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DER KATHOLISCHE THEOLOGE ENGELBERT KREBS AUF WELTREISE (1926/1927) – VOM DEUTSCHNATIONALEN ZUM PANEUROPÄER UND KATHOLISCHEN INTERNATIONALEN

Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.

vorgelegt von Rebecca Schröder aus Waldshut-Tiengen

WS 2017/2018

Die Dissertation wurde unter dem Titel „Der Freiburger katholische Theologe Engelbert Krebs (1881-1950) auf Weltreise – Katholizismus und Wissenschaft als Grundsteine der internationalen Völkerverständigung in der Weimarer Republik“ eingereicht.

Erstgutachter: Prof. Dr. Sylvia Paletschek Zweitgutachter: Prof. Dr. Peter Walter

Vorsitzender des Promotionsausschusses der Gemeinsamen Kommission der Philologischen und der Philosophischen Fakultät: Prof. Dr. Joachim Grage

Datum der Disputation: 14.12.2018

Danksagung

Die vorliegende Arbeit ist eine überarbeitete Fassung meiner Promotion, die im März 2018 von der Philosophischen Fakultät der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg angenommen wurde. Eine ganze Reihe von Personen hat dazu beigetragen, dass ich dieses Projekt erfolgreich abschließen konnte. Bei ihnen allen möchte ich mich herzlich bedanken.

An erster Stelle gilt mein Dank meiner Doktormutter Frau Prof. Dr. Sylvia Paletschek für Ihre wissenschaftliche und methodische Unterstützung. Sie hat mich durch alle Höhen und Tiefen der Arbeit hinweg begleitet und mich mit ihrer pragmatischen und optimistischen Art stets unterstützt.

Danken möchte ich außerdem dem viel zu früh verstorbenen Prof. Dr. Peter Walter, der die Zweitbetreuung meiner Arbeit übernommen hat. Gerade in der Schlussphase meiner Arbeit stand mir Prof. Dr. Walter jeder Zeit für konstruktive Gespräche zur Verfügung und hat mir geholfen, die Ergebnisse und den Wert meiner Arbeit klarer zu sehen.

Zudem möchte ich Herrn Prof. Dr. Dieter Speck danken, der mich während meiner Arbeit im Universitätsarchiv Freiburg erst in Kontakt mit dem Nachlass von Engelbert Krebs gebracht hat – ohne ihn wäre diese Arbeit niemals entstanden. Danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Speck auch für die vielen motivierenden Gespräche auf dem Weg zur Fertigstellung der Arbeit.

Ebenso danke ich den MitarbeiterInnen des Universitätsarchivs, des Stadtarchivs und des Erzbischöflichen Archivs Freiburg, hier vor allem Herrn Dr. Christoph Schmider, für die Unterstützung sowie die konstruktive und angenehme Zusammenarbeit.

Weiteren Dank gilt der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., die mich während meiner Promotionsarbeit finanziell und ideell gefördert hat. Ebenfalls danken möchte ich dem Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerk für die Aufnahme in das Programm der „Dialogperspektiven“. Durch die beiden Stiftungen sind wertvolle Kontakte und Freundschaften entstanden, für die ich von Herzen dankbar bin.

Darüber hinaus hat meine Arbeit von den zahlreichen gemeinsamen Diskussionen mit meinen Mitdoktorandinnen und Mitdoktoranden am Lehrstuhl von Prof. Dr. Sylvia Paletschek profitiert. Ihnen und der Arbeitsgruppe Biografien der Graduiertenschule „Humanities“ danke ich für die zahlreichen fachlichen Gespräche, Ratschläge und

Anmerkungen, die mich auf dem Weg zur fertigen Arbeit immer wieder neue Aspekte und Ansätze entdecken ließen.

Besonderen Dank gilt zahlreichen Freundinnen und Freunden, die mich durch die Promotionszeit hindurch begleitet haben. Besonders danken möchte ich Caroline Galm und Antonia Schilling für die wertvolle Korrekturarbeit und ihre unermüdliche Stärkung und Motivierung besonders in der Schlussphase der Arbeit sowie für Ihr stets offenes Ohr. Danken möchte ich außerdem Anneli Abreu, Sandra Haas und Anna Rothgängel für die zahlreichen aufmunternden Gespräche. Abschließend möchte ich mich bei meiner Familie, allen voran meinen Eltern, Großeltern und Geschwistern bedanken, die mich in meiner Arbeit an der Dissertation immer unterstützt haben.

Ihnen allen widme ich diese Arbeit.

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Waldshut-Tiengen, im März 2020 Rebecca Schröder

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ...... 6 1.1 Warum Engelbert Krebs und seine Weltreise von 1926? – Zum Problemhorizont und zur Zielsetzung einer biographischen Studie ...... 6 1.2 Fragestellungen und Untersuchungsebenen ...... 11 1.3 Forschungsstand ...... 13 1.4 Methodik ...... 18 1.5 Quellen ...... 24 1.6 Aufbau und Gliederung der Arbeit ...... 26

2 Engelbert Krebs als katholischer Theologe und badischer Zentrumspolitiker ...... 35 2.1 Geburtsort und Elternhaus – zur frühen Prägung von Krebs (1881-1900) ...... 37 2.2 Engelbert Krebs als katholischer Priester und Theologe in Freiburg (1900-1918) ...... 41 2.2.1 Studium und anfängliche Karriere zwischen modernistischen und antimodernistischen Tendenzen ...... 41 2.2.2 Engelbert Krebs´ Einsatz für den Verbleib der katholisch-theologischen Fakultäten an den deutschen Universitäten ...... 46 2.2.3 Zerreißprobe um die Professur für christliche Philosophie - Konkurrenz zwischen Engelbert Krebs und dem jungen Martin Heidegger ...... 48 2.2.4 Engelbert Krebs und die Förderung von Frauen in universitären und katholischen Kontexten ...... 53 2.2.5 Auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere – Engelbert Krebs als Professor für Dogmatik ...... 58 2.2.6 Engelbert Krebs und Joseph Sauer als liberale Hochschulpolitiker ...... 61 2.2.7 Engelbert Krebs als „verlässlicher Theologe“ – der Fall des Breslauer Theologen Joseph Wittig ...... 64 2.3 Krebs nationales Engagement während des Ersten Weltkriegs und in der Weimarer Republik (1914-1933) ...... 66 2.3.1 Engelbert Krebs als nationaler Kriegstheologe im Ersten Weltkrieg – Schriftsteller und Herausgeber religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur .. 67 2.3.2 Auf der internationalen katholischen Union in Zürich – Krebs als Akteur einer frühen christlichen Europäisierung ...... 71 2.3.3 Krebs in den Revolutionsmonaten – Sicherung katholischer Interessen in der Zeit des politischen Umbruchs ...... 74 2.3.4 Ein neues theologisches Programm – Krebs als Verkünder eines „ver sacrum catholicum“ in der Weimarer Zeit ...... 76

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2.3.5 Krebs´ Engagement im Kultur- und Verbandskatholizismus – der „Katholische Akademikerverband“ und die „Görresgesellschaft“ ...... 80 2.3.6 Krebs als „Vertrauensmann rechtsgerichteter Kreise“ – parteiinterne Richtungsstreitigkeiten mit dem linken Joseph Schofer ...... 81 2.3.7 Krebs´ Treue zur Zentrumspartei – Die Affäre um Josef Rest ...... 83 2.4 Zwischen anfänglicher Sympathie und entschlossenem Widerstand – Krebs im Nationalsozialismus (1933-1945) ...... 84 2.4.1 Krebs anfängliche Sympathie mit den Nationalsozialisten im Zuge des Reichskonkordats ...... 85 2.4.2 Engelbert Krebs´ Wandel zum kompromisslosen Gegner ...... 86 2.4.3 Krebs als Vermittler zwischen Judentum, der Freiburger Universität und der Erzdiözese ...... 89 2.4.4 Persönlicher Rückzug in seine Klausenhütte nach Sankt Märgen im Schwarzwald ...... 91 2.5 Letzte Lebensjahre und posthume Würdigung (1945-1950) ...... 94

3 Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen (1914-1933) ...... 97 3.1 Der Wissenschaftsboykott der Westmächte im Zuge des Ersten Weltkriegs ...... 97 3.2 Ausdruck einer veränderten Bewusstseinslage – Die Gründung der Kulturabteilung im Auswärtigen Amt ...... 100 3.3 „Um die geistige Elite durch eine versöhnlichere Haltung zu gewinnen“ – Förderung von Vortragsreisen deutscher Gelehrter ...... 102 3.4 Entspannung der wissenschaftspolitischen Beziehungen in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre ...... 103 3.5 Vortragsreisen der Weimarer Republik als politisches Instrument zum Bruch des Wissenschaftsboykotts ...... 104

4 Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik...... 105 4.1 Die Weltreisen deutscher Gelehrter – Engelbert Krebs´ Vorbilder ...... 105 4.1.1 Wissenschaftspolitische Beziehungen zwischen Deutschland und den USA bzw. Deutschland und Japan ...... 106 4.1.2 Der Physiker Albert Einstein auf Vortragsreisen in den USA (1921) und Japan (1922) – Verbesserung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen und Spendenreise für die jüdische Universität in Jerusalem ...... 109 4.1.3 Die Weltreise des Chemikers Fritz Haber (1924) – Dankesreise im Namen der deutschen chemischen Wissenschaft und Aufbau des deutsch-japanischen Instituts ...... 113

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4.1.4 Die Weltreise des Freiburger Pathologen Ludwig Aschoff (1924) – Vom Gegenboykott zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der deutschen Medizin ...... 118 4.1.5 Die Weltreise des Philosophen Hans Driesch (1923) – Vom Gastprofessor in Nanking und Peking zum Vortragsredner in Japan und Amerika ...... 124 4.1.6 Vortragsreisen entlang wissenschaftlicher und religiöser Netzwerke ...... 128 4.2 Die Vortragsreisen als Beitrag zur Entstehung einer Weltgemeinschaft ...... 129 4.2.1 Kulturpolitische Ebene: Die Weltreise zwischen überlegener deutscher Kulturgemeinschaft und internationalem Universalismus ...... 129 4.2.2 Wissenschaftspolitische Ebene: Die Weltreise zwischen Demonstration internationaler Überlegenheit der deutschen Wissenschaft und Annäherung an die internationale „scientific community“ ...... 131 4.2.3 Religiöse Ebene: Die Weltreise zwischen national-religiösem Sendungsbewusstsein und der weltweiten karitativen Kraft der Religionsgemeinschaften ...... 132 4.3 „Kulturnation“ und „Weltbürgertum“ im (wissenschafts-) politischen Denken der Gelehrten in der Weimarer Republik ...... 133

5 Reisevorbereitungen (1923-1926) ...... 134 5.1 Abtbischof Josef Sauer von Korea in Wonsan und der Leiter der New Yorker Zweigstelle des Bonifatiusvereins Friedrich Schlatter als Initiatoren der Weltreise ...... 135 5.2 Finanzierung durch das Auswärtige Amt, das Badische Kultus- und Unterrichtsministerium sowie die Stadt Freiburg ...... 141 5.3 Organisation der Weltreise – Von der Reiseroute zum Reisepass ...... 144 5.4 Vortragskonzeptionen ...... 147 5.4.1 Von der geistigen Wende in Deutschland und Europa...... 147 5.4.2 Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten .... 149 5.5 Letzte Reisevorbereitungen bis zur Abreise ...... 151

6 Reisestationen (1926-1927) ...... 152 6.1 Engelbert Krebs in den USA (März bis Juli 1927) ...... 152 6.1.1 Deutsch-amerikanische Kulturbeziehungen: Von der blühenden deutschen Kultur der Vorkriegszeit zur anti-deutschen Hysterie im Ersten Weltkrieg ...... 152 6.1.2 Überfahrt und Ankunft in New-York ...... 157 6.1.3 Erste Rundreise nach Hartford, Philadelphia und Washington und weitere Rundreisen zu katholischen Ordensgemeinschaften ...... 164

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6.1.4 Reise quer durch die Vereinigten Staaten – von New York nach San Francisco ...... 174 6.1.5 Rundreise durch das kalifornische Missionsland und Abfahrt von San Francisco nach Yokohama ...... 184 6.1.6 „Vom Geistesleben Amerikas“ – Eine Zwischenreflexion ...... 186 6.1.6.1 Das sittliche und gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten ...... 186 6.1.6.2 Von Bildung und Wissenschaft in Amerika ...... 188 6.1.6.3 Vom Katholizismus in den Vereinigten Staaten ...... 190 6.1.6.4 Vom Anteil der deutschen Katholiken am Aufbau des amerikanischen Geisteslebens ...... 193 6.2 Engelbert Krebs in Asien (August bis Dezember 1927) ...... 195 6.2.1 Deutsch-japanische Kulturbeziehungen: Vom Kulturaustausch innerhalb der Meiji-Restauration bis zum Ersten Weltkrieg ...... 195 6.2.2 Ankunft in Japan und Erkundung Tokios ...... 200 6.2.3 Reise zu den katholischen Missionsstätten in China und Korea ...... 209 6.2.4 Vortrags- und Missionsreise durch Japan und Rückfahrt ...... 222 6.2.5 „Kampf um die Seele Ostasiens“ – Eine Zwischenreflexion ...... 233 6.2.5.1 Krebs als „Zeuge des Kampfes um die Seele Ostasiens“ ...... 234 6.2.5.2 Gemeinsamkeiten von katholischem und ostasiatischem Geist ...... 236 6.3 Über Ägypten, Palästina und Rom in die Heimat (Dezember 1927 bis Februar 1928) ...... 241 6.4 „Europa und die Welt“ – Erkenntnisse seiner Weltreise ...... 246 6.4.1 Notwendigkeit eines europäischen Zusammenschlusses – Zwischen Coudenhove-Kalergis Paneuropa und Krebs Konzept einer „Helvetisierung“ ...... 246 6.4.2 Verantwortung Europas für die Weltkirche ...... 250 6.4.3 Engelbert Krebs als katholischer Europäer ...... 251

7 Engelbert Krebs zurück in Freiburg (1927- 1929) ...... 252 7.1 Krebs Vortragstätigkeit als Experte für ausländisches Kirchen-, Missions- und Bildungswesen ...... 252 7.2 Die Verleihung der Ehrensenatorenwürde an den Mediziner Aihiko Sata ...... 255 7.3 Arbeit am Japan- und China-Lexikon des Herder-Verlags ...... 261 7.4 Pflege internationaler Kontakte – die Klausenhütte in Sankt Märgen als Ort der „Weltverbundenheit“ ...... 264 7.5 Krebs´ Weltreise – Theologische Gelehrtenmobilität entlang theologisch- wissenschaftlicher und katholisch-kirchlicher Netzwerke ...... 267

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8 Krebs´ Weltreise – ein Beitrag zur Entstehung einer Weltgemeinschaft auf katholischer Grundlage? ...... 269 8.1 Kulturpolitische Ebene: Von der deutschen Nation zur deutschen katholischen Kulturgemeinschaft ...... 269 8.2 Wissenschaftspolitische Ebene: Von der deutschen katholischen Universitätstheologie zur christlichen Weltwissenschaft ...... 275 8.3 Kirchliche Ebene: Von der deutschen und europäischen zur globalen Kulturkraft der katholischen Kirche ...... 278 8.4 Engelbert Krebs als katholischer Internationaler - Die Weltreise im Kontext seiner Biografie ...... 282

9 Widersprüchlichkeit und Facettenreichtum der Krebschen Vita ...... 283 9.1 Engelbert Krebs als katholischer Theologe und Zentrumsmann – Zwischen Ultramontanismus und progressivem Liberalismus ...... 283 9.2 Von der „Glokalisierung“ seiner Biografie – Engelbert Krebs als Freiburger, Badener, Deutschnationaler, (Pan-) Europäer und katholischer Internationaler ...... 286 9.3 Engelbert Krebs als moderner katholischer Seelsorger – Frauenförderer, Judenfreund, Kulturvermittler zwischen westlicher und östlicher Welt ...... 289 9.4 Engelbert Krebs als Grenzgänger zwischen den Welten ...... 292

10 Verzeichnis ...... 294 10.1 Ungedruckte Quellen ...... 294 10.2 Gedruckte Quellen ...... 298 10.3 Sekundärliteratur ...... 304 10.4 Fotografien ...... 332

11 Kurzbiogramm Engelbert Krebs ...... 336

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1 Einleitung

„[…] Und dann möchte ich Dich wiederum glücklich preisen, dass es Dir vergönnt ist in dieser Welt an den Plätzen der Wissenschaft und der Erziehung, der Führer dieses Volkes, als deutscher katholischer Priester sprechen zu dürfen. Einer einzigartigen Auszeichnung, wie sie freilich nur einem EINSTEIN der Theologie zukommt. Diese Bezeichnung passt sicherlich auf niemanden besser als auf Dich, der Du Dich nicht nur in den alten Büchern vergräbst und Theorien nachjagst, sondern der Du vor allem, wie es in der heutigen Zeit sein muss, Deinen Lehren Fleisch und Blut gibst durch deine lebensspendende und lebenserweckende Tätigkeit in allen Phasen des modernen Lebens. Was nützen alle Theorien, was nützen alle gelehrten Abhandlungen, wo heute der Lebensstrom des deutschen Volkes in eine neue Bahn gelenkt werden muss, und wo man mehr denn je bei diesem Werk Führer und Vorarbeiter braucht. Was kannst Du nun wirken für die Versöhnung der Völker! Man redet so viel vom Völkerfrieden vom katholischen Standpunkte aus. Aber was nützt das alles, wenn wir Katholiken nicht die Leitung in die Hand nehmen.“

Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs am 27.09.19261

1.1 Warum Engelbert Krebs und seine Weltreise von

1926? – Zum Problemhorizont und zur Zielsetzung

einer biographischen Studie

Diesen Brief bekam Engelbert Krebs, wenige Tage nachdem er auf dem Schiff „Shinyo Maru“ in Oklahoma angelegt hatte, von dem ursprünglich aus Birkendorf im Schwarzwald stammenden Prälaten Friedrich Schlatter, der als Leiter der Zweigstelle des deutschen Bonifaitusvereins in New York arbeitete und Krebs im Oktober 1924 vorgeschlagen hatte, für ihn eine Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten zu organisieren. Angeregt durch die Vorträge, die der Freiburger Pathologe Ludwig Aschoff während seiner Weltreise im Jahr 1923 in China und Japan gehalten hatte, hatte der deutschstämmige Bischof Bonifatius Sauer OSB von Wonsan in Korea Engelbert Krebs im November 1924 den Vorschlag gemacht, mit finanzieller Unterstützung des Auswärtigen Amtes, ebenfalls eine Vortragsreise durch den Fernen Osten zu unternehmen. Als sich das Auswärtige Amt im Frühjahr 1925 bereit erklärte, die Vortragsreisen durch einen Teilbetrag zu unterstützen, begann sich das Vorhaben zu einer Weltreise auszuweiten, die Krebs schließlich im März

1 UAF: C126/575: Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs vom 27.09.1926. 6

1926 antrat. Zu dieser Zeit war Krebs schon längst auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere angelangt: Seit 1919 bekleidete er die Professur für Dogmatik an der Universität Freiburg und hatte sich v.a. durch seine Veröffentlichungen zur mittelalterlichen und mystischen Theologie, zur Religions- und Heimatgeschichte und zu den historischen Persönlichkeiten Johann Baptiste von Hirscher sowie Dante Alighieri deutschlandweit einen Namen gemacht. Außerhalb der Wissenschaft war Krebs zudem als vielseitiger Schriftsteller, Journalist und Vortragsredner bekannt und in der badischen Zentrumspartei politisch aktiv.

Als Instrumentarium auswärtiger Kulturpolitik in der Weimarer Republik spielte die Wissenschaft eine bedeutende Rolle. So wurden in besonderem Maße deutsche Wissenschaftler durch das Auswärtige Amt gefördert, die unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs zu Vortragsreisen ins Ausland gebeten wurden. Diese Einladungen erfolgten von wissenschaftlichen Gesellschaften, die den im Zuge des Ersten Weltkriegs eingeleiteten Boykott der deutschen Wissenschaft nicht unterstützt oder sich mit der Zeit öffentlich von den Bestimmungen der internationalen Dachgesellschaften distanziert hatten. Während Wissenschaftler der westeuropäischen Nationen noch lange große Zurückhaltung gegenüber der deutschen Gelehrtengemeinschaft pflegten, zeigten sich vor allem US-amerikanische und japanische Gelehrte bereit, an die kultur- und wissenschaftspolitischen Beziehungen der Vorkriegszeit anzuknüpfen und versandten zahlreiche Einladungen. Unter den eingeladenen Wissenschaftlern befanden sich Vertreter nahezu aller fachlichen Disziplinen: Neben Geistes-, Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern wurden Gelehrte aus den naturwissenschaftlichen Fächern, vornehmlich der Medizin, eingeladen. Das Auswärtige Amt maß den Vortragsreisen deutscher Wissenschaftler „teils unter kulturellen, teils unter propagandistischen Gesichtspunkten“ einen „außerordentlichen Wert“2 zu. Man versprach sich, dass diese „zur Schaffung und Festigung des allgemeinen Vertrauens in die deutsche Aufrichtigkeit, maßvolle Einsicht und Friedfertigkeit zu leisten im Stande waren“. Ferner sollten sie dazu beitragen, „im neutralen Ausland wieder Fuß zu fassen, die gegnerischen Verdächtigungen ad adsurdum zu führen und selbst die geistige Elite der ehemals feindlichen Länder durch eine versöhnlichere Haltung zu gewinnen“3.

2 PAA: R64674: Schreiben des Auswärtigen Amts in vom 31.08.1923. 3 Brigitte Schröder-Gudehus: Deutsche Wissenschaft und internationale Zusammenarbeit 1914-1928. Ein Beitrag zum Studium kultureller Beziehungen in politischen Krisenzeiten (Thèse N. 172), Genève 1966, S. 217. 7

Folgende deutsche Wissenschaftler, die in der Weimarer Republik Vortragsreisen durch die Vereinigten Staaten und Asien unternommen und diese Unternehmungen zu einer Weltreise erweitert hatten, dienten Krebs als Vorbild:

Zu ihnen zählten der wohl bekannteste Weltreisende der Weimarer Zeit, der Physiker Albert Einstein (1879-1955). Obwohl Einstein auf Grund seiner Schweizer Staatsangehörigkeit nicht als „typischer Vertreter“ deutscher Wissenschaft geltend gemacht werden kann, sind seine zahlreichen Auslandsreisen vom Auswärtigen Amt als auch von der deutschen Öffentlichkeit zu einer Demonstration für das Ansehen der deutschen Wissenschaft gedeutet worden. Insbesondere seine Japanreise erreichte internationales Aufsehen, da er während dieser von der Verleihung des Nobelpreises für Physik erfuhr und danach umso mehr gefeiert wurde. Einsteins Gespräche über seine Erfahrungen und Erlebnisse während seiner Weltreise bewirkten, dass auch sein Berliner Kollege, der Chemiker Fritz Haber (1868-1934), der sich nach 1918/19 verstärkt der Wissenschaftsförderung zugewandt und die „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“ ins Leben gerufen hatte, ebenfalls Einladungen zu Vorträgen in die USA und nach Japan annahm und zu einer Weltreise aufbrach. Kurz nach dem Ersten Weltkrieg war Haber auf Grund seiner Versuche mit Phosgen und Chlorgas von der internationalen Gelehrtengemeinschaft als „Vater des Gaskriegs“ geächtet worden. Mit seiner Weltreise leistete der Freiburger Mediziner Ludwig Aschoff (1866-1942), der bis heute als renommiertester deutscher Pathologe in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt, einen wertvollen Beitrag zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der deutschen Medizin. Mit seinem Engagement legte er einen Grundstein für die Pflege der deutsch- japanischen Wissenschaftsbeziehungen, denn nach ihm unternahmen auch der Freiburger Ophthalmologe Karl Theodor Axenfeld (1867-1930) und Franz Büchner (1895-1991) Vortragsreisen nach Japan. Die Person Ludwig Aschoffs ist auch deswegen für die Arbeit bedeutsam, weil er Engelbert Krebs bei der Vorbereitung und Durchführung seiner Weltreise unterstützte. Der vierte Weltreisende im Bunde war der Philosoph Hans Driesch (1867-1941). Durch seine Schriften und Vorträge über die „Entelechie“ war Driesch nicht nur deutschlandweit, sondern international bekannt geworden, sodass er auf Vorschlag des bekannten Jenaer Philosophen und Nobelpreisträgers Rudolf Eucken (1846-1926) eine neunmonatige Gastprofessur in Peking annahm. Seine Chinareise von 1923 begann sich jedoch schon bald zu einer Weltreise auszuweiten, die ihn zu Vorträgen in das benachbarte Japan und schließlich auch in die Vereinigen Staaten führte.

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Die Weltreisen der deutschen Gelehrten können allgemeinhin als Versuch betrachtet werden, zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der eigenen wissenschaftlichen Disziplin als auch der deutschen Wissenschaft als Ganzes beizutragen. Über den kultur- und wissenschaftspolitischen Kontext hinaus – wurden die Vortragsreisen als persönlicher Beitrag der deutschen Professoren zur Entstehung einer Weltgemeinschaft betrachtet. Dem entsprechend erhoffte sich der deutsch-amerikanische Prälat Friedrich Schlatter, dass Krebs gleich einem „EINSTEIN der Theologie“ mit seiner Weltreise ebenfalls zur „Versöhnung der Völker […] auf katholischer Grundlage“4 beitragen würde. Krebs Weltreise stellt insofern eine Besonderheit dar, als er der einzige katholische Theologe und vermutlich auch der einzige katholischen Wissenschaftler in der Weimarer Republik war, der zu Vortragsreisen ins Ausland gebeten wurde und entsprechend nicht nur als Wissenschaftler und Mitglied einer deutschen Universität, sondern auch als katholischer Priester reiste. Dies kommt auch im Brief des Prälaten Friedrich Schlatter zum Ausdruck, der Krebs´ Weltreise mit einer „einzigartige[n] Auszeichnung“5 gleichsetzte.

Krebs war zudem gleich nach Ende des Ersten Weltkriegs als einziger katholischer Theologe auf Grund seiner nationalen Kriegsarbeit von Außenminister in den Kulturbeirat des Auswärtigen Amtes berufen worden. Er erblickte in der Weltreise nun die Möglichkeit, an der „Förderung einer innerlichen Verbindung zwischen den im Inland und im Ausland wirkenden geistigen Kräften“6 praktisch mitzuwirken. Obwohl ihm das Auswärtige Amt dies nicht schriftlich bestätigte, 7 fühlte sich Krebs in seinen „Bemühungen um die Hebung des deutschen Ansehens im Ausland […] im Auftrag des Auswärtigen Amtes“ 8 gesandt. Die Weltreise war demnach nicht nur mit einer wissenschaftlich-theologischen und kirchlich-religiösen, sondern auch mit einer (kultur-) politischen Motivation verbunden.

Während des Ersten Weltkriegs war Krebs als national-konservativer, den Krieg theologisch rechtfertigender Monarchist aufgetreten, der von der Rechtmäßigkeit des deutschen „Verteidigungskampfes“ überzeugt war und an die sittliche Gerechtigkeit der deutschen Sache glaubte. Schon im August 1914 hatte sich Krebs selbst als Verfasser allgemein verständlicher religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur hervorgetan: Im Freiburger katholischen Gemeindeblatt war sein erster Aufsatz „Gedanken über den großen

4 UAF: C126/575: Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs vom 27.09.2916. 5 Ebd. 6 UAF: C126/30: Das Auswärtiges Amt an Engelbert Krebs vom 30.11.1922. 7 UAF: C126/496: Das Auswärtige Amt an Engelbert Krebs vom 20.01.1926. 8 UAF: C126/496: Engelbert Krebs an das Auswärtige Amt vom 02.01.1926. 9

Krieg“ 9 herausgekommen, in dem er den ersten Weltkrieg religiös überhöhte und legitimierte. Als Herausgeber religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur war Krebs dermaßen erfolgreich, dass der Zentrumspolitiker Matthias Erzberger (1875-1921) ihn mit der Herausgabe der „katholischen Monatsbriefe an das neutrale Ausland“ beauftragte, einer Unternehmung, die auf Beschluss des Arbeitsausschusses deutscher Katholiken zur Wahrung deutscher Interessen im Ausland zu Stande gekommen war. Die katholischen Monatsbriefe, in denen Krebs „gegenüber den Verleumdungen, die im Ausland über das deutsche Geistesleben und besonders über den deutschen Katholizismus […] verbreitet“10 wurden, Stellung nahm, erschienen über den gesamten Kriegsraum in acht Sprachen und machten Krebs auch innerhalb des internationalen Katholizismus bekannt.

Auch der nationale „Zusammenbruch“ von 1918 konnte Krebs in seiner politischen Tätigkeit nicht bremsen: Wohl als einziger katholischer Theologe überhaupt nahm Krebs als Vertreter der Zentrumspartei als Korrespondent für katholische Zeitungen in Baden an den Sitzungen des Arbeiter- und Soldatenrates teil. Dessen Führung warnte er vor einer Verwirklichung des sozialistischen Programmes, wobei Krebs eine zügige Wahl zur Nationalversammlung forderte. Zudem überzeugte Krebs die badischen Zentrumsführer, bei der auf den 5. Januar 1919 angesetzten Wahl zur badischen Nationalversammlung für die Republik zu stimmen. In einer Beratung der badischen Staatsminister schlug Krebs vor, den Großherzog zu bitten, die Beamten und Soldaten vom Treueeid zu entbinden, damit diese bei einer Wahl für die Republik stimmen konnten. Vor dem Hintergrund der innerhalb der Zentrumspartei stattfindenden Diskussion um eine politische Neuausrichtung forderte Krebs von seiner Partei nun ein Bekenntnis zur „christlich beseelte[n] Republik“, da die „Monarchien in Deutschland […] nicht mehr zum Heil der Völker“ seien und anstatt „des engen nationalistischen Denkens“ forderte er einen „gesamteuropäischen Solidarismus“11.

In der Folgezeit war Krebs im Freiburger Ortsauschuss des Zentrums sowie als Stadtverordneter Freiburgs aktiv, wobei Krebs insgesamt eher zur rechten Fraktion des Zentrums gehörte. In Folge des Reichskonkordats hatte Krebs zunächst alles andere als eine oppositionelle Rolle gegenüber den neuen nationalsozialistischen Machthabern eingenommen. Nach dem Röhm-Putsch und dem Tod Hindenburgs im Jahr 1934 wandelte sich Krebs jedoch zum kompromisslosen Gegner des Nationalsozialismus, dessen

9 Engelbert Krebs: Gedanken über den großen Krieg (4 Bde.), Freiburg i. Br. 1915-1917. 10 Engelbert Krebs: Brief vom 01.12.1915, in: Katholische Monatsbriefe, hg. v. Engelbert Krebs, Freiburg i. Br. 1915, S. 3-8; hier: S. 3. 11 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 18.11.1925. 10

Anhänger ihm im Jahr 1936 verboten, zu lehren und ihn ein Jahr später in den Zwangsruhestand versetzten. Im Jahr 1943 wurden ihm Kanzel, Beichtstuhl und die öffentliche Feier der Messe verboten. Nur knapp entging Krebs der Deportation in das KZ Dachau. Im Jahre 1945 rehabilitiert, konnte Krebs wegen einer schweren Erkrankung sein Lehramt nicht wiederaufnehmen und musste sich 1946 emeritieren lassen. Krebs starb nach langer Krankheit am 29. November 1950 in Freiburg.12

1.2 Fragestellungen und Untersuchungsebenen

Obwohl Krebs der einzige katholische Theologe innerhalb der Weimarer Republik war, der zu Vortragsreisen durch Nordamerika und Asien aufgebrochen war, wurde die Weltreise – wie auch sein politisches Engagement innerhalb der badischen Zentrumspartei als Ganzes – von seinem Freiburger Kollegenkreis nicht entsprechend gewürdigt. Insbesondere von Professoren der älteren Generation, die eine ablehnende Distanz zum politischen Katholizismus aufwiesen, wurden Krebs Aktivitäten als „unwissenschaftlich“ und „unpriesterlich“13 wahrgenommen.

Sowohl in der Junghanns-Biografie über Engelbert Krebs aus dem Jahr 1979 als auch in lebensgeschichtlichen Darstellungen älterer und jüngerer Zeit wird die Weltreise entweder gar nicht oder nur am Rande erwähnt. Die wenigen Beiträge, in denen die Weltreise thematisiert wurde, konnten folglich auch kein kohärentes Bild dieser Reise zeichnen: Im Eintrag über Engelbert Krebs im „Necrologicum Freiburgense“ von Linus Bopp wird diese als Symbol für Krebs´ weltoffenen Charakter gedeutet14, Friedrich Stegmüller bezeichnete die Weltreise als „Pilgerfahrt“, die Krebs „mit wachem Auge und mit werbender Liebe gemacht hatte“15. Kerstin Bütow und Siegfried Rombach nannten Krebs auf Grund seines einjährigen Auslandsaufenthaltes und seiner gleichzeitigen Zurückgezogenheit in seiner Klausenhütte in Sankt Märgen im Schwarzwald einen „weltmännischen Einsiedler“16. Für Thomas Ruster entspringt die Weltreise Krebs´ theologischem Interesse für Fragen der

12 Die vorgelegten biographischen Angaben beziehen sich auf das zweite Kapitel dieser Arbeit mit dem Titel „Engelbert Krebs als katholischer Theologe und Zentrumspolitiker“. Dort soll ein ausführlicher biographischer Überblick gegeben werden. 13 UAF: C126/7: Stichwort „Theologische Professuren“. 14 Vgl. Linus Bopp: Dr. Engelbert Krebs, in: Freiburger Diözesanarchiv 71 (1951), S. 260-265; hier: S. 261. 15 Friedrich Stegmüller: Engelbert Krebs (1881-1950), in: Oberrheinisches Pastoralblatt 52 (1951), S. 10-19; hier: S. 16. 16 Kerstin Bütow/Siegfried Rombach: Sankt Märgen. Eine Spurensuche. Zehn Begegnungen, St. Märgen 2004, S. 131-139; hier: S. 133. 11

Caritas und der christlichen Mission17, Claus Arnold betrachtet diese ausschließlich unter „nationalem Vorzeichen“18.

Die Promotionsarbeit soll deswegen folgende Leitfrage beantworten: Lässt sich die Weltreise als Ausdruck eines neuen nationalen und demokratischen Programmes der Weimarer Republik verstehen, das vom Auswärtigen Amt finanziell unterstützt wurde und als Beitrag zur Annäherung der Völker oder – um es mit den Worten des New-Yorker Prälaten Friedrich Schlatter zu sagen – zur „Versöhnung der Völker“ bzw. zum „Völkerfrieden vom katholischen Standpunkte“19 verstanden werden kann? Welche Rolle schrieb Krebs dem Katholizismus, der katholischen Theologie und der Wissenschaft im Allgemeinen für den Prozess der Völkerverständigung zu? Welche Vorstellungen verband Krebs als „katholischer Internationaler“ mit dieser forciert sich entwickelnden Weltgemeinschaft? Am Beispiel von Krebs und seiner Weltreise soll der Frage nach dem Verhältnis von Katholizismus, Nation und Völkerverständigung in der Zwischenkriegszeit nachgegangen werden.

Da bei Krebs´ Weltreise wissenschaftlich-theologische, religiös-katholische und (kultur-) politische, wissenschaftlich-theologische und religiös-katholische Motivationen ineinandergreifen, soll die Leitfrage vor dem Hintergrund dreier Untersuchungsebenen beantwortet werden: (1) Auf kulturpolitischer Ebene soll zunächst gefragt werden, ob die Weltreise als Beitrag zur Entstehung einer globalen Kulturgemeinschaft betrachtet werden kann, in deren Universalismus die kulturellen Leistungen der deutschen Katholiken – vor allem auf dem Gebiet der Wissenschaft, Bildung und Erziehung – wieder Anerkennung fanden. (2) Auf wissenschaftspolitischer Ebene ist von Interesse, ob die Weltreise als Beitrag zur Internationalisierung der katholisch-theologischen Wissenschaft und über Krebs´ eigene Fachdisziplin hinaus zur Entfaltung einer internationalen „scientific community“ gewertet werden kann. (3) Vor dem Hintergrund der kirchlich.-religiösen Dimension der Weltreise soll die Frage beantwortet werden, ob die Weltreise dazu diente, Krebs´ Botschaft von der in Deutschland und Europa wirkenden Kulturkraft des Katholizismus gemäß seinem Programm des „ver sacrum catholicum“ über die europäischen Binnengrenzen hinweg global anschlussfähig zu machen.

17 Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit der Religion. Katholizismus und Moderne in der Weimarer Republik, Paderborn u.a., 2. ergänzte Auflage, 1997, S. 318. 18 Vgl Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus. Engelbert Krebs (1881-1950) in kirchlichen und universitären Konflikten. Vortrag in der Katholischen Akademie Freiburg am 7. Oktober 2000 [in Vorbereitung], S.11. 19 UAF: C126/575: Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs vom 27.09.2916. 12

Das übergeordnete Ziel der Promotionsarbeit soll es sein, mit dem Freiburger Theologen Engelbert Krebs einen sowohl für die Universitäts- und Wissenschaftsgeschichtsschreibung als auch für die politische Katholizismusforschung überaus spannenden und vielseitigen Zeitgenossen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, wieder ins Gedächtnis zu rufen. Jenseits der theologischen und kirchenhistorischen Forschung war Krebs weitgehend vergessen worden. Die zu Krebs vorliegenden, recht überschaubaren Arbeiten thematisierten entweder biographisch-theologische Fragestellung oder konzentrierten sich auf seine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus. Mit seiner Weltreise von 1926 sollte dagegen einen für heutige aktuelle geschichtswissenschaftliche wie gesellschaftliche Fragestellungen äußerst anschlussfähigen Aspekt von Krebs in den Vordergrund gestellt und in den biographischen Kontext integriert werden. Die biographische Einordnung soll dabei von der Fragestellung geleitet werden, inwiefern sich Krebs in eindeutige und klar umrissene Schemata von modernistisch- antimodernistisch/ultramontan, ultramontan-nationalistisch, konservativ-progressiv/liberal einordnen lässt oder ob er eher als „Grenzgänger zwischen den Welten“ bezeichnet werden kann, der in seiner theologischen Verortung zwischen Modernismus und Antimodernismus, Ultramontanismus und Nationalismus etc. oszillierte. Die bisherige Krebs-Forschung hat ihn bisher nahezu ausschließlich als lokale Persönlichkeit d.h. als Freiburger und Südbadener begriffen. Gerade in Krebs´ Lebensgeschichte werden aber auch Globalisierungsprozesse deutlich, die sein persönliches Profil als katholischer Nationaler, Europäer und Internationaler schärfen. In diesem Kontext soll außerdem herausgearbeitet werden, dass seine politischen Konzepte eines geeinten Europas sowie einer internationalen Völkergemeinschaft sich vor allem aus den verschiedenen Erfahrungen und Erlebnissen seiner Reisen herausbildeten.

1.3 Forschungsstand

Obwohl es um Engelbert Krebs nie ganz still geworden ist, konnte die leicht zu überblickende Forschung bisher kein kohärentes Bild seiner Person und seines Wirkens zeichnen: Albert Junghanns hat in seiner im Jahr 1979 erschienenen Biographie über Engelbert Krebs versucht, die Vielseitigkeit seiner Persönlichkeit zu beleuchten: Engelbert Krebs wird hier als ein vielfach außerhalb der katholischen Wissenschaft tätiger Mensch beschrieben. Sein Engagement als Verfasser allgemeinverständlicher religiöser Schriften, als kenntnisreicher Heimatschriftsteller und leidenschaftlicher Seelsorger, mitreißender Prediger, als Vortragsredner und Gesellschafter auf seiner Klausenhütte in Sankt Märgen 13

im Schwarzwald findet ebenso Würdigung wie seine politische Arbeit als Zentrumspolitiker auf Ebene der Gemeinde- und Landespolitik.20 Auffallend ist hierbei, dass diese Biographie weitgehend die historischen Kontexte ausblendet und kaum versucht, Anschluss an konzeptionelle Ansätze vor allem der historischen Disziplinen zu finden.21 Zuletzt hat Claus Arnold in seinem im Jahr 2000 gehaltenen Vortrag versucht, sich Engelbert Krebs als Person der Freiburger Diözesan- und Kirchengeschichte, der Universitätsgeschichte als auch der politischen Geschichte Badens anzunähern, um ein differenzierteres Bild von Engelbert Krebs zu zeichnen.22

Lebensgeschichtliche Darstellungen23, Lexikonartikel24 als auch Nachrufe25 beschäftigen sich primär mit Engelbert Krebs´ antinationalsozialistischem Engagement. Auch wissenschaftliche Beiträge älterer und jüngerer Zeit folgen dieser Tendenz: Remigius Bäumer hat sich in seinem Aufsatz über die theologisch-katholische Fakultät Freiburg und ihre Stellung zum Nationalsozialismus eingehend mit Engelbert Krebs´ Widerstand beschäftigt.26 Die beiden Aufsätze der amerikanischen Historiker Robert A. Krieg und Thomas F. O´ Meara versuchen, Krebs´ antinationalsozialistische Haltung aus seiner Reich-Gottes-Theologie und seiner judenfreundlichen Haltung heraus zu ergründen. 27 Sowohl in Claus Arnolds Aufsatz über die katholisch-theologische Fakultät Freiburg im Nationalsozialismus als auch in seiner Monographie über den christlichen Archäologen Joseph Sauer findet Krebs als scharfer Gegner des nationalsozialistischen Regimes

20 Vgl. Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs (1881-1950). Ein Beitrag zur Theologiegeschichte, 1979. 21 Vgl. Michael Murrmann-Kahl: Art. „Theologiegeschichte/Theologiegeschichtsschreibung“, in: TRE 33 (2002), S. 344-349. 22 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus. Engelbert Krebs (1881-1950) in kirchlichen und universitären Konflikten. Vortrag in der Katholischen Akademie Freiburg am 7.Oktober 2000 [in Vorbereitung]. Das Manuskript des Vortrags wurde mir mit Einverständnis von Herrn Prof. Dr. Claus Arnold durch Frau Prof. Dr. Sylvia Paletschek dankenswerter Weise weitergeleitet. 23 Vgl. Kerstin Bütow/Siegfried Rombach: Sankt Märgen. Eine Spurensuche. Zehn Begegnungen, St. Märgen 2004, S. 131-139; Remigius Bäumer: Engelbert Krebs, in: Badische Biographien (Bd.2), Stuttgart 1987, S. 169-171. 24 Vgl. Friedrich Stegmüller: Engelbert Krebs, in: LThK 6 (1997), Sp. 600; Peter Walter: Krebs, Engelbert, in: LThK 7 (1997), Sp. 434. 25 Vgl. Arthur Allgeier: Professor Engelbert Krebs, in: Freiburger katholisches Kirchenblatt (1950), S. 739- 740; Linus Bopp: Dr. Engelbert Krebs, in: Freiburger Diözesanarchiv 71 (1951), S. 260-265; Johannes Holler: Nachruf für Professor Engelbert Krebs, in: Schauinsland 70 (1951/52), S. 120-121; Friedrich Stegmüller: Engelbert Krebs (1881-1950), in: Oberrheinisches Pastoralblatt 52 (1951), S. 10-19; Albert Junghanns: Gedenken an Engelbert Krebs, in: Konradsblatt 65 (1981), S.12. 26 Vgl. Remigius Bäumer: Die Theologische Fakultät Freiburg und das Dritte Reich, in: Freiburger Diözesan-Archiv 103 (1983), S. 265-289. 27 Vgl. Robert A. Krieg: The Conflict between Engelbert Krebs and The Third Reich, in: Christian Responses to the Holocaust. Moral and ethical issues, New York 2003, S. 24-37; O´Meara, Thomas F.: The Witness of Engelbert Krebs, in: Continuity and Plurality in Catholic Theology, Connecticut 1998, S. 127- 154. 14

Erwähnung.28 Hugo Ott hat in seinem Aufsatz über Krebs im Freiburger Diözesan-Archiv die Beziehung zwischen ihm und dem Philosophen und späteren Rektor der Freiburger Universität, Martin Heidegger (1889-1976), ausgeleuchtet, dessen positives Verhältnis zum Nationalsozialismus bis heute Gegenstand zahlreicher Diskussionen ist.29 Christian Würtz hat sich in seiner Monographie über die Priesterausbildung während des Dritten Reichs in der Erzdiözese Freiburg gegen die Behauptung von Remigius Bäumer und Claus Arnold gewandt, Engelbert Krebs habe sich 1933/34 dem nationalsozialistischen Regime angenähert. Nach seinen Untersuchungen gehörte Krebs unter den Professoren der Freiburger katholisch-theologischen Fakultät und der Gesamtuniversität zu den entschiedensten und mutigsten Gegnern des Nationalsozialismus, der zu keiner Zeit bereit gewesen war, Kompromisse mit dem nationalsozialistischen Regime einzugehen oder sich diesem anzunähern.30 Jüngst hatte Werner Heiland-Justi das Leben von Engelbert Krebs in den Jahren von 1920 bis 1945 an Hand von Eintragungen in der sogenannten „Klausenchronik“ dokumentiert und dabei vor allem die Beziehungen Engelbert Krebs´ zum antinationalsozialistischen Katholizismus ausgeleuchtet. Dabei wurde deutlich, dass Krebs nicht nur mit Edith Stein, sondern mit der Ordensschwester Placida von Sankt Lioba (1804-1998) und Gertrud Luckner (1900-1995), die wegen ihrer „Fluchthilfe“ 1943 in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert wurden, in Kontakt gestanden hatte.31

Gemessen an den Forschungen zum Kaiserreich und zur NS-Zeit stellt die Weimarer Zeit ein Stiefkind wissenschafts- und universitätsgeschichtlicher Forschung dar, was sich ebenfalls an den geringen Beiträgen zu Krebs politischem und theologischem Wirken innerhalb der Weimarer Republik zeigt: Thomas Ruster untersuchte in seiner Monographie die „verlorene Nützlichkeit der Religion“ als Grundmotiv der römisch-katholischen Theologie in der Zeit der Weimarer Republik und analysierte in diesem Kontext Krebs im Jahr 1924 erschienene Vortragsreihe über „Die Kirche und das neue Europa“ sowie sein zweibändiges Hauptwerk „Dogma und Leben“ auf theologische Denkfiguren.32 Mit der

28 Vgl. Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, in: Katholische Theologie im Nationalsozialismus (Institutionen und Strukturen Bd. 1), hg. v. Dominik Burkard/Wolfgang Weiß, Würzburg 2011, S. 147-166; Ders.: Katholizismus als Kulturmacht. Der Freiburger Theologe Joseph Sauer (1872-1949) und das Erbe des Franz Xaver Kraus (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B: Forschungen: Band 86), Paderborn u.a. 1999. 29 Vgl. Hugo Ott: Engelbert Krebs und Martin Heidegger 1915, in: Freiburger Diözesan-Archiv 113 (1993), S. 239-248. 30 Vgl. Christian Würtz: Die Priesterausbildung während des Dritten Reichs in der Erzdiözese Freiburg (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte in Verbindung mit dem alemannischen Institut Freiburg im Breisgau Bd. 57), Freiburg im Breisgau/München 2013. 31 Vgl. Werner Heiland-Justi: Der selige Engelbert Krebs aus Freiburg im Breisgau. Eine Dokumentation, Freiburg i. Br. 2016. 32 Vgl. Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit der Religion. 15

theologischen Einordnung von „Dogma und Leben“ innerhalb der deutschsprachigen dogmatischen Forschung hat sich auch der Freiburger Theologe Peter Walter beschäftigt.33 Der Frage, ob Engelbert Krebs ein „Theologe des Übergangs“34 gewesen sei, verfolgte Michael Quisinsky. In seinem Aufsatz über den Freiburger Gelehrten stand ebenfalls die Untersuchung von „Dogma und Leben“ im Vordergrund. In der Festschrift zum 550- jährigem Bestehen der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität hat Alexander Bangert die Einstellung der Freiburger Professorenschaft zur Weimarer Republik untersucht und dabei Engelbert Krebs als einen der wenigen dezidiert weimarfreundlichen Gelehrten gewürdigt.35

In Bezug auf die gegenwärtige Tendenz der zeitgeschichtlichen Katholizismusforschung36 des 19. und 20. Jahrhunderts lässt sich Folgendes festhalten: Während die Forschung zum 19. Jahrhundert fast ausschließlich die Ausbildung des politischen Katholizismus, die Formierung eines „katholischen Milieus“ und die Integration der deutschen Katholiken in das protestantisch geprägte deutsche Kaiserreich zum Thema hatte37, stellte die für die Erforschung des 20. Jahrhunderts durchziehende Fragestellung auf das Spannungsverhältnis von Religion, Konfession und Nation ab. 38 Gerade vor dem

33 Vgl. Peter Walter: Die deutschsprachige Dogmatik zwischen den beiden Vatikanischen Konzilien untersucht am Beispiel der Ekklesiologie, in: katholisch-theologische Disziplinen in Deutschland 1870- 1962, Paderborn 1999, S. 129-163. 34 vgl. Michael Quisinsky: Dogma „und“ Leben. Der Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs (1881-1950) – ein Theologe des Übergangs?, in: Nach dem Antimodernismus? Über Wege der katholischen Theologie 1918-1958 (Rottenburger Jahrbuch für Kirchengschichte Bd. 32), Stuttgart 2013, S. 85-112. 35 Vgl. Alexander Bangert: Distanz und Ablehnung. Die politische Einstellung der Freiburger Professorenschaft zur Weimarer Republik 1918-1933, in: Von der badischen Landesuniversität zur Hochschule des 21. Jahrhunderts (550 Jahre Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Festschrift Bd. 3), hg. v. Bernd Martin, Freiburg im Breisgau 2007, S. 224-242. 36 Unter „Katholizismus“ sollen an dieser Stelle die „kulturell-sozialen Manifestationen der römisch- katholischen Tradition“, wie sie insbesondere im Zuge des 19. Jahrhunderts entstanden sind, verstanden werden. [Vgl. Victor Conzemius: Art. „Katholizismus“, in: Religion in Geschichte und Gegenwart (Bd. 4), Tübingen, 4. Auflage, 2001, S. 893-898.] 37 Vgl. Johannes Horstmann/Antonius Liedhegener (Hg.): Konfession, Milieu, Moderne. Konzeptionelle Positionen und Kontroversen zur Geschichte von Katholizismus und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Schwerte 2001; Andreas Holzem: das katholische Milieu und das Problem der Integraion: Kaiserreich, Kultur und Konfession um 1900, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 21 (2002), S. 13-39; Olaf Blaschke: Das Zweite Konfessionelle Zeitalter. Ein Deutungsangebot für Katholizismus- und Sozialhistoriker, in: Johannes Horstmann/Antonius Liedhegener: Konfession, Milieu, Moderne. Konzeptionelle Positionen und Kontroversen zur Geschichte von Katholizismus und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert, Schwerte 2001, S. 27-78; Olaf Blaschke (Hg.): Konfessionen im Konflikt. Deutschland zwischen 1800 und 1970: ein zweites konfessionelles Zeitalter, Göttingen 2002. 38 Vgl. Heinz-Gerhard Haupt/Dieter Langewiesche (Hg.): Nation und Religion in der deutschen Geschichte, Frankfurt a. M. 2001; Michael Geyer/Hartmut Lehmann (Hg.): Religion und Nation/Nation und Religion. Beiträge zu einer unbewältigten Geschichte, Göttingen 2004; Heinz Hürten: Widerstand und Zeugnis. Kirche im Nationalsozialismus. Fragen eines Historikers, Mainz 1987; Klaus Gotto/ Hans Günter Hockerts/ Konrad Repgen: Nationalsozialistische Herausforderung und kirchliche Antwort. Eine Bilanz; Heinz Hürten Widerstand und Zeugnis. Ein Nachwort, in: Die Katholischen und das Dritte Reich, hg. v. Klaus Gotto /Konrad Repgen, Mainz, 3. erw. u. überarb. Auflage, 1990, S. 173-190. 16

Hintergrund des Fortschreitens der europäischen Integration und der Globalisierung wurde in den letzten Jahren eine Erweiterung der Katholizismusforschung gefordert, die sich mit der Relevanz von Religion und Konfession nicht nur für den europäischen, sondern auch für den globalen Einigungsprozess beschäftigen solle. Gerade an Hand der lebensgeschichtlichen Darstellung des Freiburger Theologen Engelbert Krebs kann exemplarisch veranschaulicht werden, welche Vorstellungen von Paneuropäismus und Weltgemeinschaft im Katholizismus der Zwischenkriegszeit vorherrschten.

Ein weiteres Forschungsdesiderat der zeitgeschichtlichen Katholizismusforschung stellt außerdem die Beschäftigung mit der internationalen Mobilität dar: Von Beginn seiner Entstehung und Ausbreitung war das Christentum untrennbar mit Prozessen raumbezogener Mobilität verbunden – zu nennen sind hier vor allem die Missionsreisen des Apostels Paulus durch Kleinasien, Makedonien und Griechenland.39 Während sich die Mittelalter-Forschung über die „Peregrinatio“, Pilgerreisen und Wallfahrten, Heidenmission und die Kreuzzugsidee mit dem Thema der religiös motivierten Mobilität auseinandergesetzt40 und sich die frühe Neuzeit mit Migrationsprozessen innerhalb der Religionsgemeinschaften durch die europäische Expansion und die Konfessionalisierung in den einzelnen Territorien beschäftigt hat41, wurde Mobilität von der zeithistorischen Katholizismusforschung kaum als eigenständiges Phänomen in den Blick genommen. Annäherungen an das Thema erfolgten primär über den Kolonialismus bzw. Postkolonialismus und die zumeist von deutschen Ordensangehörigen ausgeübte Missionierung. 42 Die Aufarbeitung der Vortragsreisen des katholischen Theologen

39 Vgl. Hans Conzelmann: Geschichte des Urchristentums (Grundrisse zum Neuen Testament 5), Göttingen, 6. Auflage, 2012; Christoph Markschies: Das antike Christentum: Frömmigkeit, Lebensformen, Institution, München, 2. durchg. u. erw. Auflage, 2012; Paul Imhof/Martin Bertel: Paulus auf Reisen. Abenteuerliche Entdeckungen auf den Spuren des Apostels, Augsburg 1995. 40 Vgl. Arnold Angenendt: Geschichte der Religiosität im Mittelalter, 1997; Knut Schäferdiek (Hg.): Die Kirche des frühen Mittelalters, München 1978; Diana Webb: Medieval European Pilgrimage c. 700-c.1500, Basingstoke u.a. 2002; Nikolaus Jaspert: Die Kreuzzüge, in: Weltdeutungen und Weltreligionen 600 bis 1500, hg. v. Johannes Fried u.a., Darmstadt 2010, S. 166-178; Carmen von Samson- Himmelstjernd: Deutsche Pilger des Mittelalters im Spiegel ihrer Berichte und der mittelhochdeutschen erzählerischen Dichtung, Berlin 2004; Lutz E. v. Padberg: Christianisierung im Mittelalter, Darmstadt 2006. 41 Vgl. Alexander Schunka: Glaubensflucht als Migrationsoption. Konfessionell motivierte Migrationen in der Frühen Neuzeit, in: GWU 56 (2005), S. 547-564; Joachim Bahlke (Hg.): Glaubensflüchtlinge. Ursachen, Formen, Auswirkungen frühneuzeitlicher Konfessionsmigration in Europa, 2008; Thomas Klingebiel: Migrationen im frühneuzeitlichen Europa. Anmerkungen und Überlegungen zur Typologiediskussion, in: Réfugiés und Emigrés. Migration zwischen Frankreich und Deutschland im 18. Jahrhundert, in: Comparatv 7 (1997), S. 23-38; Henning P. Jürgens/Thomas Weller (Hg.): Religion und Mobilität. Zum Verhältnis von raumbezogener Mobilität und religiöser Identitätsbildung im frühneuzeitlichen Europa (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung für abendländische Religionsgeschichte u. Universalgeschichte Bd. 81), Göttingen 2010. 42 Vgl. Stephen Neill: Geschichte der christlichen Mission, Erlangen, 2. Auflage, 1990; Michael Sievernich: Die christliche Mission. Geschichte und Gegenwart, Darmstadt 2005; Jörg Osterhammel: Kolonialismus. Geschichte, Formen, Folgen, München 1995; Peter Marschalck: Deutsche Überseewanderung im 19. 17

Engelbert Krebs durch Nordamerika und Asien soll daher einen Beitrag zur Aufarbeitung der internationalen Gelehrtenmobilität im Katholizismus der Zwischenkriegszeit liefern.

Wichtige Impulse erhält die Arbeit auch von der Universitäts- und Wissenschaftsgeschichtsschreibung, in der seit geraumer Zeit auch verstärkt Mobilitäts- und Austauschprozesse im Fokus des Interesses stehen.43 Da in dieser Arbeit über die Lebensgeschichte von Engelbert Krebs hinaus der Leitfrage nachgegangen werden soll, ob die deutschen Wissenschaftler mit ihren Vortragsreisen zur Durchbrechung des im Zuge des Ersten Weltkriegs einsetzenden Wissenschaftsboykotts zur Entstehung einer Weltgemeinschaft beitragen konnten, stellt die Studie einen wertvollen Beitrag zur Erforschung der Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik dar, zu der bisher keine systematische Untersuchung besteht.

1.4 Methodik

Die neuere Biographieforschung, der Spatial Turn, die historische Netzwerkanalyse und der Kulturtransfer sind die methodischen Ansätze, die für diese Studie herangezogen und fruchtbar gemacht werden konnten.

a. Neuere Biographieforschung – Krebs Biographie vor dem Hintergrund der Geschichte des Katholizismus und der katholischen Theologie zwischen 1900 und 1945 Lange Zeit galt in der modernen, strukturgeschichtlich orientierten Geschichtswissenschaft – dies trifft vor allem auf die 1960er und 1970er Jahre zu – die biographische Forschung als überholt. Vor allem die beiden Historiker Jürgen Kocka und Hans-Ulrich Wehler erwiesen sich als Kritiker des biographischen Ansatzes. Mit Beginn der 1980er Jahre vollzog sich jedoch ein allmählicher Wandel und ein wieder erwachtes Interesse am Individuum trat zu Tage.44 In den letzten zwanzig Jahren erlebte das Genre der Biographien

Jahrhundert, Stuttgart 1973; Wolfgang J. Helbich: Alle Menschen sind dort gleich. Deutsche Amerika- Auswanderung im 19. und. 20. Jahrhundert, Düsseldorf 1988. 43 Vgl. Bernd Kortländer: Begrenzung- Entgrenzung: Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa, in: Nationale Grenzen und internationaler Austausch. Studien zum Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa (Communicatio 10), hg. v. Lothar Jordan/Bernd Kortländer, Tübingen 1995, S. 1-19; Eckehardt Fuchs/Christoph Lütz: Transnationale Bildungsbemühungen und die Konstruktion des Raumes in historischer Perspektive, in: Bildung und Erziehung 61 (2008), S. 1-10. 44 Vgl. Thomas Etzemüller: Biographien, S.11. 18

sowohl in der Geschichts- als auch in der Politikwissenschaft eine Renaissance.45 In der Kirchengeschichtsschreibung kamen diese Entwicklungen erst allmählich an, wobei die katholische Theologie in der kirchlichen Biographieforschung nicht als „federführende“, sondern „engagiert mitschreibende Wissenschaftsdisziplin“ 46 verstanden werden kann. Kennzeichnend für die neuere biographische Forschung ist vor allem die Untersuchung von Netzwerken und die „durchgehende Kontextualisierung von Lebensläufen“47. Gerade diese Kontextualisierung fordert verschiedene wissenschaftliche Disziplinen heraus und verweist auf ein hohes Maß von Interdisziplinarität. 48 Die Biografie steht an der Schnittstelle verschiedener Geschichts-, Kultur- und Geisteswissenschaften. Sie greift auf Konzepte der Alltags- und Mentalitätsgeschichte, aber beispielsweise auch auf Nachbardisziplinen wie Psychologie, Soziologie und Verhaltensforschung zurück. 49 Gleichzeitig erfordert eine biographische Herangehensweise ein erhöhtes kritisches Bewusstsein für den Umgang mit sogenannten „Ego-Dokumenten“ 50 , da in Autobiographien, Memoiren, Tagebüchern, Briefen oder Interviews Individuen vergleichsweise bewusst und kontrolliert über ihr persönliches Leben referieren. 51 Diesen neueren biographischen Ansatz aufzugreifen

45 Zur neueren biographischen Forschung vgl. Werner Fuchs-Heinritz: Biographische Forschung. Eine Einführung in Praxis und Methoden, Wiesbaden, 3. Auflage, 2005; Olaf Hähner: Historische Biographik. Die Entwicklung einer geschichtswissenschaftlichen Darstellungsform von der Antike bis ins 20. Jahrhundert, Frankfurt a. M. u.a. 1999; Wilhelm Hemecker (Hg.): Die Biographie – Beiträge zu ihrer Geschichte, Berlin/New York 2009; Christian Klein (Hg.): Handbuch Biographie. Methoden, Traditionen, Theorie, Stuttgart/Weimar 2009; Reinhold Sackmann: Lebenslaufanalyse und Biographieforschung. Eine Einführung, Wiesbaden 2007; Helma Lutz (Hg.): Handbuch Biographieforschung, Wiesbaden, erste Auflage, 2008; Volker Depkat: Biographieforschung im Kontext transnationaler und globaler Geschichtsschreibung: Einleitung zum Schwerpunk, in: Bios 28 (2015), S. 3-18; Zu Biographieforschung und Theologie: Stephanie Klein: Theologie und empirische Biographieforschung. Methodische Zugänge zur Lebens- und Glaubensgeschichte und ihre Bedeutung für eine erfahrungsbezogene Theologie, Stuttgart 1994. 45 Kurt Nowak: Biographie und Lebenslauf in der Neueren und Neuesten Kirchengeschichte, in: Verkündigung und Forschung (1994), S. 44-62; hier: S. 48. 46 Kurt Nowak: Biographie und Lebenslauf, S. 48. 47 Sabine Lässig: Die historische Biographie auf neuen Wegen?, in: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 10 (2009), S.540-553; hier: S. 540. 48 Vgl. Fetz, B.: Die vielen Leben der Biographie. Interdisziplinäre Aspekte einer Theorie der Biographie, in: Die Biographie – Zur Grundlegung ihrer Theorie, hg. v. Bernhard, Berlin/New York 2009, S. 3-69, hier: S. 9. 49 Vgl. Fetz, B.: Die vielen Leben der Biographie, S. 7-8. Bis dahin siehe auch die von Antonia Schilling und mir geschriebene Zusammenfassung auf der Homepage der AG Biographien der Graduiertenschule Humanities: Antonia Schilling/Rebecca Schröder: Arbeitsgruppe „Biographien“ – Vorstellung des biographischen Ansatzes, URL: https://www.humanities.uni-freiburg.de/gruppen/ag10/ag10vorstellung [Stand: 21.03.2018]. 50 Zum Umgang mit Ego-Dokumenten vgl.: Volker Depkat: Autobiographie und die soziale Konstruktion von Wirklichkeit, in: Geschichte und Gesellschaft 29 (2003), S.441-476; Rüdiger Görner: Das Tagebuch. Eine Einführung, München/Zürich 1986; Alois Hahn: Identität und Selbstthematisierung, in: Selbstthematisierung und Selbstzeugnis: Bekenntnis und Geständnis, hg. v. Alois Hahn/Volker Kapp, Frankfurt a. M., S. 9-24; Claudia Ulbrich: Vom Individuum zur Person. Neue Konzepte im Spannungsfeld von Autobiographietheorie und Selbstzeugnisforschung, Göttingen 2005; Winfried Schulze (Hg.): Ego- Dokumente. Annäherungen an den Menschen in der Geschichte, Berlin 1996. 51 Vgl. Thomas Etzemüller: Biographien, S. 62-63. 19

bedeutet für das Promotionsvorhaben, Engelbert Krebs innerhalb der Geschichte des deutschen Katholizismus und der deutschen katholischen Theologie zwischen 1900 und 1945 zu verorten und durch die Untersuchung der Weltreise, vor allem seine vielfältigen internationalen Kontakte im Katholizismus der Zwischenkriegszeit aufzuzeigen.

b. Spatial Turn – Suche nach geographischen Konzentrationspunkten und Wissenschaftszentren Vorbehalte gegenüber geopolitischen Ansätzen in der deutschen historischen Forschung nach 1945 gehen vor allem auf die Eroberungs- und Kriegszielpolitik der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs zurück.52 Seit Mitte der 1980er Jahre spricht man jedoch von einer Renaissance des Raumbegriffs in den Kultur- und Sozialwissenschaften, die von politischen und gesellschaftlichen Umbrüchen, vor allem aber die Aufhebung der Blockbildung am Ende des Kalten Kriegs, begünstigt wurden.53 Unübersehbar ist das gleichzeitige Phänomen der globalen Enträumlichung, bedingt durch die Ausbreitung des Internets. Gerade die Verdichtung des Raums durch die Überwindung von Entfernungen führten zur Wahrnehmung der Welt als eines „global village“. Als Antwort auf diesen Prozess kann jedoch eine Wiederentdeckung des Lokalen, eine Diskussion um die Bedeutung von Identität und Heimat ausfindig gemacht werden. 54 Gerade für den „spatial turn“55 wird dieses „Spannungsverhältnis zwischen Auflösung und

52 Vgl. Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns. Neuorientierung in den Kulturwissenschaften, Reinbek 2006, S. 286. 53 Vgl. Doris Medick-Bachmann: Cultural Turns, S. 287. 54 Vgl. Ebd., S. 288. 55 Vgl.: Mike Crang/Nigel Thrift (Hg.): Thinking Space, London/New York, 2000; Andrew Thacker: Moving Through Modernity, Space and Geography in Modernism, Manchester 2003; Karl Schlögel: Im Raume lesen wir die Zeit. Über Zivilisationsgeschichte und Geopolitik, München/Wien 2003; Johanna Rolshoven: Von der Kulturraum- zur Raumkulturforschung. Theoretische Herausforderungen an eine Kultur- und Sozialwissenschaft des Alltags, in: Zeitschrift für Völkerkunde 99.2 (2003), S. 189-213; Roland Robertson: Glokalisierung. Homogenität und Heterogenität in Raum und Zeit, in: Perspektiven der Weltgesellschaft, hg. v. Ulrich Beck, Frankfurt a. M. 1998, S. 192-220; Daniela Ahrens: Grenzen der Enträumlichung. Weltstädte, Cyberspace und transnationale Räume in der digitalisierten Moderne, Opladen 2001; In Bezug auf die Geschichtswissenschaft vgl. Ute Schneider: Die Macht der Karten. Eine Geschichte der Kartographie vom Mittelalter bis heute, Darmstadt 2004; Karl Schlögel: Kartenlesen, Augenarbeit. Über die Fälligkeit des spatial turn in den Geschichts- und Kulturwissenschaften, in: Was sind Kulturwissenschaften? 13 Antworten, hg. v. Heinz Dieter Kittsteiner, München 2004, S. 261-283; Sigrid Weigel: Zum „topographical turn“. Kartographie, Topographie und Raumkonzepte in den Kulturwissenschaften, in: KulturPoetik 2.2 (2002), S. 151-165; Antje Schlottmann: Rekonstruktion alltäglicher Raumkonstruktionen. Eine Schnittstelle von Sozialgeographie und Geschichtswissenschaft?, in: Ortsgespräche. Raum und Kommunikation im 19. und 20. Jahrhundert, hg. v. Alexander C.T. Geppert, Uffa Jensen/Jörn Weinold, Bielefeld 2005, S. 107-133; Iris Schröder/Sabine Höhler (Hg.): Welt-Räume. Geschichte, Geographie und Globalisierung seit 1900, Frankfurt a. M. 2005; Etienne Francois/ Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte (3 Bde.) München 2001-2003; Jürgen Osterhammel: Raumbeziehungen. Internationale Geschichte, Geopolitik und historische Geographie, in: Internationale Geschichte. Themen-Ergebnisse-Aussichten, hg. v. Wilfried Loth/Jürgen Osterhammel, München 2000, S. 287-308; Frithjof Benjamin Schenk: Mental Maps. Die Konstruktion von geographischen Räumen in 20

Wiederkehr des Raums zur Herausforderung einer kritischen Raumreflexion“ 56 . Im Zentrum steht dabei die „soziale Produktion von Raum als einem oft widersprüchlichen gesellschaftlichen Prozess, eine spezifische Verortung kultureller Praktiken, eine Dynamik sozialer Beziehungen, die auf die Veränderbarkeit von Raum hindeuten“ 57 . In der Wissenschaftsgeschichtsschreibung hat der „spatial turn“ zu einer vertieften Sensibilität gegenüber „Räumen und Mechanismen der internationalen Wissenschaftskommunikation und Ideenzirkulation“ 58 geführt, die sich durch das Zusammenwirken von einzelnen Fachgelehrten und Experten bilden. In Bezug auf die Weltreise von Krebs soll verstärkt herausgearbeitet werden, auf welchen wissenschaftlichen Zusammenkünften er Vorträge hielt, in welchen ausländischen Fachzeitschriften er seine wissenschaftlichen Theorien verbreitete und welche ausländischen Fachgelehrten er traf. So kann mit Hilfe des „spatial turns“ dargestellt werden, wie sich die internationale Wissenschaftskommunikation- und Kooperation in der Zwischenkriegszeit gestaltete.

c. Historische Netzwerkanalyse – Frage nach innerkirchlichen Binnenstrukturen und wissenschaftlichen Netzwerken Im Vergleich zu kulturwissenschaftlichen Disziplinen hat die Geschichtswissenschaft sehr früh Ansätze der sozialen Netzwerkanalyse der 1970er Jahre adaptiert. Nach ersten Arbeiten mit Schwerpunkt auf der Untersuchung sozialer Prozesse an Hand von Struktureigenschaften erweiterte man im Zuge des „cultural turns“ die soziale Netzwerkanalyse. Der Freiburger Wissenschaftler Wolfgang Reinhard war einer der ersten deutschen Historiker, der versucht hat, die Netzwerkanalye für die historische Forschung nutzbar zu machen. 59 In seiner Monographie über „Freunde und Kreaturen“ (1979) versuchte er, die Methoden der sozialen Netzwerkanalyse aus der angloamerikanischen

Europa seit der Aufklärung, in: Geschichte und Gesellschaft 28.3 (2002), S. 493-514; Jürgen Osterhammel: Die Wiederkehr des Raumes. Geopolitik, Geohistorie und historische Geographie, in: Neue Politische Literatur 43 (1998), S. 374-397. 56 Doris Bachmann-Medick: Cultural Turns, S. 288. 57 Ebd., S. 288-289. 58 Eckhardt Fuchs: Räume und Mechanismen der internationalen Wissenschaftskommunikation und Ideenzirkulation vor dem Ersten Weltkrieg, in: IASL 27 (2002), S. 125-143; hier: S. 125. 59 Vgl. Wolfgang Reinhard: Amici e creature. Politische Mokrogeschichte der römischen Kurie im 17. Jahrhundert, in: Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 76 (1996), S. 308- 334; Wolfgang Reinhard: Oligarchische Verflechtung und Konfession in oberdeutschen Städten, in: Antoni Maczak u. Elisabeth Müller-Luckner: Klientelsysteme im Europa der Frühen Neuzeit (Schriften des Historischen Kollegs Kolloquien Bd. 9), München 1988, S. 47-62; Wolfgang Reinhard. Mikrogeschichte und Makrogeschichte, in: Nähe in der Ferne. Personale Verflechtung in den Außenbeziehungen der Frühen Neuzeit (Zeitschrift für Historische Forschung Beiheft Bd. 36), hg. v. Hillard Thiessen/ Christian Windler, Berlin 2005, S. 135-144. 21

Forschung zu übertragen. 60 Mittlerweile zeichnet sich eine Konjunktur von Netzwerkansätzen in der Geschichtswissenschaft ab, die sich auch methodologisch weiter entwickelt haben.61 Angesichts der Inhomogenität der Fragestellungen und Anwendungen in den unterschiedlichen historischen Epochen lässt sich eine Vielfalt der Ansätze ausfindig machen, die von einem rein quantitativen Verfahren mittels Computerprogrammen zu Arbeiten reicht, die ausschließlich die Relationalität von Individuen betonen. 62 Als konkrete Aufgabe der Netzwerkanalyse63 gilt es, „sich von einer reinen Auflistung von Netzwerkverbindungen zu lösen und das Erkennen sozialer Strukturen in den Vordergrund zu rücken“64. So sollen vor allem Krebs´ netzwerkartige Sozialbeziehungen innerhalb der internationalen Gelehrtengemeinschaft und der katholischen Kirche herausgearbeitet werden. Von besonderem Interesse ist hierbei, ob Krebs internationales Netzwerk entlang nationalen, politischen und konfessionellen bzw. religiösen Grenzen verlief.

60 Vgl. Wolfgang Reinhard: Freunde und Kreaturen: „Verflechtung“ als Konzept zur Erforschung historischer Führungsgruppen: Römische Oligarchie um 1600, München 1979. 61 Vgl. Matthias Bixler: Die Wurzeln der Historischen Netzwerkforschung, in: Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Instituts Essen (KWI) zur Methodenforschung Bd. 1), Münster u.a. 2016, S. 45-61; hier: S.59-61. 62 Vgl. Christian Marx: Forschungsüberblick zur Historischen Netzwerkforschung. Zwischen Analysekategorie und Metapher, in: Handbuch Historische Netzwerkforschung. Grundlagen und Anwendungen (Schriften des Kulturwissenschaftlichen Intituts Essen (KWI) zur Methodenforschung Bd. 1), Münster u.a. 2016, S. 63-84; hier: S. 63. 63 Zur Historischen Netzwerkanalyse vgl.: Claire Lemercier: Formale Methoden der Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften: Warum und Wie?, in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 23 (2012), S. 16-41; Matthias Bixler: Historical Network Research-Taking Stock, in: Debtors, Creditors, and their Networks. Social Dimensions of Monetary Dependence from the Seventeenth to the Twentieth Century, hg. v. Andreas Gestrich/Martin Stark, London 2015, S. 43-67; Bonnie Erickson: Social Networks and History. A Review Essay, in: Historical Methods: A Journal of Quantitative and Interdisciplinary History 30 (1997), S. 149-157; Christoph Boyer: Netzwerke und Geschichte. Netzwerktheorien und Geschichtswissenschaften, in: Transnationale Netzwerke im 20. Jahrhundert. Historische Erkundungen zu Ideen und Praktiken, Individuen und Organisationen, hg. v. Berthold Unfried u.a., Leipzig 2008, S. 47-58; Marten Düring/Linda von Keyerlingk: Netzwerkanalyse in den Geschichtswissenschaften. Historische Netzwerkanalyse als Methode für die Erforschung von historischen Prozessen, in: Prozesse. Formen, Dynamiken, Erklärungen, hg. v. Rainer Schützeichel/ Stefan Jordan, Wiesbaden 2015, S. 337-350; Marten Düring/Martin Stark: Historical Network Analysis, in: Encyclopedia of Social Networks (Bd. 1), hg. v. George A. Barnett, London 2011, S. 593-595; Marten Düring/Ulrich Eumann: Historische Netzwerkforschung. Ein neuer Ansatz in den Geschichtswissenschaften, in: Geschichte und Gesellschaft 3 (2013), S. 369-390; Morten Reitmayer/Christian Marx: Netzwerkansätze in der Geschichtswissenschaft: Handbuch Netzwerkforschung, hg. v. Stegbauer/Häußling, S. 861-872; Wolfgang Neurath: Neue Perspektiven für die Geschichtswissenschaft durch Soziale Netzwerkanalyse (SNA), in: Österreichische Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 19 (2008), S. 140-153; Wolfgang Neurath/ Lothar Krempel: Geschichtswissenschaft und Netzwerkanalyse, in: Transnationale Netzwerke, hg. v. Unfried u.a., S. 59-79. 64 Vgl. Christian Marx: Forschungsüberblick zur Historischen Netzwerkforschung, S. 84. 22

d. Kulturtransfer – Bewertung und Rezeption von ausländischer Politik, Wissenschafts- und Religionskulturen

Vor allem die Konjunktur der Globalisierung und die Veränderungen in der europäischen Einigung in den 1990er Jahren haben Fragen bezüglich einer möglichen Überwindung nationalgeschichtlicher Sichtweisen aufgeworfen.65 Bei der Untersuchung der vielfachen Kontakte und Beziehungen, die zwischen Individuen, Gesellschaften, Nationen usw. bestanden, wurde vermehrt auf den Ansatz des Kulturtransfers zurückgegriffen: Während der historische Vergleich eher einer synchronen Arbeitsweise zuzuordnen ist, orientiert sich die Transfergeschichte an diachronen Zusammenhängen. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich Transfers auf alle Ebenen der Gesellschaft beziehen und keineswegs auf Beziehungen zwischen Nationalkulturen oder national definierten Gesellschaften beschränkt sind. 66 Auf der untersten, am engsten umgrenzten Ebene geht es um den Austausch von Individuen, die auf freundschaftlicher oder auch nur auf Grundlage des gemeinsamen Interesses an einer Sache über die nationalen Grenzen hinweg im Briefwechsel und gegenseitigem Besuch miteinander verbunden waren. Diese Vermittler und Vermittlerinnen standen bislang nicht im Vordergrund des Interesses der historischen Forschung, selbst dann nicht, wenn es sich um prominente Wissenschaftler, Autoren oder Künstler handelte, deren Leistungen ansonsten umfassend gewürdigt wurden.67 Mit dem Konzept des Kulturtransfers 68 kann Krebs´ Rolle als Vermittler auf nationaler, wissenschaftlicher und religiöser Ebene reflektiert beschrieben werden. Im Gegensatz zum historischen Vergleich hat der kulturelle Transfer ausschließlich Prozesse zum Gegenstand.

65 Vgl. Michael Werner/Bénédicte Zimmermann: Vergleich, Transfer, Verflechtung. Der Ansatz der Histoire croisée und die Herausforderung des Transnationalen, in: Geschichte und Gesellschaft 28 (2002), S. 607-636; hier: S. 607. 66 Vgl. Michael Werner/Bénédicte Zimmermann: Vergleich, Transfer, Verflechtung, S. 612. 67 Vgl. Bernd Kortländer: Begrenzung-Entgrenzung. Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa, in: Nationale Grenzen und internationaler Austausch. Studium zum Kultur- und Wissenschaftstransfer in Europa, hg. v. Lothar Jordan/Bernd Kortländer, Tübingen 1995, S. 1-19; hier: S. 3. 68 Vgl. Michel Espagne/Michael Werner (Hg.): Transferts. Les relations interculturelles dans l`espace franco-allemand (XVllle et XIXe siècle), Paris 1988; Michael Werner (Hg.): De la comparaison à l`histoire croisée, Paris 2004; Andreas Ackermann: Das Eigene und das Fremde. Hybridität, Vielfalt und Kulturtransferts, in: Handbuch der Kulturwissenschaften (3 Bde.), hg. v. Friedrich Jaeger/Jörn Rüsen, Stuttgart/Weimar 2004, S. 135-154; Zum Kulturtransfer in der historischen Wissenschaft: Wolfgang Schmale (Hg.): Kulturelle Praxis im 16. Jahrhundert, Innsbruck u.a. 2003; Peter Burke/ Ronnie Po-Chia Hsia (Hg.): Cultural Translation in Early Modern Europe, Cambridge 2007; Stamatios Gerogiorganis/Richard Scheel/Dittmar Scherkowitz: Kulturtransfer vergleichend betrachtet. Beitrag zur historischen Komparatistik und Kulturgeschichte des europäischen Mittelalters, Halle 2010; Wolfgang Drews u.a.(Hg.): Monarchische Herrschaftsformen der Vormoderne in transkultureller Perspektive, Berein/Boston 2015; Günter Berger/Franziska Sick (Hg.): Französisch-deutscher Kulturtransfer im Ancien Régime, Tübingen 2002; Francisco Bethencourt u.a. (Hg.): Correspondence and Cultural Exchange in Europe: 1400–1700, Cambridge 2007; Michel Espagne / Michael Werner: Deutsch-Französischer Kulturtransfer im 18. und 19. Jh.: Zu einem neuen interdisziplinären Forschungsprogramm des C.N.R.S., in: Francia 13 (1985), S. 502–510. 23

So werden Reaktionen und die Modi von Aneignung und Abwehr untersucht, die dem transferierten Wissen in seinem Zielkontext zu Teil wurden, sowie die Rückwirkungen dieses „Einflusses“ auf den ursprünglichen Kontext. 69 So lässt sich in Bezug auf die Weltreise fragen, wie das Erleben von fremden (Wissenschafts-) Kulturen, Katholizismen und nationalen Identitäten von Krebs bewertet und rezipiert und weitergegeben wird und welche Momente von Integration und Selektion in dieser Transferleistung zu finden sind. So lässt sich beispielsweise nachvollziehen, welche Einflüsse bestimmte Reiseerlebnisse und Erfahrungen auf die Herausbildung seiner Konzeption von Europa und der Weltgemeinschaft, aber auch der Weltkirche hatten.

1.5 Quellen

Im Universitätsarchiv Freiburg findet sich der umfangreiche Nachlass 70 von Engelbert Krebs, der sich bis in das Jahr 2014 im Archiv des dogmatischen Seminars der Universität Freiburg befunden hatte und dort das erste Mal von Albert Junghanns in den 1970er Jahren im Rahmen seiner Krebs-Biographie ausgewertet und geordnet wurde. Im Nachlass befinden sich ungedruckte Manuskripte, Rezensionen, Vorlesungsniederschriften, Predigt- und Vortragsentwürfe, Korrespondenzen und Materialsammlungen zu theologischen und kirchenpolitischen Themen. Besonders wertvoll sind Krebs Tagebücher für die Zeit von 1914 bis 1932 und die unter alphabetisch geordneten Stichworten niedergeschriebenen Bemerkungen zu einer Fülle von Fragen, u.a. auch zu einzelnen Persönlichkeiten der Freiburger Universität und der badischen Zentrumspartei. Da die im Dritten Reich weitergeführten Tagebücher nicht mehr existieren, stellen die sogenannten „Klausenchroniken“, die Gästebücher aus Krebs´ Klause in St. Märgen im Schwarzwald, eine wichtige Ergänzung seiner Tagebücher für die Zeit von 1928 bis 1950 dar. Im erzbischöflichen Archiv und im Universitätsarchiv Freiburg wurden zudem die Personalakten von Engelbert Krebs durchgesehen, im Universitätsarchiv darüber hinaus die Dekanatsakten und Protokollbücher der Theologischen Fakultät sowie der Nachlass von Krebs Kollegen, dem christlichen Archäologen und zeitweisen Rektor der Alberto- Ludoviciana, Joseph Sauer (1872-1949).

69 Vgl. Johannes Wischmeyer: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie. Zur Einführung, in: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte Beiheft 101), Göttingen 2013, S. 9-36; hier: S. 31-32. 70 Der Umfang des Nachlasses entspricht 7,8 m [636 Einheiten]. 24

Grundlegend für diese Arbeit ist Krebs´ Tagebuch „Über meine Weltreise“, das die Jahre 1926-1927 umfasst. Krebs hat hierin den Verlauf der Reise dokumentiert und besondere Erlebnisse und Gesprächsinformationen festgehalten. Neben den fast täglichen Eintragungen enthält es außerdem Einladungsschreiben zu privaten bzw. öffentlichen Zusammenkünften und Exzerpte wissenschaftlicher Fachliteratur. Diese Aufzeichnungen liegen auch Krebs publiziertem Reisebuch „Um die Erde. Eine Pilgerfahrt“ aus dem Jahr 1928 zu Grunde. Es enthält auch einzelne Kapitel, in denen Krebs nicht nur auf Basis seiner Auslandserfahrungen, sondern auch auf Grundlage von Quellen und Sekundärliteratur über das geistliche, politische und gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten und Asien referiert. Die Idee, sein Reisetagebuch in überarbeiteter Form zu publizieren, kam Krebs während seiner Missionsreise durch China und Korea. Primäres Ziel der Publikation sollte es sein, unter den jungen Menschen in Deutschland für den Beruf des Missionars bzw. der Missionarin zu werben und das eingenommene Geld für die christlichen Missionen in Fernost zu spenden.71 Fotografien, die Krebs während seiner Weltreise aufgenommen hat, sind nicht Bestandteil der Analyse, sondern dienen zur Veranschaulichung der Weltreisestationen.72

Von besonderer Bedeutung sind außerdem seine Vortragsmanuskripte, allen voran „The tourningpoint of European thought“ und „Über das Studium der katholisch-theologischen Wissenschaft in Deutschland“ und seine Artikel, die Krebs während seiner Reise für die amerikanischen Zeitungen New-York-Herold, Staatszeitung, Columbia und die deutschen Zeitungen Germania, Kölnische Volkszeitung und die Tagespost geschrieben hat. Desweiteren wurden Krebs´ Korrespondenzen ausgewertet: Die wichtigsten Korrespondenzpartner stellen dabei Bischof Bonifaz Sauer aus Wonsan in Korea, Pater Overmans von der Universität in Tokio, Friedrich Schlatter in New York, Prälat Breig in Chicago sowie der Freiburger Pathologe Ludwig Aschoff dar; dazu kommen Korrespondenzen mit dem Rektor und dem Senat der Freiburger Universität, dem Badischen Bildungs- und Kultusministerium und dem Auswärtigen Amt in Berlin. Über Dr. Werner Heiland-Justi, dessen Familie in freundschaftlichem Kontakt mit Engelbert Krebs gestanden hat, wurden mir die gesamten Briefe, die Krebs während seiner Reise an seine Schwester Hildegard Wirtz in Bergheim geschrieben hat, übermittelt. Diese wurden allem Anschein nach von der Familie Wirtz kopiert und an Verwandte und Bekannte

71 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.10.1926. 72 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 24.02.1926; Tagebucheintrag vom 25.02.1927. [In den Tagebucheinträgen erwähnt Krebs seine Filmaufnahmen und die Anfertigung von Diapositiven. Die Filme und Diapositive waren im Nachlas nicht enthalten und können der Arbeit daher nicht beigelegt werden.] 25

weitergeleitet. Über dieses Quellenmaterial hinaus wurden ebenfalls Krebs´ Tagebücher nach seiner Weltreise ausgewertet, da diese darüber Aufschluss geben, ob Krebs seine internationalen Kontakte auch nach seiner Ankunft in Freiburg pflegte und ob seine Erfahrungen und Erlebnisse literarischen bzw. wissenschaftlichen Niederschlag fanden.

Für die Kontextualisierung der Krebsschen Weltreise wurde außerdem die Reiseliteratur von Albert Einstein, Fritz Haber, Ludwig Aschoff und Hans Driesch analysiert. Bei diesem Quellenmaterial handelt es sich sowohl um private Reisetagebücher als auch deren publizierte Versionen und Reiseberichte, die in verschiedenen Tageszeitungen erschienen sind, sowie um persönliche Korrespondenzen und Tagebucheinträge.

1.6 Aufbau und Gliederung der Arbeit

Das erste Kapitel nach der Einleitung stellt Engelbert Krebs als Persönlichkeit der Freiburger Diözesan- und Universitätsgeschichte sowie der politischen Geschichte Badens vor. Hierbei geht es vor allem darum, Krebs in der Geschichte des deutschen Katholizismus und der deutschen katholischen Theologie zwischen 1900 und 1945 zu verorten [2.]. Der biographische Überblick wurde hierbei in fünf Abschnitte gegliedert, die Krebs´ Kindheit und Jugendzeit, sein Studium und seine frühe Karriere an der Freiburger Universität, sein nationales Engagement während des Ersten Weltkriegs und der Weimarer Republik, sein Widerstand im Nationalsozialismus und seine letzten Lebensjahre umfasst [2.1-2.5].

