Veröffentlichungen Des Deutschen Historischen Instituts London
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Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London Publications of the German Historical Institute London Veröffentlichungen des Deutschen Historischen Instituts London Herausgegeben von Andreas Gestrich Band 77 Publications of the German Historical Institute London Edited by Andreas Gestrich Volume 77 Christian Götter Die Macht der Wirkungsannahmen Medienarbeit des britischen und deutschen Militärs in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ISBN 978-3-11-044824-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-045220-4 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-044976-1 ISSN 2192-0257 Dieses Werk ist lizenziert unter der Creative Commons Attribution-NonCommercial- NoDerivatives 4.0 International Lizenz. Weitere Informationen finden Sie unter http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/4.0/. Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Christian Götter, publiziert von Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Dieses Buch ist als Open-Access-Publikation verfügbar über www.degruyter.com. Titelbild: London opinion “Your country needs you”/Alfred Leete‘ © Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, D.C. Einbandgestaltung: hauser lacour Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com. Inhalt 1. Einleitung: Militärische Medienbeziehungen .................... 1 2. Eine neue Art der Krisenbewältigung (um 1900–1914) ............ 29 2.1 Die Seestreitkräfte als Vorreiter in Sachen Medienarbeit . 29 2.2 Im Windschatten der Marine? Die Medienarbeit der Landstreit- kräfte ..................................................... 49 3. Medienarbeit für die Verschwiegenheit – Ein Exkurs zur Informa- tionssicherheit .............................................. 63 3.1 Eine Medienstrategie in der Krise – Informationssicherheit an der Jahrhundertwende .......................................... 64 3.2 Zwei Wege zur Informationssicherheit – Die prägende Wirkung der Medienbilder . 82 4. Der Stellungskrieg als Wachstumsbeschleuniger (1914–1918) ....... 105 4.1 Zwischen Kontinuität und Brüchen – Der Einfluss unterschiedli- cher Institutionalisierungsgrade auf die Medienarbeit bei Kriegs- beginn .................................................... 107 4.2 Kriegsalltag und Medien-Realität – Medienarbeit für die Heimat ... 122 4.3 Die Dolchstoßlegende als eine Folge der nach innen gerichteten Medienarbeit in Deutschland – Ein Exkurs ...................... 146 4.4 Von der Konkurrenz um die bessere Medienarbeit zur Kriegführung mit ihrer Hilfe – Einflussnahme auf Neutrale .................... 149 4.5 Wörter wider den ‚eisernen Vorhang‘ – Der Medienkrieg gegen die Gegner als Alternative zu starren Fronten . 161 5. Kompetenzkonflikte mit unerwarteten Folgen – Ein Exkurs zum Konflikt von Militär und Politik ............................... 173 5.1 Von eigenen Gnaden – Medienarbeit des deutschen Militärs ....... 173 5.2 Streitkräfte unter den Regierungen – Militärische Medienarbeit in Großbritannien ............................................. 202 6. Durch Alltag zu Aufrüstung (1918–1939) ....................... 221 6.1 Für Ansehen und Ressourcen – Friedenstypische Medienstrategien als neue Routine ............................................ 221 6.2 Krieg im Frieden – Der Medienkrieg in der Zwischenkriegszeit ..... 240 VI Inhalt 7. Medienarbeit als Kriegsalltag (1939–1945) ...................... 257 7.1 Im Schatten des Ersten Weltkriegs – Medienarbeit für die Moral der Heimat ................................................ 257 7.2 Ansehen und Ressourcen – Friedenstypische Medienarbeit im Krieg 267 7.3 Alte Strategien, neu interpretiert – Medienarbeit für Neutrale und Verbündete ................................................ 273 7.4 Medienarbeit als Teil der Kriegführung gegen die Gegner .......... 282 8. Fazit: Medienarbeit ohne Grenzen (nach 1945) .................. 303 Dank ......................................................... 321 Abkürzungsverzeichnis ........................................... 323 Personenübersicht (Auswahl) ...................................... 325 Quellen- und Literaturverzeichnis .................................. 329 Namenregister .................................................. 359 Abstract ........................................................ 365 Für meine Eltern, Ilse und Rolf Götter. 1. Einleitung: Militärische Medienbeziehungen Am Anfang des 20. Jahrhunderts begann der First Sea Lord der Royal Navy, Ad- miral Sir John Fisher, die britische Marine nach seinen Vorstellungen zu refor- mieren. Um seine Reformen in der Marine, im Parlament und in der Öffentlich- keit durchsetzen zu können, zählte er auf Kontakte zu ausgewählten Medienver- tretern. Später schrieb er: „Without the Press it couldn’t all have been done!