugnis Friedrich Eberts aus dem . Schuljahr (/). I. u. II. Quartal Fleiß: ziemlich gut Fortschritt: unter 44 Schülern 32.ter Betragen: gut Muß schöner schreiben. III. u. VI. Quartal Fleiß: s(ehr)g(u)t bis gut Fortschritt: unter 44 Schülern der 16. Betragen: gut (Die Leistungen in den Fächern wurden in der Volksschule nicht benotet).

Q 

Das Ziel des Unterrichts in den Volksschulen in Friedrich Eberts Schulzeit und die dort unterrichteten schulischen Fächer werden im „Gesetz den Elementarunterricht betreffend“ vom 8. März 1868 (§ 25) genannt:

Der Unterricht in der Volksschule soll die Kinder zu verständigen, religiös-sittlichen Menschen und dereinst tüchtigen Mitgliedern des Gemeinwesens heranbilden.

Er hat sich auf folgende Gegenstände zu erstrecken: Religion, Lesen und Schreiben, Deutsche Sprache, Rechnen, Gesang, Zeichnen, das Wissenswürdigste aus der Geometrie, der Erdkunde, der Naturgeschichte und Naturlehre und aus der Geschichte.

Dazu kommen: für Knaben: Leibesübungen, für Mädchen: Unterricht in weiblichen Arbeiten.

(Gesetz den Elementarunterricht betreffend, 8.3.1868, in: Großherzoglich Badisches Regierungs-Blatt 66. Jg., Karlsruhe 1868, S. 257f.)

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

A  **) Beschreibe die schulischen Leistungen, die Friedrich Ebert in seinem 7. Schuljahr erbrachte. Worauf wird im Zeugnis Wert gelegt?

A  **) Nenne die Schulfächer, die in der Volksschule unterrichtet wurden, und vergleiche mit deinem Stundenplan.

A  ***) Überlege, welche Gründe zu diesen Veränderungen geführt haben könnten (Q ) .

Q 

Schulbuchtexte aus der Zeit Friedrich Eberts zeigen, was von Schulkindern erwartet wurde: a. Ein Text zum Lesenlernen. Aus einem Lesebuch der Zeit: „Wenn es Zeit zur Schule war, holte Albert seine Schulsachen. Diese waren immer an dem gleichen Platze. Er machte sich auf den Weg und stand nicht lange auf der Straße herum. In der Schule grüßte er schön und setzte sich still an seinen Platz. In der Schule war er ruhig und artig. Er gab auf die Worte des Lehrers recht acht; er suchte auf alle Fragen rasch die

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

rechte Antwort. Alles was der Lehrer sagte, tat er schnell. Vor und nach der Schule betete er schön und laut. Auf dem Weg lärmte und zänkte er nie. Er ging still nach Hause. Dann machte er seine Hausaufgaben. Er ging erst auf die Straße, wenn sie fertig waren. Albert war fleißig und brav. Der Lehrer hatte ihn lieb, und seine Eltern freuten sich über ihn.“ b. Ein Text zum Auswendiglernen Das feine Mädchen Ich bin ein feines Mädchen, Kann drehen das Rädchen, Kann flicken und stricken, Und nähen und sticken, Kann braten und kochen Das Fleisch und die Knochen.

Beide Texte aus: Fibel für deutsche Volksschulen, bearbeitet von Julius Goldschmidt, 15. Auflage, Freiburg/Br. 1889, S. 56 und S. 78, zitiert nach: Jürgen Spanger: Aus der Schulstube ins Leben. Die Karlsruher Volksschulen 1716–1952 (Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 25), Karlsruhe 2002, S. 65f.

A  **) Die Texte aus dem Lesebuch (Q ) waren nicht nur zum „Lesenlernen“ und „Auswendig- lernen“ gedacht, sondern vermittelten gleichzeitig Verhaltensregeln und Werte, an die sich Schülerinnen und Schüler halten sollten. Nenne und erläutere diese.

A  ***) Diskutiert die Bedeutung des ersten Absatzes im Schulgesetz (Q ) : Was versteht man unter „verständigen und religiös-sittlichen Menschen“ und „tüchtigen Mitgliedern der Gemeinwesens“? Stellt einen Zusammenhang her zu den Texten aus dem Lesebuch (Q ) .

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

A  ***) In der Ausstellung findet sich zum Thema „Schule“ eine Schulbank der Zeit. Ist dies ein aussagekräftiges Ausstellungsobjekt? Begründe deine Meinung.

Q 

Schulordnung Für die Volksschule in der Sandgasse ist keine Schulordnung überliefert, aber sie könnte so ausgesehen haben wie die nachstehende aus Karlsruhe.

Aus: Jürgen Spanger: Aus der Schulstube ins Leben. Die Karlsruher Volksschulen 1716–1952 (Veröffentlichung des Karlsruher Stadtarchivs Bd. 25), Karlsruhe 2002, S. 62.

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

A  ***) Welche Themen werden in der Schulordnung (Q ) angesprochen? Liste sie auf und erläutere sie in deinen eigenen Worten.

A  ***) Erkläre die Notwendigkeit derartiger Regeln. Stelle Überlegungen an, inwiefern diese Regeln den (Schul-)Alltag der Kinder tatsächlich spiegelten.

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

A  **) Vergleiche die Schulordnung Q  mit derjenigen deiner Schule. Nenne Ähnlichkeiten und Unterschiede und erkläre, warum manche Dinge damals wichtig waren, die in der heuti - gen Schulordnung nicht mehr auftauchen. Finde Erklärungen für die Änderungen.

A  ***) Ziehe aus den bisherigen Antworten Schlussfolgerungen: Welche Erwartungen richteten Lehrer, Eltern und zukünftige Arbeitgeber an ihre Kinder und Lehrlinge?

A  ***) Die heutige Grundschule in der Heidelberger Altstadt trägt den Namen Friedrich Eberts. Sollten bei Namensgebungen von Schulen auch die Schulleistungen mit berücksichtigt werden? (Friedrich Ebert war ein mittelmäßiger Schüler). Begründe deine Antwort.

 . SCHULZEIT IN HEIDELBERG UM  – WAS SCHÜLERINNEN UND SCHÜLER IM KAISERREICH LERNTEN

> Weitere Recherchemöglichkeiten Es gibt kaum Quellen darüber, wie Ebert selbst über seine Schulzeit dachte. Nur in einem Brief vom 18. Februar 1919 an seinen ehemaligen Lehrer Heinrich Zeuner findet sich dazu ein Hinweis. Der Brief findet sich in Raum 1 der Ausstellung. Wie äußert sich Friedrich Ebert über seinen Lehrer? Inter- pretiere die Aussagen kritisch, indem du den Anlass und die Umstände des Schreibens bedenkst.

Friedrich Ebert im Alter von etwa 20 Jahren. (Foto: Archiv der sozialen Demokratie, Bonn)

 TEIL 

Friedrich Ebert und seine Frau Louise 1898 mit den Söhnen Friedrich, Georg und Heinrich.

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Wer darf im Kaiserreich wählen und wer darf gewählt werden?

Friedrich Ebert wurde im Jahr 1900 zum Abgeordneten der SPD in die Bremer Bürgerschaft, dem Parlament der Hansestadt, und 1912 in den Deutschen Reichstag gewählt. Seine Wahl erfolgte auf der Grundlage eines Wahlrechts, das die Arbeiterschaft benachteiligte und Frauen gänzlich von der Wahlbeteiligung ausschloss. Ein gerechteres Wahlrecht, bei dem die Anzahl der Sitze der Anzahl der abgegebenen Stimmen entsprechen sollte (Verhältnis - wahlrecht), gehörte zum Forderungskatalog der Sozialdemokratie im Kaiserreich.

VORAUSSETZUNG: Bürger sein

Q 

Die Verleihung der bremischen Staatsbürgerschaft an Friedrich Ebert Friedrich Ebert wollte bei der Wahl zur Bremer Bürgerschaft am 2.12.1899 als Kandidat an - treten; Voraussetzung hierfür war eine mindestens drei Jahre bestehende Staatsbürgerschaft. Die Verleihungsurkunde verweist auf die Möglichkeiten des einzelnen, sich an Wahlen zu be- teiligen: Voraussetzung, um das Bürgerrecht und damit auch das (aktive und passive) Wahl - recht (d.h. das Recht zu wählen und gewählt werden zu können) im kommunalen Bereich und auf Landesebene zu erhalten, waren eine bestimmte Höhe an Einkünften des Betreffen - den, ein „sittsamer Lebenswandel“ und die Zahlung einer Registraturgebühr von 16,50 Mark (das entspricht um 1900 fast dem Wochenlohn eines gelernten Arbeiters). Der Erwerb des Staatsbürgerrechts erfolgte nur auf Initiative des zukünftigen Bürgers.

A  ***) Beurteile am Beispiel Friedrich Eberts die Bedeutung, Probleme und Chancen, die der Erwerb des Staatsbürgerrechts für Arbeiter und andere Geringverdienende hatte. (Q )

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Akte der Polizei-Direktion in Bremen betreffend die Erwerbung der Bremischen Staatsangehörigkeit. Eröffnet 1896 am 1. Dezember

4. Heimatland, -ort: Baden, Heidelberg

5. Reichsangehörigkeit: Baden laut Staatsangehörigkeitsaus - weis vom 24. November 1896

6. Bisheriges Gewerbe: Wirth

7. Zukünftiges Gewerbe („)

8. Hiesige Wohnung

9. Wohnungsmeldeschein: v. 11. April 1894

10. Religion: katholisch

11. Ehefrau: Louise Dorothee Amalie geb. Rump, geboren am 23. Dezember 1873 in Melchiorshausen

12. Kinder: 1. Carl Friedrich, geboren hierselbst am 12. Dezember 1894 2. Georg, geboren hierselbst am 25. Juni 1896

Ebert bat um Beschleunigung, da er noch Freitag zum Schwören möchte. H.

18. Aufnahme-Urkunde: Eilt! VK … zum Bericht. 1/12 96 Wenden!

14. Erwerbs- und Vermögensverhält - nisse: Gegen Zulassung des Ebert zum Bürgereide können hierseits keine gesetzl. Hinderungsgründe geltend gemacht werden.

15. Sittenzeugnis: Kr. d. 1/12 96 [2 Unterschriften]

16. Dispositionsfähigkeit fiat […] Mit Dispositionsfähigkeit ist die Handlungs- bzw. Geschäftsfähigkeit im rechtlichen Sinn gemeint

17. Vorbescheinigung

18. Auswanderungsschein: Aufnahme Urkunde (Brem 1) ausgefertigt

19. Naturalisationsurkunde (= Einbürgerungsurkunde)

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Das WAHLRECHT in den deutschen Einzelstaaten: Bremen und Preußen als Beispiele

MATERIAL  Wahlklassen bei den Bremer Bürgerschaftswahlen und Anzahl der Abgeordneten je Klasse (nach 1899)

Klasse  Die in der Stadt Bremen wohnenden Staatsbürger, die auf einer Universität gelehrte Bildung erworben haben 14 Vertreter

Klasse  Die Mitglieder des Kaufmannsstandes 40 Vertreter

Klasse  Die Mitglieder des Gewerbekonvents* 20 Vertreter (*Versammlung der Gewerbetreibenden)

Klasse  Die übrigen in der Stadt wohnenden Staatsbürger 48 Vertreter

Klasse  Die in Vegesack wohnenden Staatsbürger 4 Vertreter

Klasse  Die in Bremerhaven wohnenden Staatsbürger 8 Vertreter

Klasse  Die im Landgebiet wohnenden Staatsbürger, die wahlberechtigt für die Kammer der Landwirtschaft sind 8 Vertreter

Klasse  Die übrigen im Landgebiet wohnenden Staatsbürger 8 Vertreter

(Aus: Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der Reichspräsident-Fried - rich-Ebert-Gedenkstätte. Hrsg. und bearb. im Auftrag der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte von Walter Mühlhausen, Heidelberg 1999, S. 56).

MATERIAL  Das Verhältnis Abgeordneter / Wahlberechtigte bei den Wahlen in Bremen 1899 Zahl der Wahlberechtigten auf einen Abgeordneten

Klasse  23 Wahlberechtigte Klasse  87 Wahlberechtigte

Klasse  22 Wahlberechtigte Klasse  96 Wahlberechtigte

Klasse  12 Wahlberechtigte Klasse  73 Wahlberechtigte

Klasse  287 Wahlberechtigte Klasse  383 Wahlberechtigte

(Aus: Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der Reichspräsident-Fried - rich-Ebert-Gedenkstätte. Hrsg. und bearb. im Auftrag der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte von Walter Mühlhausen, Heidelberg 1999, S. 57. Dort finden sich auf den Seiten 55 – 59 auch Hintergrundinformationen zum Bremer Wahlrecht und zur Wahl Friedrich Eberts).

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Beurteile die Chancen Friedrich Eberts und anderer Kandidaten der Bremer Sozialdemo - kratie bei Wahlen auf der Grundlage des Bremer Wahlrechts.

Q 

Zeitgenössische Karikatur zum preußischen Dreiklassenwahlrecht In Preußen, dem größten deutschen Bundesstaat, hing das Gewicht der Wählerstimmen von den bezahlten direkten Steuern ab. (Direkte Steu - ern sind Steuern, die vom Steuer - schuldner selbst bezahlt werden – z.B. die Einkommensteuer). Seit 1849 hat eine Stimme für den preußischen in der ersten Klasse das 16- bis 26-fache Gewicht einer Stimme der dritten Klasse. Aber gerade in der dritten Klasse findet die SPD ihre Wähler. So erreicht sie 1908 mit 24 Prozent der Stimmen nur 7 Mandate, die Konservativen gewinnen mit nur 14 Prozent der Stimmen 152 Mandate. Mit Demonstrationen kämpft die SPD gegen diese krasse Benachteiligung.