Krebs wuchs privilegiert als Sohn des Freiburger Bankiers und Stadtrats Eugen Krebs in Freiburg im Breisgau auf, seine Familie gehörte zur besseren katholischen Gesellschaft der Stadt und verfügte über weitreichende Beziehungen zu höher stehenden Persönlichkeiten der Freiburger Erzdiözese und der badischen Zentrumspartei. [2.1]. Vor dem Hintergrund des seit 1893 verstärkt einsetzenden Streits um den Modernismus studierte Krebs an der Freiburger Universität katholische Theologie, mit dem beruflichen Ziel, katholischer Priester zu werden. Krebs wurde im Jahr 1906 auch tatsächlich zum Priester geweiht und verbrachte sein Vikariat in der Pfarrei Oberkirch im Renchtal. Parallel dazu verfolgte Krebs auch eine wissenschaftliche Karriere: Schon in seinem zweiten Semester hatte er eine philosophische Promotion über den spätmittelalterlichen Philosophen, Theologen und Physiker Dietrich von Freiburg begonnen, später arbeitete Krebs an seiner theologischen Promotion über den „Logos als Erlöser im ersten Jahrhundert“, seine Habilitation auf dem Gebiet der Scholastik war dem mittelalterlichen Meister Dietrich gewidmet. Zum

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Wintersemester 1916/17 übernahm Krebs als etatsmäßiger außerordentlicher Professor den neu eingerichteten Lehrstuhl für Dogmatik und theologische Propädeutik an der katholischen Fakultät Freiburg, als dessen Inhaber er sein Programm des „Lebenswert des katholischen Dogmas“ verwirklichte. Den Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere erreichte Krebs als ordentlicher Professor auf dem ersten Dogmatik-Lehrstuhl, den er im Jahr 1919 übernahm [2.2]. Krebs war zudem in der badischen Zentrumspartei engagiert und glaubte als überzeugter Monarchist an die These der deutschen Regierung von dem Deutschland aufgezwungenen Verteidigungskampf in der Einkreisungspolitik der Großmächte und war von der sittlichen Gerechtigkeit der nationalen Sache überzeugt. Schon im April 1914 hatte sich Krebs als Verfasser allgemein verständlicher religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur hervorgetan, in dem er den Ersten Weltkrieg religiös überhöhte und legitimierte. Mit der Herausgabe der „Katholischen Monatsbriefe an das neutrale Ausland“ wurde Krebs als katholischer Theologe auch innerhalb des internationalen deutschsprachigen Katholizismus bekannt. Auch der nationale Zusammenbruch konnte Krebs in seinem nationalen Engagement nicht bremsen: Schon im Januar 1918 nahm er auf Wunsch des Zentrumsabgeordneten an der Tagung der Internationalen katholischen Union in Zürich teil, bei der pazifistisch eingestellte Vertreter verschiedener kriegsführender und neutraler Staaten die Aufgaben der katholischen Friedensarbeit besprachen. Während der Revolutionsmonate überzeugte Krebs die badischen Zentrumsführer, bei der auf den 5. Januar 1919 angesetzten Wahl zur badischen Nationalversammlung für die Republik zu stimmen. Auch im Kontext des Zentrums-Parteitags in Kassel im Jahr 1925 sprach sich Krebs für die Weimarer Republik und die Vereinigung Europas in einem christlichen Sinn aus. Das Engagement für die Vereinigten Staaten von Europa prägte auch sein theologisches Programm des „ver sacrum catholicum“, des heiligen katholischen Frühlings in der Weimarer Zeit, nach dem die katholische Kirche die einzige Macht hatte, einheitsbildend und friedenstiftend in die europäische Nachkriegsgesellschaft einzuwirken. Krebs´ politisches Engagement in der Endzeit der Weimarer Republik kann auf Grund der unzureichenden Quellenlage nur oberflächlich rekonstruiert werden. Durch historische Fakten gesichert erscheint die Tatsache, dass Krebs Privatzusammenkünfte von Zentrumspolitikern und eher rechtsstehenden Katholiken organisierte, um Lösungen für die politische Krise zu finden [2.3]. Während der Zeit des Nationalsozialismus hatte Krebs zunächst alles andere als eine oppositionelle Rolle zum Nationalsozialismus eingenommen. Nach Abschluss des Reichskonkordates hatte er versucht, sich dem neuen politischen Geist anzupassen und so

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in seinem Vortrag über „Jesuitischen und deutschen Geist“ gemeinsame Wesenselemente von NSDAP und der Gesellschaft Jesu herauszustellen. Nach dem Röhm-Putsch und dem Tod Hindenburgs im Jahr 1934 begann Krebs, die nationalsozialistischen Machthaber offenherzig zu charakterisieren, sodass er verdächtigt wurde, in besonders auffallender Weise beleidigende Äußerungen über die Reichsregierung getan zu haben. Als Konsequenz wurde Krebs 1936 aus seinem Amt als Universitätsprofessor enthoben, 1937 wurde er in den Zwangsruhestand versetzt. Obschon das Verfahren gegen Krebs mangels hinreichenden Nachweises einer strafbaren Handlung eingestellt wurde, und die erhobene öffentliche Klage zurückgenommen wurde, erhielt Krebs seinen Lehrstuhl nicht wieder. Auch in den folgenden Jahren kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Krebs und den nationalsozialistischen Machthabern: So wurde Krebs im Oktober 1943 wegen einer Predigt, die er am Fest des Heiligen Jakobus in Oedsbach im Renchtal gehalten hatte, angezeigt und von der Gestapo verhört. Auf Grund seines ernst zu nehmenden gesundheitliche Zustands blieb Krebs jedoch die Deportation ins Konzentrationslager erspart. Stattdessen erhielt er 1948 Redeverbot für das ganze Deutsche Reich und auch das Verbot, die heilige Messe zu feiern [2.4]. Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft erfolgte überraschend schnell die Rehabilitierung als Hochschullehrer. Gesundheitlich war Krebs zur Abhaltung von Vorlesungen nicht mehr in der Lage, sodass er im Frühjahr 1946 um seine Emeritierung bat, die im September 1946 bewilligt wurde. Am 29. November 1925 starb Engelbert Krebs nach langer Krankheit in Freiburg und wurde auf dem Freiburger Hauptfriedhof beigesetzt [2.5].

Das nächste Kapitel gibt einen Überblick über die Stellung Deutschlands in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen in der Weimarer Zeit [3.] In dem einsetzenden „Krieg der Geister“ versuchten bekannte Kulturgrößen verschiedener Nationen, durch Manifeste die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Auf der im Oktober 1918 in London tagenden Konferenz der interalliierten Akademien nutzten die Westmächte, allen voran Frankreich, die Unklarheit über den Fortbestand der internationalen Vereinigung der Akademien aus und gründeten neue wissenschaftliche Dachgesellschaften, nach deren Satzungen die Mittelmächte ausgeschlossen wurden. Dieser „Boykott“ der deutschen Wissenschaft wurde von den deutschen Gelehrten als Bestrafung und Demütigung empfunden und stelle einen „Nebenschauplatz zur Kriegsschulddebatte“ dar [3.1]. Nach Kriegsende wurde von politischer Seite erkannt, dass die Wissenschaft eine entscheidende Grundlage für den Rang der deutschen Nation war. Ausdruck dieser veränderten Bewusstseinslage war die Gründung der Kulturabteilung im Jahr 1920, zu deren Aufgaben 28

u.a. die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur unter den ausgewanderten Deutschen sowie die Unterstützung und Neugründungen deutscher Schulen und wissenschaftlicher Institute im Ausland gehörte. [3.2] Durch die Kulturabteilungen des Auswärtigen Amts wurden auch Vortragsreisen deutscher Gelehrter gefördert. Hierbei versprach man sich, dass diese zur Wiederaufnahme „geistiger Zusammenarbeit“ und die Reintegration deutscher Wissenschaftler in die internationale „scientific community“ beitragen würden [3.3]. Eine allmähliche Entspannung der wissenschaftspolitischen Beziehungen setzte allerdings erst in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre, mit der Entspannungspolitik der Locarno-Ära und der Mitgliedschaft im Völkerbund, ein. In dieser Zeit ließ sich eine Zunahme internationaler Aktivitäten deutscher Wissenschaftler beobachten, auch das akademische Austauschwesen florierte zusehends und es kam zur Gründung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der Alexander-von- Humboldt-Stiftung [3.4]. In einem abschließenden Fazit wird die wissenschafts- und kulturpolitische Bedeutung der Gelehrtenreisen in der Weimarer Zeit als kulturpropagandistisches Mittel definiert, das dazu diente, den Wissenschaftsboykott der Westmächte zu durchbrechen und zu einem Wiederaufbau der internationalen Gelehrtengemeinschaft beizutragen. Aus dem Grund kann die Weimarer Republik nur eingeschränkt als „Leidenszeit“ deutscher Wissenschaft und Universitäten bezeichnet werden [3.5].

Das nächste Kapitel beschäftigt sich eingehender mit der Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik [4.]. Während die westeuropäischen Länder große Zurückhaltung gegenüber Deutschland pflegten, wurden deutsche Wissenschaftler bereits wenige Jahre nach Kriegsende zu längeren Vortragsreisen in die USA und Japan eingeladen. Im Vergleich zu den nach langen Jahren des Krieges ausgezehrten europäischen Ländern verfügten die USA nach dem Ersten Weltkrieg über finanzielle Ressourcen, die ihnen eine Sonderstellung in Europa, aber auch im pazifischen Raum ermöglichten. Deutsche Gelehrte konnten insbesondere von den US-amerikanischen Stiftungen –wie beispielsweise die im Jahr 1913 gegründete Rockefeller-Stiftung– profitieren, die ihr Engagement in Europa erheblich intensivierten [4.1]. Auch mit Japan kam es früher als mit den westeuropäischen Ländern zur Aufnahme wissenschaftspolitischer Beziehungen, sodass nach dem Ersten Weltkrieg eine neue Seite der deutsch-japanischer Kontakte aufgeschlagen werden konnte. Einen besonderen Glücksfall stellte die Ernennung des Indologen und Juristen (1868-1936) zum ersten deutschen Botschafter in Tokio nach dem Ersten Weltkrieg dar: Ihm gelang es, die bilateralen Beziehungen zwischen Japan und Deutschland 29

wiederherzustellen, wobei er die Pflege der gegenseitigen kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zum Hauptinstrument deutscher Außenpolitik in Tokio machte [4.2]. In der Weimarer Republik gab es nun deutsche Professoren, die Einladungen aus den Vereinigten Staaten und Asien bekamen und die ihre Vortragsreise zu Weltreisen erweiterten und die Krebs als seine persönlichen „Vorbilder“ bezeichnete [4.3]. Zu ihnen zählten der wohl bekannteste Weltreisende der Weimarer Zeit, der Physiker Albert Einstein (1879-1955) [4.3.1]. Einsteins Gespräche über seine Erfahrungen und Erlebnisse während seiner Weltreise bewirkten, dass auch sein Berliner Kollege, der lange Zeit als „Vater des Gaskriegs“ geächtete Chemiker Fritz Haber (1868-1934), ebenfalls Einladungen zu Vorträgen in die USA und nach Japan annahm und zu einer Weltreise aufbrach [4.3.2]. Mit seiner Weltreise leistete der Freiburger Mediziner Ludwig Aschoff (1866-1942), der bis heute als renommiertester deutscher Pathologe in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt, einen wertvollen Beitrag zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der deutschen Medizin [4.3.3]. Der vierte Weltreisende im Bunde war der Philosoph Hans Driesch (1867-1941), der auf Vorschlag des bekannten Jenaer Philosophen und Nobelpreisträgers Rudolf Eucken (1846-1926) eine neunmonatige Gastprofessur in Peking annahm. Seine Chinareise von 1923 begann sich jedoch schon bald zu einer Weltreise auszuweiten, die auch in die Vereinigen Staaten führte [4.3.4]. An Hand der Weltreisen der vier Professoren wird ersichtlich, dass Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik entlang akademisch-wissenschaftlicher und kirchlich-religiöser Netzwerke verlief [4.3.5]. In einem kurzen Fazit-Kapitel wird veranschaulicht, inwiefern die Vortragsreisen der deutschen Gelehrten als Beitrag zur Entstehung einer Weltgemeinschaft interpretiert werden können [4.4]. Auf kulturpolitischer Ebene lässt sich festhalten, dass die deutschen Gelehrten ihre Vortragsreisen nicht mehr als reine „Kulturmissionen“ verstanden, die mit kulturimperialistischen Vorstellungen von 1914 einhergingen, sondern als Beitrag zum wechselseitigen Kulturaustausch und Wissenstransfer betrachtet wurden [4.4.1]. Im wissenschaftspolitischen Kontext wurden die Vortragsreisen von den deutschen Gelehrten dazu genutzt, den nach dem Krieg fortgesetzten Boykott der wissenschaftlichen Welt der „Mittelmächte“ zu Gunsten einer übernationalen Wissenschaftsorganisation aufzubrechen [4.4.2]. Auf religiöser Ebene lässt sich feststellen, dass den verschiedenen Religionsgemeinschaften, die während des Ersten Weltkriegs und der Inflationszeit ihre karitative Kraft in Deutschland und in ganz Europa entfalten konnten, von den deutschen Gelehrten nun ebenfalls eine friedenstiftende und einheitsbildende Eigenschaft zugeschrieben wurde [4.4.3]. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass im (wissenschafts-)

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politischen Denken der deutschen Gelehrten in der Weimarer Repblik sowohl die Kategorie des Weltbürgertums als auch die der Kulturnation gleichrangige Maximen darstellten [4.5].

In den folgenden Kapiteln wird Krebs Weltreise rekonstruiert. Das fünfte Kapitel beschäftigt sich zunächst mit Krebs´ Reisevorbereitungen [5.]. Um zur Hebung des deutschen Ansehens in Fernost beizutragen, machte der ursprünglich aus Bayern stammende Missionsbenediktiner, Abtsbischof Bonifatius Sauer (1877-1950) von Wonsan in Korea, seinem alten Studienfreund Engelbert Krebs im Oktober 1924 den Vorschlag, eine Vortragsreise durch Fernost zu unternehmen und das deutsche Ansehen zu heben. Zu dieser Idee inspiriert hatte ihn der Besuch des Freiburger Pathologen Ludwig Aschoff, der auf Einladung amerikanischer und japanischer Freunde und Schüler über Amerika in den Fernen Osten nach Korea gekommen war. In der Zwischenzeit war der aus Birkendorf im Schwarzwald stammende Prälat Friedrich Schlatter (1878-1927), der die Zweigstelle des deutschen Bonifatiusvereins in New York leitete, zu Gast in Freiburg und stellte Krebs – als dieser ihm von seinen Reiseplänen erzählte – spontan in Aussicht, ebenfalls eine Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten zu organisieren [5.1]. Überzeugt davon, dass die Vortragsreise „vornehme Propaganda für das deutsche Ansehen“ sein würde, schrieb Krebs an das Auswärtige Amt um grundsätzliche Äußerung zu den Vorschlägen des Bischofs aus Wonsan, wobei dieses bald darauf eine finanzielle Unterstützung der Reise zusagte. Die positive Rückmeldung des Auswärtigen Amtes ist sicherlich ebenfalls auf den Bischof von Wonsan zurückzuführen, der sich persönlich an den deutschen Botschafter in Tokio, Wilhelm Solf, gewandt hatte, der die Anfrage vom Auswärtigen Amt wärmstens befürwortete [5.2]. So wurde aus dem Plan, die Ostasienfahrt über Nordamerika zu unternehmen, Wirklichkeit. Begeistert von den Weltreiseplänen des Theologen stellte auch der mit Krebs befreundete Freiburger Oberbürgermeister Kurt Bender (1885-1960) spontan in Aussicht, Krebs´ Weltreiseunternehmung durch einen Beitrag der Stadt Freiburg finanziell zu unterstützen. Dieses Verhalten steht beispielhaft für den Versuch nicht nur der Universität, sondern auch der Stadt, in den Jahren nach 1923 mit allen Mitteln dem geringen Bekanntheitsgrad der Freiburger Hochschule im Inland als auch im Ausland entgegenzuwirken. Gerade in den Jahren nach 1923 arbeiteten die Freiburger Universität und die Stadtverwaltung Hand in Hand, um die Besucherzahlen der hiesigen Universität in die Höhe zu treiben. Anfang Juli 1925 reichte Krebs schließlich das Urlaubsgesuch für seine Weltreise beim Badischen Ministerium mit der Begründung ein, in amerikanischen katholischen Theologenkreisen für den Besuch der deutschen katholischen theologischen Fakultäten - insbesondere der Freiburger katholischen Fakultät - zu werben und in Ostasien 31

durch Vorträge an Universitäten und in Gebildeten-Zirkeln das moralische Ansehen Deutschlands fördern zu wollen [5.3]. Deswegen konzipierte er im Vorfeld seiner Weltreise einen zweiten Vortrag mit dem Titel „Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten“. In diesem wies Krebs der theologischen Wissenschaft eine entscheidende Funktion für die internationale Völkerverständigung zu, die er von der Wesensbeschreibung der katholischen Kirche ableitete. Parallel dazu entwarf er in diesem das Bild einer international überlegenen deutschen „katholischen Kulturtheologie“, die vom deutschen Universitäts- und Wissenschaftssystem in vielfacher Hinsicht profitierte [5.4.1]. Das zweite Vortagsmotiv kreiste um das Thema der Wende im deutschen und europäischen Geistesleben. In diesen Vorträgen referierte Krebs über die Anzeichen eines Zusammenschlusses auf Ebene der Politik und Wirtschaft, vor allem aber der Wissenschaft sprach, die sich unter dem Banner des Katholizismus ereignete. Schon acht Tagen nach dem Einreichen seiner Bitte um Beurlaubung später ging ein Ministerialerlass des liberal- konservativen, katholischen Hochschulreferenten Viktor Schwoerer (1865-1943) an den Senat der Universität Freiburg ein. Darin wurde eine Bezuschussung der Reise festgelegt und Krebs Urlaubsgesuch bewilligt, wobei der Urlaub während seiner Weltreise auf das ganze Winter-Semester 1926/27 ausgedehnt wurde [5.4]. Nach Sicherstellung der Finanzierung konnten sich Krebs und seine Unterstützer nun um die weitere Organisation der Weltreise kümmern und im Februar 1926 die Weltreise antreten [5.5].

Das anschließende Kapitel zeichnet Krebs Weltreise auf Grundlage seines Reisetagebuchs nach [6]. Der Amerika-Teil beginnt mit einer Analyse der deutsch-amerikanischen Kulturbeziehungen: Seit Beginn des 19. Jahrhunderts stellte neben New York und Pennsylvania der mittlere Westen der Vereinigten Staaten die am stärksten von deutschen Einwanderern besiedelte Region dar. Die Deutsch-Amerikaner pflegten ein lebhaftes Kulturleben, das sich aus den deutschen Traditionen speiste. Mit dem Übergang von der Neutralitäts- zur Kriegspolitik brach eine anti-deutsche Hysterie aus, die Deutsch- Amerikaner wurden für ihr Herkunftsland quasi haftbar gemacht. Durch zahlreiche „Diskriminierungsmaßnahmen“ wurde die deutsche Kultur aus der amerikanischen Gesellschaft verdrängt [6.1.1]. Gerade vor diesem zeithistorischen Hintergrund ist Krebs Amerikareise zu sehen. Von New-York aus [6.1.2] brach Krebs zusammen mit dem Prälaten Friedrich Schlatter zu mehreren Vortragsreisen nach Hartfort, Philadelphia und Washington sowie zu verschiedenen Ordensgemeinschaften im Mittleren Westen auf [6.1.3], Anfang Juni reiste Krebs quer durch die Vereinigten Staaten nach San Francisco, der Höhepunkt der Durchreise stellte dabei der Eucharistische Weltkongress in Chicago 32

und die anschließende Zentraltagung des Deutschen römisch-katholischen Vereins in Springfield in Ohio dar [6.1.4]. In San Francisco angekommen, unternahm Krebs außerdem eine Rundreise durch das kalifornische Missionsland [6.1.5]. Während der Überfahrt nach Yokohama sammelte Krebs seine Eindrücke der Amerika-Reise [6.1.6], wobei es Krebs hier insbesondere um sittliche und gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten [6.1.6.1], die Lage der Bildung und Wissenschaft [6.1.6.2], dem amerikanischen Katholizismus [6.1.6.3] sowie dem Anteil der deutschen Katholiken am Aufbau des amerikanischen Geisteslebens [6.1.6.4] ging. Der Japan-Teil beginnt mit einer kurzen Analyse des deutschen-kulturellen Lebens in Japan: Im Zuge der Meiji-Restauration (1868- 1912), die den Aufbau eines neuen politischen Systems nach westlichen Vorbildern miteinschloss, luden die Japaner zahlreiche deutsche Wissenschaftler als Lehrer und Regierungsberater zu sich ein. Gemeinsam mit den Gelehrten gründeten die in Japan ansässigen Kaufleute die „Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde“ Ostasiens sowie deutsche Klubs in Yokohama und Kobe, die zum Schauplatz des deutschen kulturellen Lebens in Japan wurden. Auch die evangelischen und katholischen Missionare waren Träger der deutschen Kultur in Fernost. Im Zuge des Ersten Weltkriegs, in dem Japan auf der Seite der Entente gegen Deutschland kämpfte, wurde u.a. das deutsche Eigentum beschlagnahmt und das deutsch-kulturelle Leben fand ein Ende [6.2.1]. Vor diesem Hintergrund lässt sich Krebs´ Japanreise nachvollziehen. Nach Krebs´ Ankunft in Tokio [6.2.2] brach Krebs zu seiner Reise zu katholischen Missionsstätten in China und Korea auf. Dort traf er u.a. auf den Steyler Missionar und Bischof des Apostolischen Vikariates von Süd-Shandong, Augustin Henninghaus, den Franziskanerbischof von Nord-Shandong, Adalbert Schmücker, sowie den Französischen Bischof des Apostolischen Vikariats in Süd- Korea, Florian Demange, und seinen Freund, den Abtbischof Bonifatius Sauer in Tokwon [6.2.3]. Nach seiner Ankunft in Tokyo unternahm Krebs eine Vortragsreise, die ihn u.a. an die kaiserlichen Universitäten in Kyoto und Fukuoka sowie an die Privatuniversitäten Kejo, Hosei führte. Anschließend besuchte er die katholische Mission von Hiroshima unter Führung des apostolischen Vikars Erzbischof Hermann Döring SJ [6.2.4]. Auch hier sollen abschließend Krebs´ Reflexionen über die während seines Aufenthalts in Asien gewonnen Erlebnisse im Unterkapitel „Im Kampf um die Seele Ostasiens“ zusammengefasst werden [6.2.5]. Nach Krebs Heimreise über Ägypten, Palästina und Rom [6.2.6] erfolgt in dem Kapitel „Europa und die Welt“ [6.3] die Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse seiner Weltreise, die er in der Notwendigkeit eines paneuropäischen Zusammenschlusses

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[6.3.1], für den Krebs das Konzept einer „Helvetisierung Europas“ vorsah, und einer verstärkten Verantwortung Europas für die Weltkirche [6.3.2] erblickte.

Die Zeit nach seiner Rückkehr wird auf Basis seiner Tagebücher von 1927 bis 1932 und den Klausenchroniken rekonstruiert [7.]. Als Experte für das ausländische Kirchen-, Missions-, und Bildungswesen wurde Krebs in der Folgezeit zu Vorträgen in die verschiedensten Gegenden Deutschlands eingeladen und mit weiteren literarischen Arbeiten beauftragt. Parallel zu dieser Tätigkeit arbeitete Krebs an der Herausgabe seines Reisebuches „Meine Reise um die Erde. Eine Pilgerfahrt“, das im Juli 1928 erschien [7.1]. Weiterhin betätigte sich Krebs wissenschafts- und kulturpolitisch: Gemeinsam mit dem Pathologen Ludwig Aschoff lud er den japanischen Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko Sata nach Freiburg ein, wo ihm von der Freiburger Universität die Ehrensenatorenwürde verliehen wurde [7.2]. Außerdem beteiligte er sich an der Herausgabe eines Japan- und China-Lexikons des Freiburger Herder-Verlags. Die Initiative zu diesem Werk war von Papst Pius XI. ausgegangen, der sich während seiner Amtszeit verstärkt den beiden Missionsländern China und Japan zugewandt hatte und mit den Enzyklopädien den gebildeten Kreisen im Fernosten das christliche Weltbild näher bringen wollte [7.3] Auf persönlicher Ebene versuchte Krebs seine durch die Weltreise entstandenen Freundschaften zu pflegen, indem er viele seiner Bekanntschaften in Freiburg, vor allem aber in seiner Klausenhütte in Sankt Märgen empfing, die er als Ort der „Weltverbundenheit“ bezeichnete [7.4]. Analog zu den Vortragsreisen seiner Vorgänger zeigt sich, dass Krebs´ Weltreise entlang nationaler, theologisch-wissenschaftlicher und religiös-katholischer Netzwerke verlief, die sich miteinander verschränkten bzw. in vielen Fällen auch deckungsgleich waren [7.5]. In einem Fazit-Kapitel wird der Frage nachgegangen, ob Krebs´ Weltreise als Beitrag zur Entstehung einer Weltreise auf katholischer Grundlage gedeutet werden kann [8.]. Auf kulturpolitischer Ebene ging es Krebs um eine internationale Kulturgemeinschaft [8.1], die durch das friedenstiftende Potential der Wissenschaft [8.2] und der Religion [8.3] geeint werden sollte. Krebs erscheint somit als katholischer Internationaler, der die sich forciert entfaltende Weltgemeinschaft unter dem Zeichen eines deutsch-nationalen Katholizismus zu einer Einheit zusammenzuführen wollte [8.4].

Im Schlusskapitel der Arbeit steht die Widersprüchlichkeit und der Facettenreichtum der Krebschen Vita im Vordergrund [9.]: In Krebs´ Lebensgeschichte werden die vereinfachten Schemata von liberal und ultramontan, von liberal-national und politisch-katholisch sowie

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von antimodernistisch und progressiv-konservativ mehrfach durchbrochen. Wie Krebs in seiner theologischen Verortung zwischen Modernismus und Antimodernismus oszillierte [9.1], verhält es sich mit seiner politischen Verortung [9.2] und priesterlichen Identität [9.3]: Zwar klar dem politischen Katholizismus verpflichtet und nationalkonserverativ eingestellt, machte sich der progressive Krebs für ein vereinigtes Europa und eine solidarische Weltgemeinschaft auf christlicher Grundlage stark; er verteidigte traditionelle Familienwerte, setzte sich als Seelsorger aber auch für die Emanzipation und Förderung von Frauen ein und betätigte sich als „Brückenbauer“ zwischen Judentum und Christentum und als „Kulturvermittler“ zwischen westlicher und östlicher Welt. In einem allerletzten Fazit lässt sich Krebs somit als „Grenzgänger zwischen den Welten“ beschreiben [9.4].

2 Engelbert Krebs als katholischer Theologe und badischer

Zentrumspolitiker

In Krebs Lebensgeschichte spiegeln sich auf einer kirchen- und theologiegeschichtlichen Ebene Auseinandersetzungen um den sogenannten Modernismus73 und die Stellung der katholischen Theologie zur Moderne (1900-1914) sowie auf einer universitätspolitischen Ebene das Problem der katholischen Integration 74 in das Kaiserreich und die

73 Zu Modernismus und Antimodernismus vgl.: Rainer Bucher u.a. (Hg.): Blick zurück in Zorn? Kreative Potentiale des Modernismusstreits (Theologie im kulturellen Dialog Bd. 17), Innsbruck 2009; Darrell Jodock (Hg.): Catholicism contending with modernity. Roman Catholic modernism and anti-modernism in historical context, Cambridge 2000; Thomas Michael Loome: Liberal catholicism, reform catholicism, modernism (Tübinger theologische Studien Bd. 14), Mainz 1979; Peter Neuner: Der Streit um den katholischen Modernismus, Frankfurt a. M./Leipzig 2009; Georg Schwaiger (Hg.): Aufbruch ins 20. Jahrhundert. Zum Streit um Reformkatholizismus und Modernismus (Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts Bd. 23), Göttingen 1976; Otto Weiß: Der Modernismus in Deutschland. Ein Beitrag zur Theologiegeschichte, Regensburg 1995; Hubert Wolf (Hg.): Antimodernismus und Modernismus in der katholischen Kirche. Beiträge zum theologiegeschichtlichen Vorfeld des II. Vatikanums (Programm und Wirkungsgeschichte des II. Vatikanums Bd. 2) Paderborn u.a. 1998; Hubert Wolf/Claus Arnold (Hg.): Der Rheinische Reformkreis. Dokumente zu Modernismus und Reformkatholizismus 1942-1955 (2 Bde.), Paderborn u.a. 2001; Hubert Wolf/Judith Schepers (Hg.): „In wilder zügelloser Jagd nach Neuem“. 100 Jahre Modernismus und Antimodernismus in der katholischen Kirche (Römische Inquisition und Indexkongregation), Paderborn u.a. 2009; Manfred Weitlauff: „Modernismus“ als Forschungsproblem. Ein Bericht, in: Zeitschrift für Kirchengeschichte 93 (1982), S. 312-344. 74 Zu den Katholiken in Deutschland vgl.: Martin Baumeister. Parität und katholische Inferiorität. Untersuchungen zur Stellung des Katholizismus im Deutschen Kaiserreich (Politik und Kommunikationswissenschaftliche Veröffentlichungen der Görres-Gesellschaft Bd. 3), Paderborn u.a. 1987; Olaf Blaschke/ Frank Michael Kuhlemann: Religion im Kaiserreich. Milieus Mentalitäten Krisen (Religiöse Kulturen der Moderne Bd.2), Gütersloh 1996; Erwin Gatz: Die Katholische Kirche in Deutschland im 20. Jahrhundert, Freiburg i. Br. 2009; Andreas Holzem: Das katholische Milieu und das 35

Neuorientierung nach dem politischen Zusammenbruch am Ende des Ersten Weltkriegs (1914-1918/19). Während der Zeit des Nationalsozialismus (1933-1945) brechen in Krebs Vita sowohl Auseinandersetzungen mit den neuen politischen Machthabern als auch inneruniversitäre Probleme auf, die es zu analysieren gilt.75 Das Ziel des Kapitels ist es, durch die Beleuchtung dieser drei Themenbereiche bzw. Zeitabschnitte, biographische Zuschreibungen zu generieren und Krebs als Persönlichkeit der Freiburger Diözesan- und Universitätsgeschichte vorzustellen.

Abb. 1: Portraitaufnahme von Engelbert Krebs

Problem der Integration. Kaiserreich, Kultur und Konfession um 1900, in: Rottenburger Jahrbuch 21 (2002), S. 13-40; Heinz Hürten: Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus 1800-1960, Mainz 1986; Wilfried Loth: Katholiken im Kaiserreich. Der politische Katholizismus in der Krise des wilhelminischen Deutschlands (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Bd. 75), Düsseldorf 1984; Thomas Nipperdey: Religion im Umbruch. Deutschland 1870-1918, München 1988; Klaus Schatz: Zwischen Säkularisation und Zweiten Vatikanum. Der Weg des deutschen Katholizismus im 19. und 20. Jahrhundert, Frankfurt a. M. 1986. 75 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 1-2. 36

2.1 Geburtsort und Elternhaus – zur frühen Prägung

von Krebs (1881-1900)

Engelbert Krebs wuchs privilegiert als Sohn der Freiburger Bankiersfamilie76 Krebs in Freiburg im Breisgau auf, die zur besseren katholischen Gesellschaft Freiburgs gehörte. Sein Vater, Eugen Krebs77 (1848-1912), hatte zunächst Maschinenbau am Polytechnikum in Karlsruhe sowie Mathematik, Chemie und Physik an der Universität Freiburg studiert und dort anschließend zum Dr. phil. promoviert. Nach seiner Teilnahme am Feldzug 1870/71 hatte sich Eugen Krebs eigentlich für eine akademische Karriere entschieden: Nach einem Volontariat in einer Aachener Fabrik für Bergwerksmaschinen arbeitete er als Dozent für das Fach Bergmaschinenbau am Aachner Polytechnikum. Eugen Krebs, dessen Familie mit vielen kirchlichen Würdenträgern wie Johann Baptist Hirscher78 (1788-1865) oder dem Freiburger Erzbischof Hermann von Vikari 79 (1773-1868) befreundet war, verkehrte auch in Aachen selbstverständlich in katholischen Kreisen. Dort lernte Eugen Krebs auch seine spätere Ehefrau Jenny Komp (1854-1912), Tochter eines Aachener Tuchfabrikanten, kennen. Mit ihrem Mann teilte Jenny Komp das Interesse für Wissenschaft, Literatur, Kunst und Musik, später beteiligte sie sich auch lebhaft an den Wohltätigkeitsveranstaltungen ihres Mannes.80

76 Vgl. Bankhaus J.A. Krebs (Hg.): Im Wandel der Generation: 1721-1971, Darmstadt 1971; Engelbert Krebs: Geschichte des Bankhauses J.A. Krebs in Freiburg im Breisgau 1721-1921: Aus Anlass des 200- jährigen Bestehens des Hauses Krebs, Freiburg i. Br. 1921. 77 Zu Eugen Krebs vgl.: Heinrich Auer: Dr. Eugen Krebs. Aus dem Leben eines Caritasfreundes, in: Caritas. Zeitschrift für die Werke der Nächstenliebe im katholischen Deutschland 17 (1911/12), S. 309–320; Engelbert Krebs/Goetz Briefs (Hrsg.): Geschichte des Bankhauses J. A. Krebs in Freiburg im Breisgau 1721–1921, Freiburg 1921, S. 40–44; Im Wandel der Generationen. 250 Jahre J. A. Krebs, Darmstadt 1971, S. 36–44. 78 Zu Johann Baptist Hirscher vgl.: Joachim Faller: „Mir scheint, es wäre an der Zeit zu handeln…“. Johann Baptist von Hirscher. Werk und Wirken in einer Epoche des Umbruchs (1845–1865) (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte Bd. 52), Freiburg / München 2006; Walter Fürst: Wahrheit im Interesse der Freiheit. Eine Untersuchung zur Theologie J. B. Hirschers (1788 - 1865) (Tübinger theologische Studien Bd. 15), Mainz 1979; Walter Fürst/Werner Groß: Der edle Hirscher. Beiträge zu seiner Biographie und Theologie. Institut für Fort- und Weiterbildung der Kirchlichen Dienste in der Diözese Rottenburg- Stuttgart, Rottenburg 1988; Erwin Keller: Johann Baptist Hirscher (1788–1865), in: Katholische Theologen im 19. Jahrhundert (Bd. 2), München 1975, S. 40–79; Karl J. Rivinius, Johann Baptist Hirscher: ein Wegbereiter der katholischen Missionsbewegung, in: Neue Zeitschrift für Missionswissenschaft 36/4 (1980) S. 252–266; Konstantin Maier: Johann Baptist von Hirscher (1788–1865). Ein schwäbischer Theologe zwischen den Zeiten, in: Im Oberland 1 (2009), S. 43–51. 79 Zu Erzbischof Hermann von Vikari vgl: Heinrich Hansjakob: Hermann von Vicari, Erzbischof von Freiburg. Zu dessen hundertjähriger Geburtsfeier, Würzburg 1873; Karl-Heinz Braun: Hermann von Vicari und die Erzbischofswahlen in Baden. Ein Beitrag zu seiner Biographie (Forschungen zur oberrheinischen Landesgeschichte Bd. 35), Freiburg/München 1990. 80 Vgl.: Engelbert Krebs: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 12 (1912), S. 45-48; Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt- Freiburger Bürgers (Fortsetzung), in: Breisgauer Chronik 13 (1912), 49-52; Ders.: Eugen Krebs (1848- 1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers (Fortsetzung), in: Breisgauer Chronik 14 (1912), 37

Als Eugens Bruder, Adolf Krebs, der das Freiburger Bankhaus geleitet hatte, überraschend starb, kehrte Eugen Krebs mit seiner Frau nach Freiburg zurück und wurde Chef des Bankhauses. Während seiner Tätigkeit als Privatbankier war Eugen Krebs Stiftungsrat des Freiburger Münsters, gehörte dem Freiburger Stadtrat, später auch dem Freiburger Bürgerausschuss und dem Bezirksrat an. Außerdem widmete sich Eugen Krebs der Heimatgeschichte und war Mitbegründer des Münsterbauvereins. Zusammen mit dem katholischen Priester und Sozialpolitiker Dr. Lorenz Werthmann81 (1858-1921) rief er den Caritasverband für das katholische Deutschland ins Leben, dessen langjähriger stellvertretender Vorsitzender er war.82 So wuchsen seine insgesamt zehn Kinder nicht nur in selbstverständlichem Kontakt mit hohen kirchlichen Würdenträgern der Freiburger Erzdiözese auf, sondern auch mit Freiburger Parteiführern. Eugen Krebs stand in den siebziger und achtziger Jahren des 19. Jahrhunderts in regem Kontakt mit den führenden Köpfen des politischen Katholizismus und auch nach dem verband Eugen Krebs eine jahrelange intensive Freundschaft zu dem Juristen und Mitglied des deutschen Reichstags Ludwig Marbe83 und dem katholischen Geistlichen Theodor Wacker84 (1845- 1921), der auf Wunsch Ludwig Windthorsts85 (1812-1891) im Jahr 1887 den Vorsitz der

53-56; Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers (Fortsetzung), in: Breisgauer Chronik 15 (1912), 57-60. 81 Zu Lorenz Werthmann vgl.: Dirk Hainbuch/ Florian Tennstedt (Hg.): Biographisches Lexikon zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1871 bis 1945 (Bd. 1 Sozialpolitiker im Deutschen Kaiserreich 1871 bis 1918), Kassel 2010, S. 171; Karl Borgmann: Lorenz Werthmann: Reden und Schriften, Freiburg i. Br., 1958; Hans-Josef Wollasch: Lorenz Werthmann, in: Zeitgeschichte in Lebensbildern (Bd.4), hg. v. Jürgen Aretz, Rudolf Morsey/Anton Rauscher, Mainz 1980, S. 79–91; Hans Josef Wollasch: Werthmann, Lorenz, Gründer des Deutschen Caritasverbandes, in: Who is who der Sozialen Arbeit, hg. v. Hugo Maier, Freiburg i.Br. 1998, S. 622–624. 82 Vgl. Engelbert Krebs: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 15 (1912), 57-60; hier: S. 58-60. 83 Zu Ludwig Marbe vgl.: Fritz Specht und Paul Schwabe: Die Reichstagswahlen von 1867 bis 1903. Eine Statistik der Reichstagswahlen nebst den Programmen der Parteien und einem Verzeichnis der gewählten Abgeordneten, Berlin, 2. Aufl. 1904, S. 252; Carl-Wilhelm Reibel: Handbuch der Reichstagswahlen 1890- 1918. Bündnisse, Ergebnisse, Kandidaten (Handbücher zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Bd. 15), Düsseldorf 2007, S. 1278–1281. 84 Zu Theodor Wacker vgl.: H. Bender/F. Sepaintner: Theodor Wacker, in: Badische Biographien Bd. 2, 1987, S. 294–297; Frank Engehausen: Kleine Geschichte des Großherzogtums Baden, Karlsruhe 2005, S. 166. 85 Zu Ludwig Windthorst vgl.: Hans-Georg Aschoff: Ludwig Windthorst. Ein christlicher Politiker in einer Zeit des Umbruchs. Niedersächsische Landeszentrale für Politische Bildung, Hannover 1991; Rüdiger Drews: Ludwig Windthorst. Katholischer Volkstribun gegen Bismarck. Eine Biografie, Regensburg 2011; Helmut Lensing: Ludwig Windthorst. Neue Facetten seines politischen Wirkens (Studien und Quellen zur Geschichte des Emslandes und der Grafschaft Bentheim Bd. 1), Haselünne 2011. 38

badischen Zentrumspartei86 übernahm. 87 Zudem wurden die Kinder der Familie Krebs durch die vielfältigen Interessen, Fähigkeiten und Kenntnisse ihres Vaters geprägt, die nicht nur im Bereich des Ingenieurswesens und der Naturwissenschaften lagen, sondern auch auf theologischem, (kunst-) geschichtlichem und musikalischem Gebiet zu finden waren. Neben vielen auswärtigen Gästen beherbergte Eugen Krebs im Jahr 1882 acht Tage lang den ungarischen Komponisten Franz Liszt. Seine vielfältigen Interessen traten auf den größeren Reisen hervor, die Eugen Krebs mit seiner Familie unternahm und an die sich Engelbert Krebs gut erinnerte.88

Aus dem Bankgeschäft zog sich Eugen Krebs erst nach dem Tod seiner Ehefrau, die während einer Italienreise im März des Jahres 1910 in Rom gestorben war, zurück und überließ das familieneigene Bankhaus seinen drei ältesten Söhnen Alexander, Adolf und Eugen Krebs.89 Sein viertältester Sohn Karl (1880-1914) hatte Architektur in Karlsruhe studiert und war zunächst in Freiburg, Heidelberg und Baden-Baden als Regierungsbaumeister tätig gewesen, bevor er sich der Malerei widmete und Assistent an der Kunstgewerbeschule in Berlin wurde. Seine Arbeiten – dazu gehörten Ölgemälde, Lithographien und Radierungen – wurden auf der Ausstellung der „Münchner Secession“, einer Vereinigung bildender Künstler, im Winter 1913/14 und im Frühjahr 1914 sowie auf der ersten Ausstellung der „Freien Secession“ in Berlin unter Leitung von Max Liebermann im Winter 1913/14 und im Frühjahr 1914 ausgestellt.90 Kurz danach fiel Karl Krebs im Gefecht von Waplitz gegen Ende der Schlacht von Tannenberg; dasselbe Schicksal teilten die jüngeren Brüder von Engelbert Krebs, Hans und Hermann. Mit seinen Schwestern Hildegard Krebs, die den badischen Senatspräsidenten Karl Wirtz, und Jenny Krebs, die

86 Zur Geschichte der Zentrumspartei vgl.: Vgl. Karl Bachem: Vorgeschichte, Geschichte und Politik der Deutschen Zentrumspartei, Köln 1931, S. 223-503; Rudolf Morsey: Die deutsche Zentrumspartei 1917- 1923, Düsseldorf 1966; Ders.: 1918-1933, in: Lexikon der christlichen Demokratie in Deutschland, hg. v. Winfried Becker u.a., Paderborn u.a. 2002, S. 35-43; Karsten Ruppert: Im Dienst am Staat von Weimar. Das Zentrum als regierende Partei in der Weimarer Demokratie 1923-1930, Düsseldorf 1992; Ulrich von Hehl: Die Zentrumspartei, in: Auf dem Weg zum modernen Parteienstaat, hg. v. Hermann von der Dunk u. Horst Lademacher, Melsungen 1986, S. 97-120; Ellen Lovell Adams: The-German-Center Party 1870-1933, Carbondale/Edwardsville 1981. 87 Engelbert Krebs: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 18 (1912), 69-71; hier: S. 69. 88 Vgl. Engelbert Krebs: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 17 (1912), 65-68; hier: S. 67. 89 Vgl. Bankhaus J.A. Krebs (Hg.): Im Wandel der Generationen (1971), S. 44. 90 Zu Karl Krebs vgl.: Heribert Reiners: Karl Krebs, in: Hochland 18 (1918/19), S. 218-221; Friedrich Noack: Krebs, Karl, in: Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart (Bd. 21), hg. v. Hans Vollmer, Leipzig 1927, S. 440; Margret Zimmermann: Gemälde des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts (Bestandskatalog Augustinermuseum Freiburg), Freiburg 2004, S. 197. 39

den Artillerieoffizier Kurt von Berg (1886-1952) heiratete, blieb Engelbert Krebs sein Leben lang in engem Kontakt.91

In seinem Sohn Engelbert hatte Eugen Krebs schon früh den Wunsch reifen lassen, katholischer Priester zu werden, um sich dem kirchlichen und gesellschaftspolitischen Leben in vollen Zügen widmen zu können. 92 In einer Zeit, in der Krebs längst zum katholischen Priester geweiht worden war und als Dogmatikprofessor an der Freiburger Universität arbeitete, schilderte er folgendes Kindheitserlebnis:

„Gott bedient sich fast immer bei seinem Gnadenwirken in der Kirche der Menschen, die er als Werkzeuge seiner Vorsehung gebraucht. So erinnere ich mich heute noch der Nachmittagsstunde, da ich als ganz kleiner Bub zum erstenmal meinen seligen Vater mir den Vorschlag machen hörte, Pfarrer zu werden […] Noch heute danke ich es ihm, dass er mich zuerst auf den Gedanken an den schönen Beruf gebracht hat, der mich heute beglückt.“93

Nach seinem Abitur am Freiburger Bertholdsgymnasium nahm Engelbert Krebs zum Wintersemester 1900/01 folglich das Studium der katholischen Theologie an der Freiburger Universität auf, wobei er neben den theologischen Vorlesungen auch Philosophie, Geschichte sowie Physik und Volkswirtschaft studierte.94 Zu Beginn seines Studiums in Freiburg trat Krebs in die farbentragende katholische Verbindung „Arminia“ ein, die 1874 als Theologenverein gegründet worden war und später an den der katholisch deutschen Studentenverbindungen angeschlossen wurde.95 In der „Arminia“ fanden sich nicht nur namhafte Kirchenmänner wie der spätere Freiburger Erzbischof Dr. Carl Fritz (1864-1931) und der Gründer des Deutschen Caritasverbands Dr. Lorenz Werthmann (1858-1921), sondern auch bedeutende Persönlichkeiten des politischen Katholizismus wie der spätere Reichsarbeitsminister (1868-1939) und die badischen Zentrumsführer Theodor Wacker (1845-1921) und Josef Schofer (1866-1930).96

91 Vgl. Albert Junghans: Der Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs, S. 10-11. 92 Vgl. Engelbert Krebs: Knechtsdienst des katholischen Priesters, Freiburg i. Br. 1920, S. 24. 93 Engelbert Krebs: Der Knechtsdienst des katholischen Priesters, S. 24. 94 Vgl. Albert Junghans: Der Freiburger Theologe Engelbert Krebs, S. 13, 14, 16. 95 Zur Freiburger Burschenschaft Arminia vgl.: Hans-Georg Balder: Die deutschen Burschenschaften. Ihre Darstellung in Einzelchroniken, Hilden 2005, S. 148–149; Hugo Böttger (Hg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter, Berlin 1912, S. 343–344; Hugo Böttger (Hg.): Jahrbuch der Deutschen Burschenschaft 1903, Berlin 1903, S. 183–184; Max Droßbach/Hans Hauske (Hg.): Handbuch für den Deutschen Burschenschafter, Berlin, 6. Auflage, 1932, S. 388–389; Martin Dossmann: Freiburgs Schönheit lacht uns wieder … – Die Studentenverbindungen in Freiburg im Breisgau, Hilden 2017. 96 Vgl. Festschrift zum 100. Stiftungsfest der katholischen Studentenverbindung Arminia zu Freiburg i. Br.: 31. Mai-4.Juni 1974, Freiburg i. Br. 1974, S. 22 u. 127. 40

2.2 Engelbert Krebs als katholischer Priester und

Theologe in Freiburg (1900-1918)

Gleich zu Beginn seines Studiums und seiner akademischen Karriere kam Krebs in Berührung mit dem seit 1893 verstärkt einsetzenden Streit um den Modernismus, der sich als „eine Kulmination von Auseinandersetzungen um die religiös-kulturelle Positionierung des Katholizismus in der Moderne“ 97 verstehen lässt. Dessen konkrete Konfliktkonstellationen waren geprägt von der lehramtlichen Reaktion auf die aufkommende historisch-kritische Bibelauslegung, die kritische Kirchengeschichtswissenschaft und Dogmengeschichte, nicht-thomistische philosophische Ansätze und ein erhöhtes Interesse an religiöser Erfahrung und Mystik. Mit der Enzyklika „Pascendi“ von Papst Pius X. aus dem Jahr 1907 wurde der Modernismus vom kirchlichen Lehramt als Gesamthäresie verurteilt.98

2.2.1 Studium und anfängliche Karriere zwischen modernistischen und antimodernistischen Tendenzen Engelbert Krebs hatte während seines Studiums in Freiburg intensiven Kontakt mit liberaleren Geistlichen wie Franz Xaver Kraus99 (1840-1901) gepflegt. Des Weiteren hatte sich Krebs dem katholischen Philosophen Adolf Dyroff (1866-1943), einem Vertreter des von der christlichen spiritualistischen Tradition bestimmten kritischen Realismus, sowie dem bekannten katholischen Historiker und späteren Präsidenten der Görresgesellschaft Heinrich Finke100 (1855-1938), der führend in der Erforschung der spätmittelalterlichen Geschichte war, angeschlossen. Während seines einsemestrigen Aufenthaltes an der Universität München war Krebs mit dem Abt Pater Odilo Rottmanner OSB101 (1841-1907),

97 Claus Arnold: Kleine Geschichte des Modernismus, Freiburg i. Br. 2007, S. 21. 98Vgl. Claus Arnold: Kleine Geschichte des Modernismus, S.106-107. 99 Zu Franz Xaver Kraus: Claus Arnold: Katholizismus als Kulturmacht. Der Freiburger Theologe Joseph Sauer (1872–1949) und das Erbe des Franz Xaver Kraus (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B Forschungen Bd. 86), Paderborn u. a. 1999; Michael Graf: Liberaler Katholik – Reformkatholik – Modernist? Franz Xaver Kraus (1840–1901) zwischen Kulturkampf und Modernismuskrise (Vergessene Theologen Bd. 2), Münster u. a. 2003; Sonja Tophofen: Franz Xaver Kraus (1840–1901). Ein Leben zwischen Wissenschaft und kirchlichem Lehramt, Frankfurt u.a. 2013. 100 Zu Heinrich Finke vgl.: Sigfrid Steinberg (Hrsg.): Die Geschichtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen (Bd. 1), Leipzig 1925, S. 91–128; Marco Leonardi: Heinrich Finke in Freiburg (1899– 1938): Hauptstation eines Gelehrtenlebens, in: Zeitschrift des Breisgau-Geschichtsvereins „Schau-ins- Land“ 131 (2012), S. 141–155; Odilo Engels: Finke, (Johannes) Heinrich, Historiker, in: Badische Biographien. (Bd. 2), hg. v. Bernd Ottnad, Stuttgart 1987, S. 87–89; Friedrich Wilhelm Bautz: Finke, Heinrich, in: BBKL 2 (1990), Sp. 33. 101 Zu Odilo Rottmanner vgl.: Otto Weiß: Der Modernismus in Deutschland. Ein Beitrag zur Theologiegeschichte, Regensburg 1995, S. 151-169. 41

einem Vertreter der historisch-positivistischen Theologie, in Kontakt gekommen. Außerdem empfing Krebs dort starke Anregungen von dem Philosophen und Staatsmann Georg von Hertling 102 (1843-1919), dem Gründer der Görresgesellschaft und späterem bayrischen Ministerpräsidenten und deutschen Reichskanzler.103

Auf Anregung Adolf Dyroffs hatte Krebs in seinem zweiten Semester eine Promotion über den spätmittelalterlichen Philosophen, Theologen und Physiker Dietrich von Freiburg begonnen, der sich als Kritiker des von Thomas von Aquin begründeten Thomismus betätigt hatte. Die Betreuung der Doktorarbeit wurde nach Dyroffs Weggang von dem Philosophen Heinrich Rickert (1863-1936), der den Neukantianismus und die Wertphilosophie vertrat, übernommen. Nach seiner philosophischen Promotion im Jahr 1903 beschloss Krebs, seine Dietrich-Studien weiter auszubauen und in das deutsche Priesterkolleg beim „Campo Santo Teutonico“ in Rom zu fahren. Das schriftstellerische Ergebnis seiner Studien war sein Werk über „Meister Dietrich. Sein Leben, seine Werke, seine Wissenschaft“104. Nach seiner Ankunft in Freiburg im Dezember 1903 wurde seine theologische Ausbildung planmäßig weitergeführt: Von 1904 bis 1906 hielt sich Krebs zunächst im theologischen Konvikt in Freiburg und anschließend im Priesterseminar in St. Peter im Schwarzwald auf.105

Nach der Priesterweihe im Juli 1906 und seinem Vikariat in der Pfarrei Oberkirch im Renchtal beantragte Krebs im Herbst 1908 bei Erzbischof Nörber (1846-1920) 106 Studienurlaub, um in Tübingen des Modernismus verdächtigen Dogmatiker Wilhelm Koch107 (1874-1955) zu hören, dessen Dogmatik-Vorlesungen im Jahr 1907 auch publiziert wurden.108 Auf Grund seiner Ausführungen in Vorlesungen und Predigten war Koch in

102 Zu vgl.: Markus Arnold: Für Wahrheit, Freiheit und Recht. Georg von Hertling - Sein Beitrag zur Entstehung und bleibenden Gestalt der Katholischen Soziallehre (Contributiones Bonnenses. Reihe II Bd. 2), Bonn 2009. 103 Vgl. Junghans: Der Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs, S. 16. 104 Vgl. Engelbert Krebs: Meister Dietrich (Theodoricus Teutonicus de Vriberg). Sein Leben, seine Werke, seine Wissenschaft (Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters 5,5/6), Münster 1906. 105 Vgl. Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker, S. 20-23. 106 Zu Conrad Nörber vgl.: Hans-Peter Fischer: Die Freiburger Erzbischofswahlen 1898 und der Episkopat von Thomas Nörber: ein Beitrag zu Diözesangeschichte, Freiburg i. Br. / München 1997; Christoph Schmider: Die Freiburger Bischöfe: 175 Jahre Erzbistum Freiburg. Eine Geschichte in Lebensbildern, Freiburg i. Br. 2002. 107 Zu Wilhelm Koch vgl.: Georg May: Mit Katholiken zu besetzende Professuren an der Universität Tübingen von 1817-1945 (Kanonistische Studien und Texte Bd. 28), Amsterdam 1975, S. 582; Max Seckler: Koch, Wilhelm, in: Baden-Württembergische Biographischen Bd.2, Suttgart 1999, S. 274–276. 108 In dieser Zeit verfasse Krebs zahlreiche heimatkundliche Schriften und Studien zur Mystik: Vgl.: Engelbert Krebs: Die Mystik in Adelhausen. Eine vergleichende Studie über die Chronik der Anna von Munzingen und die thaumatographische Literatur des 13. Und 14. Jh. Als Beitrag zur Geschichte der 42

Konflikt mit dem Tübinger Seminarregens Benedikt Rieg geraten, auf dessen Veranlassung der dritte Band der Vorträge mit dem Titel „Katholizismus und Christentum“109 indiziert wurde, obwohl der Rottenburger Bischof Paul Wilhelm von Keppler (1899-1926) bereits im Vorjahr das Imprimatur erteilt hatte. Später versuchte das württembergische Kultusministerium, Koch seines Amtes zu entheben. Während der Beweisaufnahme bot Koch an, zunächst auf seinen Lehrauftrat für Dogmatik und Apologetik zu verzichten und somit seine Professur zu retten. Schließlich entschied man sich, den Lehrauftrag dem katholischen Theologen Ludwig Baur (1871-1943) zu übertragen und den Dogmatiklehrstuhl dem zuvor in Straßburg eingesetzten katholischen Theologen Karl Adam (1876-1966) zu geben, während die Apologetik von der Dogmatik abgetrennt wurde.110 Zu den Vorwürfen gegen Koch notierte Krebs später in sein Tagebuch:

„Wenn ich mich jetzt nachträglich frage, was von Kochs Lehre irrig sein soll, so erinnere ich mich, gehört zu haben, dass die Schwierigkeiten vorab in der Mariologie und Engellehre, auch in der eucharistischen Dogmengeschichte sowie in seiner Stellungnahme zum Modernisteneid gelegen sind […] Jedoch wäre es verkehrt, Kochs Wirksamkeit damit allein zu charakterisieren. Seine als MS gedruckte Dogmatik enthält herrliche Abschnitte, besonders über den Lebenswert der Dogmen […] Vor allem haben […] seine religiös-wissenschaftlichen Vorträge in der Tübinger Universitäts- und Pfarrkirche in den Wintern 1908-1911 wegen der imponierenden Würde seiner Persönlichkeit tiefen und mächtigen Eindruck auch auf weltliche Studenten gemacht.“111

Umso enttäuschter war Krebs, als Nörber ihm zur Antwort gab: „das wolle er gerade nicht; dieser Koch sei als Dogmatiker ein Unglück“ 112 . Stattdessen schickte der Erzbischof Engelbert Krebs das zweite Mal an das deutsche Priesterkolleg beim „Campo Santo Teutonico“113 in Rom, wo Krebs von 1908 bis 1910 zudem als Kaplan arbeiten sollte. Doch

Mystik im Predigerorden, in: Festgabe für Heinrich Finke, Münster 1904, S. 41-105; Ders.: Grundfragen der kirchlichen Mystik. Dogmatisch erörtert und für das Leben gewertet, Freiburg 1921; Ders.: Deutsche Mystik in Adelhausen, in: Alemannische Heimat, Beilage zur Freiburger Tagespost 1 und 2 (1934), S. 1-4; Ders.: Maria mit dem Schutzmantel in Skulpturdarstellungen im Freiburger Münster, in: Freiburger Münsterblätter 1 (1905), S. 27-35; Ders.: Die „Hosanna“ des Freiburger Münsters als älteste Angelusglocke, in: Freiburger Münsterblätter 2 (1906), S. 74; Ders.: St. Märgen und seine Bibliothek, in: Freiburger Diözesanarchiv 37 (1909), S. 316-322. 109 Vgl. Wilhelm Koch: Religiös-wissenschaftliche Vorträge für katholische Akademiker (Katholizismus und Christentum Bd.3), Rottenburg 1910. 110 Vgl. UAF: C126/8: Stichwort „Koch“. 111 UAF: C126/8: Ebd. 112 UAF: C126/8: Ebd. 113 Zum Campo Santo Teutonico in Rom vgl.: Albert Weiland: Campo Santo Teutonico, Regensburg, 4. neu bearb. Auflage, 2006; Erwin Gatz: Festschrift zum zwölfhundertjährigen Bestehen des Campo Santo Teutonico (Römische Quartalsschrift für deutsche Altertumskunde und Kirchengeschichte Bd. 93), Rom /Freiburg 1998; Ders.: 1200 Jahre Campo Santo Teutonico: Ein Festbericht, Rom 1998; Bernhard Hanssler: Der deutsche Campo Santo in Rom: Campo Santo Teutonico Rom, München/Zürich, 1. Auflage, 1974. 43

auch dort gab es ebenfalls modernistische Einflüsse: Krebs hatte sich mit seinem Mitkaplan Franz Joseph Dölger 114 (1879-1940) angefreundet, der unter dem Eindruck des Antimodernismus von seinen Plänen, eine große antiprotestantische Dogmengeschichte zu schreiben, abgekommen war und mit seiner Arbeit über „Antike und Christentum“ auf ein religionswissenschaftliches Gebiet wechselte. Später wurde Dölger auf dem Gebiet der Religions-, Kultur- und Kunstgeschichte bekannt und lehrte als Professor an den Universitäten in Münster, Breslau und Bonn. Im engen Austausch mit Dölger arbeitete Krebs an seiner dogmengeschichtlich orientierten, theologischen Dissertation über den „Logos als Erlöser im ersten Jahrhundert“, die im Herbst 1910 im Freiburger Herder- Verlag erschien. 115 Des weiteren lernte Krebs am „Campo Santo Teutonico“ den Dominikaner Heinrich Seuse Denifle (1844-1905) kennen, der sich neben der katholischen Geschichtsschreibung mit der Mystik sowie der Kultur- und Kirchengeschichte des Mittelalters befasste sowie den Mitarbeiter der Vatikanischen Bibliothek und Präfekt Franz Kardinal Ehrle SJ (1845-1934).116

Im Spätherbst 1909 war Krebs von dem Kirchenhistoriker Prälat Stephan Ehses (1855- 1926), damals Leiter des Römischen Instituts der Görresgesellschaft, im Auftrag der päpstlichen Akademie, aufgefordert worden, im nächsten Frühjahr einen italienischen Vortrag über seine theologische Doktorarbeit zu halten. So kehrte Krebs nach der mündlichen Verteidigung seiner Promotion nach Rom zurück, um den Vortrag „Neue Studien über den Logosbegriff des hl. Johannes“ zu halten. Bei diesem war auch Kardinal Rampolla (1843-1913), ein bekannter Diplomat und ehemaliger Staatssekretär von Papst Leo XIII., anwesend. 117 Dieser Vortrag stellte einen Auftakt unzähliger Vorträge und Predigten dar, die Krebs „seit 1910 zumeist auf Bitten anderer und oft als Nothelfer in großer Menge“118 hielt und die ihn zeit seines Lebens in die verschiedensten Gegenden Deutschlands aber auch nach Österreich und in die Nordschweiz führen sollte.

114 Zu Franz Joseph Dölger vgl.: Theodor Klauser: Franz Joseph Dölger. 1897–1940. Sein Leben und sein Forschungsprogramm „Antike und Christentum“ (Jahrbuch für Antike und Christentum Ergänzungsband 7), Münster 1980; Martin Radermacher/Annette Wilke: Religionswissenschaft in Münster im Spiegel der Disziplingeschichte, in: 103 Jahre Religionswissenschaft in Münster. Verortungen in Raum und Zeit. Mit Beiträgen von Kim Knott, Sebastian Schüler, Klaus Brand, Sandhya Marla-Küsters u. a. hg. v. Martin Radermacher/ Judith Stander/ Annette Wilke, Münster 2015, S. 139–197. 115 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 3. 116 Vgl. Albert Junghanns: Der Dogmatiker Engelbert Krebs, S. 21. 117 Vgl. Ebd., S. 28-29. 118 UAF: C126/ 7: Liste mit Vorträgen und Predigten ab 1910. 44

Für seine anschließende theologische Habilitation hatte sich Krebs auf Anraten des Scholastikers Martin Grabmann 119 (1875-1949), einem bahnbrechenden Erforscher der Scholastik und zu dem Zeitpunkt Professor in Eichstätt, mit dem Krebs seit seiner Dietrich- Arbeit im Jahr 1903 in regelmäßigem Briefwechsel stand, ein Thema aus der Hochscholastik ausgewählt. Genauer setzte sich Krebs mit dem Führer der französischen Thomistenschule zu Beginn des 14. Jahrhunderts, Hervaeus Natalis OP (ca. 1250-1323) auseinander, für die er im Jahr 1910 noch einmal für drei Monate nach Rom reisen musste.120 Nach deren Publikation im Jahr 1912 wurde Krebs von seinen Kollegen als „Neuscholastiker“ bezeichnet. Krebs hatte sich schon in seiner philosophischen Promotion auf Vorschlag des Freiburger katholischen Philosophen Adolf Dyroff einem scholastischen Thema gewidmet und sich mit dem mittelalterlichen „Meister Dietrich, genannt von Freiburg“ auseinandergesetzt.121 Nach Einschätzung des Kirchenhistorikers Claus Arnold reihte sich Krebs mit seiner von Martin Grabmann in München inspirierten Arbeit in den Kreis derer ein, „die sich historisch-distanziert der scholastischen Theologie annäherten und sie damit zumindest tendenziell auch relativierten“122. Krebs spürte in dieser Zeit, dass sein weiteres wissenschaftliches Arbeiten einer festen Richtung bedurfte:

„Fehler von mir, die andern auffallen, sind mir schon mehrfach namhaft gemacht worden. Insbesondere ist es in wissenschaftlicher Hinsicht meine Flatterhaftigkeit, die mich vom mittelalterlichen Scholastiker zu den mystischen Nonnen, dann zu Hirscher, dann zum Logos als Heiland, dann zu den Petersgrotten, dann nach Wonnental, dann wieder zum mittelalterlichen Scholastiker und wieder zur Religionsgeschichte führt. Rieder warnte mich schon vor Jahren vor „Zersplitterung“. Göller treibt seit einiger Zeit an mir, nicht lauter kleine Sachen, sondern endlich mal ein dickes Buch, ein Werk zu schreiben; Friedrich Maier drang heute in mich, mich zu disziplinieren und nicht überall zu nippen. Ich selber gestehe es mir immer und immer ein, dass ich zur Oberflächlichkeit neige, keiner Sache mich restlos widme und in großer Gefahr bin, unter Hinterlassung zahlreicher Versuche mit einem vielseitigen, aber nicht tief genug grabenden Wirken von hinnen zu fahren.“123 In Bezug auf die Enzyklika wurde von Papst Pius X. mittels motu proprio am 1. September 1910 der sogenannte Antimodernisteneid124 eingeführt, der von sämtlichen Klerikern der

119 Zu Martin Grabmann vgl.: Bernhard Bischoff: Nachruf Martin Grabmann, in: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 8 (1951), S. 254. 120 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S, 3-4. 121 Vgl. Ebd., S. 4. 122 Ebd., S. 4. 123 UAF: C126/8: Stichwort „Fehler“. 124 Vgl. Zum Antimodernisteneid vgl.: Rudolf Reinhardt: Ein „Kulturkampf“ an der Universität Freiburg. Beobachtungen zur Auseinandersetzungen in Preußen, in: Aufbruch ins 20. Jahrhundert. Zum Streit um Reformkatholizismus und Modernismus (Studien zur Theologie und Geistesgeschichte des neunzehnten 45

katholischen Kirche abgelegt werden sollte. An der Freiburger Universität wollte die liberale Senatsmehrheit jedoch keine geschworenen katholischen Theologen zur Habilitation oder zur Berufung auf Lehrstühle zulassen. Da der Freiburger Erzbischof Nörber von der päpstlichen Dispens vom Eid für Universitätstheologen Gebrauch machte, konnte sich Engelbert Krebs im Jahr 1911 habilitieren, worauf die Fakultät auch seine Zulassung zum Privatdozenten beschloss. 125 Als Privatdozent beschäftigte sich Krebs neben seinem religionsgeschichtlichen und scholastischen Interessensgebiet eingehend mit heimatkundlichen Fragen sowie mit Studien über den im 19. Jahrhundert in Tübingen und Freiburg lehrenden bedeutenden Moral- und Pastoraltheologen Johann Baptist von Hirscher 126 und mit Italiens Dichter Dante Alighieri 127 (1265-1321), was auch in zahlreichen Vorträgen und Veröffentlichungen seinen Niederschlag fand.

2.2.2 Engelbert Krebs´ Einsatz für den Verbleib der katholisch- theologischen Fakultäten an den deutschen Universitäten Der Antimodernisteneid von 1911 brachte nicht nur viele katholische Geistliche in Gewissensnöte, sondern die deutschen katholisch-theologischen Fakultäten in Existenzgefahr. Die katholische Theologie war – wie auch die protestantische – institutionell fest in der deutschen Universitätslandschaft integriert und profitierte von dem

Jahrhunderts Bd.23), hg. v. Georg Schwaiger, S. 56-138; Ders.: Zu den Auseinandersetzungen um den „Modernismus“ an der Universität Tübingen, in: Tübinger Theologen und ihre Theologie. Quellen und Forschugnen zur Geschichte der katholisch-theologischen Fakultät Tübingen, hg. v. Ders., Tübingen 1977, S. 271-352; Judith Schepers: „So viel und so rasch wie in der Modernistenverfolgung hat die Kurie lange nicht gearbeitet…“ Zur kurialen Interpretation des Antimodernisteneides, in: „In wilder zügelloser Jagd nach Neuem“. 100 Jahre Modernismus und Antimodernismus in der katholischen Kirche (Römische Inquisition und Indexkongregation Bd.12), hg. v. Hubert Wolf/ Judith Schepers, Paderborn u.a. 2009, S. 337; Norbert Trippen: Theologie und Lehramt im Konflikt. Die kirchlichen Maßnahmen gegen den Modernismus im Jahre 1907 und ihre Auswirkungen in Deutschland, Freiburg i. Br./Basel/Wien 1977. 125 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 5. Außerdem: UAF: B24/1921: Akademischer Senat der Universität Freiburg an das großherzogliche Unterrichtsministerium vom 16.02.1911; Ministerium der Justiz, Kultus- und Unterrichts an den Senat der Universität Freiburg vom 27.02.1911. 126 Krebs´ Studien zu Johann Baptist von Hirscher vgl.: Engelbert Krebs: Kennt ihr ihn nicht mehr? Erinnerungen an J.B. von Hirscher, in: Freiburger Sonntagskalender 1912, S. 31-36; Ders.: Hirscher und die Wiedergeburt des katholischen Lebens in Deutschland, in: Freiburger Diözesanarchiv 41 (1913), S. 170- 182; Ders.: Hirscher und die Wiedergeburt des katholischen Lebens in Deutschland, in: Freiburger Diözesanarchiv 41 (1913), S. 170-182; Ders.: Hirscher und der Zölibat, in: Oberheinisches Pastoralblatt 15 (1913), S. 165-169. 127 Krebs´ Studien zu Dante Alighieri vgl.: Engelbert Krebs: Scholastisches zur Lösung von Danteproblemen. Fünf Vorträge, in: Vereinszeitschrift der Görresgesellschaft 1913, S. 35-55; Ders.: Faust und Dante, zwei Wegweiser an der Straße des Lebens, in: Kraft aus der Höhe, hg. v. Heinrich Finke, Kempten 1915, S. 159-173; Ders.: Erlebnis und Allegorie in Dantes Commedia, in: Ehrengabe deutscher Wissenschaft, hg. v. Fessler, Freiburg 1920, S. 537-549; Ders.: Dante als Philosoph und Theolog, in: Dante, Vereinsgabe der Görresgesellschaft, Köln 1921, S. 27-47. 46

universalen und disziplinübergreifenden Wissenschaftskonzept, in dem die römische Kurie die Nähe zum Subjektivismus, zur Hyperkritik, zum Historismus und zum Protestantismus begründet sah.128 Auch im Badischen des Jahres 1911/12 stand in einer Sitzung der sozialdemokratische Antrag zur Diskussion, die theologischen Fakultäten aufzuheben und durch religionswissenschaftliche Forschungsinstitute zu ersetzen. Von dem deutschen Zentrumspolitiker und späteren Reichskanzler (1879-1956) wurde Engelbert Krebs gebeten, innerhalb einer parteiinternen Versammlung für den Verbleib der katholischen Theologie an deutschen Universitäten zu sprechen.129

In seinem Vortrag argumentierte Krebs zunächst damit, dass die theologischen Fakultäten im Rahmen der Universitäten „Hauptpflanzstätten einer wirklich wissenschaftlich betriebenen Theologie“ seien, da „die geistige Arbeit zur fruchtbaren Erkenntnis der Glaubenssätze“ durch einen historischen, dogmatischen und praktischen Zugang vorangebracht werde. Krebs betonte hierbei den Anschluss an die „modernen Lebensverhältnisse“ und den „Forderungen der Zeit“, die „gerade in den weltlichen Fakultäten erkannt und besprochen werden“ würden. Überzeugt formulierte Krebs, dass „wenn unsere Theologie Fühlung mit dem Leben behalten“ solle, sie „in der Universität bleiben“ müsse. Umgekehrt käme „die Theologie den weltlichen Wissenschaften zustatten“ und wirke ebenso auf „juristische, volkswirtschaftliche und medizinische Fragen“ ein. Insgesamt würde die Wissenschaft „nichts gewinnen, sondern nur verlieren durch die Lostrennung der theologischen Fakultäten von den Universitäten“. Weiterhin argumentierte Krebs, dass der katholische Theologe, der an einer Universität studiere, den „Bedürfnissen und Kämpfen des Lebens“ stärker gerüstet entgegentrete als ein allein im Priesterseminar Ausgebildeter, der oft „dem modernen Leben fremd“ gegenüberstehe. Gerade den weltlichen Studierenden werde der Glauben durch manchen Professor ausgeredet, umso notwendiger sei es, dass die Dozenten der theologischen Fakultät in Vorträgen „den Lebenswert des Dogmenlebens auch im modernen Leben“ aufzeigen und somit eine akademische Elite von künftigen Beamten, Ärtzen und Anwälten geistig prägen. Hiervon würde – so Krebs – auch der Staat profitieren, wenn dieser über Bürger verfüge, von denen jeder einen festen Sittenkodex habe und fest im Glauben stehe. Die Umwandlung der

128 Vgl. Klaus Unterburger: Internationalisierung von oben, oder: Schleiermacher, Humbold und Harnack für die katholische Weltkirche? Das päpstliche Lehramt und die katholischen Fakultäten und Universitäten im 20. Jahrhundert, in: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Abteilung Abendländische Religionsgeschichte Beiheft 101), Göttingen 2013, S. 53-70. 129 Vgl. UAF: C126/9: Stichwort „Fakultät“. 47

theologischen Fakultäten in religionswissenschaftliche Institute ließe der Religion nicht ihren „gebührenden Platz an der Universität“ und hätte als Resultat den „blasse[n] Unglaube[n]“130.

Durch den Vortrag wird deutlich, dass für Krebs die Frage des Verbleibs der katholischen Fakultäten an den deutschen Universitäten folglich untrennbar mit der Teilnahme an der „deutschen Kultur“ verbunden war, die auch immer ein Bekenntnis zur deutschen Nation darstellte, aus der sich die Katholiken seit der Gründung des protestantisch dominierten Kaiserreichs ausgestoßen fühlten. Einen Beitrag zur Parität der katholischen Wissenschaft leistete Krebs auch mit seinem vielfältigen Engagement in der „Görresgesellschaft zur Pflege der Wissenschaft“, auf deren Freiburger Tagung er als Schriftführer des Ortskomitees gewonnen werden konnte. Die Görresgesellschaft war im Jahr 1876 anlässlich des 100. Geburtstags von Johann Joseph von Görres131 (1776-1848) in Koblenz gegründet worden und war Zeichen des Selbstbehauptungswillens katholischer Wissenschaftler und Wissenschaftsfreunde in der Situation des Kulturkampfes in Preußen, die beruflich diskriminiert und gesellschaftlich isoliert wurden. Die Aufgaben der Görresgesellschaft bestanden in der Pflege der Forschung, der Herausgabe von Publikationen, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und der internationalen Zusammenarbeit, die durch Gründung zahlreicher Auslandsinstitute zum Ausdruck kam.132

2.2.3 Zerreißprobe um die Professur für christliche Philosophie - Konkurrenz zwischen Engelbert Krebs und dem jungen Martin Heidegger Die schwierige Lage, in der die Theologieprofessoren durch die Ablegung des Antimodernisteneides versetzt wurden, wird am Beispiel Krebs besonders deutlich: Als Ende des Jahres 1912 seine Beichtvollmacht abgelaufen war, sah sich Krebs gezwungen, den Antimodernisteneid doch abzulegen. Sein Kollege Heinrich Rickert (1863-1936) hatte Krebs bei einem gemeinsamen Gespräch Anfang des Jahres 1914 darauf angesprochen:

130 UAF: C126/9: Stichwort „Fakultät“. 131 Zu Johann Joseph von Görres vgl.: Monika Fink-Lang: Joseph Görres. Die Biografie, Paderborn u.a. 2013; Uwe Daher: Die Staats- und Gesellschaftsauffassung von Joseph Görres im Kontext von Revolution und Restauration, München 2007; Esther-Beate Körber: Görres und die Revolution, Husum 1986; H. Trapp (Hrsg.): Joseph v. Görres. Leben und Werk. Aus den Beständen der Stadtbibliothek Koblenz, Koblenz 1970. 132 Vgl. Rudolf Morsey: Die Görresgesellschaft zur Pflege der Wissenschaft. Streiflichter ihrer Geschichte, Paderborn 2009, S. 46-50. 48

„Ob ich denselben abgelegt hätte. Ich sagte ihm, der Bischof habe mich bei der Habilitation suspendiert. `Sie haben ihn also nicht abgelegt? ´ - `Ich habe später, als meine Beichtfakultät ablief, um Erneuerung derselben, obwohl ich auf ihre Ausübung ruhig verzichten konnte, nachgesucht, und der Bischof ließ mir sagen, er könne sie ohne Modernisteneid nicht erneuern. Daraufhin habe ich (im Dezember 1912) den Eid abgelegt. Das ist eine reine private Angelegenheit!“133

Dieser Tagebucheintrag veranschaulicht in besonderer Weise, dass Krebs bemüht war, seine Eidesleistung von seiner wissenschaftlichen Arbeit abzugrenzen und ausschließlich auf seine pastorale Tätigkeit zu beschränken. Gegenüber dem Geheimrat Professor Georg von Below134 (1858-1927) äußerte sich Krebs im Jahr 1913,

„dass mir manche von den Maßnahmen Pius` X. gegen den Modernismus nicht zweckdienlich erschienen sind, dass mir die Inkonsequenz missfallen hat, mit der man den ausdrücklich für die wissenschaftlich arbeitenden Theologen bestimmten Modernisteneid jedem Seelsorger zuschob, aber die deutschen Theologieprofessoren dispensierte und zugleich doch verlangte, dass sie, wenn sie fernerhin Beichtvollmachten erhalten wollten, den Eid zu leisten hätten“135.

Dass seine Ambitionen auf einen Lehrstuhl für christliche Philosophie an der philosophischen Fakultät sich nicht erfüllten, lag sicherlich zu einem gewissen Teil am Antimodernisteneid, vielmehr jedoch an der wissenschaftspolitischen Linie des katholischen Historikers Heinrich Finke (1855-1949), der maßgeblich die Fakultätspolitik der damaligen Zeit steuerte. Im Gegensatz zu seinen Kollegen wollte Finke solche Stellen katholischen Laien vorbehalten, außerdem war die Tatsache, dass Engelbert Krebs den Antimodernisteneid geleistet hatte, ein unüberbrückbares Hindernis. 136 Auch die Senatsmehrheit wollte 1915 die Ernennung Krebs´ zum außerordentlichen Professor in der Theologischen Fakultät mit Hinweis auf den Eid verhindern, wurde hierin aber vom Ministerium zurückgewiesen. Die bis 1916/17 anhaltende Vakanz des philosophischen Ordinariats wurde damit begründet, dass keine qualifizierten Bewerber aus dem katholischen Lager vorhanden seien. Zudem fürchtete man das „Aussterben“ der katholisch-theologischen Fakultäten mangels geschworener Kandidaten. 137 Schließlich einigten sich die Freiburger Philosophie und Theologie darauf, dass Engelbert Krebs den

133 UAF: C126/9: Stichwort „Fakultät“. 134 Zu Georg von Below vgl.: Otto Gerhard Oexle: Ein politischer Historiker. Georg von Below (1858– 1927), in: Deutsche Geschichtswissenschaft um 1900, hg. v. Notker Hammerstein, Stuttgart 1988, S. 283- 312. 135 UAF: C126/9: Stichwort „Beichte“. 136 Vgl. UAF:C126/9: Stichwort „Fakultät“. 137 Vgl. Ebd. 49

Vertretungsauftrag im Rahmen der Theologischen Fakultät erhalten sollte; die Vertretung wurde immer wieder verlängert. Im Frühjahr 1915 unternahm Engelbert Krebs einen ungewöhnlichen Schritt, um das Karlsruher Ministerium in Zugzwang zu bringen: Im März 1915 verfasste Krebs einen Brief an das badische Kultusministerium, indem er auf die Änderung dieses für seine wissenschaftliche Karriere unbefriedigenden Zustands drang. Krebs selbst informierte neben Heinrich Finke auch den Dekan der Theologischen Fakultät, den Kirchenhistoriker Georg Pfeilschifter (1870-1936), den Dekan der Philosophischen Fakultät, den Historiker Georg von Below (1858-1927) sowie den Freiburger Erzbischof Nörber und wirbelte dadurch erheblichen Staub auf.138 In seinem Brief an das badische Kultusministerium machte Krebs auf seine Lage aufmerksam: Obwohl er die Funktion eines Privatdozenten an der theologischen Fakultät bekleide, verwalte er schon seit zwei Jahren den philosophischen Lehrstuhl. Die Rücksicht auf „die Schicksale des Lehrstuhls“, aber auch „die Notlage der Fakultät“, zumal auch der „weltlichen Studenten“ hätten ihn zur Vertretung des Lehrstuhls bewogen, obwohl die Arbeit ihn von seinen eigenen Fachstudien abhalte. Der Zeitpunkt sei nun gekommen, der „dauernden Verkleisterung der unhaltbaren Zustände“ die Stirn zu bieten. Schließlich sehe er seine „besten Arbeitsjahre in der Weise verrinnen“, lieber gebe er nun die Arbeit auf, um seiner „theologischen Berufsarbeit“ sich „von Neuem zuzuwenden“139.

Die Reaktionen auf Krebs Schreiben waren durchweg negativ: So äußerte sich der Kirchenhistoriker Georg Pfeilschifter: „Als Ihr wohlmeinender Freund bedauere ich das Schriftstück, das Sie an das Ministerium gesendet haben, sehr. Und es betrifft mich sehr, dass Sie Ihre Mission als Dozent der Theologie verkannt oder aufgegeben haben.“140 Auch der Freiburger Erzbischof Nörber billigte die Krebssche Aktion nicht.141 Parallel zu seinem Schreiben an das Badische Ministerium aktivierte Krebs sogar die Beziehungen zu den beiden Freiburger Landtagsabgeordneten, dem Rechtsanwalt Ferdinand Kopf 142 (1857- 1943) und dem Gymnasialprofessor Dr. Joseph Wirth143 (1879-1956), die auf verschiedene

138 Vgl. Hugo Ott: Engelbert Krebs und Martin Heidegger 1915, in: Freiburger Diözesan-Archiv 113 (1993), S. 239-248; hier: S. 242. 139 UAF:C126/9: Stichwort „Philosophische Fakultät“; beiliegend Engelbert Krebs an das Badische Kultusministerium vom 12.03.1915. 140 Zitiert nach: Hugo Ott: Engelbert Krebs und Martin Heidegger, S. 243. 141 Vgl. Ebd., S. 243. 142 Zu Ferdinand Kopf vgl.: Wilhelm Kosch: Kopf, Ferdinand, in: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik (2. Bd.), Bern/München 1963, S, 691. 143 Zu Joseph Wirth vgl.: Bernd Braun: Die Reichskanzler der Weimarer Republik. Zwölf Lebensläufe in Bildern. Düsseldorf 2011, S. 202–235; Georg Herbstritt: Ein Weg der Verständigung? Die umstrittene Deutschland- und Ostpolitik des Reichskanzlers a.D. Dr. Joseph Wirth in der Zeit des Kalten Krieges 50

Weise in Karlsruhe die Interessen des katholischen Theologieprofessors wahrnahmen – Versuche, die leider nicht mit Erfolg gekrönt waren.144 Krebs Parteifreund Joseph Wirth hatte dabei sogar in einer Landtagssitzung zur Nichtbesetzung der philosophischen Professur in Freiburg Stellung genommen und sich dabei öffentlich für Krebs´ Interessen eingesetzt:

„Er [Engelbert Krebs; A.d.A.], wie wir aus den Worten des Ministers gehört haben, wird vielleicht noch auf Semester das philosophische Fach dozieren. Wenn einer von heute auf morgen in jungen Jahren in ein solches Fach hineingestellt wird, dann legt er seine Ehre darein, das ist der Stolz der Jugend, sich auch mit seiner ganzen Persönlichkeit einer solchen Sache zur Verfügung zu stellen. Wenn dieser Privatdozent aber 2-3 Jahre die Professur verwaltet hat […], dann soll er das Werk von Jahren verlassen und wieder zurückkehren zu dem, was er vorher gelehrt hat. Ich möchte es der Verantwortlichkeit des Herrn Ministers zuschieben, wenn hier mit einer jungen Kraft, mit einer Gelehrtennatur, von der wir in unseren und anderen Reihen, die ihn persönlich kennen, Bedeutendes erwarten, etwa so verfahren wird, und möchte die Erwartung aussprechen, dass man mit einer solchen Kraft kein Spiel treibt, indem man sie einfach eine Zeit lang gebraucht und nachher auf die Seite schiebt. Besteht ein Hindernis, dass ein Priester, ein Theologe in die philosophische Fakultät hineinkommt. Ich darf nach der Ministerbank offen gestehen: Mir ist die Berufung eines Laien lieber, aber diese ist mir nur dann lieber, wenn sie jetzt und nicht erst nach Jahren erfolgt. Denn das Opfern einer Persönlichkeit will ich nicht.“145

Obwohl Krebs Standpunkt vollauf verstanden und die „baldige Besetzung des erledigten Lehrstuhls für die erwünschteste Lösung“ gehalten wurde, wurde von dem Geh. Oberregierungsrat Viktor Schwoerer146 (1865-1943) jedoch darauf hingewiesen, dass die Zeit – seit August 1914 wütete der Erste Weltkrieg in Europa – „besonders ungeeignet ist, an der Hochschule alte Streitfragen erneut zur Diskussion zu stellen, die weit über den Rahmen der Universität hinaus die Gemüter zu erregen geeignet sind“ 147 . Die Angelegenheit wurde stattdessen bis auf weiteres verschoben und der Lehrauftrag für christliche Philosophie bis zum Mai 1915 verlängert. Auf Grund seiner Bemühungen um

(1945/51–1955) (Europäische Hochschulschriften Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Bd. 569), Frankfurt am Main 1993; Ulrike Hörster-Philipps: Joseph Wirth 1879–1956. Eine politische Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte. Reihe B: Forschungen Bd. 82). Freiburg 1998; Heinrich Küppers: Joseph Wirth. Parlamentarier, Minister und Kanzler der Weimarer Republik, Stuttgart 1997. 144 Vgl. Hugo Ott: Engelbert Krebs und Martin Heidegger, S. 243. 145 UAF: C126/9: Stichwort „Philosophische Fakultät“. 146 Zu Victor Schwoerer vgl.: Julius Schwoerer: Zum 100. Geburtstag des Bad. Hochschulreferenten Victor Schwoerer, in: Ruperto Carola 37 (1965) 225–229; Notker Hammerstein: Die deutsche Forschungsgemeinschaft in der Weimarer Republik und im Dritten Reich, 1999, S. 59. 147 UAF:C126/9: Stichwort „Philosophische Fakultät“. 51

die philosophische Professur und der dadurch entstandenen „Opfer, welche Krebs damit seiner weiteren wissenschaftlichen Ausbildung auf theologischem Gebiete bringt“ 148 , wurde Krebs auf Vorschlag der theologischen Fakultät im März 1915 zum a. o. Professor ernannt, was als Versuch eines gewissen Ausgleichs betrachtet werden kann.

In dieser Zeit verstärkte sich die Wettbewerbssituation zwischen Engelbert Krebs und dem um acht Jahre jüngeren Philosophen Martin Heidegger: Vor dem Hintergrund seiner Arbeit an der scholastischen „philosophia perennis“ hatte Krebs einen engen Kontakt zu dem jungen Martin Heidegger149 (1889-1976) aufgebaut, der an seiner Dissertation über „Die Lehre vom Urteil im Psychologismus“ arbeitete. Im November 1913 hatte Krebs in sein Tagebuch notiert:

„Seit zehn Tagen bin ich mit dem Lehrauftrag für Philosophie betraut. Unter Heideggers Einfluss habe ich hauptsächlich Husserl sowie Heideggers eigene kleine Arbeit und Geysers `Grundlagen´ studiert. Ich bespreche mich häufig mit Heidegger. […] Er nützt mir mehr, als er vielleicht selber merkt.“150

Wenig später riet Krebs Heidegger, ein philosophiegeschichtliches Thema für seine Habilitationsschrift zu wählen und schlug ihm die Bearbeitung eines logischen Traktats des Meisters Dietrich vor. Auch von seinem Freiburger Gönner Heinrich Finke wurde Heidegger aufgefordert, sich in einem Gebiet der mittelalterlichen Philosophie zu habilitieren und sich zu beeilen, um so bald wie möglich die Lehrstuhlvertretung der christlichen Philosophie zu übernehmen.151 „So könnte es sein“, notierte Krebs darauf, „dass mein derzeitiges Provisorium ein Warmhalten des Lehrstuhls für Heidegger ist“152, und tatsächlich übernahm Heidegger nach dem Sommersemester 1916 die Vertretung des Lehrstuhls für christliche Philosophie, bis Joseph Geyser den Lehrstuhl endgültig übernahm.

148 UAF: B24/1921: Katholisch theologische Fakultät der Universität Freiburg an das Badische Kultusministerium vom 19.02.1915; Badische Kulturministerium an die Theologische Fakultät vom 29.03.1915. 149 Zu Martin Heidegger vgl.: Günther Figal: Martin Heidegger – Phänomenologie der Freiheit, Frankfurt am Main 1991; Anton M. Fischer: Martin Heidegger– Der gottlose Priester. Psychogramm eines Denkers, Zürich 2008; Manfred Geier: Martin Heidegger, Reinbek 2005; Alfred J. Noll: Der rechte Werkmeister. Martin Heidegger nach den „Schwarzen Heften“, Köln 2015; Ernst Nolte: Martin Heidegger: Politik und Geschichte im Leben und Denken, Berlin / Frankfurt am Main 1992; Rüdiger Safranski: Ein Meister aus Deutschland. Heidegger und seine Zeit, München 1994. 150 UAF: C126/8: Stichwort „Heidegger“. 151 Vgl. UAF: C126/7: Stichwort „Philosophische Professur“. 152 UAF: C126/7: Ebd. 52

Während des Ersten Weltkriegs hatten Krebs und Heidegger wieder eine etwas intensivere Verbindung gepflegt: Der junge Philosoph verfasste ab dem 14. Oktober eine Reihe von Briefen und Postkarten an Krebs, um mit dessen Hilfe zu einem sinnvollen militärischen Ersatzdienst zu gelangen, der ihm die akademische Karriere an der Freiburger Universität ermöglichen sollte, wobei Krebs ihm vorschlug, er solle sich um die Mitarbeit bei der militärisch organisierten Postüberwachungsstelle in Freiburg bewerben. Am 21. März 1917 wurden Martin Heidegger und die protestantische Elfride Petri (1893–1992), in der Universitätskapelle des Freiburger Münsters von Engelbert Krebs getraut.153 Als Heidegger nach seiner Tätigkeit in Marburg zum Wintersemester 1928 wieder nach Freiburg berufen wurde, zeigte sich Engelbert Krebs enttäuscht darüber, wie weit sich Heidegger inzwischen von seinem katholischen Ausgangspunkt entfernt hatte.