“1 Ein halbes Jahrhundert später konnten die Stabschefs der britischen Teilstreitkräfte2 auf ausgewiesene Spezialabteilungen zurückgreifen, wann immer sie mit den Me- dien interagieren wollten. Im Kalten Krieg bestand hieran ein gesteigertes Interes- se. Großadmiral Bruce Fraser brachte dies im Oktober 1949 auf den Punkt, als er festhielt „that much more can be done by propaganda and other means to devel- op the offensive in the Cold War.“ Nicht zuletzt müsse der „Communist press and propaganda“ in Deutschland, Frankreich, Italien und Österreich entgegengetreten werden.3 Der Umgang mit den Medien und ihren Vertretern, die Medienarbeit,4 war für die britischen Streitkräfte von einer Ausnahmebeschäftigung zur Routi- netätigkeit geworden. Das deutsche Militär vollzog eine ähnliche Entwicklung. Setzte zunächst allein der Staatssekretär im Reichsmarineamt, Admiral Alfred von Tirpitz, darauf, dass „ein starkes Durchsetzungsbüro […], nebst Pressebüro“5 ihm helfen werde, der kaiserlichen Marine eine Schlachtflotte von Weltrang zu verschaffen, so rechnete die Wehrmacht auf dem Höhepunkt des Zweiten Welt- kriegs auf die Unterstützung von 15 000 Mitgliedern ihrer Propagandatruppen, die als eigene Waffengattung organisiert waren.6 Die ‚Normalisierung‘ der Medienarbeit, die im britischen und deutschen Mili- tär im Verlauf der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts stattfand, war kein gleichför- miger Prozess. Es gab Unterschiede im Umfang der Institutionen, die mit der Me- dienarbeit betraut waren, ebenso wie in der Aufmerksamkeit, die ihr die Streit- kräftespitzen widmeten. Insbesondere nach dem Anstieg im Ersten Weltkrieg folgte ein Einbruch in der Medienarbeit des Militärs. Doch wo sich Militärspitzen zu Beginn des Jahrhunderts noch persönlich für eine von ihnen gewünschte Me- dienarbeit engagieren mussten, konnten ihre Nachfolger auf routiniert arbeitende 1 Fisher an White, 10. 2. 1910, zitiert nach ARTHUR JACOB MARDER (Hrsg.), Years of Power, 1904– 1914 (Fear God and Dread Nought. The Correspondence of Admiral of the Fleet Lord Fisher of Kilverstone, Bd. 2), Oxford 1956, S. 305 f. Hervorhebung im Original. 2 Zum klareren Verständnis verwende ich für den gesamten Untersuchungszeitraum den Begriff der Teilstreitkräfte für Marine, Heer oder Luftwaffe, während ich deren Gesamtheit als Streit- kräfte oder Militär bezeichne. 3 COS(49)345, 14. 10. 1949, The National Archives, Kew (TNA), Defe 5/17. 4 Auf die hier verwendeten Begrifflichkeiten gehe ich weiter unten näher ein. 5 FRANZ UHLE-WETTLER, Alfred von Tirpitz in seiner Zeit, Graz 2008, S. 103. 6 MARTIN MOLL, Die Abteilung Wehrmachtpropaganda im Oberkommando der Wehrmacht. Militärische Bürokratie oder Medienkonzern?, in: Wolf Gruner und Armin Nolzen (Hrsg.), Bürokratien. Initiative und Effizienz, Berlin 2001, S. 111–150, hier S. 112 f. 2 1. Einleitung: Militärische Medienbeziehungen Spezialisten zurückgreifen.7 Mit ihnen wurde militärische Medienarbeit präsenter und zunehmend komplex.8 Wie kam es zu diesen Veränderungen? Die Antwort auf die Frage nach dem ‚Wa- rum‘ der militärischen Medienarbeit lautet zumeist: Medienarbeit wurde gemacht, weil sie andere Menschen, sogar ganze Bevölkerungen, beeinflussen konnte.9 Ver- suche, entsprechende Wirkungen zu messen, enden meist im Zirkelschluss des ‚Propagandasyndroms‘: Medienarbeit wurde gemacht, weil sie wirkte – und weil sie gemacht wurde, wird sie für wirksam gehalten.10 Ein solcher Erklärungsansatz, der Medienwirkungen im Sinne einer überprüfbaren, absichtsvollen und gezielten Einflussnahme auf Einstellungen und Handlungen der Rezipienten in den Vorder- grund stellt, ist jedoch nicht nur wenig erhellend. Er verstellt sogar den Blick auf die wesentlichen Ursachen und Dynamiken der militärischen Medien arbeit. Die Militärspitzen widmeten sich der Medienarbeit nicht aufgrund empirisch gesicherter Wirkungsnachweise – die es nicht gab. Sie widmeten sich der Medien- arbeit, so meine These, vor allem wegen ihrer eigenen Medienwirkungsannahmen. Ohne gesicherte Erkenntnisse über Medienwirkungen (oder eben deren Ausblei- ben) konnten die führenden Soldaten jederzeit auf eine Wirkung hoffen. Dies galt insbesondere in Krisen – in Situationen also, in denen sie ihre etablierten Hand- lungsoptionen versperrt sahen oder in denen diese nicht die gewünschte Wirkung zeigten.11 Medienarbeit suggerierte der Militärführung gerade in solchen Notla- gen, weiterhin handlungsfähig zu sein. Ihre Suggestivkraft machte sie zu einem Mittel der Krisenbewältigung.