„Warum gilt ein Reicher bei den preußischen Wahlen mehr als hundert Unbemittelte? Aus schwerwiegenden Gründen.“ (Aus: Lustige Blätter, 8. Jahrgang 1908).

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Interpretiere die Karikatur, indem du den Symbolgehalt der dargestellten Elemente und Personen entschlüsselst und in einen Gesamtzusammenhang bringst. > Die Karikatur findet sich mit inhaltlichen Hinweisen auch in der Ausstellung. Nütze auch den dort vorhandenen Audioguide-Text.

A  ****) Recherchiere, wie die Landtage anderer deutscher Einzelstaaten gewählt wurden – z. B. im Großherzogtum Baden oder im Königreich Württemberg – und halte deine Ergebnisse fest.

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Q  Das Wahlrecht des Kaiserreichs Artikel 20 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 16. April 1871 Der Reichstag geht aus allgemeinen und direkten Wahlen mit geheimer Abstimmung hervor. Bis zu der gesetzlichen Regelung, welche im §  des Wahlgesetzes vom . Mai  (Bundesgesetzblatt  S. ) vorbehalten ist, werden in Bayern , in Württemberg , in Baden , in Hessen südlich des Mains  Abgeordnete gewählt, und beträgt demnach die Gesammtzahl der Angeordneten .

(Aus: BGBL 1871, 63ff., hier S. 70; Hinweis: Das Gesetzblatt des Deutschen Reiches hieß zu diesem Zeitpunkt noch „Bundesgesetzblatt“).

„Das Wahlrecht zum Reichstag ging in den wesentlichen Bestimmungen auf das Wahlgesetz der Frankfurter Paulskirche vom 12. April 1849 zurück und hatte schon im Norddeutschen Bund gegolten. Das Wahlgesetz für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869 wurde 1871 als Reichsgesetz übernommen und galt ohne bedeutende Änderungen bis zum Ende der Monarchie 1918. Der Reichstag wurde nach dem allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrecht gewählt, damals in Europa das fortschrittlichste Wahlrecht. Danach durften (vorbehaltlich gewisser Einschränkungen) alle deutschen Männer ab 25 Jahren, die in einem der Bundesstaaten wohnten, aktiv wählen. Die Frauen hingegen blieben bis 1918 vom Wählen ausgeschlossen. Die Abgeordneten wurden direkt, d. h. ohne Wahlmänner, gewählt, wobei sie die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreichen mussten. 1871 wurden 382 Wahlkreise festgelegt, 1873 kamen weitere 15 Wahlkreise für Elsass- Lothringen hinzu. Die Wahlkreiseinteilung mit rund 100.000 Menschen pro Wahlkreis, beruhend auf der Volkszählung von 1864, blieb bis 1918 unverändert. So fanden die Bevölkerungsverschie - bungen im Kaiserreich durch Ost-West-Wanderung, Landflucht, Industrialisierung und Verstädterung keine Berücksichtigung, was dazu führte, dass die Zahl der Wahlberechtigten in den einzelnen Wahlkreisen mit der Zeit unterschiedlich wurde: So konnten z. B. 338.900 Wahlberechtigte im Wahlkreis Teltow bei Berlin ebenso einen Abgeordneten in den Reichstag entsenden wie 10.700 Wahlberechtigte im Wahlkreis Schaumburg-Lippe. Insgesamt waren Großstädte und Industriezentren gegenüber länd- lich-agrarischen Gegenden benachteiligt.“

(Aus: http://www.bundestag.de/kulturundgeschichte/geschichte/infoblatt/wahlen_kaiserreich.pdf; 01.12. 2011).

Q 

Das Wahlrecht in der Weimarer Republik Artikel 22 der Weimarer Verfassung vom 11. August 1919 Die Abgeordneten werden in allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl von den über zwanzig Jahre alten Männern und Frauen nach den Grundsätzen der Verhältnis - wahl gewählt. Der Wahltag muß ein Sonntag oder öffentlicher Ruhetag sein. Das Nähere bestimmt das Reichswahlgesetz.

(Aus: RGBL 1919, 1388).

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Mit diesem Artikel war die grundsätzliche Entscheidung für das Verhältniswahlrecht fest - geschrieben. Die Anzahl der Sitze würde also den für die jeweilige Partei abgegebenen Stim - men entsprechen. Man braucht aber noch weitere gesetzliche Festlegungen. Da wäre z. B. das Auszählungsverfahren. Die Anzahl der Stimmen rein mathematisch auf die Anzahl der Sitze zu übertragen scheitert schon daran, dass nur „ganze“ Sitze vergeben werden können. Erringt eine Partei also 30,5 % der Stimmen kann sie nicht 30 ½ Sitze erhalten. Schaue dir einmal an, wie dies nach dem Reichswahlgesetz von 1920 gehandhabt wurde. Du findest es unter: http://www.documentarchiv.de/wr/1920/reichswahlgesetz_1920.html Achte dabei besonders auf den Abschnitt „III. Wahlhandlung und Ermittlung des Wahlergebnisses“.

Q 

Das Wahlrecht in der Bundesrepublik Deutschland Artikel 38 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 23.5.1949 () Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. () Wahlberechtigt ist, wer das einundzwanzigste, wählbar, wer das fünfundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat. () Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(Aus: BGBL 1949, 1).

Die Wahlrechtsgrundsätze „allgemein“, „unmittelbar“ (d. h. „direkt“ – also ohne Wahl- männer), „frei“, „gleich“ und „geheim“ kennst du mittlerweile. Kennst du aber auch das Wahlrecht zum Deutschen Bundestag? Vielleicht hast du schon einmal den Begriff „personalisiertes Verhältniswahlrecht“ gehört oder weißt, dass die Wähler zwei Stimmen haben: eine Erst- und eine Zweitstimme. Dieses Wahlrecht ist eine Kombination aus Mehr - heits- und Verhältniswahlrecht: „Die Hälfte der Abgeordneten zieht über direkte Wahl (Erststimmen) in ihren Wahlkreisen in den Bundestag ein. Die andere Hälfte der Mandate wird dann nach dem Verhältniswahlrecht verteilt. Hierbei werden die Sitze entsprechend des Anteils der Stimmen vergeben, welche die in Landeslisten kandidierenden Parteien gewinnen (Zweitstimme). Berücksichtigt werden dabei aber nur Parteien, die mindestens fünf Prozent der gültigen Zweitstimmen oder in mindestens drei Wahlkreisen ein Direkt - mandat errungen haben – oder aber eine nationale Minderheit vertreten (Bundeswahlge - setz § 6 Absatz 6).“

(Zitat aus: http://www.bundestag.de/service/glossar/W/wahlrecht.html (01.12. 2011)

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Erläutere die Veränderungen des Wahlrechts seit dem Kaiserreich. Berücksichtige auch das Frauenwahlrecht (siehe Q  – Aufruf zum Internationalen Frauentag).

A  ****) Recherchiere die Gründe, die zu diesen Veränderungen führten, und beurteile ihre Bedeu - tung für die deutschen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen.

A  ***) Welche gesetzlichen Regelungen gelten heute? Diskutiert eure Möglichkeiten, euch an politischen Entscheidungen zu beteiligen.

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A ***) Erläutere einem Mitschüler anhand eines von dir gewählten Beispiels die Wahl in einem Wahlkreis mit 5 bis 6 Parteien und Kandidaten. Komme dabei auch auf die Begriffe „Lan - desliste“, „Überhangmandat“ und „Ausgleichsmandat“ zu sprechen.

Q 

Wahlkampf im Kaiserreich

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Versuche, etwas über die anderen in dem Wahlaufruf genannten Parteien herauszufinden: „Konservative“, „Zentrum“, „Liberale“ und „Nationalliberale“. Was steckt hinter dem Begriff „schwarz-blauer Block“? Notiere hier stichwortartig die Ergebnisse.

A  ***) Nenne die im Wahlaufruf genannten Argumente, die für Friedrich Ebert und die Sozial- demokratie sprechen, und beurteile die damit beabsichtigte Wirkung auf die Wähler.

A  ***) Im Wahlaufruf geht es zu großen Teilen um das Politikfeld „Steuerpolitik“. Genannt werden „indirekte Steuern“ und „Verbrauchssteuern“. Finde heraus, was das ist und wer davon betroffen ist.

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Warum betont das Wahlplakat in besonderer Weise die Notwendigkeit und Pflicht, sich an der Wahl zu beteiligen? Achte auch auf die Angaben zum Wahltag.

A  ****) Stelle die Informationen zum Staatsbürgerrecht, Wahlrecht und Wahlverfahren auf der Grundlage der Quellen und Materialien ( Q  bis Q  , Material 1 und Material 2) zusam - men und beurteile auf dieser Grundlage die Chancen der SPD bei den Wahlen zur Bremer Bürgerschaft, dem Preußischen Landtag und zum Reichstag.

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

Q 

Die SPD und das Frauenwahlrecht

Aufruf zum Internationalen Frauentag . Plakatentwurf von Karl Maria Stadler zum Frauen - tag am 8. März 1914. Die Plakatierung wurde in Berlin polizeilich verboten, denn Schlagzeile und Darstellung seien „beleidigend für die Obrigkeit“. Ungewollt wurde damit das öffentliche Interesse für den Frauentag noch einmal gesteigert. (Vgl. Kerstin Wolff: Heraus mit dem Frauenwahl - recht. Von den Anfängen des 8. März bis zum Jahr 1945, http://www.frauenrat.de/fileadmin/user_ upload/infopool/aktionen_kampagnen/IFT_2011/T ext_1_KW.pdf; Abbildung: http://www.fes.de/ archiv/adsd_neu/inhalt/downloads/modul1.htm# (beide 08.11. 2011).

„Wir streben die Beseitigung jeglicher Klassenherr - schaft an und verlangen die volle politische Gleich - berechtigung aller ohne Unterschied.“ Friedrich Ebert in einer Rede 1902 1

1 Zitiert nach: Walter Mühlhausen: Friedrich Als einzige deutsche Partei trat die SPD im Kaiser - Ebert. Sozialdemokrat und Staatsmann, reich für das Frauenwahlrecht ein: Die Forderung Leinfelden-Echterdingen 2008, S. 16. 2 Vgl. Gisela Notz: „Her mit dem allgemeinen, wurde im Erfurter Programm der Partei von 1891 gleichen Wahlrecht für Mann und Frau!“ Die erhoben und auf den von der Sozialdemokratie und internationale sozialistische Frauenbewegung den Gewerkschaften getragenen Internationalen zu Beginn des 20. Jahrhunderts und der Kampf um das Frauenwahlrecht (Friedrich-Ebert- Frauentagen öffentlich propagiert. Der erste Inter - Stiftung, Gesprächskreis Geschichte Heft 80), nationale Frauentag am 19. März 1911 war, so der Bonn 2008. SPD-Parteivorstand, eine „wuchtige sozialdemo - kratische Kundgebung für das Frauenwahlrecht“, denn mehr als eine Million Frauen beteiligten sich daran und demonstrierten unter dem Kampfruf „Heraus mit dem Frauenwahlrecht“. 2 Am 12. November 1918 verkündete der Rat der Volksbeauftragten unter der Leitung von Friedrich Ebert das Frauenwahlrecht; erstmals wählen und gewählt werden konnten die Frauen in Deutsch - land bei den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 (vgl. hierzu Q  : Aufruf des Rats der Volksbeauftragten vom 12. November 1918; dort auch weitere Arbeitsaufträge).

 . WER DARF IM KAISERREICH WÄHLEN UND WER DARF GEWÄHLT WERDEN?

A  ***) Das Plakat findet sich auch in der Ausstellung. Ordne es mit den dort vorhandenen Infor - mationen in einen inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang ein. Notiere hier wichtige Ergebnisse.

A  ****) Stelle Überlegungen zu den Gründen an, die zum Verbot des Plakats führten, und disku - tiere das Frauenbild der Personen, die daran Anstoß nahmen.

A  ****) Recherchiere zu den politischen Rechten von Frauen im Kaiserreich und zu den Forderun - gen der sozialistischen und bürgerlichen Frauenbewegung in dieser Zeit.

 TEIL 

Frauen in einer Bremer Jutespinnerei. (Foto: Staatsarchiv Bremen)

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

Friedrich Ebert: Arbeitersekretär in Bremen – Werbung für die Ideen der Arbeiterbewegung

Die Sozialversicherungspolitik von Reichskanzler (1815–1898) umfasste das Krankenversicherungsgesetz (1883), das Unfallversicherungsgesetz (1884) und das Ge - setz über die Alters- und Invalidenversicherung (1889). Die Bestimmungen wurden immer wieder verändert und waren für den normalen Arbeiter kaum überschaubar. Die Gewerk - schaften richteten daher Arbeitersekretariate ein, deren Aufgabe es war, Arbeiter zu bera - ten und bei der Wahrnehmung ihrer Rechte zu unterstützen. Ebert hatte in seiner Zeit als Gastwirt in Bremen bereits Arbeiter in sozialpolitischen und versicherungsrechtlichen Fra - gen beraten; er hatte sich im Selbststudium zum sozialpolitischen Fachmann weitergebildet. Ab 1900 unterstützte er mit diesen Kenntnissen als ein von der Gewerkschaft angestellter Arbeitersekretär hilfesuchende Arbeiterinnen und Arbeiter.