2.2.4 Engelbert Krebs und die Förderung von Frauen in universitären und katholischen Kontexten Als weniger der katholischen Theologen zu Beginn des 20. Jahrhunderts trat Krebs auch als Förderer von Frauen in universitären und katholischen Kontexten auf. Ein Beispiel hierfür stellt die Philosophien Edith Stein (1891-1942) 154 dar, die Krebs durch seine Verbindungen zur philosophischen Fakultät im Frühjahr 1930 kennen gelernt hatte.

Diese hatte ihre Dokorarbeit „zum Problem der Einfühlung“ 155 bei dem Freibuger Philosophen Edmund Husserl (1859-1938) geschrieben und strebte eine Habilitation an. Obwohl Edith Stein mit Auszeichnung promoviert wurde, scheiterte ihr Versuch, mit ihrer philosophischen Abhandlung „Potenz und Akt“ 156 zur Habilitation an der Freiburger

153 Vgl. Hugo Ott: Engelbert Krebs und Martin Heidegger, S. 245-246. 154 Zu Edith Stein vgl.: Elisabeth Endres: Edith Stein. Christliche Philosophin und jüdische Märtyrerin, München 1987; Christian Feldmann: Edith Stein, Reinbek 2004; Waltraud Herbstrith: Edith Stein. Jüdin und Christin. Ein Porträt, München, 4. Auflage 2004; Cordula Koepcke: Edith Stein. Ein Leben, Würzburg 1991; Andreas Uwe Müller/ Maria Amata Neyer: Edith Stein – das Leben einer ungewöhnlichen Frau. Düsseldorf 2002; Katharina Westerhorstmann: „In den Flammen der Liebe entbrennen…“ Mystik bei Edith Stein, in: Mystikerinnen der Neuzeit und der Gegenwart, hg. v. A. Middelbeck-Varwick/ M. Thurau, Frankfurt 2009, S. 109–139. 155 vgl. Edith Stein: Zum Problem der Einfühlung (1917), eingef. u. bearb. v. M.A. Sondermann OCD, in: Edith-Stein-Gesamtausgabe Bd.5, hg. im Auftrag des Internationalen Edith-Stein-Instituts Würzburg v. Klaus Mass unter wiss. Mitarbeit v. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz), Freiburg/Basel/Wien, 3. durchges. Aufl., 2016. 156 vgl. Edith Stein: Potenz und Akt. Studien zur Philosophie des Seins (1931), eingef. u. bearb. v. H.R. Sepp, in: Edith-Stein-Gesamtausgabe Bd.10, hg. im Auftrag des Internationalen Edith-Stein-Instituts Würzburg v. Klaus Mass unter wiss. Mitarbeit v. Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz), Freiburg/Basel/Wien, 3. durchges. Aufl., 2016. 53

Universität zugelassen zu werden, da die Professur einer Frau in den 1920er Jahren als undenkbar galt. Statt dessen beschäftigte sie Edmund Husserl als Privatassistentin. Nach vier gescheiterten Versuchen, sich zu habilitieren, arbeitete die inzwischen vom Judentum zum katholischen Christentum konvertierte Edith Stein von 1923 bis 1931 als Lehrerin für Deutsch und Geschichte am Lyzeum St. Magdalena bei den Dominikanerinnen in Speyer. Danach war sie als Dozentin am Institut für wissenschftliche Pädagogik in Münster tätig, wo sie wenige Zeit später als „Nicht-Arierin“ entlassen wurde.

Als Edith Stein Engelbert Krebs im April 1930 in Freiburg besuchte157, fand sie ihren ehemaligen Kollegen Martin Heidegger „gegenüber früher sehr verändert“ und „voll von arbeitsorganisatorischen Plänen“ 158 vor. Krebs schrieb am selben Abend in deutlicher Anspielung auf Heideggers anders verlaufende Entwicklung in sein Tagebuch:

„Welch entgegengesetzte Schicksale! Edith Stein gewann früh Ansehen im philosophischen Reich. Aber sie wurde klein und demütig und – katholisch und tauchte unter in stiller Arbeit im Dominikanerkloster in Speyer. Heidegger begann als kathol. Philosoph, aber er wurde ungläubig und fiel von der Kirche ab und wurde berühmt und der umworbene Mittelpunkt der heutigen zünftigen Philosophen.“159

Im Jahr 1933 war Edith Stein in den Kamel Maria vom Frieden in Köln eingetreten und hatte den Ordensnamen Teresia Benedicta a Cruce angenommen. Edith Stein wurde in der Zeit des Nationalsozialismus als Jüdin und Christin zum Opfer des Holocaust. Engelbert Krebs war stets voller Bewunderung für „Husserls bedeutendste Schülerin“, die „immer tiefer in die Schatzkammern unseres Glaubens“160 eingedrungen war und heute als Heilige und Märtyrerin verehrt wird und als Brückenbauerin zwischen Juden und Christen gilt.

Eine besondere Würdigung kommt Krebs zudem in seiner Rolle als Studentinnenseelsorger an der Freiburger Universität zu. Eine Seelsorge eigens für die katholischen Studierenden

157 vgl. Edith Stein an Adelgundis Jaegerschmid vom 28.03.1930, in: Edith Stein Gesamtausgabe, hg. im Auftrag des Internationalen Edith Stein Instituts Würzburg unter wiss. Mitarbeit von Hanna-Barbara Gerl- Falkovitz (Biographische Schriften 2 Selbstbildnis in Briefen Erster Teil 1916-1933), Freiburg/Basel/Wien, 3. Auflage, 2000, S. 112-133; hier: S. 113; Edith Stein an Roman Ingarden vom 28.04.1930, in: Edith Stein Gesamtausgabe, hg. im Auftrag des Internationalen Edith Stein Instituts Würzburg unter wiss. Mitarbeit von Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (Biographische Schriften 4 Selbstbildnis in Briefen Dritter Teil 1916-1933), Freiburg/Basel/Wien, 3. Auflage, 2000, S. 211. 158 UAF: C126/31: Tagebucheintrag vom 11.04.1930. 159 UAF. C126/31: Tagebucheintrag vom 14.04.1930; Auch zu finden in: Waltraud Herbstrith (Hg.): Edith Stein- eine große Glaubenszeugin. Leben, Neue Dokumente, Philosophie, S. 159. 160 UAF. C126/31: Tagebucheintrag vom 14.04.1930. 54

im Deutschen Reich hatte im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts mit der Gründung der marianischen Kongregationen an den Universitäten eingesetzt. 161 Eine solche Kongregation wurde in Freiburg im Jahr 1885 durch Initiative des Direktors des bischöflichen Konvikts, Andreas Schill, gegründet. Zuerst nur für die Studierenden der katholischen Theologie gedacht, konnten im Jahr 1895 auch Studierende der weltlichen Fakultäten in die Kongregation aufgenommen werden. Seelsorgerisch betreut wurden diese von katholischen Priestern und Hochschulprofessoren der katholischen Theologie, die diese Aufgabe ehrenamtlich übernahmen. Zur Studierendenseelsorge gehörte vornehmlich die Teilnahme am Semesterprogramm sowie an verschiedenen Veranstaltungen wie der Kongregationsversammlung in der Konviktskirche. Ab 1904 gab es auf Anregung der Freiburger Hauptverantwortlichen regelmäßig Konferenzen, um Erfahrungen auszutauschen, und 1917 organisierten sich die Studentenseelsorger in einer eigens eingerichteten „Vereinigung von katholischen Studenten- und Studentinnenseelsorgern“. Die Freiburger Universität war die erste deutsche Hochschule, an der es ab Wintersemester 1912/13 einen ersten hauptamtlichen Studentenseelsorger gab.162

Aber auch auf dem Gebiet der Studentinnenseelsorge sollte die Alberto-Ludoviciana eine Pionierrolle übernehmen: Voraussetzung dafür war der Erlass des Großherzogtums Baden vom 28. Februar 1900, der als erster deutscher Einzelstaat Frauen den vollen Zugang zum Universitätsstudium ermöglichte. Ab Sommersemester 1900 waren Frauen an den beiden Landesuniversitäten in Freiburg und Heidelberg als ordentliche Studierende zugelassen worden.163 Die Studentenseelsorge nahm lange Zeit keine Notiz von dieser Entwicklung und beschränkte sich weiterhin auf die Betreuung der männlichen Studierenden. Engelbert Krebs, der 1911 seine Lehrtätigkeit an der Freiburger Universität angenommen hatte, erkannte diese Lücke und versuchte im Jahr 1914, die Errichtung einer besonderen

161 Zur Studentenseelsorge vgl.: W. Ruf: Studentenseelsorge, in: LThK 9 (1964), Sp. 1116-1117; 162 vgl. Jürgen Brüstle: Studentenseelsorge im Spannungsfeld des Weltanschauungskampfes zwischen Katholischer Kirche und Nationalsozialismus 1933-1945, in: Freiburger Diözesanarchiv 117 (1997), S. 111- 215; hier: S. 113-114. 163 Zum Frauenstudium in Freiburg vgl.: Ute Scherb: „Ich stehe an der Sonne und fühle, wie meine Flügel wachsen“. Studentinnen und Wissenschaftlerinnen an der Freiburger Universität von 1900 bis in die Gegenwart, Königstein 2002; Eva Voß (Hg.): Studium, Wissenschaft und Beruf. Aus Erinnerungen von Frauen in Tagebüchern und Briefen von 1870 bis heute, Freiburg. i. Br. 2007; Eva Voß (Hg.): Frauen in der Wissenschaft an der Universität Freiburg, Freiburg i. Br. 2007; Allgemein zum Frauenstudium in Deutschland vgl.: Gitta Benker/ Senta Störmer: Grenzüberschreitungen. Studentinnen in der Weimarer Republik (Frauen in Geschichte und Gesellschaft 21), Pfaffenweiler 1991; Johanna Bleiker (Hg.): Der Eintritt der Frauen in der Gelehrtenrepublik. Zur Geschlechterfrage im akademischen Selbstverständnis und in der wissenschaftlichen Praxis am Anfang des 20. Jahrhunderts, Husum 1998; Eva Schöck-Qinteras /Elisabeth Dickmann (Hg.): Barrieren und Karrieren. Die Anfänge des Frauenstudiums im wilhelminischen Deutschland, Berlin 2000. 55

Studentinnenseelsorge anzuregen. In seinem Aufsatz über „Lebensfragen der katholischen Akademikerin“ legitimierte er sein Ansinnen: An den deutschen Universitäten sei die katholische Akademikerin „zweifach in der Fremde“ und zwar als Frau, weil „die Universität von Männern begründet, für Männer eingerichtet und in männlichem Geist geführt“ sei, und als Katholikin, weil „die Mehrzahl unserer akademischen Lehrer anderen Geistes“ seien und der gesamte Unterricht „nicht von der Sonne katholischer Gesamtschau erhellt und erwärmt“ sei. Als Frau und Katholikin habe sie deswegen einen guten Grund, „sich von Anfang an mit Gleichgesinnten und Gleichstehenden zusammenzuschließen, um ihr Frauentum und ihr Christentum während der Studienzeit zu bewahren und ausreifen zu lassen“164.

Die Erzdiözese Freiburg erlaubte die Gründung einer Studentinnenseelsorgekongregation für all diejenigen, die „nicht nur in fachwissenschaftlichen Gebieten […], sondern auch im religiösen Leben von wissenschaftlich theologischer Seite Weisung zu Klärung und Fortschritt“ erwarteten. Das Angebot von Engelbert Krebs bezog sich auf zweiwöchige Segensandachten, an deren Anschluss regelmäßig Themen mit den Studierenden diskutiert wurden, die sich an ein auf den ersten Blick antimodernistisches Programm anlehnten und das Thema des „Kampfes mit den antichristlichen Mächten“ behandelte. Krebs nutzte die Veranstaltungen, um dazu aufzurufen, „im eigenen Geistesleben“ von den „Versuchungen, Nationalismus, Skeptizismus“ Abstand zu nehmen und den modernistischen Gefahren, die in „Literatur, Kunst, Pädagogik, Medizin und Gesundheitswesen“ sowie in „religionsfreundliche(n) Zentralen und Verbände[n]“ lauerten, zu widersagen. Daneben warb Krebs für eine „liturgische Arbeitsgemeinschaft“, verschiedene Vortrags- und Gottesdienstangebote sowie die Möglichkeit, für einige Tage an Exerzitien im nicht weit entfernt gelegenen Kloster St. Trudpert teilzunehmen. An die Mitwirkung bei diesen Verantaltungen war bewusst keine Verpflichtung zum Eintritt in die Seelsorgekongregation geknüpft. Die Veranstaltungen sollten bewusst „kein Gebundensein gesellschaftlicher Art darstellen“. Vielmehr sollten sie der Studentin dazu dienen, „tief und fest fundamentiert“165 im katholischen Glauben durch das Studium zu gehen.

164 Engelbert Krebs: Lebensfragen der katholischen Akademikerin, in: Stimmen der Zeit 117 (1929), S. 100- 110, hier: S.100. 165 Vgl. Engelbert Krebs: Katholische Lebensschauung und ihre Pflege bei den katholischen Studentinnen in Freiburg, in: FSZ 15.05.1931. 56

Auch um die religiöse Ausbildung der katholischen Frauen166 im Kontext der Sozialen Frauenschulen hatte sich Krebs Verdienste erworben: Diese waren zwischen der Jahrhundertwende und den 1920er Jahren in Deutschland entstanden und verfolgten als Bildungsinstitutionen ein doppeltes Ziel: Zum einen sollten die Frauen eine fundierte Ausbildung im Bereich der Wohlfahrtspflege bekommen. Zum anderen sollten die an der Sozialen Frauenschule Ausgebildeten andere Frauen, die durch den Ersten Weltkrieg besonders hart getroffen worden waren, bei der Bewältigung ihrer alltäglichen Aufgaben unterstützen. 167 Im Oktober 1920 wurde vom katholischen Verein die sozialpolitische Frauenschule Freiburgs gegründet, an der Krebs von Beginn an unterrichtete. Nur ein paar Monate später, im März 1920, gründete der Deutsche Caritasverband ebenfalls eine Schule, die bis in das Jahr 1925 mit der Sozialpolitischen Frauenschule eine Arbeitsgemeinschaft bildete. Beide Einrichtungen schlossen sich schließlich zur Sozialen Frauenschule zusammen und boten jungen Frauen eine Ausbildung auf karitativ-sozialem Gebiet sowie im Bereich der kirchlichen Gemeindepflege, die neben der staatlichen auch mit einer kirchlichen Prüfung abgeschlossen werden konnte.168

Außerdem unterstützte Krebs das Vorhaben Wilhelm Wiesens und Margarete Ruckmichs (1894-1985), mit dem Beruf der Seelsorgehelferin ein neues Arbeitsgebiet für Frauen in der katholischen Kirche zu schaffen. Margarete Ruckmich war 1924 in den Deutschen Caritasverband in Freiburg eingetreten und wurde als Fürsorgerin in der Abteilung Mädchenschutz und in der sozial-caritativen Stellenvermittlung eingesetzt. Sie beschäftigte sich dort mit sozialen Themen und bekam über die soziale Frauenschule auch Einblicke in das Berufsfeld der katholischen Gemeindehelferin. In dieser Zeit begegnete sie auch Pater Wilhelm Wiesen, der das Referat „Caritashilfe in der Seelsorge“ übernahm und von Werthmann den ausdrücklichen Auftrag erhalten hatte, sich „der Seelsorge in der Kirche im Geiste der Caritas“ zu widmen und die Möglichkeiten einer beruflichen Mitarbeit von Frauen in der kirchlichen Seelsorge auszuloten und zu unterstützen. 169 Ulrich Wiesen verfasste auch das Vorwort für Ruckmichs programmatisches Buch „Die katholische

166 Vgl.: Engelbert Krebs: Die drei Formen des christlichen Frauenlebens, in: Die katholische Studentin 7 (1920), S. 8-15; Ders.: Vom Priestertum der Frau, in: Hochland 19 (1922), S. 196-215; Ders.: Vom Priestertum der Frau: Eine Bücherschau, in: Soziale Revue 22 (1922), S. 549-554. 167 vgl. Heiko Haumann u. Hans Schadek: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau (Bd.3 Von der badischen Herrschaft bis zur Gegenwart), Stuttgart 1992, S. 621. 168 vgl. Heiko Haumann u. Hans Schadek: Geschichte der Stadt Freiburg im Breisgau, S. 621. 169 vgl. Almut Rumstadt: Margarete Ruckmich (1894-1985): Pionierin der hauptberuflichen Seelsorge durch Frauen (Studien zur Theologie und Praxis der Seelsorge 56), Würzburg 2003, S. 50. 57

Gemeindehelferin“ 170 , worin sie die Meinung äußerte, dass diese seelsorgerische „Pionierarbeit“171 ausschließlich von Frauen erfüllt werden könne. In seinem Aufsatz „Ein neuer religiöser Frauenberuf“ unterstützte Krebs Ruckmich und Wiesen in ihrem Ansinnen und bezeichnete den Beruf der Gemeindehelferin als „ein weites, schönes Arbeitsgebiet für die gebildete katholische Frau“. Persönlich sei er der Auffassung, dass „über kurz oder lang“, entsprechend den „neuen Zeitforderungen“, „neue Formen weiblicher Ordensgenossenschaften mit straffer Zusammenfassung unter kirchlich gebilligten Regeln und weitester Beweglichkeit in der Arbeitsleistung der einzelnen, zerstreut in der Welt wirkenden Mitglieder entstehen werden“172.

Margarete Ruckmich wurde später die Assistentin von Wiesen im Referat Seelsorge des Deutschen Caritasverbandes.173 Gemeinsam versuchten sie die Idee von der Etablierung eines neuen kirchlichen Berufes für Frauen in die Tat umzusetzen: Im Jahr 1926 wurde in Freiburg schließlich die „Berufsgemeinschaft katholischer Gemeindehelferinnen“ gegründet, zwei Jahre später kam es dann zur Gründung der „Gemeindehelferinnenschule“ durch den deutschen Caritasverband in Freiburg.174

2.2.5 Auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere – Engelbert Krebs als Professor für Dogmatik Im Dezember 1915 erfuhr Krebs schließlich, dass die vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs beantragte zweite Dogmatikprofessur trotz des Krieges von der Regierung bewilligt wurde. 175 Wiederrum konnte sich Krebs als Zentrumspolitiker auf seine parteiinternen Beziehungen zur badischen Landesregierung verlassen. In seinem Gespräch mit seinem Kollegen, dem Kirchenhistoriker Pfeilschifter hatte Krebs erfahren, dass „die Regierung […] wenn ich auf der Liste stünde, schon dafür sorgen“ werde, „dass ich die Professur bekäme.“ 176 So konnte Krebs als etatsmäßiger außerordentlicher Professor zum

170 vgl. Maura Philippi: Die katholische Gemeindehelferin, Freiburg 1925. 171 Maura Philippi: Die katholische Gemeindehelferin, Freiburg 1925, S.3. 172 Engelbert Krebs: Ein neuer religiöser Frauenberuf, in: Caritas 25 (1918/20), S. 84-85; hier: S. 84. 173 vgl. Almut Rumstadt: Margarete Ruckmich, S. 54. 174 Vgl. Ebd., S. 57; S. 68. 175 UAF: C126/7: Stichwort „Philosophische Professur“. 176 UAF: C126/7: Stichwort „Theologische Professuren“. 58

Wintersemester 1916/17 den neu eingerichteten zweiten Lehrstuhl für Dogmatik und theologische Propädeutik an der katholischen Fakultät Freiburg übernehmen.177

Als Inhaber dieses Lehrstuhls wollte Krebs mit seinem Programm „Lebenswert des katholischen Dogmas“ 178 eine Synthese seiner bisherigen Arbeit vorlegen, zu der er Anregungen von dem des Modernismus bezichtigten Dogmatikers Wilhelm Koch erhalten hatte. In seiner akademischen Antrittsrede präsentierte Krebs nun erstmals seine Leitgedanken zum Thema „Lebenswert der Dogmen“, das er damals in seinem im Entstehen begriffenen Hauptwerk „Dogma und Leben“ ausführlich behandeln wollte und das in Freiburg insofern Aktualität besaß, als die Windelband-Rickertsche Wertphilosophie hier von dem bedeutenden Freiburger Philosophen Heinrich Rickert 179 (1863-1936) persönlich vertreten wurde. In seinem Vortrag forderte Krebs eine „Verstärkung der Einheit zwischen Dogmatik und Moral“. Die theologische Forschung solle einen „Schutzwall bilden gegen die vom Nominalismus und Modernismus heraufgeführte sachliche Trennung der religiösen Werte vom Dogmenglauben“, wodurch eine „Festigung und Stärkung der altkirchlichen und urtheologischen Überzeugung“ erwachse, dass „Dogma und Leben innerlich eine untrennbare Einheit bilden müssen, wenn das religiöse Leben seine Echtheit und Vollkommenheit bewahren will“180. Nach Krebs vorbereitenden Schriften der Jahre 1914-1917 und seiner Antrittsrede kam im Jahr 1921 der erste, im Jahr 1925 der zweite Band, seines programmatischen Hauptwerks „Dogma und Leben“ heraus. Er suchte seiner Leserschaft aufzuzeigen, wie „im Glauben unserer Kirche, und zwar im Gehalt der Dogmen dem strengen Wortlaut nach, das Heil unseres Lebens gegründet ist, wie in ihm und aus ihm erst Licht auf unseren Lebensweg fällt und Segen auf ihn sich ergießt, wie diese Dogmen uns stärken und erziehen“ 181 . Nach Auffassung Arnolds widersprach „die Rezeption der neuen Lebens- und wertphilosophischen sowie phänomenologischen

177 Vgl. UAF: B24/1921: Badisches Ministerium des Kultus und des Unterrichts an die Universität Freiburg vom 21.07.1919. 178 Vgl.: Engelbert Krebs: Die Wertprobleme und ihre Behandlung in der kath. Dogmatik, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 19 (1917), S. 215-225; Ders.: Dogma und Leben. Die kirchliche Glaubensquelle als Wertquelle für das Glaubensleben dargestellt (2 Bde.), Paderborn 1921; Ders.: Der Lebenswert des Dogmenglaubens, in: Akademische Bonifatiuskorrespondenz 30 (1914/15), S. 37-47; Ders.: Dogma und Sterben, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 52 (1951), S. 88-98. 179 Zu Heinrich Rickert vgl.: Peter-Ulrich Merz-Benz: Max Weber und Heinrich Rickert. Die erkenntniskritischen Grundlagen der verstehenden Soziologie, Würzburg 1990; Anna Donise/Antonello Giugliano/Edoardo Massimilla (Hg.): Methodologie, Erkenntnistheorie, Wertphilosophie. Heinrich Rickert und seine Zeit, Würzburg 2016. 180 Engelbert Krebs. Die Wertprobleme und ihre Behandlung in der katholischen Dogmatik, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 19 (1917), S. 215-225; hier: S. 50-51. 181 Engelbert Krebs: Dogma und Leben (Bd.1), Freiburg i. Br. 1923, S. 11. 59

Ansätze der lehramtlichen Weisung, auf der festen Grundlage der scholastischen philosophia perennis aufzubauen.“182 Dennoch setzte Krebs dieses „Lebensprogramm“183 in der Weise fort, dass er sich von jedem modernistischen Verdacht entfernte. Nicht nur Krebs´ Kollege Martin Grabmann beurteilte „Dogma und Leben“ als „eine neue Literaturgattung von eminentem Lebens- und Gegenwartswert“, auch Georg Pfeilschifter war der Auffassung, dass Krebs mit seinem zweibändigen Hauptwerk „der gottsuchenden nichtchristlichen Welt mit ihren Vorurteilen gegen das Christentum diese große, große Wohltat erwiesen“184 habe.

Im Jahr 1918 stand schließlich auch zweimal Krebs Berufung auf auswärtige Lehrstühle zur Debatte. Nach dem Tod des Dogmatikers Leonhard Atzberger (1854-1918) kam Krebs auf die Kandidatenliste für dessen Nachfolge an der Ludwig-Maximilians-Universität München, die dann aber doch Martin Grabmann erhielt. Auf einer Görrestagung in Würzburg im September 1918 versicherte der Moraltheologe Joseph Mausbach185 (1861- 1931), Krebs für einen Lehrstuhl an der geplanten theologischen Fakultät der Universität in Frankfurt vorzuschlagen. In den Kriegswirren verzögerte sich das Projekt und als die neue theologische Fakultät im Spätjahr 1919 zustande kam, war Krebs bereits ordentlicher Professor in Freiburg: Im Juni 1919 erhielt Krebs den Ruf auf den ersten dogmatischen Lehrstuhl der Universität Freiburg, nachdem der Prälat Karl Braig zu Beginn des Jahres sein Gesuch um Zurruhesetzung eingereicht hatte.186 Als Ordinarius befand sich Krebs somit auf dem Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere und konnte nun – in der Nachfolge des Kirchenhistorikers Franz Xaver Kraus und Heinrich Finke - die berühmt gewordenen Dante-Vorlesungen für Hörer aller Fakultäten weiterführen. 187 Krebs war durch seinen Vater erstmals in Berührung mit Dante Alighieri (1265-1321) gekommen und hatte sich in der Folgezeit wissenschaftlich mit dem italienischen Dichter auseinandergesetzt.188

182 Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 4. 183 Ebd., S. 4. 184 UAF: C126/27: Tagebucheintrag vom 21.12.1920. 185 Zu Joseph Mausbach vgl.: Johannes Gründel: Mausbach, Joseph, in: NDB 16 (1990), S. 446; Winfried Becker: Mausbach, Joseph, in: BBKL 5 (1993), S. 1071-1077. 186 Vgl. UAF: C126/9: Unter dem Stichwort „Fakultät“. 187 Vgl. UAF: B24/1921: Badisches Kultusministerium an die Freiburger Universität vom 21. Juli 1919. 188 UAF: C126/9: Stichwort „Dante“: 60

2.2.6 Engelbert Krebs und Joseph Sauer als liberale Hochschulpolitiker Innerhalb der Freiburger Theologischen Fakultät betrieb Krebs eine eher liberale Fakultätspolitik: Der christliche Archäologe und Patrologe Joseph Sauer, der wie Krebs zur jüngeren Generation innerhalb der Theologischen Fakultät gehörte, und mit Krebs eine eher „liberale Achse“ 189 bildete, half Krebs, seine Berufung auf den ersten dogmatischen Lehrstuhl an der Freiburger Universität durchzusetzen. Mit Sauer konnte Krebs Kontakte zu Freunden der Modernisten wie dem katholischen Theologen und christlichen Apologeten Friedrich von Hügel190 (1852-1925), bekannt als Baron von Hügel, und dem katholischen Theologen und Philosophen Henri Bremond 191 (1865-1933) pflegen und darüber hinaus eine liberale Fakultätspolitik betreiben: So bemühten sich beide in den Jahren 1921 und 1928 den badischen Exegeten Friedrich Wilhelm Maier192 (1883-1957) aus Breslau zurück in die Heimat zu holen. Dies scheiterte aber letztlich am neuen Erzbischof Karl Fritz (1964-1931), der Maier die modernistische Anwendung der Zwei- Quellen-Theorie in seinem Matthäuskommentar nicht nachsehen zu können glaubte.

Krebs tat sich in dieser Zeit auch als Unterstützer zweier nonkonformer Jungtheologen hervor: Hubert Schiel193 (1898-1983) hatte nach seinem Fronteinsatz katholische Theologie in Freiburg studiert, war auf Grund seiner Begeisterung für die historisch-kritische Exegese auf Weisung des erzbischöflichen Ordinariats von den Staatsexamensprüfungen ausgeschlossen worden. Krebs überließ Schiel für seine philosophische Dissertation seine privaten Materialien über den Moraltheologen Johann Baptist Hirscher, nach der dann mit

189 Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 6. 190 Zu Friedrich Baron von Hügel vgl.: Michael de la Bedovere: The life of Baron von Hügel, London 1951; Joseph P. Whelan: The Spirituality of Friedrich von Hügel, London 1971; Peter Neuner: Religiöse Erfahrung und geschichtliche Offenbarung. Friedrich von Hügels Grundlegung der Theologie (Beiträge zur ökumenischen Theologie Bd. 15), Paderborn u. a. 1977. 191 Zu Henri Bremond vgl.: André Blanchet: Henri Bremond 1865–1904, Paris 1975; Charles Chauvin: Petite vie de Henri Bremond 1865–1933, Paris 2006; Émile Goichot: Henri Bremond. Histoire du sentiment religieux; genèse et stratégie d'une entreprise littéraire, Paris 1982; Clément Moisan: Henri Bremond et la poésie pure, Abbeville 1967; François Trémolières: Henri Bremond moderniste? Un état de la questio, in: „In wilder zügelloser Jagd nach Neuem.“ 100 Jahre Modernismus und Antimodernismus in der katholischen Kirche. Schöningh, hg. v. Hubert Wolf, Paderborn 2009, S. 187–200. 192 Zu Friedrich Wilhelm Meier vgl.: Ingo Broer: Gebremste Exegese: Katholische Neutestamentler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Neutestamentliche Wissenschaft nach 1945. Hauptvertreter der deutschsprachigen Exegese in der Darstellung ihrer Schüler, hg. v. Cilliers Breytenbach/ Rudolf Hoppe, Neukirchen-Vluyn 2008; Ingo Broer: Der Münchener Neutestamentler Friedrich Wilhelm Maier – ein Modernist? Neues Licht aufgrund der Personalakte, in: Biblische Zeitschrift (54) 2010, S. 103–113. 193 Vgl. Gunther Franz: Schiel, Hubert, in: BBKL 9 (1995), Sp. 196–199; Alexandra Habermann u. Peter Kittel: Lexikon deutscher wissenschaftlicher Bibliothekare. Die wissenschaftlichen Bibliothekare der Bundesrepublik Deutschland (1981–2002) und der Deutschen Demokratischen Republik (1948–1990), Frankfurt am Main 2004, S. 156. 61

ausdrücklicher Befürwortung der Theologischen Fakultät an der Freiburger Universitätsbibliothek für den höheren Bibliotheksdienst eintreten konnte. Krebs setzte sich außerdem für die Erteilung des Imprimaturs für Schiels Biographie über Johann Baptist Hirscher194 ein, bei der es einige Jahre später zu Schwierigkeiten kam. Mit seinem Einsatz für Schiel ebnete Krebs diesem den Weg zu einer vielversprechenden Karriere: Schiel wurde 1932 zum stellvertretenden Direktor der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt, 1941 wurde er Leiter des Referats Bibliotheksschutz bei der Militärregierung in Brüssel und drei Jahre später kommissarischer Leiter der Universitätsbibliothek in Brünn.195 Schiel würdigte Krebs später als „Idealbild“ einer priesterlichen Persönlichkeit“. An dieser könne man „Katholizität im wahrsten und umfassendsten Sinne erfahren“, denn „alles Enge, Beengende, Beschränkte und Begrenzte überwand sein unermüdlich forschender und nach allen Seiten offener Geist“196.

Auch der Jungtheologe Alfons Maria Schneider197 (1896-1952) galt dem Bischöflichen Ordinariat als modernismusverdächtig, weswegen ihm ein Erlass vorgelegt wurde, nach dem die Genehmigung eines Studienurlaubs zum Zweck seiner Promotion nach seiner bevorstehenden Priesterweihe auf jeden Fall abgelehnt werden würde. Krebs setzte sich beim Ordinariat für Schneider ein, sodass sich Schneider auch nach seiner Priesterweihe weiter wissenschaftlich betätigen und zu einem Studienaufenthalt nach Rom reisen konnte.198 Im Jahr 1925 hielt er nach einem Treffen mit Schiel und Schneider in seinem Tagebuch fest:

„Wir gedachten des Jahres, in dem Schneider zum Seminar kam und Schiel davon zurückgewiesen wurde. Nun ist Schiel glücklich verheiratet und mitten in fleißiger literarischer Tätigkeit, und Schneider, der immer fürchtete, durch die Kurie vom Studium ferngehalten zu werden, ist schon im 2. Semester seiner archäologischen Spezialausbildung, wird von der Kurie finanziell unterstützt und steht vor einem Studienaufenthalt in Rom.“199

194 Vgl. Hubert Schiel: Johann Baptist von Hirscher, eine Lichtgestalt aus dem deutschen Katholizismus des 19. Jahrhunderts, Freiburg i. Br. 1926. 195 Vgl. Lebenslauf in: Hubert Schiel: Johann Michael Sailer. Leben und Briefe (Bd. 1), Regensburg 1948, S. 773. 196 vgl. Hubert Schiel: Briefe eines Freiburger Theologen an Franz Xaver Kraus, in: Freiburger Diözesan- Archiv 97 (1977), S. 279-379; hier: S. 473 u. 475. 197 Vgl. Hans Reinhard Seeliger: Schneider, Alfons Maria, in: BBKL 9 (1995), Sp. 536-540. 198 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 6-8. 199 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 13.11.1925. 62

Einen weiteren, modernismusverdächtigen Jungtheologen, den Krebs besonders schätzte, war der spätere Diözesanpriester Eugen Walter. Im Dezember 1927 vermerkte Krebs über diesen in seinem Tagebuch:

„Unter meinen Theologen ist ein Minorist Walter aus Karlsruhe, jugendbewegt, aber von stiller Reife und feinem Ernst. Manchesmal gehe ich nach der Vorlesung oder den Seminarübungen mit ihm ein paar Schritte Heimweg zusammen, wie auch heute, und freue mich des künftigen Konfraters.“200

Im Jahr 1943 hatte der Freiburger Erzbischof Conrad Gröber 201 (1872-1948) seine berühmten 17 Beunruhigungen 202 veröffentlicht, in denen dieser sich gegen neue Strömungen in Liturgie und Theologie, unter anderem aber auch gegen eine Überbetonung des mystischen Leibes Jesu Christi innerhalb der kirchlichen Begrifflichkeit wandte.203 Unter den in Gröbers Schrift angegriffenen katholischen Gelehrten befand sich auch der namentlich nicht genannte Freiburger Diözesanpriester Eugen Walter mit seinen Gedanken über das „Laien- und Weihepriestertum“. Im Zentrum von Gröbers Kritik, stand Walters Relativierung der Neuscholastik und die Aufwertung der Patristik, ein organischer Kirchenbegriff, eine ökumenische Offenzeit, ein christozentrisches Denken und die starke Betonung der Liturgie.204 Aus Sorge um den jungen Theologen trat Krebs als Gegener der 17 Beunruhigungen auf und wies Gröber darauf hin, dass er sich gerade mit seinen Ausstellungen am „Corpus Christi mysticum“ in einem vermeintlichen Gegensatz zu Papst Pius XIII gebracht habe.205 Trotz Krebs´ Einsatz für Walter wurde diesem unter dem Episkopat Erzbischofs Gröbers eine wissenschaftliche Karriere erschwert. Erst im Jahre

200 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 7.12.1927. 201 Vgl. Friedrich Wilhelm Bautz: Gröber, Conrad, in: BBKL (2), Sp. 353–354; Wolfgang Müller: Gröber, Konrad, in: NDB 7 (1966), S. 109; Hugo Ott: Conrad Gröber (1872–1948), in: Zeitgeschichte in Lebensbildern. Aus dem deutschen Katholizismus des 19. und 20. Jahrhunderts (Bd.6), hg. v. Jürgen Aretz, Rudolf Morsey, Anton Rauscher, Mainz 1984; Hugo Ott: Möglichkeiten und Formen kirchlichen Widerstands gegen das Dritte Reich von Seiten der Kirchenbehörde und des Pfarrklerus, dargestellt am Beispiel der Erzdiözese Freiburg im Breisgau, in: Historisches Jahrbuch 92 (1972), S. 312; Bruno Schwalbach: Erzbischof Conrad Gröber und die nationalsozialistische Diktatur, Karlsruhe 1985; Bruno Schwalbach: Erzbischof Conrad Gröber und die deutsche Katastrophe. Sein Ringen um eine menschliche Neuordnung. Karlsruhe 1994. 202 Vgl. Theodor Maas-Ewerd: Die Krise der Liturgischen Bewegung in Deutschland und Österreich. Zu den Auseinandersetzungen um die „Liturgische Frage“ in den Jahren 1939-1944 (Studien zur Pastoralliturgie 3), Regensburg 1981 S. 540-569. 203 Vgl. EAF: Krebs an das Erzbischöfliche Ordinariat mit dem Titel „Gedanken zur Kleruspredigt am 09.02.1943“ vom 09.02.1943. 204 Vgl. Michael Quisinsky: Der Freiburger Pfarrer und Theologe Eugen Walter (1906-1999) zwischen Liturgischer Bewegung und Konzilsrezetion, in: Freiburger Diözesan-Archiv 128 (2008), S. 161-203; hier: S. 168. 205 Vgl. Claus Arnold: Zwischen Modernismus und Nationalsozialismus, S. 8-9. 63

1969 erhielt Walter die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät Freiburg für seine akademischen Leistungen.206

2.2.7 Engelbert Krebs als „verlässlicher Theologe“ – der Fall des Breslauer Theologen Joseph Wittig Trotz seiner teils modernistischen Neigung galt Krebs in seinem theologischen Wirken dennoch den deutschen Bischöfen als „verlässlicher Theologe“207: Hierbei führte Arnold die enge Beziehung zu dem Rottenburger Bischof Paul Wilhelm von Keppler (1852-1926) an, der selbst einen liberalen Kurs gefahren hatte, nun immer mehr antimodernistische Positionen einnahm und dem Krebs als Vertrauensmann zur Seite stand. 208 In Krebs´ Tagebuch lässt sich diesbezüglich folgender Eintrag finden:

„[…] er sprach seine Sorgen aus über den neuen Zug in der Theologie, das „Irrationale“ im Glauben zu behaupten und die ratio zu verdrängen. Er nannte seinen Repetenten Geiselmann und den Dogmatiker Adam. Ich sagte ihm, worin ich Adams große Verdienste sehe, und dass ich nur seine Verneinungen nicht mitmachen könne. So konnte ich ihm eine hoffnungsfrohe Auffassung der ganzen Sache vermitteln, ohne das Fehlerhafte zu verkennen. Er bat mich, doch in dieser Sache meine `Stimme einmal zu erheben´.“209

Aber auch die innerkirchlichen Streitigkeiten um den katholischen Theologen Joseph Wittig 210 (1879-1949) verdeutlichen Krebs vertrauensvolle Stellung innerhalb des deutschen Episkopats: Joseph Wittig hatte 1922 mit seinem Aufsatz „Die Erlösten“211, erschienen in der Kulturzeitschrift „Hochland“, den Protest der Amtskirche erregt, da er die offizielle kirchliche Auslegung der Sünde und Beichte kritisierte.212 Joseph Wittig, der keinen Zweifel an seiner Rechtgläubigkeit aufkommen lassen wollte, wandte sich schließlich an den Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs mit der Bitte um Stellungnahme

206 Vgl. Michael Quisinsky: Der Freiburger Pfarrer und Theologe Eugen Walter, S. 165. 207 Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 5-6. 208 Vgl. Ebd., S. 5-6. 209 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 27.11.1923. 210 Zu Joseph Wittig vgl.: Josef Hainz (Hrsg.): Abschied vom Gott der Theologen: Zum Gedenken an Joseph Wittig (1878–1949) – fünfzig Jahre nach seinem Tod, Kelkheim-Eppenheim 2000; Josef Hainz (Hrsg.): Reformkatholizismus nach 1918 in Deutschland: Joseph Wittig (1879–1949) und seine Zeit. Dokumentation des Symposions der "Bibelschule Königstein e.V." am 30./31. März 2001 in Königstein, Kelkheim-Eppenhain 2002; Siegfried Kleymann: „… und lerne, von dir selbst im Glauben zu reden.“ Die autobiographische Theologie Joseph Wittigs (1879–1949), Würzburg 2000; Eugen Rosenstock: Religio depopulata. Zu Josef Wittigs Ächtung, Berlin 1926. 211 Vgl. Josef Wittig: Die Erlösten, in: Hochland 19/2 (1922), S. 1-26. 212 Engelbert Krebs: Joseph Wittigs Weg aus der kirchlichen Gemeinschaft, München 1928, S. 262. 64

zu den umstrittenen Äußerungen. Aber auch Krebs übte Kritik an den theologischen Aussagen des Breslauer Theologen. Wittig, der vorbehaltslose Zustimmung erwartet hatte, zeigte sich von Krebs enttäuscht und war nicht bereit, sich von dem Freiburger Theologen belehren zu lassen.213 Im Oktober 1923 hatte Krebs Gelegenheit mit Wittigs Fachkollegen Franz Xaver Seppelt (1883-1956) in Breslau über Wittig zu sprechen. Seppelt war der Auffassung, dass es nichts genützt hätte, hätte er mit Wittig ein persönliches Gespräch geführt. Wittig habe sich vielmehr „in eine Atmosphäre hineingelebt, worin er unbelehrbar an seiner `Mission´“ festhalte. Seppelt bezeichnete es als frevelhaft, sich der Welt der Wissenschaft und der Kirche, „soweit sie Amtsträgerin und gegliederte Gesellschaft“ sei, mit „solchem Sarkasmus entgegenzustellen“. Weiterhin sollte Wittig auch nicht „fortwährend in einem scherzenden Ton“ über die „schwierigsten Glaubensfragen öffentlich verhandeln“ und „jede Diskussion mit Scherz abschneiden“. In dem Gespräch betonte Seppelt, Wittigs Lehren „überall“ als „Irrtum“214 bezeichnet zu haben.

Inzwischen hatte Wittig vergebens um das Imprimatur für sein Leben-Jesu-Buch gekämpft. 215 Von Adolf Johannes Kardinal Bertram (1859-1945), Fürsterzbischof von Breslau, war Krebs im Herbst 1924 um ein Gutachten zur Theologie des Patrologen Joseph Wittig (1879-1949) gebeten wurden. 216 Diesem Gutachten konnte sich Krebs „nicht entziehen“ und so versuchte Krebs das Gutachten derart zu erstellen, dass „Wittig den Hauch der Liebe im frischen Winde der dogmatischen Kritik spüren musste“.217 In dem Gutachten trat Krebs als „neuscholastischer Kathederfürst“218 auf und bescheinigte Wittig trotz aller Sympathie dogmatische Irrtümer, was sicherlich mit dazu führte, dass dieser nach Indizierung seiner Schriften und nach der Beurlaubung von seiner Lehrtätigkeit an der Theologischen Fakultät der Universität Breslau im Jahr 1926 schließlich exkommuniziert wurde.219

Erst in seinen letzten Lebensjahren hatte sich Krebs über die innerkirchlichen Konflikte im Zuge des Modernismus rückblickend geäußert. In einem Beitrag, der unmittelbar nach seinem Tod erschienen war, finden sich folgende Bewertungen:

213 Vgl. Engelbert Krebs. Joseph Wittigs Weg, S. 265-267. 214 UAF: C126/ 26: Tagebucheintrag vom 09.10.1923. 215 Vgl. Engelbert Krebs. Joseph Wittigs Weg, S. 268-269. 216 Vgl. Ebd., S. 276. 217 Ebd., S. 276. 218 Claus Arnold, Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 6. 219 Engelbert Krebs: Joseph Wittigs Weg, S. 283-286. 65

„[…] Man kann wohl keinen einzelnen nennen, der die in der Enzyklika bekämpfte Lehre im ganzen Umfang vertreten hätte. Vielmehr stellt das Rundschreiben den ersten Versuch einer Konstruktion und Herleitung dieser verschiedenen Irrtümer aus einer gemeinsamen Wurzel dar, eben dem naturalistischen Denken der Zeit. […] Die Atmosphäre der katholischen Welt wurde durch die Enzyklika […] insofern geklärt, als die große Gefahr der Verwechslung der übervernünftigen oder suprarationalen Offenbarung göttlicher Geheimnisse mit dem nur außervernünftigen oder irrationalen Ahnen, Meinen und intuitiven Behaupten durch die Darlegungen des Rundschreibens offen enthüllt ward. Die Verfälschung des Glaubens an übernationale, aus dem Unterbewusstsein aufsteigende Wünsche und Ideale musste einmal deutlich gemacht und den ahnungslos auf solche Spuren geratenen Gliedern der Kirche gezeigt werden. Weil aber diese Spuren viele waren, und weil auch auf Seiten Übereifriger viel unklares Denken und liebloses Aburteilen sich fand, so wurde im Gefolge der die Enzyklika bald umschwärmenden Kampfliteratur oft eine vorschnelle Bezeichnung von Personen, von sozialen und politischen Programmen, von wissenschaftlichen, theologischen und philosophischen Theorien, von Reformvorschlägen für kirchliches Leben und Recht als „modernistisch“ üblich, die zu einem unerträglichen Misstrauen der Katholiken unter sich führte […] Auch ein so gütiger Papst wie Pius X. war durch die Integralisten über Gebühr misstrauisch gegen die deutschen Katholiken geworden […] Es waren schlimme Zeiten des inneren Kampfes in der Kirche damals.“220

2.3 Krebs nationales Engagement während des Ersten

Weltkriegs und in der Weimarer Republik (1914-

1933)

Gerade die Solidarisierung weiter Teile des deutschen Katholizismus gegen den römischen Antimodernismus kulminierte im Ersten Weltkrieg 221 in einer noch weitergehenden Einigung und führte zunächst zur stärkeren Einbindung in die protestantisch dominierte

220 Albert Weiß und Engelbert Krebs: Im Dienst am Buch. Bartholomä Herder, Benjamin Herder, Hermann Herder, Freiburg i. Br. 1951, S. 221-486. 221 Literatur zu Katholiken im Ersten Weltkrieg vgl.: Jost Dülffer/Karl Holl (Hg.): Bereit zum Krieg. Kriegsmentalität im wilhelminischen Deutschland 1890-1914, Göttingen 1986; Stefan Fuchs: „Vom Segen des Krieges“. Katholische Gebildete im Ersten Weltkrieg. Eine Studie zur Kriegsdeutung im akademischen Katholizismus, Stuttgart 2004; Irmgard Gehle: Im Krieg für Kaiser, Volk und Vaterland. Wie heilig war den Christen der 1. Weltkrieg? Nordhausen 2010; Heinz Hürten: Kurze Geschichte des deutschen Katholizismus 1800-1960, Mainz 1986; Ders. Deutsche Katholiken 1918-1945, Paderborn 1992; Johann Klier: Von der Kriegspredigt zum Friedensappell. Erzbischof Michael von Faulhaber und der Erste Weltkrieg. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen katholischen Militärseelsorge, München 1991; Heinrich Missalla: „Gott mit uns“. Die deutsche katholische Kriegspredigt 1914-1918, München 1968; Thomas Nipperdey: Religion im Umbruch. Deutschland 1870-1918, München 1988; Strütz, Jürgen: Der Katholizismus im deutschen Kaiserreich 1871-1918. Strukturen des problematischen Verhältnisses zwischen Widerstand und Integration, Hamburg 2004. 66

Kultur des Kaiserreichs. 222 Auf europäischer Ebene machte sich eine ab den nationsinternen Kulturkämpfen Ende des 19. Jahrhunderts forciert einsetzende übergreifende Nationalisierung der verschiedenen Katholizismen breit: Diese hatte sich im Vatikan sichtbar gemacht – hier blickten die deutschen Katholiken um 1900 eifersüchtig auf jede vermeintliche Bevorzugung Frankreichs als „der ältesten Tochter der Kirche“. Im ersten Weltkrieg kamen dieselben Deutungsmuster, die zuvor schon während der Einigungskriege angewandt wurden, wieder zur Geltung.223

2.3.1 Engelbert Krebs als nationaler Kriegstheologe im Ersten Weltkrieg – Schriftsteller und Herausgeber religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur Auch Engelbert Krebs ließ sich im Sommer 1914 von der nationalen Kriegsbegeisterung ergreifen und legte ein Kriegstagebuch an, aus dem eine charakteristische Stelle herausgegriffen sei:

„Welch´ eine Zeit! Und doch: wieviel hat sie an wenig Tagen an Idealismus, Gottvertrauen und Opfersinn hervorgerufen! Ist es nicht eine Gnade Gottes, die unser deutsches Volk vor dem Versumpfen bewahrt? Hat man nicht immer gesagt, seit vielen Jahren: Wir brauchen wieder einmal einen Krieg, der uns moralisch aus der Niederung und politisch aus dem Parteihader herausreißt? Nun ist er da. Möge Deutschland seiner Gnade sich würdig zeigen!“224

Krebs glaubte als überzeugter Monarchist an die These der deutschen Regierung, dass durch die Einkreisungspolitik der Großmächte sich Deutschland in einem aufgezwungenen Verteidigungskampf befände und war auch dann von der sittlichen Gerechtigkeit der nationalen Sache überzeugt, als seine drei Brüder an der Front fielen und er so unmittelbar mit der Grausamkeit des Krieges konfrontiert wurde.

222 Vgl. Claus Arnold: Katholizismus als Kulturmacht. Der Freiburger Theologe Joseph Sauer (1872-1949) und das Erbe des Franz Xaver Kraus (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B: Forschungen: Bd. 86), Paderborn u.a. 1999, S. 309. 223 Vgl. Claus Arnold: Die nationalisierte Theologie und die internationalen katholischen wissenschaftlichen Kongresse (Paris 1888, 1891, Brüssel 1894, Fribourg 1897 und München 1900), in: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie (Veröffentlichungen des Instituts für europäische Geschichte Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte Beiheft 101), Göttingen 2013, S. 37-52; hier: S. 38. 224 UAF: C126/21: Tagebucheintrag vom 05.08.1914. 67

Nach dem „Gesetz betreffend die Wehrpflicht der Geistlichen“225 vom Februar 1980 waren die katholischen Theologiestudenten in Friedenszeiten für eine Studiendauer von bis zu sieben Jahren befreit, wobei mit Kriegsbeginn die Rückstellung fortfiel und so schon gleich zu Kriegsbeginn 1914 katholische Theologiestudierende im Feld standen. Als geweihter Priester war Engelbert Krebs vom Dienst an der Waffe befreit, unterstützte die Kriegsanstrengungen jedoch auf eine andere Weise.226Nachdem Krebs im August 1914 die Fahrprüfung abgelegt und sich auch ein eigenes Fahrzeug gekauft hatte, wurde er vom Deutschen Roten Kreuz zum Verwundetentransport herangezogen und hielt sich in den darauffolgenden Monaten vermehrt an der Heimatfront auf.227 Als Verwundetentransporter brach Krebs auch vermehrt zu größeren Fahrten auf, die ihn in unmittelbare Nähe zur Front führten: Im Oktober 1914 musste Krebs mit den Beauftragen des Deutschen Roten Kreuzes nach Straßburg, Zabern, Saarburg und Metz. Wenige Tage später erfolgte eine Fahrt zur Front im Sundgau, wo an vielen Stellen noch Spuren der Kämpfe zu sehen waren, die einige Wochen dort vorher getobt hatten.228 In Freiburg verschrieb sich Krebs – wie viele seiner Hochschulkollegen - der kulturellen Kriegspropaganda. Zusammen mit seinem Hochschulkollegen Joseph Sauer unterschrieb Krebs die „Erklärung der Hochschullehrerschaft des Deutschen Reiches“, die den „Geist der deutschen Wissenschaft“ mit dem des „preußischen Militarismus“229 identifizierte.

Die Verbindung von französischem, vorzugsweise ultramontanem Katholizismus und Nationalismus hatte ihren Niederschlag in der 1915 erschienenen Propagandaschrift „La Guerre Allemande et le Catholicisme“230 gefunden, in dessen Folge nur knapp eine direkte Konfrontation der beiden nationalen Episkopate im Weltkrieg vermieden werden konnte: Nach der Herausgabe und dem Bekanntwerden der französischen Propagandaschrift bildete sich eine „bemerkenswerte Koalition von deutschen Bischöfen, Zentrumspolitikern und katholischen Professoren, die sich in verschiedenen Reaktionen gegen die Unterstellung wehrten, Deutschland und seine germanisch-protestantisch geprägte Kultur führten einen

225 Vgl. Gesetz vom 8. Februar 1890 über die Wehrpflicht der Geistlichen, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Münster 24 (1890), S. 28-29. 226 Vgl. Thomas Schulte-Umberg: Berlin-Rom-Verdun. Überlegungen zum Verhältnis von Ultramontanismus und Nation, in: Religion und Nation. Nation und Religion. Beiträge zu einer unbewältigten Geschichte, hg. v. Michael Geyer u. Hartmut Lehmann (Bausteine zu einer europäischen Religionsgeschichte im Zeitalter des Säkularismus), Göttingen 2004, S. 117-141; hier: S. 138. 227 UAF: C126/21: Tagebucheintrag vom 25.08.1914. 228 UAF: C126/21: Tagebucheintrag vom 06.-07.10.1914. 229 Hermann Kellermann: Der Krieg und die Geister: Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkriege 1914, Weimar 1915. 230 Vgl. Alfred de Baudrillart: La Guerre Allemande et le Catholicisme, Paris 1915. 68

antichristlichen bzw. antikatholischen Religionskrieg gegen Frankreich und Belgien“231. Der „Arbeitsausschuss zur Verteidigung deutscher und katholischer Interessen im Weltkrieg“ gab als erste größere Aufklärungsschrift das von Georg Pfeilschifter232(1870- 1936) initiierte Gegen-Buch „Deutsche Kultur, Katholizismus und Weltkrieg“233 heraus. Ende Oktober 1915 wurde die Herausgeberschaft der „Katholischen Monatsbriefe an das neutrale Ausland“234, die auf Beschluss des Arbeitsausschusses deutscher Katholiken zur Wahrung deutscher Interessen im Ausland gegründet worden war und von dem Zentrumspolitiker Matthias Erzberger (1875-1921) in besonderer Weise gefördert worden waren, an Krebs herangetreten.

Schon im August 1914 hatte sich Krebs als Verfasser allgemein verständlicher religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur hervorgetan: Im Freiburger katholischen Gemeindeblatt war sein erster Aufsatz „Gedanken über den großen Krieg“ 235 herausgekommen – der Anfang einer Aufsatzreihe, die sich dann über vier Kriegsjahre fortsetzte und schließlich in vier Bänden zusammengefasst wurde. 236 Krebs theologische Aussagen zum Kriegsgeschehen kennzeichnen aber auch viele kleinere Veröffentlichungen der Kriegsjahre, in denen Krebs den ersten Weltkrieg religiös überhöhte und legitimierte.237 Prägnant ist an dieser Stelle eine Zusammenfassung von Thomas Ruster: „Was immer die deutschen Armeen vollbrachten oder erlitten, Krebs wusste es in den Plan der Vorsehung Gottes einzuordnen. Solange die deutschen Waffen erfolgreich waren, glaubte er, der Krieg werde das Angesicht der Erde auf Jahrhunderte erneuern, und er dankte Gott für seine Taten

231 Claus Arnold: Katholizismus als Kulturmacht, S. 311 232 Zu Pfeilschifter: Josef Oswald: Georg Pfeilschifter (Nachruf), in: HJ 56 (1936), S. 437-440. 233 Georg Pfeilschifter (Hg.): Deutsche Kultur, Katholizismus und Weltkrieg. Eine Abwehr des Buches „La Guerre Allemande et le Catholicisme“, Paris 1915. 234 Engelbert Krebs: Katholische Monatsbriefe zur Verteidigung deutscher und katholischer Interessen im Weltkrieg, Freiburg i. Br./ Berlin 1915-1919. 235 Vgl. Krebs, Engelbert: Die Stunde unserer Heimsuchung (Gedanken über den großen Krieg Bd.1), Freiburg i. BR., zweite, unveränderte Auflage, 1915; Ders.: Am Bau der Zukunft (Gedanken über den großen Krieg Bd. 2), Freiburg. i. Br. 1915; Ders.: Das Geheimnis unserer Stärke (Gedanken über den großen Krieg Bd.3), Freiburg i. Br., erste und zweite Auflage, 1916. 236 In meiner Zulassungsarbeit mit dem Titel „Engelbert Krebs (1881-1950) – ein Freiburger katholischer Theologe im Ersten Weltkrieg“ untersuchte ich auf Basis dieser Schriften Krebs´ theologische Kriegsinterpretation. 237 Vgl. Engelbert Krebs: Vom Segen des Krieges, in: Theologie und Glaube 7 (1915), S. 21-26; Ders.: Unser ethisches Kriegsziel (Der Weltkrieg Bd. 51), Mönchengladbach 1916; Ders.: Die Welt und Wir: Eine Besinnung auf die gegenwärtige Weltlage und unsere Aufgabe, Freiburg i. Br. 1917; Ders.: Der Weltkrieg und die Grundlage unserer geistig-sittlichen Kultur, in: Deutschland und der Katholizismus (Bd.1), hg. v. Meinertz und Sacher, Freiburg i. Br. 1918, S. 1-28; Ders.: Völkergeschicke und Gerechtigkeit Gottes, Freiburg i. Br. 1919. 69

in Belgien, Frankreich, Serbien usw., so wie einst die Israeliten Gott für seine Taten in Ägypten und am Roten Meer gedankt hatten.“238

Krebs erklärte sich bereit, die Monatsbriefe herauszugeben. Als deren Ziel formulierte er, „gegenüber den Verleumdungen, die im Ausland über das deutsche Geistesleben und besonders über den deutschen Katholizismus leider selbst von Katholiken verbreitet wurden, […] Aufklärung zu bringen“ und von dem Geistesleben zu berichten, die „den Einstellungen gegenüber ein wahres Bild“ von dem „deutschen Eigenwesen“ 239 ermöglichen sollten. Da die „katholischen Monatsbriefe“ über den gesamten Kriegszeitraum in acht Sprachen erschienen – darunter deutsch, französisch, englisch, holländisch, polnisch, litauisch, italienisch und spanisch – wurde Krebs als katholischer Theologe auch innerhalb des internationalen Katholizismus bekannt.

Engelbert Krebs musste sich wegen der Monatsbriefe in der folgenden Zeit wiederholt über die Lage in den besetzten Gebieten in West und Ost persönlich an Ort und Stelle informieren. Nachdem er im Januar 1916 an einer Sitzung des Arbeitsausschusses deutscher Katholiken unter Vorsitz von Prälat Joseph von Mausbauch aus Münster im Pressebüro des Abgeordneten Matthias Erzberger in Berlin teilgenommen hatte, unternahm er vom 17. April bis 6. Mai 1916 eine erste Studienreise ins besetzte Luxemburg, nach Namur, Lüttich, Löwen und Brüssel.240 Dort führte er Gespräche mit dem Feldoberpfarrer des Westheeres und des Generalgouvernements Prälat Middendorf und dem Chef der politischen Abteilung Baron von der Lanken. Er hatte eine Audienz bei Generalgouverneur Freiherr von Büssing, während der es um die Lage der katholischen Kirche im besetzten Gebiet und über das Verhalten des deutschfeindlich eingestellten Kardinals Désiré Mercier241 (1851-1926) ging.242 Auf der Konferenz der katholischen Militärgeistlichen hielt er einen Vortrag über die Bedeutung der Feldseelsorge für die kommende Friedensarbeit. 243 Im September 1916 trat Krebs eine weitere größere Fahrt in das Generalgouvernement Warschau an, wo er den Erzbischof und Primas Poloniae Dr. Dahn

238Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit, S. 313. 239 Engelbert Krebs: Brief vom 1.12.1915, in: Katholische Monatsbriefe, hg. v. Engelbert Krebs, Freiburg i. Br.1915, S. 3-8; hier: S. 3. 240 Vgl. UAF: C126/23: Tagebucheintrag vom 14.04.1916. 241 Zu Désiré Mercier vgl.: Ilse Meseberg-Haubold: Der Widerstand Kardinal Merciers gegen die deutsche Besetzung Belgiens 1914–1918. Ein Beitrag zur politischen Rolle des Katholizismus im Ersten Weltkrieg, Frankfurt am Main/Bern 1982. 242 Vgl. UAF. C126/23. Tagebucheintrag vom: 19.04, 20.04, 22.04.1916. 243 Vgl. UAF. C126/23: Tagebucheintrag vom 26.04.1916. 70

und Bischof Franziskus Karewiez traf, sowie den Leiter der Abteilung Kultus und Unterricht der Verwaltung Ober-Ost, Geheimrat Major Altmann.244 Schon vor den beiden Auslandsreisen, die in der Heimat Anlass zu einer Reihe von Vorträgen gaben, hatte Krebs im Frühjahr 1916 zum Besuch von Kriegsgefangenenlagern und zu einer Besprechung über Kriegsgefangenenfürsorge einige Tage in Heidelberg, Mannheim und Stuttgart verbracht. 245 Das Ergebnis dieser Reisen war ein Buch über die Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland.246

2.3.2 Auf der internationalen katholischen Union in Zürich – Krebs als Akteur einer frühen christlichen Europäisierung Vom 29. bis 31. Januar 1918 nahm Krebs auf Wunsch des badischen Zentrumsabgeordneten und späteren Reichskanzlers Constantin Fehrenbach (1852-1926) an der Tagung der Internationalen katholischen Union in Zürich teil, bei der Vertreter verschiedener kriegsführender und neutraler Staaten die Aufgaben der katholischen Friedensarbeit besprachen.247 Mit Fehrenbach stand Krebs in engem Kontakt: Ursprünglich aus Südbaden stammend, hatte dieser zunächst in Freiburg katholische Theologie studiert, mit dem Ziel, ebenfalls Priester zu werden, dann aber an die juristische Fakultät gewechselt und später als Rechtsanwalt gearbeitet.248 Wie für die ersten Kongresse der europäischen Friedensbewegungen typisch, waren auch die ersten Sitzungen der Internationalen katholischen Union geprägt von Debatten über die Kriegsschuldfrage und wiesen eine Atmosphäre des internationalen Misstrauens auf, die durch die imperialistische Politik aller Regierungen geschaffen worden war. 249 Zwar herrschten unter den pazifistisch eingestellten katholischen Politikern erhebliche Differenzen hinsichtlich der Interpretation des Kriegsausbruchs, jedoch waren sich alle darin einig, dass ein Ende des Krieges schnellstens herbeigeführt und über eine Nachkriegsordnung nachgedacht werden sollte.250

244 Vgl. UAF: C126/23: Tagebucheintrag vom 27.09.1916 -23.10.1916 245 Vgl. UAF: C126/23: Tagebucheintrag vom 04.04.1916. 246 Vgl. Engelbert Krebs: Die Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland, Freiburg i. Br. 1917. 247 UAF: C126/24: Tagebucheintrag vom 26.01.1918. 248 vgl. Astrid Luise Mannes: Reichskanzler Constantin Fehrenbach. Eine Biographie, Berlin 2006; Christian Würtz: Der Reichskanzler Constantin Fehrenbach (1852-1926): Freiburger Rechtsanwalt und Zentrumspolitiker, Karlsruhe 2013; Helga Grebing: Fehrenbach, Konstantin, in: NDB 5 (1961), S. 51. 249 vgl. Dieter Riesenberger: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland. Von den Anfängen bis 1933, Göttingen 1985, S. 149. 250 Vgl. Matthias Schulz: Europa-Netzwerke und Europagedanke in der Zwischenkriegszeit, in: Europäische Geschichte Online (EGO), hg. vom Institut für Europäische Geschichte (IEG), Mainz 2010-12-03. URL: 71

Die Internationale katholische Union 251 verstand sich dabei ferner als „eine freie und neutrale Vereinigung der politischen und sozialen Führungen der Katholiken aller Länder, ohne Unterschied der Nationen und Rassen“ und setzte sich zum Ziel, „wo immer möglich eine Einflussnahme auf die Friedensverhandlungen im Sinne der allgemein christlichen und katholischen Interessen“ zu erreichen. Darüber hinaus bezweckte sie „die Wiederherstellung und Pflege jener geistigen Beziehungen und Bande zwischen den Katholiken aller Länder, welche die katholische Lehre zur Pflicht macht, und damit auch die Pflege des Geistes der Versöhnung, der Liebe und gegenseitiger Hochachtung“252. Die Friedensbemühungen der internationalen katholischen Union resultierten aus der Friedensnote „Dès le début“ Papst Benedikts XV., die am dritten Jahrestag des Kriegsbeginns, am 1. August 1917, erschienen war und worin dieser als neutraler Vermittler allen kriegsführenden Mächten Friedensverhandlungen angeboten und neben Abrüstungen auch die internationale Schiedsgerichtsbarkeit und den Verzicht auf Gebietsabtretungen gefordert hatte. 253 In seiner am 23. Mai 1920 veröffentlichten Enzyklika „Pacem Die munus pulcherrimum“ trat Benedikt XV später ebenfalls für die Versöhnung der Völker ein, wobei er sich darin gegen die harten Maßnahmen der Sieger im Friedensvertrag von Versailles wandte und sich für eine Revision des Vertrags aussprach.254 Obwohl Krebs die päpstliche Kundgebung zwar „christlich und katholisch“ vorkam, erblickte er in „ihrem Wortlaut“ dieselbe Botschaft, die „während dieses ganzen Krieges von der Entente (=Presse sowohl wie Diplomatie) nur gegen die Mittelmächte, ihre Kriegsführung und innere Verfassung gerichtet worden“255 waren. Krebs selbst sah den Papst „von den Katholiken der Mittelmächte abgeschnitten […] und den Einflüssen der Entente beständig ausgesetzt“, obwohl gerade Deutschland und Österreich „mit ihrer großen katholischen Tradition“ die „großen mächtigen Stützen der Kirche“256 darstellten.

http://www.ieg-ego.eu/schulzm2010-de URN: urn:nbn:de:0159-20100921678 [2019-12-28], S.1-48; hier: S.5. 251 Zur Internationalen katholischen Union in Zürich vgl.: Wolfram Kaiser: Christian democragy and the origins of European Union, Cambridge 2007. 252 UAF: C126/24: Rundschreiben mit den Leitsätzen der internationalen katholischen Union vom 08.11.1927. 253 UAF: C126/24: Rundschreiben mit den Leitsätzen der internationalen katholischen Union vom 08.11.1927. 254 Zu Papst Benedikt XV. und seiner Friedensinitiative während des Ersten Weltkriegs vgl.: Ralph Rotte: Die Außen- und Friedenspolitik des Heiligen Stuhls. Eine Einführung, Wiesbaden, 2. vollständig überarbeitete Aufl., 2014; René Schlott: Die Friedensnote Papst Benedikts XV. vom 1. August 1917. Eine Untersuchung zur Berichterstattung und Kommentierung in der zeitgenössischen Berliner Tagespresse, Hamburg 2007; Jörg Ernesti: Benedikt XV. Papst zwischen den Fronten, Freiburg/Basel/Wien 2016. 255 UAF: C126/24: Tagebucheintrag vom 26.01.1918. 256 Ebd. 72

So distanzierte sich Krebs von der Friedensinitiative und versuchte selbst, eine nähere Verbindung zwischen deutschen und österreichischen Katholiken herzustellen. 257 Im August 1918 reiste er nach Wien, um mit dem österreichischen Prälaten und späteren Bundeskanzler Iganz Seipel 258 (1876-1932) über den „Ausbau eines deutschösterreichischen Bündnisses“ zu sprechen, das Seipel selbst als „unverrückbares Ziel“ 259 seiner politischen Bemühungen bezeichnete. Die Internationalen katholischen Union in Zürich löste sich bald in Schall und Rauch auf. Analog zu vielen Friedensinitiativen der Weimarer Republik waren auch hier die vielen Richtungskämpfe und die von nationalen sowie kriegsbedingten Vorurteilen gefärbten Kontroversen und die sowieso schon geringe Mitgliederzahl ausschlaggebend.260 In derselben Zeit als die katholische Union in Zürich zusammentrat, veröffentlichte Präsident Wilson seine vierzehn Punkte für den Friedensschluss, welche im Oktober 1918 von der deutschen Reichsregierung als Grundlagen für die Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen angenommen wurden und deren wichtigster Punkt der Gedanke des Völkerbundes war. Krebs bezeichnete den Völkerbund als „das einzige Gegengift gegen den Weltbolschewismus“261. Dennoch bezweifelte er, dass der Völkerbund den „ewigen Frieden gewährleisten“ 262 könne, denn „ohne Gott, lediglich durch Menschenwitz und menschliche Rechtssatzungen“ könne „die Erlösung der Menschheit von den Nöten des öffentlichen Lebens und zumal von der Geißel des Krieges“263 nicht herbeigeführt werden. An dieser Stelle wird besonders deutlich, dass Krebs nicht zu einem „radikalen antimilitaristischen“, sondern vielmehr zu einem gemäßigten, „völkerrechtlich orientierten“264 Pazifismus tendierte, für den eine Befriedung der Nachkriegsgesellschaft nur durch die Kraft der katholischen Kirche und ein göttliches Zutun zu realisieren war.

257 Engelbert Krebs: Neu-Deutschland und Neu-Österreich: Stimmen zur Frage des Anschlusses von Deutsch-Österreich an Deutschland, in: Das Neue Reich 1 (1919), S. 301-302. 258 Zu Iganz Seipel vgl.: Klemens von Klemperer: Ignaz Seipel. Staatsmann einer Krisenzeit, Graz 1976; Thomas Olechowski: Ignaz Seipel. Moraltheologe, Minister, Bundeskanzler, in: Universität – Politik – Gesellschaft, hg. v. Mitchell G. Ash/ Josef Ehmer, Göttingen 2015. S. 271–278; Friedrich Rennhofer: Ignaz Seipel. Mensch und Staatsmann. Eine biographische Dokumentation (Böhlaus zeitgeschichtliche Bibliothek Bd. 2), Wien 1978. 259 UAF: C126/24: Tagebucheintrag vom 19.08.1918 260 vgl. Dieter Riesenberger: Geschichte der Friedensbewegung in Deutschland, S. 173. 261 Engelbert Krebs: Brief vom Januar 1919, in: Katholische Monatsbriefe, hg. v. Engelbert Krebs, Freiburg i. Br.1919, S. 1-9; hier: S. 8. 262 Engelbert Krebs: Brief vom Januar 1919, S. 6. 263 Ebd., S. 6. 264 vgl. Friedrich-Karl Scheer: Die Deutsche Friedensgesellschaft (1892-1933). Organisation, Ideologie, politische Ziele. Ein Beitrag zur Geschichte des Pazifismus in Deutschland, S. 384. 73

2.3.3 Krebs in den Revolutionsmonaten – Sicherung katholischer Interessen in der Zeit des politischen Umbruchs Auch die Katastrophe des verlorenen Kriegs, den Krebs theologisch als Zusammenbruch aller vorletzten Ziele wie Kaiserthron und Fürstenhöfe deutete, konnte Krebs in seinem nationalen Engagement nicht bremsen.265 Besonders Krebs´ politisches Agieren während der Novemberrevolution macht deutlich, dass er zur Gruppe des katholischen „Vernunftsrepublikanismus“ gezählt werden kann, die sich 1918/19 auf den „Boden der Tatsachen“ stellte und politische Verantwortung für die Republik trug, ohne sich aber voll und ganz zu ihr zu bekennen.266 Die Überlegung, katholische Interessen in der akuten Krise zu sichern, prägte auch Krebs politische Überlegungen in dieser Zeit.267 Am 10. November 1918 war in Baden eine provisorische Volksregierung gebildet worden, die vier Tage später die Republik verkündete. Eine Woche darauf wurde Krebs von seinem Vetter Clemens Etscheit, der das Büro des Freiburger Soldatenrates leitete, zu einer Sitzung des Rats mitgenommen. Krebs, der „wohl als erster kathol. Priester in Dtland, […] in einer revolutionären Versammlung“268 auftrat, hatte in der Sitzung ebenfalls das Wort ergriffen und sagte die Mitwirkung der Katholiken an der Herstellung von Ruhe und Ordnung zu, sofern nicht das Einverständnis mit dem sozialistischen Programm verlangt werde. Krebs selbst hatte während der Versammlung den Eindruck gewonnen, dass „die gegenwärtige Räteregierung gegen Putschversuche von rechts und links oder gegen Unterwanderung des Vertrauens in die Ordnungsliebe und Ehrlichkeit der Räte hinsichtlich der vorzubereitenden Nationalwahl“269 zu schützen sei. Die Räteregierung betrachtete die politische Arbeit der Zentrumspartei nicht gegen sich selbst gerichtet und begrüßte somit „die Mitarbeit der Katholiken und Zentrumsleute in der Anerkennung der gegenwärtigen Ordnung und der Aufklärung des Bauernvolkes über die vorläufige Ordnung, und in der Vorbereitung einer wahrhaft freien Wahl zur Nationalversammlung“270. Am nächsten Tag wurde in einer

265 Vgl. Krebs, Engelbert: Die religiöse Unruhe der Gegenwart und die katholische Kirche, Augsburg 1920/21, S. 7. 266 Vgl. Elke Seefried: Verfassungspragmatismus und Gemeinschaftsideologie: „Vernunftsrepublikanismus“ in der deutschen Zentrumspartei, in: Vernunftsrepublikanismus in der Weimarer Republik. Politik, Literatur, Wissenschaft (Stiftung Bundespräsident-Theodor-Heuss-Haus Wissenschaftliche Reihe Bd. 9), Stuttgart 2008, S. 57-86; hier: S. 61. 267 Vgl.: Engelbert Krebs: Herr, was willst Du, daß ich tun soll? Gedanken zum Zwangsfriedensschluss, in: Münchner Katholiken- und Kirchenzeitung 3 (1919), S. 249; Ders.: "Ihr sollt mir Zeugen sein" (Joh 15, 17): Gedanken über die Aufgaben der deutschen Katholiken beim Wiederaufbau der Friedenskultur, in: Bonifatiuskorrespondenz 13 (1919), S. 25-29; Ders.: Engelbert Krebs: Die katholische Kirche und die neue Wirtschaftsordnung, in: Deutsche Arbeit 4 (1919), S. 496-128. 268 UAF: C126/25: Tagebucheintrag vom 17.11.1918. 269 Ebd. 270 Ebd. 74

großen Zentrumsversammlung das Verhalten von Engelbert Krebs gebilligt. Die Führer des linken Flügels der Partei, allen voran der Freiburger Zentrumspolitiker Josef Schofer hatte sich dafür ausgesprochen, dass die Monarchie vom badischen Zentrum als unvertretbar aufgegeben werden müsse und hatte das Bekenntnis zur Weimarer Republik vorgeschlagen, was von den Teilnehmenden insgesamt gebilligt wurde.271

In der Frühe des 20. November 1918 wurde Krebs zu einer Besprechung des Arbeiter- und Soldatenrats gerufen, zu der außerdem der Vertreter des Oberkommandos der Oberrheinarmee General von Gündell sowie einige Vertreter bürgerlicher Parteien gebeten wurden. Dabei wurde der Entschluss gefasst, mit dem Arbeiter- und Soldatenrat in Karlsruhe Fühlung zu nehmen, zugleich aber auch eine Äußerung des Zentrums herbeizuführen, dass es bei der auf den 5. Januar 1919 angesetzten Wahl zur badischen Nationalversammlung nicht für die Wiedererrichtung der Monarchie, sondern für die Republik stimmen werde. In Karlsruhe beriet Krebs mit Zentrumsführern, die übereinstimmend ebenfalls die Ansicht vertraten, die demokratische Republik sei die letzte Rettungsmöglichkeit für die bürgerliche Gesellschaft. Anschließend ging Krebs mit dem großherzoglichen Finanzminister Reinbold und dem als Finanzminister in die provisorische Regierung eingetretenen und späteren Reichskanzler Josef Wirth zum großherzoglichen Finanzminister Freiherr von Bodman. Diesem wurde erklärt, dass keine bürgerliche Mehrheit für die großherzogliche Regierung erreicht werden könne. Krebs schlug bei dieser Beratung dem Staatsminister vor, er möge den Großherzog bitten, die Beamten und Soldaten vom Treueeid zu entbinden, weil sonst eine Wahl für die Republik unmöglich sei. Nach Ausräumung seiner Bedenken erklärte sich von Bodman schließlich bereit, den badischen Großherzog zur Abgabe der gewünschten Erklärung zu veranlassen. 272 Im Kontext des Zentrums-Parteitags in Kassel im Jahr 1925 sprach sich Krebs endgültig für die Weimarer Republik und für eine Vereinigung Europas aus:

„[…] Es genügt nicht, Partei der Mitte zu sein und zwischen Extremen zu lavieren. Die Partei muss zwei Ideen geistig und politisch führend vorwärtstreiben und zu verwirklichen suchen: (1) Die christlich beseelte Republik, (2) den gesamteuropäischen Solidarismus. [...] Die „Vorläufigkeit“ auf dem „Boden der Tatsachen“ ist vorbei: Monarchien in Deutschland sind nicht mehr zum Heil der Völker. Der jetzige Zustand muss mutig und zielbewusst in Angriff genommen und einem

271 Vgl. UAF: C126/25: Tagebucheintrag vom 18.11.1918. 272 Vgl. UAF: C126/25: Tagebucheintrag vom 20.11.1918. 75

gefestigten Leben mit christlichem Geist zugeführt werden und anstelle des engen nationalistischen Denkens muss der Geist der Vereinigten Staaten Europas treiben.“273

2.3.4 Ein neues theologisches Programm – Krebs als Verkünder eines „ver sacrum catholicum“ in der Weimarer Zeit Schon im Jahr 1920 trat Krebs als Künder eines neuen theologischen Programms auf, das nicht minder offensiv war als seine frühere Kriegspropaganda.274 Er deutete nun das Ende des Krieges als Zusammenbruch aller bloß „vorletzten Ziele“ 275 wie Kaiserthron und Fürstenhöfe sowie nationaler und wirtschaftlicher Macht und sah das Volk unterwegs zu den letzten Zielen, die allein die katholische Kirche für sie bereithalte. Für Krebs war die katholische Kirche als einzige Großmacht siegreich aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen und besaß allein die Kraft, einheitsbildend in die europäische Gesellschaft einzuwirken, nachdem die frühere Einheit durch den modernen Geist aufgelöst worden war.276

In seinen akademischen Vorträgen über „Die Kirche und das neue Europa“, die Krebs im Frühjahr 1924 in der Freiburger Sankt Martinskirche hielt, legte Krebs sein Programm des „ver sacrum catholicum“, des heiligen katholischen Frühlings in der Weimarer Zeit, zahlreichen Gläubigen voll ausgebreitet vor: Demnach waren die Erschütterungen des Wertesystems sowie die Loslösung von dem Einfluss der katholischen Kirche Folgen, die Krebs dem Subjektivismus anlastete:

„Der Subjektivismus, die Ichsucht des einzelnen und der Nationen, diese verkehrte Haltung des Geistes, einmal in den Organismus der europäischen Völkergemeinschaft eingedrungen, hat den Keim der Auflösung, die Giftsaat der zersetzenden Mächte in alle Gebiete des öffentlichen Lebens hineingetragen und hat uns alle in ein letztes Stadium des Zersetzungsprozesses hineingeführt. Dieser Subjektivismus, das ist der böse Geist, der an der Wiege des Renaissancezeitalters Posten gefasst und die Menschheit seitdem vergiftet hat.“277

Die Kirche erschien ihm dabei als der „große Gegenpart des Subjektivismus“278, deren Kraft in der gottgegebenen Autorität und Objektivität, ihrer inneren Festigkeit und Ordnung

273 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 18.11.1925. 274 Vgl. Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit, S. 313. 275 Krebs: Die religiöse Unruhe der Gegenwart und die katholische Kirche, Augsburg 1920/21, S. 7. 276 Vgl. Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit, S. 314. 277 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa: sechs Vorträge für gläubige und suchende Menschen, Freiburg i. Br., S. 27. 278 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 27. 76

liege. Dabei legte Krebs ganz besonderen Wert auf die Feststellung, dass sich die rettende Macht Gottes in erster Linie im Hirten-, Lehr-, und Priesteramt der Kirche manifestiere: Die kirchlichen Amtsträger seien es, „denen der lebendige Gott seine Beglaubigung vor aller Welt mitgegeben hat“, die „mit offenkundigen Kennzeichen ihrer göttlichen Herkunft ausgestattet sind“, die „Verwalter göttlicher Vollmachten, hinter denen Gottes Wort steht“279. Krebs war der Auffassung, dass „solche Menschen vermögen, was andere nicht vermögen, oder vielmehr durch solche Menschen wirkt Gott, was Menschen allein nicht können“280.

Dass die katholische Kirche allein die Kraft habe, gesellschaftsprägend und einheitsbildend in die Gesellschaft einzuwirken, zeigte sich für Krebs vor allem in der karitativen Tätigkeit der Christen, und den neuen katholischen Bewegungen wie beispielsweise der christlichen Friedensbewegung unter Marc Sangnier281 (1873-1950), dem monastischen Frühling, der Jugendbewegung, der Akademischen und der Liturgischen Bewegung. 282 Neben den Zusammenschlüssen der katholischen Laien führte Krebs auch den kirchenpolitischen Kurs Papst Benedikts XV. (1854-1922), der auf Grund seines engagierten Auftretens gegen den Ersten Weltkriegs als Friedenspapst bezeichnet wurde und seines Nachfolgers Papst Pius XI.283 (1857-1939), der in seinem Programm „Pax Christi in Regno Christi“ positive Leitlinien für eine friedfertige Gesellschaftsordnung auf dem Fundament der katholischen Religion entwickelte. 284 Hierbei bewertete Krebs auch Zeugnisse kirchenfremder und protestantischer Autoren als Belege für eine allgemeine Hinneigung zum Katholischen: Allein die römisch-katholische Kirche mit ihrer Objektivität, ihrem Amt, der Schönheit ihrer Liturgie und ihrer Resistenz gegen den „trostlosen Agnostizismus“285 Kants könne und müsse die Antwort auf „die religiöse Unruhe der Gegenwart“ sein, während sich der Protestantismus endlich eingestehen solle, dass er alle religiösen Schätze längst preisgegeben habe. In seinem Aufsatz zur Stockholmer Kirchenversammlung, die im August 1925 in Stockholm, veranstaltet von der ökumenischen Bewegung „Praktisches Christentum“ ohne katholische Beteiligung tagte, begrüßte Krebs „die große Wende im

279 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 113. 280 Ebd., S. 113. 281 Zu Marc Sangnier vgl.: Barry Gearoid: The disarmament of hatred: Marc Sangnier, French Catholicism and the legacy oft he First World War 1914-1945, Basingstoke u.a., 1. Auflage, 2012. 282 Vgl. Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 58-59. 283 Zu Papst Pius XI. vgl.: Alfons Fitzek (Hrsg.): Pius XI. und Mussolini, Hitler, Stalin: seine Weltrundschreiben gegen Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus, Eichstätt 1987; Martin Richter: Der erste Stellvertreter. Papst Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus, Darmstadt 2016. 284Vgl. Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 58-59. 285 Engelbert Krebs: Die religiöse Unruhe der Gegenwart und die katholische Kirche, Augsburg 1921, S. 15. 77

schismatischen und protestantischen Christentum, dass man endlich dem Gedanken der einen und katholischen Kirche wieder nachsinnt, und dass man Wege zur Einheit und zur Katholizität sucht“. Wer die Einheit suche, müsse „die von Christus gegebene und der Mutterkirche zu Rom anvertraute Einheit wollen und […] sie bei der Mutterkirche suchen, der sie anvertraut ist“286.

Aber auch außerhalb der katholischen Kirche sah Krebs den Gedanken des Zusammenschlusses und der Katholizität: Auf Ebene der Politik habe gerade der katholische Volksteil sich entgegen dem Rätesystem durchsetzen können, wobei die Vertreter des Klassenkampfes durch ihre Teilnahme an der Regierung bürgerlich- demokratischer Staaten den Geist einer innerparteilichen Zusammenarbeit bestätigt hätten. 287 Trotz aller Mängel an der Reichsverfassung seien eine Menge christlicher Grundsätze in sie hineingebaut worden: Besonders die Grundrechte enthielten eine Reihe von Artikeln, die nach Krebs´ Auffassung „einzig der gestaltenden Macht der kirchlichen Erziehung Europas zu verdanken“ seien wie „der Schutz der Familie als Grundlage der Gesellschaft, der Schutz des Privateigentums […], vor allem aber der Schutz des Gottesdienstes, der Freiheit und Selbstständigkeit der Kirche, die Garantie der Seelsorge in den Spitälern und Gefängnissen, die Gewähr der freien Ausübung der religiösen Pflichten für die Reichswehrsoldaten und ähnliches mehr“288.

Aber auch auf der Ebene der deutschen Industrie sah Krebs eine Wendung hin zur Katholizität: Vor allem in Unternehmertypen wie Alfred Krupp (1812-1887), Karl Zeiß (1816-1888), Benjamin Herder (1818-1888) und (1867-1922), sah Krebs eine „große, weitschauende Wirtschaftlichkeit mit hoher sozialer Gesinnung“ verbunden zu „bürgerlichem Rechtssinn mit echter christlicher Liebe“289. Trotz vieler antikatholischer Tendenzen bemerkte Krebs auch eine Umstellung innerhalb der deutschen Universitäten: So bemerkte Krebs, dass die Abhaltung der Thomasfeiern an der Freiburger Universität, als auch an den Universitäten in Breslau, Bonn, Münster und München nun in Gegenwart des Erzbischofs und des nicht - katholischen Rektors stattfanden. An den Universitäten in Göttingen, Frankfurt und Berlin seien Vorlesungen aus der katholischen Theologie in den Lehrplan aufgenommen worden.290

286 Engelbert Krebs: Die Stockholmer Kirchenversammlung, in: Der Feuerreiter 1 (1925), S. 8- 9; hier: S.9. 287 Vgl. Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 42-43. 288 Ebd., S. 43. 289 Ebd., S. 56. 290 Vgl. Ebd., S. 55. 78

International zeige sich der Gedanke der Zusammenarbeit durch die Politik von Josef Wirth und Gustav Stresemann (1878-1929): Der dem linken Flügel des politischen Katholizismus zugehörige Reichskanzler Josef Wirth291 hatte sich zur Annahme des Londoner Ultimatums entschlossen, um an der Erfüllung der Forderungen deren praktische Unerfüllbarkeit zu demonstrieren – dafür war er insbesondere von den rechten Kreisen der Zentrumspartei als „Erfüllungspolitiker“ beschimpft worden. Der DVP-Politiker Gustav Stresemann292 (1878- 1929) hatte mit der Übernahme des Außenministeriums 1923 an den Beginn der Erfüllungspolitik von 1921 angeschlossen. Im Februar 1925 hatte Stresemann zudem ein Memorandum an Frankreich gerichtet, das einen Sicherheitspakt zwischen England, Frankreich, Deutschland und Italien mit den USA als Garantiemacht vorschlug und zum Vertragswerk von Locarno führte.293 Ebenso vorgesehen waren der Beitritt Deutschlands zum Völkerbund und dessen ständiger Sitz im Völkerbundsrat. Gerade Deutschlands Eintritt in die Liga der Nationen und die beginnenden wirtschaftlichen Verbindungen der deutschen Großindustrie mit englischen, belgischen und französischen Werken wertete Krebs als Beginn einer neuen europäischen Staatenordnung, die nur weiterhin zu realisieren sei, „in Unterordnung unter die objektiven Mächte des Gottesreiches“294. Krebs´ Konzept eines neuen Europas – so die Botschaft Krebs´ in seinen Vorträgen – war demnach ohne kirchlichen Integralismus nicht zu haben.295

Der Zusammenbruch der Welt nach 1918/19 markierte das Zeitalter des Katholizismus, das in Krebs´ Vorstellungswelt den deutschen Kulturprotestantismus ablöste, und auf nationaler, europäer und globaler Ebene seines Siegeszug antrat.