Material: Der Fall des Arbeiters K. (liegt in Raum 3 der Ausstellung als Kopie aus)

A  ***) Recherchiere in Raum 1 der Ausstellung, im Internet oder in der Literatur zu Bismarcks Sozialversicherungspolitik und zum Sozialistengesetz (1878–1890). Notiere die Ergebnisse. Beurteile folgende Aussage: „Die Sozialversicherung war das Zuckerbrot, das Sozialistengesetz die Peitsche im anti- sozialistischen Kampf des Reichskanzlers“ (Walter Mühlhausen).

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

A  ****) Kennzeichne die Interessen der Personen und Institutionen, die in diesen Fall verwickelt waren, und beurteile die Funktion Friedrich Eberts als Arbeitersekretär.

A  ***) In der Ausstellung wird diese Station in Eberts Lebensweg mit Schreibtisch, Schreibma - schine und Telefon gekennzeichnet. Ist dies eine gelungene Inszenierung? Begründe deine Meinung.

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

Der 1. Mai – Kampf- und Festtag der Arbeiterschaft Der Maifeiertag war 1889 auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale (ein Zusammenschluss wichtiger sozialistischer Parteien weltweit) in Paris als Kampf- und Fest - tag der internationalen Arbeiterbewegung ausgerufen worden, seit 1890 wurde er auch in Deutschland mit Streiks oder sog. Maispaziergängen begangen. Im Zentrum der dabei öffentlich propagierten Forderungen stand die Durchsetzung des achtstündigen Arbeitsta - ges. Erst im 20. Jahrhundert wurde der 1. Mai zum gesetzlichen Feiertag. Friedrich Ebert hatte als Arbeitersekretär in Bremen maßgeblichen Anteil an der Organisa - tion derartiger öffentlicher Veranstaltungen der Gewerkschaften und der Sozialdemokratie, auf denen Forderungen der Arbeiterbewegung öffentlich propagiert wurden.

Q 

Die Feiern zum 1. Mai 1900 in Bremen

Titelblatt einer 1900 in Bremen verteilten Maizeitung (Aus: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Friedrich Ebert 1871–1925, Bonn 1980, S. 86)

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

A  ****) Das Titelblatt der Maizeitung (Q ) zeigt Symbole, die auf die Forderungen und das Selbstverständnis der in Gewerkschaft und Sozialdemokratie organisierten Arbeiterschaft verweisen. Nenne und erläutere sie.

Q 

Aufruf zum Spaziergang durch den Bürgerpark. Bremer Bürger-Zeitung, 24. April 1900. Da größere Festumzüge zum 1. Mai in Bremen verboten wurden, wählte man die Form des Morgenspaziergangs.

(Aus: Friedrich-Ebert-Stiftung (Hrsg.): Friedrich Ebert 1871–1925, Bonn 1980, S. 73).

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

Q 

Maispaziergang in Bremen, Mitte der 1890er Jahre, darunter, links im Bild, Friedrich Ebert.

(Aus: Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Hrsg. und bearb. im Auftrag der Stiftung Reichs - präsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte von Walter Mühlhausen, Heidelberg 1999, S. 74).

In Bremen verliefen die Maifeiern überwiegend friedlich, weil Sozialde - mokraten und Gewerkschafter sich hier um die vom Senat der Stadt ver - langte Ruhe und Ordnung kümmer - ten. Andernorts dagegen kam es zu Arbeitskämpfen, Aussperrungen und Polizeieinsätzen.

A  ***) Welchen Eindruck wollten die Organisatoren in der Öffentlichkeit hinterlassen? Betrachte und interpretiere hierfür das Foto vom Maispaziergang (Q ) . Vergleiche hierzu auch Q  . Siehe auf die Kleidung!

Q 

Zum Ablauf der Maifeier im Jahr 1900 berichtet die sozialdemokratische „Bremer Bürger-Zeitung“ in ihrer Ausgabe vom 3. Mai 1900: 3

Maifeier in Bremen. „Der Maigedanke bricht sich unverkennbar immer mehr Bahn. Mag nach den stereotypen Redewendungen, mit denen die bürgerlichen Blätter die Maifeier begleiten, der Gedanke er - weckt werden sollen, als gleiche das Bild der Maifeier immer auf ein Haar der vorjährigen: Die Wirklichkeit spricht diesen Lügenprophezeiungen resp. Lügenberichten doch lachend Hohn und lehrt die Bevölkerung, dass mehr und mehr die Arbeiterschaft entschlossen ist, den längst gehegten Wunsch und Willen der Durchführung der Arbeitsruhe am Maifeier - tage auch in die That umzusetzen.

3 Rechtschreibung und Zeichensetzung wurden teilweise an moderne Richtlinien angepasst.

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

Die bremische bürgerliche Presse hat es mit den Jahren verlernen müssen, des Ausfalles des Festes der Arbeit mit ungläubigem Spott zu gedenken, sie hat sich überzeugen müssen, dass lawinenartig die Beteiligung der Arbeiter an den Maifeierveranstaltungen der bremi - schen Socialdemokratie anwächst. Auch der diesjährige Morgenspaziergang am . Mai be - wies, dass dieses Anwachsen ein unaufhörliches ist. Konnten der imposanten Teilnahme im Vorjahre noch besondere Umstände, die zehnjährige Wiederkehr der Maifeier, die Feier am ersten Tage der Woche etc. zum Teil mit zu Grunde liegen, die noch stark gestiegene Betei - ligung am diesjährigen Maifrühausflug zeigte, dass den Massen der Arbeiter der Gedanke der Arbeitsruhe in Fleisch und Blut übergegangen ist. Auch in den kleineren Orten der Um - gegend mehrt sich die Zahl derjenigen, die in der Arbeitsruhe die einzig würdige Begehung des Maifestes erblicken und sie, wo irgend angängig, durchführen. So zählten die Teilneh - mer aus Hastedt, im vorigen Jahre eine ganz kleine Anzahl, heuer nahezu zweihundert; so befinden sich gar Frühspaziergänger aus Vegesack in den Reihen der Feiernden. Bereits von vor  Uhr ab bewegten sich kopfreiche Trupps festlich gekleideter Arbeiter und Arbeiterinnen in den einzelnen Stadtteilen zu den Sammelplätzen, von wo aus die einzelnen großen Schwärme zwischen  ½ und  Uhr auf dem Platz beim Rembertitunnel eintrafen. Die ungeheure Menge der sich hier Sammelnden gewährte Passanten und Anwohnern einen überraschenden, imposanten Anblick. Noch gewaltiger aber trat das Riesenhafte der Teilnahme hervor, als sich der Zug in Bewegung setzte und wie ein gewaltiger schwarzer Riesenwurm die schlangengewundenen Wege des Bürgerparks durchzog. Die Zahl der Teil - nehmer muß, ohne die geringste Übertreibung, auf weit über  angegeben werden. Als Orte der allgemeinen Rast waren der Aussichtsturm und Cohrs’ Café an der Stauallee bestellt, in welchen beiden Lokalen sich denn auch beim Eintreffen des Menschenstroms ein geschäftiges Leben und Drängen entwickelte, da den Erfrischungsgelüsten einer so großen Masse Genüge geleistet werden sollte. Nach erfolgtem Frühtrunk und Frühstück ging’s weiter durch die grünbegrenzten Gänge des Parks, durch den Ausgang beim Tivoli - tunnel und die nächstführenden Straßen, Löningstraße, Gerhardstraße, Häfen nach dem Casino, dem Lokale der Frühversammlung. Die Zahl der Teilnehmer zählte auch hier, moch - ten auch hie und da Spaziergangsteilnehmer aus familiären Gründen sich abgetrennt haben oder mochte auch der Bürgerpark noch einen Teil derselben bergen, noch nach Tausenden. Nach einem einleitenden Gesangsvortrage des Arbeiter-Sängerbundes, der den Socialisten - marsch von Gramm vortrug, bestieg Genosse Fritz Ebert die Rednertribüne, um das Wort zu nehmen zu folgender Festrede.“ (Für Interessierte liegt der Redetext aus).

A  ***) Kennzeichne den Standpunkt des Autors des Zeitungsartikels ( Q ) .

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

A  ***) Erläutere an Q , Q  und Q  das Vorgehen der Bremer Sozialdemokratie und die von ihr genutzten Mittel, die die Aufmerksamkeit auf ihre Forderungen lenken sollten.

A  ***) Beurteile die Bedeutung der Maifeier für die Arbeiter und Arbeiterinnen, die daran teilnahmen, und die Wirkung der Maifeier auf andere Bevölkerungsgruppen.

Q 

Eine weitere Perspektive auf den Maifeiertag: Der 1. Mai 1890 in Berlin. Ottilie Baader (1847–1925), Sozialdemokratin und neben Clara Zetkin die einflussreichste Kämpferin für die Gleichberechtigung von Frauen in der Arbeiterbewegung, berichtete über den 1. Mai 1890 in ihren 1921 erstmals veröffentlichten Memoiren. (Ottilie Baader: Ein steiniger Weg. Lebenserinnerungen, Berlin 1931, S. 28-30).

„Mit der eben genannten Organisation der Schäftearbeiter und -arbeiterinnen habe ich auch die erste Maifeier erlebt. Es war am Donnerstag, den . Mai . Man sah bereits in den frühen Vormittagsstunden sonntäglich gekleidete Gruppen von Arbeiterfamilien hin- ausziehen ins Freie. Wie war das nur möglich? An einem Arbeitstage wagten die Proleta - rierscharen nicht zu arbeiten, dem Unternehmer damit den Profit zu kürzen? Sie wagten zu feiern an einem Tage, der nicht von Staat oder Kirche als Feiertag festgelegt worden war? Jawohl, die Arbeiter hatten es gewagt, sich selbst nach eigenem Willen einen Feiertag zu schaffen, und nicht nur die Arbeiter Berlins waren so vermessen, sondern die der ganzen Welt.

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

Auf dem Internationalen Sozialistenkongreß zu Paris im Juli , dem Hundertjahrstage der großen Französischen Revolution, war der . Mai als Weltfeiertag der Arbeit eingesetzt worden. Dieser Feiertag war dazu angetan, in gleichem Empfinden und Denken das Proletariat der ganzen Welt zu einigen. Auf dem Pariser Kongresse war man zu dem Ergebnis gelangt, daß auf dem ganzen Erdenrund das Proletariat zwar graduell verschieden, doch überall gleich unterdrückt und schutzlos ausgebeutet wurde. Es war daher vereinbart worden, daß in allen Ländern an die Regierungen und gesetzgebenden Körperschaften Forderungen zum Schutze der Arbeiter gestellt und mit Nachdruck vertreten werden müssen. Die Arbeitszeit sollte ver- kürzt, Kinderarbeit verboten werden und anderes mehr. Dann erst würde der Arbeiter sich seiner Familie widmen können und dann endlich einmal auch Zeit finden, an seiner geisti - gen Fortbildung zu arbeiten. Ferner sollte dieser Feiertag dazu dienen, in der ganzen Welt einmütig gegen den immer mehr überhandnehmenden Militarismus Front zu machen. Welch herrlicher Gedanke, zu wissen, daß die Ausgebeuteten, die Unterdrückten der ganzen Welt an diesem Tage seelisch miteinander verbunden sind, daß sie mit allen zu Gebote stehenden Mitteln ihre Forderungen an die Regierenden stellen. Welchen Schrecken dieser erste Weltfeiertag aber der herrschenden Klasse bereitete, zeigt die Thatsache, daß an diesem Tage das Militär in den Kasernen gehalten wurde, damit es gegebenenfalls einschreiten könne. Auch wurden viele Bahnhöfe durch Militär „gesichert“! Einige vernünftige Bahnhofsvorsteher hatten aber auf Anfragen das Militär abgelehnt, da sie keine Gefahr erblickten und den Arbeitern vertrauten. Die Arbeiterbevölkerung Deutschlands, befreit vom Druck des Sozialistengesetzes, jubelte diesem Tag entgegen. Und der Himmel selbst schien im Bunde mit ihnen zu sein, denn einen so wunderbar herrlichen ersten Maitag hatten wir seitdem nicht wieder. Warmer Sonnen schein, klarer, wolkenloser Himmel, zartes Maigrün an Baum und Strauch, lebens - schwellende Knospen, sprießende Saaten, Vogelgesang, kurz, die wie Leben, Kraft und Schön - heit wirkende Natur mußte auch den Menschen neuen Lebensgenuß und Kraft einflößen, mußte sie lehren, alles daranzusetzen, die Schönheiten der Welt auch für sich und die Ihren zu gewinnen. Als ich an diesem ersten Maitag im Kreise lieber Menschen hinauswanderte nach Grünau, war es herzbewegend für uns alle, als wir unsere geliebte Marseillaise  von einem Leierkas - ten ertönen hörten. Die Gaben flossen reichlich, und erfreut darüber sagte der Drehorgel - spieler zu seiner alten Lebensgefährtin: „Siehste, Mutterken, daß ich recht hatte.“ Er hatte das Stück zu diesem Tage auf den Leierkasten bringen lassen. Nur wer weiß, daß bis zur Aufhebung des Sozialistengesetzes unsere Lieder verboten waren, und daß wir Liederbücher oder einzelne Blätter mit gedruckten Liedern nur heimlich vertrei - ben konnten, wird unsere Freude über das Spiel des Leiermannes begreifen. An dem Bestimmungsort angelangt, wurden nun nach Herzenslust unsere Arbeiterlieder gesungen, wenn auch von ungeschulten, so doch von begeisterten Sängern; revolutionäre Gedichte von Heinrich Heine, Freiligrath u.a. wurden vorgetragen. Wohl jeder der mit uns Feiernden gelobte, eifriger noch als bisher für die Erlösung der Menschheit aus Not und Unterdrückung wirken zu wollen, sein Leben in den Dienst unserer großen heiligen Sache zu stellen. Im ganzen Reiche, ja in der ganzen Welt hat wohl dieser erste Weltfeiertag wie eine Erlösung gewirkt und Kampfesmut und Entschlossenheit ausgelöst.“

4 Gemeint ist die Arbeiter-Marseillaise, ein Lied, dessen Text 1864 zur Melodie der Marseillaise (der frz. Nationalhymne) von Jacob Audorf für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein gedichtet wurde. Der Refrain lautet: „Nicht fürchten wir den Feind, / stehn wir im Kampf vereint! / Marsch, marsch, marsch, marsch / und sei’s durch Qual und Not, / für Freiheit, Recht und Brot!“

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

A  ***) Finde Gründe für die Begeisterung, die Ottilie Baader zum Ausdruck bringt.