291 Zu Josef Wirth vgl.: Bernd Braun: Die Reichskanzler der Weimarer Republik. Zwölf Lebensläufe in Bildern. Düsseldorf 2011, S. 202–235; Georg Herbstritt: Ein Weg der Verständigung? Die umstrittene Deutschland- und Ostpolitik des Reichskanzlers a.D. Dr. Joseph Wirth in der Zeit des Kalten Krieges (1945/51–1955) (Europäische Hochschulschriften. Reihe 3: Geschichte und ihre Hilfswissenschaften Bd. 569), Frankfurt am Main 1993; Ulrike Hörster-Philipps: Joseph Wirth 1879–1956. Eine politische Biographie (Veröffentlichungen der Kommission für Zeitgeschichte Reihe B: Forschungen Bd. 82), Freiburg 1998; Heinrich Küppers: Joseph Wirth. Parlamentarier, Minister und Kanzler der Weimarer Republik, Stuttgart 1997. 292 Zu Gustav Stresemann vgl.: John P. Birkelund: Gustav Stresemann. Patriot und Staatsmann. Eine Biographie, Hamburg 2003; Karl Heinrich Pohl: Gustav Stresemann. Biografie eines Grenzgänger, Göttingen 2015; Jonathan Wright: Gustav Stresemann 1878–1929. Weimars größter Staatsmann, München 2006. 293 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 56. 294 Ebd., S. 110. 295 Vgl. Thomas Ruster: Die verlorene Nützlichkeit der Religion, S. 315. 79

2.3.5 Krebs´ Engagement im Kultur- und Verbandskatholizismus – der „Katholische Akademikerverband“ und die „Görresgesellschaft“ Passend zu seinem reformkatholischen Programm engagierte sich Krebs in der Nachkriegszeit verstärkt in dem „Katholischen Akademikerverband zur Pflege der katholischen Weltanschauung“ 296 . Die katholischen Akademikervereine hatten sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Trägern eines kulturellen Aufbruchs unter den deutschen Katholiken entwickelt, die „das Bekenntnis zum deutschen Volkstum mit dem Festhalten an der katholischen Identität in Wissenschaft, Literatur und Kunst, aber schlussendlich auch mit der unumstößlichen Bindung an die kirchliche Autorität“ 297 verknüpften. Noch während des Ersten Weltkriegs gründete sich der „katholische Akademikerverband“, dessen Gründervätern es weniger um eine Versöhnung mit der deutschen protestantischen Nationalkultur ging. Vielmehr stand die Verwirklichung eines antimodernistischen Programms im Vordergrund ihrer Überlegungen: Überzeugt davon, dass die katholische Kirche als einzig verbliebene Großmacht siegreich aus dem Ersten Weltkrieg hervorgegangen war, während das protestantisch dominierte Kaiserreich in der Revolution von 1918/19 untergegangen sei, propagierten sie die Überlegenheit des Katholizismus.298 Diese Botschaft fiel auf fruchtbaren Boden: Unmittelbar nach Kriegsende stiegen die Mitgliederzahlen rasant an, es kam deutschlandweit zur Gründung neuer Ortsgruppen, deren Kommissionen und Arbeitsgruppen Tagungen zu den verschiedensten Themen abhielten. Dabei trugen vor allem namhafte katholische Gelehrte wie die Theologen Erich Przywara SJ (1889-1972), Romano Guardini (1885-1968) und Ildefons Herwegen OSB (1874-1946), die auf den Veranstaltungen des katholischen Akademikerverbandes öffentlich auftraten, zu einer Blüte des Vereins bei. Seit dem Jahr 1928 erschien auch viermal im Jahr die vereinseigene Zeitschrift „Der katholische Gedanke“, zu deren Verfassern konservativere katholische Theologen wie die zuvor genannten Gelehrten Erich Przywara und Ildefons Herwegen, aber auch der Jesuit Peter Lippert SJ (1879-1936) , der Staatsrechtler Carl Schmitt (1888-1985), der Philosoph Dietrich von Hildebrand (1889-

296 Vgl. Guido Müller: Katholische Akademiker in der Krise der Moderne. Die Entstehung des katholischen Akademikerverbands im wilhelminischen Deutschland zwischen bildungsbürgerlicher Reformbewegung und Laienapostolat, in: Krisenwahrnehmung im Fin de siècle. Jüdische und katholische Bildungseliten in Deutschland und in der Schweiz (Clio Lucernensis 4), hg. v. Michael Graetz/Guido Müller, Zürich 1997; Dieter Breuer/Gertrude Copl-Kaufmann: Der „katholische Akademikerverband“ im Übergang von der Weimarer Republik ins „Dritte Reich“. Moderne und Nationalsozialismus im Rheinland, Paderborn 1997, S. 551-576. 297 Otto Weiss: Kulturkatholizismus. Katholiken auf dem Weg in die deutsche Kultur 1900-1933, Regensburg 2014, S. 81-82. 298 Vgl. Otto Weiss: Kulturkatholizismus, S. 81-82 u. S. 161-162. 80

1977), Josef Mausbach (1861-1931) und Anton Stonner (1865-1973) gehörten.299 Umso mehr passte Engelbert Krebs in die Grundstimmung des Führungskaders des Verbandes. In der Verbandsschrift „Die Protestanten und Wir“300 wandte er sich gegen jede Form der Ökumene 301 und betonte vor allem das Trennende zwischen Protestantismus und Katholizismus. Parallel war Krebs immer noch im Freiburger Ortsvorstand der Görresgesellschaft 302 aktiv, dessen Aufgabe im Gegensatz zum „katholischen Akademikerverband“ primär darin bestand, Wissenschaftsförderung zu betreiben und insbesondere junge katholische Gelehrte in ihrer akademischen Laufbahn innerhalb eines protestantisch geprägten Lehr- und Wissenschaftsbetriebs zu unterstützen.303

2.3.6 Krebs als „Vertrauensmann rechtsgerichteter Kreise“ – parteiinterne Richtungsstreitigkeiten mit dem linken Joseph Schofer Krebs politisches Engagement nach der Revolution war vor allem geprägt von Auseinandersetzungen mit dem Führer der badischen Zentrumspartei, Joseph Schofer, der im Jahr 1919 auch den Fraktionsvorsitz von dem Parteichef Wacker übernommen hatte. Schofer erklärte die Badische Zentrumspartei zu einer „Ordnungs- und Verfassungspartei“304, die uneingeschränkt mit den beiden demokratischen Parteien SPD und DDP koalieren könne, sodass bis November 1929 Baden tatsächlich von einer Weimarer Koalition regiert werden konnte. Angehörige der badischen Zentrumspartei sahen sich aus diesem Grund in der Pflicht, auf die weltanschaulichen Unterschiede der Parteien hinzuweisen und das katholische Selbstverständnis der Zentrumspartei zu betonen. Besonders rechtskatholische Kreise machten dem Zentrumsparteiführer Schofer ernsthafte Vorwürfe, er würde durch das Bündnis mit der Sozialdemokratie christliche Grundsätze verraten.305 Entgegen dieser links gerichteten Zentrumspolitik Schofers sprach sich auch

299 Vgl. Otto Weiss: Kulturkatholizismus, S. 161. 300 Vgl. Engelbert Krebs: Die Protestanten und Wir: Einigendes und Trennendes, München 1922. 301 Krebs Studien zum Protestantismus vgl. Engelbert Krebs: Die Stockholmer Kirchenversammlung, in: Feuerreiter 1 (1925), S. 8; Ders.: Die Selbstbesinnung des Schismas und des Weltprotestantismus, in: Literarischer Handweiser 61 (1925), Sp. 737-750; Ders.: Zur ökumenischen Bewegung, in: Literarischer Handweiser 65 (1929), Sp. 481-488. 302 Vgl. Rudolf Morsey: Die Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaft. Streiflichter zu ihrer Geschichte, Paderborn u.a. 2009. 303 Vgl. Otto Weiss: Kulturkatholizismus, S. 160. 304 Michael Kitzing: Für den christlichen und sozialen Volksstaat. Die Badische Zentrumspartei in der Weimarer Republik (Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Bd. 163), Berlin 2013, S 83-84; Zu diesen Vorwürfen äußerte sich Schofer auch selbst in: Josef Schofer: Mit der alten Fahne in die neue Zeit. Politische Plaudereien aus dem „Musterländle“ Freiburg i. Br. 1926, S. 121. 305 Vgl. Michael Kitzing: Für den christlichen und sozialen Volksstaat, S. 121. 81

Engelbert Krebs für einen klaren „Zentrumsstandpunkt“ aus: Christliche und sittliche Maßstäbe sollten weiter verfolgt und der Sozialdemokratie vor allem in Fragen der Bildung und Erziehung nicht nachgeben werden. 306 Trotz der Richtungsstreitigkeiten mit dem linken Joseph Schofer blieb Krebs im Freiburger Ortsausschuss des Zentrums weiterhin aktiver Zentrumspolitiker und nahm auch weiterhin intensiven Anteil an Fragen der christlichen Erziehung und Bildung. Zudem war Krebs im Jahr 1923 in den Bürgerausschuss der Stadt Freiburg gewählt worden, aus dem er 1926 jedoch auf eigenen Wunsch ausschied, um seine Weltreise zu unternehmen.307 Auch als Dogmatikprofessor versuchte Krebs, seine Studierenden zu „politischen Aposteln“ zu erziehen und für eine christliche Politik zu gewinnen. In einem publizierten Aufsatz einer Rede vor der Freiburger Studierendenschaft betonte Krebs, dass jeder Christ vor seinem Gewissen die Pflicht habe, christliche Grundsätze in das gesellschaftliche und staatliche Leben hineinzutragen. Die Mitarbeit an der Ausbreitung und Festigung des von Christus begründeten Gottesreiches war für ihn zugleich Mitarbeit am Wiederaufbau Deutschlands auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Verfassung.308

Als „Vertrauensmann rechtsgerichteter Kreise in der Zentrumspartei“ hatte Krebs in der Endphase der Weimarer Republik lange versucht, „die Leitung der Zentrumspartei diesen rechtsgerichteten Kreisen wieder näher zu bringen“309. Zuletzt geschah dies im Jahr 1932, als Krebs Privatzusammenkünfte von Zentrumspolitikern und eher rechtsstehenden Katholiken organisierte, um Lösungen für die politische Krise zu finden. Dabei sollte das alte Parteienschema überwunden und organisch-korporative Ordnungen gesucht werden, die an die berufsständische Gliederung anknüpfen sollten.310 Auf Grund der Annäherung der Zentrumspartei an die Sozialdemokratie unter Joseph Schofer war Krebs schließlich aus der Zentrumspartei ausgetreten.311

306 Vgl. Engelbert Krebs: Grundsätzliches zur Zwangsschulfrage, in: Badischer Beobachter 78 (1919), S. 1.; Ders.: Grundsätzliches zur Zwangsschulfrage (Fortsetzung), in: Badischer Beobachter 96 (1919), S.1; Ders.: Die Schulfrage in Deutschland, in: Volkswohl Wien 11 (1920), S. 158-162. 307 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Staatsanwalt J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. vom 8. Oktober 1936 betreffend Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung. 308 Engelbert Krebs: Das Apostolat der Politik, in: Freiburger Tagespost (19.07.1921). 309 EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Bericht eines „Anonymus“, in: Staatsanwalt J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. vom 8. Oktober 1936 betreffend Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung. 310 Vgl. UAF: C67/31: Tagebucheintrag vom 20. 06.1931. 311 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Bericht eines „Anonymus“, in: Staatsanwalt J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. vom 8. Oktober 1936 betreffend Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung. 82

2.3.7 Krebs´ Treue zur Zentrumspartei – Die Affäre um Josef Rest Krebs politische Aktivitäten innerhalb der Zentrumspartei wurden innerhalb des Kollegenkreises, besonders von den katholischen Theologen Carl Braig312 (1852-1923) und Karl Künstle313 (1859-1932), die als Professoren einer älteren Generation eine Distanz zum politischen Katholizismus aufwiesen, kritisch betrachtet.314 Im Jahr 1919 hätte ihn sein Eintreten für die Republik fast die Übernahme des Ordinariats der Freiburger katholischen Fakultät gekostet. In seinen Aufzeichnungen vom 17. März befindet sich dementsprechend folgender Eintrag:

„Vor einiger Zeit hat Prälat Braig sein Gesuch um Zur-Ruhe-Setzung eingereicht. Die Frage, wer sein Nachfolger werden soll, ist unter den Kollegen zur Erörterung gestellt. Neulich schon riet mir Göller, mit Künstle wieder mehr Fühlung zu suchen, der seit der Revolution mir sehr abgeneigt geworden sei und meine vielseitige öffentliche Tätigkeit als wenig empfehlenswert für die akademische Lehrberufung tadle. Ich tat in dieser Richtung aber bis heute nichts. Heute nun teilte mir Sauer mit, es werde von Künstle und Braig agitatorisch gegen mich gearbeitet. Künstle habe mein öffentliches Wirken […] als unpriesterlich bezeichnet, Braig habe erklärt, seit meinem Buch über den Logos hätte ich wissenschaftlich nichts mehr geleistet.“315

Im Jahr 1929 gerieten schließlich auch Sauer und Krebs in einen scharfen Gegensatz, der zeigt, dass es Krebs im Zweifelsfall nicht mit der national-liberalen, antirepublikanischen Senatsmehrheit, sondern mit der in Karlsruhe regierenden Zentrumspartei hielt: Kultusminister Otto Leehrs (1875-1942) von der DDP hatte im Oktober 1929 gegen den Willen des Freiburger Senates Dr. Josef Rest 316 (1884-1961) zum Direktor der Universitätsbibliothek ernannt. Rektor Hans Dragendorff 317 (1870-1941) nahm die Verletzung seiner universitären Autonomie zum Anlass, seinen Rücktritt einzureichen, worauf Joseph Sauer mit der stellvertretenden Führung der Geschäfte beauftragt wurde. Gerade durch diese Rest-Affäre waren an der Freiburger Universität die stets präsenten konfessionellen Spannungen wieder an die Oberfläche gekommen: Josef Rest war genauso

312 Zu Carl Braig vgl.: Daniel Esch: Apostolat der Dialektik. Leben und Werk des Freiburger Theologen und Philosophen Carl Braig (1853-1923), Freiburg 2004; Johannes Schaber: Braig, Carl, in: BBKL 14 (1998), Sp. 820–829. 313 Zu Karl Künstle vgl.: Linus Bopp, in: Freiburger Diözesan-Archiv 64 (1936), S. 22-25; Hubert Schiel: Künstle, Karl, in: NDB 13 (182), S. 227. 314 Vgl. Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S.11. 315 UAF: C126/7: Stichwort „Theologische Professuren“. 316 Zu Josef Rest vgl.: Ruthardt Oehme: Prof. Dr. Josef Rest. Nachruf, in: ZGO 110 (1962), S. 207–209; Ruthardt Oehme: Rest, Josef, in: Badische Biographien (Bd.1), Stuttgart 1982, S. 226-228. 317 Zu Hans Dragendorf vgl.: Heinz Kähler: Dragendorff, Hans, in: NDB 4 (1979), S. 99. 83

wie Krebs Katholik und Zentrumsmann, und so setzte sich neben Heinrich Finke, Linus Bopp318 (1887-1971) und Joseph Schofer (1866-1930) insbesondere Engelbert Krebs für Josef Rest ein. Nach Abgang von Leers kam es in Freiburg schließlich zu einem Kompromiss, nach dem Rest als Direktor der Universitätsbibliothek bleiben könnte und Dragendorff als Rektor wiedergewählt wurde. Offen sprach Krebs vom „Katholikenkoller an der Universität“, was sein Kollege und Freund Sauer ganz und gar nicht teilen wollte. In seinem Tagebucheintrag vom 17. Mai 1930 bemerkt Sauer: „Da komme ich nicht mit; damit will er wohl seine Haltung in der Rest-Affäre legitimieren.“319 Als Konsequenz darauf signalisierte ihm Sauer, dass er bei der nächsten Rektorenwahl 1932/33, bei der turnusgemäß die katholische Fakultät an der Reihe war, mit keiner Mehrheit rechnen könne. Nach der Auseinandersetzung um Rest bestand die Gefahr, dass bei der eigentlich fälligen Kandidatur von Krebs oder Allgeier die Fakultät übergangen würde. Um der Fakultät eine Niederlage zu ersparen, einigten sich Sauer und Krebs auf eine nochmalige Kandidatur Sauers, der am 12. Dezember 1931 mit 69 von 75 Stimmen gewählt wurde. 320Krebs´ parteipolitisches Engagement kann folglich als Grund dafür gewertet werden, warum Krebs selbst nie Rektor der Freiburger Alberto-Ludoviciana wurde.

2.4 Zwischen anfänglicher Sympathie und

entschlossenem Widerstand – Krebs im

Nationalsozialismus (1933-1945)

Die Folgen der „Machtergreifung“ machten sich auch für die Freiburger Theologische Fakultät bald nach 1933 bemerkbar, denn der Bischof von Basel-Solothurn zog im Sommersemester 1933 seine Theologen vom Studium in Freiburg zurück. Gegen dieses Vorgehen protestierten Engelbert Krebs als Dekan der Theologischen Fakultät und Joseph Sauer als Prorektor der Freiburger Universität, denn sie sahen die traditionelle Bedeutung von Freiburg als Studien- und Promotionsort bedroht. 321 Auf Basis der neuen Universitätsverfassung kam es im Wintersemester 1933/34 zur Ernennung des Kirchenrechtlers Nikolaus Hilling (1871-1960) zum Dekan durch den Rektor Martin

318 Zu Linus Bopp vgl.: Ein- und Durchblicke in Leben und Gesamtwerk des Freiburger Pastoraltheologen Linus Bopp (1887–1971), Würzburg 1997; Philipp Müller: Dem Leben dienen. Das Seelsorgeverständnis von Linus Bopp (1887–1971) im Kontext heutiger Seelsorgekonzeptionen, Würzburg 1997. 319 UAF: C67/30: Tagebucheintrag vom 17. Mai 1930. 320 Vgl. Schilderung der Rest-Affäre in: Claus Arnold: Katholizismus als Kulturmacht, S. 335-338. 321 Vgl. UAF: B59/162: Protokollbuch Eintrag vom 14. Juni 1933. 84

Heidegger. Hilling genoss das Vertrauen Martin Heideggers und hatte als konservativer und ganz auf der Basis des Kirchenrechts arbeitender Theologe das Reichskonkordat begrüßt.322

2.4.1 Krebs anfängliche Sympathie mit den Nationalsozialisten im Zuge des Reichskonkordats Engelbert Krebs hatte zunächst alles andere als eine oppositionelle Rolle gegenüber dem Nationalsozialismus eingenommen. In dieser Zeit lässt sich das Bestreben Krebs erkennen, die Rechte der katholischen Kirche im nationalsozialistischen Staat zu sichern. Nach Abschluss des Reichskonkordates hatte Krebs zuerst versucht, sich dem neuen politischen Geist anzupassen. So hatte er in der „Freiburger Tagespost“ einen Beitrag über die „Aufgabe der Universität im neuen Reich“323 mit lobenden Worten gewürdigt. Am 1. Juni 1933 hielt Krebs vor der theologischen Fachschaft einen Vortrag mit dem Titel „Vom Wesen der Autorität im Lichte des christlichen Glaubens“. Darin behauptete Krebs, dass „die heutige akademische und nichtakademische Jugend“ mit der „Zustimmung zum neuen Staat“ auch „ein neues Bekenntnis zur Autorität“ abgelegt habe. Das „Wesen der echten Autorität“ werde durch „die Verlautbarungen der obersten Reichsregierung“ wieder „zum Grundsatz alles staatlichen und gesellschaftlichen Lebens propagiert“. Überzeugt zeigte sich Krebs, dass „die Reichsregierung“ in „Unterordnung unter Gott“ und „darum im Zusammenwirken mit der Kirche Gottes ihre Autorität aufrichten“ wolle.324

Im Februar des folgenden Jahres versuchte Krebs in einem Vortrag über „Jesuitischen und deutschen Geist“, die vermeintlichen gemeinsamen Wesenselemente von NSDAP und der Gesellschaft Jesu herauszustellen. Dahinter steckte die Intention, die NS-Formationen in das Staatengebilde einzubinden und auf diese Weise zu zähmen. 325In seinem Vortrag betonte Krebs, dass „der Soldatengeist eines unbekannten deutschen Frontsoldaten“ mit „zähem Führerwillen“ eine „zweite, weit größere Organisation aufgebaut“ habe, in der „deutsche Mannestreue gegenüber dem Führer, deutsche Kameradschaft, deutsche

322 Vgl. Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, in: Katholische Theologie im Nationalsozialismus (Bd.1: Institutionen und Strukturen), hg. v. Dominik Burkard und Wolfgang Weiss, Würzburg 2011, S. 147-166; hier: S. 150-151. 323 Vgl. Engelbert Krebs: Gedanken zum Reichskonkordat, in: Freiburger Tagespost 172 (1933). 324 Vgl. Engelbert Krebs: Vom Wesen der Autorität im Lichte des christlichen Glaubens (Glaube und Gegenwart 1), Freiburg i. Br. 1933, S.24. 325 Vgl. Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, S. 151. 85

Hingabefähigkeit eine auf allen Gebieten schlagfertige Truppe bereitgestellt“ habe, die der „Führer“ selbst „dem Präsidenten und dem ganzen Volke dienstbar gemacht“326 habe.

Aufschlussreich ist, dass Krebs Vortrag von der Hitler-Jugend und von dem nationalsozialistischen Studentenbund gestört wurde, die bereits damals die Entfernung von Krebs von seinem Lehrstuhl anstrebten.327 Die Theologische Fachschaft mit ihrem Leiter August Müller setzte sich jedoch entschieden für Krebs ein. In seinem Bericht an den Freiburger Erzbischof, indem sich die „gesamte Theologenschaft […] geschlossen wie ein Mann zu Ihrem wohl beliebtesten Lehrer“ stellte. Gerade Engelbert Krebs sei es gewesen, der „bei jeder sich bietenden Gelegenheit stets bemüht und besorgt“ war, „nicht zu trennen, sondern zu einen, nicht Gegensätze zu schaffen, sondern zu versöhnen und sich gegenseitig zu verstehen“. Engelbert Krebs habe sich dabei von anderen Professoren unterschieden, da er „unter klarer und entschiedener Wahrung, Verteidigung und Aufrechterhaltung katholischer Grundsätze“328 gewirkt habe.

2.4.2 Engelbert Krebs´ Wandel zum kompromisslosen Gegner Nach dem Röhm-Putsch und dem Tod Hindenburgs im Jahr 1934 begann Krebs die nationalsozialistischen Machthaber offenherzig zu charakterisieren, was auf Krebs Gesinnungswandel hin zu einem Gegner des Nationalsozialismus hindeutet. Im April 1928 hatte Krebs eine Klausenhütte in Sankt Märgen gemietet, um seinen Verwandten und Bekannten einen Ferienaufenthalt zu bieten, aber auch um für sich selbst einen Zufluchtsort zur Erholung und ungestörten Arbeit zu gewinnen. Mit Datum vom 23. April 1928 wurde die „Klausenchronik“ angelegt, in der alles, was sich in der Klause ereignete, aufgezeichnet und mit Photographien belegt wurde, und die auch als eine Art Gästebuch für die Eintragungen der vielen Besucher bestimmt war. Nach den Aussagen des Pfarrers Johannes Hog aus Stegen-Eschbach äußerte sich Krebs im Kreise seiner Verwandten und Bekannten in der Klausenhütte abfällig über die neuen nationalsozialistischen Machthaber: So bezeichnete Krebs als „Narr“, dem man nicht trauen dürfe, und das Hakenkreuz als „Teufelskralle“, die sogar auf kircheneigenen Gebäuden zu sehen sei. Zudem sorgte sich Krebs um das Schicksal seiner jüdischen Mitbürger, für deren Zukunft er „schwarz sah“. Als Krebs von einem Abiturienten hörte, der Priester werden wollte und

326 Engelbert Krebs: Jesuitischer und deutscher Geist (Glaube und Gegenwart 4), Freiburg i. Br. 1934, S:23. 327 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: August Müller an den Freiburger Erzbischof vom 8. März 1934. 328 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Ebd. 86

vom erzbischöflichen Ordinariat wegen seiner nichtarischen Abstammung abgelehnt wurde, war sein Kommentar: „Was würde Jesus von Nazareth dazu sagen?“.329

In seiner Klausenchronik kam Krebs´ Abneigung gegen die nationalsozialistischen Machthaber vor allem durch ironische Bemerkungen und durch das Festhalten politischer Witze zum Ausdruck. Aber auch fernab von seiner Klausenhütte in Sankt Märgen, in seinem Freiburger Kollegenkreis und bei sonstigen Gesellschaften, verlieh Krebs seinen Ressentiments gegen die neuen politischen Machthaber freien Ausdruck, was der Dekan der Theologischen Fakultät, Nikolaus Hilling, nicht billigen konnte.330 Dieser äußerte sich über Krebs Verhalten gegenüber Joseph Sauer wie folgt:

„Hilling hält nach wie vor Krebs Stellung für sehr gefährdet. Krebs ist auch höchst unvorsichtig. Er hat kürzlich bei der Verabschiedung Riedingers, die Hilling zusammen mit mir und Krebs vornahm, wie in einem Wutanfall sich über Hitler ausgelassen: er sei ein wahrer Schurke und Lügner. So etwas könne, meinte Hilling, er ein zweites Mal nicht ruhig hinnehmen.“331

Bald darauf hatte Sauer Besuch von der Gestapo, die ihn zu Krebs befragten, wobei Sauer jedes Wissen um die abfälligen Äußerungen seines Kollegen „aufs Bestimmteste“ 332 abstritt.333 Im Jahr 1934 geriet Engelbert Krebs mit Hilling in zwei weitere Konflikte: Trotz grundsätzlicher Zustimmung zur Habilitation des Krebs-Schützlings Alfons Maria Schneider hatte Hilling nach dessen Habilitationsvortrag seine mangelnde priesterliche und kirchliche Haltung im Habilitationsantrag an das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung bemerkt. Später hatte Hilling auf Anfrage des Reichsunterrichtsministeriums behauptet, Krebs habe ihn unter Androhung eines Misstrauensvotums der katholischen Fakultät dahingehend zu beeinflussen gesucht, sein Urteil über Schneider abzuändern. Die Habilitation Schneiders konnte so erst im Jahr 1937 vollzogen werden.334

329 Vgl. Junghans, Albert: Der Freiburger Dogmatiker Engelbert Krebs, S. 169. 330 Vgl. Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, S. 151. 331 UAF: C67/32: Tagebucheintrag vom 24.03.1934. 332 UAF: C67/34: Tagebucheintrag vom 31.07.1934. 333 Vgl Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, S. 151. 334 Vgl. Ebd., S. 154-156. 87

Weitere Spannungen mit Hilling ergaben sich bei der Nachfolgeregelung des Moraltheologen und Direktor des Caritas-Instituts Franz Keller (1873-1944), der auf Grund seiner pazifistischen und antinationalsozialistischen Haltung auf Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums zum Juli 1934 hin in den Ruhestand versetzt wurde. Das Kultusministerium wollte den Paderborner Moraltheologen Josef Mayer berufen, der sich in Fragen der „Eugenik“ kompromissbereit erwiesen hatte. Dies scheiterte, als der Freiburger Erzbischof Gröber (1872-1948) und die Studienkongregation Mayer aus diesem Grund das „Nihil obstat“ verweigerte. In dieser Situation wollte Hilling im Alleingang ein Gesuch der Fakultät an das Ministerium ergehen lassen, beim Auswärtigen Amt und beim Nuntius diplomatische Schritte für die Berufung Mayers einzuleiten, was wiederrum auf die scharfe Opposition von Engelbert Krebs traf. Nach langem Streit entschloss sich das Reichsministerium dann den Passauer Moraltheologen Theodor Müncker (1887-1960) zu berufen; auf Sauers und Krebs´ Druck war Hilling dazu bereit, von einem Amt als Dekan der Theologischen Fakultät zurückzutreten.335

Ernster wurde die Lage für Krebs im Jahr 1936: Am 2. April 1936 wandte sich der Reichsminister der Justiz an den Minister für Kultus und Unterricht, Krebs sei verdächtig, in besonders auffallender Weise beleidigende Äußerungen über die Reichsregierung getan zu haben.336 Der Rektor der Universität wurde daraufhin am 18. April aufgefordert, Krebs von jeglicher Diensttätigkeit bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Disziplinarverfahrens zu entbinden, was am gleichen Tag auch geschah.337 Am 23. Mai 1936 erhob der Staatsanwalt Anklage gegen Krebs, wobei das Kultusministerium sich für seine vorläufige Amtsenthebung aussprach. Als Begründung hierfür wurde angegeben, dass Krebs in der Zeit vom 15. bis 20. August 1934 in seinem Landhaus in St. Märgen bei Freiburg den Ausspruch getan habe: „Wir werden von Räubern, Mördern und Verbrechern regiert.“ Ferner beschuldigte man ihn auf Grund seiner politischen Tätigkeit beim Umsturz 1918 der Zusammenarbeit mit Kommunisten. Desweiteren wurde die Judenfreundlichkeit von Krebs bemängelt.338

335 Vgl. Claus Arnold: Die katholisch-theologische Fakultät Freiburg, S. 156-160. 336 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Staatsanwalt J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. Vom 8. Oktober 1936 betreffend der Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung. 337 Vgl. UAF: B24/1921: Freiburger Universität an den Minister des Kultus und des Unterrichts vom 23.05.1936. 338 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. Vom 8. Oktober 1936 betreffend der Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung. 88

2.4.3 Krebs als Vermittler zwischen Judentum, der Freiburger Universität und der Erzdiözese Krebs hatte bereits im Dezember 1918 auf Bitten zweier Mitglieder der jüdischen Gemeinde339 in Freiburg mit einem Artikel in der Zentrumspresse gegen „das Aufstacheln antisemitischer Instinkte“ im Wahlkampf ausgesprochen:

„Viele jüdische Mitbürger haben wie unsere stammesdeutschen Eltern ihre Söhne, Brüder und Väter in den großen Krieg hinausziehen sehen. Viele haben sie nicht wiederkehren sehen. Sie sind auf dem Felde der Ehre gefallen. Viele jüdische Mitbürger – ich kenne derer eine ganz höchst ehrenwerte Anzahl – fühlen sich in politischer Hinsicht so Deutsch als nur irgendeiner von uns. Sie bangen mit uns um das Schicksal des Vaterlandes, sie verurteilen mit uns das schnöde Verhalten aller Radikalen, der Juden wie der Nichtjuden. Sie bedauern noch mehr als wir das vordringliche Wesen mancher Stammesgenossen beim Machen der Revolution. Ja, sie haben sogar in ihren Kreisen eigens die Parole ausgegeben, sich zurückzuhalten, um nicht die Empfindlichkeit der Nichtjuden zu reizen. […] Man führe deshalb den Wahlkampf gegen die jüdischen und nichtjüdischen Radikalen, nicht aber gegen die Juden als Juden. Denn es ist ein Unterschied zwischen Juden und Juden, so gut wie zwischen Christen und Christen.“340

Mitte der 1920er Jahre hatte sich Engelbert Krebs gegen den aufkommenden Antisemitismus unter Studierenden an der Freiburger Universität ausgesprochen und auf die Unvereinbarkeit von Katholizismus und antisemitischen Gedankengut hingewiesen. Im Badischen Beobachter schrieb Krebs, dass „wenn in unseren katholischen Studentenkreisen sich da und dort Ansätze zu plumpem deutschvölkischem Antisemitismus“ zeigen würden, sich die Akademiker bewusst werden müssten, dass „dies wenig echten Katholizismus und wenig vernünftiges deutsches Denken“ offenbare. Krebs betonte, dass „geistiger Wettbewerb und Gewinnung der wertvollen jüdischen Kräfte für Christentum und Vaterland“ eine „Pflicht“ seien, „nicht aber der Antisemitismus.“341

Krebs forderte, dass gerade katholische Studierende hier nicht mitmachen dürfen, weil sich die Liebe als Kennzeichen der Jünger Christi nicht mit dem Verachten der Mitmenschen vertrage.342 Das Judentum selbst war für Engelbert Krebs die Heimat der Kirche. So betonte er in seiner Schrift „Urkirche und Judentum“, dass sich die Kirche immer als Erfüllung der

339 Vgl. UAF: C126/25: Tagebucheintrag vom 6.12.1918. 340 Engelbert Krebs: Juden und Juden. Eine Mahnung zur Gerechtigkeit von einem katholischen Arbeiter, in: Badischer Beobachter 577 (1918), S.1. 341 Engelbert Krebs: Katholische Studenten und Juden, in: Der Badische Beobachter 120 (1922), S.1-2; hier: S.1. 342 Vgl. Engelbert Krebs: Katholische Studenten und Juden, S.2. 89

messianischen Hoffnungen des jüdischen Volkes gefühlt habe und deshalb, trotz der Trennung vom Judentum viele Gebete für heilig halte.343 Im November 1923 hatte Krebs dem Freiburger Erzbischof eine Denkschrift der deutschen Juden an die deutschen Bischöfe überreicht, die „ihm von den hiesigen Juden zur Weiterbesorgung anvertraut war“ 344. Weiter heißt es in seinem Tagebucheintrag dazu:

„Die Juden sagen sich auch, was mir der Rabbiner kürzlich sagte. Es gibt keine bindende und die Gewissen einigende Autorität mehr – außer derjenigen der kath. Bischöfe. Wenn also jemand dem grassierenden Antisemitismus wenigstens in kath. Kreisen Einhalt gebieten kann, so ist es der deutsche Episkopat.“345

In der Anklageschrift gegen Krebs fand dieser nun auch einen Bericht der Geheimen Staatspolizei verwertet, der von der Fakultätssitzung am 18. Februar 1936 berichtete, bei der Krebs „von seiner Einvernahme vor dem Amtsgericht Freiburg in einer solchen Weise“ erzählt habe, dass ihm sein Kollege Sauer die Mahnung zurief: „Krebs, halt` Dein Maul!“346. In einem Brief an Sauer verdächtigte Krebs nun Hilling, das Fakultätsgeheimnis gebrochen und an den geistlichen Volksschriftsteller und Nazi-Kollaborateur Heinrich Mohr weitergetragen zu haben, mit dem Krebs schon früher aneinandergeraten war.347 Bei der nächsten Fakultätssitzung sprach Sauer über diese Angelegenheit in Abwesenheit von Krebs und betonte, er „könne einem Kollegium nicht mehr angehören, in dem solches ruhig hingenommen werde“348. Dekan Allgeier befragte darauf jedes Fakultätsmitglied einzeln, freilich ohne von jemandem ein Geständnis zu bekommen. Am 22. Februar 1937 wurde dem Rektor von Karlsruhe aus mitgeteilt, dass Krebs gemäß des Paragraphen sechs des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in den Ruhestand zu versetzen sei. 349 Obschon das Verfahren gegen Krebs am 19. Juli 1937 mangels hinreichenden Nachweises einer strafbaren Handlung eingestellt wurde und die erhobene öffentliche Klage zurückgenommen wurde, erhielt Krebs seinen Lehrstuhl nicht wieder.350

343 Vgl. Engelbert Krebs: Urkirche und Judentum (Die Morgenreihe 2), Berlin 1926., S. 31. 344 UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 17.11.1923. 345 Ebd. 346 UAF:C67/33: Krebs Brief an Sauer vom 27.09. 1936. 347 Vgl. UAF:C67/33: Ebd. 348 UAF:C67/33: Tagebucheintrag Sauer vom 02.11.1936. 349 Vgl. UAF: B24/1921: Der Minister des Kultus und des Unterrichts an die Freiburger Universität vom 10.05.1926. 350 Vgl. Über die Verbindungen des Prozesses mit den innerlichen Spannungen der Freiburger Theologischen Fakultät berichtet Claus Arnold: Von der Modernismuskrise zum Nationalsozialismus, S. 17-18. 90

2.4.4 Persönlicher Rückzug in seine Klausenhütte nach Sankt Märgen im Schwarzwald Je mehr Engelbert Krebs in seiner Eigenschaft als Hochschullehrer von den Nationalsozialisten bespitzelt wurde, desto öfter zog es ihn in seine Klausenhütte nach St. Märgen, wo er nicht nur ungestört wissenschaftlich arbeiten konnte. Während der Zeit des Nationalsozialismus hatte Krebs eine große Anzahl von Aufsätzen, Broschüren und Lexikoneinträgen zum Themenbereich der Mystik, Ökumene und zur Heimatgeschichte351 herausgegeben. Er fungierte auch als Vertretung für den dortigen Ortspfarrer.352

Abb. 2: Blick auf die Klausenmatte in St. Märgen im Schwarzwald

351 Vgl. Engelbert Krebs: Deutsche Mystik in Adelhausen, in: Alemannische Heimat 1 (1934), S.1-4; Ders.: Heinrich Seuse und Meister Eckehart, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 37 (1935), S. 201-208 u. 235-245; Ders.: Die Bedeutung der Caritas im Aufbau der christlichen Persönlichkeit und im Aufbau der katholischen Pfarrgemeinde, in: Caritas 42 (1937), S: 193-199; Ders.: „Dass sie in uns Eins seien“. Tatsachen, Fragen und Aufgaben gegenüber der Wiedervereinigung, in: Schönere Zukunft 16 (1940), S. 193-195; Ders.: Magdalena von Freiburg i. BR., in: LThK 6 (1934), Sp. 776; Ders.: Wie uns der „Schau-ins.Land“ die Heimat kennen und lieben lehrt, in: Schauinsland 61 (1934), S. 4-8; Ders.: Albert der Große in Freiburg, in: Zeitschrift des Freiburger Geschichtsvereins 46 (1935), S. 23-32. 352 Vgl. UAF: C126/634: Tagebucheintrag vom 03.09.1936. 91

Abb. 3: Engelbert Krebs vor der Nikolauskapelle in St. Märgen im Schwarzwald

92

Abb.4: Ein etwas anderes „Portrait“- Engelbert Krebs als „Klausner“ in Sankt Märgen

93

Im Sommer 1937 wurde Krebs vom erzbischöflichen Ordinariat im Priesterseminar in Sankt Peter mit Vorlesungen über religiöse Gegenwartsfragen beauftragt. Um der von den Nationalsozialisten propagierten materialistischen, völkischen und rassetheoretischen Geschichtsauffassung die Beleuchtung der Geschichte im katholischen Geiste entgegenzustellen, formulierte Krebs seinen Lehrauftrag in „Geschichte im Lichte der Offenbarung“ um. Im November 1937 wurde Krebs zum Geistlichen Rat ernannt, im Jahr 1941 zum Päpstlichen Hausprälaten. 353 Auch in den folgenden Jahren kam es zu Auseinandersetzungen zwischen Krebs und den nationalsozialistischen Machthabern: So wurde Krebs am 20. Oktober 1943 wegen einer Predigt, die er am Fest des Heiligen Jakobus in Oedsbach im Renchtal gehalten hatte, von dem Sohn des dortigen Schulleiters angezeigt und von der Gestapo verhört.354 Auf Grund seines ernst zu nehmenden gesundheitlichen Zustands blieb Krebs die Deportation ins Konzentrationslager erspart.355 Stattdessen erhielt Krebs am 28.12.1938 Redeverbot für das ganze Deutsche Reich und auch das Verbot, die heilige Messe zu feiern.356

2.5 Letzte Lebensjahre und posthume Würdigung

(1945-1950)

Als am 27. November 1944 die Stadt Freiburg durch einen Angriff feindlicher Flugzeuge verwüstet wurde, wohnte Krebs im Münster einer Abendmesse bei. Den Untergang seiner Heimatstadt Freiburg im Hagel der alliierten Bomben verwand Krebs physisch sowie psychisch nicht.357 Da auch sein Wohnhaus am Karlsplatz stark beschädigt und nicht mehr bewohnbar war, zog Krebs zunächst in das Internat des Seminars für Seelsorgehilfe. Sein Gesuch an die Stadt um Instandsetzung seines Hauses wurde vom Erzbischof befürwortet. 358 In seinem Schreiben an die Stadt Freiburg fand auch Krebs antinationalsozialistische Einstellung nun erstmals offen Würdigung:

„Herr Professor Dr. Krebs verdient diese Berücksichtigung. Er ist einer der verdientesten und bekanntesten Professoren der hiesigen Theologischen Fakultät. Er hat außerdem unter dem

353 Vgl. Albert Junghanns: Gedenken an Engelbert Krebs, S. 12. 354 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Aktennotiz vom 25.10.1943. 355 Vgl. EAF: Ebd. 356 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Krebs an das Erzbischöfliche Ordinariat vom 27.01.1945. 357 Vgl. EAF: Ebd. 358 Vgl. EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Freiburger Erzbischofs an die Französische Besatzungsmacht vom 17.06.1945. 94

Hitlerregime Schweres zu erdulden gehabt. Im Jahre 1937 ist er, der bereits vorher wegen seiner mutigen Predigten das Missfallen der Partei sich zugezogen hatte, wegen einer abträglichen Kritik an den Männern der Regierung zwangsweise in den Ruhestand versetzt worden. Vor zwei Jahren ist er wegen einer Predigt, in der er gegen die Hasspropaganda der Hitlerpresse sich wandte, erneut unter Druck gesetzt worden und nur knapp einer Einlieferung in Dachau entgangen. Sein jetziger leidendender Zustand ist nicht zuletzt auch diesen dauernden Vexationen seitens der Partei zuzuschreiben. Ich habe die Hoffnung, dass sein Zustand sich wieder bessert, wenn er wieder in sein eigenes Heim zurückkehren kann.“359

Die Wiederherstellung seines Hauses am Karlsplatz ließ jedoch noch lange auf sich warten. Überraschend schnell erfolgte jedoch Krebs´ Rehabilitierung als Hochschullehrer. Der Senat der Universität hatte in der Sitzung vom 25. Mai 1945 beschlossen, dass Engelbert Krebs „zur Wiedergutmachung des offensichtlichen Unrechts – Verweigerung der Rückkehr in sein Amt trotz Einstellung des Straf- und Disziplinarverfahrens – auf den früher von ihm innegehabten Lehrstuhl für Dogmatik wieder eingesetzt wird.“ 360 Gesundheitlich war Krebs zur Abhaltungen von Vorlesungen nicht mehr in der Lage, sodass er im Frühjahr 1946 um seine Emeritierung bat, die im September 1946 bewilligt wurde.361 Am 29. November 1950 starb Engelbert Krebs nach langer Krankheit in Freiburg und wurde am 2. Dezember auf dem Freiburger Hauptfriedhof beigesetzt.362

Der Dekan der Freiburger Theologischen Fakultät Klaudius Jüssen (1898-1975) würdigte Krebs als „erfolgreichen akademischen Lehrer und Forscher, der in zahlreichen Schriften zu brennenden Problemen der Wissenschaft und Zeit Stellung nahm, und so den Ruf unserer Fakultät und Hochschule weit über die Grenzen der Heimat hinausgetragen hat“363. In einer Freiburger Pressenotiz wurde Krebs als ein „Schriftsteller, Redner und Prediger“ gewürdigt, der auch „in den nicht katholischen Kreisen Deutschlands und im Ausland“364 bekannt war. Weitere Würdigungen seiner Persönlichkeit finden sich vor allem im Nachruf des Freiburger Pastoraltheologen Linus Bopp, der Krebs´ „starke Ansprechbarkeit seines Geistes“, verbunden mit einer ausgeprägten „discretio spirituum“, die ihn zwischen

359 EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Freiburger Erzbischof an die Französische Besatzungsmacht vom 17. 06. 1945. 360 EAF: Personalakte Engelbert Krebs: Ebd.; UAF: B24/1921: Rektors der Universität Freiburg an das Ministerium für Kultus und Unterricht vom 7.07.1945. 361 Albert Junghans: Der Freiburger Dogmatiker, S. 216. 362 UAF: B24/1921: Akademisches Rektorat an das Badische Kultus- und Unterrichtsministerium vom 30.11.1950. 363 UAF: B24/1921: Todesanzeige der theologischen Fakultät vom 29.11.1950. 364 UAF: B24/1921: Pressenotiz vom 30.11.1950. 95

Wahrem und Falschem unterscheiden ließ, ferner die „große Spannweite seiner geistigen Interessen“ 365 bescheinigten. Des Weiteren würdigte Bopp seine „Frömmigkeit, seelsorgerlichen Eifer, Pietät“ 366 und seine „Freundschaft, Güte, Gastfreundschaft, Geselligkeit“ 367 sowie seine „Muthaftigkeit“ und „Zivilcourage“, die ihn „zu einem Helden“, zu einem „Bekenner und gewissermaßen zum Märtyrer“368 werden ließen. Eine weitere Würdigung seiner Persönlichkeit findet sich außerdem im Nachruf des Dogmatikers Friedrich Stegmüller, der Krebs „sprühenden Frohsinn“ und seinen „heiligen Ernst“ genauso lobte wie seine „demütigende Bescheidenheit“, seine „freimütige Offenheit“, seinen „tiefen Glauben“ und seine kindliche Frömmigkeit“ 369 . Stegmüller stellte Krebs Leben und Wirken ganz unter die Stelle des Ersten Korintherbriefes: „Allen wollte er alles werden, um alle zu retten“370 (1 Kor 9,22).

Aus dem kollektiven Gedächtnis ist Engelbert Krebs heute trotz seines antinationalsozialistischen und hohen gesellschaftspolitischen Engagements jedoch weitgehend verschwunden. Der wissenschaftlichen Welt ist Engelbert Krebs bekannt auf Grund seiner langjährigen Freundschaft zu Martin Heidegger (1889-1976), seiner Verbundenheit zur Philosophin Edith Stein (1891-1942) und seiner Funktion als Doktorvater von Romano Guardini371 (1885-1968) und Bernhard Welte372 (1906-1983).

365 Linus Bopp: Dr. Krebs, Engelbert, S. 264. 366 Ebd., S. 264. 367 Ebd., S. 265. 368 Ebd., S. 265. 369 Friedrich Stegmüller: Engelbert Krebs, S.19. 370 Ebd., S. 10. 371 Zu Romano Guardini vgl. Franz Henrich: Romano Guardini, Freiburg i. Br. 2010; Arno Schilson (Hg.): Konservativ mit Blick nach vorn. Versuche zu Romano Guardini, Würzburg 1994; Markus Zimmermann: Die Nachfolge Jesu Christi. Eine Studie zu Romano Guardini, Paderborn 2004; Hanna-Barbara Gerl- Falkovitz: Romano Guardini. Konturen des Lebens und Spuren des Denkens, Mainz 2005. 372 Zu Bernhard Welte vgl. Klaus Hemmerle (Hg.), Fragend und lehrend den Glauben weit machen. Zum Werk Bernhard Weltes anläßlich seines 80. Geburtstags, München u.a. 1987 (mit einer vom Arbeitsbereich Christliche Religionsphilosophie erarbeiteten Bibliographie der Veröffentlichungen Bernhard Weltes); Wolfgang Schneider: Bernhard Welte, in: Christliche Philosophie im katholischen Denken des 19. und 20. Jahrhunderts (Bd. 3 Moderne Strömungen im 20. Jahrhundert), hg. v. Emerich Coreth u.a., Graz 1990; Ludwig Wenzler (Hg.): Mut zum Denken, Mut zum Glauben. Bernhard Welte und seine Bedeutung für eine künftige Theologie (Tagungsberichte der katholischen Akademie der Erzdiözese Freiburg), Freiburg 1994. 96

3 Deutschland in den internationalen

Wissenschaftsbeziehungen (1914-1933)

Zunächst sollen jedoch Deutschlands internationale Wissenschaftsbeziehungen zwischen 1914 und 1933 skizziert und dabei der Frage nachgegangen werden, wie sich die internationale „scientific community“ durch den Ersten Weltkrieg veränderte und wie die deutschen Wissenschaftler innerhalb des internationalen Umfelds agierten.

3.1 Der Wissenschaftsboykott der Westmächte im

Zuge des Ersten Weltkriegs

Am 4. Oktober 1914 wurde ein von 93 deutschen Schriftstellern, Gelehrten und Künstlern unterzeichneter Aufruf „An die Kulturwelt“ herausgegeben, in dem sich die Unterzeichner gegen den Vorwurf der Entente wandten, Deutschland habe den Ausbruch des Krieges verschuldet und die Neutralität Belgiens verletzt. 373 Nur wenige Tage später erfolgte zudem die Erklärung der Hochschullehrerschaft des Deutschen Reiches, die den Weltkrieg als Verteidigungskampf der deutschen Kultur rechtfertigte. 374 Die beiden Dokumente fügten sich ein in zahlreiche, von bekannten Kulturgrößen getragene Manifeste beider Seiten, die in einem „Krieg der Geister“ die öffentliche Meinung zu beeinflussen suchten.375 Als Reaktion auf die beiden Manifeste schlossen im Februar 1915 die „Académie des Inscriptions et des Belles Lettres“ sowie die „Académie des Sciences“ die Unterzeichner des Aufrufs aus ihren Reihen aus. Auch die „British Association of the advancement of science“ begann, einen engeren internationalen Zusammenschluss, der gegen die Kulturträger der Zentralmächte gerichtet sein sollte, zu verfolgen. 376 Im Jahr 1916

373 Vgl. Rüdiger vom Bruch/ Hofmeister Björn (Hg.): Deutsche Geschichte in Quellen und Darstellung. (Kaiserreich und Erster Weltkrieg 1871-1918, Bd. 8.), Stuttgart, 2. Auflage, 2002, S. 366-369. 374 Vgl. Hermann Kellermann: Der Krieg der Geister. Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkriege 1914, Weimar 1915. 375Vgl. Rüdiger vom Bruch: Geistige Kriegspropaganda. Der Aufruf von Wissenschaftlern und Künstlern an die Kulturwelt, in: Europa und die Europäer- Quellen und Essays zur modernen europäischen Geschichte. (Festschrift für Hartmut Kaelble zum 65. Geburtstag), hg. v. Rüdiger Hohls, Stuttgart 2005, 392-396; hier: S. 393. 376 Vgl. Walter Rüegg: Geschichte der Universität in Europa. (Vom 19. Jahrhundert zum Zweiten Weltkrieg 1800-1945, Bd. 3.), München 2004, S. 519. 97

schlossen sich diesem Vorhaben die „Royal Society of Literature“ sowie mehrere ausländische Akademien an.377

Auf der im Oktober 1918 in London tagenden Konferenz der interalliierten Akademien begann man darüber zu beratschlagen, wie die Hegemonie Deutschlands auf wissenschaftlicher Ebene dauerhaft unterbunden werden könne.378 Auf einer Folgetagung, die vom 26. November bis 1. Dezember 1918 in Paris stattfand, nutzte man die Unklarheit über den Fortbestand der internationalen Vereinigung der Akademien.379 Man erklärte sie als aufgelöst und gründete unter Ausschluss Deutschlands neue internationale Verbände. Als deren Dachgesellschaften wurden für die Naturwissenschaften der „Conseil international des recherches“, für die Geisteswissenschaften die „Union acádemique internationale“ bestimmt. Deren Satzungen schloss die Mittelmächte für mindestens zwölf Jahre von der Mitgliedschaft aus. Zu Beginn waren in den Dachverbänden ausschließlich die nationalen Akademien vertreten, die sich mit den Mittelmächten im Kriegszustand befanden – die Entwicklung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen folgte auch nach 1918 dem Koalitionsschema des Ersten Weltkriegs. Auf der offiziellen Gründungsversammlung im Juli 1919 in Brüssel entschloss sich das Exekutivkomitee des Internationalen Forschungsrats auch Wissenschaftsorganisationen neutraler Länder zur Mitgliedschaft einzuladen. Diesem Angebot, den Neugründungen beizutreten, folgten die Staaten fast ausnahmslos.380 Was die Definition ihrer Aufgaben anging, unterschieden sie sich nur wenig von der zuvor aufgelösten internationalen Vereinigung: Auch deren Hauptaufgaben lagen in der Förderung internationaler Zusammenarbeit, in Fragen der Nomenklatur, Standardisierung und des Leihverkehrs. Neu war lediglich der Monopolanspruch, mit dem zukünftig die Struktur und Arbeitsweise der internationalen Fachgesellschaften – Mitgliedschaften, Kongresse, Projekte und Austauschabkommen – zentral durch den Dachverband geregelt werden sollte. Die Ächtung der deutschen

377 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen 1900-1930, in: Gebrochene Wissenschaftskulturen. Universität und Politik im 20. Jahrhundert, hg. v. Michael Grüttner u.a., Göttingen 2010, 55-82, S. 67. 378 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 67. 379 Zu den Akademien der Alliierten während des Ersten Weltkriegs vgl.: Roy Macheod: Der wissenschaftliche Internationalismus in der Krise. Die Akademien der Alliierten und ihre Reaktion auf den Ersten Weltkrieg, in: Die Preußische Akademie der Wissenschaft zu Berlin 1914-1945, in: Die Preußische Akademie der Wissenschaft zu Berlin 1914-1945. Interdisziplinäre Arbeitsgruppe Berliner Akademiegesellschaft im 19. Und 20. Jahrhundert (Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaft), hg. v. Wolfram Fischer, Berlin 2000, S. 317-349. 380 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik des Deutschen Reiches und der Bundesrepublik Deutschland: Ihre verfassungsgeschichtliche Entwicklung und ihre verfassungsrechtlichen Probleme (Ordo politicus 8), Köln 1968, S. 24. 98

Wissenschaft wurde für einige Jahre durchaus zur Realität: Die deutschen Gelehrten wurden von internationalen Kongressen und Gesellschaften ausgeschlossen. Des Weiteren wurden neue Zentralbüros und Gemeinschaftsinstitute in ehemals alliierten Ländern eröffnet, um alle vor 1914 in Deutschland und Österreich angesiedelten Stellen zu ersetzen. Außerdem verlor Deutsch als Wissenschaftssprache mit dem internationalen Boykott erheblich an Bedeutung. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass auch im Versailler Vertrag (Art.282) festgehalten wurde, dass alle bisherigen internationalen Zusammenkünfte mit Deutschland auf dem Gebiet der Wissenschaft über den Krieg hinaus als aufgelöst zu betrachten seien.381 Insgesamt stellte der Boykott der deutschen Wissenschaft nicht einfach nur eine Behinderung der deutschen Forschungsarbeit dar, sondern war vor allem „Ausdruck der Bestrafung und Demütigung, als welcher er in Deutschland auch empfunden wurde“ und stellte somit einen „Nebenschauplatz der Kriegsschulddebatte“382 dar.

Nach dem verlorenen Krieg lastete auf vielen deutschen Gelehrten eine tiefe Niedergeschlagenheit: Zum einen konnten sie nicht begreifen, dass Deutschland als „Kulturnation“ sich nicht hatte behaupten können. Auf der anderen Seite waren sie enttäuscht über die Haltung ihrer Kollegen und ehemaligen Schüler aus dem Ausland und warfen ihnen undankbares Verhalten vor.383 Zudem war der Verlust der „immer stärker idealisierten Verhältnisse der Kaiserzeit, der Blüte der deutschen Wissenschaften […] ein Trauma, das sich zunehmend gegen die Weimarer Republik und ihre Parteien wandte“384. Als zentraler Referenzpunkt ihres (wissenschafts-) politischen Denkens wirkte bei den meisten weiterhin der deutsche Nationalstaat. 385 Als die Westmächte nach Ende des Krieges den Deutschen signalisierten, dass man sie in die internationale Wissenschaftsgemeinschaft wieder aufnehmen würde, wenn sie das Manifest widerriefen, ging solch eine Forderung den deutschen Wissenschaftlern zu weit.386 Wirklichkeitsfremd forderten sie stattdessen von den Westmächten, die Unrechtmäßigkeit des Wissenschaftsboykotts öffentlich anzuerkennen und die deutsche Sprache wieder in vollem Umfang zuzulassen. 387 Auf deutscher Seite begann man einen „Gegenboykott“, der besonders unversöhnlich „in der Reichszentrale für naturwissenschaftliche Berichterstattung, im Auslandsausschuss des Verbands der Deutschen Hochschulen und

381 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik, S. 24-25. 382 Margit Szöllösi-Janzen: Fritz Haber: 1868-1934. Eine Biographie, München 1998, S. 582. 383 Vgl. Walter Rüegg: Geschichte der Universität in Europa, S. 520. 384 Ebd., S. 520. 385 Vgl. Gabriele Metzler: In den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 70. 386 Vgl. Ebd., S. 73. 387 Vgl. Stefan Fisch: Geschichte der Universitäten: Von Bologna nach Bologna, München 2015, S. 99. 99

nicht zuletzt auch in den Akademien der Wissenschaften […]“ 388 geführt wurde. Aus diesem Grund kann die Isolierung der deutschen Wissenschaft zu einem gewissen Teil auch als „Selbstisolierung“ bezeichnet werden. 389 Gerade das Verhalten der Wissenschaftler innerhalb der internationalen „scientific community“ zeigte sich, dass „der Internationalismus der gelehrten Welt […] eben nicht altruistisch, also real tolerant und grenzüberschreitend war, sondern bereits ungemein eng verquickt mit nationalistischen oder […] vaterländischen Überzeugungen“390.

3.2 Ausdruck einer veränderten Bewusstseinslage –

Die Gründung der Kulturabteilung im Auswärtigen

Amt

Eine neue Bedrohung für die deutsche Wissenschaft lag in der fortschreitenden Geldentwertung: Das Stiftungsvermögen, über das wissenschaftliche Gesellschaften, Akademien und Forschungsinstitute verfügten, versickerte, der Sachetat der wissenschaftlichen Institute konnte nicht der Geldentwertung entsprechend erhöht werden, die Durchführung wissenschaftlicher Arbeiten mit Institutsmitteln wurde nahezu unmöglich. Viele der Studierenden und jüngeren Wissenschaftler waren an der Front gefallen oder physisch und psychisch versehrt aus dem Krieg zurückgekommen – daher gestaltete sich auch die Suche nach wissenschaftlichem Nachwuchs als überaus schwierig.391 Gerade aus diesen Gründen blieb die deutsche Wissenschaft stärker als je zuvor auf staatliche Förderung angewiesen und so übernahm das Deutsche Reich in den Inflationsjahren die Unterstützung zahlreicher Einrichtungen. Inzwischen hatte die prekäre Lage der deutschen Wissenschaft auch den Reichstag auf den Plan gerufen, der sich zum ersten Mal in einer Debatte mit der Situation der deutschen Wissenschaft beschäftigte. Parteienübergreifend kam dabei zum Ausdruck, dass die deutsche Wissenschaft eine entscheidende Grundlage für den internationalen Rang der deutschen Nation war und aus diesem Grund besonderer Aufmerksamkeit und Unterstützung bedürfe.392 Ausdruck dieser veränderten Bewusstseinslage war die Gründung der „Abteilung für Deutschtum im

388 Margit Szöllösi-Janzen: Fritz Haber, S. 582. 389 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 73. 390 Walter Rüegg: Geschichte der Universität in Europa, S. 519. 391 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik, S. 27. 392 Vgl. Ebd., S. 29. 100

Ausland und kulturelle Angelegenheiten“ im Auswärtigen Amt im Jahr 1920. Zu den Aufgaben dieser Kulturabteilung gehörte die Verbreitung der deutschen Sprache und Kultur unter den ausgewanderten Deutschen, vor allem durch Unterstützung und Neugründungen deutscher Schulen und deutscher wissenschaftlicher Institute im Ausland. Des Weiteren zählte die Förderung der deutschen Kunst, das Auswanderungswesen, das Kirchen- und Missionswesen zum Aufgabenbereich der Kulturabteilung. In der Folgezeit erweiterte sich das Tätigkeitsfeld der Abteilung und man setzte sich zum Ziel, die an deutscher Kunst, Wissenschaft, Technik und Wirtschaft interessierten Kreise anderer Nationen anzusprechen und so neue Freunde zu gewinnen. 393 Der kulturpolitischen Abteilung angegliedert war ein Kulturbeirat, der die Aufgabe verfolgen sollte, „bei der Pflege der geistigen Beziehungen zwischen Deutschland und dem Ausland und bei der Förderung der deutschen kulturellen Interessen im Ausland mitzuwirken“ 394 . Bei der Zusammensetzung des Beirates sollte es primär darum gehen,

„im freien Berufsleben stehende Persönlichkeiten zu gewinnen, die als Sachverständige insbesondere für Fragen des Auslandsdeutschtums und Minderheitenrechts, für das Gebiet des Kirchen-, Missions- und Bildungswesens, der Kunst, des Verlagswesens und der Leibesübungen besonders berufen erscheinen, an der Entwicklung deutscher Kultur im Ausland und an der Wiederherstellung des deutschen Ansehens in der Welt praktisch mitzuarbeiten“395.

Die Tätigkeit der Mitglieder bestand darin, außerhalb der einmal jährlich stattfindenden Tagungen, das Auswärtige Amt bei Maßnahmen zu beraten, die

„Verständnis, Interesse und Hilfsbereitschaft im deutschen Volke für die bezeichneten Aufgaben und ihre Träger zu erwecken und zu erhalten, aus den Erfahrungen seiner Mitglieder Anregungen zu geben für die Förderung einer innerlichen Verbindung zwischen den im Inland und im Ausland wirkenden geistigen Kräften, zum Studium der Entwicklungsmöglichkeiten der deutschen Kultur im Ausland und zur Vertiefung des Ausländischen Verständnisses für deutsches Geistesleben“396.

393 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik, S. 113. 394 UAF: C126/300: Das Auswärtige Amt an Engelbert Krebs vom 04.12.1922. 395 UAF: C126/300: Ebd. 396 UAF: C126/300: Das Auswärtige Amt an Engelbert Krebs vom 30.11.1923; Beiliegend Abschrift zu VI A 1559: Vorschlagsliste für die Zusammensetzung des Kulturbeirats. 101

3.3 „Um die geistige Elite durch eine versöhnlichere

Haltung zu gewinnen“ – Förderung von

Vortragsreisen deutscher Gelehrter

Zu den primären Aufgaben der Kulturabteilung gehörte die Wiederaufnahme „geistiger Zusammenarbeit“ und die Reintegration deutscher Wissenschaftler in die internationale Gelehrtengemeinschaft.397 In diesem Kontext wurden besonders deutsche Wissenschaftler gefördert, die unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkriegs zu Vortragsreisen ins Ausland gebeten wurden, um dort ihre Forschungsergebnisse vor ausländischem Fachpublikum zu präsentieren.398 Diese Einladungen erfolgten von wissenschaftlichen Gesellschaften, die den Boykott der deutschen Wissenschaft nicht unterstützt oder sich mit der Zeit öffentlich von den Bestimmungen der internationalen Dachgesellschaften distanziert hatten. Dies zeigt, dass das Wissenschaftsembargo von einzelnen Gelehrten und Wissenschaftskorporationen umgangen wurde und daher von Anfang an auch durchlässig war. Unter den eingeladenen Wissenschaftlern befanden sich Vertreter aller fachlichen Disziplinen: Neben Geistes-, Sozial-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern wurden Gelehrte aus den naturwissenschaftlichen Fächern, vornehmlich der Medizin, eingeladen.399 Das Auswärtige Amt maß den Vortragsreisen deutscher Wissenschaftler „teils unter kulturellen, teils unter propagandistischen Gesichtspunkten“ einen „außerordentlichen Wert“400 zu. Man versprach sich von den Vortragsreisen deutscher Wissenschaftler, dass diese Hilfestellung „zur Schaffung und Festigung des allgemeinen Vertrauens in die deutsche Aufrichtigkeit, maßvolle Einsicht und Friedfertigkeit zu leisten im Stande waren“401. Sie sollten dazu beitragen, „im neutralen Ausland wieder Fuß zu fassen, die gegnerischen Verdächtigungen ad absurdum zu führen und selbst die geistige Elite der ehemals feindlichen Länder durch eine versöhnliche Haltung zu gewinnen“402. Dementsprechend wurden die deutschen Gelehrten aufgefordert, sowohl der kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes als auch den diplomatischen Vertretungen im Ausland die bevorstehenden Reisen rechtzeitig vor Reiseantritt anzukündigen. 403 Um zu verhindern, dass deutsche Professoren während ihrer

397 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik, S. 23. 398 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 79. 399 Vgl. Ebd., S. 79. 400 PAA: R64674: Schreiben des Auswärtigen Amts in Berlin vom 31.08.1923. 401 Brigitte Schröder- Gudehus: Deutsche Wissenschaft und internationale Zusammenarbeit, S. 217. 402 Ebd., S. 217. 403 PAA: R64674: Schreiben des Auswärtigen Amts in Berlin vom 31.08.1923. 102

Vortragsreisen allzu offensichtlich eine deutsche Propaganda verfolgten, riet ihnen die kulturpolitische Abteilung des Auswärtigen Amtes im Vorfeld zur Zurückhaltung. 404 Zudem sollten die diplomatischen Vertretungen im Ausland die deutschen Gelehrten während ihres Auslandsaufenthaltes betreuen und somit verhindern, dass die deutschen Wissenschaftler gegenüber dem Ausland einen allzu scharfen Ton anschlugen.405

3.4 Entspannung der wissenschaftspolitischen

Beziehungen in der zweiten Hälfte der 1920er

Jahre

Trotz aller Bemühungen des Auswärtigen Amtes führte erst die Entspannungspolitik der Locarno-Ära und die Mitgliedschaft im Völkerbund zu einer allmählichen Annäherung Deutschlands an die institutionalisierte internationale Wissenschaft.406 Das Deutsche Reich beteiligte sich an der Arbeit der Internationalen Kommission des Völkerbundes für geistige Zusammenarbeit, die im Jahr 1921 gegründet wurde und die dennoch den „Austausch geistiger Werte und Gedanken das gegenseitige internationale Verständnis“ fördern sollte. Im Jahr 1924 wurde die Gründung des internationalen Instituts für geistige Zusammenarbeit in Paris durch den Rat und die Versammlung des Völkerbundes beschlossen. In dieses Institut wurde der Physiker Albert Einstein als erster Deutscher berufen, später folgten ihm weitere Wissenschaftler, die die deutsche Nation vertraten. Seit 1928 bestand auch die Deutsche Nationale Kommission für geistige Zusammenarbeit, die eine Verbindung zwischen Deutschland und der internationalen Kommission bilden sollte.407 In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre lässt sich aber auch eine Zunahme der internationalen Aktivitäten deutscher Wissenschaftler beobachten und das akademische Austauschwesen florierte zusehends.408 In diesem Kontext ist auch die Gründung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der Alexander-von-Humboldt-Stiftung409 im Jahr 1925 zu nennen. Innerhalb des im Jahr 1911 gegründeten Kaiser-Wilhelm-Instituts wurde eine Generalverwaltung aufgebaut, die bis in das Jahr 1930 vierundzwanzig weitere Kaiser-

404 Vgl. Brigitte Schröder-Gudehus: Deutsche Wissenschaft und internationale Zusammenarbeit, S. 218. 405 Vgl. Ebd., S. 218. 406 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 67. 407 Vgl. Manfred Abelein: Die Kulturpolitik des Deutschen Reiches, S. 116. 408 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen., S. 78. 409 Vgl. Holger Impekoven: Die Alexander von Humboldt-Stiftung und das Ausländerstudium in Deutschland 1925-1945. Von der „geräuschlosen Propaganda zur Ausbildung der „geistigen Wehr“ des „Neuen Europa“ (Internationale Beziehungen 9), Göttingen 2013. 103

Wilhelm-Institute ins Leben rief.410 Im Jahr 1931 wurde gemäß den Beschlüssen der beiden Dachgesellschaften der Boykott der deutschen Wissenschaft endgültig für beendet erklärt und der „Conseil international des recherches“ als Beratungsstelle weiter beibehalten.411

3.5 Vortragsreisen der Weimarer Republik als

politisches Instrument zum Bruch des

Wissenschaftsboykotts

Während auf institutioneller Ebene der internationalen Wissenschaftsbeziehungen die Fronten zwischen Deutschland und den westlichen Ländern – noch länger als in der Außenpolitik – verhärtet blieben, lässt sich auf informeller Ebene eine etwas anders geartete Entwicklung beobachten.412 Gerade die steigende Anzahl von Vortragsreisen innerhalb der eigentlichen „Boykottzeit“ verdeutlicht, dass Wissenschaft auch nach 1918/19 auf einem grenzüberschreitenden Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhte. Die Vortragsreisen der deutschen Gelehrten wurden bewusst durch die Kulturabteilung des Auswärtigen Amts gefördert und können demnach als staatliches und zugleich demokratisches Instrument betrachtet werden, den Wissenschaftsboykott der Westmächte zu durchbrechen und zur Wiederherstellung einer internationalen wissenschaftlichen Kommunikation und Kooperation beizutragen. Sie sind daher Ausdruck eines neuen nationalen Programms der Weimarer Republik, das ganz auf den Wiederaufbau geistiger Zusammenarbeit hin ausgerichtet war. Die Bezeichnung der Weimarer Periode als „Leidenszeit“, die im Kontrast zur „Glanzzeit“ deutscher Wissenschaft und Universitäten im Kaiserreich steht, folgt lediglich dem Deutungsmuster der Weimarer Republik als „Krise“ bzw. als „Not deutscher Wissenschaft“ und trifft deswegen nur sehr bedingt zu.413

410 Vgl. Jürgen John: „Not deutscher Wissenschaft: Hochschulwandel, Universitätsidee und akademischer Krisendiskurs in der Weimarer Republik, in: Gebrochene Wissenschaftskulturen. Universität und Politik im 20. Jahrhundert, hg. v. Michael Grüttner u.a., S. 107-140, S. 118-119. 411 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 78. 412 Vgl. Ebd., S. 79. 413 Vgl. Jürgen John: Universitäten und Wissenschaftskulturen von der Jahrhundertwende 1900 bis zum Ende der Weimarer Republik 1930/33, in: Gebrochene Wissenschaftskulturen. Universität und Politik im 20. Jahrhundert, hg. v. Michael Grüttner u.a., S. 26. 104

4 Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik

In Krebs´ Vortrag über „Die deutsche Kulturarbeit im fernen Osten“ 414 , den er im Münchener Freundeskreis der Deutschen Akademie hielt und der im August 1927 in den Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums erschien, erwähnte Krebs als seine Vorgänger und Vorbilder den Physiker Albert Einstein (1879-1955), den Chemiker Fritz Haber (1868-1934), den Philosophen Hans Driesch (1867-1941) sowie seinen Freiburger Kollegen, den Pathologen Ludwig Aschoff (1866-1955), deren Weltreisen er über den wissenschaftspolitischen Kontext hinaus als wertvollen Beitrag zur „geistige[n] Verbundenheit“415 zwischen Deutschland und den fremden Nationen würdigte.

Die Aussage Krebs´ soll zum Anlass genommen werden, die Weltreisen genau dieser deutschen Gelehrten eingehender zu skizzieren, um auf diese Weise Krebs´ Weltreise besser kontextualisieren zu können. Danach soll nach verbindenden Elementen auf kultur- und wissenschaftspolitischer sowie religiöser Ebene gesucht werden, um Aussagen über die Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik treffen zu können. Zum Schluss des Unterkapitels soll dargelegt werden, wie sich die Vorstellung von „Kulturnation“ und „Weltgemeinschaft“ im (wissenschafts-) politischen Denken der deutschen Gelehrten in der Weimarer Republik zueinander verhielten.

4.1 Die Weltreisen deutscher Gelehrter – Engelbert

Krebs´ Vorbilder

Zunächst sollen jedoch die wissenschaftspolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA sowie Deutschland und Japan in den Blick genommen werden. Mit diesen beiden Nationen kam es früher als mit den westeuropäischen Ländern zur Aufnahme wissenschaftspolitischer Kontakte.

414 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten. Reiseerinnerungen vom Herbst 1926, in: Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums, München 1927, S. 549-562. 415 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten, S. 553. 105

4.1.1 Wissenschaftspolitische Beziehungen zwischen Deutschland und den USA bzw. Deutschland und Japan Während die westeuropäischen Länder große Zurückhaltung gegenüber Deutschland pflegten, wurden deutsche Wissenschaftler bereits wenige Jahre nach Kriegsende zu längeren Vortragsreisen in die USA 416 eingeladen. Schon vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte ein begrenzter wissenschaftspolitischer Austausch zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten stattgefunden: Eine der wenigen kulturpolitisch bedeutsamen Initiativen auf staatlicher Seite stellte der Professorenaustausch mit den USA dar, der von seinen Anfängen im Jahr 1904 bis zum Ende des Ersten Weltkriegs die Universitäten Harvard und Columbia mit der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität verband. Das Austauschprojekt entstand auf dem parallel zur Weltausstellung in Sankt Louis im Jahr 1904 abgehaltenen Gelehrtenkongress, der von einer 40 Personen umfassenden deutschen Delegation besucht wurde. 417 Unabhängig von dieser Verbindung fand eine begrenzte Gelehrtenwanderung zwischen Deutschland und den USA statt, die durch Errichtung von Stiftungsprofessuren und deutsch-amerikanischen Einrichtungen gefördert wurde. Amerikareisen deutscher Professoren in den Jahren 1904 bis 1917, wie sie beispielsweise von den Historikern Hermann Oncken (1869-1945) und Erich Marcks (1861-1938), dem Althistoriker, Ägyptologen und Altorientalisten Eduard Meyer (1855-1930) sowie dem Philosophen und Literaturwissenschaftlicher Eugen Kühnemann (1868-1946) unternommen worden waren, wurden weniger als „Beitrag zu einem Kulturaustausch“, sondern als „Kulturmission“ verstanden.418 Das Interesse an dem deutschen Bildungs- und Wissenschaftssystem veranlasste aber auch eine große Anzahl amerikanischer Studierender, sich an deutschen Universitäten ausbilden zu lassen – so bildeten die amerikanischen Studierenden die viertgrößte Gruppe der ausländischen Studierenden in Deutschland. 419 Im Vergleich zu den nach langen Jahren des Krieges ausgezehrten europäischen Ländern verfügten die USA über finanzielle Ressourcen, die ihnen eine

416 Zur Rolle der Vereinigten Staaten in der internationalen „scientific community“ nach dem Ersten Weltkrieg vgl.: Eckhardt Fuchs. Wissenschaftsinternationalismus in Kriegs- und Krisenzeiten. Zur Rolle der USA bei der Reorganisation der internationalen scientific community 1914-1925, in: Wissenschaft und Nation in der europäischen Geschichte, hg. v. Ralph Jessen/Jakob Vogel Frankfurt a. M. 2002, S. 263-284. 417 Vgl. Bernhard vom Brocke: Der deutsch-amerikanische Professorenaustausch. Preußische Wissenschaftspolitik, internationale Wissenschaftsbeziehungen und die Anfänge einer deutschen auswärtigen Kulturpolitik vor dem Ersten Weltkrieg, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 31 (1981), S. 128- 182. 418 Vgl. Hans-Jürgen Schröder: Deutschland und Amerika in der Epoche des Ersten Weltkriegs 1900-1924 (Krefelder Hefte zur deutsch-amerikanischen Geschichte Bd.1), Stuttgart 1993, S. 23-24. 419 Vgl. Karl-Heinz Füssl: Deutsch-amerikanischer Kulturaustausch im 20. Jahrhundert. Bildung- Wissenschaft-Politik, Frankfurt a. M./New-York 2004, S. 51-54. 106

Sonderstellung in Europa, aber auch im pazifischen Raum ermöglichten. Deutsche Gelehrte konnten insbesondere von den US-amerikanischen Stiftungen profitieren, die ihr Engagement in Europa erheblich intensivierten. In diesem Zusammenhang ist die im Jahr 1913 gegründete Rockefeller-Stiftung zu nennen, deren „International Education Board“ oder „Natural Science Program“ die Grundlagenforschung förderte und Stipendien vergab, um den internationalen Austausch von Wissenschaftlern zu unterstützen.420

Auch mit Japan kam es früher als mit den westeuropäischen Ländern zur Aufnahme wissenschaftspolitischer Beziehungen, sodass nach dem Ersten Weltkrieg eine neue Seite der deutsch-japanischen Kontakte aufgeschlagen werden konnte. Bis zum Ende der Meiji- Zeit (1868-1912) waren wissenschaftliche Beziehungen durch ein einseitiges Lehrer- Schüler-Verhältnis charakterisiert: Die deutsche Wissenschaft, vor allem die Medizin und die Naturwissenschaften, aber auch die Geschichtswissenschaften und die Nationalökonomie stießen in Japan auf breites Interesse.421 Die deutsche Sprache wurde – neben der Englischen – zum bevorzugten Medium in mehreren Fachdisziplinen, insbesondere in den Naturwissenschaften, in der Philosophie und in den Rechts- und Staatswissenschaften.422 Als Mittler dieses wissenschaftlichen und kulturellen Transfers können mehrere hundert japanische Studenten und Wissenschaftler bezeichnet werden, die an deutschen Universitäten studiert und gearbeitet hatten sowie zahlreiche deutsche Professoren, die im Dienst der japanischen Regierung an staatlichen Universitäten forschten und lehrten.423 Zu ihnen gehörten vor allem Mediziner424 wie der zuvor an der Universität in Freiburg tätige Julius Karl Scriba (1848-1905), der ab 1881 als Professor an der Universität in Tokio und als medizinischer Berater der japanischen Regierung wirkte.425 Zusammen mit seinem Kollegen, dem Internisten Erwin Bälz (1849-1913), gilt er als Begründer der modernen Medizin in Japan, wo er durch sein Wirken insbesondere zur Entwicklung der Chirurgie und Krankenpflege beitrug.426Der deutsche Geograph Heinrich

420 Vgl. Gabriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 80. 421 Vgl. Wolfgang Schentker: Max Weber in Japan. Eine Untersuchung zur Wirkungsgeschichte 1905-1995, Tübingen 1998, S. 92. 422 Eberhard Friese: Kontinuität und Wandel. Deutsch-japanische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen nach dem Ersten Weltkrieg, in: Forschung im Spannungsfeld von Politik und Gesellschaft. Geschichte und Struktur der Kaiser-Wilhelm-/Max-Planck-Gesellschaft. Aus Anlass ihres 75jährigen Bestehens, hg. v. Rudolf Vierhaus und Bernhard vom Brocke, Stuttgart 1990, S. 802-832; hier: S. 803. 423 Vgl. Wolfgang Schwentker: Max Weber in Japan, S. 92. 424 Vgl. Wolfgang Eckart: Die Medizin als Instrument deutscher Kulturbeeinflussung in Ostasien: Deutsche Ärzte in Japan und China 1871-1914, Münster 1986. 425 Vgl. Zur Erinnerung an Professor Scriba, in: Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 81 (1906), S. 97-104. 426 Vgl. Erwin Bälz: Das Leben eines deutschen Arztes im erwachenden Japan. Tagebücher, Briefe, Berichte, Stuttgart 1930; Frank Käser: Zur Begründung der japanischen Schulmedizin in Japan der Meiji- Zeit. Vorgänge, Entscheidungen, Folgen, Saarbrücken 2008. 107

Edmund Naumann (1854-1927) lehrte zwischen 1875 und 1880 an der Universität in Tokio und wurde anschließend zum Direktor der japanischen topographischen und geologischen Landesaufnahmen gemacht.427 Neben Naumann ist außerdem der Metallurge Curt Adolph Netto (1847-1909) zu nennen, der 1877 zum Dozenten für Metallurgie und ab 1878 zum Professor für Bergbau und Hüttenkunde an die Universität in Tokio berufen wurde.428 Während also die Wissenschaft aus Deutschland schnell Eingang in Japan fand, verlief der Informationsaustausch in umgekehrter Richtung nur zögernd, sodass die Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs „für Japan mehr als für Deutschland eine Epoche des Lernens“429 darstellte. Einen besonderen Glücksfall stellte die Ernennung des Indologen und Juristen Wilhelm Solf430 (1868-1936) zum ersten deutschen Botschafter in Tokio dar: Solf war vor seiner Berufung durch Reichspräsident von 1900 bis 1911 Gouverneur von Deutsch-Samoa und danach Staatssekretär im Kolonialamt gewesen. Kurz vor der Revolution ernannte Prinz Max von Baden ihn zum Leiter des Auswärtigen Amtes in Berlin. Als Botschafter ließ Solf eine Denkschrift ausarbeiten, in der von der Aufgabe der deutschen Interessen an den Kolonien in Ostasien die Rede war und zudem die Vormachtstellung Japans in Fernost anerkannt wurde. So gelang es Solf, die bilateralen Beziehungen zwischen Japan und Deutschland wiederherzustellen, wobei er die Pflege der gegenseitigen kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen zum Hauptinstrument deutscher Außenpolitik in Tokio machte.431 So forcierte er beispielsweise die Gründung zahlreicher Zeitschriften, die Errichtung der wissenschaftlichen Institute in Berlin und Tokio und vermittelte finanzielle Zuwendungen der Japaner an die „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“. 432 Insgesamt betrachtet beruhte Solfs Selbstverständnis als deutscher Botschafter nun nicht mehr auf kulturimperialistischen Vorstellungen, vielmehr verstand er sich als „Mittelsmann zwischen zwei hochstehenden Kulturen“433. Zu den wichtigsten Trägern der deutschen Geisteswissenschaften in Japan in der Nachkriegszeit

427 Vgl. Claus Priesner: Neumann, Eduard, in: NDB 18 (1997), S. 767. 428 Vgl. Robert B. Heimann/Rainer Slotta: Curt Adoplh Netto. Ein Kosmopolit aus Freiburg/Sachsen (1847- 1909), Bochum 1909; Wolfgang Michel: Curt Adolph Netto (1847-1909). Ein Deutscher im Japan der Meiji-Ära, in: Jahresbericht Nr. 8 der Japanisch-Deutschen Gesellschaft Westjapans, Fukuoka 1984, S. 13- 21. 429 Vgl. Eberhard Friese: Kontinuität und Wandel. Deutsch-japanische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen nach dem Ersten Weltkrieg, S. 804. 430 Zu Wilhelm Solf vgl.: Masako Hiyama: Wilhelm Solf (1862-1936), in: Brückenbauer. Pioniere des japanisch-deutschen Kulturaustausches, hg. v. japanisch-deutschen Zentrum und Verein der japanisch- deutschen Gesellschaft in Tokio, Berlin 2005; Eberhard von Vietsch: Wilhelm Solf. Botschafter in Japan 1860-1973, Tokio 1974. 431 Vgl. Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber, S. 561-562. 432 Vgl. Wolfgang Schentker: Max Weber in Japan, S. 93. 433 Margit Szöllösi-Janze: Fritz Haber, S. 562. 108

entwickelten sich die Lehrer der deutschen Sprache an den dreijährigen Oberschulen („Koto-Gakkos“). 434 Dennoch gingen nach dem Friedensschluss insbesondere von der japanischen Medizin Bestrebungen aus, die Isolierung der deutschen Wissenschaft zu unterlaufen, indem man deutsche Gelehrte zu Vortragsreisen einlud oder die deutschen Gelehrten finanziell unterstützte.

4.1.2 Der Physiker Albert Einstein auf Vortragsreisen in den USA (1921) und Japan (1922) – Verbesserung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen und Spendenreise für die jüdische Universität in Jerusalem Der bekannteste weltreisende Wissenschaftler in den 1920er Jahren ist der Physiker Albert Einstein (1879-1955): Obwohl Einstein auf Grund seiner Schweizer Staatsangehörigkeit nicht als „typischer Vertreter“ deutscher Wissenschaft geltend gemacht werden kann, so ist sein Japanaufenthalt vom Auswärtigen Amt als auch von der deutschen Öffentlichkeit zu einer Demonstration für das Ansehen der deutschen Wissenschaft in Japan umgedeutet worden.

Durch seine bahnbrechenden wissenschaftlichen Leistungen in der Relativitätstheorie wurde Albert Einstein (1879-1955) im März 1919 praktisch über Nacht in der internationalen wissenschaftlichen Fachwelt wie ein Held gefeiert. In Deutschland fanden sich jedoch auch Widersacher, die seine Relativitätstheorie als „jüdische Physik“ brandmarkten: Von dem antisemitischen Demagogen Paul Weyland, der die „Arbeitsgemeinschaft deutscher Naturforscher zur Erhaltung reiner Wissenschaft e.V.“ gegründet hatte, wurde eine regelrechte Kampagne gegen Einstein geführt: Neben Zeitungsbeiträgen initiierte Weyland eine Reihe von Großveranstaltungen gegen die Relativitätstheorie, die von antisemitischen Hetzschriften und Hakenkreuzen begleitet wurden. 435 In dieser angespannten Atmosphäre beschloss Einstein, sich zeitweise aus Berlin und dem öffentlichen Leben zurückzuziehen und Einladungen zu Vortragsreisen im Ausland anzunehmen.