A  ***) Ottilie Baader beschreibt die Feierlichkeit erst Jahre später. Überlege, wie diese Tatsache auf die Art ihrer Berichterstattung Einfluss genommen haben könnte.

A  ****) In Raum 4 der Ausstellung findest du die Forderungen der Arbeiterbewegung, wie sie am 1. Mai öffentlich vertreten wurden. Recherchiere, wann und auf welche Weise diese Forderungen in Deutschland durchgesetzt wurden.

 . FRIEDRICH EBERT: ARBEITERSEKRETÄR IN BREMEN – WERBUNG FÜR DIE IDEEN DER ARBEITERBEWEGUNG

A  ****) Worin siehst du die Bedeutung des 1. Mai heute?

Vertiefende Informationen findest du > in Raum 4 der Ausstellung > mittels des Audioguides – z. B. Nr. 151 (Schildere deine Eindrücke). > in: Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Begleitband zur ständigen Ausstellung in der Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte. Hrsg. und bearb. im Auftrag der Stiftung Reichspräsident-Friedrich-Ebert-Gedenkstätte von Walter Mühlhausen, Heidelberg 1999. > auf den Internetseiten der Friedrich Ebert Stiftung (FES-Netz-Quelle Geschichte und Politik) http://library.fes.de/library/netzquelle/maibewegung/index.html (01.12. 2011). > Auf den Internetseiten des DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund): www.dgb.de/

 TEIL 

Marschierende Revolutionäre unter den Linden in Berlin, November 1918.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

November 1918: Welche Staatsform soll Deutschland erhalten?

Die folgenden Quellentexte stammen aus den Erinnerungen des Prinzen Max von Baden. Prinz Max von Baden (1867–1929), ein Sohn des preußischen Generals und badischen Prinzen Wilhelm und Maria Maximilianovna von Leuchtenberg, war am 3. Oktober 1918 als Nachfol - ger von Georg von Hertling (1843–1919) zum Reichskanzler im Ersten Weltkrieg (1914 – 1918) ernannt worden. Aufgrund der aussichtslosen militärischen Lage Deutschlands drängte ihn die (OHL) am 4. Oktober 1918, ein Waffenstillstandsgesuch an den ame - rikanischen Präsidenten Woodrow Wilson zu senden. Gut einen Monat später, am 9. Novem - ber, verkündete er die Abdankung des Kaisers und übergab das Reichskanzleramt an Friedrich Ebert. Ein Hinweis zur Art der Quelle: Sicher hast du schon einmal den Begriff „Biographie“ ge - hört. Er stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Lebensbeschreibung“. Das ist meist ein Buch – aber auch ein Film kann ein Leben erzählen (Filmbiographie). Hier haben wir es nun mit einer Autobiographie zu tun – das heißt: Prinz Max von Baden beschreibt sein eigenes Leben. Im Vorwort seiner Lebensbeschreibung hat er dargelegt, warum er das tut: „Nicht lange nach der Revolution“, so schreibt er da, „als es deutlich wurde, daß mir eine wesentliche Schuld an dem deutschen Zusammenbruch zugeschrieben werden sollte, faßte ich den Entschluß, in der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen. Ich sah bald ein, daß ich vor dem deutschen Volk und vor mir selber die wirklichen Zusammenhänge nur aufklären konnte, wenn ich die mir gegenüber erhobenen Vorwürfe sorgfältig prüfte, entschlossen, auch den Standpunkt des Gegners zu verstehen.“

(Aus: Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1928, S. 5).

A  ****) Schildere mit deinen Worten, welche Absicht Max von Baden mit der Veröffentlichung seiner Autobiographie verfolgt. Beurteile – auch anhand der nachfolgenden Texte – welche Auswirkungen diese Absicht auf die Art seiner Darstellung haben könnte.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

Prinz Max von Baden A  ***) Bevor du im Heft weiterarbeitest, informiere dich in den Räumen 5 und 6 der Dauerausstel- lung sowie im Durchgang zwischen diesen Räumen über das Ende des Ersten Weltkriegs.

A  ****) Beschreibe die politische und die militärische Situation, in der sich Deutschland im Herbst 1918 befindet. Ergänzend kannst du die betreffenden Passagen noch einmal in deinem Geschichtsbuch nachlesen, ferner in: Informationen zur politischen Bildung, Heft 261 „Weimarer Republik“, S. 3–6.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ****) Überlege, was ausschlaggebend dafür gewesen sein könnte, dass Prinz Max von Baden Anfang Oktober 1918 Reichskanzler wurde.

Q 

Max von Baden zu den Ereignissen am 9. November 1918 „Ich sagte mir: die Revolution ist im Begriff, siegreich zu sein; wir können sie nicht nieder - schlagen, vielleicht aber ersticken. Jetzt heraus mit der Abdankung, mit der Berufung Eberts, mit dem Appell an das Volk, durch die Verfassunggebende Nationalversammlung seine eigene Staatsform zu bestimmen. Wird Ebert mir als Volkstribun von der Straße präsentiert, dann kommt die Republik, ist es Liebknecht, auch der Bolschewismus. Aber wenn der abdankende Kaiser Ebert zum Reichskanzler ernennt, dann besteht noch eine schmale Hoffnung für die Monarchie. Vielleicht gelingt es, die revolutionären Energien in die legalen Bahnen des Wahlkampfes zu lenken.“

(Aus: Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1928, S. 632).

A  ***) Kennzeichne die Einschätzung der Situation in Deutschland durch Prinz Max von Baden.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

Q 

Max von Baden zu den Ereignissen am 9. November 1918 „Wir versuchten einmal über das andere, den Kaiser zu erreichen. Ein Telefon in der Villa Fraineuse  war abgehängt, das andere besetzt. Ich sah mich vor die Wahl gestellt, entwe - der abzuwarten und nichts zu tun, oder auf eigene Verantwortung zu handeln. Ich wußte, dass ich formell nicht berechtigt war, ohne Einverständniserklärung des Kaisers die Veröf - fentlichung vorzunehmen. Aber ich hielt es für meine Pflicht, den mir als feststehend mitge - teilten Entschluss des Kaisers bekanntzugeben, solange er noch einen Sinn hatte. Außer mit Simons  sprach ich mit niemandem über mein Vorhaben. Er riet dringend, sich über formale Bedenken hinwegzusetzen, in diesem Augenblick, wo es vielleicht noch möglich wäre, die Monarchie zu retten.

Ich war mir der Schwere der Verantwortung wohl bewußt, als ich dem Wolffschen Telegra - phenbureau  die nachstehende Erklärung zugehen ließ:

‚Der Kaiser und König hat sich entschlossen, dem Throne zu entsagen. Der Reichskanzler bleibt noch solange im Amte, bis die mit der Abdankung des Kaisers, dem Thronverzicht des Kronprinzen  des Deutschen Reiches und von Preußen und der Einsetzung der Regent - schaft verbundenen Fragen geregelt sind. Er beabsichtigt, dem Regenten die Ernennung des Abgeordneten Ebert zum Reichskanzler und die Vorlage eines Gesetzentwurfs wegen der sofortigen Ausschreibung allgemeiner Wahlen für eine Verfassunggebende deutsche Natio - nalversammlung vorzuschlagen, der es obliegen würde, die künftige Staatsform des deut - schen Volkes, einschließlich der Volksteile, die ihren Eintritt in die Reichsgrenzen wünschen sollten, endgültig festzustellen.“

(Aus: Max von Baden. Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig, 1928, S. 634f.).

5 Die Villa Fraineuse war das Wohnhaus von Kaiser Wilhelm II., als er sich 1918 in der belgischen Stadt Spa aufhielt. Dort be- fand sich in den letzten Monaten des Ersten Weltkriegs auch das Große Hauptquartier, die militärische Kommandozentrale für die deutschen Streitkräfte. 6 (1861–1937), deutscher Jurist und Politiker. 7 Das Wolffsche Telegraphenbureau war 1849 von dem Verlagsunternehmer Bernhard Wolff gegründet worden und war damit die erste deutsche Nachrichtenagentur. 8 Gemeint ist Friedrich Wilhelm Victor August Ernst von Preußen, der älteste Sohn Kaiser Wilhelms II.

A  ***) Warum gibt Prinz Max von Baden die Abdankung von Kaiser Wilhelm II. eigenmächtig bekannt?

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ****) Diskutiert die Chancen für einen Erhalt der Monarchie in Deutschland (Q  und Q ) und haltet die Ergebnisse hier fest:

Q 

2. Extraausgabe des Vorwärts vom Samstag, den 9. November 1918.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ****) Wie haben ein Arbeiter, ein Soldat, ein Bürger und ein Adliger wohl auf diese Meldung reagiert?

Q 

Erklärung Friedrich Eberts gegenüber dem Reichskanzler Prinz Max von Baden, am 9. November 1918, mittags: „Damit die Ruhe und Ordnung gewahrt werden, haben unsere Parteigenossen uns beauf - tragt, dem Herrn Reichskanzler zu erklären, daß wir es zur Vermeidung von Blutvergießen für unbedingt erforderlich halten, daß die Regierungsgewalt an Männer übergeht, die das volle Vertrauen des Volkes besitzen. Wir halten es deshalb für nötig, daß das Amt des Reichskanzlers und das des Oberkommandierenden in den Marken  durch Vertrauens- männer unserer Partei besetzt wird.  Wir haben in dieser Sache sowohl unsere Partei als auch die Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten geschlossen hinter uns. Auch die Truppen sind für uns gewonnen. Ob die Unabhängigen in die neue Regierung eintreten wollen, darüber sind sie sich noch nicht einig; falls sie sich dazu entschließen, müssen wir wünschen und verlangen, daß sie aufge - nommen werden. Wir haben auch nichts gegen die Aufnahme von Vertretern der bürger- lichen Richtung; nur müßten wir die ausgesprochene Mehrheit in der Regierung behalten. Darüber wäre noch zu verhandeln.“

(Aus: Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1928, S. 635).

9 Der Oberkommandierende in den Marken ist der militärische Befehlshaber in Berlin und Umgebung. 10 Zur Vorgeschichte dieser Forderung gehört, dass die revolutionären Erhebungen in Deutschland schon bald nicht mehr auf die Ausgangspunkte der Marinemeutereien in Kiel und Wilhelmshaven beschränkt geblieben waren, sondern sich rasch ausgebreitet hatten. Die Wittelsbacher z. B. waren bereits am 7. November 1918 vom bayerischen Thron gestürzt worden. Die Monarchie fand in Deutschland – auf Länder- und auf Reichsebene – kaum noch Akzeptanz.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ***) Wen meint Friedrich Ebert mit „Männer[n] […], die das volle Vertrauen des Volkes besit - zen“, und wie soll seiner Ansicht nach die künftige deutsche Regierung aussehen? (Q )

A  ****) Warum beansprucht Friedrich Ebert das Reichskanzleramt und die militärische Befehlsge - walt in Deutschland; wie beurteilst du diese Forderung? (Q )

Q 

Die Übergabe des Reichskanzleramts an Friedrich Ebert am 9. November 1918, nachmittags „Ich [gem. ist Prinz Max von Baden] fragte ihn, ob er bereit sei, den Posten des Reichskanz - lers anzunehmen. Ebert antwortete: „Es ist ein schweres Amt, aber ich werde es überneh - men.“ Der Staatssekretär des Auswärtigen  richtete alsdann die Frage an ihn: „Sind Sie bereit, die Regierung innerhalb der Verfassung zu führen?“ Ebert bejahte. Solf  fragte zum zweiten Mal: „Auch innerhalb der monarchischen Verfassung?“ Eberts Antwort war: „Ges - tern hätte ich diese Frage unbedingt bejaht, heute muß ich mich erst mit meinen Freunden beraten.“ Hierauf erklärte ich: „Nun müssen wir die Regentschaftsfrage lösen.“

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

Ebert antwortete: „Es ist zu spät.“ Hinter ihm wiederholte der Chor seiner Parteigenossen: „Zu spät, zu spät!“

(Aus: Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1928, S. 638).

11 Dies entspricht dem heutigen Außenminister. 12 Gemeint ist Wilhelm Heinrich Solf (1862–1936).

A  ****) Kann Friedrich Ebert die Regierung „innerhalb der Verfassung“ führen, wie das der Staats - sekretär des Auswärtigen hinterfragt? (Q ) Begründe Deine Meinung.