Im Oktober des Jahres 1920 war Einstein von der Princeton-University und fünf weiteren Universitäten zu einer Vortragsreise über seine Relativitätstheorie in die Vereinigten

434 Vgl. Kurt Meißner: Deutsche in Japan, S. 110. 435 Vgl. Jürgen Neffe: Einstein. Eine Biographie, Hamburg, erste Auflage, 2005, S. 293. 109

Staaten eingeladen worden, die er am 21. März des folgenden Jahres mit seiner Ehefrau Elsa antrat.436 Er selbst hoffte mit seiner Weltreise, „zur Verbesserung der mir am Herzen liegenden internationalen Beziehungen beitragen“437 zu können. Bei diesem Versuch half ihm die Tatsache, dass er das „Manifest der 93“ nicht unterzeichnet hatte. Vielmehr hatte der pazifistisch und sozialistisch eingestellte Einstein den vom Berliner Herzspezialisten Georg Friedrich Nicolai verfassten Gegenentwurf „An die Europäer“ unterzeichnet.438 In seinem Brief an seinen Kollegen Fritz Haber schrieb Einstein: „Übrigens ist eine wissenschaftliche Kooperation noch lange nicht der Staat. Wenn die Gelehrten ihren Beruf ernster nähmen als ihre politischen Leidenschaften, würden sie ihre Handlungen mehr nach kulturellen als nach politischen Gesichtspunkten einrichten.“ 439 Dies verdeutlicht, dass Einstein selbst der Ansicht war, dass Wissenschaft übernational und Wissenszirkulation nicht abhängig von politischen Überzeugungen gemacht werden solle. Einsteins Vortragstätigkeit in den Vereinigten Staaten war von Anfang mit einem karitativen Anliegen verknüpft: Auf Bitten des Präsidenten der Zionistischen Organisation in London Chaim Weizmann (1874-1952) sammelte Einstein Spenden für die Gründung einer „Hebrew University“ in Jerusalem.440 Obwohl es Einstein nicht gelang, ein „University Aid Comitee“ ins Leben zu rufen, zeigten sich insbesondere aus Osteuropa stammende Juden begeistert von dem Projekt der Hebräischen Universität und spendeten zusammen eine beträchtliche Summe für die geplante Medizinische Fakultät und die Universitätsbibliothek.441 Auf wissenschaftlicher Ebene war Einsteins Vortragsreise von Erfolg gekrönt: Seine Vorträge über „The Meaning of Relativity“ erschienen ausgearbeitet in der Princeton University Press und wurden insgesamt sechs Mal aufgelegt.442 Einsteins Vorträge in Chicago waren dermaßen erfolgreich, dass er das Angebot zur Übernahme einer Professur, und somit die Nachfolge des zum Direktor des „Norman Bridge Laboratory of

436 Vgl. Albert Einstein an Paul Ehrenfest vom 13.02.1921, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol. 12: The Berlin years: correspondence, januar-december 1921), hg. v. Diana Kosmos Buchwald, Princeton 2015, S. 83-84. 437 Albert Einstein an John G. Hibben vom 21.02.1921, in: Ebd., S. 89. 438 Vgl. Jürgen Neffe: Albert Einstein, S. 282. 439 Albert Einstein an Fritz Haber vom 09.03.1921, in: Ebd., S. 128. 440 Chaim Weizmann an Albert Einstein vom 23.02.1921, in: The Collected Papers of Albert Einstein (The Berlin Years: Writings and Correspondence, January 1922-March 1923, Bd. 13), hg. V. Diana Kosmos- Buchwald, Princeton 2012, S. 101. 441 Vgl. Kosmos Buchwald: Einleitungsaufsatz, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol 12: The Berlin years: correspondance, januar-december 1921), hg. v. Diana Kosmos Buchwald u.a., Princeton 2015, S. XXXIV. 442 Einstein: Vier Vorlesungen über Relativitätstheorie: gehalten im Mai 1921 an der Universität Princeton, Braunschweig 1922. 110

Physics“ und Vorsitzenden des „Executive Council of the California Institute of Technology“ berufenen Robert A. Millikan bekam.443

Ende Januar 1922 wurde Einstein von dem Physikprofessor an der Tokyo Imperial University, Jun Ishiwara, ein offizielles Schreiben von dem Präsidenten des Kaizo-Verlags, Sanehiko Yamamoto, weitergeleitet, der Einstein für Herbst des Jahres 1922 zu einer Vortragsreise durch Japan einlud.444 In einem weiteren Brief schrieb Yamamoto, dass die Japanische Akademie der Wissenschaft, deren Mitglieder zum größten Teil aus den Professoren der japanischen Universitäten bestanden, und die japanische Regierung, die Vortragsreise unbedingt unterstützten und vorbereiten wollten.445 Einstein willigte ein, da er Yamamotos politisches Bestreben würdigte, sich für die Schaffung „einer internationalen Organisation zur Vermeidung der Kriegskatastrophen“ einzusetzen, wofür es seiner Ansicht nach „des gegenseitigen Verstehens von Männern verschiedener Länder und der Betonung der wahrhaft internationalen Güter der Menschheit, unter denen die Wissenschaft vielleicht den ersten Rang einnimmt“446, bedürfe. Außerdem konnte Einstein den „Sirenen Ostasiens“447 -wie er sich ausdrückte- nicht widerstehen. Während eines Interviews gleich nach seiner Ankunft in Japan äußerte sich Einstein auch gegenüber Reportern, dass es schon immer ein heimlicher Wunsch war, Japan zu bereisen, seit er Lafcadio Hearn`s Bücher und Lord Redesdales Japanmärchen gelesen hatte – Schriften, die das westliche Japan-Bild im ausgehenden 19. Jahrhundert erheblich prägten.448 Gegenüber dem deutschen Botschafter in Tokio, Wilhelm Solf, gab Einstein außer der „Sehnsucht nach dem fernen Osten“449 an, dass im Zuge der Ermordung des mit Einstein befreundeten deutschen Außenministers Walther Rathenau im Juni 1922 auch Morddrohungen gegen ihn aufgetaucht waren, die einen begründeten Anlass darstellten, eine längere Reise ins Ausland anzutreten.450

Zusammen mit seiner Ehefrau trat Einstein am 3. Oktober 1922 die Reise nach Japan an. An Bord der SS Kitano Maru fuhr er von Marseille über den Suez Canal in den Fernen Osten.451 Auf der Fahrt nach Shanghai erfuhr Einstein durch ein Telegramm des Sekretärs

443 Diana Kosmos-Buchwald u.a. (Hrsg.): The Collected Papers of Albert Einstein (The Berlin Years: Correspondence, January-December 1921, Bd.12.), Princeton 2009, S. XXXVIII. 444 Sanehiko Yamamoto an Albert Einstein vom 15.01.1922, in: Ebd., S. 86-87; Jun Ishiwara an Albert Einstein vom 26.01.1922, in: Ebd., S. 118-119. 445 Vgl. Sanehiko Yamamoto an Albert Einstein vom 12.07-08.08.1922, in: Ebd., S. 407. 446 Albert Einstein an Sanehiko Yamamoto vom 30.12.1922, in: Ebd., S. 657. 447 Albert Einstein an Paul Ehrenfest vom 15.03.1922, in: Ebd., S. 188. 448 Diana Kosmos Buchwald: Einleitungsaufsatz, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol 12: The Berlin years: correspondance, januar-december 1921), hg. v. Ders. u.a., Princeton 2015, S. LX. 449 Albert Einstein an Wilhelm Solf vom 20.12.1922, in: Ebd., S. 643. 450 Diana Kormos Buchwald: Einleitungsaufsatz, in: Ebd., S. LVII. 451 Ebd. 111

der königlich-schwedischen Akademie der Wissenschaften in Stockholm, Christopher Aurivillius, dass er den Nobelpreis für Physik zuerkannt bekommen hatte. 452 Am 17. November 1921 erreichten sie Kobe und wurden dort von den japanischen Physikern Nagaoka, Ishiwara und Ayao Kuwaki, dem deutschen Konsul Oskar Trautmann, verschiedenen jüdischen Zionisten und Vertretern der japanisch-deutschen Gesellschaft in Empfang genommen.453 Die öffentlichen Vorlesungen begannen am 19. November 1921 in der Keio-Universität in Tokio, bei der 2000 Japaner und der Minister für Bildungs- und Unterrichtswesen, Eikichi Kamada, anwesend waren und die von seinem japanischen Kollegen Ishiwara übersetzt wurden. Ein Höhepunkt stellte das von Kaiser Sadako Kujo zu Ehren von Einstein veranstaltete Chrysanthemen-Fest im Garten des Akasaka-Palastes in Tokio dar, dem der japanische Premierminister Viscount Kato Tomosaburo und andere japanische Staatsmänner und ausländische Diplomaten beiwohnten. 454 Nach seinen Vorträgen in Tokio reiste Einstein weiter quer durch Japan, um Vorträge über seine Relativitätstheorie an Universitäten und Bildungseinrichtungen in Kyoto, Osaka, Fukuoka, Sendai und Sapporo zu halten, wobei er in allen japanischen Städten mit großem Zeremoniell empfangen wurde. Berichten der deutschen Botschaft in Japan zur Folge, stand die Reise unter dem gleichen guten Stern wie zuvor schon die Amerikatour; seine öffentlichen Vorträge hatten –trotz extrem hoher Eintrittspreise– in allen japanischen Städten große Menschenmassen angezogen.455 Trotz zahlreicher Vortragsverpflichtungen blieb Einstein genug Zeit, sich mit der japanischen Kultur und Tradition auseinanderzusetzen: In Tokio wurde er neben seinen Vortragsaktivitäten auch zu einer traditionellen Teezeremonie und in ein japanisches Theater eingeladen. Insbesondere der japanische Tanz und die japanische Musik beeindruckten Einstein dermaßen, dass er einen eigenen Aufsatz darüber verfasste.456 Er besuchte aber auch japanische Heiligtümer wie die Tempelbezirke in Nikko und nutzte die Gespräche mit seinen Reisebegleitern dazu, sich mit den fernöstlichen Religionen auseinanderzusetzen.457 Zudem traf sich Einstein mit zwei jungen christlichen Sozialreformern namens Okamot Yamamoto und Toyohiko Kagawa

452 Christopher Aurivillius an Albert Einstein vom 10/11.1922, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol 12: The Berlin years: correspondance, januar-december 1921), hg. v. Diana Kosmos Buchwald u.a., Princeton 2015, S. 591. 453 Albert Einstein: Reisetagebuch Japan, Palästina, Spanien von 1921-1923, in: Ebd., S. 542. 454 Ebd., S. 545. 455 Vgl. Thomas Levenson: Albert Einstein. Die Berliner Jahre 1914-1932, München, erste Auflage, 2003, S. 308. 456 Albert Einstein: Plauderei über meine Eindrücke in Japan, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol 12: The Berlin years: correspondance, januar-december 1921), hg. v. Diana Kosmos Buchwald u.a., Princeton 2015, S. 606-614. 457 Albert Einstein: Reisetagebuch Japan, Palästina, Spanien, in: Ebd., S. 549. 112

und wurde von politisch linksstehenden Gruppierungen wie der proletarischen Allianz kontaktiert. 458

An Bord der „Haruna Maru“ reiste Einstein mit einem Zwischenstopp in Singapur weiter nach Palästina, wo er auf dem Skopusberg die Gründungsrede für die „Hebrew University“ halten sollte, wegen deren Finanzierung er im Jahr zuvor durch die USA gereist war.459 Nach seiner Ankunft in Deutschland verfasste Einstein einen Aufsatz über die Eindrücke seiner Reise und machte darin deutlich, welch hohe Achtung er der japanischen Kultur und Lebensart entgegenbrachte: Vieles sei ihm noch so geheimnisvoll wie am ersten Tag, manches habe er aber doch zu verstehen gelernt: Während in Europa die ganze Erziehung darauf gerichtet sei, den „Kampf ums Dasein als Einzelwesen unter möglichst günstigen Bedingungen erfolgreich aufzunehmen“460, sei der Japaner durch die Einbindung in feste Familienstrukturen in Japan weit weniger allein.461 In einem Schreiben an den Physiker der „Tokio Imperial University“, Jun Ishiwara (1881-1947), machte Einstein aber auch deutlich, dass er der Ansicht sei, dass „bei aller Verschiedenheit der Abstammung und Tradition eine rätselhafte Harmonie“462 zwischen Japanern und Europäern bestehe. Hierbei warnte Einstein die Japaner jedoch auch, den westlichen Einflüssen zu unterliegen.

4.1.3 Die Weltreise des Chemikers Fritz Haber (1924) – Dankesreise im Namen der deutschen chemischen Wissenschaft und Aufbau des deutsch-japanischen Instituts Einsteins Gespräche über seine Erfahrungen und Erlebnisse während seiner Weltreise bewirkten, dass auch bei seinem Berliner Kollegen, dem Chemiker Fritz Haber (1868- 1934), ein Interesse an einer Japanfahrt entstand: Auf Grund seiner Entwicklung des sogenannten Haber-Bosch-Verfahrens, für das er im Jahr 1919 rückwirkend den Nobelpreis für das Jahr 1918 verliehen bekommen hatte, war Haber nicht nur deutschlandweit, sondern auch international bekannt geworden. 463 Im Jahr 1911 wurde Haber zum Gründungsdirektor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für physikalische Chemie und

458 Albert Einstein: Reisetagebuch, in: Ebd., S. 551. 459 Vgl. Levenson: Albert Einstein, S. 309. 460 Albert Einstein: Plauderei über meine Eindrücke in Japan, in: Ebd., S.607. 461 Ebd., S. 607-608. 462 Albert Einstein an Jun Ishiwara vom 23.-29.12.1922, in: The collected papers of Albert Einstein (Vol 12: The Berlin years: correspondance, januar-december 1921), hg. v. Diana Kosmos Buchwald u.a., Princeton 2015, S. 645. 463 Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber. Chemiker, Nobelpreisträger, Deutscher, Jude. Eine Biographie, Weinheim u.a. 1998, S 429. 113

Elektrochemie in Berlin-Dahlem und als Honorarprofessor für physikalische Chemie an die Universität Berlin berufen.464 Kurz nach dem ersten Weltkrieg machten ihn seine Versuche mit Phosgen und Chlorgas zum „Vater des Gaskriegs“: Unter seiner Leitung wurden die deutschen Gastruppen formiert und erstmals Giftgas als Massenvernichtungswaffe eingesetzt, weswegen der deutschnational gesinnte Haber nach Kriegsende von den Alliierten auch kurzzeitig als Kriegsverbrecher gesucht wurde.465

Nach dem Ersten Weltkrieg konzentrierte sich Haber verstärkt wieder auf seine chemische Forschung und erwirkte für die deutsche Wissenschaft im Allgemeinen einen finanziellen Spielraum, indem er die „Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft“ ins Leben rief. Im Jahre 1920/21 hatte der japanische Industrielle und Geschäftsmann Hajime Hoshi (1873- 1951) seine erste Spende zu einer Stiftung zur Förderung der Wissenschaften in Deutschland in der Höhe von 80 000 Yen (ca. 160 000 Goldmark) getätigt, die im Frühjahr 1922 dem Vergabeausschuss der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften zur Verfügung gestellt wurde. Hoshi hatte in den Vereinigten Staaten studiert und nach seiner Ankunft in Japan mit pharmazeutischen Produkten gehandelt, Ladenketten aufgebaut und innerhalb kürzester Zeit einen stark expandierenden Konzern errichtet. Unterstützt wurde er dabei von dem einflussreichen japanischen Politiker Graf Shimpei Goto (1857-1929), der in Deutschland studiert hatte und mit dem deutschen Botschafter in Tokio, Wilhelm Solf, gute Beziehungen pflegte. Als Goto von Solf über die verzweifelte Nachkriegssituation der Wissenschaft in Deutschland informierte wurde und Hoshi davon berichtete, entschloss sich dieser spontan zu einer größeren Geldspende.466

Im Frühjahr 1922 wurde die Spende dem Vergabeausschuss der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaften zur Verfügung gestellt und wegen der sich rasant entwickelten Inflation schon bald ausgegeben. Erst im November 1922, nachdem die Gelder schon weitgehend verteilt worden waren, wurde im Kaiser-Wilhelm-Institut für physikalische Chemie und Elektrochemie ein Gremium gebildet, das sich als Hoshi-Stiftung konstituierte und dessen Vorsitz Fritz Haber führte. Kurz darauf kam Hoshi nach Berlin und wurde von den Vertretern der Regierung und der Notgemeinschaft empfangen. Zwischen Haber und ihm entwickelte sich eine Freundschaft. Hinzu kam, dass Haber schon in früheren Zeiten mit mehreren Japanern zusammengearbeitet hatte, so mit seinem Schüler Setsuro Tamaru, der Anfang der zwanziger Jahre eine Professorenstelle in Japan erhielt. Außerdem war

464 Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 199-210. 465 Ebd., S. 310. 466 Vgl. Ebd., S. 540-541. 114

Habers Onkel Ludwig als Konsul in Japan tätig gewesen. So lud Hoshi Haber bei seinem Besuch in Berlin ein, nach Japan zu kommen. Auf Grund seiner gesundheitlichen Angeschlagenheit verspürte Haber jedoch keine große Neigung, eine so lange Reise zu unternehmen. In der Zwischenzeit war Albert Einstein mit seiner Ehefrau Elsa von seiner Japanreise wieder nach Berlin zurückgekommen und konnte Haber überreden, doch die lange Fahrt nach Fernost anzutreten. Hinzu kam, dass er zu der Jahrhundertfeier des Benjamin-Franklin-Instituts in Philadelphia als Vertreter der Preußischen Akademie der Wissenschaften, der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und der Deutschen Chemischen Gesellschaft eingeladen wurde. So hatten Fritz und Charlotte Haber die Gelegenheit, die Welt von West nach Ost zu umrunden. Anfang September 1924 verließen die Habers mit dem HAPAG-Schiff „Reliance“ Hamburg.467

Mitte September begannen die Feierlichkeiten am Franklin-Institut, an denen Vertreter vieler Universitäten, wissenschaftlicher Gesellschaften und Industrieorganisationen teilnahmen. Über den Verlauf der Tagung wurde in verschiedenen Zeitungen berichtet, wobei Haber als „one of the most prominent speakers at the banquet“468 bezeichnet wurde. Nach den Feiern in Philadelphia begann das Ehepaar Haber eine Rundreise durch die Vereinigten Staaten, im Oktober verließ ihr Schiff den Hafen von San Francisco und nach einem kurzen Aufenthalt auf Hawaii erreichten sie Ende des Monats Japan, wo sie im Hafen von Yokohama von Hoshi und Solf empfangen und wie Staatsgäste behandelt wurden.469 Auf einem Begrüßungsbankett am 3. November 1924 in Tokio überbrachte Haber den Dank der deutschen chemischen Wissenschaft für die großzügige Hilfe, die Hoshi mit seinen Spenden geleistet hatte. Dabei überreichte er ihm ein Geschenk und einen Brief des Reichspräsidenten Ebert sowie einen Festband des Japanausschusses der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft. In seiner anschließenden Rede betonte Haber die besondere wissenschaftspolitische Verbindung zwischen Deutschland und Japan470:

„Sie [Die Schenkung; A.d.A.] zeigt, dass die Haltung des japanischen Volkes als Ganzes durch die Person eines Einzelnen spricht, und dass die geistige Welt Japans die innigen Bande, die sie mit der Geisteswelt Europas verbunden hatten, und die durch diesen unsinnigen Krieg zerbrochen worden waren, von sich aus in ehrlicher Gesinnung wieder herzustellen entschlossen ist. Wie vor dem Kriege

467 Vgl. Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 541-542. 468 Vgl. Journal of the Franklin Institute, Philadelphia, April 1925, S. 437, in: Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 542. 469 Vgl. Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 542. 470 Vgl. Ebd., S. 543. 115

werden jetzt wieder deutsche Gelehrte an die höheren Schulen Japans berufen, um zusammenzuarbeiten, und die besten jungen Naturwissenschaftler und Mediziner Japans finden wieder den Weg nach Deutschland.“471

Dem japanischen Unterrichtsminister überreichte Haber eine Bücherspende deutscher wissenschaftlicher Vereine, verschiedener Verlage und der Industrie. 472 Seine Hauptmotivation, die Weltreise zu unternehmen, beschrieb Haber dabei folgendermaßen:

„Müssen wir eigentlich die Staaten in gegenseitiger Isolierung halten und auf industriellem Gebiet immer nur an Wettbewerb denken. Gibt es nicht auch einen anderen Weg zum Glück? Ja, es ist der Weg der Zusammenarbeit! Für den Wettbewerb genügt es zu wissen, was und wie der Gegner arbeitet. Bei der Zusammenarbeit bedarf es des Verständnisses und des Vertrauens zu den besonderen Eigenschaften des Partners, und beides kann nur entstehen, wenn man sich gegenseitig näherkommt […]“473

Aus Habers Besuch entstand folglich die Idee, ein Kulturinstitut in Berlin und Tokio zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Japan auf dem Gebiet der Wissenschaft, Kultur und Technik zu gründen.474 Dieses Anliegen diskutierte Haber mit Hoshi und Tamaru, vor allem aber mit Graf Goto und Solf und so beschloss man, die Aufgaben aufzuteilen: Haber in Berlin, Solf in Tokio mit Hilfe japanischer Kreise. Vor diesem Hintergrund war auch Habers Werben und Auftreten in den verschiedenen Universitäten und Industriebetrieben zu verstehen: Er führte Gespräche, hielt Vorträge und besichtigte Werke in Tokio, Sendai, Sapporo, Kobe, Kyoto und Osaka. Seine Zeit war aber auch ausgefüllt durch Gespräche mit Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft; darunter befanden sich die japanischen Industriellen Sumitomo und Machida sowie der japanische Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko Sata.475 Durch diese Einstellung beeinflusst, versuchte Haber durch eine Zusammenarbeit von Wissenschaftlern und kulturellen Kreisen in Deutschland und Japan eine Atmosphäre zu schaffen, die schließlich zu einem besonders für Deutschland vorteilhaften technischen und

471 Abschrift der Rede Habers auf dem Begrüßungsabend im Imperial Hotel in Tokyo, undatiert, MPG, Abtl. V, Rep. 13, 1703, in: Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 543. 472 Vgl. Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 543. 473 Abschrift der Rede Habers auf dem Begrüßungsabend im Imperial Hotel in Tokyo, undatiert, MPG, Abt. V, Rep. 13, 1703, in: Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 543. 474 Vgl. Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 544. 475 Vgl. Ebd., S. 544. 116

wirtschaftlichen Zusammenwirken führen sollte. Haber selbst war sicher, „dass gegenwärtig das Schwergewicht der Welt in den Vereinigten Staaten“ ruhe, aber „die Zukunft der Weltentwicklung an den Gestaden des Stillen Ozeans“476 zu finden sei. Parallel zu seiner regen Vortragstätigkeit unternahm Haber zusammen mit seiner Ehefrau eine zehnwöchige Rundreise zu den Kulturstätten Japans.477 Nach seiner Überzeugung konnte eine internationale Zusammenarbeit zwischen Deutschen und Japanern auf Ebene der Technik und Wirtschaft erst dann eintreten, wenn die Einstellung gegenüber japanischen Wissenschaftlern und Industriellen geändert werden würde, was nur möglich war, wenn man die kulturellen und geistigen Traditionen in Japan verstehen lernte. In Hokodate auf der Insel Hokkado besuchten sie das Grab von Habers Onkel Ludwig, der in Japan als Konsul tätig gewesen und dort unter seltsamen Umständen 1874 von einem Samurai ermordet worden war. In einer feierlichen Zeremonie wurde in Hokkado nun auch ein Gedenkstein für Ludwig Haber enthüllt. 478 Über Korea, die Mandschurei, Shanghai, Indonesien, Ceylon und Ägypten erreichten die beiden Habers Mitte März 1925 Europa und gingen in Genua an Land.479 Am 4. Dezember 1926 konnte das Japaninstitut in Berlin offiziell gegründet werden, das Parallel-Institut in Tokio wurde dann tatsächlich im April 1927 ins Leben gerufen.480

Fritz Habers Weltreise und die aus seiner Japanreise entstandenen Bemühungen um das Japan-Institut wurden von seinem Biographen Dietrich Stoltzenberg als „Ausdruck für die Bestrebungen von Haber nach dem Kriege gewertet, die Beziehungen der deutschen Wissenschaften mit denen anderer Länder zu fördern“ 481 . Habers Biographin Margit Szöllösi-Janze schreibt dem Chemiker eine „Pionierrolle“ in der „Wiederherstellung der internationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit“482 zu, da Einstein ja als „untypischer Vertreter der deutschen Wissenschaft“ nur „sehr bedingt als Indikator“ einer Reintegration in die internationale Gelehrtengemeinschaft“483 herangezogen werden könne.

476 Fritz Haber: Der erwachende Osten, in: Industrie und Handelszeitung vom 26.05.1925, in: Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 544. 477 Vgl. Dietrich Stoltzenberg: Fritz Haber, S. 545. 478 Vgl. Ebd., S. 545. 479 Vgl. Ebd., S. 545-546. 480 Vgl. Ebd., S. 550 u. 559. 481 Ebd., S. 561. 482 Margit Szöllösi-Janze. Fritz Haber, S. 582. 483 Ebd., S. 583. 117

4.1.4 Die Weltreise des Freiburger Pathologen Ludwig Aschoff (1924) – Vom Gegenboykott zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der deutschen Medizin Ein weiterer Wissenschaftler, der um die Verbesserung der internationalen Wissenschaftsbeziehungen bemüht war, war der Freiburger Mediziner Ludwig Aschoff (1866-1942), der als der renommierteste Pathologe in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gilt. Aschoff leistete nicht nur einen außerordentlichen Beitrag für die medizinische Wissenschaft, sondern trug – trotz seiner deutschnationalen und patriotischen Gesinnung – auch zur Wiederherstellung der internationalen Anerkennung der deutschen Medizin und der Wissenschaft im Allgemeinen nach dem Ersten Weltkrieg bei. Als oberster beratender Armeepathologe war Aschoff während des Ersten Weltkriegs zu sämtlichen Kriegsfronten gereist, um an Hand klinischer Sektionen von gefallenen Soldaten Rückschlüsse auf die Konstitution des deutschen Volkes im wehrfähigen Alter zu ziehen.484 Auf diese Weise erhoffte er sich, zur gesundheitlichen Verbesserung der „Volksgemeinschaft“ beitragen zu können. In diesem konstitutionspathologischen Programm manifestierte sich Aschoffs „Nationalismus und der Wunsch einer klassenübergreifenden Volksgemeinschaft“485. Es ist nicht verwunderlich, dass der deutschnational gesinnte Ludwig Aschoff – wie ein Großteil der Professorenschaft – die Waffenstillstandsgesuche der deutschen Regierung vom Oktober 1918 als schwere Katastrophe empfunden hatte und gegenüber der neu entstandenen Weimarer Republik große Antipathien hegte.486

Seine deutschnationale Grundhaltung wurde auch in Aschoffs wissenschaftspolitischem Handeln nach 1918 sichtbar: So öffnete Aschoff sein Pathologisches Institut nur Medizinern derjenigen Nationen zur wissenschaftlichen Zusammenarbeit, die sich öffentlich gegen den in Paris ausgesprochenen Boykott der deutschen Wissenschaft positioniert hatten.487 Im November 1923 erhielt Aschoff eine Einladung des Chirurgen und Pathologen Harvey R. Gaylord aus Buffalo, im Sommersemester 1924 eine Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten zu unternehmen. Durch die Vermittlung seines ehemaligen Studenten, des Pathologen der Universität Tokio, Mataro Nagayo, erreichte Aschoff auch

484 Cay-Rüdiger Prülll: Ludwig Aschoff (1866-1942): Wissenschaft und Politik in Kaiserreich, Weimarer Republik und Nationalsozialismus, in: Medizin und Nationalsozialismus: Die Freiburger medizinische Fakultät und das Klinikum in der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“ (Medizingeschichte im Kontext 10), hg. v. Bernd Grün, Frankfurt a. M. u.a. 2002, S. 92-118; hier: S. 98. 485 Cay-Rüdiger Prüll: Ludwig Aschoff, S. 98. 486 Ebd., S. 100. 487 Ludwig Aschoff: Meine Vortragsreise um die Welt, in: Die Alemannen-Zeitung 6 (1925), S. 20-29; hier: S. 20. 118

eine Einladung der Japanischen Pathologischen Gesellschaft, und konnte so im Anschluss an seine Amerikatour auch eine Vortragsreise durch Japan unternehmen.488 Erst nachdem das Japanische Pathologische Institut und amerikanische Gelehrtenkreise sich öffentlich von den Beschlüssen des Pariser „Conseil international des recherches“ distanziert hatten, nahm Aschoff die Einladungen zu Vortragsreisen an. 489 In seinen jährlichen Aufzeichnungen schrieb Aschoff zu diesem Zeitpunkt, dass insbesondere „die von Deutschland erzwungene Erklärung, der Alleinschuldige am Weltkrieg zu sein“, ihm „schwer lastend auf der Seele“ lag, sodass er sich „am liebsten ganz ablehnend gegen jede Berührung mit dem Ausland“ verhalten wolle. In der „Pflicht des Berufenen“ habe er die Weltreise jedoch als Möglichkeit begriffen, „für die Richtigstellung der gegen uns ausgestreuten Lügen […] zu sorgen“490.

Trotz der Sorge um den fortschreitenden Welt- und Geldverfall und dem großen Erdbeben vom 1. September 1923 in Japan, brach Aschoff im April 1924 zu seiner Weltreise auf.491 In den Vereinigten Staaten hielt Aschoff Vorträge an verschiedenen Universitäten, medizinischen Instituten und Krankenhäusern. Ein Höhepunkt der Vortragsreise stellte für Aschoff die „Harvey Lecture“ dar: Als traditionsreiche Vorlesung in der medizinischen Wissenschaft der im Jahr 1905 gegründeten Harvey Society in New-York waren die Vorlesungen gleichzeitig eine in den ganzen USA angesehene Ehrung. In Chicago nahm Aschoff außerdem an der internationalen „American Medical Association“492 (AMA) teil, die 1847 als die größte Standesvertretung der Ärzte und Medizinstudenten in den Vereinigten Staaten gegründet worden war. Von San Francisco aus reiste Aschoff mit einem japanischen Dampfer über Honolulu nach Japan, wo er im Juli in Yokohama eintraf und von zahlreichen seiner ehemaligen japanischen Schüler empfangen und während seiner Vortragsreise auch betreut wurde. In Japan hielt er Vorträge an den kaiserlichen Universitäten in Sapporo, Sendai, Tokio, Kyoto und Fukuoka sowie an den Universitäten in Niigata, Nagoya, Osaka, Okayama und Nagasaki; außerdem trat Aschoff als Vortragsredner in Seoul in Korea auf. 493 Unter seiner Zuhörerschaft im Fernen Osten

488 Vgl. Eduard Seidler/Peter Ackermann: Freiburg und die japanische Medizin: Reiseberichte von Ludwig Aschoff, Theodor Axenfeld, Franz Büchner, Freiburg i. Br. 1986, S. 19. 489 Aschoff: Meine Vortragsreise um die Welt, S. 20. 490 UAF: E10/222: Jährliche Aufzeichnungen von Ludwig Aschoff (1915-1933), S. 19-20. 491 Über die Weltreise Ludwig Aschoffs ist von mir erschienen: Rebecca Schröder: Zur akademischen Mobilität in der Weimarer Republik. Die beiden Freiburger Professoren Ludwig Aschoff und Engelbert Krebs als Weltreisende, in: Republikanischer Alltag. Die Weimarer Republik und die Suche nach Normalität (Weimarer Schriften zur Republik Bd.2), hg. v. Andreas Braune/Michael Dreyer, Stuttgart 2017, S. 307-320. 492 Vgl. Morris Fishbein: History oft he American Medical Association 1847-1947, New-York 1969. 493 Vgl. UAF: E10/105: Deutsche Botschaft in Tokio an das Auswärtige Amt vom 30.10.1924. 119

befanden sich neben seiner Ehefrau Clara, die ebenfalls Vorträge in Asien hielt und den Schriftverkehr ihres Mannes pflegte, auch seine Tochter Heta mit ihrem Ehemann, dem Heidelberger Pathologen Siegfried Gräff 494 (1887-1966), der zu dieser Zeit als Gastprofessor am Pathologischen Institut der Universität Niigata wirkte. Einen Höhepunkt seiner Japanreise stellte ein großes Festessen dar, das vom Tokioter Ärzteverein, der Kaiserlichen Universität und der Pathologischen Gesellschaft zu Ehren Aschoffs abgehalten wurde und auf dem Aschoff als erster ausländischer Wissenschaftler zum Ehrenpräsidenten der Japanischen Pathologischen Wissenschaft ernannt wurde.495 Aschoff reiste von Japan weiter in das vor dem Krieg von Deutschen gepachtete Shantung, wo er ebenfalls Vorträge hielt.496

Auf wissenschaftlicher Ebene stellte die Reise für Aschoff einen vollen Erfolg dar: Im Kontext seiner Weltreise finden sich außerdem zahlreiche Briefe von ausländischen Medizinern, die Aschoffs Vorträge besucht hatten und nun gerne nach Deutschland kommen wollten, um in seinem Pathologischen Institut in Freiburg mit ihm zusammen zu arbeiten.497 Seine Vorträge wurden von der japanischen pathologischen Gesellschaft als Sonderheft herausgegeben, was seine Reputation im Ausland weiter beförderte.498 Gerade das Interesse amerikanischer und japanischer Kreise an den neueren Forschungen der deutschen Medizin während der Vortragsreisen bestärkten Aschoff darin, dass diese „sich ebenbürtig neben den anderen Völkern sehen lassen kann“499. Während seinen Vorträgen versuchte Aschoff, seinen Zuhörern den kulturellen Wert übernationaler wissenschaftlicher Beziehungen zu demonstrieren. Dabei schrieb Aschoff der medizinischen Wissenschaft auf Grund ihrer historischen Entwicklung einen besonderen völkerverbindenden Einfluss zu:

„Die Geschichte der Medizin zeigt uns die Ausbreitung der hellenischen Medizin über das ganze Mittelmeer, ihre enge Verwandtschaft mit der altägyptischen Medizin, ihre Verpflanzung nach Indien durch die Kriegszüge Alexander des Großen. Bei all den verschiedenen und bunten Völkern des römischen Kaisertums gab es nur eine Medizin, die griechische, die Medizin des Galen. Unter

494 Christine Pieper: Gräff, Siegfried, in: Hamburgische Biografie 4 (2008), S. 120–122. 495 Vgl. UAF: E10/105: Deutsche Botschaft in Tokio an das Auswärtige Amt vom 30.10.1924. 496 Ludwig Aschoff. Meine Vortragsreise um die Welt, S. 25-28. 497 Vgl. UAF. E10/202: Leone McGregor, National Research Council in Ottawa, an Ludwig Aschoff vom 07.01. 1929; Wayne Gatwell, University of Baffalo, School of Medicine, an Ludwig Aschoff vom 05.03.1928; UAF: E10/201: H.E. Robertson, Clinic in Rochester, Minnesota, an Ludwig Aschoff 07.02.1925. 498 Ludwig Aschoff: Vorträge über Pathologie gehalten an den Universitäten und Akademien Japans im Jahre 1924 als Sonderheft ihrer Verhandlungen, hg. v. der japanischen Gesellschaft, Jena 1925. 499 Ludwig Aschoff: Meine Vortragsreise um die Welt, S. 21. 120

ihrem Einfluss stehen wir auch heute noch. […] Wir sind als Mediziner auf der ganzen Welt Kinder einer einzigen Mutter, der Medizin von Hellas. […] So sehen wir, dass die Medizin nicht nur eine internationale, sondern eine übernationale und, zeitlich betrachtet, die ehrwürdigste Wissenschaft ist. Was liegt also näher, als dass die Medizin auch heute noch als Führer in der internationalen Berührung der Völker wirkt.“500

Dabei äußerte Aschoff seine Überzeugung, dass die Arbeit innerhalb der internationalen „scientific community“ zur Ausbildung einer friedlichen Weltgemeinschaft beitragen würde:

„Denn das ist das Schönste an der Wissenschaft, dass sie die in der Sprache, in den Sitten und Gebräuchen gegebenen Grenzen der Völker aufhebt und auch zwischen Angehörigen einander fremder Nationen wirkliche Freundschaften entstehen lässt, die sich nicht auf das wissenschaftliche Können, sondern auf die Persönlichkeit stützen. Dann zeigt sich, dass bei allen Völkern edle und wahre Menschen zu finden sind und dass der Gedanken der allgemeinen Menschlichkeit in solchen Gestalten verwirklicht wird.“501

Auf politischer Ebene hatte Aschoff entgegen den Vorstellungen des Auswärtigen Amtes während seiner gesamten Weltreise „selbstverständlich [s]ein Deutschtum“ betont und in seinen Reden die Gleichberechtigung der deutschen Wissenschaft mit der Deutschen gefordert. Deutschland die Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs zu geben, bezeichnete er als „Vergewaltigung“ am deutschen Volk, die unbedingt „wieder gut gemacht“ 502 werden müsse. Wie die meisten Professoren einer deutschnationalen Gesinnung hatte sich Aschoff dem Kampf gegen den Versailler Vertrag und der „Kriegsschuldlüge“ verschrieben, die er in seinen Vorträgen ebenfalls thematisierte. 503 Zudem versuchte Aschoff während seiner Reise, Frankreich als den eigentlichen Aggressor auf dem europäischen Parkett zu entlarven: Nicht Deutschlands angeblicher Militarismus sondern Frankreichs aggressives Verhalten hat seit zweihundert Jahren Europa und Deutschland nicht zur Ruhe kommen lassen.504 In Japan war Aschoff „auf eine relativ

500 Ludwig, Aschoff: Über internationale Kultur- und Wissenschaftsbestrebungen (Sonderdruck aus: Vorträge über Pathologie, gehalten an den Universitäten und Akademien Japans im Jahre 1924), Jena 1925, S. 355-356. 501 Ludwig, Aschoff: Über internationale Kultur- und Wissenschaftsbestrebungen, 357. 502 Ludwig Aschoff: Meine Vortragsreise, S. 24-25. 503 Vgl. Alexander Bangert: Distanz und Ablehnung, 229. 504 Ein Gelehrtenleben in Briefen an die Familie, Freiburg i. Br. 1966, S. 326. 121

objektive Auffassung der Verhältnisse in Deutschland“ getroffen und hatte auch „vielfach das Bedauern herausgehört, dass man sich durch England in diesen Kreisen gegen Deutschland hineintreiben ließ“505. Auch in China sah er „das Deutschtum […] wieder in starkem Aufblühen, insgesamt habe sich „das Deutschtum im Fernen Osten wieder emporgearbeitet“ und man beginne wieder, „Deutschland wegen seiner Erfolge zu beneiden“506.

In den Vereinigten Staaten hingegen hatte Aschoff „nur die widersinnigsten und abfälligsten Urteile über Deutschland zu hören und zu sehen bekommen“507. Dazu schrieb Aschoff:

„Wenn wir schon wenig von der Geschichte Amerikas wissen, so ist die Unkenntnis der Amerikaner über europäische Verhältnisse bodenlos. Dass Deutschland kein Recht hat, sich zu einer Nation zusammenzuschließen, weil es nie eine gewesen wäre, dass Preussen das größte Unglück für Deutschland gewesen ist, das wird nicht nur in den Schulbüchern der Jugend erzählt, sondern von deutschstämmigen Leuten weitergetragen.“508

Träger des Deutschtums sah Aschoff in den deutschen Burschenschaftlern, die in Amerika „für das Deutschtum eintreten und als Führer der Unterstützerausschüsse der deutschen Wissenschaft, als Leiter der deutschen Spitäler, als Vorsitzende der deutschen Gesellschaften ihr Bestes geben“509. Aber auch die aus Deutschland stammenden Juden waren es, die Aschoff „in New York und in San Francisco am meisten nach Deutschlands Schicksal fragten, die nur deutsch mit [ihm] sprachen, die offen ihre Meinung über die Schuld Amerikas Ausdruck gaben oder jedenfalls Gerechtigkeit übten, woran die übrigen Amerikaner gar nicht denken.“510

Im Jahr 1926 hatte sich Aschoff aber auch dahingehend geäußert, dass es sein selbstverständlicher Wunsch war, „neben dem Studium ausländischer Medizin so viel wie möglich von der fremden Kultur kennen zu lernen“, wobei an erster Stelle für ihn „die Religion als gewaltigste Beherrscherin der Seele“ 511 stand. Schon in New York war

505 Ludwig Aschoff: Meine Vortragsreise, 24-25. 506 Ebd., S. 29. 507 Ebd., 24. 508 Ebd., 24. 509 Ebd., 24. 510 Ein Gelehrtenleben in Briefen an die Familie, S. 352. 511 Vgl. Ludwig Aschoff: Über internationale Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen, S. 357. 122

Aschoff als Mitglied des evangelisch-protestantischen Gemeinderats in Freiburg Gast des Vorstands der amerikanisch-lutherischen Kirche in New York gewesen und hatte die internationale karitative Arbeit der amerikanischen Protestanten kennen gelernt 512 , weswegen er dem Christentum ein friedensstiftendes und einheitsbildendes Potential zuschrieb. Der internationale Friede könne nicht nur „im Namen Christi“ gefordert werden, der „Völker umspannende Einfluss“ 513 sei ebenfalls in anderen Religionen wie dem Buddhismus oder Islam enthalten. In Asien besuchte Aschoff die protestantischen Missionsstätten, wobei er während der Reise zur Erkenntnis gelangte, dass vor allem die Japaner „dem Protestantismus mit seiner Überlieferung und stärker sprengenden gedanklichen Klarheit misstrauischer“ gegenüber ständen als „dem Katholizismus mit seinem Autoritätsglauben“ 514 . Die deutsche protestantische Mission müsse bewusst gefördert und ausgebaut werden, da diese „für bestimmte japanische Kreise“ eine Möglichkeit darstelle, sich so „bewusst der deutschen Gedankenwelt“515 anzuschließen. Aschoff bezeichnete das Christentum in Japan aber auch als „Schrittmacher des europäischen Geisteslebens“, das sich davor hüten solle, „die alte japanische Kultur […] zu zerstören“, die sich gerade „im Kampf zwischen hoher Eigenkultur und amerikanischer Überzivilisation befände“516. Für Aschoff selbst war eine Auseinandersetzung mit dem Christentum im Fernen Osten auch deswegen von besonderer Bedeutung, da sich unter Aschoffs Schülerkreisen und wissenschaftlichen Mitarbeitern eine nicht geringe Anzahl von Vertretern des japanischen Christentums befanden. Im Fall von Aschoff führte seine Reise nicht nur zu einer Auseinandersetzung mit den Religionen des Fernen Ostens, sondern löste – wie sein Schüler Franz Büchner berichtete – auch „eine besondere Besinnung auf die christliche Religion“517 aus. Im Jahr 1927 hatte Aschoff in seinem Vortrag „Die Stellung der Naturwissenschaften zur Religion“ vom Wert der Religion gesprochen und ein „neues Zeitalter religiösen Lebens“518 gefordert.

512 Ludwig Aschoff: Über internationale Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen, S. 352. 513 Vgl. Ebd., S. 352. 514 Ludwig Aschoff: Medizin und Mission im Fernen Osten, Berlin 1926, S. 8. 515 Ludwig Aschoff: Medizin und Mission, S. 11. 516 Ebd., S. 11. 517 Büchner, Franz: Ludwig Aschoff, in: Freiburger Professoren des 19. Und 20. Jahrhunderts, hg. v. Johannes Vincke, Freiburg i. Br. 1957, S. 11-20. 518 Ludwig Aschoff: Die Stellung der Naturwissenschaft zur Religion, in: Zeitenwende 3 (1927), S.114-131; hier: S. 131. 123

4.1.5 Die Weltreise des Philosophen Hans Driesch (1923) – Vom Gastprofessor in Nanking und Peking zum Vortragsredner in Japan und Amerika Der vierte Weltreisende im Bunde war der Philosoph Hans Driesch (1867-1941). Ursprünglich Zoologe hatte Driesch verschiedene Versuche und Experimente, vorwiegend an der zoologischen Station in Neapel, durchgeführt, die ihn zur Ablehnung der damals vorherrschenden mechanistischen Erklärung des Lebensgeschehens führten. Im Verlauf seiner zoologischen Forschung kam Driesch vielmehr zu der Überzeugung, dass bestimmte Entwicklungen aus rein mechanischen Gründen nicht zu erklären seien und dem Leben eine Ganzheitskausalität zu Grunde liegen müsse, die er in Anlehnung an Aristoteles als „Entelechie“ bezeichnete. Seine experimentelle Arbeit trat so ab 1902 mehr und mehr in den Hintergrund und wurde 1909 durch eine letzte Experimentaluntersuchung abgeschlossen; danach wandte sich Driesch ganz der Philosophie zu. Durch seine Schriften und Vorträge über die „Entelechie“ war Driesch nicht nur deutschlandweit, sondern international so bekannt geworden, dass er eine Einladung als Gifford-Lecturer an die schottische Universität in Aberdeen erhielt, wo seine „Philosophie des Organischen“ erschien. Im Jahr 1909 habilitierte er sich an der naturwissenschaftlichen Fakultät in Heidelberg, wechselte dann aber in die philosophische Fakultät über, wo er den Lehrstuhl des inzwischen verstorbenen Wilhelm Windelband (1848-1915) übernahm. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm Driesch im Jahr 1919 eine Professur für systematische Philosophie in Köln an, 1921 folgte der Ruf nach Leipzig.519

Während eines Familienurlaubs im Nordseebad Langeoog im September 1922 bekam Driesch einen Brief von dem bekannten Jenaer Philosophen und Nobelpreisträger Rudolf Eucken (1846-1926), in dem dieser ihm den Vorschlag machte, eine neunmonatige Gastprofessur in Peking anzunehmen. Die chinesische Gastprofessur, die für ein Jahr vergeben wurde, war von reichen chinesischen Gelehrten und Bankiers unter Beihilfe der Regierung gegründet und schon ein paar Mal besetzt worden.520 Driesch erklärte sich zur Annahme der Gastprofessur bereit, wobei sich seine Chinareise schon bald zu einer Weltreise auszuweiten begann, die ihn zu Vorträgen in das benachbarte Japan und anschließend in die Vereinigten Staaten führte. Genauso wie die Weltreisen der vorherigen Gelehrten kann diese als praktischer Beitrag zur Verbesserung der internationalen

519 Vgl. Aloys Wenzl: Driesch, Hans Adolf Eduard, in: NDB 4 (1959), S. 125-126. 520 Vgl. Hans Driesch: Lebenserinnerungen. Aufzeichnungen eines Forschers und Denkers in entscheidender Zeit, München/Basel 1951, S. 167. 124

wissenschaftspolitischen Beziehungen, insbesondere zwischen Deutschland und China, gewertet werden.521

Gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Schriftstellerin Margarete (1874-1946), brach Hans Driesch am 9. September 1923 in den Fernen Osten auf und landete nach fünfwöchiger Fahrt Mitte Oktober in Shanghai, wo er von dem chinesischen Professor für Völkerrecht und Anhänger der Sozialdemokratie, Carsun Chang522 (1886-1969), empfangen wurde, der ihm während seiner China-Reise als Übersetzer zur Seite stehen sollte.523 Parallel zu seiner Tätigkeit als Gastprofessor für Philosophie, die Driesch zuerst an der Reichsuniversität in Nanking und schließlich an der Universität in Peking ableistete, wurde Driesch zu Vorträgen an drei weiteren chinesischen Universitäten eingeladen, u.a. von der sich früher im deutschen Besitz befindenden Ingenieursschule in Wusung, die nun unter chinesischer Führung stand, jedoch Deutsch als Unterrichtssprache beibehalten hatte.524 Die freie Zeit nutzte das Ehepaar Driesch dazu, in der chinesischen Hauptstadt verschiedene Tempel sowie Gebäude und Gärten des früheren Kaiserpalastes zu besichtigen. Beide waren gern gesehene Gäste bei offiziellen und privaten Zusammenkünften, bei denen sie auch bekannte Politiker so wie den führenden chinesischen Reformer, Philosophen und Pädagogen Kang- You-Wie kennenlernten.525

Gemeinsam mit seiner Ehefrau Margarete verfasste er nach seiner Weltreise auch das Reisebuch „Fern-Ost. Als Gäste Jungchinas“, das im Sinne einer „politischen Aufklärung“ versuchten sollte, „ein richtiges Bild der Verhältnisse des Fernen Ostens zu geben und damit die durchaus veralteten Bilder zu verdrängen, die sich noch überall breitmachen“526. Gerade „unter den wirklich gebildeten Mitgliedern der anderen Nationen“ seien „sehr viele, die uns Deutschen herzlich entgegenkommen“ und die der „deutsche[n] Geisteskultur großes Interesse“ 527 entgegenbringen. Als Beispiel hierfür nannte Driesch die von der deutschen Regierung 1907 gegründete „Deutsche Medizinschule für Chinesen in

521 Zu den deutsch-chinesischen Wissenschaftsbeziehungen vgl. die einführenden Kapitel in: Bernd Martin (Hg.): Deutsch-chinesische Beziehungen 1928-1937. „Gleiche“ Partner unter „ungleichen“ Bedingungen. Eine Quellensammlung (Quellen zur Geschichte der deutsch-chinesischen Beziehungen 1897-1995), Berlin 2003. 522 Vgl. Roger B. Jeans Jr.: Democracy and Socialism in Republican China: The Politics of Zhang Junmai (Carsun Chang) 1906-1941, Landham/Oxford 1997; Edmund S. K. Fung: In Search of Chinese Democraca: Civil Opposition in Nationalist China 1929-1949, Cambridge/New York 2000. 523 Vgl. Hans Driesch: Lebenserinnerungen, S. 169-170. 524 Vgl. Ebd., S. 171-172; 173. 525 Ebd., S.171-187. 526 Hans und Margarete Driesch: Fern-Ost. Als Gäste Jungchinas, Leipzig 1925, S.5. 527 Hans und Margarete Driesch: Fern-Ost, S. 195. 125

Shanghai“ 528 , der 1912 durch Unterstützung deutscher Firmen auch die „Deutsche Ingenieursschule für Chinesen in Shanghai“ angeschlossen wurde. Diese Schulen wurden im Jahr 1917 von der französischen Kolonialmacht geschlossen und anschließend mit chinesischer Hilfe provisorisch weitergeführt, bis die chinesische Regierung sie 1923 als Universität anerkannte und sie im Jahr 1924 als chinesische Tongji-Universität wiedereröffnet wurden. Driesch betonte, dass die Schulen immer noch deutsche Professoren einstellten, die deutsche Sprache als Unterrichtssprache pflegten und große Achtung vor den wissenschaftlichen Leistungen der deutschen Gelehrten bestehe. 529 Driesch sprach sich dafür aus, mehr Lehrer, Dozenten und Professoren nach China zu schicken und das deutsche Hochschulwesen - auch gegen die verstärkten amerikanischen Einflüsse in China - auszubauen, um „in einem großen Volksorganismus Kenner und Freunde unserer Kultur [zu] schaffen“ 530 . Dabei verwies Driesch auch darauf, was „einzelne Deutsche in Peking an kultureller Arbeit in und für China geleistet hatten“531: Als Träger dieser deutschen Kultur bezeichnete er beispielsweise den protestantischen Theologen, Missionar und Sinologen Richard Wilhelm532 (1873-1930), der 1900 im Dienst der Ostasienmission als Missionar in das deutsche Pachtgebiet Tsingtau in die chinesische Provinz Shandong gereist war, dort zunächst als Pfarrer und Pädagoge arbeitete, bevor er die dortige deutsch-chinesische Schule gründete. Des weiteren hob Driesch die kulturellen Leistungen des ursprünglich aus Danzig stammenden und nun an der Reichsuniversität in Peking lehrenden Literaturhistorikers Waldemar Oehlke (1875-1949) hervor, der den deutsch-chinesischen Kulturverein in China gegründet hatte. 533 Auf Drieschs Verabschiedungsfeier, zu der führende chinesische Persönlichkeiten, darunter mehrere Minister, höhere Beamte und Gelehrte eingeladen wurden, betonte Carsun Chang die politischen Beziehungen Chinas zu Deutschland:

528 Vgl. Rotraut Biegl-Brentzel: Die Tongji-Universität. Zur Geschichte deutscher Kulturarbeit in Shanghai (Heidelberger Schriften zur Ostasiankunde 6), Frankfurt a. M. 1984; Noyan Dinckal u. Detlev Mares: Deutsche Wissenschaft und chinesische Geisteskultur. Die Tongji-Universität in Shanghai und die deutsche Kulturpolitik 1907-1937, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaften 60 (2012), S. 697-714. 529 Hans und Margarete Driesch: Fern-Ost, S. 196. 530 Ebd., S.199. 531 Ebd., S. 200. 532 Vgl. Lydia Gerber: Von Voskamps „heidnischem Treiben“ und Wilhelms „höherem China“. Die Berichterstattung deutscher protestantischer Missionare aus dem deutschen Pachtgebiet Kiautschou 1898– 1914 (Hamburger Sinologische Schriften. 7), Gossenberg 2002; Klaus Hirsch (Hrsg.): Richard Wilhelm. Botschafter zweier Welten. Sinologe und Missionar zwischen China und Europa. Dokumentation einer Tagung der evangelischen Akademie in Bad Boll in Zusammenarbeit mit dem Institut für Ostasienwissenschaften der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg vom 28. bis 30. Juni 2002, Frankfurt am Main/London 2003; Dorothea Wippermann, Klaus Hirsch, Georg Ebertshäuser (Hrsg.): Interkulturalität im frühen 20. Jahrhundert. Richard Wilhelm – Theologe, Missionar und Sinologe, Frankfurt am Main 2007. 533 Hans und Margarete Driesch: Fern-Ost, S. 222. 126

„In der äußeren Politik Deutschlands liegen allerdings noch größere Schwierigkeiten, aber die Gewaltpolitik, die Frankreich gegen Deutschland treibt, kann nicht lange dauern. Die Dämmerung einer besseren Zukunft würde in der Revision des Versailler Vertrags liegen […] Dass unser Volk in dieser Frage große Sympathie für Deutschand hat, kann ich hier ganz öffentlich aussprechen, und das ist auch die allgemeine Meinung unter den Gelehrten […] Unser eigenes Land ist gegenwärtig in Unordnung. Und so können wir nicht von einem politischen Eintreten für Deutschland sprechen. Aber unser Herz ist immer auf der Seite der Gerechtigkeit. Wenn Herr Professor Driesch nach Deutschland zurückkehrt, mag er dies seinen Landsleuten sagen.“534

In seiner Abschiedsrede über „Die Einheit von Osten und Westen“ betonte Driesch die hohe Verwandtschaft der deutschen und chinesischen Geisteskultur und zeigte sich überzeugt, dass trotz aller „nationalistischen Phrasen“ die „Menschheit […] dem Eins-sein“ 535 zustrebe. Gerade Deutschland und China seien „schon auf dem Wege zur Verwirklichung dieser […] einer geistigen Gemeinschaft aller Menschen“536.

Nach dem Aufenthalt in China ging es für das Ehepaar Driesch weiter nach Japan. Durch Vermittlung des deutschen Botschafters in Tokio, Dr. Solf, hatte ihn die japanische Regierung zu 20 Vorlesungen an der kaiserlichen Universität eingeladen. Zudem hielt Driesch während seines insgesamt siebenwöchigen Aufenthaltes in Japan zehn Vorträge in Tokio, von denen die Hälfte an der kaiserlichen Universität in Tokio, drei im Rahmen der Sommerhochschulkurse in Karuizawa, einer im deutsch-japanischen Verein in Osaka, und einer an der buddhistischen Universität in Nagoya stattfanden.537 Auch in Japan besuchte Driesch Tempelanlagen und Heiligtümer. Besonders eindrucksvoll war für Driesch ein Dinner mit dem deutschen Botschafter Wilhelm Solf und dem einflussreichen japanischen Politiker Graf Shimpei Goto (1857-1929).538

Am 24. August 1923 reisten Hans und Margarete Driesch mit dem japanischen Dampfer „Tenyo Maru“ über Honolulu weiter nach Amerika und entgingen so nur knapp dem großen japanischen Erdbeben vom 3. September. Von San Francisco ging es dann weiter nach New York, wo befreundete Kollegen an sechs amerikanischen Universitäten – darunter Harvard, Yale und Princeton – Vorträge arrangiert hatten. 539 Insgesamt fand Driesch unter den Amerikanern „nirgends auch nur die geringste Abneigung […], sondern im Gegenteil

534 Hans und Margarete Driesch: Fern-Ost., S. 225. 535 Ebd., S. 307. 536 Ebd., S. 307. 537 Hans Driesch: Lebenserinnerungen, S. 187. 538 Ebd., S. 187-192. 539 Ebd., S. 191-192. 127

großes mitfühlendes Interesse“540. Auf wissenschaftlicher Ebne wertete Driesch die Reise als vollen Erfolg, denn durch seine Vorträge konnte er den „Bereich des Bekanntwerdens meiner biologischen und philosophischen Lehren […] ganz außerordentlich erweitern“541.

4.1.6 Vortragsreisen entlang wissenschaftlicher und religiöser Netzwerke An Hand der Weltreisen der vier Professoren wird ersichtlich, dass Gelehrtenmobilität in der Weimarer Republik entlang akademisch-wissenschaftlicher und kirchlich-religiöser Netzwerke verlief. Einladungen zu Vortragsreisen ergingen vor allem von ausländischen Universitäten, wissenschaftlichen Akademien und Assoziationen sowie einzelnen Gelehrten und Akteuren der ausländischen Wissenschaftspolitik. Bei ihnen handelte es sich zumeist um Einrichtungen und Personen, die zumeist schon vor dem Ersten Weltkrieg Beziehungen zur deutschen Wissenschaft pflegten und sich von den Beschlüssen der Dachgesellschaften schon distanziert hatten. Nicht zu vergessen sind Kollegen und ehemalige Studierende, die Einladungen sowohl zu Vorträgen als auch zu informellen Treffen vermittelten, für die finanzielle Unterstützung der Reise sorgten, Unterkünfte stellten und fernab von den anstrengenden Vortragstätigkeiten ein kulturelles Programm ausarbeiteten. Dies zeigt, dass Wissenschaft auch nach 1918/19 international war und die deutschen Gelehrten über die Kriegszeit hinweg auf privater bzw. informeller Ebene freundschaftliche Beziehungen zu Kollegen und ehemaligen Schülern aufrechterhalten konnten.542 Dass die deutschen Gelehrten sowohl auf privaten Zusammenkünften als auch auf offiziellen Großveranstaltungen von ausländischen Akademien oder Vereinigungen gern gesehene Gäste waren und dort sogar von ausländischen Politikern und Diplomaten empfangen wurden, verdeutlicht in besonderer Weise, dass die deutschen Wissenschaftler wieder als gleichberechtigte Partner innerhalb der internationalen „scientific community“ wahrgenommen wurden. Die Bezeichnung der Weimarer Republik als „Leidenszeit“ deutscher Wissenschaft und Universitäten, folgt primär dem Deutungsmuster der Weimarer Republik als „Krise“ und trifft im informellen Bereich der Wissenschaftsbeziehungen nur sehr bedingt zu. 543 Zudem profitierten die Gelehrten vor allem von Pfarrgemeinden, Ordensgemeinschaften, Missionsvereinen, Gemeinden und karitativen Einrichtungen, über

540 Hans Driesch: Lebenserinnerungen, S. 192. 541 Hans und Margarete Driesch, Fern-Ost, S.12. 542 Vgl. Gabriela Metzler. Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 81. 543 Vgl. Jürgen John: Universalismus und Wissenschaftskulturen, S. 26. 128

die Kontakte in der Fremde vermittelt und Unterkünfte sowie finanzielle Unterstützung zur Verfügung gestellt wurden. Die Analyse zeigt anschaulich die Bedeutung von Religion, insbesondere von religiösen Schulen und Hochschulen als auch Verlagen als „global player“ und Faktoren der Globalisierung. Die Internationalisierung der Wissenschaften und der Religionsgemeinschaften griff demnach eng ineinander. Dass vor allem religiös- karitative und wissenschaftlich-akademische Netzwerke die Grundsteine für eine internationale Annäherung und Globalisierung in den 1920er Jahren schufen, ist ein wichtiges und zentrales Ergebnis der Arbeit.

4.2 Die Vortragsreisen als Beitrag zur Entstehung einer

Weltgemeinschaft

Doch lassen sich in den Weltreisen der Gelehrten auch tatsächlich Aspekte einer Völkerverbindung finden? Die zentralen Ergebnisse der Studie sollen nun über die drei in der Einleitung skizzierten Analyseebenen gebündelt dargestellt werden.

4.2.1 Kulturpolitische Ebene: Die Weltreise zwischen überlegener deutscher Kulturgemeinschaft und internationalem Universalismus Auf (kultur-) politischer Ebene zeigt sich, dass es den deutschen Gelehrten während ihrer Weltreisen mehrheitlich darum ging, die Stellung Deutschlands auf internationalem Parkett nach 1918/19 auszuloten. Fragen, die die deutschen Gelehrten dabei beschäftigten, waren beispielsweise, wie sie als Deutsche im Ausland aufgenommen, ob ihnen gegenüber kriegsbedingte nationale Vorurteile geäußert wurden und ob die von den europäischen Westmächten verbreitete „Kriegsschuldlüge“ vorherrschte. Daher lassen sich die Weltreisen als Reisen zur nationalen Selbstverortung charakterisieren.

Im Gegensatz zu der Zeit vor 1914 ging es den deutschen Professoren weniger um die internationale Überlegenheit des deutschen Staates. Der Referenzpunkt ihres Denkens wurde nun erweitert um den Gedanken der weltweiten Superiorität der deutschen Kulturnation. So ging es ihnen darum, ob die deutsche Kulturgemeinschaft– insbesondere auf Ebene des Bildungs- und Erziehungswesens– innerhalb des kulturellen Universalismus

129

wieder eine führende Stellung einnehmen sollte. So einte sie auch die Sorge um das Deutschtum im Ausland und der Versuch, Träger und Orte des Deutschtums ausfindig zu machen, an denen die deutsche Kultur und Sprache weiterhin gepflegt werden konnte. Als Träger und Sympathisanten des Deutschtums in Fernost machten die deutschen Professoren die japanische Intelligenz ausfindig – hier hatten die engen deutsch-japanischen Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen während der Meiji-Restauration einen guten Nährboden hinterlassen, auf denen die Gelehrten in der Weimarer Zeit aufbauen konnten. Zum anderen führten die Weltreisen auch zu einer Internationalisierung politisch gleichgesinnter Kreise. Diese Beobachtung lässt sich nicht nur bei den deutschnational eingestellten Gelehrten feststellen, auch der sozialdemokratisch einzuordnende Physiker Albert Einstein pflegte während seiner Auslandsreise Beziehungen zu jungen christlichen Sozialreformern und politisch linksstehenden Gruppierungen.

Parallel zu diesen kulturpropagandistischen Tendenzen muss jedoch auch festgehalten werden, dass die deutschen Gelehrten ihre Vortragsreisen nicht mehr als reine „Kulturmissionen“ verstanden, die mit kulturimperialistischen Vorstellungen von 1914 einhergingen. Vielmehr können die Vortragsreisen als Beitrag zum wechselseitigen Kulturaustausch und Wissenstransfer bezeichnet werden, die das Ansinnen verfolgten, einen nationenübergreifenden kulturellen Universalismus herzustellen. Dies zeigen besonders die Reisen zu den fernöstlichen Religions- und Kulturstätten, die Teilnahme an japanischen Teezeremonien und Theateraufführungen, vor allem aber auch die Vielzahl der Reisebücher, Aufsätze und Reden, die die deutschen Gelehrten nach ihrer Ankunft in Deutschland publizierten und vortrugen und die von einem tiefen Respekt gegenüber der fernöstlichen Lebensweise zeugten. Insbesondere die Reisen in den Fernen Osten entsprangen einer Faszination an der asiatischen Kultur, in der antiquierte Werte wie Ehrfurcht oder Traditionsbewusstsein noch eine Rolle spielten. Gerade diese erinnerten die mehrheitlich national-konservative deutsche Professorenschaft an die vergangenen Zeiten des Kaiserreichs. Trotz aller Verschiedenheit der Kulturen betonten die deutschen Professoren die Harmonie der Nationen und deren geistige Verwandtschaft, und zeigten sich erleichtert, dass besonders die japanische und chinesische Intelligenz der deutschen Geisteskultur Interesse entgegenbrachten und sich als Kenner und Freunde der deutschen Kultur präsentierten. Obwohl die deutschen Professoren gegenüber dem „American Way of Life“ eine eher kulturpessimistische Haltung einnahmen, versuchten sie, sowohl in offiziellen Vorträgen als auch bei informellen Treffen entgegen aller nationalistischen Phrasen die geistige Gemeinschaft aller Menschen zu betonen und im Sinne einer 130

politischen Aufklärung ein richtiges Bild der Verhältnisse Deutschlands in der Welt zu zeichnen.

4.2.2 Wissenschaftspolitische Ebene: Die Weltreise zwischen Demonstration internationaler Überlegenheit der deutschen Wissenschaft und Annäherung an die internationale „scientific community“

Auf wissenschaftspolitischer Ebene wurden die Vortragsreisen von den deutschen Gelehrten dazu genutzt, den nach dem Krieg fortgesetzten Boykott der wissenschaftlichen Welt der „Mittelmächte“ zu Gunsten einer übernationalen Wissenschaftsorganisation aufzubrechen. 544 Die deutschen Gelehrten bezogen sich während ihrer Vorträge nun verstärkt auch wieder auf den sittlichen Charakter der internationalen „communitas litteraria“, indem sie beispielsweise in den Vorträgen auf die friedensstiftende und einheitsbildende Wirkung ihrer eigenen Fachdisziplin sowie der Wissenschaft als Ganzes verwiesen, so wie sie das universalistische Ethos der Wissenschaft seit der Aufklärung auch vorsah. 545 Gerade dieses Bemühen der deutschen Gelehrten um eine internationale Zusammenarbeit zeigt, dass akademische Mobilität in der Weimarer Republik zur Entstehung einer internationalen „scientific community“, aber auch weit über den kultur- und wissenschaftspolitischen Kontext hinaus als Beitrag zur Entstehung einer Weltgemeinschaft betrachtet werden kann.546 Im Falle von Fritz Haber und der Gründung des Japaninstituts lassen sich sogar auch Ansätze einer Institutionalisierung der Wissenschaftsbeziehungen ausfindig machen.

In dieser neu entstehenden internationalen Gelehrtengemeinschaft sollte die deutsche Wissenschaft wieder eine international führende Rolle einnehmen. Deswegen dienten die Vortragsreisen den deutschen Gelehrten auch dazu, ausfindig zu machen, ob die deutschen wissenschaftlichen Leistungen im Ausland wieder anerkannt wurden, ob man die deutsche Sprache wieder als Wissenschaftssprache benutzte und inwiefern man sich wieder an dem deutschen Universitätsmodell orientierte. Dass die deutschen Gelehrten sowohl auf privaten Zusammenkünften als auch auf offiziellen Großveranstaltungen von ausländischen Akademien oder Vereinigungen gern gesehene Gäste waren und dort sogar von

544 Vgl. Cay-Rüdiger Prüll: Ludwig Aschoff, S. 100. 545 Vgl. Gabriela Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 26. 546 Vgl. Ebd., S. 81. 131

ausländischen Politikern und Diplomaten empfangen wurden, verdeutlicht in besonderer Weise, dass sie zumindest wieder als gleichberechtigte Partner innerhalb der internationalen „scientific community“ wahrgenommen wurden.

In vielen Fällen trugen die Vorträge den Charakter von Großveranstaltungen, an denen nicht nur ein gebildetes Fachpublikum, sondern die interessierte Öffentlichkeit teilnahm. Diese sahen in den Vorträgen der Gelehrten aus Übersee einen Höhepunkt ihres kulturellen Lebens. Die Vortragsreisen trugen demnach nicht nur zur Zirkulation der Forschungsergebnisse in der eigenen internationalen „scientific community“ bei, sondern auch zur Demokratisierung und Popularisierung der eigenen akademischen Fachdisziplin sowie der Wissenschaft als Ganzem. Insgesamt lässt sich sagen, dass die Vortragsreisen zur internationalen Bekanntschaft der eigenen fachlichen Erkenntnisse und Ergebnisse beitrugen und die eigene wissenschaftliche Reputation im In- und Ausland steigerten. Eigene, karrieristische Motive traten zu Gunsten einer kultur- und wissenschaftspolitischen Motivation eher zurück.

4.2.3 Religiöse Ebene: Die Weltreise zwischen national- religiösem Sendungsbewusstsein und der weltweiten karitativen Kraft der Religionsgemeinschaften Die Analyse der Vortragsreisen zeigt außerdem, dass die deutschen Wissenschaftler in den christlichen Missionsstätten die Möglichkeit erblickten, fernöstliche Kreise für die deutsche Kultur zu interessieren und zu einer deutschfreundlichen Haltung zu bewegen. Hier wird deutlich, dass der christliche Missionsgedanke und das nationale Sendungsbewusstsein in den Vorstellungen der deutschen Gelehrten miteinander verwoben waren. Parallel zu dieser kulturpropagandistischen Vorstellung lässt sich außerdem feststellen, dass den verschiedenen Religionsgemeinschaften, die während des Ersten Weltkriegs und der Inflationszeit ihre karitative Kraft in Deutschland und in ganz Europa entfalten konnten, von den deutschen Gelehrten nun ebenfalls eine friedenstiftende und einheitsbildende Eigenschaft zugeschrieben wurde. Vielfach waren die Gelehrtenreisen auch mit religiös- karitativen Anliegen der deutschen Gelehrten verknüpft. Nicht nur Wissenschaft, sondern

132

auch Religion können daher als „kritische Korrektive gegenüber einseitig nationalpolitischer Orientierung[en]“547 der deutschen Gelehrten bezeichnet werden.

Der Faktor „Religion“ wurde von den deutschen Gelehrten der Weimarer Zeit folglich nicht nur als lokale Konstante begriffen, sondern war vielmehr mit dem Begriff der Glaubensgemeinschaft verbunden, die global in universaler Einheit mit anderen Völkern verbunden war und zum Dach einer friedlich zusammenwachsenden Völkergemeinschaft werden konnte.

4.3 „Kulturnation“ und „Weltbürgertum“ im

(wissenschafts-) politischen Denken der Gelehrten

in der Weimarer Republik

An Hand der Weltreisen lässt sich exemplarisch darlegen, dass im (wissenschafts-) politischen Denken der deutschen Gelehrten die Kategorien der Nation und des Weltbürgertums gleichrangige Maxime darstellten:

Auf der einen Seite schrieben sie sowohl der Wissenschaft als auch der Religion einen einheitsbildenden und friedenstiftenden Charakter zu, sodass allgemein hin die These aufgestellt werden kann, dass vor allem religiöse und wissenschaftliche Kontakte in der Zwischenkriegszeit als Grundsteine der internationalen Annäherung verstanden werden können. Parallel dazu ging es ihnen jedoch immer auch darum, dass Deutschland als „Kulturnation“ – vor allem im Bereich der Bildung und Erziehung sowie der Wissenschaft – eine international führende Rolle einnehmen sollte.

Während Albert Einstein sich als jüdisch sozialisierter, jedoch areligiöser, pazifistisch und sozialistisch eingestellter „Internationaler“ begreifen lässt, dessen Vorstellungen von einer Weltgemeinschaft gesamtmenschheitlich geprägt war, repräsentieren Ludwig Aschoff, Hans Driesch und der vom Judentum zum Protestantismus konvertierte Fritz Haber den

547 Christian Nottmeier: Protestantische Theologie und auswärtige Kulturpolitik: das Beispiel Adolf von Harnack, in: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz. Abteilung für Abendländische Religionsgeschichte Beiheft 101), hg. v. Claus Arnold/Johannes Wischmeyer, Göttingen 2013, S.71-87; hier: S. 87. [Auch Christian Nottmeier hat in seinem Beitrag über den protestantischen Theologen zeigen können, dass von Harnack Religion und Wissenschaft eine entscheidende Funktion für die internationale Völkerverständigung nach dem Ersten Weltkrieg zugeschrieben hatte.] 133

Typus des deutschnational gesinnten protestantischen „Internationalen“, dessen Vorstellung von Überstaatlichkeit vaterländisch-nationale Färbungen aufweist.

Insgesamt betrachtet sind Weltreisen als Verständigungsbemühungen zu verstehen, in denen nationalpolitische und kosmopolitische Vorstellungen einigermaßen ausgewogen gegenüberstehen. Diese führten nicht nur zu einer schon in der entsprechenden Fachliteratur bekannten „Internationalisierung“ auf kultur-, und wissenschaftspolitischer und religiöser Ebene, sondern auch zu einer Rückbesinnung auf die weltweit überlegende deutsche Kulturgemeinschaft und somit zu einer gleichzeitigen „Nationalisierung“ der deutschen Gelehrten. Diese Feststellung entspricht auch dem im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zu Grunde liegenden „spezifischen Spannungsverhältnis zwischen dem Internationalismus und den Nationalismen jener Zeit“548, sodass die Vortragsreisen auch als „Brennglas“ für zeithistorische Entwicklungen betrachtet werden können.

Fraglich ist an dieser Stelle, inwiefern sich die in den folgenden Kapiteln analysierte Weltreise des katholischen Theologen Krebs, diesen auch als „katholischen Internationalen“ aufweist, und inwiefern seine Vorstellung von der sich forciert entfaltenden Weltgemeinschaft mit der seiner Vorgänger korrelierten.

5 Reisevorbereitungen (1923-1926)

Schon während seiner Kindheit und Jugendzeit hatte Krebs gemeinsam mit seiner Familie Reisen in größere Städte unternommen, prägend für seine wissenschaftliche Karriere waren Krebs Aufenthalte am Campo Santo in Rom. Sein Vortrag „Neue Studien über den Logosbegriff des heiligen Johannes“, den Krebs im Auftrag der päpstlichen Akademie im Frühjahr 1910 in Rom hielt, stellte den Auftakt unzähliger Vorträge und Predigten dar, die Krebs Zeit seines Lebens in verschiedenen Gegenden Deutschlands hielt, und die ihn außerdem in die Nordschweiz und nach Österreich führten. Diese Mobilität hatte ihre Höhepunkte vor allem während des Ersten Weltkriegs: Als Herausgabe der „katholischen Monatsbriefe an das neutrale Ausland“ musste sich Krebs in den besetzten Gebieten in West und Ost persönlich informieren, dazu kamen Kriegspredigten und Vorträge in den verschiedensten Gegenden Deutschlands. Seine Mobilität setzte sich auch nach dem Ersten

548 Gebriele Metzler: Deutschland in den internationalen Wissenschaftsbeziehungen, S. 55. 134

Weltkrieg fort: Die Jahre 1923 und 1924 hatte Krebs in seinem Tagebuch auch als „Reisejahre“549 bezeichnet, weil er mehr als in früheren Jahren als Vortragsredner vor allem im katholischen Baden, dem Rheinland und in der Nordschweiz unterwegs war. Krebs´ Weltreise von 1926 kann dementsprechend als Höhepunkt seiner Vortragstätigkeit bezeichnet werden. Diese Weltreise soll nun in den folgenden Kapiteln rekonstruiert werden.

5.1 Abtbischof Josef Sauer von Korea in Wonsan und

der Leiter der New Yorker Zweigstelle des

Bonifatiusvereins Friedrich Schlatter als Initiatoren

der Weltreise

Obwohl Krebs in seiner Kindheit und Jugend schon größere Reisen unternommen hatte und seit seiner theologischen Promotion im Jahr 1910 zu zahlreichen Vorträgen und Predigten in die verschiedensten Gegenden Deutschlands sowie nach Österreich und in die Nordschweiz aufgebrochen war, stammte die eigentliche Idee, eine Vortragsreise außerhalb Europas zu unternehmen, von dem katholischen Theologen Josef Sauer550 (1877-1950).

Diesen hatte Krebs während seines einsemestrigen Aufenthaltes in München über zwei Mitstudenten kennen gelernt.551 Inzwischen war Sauer in die Benediktinerkongregation von Sankt Ottilien eingetreten und hatte den Ordensnamen Bonifatius angenommen. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 1903 wurde er zum Leiter des Studienkollegs der Benediktiner ernannt, bis er im Jahr 1908 von dem französischen Missionsbischof Gustave Mutel mit der Gründung einer Missionsstation in Korea beauftragt wurde.552

549 UAF: C12&/26: Tagebuch 1923-1924, siehe Titel des Tagebuchs. 550 Zu Bonifatius Sauer vgl.: Helmut Moll: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, 6. Erweiterte und neu strukturierte Auflage, Paderborn u.a. 2015, S. 1657-1660; Godfrey Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950). Abt und Bischof in Korea (1921-1950), in: Beständigkeit und Sendung (Ottilianer Reihe Schriften zur Geschichte und Sendung der Missionsbenedikinter Bd.2), hg. v. Godrey Sieber und Cyrill Schäfer, St. Ottilien, S. 351-356. 551 Vgl. UAF: C126/523: Sauer an Krebs vom 13.02.1925. 552 Vgl. Godfrey Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950). Abt und Bischof in Korea (1921-1950), S. 351-354; hier: S. 351. 135

Abb. 5: Portraitaufnahme Bonifatius Sauer OSB von Wonsan in Korea

Ende Februar 1909 traf Bonifatius Sauer in Seoul ein und nahm, nachdem ein geeignetes Grundstück für das geplante Kloster erworben werden konnte, die Neugründung in Angriff. Während er auf die personelle Verstärkung seiner bayrischen Mutterabtei wartete, widmete sich Sauer intensiv dem Studium der japanischen Sprache, da die Japaner 1904 Korea als Protektorat übernommen hatten. Im Jahr 1910 hatten sie nicht nur die Halbinsel annektiert, sondern bestimmten das politische und kulturelle Leben Koreas, zumal eine Einwanderung japanischer Familien nach Korea gefördert wurde und viele Koreaner in die Südmandschurei auswanderten, um der Unterdrückung durch die Japaner zu entgehen. Gerade aus diesem Grund war Bonifatius Sauer um eine gute Zusammenarbeit mit den Japanern bemüht – mit den hochstehenden Beamten pflegte er ausgezeichnete Beziehungen und so nahmen alle japanischen Generalgouverneure bis zum Ausbruch des zweiten Weltkriegs mit der Benediktinerabtei in Seoul bzw. dann später in Tokwon Kontakt auf und machten dort öfter Besuche. In dem japanischen Admiral Saito, der von 1919 bis 1929 den 136

Gouverneursposten bekleidete, hatte Abt Bonifatius sogar einen besonderen Gönner und Freund des Klosters. Die Erfolge beim Erwerb von Grundstücken und beim Aufbau der Mission waren auch deshalb möglich, weil Sauer sich den japanischen Behörden gegenüber immer loyal verhielt und über japanische Sprachkenntnisse verfügte, während er sich mit dem Erlernen der koreanischen Sprache zeitlebens schwertat.553

Im Dezember 1909 eröffneten die Benediktiner ihr neues Kloster in der Hauptstadt Seoul, das nur eine Woche später zum Konventualpriorat erhoben wurde. Bonifatius Sauer, der mit dem Amt des Priors betraut wurde, trug nun die Verantwortung für den Einsatz der Mönche und die weitere Entwicklung des Klosters, wobei er den Fokus zunächst auf das Schulapostolat und die Errichtung von Werkstätten legte. Im Mai 1913 erhielt das Priorat den Rang einer Abtei und Bonifatius Sauer wurde zum ersten Benediktinerabt in Korea ernannt. Der Erste Weltkrieg brachte nun weitreichende Veränderungen für die Benediktinermissionare: Die Verbindung zur deutschen Heimat riss vollends ab, und vier Mitbrüder mussten sich in der deutschen Kolonie Tsingtau zum Wehrdienst stellen und konnten erst 1920 in die Abtei zurückkehren. Zudem wurde das ehemals gute Verhältnis der deutschen Benediktiner zu den französischen Missionaren getrübt. Auch wenn die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Bonifaz Sauer und dem französischen Missionsbischof Gustave Mutel von nationalen Vorurteilen unberührt blieben, machte sich unter den französischen Patres ein deutliches Ressentiment gegenüber den Deutschen bemerkbar, sodass sich die Benediktiner um ein größeres Betätigungsfeld in der Seelsorge in der Hauptstadt bemühten. Dies führte auch dazu, dass die Propaganda-Kongregation im August 1920 den Benediktinern das neugeschaffene apostolische Priorat Wonsan übertrug, das sich an der Ostküste Nordkoreas befand und ein Jahr später noch um die südöstliche Mandschurei erweitert wurde. Abt Bonifatius Sauer wurde im Jahr 1920 zum Ordinarius dieses Gebietes ernannt und erhielt im Mai des folgenden Jahres die Bischofsweihe. Als Bischof verlegte er die Abtei von Seoul, die außerhalb des Missionsgebietes lag, nach Tokwon, in unmittelbarer Nähe der Hafenstadt von Wonsan im Süden des Vikariates.554

Um zur Hebung des deutschen Ansehens in Fernost beizutragen, machte Bonifatius Sauer seinem alten Studienfreund Engelbert Krebs den Vorschlag, eine Vortragsreise durch Fernost zu unternehmen und das deutsche Ansehen zu heben und so „der Sache unseres Vaterlandes“555 zu dienen. Zu dieser Idee inspiriert hatte ihn der Besuch des Freiburger

553 Vgl. Godfrey Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950), S. 351-352. 554 Vgl. Ebd., S. 352 u. 354. 555 UAF: C126/523: Bonifaz Sauer an Engelbert Krebs vom 13.02.1925. 137

Pathologen Ludwig Aschoff, der auf Einladung amerikanischer und japanischer Freunde und Schüler über Amerika in den Fernen Osten nach Korea gekommen war, und über den Bonifatius Sauer in einem Brief an Krebs schrieb:

„Wir hatten die Freude Herrn Professor Aschoff von Freiburg hier zu begrüßen. Seine Reise durch Japan und Korea war ein wahrer Triumph. Wahrscheinlich wird er Ihnen manches davon erzählen. Mir hat der Mann gefallen: ein ganzer Deutscher vor dem auch die ehemaligen Feinde Respekt haben müssen. Es kann nicht schaden, wenn öfter solche Deutschen nach Ostasien kommen. Da ist mir ein Gedanke gekommen: Wollten nicht auch Sie einmal eine solche Reise wagen? Natürlich werden Sie nicht gerade so wie Geh. Rat Aschoff, der fast in allen hiesigen großen Städten Schüler und Verehrer hat, aufgenommen werden. Immerhin aber ist es gut, wenn es gerade hier in Ostasien mehr und mehr bekannt wird, dass es auch eine katholische Wissenschaft gibt. Dann glaube ich, dass eine solche Reise gerade auf Ihre Studien – Sie haben doch die Dogmatik? – ganz besonders befruchtend einwirkt. Vielleicht fällt auch für unsere Missionare manches dabei ab. […] Wie gern hätte ich vor dem Kriege einmal Praelat Mausbach hier gehabt! Jetzt ist es wohl für ihn zu spät: Sie, mein lieber Professor, sind dagegen gerade im richtigen Alter, nicht zu jung, nicht zu alt. Also versuchen Sie einmal, ob Sie nicht von Berlin ein Stipendium für diesen Zweck bekommen. Mir scheint, es müsste dies gerade für Sie nicht allzu schwer sein. Auch die Badener Regierung kann und wird da wohl ein bisschen mithelfen. […] Natürlich müssen Sie sich ordentlich vorbereiten. Und dann nicht zu viel sehen wollen! Damit geht es einem, wie wenn man in einer Stadt von einem Museum in ein anderes läuft: man ist dann direkt unfähig nach etlichen Wochen noch weitere Eindrücke aufzunehmen. Also Japan, Korea und ein kleiner Teil von China ist mehr als genug.“556

In der Zwischenzeit war der aus Birkendorf im Schwarzwald stammende Prälat Friedrich Schlatter (1878-1927), der die Zweigstelle des deutschen Bonifatiusvereins in New York leitete, zu Gast in Freiburg und stellte Krebs – als dieser ihm von seinen Reiseplänen erzählte – spontan in Aussicht, ebenfalls eine Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten zu organisieren.557

Nach dem Abitur begann Friedrich Schlatter zur gleichen Zeit wie Krebs das Theologiestudium in Freiburg und wurde 1901 zum Priester geweiht, wobei Schlatter seit 1905 in mehreren badischen Gemeinden tätig war. Von der Freiburger Diözesanebene freigestellt, kam Schlatter 1913 in die Zentrale des Bonifatiusvereins in Paderborn, der, 1849 in Regensburg gegründet sich zur Aufgabe gemacht hatte, den missionarischen

556 UAF: C126/523: Brief von Bonifacius Sauer OSB an Engelbert Krebs vom 11.10.1924. 557 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 14.01.1925. 138

Auftrag der katholischen Kirche dort zu unterstützen, wo Katholiken in einem mehrheitlich glaubensfremden bzw. andersgläubigen Umfeld lebten.558 Innerhalb des Bonifatiusvereins wurde Schlatter zunächst mit der Schriftleitung des „Bonifatiusblattes“ beauftragt, später wurde Schlatter erster hauptamtlicher Generalsekretär des Vereins. Den Ersten Weltkrieg erlebte Schlatter als Feldgeistlicher und Divisionspfarrer an der Westfront, wobei er ab 1912 auch die religiöse Zeitschrift „Am Lagerfeuer“ herausgab, die kostenlos an die Soldaten verteilt wurde. Nach Kriegsende reiste Schlatter in die Vereinigten Staaten, um dort um finanzielle Unterstützung für den durch Krieg und Inflation gebeutelten Bonifatiusverein und Diasporaeinrichtungen zu bitten. Nach der Gründung einer Sammelstelle in New York im Jahr 1923, gelang Schlatter auch die Gründung eines amerikanischen Zweiges des Bonifatiusvereins, der „St. Boniface Society“, die er bis zu seinem Tod leitete.559

558 Vgl. Günter Riße u. Clemens Kathke (Hg.): Diaspora: Zeugnis von Christen für Christen. 150 Jahre Bonifatiuswerk der Deutschen Katholiken. Bonifatius, Paderborn 1999; Der Bonifatius-Verein. Seine Geschichte, seine Arbeit und sein Arbeitsfeld. 1849–1899. Festschrift zum fünfzigjährigen Bestehen des Vereins, Paderborn 1899. 559 Vgl. Gerhard Kaller: Schlatter, Friedrich, in: BBKL 9 (1995), Sp. 235-236. Über Friedrich Schlatter außerdem: Karl Franz Ein Jahrhundert tätiger Sorge um die Brüder in der Zerstreuung, in: In heiliger Sendung, 100 Jahre Diaspora-Arbeit, Paderborn 1949, S. 97-163; Wilhelm Sandfuchs: Prälat Friedrich Schlatter (1878-1927), in: St. Konradsblatt 42 (1958), S. 750-751. 139

Abb. 6: Portraitaufnahme Friedrich Schlatters in New-York

Schlatter versprach sich von Krebs´ Amerika-Reise, dass dieser „durch Wort und Schrift als Missionar des deutschen katholischen Gedankens in Amerika wirken könnte“ 560 . Während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten verfasste Krebs für den Bonifatiusverein dann auch ein Buch mit dem Titel „A little book on Christian Charity“561, das von der amerikanischen Zweigstelle des Herderverlags in St. Louis publiziert wurde.

560 UAF: C126/524: Schlatter an Krebs vom 30.11.1925. 561 Vgl. Engelbert Krebs: A litte book on Christian Charity, St. Louis 1927. 140

5.2 Finanzierung durch das Auswärtige Amt, das

Badische Kultus- und Unterrichtsministerium

sowie die Stadt Freiburg

Überzeugt davon, dass die Vortragsreise „vornehme Propaganda für das deutsche Ansehen“562 sein würde, schrieb Krebs schon zwei Tage nach Erhalt des Briefes an das Auswärtige Amt um grundsätzliche Äußerung zu den Vorschlägen des Bischofs aus Wonsan.563 In dem Schreiben verwies Engelbert Krebs auf die von ihm sicher geglaubte Unterstützung durch hohe Würdenträger der katholischen Kirche: „Da ich in Rom sehr gute Beziehungen habe, mit Kardinal Ehrle und Kardinal Frühwirt sehr gut stehe, Mitglied der „Päpstlichen Akademie der kathol. Religion“ bin und auch mit den deutschen Kardinälen von Köln und Breslau in bestem Vertrauensverhältnis stehe, so könnte die Reise kirchlicherseits mit jeder gewünschten Empfehlung unterstützt werden.“ 564 Außerdem erwähnte er auch seine Funktion als Mitglied des Kulturbeirats, in den er durch Außenminister Gustav Stresemann auf Grund seiner national-kulturellen Arbeit während des Ersten Weltkriegs und seiner Herausgeberschaft der katholischen Monatsbriefe im November 1923 berufen worden war.565

Am 17. Januar 1925 erhielt Krebs ein Schreiben des Auswärtigen Amtes, in dem eine finanzielle Unterstützung der Reise mit 3000 Mark zugesagt wurde und in dem um Mitteilung der in Aussicht genommenen Reiseroute und der Zusendung eines Kostenvoranschlags gebeten wurde.566 Die positive Rückmeldung des Auswärtigen Amtes ist sicherlich ebenfalls auf den Bischof von Wonsan zurückzuführen, der sich persönlich an den deutschen Botschafter in Tokio, Dr. Solf, gewandt hatte, der die Anfrage vom Auswärtigen Amt wärmstens befürwortete.567 So wurde aus dem Plan, die Ostasienfahrt über Nordamerika zu unternehmen, Wirklichkeit. Bei der Erstellung des Kostenvoranschlags bekam Krebs zudem wertvolle Hilfe von Ludwig Aschoff und seiner Ehefrau Clara. Begeistert hatte Krebs an den Lichtbildvorträgen Aschoffs über seine

562 UAF: C126/510: Krebs an Overmans vom 29.03.1925. 563 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 18.11.1924; PAAA: R64674: Brief von Engelbert Krebs an das Auswärtige Amt vom 18.11.1924. 564 PAAA: R64674: Brief von Engelbert Krebs an das Auswärtige Amt vom 18.11.1924. 565 PAAA: R64674: Ebd. 566 Vgl. UAF: C126/496: Brief vom Auswärtigen Amt an Engelbert Krebs vom 14.01.1925; PAAA: R64674: Schreiben vom Auswärtigen Amt an Engelbert Krebs vom 14.01.1925. 567 Vgl. UAF: C126/523: Brief von Bonifacius Sauer OSB an Engelbert Krebs vom 13.02.1925; PAAA: R64674: Schreiben vom deutschen Botschafter in Tokio, Dr. Solf, an das Auswärtige Amt in Berlin vom 07.01.1925. 141

Weltreise im Pathologischen Institut teilgenommen. 568 Nach dem dritten und letzten Vortrag, den Aschoff im Paulus Saal gehalten hatte, erstellte der Pathologe einen Kostenvoranschlag, nach dem Krebs auf eine Gesamtkostenzahl von 300 Pfund kam. Zudem aktivierte Aschoff seine Kontakte in Nordamerika und Japan und versuchte für Krebs, weitere Vorträge zu organisieren.569

Am Abend, nachdem Krebs die positive Nachricht des Auswärtigen Amtes empfangen hatte, war dieser bei Freunden zu einem „schwedischen Nachtessen“ eingeladen, bei dem auch der Freiburger Oberbürgermeister Kurt Bender (1885-1960) teilnahm, der sich nicht nur im gleichen Alter wie Krebs befand, sondern ebenfalls Zentrumspolitiker und eher dem rechten Flügel der Partei zuzuordnen war. 570 Begeistert von den Weltreiseplänen des Theologen stellte dieser spontan in Aussicht, Krebs´ Weltreiseunternehmung durch einen Beitrag der Stadt Freiburg finanziell zu unterstützen.571 Dieses Verhalten steht beispielhaft für den Versuch nicht nur der Universität, sondern auch der Stadt, in den Jahren nach 1923 mit allen Mitteln dem geringen Bekanntheitsgrad der Freiburger Hochschule im Inland als auch im Ausland entgegenzuwirken.572 Gerade in den Jahren nach 1923 arbeiteten die Freiburger Universität und die Stadtverwaltung Hand in Hand, um die Besucherzahlen der hiesigen Universität in die Höhe zu treiben.573 Die zentrale Bedeutung der Universität für die Stadt wurde in der Zwischenkriegszeit eindrücklich hervorgehoben:

„Eine große Rolle für unsere Stadt spiel[t] auch die Universität. Deshalb müssen wir alles tun, um größere wissenschaftliche Institute hierher zu bekommen. Die Zukunft unserer Stadt beruh[t] darauf, dass sie ihre kulturelle Bedeutung für das Badische Oberland, für die Südwestecke des deutschen Reiches, dass sie ihr kulturelles Niveau als Wohn-, Verkehrs- und Universitätsstadt behält.“574

Gerade von der Weltreise des Theologen Krebs versprach sich Oberbürgermeister Bender wohl den steigenden Bekanntheitsgrad im Ausland zu fördern und ausländische

568 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 14.01.1925, 22.01.1925, 05.02.1925. 569 Vgl. UAF. C126/26: Tagebucheinträge vom 14.01.1924; 22.02.1925; 05.02.1925. 570 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 18.01.1925. 571 Vgl. UAF: C126/26: Ebd. 572 Vgl. Mario Seiler: Die Alberto-Ludoviciana als Grenzlanduniversität: Zur allgemeinen Entwicklung in den Jahren 1919-1933, in: Von der badischen Landesuniversität zur Hochschule des 21. Jahrhunderts (Band 3), hg. V. Bernd Martin, Freiburg i. Br./München 2007, S. 206-223, hier: S. 210. 573 Vgl. Mario Seiler: Die Alberto-Ludoviciana als Grenzlanduniversität, S. 210. 574 SAF: AF C4/XI/21/5. 142

(Theologie-) Studierende für ein Studium an der Freiburger Hochschule und einen Aufenthalt in der breisgauischen Metropole zu gewinnen.