A  *****) Was meint Prinz Max von Baden mit „die Regentschaftsfrage lösen“? (Q )

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

Q 

Bekanntmachung des neuen Reichskanzlers Friedrich Ebert vom 9. November 1918

A  ***) Welche Absicht verfolgt Friedrich Ebert mit diesem Aufruf (Q )

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ***) Was wäre deine Botschaft an die Bevölkerung als neuer Reichskanzler gewesen? Formuliere einen Vorschlag.

Q 

Unterredung zwischen dem Reichskanzler Prinz Max von Baden und Friedrich Ebert, 9. November 1918, nachmittags. „Zwischen  und  Uhr ging ich [gem. ist Reichskanzler Prinz Max von Baden] zu Ebert, um Abschied von ihm zu nehmen. Ebert sagte zu mir: „Ich bitte Sie dringend zu bleiben.“ Ich fragte: „Zu welchem Zweck?“ Ebert: „Ich möchte, daß sie als Reichsverweser  bleiben.“ Diese Bitte war in den letzten Stunden von meinen früheren Mitarbeitern wiederholt an mich gerichtet worden. Ich erwiderte Herrn Ebert: „Ich weiß, daß Sie im Begriff sind, mit den Unabhängigen  ein Abkommen  zu treffen, und mit den Unabhängigen kann ich nicht zusammenarbeiten.“ An der Tür wandte ich mich noch einmal zurück: „Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz!“ Er antwortete: „Ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren.“

(Aus: Max von Baden: Erinnerungen und Dokumente, Stuttgart/Berlin/Leipzig 1928, S. 634).

13 Vertreter des Monarchen während einer Thronvakanz. 14 Gemeint ist die Unabhängige Sozialdemokratische Partei (USPD). 15 Hier ist die Bildung einer neuen Regierung gemeint. Sie sollte je zur Hälfte aus Mitgliedern der USPD, die sich 1917 gegründet hatte, und der MSPD (Mehrheitssozialdemokratische Partei) bestehen.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ****) Warum bittet Friedrich Ebert Prinz Max von Baden, als Reichsverweser im Amt zu verbleiben? (Q )

A  ****) Was vermutest du als Grund dafür, dass Prinz Max von Baden nicht mit Vertretern der USPD zusammenarbeiten kann? (Q )

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

A  ****) Versuche abschließend die unterschiedlichen Aktionen und Zielsetzungen der Personen und Kräfte, die in dieser Umbruchphase wirken, optisch darzustellen, indem du die unten - stehende Skizze vervollständigst.

KAISER

OBERSTE HEERESLEITUNG

PRINZ MAX VON BADEN FRIEDRICH EBERT USPD VOLK

Q 

7.(!) Extraausgabe des Vorwärts vom Sonntag, den 10. November 1918

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

Q 

Aufruf des Rats der Volksbeauf - tragten an das deutsche Volk vom 12. November 1918 „Es handelt sich hier um ein Reformprogramm zur Vollendung der bürgerlichen Demokratie mit wichtigen sozialen Verbesserun - gen. Am wichtigsten ist zweifellos die Verkündung des allgemeinen Wahlrechts auch für Frauen sowie die Aufhebung grundrechtlicher Einschränkungen, die mit dem bisher geltenden Belagerungszu - Die Revolutionsregierung (November/Dezember 1918), stand gegeben waren. […] Die An - der „Rat der Volksbeauftragten“, mit Friedrich Ebert an der Spitze kündigung zur Verbesserung der (Postkarte). sozialen Verhältnisse (Erwerbs- losenunterstützung, Verbesserung der Krankenversicherung, vor allem die Einführung des Achtstundentags) greifen alte Forderungen der Arbeiterbewegung auf, lassen sich aber auch mit den Vorstellungen bürgerlicher Sozialreformer vereinbaren. Die Feststellung, daß die Regierung ‚die geordnete Produktion aufrechterhalten, das Eigentum gegen Eingriffe Priva - ter sowie die Freiheit und Sicherheit der Person schützen werde, soll die verbreitete Angst vor bolschewistischen Zuständen mindern und die Regierung als Garant von Recht und Ordnung erscheinen lassen.“

(Aus: Friedrich Ebert und die Einheit der Nation, hrsg. von der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, Stuttgart 2002, S. 19).

Die aus der Revolution hervorgegangene Regierung  , deren politische Leitung rein sozialis - tisch ist, setzt sich die Aufgabe, das sozialistische Programm zu verwirklichen. Sie verkün - det schon jetzt mit Gesetzeskraft folgendes:

. Der Belagerungszustand  wird aufgehoben. . Das Vereins- und Versammlungsrecht unterliegt keiner Beschränkung, auch nicht für Beamte und Staatsarbeiter. . Eine Zensur findet nicht statt. Die Theaterzensur wird aufgehoben. . Meinungsäußerung in Wort und Schrift ist frei. . Die Freiheit der Religionsausübung wird gewährleistet. Niemand darf zu einer religiösen Handlung gezwungen werden. . Für alle politischen Straftaten wird Amnestie gewährt. Die wegen solcher Straftaten anhängigen Verfahren werden niedergeschlagen. . Das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst  wird aufgehoben, mit Ausnahme der sich auf die Schlichtung von Streitigkeiten beziehenden Bestimmungen.

16 Gemeint ist der Rat der Volksbeauftragten (Abbildung oben). 17 Belagerungszustand bedeutet, dass die Regierung den Militärbehörden auch nichtmilitärische Befugnisse überträgt; meist werden dadurch Freiheitsrechte der Bevölkerung wie Meinungsfreiheit, Freizügigkeit (d. h. freie Wahl des Wohnorts) oder freie Berufswahl eingeschränkt. 18 Das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst vom Dezember 1916 (RGBL 1916, 1333-1339), auch Hilfsdienstgesetz ge- nannt, wurde von der Obersten Heeresleitung im Rahmen des Hindenburg-Programms veranlasst.

 . NOVEMBER : WELCHE STAATSFORM SOLL DEUTSCHLAND ERHALTEN?

. Die Gesindeordnungen werden außer Kraft gesetzt, ebenso die Ausnahmegesetze gegen die Landarbeiter. . Die bei Beginn des Krieges aufgehobenen Arbeiterschutzbestimmungen werden hiermit wieder in Kraft gesetzt.

Weitere sozialpolitische Verordnungen werden binnen kurzem veröffentlicht werden. Spätestens zum . Januar  wird der achtstündige Maximalarbeitstag in Kraft treten. Die Regierung wird alles tun, um für ausreichende Arbeitsgelegenheiten zu sorgen. Eine Verordnung über die Unterstützung von Erwerbslosen ist fertiggestellt. Sie verteilt die Lasten auf Reich, Staat und Gemeinde. Auf dem Gebiete der Krankenversicherung wird die Versicherungspflicht über die bisherige Grenze von  Mark ausgedehnt werden. Die Wohnungsnot wird durch Bereitstellung von Wohnungen bekämpft werden. Auf die Sicherung einer geregelten Volksernährung wird hingearbeitet werden. Die Regierung wird die geordnete Produktion aufrechterhalten, das Eigentum gegen Eingriffe Privater sowie die Freiheit und Sicherheit der Person schützen. Alle Wahlen zu öffentlichen Körperschaften sind fortan nach dem gleichen, geheimen, direkten, allgemeinen Wahlrecht auf Grund des proportionalen Wahlsystems  für alle mindestens  Jahre alten männlichen und weiblichen Personen zu vollziehen. Auch für die Konstituierende Versammlung, über die nähere Bestimmung noch erfolgen wird, gilt dieses Wahlrecht.

Berlin, den . November  Ebert Haase Scheidemann Landsberg Dittmann Barth

(Aus: RGBL 1918, 1303f.).

19 Bei einem proportionalen Wahlsystem (Verhältniswahl) soll die Anzahl der Mandate (Parlamentssitze) dem Anteil der abgegebenen Stimmen möglichst genau entsprechen.

A  ****) Beurteile die neun Festlegungen und die weiteren Bestimmungen des Rates der Volksbe - auftragten. Sind sie revolutionär? Welche davon hältst du für besonders wichtig? Suche nach Informationen zum Fortbestand dieser Bestimmungen.

A  ***) Was wäre dir am Tag „vier“ dieser Revolution wichtig gewesen?

 TEIL 

Auto mit Maschinengewehren des Arbeiter- und Soldatenrates am Brandenburger Tor.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Weimarer Nationalversammlung und Weimarer Verfassung

Ergebnis der Wahlen zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 (Aus: http://www.dhm.de/lemo/objekte/statistik/wa19193/index.html)

Partei Stimmen DNVP – Deutschnationale Volkspartei 10,30% DVP – Deutsche Volkspartei 4,40% Zentrum – Christliche Volkspartei 19,70% DDP – Deutsche Demokratische Partei 18,50% SPD – Sozialdemokratische Partei Deutschlands 37,90% USPD – Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands 7,60% Sonstige Parteien 1,60%

A  ****) Informiere dich über das Ergebnis der Reichstagswahl 1912. Vergleiche dieses mit der Wahl zur Nationalversammlung. Finde Gründe für die Veränderungen.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Q 

Rede Friedrich Eberts zur Eröff - nung der Nationalversammlung am 6. Februar 1919 Die in Weimar tagende Nationalver - sammlung hatte die Aufgabe, eine neue Verfassung zu schaffen. Hierzu lag den Abgeordneten ein Entwurf des Staatssekretärs des Reichsamts des Inneren und späteren Innenmi - nisters Hugo Preuß (1860–1925) vor. Sein stark unitarischer, d. h. auf die Schaffung eines Einheitsstaats aus- gerichteter Entwurf wurde nicht Wirklichkeit – gleichwohl trägt die Ein Blick in das Plenum des Weimarer Theaters, Weimarer Verfassung deutlich seine Tagungsort der Nationalversammlung von Februar bis Juli 1919. Handschrift. Des Weiteren musste die Nationalversammlung ein Staatsoberhaupt wählen. Dies geschah am 11. Februar mit der Wahl Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten. Doch schauen wir zuerst, wie er die Versammlung fünf Tage zuvor eröffnete:

„Meine Damen und Herren, die Reichsregierung begrüßt durch mich die Verfassungge - bende Versammlung der deutschen Nationen. Besonders herzlich begrüße ich die Frauen, die zum erstenmal gleichberechtigt im Reichsparlament erscheinen. Die provisorische Re - gierung verdankt ihr Mandat der Revolution; sie wird es in die Hände der Nationalver - sammlung zurücklegen. (Bravo!) In der Revolution erhob sich das deutsche Volk gegen eine veraltete, zusammenbrechende Gewaltherrschaft. (Zustimmung links. – Lebhafter Wider - spruch rechts.) Sobald das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes gesichert ist, kehrt es zurück auf den Weg der Gesetzmäßigkeit. Nur auf der breiten Heerstraße der par - lamentarischen Beratung und Beschlußfassung lassen sich die unaufschiebbaren Verände - rungen auch auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiete vorwärts bringen, ohne das Reich und sein Wirtschaftsleben zugrunde zu richten. (Sehr wahr! links.) Deshalb begrüßt die Reichsregierung in dieser Nationalversammlung den höchsten und einzigen Souverän in Deutschland. (Bravo! links.) Mit den alten Königen und Fürsten von Gottes Gnaden ist es für immer vorbei. (Bravo! links. – Widerspruch rechts.) Wir verwehren niemandem eine sentimentale Erinnerungsfeier. Aber so gewiß diese Nationalversammlung eine große repu - blikanische Mehrheit hat, so gewiß sind die alten gottgegebenen Abhängigkeiten für immer beseitigt. (Lebhafter Beifall links.) Das deutsche Volk ist frei, bleibt frei und regiert in aller Zukunft sich selbst. (Bravo! links.) Diese Freiheit ist der einzige Trost, der dem deut - schen Volke geblieben ist, der einzige Halt, an dem es aus dem Blutsumpf des Krieges und der Niederlage sich wieder herausarbeiten kann. Wir haben den Krieg verloren. Diese Tat - sache ist keine Folge der Revolution. (Sehr wahr! links. – Lebhafter Widerspruch rechts.) Meine Damen und Herren, es war die Kaiserliche Regierung des Prinzen Max von Baden, die den Waffenstillstand einleitete, der uns wehrlos machte. (Zurufe.) Nach dem Zusam - menbruch unserer Verbündeten und angesichts der militärischen und wirtschaftlichen Lage konnte sie nicht anders handeln. (Sehr richtig! links.) Die Revolution lehnt die Verantwor - tung ab für das Elend, in das die verfehlte Politik der alten Gewalten und der leichtfertige

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Übermut der Militaristen das deutsche Volk gestürzt haben. (Sehr wahr! links.) Sie ist auch nicht verantwortlich für unsere schwere Lebensmittelnot. (Widerspruch rechts.) Niederlage und Lebensmittelnot haben uns den gegnerischen Mächten ausgeliefert. […] Meine Damen und Herren, die provisorische Regierung hat eine sehr üble Erbschaft  an- getreten. Wir waren im eigentlichsten Wortsinne die Konkursverwalter des alten Regimes: (sehr wahr! bei den Sozialdemokraten) Alle Scheuern, alle Läger waren leer, alle Vorräte gingen zur Neige, der Kredit war erschüttert, die Moral tief gesunken. Wir haben, gestützt und gefördert vom Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte (Lachen rechts) – gestützt und gefördert vom Zentralrat der Arbeiter- und Soldatenräte (lebhafte Zustimmung bei den Sozialdemokraten – Unruhe rechts) unsere beste Kraft eingesetzt, die Gefahren und das Elend der Übergangszeit zu bekämpfen. Wir haben der Nationalver - sammlung nicht vorgegriffen. Aber wo Zeit und Not drängten, haben wir die dringlichsten Forderungen der Arbeiter zu erfüllen uns bemüht. (Zurufe rechts). Wir haben alles getan, um das wirtschaftliche Leben wieder in Gang zu bringen. (Wiederholte Zwischenrufe rechts.) – Meine Herren, gestatten Sie mir diese Zwischenbemerkung: Diese fortgesetzten Unterbrechungen lassen wahrlich erkennen, daß Sie in dieser schweren Zeit, die Deutsch - land in den letzten Monaten durchgemacht hat, herzlich wenig gelernt haben. (Lebhafter Beifall und Händeklatschen bei den Sozialdemokraten.) Ich sage noch einmal: wir haben alles getan – und Sie (nach rechts) wissen offenbar gar nicht, was zu tun notwendig war – (sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) um das Wirtschaftsleben wieder in Gang zu bringen . Wenn der Erfolg nicht unseren Wünschen entsprach, so müssen die Umstände, die das ver - hinderten, gerecht gewürdigt werden. (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) […]“

(Aus: Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. Band 326. Stenographische Berichte. Von der 1. Sitzung am 6. Februar 1919 bis zur 26. Sitzung am 12. März 1919, hier: 1. Sitzung vom Donnerstag, 6. Februar 1919).

20 Im Original des Protokolls heißt es fälschlich „Herrschaft“, was auf einen Schreibfehler zurückzuführen ist.

A  ***) Zwischen den Textquellen Q  und Q  liegen knapp drei Monate. Informiere dich in Raum 6 der Dauerausstellung und anhand der Publikation „Friedrich Ebert. Sozialdemo - krat und Staatsmann“ (Walter Mühlhausen: Friedrich Ebert. Sozialdemokrat und Staats - mann, Leinfelden-Echterdingen 2008, Seiten 48 bis 56), was sich in dieser Zeit ereignet hat.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

A  ***) Erläutere die politischen Zielsetzungen in der Rede Friedrich Eberts zur Eröffnung der Nationalversammlung.

A  ****) Manche Aussagen Friedrich Eberts stoßen auf Widerspruch. Erläutere die unterschied- lichen Standpunkte von Friedrich Ebert und Vertretern rechter Parteien.

A  ***) Wie äußert sich Friedrich Ebert zum Zusammenhang zwischen Revolution und Kriegsniederlage?

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

A  XXXX) Kann die Revolution mit der Eröffnung der Nationalversammlung als beendet angesehen werden? Was wurde erreicht? Begründe deine Meinung und erläutere, was deiner Ansicht nach noch hätte erreicht werden können (Stichwort „Handlungsspielräume“).

In der 5. Sitzung der Nationalversammlung, am 11. Februar 1919, wurde Friedrich Ebert mit 277 von 379 abgegebenen Stimmen zum Reichspräsidenten gewählt. 21 Bei seiner Wahl exis - tierte keine Verfassung. Als Ersatz diente das Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt vom 10. Februar 1919.

21 Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. Band 326. Stenographische Berichte. Von der 1. Sitzung am 6. Februar 1919 bis zur 26. Sitzung am 12. März 1919, hier: 5. Sitzung vom Dienstag, 11. Februar 1919, S. 40.

Q 

Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt vom 10. Februar 1919 Bis zur Fertigstellung der Weimarer Verfassung dauerte es bis Juli 1919. In Kraft getreten ist die Verfassung mit ihrer Verkündung im Reichsgesetzblatt am 14. August 1919. Wie das Zusammenspiel der Staatsorgane funktionieren sollte, bedurfte daher einer Übergangs- regelung. Dies war der Zweck des Gesetzes über die vorläufige Reichsgewalt.

Die verfassunggebende deutsche Nationalversammlung hat folgendes Gesetz beschlossen:

§ . Die verfassunggebende deutsche Nationalversammlung hat die Aufgabe, die künftige Reichsverfassung sowie auch sonstige dringende Reichsgesetze zu beschließen.

§ . Die Einbringung von Vorlagen der Reichsregierung an die Nationalversammlung bedarf unbeschadet des Abs.  der Zustimmung eines Staatenausschusses. Der Staatenausschuß wird gebildet von Vertretern derjenigen deutschen Freistaaten, deren Regierungen auf dem Vertrauen einer aus allgemeinen, gleichen, geheimen und direkten Wahlen hervorgegange - nen Volksvertretung beruhen. Bis zum . März  können mit Zustimmung der Reichs- regierung auch andere deutsche Freistaaten Vertreter entsenden. In dem Staatenausschusse hat jeder Freistaat mindestens eine Stimme. Bei den größeren Freistaaten entfällt grundsätzlich auf eine Million Landeseinwohner eine Stimme, wobei ein Überschuß, der mindestens der Einwohnerzahl des kleinsten Freistaats gleichkommt, einer vollen Million gleichgerechnet wird. Kein Freistaat darf durch mehr als ein Drittel aller Stim - men vertreten sein. Den Vorsitz im Staatenausschusse führt ein Mitglied der Reichsregie - rung.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Wenn Deutsch-Österreich sich dem Deutschen Reiche anschließt, erhält es das Recht der Teilnahme am Staatenausschusse mit einer dem Abs.  entsprechenden Stimmenzahl. Bis dahin nimmt es mit beratender Stimme teil. Kommt eine Übereinstimmung zwischen der Reichsregierung und dem Staatenausschusse nicht zustande, so darf jeder Teil seinen Entwurf der Nationalversammlung zur Beschluß - fassung vorlegen.

§ . Die Mitglieder der Reichsregierung und des Staatenausschusses haben das Recht, an den Verhandlungen der Nationalversammlung teilzunehmen und dort jederzeit das Wort zu ergreifen, damit sie die Ansichten ihrer Regierung vertreten.

§ . Die künftige Reichsverfassung wird von der Nationalversammlung verabschiedet. Es kann jedoch der Gebietsbestand der Freistaaten nur mit ihrer Zustimmung geändert werden. Im übrigen kommen Reichsgesetze durch Übereinstimmung zwischen der Nationalver - sammlung und dem Staatenausschusse zustande. Ist eine solche Übereinstimmung nicht zu erzielen, so kann der Reichspräsident die Entscheidung durch eine Volksabstimmung herbeiführen. […]

§ . Die Geschäfte des Reichs werden von einem Reichspräsidenten geführt. Der Reichs- präsident hat das Reich völkerrechtlich zu vertreten, im Namen des Reichs Verträge mit auswärtigen Mächten einzugehen sowie Gesandte zu beglaubigen und zu empfangen. Kriegserklärung und Friedensschluß erfolgen durch Reichsgesetz. Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetzgebung beziehen, bedürfen der Zustimmung der Nationalversammlung und des Staatenausschusses. Sobald das Deutsche Reich einem Völkerbunde mit dem Ziele des Ausschlusses aller Geheim- verträge beigetreten sein wird, bedürfen alle Verträge mit den im Völkerbunde vereinigten Staaten der Zustimmung der Nationalversammlung und des Staatenausschusses. Der Reichspräsident ist verpflichtet, die gemäß §§  bis  und  beschlossenen Reichsge - setze und Verträge im Reichs-Gesetzblatt zu verkünden.

§ . Der Reichspräsident wird von der Nationalversammlung mit absoluter Stimmenmehr - heit gewählt. Sein Amt dauert bis zum Amtsantritte des neuen Reichspräsidenten, der auf Grund der künftigen Reichsverfassung gewählt wird.

§ . Der Reichspräsident beruft für die Führung der Reichsregierung ein Reichsministerium, dem sämtliche Reichsbehörden und die Oberste Heeresleitung unterstellt sind. Die Reichsminister bedürfen zu ihrer Amtsführung des Vertrauens der Nationalversamm - lung.

§ . Alle zivilen und militärischen Anordnungen und Verfügungen des Reichspräsidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch einen Reichsminister. Die Reichsminister sind für die Führung ihrer Geschäfte der Nationalversammlung verant - wortlich.

§ . Dieses Gesetz tritt mit seiner Annahme durch die Nationalversammlung in Kraft. Von diesem Zeitpunkt an kommen Gesetze sowie Verordnungen, die nach dem bisherigen

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Reichsrecht der Mitwirkung des Reichstags bedurften, nur gemäß §  dieses Gesetzes zustande.

Weimar, den . Februar . Der Präsident der verfassunggebenden deutschen Nationalversammlung

David

(RGBL 1919, 169–171).

A  ****) Schaue dir dieses Gesetz genauer an. Was ist darin geregelt, was fehlt deiner Ansicht nach?

A  ***) Informiere dich anhand der Audioguide-Texte in Raum 6 über die Situation, in der die Weimarer Verfassung entstand. Sammle Informationen über den Tagungsort. Lies dann bitte die nachfolgende Quelle.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Q 

Begrüßungsworte des Präsidenten der Weimarer Nationalversammlung, Eduard David (1863 – 1930, SPD) am 11. Februar 1919 „Meine Damen und Herren, zum ersten Mal hat sich das deutsche Volk ein Oberhaupt aus freier Selbstbestimmung gegeben. Der neue Reichspräsident ist der Erkorene der großen Mehrheit des deutschen Volkes. Die einzige Quelle seines Rechts ist der Wille des Volkes, (bravo!) auf ihm allein beruht die Macht und die Würde seiner Stellung. Somit hat das Reich zum ersten Mal ein Oberhaupt, das nach der Art seiner Berufung berechtigt ist, im Namen des deutschen Volkes zu sprechen und zu handeln. (Lebhafter Beifall.) Verschwun - den ist der Vormund aus ererbtem Recht. An seiner Stelle steht der selbstgewählte Führer. (Sehr richtig! links.) Daß der neue Reichspräsident das Steuer des Staatsschiffes zu führen versteht, hat er in den Monaten des stärksten inner- und außerpolitischen Sturmes bewiesen . (Sehr richtig links.) Es war wahrlich kein leichtes Erbe, das Herr Ebert am . November beim Rücktritt des Prinzen Max von Baden antrat. (Sehr wahr! links.) Selten wohl in der Weltge - schichte ist einer Staatsleitung eine schwerere Aufgabe zugefallen. (Sehr richtig! links.) Man vergegenwärtige sich den jähen Zusammenbruch des alten Systems, gleichzeitig drau - ßen und im Innern, die völlige Niederlage nach vier Jahren Krieges mit allen den Gefahren und Schrecken, mit allen den Zerrüttungen und Wirrnissen, die die Folge sein mußten. Dazu die innere Gefahr, daß die in den Novembertagen fast ohne Kampf vollzogene Staats - umwälzung in einen wilden Bürgerkrieg ausarte. (Sehr richtig! links.) In dieser gefahren - schwangeren Schicksalsstunde des deutschen Volkes trat Ebert an die erste Stelle. Daß die deutsche Revolution nicht dem Beispiel der russischen gefolgt ist, daß sie nicht wie dort in ein blutiges Chaos, zur völligen Auflösung von Recht und Ordnung, (lebhafte Zustimmung links – Widerspruch und Zurufe bei den Unabhängigen Sozialdemokraten) daß sie nicht in Deutschland, wie in Rußland, zur furchtbarsten Zerrüttung alles politischen und wirtschaft - lichen Lebens geführt hat, das ist zum guten Teil das Verdienst des Mannes, den Sie heute an die Spitze des Reiches berufen haben. (Lebhafter Beifall links). So darf das deutsche Volk das Vertrauen haben, daß es der bewährten politischen Klugheit, der Tatkraft, der Willens - festigkeit seines an die erste Stelle berufenen Mannes gelingt, auch weiterhin die junge Freiheit zu schützen vor jeder Gefahr, möge sie kommen, woher sie mag, von rechts oder links. (Erneutes lebhaftes Bravo links.) Wir dürfen gewiß sein, daß der neue Reichspräsident jedem Versuch, an Stelle des Willens der Volksmehrheit die gewalttätige Diktatur einer Minderheit zu setzen, mit aller Macht entgegentreten wird. (Lebhaftes Bravo links.) Die Demokratie wird in ihm einen starken Hort haben. (Bravo!) So möge denn die frohe Kunde hinausklingen in die deutschen Lande: Ein volkserwählter Führer ist an die Spitze des Rei - ches getreten, ein Mann, durchglüht von der Liebe zum deutschen Volke, (bravo!) ein Mann voll tiefen Verständnisses für seine Nöte und Sorgen, für seine Wünsche und Hoffnungen, (bravo!) ein Mann, erfüllt von starkem Willen, seiner Mission, gerecht zu werden, die Frei - heit zu hüten und den Frieden zu schaffen im Innern und nach außen. (Lebhafter Beifall.) Die Nationalversammlung begrüßt den Präsidenten des Reichs und setzt ihn ein in seine hohen Rechte. Möge er sie wahrnehmen im Geiste dieser Versammlung der frei gewählten Vertreter des freien deutschen Volkes! (Stürmischer andauernder Beifall und Händeklat - schen.) Das Wort hat der Herr Reichspräsident.“

(Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. Band 326. Stenographische Berichte. Von der 1. Sitzung am 6. Februar 1919 bis zur 26. Sitzung am 12. März 1919, hier: 5. Sitzung vom Dienstag, 11. Februar 1919, S. 40).