Am 3. Juli 1925 reichte Krebs schließlich das Urlaubsgesuch für seine Weltreise beim Badischen Ministerium mit der Begründung ein, in amerikanischen katholischen Theologenkreisen für den Besuch der deutschen katholischen theologischen Fakultäten - insbesondere der Freiburger katholischen Fakultät - zu werben und in Ostasien durch Vorträge an Universitäten und in Gebildeten-Zirkeln das moralische Ansehen Deutschlands fördern zu wollen. 575 Schon acht Tage später ging ein Ministerialerlass des liberal- konservativen, katholischen Hochschulreferenten Viktor Schwoerer576 (1865-1943) an den Senat der Universität Freiburg ein. Darin wurde eine Bezuschussung der Reise im Umfang von 1000 Mark festgelegt und Krebs Urlaubsgesuch bewilligt, wobei der Urlaub während seiner Weltreise auf das ganze Winter-Semester 1926/27 ausgedehnt wurde.577

Krebs hatte errechnet, dass er für die gesamte Weltreise mit Kosten von ungefähr 12 000 Mark zu rechnen hatte. Davon stellte ihm die deutsche Regierung 3000 Mark zur Verfügung, das Land Baden einen Zuschuss von 1000 Mark.578 Nach Aufrechterhaltung seines Haushaltes rechnete Krebs mit einer maximalen Eigenbeteiligung von 200 Mark pro Monat.579 So war Krebs dazu gezwungen, durch Vorträge und Predigten sowie literarische Beiträgen in deutschen Zeitungen noch 1500 Dollar zu verdienen.580 Bei diesen handelte es sich um das katholische „Oberrheinische Pastoralblatt“581, das „Sankt Konradsblatt“582 und „Theologie und Glaube“ 583 , sowie um die beiden Zentrumsblätter „Kölner

575 UAF: B24/1921: Krebs an das Badische Kultusministerium vom 3.07.1925. 576 Julius Schwoerer: Zum 100. Geburtstag des Bad. Hochschulreferenten Victor Schwoerer, in: Ruperto Carola 37, 1965, 225–229; Kurt Zirold: Forschungsförderung in drei Epochen: Dt. Forschungsgemeinschaft, 1968, 45, 65 f., 86 u. 108– 111; Bernhard vom Brocke/Peter Krüge (Hgg.) Hochschulpolitik im Föderalismus: Die Protokolle d. Hochschulkonferenzen d. dt. Bundesstaaten u. Österreichs 1898 bis 1918, 1994, 249, 253, 255, 258, 263, 267, 282, 339, 345, 346, 347, 351 f. u. 407; Notker Hammerstein, Die Dt. Forschungsgemeinschaft in d. Weimarer Republik u. im Dritten Reich, 1999, 59. 577 UAF: C126/498: Schreiben des Badischen Ministers des Kultus und Unterrichts vom 11.07.1925. 578 Vgl. UAF: C126/498: 21.01.1926. 579 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 14.09.1925. 580 UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 23.09.1925. 581 Vgl. Engelbert Krebs: Eine Pfarrhausbibliothek ini einer amerikanischen Kleinstadt, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 28 (1926), S. 198. 582 Vgl.: Englbert Krebs: Der Kardinal von New York ehrt einen badischen Priester, in: St. Konradsblatt 24 (1926), S. 5-6; Ders.: Eine badische Schwesterniederlassung in Nordamerika, in: St. Konradsblatt 25 (1926), S. 8; Ders.: Wie ich den eucharistischen Kongress erlebte, in: St. Konradsblatt 31 (1926), S. 6-7; Ders.: Prälat Friedrich Schlatter: Nachruf, in: St. Konradsblatt 11 (1927), S. 1-2. 583 Vgl. Engelbert Krebs: Katholischer und ostasiatischer Geist, in: Theologie und Glaube 19 (1927), S. 810-826. 143

Volkszeitung“584 und den „Badische Beobachter“585. Das Presseorgan der katholischen Frauenbewegung „Die christliche Frau“586 und das „Jahrbuch des Reichsverbands für die katholischen Auslandsdeutschen“ 587 kamen hinzu. Durch die Vermittlung des Prälaten Friedrich Schlatter konnte Krebs auch in der deutschen „New Yorker Staatszeitung“588 sowie in den katholischen Zeitungen „Anglican theological review“ 589 und der „Columbia“590 literarische Beiträge veröffentlichen.

5.3 Organisation der Weltreise – Von der Reiseroute

zum Reisepass

Nach Sicherstellung der Finanzierung konnten sich Krebs und seine Unterstützer nun um die weitere Organisation der Weltreise kümmern. Der in New York tätige Prälat Friedrich Schlatter lud Krebs zunächst ein, während seines dreimonatigen Aufenthaltes in New York im Leo-Haus der Kapuziner zu wohnen und von dort aus zu Vortragsreisen aufzubrechen. Die Vortragsreisen wurden ebenfalls von Friedrich Schlatter organisiert und sollten an katholischen Universitäten, Newman-Clubs, Jesuitenkollegien, von Ordensgemeinschaften geleiteten Ordens-, Missionsschulen, Priesterseminarien und sonstigen Bildungseinrichtungen sowie in deutschsprachigen Gemeinden und Versammlungen stattfinden. Auf Krebs ausdrücklichen Wunsch hin versuchte Schlatter auch Kontakte zum New Yorker Judentum zu vermitteln.591 Mitte Juni sollte Krebs dann zu einer Reise quer durch die Vereinigten Staaten aufbrechen und während einer Zwischenstation in Chicago auf dem Eucharistischen Kongress als Redner auftreten und anschließend an der Tagung des Deutschen römisch-katholischen Zentralvereins in Springfield teilnehmen. 592 Von

584 Engelbert Krebs: Vom geistigen Leben in Amerika, in: Kölnische Volkszeitung 748 (1926); Ders: Heimkehr vom fernen Osten, in: Kölnische Volkszeitung 128 (1926); Engelbert Krebs: Christliche Pionierarbeit in Korea, in: Kölnische Volkszeitung 30 (1927). 585 Engelbert Krebs: Senator Sata: Der getreue Eckart deutsch-japanischer Kulturbeziehung, in: Badischer Beobachter 197 (1927), S.3. 586 Vgl. Engelbert Krebs: Frauenleben und Frauenfragen in Fernasien, in: Die christliche Frau 26 (1928), S. 169-177. 587 Vgl. Engelbert Krebs: Deutschland und das katholische Amerika, in: Jahrbuch des Reichsverbands für die katholischen Auslandsdeutschen 4 (1927/28), S. 169-180. 588 Vgl. Engelbert Krebs: Wendungen im deutschen Geistesleben, in: Sonntagsblatt der New-Yorker Staatszeitung und Herold vom 16.05.1926. 589 Vgl. Engelbert Krebs: Change in German Thought, in: Anglican theological Review 10 (1928), S. 230- 237. 590 Vgl Engelbert Krebs: Catholic , in: Columbia 10.04. 1926. 591 Vgl. UAF: C126/510: Krebs an Schlatter vom 12.03.1925. 592 UAF: C126/508: Brief von F. P. Kenkel an Krebs vom 24.03.1926; UAF: C126/508: Brief von Krebs an Cardinal Mundelein vom 07.04.1926. 144

Chicago aus sollte Krebs weiter nach San Francisco reisen und von dort aus mit dem Schiff weiter nach Asien aufbrechen.593

Noch im Januar, nachdem Friedrich Schlatter Krebs seine Hilfe zugesichert hatte, wandte sich Krebs an seinen Freund, den aus dem badischen Hammersbachtal stammenden amerikanischen Prälaten Dr. Braig, der ein Priesterseminar in St. Francis in Milwaukee leitete. Dieser hatte Krebs schon im Jahr 1922 zu einer Vortragsreise in die Staaten eingeladen, und so wies Krebs ihn in seinem Schreiben darauf hin, dass die Vortragsreise durch Nordamerika plötzlich und auf unerwartete Weise an Aktualität gewinne.594 Weiter bat er den Prälaten Dr. Breig darum, ihm Ratschläge für die Themen seiner Vorträge zu geben.595 Gemeinsam entschieden sie, dass Krebs in Anlehnung an seine ausgezeichnete Vortragsreihe „Die Kirche und das neue Europa“ über die Wendung des Geisteslebens in Europa sprechen sollte. Um in „amerikanisch katholischen Theologenkreisen für den Besuch der deutschen katholischen theologischen Fakultäten zu werben“596 wollte Krebs außerdem einen weiteren Vortrag mit dem Titel „Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten“ ausarbeiten.597 Als Breig am 24. Juni 1925 in Freiburg zu Gast war, sicherte dieser Krebs seine Hilfe zu und bot an, die Vorträge rund um Chicago zu organisieren und dafür Sorge zu tragen, dass Krebs von Chicago bis San Francisco und in allen dortigen Gebieten Eisenbahnfreifahrten bekäme und Unterbringung in Kollegien und Schwesternhäusern fände.598

Auch der Abtbischof Bonifatius Sauer von Wonsan in Korea hatte zwischenzeitlich mit der Organisation der Vortragsreisen durch den Fernen Osten angefangen: Nach Krebs Ankunft in Japan Mitte September sollte Krebs im Ordenshaus der deutschen Jesuiten in Tokio wohnen, die die dortige katholische Sophia-Universität leiteten.599 Für Krebs´ Betreuung in Japan erklärte sich der Jesuit Pater Jakob Overmans bereit. 600 Dieser war um die Jahrhundertwende in den Jesuitenorden eingetreten und hatte sich schnell im Milieu der katholischen Publizistik emporgearbeitet. Während des Ersten Weltkriegs hatte er sich

593 Zu den Reisevorbereitungen vgl.: UAF: C126/524: Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs vom 15.02.1926; 01.07.1926; 13.07.1926; 20.01.1926; 16.10.1925; 25.08.1925. 594 Vgl. UAF: C126/510: Brief an Prälat Dr. Breig vom 30.01.1925. 595 Vgl. UAF: C126/510: Krebs an Breig 30.01.1925. 596 Vgl. UAF: C126/ ???: Brief von Engelbert Krebs an das Ministerium vom 3.07.1925. 597 Von Krebs erwähnt in: UAF: C126/510: Krebs an Schlatter vom 12.03.1925. 598 UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 24.06.1925. 599 UAF: C126/519: Overmans an Krebs vom 19.02.1925. 600 Erwähnt in: UAF: C126/523: Schlatter an Krebs 13.02.1925. Reisevorbereitungen von Overmans vgl.: UAF: C126/519: Overmans an Krebs vom 03.06.1925; 09.11.1925; 19.02.1926; 12.11.1925; 17.05.1926. 145

durch seine Mitarbeit am Sammelwerk „Deutschland und der Katholizismus“ 601 einen Namen gemacht. In der Weimarer Republik hatte er zahlreiche Beiträge für die deutsche Jesuiten-Zeitschrift „Stimmen der Zeit“ auf den Gebieten von Literatur, Theater, Film, Kunst und Architektur verfasst. In seinen Beiträgen kamen vor allem seine kulturkritischen Ansichten zum Ausdruck – besonders eindringlich warnte er vor einer „Amerikanisierung des Geistes“.602 Von 1924 bis 1928 wirkte Overmans als Professor an der katholischen Sophia-Universität in Tokio und der kaiserlichen Universität in Tokio und lehrte dort das Fach deutsche Literatur.603

Von Mitte September bis Ende Oktober plante Bonifatius Sauer für Krebs eine Rundreise durch die katholischen Missionen in China und Korea. Während dieser Missionsreise sollten sich der Steyler Missionsbischof Augustin Henninghaus (1862-1939) in Südchantung, unter dessen Leitung auch die beiden großen deutschen Missionsstationen in Yenchowfu und Tsinanfu standen, und der Franziskanerbischof Adalbert Schmücker (1878-1927) in Tsingtau in Nordschantung um Krebs kümmern. In Peking sollte Krebs von dem deutschen Pater Ildefons Brandstätter von der katholischen Universität betreut werden, die im Jahr 1925 von der amerikanischen Benediktinermissionaren gegründet worden war und sich ab 1927 Fu-Jen-Universität nannte.604 605

Nach seiner Ankunft in Japan Ende Oktober sollte er die katholischen Missionen in Japan besuchen, vor allem aber zu kleinen Vortragsreisen aufbrechen. Als Krebs davon erfuhr, dass es dem deutschen Botschafter Wilhelm Solf 606 (1868-1936) gelungen war, Einladungen der japanischen Regierung zu Vorträgen an der kaiserlichen Universität in Tokio und an anderen Universitäten Japans an Krebs zu vermitteln, entschloss sich Krebs auf Ratschlag des Jesuiten Jakob Overmans, ebenfalls über die „Wende im europäischen

601 Vgl. Max Meinertz: Deutschland und der Katholizismus: Gedanken zur Neugestaltung des deutschen Geistes- und Gesellschaftslebens (2 Bde), Freiburg i. Br. 1918. 602 Vgl. Marian Morawski und Jakob Overmans: Abende am Genfer See: Grundzüge einer einheitlichen Weltanschauung, Freiburg i. Br. 1919; Jakob Overmans: Hamlet, Don Quijote, Deutschland, in: Stimmen der Zeit 46 (1916), S. 38-46; Ders.: Roman, Theater und Kino im neuen Deutschland, Freiburg i. Br. 1920; Ders.: Das neue Japan in seiner (oder im Spiegel?) bildenden Kunst, in: Stimmen der Zeit 107 (1927), S. 464-467; Ders.: Gegenstand und Einteilung der wissenschaftlichen Literaturgeschichte, Tokio 1927; Ders.: „Urfaust“ und „Faust“ von Goethe, Tokio 1928; Ders.: Amerikanisierung des Geistes, in: Stimmen der Zeit 118 (1930), S. 161-173. 603 Vgl. Joachim Schmiedl: Der katholische Aufbruch der Zwischenkriegszeit und die Stimmen der Zeit, in: Das katholische Intellektuellenmilieu in Deutschland, seine Presse und seine Netzwerke (1871-1963), hg. v. Michael Grundewald/Uwe Puschner, Bern/Frankfurt am Main u.a. 2006, S. 231-280; hier: S. 240. 604 Zur Organisation der Asien-Reise vgl.: Sauer an Krebs vom 24.01.1926; 13.02.1925; 02.03.1926; 02.10.1926; 26.10.1926. 605 606 Zu Wilhelm Solf vgl.: Eberhard von Vietsch: Wilhelm Solf. Botschafter zwischen den Zeiten, Tübingen 1961. 146

Geistesleben zu sprechen. 607 Overmans hatte Krebs geschrieben, dass gerade „in der japanischen Universitätsjugend ein starkes Interesse für Weltanschauungsfragen“ bestehe, und japanische Studierende ihm mehr als einmal „ihre Begeisterung für deutsche Kultur ausgesprochen“608 hätten.

5.4 Vortragskonzeptionen

Nachdem die Finanzierung und Organisation der Weltreise nun endgültig gesichert schien, wandte sich Krebs dem Erstellen seiner beiden Vortragsmanuskripte zu. Sie wurden nach Fertigstellung von einem aus Cincinatti stammenden Priesteramtskandidaten ins Englische übersetzt, der in Freiburg bei dem Moraltheologen und Direktor des neu gegründeten Instituts für Caritaswissenschaften, Franz Xaver Keller (1873-1944), promovierte und mit dem Krebs die Wochen vor seiner Abfahrt Englisch lesen und sprechen übte.609 Während der Reise sollten die beiden Manuskripte Krebs Zuhörerkreisen in Nordamerika und Fernost angepasst und entsprechend seiner Redezeit gekürzt bzw. erweitert werden.

5.4.1 Von der geistigen Wende in Deutschland und Europa Wie mit dem deutsch-amerikanischen Prälaten Breig, der das Priesterseminar in St. Francis in Milwaukee leitete, und dem Jesuiten Jakob Overmans von der katholischen Sophia- Universität in Tokio vereinbart, wollte Krebs während seiner Weltreise über das Thema der geistigen Wende in Deutschland und Europa sprechen.

Krebs war überzeugt, dass sch Europa in einem der bedeutendsten Wendepunkte des Geisteslebens befand: Nach beinahe fünfhundert Jahren des vorherrschenden Subjektivismus in allen philosophisch-ethischen und religionswissenschaftlichen Fächern, nach hundert Jahren materialistischer Strömungen, attestierte Krebs dem europäischen Geistesleben wieder eine Rückbesinnung auf Objektivismus und Spiritualismus. Genauer gesagt zöge es die Wissenschaften wieder hin zu einer objektiven Theorie des Wissens und zu den Wahrheiten der Metaphysik.610

607 Vgl. UAF: C126/519: Pater Overmans SJ an Engelbert Krebs vom 19.02.1925. 608 UAF: C126/519: Brief von Pater Overmans SJ an Engelbert Krebs vom 19.02.1925. 609 UAF: C126/510: Brief an Schlatter vom 26.10.1925. 610 vgl. UAF: C126/478: Rede in Takenouchi, S. 4 und 12; C126/485: S. 18. 147

Als Beispiele für seine Thesen zog er die Lehren bedeutender zeitgenössischer Wissenschaftler heran: Unter ihnen befand sich der zuvor schon wegen seiner Weltreise erwähnte Biologe und Philosph Hans Driesch611 (1867-1941) mit seiner Lehre von der „Entelechia“, nach der jeder Organismus einer Ganzheitskausalität folge. Außerdem von Krebs angeführt wurde der Philosoph und Pädagoge Eduard Spranger612 (1882-1963) das Konzept einer „spirituellen Substanz“ in die Psychologie zurückführte. Ebenso Erwähnung fanden der protestantische Theologe und Kulturphilosoph Ernst Troeltsch613 (1865-1923) und der Soziologe und Nationalökonom Max Weber 614 (1864-1920) für das Festlegen objektiver Kriterien zur Beurteilung historischer Ereignisse. Der Philosoph und Anthropologe Max Scheler615 (1874-1928) erschien Krebs erwähnenswert auf Grund seiner Wertheethik, der Freiburger Philosph Edmund Husserl616 (1859-1938) auf Grund seiner Lehre von der „Wesensschau“.617

Zur geistigen Wende gehörte nach Krebs´ Vorstellung aber auch die Idee des Kollektivismus, die Krebs in einer Reihe von Organisationen wie den „Wandervogel“, den „Quickborn“, die Vereinigung „Neu-Deutschland“ und „Gross-Deutschland“ sowie der pazifistischen Bewegung verwirklicht sah. In diesem Kontext erwähnte Krebs auch die Zusammenarbeit verschiedener Parteien in Deutschland, insbesondere die Bereitschaft der Sozialdemokraten, mit anderen politischen Parteien zu kooperieren. Zudem stellte Krebs

611 Zu Hans Driesch vgl.: Hans Driesch: Die „Seele“ als elementarer Naturfaktor, Leipzig 1903; Ders.: Die Philosophie des Organischen, Leipzig, 2. Aufl., 1921. Außerdem: Alyos Wenzl: Hans Driesch. Persönlichkeit und Bedeutung für Biologie und Philosophie heute, Basel 1951; Horst H. Freyhofer: The Vitalism of Hans Driesch. The Success and Decline of a Scientific Theory, Frankfurt a. M./Bern 1982. 612 Zu Eduard Spranger vgl.: Psychologie des Jugendalters, Heidelberg, 24. Auflage, 1955. Außerdem: Ute Waschulewski: Die Wertpsychologie Eduard Sprangers. Eine Untersuchung zur Aktualität der „Lebensformen (Texte zur Sozialpsychologie Bd. 8), Münster u.a. 2002; Werner Sacher: Eduard Spranger 1902-1933. Ein Erziehungsphilosoph zwischen Dilthey und den Neukantianern (Europäische Hochschulschriften Reihe 11: Pädagogik Bd. 347), Frankfurt a. M. u.a. 1988. 613 Zu Ernst Troeltsch vgl.: Ernst Troeltsch: Christentum und Religionsgeschichte, Tübingen 1913. Außerdem: Shinichi Sato: Die historischen Perspektiven von Ernst Troeltsch (Schriften der Hans- Ehrenberg-Gesellschaft Bd. 13), Waltrop 2007; Friedrich Wilhelm Graf (Hg.): „Geschichte durch Geschichte überwinden“. Ernst Troeltsch in Berlin (Troeltsch-Studien Bd.1), Gütersloh 2006. 614 Zu Max Weber vgl.: Max Weber: Die „Objektivität“ sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis, in: Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik 19 (1904), S. 135-234; Wolfgang Schluchter: Religion und Lebensführung (Bd.1 Studien zu Max Webers Kultur- und Werttheorie), Frankfurt a. M. 1991; Michael Bayer u. Gabriele Mordt: Einführung in das Werk Max Webers, Wiesbaden 2008. 615 Zu Max Scheler vgl.: Max Scheler: Der Formalismus in der Ethik und die materiale Werteethik. Neuer Versuch der Grundlegung des ethischen Pluralismus (Philosophische Bibliothek Bd. 657), hg. v. Christian Bermes unter Mitarbeit v. Annika Hand, Hamburg 2014. Außerdem: Christian Bermes/Wolfhart Henckmann/Heinz Leonardy (Hg.): Person und Wert. Schelers „Formalismus“ – Perspektiven und Wirkungen (Philosophische Kontexte), Freiburg i. Br. 2000; Gerhard Pfafferott (Hg.): Vom Umsturz der Werte in der modernen Gesellschaft. II. Internationales Kolloquium der Max Weber Gesellschaft, Bonn 1997. 616 Zu Edmund Husserl vgl.: Dan Zahavi: Husserls Phänomenologie, Stuttgart 2009; Elisabeth Ströker: Husserls transzendentale Phänomenologie, Frankfurt a. M. 1987. 617 vgl. UAF: C126/478: Rede in Takenouchi, S. 5-12; C126/490, S. 8-10. 148

die Bedeutung des Vertrags von Locarno heraus für die Herausbildung der forciert sich entfaltenden europäischen Staatengemeinschaft.618

Zentraler Bestandteil der geistigen Wende war für Krebs die Hinwendung zum christlichen Spiritualismus, zur Mystik und zum Katholizismus, unter dessen Dach eine europäische Einigung nicht zu haben war.619

5.4.2 Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten Um den Aufbau der wissenschaftspolitischen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland voranzutreiben, wollte Krebs „in amerikanischen katholischen Theologenkreisen für den Besuch der deutschen katholisch-theologischen Fakultäten werben“ 620 , und vor allem die „jungen Konfratres angelsächsischer und deutschamerikanischer Herkunft herzlich einladen, ihre Weiterbildung in der theologischen Wissenschaft und ihre Bemühungen um Erwerbung des theol. Doktorgrades an deutsche Universitäten zu verlegen“ und sich „mit deutschen katholischen Theologen zu furchtbarer wissenschaftlicher Zusammenarbeit“621 zu verbinden“.

Deswegen konzipierte er im Vorfeld seiner Weltreise einen zweiten Vortrag mit dem Titel „Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten“. In diesem wies Krebs der theologischen Wissenschaft eine entscheidende Funktion für die internationale Völkerverständigung zu, die er von der Wesensbeschreibung der katholischen Kirche ableitete:

„Die katholische Kirche kennt keine nationalen Grenzen. Sie ist berufen, über den ganzen Erdkreis sich auszudehnen und sie zählt ihre Mitglieder in allen Nationen. Wie die Kirche selber, so ist auch die katholische Wissenschaft, die Theologie, übernational. Jeder Katholik kann in jeder Nation die katholische Theologie studieren. Sie ist im Wesen überall dieselben Wissenschaft und lehrt überall dieselbe Wahrheit. […] Denn wenn die akademische Wissenschaft überhaupt ein geistiges Band den Menschen verschiedener Nationen herstellt, so muss es die katholische Theologie ganz besonders tun. Denn sie ruft uns nicht nur die Gemeinsamkeit weltlicher Interessen, sondern zugleich die religiöse Verbundenheit der Völker ins Gedächtnis.“622

618 vgl. UAF: C126/478: 17. 619 vgl. UAF: C126/478: 17a,b; C126/490: 1-2,11; C126/485: S.5, 9-10. 620 vgl. UAF: B24/1921: Krebs an das Badische Kultusministerium vom 09.11.1925. 621 vgl. UAF: C126/482: Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten, S. 14. 622 UAF: C126/482: Vom Studium der katholischen Theologie, S. 1. 149

Trotz dem im Vortrag zum Ausdruck gebrachten Willen, auch weit über den wissenschaftspolitischen Rahmen hinaus zusammenzuarbeiten, versuchte Krebs im weiteren Verlauf des Textes, die übernational herausragende Stellung der deutschen katholischen Theologie deutlich zu machen. Diese ergab sich für Krebs allein schon daraus, dass „in den alten Kulturstaaten Europas […] nur die Länder des ehemaligen deutschen Kaiserreiches, des ehemaligen Oesterreich-Ungarn und des Königreichs Spanien der katholischen Theologie an ihren staatlichen Universitäten eine Fakultät erhalten“ hatten und innerhalb der Universitäten die „Rangordnung des Mittelalters“ bewahrt worden war und die katholische Theologie immer noch „vor allen anderen die Praezedenz“623 hatte. Die katholisch-theologische Wissenschaft profitiere durch ihre Einbettung in die staatlichen Universitäten von den „grössere[n] Mittel[n] an Geld und Büchern“ und könne so eine „ausgebreitetere wissenschaftliche Arbeit“ ermöglichen „als an anderen Lehranstalten“624.

Es seien jedoch vor allem „geistige Gründe“, die den wissenschaftlichen Betrieb der katholischen Theologie an deutschen Universitäten fördern würden. Gerade die „Methode des wissenschaftlichen Unterrichts“ habe „in Deutschland in den geisteswissenschaftlichen Fakultäten eine hohe Ausbildung“ erhalten, sodass die Universitäten „Pflanzstätten […] selbstständig arbeitender junger Gelehrte[r]“625 geworden seien. Auch die „fortwährende geistige Berührung mit den anderen Fakultäten“626 fördere die katholische Theologie. Der an einer deutschen Universität dozierende katholische Theologe sei „immer `up to day´ in den Fragen, die das geistige Leben bewegen und gewinne auch Erkenntnisse aus den Forschungsarbeiten anderer.627 Außerdem würde neben den Fächern der Dogmatik, der Moraltheologie und des Kirchenrechts auch die historischen Disziplinen in besonderer Weise betrieben.628 Die theologischen Fakultäten in Deutschland würden nicht nur der „Heranbildung des jungen Seesorgeklerus“ dienen, sondern auch der „Pflege der wissenschaftlichen Forschung und der Schulung künftiger wissenschaftlicher Arbeiter“629.

Die Vortragsreisen boten Krebs zudem die Möglichkeit, die durch den Ersten Weltkrieg verschütteten (wissenschafts-) politischen Beziehungen zwischen amerikanischen und

623 UAF: C126/482: Vom Studium der katholischen Theologie, S. 2. 624 Ebd., S. 4. 625 Ebd., S. 4. 626 Ebd., S. 6. 627 Ebd., S. 6. 628 Ebd., S. 7. 629 Ebd., S. 13. 150

deutschen Theologen zu stärken, aber auch die bestehende internationale Überlegenheit der deutschen Universitätstheologie zu demonstrieren.

5.5 Letzte Reisevorbereitungen bis zur Abreise

Durch Vorlage einer Bescheinigung des Auswärtigen Amtes konnte Krebs eine Ermäßigung bei der Schiffsgesellschaft „Norddeutscher Lloyd“ erwirken 630 und am 8. Januar 1926 das Billet zur Rundreise um die Erde lösen631. Am 15. Februar 1926 bekam Krebs vom Ministerium des Kultus und Unterrichts dann schließlich auch seinen mit erforderlichen Sichtvermerken versehenen Dienstpass zugesendet. 632 Zuletzt holte sich Krebs noch Tipps und Hinweise von Geheimrat Ludwig Aschoff633 in Freiburg ein und erledigte Bank- und Notarsbesuche.634 Nach seiner letzten Messe in der Universitätskirche, brach Krebs am 1. März zu seiner Reise um die Erde auf.635

Abb. 7: Bereit zum Aufbruch - Krebs´ Reisepass vom Januar 1926

630 Vgl. UAF: C126/496: Brief an das Auswärtige Amt vom 28.11.1925. 631 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 08.01.1926. 632 Vgl. UAF: C126/29: Brief des Kultusministeriums vom 15.02.1926. 633 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 22.02.1926. 634 Vgl. UAF: C126/26: Ebd. 635 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheintrag vom 28.02.1926. 151

6 Reisestationen (1926-1927)

6.1 Engelbert Krebs in den USA (März bis Juli 1927)

Krebs Amerikareise lässt sich nur vor dem Hintergrund der deutsch-amerikanischen Beziehungen verstehen, über die im folgenden Unterkapitel ein kurzer Überblick gegeben werden soll. Im Fokus des Interesses soll hierbei die Fragestellung stehen, inwiefern sich die Situation der deutschstämmigen Amerikaner im Zuge des Ersten Weltkriegs bzw. des Kriegseintritts der USA im Jahr 1917 gestaltete und welche Konsequenzen dies für das deutsch-kulturelle Leben hatte.

6.1.1 Deutsch-amerikanische Kulturbeziehungen: Von der blühenden deutschen Kultur der Vorkriegszeit zur anti- deutschen Hysterie im Ersten Weltkrieg Seit Beginn des 19. Jahrhunderts stellte neben New York und Pennsylvania der mittlere Westen der Vereinigten Staaten die am stärksten von deutschen Einwanderern besiedelte Region dar. Vor allem das Gebiet, das die Städte Milwaukee in Wisconsin, Chicago in Illionois, St. Louis in Missouri und Cincinnati in Ohio umfasst, wurde bereits von Zeitgenossen auf Grund des hohen deutschen Bevölkerungsteils als das „deutsche Dreieck“ bezeichnet.636 Da die deutschen Immigranten in einer weitaus größeren Anzahl ins Land kamen als jede andere Einwanderungsgruppe, waren es vor allem sie, die weite Teile des Mittleren Westens kulturell geprägt hatten: Zahlreiche Ortschaften in diesem Gebiet hatten deutsche Namen, die deutsche Sprache wurde vielerorts noch als Muttersprache gesprochen und es gab unter den Deutsch-Amerikanern ein lebhaftes Kulturleben, das sich aus den deutschen Traditionen speiste. 637 Die Katholiken 638 stellten die größte religiöse Einzelgruppe unter den deutsch-amerikanischen Kirchgängern dar: Als Mitglieder der katholischen Kirche verband sie ihr Glaube mit Einwanderern aus anderen europäischen Ländern, darunter vor allem Iren und seit den 1880er Jahren zunehmend auch Süd- und Osteuropäer. 639 Die deutschstämmigen Katholiken hatten dabei ihr eigenes soziales

636 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg. US- Politik und nationale Identitäten im Mittleren Westen (Transatlantische Historische Studien 29), Stuttgart 2007, S. 25. 637 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 23-24. 638 Zu den deutsch-amerikanischen Katholiken allgemein vgl.: Barry Colman: The and German Americans, Washington 1953; Stephen J. Shaw: The Catholic Parish as a Way-Station of Ethnicity and Americanization. Chicago`s Germans and Italiens 1909-1939, New York 1991. 639 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 273 152

Netzwerk, zu dem auch eigene Zeitschriften und Schulen gehörten. Seit dem 19. Jahrhundert hatte praktisch jede Kirchengemeinde ihre eigene Schule, wobei die Predigt und der Unterricht ganz in deutscher Sprache abgehalten wurde.640

Als im August 1914 in Europa der Krieg ausbrach, behielten die Vereinigten Staaten ihren neutralen Status bei, obwohl die Mehrheit der Amerikaner einen Sieg der Alliierten erhoffte und die Vereinigten Staaten die Entente-Mächte auch mit Wirtschaftshilfen und Waffenlieferungen unterstützte. 641 Die seit Ende des 19. Jahrhunderts auftretenden außenpolitischen Konflikte mit dem Deutschen Reich, in dem beide Staaten versuchten, ihre wirtschaftlichen Interessen in verschiedenen Gegen der Welt zu verstärken, hatten zudem ein zunehmend negativ besetztes Deutschlandbild in der Bevölkerung hinterlassen. 642 Politische Neutralität war aber auch deswegen gefragt, weil sich die amerikanische Bevölkerung sehr heterogen zusammensetzte und Vertreter aller am europäischen Krieg beteiligten Völker und Nationen ihre Sympathien für ihre ehemaligen Heimatländer auch in ihrer amerikanischen Heimat betonten.643 So erfasste natürlich auch viele ehemalige deutsche Einwanderer644 ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl und eine patriotische Begeisterung für ihre alte Heimat. Diese national motivierte Euphorie führte beispielsweise dazu, dass deutsche Reservisten Paraden veranstalteten, in denen sie patriotische Lieder singend zu den deutschen Konsulaten zogen, wobei es auch zu Massenkundgebungen der Deutsch-Amerikaner kam, in denen sie die Solidarität mit der deutschen Heimat öffentlich demonstrierten.645 Dies alles erweckte schon recht früh den Eindruck, dass sie nicht loyal waren und vielmehr als Sprachrohr der deutschen Regierung agierten.646

640 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 273. 641 Vgl. Hans R. Guggisberg. Geschichte der USA. Fortgeführt von Hermann Wellenreuther, Stuttgart, vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage, 2002, S. 167-168. 642 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 48. 643 Vgl. Ebd., S. 49. 644 Zu den Deutsch-Amerikanern während des Ersten Weltkriegs vgl.: Willi Paul Adams: Ethnische Führungsrollen und die Deutschamerikaner, in: Amerika und die Deutschen. Bestandsaufnahme einer 300- jährigen Geschichte, hg. v. Frank Trommler, Opladen 1986, S. 165-176; Clifton J. Child: The German- Americans Alliance in Politics, Madison 1939; Reinhard R. Doerries: The War of Words. Imperial German Propaganda Efforts in the United States 1914-1917, in: The Mirror of History. Essay in Honor of Fritz Fellner, hg. v. Solomon Wank u.a., Oxford 1988, S. 395-410; Mark Ellis u. Panikos Panayi: German Minorities in . A Comparative Study of Britain and the USA, in: Ethnic and Racial Studies 17 (1994), S. 238-259; Katja Wüstenbecker: „Feindliche Ausländer“. Deutsch ein den USA im Ersten Weltkreig, in: Geschichte ist Vielfalt. Nation-Gesellschaft-Wissenschaft. Festgabe für Peter Krüger anlässlich seines 65. Geburtstages, hg. v. Ders., Münster 2001, S. 25-40. 645 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 306. 646 Vgl. Ebd., S. 51. 153

Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs und verstärkt mit dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten nahmen die deutschstämmigen Kirchenvertreter – allen voran die Erzbischöfe von Chicago, Cincinnati und Milwaukee – ebenfalls eine pro-deutsche Haltung ein. Dies hatte verschiedene Ursachen: Zum einen kam die Mehrheit der Katholiken647 in den USA aus Deutschland, Österreich und vor allem aus Irland. Gemeinsam warfen sie der französischen Regierung vor, Katholiken zu diskriminieren, aber auch Großbritannien wurde von Ihnen nicht als Sympathisant des Katholizismus wahrgenommen. Der Dachverband der deutsch- amerikanischen Katholiken war der Deutsche Katholische Zentralverein, der kurz nach dem Ausbruch des Krieges seine jährliche Hauptversammlung abhielt, auf der die Mitglieder ihre Sympathien für das Kaiserreich in einer Resolution bekundeten.648

Grund für die zunehmend kritische Haltung der Vereinigten Staaten gegenüber dem Deutschen Reich waren zum einen der Einmarsch deutscher Truppen ins neutrale Belgien im August 1914 und die Nachrichten von den vermeintlichen Gräueltaten gegen die dortige Zivilbevölkerung. Als ein anderer Auslöser gilt der von den Deutschen uneingeschränkt geführte U-Boot-Krieg und das Versenken der britischen RMS „Lusitania“, bei dem auch 128 Männer, Frauen und Kinder aus den Vereinigten Staaten ums Leben kamen. Diese Faktoren führten dazu, dass der US-amerikanische Präsident Woodrow Wilson im Februar 1917 die diplomatischen Beziehungen zum Deutschen Reich abbrach. Die Stimmung der amerikanischen Bevölkerung kippte weiter, als ein Telegramm des deutschen Außenministers an die mexikanische Regierung öffentlich wurde, indem das Deutsche Reich Mexiko im Falle eines Kriegseintritts der USA ein Bündnis vorschlug.649 Diese Ereignisse führten letztlich zum Kriegseintritt der Vereinigten Staaten im April 1917, der für die USA selbst einen zentralen Schritt hin zur Rolle als Weltmacht bedeutete.650

647 Zu den deutsch-amerikanischen Katholiken im Ersten Weltkrieg vgl.: Ray H. Abrams: Preachers Present Arms. A Study oft he War-Time-Attitudes and Activities of the Churches and the Clergy in the United States 1914-1918, New-York 1933; Edward Cuddy: Pro-Germanism and American Catholicism 1914-1917, in: The Catholic Historical Review 54 (1968), S. 427-454; John F. Piper: The American Churches in World War I, Athens 1985; Edward Cuddy: Pro-Germanism and American Catholicism 1914-1917, in: The Catholic Historical Review 54 (1968), S. 427-454. 648 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 62-63. 649 Vgl. Martin Nassua: „Gemeinsame Kriegführung, gemeinsamer Friedensschluss“. Das Zimmermann- Telegramm vom 13. Januar 1917 und der Eintritt der USA in den 1. Weltkrieg (Europäische Hochschulschriften Reihe 3 Bd.520), Frankfurt am Main u. a. 1992; Barbara W. Tuchmann: Die Zimmermann-Depesche, Bergisch Gladbach 1982. 650 Vgl. Hans R. Guggisberg: Geschichte der USA. Fortgeführt von Hermann Wellenreuther, Stuttgart, vierte, erweiterte und aktualisierte Auflage, 2002, S. 168-169. 154

Mit dem Übergang von der Neutralitäts- zur Kriegspolitik brach eine starke anti-deutsche Hysterie aus. Die Deutsch-Amerikaner wurden für ihr Herkunftsland haftbar gemacht und dazu gezwungen, ihre Loyalität zu Amerika wiederholt zu beteuern. In der Bevölkerung kam es zu gewaltsamen Übergriffen gegen Deutsch-Amerikaner. Um dem „Stigma“ des Deutschseins zu entgehen, ließen viele Deutsch-Amerikaner ihren Nachnamen anglisieren. 651 Ein Dorn im Auge vieler amerikanischer Patrioten war die als „Hunnensprache“ diffamierte deutsche Sprache. Ab 1918 verstärkten sich viele Anstrengungen, sie aus der amerikanischen Gesellschaft zu verdrängen. So erlebten viele Deutsch-Amerikaner einen regelrechten „Kulturkampf“ 652 . Die zahlreichen „Diskriminierungsmaßnahmen“ gegen die deutsche Kultur 653 trugen aus heutiger Sicht groteske Züge: Viele US-amerikanische Bundesstaaten verboten den Unterricht der deutschen Sprache an Schulen und Universitäten. Deutschsprachige Gottesdienste durften nun nicht mehr abgehalten werden, deutsche Musik- und Theaterstücke wurden nicht mehr aufgeführt, deutsche Bücher wurden in der Öffentlichkeit verbrannt, deutsche Gebäude-, Straßen- und Ortsnamen wurden umbenannt, deutsche Produkte wurden boykottiert und deutsche Vereine lösten sich auf. 654

Im Januar 1918 verkündete der amerikanische Präsident Woodrow Wilson655 (1913-1921) den sogenannten 14-Punkte-Plan, der u.a. offene Friedensverhandlungen, uneingeschränkte Freiheit der Schifffahrt, Beseitigung wirtschaftlicher Schranken, das

651 Vgl. Hans R. Guggisberg: Geschichte der USA, S. 182. 652 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 314. 653 Zur deutschen Kultur während des Ersten Weltkriegs vgl.: Patricia Dandonoli: Report on Foreign Language Enrollment in Public Secundary Schools, in: Foreign Language Annals 20 (1987), S. 457-1920; Paul Finkelman: The War on German Language and Culture 1917-1925, in: Confrontation and Cooperation. Germany and the United States in the Era of World War I 1900-1924, hg. v. Hans-Jürgen Schröder, Oxford 1993, S. 177-205; Joshua Fishman u.a.: Language Loyality in the US. The Maintenance and Perpetuation of the Non-English Mother-Tongues by American Ethnic and Religious Groups, Den Haag/London/Paris 1966; Juliane Jacobi-Dittrich: „Deutsche“ Schulen in den Vereinigten Staaten von Amerika. Histroisch- vergleichende Studie zum Unterrichtswesen im Mittleren Westen (Wisconsin 1840-1900), München 1988; Erik Kirschbaum: The Eradication of German Culture in the United States. 1917-1918 – die Auslöschung deutscher Kultur in den Vereinigten Staaten, 1917-1918, Stuttgart 1986; Cora Lee Nollendorf: Deutschunterricht in Amerika im Schatten des Ersten Weltkriegs. Öffentlich-offizielle Verfahrensweisen und gesellschaftliches Gebaren, in: Zeitschrift für Kulturaustausch 35 (1985), S. 190-199; J. E. Vacha: When Wagner was Verboten: The Campaign Against German Music in World War I, in: New-York History 64 (1983), S. 171-188. 654 Vgl. Katja Wüstenbecker: Deutsch-Amerikaner im Ersten Weltkrieg, S. 314. 655 Vgl. Manfred Berg: Woodrow Wilson. Amerika und die Neuordnung der Welt. Eine Biographie, München 2017; Thomas J. Knock: To End all Wars. Woodrow Wilson and the Quest for a New World Order, New York 1992; N. Gordon Levin: Woodrow Wilson and World Politics. America’s Response to War and Revolution, New York 1970; Woodrow Wilson und das Experiment einer neuen Weltordnung, 1913–1920, in: Weltmacht und Weltordnung. Amerikanische Außenpolitik von 1888 bis zur Gegenwart. Eine Jahrhundertgeschichte, Paderborn 2006. 155

Selbstbestimmungsrecht der Völker sowie die Bildung eines Völkerbundes vorsah. Jedoch konnten sich Wilsons Vorstellungen eines künftigen Friedens nicht durchsetzen, da die Engländer und Franzosen die Umsetzung von Wilsons Plan zugunsten eines Siegfriedens gegenüber dem Deutschen Reich verweigerten. Aber auch der US-Senat lehnte den Beitritt zum Völkerbund ab, so dass die mittlerweile größte politische Macht der Welt in diesem Gremium fehlte und zu einem amerikanischen Isolationismus zurückkehrte. Im Juni 1919 wurde der Versailler Vertrag unterzeichnet, in dem Deutschland die alleinige Kriegsschuld zugeschrieben wurde und es neben den immensen Reparationszahlungen ein Siebtel seines Territoriums verlor. Durch den Weltkrieg und den europäischen Wiederaufbau wurden die Vereinigten Staaten zum weltweit größten Gläubigerland und zu einer bedeutenden Handelsmacht.656

So wirkte der Erste Weltkrieg als „Katalysator“, der die schon vor dem Ersten Weltkrieg beginnende Amerikanisierung weiterbeförderte und die deutsche Kultur weiter zurückdrang. 657 Die Zahl der Publikationen in deutscher Sprache ging abrupt zurück, ebenso wie die Auflagenhöhe deutscher Tageszeitungen, und in Bibliotheken fehlten deutsche Bücher. Die deutsche Sprache war bereits durch verschiedene Gesetze aus den Schulen vertrieben worden und auch in den deutschen Gemeinden beschleunigte sich das Überwechseln zur englischen Sprache nun noch stärker. Immer noch leugneten Deutsche ihre Herkunft und schämten sich, ihr immer noch vorhandenes Interesse an der Pflege ihrer deutschen Kultur öffentlich zu demonstrieren. Halböffentliche Spendenaktionen wie sie in den Vereinigten Staaten hauptsächlich von den Kirchen getragen wurden, boten deswegen die Möglichkeit, dennoch anonym für die unter dem Krieg und der Inflation Notleidenden in der deutschen Heimat zu spenden. 658 Die Inflation in Deutschland und der starke wirtschaftliche Aufschwung in Nordamerika veranlassten immer noch Deutsche in den 1920er Jahren in die Vereinigten Staaten auszuwandern.659 Vor diesem zeithistorischen Hintergrund ist Krebs Amerikareise im Jahr 1926 zu sehen.

656 Vgl. Hans R. Guggisberg. Geschichte der USA, S. 172-175. 657 Vgl. La Vern J. Rippley: Erleichterte Amerikanisierung. Die Wirkung des Ersten Weltkriegs in den zwanziger Jahren, in: Amerika und die Deutschen. Bestandsaufnahme einer 300jährigen Geschichte, hg. v. Frank Trommler, Opladen 1986, S. 558-571; hier: S. 558. 658 Vgl. La Vern J. Rippley: Erleichterte Amerikanisierung, S. 565. 659 Vgl. Ebd., S. 569. 156

6.1.2 Überfahrt und Ankunft in New-York

Abb.8: Krebs Reisestationen durch Nordamerika

Am 1. März verließ Engelbert Krebs seine Heimatstadt Freiburg in Richtung Bremerhaven mit einigen Zwischenstationen:660 In Illenau bei Achern besuchte Krebs seinen Bruder, in Stuttgart seine Schwester Jenny mit ihrem Mann Kurt von Berg, in Bergheim erst seinen Schwager Karl Wirtz und in Köln seinen Neffen Alexander Krebs, um sich von ihnen zu verabschieden.661 Sogar in den Freiburger Zeitungen vom Dienstag, den 2. März 1926 wurde Krebs Reise den Lesern angekündigt. 662

Am 4. März 1926 bestieg er die „Berlin“, ein im Jahr 1925 gebauter Dampfer der Schiffsgesellschaft des Norddeutschen Lloyd, der als erstes deutsches Schiff einen fest eingebauten Altar besaß, um mitreisenden Priestern die Feier der heiligen Eucharistie an Bord zu ermöglichen. So konnte Krebs während seiner elftägigen Überfahrt nach Amerika fast täglich zelebrieren und einige Male auch die heilige Kommunion an Mitreisende austeilen.663 Durch eine Beichtvollmacht, die sich Krebs vor seiner Reise vom Freiburger Erzbischof hatte ausstellen lassen, konnte er zudem während seiner ganzen Reise Gläubigen die Beichte abnehmen.664 Unter ihnen befanden sich viele Auswanderer, von

660 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheinträge vom 01.03.1926. 661 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheinträge vom 01.03.1926; 02.03.1926; 03.03.1926 662 UAF: C126/30: Zeitungsauschnitt vom 02.03.1926; beiliegend dem Tagebucheintrag vom 04.03.1926. 663 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.03.1926. 664 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 06.04.1926. Beichtvollmacht beiliegend. 157

deren Schicksal sich Krebs so ergriffen zeigte, dass er kurz vor der Ankunft in New York, der Messe eine stille Predigt einfügte. In dieser thematisierte er die Fahrt Jesu über das galliläische Meer und verglich das jüdische Volk, das Jesu dabei nachfolgte, mit den Einwanderern. 665 Die Predigt wurde positiv aufgenommen, sogar eine Depesche der „Associated Press“ traf an Bord des Schiffes ein mit der Bitte, über den Sonntagsgottesdienst und die Predigt zu berichten. Der Artikel über Krebs priesterliches Wirken und die Predigt erschien am 15. März 1926 in der New York Times mit dem Titel „Sabbath observed on sea as on land. Massages from liners tell of the religious services in Floating Churches”666. Krebs deutete diese Depesche als „Vorbote des amerikanischen Geistes “667, dem er Achtung vor der Religion im öffentlichen Raum zuschrieb.

Abb. 9: In der Pose des Entdeckers - Engelbert Krebs an Bord der „Berlin“

665 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 14.03.1926; beiliegend das Predigtmanuskript „Gottes Pläne und menschliches Vertrauen“ 666 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926; beiliegend der Zeitungsartikel der New-York Times „Sabbath observed on sea as on land“ vom 15.03.1926. 667 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 16. 158

Abb. 10: Engelbert Krebs an Bord der „Berlin“ kurz vor New-York

Kurz nach seiner Ankunft in New York am 15. März 1926 fuhr Krebs zum Leo - Haus in der 23rd Street, wo er von Prälat Friedrich Schlatter, dem Vertreter des Bonifatiusvereines in New York, herzlich empfangen wurde. Den Wert seiner Beziehung hatte er schon am ersten Tag seines Aufenthaltes in Amerika schätzen gelernt, denn Schlatter hatte seine Ankunft und seine Vortragsreisen in der „New Yorker Staatszeitung“ ankündigen lassen, die zum „größte[n] Sprachrohr der Deutsch-Amerikaner in Nordamerika“668 aufgestiegen war.669 Dem Artikel zu Folge genoss Krebs internationalen Ruf als einer der bedeutendsten Gelehrten seines Fachs. Besonders hervorgehoben wurde seine erfolgreiche Tätigkeit als Verfasser religiöser Kriegs- und Erbauungsliteratur.670 Schlatter hatte auch ein Interview mit einem Sekretär der Konvertitenliga organisiert: Herr Wetmore, der für sein Engagement in der Konvertitenliga von den Kardinälen in Rom und vom Papst geehrt wurde, lud Krebs zu einem Vortrag ein über die Konversionsbewegung in Europa. Stattfinden sollte er im

668 Alexander Emmerich: Die Geschichte der Deutschen in Amerika, Darmstadt, 3. akt. u. erw. Auflage, 2007, S. 124. 669 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926. 670 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926; beiliegend der Zeitungsartikel der New-Yorker Staatszeitung „katholischer Dogmatiker auf Vortragsreise hier“ vom 16.03.1926. 159

großen Ballsaal des Hotel Plaza in New York.671 Zudem hatte Schlatter ein Interview mit einem katholischen Schriftsteller und Journalisten namens Keeler672 organisiert, der für „Publicity“ in den amerikanischen katholischen Blättern sorgen sollte.673 Um mit dem New Yorker Judentum Fühlung zu bekommen, hatte der Prälat schon für den nächsten Tag ein Interview mit der „Jewish Tribune“ eingerichtet, in der Krebs über seine Stellung zum Antisemitismus, über Juden und Universitäten in Deutschland und über seinen Vortrag in Heidelberg über „Urkirche und Judentum“ befragt wurde.674 In dem Interview versuchte Krebs deutlich zu machen, dass die antisemitischen Tendenzen an den Universitäten nicht aus reinem „Rassenhass“, sondern aus dem „Wettstreit in den Leistungen“ resultierten und dass insbesondere der „Katholik […] das Blut nicht hassen [kann], aus dem Jesus Christus und seine heilige Mutter stammen“675. Acht Tage nach dieser Zusammenkunft erschien der Artikel über Krebs, in dem seine Amerikareise als wertvoller Beitrag zur Annäherung der beiden Religionen gewertet wurde.676 Der Artikel, aber auch die Empfehlungen seines Freiburger Kollegen Ludwig Aschoff, öffneten Krebs tatsächlich Türen bei einflussreichen amerikanischen Juden.677 Darunter war auch der mit Ludwig Aschoff befreundete Arzt Dr. Goldberg678 und der deutsche Ethnologe, Geograph und Sprachwissenschaftler Franz Boas (1858-1942), der als erfolgreicher Anthropologe an der Columbia University arbeitete. Krebs bezeichnete Boas als einen „Bekämpfer der einseitig somatischen Rassentheorie und Kultur-Entwicklungslehre“ und zeigte sich nach seinem Besuch sehr erfreut, „bei ihm eine anthropologisch begründete Darstellung der selben Einwände zu finden, die ich seit einigen Jahren gegen Eugen Fischers Einseitigkeiten mit mir herumtrage.“679 Er bezeichnete Boas in Briefen an seine Familie außerdem als „Deutschenfreund und Wohltäter der Deutschen“680. Während seines Aufenthaltes in New York bemerkte Krebs, dass die hohe Spendenbereitschaft der Katholiken auch auf andere christliche Religionsgemeinschaften wie die Quäker zutraf, ganz besonders aber auf das Judentum:

671 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 19.03.1926. 672 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 19.03.1926; beiliegend Manuskript zum Zeitungsartikel „An distinguished visitor“. 673 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 17.03.1926. 674 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926; Interview erschien am 03.04.1926. 675 PQM: Engelbert Krebs an seine Familie vom 20.03.1926. 676 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926; Interview erschien am 03.04.1926. 677 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.03.1926; Außerdem: PQM: Krebs an seine Familie vom 20.03.1926. 678 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 2.04.1926. 679 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 05.04.1926. 680 PQM: Krebs an seine Familie vom 20.03.1926. 160

„Die New-Yorker Juden allerdings können es noch besser. Dafür brachten sie 5,5 Millionen Dollar auf, eine Million Dollar an einem einzigen Abend, an dem sie in der Riesenhalle des Madison- Square-Gardens ein Musikfest veranstalteten, bei dem die Plätze von 75 Dollar aufwärts bis 1000 Dollar für den Sitz verkauft wurden. Gewiss, die Amerikaner sind reich, und die New-Yorker Juden sind zum Teil abnorm reich.“681

Prälat Friedrich Schlatter hatte zudem auch schon einen ersten Aufsatz über die Stockholmer Weltkonferenz in der „America“ veröffentlichen lassen, deren Ertrag die Reisekasse von Krebs ergänzte.682 Während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten sollte Krebs zudem einen Aufsatz mit dem Titel „German Catholicism“ für die amerikanische Zeitschrift „Columbia“ verfassen. Eine gewisse Enttäuschung bereitete es Krebs, dass sein konzipierter Vortrag „Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten“ nur ein einziges Mal und zwar von Studierenden an der katholischen Universität in Washington angefragt wurde683 und die englische Übersetzung seines Aufsatzes („The theological studies at German State Universities“) von der Zeitschrift „Ecclesiastical Revier“ abgelehnt wurde mit der Bemerkung „der Aufsatz sei sehr interessant, aber er könnte von den Lesern als deutsche Propaganda aufgefasst werden und das müsse vermieden werden“684.

Prälat Friedrich Schlatter wohnte in einem Kapuzinerkloster in Downtown New York, einem Juden- und Italienerviertel nahe der Williamsborough-Brücke. Der Superior des Hauses, Pater Venantius, stellte Engelbert Krebs für die ganzen vier Monate seines Aufenthaltes eine kostenlose Unterkunft zur Verfügung. Krebs nahm das Angebot gerne an.685 Die besondere Nähe zum Judentum genoss Krebs wohl in besonderer Weise, denn gerne hielt sich Krebs im Jiddischen Theater auf und besuchte den Jüdischen Markt.686 Besonders interessierten Krebs die Vorbereitungen zur Feier des Pesach:

„Mit Sonnenuntergang des Vorabends nahm die Straße ein feierliches Ansehen an. Der Lärm verstummte – in den Häusern wurden die brennenden Wachskerzen sichtbar, die jeden Freitag Abend in den Judenhäusern angezündet wurden. `Vater, warum ist diese Nacht anders als die anderen

681 Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerfahrt, Paderborn 1928, S. 50. 682 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926. 683 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 28.05.1926. 684 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 06.05.1926. 685 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.03.1926; vgl. UAF: C126/30: Artikel in der New-Yorker Staatszeitung vom 16. März 1926. 686 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 15.04.1926; Tagebucheintrag vom 29.04.1926. 161

Nächte?´ fragt in der Judenfamilie der jüngste Sohn. Und die ganze Tischgesellschaft antwortet: Weil wir Sklaven waren unter Pharao in Ägypten, und der Ewige, unser Gott, führte uns heraus mit seiner allmächtigen Hand.´ Auf den weiß gedeckten Tischen steht das Bitterkraut und der Meerrettich, das ungesäuerte Brot und das Osterlamm bereit, daneben der Becher Wein und das Wasser für die Handwaschung, wie das Gesetz es vorschreibt – und wie unser Herr mit seinen Jüngern es beim letzten Abendmahl gehalten hat. Die Lobpreisungen und Gebete werden gesprochen, die für unsere Meßgebete vorbildlich geworden sind.“687

Zu dem Prälaten Friedrich Schlatter entwickelte Krebs während seines Aufenthaltes in Amerika eine freundschaftliche Beziehung. Eine wertvolle Hilfe stellte auch dessen Hauptmitarbeiter Stenzel dar, der als Deutschamerikaner Krebs bei der Korrektur und Aussprache der Vorträge und Aufsätze zur Hand ging und dem Krebs die Beziehungen zum New Yorker Konvertitenverband und die Bekanntschaft mit dem Benediktiner Graf Galen, der in Amerika für die Unionsbestrebungen mit den orientalischen Kirchen verantwortlich war, verdankte. Der ehemalige deutsche Kaufmann Stenzel kümmerte sich außerdem um Krebs Korrespondenzen und um jede Art von „Publicity“.688 Krebs bewunderte Schlatters Arbeit in der Park Row 15: Es werde nicht nur „sehr viel Liebe hier von Tausenden und Abertausenden, die Monsignore Schlatter zu Freunden der deutschen zu machen wusste, empfangen und weitergeleitet“, vielmehr werde auch „sehr viel persönliche liebevolle Hilfe geleistet“. Diese habe er an sich selbst erfahren, aber auch „an andern immer wieder und wieder gesehen“. Ob „eine arme deutsche Einwanderin“ ärztliche Hilfe benötigte, oder „ein junger Einwanderer eine Anfangsstelle“ suchte oder „ein armer Künstler“ Hilfe brauchte, „immer war Prälat Schlatters erfindungsreiche Liebe der Retter in der Not“.689

Um Krebs Reisekasse aufzubessern, hatte Prälat Schlatter Predigten in deutscher und englischer Sprache organisiert. Schlatter war nicht nur um Krebs finanzielle Situation während der Reise bemüht, sondern unternahm von Krebs in seinem Tagebuch bezeichnete „drives“, um dem Bischof Sauer von Wonsan in Korea Geld für seine Mission zu geben.690 Zudem sandte Prälat Schlatter einen Bettelbrief, der innerhalb einer Woche 1000 Dollar einbrachte. Bis zum Abschluss der Sammlung gingen 2500 Dollar ein, sodass der Abtbischof Bonifaz Sauer eine ganz neue Missionsstation gründen konnte.691

687 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 26. 688 Vgl. UAF:C126/30: Tagebucheintrag vom 16.03.1926. 689 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 50. 690 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.05.1926; 25.05.1926. 691 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 51. 162

Abb. 11: Blick von Krebs Unterkunft in der Park Row 15 in New York auf den Woolworthturm

Abb 12.: Interview mit Engelbert Krebs in der „Jewish Tribune“

163

6.1.3 Erste Rundreise nach Hartford, Philadelphia und Washington und weitere Rundreisen zu katholischen Ordensgemeinschaften Von New York aus brach Krebs zusammen mit dem Prälaten Friedrich Schlatter zu zwei großen Vortragsreisen auf. Am Mittwoch, den 17. März 1926, fuhren sie gemeinsam nach Connecticut in die Bischofs- und Staatshauptstadt Hartfort, um den katholischen Priester Kaicher der dortigen Herz-Jesu-Kirche zu besuchen, dessen Aufgabe es war, die neu zuziehenden, deutschsprachige Katholiken in seiner Gemeinde zu sammeln.692 So bildete die katholische Kirche mit ihrer Halle „für besondere heimatliche Veranstaltungen religiöser Art […] den gegebenen Treffpunkt der deutschredenden Katholiken“ und so konnte Krebs nach seiner gehaltenen Predigt in deutscher Sprache zum ersten Mal seinen in Deutschland vorbereiteten Lichtbildervortrag präsentieren. Zweieinhalb Monate später hatte er bei einer Tagung des Staatsverbandes Connecticut des Zentralvereins der deutschen Katholiken Amerikas teilgenommen und den irischen Weihbischof von Hartfort, der in Eichstätt katholische Theologie studiert hatte, eine deutsche Predigt halten hören.693 Dies zeigte Krebs, dass „die deutschen Katholiken in Amerika, je treuer sie mit der Kirche verbunden sind, um so treuer auch deutsche Sprache und Sitte festhalten, ohne deshalb irgendwie weniger treue Amerikaner zu sein“ 694 . Ihm war hierbei aber auch wichtig festzustellen, dass, „wer einmal Amerikaner geworden ist, kritisiert zwar frank und frei sein neues Vaterland, aber er liebt es als eine Heimat, auf die er stolz ist.“695 Des Weiteren notierte Krebs:

„Die neue Heimat hat ihm in den meisten Fällen eben das gegeben, was ihm die alte irgendwie verweigert hat, und weshalb er sie verlassen musste. Das ist nicht immer nur das tägliche Brot oder die größere Verdienstmöglichkeit gewesen. Es gehört zu den dunkeln Kapiteln der alten Heimat, dass sie in manchen Fällen auch geistige Werte verweigerte, die drüben in der neuen Welt nicht verweigert wurden. Warum sind so viele deutsche Ordensleute nach Amerika gesandt worden? Weil

692 Mit der stetig zunehmenden Zahl von Immigranten ergaben sich Größenordnungen nationalen oder ethischen Gemeinschaften, die sich als solche zu Pfarrgemeinden zusammenschlossen. Dieses Konzept der „nationalen Gemeinde“ bot sich besonders dort an, wo sich nationale oder ethische Ghettos bildeten, aber auch wo Immigranten verschiedener Herkunftsländer in einem Stadtteil zusammenlebten, verlangten häufig nach eigenen Gemeinden. Verbindend war für sie der Wunsch, in der eigenen Muttersprache den eigenen Glauben leben zu können. Insbesondere die Deutschen glaubten, dass nur ihre Sprachen den katholischen Glauben in der deutschen Tradition bewahren konnten. [Vgl. Kai Reinhold. Die katholischen Pfarrgemeinden in den USA in Geschichte und Gegenwart. Eine transatlantische Perspektive, Münster 2011, S. 71-72.] 693 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 30-31. 694 Ebd., S. 31-32. 695 Ebd., S. 32. 164

die Heimat ihnen Leben und Arbeiten verbot. […] Darum sollen wir Deutsche in der Heimat auch nicht von unseren Blutsbrüdern in Amerika erwarten, dass sie die europäische Heimat über die neue stellen, sondern sollen verstehen, dass der Amerikaner deutschen Blutes, zumal wenn er schon drüben geboren ist, in erster Linie Amerikaner ist und danach Deutscher. Und gerade die Kreise, die in Deutschland am lautesten vom deutschen Gedanken in der Welt reden, sollten am gründlichsten ihr Gewissen erforschen darüber, warum so viele Deutsche mit einer gesprungenen Saite im Herzen von der Heimat Abschied nehmen mussten.“696

Besonders bewundernswert bezeichnete Krebs die nationale Einheit Amerikas, die er sich wie folgt erklärte:

„Das ist die Tatsache, dass die meisten Amerikaner seinerzeit ihre europäische Heimat verlassen haben, weil diese ihnen irgendetwas verweigerte, was ihnen die neue Heimat bot. Diese Gemeinsamkeit des Schicksals gibt den verschiedenen Menschen eine Gemeinsamkeit des Denkens und Fühlens, und es entsteht das Bewusstsein einer einheitlichen Nation. Die andere Tatsache ist der erwähnte Reichtum des großen Landes an Schönheiten der Natur, an Bodenschätzen, zu der Nation zu gehören, die all diesen Reichtum ihr eigen nennt, schließt die Amerikaner von klein auf zu einer einheitlich fühlenden Nation zusammen. Ich fand viel Selbstkritik in Amerika und hörte viele Äußerungen über die üblichen Rückseiten des glänzenden Äußeren. Aber ich fand nur selten das Verlangen, die amerikanische Heimat mit der alten zu vertauschen.“697

Am Samstag, den 20. März fuhr Krebs allein nach Philadelphia, um die Pennsylvania University zu besuchen, an der sich im Jahr 1893 der erste „Newman-Club“ in den Vereinigten Staaten gegründet hatte. 698 Diese katholischen Einrichtungen waren auf Anregung des katholischen Theologen und Kardinals John Henry Newman (1801-1890) an staatlichen Universitäten entstanden und hatten die Aufgabe, Studierende in ihrem katholischen Glauben zu stärken. Zu den Institutionen gehörten in der Regel Wohnhäuser für die Studenten sowie Versammlungsräume, Bibliotheken und Kapellen. Krebs, der selbst Studentenseelsorger und in Freiburg insgesamt zwölf Jahre Präfekt der Universitätskirche war, wohnte während seines Aufenthaltes in Philadelphia in der zum Newman-Club der Pennsylvania University gehörenden Wohnung des Studentenseelsorgers Pater Keogh.699

Am Sonntag, den 21. März besuchte Krebs mit Pater Keogh das große Seminar der Augustiner in dem Vorort Villanova.700An der dortigen Catholic-School der St. Peters and

696 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 32-33. 697 Ebd., S. 169. 698 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20. 03.1926. 699 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 34. 700 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.3.1926. 165

Pauls Cathedral hielt Krebs nach einem gemeinsamen Frühstück und den Exerzitien vor Mitgliedern der „Guild of Saint Luke“, eines katholischen Ärzte- und Medizinstudentenvereins, seinen Vortrag über den „Turningpoint of European Thought“. Den Nachmittag nutzte er dazu, die Independance-Hall in Philadelphia zu besuchen, wo die Nachbildung der in Washington aufbewahrten Originalurkunde der „Declaration of Independance“ vom 4. Juli 1776, die sich auf das Gesetz der Natur und Gottes bezog und Krebs deswegen umso mehr in ihren Bann zog. Trotz der Trennung von Staat und Religion spiegele sich in ihr die Erkenntnis der Gründerväter der USA, dass „Demokratie nicht ohne Religion sein könne und dass religiöse Freiheit mit Verantwortungsbewusstsein verbunden sein müsse. Die Religion gebe dem Menschen Sinn für seine eigene Würde und für die Achtung vor dem Menschen.“ 701 Auch erkannte Krebs in den Zeilen den „Geist der Aufklärung, […] aber einer gottgläubigen Aufklärung, ein humanitärer und sittlich ernster und in seiner Art frommer Geist, der nichts unternimmt, ohne es vor dem Antlitz Gottes und aller Rechtdenkenden zu prüfen und zu rechtfertigen“702 auf den er die allgemeine Wertschätzung der Religion im öffentlichen Leben Amerikas zurückführte. Denselben „fromme[n] Geist“ sah Krebs auch im „Danksagungstag“ („Thangsgiving“), den US- Präsident George Washington am 3. Oktober 1789 propagiert hatte mit dem Zweck, „die Vorsehung des Allmächtigen anzuerkennen, seinem Willen gehorsam und dankbar zu sein und seine Gunst zu erflehen“703. Schon allein der schöne Brauch des „Danksagungstags“ im November, wo „der Präsident des großen Reiches in einer Botschaft an das Volk der großen Wohltaten“ gedenke, die „Gott dem Lande im abgelaufenen Jahre erwiesen“ habe und alle Bürger auffordere, „einen Ruhetag einzulegen, an dem jeder Gott seinen Dank“ darbringe, sei seiner Auffassung nach „ein Zeugnis dieser öffentlichen Hochachtung vor der Religion“. Hinzu komme „das erfreuliche Fehlen aller organisierten Feindschaft gegen Religion.“704

Seiner deutschen Heimat hingegen attestierte Krebs das Fehlen von Gottesfurcht, insbesondere während den Revolutionsmonaten: Deutschlands Volksvertretung hätte „noch mehr Grund gehabt als die Kongressmänner von Philadelphia, in ihren ersten Kundgebungen nach Wiederherstellung der Ordnung“ an Gott die Worte des Dankes zu richten. Schuld an diesem Fehlverhalten sei „das neue Heidentum“ gewesen. Dem

701 Adolf Wilhelm Ziegler: Das Verhältnis von Kirche und Staat in Amerika (Bd.3: Religion, Kirche und Staat in Geschichte und Gegenwart), München 1974, S. 31. 702 Engelbert Krebs: Reise um die Erde, S. 39-40. 703 Adolf Wilhelm Ziegler: Das Verhältnis von Kirche und Staat in Amerika, S. 32. 704 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 181. 166

entsprechend durfte „der Name Gottes […] in der Verfassung von 1919 nicht genannt werden“, was Krebs als ein für alle Zeiten bestehendes „beschämendes Denkmal unserer geistigen Zerrissenheit“ bezeichnete. Umso dankbarer müsse die deutsche Nation „den Abgeordneten unseres katholischen Volkes, einem Gröber, einem Trimborn, einem Fehrenbach“ sein, da sie „wenigstens in ihren Reden während jener dunklen Tage dem Verantwortungsbewusstsein und dem Vertrauen auf Gott offen Ausdruck gegeben“ und „in amtlichen Stenogramm der Parlamentsverhandlungen ähnliche Zeugnisse der Gottesfurcht für die Geschichte hinterlassen“ hätten.“705

Am Montag, den 22. März, wurde Krebs von Pater Keogh durch die Pennsylvania- University geführt, die unter anderem die größte zahnärztliche Schule der Welt besaß und auf dem Universitätssportplatz ein Stadion mit 140 000 Zuschauerplätzen errichtet hatte. Krebs schrieb dazu in seinem Tagebuch: „Diese großen Stadien sind charakteristisch für die amerikanischen Universitäten, wie das Prunken mit irgendeiner größten Sache in der Welt charakteristisch für Amerika überhaupt ist.“706 Gemeinsam mit Pater Keogh wurde Krebs von einem deutschen Theologieprofessor namens Brühl durch das Diözesanseminar in Philadelphia-Overbrook geführt, das Krebs auf Grund der großzügigen Ausstattung, zu der neben einer gut ausgestatten Bibliothek und einer großen Seminarkirche auch ein eigenes Hallenschwimmbad, eine moderne Turnhalle und eine riesige Parkanlage gehörte, als eines der schönsten Seminare bezeichnete, das er je gesehen hatte.707

Am darauffolgenden Dienstag, den 23. März 1926, sollte Krebs über dasselbe Thema im „Lunsheon-Club“ der „Knights of Columbus“ sprechen, die 1882 in den Vereinigten Staaten gegründet, die weltweit größte römisch-katholische Laienvereinigung von Männern darstellte und die sich neben ihrer großzügigen karitativen Tätigkeit durch einen ausgeprägten amerikanischen Patriotismus auszeichnete. Krebs bezeichnete die Kolumbusritter in seinem Tagebuch als eine „der grössten und wichtigsten kath. Organisationen des Mittelstandes, des Gegenstücks zu den Freimaurer-Logen und dem antikatholischen und antisemitischen Klu-Klux-Clan“708. Der Vortrag war so erfolgreich verlaufen, dass Krebs eigenen Angaben zu Folge von Pressevertretern nur so umzingelt wurde.709 Mit den Kolumbusrittern konnte Krebs auch über die Stellung Frankreichs in den Vereinigten Staaten sprechen. In Philadelphia hatte Krebs die Portraitgalerie im

705 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 43-44. 706 Ebd., S. 34. 707 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22.03.1926. 708 PQM: Krebs an seine Familie vom 21.03.1926. 709 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 23.03.1926. 167

Sitzungssaal des Obersten Gerichtshofes besucht. Unter diesen befanden sich nicht nur besonders viele Portraits George Washingtons (1732-1799) und Benjamin Franklins (1706- 1790), sondern auch Portraits zahlreicher Franzosen, die auf Seite der amerikanischen Kolonisten für deren Unabhängigkeit gekämpft hatten. Unter diesen befand sich besonders oft das Bildnis des französischen Aufklärers Marie-Joseph-Paul-Yves-Roch-Gilbert du Motier, Marquise de La Fayette 710 (1757-1834), der für die amerikanische Unabhängigkeitserklärung und der mit ihr in Verbindung stehenden Ideale der Gleichheit, Freiheit und Gerechtigkeit eingetreten war. Krebs hatte sich in diesem Moment an das Gespräch mit dem Dekan der Medizinischen Fakultät von San Francisco im katholischen Salon des Freiburger Nationalökonomen Götz Briefs erinnert, der behauptet hatte, die jungen Amerikaner würden nur deshalb in dankbarer Bewunderung für Frankreich aufwachsen, weil die Franzosen einst mit den Amerikanern für ihre Unabhängigkeit gekämpft hätten. 711 Als Krebs die amerikanischen Kolumbusritter mit dieser Aussage konfrontierte, bekam Krebs zu hören, dass die Stimmung in der Zwischenkriegszeit aufgehört habe, anti-deutsch zu sein. Vielmehr habe sich die öffentliche Stimmung gegen Frankreich gewandt, da dieses eine Kriegsaufrüstung forderte und Geld verschwendete, das es den Amerikanern schuldete.712 Seiner Familie in Deutschland schrieb Krebs über die Begegnung mit den Kolumbusrittern an diesem Tag, dass der Hauptsprecher an diesem Abend sich ausführlich über Frankreich und Mexiko als „abschreckende Beispiele undemokratischer, unchristlicher Regierungen“713 ausließ.

Am Mittwoch, den 24. März 1926, besuchte Krebs gemeinsam mit Pater Keogh im Vorort Villanova das Seminar der Augustiner, von wo aus sich Krebs mit einem Abschiedsgeschenk von 100 Dollar als Reisekostenbeitrag von Pater Keogh in den Taschen verabschiedete, um weiter nach Washington zu fahren, wo ihn der ursprünglich aus Speyer stammende Heinrich Schumacher 714 (1883-1949), der an der Freiburger Universität promoviert hatte und nun an der „Catholic University“ in Washington im Fachbereich neutestamentlicher Exegese, Patrologie und Kirchengeschichte arbeitete, weiter betreuen sollte.715 Schumacher berichtete Krebs von der Situation der katholischen theologischen Wissenschaft in den Vereinigten Staaten und äußerte sich dabei sehr negativ: Diese werde

710 Vgl. Zu La Fayette: Peter Buckman: Lafayette. A biography, New York u. a. 1977; Louis Gottschalk: Lafayette comes to America, Chicago 1935. 711 Vgl. PQM: Krebs an seine Familie vom 21.03.1926. 712 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 21.03.1926. 713 PQM: Krebs an seine Familie vom 21.03.1926. 714 Vgl. Nachruf, in: Der christliche Pilger 40 (1949) und in dem Pilgerkalender von 1951. 715 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.03.1926. 168

von amerikanischen Katholiken nur oberflächlich betrieben, Wissenschaft sei nicht viel mehr als Mittel zum Zweck: „Politik zu treiben, um etwas zu werden, am liebsten Bischof, mit 30 000 Dollar Einkommen und 50 000 Dollar Geschenken pro Jahr ad minimum.“716 Anders als die Kolumbusritter fand Schumacher immer noch einen „Deutschenhass“ in der amerikanischen Gesellschaft vor. Zu Krebs sagte er: „Aber die Masse ist englisch und amerikanisch gesinnt, im Ganzen franzosenfreundlich und antideutsch.“ Pater Keoghs Freundlichkeit Krebs gegenüber wertete Schumacher als bloße Ausnahme: Es gibt irische Amerikaner, die uns wohlwollen [sic!]. Und was Keogh dir getan hat, ist geradezu ausserordentlich freundschaftlich. Glaube nicht, dass Dir das wieder passieren wird.“717 Am zweiten Tag seines Aufenthalts in Washington wurde Krebs durch die „Catholic University“ geführt, über die er in sein Tagebuch notierte: 718

„Die Ausdehnung der Anlage und der ihr affiliierten Anstalten überrascht den Europäer, der solche Maßstäbe nicht gewohnt ist. Eine ganze Gartenstadt tut sich dem Auge des Besuchers auf, eine Kolonie von Klöstern, Hochschulen, Kirchen, Studentenwohnhäusern und Parkanlagen durcheilt das Auto, das uns zum Campus bringt. Inmitten des Campus aber ragen aus dem Boden die Grundmauern einer Wallfahrtskirche, welche die größte Wallfahrtskirche von Amerika werden soll. In der bis jetzt allein vollendeten Unterkirche zählte ich achtzehn Kapellen und Altäre. Das lässt ahnen, welche Maße der Hauptbau annehmen wird.“719

Gemeinsam mit seinem Kollegen Schumacher besuchte Krebs auch den Soldatenfriedhof mit dem Grab des unbekannten Soldaten, Germantown, den „Rock-Creek-Park“ und den Zoologischen Garten.720 Am letzten Tag seines Aufenthaltes in Washington erfolgte ein Besuch bei der deutschen Botschaft, wo er dem Botschaftsrat Hans-Heinrich Dielkhoff begegnete, dessen Familie Krebs gut kannte. Am selben Tag reiste er von Washington über Philadelphia nach New York ab, wo er wieder im Leo-Haus wohnte. 721

Von New York aus unternahm Krebs bis zu seinem Aufbruch nach Westen am 3. Juni 1926 verschiedene Ausflüge, unter anderem zu mehreren katholischen Ordensgemeinschaften: So besuchte er die aus St. Trudpert im Münstertal bei Staufen stammenden

716 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.03.1926. 717 PQM: Krebs an seine Familie vom 30. 03.1926. 718 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom Donnerstag, den 25. 3.1926. 719 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 71. 720 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 25.03.1926. 721 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 26.03.1926. 169

Ordensschwestern, die in die Vereinigten Staaten übergesiedelt waren, um in Cleveland in Ohio das Seminar des deutschstämmigen Bischof Joseph Shrembs zu betreuen. 722 Im Hudsontal besuchte Krebs gemeinsam mit dem Vorsteher des Leo-Hauses, Pater Venantius, das Frauenkloster „Ladycliff“ und weiter landeinwärts das Missionskloster „Maryknoll“ der Kapuziner, wo Patres und Schwestern insbesondere für die „Heidenmission“ in Fernasien ausgebildet wurden.723 Mit dem Prälaten Friedrich Schlatter besuchte Krebs das in Graymoor gelegene Kloster der Franziskaner unter der Leitung des Pater Franz Paul.724 Weitere Reisen führten Krebs zur Fordham University der Jesuiten725, zum Holy Trinity College in Brighton und zum Boston-College der Jesuiten726, der Harvard University727 und dem Frauen-College „Bryn-Mawr“728, das Krebs als eine „der schönsten Verwirklichungen der Zukunftsträume“ bezeichnete, von der wohl „jede bildungsdürstende Frau“729 geträumt habe. Dort begegnete ihm auch eine ehemalige Studentin aus Freiburg namens Anna Selig, die in „Bryn Mawr“ gerade ein Austauschjahr absolvierte.730

Seiner Familie schrieb Krebs über den Besuch des Frauen-Colleges:

„Der Abend in Bryn-Mawr brachte mir so recht zum Bewusstsein, wie reich an Mitteln Amerika ist und wie schwer wir Deutsche es haben, neben diesem reichen Land einmal wieder den Kopf aus der Not der täglichen Existenzsorgen herauszustrecken- Aber wir müssten eben anders werden. Europa mit Rumänien und Russland könnte annähernd so reich sein wie Amerika, wenn wir United-States Vereinigte Staaten von Europa bildeten. Dann hätten wir Getreide und Oel in Russland und Rumänien, hätten Südfrüchte und Wein in Spanien und Italien, in Frankreich und Griechenland, hätten Kohle und Eisen in Deutschland und England, hätten alle Reichtümer und darüber die überlegene Geistesbildung und Tradition. Stattdessen zerfleischen wir uns gegenseitig und mitten im beginnenden Aufstieg der Heimat muss eine Flaggenverordnung gemacht werden, die wieder die Regierung umwirft! Wir sind wie verblödet in Europa! Und hier werden die Staaten immer reicher und mächtiger und – die Menschen darin setzen ihren Ehrgeiz darin, Bildungsstätten vornehmster Art aus ihren Reichtümern zu schaffen.“731

722 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 04.05.1926. 723 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag am 05.05.1926. 724 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag am 05.05.1926. 725 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.04.1926. 726 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27-28. 05.1926. 727 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 28.05.1926. 728 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 04.05.1926. 729 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 69. 730 Ebd., S. 69. 731 PQM: Krebs an seine Familie vom 13.05.1926. 170

Außerdem war Krebs zu weiteren Vorträgen eingeladen worden: Im Grant-Ball-Room des Hotel Plaza in New York nahe des Central-Parks hielt Krebs vor den Mitgliedern der Konvertiten-Liga einen Vortrag über die Konversionsbestrebungen in Europa. 732 In Washington hielt Krebs in einem Annex der Catholic University in Washington, der zum Kollegium der Holy-Cross-Missionare gehörte, einen Vortrag mit einer interessanten Diskussion über das Geistesleben in Deutschland und in Amerika.733

Während dieser Wochen verbrachte Krebs ungefähr jedes zweite Wochenende in Ridgewood in New-Jersey im Landhaus der schweizerischen Industriellenfamilie Fröhlicher, die Krebs auf Grund ihrer großzügigen Spenden während der Inflationszeit kennen gelernt hatte. Zu diesen Spenden hatte Krebs während seiner Vortrags- und Predigtreisen im Frühjahr 1923 in katholischen Gemeinden der Nordschweiz aufgerufen.734

Zum Ende seiner Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten hin zeigte sich Krebs gegenüber seiner Familie enttäuscht darüber, nicht mehr Vortragseinladungen an amerikanischen Universitäten und Seminarien erhalten zu haben:

„Um dieses vorweg zu nehmen, so will ich kurz berichten: Irgendwelche Aufforderung, an einer Universität oder einem Seminar zu sprechen, habe ich nicht bekommen. 2 Vorträge vor Akademikern und Kolumbusrittern in Philadelphia, eine kleine Stegreif Rede [sic!] vor den Columbusrittern in Ridgewood, der Vortrag vor der Converts League im Hotel Plaza, ein deutscher Vortrag vor dem New Yorker Kreis des katholischen Zentralvereins, - zwei kurze deutsche Predigten, das war meine bisherige Rede-Arbeit. Nun kommt noch die lateinische Rede in Chicago auf dem internationalen Eucharistischen Kongress, wozu mich Kardinal Mundelein auf Schlatters Aufforderung hier eingeladen hat. Ueberhaupt danke ich alle bisherigen Erfolge Schlatter und seinem Freundeskreis und seinem Einfluss. Die Chicagoer Sache ist sehr ehrenvoll, weil es nur wenige Redner sind, die zu lateinischen Reden aufgefordert werden […] Haben mich so einige meiner Unternehmungen enttäuscht, so habe ich mir dadurch das Leben nicht verleiden lassen, und auch nicht das Arbeiten.“735

732 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 25.03.1926. 733 Vgl. UAF: C125/30: Tagebucheintrag, 22.05.1926. 734 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 103-104. 735 PQM: Krebs an seine Familie vom 13.05.1926. 171

Abb. 13: Frauen-Universität in Bryn-Mawr

Abb. 14: Jesuitenkolleg in Boston 172

Abb. 15: Blick auf das Hudsontal mit der Militärschule Westpoint im Hintergrund

Abb. 16: Franziskanerkloster Graymoor 173

Abb. 17: Engelbert Krebs (links) mit Pater Francis Paul III. OFM in Graymoor

6.1.4 Reise quer durch die Vereinigten Staaten – von New York nach San Francisco

Von New York aus brach Krebs schließlich am 3. Juni zu einer Reise quer durch die Vereinigten Staaten nach San Francisco auf, deren Höhepunkt der eucharistische Weltkongress in Chicago und die daran anschließende Zentraltagung des Deutschen römisch-katholischen Vereins in Springfield in Ohio sein sollte:

In Rochester in New York traf Krebs den aus Furtwangen im Schwarzwald stammenden Pfarrer Nicholas Gfell, den er auf Anregung Friedrich Schlatters für die Verleihung der Ehrendoktorenwürde der Freiburger Universität vorgeschlagen hatte. Schlatter hatte Krebs u.a. berichtet, dass Nichlas Gfell von der Kanzel aus gepredigt habe: „Der Krieg mit Deutschland ist ausgebrochen. Lasst mich nur ein Wort an euch richten: Am Vorabend des Karfreitags vor 1900 Jahren hat Judas den Herrn verraten. Am Karfreitag dieses Jahres hat Wilson Deutschland verraten.“736 Die Verleihung der Ehrendoktorwürde an ausländische

736 PQM: Krebs an seine Familie vom 03.07.1926. 174

Wissenschaftler hatte sich in der Zwischenkriegszeit zu einem geeigneten Mittel entwickelt, um die „Förderung der kulturellen und kulturpolitischen Beziehungen“ 737 zwischen Deutschland und dem Ausland zu fördern und so wurde in der Fakultätssitzung dem Vorschlag von Engelbert Krebs stattgegeben738.