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

A  ****) Stelle dir vor, dieses stenographische Protokoll sei bei einem Brand verlorengegangen. Du wirst als Teilnehmer dieser Sitzung gebeten, ein knappes Gedächtnisprotokoll der Rede des Nationalversammlungspräsidenten Eduard David anzufertigen (ca. 5 Sätze).

A  ***) Überlege, warum Davids Aussagen nur auf vereinzelte Zustimmung stoßen.

A  ***) Wie würdest du an Friedrich Eberts Stelle auf diese Begrüßung antworten? Entwirf einen kurzen Redetext! (max. 10 Sätze).

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Q 

Weimarer Verfassung Artikel 43–50

Artikel . Das Amt des Reichspräsidenten dauert sieben Jahre. Wiederwahl ist zulässig. Vor Ablauf der Frist kann der Reichspräsident auf Antrag des Reichstags durch Volksabstim - mung abgesetzt werden. Der Beschluß des Reichstags erfordert Zweidrittelmehrheit. Durch den Beschluß ist der Reichspräsident an der ferneren Ausübung des Amtes verhindert. Die Ablehnung der Absetzung durch die Volksabstimmung gilt als neue Wahl und hat die Auf - lösung des Reichstags zur Folge. Der Reichspräsident kann ohne Zustimmung des Reichstags nicht strafrechtlich verfolgt werden.

Artikel . Der Reichspräsident kann nicht zugleich Mitglied des Reichstags sein.

Artikel . Der Reichspräsident vertritt das Reich völkerrechtlich. Er schließt im Namen des Reichs Bündnisse und andere Verträge mit auswärtigen Mächten. Er beglaubigt und emp - fängt die Gesandten. Kriegserklärung und Friedensschluß erfolgen durch Reichsgesetz. Bündnisse und Verträge mit fremden Staaten, die sich auf Gegenstände der Reichsgesetz- gebung beziehen, bedürfen der Zustimmung des Reichstags.

Artikel . Der Reichspräsident ernennt und entläßt die Reichsbeamten und die Offiziere, soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Er kann das Ernennungs- und Entlas - sungsrecht durch andere Behörden ausüben lassen.

Artikel . Der Reichspräsident hat den Oberbefehl über die gesamte Wehrmacht des Reichs.

Artikel . Wenn ein Land die ihm nach der Reichsverfassung oder den Reichsgesetzen ob - liegenden Pflichten nicht erfüllt, kann der Reichspräsident es dazu mit Hilfe der bewaffne - ten Macht anhalten. Der Reichspräsident kann, wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ord - nung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Si - cherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Arti - keln , , , , ,  und  festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen.  Von allen gemäß Abs.  oder Abs.  dieses Artikels getroffenen Maßnahmen hat der Reichs - präsident unverzüglich dem Reichstag Kenntnis zu geben. Die Maßnahmen sind auf Verlan - gen des Reichstags außer Kraft zu setzen. Bei Gefahr im Verzuge kann die Landesregierung für ihr Gebiet einstweilige Maßnahmen der in Abs.  bezeichneten Art treffen. Die Maßnahmen sind auf Verlangen des Reichspräsi - denten oder des Reichstags außer Kraft zu setzen. Das Nähere bestimmt ein Reichsgesetz.

22 Siehe zu diesen Artikeln Q 41.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

Artikel . Der Reichspräsident übt für das Reich das Begnadigungsrecht aus. Reichsamnes - tien bedürfen eines Reichsgesetzes.

Artikel . Alle Anordnungen und Verfügungen des Reichspräsidenten, auch solche auf dem Gebiete der Wehrmacht, bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Reichskanzler oder den zuständigen Reichsminister. Durch die Gegenzeichnung wird die Verantwortung übernommen.

(RGBL 1919, 1392f.; die ganze Verfassung: RGBL 1919, 1383-1418).

A  ****) Liste die Rechte des Reichspräsidenten auf. Beurteile seine Position gegenüber den ande - ren Verfassungsorganen.

Q 

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Art. 

() Der Bundespräsident wird ohne Aussprache von der Bundesversammlung gewählt. Wählbar ist jeder Deutsche, der das Wahlrecht zum Bundestage besitzt und das vier- zigste Lebensjahr vollendet hat. () Das Amt des Bundespräsidenten dauert fünf Jahre. Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig. () Die Bundesversammlung besteht aus den Mitgliedern des Bundestages und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern, die von den Volksvertretungen der Länder nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt werden. () Die Bundesversammlung tritt spätestens dreißig Tage vor Ablauf der Amtszeit des Bundespräsidenten, bei vorzeitiger Beendigung spätestens dreißig Tage nach diesem Zeitpunkt zusammen. Sie wird von dem Präsidenten des Bundestages einberufen.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

() Nach Ablauf der Wahlperiode beginnt die Frist des Absatzes  Satz  mit dem ersten Zusammentritt des Bundestages. () Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder der Bundesversammlung erhält. Wird diese Mehrheit in zwei Wahlgängen von keinem Bewerber erreicht, so ist ge- wählt, wer in einem weiteren Wahlgang die meisten Stimmen auf sich vereinigt. () Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Art.  Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit der Ge - genzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister. Dies gilt nicht für die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers, die Auflösung des Bundestages gemäß Artikel  und das Ersuchen gemäß Artikel  Abs. .

(BGBL 1949, 1ff.).

A  ***) Skizziere das Verfahren der Wahl zum Bundespräsidenten und vergleiche es mit der Wahl zum Reichspräsidenten.

A  ****) Sollte der Bundespräsident direkt vom Volk gewählt werden? Diskutiert in Arbeitsgruppen die Vor- und Nachteile einer solchen Wahl und haltet die Ergebnisse fest.

 . WEIMARER NATIONALVERSAMMLUNG UND WEIMARER VERFASSUNG

A  ****) Vergleiche die Machtbefugnisse des Reichspräsidenten mit denen des Bundespräsidenten. Überprüfe deine Ergebnisse anhand der Grundgesetzartikel, die die Stellung des Bundes - präsidenten regeln (GG Art. 54 u. 58).

Q 

Rede Friedrich Eberts anlässlich seiner Vereidigung auf die Verfassung am 21. August 1919 „Herr Präsident! Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für die freundlichen Worte, die Sie an mich gerichtet haben. Ich danke Ihnen ganz besonders dafür, daß Sie in ihren Worten Erin - nerungen an unsere gemeinsame, engere, liebe Heimat mitklingen ließen. Meine Damen und Herren. Sie vertreten alle Gaue Deutschlands. Das aber müssen wir uns erhalten, wenn wir unser Vaterland auf Grundlagen aufbauen wollen, die unvergänglich und unzerstörbar sein sollen. Die innige Liebe zur Heimat, zum Volksstamm, dem der einzelne entsprossen ist, und dazu soll kommen die heilige Arbeit am Ganzen, das Sichindienststellen in die Inte - ressen des Reichs. Da löst sich der Widerspruch zwischen Gesamtstaat und Einzelstaat, da in der engeren Heimat liegt die Quelle unserer Kraft, in der weiteren, in der großen Heimat das Ziel und der Kern unserer Arbeit. In diesem Geiste lassen Sie mich zu meinem Teil die Verfassung halten, vertiefen und schützen. (Bravo!) Das Wesen unserer Verfassung soll vor allem Freiheit sein. Freiheit für alle Volksgenossen. Aber jede Freiheit, an der mehrere teil - nehmen, muß ihre Satzung haben. Diese haben Sie geschaffen, gemeinsam wollen wir sie festhalten. Aus Ihrem Vertrauen bin ich an die erste Stelle im deutschen Reich gestellt wor - den. In Ihre Hand habe ich das Gelöbnis abgelegt, die von Ihnen für das deutsche Volk geschaffene Verfassung treu zu wahren. Ihr Vertrauen wird mir die Kraft geben, immer der Erste zu sein, wenn es gilt, Bekenntnis und Zeugnis abzulegen für den neuen Lebensgrund - satz des deutschen Volkes, für Freiheit, Recht und soziale Wohlfahrt! (Lebhafter allseitiger Beifall).“

(Verhandlungen der verfassunggebenden Deutschen Nationalversammlung. Band 329. Stenographische Berichte. Von der 71. Sitzung am 31. Juli 1919 bis zur 90. Sitzung am 3. Oktober 1919, hier: 86. Sitzung am Donnerstag, 21. August 1919).

A  ***) Lies die Rede, die Friedrich Ebert anlässlich seiner Vereidigung auf die Verfassung gehalten hat. Streiche dir Punkte an, die ihm wichtig erschienen sind, und erstelle daraus eine kurze Pressemeldung (3 Zeilen).

 Lösung

Die mit ▄ markierten Buchstaben der beiden Silbenrätsel ergeben, in neue Reihenfolge gebracht, das Lösungswort:

— — — — — — — — — — — —

Kleiner Hinweis: Friedrich Ebert kannte sich hier sehr gut aus!

 . DER VERSAILLER VERTRAG

TEIL 

Der Versailler Vertrag

Q 

Die deutsche Friedensdelegation 1919 Haltung bewahren: Das Bild zeigt (von links): Walther Schücking (DDP, Verfassungs- und Völkerrechtler), Johannes Giesberts (Postminister, Zentrum), Otto Landsberg (Justizminis - ter, SPD), Robert Leinert (Präsident der Preußischen Landesversammlung, SPD), Ulrich Graf Brockdorff-Rantzau (Außenminister, parteilos), Carl Melchior (Bankhaus M.M. Warburg & Co.).

 . DER VERSAILLER VERTRAG

A  ****) In dem Bild auf der vorhergehenden Seite (Q ) siehst du die deutsche Friedensdelega - tion. Informiere dich über ihre Erwartungen.

A  ****) Informiere dich in Raum 6 über das Zustandekommen und die Bestimmungen des Ver - sailler Vertrags. Notiere diese Informationen hier in Stichworten. Nutze hierzu auch die Audioguide-Texte 442–446.

 . DER VERSAILLER VERTRAG

A  ****) Gib eine Einschätzung darüber, welche Bestimmung wohl als besonders ungerecht, welche als besonders belastend empfunden wurde, und begründe deine Meinung.

A  *****) Von Zeitgenossen und manchen Historikern wird der Versailler Vertrag als wichtige Ursa - che für das Scheitern der Weimarer Republik genannt. Inwieweit sind bestimmte Vertrags - bestimmungen tatsächlich ursächlich für das Scheitern der Weimarer Republik?

 TEIL 

Reichspräsident Friedrich Ebert auf der Messe in Köln im Mai 1924 mit dem knapp fünf Jahre jüngeren Kölner Oberbürger- meister , der 1949 zum ersten Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt wird.

 . DAS KRISENJAHR 

Das Krisenjahr 1923

Q 

Aufzeichnung des britischen Botschafters in Berlin, Viscount d’Abernon, vom 31. Dezember 1923 „Nun geht das Krisenjahr zu Ende. Die inneren und äußeren Gefahren waren so groß, daß sie Deutschlands ganze Zukunft bedrohten. Eine bloße Aufzählung der Prüfungen, die das Land zu bestehen hatte, wird einen Begriff davon geben, wie schwer die Gefahr, wie ernst der Sturm war. Obwohl ich diesen ganzen Zeitraum miterlebte und mich an manchen Ereignissen aktiv beteiligte, habe ich nicht immer im Augenblick erfaßt, wie schicksalsschwer die Lage war. Wenn man zurückblickt, sieht man klarer, wie nah dieses Land am Abgrund stand. In den zwölf Monaten vom Januar bis heute hat Deutschland die folgenden Gefahren überstanden: die Ruhrinvasion; den kommunistischen Aufstand in Sachsen und Thüringen; den Hitlerputsch in Bayern; eine Wirtschaftskrise ohnegleichen; die separatistische Bewegung im Rheinlande. Jeder einzelne dieser Faktoren, falls er sich ausgewirkt hätte, würde eine grundlegende Veränderung entweder in der inneren Struktur des Landes oder in seinen Beziehungen nach außen herbeigeführt haben. Jeder dieser Gefahrenmomente, falls er nicht abgewendet wor - den wäre, hätte jede Hoffnung auf eine allgemeine Befriedung vernichtet. Politische Führer in Deutschland sind nicht gewohnt, daß ihnen die Öffentlichkeit Lorbeeren spendet, und doch haben diejenigen, die das Land durch diese Gefahren hindurchgesteuert haben, mehr Anerkennung verdient, als ihnen zuteil werden wird.“

(Aus: Wolfgang Michalka (Hrsg.): Die ungeliebte Republik. Dokumentation zur Innen- u. Außenpolitik Weimars 1918 – 1933, München 41986, S. 95).

A  ****) Informiere dich über die Gefahren, die der britische Botschafter nennt. Wie schätzt der britische Botschafter das Jahr 1923 ein? Wo stimmst du ihm zu, in welchen Punkten bist du anderer Ansicht?

 TEIL 

„Die Grundrechte des Deutschen Volkes“. Lithographie von Adolf Schroedter, Mainz 1848. (Bundesarchiv, Außenstelle Frankfurt/Main).

 . STICHWORT GRUNDRECHTE

Stichwort Grundrechte

Q 

Artikel aus dem zweiten Hauptteil der Weimarer Reichsverfassung

Artikel  Alle Deutschen sind vor dem Gesetze gleich. Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. Öffentlich-rechtliche Vorrechte oder Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufzuhe - ben. Adelsbezeichnungen gelten nur als Teil des Namens und dürfen nicht mehr verliehen werden.