In Rochester eingetroffen wurde Krebs von Pfarrer Gfell, der ihn als „einer der grössten Wohltäter der Erzdiözese Freiburg“739 bezeichnete, zum Bischof von Rochester geführt, der mit Krebs das Seminar der Diözese besichtigte.740 Von Rochester aus fuhr Krebs nach Buffalo, wo Krebs Gast bei den deutschen Jesuiten war und wo er in Begleitung des Jesuitenpaters Cohausz eine Wanderung zu den Niagara-Fällen unternahm.741 Am 4. Juni ging es für Krebs weiter nach Süden in die Stadt Cincinatti, die im 19. Jahrhundert ein Zielort der deutschen Einwanderung gewesen war. 742 Dort traf er mit einem weiteren Ehrendoktor der Freiburger katholischen Fakultät, Erzbischof Max Nicklas, zusammen, mit dem Krebs auch ein Gespräch über amerikanische Universitätsprobleme führte. Der Erzbischof selbst hatte einen seiner Seminarprofessoren ursprünglich deutscher Herkunft an die Freiburger Universität geschickt, um dort ein Promotionsstudium aufzunehmen. Dessen Bruder Kaplan Walter Harbrecht führte Krebs durch die Stadt und die dortigen Diözesan-Seminarien. Während seines zweitägigen Aufenthalts in Cincinatti war er Gast von Walter Harbrechts Vorgesetztem, Pfarrer Schmidt.743

Am 8. Juni 1926 ging es für Krebs nordwärts nach Columbus in Ohio, deren deutsche Bevölkerung im 19. Jahrhundert beinahe ein Drittel der Stadtbevölkerung ausgemacht hatte.744 Hier traf Krebs mit dem Leiter des dortigen päpstlichen Priesterseminars, Dr. Och, zusammen, der als geborener amerikanischer Priester in Freiburg den Doktortitel im Fach Nationalökonomie erworben hatte und sich gut an seine Freiburger Dozenten und seinen Aufenthalt im Freiburger Vinzentiushaus erinnern konnte. Er selbst war ein Freund von Götz Briefs, Schultze-Gaevernitz und Professor Diehl. 745 Von seinen Seminaristen verlangte Dr. Och, ihre Aufnahmegesuche in englischer und in deutscher Sprache zu

737 Vgl. UAF: B35/470: Auswärtiges Amt an die deutschen Universitäten vom 22.02.1923. 738 Vgl. UAF: B35/470: Krebs an Hilling vom 10.07.1925. 739 Vgl. PQM: Krebs an seine Familie vom 03.07.1926. 740 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 03.06.1926. 741 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 04.06.1926. 742 Vgl. Alexander Emmerich: Die Geschichte der deutschen in Amerika, S. 54. 743 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 5-7. 06.1926. 744 Vgl. Alexander Emmerich: Die Geschichte der Deutschen in Amerika, S. 54; Außerdem: UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 08.-10.06.1926. 745 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 08.06.1926. 175

verfassen und innerhalb des Seminars ausschließlich deutsch zu sprechen. 746 Von Columbus aus zog Krebs am 9. Juni 1926 wieder in Richtung New York, zu einem dreitätigen Aufenthalt in die Erzabtei und Universität der Benediktiner von St. Vincent bei Beatty in Pennsylvania, die Mitte des 19. Jahrhunderts von einem bayrischen Benediktiner aus Metten gegründet worden war und sich zur größten Benediktinerkongregation der Welt entwickelt hatte.747 In der Erzabtei wurde bei Tisch deutsch vorgelesen und nach Tisch im Chor deutsch gebetet, was zur Folge hatte, dass selbst in Peking, wo die Benediktiner von Sankt Vincent die katholische Universität gegründet hatten, der Besucher in deutscher Sprache angesprochen wurde.748 Vom 12. bis 18. Juni 1926 hielt sich Krebs in der kulturell stark deutsch dominierten Stadt Cleveland im Staat Ohio auf, wo er Gast des ursprünglich aus Baden stammenden Prälaten und Sprachgelehrten Nicholas Pfeil war, 749 den Krebs auf Anregung Friedrich Schlatters ebenfalls „wegen seiner großen Verdienste um Caritasnothilfe für Deutschland sowie um die Verbreitung wahrer Nachrichten über Deutschland in Amerika endlich um die Durchdringung des öffentlichen Lebens seiner Erzdiözese mit der Hochschätzung für die deutsche Art katholischer Pastoraltheologie“750 für die Verleihung der Ehrendoktorenwürde der Freiburger Universität vorgeschlagen hatte. In einem Dankesschreiben von Pfarrer Pfeil wurde Krebs eingeladen, während seiner Amerika-Reise bei ihm in Cleveland Station zu machen.751 Dort angekommen, überreichte Pfeil ihm in Stellvertretung für die Freiburger katholische Fakultät auch einen Check in Höhe von 500 Dollar als Dank für die Verleihung der Ehrendoktorwürde.752

Am Freitag, den 18. Juni, fuhr Krebs auf Einladung des Bischofs Dr. Schrembs753 (1866- 1945) von Cleveland, der für seine Spendenaktionen im Jahr 1923 ebenfalls die Ehrendoktorwürde der Freiburger katholischen Fakultät verliehen bekommen hatte, auf dem Schiff „C. and B.“ über die vier großen Seen zum eucharistischen Kongress. Dieser fand unter dem Leitthema „Vom Frieden Christi in seinem Reich“ vom 20.-24. Juni 1926 in Chicago statt und wurde von Krebs auch auf Grund der hohen Besucherzahl von einer Million Katholiken als „die größte religiöse Feier, die ein Mensch erleben konnte“,

746 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 08.06. 1926. 747 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 10.06.1926. 748 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 31. 749 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.-18.06.1926. 750 UAF: B35/472: Krebs an die Theologische Fakultät vom 02.07.1925. 751 Vgl. UAF: B35/472: Nikolaus Pfeil an Krebs vom 22. 08.1925. 752 Vgl. UAF: B35/473: Engelbert Krebs an die Theologische Fakultät vom 28.06.1926. 753 Vgl. W. Kessel: Joseph Schrembs, erster Bischof von Toledo und Erzbischof von Cleveland/Ohio, in: Lebensbilder aus der Geschichte des Bistums Regensburg (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg Band 24/2), Regensburg 1990, S. 913-932; hier: S. 930. 176

bezeichnet und als eine „wirksame Sichtbarmachung der übernatürlichen Königsherrschaft Jesu Christi“ gedeutet.754

Abb. 18: Bischof Joseph Schrembs von Cleveland in Ohio an Bord der „C and B“

Krebs sollte während des Weltkongresses als Redner auf der Großveranstaltung der deutschsprachigen Sektion auftreten, der der Bischof Joseph Schrembs präsidierte. Am Nachmittag des ersten Tages war Krebs Teilnehmer der großen Versammlung der Deutschen, bei der der Kardinal Michael von Faulhaber (1869-1952) von München und Freising, Bischof von Osnabrück Wilhelm Berning (1877-1955), Kardinal Friedrich Gustav Pfiffl (1864-1932) von Wien und Caritasdirektor Benedikt Kreutz (1879-1949) aus Freiburg Ansprachen hielten.755 Besonders glücklich war Krebs über die Begegnung mit Prälat Seipel, den er 1918 als Berufskollegen in Wien besucht und mit dem er später in politischen Krisenzeiten Briefe gewechselt hatte. Obwohl man sich darauf konzentrieren wollte, die Verehrung der Eucharistie unter den Gläubigen zu fördern und zu intensivieren, wurden die Treffen der deutschsprachigen Sektion doch auch als politische Plattform genutzt: Der Präsident des Raphaelvereins für deutsche Auswanderer und Bischof Berning von Osnabrück sorgte sich um die Auslandsdeutschen und betonte deren Anteil am

754 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 18.-19. 06.1926 und vom 20-24.06.1924. 755 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.06.1926. 177

amerikanischen Geistesleben.756 Der Freiburger Prälat Benedikt Kreutz betonte ebenfalls, dass die Auslandsdeutschen nicht nur das erfolgreiche Pfarrschulsystem in die Vereinigten Staaten gebracht hätten, die vielen deutschen Ordensleute hätten auch den Grundstein der deutschen „Karitas“ gelegt, die nicht nur den Europäern während des Krieges und der Inflationszeit, sondern den Amerikanern selbst zu Gute gekommen wäre: „Vergesse die Neue Welt nicht, dass die Alte Welt ihnen ein viel grösseres Kapital in den letzten Jahren geborgt hat.“ 757 Besonders eindrücklich blieb Krebs dabei der Besuch des päpstlichen Legaten Bonzano und des Gastgebers Kardinal William Mundelein in Erinnerung:

„Das war ein Jubel, als die beiden den Saal betraten! Die Tränen standen mir nahe, anderen liefen sie hell übers Gesicht herunter. Bischof Schrembs, der schon vorher mit Stolz seine deutsche Herkunft betont hatte, brachte in der Begrüßung des Legaten das Wort des Kardinals Ferrari vom Kölner Kongress in Erinnerung: `Germania docet, Deutschland lehrt!´ Bonzano griff es auf und führte, auf eigene Erfahrungen aus seiner Washingtoner Dienstzeit zurückgreifend, den Gedanken weiter: „Germani docent etiam in America: Die Deutschen sind vorbildlich auch in Amerika.“ Kardinal Mundelein aber, auf den damals die ganze Welt schaute, erzählte von seinen deutschen Eltern in Brooklyn und betonte, dass das erste deutsche Kind, das in New-York in der Marienkirche getauft worden wäre, ein kleines Mädchen namens Mundelein gewesen sei.“758

756 Vgl. Bonifatiusverein (Hg.): 28. Internationaler eucharistischer Kongress zu Chicago. Bericht der deutschsprachigen Sektion, Chicago 1927, S. 132. 757 Bonifatiusverein: 28. Internationaler eucharistischer Kongress, S. 165-166. 758 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 118-119. 178

Abb. 19: Ein Chor von 62 000 Kindern singt beim eucharistischen Kongress das Hochamt

Abb. 20: Das Sanktarium der Kathedrale während der Eröffnungsfeier

179

Abb. 21: Einzug zur Eröffnungsfeier in die Kathedrale

Abb. 22: Gruppe der am Weltkongress teilnehmenden Inuits

180

Nach dem eucharistischen Weltkongress in Chicago besuchte Krebs eine Tagung des „deutsch-römisch-katholischen Zentralvereins“ in Springfield in Illinois, auf der die deutsch-amerikanischen Katholiken sich zum Thema „Arbeit an der Versöhnung der Völker“ trafen und die dem Format der Katholikentage in Deutschland gleichkam.759 Zu Gast war Engelbert Krebs bei dem Prälaten und gelehrten Hagiographen Dr. Holweck aus St. Louis, der ursprünglich aus Deutschland kam und schon fünfzig Jahre in den Vereinigten Staaten lebte. Am 26. Juni 1926 waren weitere Bischöfe und Priester aus Deutschland und Österreich gekommen, darunter die Kardinäle Michael von Faulhaber aus München und Friedrich Gustav Pfiffl aus Wien, die auch das Grab Abraham Lincolns besuchten und dort Kränze niederlegten. 760 Prälat Seipel hatte dabei den Deutschamerikanern zugerufen: „Ihr, die ihr die Heimat verlassen und ein neues Vaterland gefunden habt, oder die ihr durch das Blut mit der Heimat der Väter unsichtbar verbunden seid, machet Ehre dem alten Vaterland, das dem neuen Vaterland in euch und in vielen gleich euch so gute Bürger geschenkt hat.“761

Aber auch neben der Betonung der innerlichen Verbindung zur deutschen Heimat und der Verantwortung im „neuen Vaterland“ kamen die Gedanken zur Völkerverbindung und zum Weltfrieden nicht zu kurz. Während der auf der Tagung abgehaltenen Friedensversammlung vom 26. bis 27. Juni 1926 sprachen sich die deutschen Bischöfe zudem gegen den Versailler Vertrag aus: Der Osnabrücker Bischof Wilhelm Hermann Berning, der seit 1921 die Präsidentschaft des St. Raphaelsvereins zum Schutz katholischer Auswanderer inne hatte, wandte sich in seiner Ansprache vor allem gegen die im Artikel 231 des Versailler Vertrags festgeschriebene Alleinschuld der Deutschen und sprach sich für das Selbstbestimmungsrecht der Völker aus. 762 Der Münchner Kardinal Michael Faulhaber nahm die deutschstämmigen Katholiken des Zentralvereins in die Pflicht und forderte von ihnen, sich verstärkt für den Gedanken der Weltversöhnung einzusetzen. Zugleich wandte er sich gegen den damals weit verbreiteten Vorwurf, der Papst habe den Weltkrieg unterstützt, um das protestantische Kaisertum zu stürzen. Als wahre Hindernisse des Weltfriedens bezeichnete Faulhaber stattdessen die Glaubensspaltungen, den übertriebenen Nationalismus und die unsachgemäße Presseberichterstattung. Weiter

759 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27.06.1926. 760 Vgl. PQM: Krebs an seine Familie vom 06.06.1926. 761 M. Grösser. Bedeutende deutsche Bischofsreden auf der 70. Generalversammlung des amerikanischen Zentralvereins, in: ThGl, 18 (1926), S. 473-477; hier: S. 474. 762 Vgl. M. Grösser: Bedeutende deutsche Bischofsreden auf der 70. Generalversammlung des amerikanischen Zentralvereins, S. 475. 181

forderte er Erleichterungen für deutsche Einwanderer, denn die Quote für Einwanderer deutscher Herkunft war von der amerikanischen Regierung um mehr als die Hälfte zurückgesetzt worden.763

Gemeinsam mit dem Jesuitenpater Switalla, dem Rektor der medizinischen Hochschule von St. Louis, fuhr Krebs mit dem Auto von Springfield weiter nach St. Louis in Missouri, wo er gastliche Aufnahme im Pfarrhaus des Prälaten Holweck von St. Francis de Sales fand.764 Nachdem Krebs in St. Louis der 100-Jahr-Feier der Diözese und der Einweihung der Kathedrale beigewohnt hatte, unternahm Prälat Holweck mit seinem Gast eine Rundreise mit dem Auto durch das Hügelland des Staates Missouri, dessen Bewohner ursprünglich aus Baden stammten und immer noch badisch sprachen. Da Krebs die Landschaft an „Rötenbach am Übergang des Schwarzwaldes zur Baar“765 erinnerte, nannte Krebs es in seinem Reisebuch das „Badische Ländle am Mississippi“766. In Ruma besuchte er mit seinen Reisebegleitern das Mutterhaus der Schwestern vom Kostbaren Blut, deren Anfänge in Gurtweil bei Waldshut lagen. 767 In St. Louis angekommen, reiste Krebs mit dem Nachtzug weiter nach Chicago, wo ihm „ganz freiburgerisch“ zumute wurde, als er im vierzehnten Stockwerk des People Gasbuildung die Apotheke des ehemaligen Freiburgers Eugen von Hermann betrat, der „trotz seines mehr als halbhundertjährigen amerikanischen Bürgertums ein ganz treuer Sohn der Heimat geblieben“ war. Gemeinsam mit ihm und dem ursprünglich auch aus Freiburg stammenden Architekten von Holst aß Krebs auch zu Mittag. Gemeinsam wurde über „viel Freiburgerisches“ 768 geredet. Von Chicago fuhr Krebs schließlich weiter nach Milwaukee im Staat Wisconsin, wo er von dem ursprünglich aus Harmersbach im Schwarzwald stammenden Prälaten Dr. Breig, nun Rektor des Priesterseminars in St. Francis, am Bahnhof empfangen wurde. Das Priesterseminar bezeichnete Krebs in seinem Reisebuch als „eine alte Heimstätte deutschen katholischen Lebens in Amerika, ähnlich wie das päpstliche Seminar von Columbus (Ohio) und das Kloster St. Vincent (Pennsylvania).“769 Am folgenden Tag wohnte Krebs der Professfeier der Erlenbader Franziskanerinnen in ihrem Mutterhaus bei, wobei der Erzbischof das Gelübde in englischer und deutscher Sprache abnahm.770 Am 7. Juli 1926 brach Krebs

763 Vgl. M. Grösser: Bedeutende Bischofsreden, S. 476; Auch zitiert von: Reinhard Richter: Nationales Denken im Katholizismus der Weimarer Republik (Theologie Bd. 29), Bochum 2000, S. 309. 764 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27.07.1926. 765 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 109. 766 Ebd., S.109. 767 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27.06.1926 – 02.07.1926. 768 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 02.07.1926. 769 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 03.07.1926. 770 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 03.-06.07.1926. 182

schließlich zu einer Reise im Expresszug der Chicago-Milwaukee-St. Paul-Eisenbahn, eine der größten elektrischen Lokomotiven zur damaligen Zeit, zu einer fünftägigen Wanderung im Yellow-Stone-Nationalpark auf.771 Auch dort wehten ihm „einige Brisen heimatlicher Luft“ entgegen: Am Geyserbecken des Yellowstone-Parks traf Krebs einen Augenarzt, der in Aurora in Illinois arbeitete und das nächste Jahr Freiburg besuchen wollte, um dort die Augenklinik von Professor Axenfeld zu besichtigen. Außerdem traf er einen Dozenten der Pathologie an der Universität in Rochester, der Ludwig Aschoff während seiner Vortragsreise im Jahr 1924 gehört und einige Monate darauf in Freiburg studiert hatte.772 Überhaupt war Krebs „der Erinnerung an Prof. Aschoffs Amerikafahrt da und dort begegnet“. Besonders freute es ihn zu hören, dass der Bischof von Pittsburgh „den Freiburger Pathologen […] kennengelernt und einen ausgezeichneten Eindruck von ihm bewahrt hatte“. 773 Dieses Gespräch als auch andere Erlebnisse führten Krebs zu der Feststellung, dass – entgegen der Annahme mancher Europäer – der Erste Weltkrieg der deutschen Sprache und Kultur in den Vereinigten Staaten nicht den Todesstoß versetzt hatte:774

„Richtig ist, dass wohl, mit Ausnahme des Päpstlichen Priesterseminars von Columbus Ohio, kaum eine Schule mehr Deutsch als Umgangs- und Unterrichtssprache behalten hat. Richtig ist, dass es heute noch Leute in Amerika gibt, die an die abgehackten Kinderhände von Belgien glauben. Richtig ist, dass die heutigen zehn- und zwanzigjährigen Amerikaner deutscher Abstammung das Deutsche nicht mehr beherrschen. – Aber es gibt noch viele, zumal katholisch-kirchliche Zentren deutschen Lebens. Sehr viele Amerikaner englischen, slawischen, irischen Ursprungs lernen und sprechen deutsch aus seelsorglichen, wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Gründen. So hörte ich in Hartford in Connecticut, wie ich schon einmal erwähnt habe, einen irisch-amerikanischen Bischof deutsch predigen. Die Kriegslügen sind den meisten heute als Lügen bekannt. Und all die jungen Leute, die als Besatzungstruppen im deutschen besetzten Gebiet waren, kamen als Freunde der Deutschen heim. Die Gelehrten aber, zumal Theologen, Naturwissenschaftler und Mediziner, achten und ehren Deutschland und sind froh, die Verbindung wieder allmählich fester gestalten zu können. Darum sind solche scheinbaren Vergnügungsfahrten, wie mir gütigerweise eine von der Vorsehung beschieden worden ist, nicht eine unnütze Sache. Sie knüpfen Fäden und dienen einer kommenden Zeit.“775

771 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 07.07.1926. Wanderung durch den Park vom 08.-12.07. 1926. 772 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 113. 773 Ebd., S. 113. 774 Vgl. Ebd., S. 113. 775 Ebd., S. 113-114. 183

6.1.5 Rundreise durch das kalifornische Missionsland und Abfahrt von San Francisco nach Yokohama Am Dienstag, den 13. Juli, brach Krebs mit dem Expresszug von Butte nach Seattle auf und von dort aus, weiter der Küste des Pazifiks folgend kam er schließlich am 16. Juli 1926 in San Francisco an. 776 Dort war er zunächst Gast des deutschstämmigen Chirurgen und Gynäkologen Dr. Vorwinkel in Alameda, der zusammen mit dem Prälaten Friedrich Schlatter im Krieg gedient hatte und seitdem mit ihm freundschaftlich verbunden war.777 Am Tag nach seiner Ankunft traf Krebs in San Francisco auch den Bruder seines in Kiechlingsbergen befreundeten Pfarrers Dr. Knebel, der Vorsteher einer Schulbrüdergemeinde war.778 Gemeinsam mit ihm besuchte er die Staatsuniversität von Berkeley, das Erzbischöfliche Priesterseminar von San Francisco und die Stanford University.779

Mit einigen der Ordensleute unternahm Krebs vom 22. -26. Juli 1926 eine kleine Expedition in das alte Missionsland, die Krebs auf den Spuren der Missionsstationen folgend auch nach Stanford, Santa Barbara und Los Angeles führten.780 Während seiner Rundreise durch das kalifornische Missionsland fühlte sich Krebs an seinen Verwandten, den Theologen Alban Stolz (1908-1883)781 erinnert, der durch seine zahlreichen Reisen in das Heilige Land, in die Türkei und nach Spanien zu zahlreichen Romanen 782 inspiriert wurde. In seinem Reisebuch schrieb Krebs zu Stolz:

„In seinem Buche `Spanisches für die gebildete Welt´ erzählt Alban Stolz, mit sichtlicher Nachfreude in der Erinnerung, von zwei tollen Postfahrten, die er auf einer spanischen Reise gemacht hat. Die eine führte bei heller Mondnacht am Steilhang der Ostküste Spaniens in wildem Galopp auf der

776 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 13.-16.07. 1926. 777 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.07.1926. 778 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 18. 07.1926. 779 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 18.07.-19.07.1926. 780 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.07.-29.07.1926. 781 Zu Alban Stolz vgl.: Elisabeth Mackscheid: Erziehung für das Heil der Seele. Kritische Lektüre des katholischen Pädagogen Alban Stolz. Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1982; Michael Langer: Zwischen Vorurteil und Aggression. Zum Judenbild in der deutschsprachigen katholischen Volksbildung des 19. Jahrhunderts (Reihe Lernprozeß Christen Juden Bd. 9), Freiburg 1994; Tanja C. Muller: Der rassische Antisemitismus bei Alban Stolz im Kontext der mitteleuropäischen antisemitischen Propaganda, in: Peter Fassl/Friedmann Harzer/Berndt Herrmann (Hrsg.): Jüdische Literaturgeschichte in Schwaben. Eine Spurensuche (Geschichte und Kultur der Juden in Schwaben Bd. 5), hg. v. Peter Fassl/Friedmann Harzer, Berndt Hermann, Konstanz, München 2016, S. 63. 782 Seine Werke wurden seit etwa 1870 in einer einheitlichen Ausgabe ("Gesammelte Werke") durch den Herderverlag herausgebracht; die letzte Auflage dieser Gesamtausgabe erschien 1913 und umfasst einundzwanzig Bände. Außerdem erschien ab 1898 eine sogenannte „Billige Volksausgabe“ der wesentlichen Schriften in vierzehn Bänden. 184

gefährlichen Poststraße südwärts. Die andere brachte ihn unter Lärm und Peitschenknall, oft die Pferde, aber nie den Vorreiter wechselnd, in Tag- und Nachtfahrt von der Ostküste nach Madrid. Man spürt noch aus der Erzählung die seltsame Lust an Gefahr, Tollkühnheit und sportlicher Höchstleistung (des Vorreiters), die den Nerven des oft so mürrisch dreinblickenden Freiburger Professors zuckte und jubelte, als er die Fahrten machte. […] – Etwas von seinem Blute regte sich in mir während der letzten Tage, da ich von Los Angeles im Autobus nordwärts und dann im großen Tourenauto der Yosemite Transportation durch die Berge der Sierra Nevada fuhr.“783

Die letzten Tage in Kalifornien verbrachte er im Hause Vorwinkels in Alameda, jenseits der Bucht von San Francisco.784 Dr. Vorwinkel brachte Krebs am 4. August auch mit seinem Wagen zum Pier der „Nippon Yusen Kaisha“, von wo aus er an Bord der Shinyo Maru um zwölf Uhr mittags unter den Melodien der japanischen Bordmusik in Richtung Asien abfuhr.785 Zu Krebs Freude befand sich ein weiterer katholischer Priester namens Morrow an Bord, der als Geheimsekretär des Apostolischen Delegaten von Manila tätig war.786 Die Reisenden bestanden aus einer Vielzahl unterschiedlicher Nationalitäten und Religionszugehörigkeiten. In seinem publizierten Reisetagebuch erinnert sich Krebs an die Gemeinschaft an Bord der Shinyo Maru:

„Bei den Mahlzeiten saßen Morrow und ich mit fünf anderen Herren um einen runden Tisch. Sieben Männer aus sieben Ländern: ein Fellow vom Queenscollege in Oxford, also Engländer, ein reichgewordener Holländer aus Niederländisch Indien; ein Holländer aus Holland selbst; ein Schwede, protestantischer Prediger auf der Inspektionsreise zu den protestantischen Missionen in Fernasien; ein Bewohner der Philippinen, nämlich Father Morrow; ein Parse aus Indien, der aber in chinesischem Postdienst stand und seine vierte Reise um die Erde machte, und endlich ich, ein Deutscher. Außer mir war nur noch ein einziger Deutscher an Bord, ein junger Kaufmann aus Schlesien, dessen heiteres, wohlerzogenes Wesen mir angenehme Stunden bereitete. Unter den mitreisenden Japanern hatten wir bald ernste, feine Menschen entdeckt, die gerne mit uns plauderten. Ihre Kinder aber, lachende, zierliche Menschlein mit großen dunklen Augen, waren unserer aller Freuden. Philippinos und Indier, Koreaner und Chinesen vervollständigten diesen bunten Ausschnitt aus der Menschheit, und so bot das Schiff ein kleines Bild davon, wie wohl in hundert Jahren das Straßenbild aller großen Städte der Erde, auch der europäischen, aussehen wird.“787

783 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 148-149. 784 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 30.07.-04.08.1926. 785 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 04.08.1926. 786 Vgl. Ebd. 787 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 162-163. 185

6.1.6 „Vom Geistesleben Amerikas“ – Eine Zwischenreflexion Während der Fahrt hatte Krebs versucht, seine Eindrücke zu sammeln und zu ordnen, die er aus dem Westen mitgenommen hatte. Diese legte in seinem publizierten Reisebuch „Um die Erde. Eine Pilgerfahrt“ dar.788

6.1.6.1 Das sittliche und gesellschaftliche Leben in den Vereinigten Staaten Bezüglich des sittlichen und gesellschaftlichen Lebens in den Vereinigten Staaten betonte Krebs zunächst die Gastfreundlichkeit789, die ihm überall begegnet war, aber auch die Fröhlichkeit 790 und ausgeprägte Heimatliebe 791 der Amerikaner. Hierbei hob Krebs insbesondere das „einheitliche Nationalbewusstsein“792 der Amerikaner hervor:

„Es ist, wie ich schon früher ausgeführt habe, eine Täuschung, wenn wir erwarten, der einzelne Amerikaner müsse zuerst als Deutscher oder Engländer oder Ire oder Italiener usw. fühlen, und es könne so in diesem genannten Mischvolke kein einheitliches Nationalbewusstsein geben [sic!]. Man darf zwei Dinge nicht übersehen, die den Amerikanern ihre nationale Einheit in die Seele prägen: das eine ist die Tatsache, dass die meisten Amerikaner seinerzeit ihre europäische Heimat verlassen haben, weil diese ihnen irgendetwas verweigerte, was ihnen die neue Heimat bot. Diese Gemeinsamkeit des Schicksals gibt den verschiedenen Menschen eine Gemeinsamkeit des Denkens und Fühlens, und es entsteht das Bewusstsein einer einheitlichen Nation. Die andere Tatsache ist der erwähnte Reichtum des großen Landes an Schönheiten der Natur, an Bodenschätzen und an technischem Fortschritt. Das Bewusstsein, zu der einheitlichen Nation zu gehören, die all diesen Reichtum ihr Eigen nennt, schließt die Amerikaner von klein auf zu einer einheitlich denkenden Nation zusammen.“793

Das öffentliche Leben der Amerikaner empfand Krebs gerade durch die Prohibition „nüchtern und ruhig“, denn es habe „dem Straßenleben die vielen Bilder der Trunkenheit genommen, die es früher entstellt haben“, zudem habe es „in vielen Arbeiterfamilien Frieden und Wohlfahrt gebracht“794. Allerdings sei es in Folge der Prohibition zu einer

788 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 166-267. 789 Vgl. Ebd., S. 166-167. 790 Vgl. Ebd., S. 167-168. 791 Vgl. Ebd., S. 169. 792 Ebd., S.169. 793 Ebd., S. 169. 794 Ebd., S. 170. 186

„Verachtung der Gesetze“, zu „zahllosen, oft tödlich endenden Kämpfe[n] zwischen Schmugglern und Polizisten gekommen“, „die wachsende Bestechlichkeit der Beamten und die geheime Trunksucht in den Familien der sogenannten Gebildeten, besonders in den Reihen von Mädchen und Frauen“795. Als „geradezu erschreckend“ für jeden Fremden bezeichnete Krebs auch „die Menge an schweren Verbrechen, die täglich in den großen Städten vorkommen“ 796 . Mit den Auftritten von jungen Frauen in Varietés und auf Showbühnen, wie er sie selbst während seiner ersten Tage in New York gesehen hatte, verband Krebs vor allem die „Entwürdigung ihres Geschlechts“, wobei er auch den „zur Selbstprostitution herausfordernden täglichen „Beauty-Kult“ als für „die Gesamtmoral verderblich“797 bewertete. Als typisch „Amerikanisch“ bezeichnete Krebs die schon vor dem ersten Weltkrieg entstandene Jazz-Musik, die Krebs „lustig, heiter und grotesk“798 fand und als „Verulkung der Musik“799 beurteilte. Krebs kulturpessimistischer Blick auf den amerikanischen Lebensstil zeigte sich auch in der Bewertung der Presse. Insbesondere kritisierte Krebs den Wertmaßstab, nach dem die Zeitungen berichteten. „Verbrechen, Ehescheinungsnachrichten, „Beauties“, Sportberichte, Sensationen jener Art“ würden den breitesten Raum einnehmen, während „Inlandspolitik“ und die „Weltgeschehnisse“ an zweiter Reihe kommen würden. Insgesamt bezeichnete Krebs die Presse in Amerika als das „Hauptmittel“, „das Volk zu absolut verkehrten Wertmaßstäben und zu einer grenzenlosen Oberflächlichkeit zu erziehen“, die ihren Ausdruck in der „allgemeinen Vergötterung der Sporthelden“ und „Movi Stars“ fände. Gerde die „Vielseitigkeit und Oberflächlichkeit des Wissens, zu der die Presse das amerikanische Volk“ führe, erleide „das ernste Buch in den Staaten eine große Schädigung“.800

Ebenso kritisch äußerte sich Krebs über „die öffentliche Moral der Großfinanz in Amerika“801, die durch Geld die Staatspolitik zu beeinflussen versuche und der Engelbert Krebs auch die Schuld am Kriegseintritt der Vereinigten Staaten gab. 802 Als Ort der „finanziellen Zwangsherrschaft der ganzen Welt“ bezeichnete Krebs die New Yorker Wallstreet. In seinem Reisebuch heißt es: „Es hat etwas Unheimliches an sich, durch die enge, kurze Wallstreet zu gehen, in die vom Eingang her die kleine Dreifaltigkeitskirche

795 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 170. 796 Ebd., S. 172. 797 Ebd., S. 171. 798 Ebd., S. 168. 799 Ebd., S. 169. 800 Ebd., S. 173. 801 Ebd., S. 174. 802 Ebd., S. 174. 187

hineinschaut: wie ein Alpdruck lastet auf der Seele der Gedanke, dass die Büros dieser Straße über das Schicksal ganzer Erdteile entscheiden […]“803

6.1.6.2 Von Bildung und Wissenschaft in Amerika Der amerikanischen Bildung und Wissenschaft stand Krebs ebenfalls kritisch gegenüber, wobei er sich als katholischer Theologe insbesondere um den Stand der Geisteswissenschaften in den Vereinigten Staaten sorgte: Hierbei bemerkte Krebs, dass die humanistische Bildung auf den Hochschulen und Kollegien nur im Umfang der deutschen Realgymnasialpläne gepflegt werde: „Eine Vorlesung über Weltliteratur etwa an der Columbia-Universität in New York beginnt im Herbst mit Homer und gelangt im März schon bis zur Erklärung Dantes – Eine etwas summarische Art, Weltliteratur zu treiben“804, urteilte Krebs in seinem Reisebuch. Über die Erfolge der „Public High Schools“ hatte Krebs „im Osten und im Westen, in New-York und San Francisco bitter klagen hören“805, wobei insbesondere „die Verherrlichung der Sporthelden den Sinn für das Lernen“ gewaltig niederdrücke und hierbei „schwere Besorgnisse für die Zukunft der Vorbildung der Universitätsstudenten geäußert werden“806, so Krebs. Als katholischer Theologe kritisierte er weiter, „dass die öffentlichen Schulen prinzipiell keinen Religionsunterricht erteilen dürfen, und dass deshalb mehr als die Hälfte der Bevölkerung sich heute von allem Anschluss an religiöse Gemeinschaften fernhält“ und sich nicht scheue, „im Neuheidentum zu leben“807. Im Fokus von Krebs´ Kritik stand neben der sportlichen Betätigung und der Religionslosigkeit auch die Koedukation von Jungen und Mädchen als weiteres Charakteristikum der öffentlichen Hochschulen: „Was dabei herauskomme“, hatte ihm ein Professor der öffentlichen Schule in einer kalifornischen Stadt wie folgt beschrieben. Niemand könne von einem einem jungen Mann, der neben „nach heutiger amerikanischer Mode gekleideten gleichaltrigen Mädchen“ sitze, mehr erwarten, dass dieser sich „ernstlich für Mathematik“ interessiere. So sei der Bildungsstand der amerikanischen Jugend „traurig genug“808.

Mit Blick auf die amerikanischen Universitäten beklagte Krebs die geringe Besoldung seiner amerikanischen Hochschulkollegen und ihre „völlige Abhängigkeit während der

803 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 47. 804 Ebd., S. 177-178. 805 Ebd., S. 178. 806 Ebd., S. 178. 807 Ebd., S. 178. 808 Ebd., S. 178-179. 188

Dauer ihrer Anstellung vom Wohlwollen des Präsidenten“, der Krebs Auffassung nach mit „großen Machtvollkommenheiten für Berufung und Besoldung ausgestattet“ sei, obwohl er „oft kein Gelehrter, sondern einfach Verwaltungsdirektor einer Stiftung“ oder „Repräsentant irgendeiner großen Finanzgruppe“ 809 sei. Dagegen würdigte Krebs die Kreise in den Vereinigten Staaten, „die ein großes geistiges Interesse zeigen und pflegen“ 810 : Es gebe beispielsweise in der Umgebung der früher erwähnten Frauenuniversität Bryn Mawr Familien, in denen man zu Gesprächen und Erörterungen zusammenkommt wie „in den Salons der besten Altberliner Zeit vor hundert Jahren“811. Krebs´ ehemalige Freiburger Studentin hatte ihm berichtet, dass es ähnliche Zirkel auch in anderen Städten und Staaten gebe.812 Was ihn aber für die Zukunft der amerikanischen Wissenschaft besonders hoffnungsvoll machte, war die Tatsache, „dass die Amerikaner in hundert Jahren aus einem um seine materielle Existenz kämpfenden Kolonistenvolk zu einer Gesellschaft geworden“ seien, „in der es zum guten Ton“ gehöre, „für wissenschaftliche Zwecke große Stiftungen zu machen“813. Insbesondere die „Fülle und Schönheiten der öffentlichen Bibliotheken“ und die „unermeßliche reiche Ausstattung der vielen Stiftungsuniversitäten“ sowie der „allgemeine Bildungshunger, der auch die einfachen Leute nach getaner Arbeit Volkshochschulkurse“814 besuchen lässt, faszinierten Krebs.

Deswegen urteilte Krebs, dass „wer mit offenen Augen von der Harvard University in Cambridge bei Boston bis Berkeley vor den Toren von San Francisco und von Bryn Mawr in Pennsylvanien nach Stanford in Kalifornien, aber auch von den überall emporwachsenden katholischen Akademien, Kollegien und Universitäten des Ostens und Mittelwestens zu den entsprechenden Anfängen im fernen Westen gepilgert“815 sei, wisse, dass in vielerlei Hinsicht die Alte Welt von der Neuen zu lernen habe. Krebs selbst empfahl seinen Neffen, ebenfalls in den Vereinigten Staaten zu studieren. In einem Brief an seine Familie schrieb Krebs, dass seine beiden Neffen Heinz Krebs und Ludwig Marbe schon jetzt daran denken sollten, „später als Austausch-Studenten nach Nordamerika zu kommen“. Weiterhin erzählte Krebs: Ich habe neulich einen Festabend dieses Austausch- Werkes mitgemacht. Dominik soll später als tüchtiger Elektrotechniker herüberkommen.

809 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 179. 810 Ebd., S. 179. 811 Ebd., S. 179. 812 Vgl. Ebd., S. 179. 813 Ebd., S. 179-180. 814 Ebd., S. 180. 815 Ebd., S. 180. 189

Precision wird hier sehr gesucht und gut bezahlt. Arbeiten aber muss er. Mühelos sind hier keine vorwärtsgekommen.“816

6.1.6.3 Vom Katholizismus in den Vereinigten Staaten Neben dem sittlichen und gesellschaftlichen Leben sowie der Bildung und Wissenschaft in den Vereinigten Staaten ging es Krebs während seiner Reise aber auch um die Erkundung des Katholizismus:

Obwohl in den Vereinigten Staaten eine Trennung von Kirche und Staat vorherrschte, hatte Krebs im öffentlichen Leben „eine augenfällige Hochschätzung der Religion“ 817 bewundern können: Dies machte er u.a. an der „erstaunliche[n] Zahl der Kirchen“ fest, die Krebs auch auf den Hauptgeschäftsstraßen von New York wie auf dem Broadway oder der Fifth Avenue gesehen hatte, aber auch am „erfreulichen Fehlen aller organisierten Feindschaft gegen Religion und Kirche“, wobei er den „Ku-Klux-Klan“ als Organisation mit „lokaler Bedeutung“ und als „traurige Verrücktheit verführter Fanatiker“818 abtat.

Insgesamt betrachtet habe sich die katholische Kirche in Amerika „als die größte und geschlossenste Geistesmacht innerhalb eines Jahrhunderts ein Reich der religiösen Innerlichkeit, der Liebe und der Erziehungskunst errichtet, das als ein entscheidender Faktor sich einordnet in die erdumspannende Gesamtkirche“819, so Krebs. Während er in den Vereinigten Staaten weilte, betrug die Gesamtzahl der Katholiken dort ungefähr 19 Millionen, die in 14 Kirchenprovinzen mit 90 Bistümern zusammengeschlossen waren, nachdem im Jahr 1925 das letzte Apostolische Vikariat, Nord-Carolina, zur Diözese Raleigh erhoben worden war. 820 Als Charakteristikum der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten bezeichnete Krebs die Errichtung katholischer Schulen und Hochschulen: Man könne es „als die Regel bezeichnen“, „dass neben jeder Pfarrkirche in den Großstädten und Landorten ein Schwesternhaus, eine katholische Schule und oft noch eine katholische Hochschule“821 stehe. Dazu komme „die große Menge von Pensionaten für Knaben und Mädchen der gebildeten Stände, von Akademien, Kollegien und selbst staatlich anerkannten Universitäten, die von den verschiedenen Kongregationen und

816 PQM: Krebs an seine Familie vom 13.05.1926. 817 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 181. 818 Ebd., S. 181. 819 Ebd., S. 523. 820 Vgl. Ebd., S. 182. 821 Ebd., S. 183. 190

Ordensgemeinschaften unterhalten werden“822. Besonders hoch schätzte Krebs die Arbeit der Ordensschwestern, die nahezu alle katholischen Pfarrschulen von Nordamerika betreuten und an katholischen Frauenakademien als Professorinnen wirkten.823 Der „ganze Stolz des Landes“824 sei die katholische Universität von Amerika in Washington, in deren Mitte die künftige Nationalwallfahrtskirche Amerikas erbaut werden solle. Den Erfolg des katholischen Schulwesens in den Vereinigten Staaten führte er auf die „Frucht der bemerkenswerten Karitas“ 825 der amerikanischen Katholiken zurück. Außer den regelmäßigen Sonntagskollekten erwähnte Krebs die Sonderkollekten und brieflichen Sammlungen, ohne die „die deutsche Diaspora ihre Kirchen, Schulen und Waisenhäuser in der Zeit der Inflation nicht hätte aufrechterhalten können“ 826 . Als ein weiteres Charakteristikum des amerikanischen Katholizismus führte Krebs außerdem den hohen Sakramentenempfang ins Feld: Während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten hatte Krebs sowohl im Osten als auch zweimal im äußersten Westen am Sonntagmorgen Gottesdienst gehalten und dabei die große Anzahl der Kommunikanten bemerkt, die sich „meistens gleichmäßig aus Männern und Frauen, Knaben und Mädchen zusammensetzten“827.

Die Tätigkeit des amerikanischen Klerus sah Krebs „stark durch materielle Sorgen, durch Bau von Kirchen und Schulen, von Gemeindesälen und karitativen Anstalten in Anspruch genommen“ 828 , die Krebs auf der einen Seite als eine „bittere Notwendigkeit“ 829 bezeichnete, zugleich aber auch als eine „Gefahr für den Klerus und das Predigtwesen, das vielfach in immer neue Empfehlungen neuer Geldsammlungen“ 830 ausarte. Sobald der Ausbau der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten abgeschlossen sei, müsse vor allem der Vertiefung der „theologischen Bildung in Priester- und gebildeten Laienkreisen“831 eine größere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Krebs hatte während seines Aufenthalts in den Vereinigten Staaten mit einem jungen Professor eines großen Priesterseminars gesprochen, der ihm dahingehend Recht gab:

822 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 183. 823 Vgl. Ebd., S. 184 und S.185-186. 824 Ebd., S. 184. 825 Ebd., S. 187. 826 Ebd., S. 187. 827 Ebd., S. 188. 828 Ebd., S. 189. 829 Ebd., S. 189. 830 Ebd., S. 189. 831 Ebd., S. 189. 191

„Er sagte mir: „Bisher haben wir keinen öffentlichen geistigen Kampf um die Wahrheit unserer Religion zu führen gehabt. Darum genügte bis jetzt auch unser schlichter Kinderglaube in Klerus und Volk. Aber dieser geistige Kampf wird kommen, und es ist Zeit, dass wir an europäischen Hochschulen die Waffen führen lernen, die wir in unserer schönen Seminarien und Bibliotheken besitzen. Es wird Zeit, dass das allzu große Interesse unserer Seminaristen an Baseball und dergleichen durch eine größere Leidenschaft für das theologische Wissen und die geistigen Forderungen des Tages abgelöst werde.“832

Krebs hatte gerade im amerikanischen Klerus „viel Interesse für lokale und weitere innerkirchliche politische Angelegenheiten und dementsprechend eine ziemliche Vertrautheit mit dem kanonischen Rechte“833 gefunden. In einigen Pfarrhäusern war Krebs auf „geradezu erstaunt gut zusammengestellte wissenschaftliche Bibliotheken gelehrter Priester“834 gestoßen. Außerdem hatte er „bei der Mehrheit des amerikanischen Klerus nicht jenes Interesse für theologische und weltanschauliche Fragen und Arbeiten“835 wie beim europäischen finden können. Dem entsprechend sah Krebs die „Hauptaufgabe der amerikanischen Katholiken in der Umschulung des Klerus für die Vertiefung seiner theologisch-wissenschaftlichen Interessen“ 836 . Eine weitere Aufgabe des katholischen Klerus bestünde in der inneramerikanischen Missionierung der zu dieser Zeit circa 60 Millionen ungetaufter Amerikaner 837 und an der seelsorgerlichen Betreuung der amerikanischen Katholiken, die trotz des Bestehens der katholischen Universitäten im Land nicht-katholische Hochschulen besuchten und „dort vielfach dem katholischen Glauben entfremdet“838 würden. Außerdem bezeichnete er es als wichtige Aufgabe, „mehr und mehr praktische Katholiken in die Lehrkörper der weltlichen Universitäten hineinzubringen“839, wie es in Deutschland durch die Unterstützung der Görresgesellschaft geschehe. Als die letzte große Aufgabe der Katholiken in den Vereinigten Staaten erwähnte Krebs den Aufbau einer katholischen Presse, die dem „oberflächlich machenden Einfluss der amerikanischen Tagespresse“840 entgegentreten sollte und wie sie in Deutschland selbst schon vorhanden war. Er selbst wünschte sich nach seinem Aufenthalt in den Vereinigten

832 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 190. 833 Ebd., S. 190. 834 Ebd., S. 190. 835 Ebd., S. 190. 836 Ebd., S. 190. 837 Vgl. Ebd., S. 191. 838 Ebd., 191. 839 Ebd., S. 192. 840 Ebd., S. 193. 192

Staaten, dass „die amerikanischen und deutschen Katholiken in immer engere Fühlung miteinander kommen und sich gegenseitig heilsam befruchten mögen“841.

6.1.6.4 Vom Anteil der deutschen Katholiken am Aufbau des amerikanischen Geisteslebens Nach Krebs Auffassung haben insbesondere die deutschstämmigen Katholiken in Nordamerika „treulich mitgewirkt, die Blüte des kirchlichen und geistigen Lebens in den Vereinigten Staaten herbeizuführen“ 842 . Neben den kulturellen Leistungen der verschiedenen deutschen Ordensgemeinschaften und der deutschen Missionsvereine seit Beginn der Pionierzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts843 betonte er auch die Arbeit der deutschstämmigen Bischöfe und Priester sowie der katholischen Laien, die sich im April 1855 in Baltimore zu dem Deutschen römisch-katholischen Zentralverein 844 zusammengetan hatten mit dem Ziel, das „katholische Bewusstsein“845 zu stärken und „liebevolle Hilfe“846 für die Bedürftigen Deutschen zu leisten. Dabei hob Krebs den Erfolg der deutschen Katholiken an der Presse, der Literatur, dem Verlagswesen und der katholischen Wissenschaft Amerikas hervor: Als Beispiele hierfür dienten ihm der von Martin Henni, dem späteren Erzbischof von Milwaukee, schon 1837 in Cincinnati gegründete und wöchentlich herausgegebene „Wahrheitsfreund“ sowie die Tageszeitungen „America“, „Rundschau“ und „Volksfreund“ sowie die von deutschen Ordensgemeinschaften herausgegebenen Monatsschriften wie der „Familienschatz“, „St. Meinradsbote“, „St. Benediktspanier“ und Wochenblätter wie der „Herold des Glaubens“ in St. Louis und „Aurora“ in Cincinnati.847 Deutsch-amerikanische Reim- und Prosadichter fand Krebs in der bei Johannes Rothensteiner erschienenen Skizze über „Die literarische Wirksamkeit der deutschamerikanischen Katholiken“, wobei er ihre Bedeutsamkeit dadurch hervorhob, dass sie „einem der beachtenswertesten menschlichen Erlebnisse Ausdruck geben, dem Heimweh des Auswanderers und dem Erwachsen des neuen Heimatgefühls des Siedlers“848. Einen wichtigen Beitrag, den die deutschen Katholiken beim Aufbau des amerikanischen Geisteslebens geleistet hatten, sah Krebs jedoch auch in

841 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 193. 842 Ebd., 267. 843 Vgl. Ebd., S. 196-240. 844 Vgl. Ebd., S. 250-258. 845 Ebd., S. 252. 846 Ebd., S. 252. 847 Vgl. Ebd., S. 259-260. 848 Ebd., S. 261. 193

der Gründung katholischer Buchhandlungen und Verlage: Dazu gehörte für ihn die im Jahr 1853 durch die schweizerische Buchhandlung Benziger gegründete Zweigstelle des „Einsiedler-Hauses“ in New York, Cincinnati, St. Louis und Chicago und das Verlagshaus des Verlegers Friedrich Pustet in New York und Cincinnati.849 Anteil an der Herausgabe und Verbreitung wissenschaftlicher katholischer Literatur in den Vereinigten Staaten schrieb Krebs jedoch vor allem dem Freiburger Verlagshaus Herder zu. Dieses hatte im Jahr 1873 in St. Louis eine Zweigstelle eröffnet und neben wissenschaftlicher Literatur drei deutsche Zeitungen herausgegeben, das „Pastoralblatt“, den „Herold des Glaubens“ und die „Amerika“. 850 Letzten Endes betonte Krebs vor allem die große Glaubenstreue der deutschstämmigen amerikanischen Katholiken, denn gerade „die große Mehrzahl der deutschen Katholiken, die ihrem Glauben in der alten Heimat treu geblieben waren“851, hätten diesen auch in den Vereinigten Staaten bewahren können. Der Anteil der deutschen Katholiken am amerikanischen Geistesleben ließe sich schon allein an der großen Anzahl von Kirchen, Klöstern und caritativen Einrichtungen absehen:

„Die deutschen Radikalen und Freidenker sind ins Grab gesunken, ohne die Erfüllung ihrer Hoffnungen zu erleben. Die Turnvereine, die früher beinahe in jeder Stadt sich befanden, wo Deutsche wohnten, und deren Turnhallen als Hauptquartiere der deutschen Bevölkerung galten, haben heute nur noch geringen Einfluss. Die Namen sogar der Dichter und Schriftsteller, die als Evangelisten des Materialismus und Agnostizismus wirkten, sind der gegenwärtigen Generation unbekannt. Aber die Kirchen, die von deutschen Katholiken gebaut wurden, sind geblieben; das Schulsystem, das sie auf den Weg brachten, ist eine nationale Einrichtung geworden; die Klöster und Konvente, die von deutschen Mönchen und Brüdern gegründet wurden, blühen in lebendiger Frische; ja, sie senden heute Missionare nach Afrika und Asien, auf die Philippinen und in die Südsee. Auf gleiche Weise haben die Schwesternschaften deutscher Herkunft große Dinge im Land getan: ihre Hospitäler, Waisenhäuser und Schulen haben sich vermehrt und sind zum Segen geworden für das Volk der Amerikaner.“852

849 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 263-264. 850 Vgl. Ebd., S. 262- 263. 851 Ebd., S. 266. 852 Ebd., S. 267. 194

6.2 Engelbert Krebs in Asien (August bis Dezember

1927)

Auch das Kapitel über Krebs Asienreise soll mit einer kurzen Schilderung der deutsch- japanischen Beziehungen zu Beginn der Meiji-Restauration bis kurz nach dem ersten Weltkrieg beginnen. Auch hier soll die Fragestellung im Fokus stehen, wie sich die Lage der Japan-Deutschen vor dem Hintergrund des Kriegseintritts Japans gestaltete und inwiefern sie ihre aus ihrer deutschen Heimat „importierten“ kulturellen Sitten und Gebräuche weiter praktizieren konnten.

6.2.1 Deutsch-japanische Kulturbeziehungen: Vom Kulturaustausch innerhalb der Meiji-Restauration bis zum Ersten Weltkrieg Ende des 19. Jahrhunderts waren die ersten offiziellen Beziehungen zwischen Deutschland und Japan durch den preußischen Staatsmann Friedrich Albert Graf von Eulenburg (1815- 1881) zu Stande gekommen. Als außerordentlicher Gesandter an der Spitze der preußischen Ostasienmission hatte dieser nach langen Verhandlungen im Januar 1861 einen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag mit Japan aushandeln können.853 Da sich mit dem Handelsvertrag die Bedingungen für preußische Unternehmen in dem bis dato vom Westen abgeschirmten Japan verbessert hatten, konnten sich neben den deutschen Pionierfirmen „Schulte, Reis & Co.“, „Textor & Co.“, „Schmidt, Westphal & Co. und Lehmann“, „Hartmann & Co.“ bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs nach und nach immer mehr deutsche Firmen in Japan ansiedeln.854 Der deutsche Kaufmann Louis Kniffler (1827-1888), der im Jahr 1859 mit seinem Handelshaus das erste deutsche Unternehmen in Japan gegründet hatte, wurde im Jahr 1861 zum ersten preußischen Vizekonsul von Nagasaki ernannt.855 Im Zuge der Meiji-Restauration (1868-1912), die den Aufbau eines neuen politischen Systems nach westlichen Vorbildern miteinschloss, luden die Japaner zahlreiche deutsche Wissenschaftler als Lehrer („o-yatoi gaikokujin“) und Regierungsberater zu sich ein. Darunter befanden sich beispielsweise der Jurist Isaac Albert Mosse (1846-1925), der einen

853 Vgl. Kurt Meißner: Deutsche in Japan, S. 81. 854 Vgl. Ebd., S. 58. 855 Vgl.: Erich Zielke: Konsul Louis Kniffler – der Pionier des deutschen Japanhandels, in: Zeitschrift für Unternehmensgeschichte 25 (1980), S. 1–11; Louis Kniffler. (1827–1888). Wegbereiter des deutsch- japanischen Handels, in: Nippon aktuell. Bd. 5, Winter-Ausgabe 2008, S. 4; Johannes Bär/ Jörg Leyczenski/ Katja Schmidtpott: Handel ist Wandel. 150 Jahre C. Illies & Co. Piper, München 2009. 195

Beitrag zur Ausarbeitung der Meiji-Verfassung856 nach preußischem Vorbild leistete und neben der Revision der internationalen Verträge Japans maßgeblichen Einfluss bei der Erarbeitung der zwischen 1888 und 1890 erlassenen japanischen Gemeinde-, Kreis- und Präfekturordnung unter dem japanischen Innenminister Yamagata Arimoto hatte. 857 Parallel zur Berufung ausländischer Wissenschaftler an japanische Bildungseinrichtungen wurde für die Einführung eines einheitlichen Schulsystems gesorgt, das sich zunächst am Amerikanischen orientierte. Dies galt jedoch bald als zu liberal, weshalb 1886 das deutsche Schulsystem als Vorbild genommen wurde.858 Aber auch auf der Ebene des Militärs gab es einen deutsch-japanischen Austausch: Der preußische Offizier Klemens Meckel (1842- 1906) wirkte als Berater des japanischen Generalstabs und als Lehrer an der Armeehochschule und trug so maßgeblich zur Modernisierung der japanischen Armee bei. In deren Folge japanische Offiziere ihre militärische Ausbildung in Deutschland absolvierten.859

Gemeinsam mit den Gelehrten gründeten die in Japan ansässigen Kaufleute die „Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens“860, deren Vorsitzende zunächst die jeweiligen deutschen Botschafter in Tokio stellten, ferner den Klub „Germania“ in Yokohama sowie den Klub „Union“ in Kobe als drittes Gemeinschaftsunternehmen.861 Diese Klubs wurden zum Schauplatz des deutschen kulturellen Lebens in Japan: Mit deutschen Werken ausgestatten Bibliotheken wurden gegründet, Konzerte, Theateraufführungen und Tanzbälle abgehalten.862 Innerhalb der Meiji-Zeit kam es auch zur Gründung der deutschen evangelischen Kirche in Tokio, die auf Anregung des evangelischen Missionars Wilfried Spinner (1854-1919) ins Leben gerufen wurde. Das Geld für den Kirchenbau war durch Stiftungen der Deutschen in Japan sowie durch die

856Vgl. Junko Ando: Die Entstehung der Meiji-Verfassung. Zur Rolle des deutschen Konstitutionalismus im modernen japanischen Staatswesen (Monographien aus dem Deutschen Institut für Japanstudien. 27). Iudicium, München 2000; Paul-Christian Schenck: Der deutsche Anteil an der Gestaltung des modernen japanischen Rechts- und Verfassungswesens: deutsche Rechtsberater im Japan der Meiji-Zeit (Beiträge zur Kolonial- und Überseegeschichte 68), Stuttgart 1997. 857 Vgl. Sihii Shiro: Fast wie mein eigen Vaterland: Briefe aus Japan 1886-1889, München 1995; Werner E. Mosse: Albert Mosse. A jewish judge in imperial Germany, in: Yearbook of the Leo-Baeck-Institute 28 (1938), S. 169-184. 858 Vgl. Rudolf Hartmann: Geschichte des modernen Japan. Von Meiji bis Heisei, Berlin 1996, S. 59. 859 Vgl. Georg Kerst: Jacob Meckel. Sein Leben, sein Wirken in Deutschland und Japan, Göttingen/Zürich/Frankfurt a. M., 1970 860 Vgl. Eberhard Friese: 120 Jahre OAG – eine Gesellschaft macht Wissenschaftsgeschichte, in: Japan mit den Augen des Westens gesehen. Gedruckte europäische Landkarten vom frühen 16. Bis zum 19. Jahrhundert, hg. v. Lutz Walter, München/New-York, 1994, S. 9-11; Robert Schinzinger/Carl von Wegmann: Die Geschichte der OAG 1873-1980, Tokio 1982. 861 Vgl. Kurt Meißner: Deutsche in Japan, S. 54. 862 Vgl. Ebd., S. 83-84. 196

Bemühung des Großherzogs von Sachsen-Weimar zusammengekommen.863 Die deutsche evangelische Ostasienmission hatte ihre Tätigkeit in Japan im Jahr 1885 begonnen, daraufhin bauten auch die katholischen Ordensgemeinschaften Missionsstätte in Fernost auf. Zu den dort tätigen katholischen Missionaren zählten die Thüringer Franziskaner in Sapporo, die Steyler Missionare in Niigita und Nagoya und die Jesuiten in Tokio und Hiroshima.864 Trotz anfänglich freundschaftlicher Beziehungen und eines intensiven wissenschaftlichen und kulturellen Austauschs während der Meiji-Restauration hatten sich die deutsch- japanischen Beziehungen zu Beginn des 20 Jahrhunderts zunehmend verschlechtert: Als nach dem Vertrag von Shimonoseki Deutschland zusammen mit Frankreich und Russland in der sogenannten Triple-Intervention von Japan den Verzicht von territorialem Erwerb auf dem Festland forderte, kühlten die Beziehungen stark ab. Die Abkühlung wurde noch gesteigert durch die Propaganda Wilhelms I., der von einer „Gelben Gefahr“ sprach und damit der Angst vor einer heraufziehenden Bedrohung durch ein modernisiertes Japan im Bund mit dem bevölkerungsreichen China Ausdruck verlieh.865 Ein weiteres Zeichen dieser vermuteten Bedrohung und Vorbehalte war die Hunnenrede Kaiser Wilhelms II. am 27. Juli 1900 in Bremerhaven anlässlich der Verabschiedung des deutschen ostasiatischen Expeditionskorps zur Niederschlagung des Boxeraufstandes im Kaiserreich China, bei dem auch Deutsche und christliche Missionare ums Leben kamen.866 Nicht zu vergessen ist in diesem Kontext auch das nach einem Entwurf Kaiser Wilhelms II. im Jahr 1895 als Geschenk für den russischen Zaren Nikolaus II. von dem Historienmaler Hermann Knackfuß (1848-1915) angefertigte Gemälde, das in seiner Allegorie die europäische Christenheit zum gemeinsamen Kampf gegen die „Gelbe Gefahr“ aufrief.867

863 Vgl. Kurt Meißner: Deutsche in Japan, S. 85-86. 864 Vgl. Karin Worms: Die wahre Geschichte des Reiki und des frühen Christentums in Japan, Darmstadt, 1. Auflage, 2009; Charles Ralph Boxer: The Christian Century in Japan 1549–1650, University of California Press 1951; Richard H. Drummond: A History of Christianity in Japan, Grand Rapids, 1971; Scott W. Sunquist (Hrsg.): A Dictionary of Asian Christianity, Grand Rapids, 2001. 865 Vgl. Heinz Gollwitzer: Die Gelbe Gefahr. Geschichte eines Schlagworts. Studien zum imperialistischen Denken, Göttingen 1962; Mechthild Leutner: Deutsche Vorstellungen über China und Chinesen und über die Rolle der Deutschen in China, 1890–1945, in: Heng-yue Kuo (Hrsg.): Von der Kolonialpolitik zur Kooperation. Studien zur Geschichte der deutsch-chinesischen Beziehungen. Minerva-Publikation (Berliner China-Studien 13), München 1986, S. 401–442; Ute Mehnert: Deutschland, Amerika und die „Gelbe Gefahr“, Stuttgart 1998. 866 Vgl. Ralph Erbar: Kein Pardon! Die „Hunnenrede“ Wilhelms II. und ihre Geschichte. In: Politische Reden. Deutschland im 20. Jahrhundert (Praxis Geschichte Jg. 20 H. 6, Braunschweig 2007, S. 14–17; Susanne Kuß und Bernd Martin (Hrsg.): Das Deutsche Reich und der Boxeraufstand (Erfurter Reihe zur Geschichte Asiens Bd.2), München 2002; Bernd Sösemann: Die sog. Hunnenrede Wilhelms II. Textkritische und interpretatorische Bemerkungen zur Ansprache des Kaisers vom 27. Juli 1900 in Bremerhaven, in: HZ 222 (1976), S. 342–358. 867 Vgl. Asmut Brückmann: Die europäische Expansion. Kolonialismus und Imperialismus 1492–1918, Reihe Tempora Historisch-politische Weltkunde, Stuttgart u. a. 1999, S. 79. 197

Die Situation der Japan-Deutschen blieb trotz der zunehmend angespannten Lage bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs weitgehend unverändert. 868 Neben den deutschen Handelsfirmen, Clubs und Gemeinden und Missionsstätten gab es nun in Japan eine deutsche Buchhandlung, eine deutsche Apotheke, eine deutsch-asiatische Bank, eine Wochenschrift und zwei Tageszeitungen, die „Deutsche Japan-Post“ und den „Japan Herold“, die von den großen deutschen Handelshäusern subventioniert wurden. 869 Im November 1903 wurde der Deutsche Schulverein in Yokohama gegründet, ein Jahr später wurde die erste Schule für deutsche Kinder errichtet. 870 Auf Drängen der deutschen evangelischen Mission spendeten die in Japan vertretenen Industriefirmen Geld für ein Studentenwohnheim. Die deutschen katholischen Jesuiten gründeten ebenfalls im Jahr 1913 auf Wunsch Papst Pius X. eine eigene Universität („Jochi Daigaku“ – Weisheitshochschule“), die im Jahr 1928 staatlich anerkannt wurde.871

Als Bündnispartner Großbritanniens kämpfte Japan von 1914 bis 1918 an der Seite der Entente gegen Deutschland. Gleich nach Bekanntwerden der Kriegserklärungen in den ersten Tagen des August 1914 reisten um die hundert deutsche Reservisten und Freiwillige aus Japan nach Tsingtau und gerieten nach dreimonatiger Internierungshaft in eine mehrere Monate dauernde Gefangenschaft.872 Von den Deutschen, die nicht nach Tsingtau gefahren waren, blieb der Großteil in Japan. Nicht wenige Deutsche wanderten aber auch in die Vereinigten Staaten aus. Die Beschlagnahmung deutschen Eigentums, das Verbot des Handels, das durch das „Gesetz gegen den Handel mit dem Feind“ gedeckt wurde, dauerte bis Ende des Jahres 1919. Schließlich begannen die Japan-Deutschen ihre Handelsbeziehungen mit den Japanern neu aufzubauen. An das rege deutsch-kulturelle Leben der Vorkriegszeit konnte nur schwer angeknüpft werden, da die beiden deutschen Clubs in Yokohama und Kobe zwangsverkauft und auch die „Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde“ beschlagnahmt wurde.873 Auch der Aufbau einer deutschen Wochenschrift wie sie in der Vorkriegszeit mit der „Japanpost“ vorhanden war, gelang nicht.874

868 Vgl. Kurt Meißner: Deutsche in Japan, S. 90. 869 Vgl. Ebd., S. 91. 870 Vgl. Ebd., S. 94. 871 Vgl. Ebd., S. 54-55. 872 Vgl. Ebd., S. 101. 873 Vgl. Ebd., S. 104. 874 Vgl. Ebd., S. 113. 198

Der Erste Weltkrieg bedeutete vor allem einen wirtschaftlichen Schub für die japanische Industrie, denn als Kriegsgegner Deutschlands konnte sich Japan nach der Belagerung von Tsingtau die deutsche Kolonie Kiautschou einverleiben und sich so in China festsetzen. Dabei handelte es sich um ein 1898 vom chinesischen an das deutsche Kaiserreich verpachtetes Gebiet im Süden der Shandong-Halbinsel. Während England und Frankreich ihre Industrie auf Kriegswirtschaft umgestellt hatten, konnten sich Japans Unternehmen außerdem auf den Märkten der europäischen Kolonien in Ost- und Südostasien etablieren. Mit dem Weltkrieg schien so auch Japans Ziel, die junge chinesische Republik zu regieren, erreicht. China sollte –ähnlich wie Korea, das seit 1910 von Japan annektiert wurde– als Protektorat regiert werden.875 Auf der Friedenskonferenz in Versailles konnte Japan, das neben der USA, Großbritannien und Australien nicht wirklich gleichberechtigt war, zwar die Rechte über Tsingtau sichern, die Kriegsziele in China konnten jedoch nicht durchgesetzt werden – leidglich Japans Kolonialherrschaft über Korea wurde bestätigt. Dies führte dazu, dass Japan in seiner Funktion als „Außenseiter“ wieder verstärkt Beziehungen zu Deutschland suchte. Tatsächlich konnten nach dem Ersten Krieg die offiziellen deutsch-japanischen Beziehungen relativ schnell wiederaufgebaut werden, was dem Engagement des deutschen Botschafters in Tokio, Wilhelm Solf (1862-1936), zu verdanken ist. 876 Wilhelm Solf war im Jahr 1920 von Reichspräsident Friedrich Ebert zum neuen Botschafter Japans ernannt worden. Er verfügte als studierter Orientalist über landeskundliches Wissen und als Diplomat über das nötige Geschick, so dass ihm nach dem Ersten Weltkrieg relativ schnell eine wissenschaftliche und kulturelle Annäherung zwischen Japan und Deutschland gelang. 877 In der Zwischenkriegszeit konzentrierten sich die deutsch-japanischen Kontakte auf den kulturellen Bereich: Es kam zum Abschluss des Kulturabkommens und zur Gründung diverser Kulturinstitutionen wie des Japan-Instituts, des deutsch-japanischen Kulturinstituts und des japanisch-deutschen Forschungsinstituts.878

875 Vgl. Manfred Pohl: Japan, München 1991, S. 172. 876 Vgl. Manfred Pohl, Geschichte Japans, München 2002, S. 71. 877 Vgl. Eberhard von Vietsch: Wilhelm Solf. Botschafter in Japan 1860-1973, Tokio 1974; Masako Hiyama: Wilhelm Solf (1862-1936), in: Brückenbauer. Pioniere des japanisch-deutschen Kulturaustausches, hg. v. japanisch-deutschen Zentrum und Verein der japanisch-deutschen Gesellschaft in Tokio, Berlin 2005. 878 Vgl. Eberhard Friese: Kontinuität und Wandel, S. 808-811. 199

6.2.2 Ankunft in Japan und Erkundung Tokios

Abb. 23: Krebs Reisestationen in Asien

Nach einem kurzen Zwischenstopp auf Honolulu legte die „Nippon Yusen Kaisha“ am Abend des 20. Augusts 1926 am Pier von Yokohama an und Engelbert Krebs wurde von deutschen Professoren der Tokyoter Jesuitenuniversität in Empfang genommen und reiste weiter nach Tokio.879 Darunter befand sich der deutsche Jesuit Jakob Overmans, mit dem Krebs schon einige Monate zuvor in brieflichem Kontakt gestanden hatte, und der Japanologe Johannes Überschaar (1885-1965), der nach einem Studium der Geschichte und den ostasiatischen Sprachen bei Karl Lamprecht zunächst als deutscher Lektor an der Universität in Osaka gearbeitet hatte. Nach seinem Kriegsdienst lehrte er als Privatdozent an der kaiserlichen Universität in Kyoto.880 In der japanischen Hauptstadt angekommen, lernte Krebs auch den Rektor der dortigen Sophia-Universität, Pater Dahlmann, kennen. Dieser hatte nach seinem Studium der Orientalistik an der Universität in Wien die Fächer indische Altertumskunde und chinesische Literatur studiert und 1902/05 an Forschungsreisen nach China und Indien teilgenommen. Er war anschließend auf Wunsch Papst Pius X. nach Japan gereist, um eine katholische Universität ins Leben zu rufen. Im

879 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.08.1926. 880 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.08.1926. 200

Jahr 1911 gründete Dahlmann die rechtsfähige Stiftung und den Schulträger „Jochi Gakuin“. Zwei Jahre später erfolgte die offizielle Gründung der Hochschule als „Jochi Gaigaku“, als Sophia-Hochschule, auf Erlass des späteren Rektors Hermann Hoffmann SJ.881

Auf Vorschlag der Jesuiten unternahm Krebs mit einer Gruppe von vier Ordensbrüdern gleich am zweiten Tag seines Aufenthalts eine Wanderung auf den 3777 Meter hohen Gipfel des Fujiyama, der zu dieser Jahreszeit noch frei von Schnee und Eis war.882 So konnte Krebs am Morgen des 24. August den Sonnenaufgang auf dem Fuji erleben und schließlich eine kleine Wanderung um den Krater herum unternehmen.883 Dankbar für das Erleben solcher Naturerlebnisse notierte Krebs in sein Reisetagebuch: Ein gastfreundlicher Jesuitenpater hatte mir im Sommer die Herrlichkeiten der Niagara-Fälle erschlossen, Jesuiten haben mir die Schönheit des Fudji zugänglich gemacht.“884

Abb. 24: Auf dem Fudji-Krater

Da Krebs sich zum Ziel gesetzt hatte, durch Vorträge an Universitäten und in geschlossenen Gesellschaften an der Annäherung zwischen Osten und Westen mitzuwirken, entschied er

881 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 21. 08.1926. 882 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22.-24. 08.1926. 883 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.08.1926. 884 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 277. 201

sich, gleich nach seiner Ankunft in Tokio die Persönlichkeiten und Städte zu besuchen, die für diese Vorträge bedeutsam waren. Zuerst besuchte Krebs den deutschen Botschafter Wilhelm Solf, der durch die Zeitung von Krebs´ Ankunft erfahren und den Jesuiten telefonisch mitgeteilt hatte, dass er wegen eines Handelsvertrags in der Stadt sei.885 Da Wilhelm Solf sich besonders intensiv um das Zustandekommen seiner Vorträge bemüht hatte, wollte Krebs ihm persönlich danken und besuchte ihn gemeinsam mit dem Jesuiten und Literaturwissenschaftler Jakob Overmans in seinem Tokioter Büro. Zwei Tage später statteten die beiden dem Vizeminister des Unterrichts einen Besuch ab. Dieser hatte Krebs´ Einladungen zu Vorträgen an den kaiserlichen Universitäten in Japan „besonders warm empfohlen“ 886 . Außerdem wurde Krebs von Jakob Overmans durch die Kaiserliche Universität in Tokio geführt, die nach dem großen Erdbeben in Japan von 1923 teilweise schwer zerstört worden war und nun wieder aufgebaut wurde. 887 Unter Führung des Jesuitenpaters Kehl besuchte Krebs den Badeort Kamakura mit seinen alten Tempelanlagen, die Insel Enoshima und den Landsitz der Familie des katholischen Vize- Admirals Yamamoto im Ortsteil Katase. Mit dem Vize-Admiral Yamamoto, der Reisebegleiter des Kaisers war, führte er ein langes Gespräch über die katholische Bewegung im japanischen und chinesischen Osten. 888 Das Thema der katholischen Bewegung in Deutschland war in Japan von großem Interesse, sodass Yamamoto Krebs einlud, in dem von ihm geleiteten katholischen Jungmännervereins in Tokio einen englischen Vortrag über das katholische Leben Deutschlands seit dem Krieg zu halten.889

In den ersten Tagen seines Aufenthaltes war Krebs gemeinsam mit Jakob Overmans auch zu verschiedenen Denkmälern gereist: Der erste Besuch galt dem Denkmal des deutschen Generals Klemens Wilhelm Jacob Meckel890 (1842-1906), der 1885 als Major von der japanischen Regierung als Militärberater ins Land gerufen wurde und daraufhin mehrere Jahre als Lehrer an der japanischen Heereshochschule und als ausländischer Berater gearbeitet und somit das japanische Heereswesen nach preußischem Stil umgeformt hatte.891 Über den Besuch des Meckel-Denkmals notierte Krebs wie folgt:

885 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.08.1926. 886 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 278. 887 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 29.08.1926. 888 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 29.08.1926. 889 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 29.08.1926. 890 Vgl. Georg Kerst: Jakob Meckel: Sein Leben, sein Wirken in Deutschland und in Japan, Göttingen/Zürich/Freiburg, 1970. 891 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 31.08.1926. 202

„Ohne angehalten zu werden, betraten Pater Overmans und ich die Höfe der Akademie, und bald fanden wir in einer stimmungsvollen Parkanlage, umschattet von einer Baumgruppe und vorne auf eine offene Wiese schauend, die auf einem Granitsockel aufgestellte Bronzebüste des deutschen Generals mit der einfachen Unterschrift Meckel und der Jahreszahl MXMXII. Davor lehnte ein bronzener Lorbeerkranz, rechts und links standen zwei Bronzeschalen und zwei schwere Granaten, und ein Wappenschild schmückte den Sockel. Es kamen einem merkwürdige Gedanken, wenn man diese Jahreszahl las und dessen gedachte, was zwei Jahre später mit den Früchten von Meckels Unterricht uns als Ernte bereitet wurde.“892

Abb. 25: Denkmal des Generals Meckel in Tokio

Außerdem besuchten die beiden das Haus und den Tempel des als Gottheit verehrten Generals Nogi Maresuke (1849-1912) in seiner Heimat Chofu, dessen größte militärische

892 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 280. 203

Leistung die 154-tägige Belagerung von Port Arthur im russisch-japanischen Krieg (1904- 1905) war, bei der die russischen Truppen zur endgültigen Kapitulation gezwungen worden waren. Im Jahr 1912 beging Nogi zusammen mit seiner Ehefrau Suizid, um dem verstorbenen Kaiser Mutsuhito (1852-1912) in den Tod zu folgen. Im Vaterhaus des japanischen Generals Nogi saßen Mutter und Sohn dem Vater als lebensgroße Holzfiguren in einer japanischen Ehrfurchtshaltung gegenüber. In diesen sah Krebs die auf der Ehrfrucht vor dem Vater, dem Lehrer und dem Kaiser verbundenen Moral bildhaft dargestellt.893

Abb. 26: General Nogi mit seinen Eltern

Am 1. September 1926, dem Jahrestag des großen Erdbebens von 1923, das etwa 143 000 Todesopfer gefordert sowie die japanische Hafenstadt Yokohama und große Bereiche des benachbarten Tokio zerstört hatte, wurde Krebs von dem Rektor der Jesuitenuniversität Pater Kuenburg, zu einem Platz mit einer öffentlichen Gedächtnishalle geführt, wo der Toten gedacht wurde. 894

Da die geplanten Vorträge an japanischen Universitäten vor November nicht beginnen konnten, sah Krebs´ Reiseplan eine Herbstreise durch China und Japan vor, an die sich

893 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 31.08.1926. 894 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 01.09.1926. 204

seine Vorlesungstour durch Japan anschließen sollte. So blieb Krebs während der ersten Septembertage noch Zeit, shintoistische und buddhistische Heiligtümer in der Hauptstadt zu besichtigen. Zu den shintoistischen Heiligtümern zählen die Schreine des Kaisers Meiji, des Marschalls Nogi und der Shogune im Shiba-Park, der Soldatengedächtnistempel Shokonsha im Kudanpark und der Tempel des Tokioter Stadtgottes Sanno nahe der Jesuitenuniversität. Krebs besuchte auch den berühmtesten buddhistischen Tempel der Kaiserstadt, den Quannontempel im Asakusa-Park, der stets von einer großen Zahl von Wallfahrern umgeben war 895 . Des Weiteren besichtigte er den Ueno-Park, dessen Hauptschatz die kaiserlichen Sammlungs- und Ausstellungsgebäude waren, sowie den vielbesuchten Heiratstempel, an dem Frauen und Männer für „eine gute Heirat für ihre Kinder oder sich selbst“896 baten. Außer den Heiligtümern in der japanischen Hauptstadt, unter denen Krebs viele Kapellen zur Verehrung heiliger Füchse fand, besuchte er mit den Jesuitenpatres auch die schönsten Wallfahrtsstätten des Landes, sowie den großen Buddha in Kamakura und die Tempelstadt Nikko.897 Über die Reise von Tokio dorthin schrieb Krebs wie folgt:

„Von Tokio aus fuhren wir früh um fünf Uhr nordwärts und waren nach vierstündiger Bahnfahrt in dem Waldgebirge, das in einem engen Hochtal die Tempelstadt verbirgt. Am rauschenden Bergbach liegt die Siedlung der bürgerlichen Gemeinde. Aber dort, wo der Wasserlauf oben an die Häuserreihe herantritt, um sie dann nach rechtwinkliger Wendung talabwärts zu begleiten, dort tritt man über eine Brücke, neben der heiligen roten Holzbrücke, aus der bürgerlichen Umgebung heraus und wird von hochstämmigen alten Nadelholzwäldern aufgenommen. Feierliche Wege, Galerien von Steinlaternen, moosige Steintreppen, heilige Brunnen, shintoistische Torijs und buddhistische Prunktore, mächtige Bronzeleuchter und Bronzeglocken, buddhistische Altäre, shintoistische Totenmale, klösterliche Höfe und Wohnungen, reich geschnitzte Schatzhäuserfronten, Ställe heiliger Tiere, Shintopriester und Tempeltänzerinnen, Pilger und Fremde ziehen am Auge vorüber. Durch die hohen Fichten flimmert das Licht der Spätsommersonne. Alles atmet Schönheit, Feierstimmung, Größe.“898

Die ihm zur Verfügung stehende freie Zeit nutzte Krebs aber auch, um rheinische Verwandte kennen zu lernen, die er noch nie gesehen und mit denen er noch nie Briefe

895 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 284-285. 896 Ebd., S. 285. 897 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheinträge vom 26.08.1926; 28.08.1926; 31.08.1926; 04.09.1926; 09.09.1926. 898 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 285. 205

gewechselt hatte. Unter ihnen befand sich seine Cousine Cilly Goossens, die in einer Tokioter Importfirma namens Jlies und Co arbeitete und Verlobte des dort arbeitenden Prokuristen war. Während der letzten Tage seines Aufenthaltes wurden die beiden von Engelbert Krebs kirchlich getraut. 899 Durch sie kam Krebs in Kontakt mit deutschen Industriellenkreisen, die ihm von der schwierigen wirtschaftlichen Lage in Asien berichteten.900 In Kamakura war Krebs als Gast seiner Cousine Cilly in die Pension eines Ökonomen der deutschostasiatischen Gesellschaft eingeladen worden, die hauptsächlich aus Mitgliedern des Importhauses Jlies und Co. sowie der Firma Bosch bestand. Obwohl Krebs selbst kein Fachmann für wirtschaftswissenschaftliche Fragen war, forderte er eine Änderung der deutschen Exporte nach Japan: Die japanische Regierung sei bemüht, die heimische Industrie mit Staatsmitteln so zu fördern, dass der Import immer weniger notwendig wäre. England und die Vereinigten Staaten hätten die wirtschaftliche Lage in Asien klarer erfasst, denn anstatt zu exportieren, seien sie dazu übergegangen, amerikanisch-japanische bzw. englisch-japanische Industrieanlagen im Land selbst zu schaffen und somit inländische sowie ausländische Kapitalinteressen zu verbinden. Aus diesem Grund riet auch Krebs, den Export nach Japan auf nur wenige hochwertige Erzeugnisse mit Monopolstellung dort einzuführen und stattdessen Tochterunternehmen unter Beteiligung des japanischen Kapitals mit Beschäftigung japanischer Arbeiter zu gründen.901

899 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 25.08.1926; 27.08.1926; 05.09.1926. 900 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 05.09.1926. 901 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 288-289. 206

Abb. 27: Zwerggarten in Tokio

Abb. 28: Japanerhaus in Tokio (Kojimachi)

207

Abb. 29: Zentrum des Wohnviertels in Tokio (Kojimachi)

Abb. 30: Vor dem Heiratstempel im Ueno-Park in Tokio

208

Abb. 31: Shintoheiligtum mit heiligen Füchsen

6.2.3 Reise zu den katholischen Missionsstätten in China und Korea Am 13. September brach Krebs zu einer vierwöchigen Fahrt durch China und Korea auf, obwohl zu dieser Zeit die südchinesische Revolution schon in vollem Gange war.902 Von Tokio fuhr Krebs mit der Bahn nach Kobe und mit dem Schnellschiff „Shanghai Maru“ der „Nippon Yusen Kaisha“ weiter nach Nagasaki, wo er die Überreste der einstigen großen katholischen Gemeinde von Nagasaki-Urakami besuchte.903 Von dort aus fuhr Krebs mit dem Schiff weiter nach Shanghai. Insbesondere die Fahrt durch die japanischen Binnenseen von Kobe bis Schimonoseki und dann die Küstenfahrt und Einfahrt in die Bucht von Nagasaki hatten Krebs „aufs neue die Schönheit der japanischen Inselwelt“904 offenbart.905 In Shanghai-Hongkeu fand Krebs gastliche Aufnahme bei den französischen Jesuiten der Herz-Jesu-Kirche in der Nanzing-Road. 906 Der Rektor des Hauses, der früher bei den deutschen Jesuiten in Tokio tätige Pater Boucher, zeigte Krebs vor seiner Abfahrt die

902 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 13.09.1926. 903 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 14.09.1926. 904 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 291. 905 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.09.1926. 906 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.09.1926. 209

Pfarrschulen der französischen Jesuiten, wo etwa hundert Chinesen, sowohl Heiden als auch Katholiken, unterrichtet wurden und das gegenüberliegende große Kolleg, in dem etwa tausend chinesische Gymnasiasten höhere Studien betrieben.907

Abb. 32: Auf Zwischenstation in Shanghai

907 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.09.1926. 210

Abb. 33: Am Yangtsekiang gegenüber Pucko

Gemeinsam mit ihm besuchte Krebs auch die Missionsstation in Xujiahui908, die zwischen 1840 und 1850 gegründet worden war und in den Händen der französischen Jesuiten und der Soeurs Auxiliatrices lag. Hier konnte Krebs die Haupteinrichtungen einer gut ausgebauten Mission mit einem Provinzialhaus der Ordensoberen der Jesuiten, mit einer katholischen Gemeinde, Schule, Werkstätten, Landwirtschaft, Exerzitienräumen und großem Garten sehen. In Zikawei besuchte er die geräumige Bibliothek und eine darin enthaltene wertvolle Sammlung chinesischer Bücher. Den Soeurs Auxiliatrices gehörten außerdem eine Kinderkrippe, ein Mädchenwaisenhaus, eine Schule, Werkstätten und Ateliers.909 Mit dem Senior der Jesuiten von der Herz-Jesu Kirche besuchte Krebs den chinesischen Christen Lo Pa Hong (1875-1937)910, dessen Familie schon seit den Tagen der ersten Jesuitenmissionare, also seit über 300 Jahren, zu den Katholiken der Stadt gehörte. Lo Pa Hong, der als Industrieller zu großem Reichtum gekommen war, hatte durch sein privates Einkommen viele Stiftungen finanziert und damit die Gründung des

908 Von Krebs in seinem Tagebuch mit dem früher gebräuchlichen Namen „Zikawei“ bezeichnet; es finden sich auch die beiden Schreibweisen „Ziccawei“ oder „Siccawei“. 909 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.09.1926. 910 Vgl. Joseph Masson: Un millionaire chinois au service des gueux: Joseph Lo Pa Hong, Louvain 1950. 211

Josephshospitals in Nantao und einer Schule mit Internat, an dem die Salesianer des Don Bosco arbeiteten, ermöglicht.911 Über die Begegnung mit Lo Pa Hong notierte Krebs: „Wie viel haben wir europäische Christen von diesem chinesischen Katholiken zu lernen. Die Begegnung mit Lo Pa Hong wird mir unvergesslich bleiben.“912

Abb. 34: Lo Pa Hong mit seinem Sohn

Mit dem Eilzug fuhr Krebs weiter, um die beiden großen deutschen Missionen von Yenchowfu und Tsinanfu zu besuchen. Südshantung, das seit 1882 von den Steyler Missionaren unter Bischof Johann Baptist von Anzer SVD (1851-1903) missioniert worden

911 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 18.09.1926. 912 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 309. 212

war, wurde zu dieser Zeit von seinem Nachfolger, Bischof Henninghaus, geleitet.913 Krebs erreichte am 21. September Yenchowfu, wo er von dem deutschen Apostolischen Vikar von Süd-Schantung, Augustin Henninghaus SVD (1862-1939), am Bahnhof abgeholt wurde. 914 Dieser war im Jahr 1886 von Arnold Janssen, dem Gründer und ersten Generalsuperior der Steyler Missionare in Shandong entsendet worden, wo er seitdem als katholischer Missionar wirkte und im Jahr 1904 von Papst Pius X. zum Missionarsbischof von Yenchowfu ernannt wurde. 915 Mit Bischof Henninghaus fuhr Krebs mit dem chinesischen Lokalzug weiter nach Dädja, zum Provinzhaus der dortigen Mission. Auf dem Weg dorthin besuchte er Tsinning, wo die Patres eine höhere technische Schule führten. Dort begegnete Krebs auch dem Gründer und Leiter des Franz-Xaver-Kollegs, Pater Stenz, der neben religiösen und missionarischen Schriften in englischer, deutscher und chinesischer Sprache auch einige chinesisch-deutsche Lehrbücher verfasst und herausgegeben hatte.916 Mit Pater Georg M. Stenz (1869-1929) 917 sprach Krebs auch über die Zukunftsaussichten der katholischen Missionsarbeit in China. Als Ergebnis dieses Gesprächs notierte Krebs in sein Tagebuch:

„Die Zeiten haben sich in den vierzig Jahren, die Süd-Schantung als Apostolisches Vikariat nun besteht, sehr geändert. Revolution, Sturz des Kaisertums, amerikanische Aufklärung und Freiheitsideen, europäischer Materialismus, der die chinesischen Schulkinder mit Haeckels Affen- Menschen-Stammbäumen bekannt macht, haben die Aufgaben der Missionare umgestaltet. An die Seite der schlichten Volkspredigt und Seelsorge muss von nun an eine eifrige und hochwertige Schul- und Hochschularbeit und eine ganz andere Pflege der Presse als bisher treten. Die Missionen brauchen opferwillige wissenschaftlich geschulte Kräfte als Nachwuchs. Sonst wird das Werk nicht mehr vorwärtsgehen wie bisher. – Die Ansichten, die Pater Stenz mir äußerte, sind nicht seine privaten Meinungen. Ich fand sie wieder bei vielen Missionaren.“918

Am späten Nachmittag hatten Krebs und Bischof Henninghaus das Provinzhaus in Dädja erreicht. Hier besuchte er auch die Gräber einiger Missionare, darunter die des ersten

913 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.08.1926. 914 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 21.08.1926. 915 Zu Augustin Henninghaus vgl.: Pater Hermann Fischer: Augustin Henninghaus – 53 Jahre Missionar und Missionsbischof, Kaldenkirchen 1946; R. Hartwich: Steyler Missionare in China (4 Bde.) (Studium Instituti Missiologici SVD 1953), Nettertal 1987. 916 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22. 08.1926. 917 Zu Georg M. Stenz vgl.: Stephan Putzer: Georg M. Stenz SVD: Chinamissiona im Kaiserreich und in der Weimarer? Republik (Cellectanea Serica), Nettertal 1954. 918 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 315-316. 213

Chinamissionars in Süd-Shantung, Pater Josef Freinademetz (1852-1908) 919 , und die Gräber der ermordeten Patres Robert Henle SVD (1865-1897) und Franz Xaver Nies SVD (1859-1897), die am 1. November 1897 in Zhangjiazhuang in Süd-Shandong vom Geheimbund der “Boxer” ermordet worden waren.920

Vor den Ordensleuten und Seminaristen in Dädja und Yenchowfu konnte Krebs einige Vorträge halten921, vor den jungen Priesteramtskandidaten in Tsinning hielt er auch eine Rede auf Latein über seine Erlebnisse auf dem Eucharistischen Kongress.922

Abb. 35: Flußübergang bei Yenchowfu in Süd-Schantung

919 Zu Josef Freinademetz: Hermann Fischer: P. Joseph Freinademetz: Steyler Missionar in China 1879- 1908. Ein Lebensbild, Kaldenkrichen 1936; Josef Hellweck: Josef Freinademetz: Ein Leben im Dienst der Menschen Chinas, Nettertal 2003; Maximilian Pomlit: Fu schenfu und sein kleiner Drache. Der heilige Joseph Freinademetz in China, Innsbruck 2012. 920 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22. 08.1926. 921 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 320. 922 Vgl. Ebd., S. 317-318. 214

Auf Vorschlag von Bischof Henninghaus besuchte Krebs auch das Grab von Kongfutse in Djüfu.923 Dort wurde er zufällig Zeuge eines seltenen Schauspiels eines Kongfutse-Opfers einer Gruppe reicher Herren aus dem fernen Mukden. Von Dädja bei Tsinning aus reiste Krebs zu den deutschen Franziskanern nach Nord-Shandong, wo er von dem deutschen Franziskanerbischof Adalbert Schmücker abgeholt wurde und mit ihm gemeinsam nach Hongdjalou fuhr, wo sich eine ebenfalls gut ausgebaute Missionsstation mit Priesterseminar, ein LehrerInnenseminar, Waisenhaus, Schulen und ein Altenheim befand.924 Gerade mit Bischof Schmücker hatte Krebs eine wertvolle Unterhaltung über die katholische Mission in Fernost, über die er in seinem Tagebuch schrieb:

„Er ist auch bedrückt durch den langsamen Fortschritt des Christentums in China, die Verwirrungen, die durch den Protestantismus ins Land kommen, die geringen Aussichten auf eine völlige Katholisierung des chinesischen Volkes. Die politische Zerrissenheit, die Gewaltherrschaft der Generäle, der ewige Bürgerkrieg, die Verelendung des Volkes hemmen die Mission. Dazu die geringe Akkommodation der europäisch gestalteten Kirche an die ganz anders geartete chinesische Kultur. Wir müssten völlig anders uns akkommodieren können. […] Solange die Kirche so sehr die Formen europäischer Kultur hat, so lange wird sie dem Chinesen mit seiner Eigenkultur fremd bleiben.“925

Anschließend reiste Krebs mit dem Zug nach Peking, wo er am 29. September ankam und von den Benediktinern der katholischen Universität betreut wurde. 926 Die Leitung des Konvents der Benediktiner lag dem ursprünglich aus Renchen in Baden stammenden Pater Ildefons Brandstätter, mit dem Krebs auch die Sehenswürdigkeiten der Stadt besuchte: Gemeinsam besichtigten sie die „Verbotene Stadt“ im Zentrum Pekings, wo bis zur Revolution von 1911 die chinesischen Kaiser der Ming und Quing-Dynastie regierten und lebten, sowie den „Himmelstempel“, die größte Tempelanlage Pekings im südlichen Teil der Stadt. Im Westen der Stadt besuchten sie auch die Gräber der großen Pioniermissionare Pater Ricci, Pater Schall und Pater Verbiest und das Lama-Kloster an der Innenseite der Nordmauer Pekings. 927 Anfang Oktober verließ Krebs Peking gemeinsam mit Pater Ildefons, um mit ihm dem Bischof und Abt Bonifatius Sauer in Seoul und Wonsan einen

923 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde., S. 323. 924 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag 25.09.1926. 925 UAF: C126/30: Tagebucheintrag 28.10.1926. 926 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 29.9.1926. 927 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 29.9-7.10.1926. 215

Besuch abzustatten. Auf dem Weg dorthin machten die beiden Kirchenmänner Zwischenstation in Mukden.928 Am dortigen Bahnhof wurden sie von Professor Dr. Sato, Psychologe vom „Manchuria Medial College“ in Tokio und ehemaliger Student der deutschen Jesuitenuniversität in Tokio erwartet, der auf Grund seines Unterrichts an der Sophia-Universität fließend deutsch sprach, empfangen. Bischof Sauer hatte das Treffen vor Krebs´ Weltreise arrangiert. 929 Professor Dr. Sato wollte Krebs unbedingt kennen lernen, weil er mit Ausnahme von nur einem Buch aus der Kriegszeit alle Publikationen von Krebs in seine Bibliothek aufgenommen hatte.930

Abb. 36: Katholische Universität in Peking

928 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 8.10.-10.10.1926. 929 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 10.10.1926. 930 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 08.10.1926. 216

Abb. 37: Kaiserpalast in Peking

Am 11. Oktober kam Krebs mit Pater Ildefons in Seoul beim Abtbischof Bonifatius Sauer an.931 Nach einigen Tagen in Seoul932 reiste Bonifatius Sauer mit ihnen weiter in das neu errichtete Apostolische Vikariat nach Wŏnsan933, in das Abt und Konvent von St. Benedikt endgültig übersiedeln sollten.934 Das dortige Bischofshaus und die Schule waren schon bewohnbar, das Schwesternhaus beinahe fertig gebaut. Das Priesterseminar und die Abtei waren hingegen noch voll im Bau. Dank der Hilfe Friedrich Schlatters aus New York konnte Krebs eine Summe des Spendengeldes von Amerika nach Ostasien bringen. Es waren gegen 2500 Dollar, rund 8-10 000 Goldmark, die Krebs als Gabe amerikanischer Wohltätiger dem Abt-Bischof übergeben konnte.935 Mit Abtbischof Sauer bereiste Krebs auch Außenposten katholischer Missionsarbeit in Näpjong.936 Außerdem besuchte Krebs

931 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 11.10.1926. 932 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 11.10-12.10.1926. 933 Vgl. UAF. C126/30: Tagebucheintrag vom 15.10.-17.10.1926. 934 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.10.1926. 935 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 369. 936 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 18.10.1926 und 19.10.1926. 217

den französischen Bischof Florian Demange des Apostolischen Vikariates in Süd-Korea in Taeku.937 Der Vorabend des Abschieds blieb ihm besonders intensiv in Erinnerung:

„Als wir nach Tisch, vor meinem Abschiede von den koreanischen Pionieren des Christentums, im Priesterzimmer des Bischofshauses von Taeku das letztemal beisammen saßen, da nahm ich das Bild tief in mein Gedächtnis auf: die zwei Bischöfe, Demange, der erfolggekrönte Franzose, und Bonifaz Sauer, der an neuem Anfang stehende Deutsche, und neben ihnen in weitem Kreisbogen um den Kaffeetisch sitzend alte und junge Franzosen und koreanische Priester, fast alle bärtig, alle die lagen dünne Koreanerpfeife rauchend und mit dem Fremdling plaudernd von Leid und Freud der Missionsarbeit im fernen Osten. Ein junger Missionspriester war aus den meiner Heimat benachbarten Vogesen. Wir kannten gegenseitig die Berge des Schwarzwaldes und des Vogesenwaldes. Aber unsere weiteren Vaterländer, Frankreich und Deutschland, sind durch Sprache und politische Gegensätze seit Jahrhunderten getrennt. Hier im fernen Osten galt die Trennung nicht. Gastfreundlich und liebevoll haben die französischen Missionare den deutschen Gast überall aufgenommen, in China und der Mandschurei, in Korea und Japan. Hier umschloss uns das gemeinsame Bewusstsein abendländischer Kulturtradition und römisch-katholischer Kirchengemeinschaft. Wann wird der Tag kommen, da Frankreich und Deutschland sich auf diese ihre Gemeinschaft auch in Europa selber besinnen, endgültig den Krieg der Nachbarländer beenden und in den Vereinigten Staaten Europas mit treuer Wahrung ihrer nationalen Eigenart, aber ebenso treuer Wahrung ihrer gemeinsamen Kulturgüter ein zukunftsreiches neues Leben beginnen? – So ziehen Heimatsorgen mit dem Wanderer um die Erde, und wie in Nordamerika, so drängen sie auch hier im Osten nach einer Richtung: Wiedervereinigung der einst im Heiligen Römischen Kaiserreiche geeinten europäischen Staaten in einem großen Staatenbunde, Wiedervereinigung vor allem auch der heute getrennten Christenheit in einem Glauben und einer weltumspannenden Kirche! Ansätze zu beiden Annäherungsbewegungen sind dem Auge des Beobachters heute erkennbar. Mögen sie wachsen und stark werden und mit Gottes Segen einst zum Ziele führen!“938

Am letzten Tag seines Aufenthaltes verabschiedete sich Krebs von Bischof Sauer, der ihm eine Reliquienkapsel mit Haaren des Bischofs Imbert, der Priester Mauband und Chastan und einem Fußknöchelchen des Koreanerpriesters Andreas Kim, eines 1925 selig gesprochenen koreanischen Märtyrers, übergab. Auch Krebs hinterließ Sauer, neben den Spenden, die Prälat Friedrich Schlatter in Amerika sammeln konnte, eine private Spende

937 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 23. Und 14.10.1926. 938 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 375. 218

von 168 Goldmark.939 Am Abend des 24. Oktober 1926 an Bord der „Tokuju-Maru“ nach Japan ließ Krebs nun das Erlebte Revue passieren940:

„Die chinesisch-koreanische Reise ist beendet. Mit Bewunderung und dankbarer Liebe gedenke ich den besuchten Missionaren, der deutschen wie der französischen. Wie echt war die Bruderliebe, mit der sie mich alle aufnahmen! Wie schön äußerte sie sich immer abends nach dem Tisch, wenn der Bischof […] im Kreise seiner Missionare mich teilnehmen ließ an den heiteren und ernsten Gesprächen! Pater Prokurator u. Bischof Sauer brachten mich zur Bahn, kurzer Abschied; auf Wiedersehen 1928 in Freiburg oder vielleicht 1930 in Rom beim Konzil (?)! – Dann fuhr ich, im bequemen Speisewagen des Mukden-Fusan-Express in die abendlich leuchtende und bald in Dämmerung verschiedene Berglandschaft hinaus, Brevierbetend und mit dem immer stärker mich beschäftigenden Gedanken ringend: Wie kann die Kirche siegen im Kampfe um die Seele Ostasiens? Sie kann und wird es mit der Gnade Gottes! – Aber was haben die Katholiken zu tun, und was kann ich speziell tun, um den Sieg herbeizuführen?“941

939 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 23.10.1926. 940 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.10.1296. 941 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.10.1926. 219

Abb. 38: Abtbischof Bonifacius Sauer (rechts) und der Prior der Benediktiner von Peking, Ildefons Brandstätter mit den ersten koreanischen Postulantinnen

Abb. 39: Auf dem Kongfutse-Friedhof in Djüfü 220

Abb. 40: Kongfutse-Grab in Djüfu

Abb. 41: Stadttor in Djüfu

221

Abb. 42: Japanerinnen vor dem Buddhistentempel von Tsurumi bei Tokio

6.2.4 Vortrags- und Missionsreise durch Japan und Rückfahrt Von Fusan kommend, landete Krebs am Montag, den 25. Oktober, früh morgens in Schimonenski, wo ihn Pater Utsch von der dortigen Mission erwartete.942 Während der meisten Zeit des Aufenthaltes in Japan war Krebs Gast der Jesuiten von „Jochi Daigaku“, d.h. der „Weisheits-Hochschule“ in Tokio, die auf Wunsch des Papstes Pius von der deutschen Ordensprovinz der Jesuiten gegründet worden war. Viel stärker als beim ersten Besuch vor zwei Monaten bemerkte Krebs – auch im Rückblick auf seine Missionsreise durch China und Korea – „welche Führeraufgabe auf zivilisatorischem Gebiete den Japanern im fernen Osten zugefallen“943 war:

„Dieses Land hat in fünfzig Jahren sich vom mittelalterlichen zum neuzeitlichen Staatsgebilde umgestaltet, hat vom Westen alle Errungenschaften der Technik sich angeeignet und dennoch seine Eigenart nicht eingebüßt. Die ihm von der Vorsehung zugewiesene Rolle, östliche und westliche Kultur in eine für andere vorbildlichen Weise zu verbinden, ist diesem Volke noch durch die Siege

942 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 25.10.1926. 943 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 377. 222

über Russland und China und durch die Teilnahme am Weltkrieg auf der Siegerseite in einer Weise deutlich gemacht worden, wie es selten einem Volke beschieden war. Die Japaner sind heute die vom Lenker der Geschichte berufenen Führer des Ostens. Und die Kirche, die sich als Gottes sichtbares Reich auf Erden weiß, hat mit dieser Führerstellung der Japaner ebenso zu rechnen wie alle europäischen und amerikanischen Staats- und Wirtschaftsmächte, die ihren Blick nach Ostasien richten.“944

Schon am ersten Tag seiner Vortragsreise durch Japan durfte Krebs erfahren, „wie wohlgeborgen [er] in Japans Gelehrtenkreisen als Mitglied der Freiburger Universität“ und „wie hochgeachtet [seine] „Alma Mater“ in Japan“ war.“ 945 Bei Gesprächen mit den japanischen Professoren stellte Krebs immer wieder fest, wie viele sie von den Freiburger Kollegen kannten, insbesondere Mediziner und Nationalökonomen wie der Freiburger Professor für Nationalökonomie Robert Liefmann (1874-1941) und der Professor für Nationalökonomie und Finanzwissenschaften Karl Diehl (1864-1943), waren ihnen ein Begriff. 946 In seinem publizierten Reisetagebuch schrieb Krebs außerdem: „Beim Präsidenten der großen Zeitung Asahi Shinbun, von der ich später zu berichten haben werde, fand ich Vertrautheit mit Schultze-Gaevernitz und Götz Briefs. In Kyoto 947 , Tokyo948 und Fukuoka949 war es besonders der Philosoph Edmund Husserl, der Freiburgs Hochschule zu Ehren brachte.“950 In einem Brief an den Rektor der Freiburger Universität berichtete Krebs, dass er „überall sehr viel Vertrautheit mit unserer Alma Mater fand“. Insbesondere die „Namen unserer Mediziner alter und neuer Zeit“, aber auch diejenigen Namen „unserer Philosophen und Nationalökonomen“ seien den japanischen Professoren „teils durch die Literatur, teils durch Briefwechsel, teils durch die in vielen Freiburg verbrachten Studienjahre wohl bekannt“. Als Angehöriger des „Freiburger Lehrkörpers“ sei Krebs demnach überall „enthusiastisch“ aufgenommen worden.“ 951 Rückblickend notierte Krebs zur internationalen Vernetzung seiner „Alma Mater“:

„Meine Heimatstadt ist das, was man eine Provinzstadt nennt. Und mit dem Begriffe der Provinzstadt verbindet sich leicht der vorwurfsvolle Begriff des Provinzlertums, der engen, für die weite Welt

944 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 377. 945 Ebd., S. 380. 946 Vgl. Ebd., S. 379. 947 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 3.11.1926. 948 Vgl. UAF. C126/30: Tagebucheintrag vom 10.-21.11.1926. 949 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27.11.1926. 950 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 379. 951 UAF: B24/1921: Krebs an den Rektor der Freiburger Universität vom 12.11.1926. 223

nicht aufgeschlossenen Denkart. Dass aber mein kleines Freiburg und seine Hochschule für die seelische Verbindung Deutschlands mit dem fernen Osten vielleicht ebenso viel getan hat wie das handelsmächtige Hamburg und das politisch mächtige Berlin, das kam mir bei meinen ersten Vorträgen in Japan anschaulich zur Erkenntnis.“952

Während seiner Tour war Krebs Gast des Präsidenten der Kansai-Universität von Osaka. Unter den Geladenen befand sich auch der Internist und Tuberkuloseforscher Dr. Aihiko Sata (1871-1950), der jahrelang als Rektor der medizinischen Hochschule in Osaka gearbeitet hatte, und der Krebs als Vortragsredner in seinen deutsch-japanischen Club lud. Sein Vortrag sollte von Dr. Katsumoto, einem Privatdozenten bzw. Assistenzprofessor an der Handelshochschule, ins Japanische übersetzt werden. 953 Nach dem Abendessen „ergingen sich Sata und seine Landsleute in herzlichen Tischreden über die geistige Verbindung von Japan und Freiburg“. Ihre „Liebe zu Deutschland“ zeichnete sich auch durch die „alsbald nach dem Kriege“ von Sata und seinen Freunden initiierten „Hilfsaktion für die Notleidenden in Deutschland“ aus. Besonderen Eindruck hinterließ Satas Tätigkeit als Präsident des deutsch-japanischen Clubs, mit dessen finanzieller Unterstützung er eine geisteswissenschaftlich ausgerichtete deutsch-japanische Zeitschrift herausgab, die „der Verbindung Japans und Deutschlands auf kulturellem Gebiete“954 dienen sollte.