[…]

Artikel  Die Freiheit der Person ist unverletzlich. Eine Beeinträchtigung oder Entziehung der persönlichen Freiheit durch die öffentliche Gewalt ist nur aufgrund von Gesetzen zulässig. Personen, denen die Freiheit entzogen wird, sind spätestens am darauffolgenden Tage in Kenntnis zu setzen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die Entziehung der Frei - heit angeordnet worden ist; unverzüglich soll ihnen Gelegenheit gegeben werden, Einwendungen gegen ihre Freiheitsentziehung vorzubringen.

Artikel  Die Wohnung jedes Deutschen ist für ihn eine Freistätte und unverletzlich. Ausnahmen sind nur aufgrund von Gesetzen zulässig.

Artikel  Das Briefgeheimnis sowie das Post-, Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis sind unverletzlich. Ausnahmen können nur durch Reichsgesetz zugelassen werden.

Artikel  Jeder Deutsche hat das Recht, innerhalb der Schranken der allgemeinen Gesetze seine Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise frei zu äußern. An diesem Rechte darf ihn kein Arbeits- oder Anstellungsverhältnis hindern, und niemand darf ihn benachteiligen, wenn er von diesem Rechte Gebrauch macht. Eine Zensur findet nicht statt, doch können für Lichtspiele durch Gesetz abweichende Bestimmungen getroffen werden. Auch sind zur Bekämpfung der Schund- und Schmutz- literatur sowie zum Schutze der Jugend bei öffentlichen Schaustellungen und Darbietungen gesetzliche Maßnahmen zulässig.

 . STICHWORT GRUNDRECHTE

Artikel  Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu versammeln. Versammlungen unter freiem Himmel können durch Reichsgesetz anmeldepflichtig gemacht werden und bei unmittelbarer Gefahr für die öffentliche Sicherheit verboten werden.

(RGBL 1919, 1404ff.).

A  ****) Suche die inhaltlich entsprechenden Artikel im Grundgesetz! Wo stehen sie? Beurteile die Bedeutung, die den Grundrechten im Grundgesetz durch ihren Platz im Gesamttext gegeben wird. An welche Institution kannst du dich wenden, wenn du in diesen Rechten verletzt wirst?

 . STICHWORT GRUNDRECHTE

Q 

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (BGBL 1949, 1ff.)

Artikel  Absatz . Eine Änderung dieses Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln  und  niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.

A  ****) Dieser Absatz des Grundgesetzes wird auch als „Ewigkeitsklausel“ bezeichnet. Warum?

 TEIL 

Reichspräsident Friedrich Ebert an seinem Schreibtisch im Reichspräsidentenpalais.

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

„Im Visier der Fotografen“: Das Badehosenfoto

Q 

Das Foto entstand am 16. Juli 1919 während eines privaten Aufenthaltes von Friedrich Ebert in Haffkrug, einem Ostseebadeort in der Nähe von Travemünde, in dessen Verlauf Ebert zusammen mit Reichswehrminister Gustav Noske (SPD, links neben Ebert stehend) ein kurz zuvor eröffnetes Kindererholungsheim einer Hamburger Konsumgenossenschaft 23 besucht hatte. In Begleitung von führenden Genossenschaftsmitgliedern folgte diesem Besuch ein Bad in der Ostsee. Das Foto machte der Strandfotograf, der zufällig vorbei gekommen war und die Aufnahme vorgeschlagen hatte. Wenige Wochen später, am 9. August 1919, wurde es in der konservativen Deutschen Tageszeitung veröffentlicht, ohne zunächst großes Interesse in der Öffentlichkeit hervorzurufen. Erst die Veröffentlichung der Berliner Illustrirten Zeitung (Q ) machte das Foto weit bekannt.

23 Dabei handelt es sich um eine Vereinigung, die oft von Handwerkern und Arbeitern gegründet wurde, um Nahrungs- und Genussmittel günstig zu kaufen und den Genossenschaftsmitgliedern günstige Einkaufsmöglichkeiten zu bieten.

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

Deutsche Tageszeitung, 9. 8. 1919 Die dortige Bildunterschrift lautet: „In Ausübung ihrer hohen Machtvollkommenheiten dispensierten 24 sie sich von der dort herrschenden Vorschrift, nur im Kostüm 25 zu baden, stellten der Welt ihre ganze Mannesschönheit zur Schau und veranlassten in animierter Stimmung die Fixierung der […] Szene auf photographischer Platte.“ (Zitat nach Walter Mühlhausen: Die Weimarer Republik entblößt. Das Badehosen-Foto von Friedrich Ebert und Gustav Noske, in: Gerhard Paul (Hrsg.): Das Jahrhundert der Bilder, Bd. 1: 1900 bis 1949, Göttingen 2009, hier nach der Ausgabe in der Schriftenreihe der Bundeszentrale für politi - sche Bildung Bd. 772, Bonn 2009, S. 238).

24 Dispensieren: Sich von einer Verpflichtung befreien. 25 Mit „Kostüm“ sind Badeanzüge gemeint, die den ganzen Körper bedeckten; nur sie wurden von den Zeitgenossen als angemessene Badekleidung für Männer angesehen.

Q 

Das Foto als Aufmacher: Vorveröffentlichung der in Deutsch - land führenden Berliner Illustrierten am . August , dem Tag, an dem Ebert im Nationaltheater von Weimar auf die neue Reichsverfas - sung vereidigt wurde.

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

Q 

Die Deutsche Tageszeitung veröffentlichte das Motiv kurz danach als Postkarte, die in Massen verbreitet wurde und auf der Ebert und Noske in Kontrast gesetzt werden zu den Repräsentanten des Kaiser - reichs, Kaiser Wilhelm II. und Feldmarschall von Hindenburg. Gegen die Urheber der Postkarte stellte Ebert Ende September 1919 einen Strafantrag wegen Verleumdung und Beleidigung. Das gerichtliche Urteil vom Februar 1920 verlangte, die Postkarte einzuzie - hen und Bild und Druckplatte zu vernichten, doch wurden die verantwortlichen Zeitungsredakteure nicht verurteilt.

A  ****) Beschreibe und vergleiche die Bildelemente der drei Bildvarianten. Wie verändert sich die Bildaussage durch die vorgenommenen Änderungen und die Art der Veröffentlichung (Q  – Q ) ?

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

A  ****) Beurteile den Einfluss dieser Veröffentlichungen (Q  – Q ) auf die öffentliche Meinung und bedenke den Tag der Veröffentlichung.

Q 

Eine andere Perspektive:

Die sozialdemokratische Zeitung Vorwärts berichtete am 29. August 1919: Grobe Geschmacklosigkeit. Zu dem kürzlich von der bürgerlichen Presse mit entsprechen - den Kommentaren gebrachten Badebild des Reichspräsidenten und des Reichswehrministers erhält die Reichskanzlei fortgesetzt Zuschriften, die die Entrüstung weiter Kreise über die geschmacklose Art dieser Veröffentlichung erkennen läßt. Zur Beruhigung unserer Leser können wir mitteilen, daß es sich nicht um eine >gestellte Gruppe< und, was wohl selbst - verständlich ist, nicht um ein für die Öffentlichkeit bestimmtes Bild handelt, sondern um eine an entlegener Stelle in intimem Kreise gemachte Aufnahme, die durch gewinnsüchtige Machenschaften in die Hände der rechtsstehenden Schmutzpresse gelangt ist und von ihr in der Absicht veröffentlicht wurde, die führenden Männer der jetzigen Regierung lächerlich zu machen sowie ihre Abonnentenzahl durch solche Possen zu vergrößern. Der Reichspräsi - dent und der Reichswehrminister haben, wie wir ferner mitzuteilen in der Lage sind, es unter ihrer Würde gehalten, zu der fraglichen Veröffentlichung, deren Geschmacklosigkeit in die Augen springt, Stellung zu nehmen.

Am 3. September 1919 veröffentlichte der Vorwärts eine Erklärung des Vorgangs: Demnach habe der Chefredakteur der »Berliner Illustrirten Zeitung«, Kurt Korff, einen Druck des Fotos abgelehnt, doch sei das Foto, als er in Urlaub war, „infolge eines bedauerlichen Irrtums in Unkenntnis der durch mich bereits erfolgten Ablehnung“ gedruckt worden.

(Zitat und Artikel zitiert nach Kurt Koszyk: Wie Ebert und Noske baden gingen – oder … was passiert, wenn ein Chefredakteur Urlaub macht, in: Beruf und Berufung. Zweite Festschrift für Johannes Binkowski, hrsg. von Rolf Terheyden, Mainz 1988, S. 90).

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

A  ****) Beurteile den Einfluss des Artikels im sozialdemokratischen „Vorwärts“ (Q ) auf die öffentliche Meinung.

A  ****) Glaubst du der Erklärung des Chefredakteurs der Berliner Illustrirten, die der Vorwärts am 3. September 1919 druckte? Begründe deine Meinung.

A  ***) Informiere dich in der Ausstellung und in der Literatur über den weiteren Verlauf der Affäre um das Badehosen-Foto.

 . „IM VISIER DER FOTOGRAFEN“: DAS BADEHOSENFOTO

A  ****) Das Badehosen-Foto wird von Walter Mühlhausen als „ein symbolträchtiges Element der Propaganda gegen die Republik“ bezeichnet. Beurteile dieses Zitat im Hinblick auf die Wirkung des Badehosen-Fotos auf das Ansehen des Reichspräsidenten und die republika - nische Staatsform. Berücksichtige dabei auch Artikel 118 der Weimarer Reichsverfassung (Q ) .

A  ***) Diskutiere Rolle und Verantwortung der Presse in einem demokratischen Staat.

> Informationen zur Vertiefung finden sich

• in Raum 9 der Ausstellung stellung in der Reichspräsident-Friedrich- • in Walter Mühlhausen: Die Weimarer Ebert-Gedenkstätte. Hrsg. und bearb. im Republik entblößt. Das Badehosen-Foto Auftrag der Stiftung Reichspräsident- von Friedrich Ebert und Gustav Noske, in: Friedrich-Ebert-Gedenkstätte von Walter Gerhard Paul (Hrsg.), Das Jahrhundert der Mühlhausen, Heidelberg 1999. Bilder, Bd. 1: 1900 bis 1949, Göttingen 2009, • Mühlhausen, Walter: Friedrich Ebert. hier nach der Ausgabe in der Schriften- Sozialdemokrat und Staatsmann, reihe der Bundeszentrale für politische Leinfelden-Echterdingen 2008. Bildung Bd. 772, Bonn 2009, S. 236-243. • Mühlhausen, Walter: Im Visier der Foto- • Friedrich Ebert. Sein Leben, sein Werk, grafen. Reichspräsident Friedrich Ebert seine Zeit. Begleitband zur ständigen Aus- im Bild, Heidelberg 2009.

 NÜTZLICHE LINKS + LITERATURHINWEISE

> Einige Links, die für euch beim Lernen und Forschen hilfreich sein könnten: http://www.ebert-gedenkstaette.de http://www.politikergedenkstiftungen.de/ http://www.willy-brandt.org/Stiftung/ http://www.adenauerhaus.de/ http://www.stiftung-heuss-haus.de/ http://www.bismarck-stiftung.de/ http://www.dhm.de/ (> dort ist das informative Projekt „LEMO“ angesiedelt) http://www.gdw-berlin.de/ http://www.hdgbw.de/ http://www.hdg.de/stiftung/ http://www.fes.de/Karl-Marx-Haus/ http://www.hdg.de/leipzig/ http://www.bundesarchiv.de/index.html.de http://www.bpb.de/ http://www.fes.de/ http://www.uni-heidelberg.de/fakultaeten/philosophie/zegk/histsem/ http://www.lpb-bw.de/ http://www.stadtbuecherei-heidelberg.bib-bw.de/seiten/seite000.shtml http://www.uni-heidelberg.de/ http://www.ub.uni-heidelberg.de/ http://www.politische-bildung.de

> Literatur

Braun, Bernd: Münch, Ronald A.: Die Reichskanzler der Weimarer Republik. Von Heidelberg nach Berlin. Friedrich Zwölf Lebensläufe in Bildern, Ebert 1871–1905 , München 1991. Heidelberg 2003. Sontheimer, Kurt: Friedrich Ebert. Sein Leben, Antidemokratisches Denken in der sein Werk, seine Zeit. Weimarer Republik. Die politischen Ideen Begleitband zur ständigen Ausstellung in des deutschen Nationalismus zwischen 1918 der Reichspräsident-Friedrich-Ebert- und 1933, München 41994. Gedenkstätte . Hrsg. und bearb. im Auftrag Winkler, Heinrich August: der Stiftung Reichspräsident-Friedrich- Weimar 1918–1933. Die Geschichte der Ebert-Gedenkstätte von Walter Mühlhausen, ersten deutschen Demokratie , Heidelberg 1999. München 21994. Kolb, Eberhard: Wirsching, Andreas: Die Weimarer Republik , München 72009. Die Weimarer Republik, München 22008. Mühlhausen, Walter: Witt, Peter-Christian: Friedrich Ebert. 1871–1925. Friedrich Ebert. Parteiführer – Reichspräsident der Weimarer Republik, Reichskanzler – Volksbeauftragter – Bonn 22007. Reichspräsident, Bonn 42008. Mühlhausen, Walter: Friedrich Ebert. Sozialdemokrat und Silbenrätsel und Zeichnungen: Jürgen Hotz, Staatsmann , Leinfelden-Echterdingen 2008. Heidelberg

 NOTIZEN