An der Kansai-Universität in Osaka las Krebs in deutscher und englischer Sprache über die Wendungen im europäischen Geistesleben.955 Ende November erhielt er ein Schreiben eines Professors für Ökonomie von der Universität in Osaka, in dem diese sich im Namen der Kansai-Universität noch einmal für den dortigen Vortrag bedankte. Durch Krebs Vorträge über die Wendung im deutschen und europäischen Geistesleben habe die Kenntnisse der japanischen Gelehrten „sehr an Intensität“ gewonnen. Gerne wolle er eine japanische Übersetzung des Vortrags für die nächste Ausgabe des „Kansai University Bulletin“ anfertigen lassen, sodass sein „hochschätzbarer Vortrag noch weitergelesen werden“ könne. In dem Brief wurde Krebs außerdem stellvertretend für die gesamte deutsche Gelehrtengemeinschaft Dank für den „Einfluss“ ausgesprochen, „den die deutsche Wissenschaft auf die japanische bekanntlich ausgeübt“956 habe.

952 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 378. 953 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 03.11.1926. 954 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 380. 955 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag 03.11.1926. 956 UAF: C126/515: T. Miyajima an Engelbert Krebs vom 18.11.1926. 224

Abb. 43: Krebs (Mitte vordere Reihe) mit den Professoren

der Kansai-Universität in Osaka

Abb. 44: Zeitungsartikel der Asahi.Shimbun: Krebs als Vortragsredner im Zeitungseigenen Auditorium

225

Ebenfalls von Erfolg gekrönt waren seine Vorträge an den kaiserlichen Universitäten in Kyoto, Tokio und Fukuoka und an den Privatuniversitäten Keio, Hosei und Jochi Daigaku in Tokio. 957 Nach Krebs Angaben waren 100-150 Studenten anwesend, in der Hosei- Universität sogar 600. An der kaiserlichen Universität von Tokio wurde Krebs von einer Studentengruppe sogar um einen zweiten Vortrag in deutscher Sprache gebeten. 958 Außerdem sprach er auch in großen öffentlichen Versammlungen: im Auditorium der Zeitung Asahi-Shimbun in Osaka, die eine Abonnentenzahl von über einer Million Leser hat, und auf deren Einladung 700-800 Zuhörer kamen.959 Auch hier sprach Krebs über die geistige Verbindung zwischen Japan und Deutschland und die Wende im europäischen Geistesleben. Gleich zu Beginn seines Vortrags betonte Krebs seine Freude darüber, mithelfen zu dürfen, „die geistigen Verbindungen zwischen Japan und Deutschland, dem fernen Osten und dem fernen Westen, fester zu machen“. Während „Technik und Naturwissenschaft und insbesondere Medizin“ schon lange „ein festes Band zwischen europäischen Hochschulen und japanischer Bildung“ geknüpft habe, gestalte sich die „philosophische Zusammenarbeit“960 schwieriger.

Über Krebs Vortrag wurde auch in den zwei japanischen Zeitungen „The Osaka Mainichi“ und der „Tokyo Nichi Nichi“ berichtet.961 Zudem sprach Krebs im Gemeinderatssaal von Nagoia vor ca. 800-1000 Zuhörern 962 , in katholischen Vereinigungen 963 , japanischen Frauenschulen und Damenzirkeln 964 in Kobe, Mikage und Tokio und in der deutsch- ostasiatischen Gesellschaft 965 in Tokio. Bei dem Damenzirkel in Osaka hatte Krebs´ Vortrag über die Konversionsbewegung in Europa dermaßen Eindruck hinterlassen, dass ihm einige Tage nachher brieflich mitgeteilt wurde, dass der Vortrag „einige greifliche Wirkungen bei den heidnischen Zuhörerinnen“966 hinterlassen hatte. Eine Zuhörerin hatte nach Krebs´ Abreise sogar um die Taufe gebeten. Von zahlreichen japanischen Professoren bekam Engelbert Krebs zudem private Einladungen: Der japanische Mediziner Dr.

957 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 09.11.1926; Tagebucheintrag vom 02.11.1926; Tagebucheintrag vom 12.11.1926; 958 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.11.1926. 959 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 30.10.1926. 960 UAF: C126/489: Zeitungsartikel über Krebs Rede vor einer Versammlung der Asahi-Zeitung in Japan. 961 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 30.10.1926; beiliegend der Zeitungsartikel vom 02.10.1926 „Dr. Krebs talks on new thought. Begins Lecture with Today`s Germany and European Thought.” 962 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22.11.1926. 963 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 14.11.1926. 964 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 30.10.1926; Tagebucheintrag vom 13.11.1926. Tagebucheintrag vom 16.11.1926; 965 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 10.11.1926; Tagebucheintrag vom 03.12.1926. 966 PQM: Krebs an seine Familie vom 02.01.1927. 226

Arisawa, der bei dem Mediziner Theodor Axenfeld (1869-1924) in Freiburg studiert hatte und nun einer der erfolgreichsten und wohlhabendsten Ärzte Japans war, lud Krebs zu einem „Freiburger Abend“ in seine Villa Uxbon am Meer bei Udschide ein.967 Einige Wochen später wurde Krebs von Professor Arima, einem Kollege und früheren Schüler Satas, zu einem japanischen Essen eingeladen.968

Abb. 45: Abendessen bei Professor Arima in Udschide

Dr. Sata selbst lud zu einem feierlichen Essen in einem japanischen Teehaus ein mit einem anschließenden Besuch in einem japanischen Theater.969 Auch der kaiserliche Gouverneur von Osaka und der Präsident des größten japanischen Theaterkonzerns waren anwesend. Unter den Gästen befanden sich auch Dr. Arima von der medizinischen Akademie zu Osaka und Professor Dr. Johannes Überschaar (1885-1965), der seit 1925 an der kaiserlichen Universität in Tokio lehrte, aber schon vor Ausbruch des Krieges als Lektor an der Universität in Osaka tätig gewesen war. Dr. Überschaars Bemühungen verdankte Krebs die Organisation einer ganzen Reihe von Vorträgen, die er in Kobe, Mikage, Osaka und Kyoto

967 Vgl. PQM: Krebs an seine Familie vom 02.01.1927. 968 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.11.1926. 969 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 05.11.1926. 227

gehalten hatte. Auch der deutsche Konsul Bischoff und seine Frau waren an diesem Abend Gäste auch Professor Sata, sowie der deutsche Romanschriftsteller Walter Bloem (1868- 1951) und Frau, den Krebs in Peking kennen gelernt und in Kyoto mit Professor Sata bekannt gemacht hatte. Walter Bloem war einer der meistgelesenen Schriftsteller seiner Zeit, der in seinen zahlreichen Romanen auch seine deutschnationale Haltung zum Ausdruck brachte. 970 Von 1926 bis 1927 unternahm er durch Unterstützung des Auswärtigen Amtes ebenfalls eine Weltreise, die ihn durch die Sowjetunion, China, Japan und die Vereinigten Staaten führte.971 In seinem publizierten Reisetagebuch schrieb Krebs zu den gemeinsamen Abenden folgendes: „Ich habe japanische Gastfreundschaft in mancherlei Formen kennengelernt. Immer berührte es einen wohltuend zu sehen, wie die japanischen Gelehrten Deutschland kennen und lieben.“ 972 Gerade diese Feststellung brachte Krebs zum Nachdenken über die Stellung Deutschlands in Japan:

„Haben wir Deutschen Freunde in Japan? Gibt es Menschen in Ostasien, die unser Vaterland lieben? Die nationalistische Antwort auf diese Frage kennen wir. Sie lautet verneinend. Und der Beweis ist: Japans Teilnahme am Kriege auf der Feindesseite. Dennoch glaube ich sagen zu dürfen, dass wir unter den japanischen Gelehrten wirkliche Freunde unserer deutschen Heimat haben. Nicht nur die Männer, von denen ich bisher erzählt habe, sind mir dessen ein Beweis. Ich lernte noch andere kennen. In Tokyo besuchte ich Professor Mizuno, der Deutschland nie gesehen hat, aber sehr gut Deutsch spricht und zurzeit mit der Übersetzung einiger Werke von Alban Stolz beschäftigt ist. In Tokyo traf ich auch den Nestor jener japanischen Gelehrten, die ihre Ausbildung in Deutschland erhalten hatten, Exzellenz Nagai, der 1871-1886, volle fünfzehn Jahre, in Deutschland gearbeitet hat und trotz seiner 80 Jahre für den Sommer 1927 einen Besuch in Deutschland auf seinem Programm hatte. „Es ist meine zweite Heimat“, sagte er zu mir. Und solcher Freunde Deutschlands gibt es noch manche. Was aber Tsingtau und die Teilnahme Japans am Weltkriege angeht, so sollten wir Deutschen nicht vergessen, was wir bei Erörterung dieser Frage zu Hause nie zu hören bekommen – , dass nämlich die Wegnahme unseres schönen Kolonialbesitzes auf der „Grünen Insel“ die politische Antwort auf die 20 Jahre früher liegende Wegnahme von Port Arthur war. Japan wollte nach dem chinesisch-japanischen Kriege den wichtigen Stützpunkt an der chinesischen Küste behalten. Da trat Deutschland auf die Seite der Mächte Russland und Frankreich, die von Japan die Herausgabe des Kriegshafens und der ganzen Liantunghalbinsel verlangten. Wenn also politische Vorwürfe zu erheben sind, so sind sie gegenseitig zu erheben. Heute ist Tsingtau wieder chinesisch, und Deutsche und Japaner begegnen sich dort auf neutralem Boden in friedlichen kulturellen Wettbewerb.

970 Vgl. Walter Bloem: Weltbrand. Deutschlands Tragödie 1914-1918. Mit Zeichnungen von Ludwig Dettmann, Berlin 1922; Ders.: Dreiklang des Krieges: Szenen aus der Zeit, Leipzig 1928; Ders.: Sturmsignal, Leipzig 1918; Ders.: Vormarsch, Leipzig 1916; Ders.: Das verlorene Vaterland, Leipzig 1914. 971 Vgl. Walter Bloem: Weltgesicht. Ein Buch von heutiger und kommender Menschheit, Leipzig 1928. 972 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 384. 228

Jedenfalls aber ist Tsingtau kein Beweis dagegen, dass es unter den japanischen Gelehrten ehrliche Freunde Deutschlands gibt, die unser Vaterland als eine zweite Heimat lieben, und denen nichts in der Geschichte ihres Landes so weh getan hat wie der politische Riss, der durch den Krieg zwischen ihrem Vaterland und dem deutschen Volke sich auftat. Die Verbindung mit diesen Freunden zu pflegen, ist eine schöne Friedensaufgabe deutscher Hochschulen.“973

Die japanische Reise galt vornehmlich den dortigen Universitäten und Hochschulen. Doch versuchte Krebs auch, so viel wie möglich von den katholischen Missionen kennenzulernen. So hatte Krebs gleich am ersten Tag seiner Ankunft in Japan am 25. Oktober die Mission von Hiroshima unter der Führung des apostolischen Vikars Erzbischof Hermann Döring SJ (1859-1951) kennen gelernt. Dieser war zur Errichtung eines römisch- katholischen Bistums in Japan von Papst Benedikt XV. im Juni 1921 zunächst als apostolischer Vikar nach Hiroshima berufen worden. 974 Mit ihm führte Krebs auch Gespräche über den einheimischen Klerus:

„Die französischen Missionare haben heldenhaft gearbeitet in Japan. Aber es ist ihnen nicht gelungen, eine genügende Zahl hochgebildeter einheimischer Priester nachzuziehen. Wenn ganz Japan heute nur ungefähr vierzig einheimische Priester zählt, unter denen nur etwa fünf über wirkliche Hochschulbildung verfügen, so ist das zu wenig. Erzbischof Döring sagte, die Bischöfe müssten hier von der japanischen Regierung lernen. Diese schickt ausgewählte Kräfte, reife Männer, Gelehrte, Ärzte und Professoren, die ihre einheimische Ausbildung abgeschlossen haben und schon einige Zeit praktisch oder lehrend tätig gewesen sind, nach Europa, um dort an hohen Schulen und Forschungsinstituten zu arbeiten. So sollte man, meinte der Erzbischof, in Japan selbst Seminaristen bis zum Priestertum ausbilden, aber dann solche, die geeignet erscheinen, nach europäischen Universitäten schicken, damit sie dort in Theologie oder Philosophie promovierten und mit dem akademischen Grad geschmückt in ihre Heimat zurückkehrten.“975

Zwischen seinen Vorträgen und Reisen zu den Missionsstätten besichtigte Krebs mit seinen rheinischen Verwandten Heinrich Goossens und dessen Frau auch zu den Tempelstätten von Nara und Kyoto.976 Der Besuch in Nara stellte sich als besonders beeindruckend für Krebs heraus. Dort war Krebs aber auch dem französischen Missionar Pater Villion

973 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 386. 974 Vgl. PQM: Krebs an seine Familie vom 02.01.1927. 975 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 395. 976 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 01.11.-02.11.1926. 229

begegnet, der die letzte Christenverfolgung in Japan im Jahr 1868 selbst miterlebt hatte und trotzdem in Japan geblieben war. Über ihn schrieb Krebs:

„Père Villion hat die ganze Umwandlung Japans aus einem mittelalterlichen Feudalstaat in einen modernen Verfassungs-, Industrie- und Militärstaat miterlebt und mitangesehen. Er hat Japan und die Japaner liebgewonnen und fühlt sich ganz eins mit ihnen in Lebensgewohnheiten und Gedanken. Darum war er auch der berufene Mann, seine jetzigen Landsleute zu gewinnen für den schönen Plan eines Denkmals für Franz Xaver. Wenn die Jesuiten ihrem ersten Japanmissionar und großen Heiligen im Jahre 1926 das früher erwähnte Denkmal von Yamaguch durch christliche und nichtchristliche Japaner gesetzt sahen, so danken sie es dem französischen Pionier-Missionar aus der Verfolgungszeit, dem kleinen, unansehnlichen Priester Villion.“977

Abb. 46: Shinto-Priester und Tempelmädchen in Nara

977 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 399. 230

Abb. 47: In Nara

Am 6. November 1926 war Engelbert Krebs auf der Reise von Osaka nach Tokio das erste Mal in Nagoya ausgestiegen, um dort die Steyler Mission kennen zu lernen. 978 Die freundlichen Berichte über seine Universitätsvorlesungen, besonders aber über den Vortrag im großen Saal der Asahi-Zeitung, brachten die Steyler Missionare auf den Gedanken, den Aufenthalt des deutschen Theologieprofessors auch für sich zu nutzen und Kreise der Gebildeten in Nagoya so auf ihre kleine Mission aufmerksam zu machen. Engelbert Krebs war mit dem Plan einverstanden und so bereiteten die Steyler Missionare einen Vortragsabend am 22. November vor. Durch Handzettel, die katholische Japanerinnen an den Straßenecken verteilten, war die Einladung in möglichst weite Kreise getragen worden. Die Presse war eingeladen und hatte mit großem Interesse zugesagt. Die Missionare hatten den größten Saal der Stadt, den Sitzungsraum des Stadtparlamentes gemietet. Außer Krebs war noch Dr. Ivashida, ein katholischer Priester, den er bei einem seiner Vortragsabende in einem von Admiral Yamamoto geleiteten katholischen Herrenclub in Tokio kennengelernt hatte, zu einem Vortrag eingeladen worden. An diesem Abend hielt Dr. Ivashida eine Rede über neuere geistige Strömungen in Japan und Krebs seinen Vortrag über die geistigen Strömungen in Europa, wobei beide Redner Deutsch sprachen und ins Japanische übersetzt

978 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 6.11.1926. 231

wurden. Danach wurden die beiden Vortragenden zu einem Abendessen eingeladen. Dort gab der Redakteur der größten Zeitung in Nagoya an, dass er bis dato die katholische Mission von Nagoya nicht gekannt hatte. Die Hauptabsicht der Steyler Missionare war also geglückt, denn die Gebildeten der großen Stadt waren wenigstens einmal nachdrücklich auf das Vorhandensein der Mission aufmerksam gemacht worden. Am folgenden Morgen sah Krebs ein Bild und einen Bericht über die Veranstaltung in der Zeitung.979

Des Weiteren besuchte Krebs die „Dames de Sacré Ceour“ („Seishin Gakuin“) in Sumyoshi und wurde durch die dortige Oberin Hermanna Mayer durch die zum Orden gehörende katholische Schule geführt. Katholische Schulen waren gerade bei der japanischen Bevölkerung laut Krebs äußerst beliebt. Er schrieb dazu:

„Sie wissen den Wert der Ehrfurcht und der zarten japanischen Umgangsformen zu schätzen, denn die katholische Kirche ist selbst vom Geist der Ehrfurcht durchdrungen und übt eine zeremonienreiche Formensprache in ihrer Liturgie wie in ihren Gebräuchen. Die Eltern der gebildeten Stände sind deshalb froh, in den katholischen höheren Mädchenschulen der Dames de St. Maur, der Maryknoller Schwestern, der Klosterfrauen vom heiligsten Herzen und neuestens der Franziskanerinnen von Thuine i. Hvr. moderne Vermittlerinnen europäischer Bildung für ihre Töchter zu haben, die ihnen den Geist der Ehrfurcht nicht zerstören, sondern fördern.“980

Die letzten Tage verbrachte Krebs in China, von wo das Schiff „Coblenz“ in Richtung Heimat abfahren sollte. Abgesehen vom Besuch der Stadt Shanghai und deren chinesischen Theater wollte Krebs die verbliebene Zeit nutzen, um die Aurora-Universität der französischen Jesuiten und die Wusong-Hochschule und das zu ihr gehörende Pawloohn- Hospital zu besichtigen. Letzteres besuchte er am 2. Dezember 1926 unter der Führung von Frau de Beauclair, einer geborenen westfälischen Gräfin Schmeising-Kerssenbroch, die ebenfalls in Freiburg studiert hatte. 981 In Shanghai traf Krebs auch weitere deutsche Gelehrte an: Professor Dr. Wagenseil von der Freiburger Universität, der in Wusong die Anatomie eingerichtet hatte und Krebs dort eine persönliche Führung gab. Der Freiburger Dr. Liszt zeigte Krebs die von deutschen Großindustriellen mit Modellen und Lehrmitteln ausgestattete technische Hochschule mit ihren vielen Werkstätten. Im Stadtteil Lukawe, wo

979 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 22.10-23.10.1926. 980 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 408. 981 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 02.12.1926. 232

weite Gebiete Eigentum der französischen Missionen waren, lag die von französischen Jesuiten geleitete Universität Aurora, die Krebs ebenfalls besichtigte.982

Am 5. Dezember 1926 fuhr Engelbert Krebs auf der „Coblenz“ des Norddeutschen Lloyds ab. 983 An Bord befand sich ein Tiroler Franziskaner, der von den südchinesischen Missionen kam und mit dem Krebs gemeinsam an Land ging, als das Schiff in Hongkong984 und Manila auf den Philippinen985 einen Stopp einlegte. Nach kurzen Zwischenhalten in Singapur986 verschwand für die westwärts Reisenden Ostasien am Horizont. Auch diese Schifffahrt nutzte Krebs, um das Erlebte Revue passieren zu lassen.

Abb. 48: Engelbert Krebs an Bord der „Coblenz“

6.2.5 „Kampf um die Seele Ostasiens“ – Eine Zwischenreflexion Die Eindrücke seines viermonatigen Aufenthalts und Reisens, insbesondere seine „Erinnerungen an viele Gespräche mit Missionsbischöfen, Priestern und europäischen Kaufleuten, aber auch mit chinesischen und japanischen Christen und Nichtchristen, mit

982 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 04.12.1926. 983 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 05.12.1926. 984 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 09.12.1926. 985 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.-15.12.1926 986 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.12.1926 233

einheimischen Priestern und Ärzten, mit Universitätsprofessoren und Studenten“ begannen sich während seinem Aufenthalt auf der „Coblenz“ zu einem „Gesamtbild zu formen“, das „durch Lesefrüchte aus Büchern und Ausätzen chinesischer und japanischer, europäischer und amerikanischer, protestantischer und katholischer Autoren ergänzt und fester umrissen“987 wurde.

6.2.5.1 Krebs als „Zeuge des Kampfes um die Seele Ostasiens“ Als ein „alles zusammenfassendes Gesamturteil“ formulierte Krebs in seinem Reisebuch, dass Asien einen „der größten Schauplätze geistigen Ringens“ darstelle und er während seines Aufenthaltes in Fernost zu einem „Zeuge[n] des Kampfes um die Seele Ostasiens“988 geworden war. Nach Krebs´ Auffassung würden sich insbesondere in China und Japan die „Zukunftswendungen der Erdengeschichte“ entwickeln, weswegen die beiden Nationen auch „unter den Missionsländern eine besondere Stellung einnehmen“ 989 sollten. Die wichtigsten Akteure, die sich „im Kampf um die Seele“ Ostasiens befänden, waren für Krebs der durch die südchinesische Revolution unter Führung Sun Yat-sens (1866-1925) offen zu Tage tretende Einfluss des russischen Bolschewismus 990 sowie die drohende Amerikanisierung, in deren Zentrum Krebs eine „Freiheits- und Gleichheitslehre“ sowie eine gewisse „Fortschrittsbegeisterung“ erblickte, die einem „naturwissenschaftlichen Materialismus“991 in die Hände spiele. Durch die fortgesetzte Berührung mit Europa und Amerika und vor allem durch die ausländische Presse seien vor allem in Japan Strömungen entstanden, die Krebs als „gefährlich […] für Staat und Gesellschaft bewertete“992, allen voran das materialistisch-atheistische Denken. Die protestantische Mission kritisierte Krebs vor allem auf Grund ihrer Gespaltenheit und des „Subjektivismus, der jede stärkere religiöse Persönlichkeit in kirchenlose Einsamkeit treibt oder zum Sektenstifter“ mache und demnach „kirchenauflösend“ 993 wirke. Insbesondere die amerikanische protestantische Mission würde ein „dogmenloses, auf Demokratie und Freiheit hinauslaufendes Christentum“ 994 predigen. Als weiteren Akteur um die „Seele Ostasiens“ bezeichnete Krebs die fernöstliche Religiosität, die aus Buddhismus, Shintoismus und der

987 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 436. 988 Ebd., S. 436. 989 Ebd., S. 437. 990 Vgl. Ebd., S. 482-492. 991 Ebd., S. 464. 992 Ebd., S. 465. 993 Ebd., S. 474. 994 Ebd., S. 502. 234

konfuzianischen Moral bestehe: Den Buddhismus kritisierte Krebs auf Grund seiner Gespaltenheit in verschiedene Sekten, deren Lebenskraft sich in „Stadt und Land, in alten Wallfahrtsplätzen ebenso wie in den Weltstädten“995 des Fernen Ostens immer noch sehen lasse. Als streng nationalistischer Kult bewertete Krebs den Shintoismus seinem Wesen nach als dem katholischen Christentum „entgegengesetzt wie Wasser dem Feuer“996, da er den Glauben an eine göttliche Abstammung des japanischen Volkes beinhalte und von einer gottähnlichen Stellung des Kaisers ausgehe. Die konfuzianische Moral würdigte Krebs zunächst auf Grund der Vermittlung von Ehrfurcht gegenüber der Familie und dem Staat. Er kritisierte daran vor allem den Mangel „einer metaphysischen oder gedanklich religiösen Begründung“; vielmehr beruhe sie [die konfuzianistische Moral; A.d.A.] ausschließlich auf „Gefühl und Tradition“ und sei jeder „Kritik gegenüber ohnmächtig“997. Insgesamt schrieb Krebs der fernöstlichen Landschaft auf Grund der zahlreichen Tempelanlagen, Heiligtümer und Wallfahrtsorte ein „religiöses Gepräge“ 998 zu; die ostasiatische Frömmigkeit bezeichnete Krebs jedoch nicht als ein „Gotterkennen“, sondern ein „Gottsuchen“999:

„[…] ein Suchen im Dunkeln, ein Tasten im Gestrüpp wundersamer religiöser Vermengungen, im Gewirre shintoistischer Personifizierungen der Naturkräfte, märchenhafter Erzählungen über die Zauberkräfte gewisser Tiere, besonders des Fuchses, legendenartiger Verherrlichung der kaiserlichen Ahnengötter. Pantheistische und polytheistische Formen des Buddhismus haben mit dem shintoistischen Kult der Naturgeister und Ahnen und der Vergötterung der im Kaiser personifizierten japanischen Nation ein synkretistisches Gebilde hervorgebracht, das auch durch den Versuch der Tokugawa-Shogune, den Shintoismus gegen den Buddhismus in Opposition zu bringen, mindestens in der Volksfrömmigkeit nicht auseinandergelöst worden ist.“1000

Die Verbreitung der katholischen Kirche bleibe – trotz des nennenswerten Fortschritts in den letzten Jahren – im Verhältnis zur Bevölkerung Ostasiens weiter zurück. Ursachen hierfür erblickte Krebs „im Missverhältnis zwischen der zu bewältigenden Aufgabe und der Anzahl der verfügbaren Kräfte und Geldmittel“1001. Die katholische Kirche müsse sich in ihrer europäisch-kulturellen Ausprägung verstärkt an die fernöstliche Kultur anpassen

995 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 444. 996 Ebd., S. 446. 997 Ebd., S. 496. 998 Ebd., S. 438. 999 Ebd., S. 440. 1000 Ebd., S. 440. 1001 Ebd., S. 480. 235

und sich verstärkt auf die Gemeinsamkeiten zwischen fernöstlichem und katholischem Geist besinnen. Dabei war Krebs überzeugt, „dass eine Verbindung beider in organischem Zusammenwachsen nicht nur für die Kirche die Gewinnung einer lebensvollen neuen Provinz des Gottesreiches bedeuten würde, sondern dass sie auch die ostasiatischen Völker selbst zu einer neuen Blüte des ihnen eigenartigen geistigen und sozialen Lebens führen müsste“1002.

6.2.5.2 Gemeinsamkeiten von katholischem und ostasiatischem Geist Dabei machte Krebs folgende Gemeinsamkeiten zwischen fernöstlichem und katholischem Geist aus: Eine Einheitlichkeit konnte Krebs bezüglich der Stellung des Einzelnen in der Gesellschaft ausfindig machen: Der katholische Geist erschöpfe sich nicht nur in der Pflege der Einzelseele durch Askese oder in der persönlichen Frömmigkeit. Vielmehr sei der Einzelne in den Geist der Gemeinschaft hineingestellt wie es beispielsweise bei der Feier der heiligen Eucharistie der Fall sei.1003 Genau dieses „Beieinander von feinster Pflege des einzelnen Seelenlebens und gleichzeitigem Gliedschaftsbewusstsein“ 1004 fände sich im ostasiatischen Geist durch die überlieferte konfuzianische Gesinnung und Erziehung:

„Das Leben des Ostasiaten erschöpft sich nicht in subjektivistischer Ichkultur. Der Einzelne weiss sich immer verpflichtet und bezogen auf die Mitmenschen, weiss sich als Glied der Familie, einer Sippe, eines Volkes, in dessen Leib er so lebensverbunden hineingestellt ist wie die Biene in das Bienenvolk und der Katholik in der Kirche. Darum ist der Ausdruck `Ich´ im japanischen kein einheitlicher, sondern fünffach verschieden, je nachdem ich einem höher oder tiefer Gestelltem, einem Feinde oder Freunde oder Gleichgültigem gegenüber von mir rede. Dieses Bewusstsein um das Ich als um ein hier und dort nur einmaliges und innerlich verschiedenes, aber doch zugleich als um ein gesellschaftlich stets bezogenes Ich, dieses individuelle Gliedschaftsbewusstsein bedeutet eine große Verwandtschaft zwischen katholischem und fernasiatischem Geist.“1005

Aber auch in der Vorstellung von Familie bestehe eine Verwandtschaft zwischen ostasiatischem und katholischem Geist: Die katholische Kirche beschrieb Krebs als „eifersüchtige Hüterin der Familie“1006, die die Heiligkeit der Ehe und die Ehrfurcht vor der

1002 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 525. 1003 Vgl. Ebd., S. 507-508. 1004 Ebd., S. 509. 1005 Ebd., S. 509-510. 1006 Ebd., S. 510. 236

Autorität der Eltern als Stellvertreter Gottes impliziere. Die Familie sei als „Bauzelle des Staates und des Gottesreiches“ für die katholische Kirche ein Heiligtum, „an das sie nicht rühren lässt, für dessen Erhaltung sie von den Ihrigen die größten Opfer“ 1007 fordere. Ebenso sehe die konfuzianische Moral des Ostens in der Familie die „Bauzelle der Gesellschaft“1008:

„Mit starkem Verantwortungsbewusstsein für alle Glieder seines Hauswesens regiert der japanische Hausvater im Kreise der Seinen. Wichtige Entscheidungen über die Lebensgestaltung der Kinder, die eheliche Verbindung der Herangewachsenen und dergleichen werden von ihm nur im Kreise des Familienrates und nach langer Besprechung und gemeinsamer Beschlussfassung getroffen. Die Einzelfamilie ist nicht einmal als solche ein selbstständiges Bauglied der Gesellschaft. Sie gehört in eine Großfamilie, eine Sippe hinein, von der sie getragen ist, die ihrer Selbstständigkeit Schranke, aber auch ihrer Schwäche Stütze und Halt ist.“1009

Den einzigen Unterschied im Bereich der Familie sah Krebs in der verschiedenartigen Stellung der Frau innerhalb der familiären Ordnung: Obwohl die katholische Kirche „von der Frau eine liebende Unterordnung im ehelichen Beisammensein und vom Manne opferwillige und schonende Liebe für die Gattin“ forderte, kenne sie zugleich „keine Unterwertigkeit der Töchter gegenüber den Söhnen, keine Unterwertigkeit der Gattin gegenüber dem Gatten“ 1010 . Über die Stellung der Frau innerhalb der ostasiatischen Familienordnung schrieb Krebs indessen:

„In Fernasien aber geht die Unterwerfung der Frau so weit, dass dort überall die Mutter den Söhnen gegenüber nach konfutseanischer Moral keine Autorität hat und an Ansehen in der Familie eigentlich erst gewinnt, wenn sie als Schwiegermutter und Großmutter im Hause ihres verheirateten Sohnes lebt und nun eine von der Schwiegertochter bediente, von allen hochgeehrte Gestalt im Rahmen der Gesamtfamilie geworden ist.“1011

Eine Verwandtschaft zwischen fernöstlichem und katholischem Geist fand Krebs auch in der hohen Wertung der Zeremonie. Während für Krebs die katholische Kirche „Hüterin

1007 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 510. 1008 Ebd., S. 510. 1009 Ebd., S. 510-511. 1010 Ebd., S. 511. 1011 Ebd., S. 511. 237

eines reichen Zeremonienwesens“1012 innerhalb der Gottesdienste sei und die Kinder zur Teilnahme erziehe, sei die gesamte fernöstliche Kindererziehung mit den Zeremonienwesen verbunden. Diese sei von der konfuzianischen Moral, insbesondere von der Ehrfurcht bestimmt.1013 Krebs schreibt dazu:

„Kongfutse selbst wollte mit seiner Moral gar nichts Neues aufstellen, er wollte nur die Sitte der Alten, die sich für die Erhaltung der Familien und des Volkes bewährt hatte, sammeln und einschärfen. Darum legte er so großen Wert auf das für alle Moral stärkste tragende Gefühl, die Ehrfurcht vor dem Alten, und er legte großen Wert auf das, was von selbst zur Ehrfurcht erzieht: auf die durch Alter geheiligten Zeremonien. Unter seinem nachhaltigen Einfluss hat sich das ganze ostasiatische Leben in Familie und Gesellschaft mit einem Kranz von Zeremonien umgeben, die dem Europäer vielleicht fremdartig, dem Katholiken aber in ihrer pädagogischen und konservierenden Bedeutung wohlverständlich erscheinen.“1014

Die fernöstlichen Zeremonien würden auch das gesellschaftliche Leben der Asiaten regeln: „Was dem Europäer unwahrhaftig und in vielen Fällen unerträglich erscheinen will, dieses stete Lächeln, selbst bei traurigen Mitteilungen, diese Komplimente und Formeln bei Begrüßung und Abschied, das ist für den Ostasiaten die wohltuend empfundene Glättung und Ebnung der Wege im Umgange der verschiedenen Stände.“1015 Krebs verglich diese gesellschaftlichen Umgangsformen mit denen der Katholiken im Umgang mit den verschiedenen Graden der Hierarchie:

„Dem abendländischen Protestanten mag es sonderbar erscheinen, dass man in manchen Gegenden den Priestern die Hand küsst aus Ehrfurcht vor den Weihegewalten, die mit dieser Hand ausgeübt werden, dass man dem Bischof unter Beugung des linken Knies den Ring küsst, weil man in ihm den Stellvertreter Christi und somit den Bräutigam und Hirten der Diözese ehrt, dass man vor dem Papste niederkniet und nur kniend ihm den Fischerring küsst, um in ihm das Haupt des irdischen Gottesreiches zu ehren. Dem Katholiken sind das alles Selbstverständlichkeiten, weil es ihm nur Ausdruck der Ehrfurcht gegenüber einer gottgewollten Ordnung ist. So ist der katholische Geist auch hier dem ostasiatischen verwandt, und die Verwandtschaft ist nicht etwa eine äußerliche. Sie ruht in tief innerlichen Überzeugungen von Gleichheit und Unterschied der Menschen.“1016

1012 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 514. 1013 Vgl. Ebd., S. 517. 1014 Ebd., S. 515. 1015 Engelbert Krebs: Katholischer und ostasiatischer Geist, S. 818. 1016 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 516. 238

Nicht nur im Katholizismus werde der verstorbenen Vorfahren gedacht, sondern auch der Ostasiate lebe in „Verbundenheit mit den `Ahnen´“. Dazu schrieb Krebs: „Und wie der Ostasiate nicht nur die eigenen Familienahnen, sondern in letzter Hinsicht alle Ahnen seines Volkes als zu sich gehörig ehrt und besonders den Großen des Volkes öffentliche Totenehrung durch die Jahrtausende hin erweist, so betet der Katholik nicht nur für die eigenen Verwandten im Reinigungsorte, sondern für „alle armen Seelen“, und er ehrt und ruft um Fürbitte nicht nur die eigenen Lieben im Vaterhaus, sondern alle Heiligen des Himmels.“1017

Gerade die konfuzianische Moral begründe eine „tiefinnerliche Verwandtschaft zwischen ostasiatischem und katholischem Geist“1018: Während die protestantische Art, Gottesdienst zu feiern, dem Ostasiaten fremd sei, würde gerade die katholische Liturgie „mit Wechselgesang und feierlichem Gebet, mit Weihrauch und Opferhandlung vor reich geschmücktem, mit brennenden Lichtern bestelltem Altar, in heiliger Gewandung von Priestern und Altardienern ausgeführt,“1019 dem ostasiatischem Geist näher kommen.

Um die Verbreitung des Christentums im Fernen Osten voranzutreiben, müsse sich die katholische Mission an die Gemeinsamkeiten zwischen kongfutseanischer und katholischer Gesellschaftsauffassung sowie der Liturgie orientieren“1020. Verwirklicht sah Krebs seine Gedanken in der von Papst Pius XI gegründeten Pekinger Universität, da diese katholische Hochschule „eine gründliche Kenntnis der kongfutseanischen Klassiker“ vermittle, „um danach dieser von Kongfutse ohne religiöse oder metaphysische Begründung gelassenen Moral ein festes Fundament zu geben mit gesunder Philosophie, sie ferner in moderne Jurisprudenz auswachsen zu lassen und sie endlich mit übernatürlicher Theologie zu überhöhen.“ 1021 Daneben müsse – so Krebs – „in höherem Maße als bisher danach getrachtet werden […], schöne Wallfahrtskirchen in Formen zu bauen, die den östlichen Kunstsinn ansprechen“ und „endlich neben den Kirchen Klöster mit frommen Mönchen und betenden Nonnen und mit reicher Liturgie zu errichten“1022.

Umgekehrt sollte sich der Osten auch „auf die Verwandtschaft östlichen und katholischen Geistes“ in seiner europäischen kulturellen Form besinnen, wobei Krebs hierbei keineswegs eine reine Verwestlichung des Ostens vorschwebte. Seiner Auffassung nach

1017 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 518. 1018 Ebd., S. 519. 1019 Ebd., S. 519. 1020Ebd., S. 520. 1021Ebd., S. 520-521. 1022Ebd., S. 521. 239

befände sich Ostasien „geistig in Unruhe“ und in einer „seelische[n] Unsicherheit“1023, die nur durch den verstärkten Einfluss der katholischen Kirche beseitigt werden könne, die auch Europa durch die Zeit des Ersten Weltkriegs und Deutschland während den Revolutionsmonaten Stabilität und Sicherheit verliehen und die in den Vereinigten Staaten vorbildlich an gesellschaftlichen und geistigen Einfluss gewonnen hatte:

„Möge der Blick des Ostasiaten auf das Wunder der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten gerichtet sein und dort einige Zeit ruhen bleiben! Was sieht er da? – Inmitten des modernsten Weltgetriebes hat die katholische Kirche sich dort als die größte und geschlossenste Geistesmacht innerhalb eines Jahrhunderts ein Reich der religiösen Innerlichkeit, der Liebe und der Erziehungskunst errichtet, das als ein entscheidender Faktor sich einordnet in die erdumspannende Gesamtkirche. Welche Kraft offenbart sich da dem ruhigen Beobachter! Ich erinnere an das, was ich über das katholische Amerika auf früheren Blättern dieses Buches zur Darstellung gebracht habe. Und dann möge sich das Auge des Ostasiaten nach der alten Welt des Abendlandes richten und beobachten, wie die katholische Kirche und ihre Geistigkeit auch dort unter ganz anderen Verhältnissen ihre segnende Macht gerade nach dem Weltkrieg entfaltet hat! Wer hat in den besiegten Ländern mitten in den Unruhen und Zuckungen der Revolution den ruhigsten Stand bewahrt und durch diese unbeirrte Ruhe eine rasche Konsolidierung im Innern dieser Staaten herbeigeführt? Ist es nur Zufall, dass in den Tagen der Not und des opferwilligen Aufbaus immer wieder katholische Staatsmänner und Politiker an die Spitze mancher Staaten gerufen worden sind und katholische Politiker die mittlere Linie der möglichen Zusammenarbeit haben finden und ziehen müssen? Erweist sich nicht durch diese Tatsache eine überzeitliche und überstaatliche Gestaltungskraft dieser Kirche?“1024

Krebs war überzeugt, dass eine Synthese d.h. eine Verbindung zwischen ostasiatischem und katholischem Geist – wie sie beispielsweise von den beiden japanischen Philosophen Kanagoki und Masaharu Anesaki angedacht war – gerade auf katholischer Grundlage der „neuen Weltkultur eine gesunde, einheitliche Seele geben“ würde: „Ich bin überzeugt“, so Krebs, „dass die Welt, dass die Menschheit als Gesamtfamilie bei dieser Eingliederung der Ostvölker in das katholische Christentum einen neuen Segen empfangen würde durch feinste christliche Persönlichkeiten, durch neue Segensströme, die aus diesem neuen Leben des Ostens in das Abendland fluten müssten. Neue Gemeinsamkeit im Innerlichsten würde

1023Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 521. 1024 Ebd., S. 524. 240

bisher fremde Seelen und Völker verbinden, neue Achtung und Liebe die bisher einander Misstrauenden und Verachtenden vereinigen.“1025

6.3 Über Ägypten, Palästina und Rom in die Heimat

(Dezember 1927 bis Februar 1928)

Über Sabang1026 und Ceylon1027 gelangte Krebs über das Indische1028 in das Rote Meer1029, in den Suez-Kanal1030. In Ägypten ging Krebs in Port Said an Land und fuhr mit dem Schnellzug nach Kairo, von wo aus er die Stätten des alte Ägypten bereiste.1031 Kulturelle Höhepunkte seiner Reise durch Ägypten stellten der Besuch der Ruinen der alten Stadt Theben dar, das Tal der Könige und der Besuch des Ägyptischen Museums. Zudem besuchte er die Ausgrabungen von Sakkara und das alte Memphis.1032 Am 20. Januar 1927 erreichte Krebs schließlich das Heilige Land, wo er sich bis zum 4. Februar aufhielt, um die jüdischen und christlichen Heiligtümer zu besuchen. 1033 In seinem publizierten Reisetagebuch schreibt er über den letzten Halt seiner Reise folgendes:

„Meine Reise begann als akademisches Unternehmen. Akademische Vorlesungen in Japan waren das ursprüngliche Motiv des Planes, um die Erde zu fahren. Aber schon in Amerika wurde die Tour des Akademikers gleichzeitig zur Wallfahrt des Priesters. – Von Kloster zu Kloster ging`s, von Heiligtum zu Heiligtum, und der stärkste Eindruck, den ich aus dem Dollarlande mitnahm, war die Erinnerung an die große neue Provinz der Kirche, die hier in hundert Jahren aus völligem Neuland emporgewachsen ist. In Fernasien wurde zwar das akademische Reiseziel mit Eifer verfolgt und erreicht, aber die Kreuz- und Querfahrten durch Japan, China und Korea führten mich auch hier von Heiligtum zu Heiligtum, nämlich von Märtyrergrab zu Märtyrergrab aus neuerer Zeit, und von einem Herde apostolischer Arbeit zur andren. So war es für das ganze Unternehmen der gegebene Abschluss, dass es mich zu den heiligen Stätten hinführte, wo die Grundlagen gelegt worden sind für die Werke der Kirche rings um die Erde. Von nun an war meine Reise nur noch Pilgerschaft.“1034

Vom Mittelmeer über Genua 1035 in Rom angekommen, besuchte Krebs zuerst Kurienkardinal Franz Ehrle (1845-1934), der ihm seine kirchliche Empfehlung für seine

1025 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 525. 1026 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 24.-25.12.1925. 1027 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 28.-29.12.1925. 1028 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 01.-05.01.1927. 1029 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 06.01.-10.01.1927. 1030 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 11.01.1927. 1031 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.-19.01.1927. 1032 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 12.01.-20.01.1927. 1033 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 20.01.-02.02.1927. 1034 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 555. 1035 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 04.02.1927-09.02.1927 241

Weltreise mitgegeben hatte. Im Anschluss traf er sich dann mit Kardinal van Rossum, dem Präfekten der für die Weltmission verantwortlichen Congregatio de Propaganda fide, der „mit größter Lebhaftigkeit und innerer Bewegung [s]eine Berichte über den Opfersinn amerikanischer Katholiken, über die Lage der Missionen in China und Korea und über Japan entgegennahm“ 1036 , und Kardinal Laurenti, dem Präfekten der Religiosenkongregation, die Krebs versprachen, mehr deutsche wissenschaftlich geschulte Benediktiner nach Peking zu entsenden.1037

Am 15. Februar wurde er von Papst Pius XI. zu einer Privataudienz empfangen. Dieser erkundigte sich zwar nach der Jesuitenuniversität in Tokyo, zeigte aber weiterhin kein besonderes Interesse für Japan, sondern sprach über die Lage in China und die dortigen politischen Unruhen.1038 Nach der Unterredung mit dem Heiligen Vater bestieg Krebs den Expresszug Richtung Norden und kam am 16. Februar wieder in seiner Heimatstadt Freiburg an, die er am 1. März des Vorjahres verlassen hatte.1039

Abb. 49: Ramesseum (Theben) mit dem Hatchepsut-Tempel im Hintergrund

1036 UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 11.02.1927. 1037 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 11.02.1927, 14.02.1927. 1038 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 15.02.1927. 1039 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 16.02.1927. 242

Abb. 50: Totentempel am Fuß der Stufenpyramide bei Sakkara in Memphis

Abb. 51: Stufenpyramide des Zoser bei Sakkara (Memphis)

243

Abb. 52: Der Tempelberg

Abb. 53: Aufstieg nach Golgotha

244

Abb. 54: Der See Genezareth

Abb. 55: Die Synagoge in Karphanaum

245

6.4 „Europa und die Welt“ – Erkenntnisse seiner

Weltreise

Nach seiner Ankunft in Freiburg machte sich Krebs an die Publikation seines Reisebuches, in dessen Schlusskapitel er die wichtigsten Erkenntnisse seiner Weltreise auf politischer und religiöser Ebene darlegte.

6.4.1 Notwendigkeit eines europäischen Zusammenschlusses – Zwischen Coudenhove-Kalergis Paneuropa und Krebs Konzept einer „Helvetisierung“ Während und nach seiner Weltreise wurde Krebs manchmal die Frage gestellt, ob ihm Freiburg nicht zu eng und zu klein vorkommen müsse nach seiner Heimkehr. 1040 Mit vollster Überzeugung konnte Krebs diese Frage verneinen: Seine „heimische Universitätsstadt“ erscheine ihm vielmehr als „weltoffene[r] Hafenplatz, […], in dem sich zwar keine Handelsschiffe, wohl aber geistig rege Menschen aus aller Welt treffen“1041. In dem Schlusskapitel seines Reisebuches „Um die Erde“ schrieb Krebs hierzu:

„Viele Menschenschicksale und viele große Fragen ziehen in der stillen Studierstube und in den Räumen der Universität an dem akademischen Lehrer und zumal am katholischen Theologen vorüber. Es ist der Segen des Lebens im Herzen eines solchen geistigen Mittelpunktes, dass auch der Alltag den nicht enge werden lässt, der Herz und Sinn für das flutende Geistesleben offenhält. Man kann in der Handelsmetropole ein Spießer werden, und man kann in einer kleinen Universitätsstadt offenbleiben.“1042

Im Gegensatz zu seiner Heimatstadt kam Europa Krebs durch „seine unsinnige Erschwerung des politischen und wirtschaftlichen Lebens, durch die Kleinstaaterei und den nationalistischen Streit […] schon während der ersten Wochen in Amerika und besonders seit den Tagen in Ostasien eng und unbegreiflich vor“1043. Vielmehr solle sich Europa ein Beispiel an den Vereinigten Staaten von Amerika nehmen:

1040 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 604. 1041 Ebd., S. 604. 1042 Ebd., S. 604. 1043 Ebd., S. 604. 246

„Warum ist Amerika so reich? Nicht nur, weil in seinem Boden mehr Schätze stecken als in dem engen Europa, sondern besonders auch darum, weil es diese Schätze einheitlich sein eigen nennt und sich dienstbar macht. Die Südfrüchte aus Florida, die der Newyorker auf seinem Tische hat, müssen weiter hergebracht werden als jene, die der Süddeutsche aus Italien bezieht. Das kalifornische Öl, mit dem in den Landhäusern von New-Jersey die bequeme Ölheizung betrieben wird, bei der sich die ganze Bedienung der Feuerung auf das Rücken eines Zeigers in den Zimmern beschränkt, hat eine weitere Fahrt hinter sich, als wenn wir in Deutschland mit Öl aus Rumänien unsere Wohnungen warm machen wollten. Das Getreide, das von West und Mittelwest nach den Millionenstädten des Ostens in den Vereinigten Staaten kommt, hat nicht viel weniger Eisenbahnfahrt zurückzulegen, als für den Westen Europas russischer Weizen machen müsste. Aber drüben ist es ein einziges Land, in dem sich die Erzeuger und die Verbraucher ihre Lebensnotwendigkeiten gegenseitig liefern. Hier jedoch besteht die Vaterlandsliebe vieler und leider noch immer sehr einflussreicher Leute darin, dass sie die natürliche Verschiedenheit der Völker als Vorwand zur Verfeindung nehmen und den wirtschaftlichen und persönlichen Verkehr mit hundert trennenden Grenzen und wirtschaftlichen Barrikaden verrammeln.“1044

Während seinen Vorträgen in Japan hatte Krebs von den Regungen eines neuen Geistes in Europa gesprochen und dabei betont, dass im religiösen Leben, aber auch außerhalb der katholischen Kirche sich der Gedanke des Zusammenschlusses und der Katholizität zeige und auch selbst die Vertreter des Klassenkampfes durch die Teilnahme der Regierung bürgerlich-demokratischer Staaten den Geist der Zusammenarbeit atmen würden. Ein Anlauf zur Zusammenarbeit hätten seiner Auffassung nach vor allem die beiden als „Erfüllungspolitiker“ diffamierten Politiker Josef Wirth und Gustav Stresemann unternommen.1045 Krebs sprach sich nun nach seiner Heimkehr für eine „Weiterführung dieser Grundrichtung aus“, musste zugleich aber mit ansehen, wie sich nationalistische Tendenzen weiter verstärkten: „Die Luft geht mir aus, wenn ich von Mussolinis Südtirolpolitik lese oder von Frankreichs Rheinlandpolitik, von Jugoslawien und Albanien, vom polnisch-litauischen Konflikt und was dergleichen Spießereien mehr sind“1046, so Krebs im Schlusskapitel seines Reisebuches. Dass Krebs mit Erfüllungspolitikern wie Wirth oder Stresemann sympathisierte zeigt, dass Krebs – entgegen seiner politisch national-konservativen Grundhaltung – auch linke und progressive Ideale teilte. Entgegen seiner anti-französischen Ressentiments während des Ersten Weltkriegs sprach sich Krebs nun für eine Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich aus. Gerade die deutsch-

1044 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 604-605. 1045 Vgl. Ebd., S. 605. 1046 Ebd., S. 606-607. 247

französische Zusammenarbeit der katholischen Missionare in Fernost hatten Krebs vor Augen geführt, dass eine Verständigung der beiden Nationen im Bewusstsein einer kulturell abendländischen und katholischen Tradition gelingen kann.1047

Als „eine wertvolle Frucht“ seiner Weltreise, die ihm zwar schon vor seiner Fahrt vertraut war, nun aber „durch den Einblick in die fremden Erdteile fester begründet und erster in ihrem Drängen geworden“ 1048 sei, bezeichnete Krebs die Notwendigkeit eines Zusammenschlusses der europäischen Staaten, gerade vor dem Hintergrund des wachsenden wirtschaftlichen Einflusses der USA und Asiens:

„Der Zusammenschluss Europas in irgendeiner Form, die es zu einem sich gemeinsam nährenden und wehrenden Wirtschaftsgebiete macht, ist eine viel wichtigere Aufgabe und eine viel ehrlichere Betätigung der Vaterlandsliebe als die selbstmörderische Absperrung und Verfeindung der Völker, wie sie – unter der Führung französischer Rache-, Angst- und Kriegsentschädigungspolitik – das waffenstarrende Konglomerat alter und neuer Staaten und Städtchen treibt, das sich Europa nennt.“1049

„Mit Freude“ 1050 hatte Krebs nun von der Teilnahme seines Freundes, des Bundespräsidenten Iganz Seipel an dem ersten Paneuropa-Kongress gelesen, der vom 3.-6. Oktober 1926 in Wien getagt hatte: An dem Treffen, an dem ungefähr 2 000 Delegierte aus 24 Staaten teilgenommen hatten, stellte Richard Graf von Coudenhove-Kalergi1051 (1894- 1972) seine politische Vorstellung eines „Pan-Europa“ vor: Der von ihm vorgeschlagene europäische Staatenbund, der von Polen bis Portugal reichen sollte, und den Coudenhove- Kalergi wahlweise als „Paneuropa-Union“ oder die „Vereinigten Staaten von Europa“ bezeichnete, sollte als ein politischer und wirtschaftlicher Zweckverband einen erneuten Weltkrieg verhindern. Mit der „Paneuropa-Union“ wurde die Vereinigung Europas auf christlicher Basis angestrebt, um atheistisch-kapitalistische und bolschewistische

1047 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 375. 1048 Ebd., S. 609. 1049 Ebd., S. 606. 1050 Ebd., S. 606. 1051 Zu Richard Graf Coudenhove-Kalergi vgl.: Vanessa Conze: Richard Coudenhove-Kalergi: umstrittener Visionär Europas, Gleichen/Zürich 2004; Anita Ziegerhofer-Prettenthaler: Botschafter Europas. Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi und die Paneuropa-Bewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren, Wien 2004; Ulrich Wyrwa: Richard Nikolaus Graf Coudenhove-Kalergi (1894-1972) und die Paneuropa- Bewegung in den zwanziger Jahren, in: HZ 283 (2006), S. 103-122; Hanne Dezsy: Gentelman Europas. Erinnerungen an Richard Graf Coudenhove-Kalergi, Wien 2001; Michael Pammer: „Robustere Regierungsmethoden“. Richard Coudenhove-Kalergi und die Opportunität politischer Grundsätze, in: ZHF 9 (2012), S. 484-490. 248

Tendenzen zu verdrängen. Nach außen sollte Paneuropa in einem „neuen System von Weltmächten“ ein Gegengewicht zu Panamerika als Union der Vereinigten Staaten mit denen Lateinamerikas, einem russischen und britischen Bundesreich und einem aus China und Japan bestehenden Ostasien bilden.1052

Auch Krebs war der Auffassung, dass „Paneuropa kommen muss […] und kommen wird“ 1053 . Auf Grund der unterschiedlichen „historischen Bindungen und kulturellen Verfestigungen“ sah Krebs für Europa jedoch eine andere „Form des Zusammenschlusses […] als in Nordamerika“1054 und stellte der Paneuropa-Union Koudenhove-Kalergis sein eigenes Konzept einer „Helvetisierung Europas“ entgegen:

„[…] haben wir nicht mitten in Europa in der kleinen Schweiz ein Vorbild? Kann die Helvetisierung Europas nicht die Form für Paneuropa werden? In der Schweiz haben sich drei verschiedene Kulturen freilich geeinigt, ohne dass eine von der anderen sich hätte erdrücken lassen. Sind Gottfried Keller und Jeremias Gotthelf, Jakob Burckhardt und die Verleger Benziger nicht Träger und Förderer deutscher Kultur? Sind G. A. Scartazzini oder der Mailänder Verleger Ulrico Hoepli nicht würdige Hüter italienischen Geisteserbes? Und hegt Genf nicht mehr französische Erinnerungen und Bewegungen als manche französische Stadt? Aber alle fühlen sich als Schweizer, alle sind stolz auf ihren freien Bund und achten gegenseitig ihre Dichter und Gelehrten, ihre Staatsmänner und Industriekapitäne […]“1055

Ein weiterer Grund, weswegen die Vereinigten Staaten von Amerika Krebs´ Auffassung nach nicht als Vorbild für Europa dienen können, liege in der nicht vorhandenen gemeinsamen Sprache. Gerade aber von den Schweizern könnten die Europäer lernen, „die Sprachen gegenseitig zu dulden und die amtlichen Mitteilungen in mehreren Sprachen zu veröffentlichen“ 1056 . Dabei könne eine paneuropäische Staatengemeinschaft „über das Vorbild hinausgehen“ 1057 und Englisch als zweite, Spanisch als dritte Amtssprache einführen:

1052 Vgl. Anita Ziegerhofer-Prettenthaler: Botschafter Europas. Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi und die Paneuropa-Bewegung in den zwanziger und dreißiger Jahren, Wien 2004, S. 131-157. Zu den programmatischen Grundlagen: S. 67-121; zur Rolle Seipels in der Paneuropa- Union vgl.: 170-177. 1053 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 607. 1054 Ebd., S. 607. 1055 Ebd., S. 607-608. 1056 Ebd., S. 608. 1057 Ebd., S. 608. 249

„Warum sollten wir nicht unsere Kinder von klein auf in zwei oder drei Sprachen erziehen? Die Dichtung und Literatur in den überlieferten Muttersprachen weiter pflegen, aber zum Leben und Wirtschaften uns mit dieser Zwei- oder höchstens Dreisprachigkeit der Elementarbildung eine Gemeinschaft erwerben, die ohne Hass die Verschiedenheit der Völker anerkennt und sie alle zu friedlicher und leichter Zusammenarbeit vereinigt? Wenn vom Ural bis nach Irland und von Island bis nach Konstantinopel jedes Kind außer seiner Muttersprache noch Englisch kann, dann kommt man mit einer Fremdsprache durch ganz Europa und nördlich des Äquators sogar ohne Mühe um die Erde, und dabei kann man doch seine heimatliche Kultur mit ihren Erbgütern pflegen und lebendig halten.“1058

Gerade Krebs Gedanke einer „Helvetisierung Europas“ lässt sich als individuelles und pragmatisches Konzept betrachten, denn als Freiburger lebte er in der Nähe zur Schweiz und war von persönlichen Reiseerlebnissen und – Erfahrungen, die er im Nachbarland gemacht hatte, geprägt.

6.4.2 Verantwortung Europas für die Weltkirche Als die „zweite Hauptfrucht auf religiösem Boden“ bezeichnete Krebs die „beglückende Erfahrung der erdumspannenden Liebe und Lebenskraft des Gottesreiches“ 1059 , die er während seiner Weltreise erfahren durfte und die ihn darin bestärkte, dass „Christi Reich kein Ende nehmen wird“1060. In Amerika sei „in hundert Jahren ein üppiger Garten des Ordenslebens erwachsen“, in Fernasien lernte Krebs „die außerordentliche Heiligkeit der Kirche in den Märtyrern und Bekennern unter den Glaubensboten und den eingeborenen Christen“1061 kennen. Dazu kam die „völlige Einheit des Glaubens, des Gottesdienstes und des kirchlichen Rechtes“ sowie die „Anschauung der unwiderstehlichen Ausdehnungskraft und unbesieglichen Festigkeit, mit der die Kirche“1062 vorwärtsdränge und Verfolgungen standhalte. Verantwortlichkeit für die Weltkirche trage in besonderem Maße Europa, denn „der weltgeschichtliche Heilsplan Gottes“ habe „den Wurzelstock der Kirche in den Boden Europas eingepflanzt“, wobei die Kirche „inmitten dieser Kultur heimisch geworden“ und „als erste von allen großen Kulturen eine wirklich universale Reichweite erlangt und einen

1058 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 608. 1059 Ebd., S. 609. 1060 Ebd., S. 610. 1061 Ebd., S. 609-610. 1062 Ebd., S. 609-610. 250

erdumspannenden Reise- und Postverkehr“ 1063 geschaffen habe. Trotz der fehlenden Arbeitskräfte und Geldmittel in den katholischen Missionen in Fernost lenkte Krebs aber auch die Aufmerksamkeit auf die Missionsbewegung in Europa, die er als genauso wichtig erachtete und mit den Worten kommentierte: „Denn auf dem Herde muss die Flamme brennend bleiben, deren Licht und Wärme hinausstrahlen soll in die fernen Winkel der Wohnstube der Menschheit“1064.

6.4.3 Engelbert Krebs als katholischer Europäer Nach dem nationalen Zusammenbruch trat Krebs mit einem neuen politischen Programm in Erscheinung, das ganz auf Völkerversöhnung hin ausgerichtet war. Unter diesem Zeichen stand auch Krebs´ Engagement für die Europa-Bewegung, die von zahlreichen katholischen Intellektuellen mitgetragen wurde. Schon im Jahr 1925 hatte sich Krebs im Rahmen des Zentrums-Parteitags in Kassel zu einer „christlich beseelten Republik“ und zum „Geist der Vereinigten Staaten Europas“ bekannt. In seinem Reisebuch zeigte sich Krebs als Anhänger Paneuropas, legte zudem aber auch seine persönliche Europa- Konzeption vor, bei der nationale und religiöse Motivationen ineinandergriffen: Krebs zeichnete das Bild einer forciert sich entfaltenden europäischen Staatengemeinschaft, bei der sich der Gedanke des Zusammenschlusses auf politischer Ebene zeigte. Europa sollte für Krebs aber nicht nur eine politische Einheit sein, sondern sich als übernationale Kulturgemeinschaft unter dem Banner des Katholizismus konstituieren. Eine europäische Staatenordnung war, ohne die Unterordnung unter die katholische Kirchen- und Glaubensgemeinschaft, für Krebs nicht zu haben.

1063 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 610. 1064 Ebd., S. 612. 251

7 Engelbert Krebs zurück in Freiburg (1927- 1929)

7.1 Krebs Vortragstätigkeit als Experte für

ausländisches Kirchen-, Missions- und

Bildungswesen

Nach Ankunft in seiner Heimatstadt am 17. Februar 1927 war Krebs gleich vom Freiburger Stadtrat und Oberbürgermeister Kurt Bender, der die Reise durch einen finanziellen Beitrag aus der Stadtkasse bezuschusst hatte, und dem Zentrumspolitiker Joseph Wirth, begrüßt worden.1065 Anfang Mai hatte er in seiner Funktion als Mitglied des Kulturbeirats ein persönliches Gespräch mit Geheimrat Hermann Terdenge (1882-1959) im Auswärtigen Amt in Berlin und sprach abends im großen Saal der Philharmonie für den Franziskus Xaverius Verein in Anwesenheit des Reichskanzlers (1863-1946) von der Zentrumspartei.1066

Seine Weltreise lieferte Krebs bis nachweislich weit in das Jahr 1933 viel Stoff für gut besuchte Vorträge in verschiedenen Gegenden Deutschlands: Bis zum Ende der Weimarer Republik trat Krebs mehrmals monatlich auf Reisen in katholisch geprägte Gebiete wie Baden, dem Rheinland, Bayern und der nördlichen Schweiz auf, wo er von Akademikervereinen 1067 , Universitäten und sonstigen Bildungseinrichtungen 1068 , Missions- und Kolonialgesellschaften 1069 sowie katholischen Vereinen 1070 ,

1065 Vgl. UAF: C126/9: Tagebucheintrag vom 17.02.1927. 1066 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 09.05.1927. 1067Vgl. UAF: C126/29: Kölner Akademikerverband (09.03.1927); Deutsche Akademie in München (05.05.1927); Akademikerverein in Tübingen (06.05.1927); Freundeskreis der Deutschen Akademie (27.10.1927); Basel (31.05.1927); UAF: C126/31: Akademikerverband Baden-Baden (09.03.1928); Akademiker in Paderborn (18.11.1928); Kreis „Neudeutschland“ (06.02.1929). 1068 Vgl. UAF: C126/29: Universität Freiburg (18.05.1927); Volkshochschule Freiburg (30.05.1927); UAF: C126/31: Freunde der Freiburger Universität (09.11.1928); Technische Hochschule Hannover (19.11.1928); Freunde der Freiburger Universität in Staufen (20.01.1929); Universität Freiburg (05.02.1931). 1069 Vgl. UAF: C126/29: Akademischer Missionsverein in München (05.04.1927); Katholisch-akademischer Missionszirkel Freiburg (12.07.1927); Geographische Gesellschaft Freiburg (27.10.1927); Kolonialgesellschaft (27.10.1927); Verein für das Deutschtum im Ausland (27.10.1927); UAF: C126/31: Eröffnung der Missionsausstellung der Franziskaner im Sankt Anna-Saal Freiburg (18.01.1928); Internationale Akademische Missionstagung in Freiburg (17.03.1928); Vor der Bürgergesellschaft in Köln auf Einladung der Jesuiten von der Missions-Prokurator der Chinamission (22.05.1930). 1070Vgl. UAF: C126/29: Elisabethenverein in Freiburg (24.02.1927); Sankt Anna Stift in Freiburg (01.04.1927); UAF: C126/31: Gesellschaft für christliche Kultur in Luzern (07.01.1929). 252

Pfarrgemeinden 1071 , Priesterseminarien 1072 und Frauenvereinen 1073 zu Vorträgen eingeladen wurde. Die genauen Vortragsthemen lassen sich an Hand seiner Tagebücher, Korrespondenzen und sonstigen Unterlagen leider nicht mehr rekonstruieren. Veröffentlicht wurde lediglich sein Vortrag vor der deutschen Akademie in München, indem er über die deutsche Kulturarbeit in Asien sprach.1074

Mehrheitlich stand die katholische Theologenschaft Krebs´ Engagement als Vortragsredner eher skeptisch gegenüber. Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg hatte sein Freiburger Kollege Joseph Sauer (1872-1949) ihn darauf hingewiesen, dass innerhalb der theologischen Fakultät Professoren der älteren Generation, die dem ultramontanen Lager zuzuordnen waren, Krebs politisches Engagement als „unpriesterlich“ und „unwissenschaftlich“1075 bewerteten. Insbesondere von dem katholischen Theologen Otto Friedrich Miller bekam Krebs „spöttische Briefe“ über seine Vorträge auf der Akademikertagung in Konstanz.1076 Während seiner Exerzitien in Hegne am Bodensee im Oktober 1927 dachte Krebs zwischenzeitlich sogar daran, seine Vortragstätigkeit ganz abzubrechen. In seinem Tagebuch schreibt er dazu:

„In diesem Jahre hat sich mir immer stärker die Erkenntnis verdichtet, dass meine vielen gedruckten Arbeiten nicht zu denen gehören, die irgendeine besondere Wirkung in der Öffentlichkeit hätten, etwa so wie die von Guardini, dessen Name für drin und draussen stehende ein kathol. Programm bedeutet, oder wie Adam, dessen Wesen des Katholizismus überall Aufsehen erregte, oder wie die von anderen, die in der soeben erschienenen „Bilanz“ des Hochlandes als charakteristische Mitarbeiter genannt werden. Auch im Rahmen der katholischen Theologie bedeuten meine Arbeiten nicht etwas, wovon man spricht wie von den international bewunderten Arbeiten meines Freundes Grabmann und worüber etwa Kontroversen ernstlicher Art laut würden. Still und in der zweiten oder dritten Klasse reisen meine Bücher – und meine Vorträge durchs Land. Otto Miller verachtet darum ganz ehrlich meine Vortragstätigkeit als eine Blosstellung und ein Michwegwerfen ohne hohen Sinn. Menschen, die eine Wirkung haben, mögen sich hinopfern und „ihr Leben verlieren“ um es in anderen zu wecken, und sterben, damit andere leben, und so selbst ihr ewiges Leben „gewinnen“. Aber wer mit seinen Vorträgen nur Anregung und vorübergehende Unterhaltung schafft, sollte als

1071 Vgl. UAF: C126/31: Pfarrgemeinde und Arbeiterverein in Offenburg (22.01.1928). 1072 Vgl. UAF: C126/29: Priesterseminar der Erzdiözese Freiburg in Sankt Peter (02.03.1927). 1073 UAF: C126/29: Lehrerinnen in Offenburg (22.01.1928); Frauenbund Freiburg (02.02.1928); Sozialbeamtinnen in München (04.11.1928). 1074 Engelbert Krebs: Die kulturelle Sendung Professor Satas. Besuch des japanischen Gelehrten bei der Deutschen Akademie, in: Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums 15 (1927), S. 563-568. 1075 UAF: C126/7: Stichwort „Theologische Professuren“. 1076 Vgl. UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 16.11.1928. 253

ernster Mensch das aufgeben. – Wert, darüber zu denken! Diese Gedanken wollten sich manches mal im Sinne von Neid und von gekränktem Hochmut u. verletzter Schriftstellereitelkeit sich festsetzen. Ich denke auch an Abbremsen der Vortragsarbeit. Aber andererseits weiss ich, dass unsere kathol. Akademiker und Gebildetenzirkel davon leben, dass solche Vorträge ihnen geboten werden – und schließlich ist es doch nur eine Frage der ehrlichen Demut 1 einzusehen u. anzuerkennen, dass es auch Talente u. Leistungen II Klasse und III Klasse in Gottes Reich geben muss und 2 sich einverstanden zu erklären, von Gott den Dienst eines solchen zu übernehmen: non altino sapere, sed sapere ad sobrietatem. Und auch die Verachtung ehrlicher Freunde und die Unbeachtung durch Fachgenossen muss der in den Kauf nehmen, der nur Gott u. den Seelen dienen will.“1077

Parallel zu seiner Vortragstätigkeit arbeitete Krebs auch an der Herausgabe seines Buches „Meine Reise um die Erde. Eine Pilgerfahrt“, das im Juli 1928 erschien, und weiteren Aufsätzen1078, in denen Krebs hauptsächlich die geistigen Umwälzungen und den „Kampf um die Seele Ostasiens“ behandelte. Krebs veröffentlichte auch einen Aufsatz zum Thema „Frauenleben und Frauenfragen in Asien“, in dem er über die „Unterwertung und Entrechtung der Frau“ 1079 in der fernöstlichen Kultur sprach, und die Errichtung katholischer Frauenschulen forderte, die „Führerinnen“ schaffen sollten „für die Frauenbewegung des Ostens“1080. In weiteren Aufsätzen erinnerte Krebs an den inzwischen verstorbenen Prälaten Friedrich Schlatter 1081 und den in der chinesischen Revolution erschossenen katholischen Großindustriellen Joseph Lo Pa Hong1082, den Krebs während seiner Reise durch die chinesischen und koreanischen Missionsstätten kennen gelernt hatte.

Neben seinen literarischen Arbeiten war Krebs weiterhin kultur- und wissenschaftspolitisch aktiv, was sich besonders an seinem Engagement bei der Verleihung der Ehrensenatorenwürde an den Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko Sata und an seiner Mitarbeit am China- und Japan-Lexikon sehen lässt.

1077 Vgl. UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 18.10.1927. 1078 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Seele Japans, in: Literarische Blätter. Beilage der Kölnischen Volkszeitung 25 (1929); Ders.: Engelbert Krebs: Katholischer und ostasiatischer Geist. Rückblick auf meine Orientreise 1926, in: Theologie und Glaube 6 (1927), S. 810-826. 1079 Engelbert Krebs: Frauenleben und Frauenfragen in Fernasien. Erinnerungen von einer Reise in China und Japan im Jahre 1926, in: Die christliche Frau 6 (1928), S. 169-177; hier: S. 172. 1080 Engelbert Krebs: Frauenleben und Frauenfragen in Fernasien. Erinnerungen von einer Reise in China und Japan im Jahre 1926, in: Die christliche Frau 6 (1928), S. 169-177; hier: S. 177. 1081 Engelbert Krebs: Prälat Friedrich Schlatter, in: St. Konradsblatt und Münchener katholische Kirchenzeitung (1927), S. 386-387. 1082 Vgl. Engelbert Krebs: Lo Pa Hong. Persönliche Erinnerungen an den verstorbenen Revolutionsführer, in: St. Georgsblatt 9 (1938), S. 11-12. 254

7.2 Die Verleihung der Ehrensenatorenwürde an den

Mediziner Aihiko Sata

Während Krebs´ in Theologenkreisen für sein wissenschafts- und kulturpolitisches Engagement nur unzureichend Würdigung empfing, intensivierte sich Krebs´ Beziehung zu dem Freiburger Pathologen Ludwig Aschoff. Dieser vermittelte auch Vorträge an Krebs und so konnte dieser im Sommer 1927 auf einer Akademikertagung über die deutschen Katholiken Amerikas und ihre Bedeutung für das dortige Schulwesen sprechen.1083 Aschoff bat ihn auch hinzu, wenn er Gäste aus Fernost bei sich in Freiburg empfing. Dies war beispielsweise der Fall, als Aschoff den japanischen Mediziner Nagaio der Tokioter Hochschule zu sich einlud. Während eines Festessens im „Zähringerhof“ hielt Krebs ebenfalls eine Rede über sein neues Lieblingsthema, „Die Begegnung der zwei größten Weltkulturen in der Seele der Japaner und über ihre Aufgabe, eine Synthese zu schaffen“ 1084 . Krebs und Aschoff waren auch maßgeblich an der Verleihung der Ehrendoktorwürde an den japanischen Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko Sata (1871-1950) beteiligt.

Abb. 56: Portraitaufnahme Aihiko Sata

1083 Vgl. UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 31.03.1927. 1084 UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 09.05.1927. 255

Aihiko Sata hatte noch vor der Jahrhundertwende Deutschland als Student kennen gelernt. Im Jahr 1897 war er im amtlichen Auftrag seiner Schule zum Auslandsstudium nach Europa gesandt worden. Auf einem japanischen Schiff reiste er in 50 Tagen nach Marseille und dann über Paris nach Berlin, wo er zusammen mit seinem Kollegen, dem Pathologen Fujinami, acht Monate lang bei Virchow arbeitete. Im März 1898 reiste Sata weiter nach Freiburg, um bei Ernst Ziegler Pathologie zu studieren. Hier freundete er sich mit dem jungen Ludwig Aschoff an. Während seines Deutschlandaufenthaltes war Sata durch die Ideen des Leipziger Historikers und Kulturpolitikers Karl Lamprecht beeinflusst worden. Dieser hatte in dem von ihm aufgebauten und 1909 eröffneten Leipziger Institut für Kultur und Gesellschaft Japans auf die Notwendigkeit eines deutsch-japanischen Kulturaustausches hingewiesen und diese kulturellen Beziehungen gefördert. Zurück in seiner Heimat wurde Sata zu einem der bedeutendsten Wissenschaftspolitiker Japans. Auf seine Initiative hin entstand am 18. Dezember 1920 der Deutsch-Japanische Verein Osaka- Kobe-Kyoto, der mit einem von ihm geschaffenen kleineren Japanisch-Deutschen Institut in Osaka verbunden war. Zudem publizierte Sata seit 1923 die monatlich erscheinende Japanisch-Deutsche Zeitschrift für Wissenschaft und Technik („Nichi-Doku Gakugei“), in der neben japanischen Beiträgen auch zahlreiche Originalveröffentlichungen führender deutscher Natur- und Geisteswissenschaftler abgedruckt waren, unter anderem von Edmund Husserl, Heinrich Rickert, Wilhelm Ostwald, James Goldschmidt und Rudolf Eucken. Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand dürfte er auch der erste Wissenschaftspolitiker gewesen sein, der nach dem Krieg durch eine Vortragsreise in Deutschland auf die Notwendigkeit eines wesentlich erweiterten Sprachangebots in beiden Ländern hinarbeitete: So forderte er beispielsweise die Schaffung weiterer japanbezogener Lehrstühle und Institutionen im Deutschen Reich, und er setzte sich für eine tatkräftige und private Unterstützung beim Aufbau des Deutschunterrichts an Universitäten und Schulen in Japan ein. Als Kontaktmann zum Leipziger Institut assistierte ihm in Osaka der Lamprecht-Schüler Hans Überschaar (1885-1965), mit dem Krebs während seines Japan- Aufenthaltes ebenfalls in direktem Kontakt stand. Überschaar erhielt später als erster eine Professur für das moderne Japan an der Leipziger Universität. Die Einrichtung des Lehrstuhls wurde wiederrum durch eine von Sata vermittelte Spende des japanischen Zeitungsverlegers Hikoichi Motoyama (1853-1932) in Osaka ermöglicht.1085 Um nach dem Ersten Weltkrieg die deutsche Wissenschaft wieder in die internationale „scientific community“ zu integrieren, wurden international bekannte Persönlichkeiten zu Vorträgen

1085 Vgl. Sata Aihiko Sensei, in: Ostasiatische Rundschau 22 (1941), S. 83-86. 256

eingeladen. Besonders Aihiko Sata machte von diesem Mittel ausgiebig Gebrauch und lud deutsche Gelehrte wie die beiden Nobelpreisträger Albert Einstein und Fritz Haber sowie weitere deutsche Wissenschaftler wie den Biologen und Philosophen Hans Driesch zu Vorträgen nach Tokyo und Osaka ein. Auch Ludwig Aschoff kam während seiner Japanreise nach Osaka, um die neue Klinik der dortigen medizinischen Fakultät zu besichtigen und auf der Tagung des deutsch-japanischen Vereins einen Vortrag zu halten.1086

Am 28. Oktober 1926 war Krebs Gast des Präsidenten der Kansai-Universität in Osaka gewesen, wo er auch zum ersten Mal auf den Internisten und Tuberkuloseforscher Aihiko Sata (1871-1950) traf, der jahrelang die medizinische Hochschule in Osaka geleitet hatte. Insbesondere „die herzliche Tischrede über die geistige Verbindung von Japan und Freiburg“, die Sata an der Kansai-Universität zu seinen Ehren gehalten hatte, war Krebs in warmer Erinnerung geblieben: „Dankbaren Herzens konnte ich schon am ersten Tage meiner Vortragsreise feststellen, wie wohlgeborgen ich in Japans Gelehrtenkreisen als Mitglied der Freiburger Universität war, wie hochgeachtet meine Alma mater in Japan ist!“1087, schrieb Krebs dazu in sein Reisetagebuch. Auch er wurde von Sata eingeladen, in seinem deutsch-japanischen Verein einen Vortrag über die gegenwärtige Wendung im europäischen Geistesleben zu halten. 1088 Als Krebs von einer für das Frühjahr 1927 geplanten Reise Satas erfuhr, hatte Krebs sofort an den Rektor der Freiburger Universität geschrieben, dass man ihn auch zu Vorträgen nach Freiburg einlade.1089 In diesem Brief heißt es:

„All diese Liebenswürdigkeit veranlasst mich, an Ew. Magnifizenz eine Bitte zu richten. Dr. Sata, der mir so besonders viel vornehme Gastfreundschaft erwies, und der als einer der ehrlichsten Freunde Deutschlands gleich nach dem Krieg wesentlich mitgewirkt hat, Deutschlands Not zu steuern, der auch auf eigene Kosten eine deutsch-japanische Zeitschrift herausgibt, wird im Sommersemester nächsten Jahres sich in Deutschland aufhalten. Er hängt mit grosser Dankbarkeit an Freiburg, weil er Schueler und Freund von Ziegler senior gewesen ist. Würden Sie nicht mit Geh. Rat Aschoff und dem Dekan der medizinischen Fakultät sprechen, dass diese schon im Winter durch Geh. Rat. Aschoff ihn zu einem Besuch auch der Freiburger Universität einladen und ihn zu einem

1086 Vgl. Eberhard Friese: Kontinuität und Wandel. Deutsch-japanische Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen nach dem Ersten Weltkrieg, S. 807-808; hier: S. 810. 1087 Engelbert Krebs: Reise um die Erde, S. 380. 1088 Vgl. UAF: C126/ 30: Tagebucheintrag vom 28.10.1926; Beiliegend die Eintrittskarte des deutsch- japanischen Vereins Nichi-Doku-Kyokwai. 1089 Vgl. Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im Fernen Osten, S. 555. 257

Vortrag vor Professoren und Studenten auffordern. Sata spricht so gut deutsch, dass er das wohl tun würde. Zugleich aber würden wir etwas Gegenseitigkeit in die Beziehung zwischen unserer Universität und Japanischen Hochschulen bringen. Man sagte mir in deutschen Kreisen hier, dass Sata Aussicht habe, einmal japanischer Kulturminister zu werden und damit die deutschfreundliche Haltung der Gelehrtenkreise noch zu verstärken. Es würde also auch eine vaterländische Tat in unserem Sinne sein, wenn Freiburg Satas Freude an Deutschland noch vertiefen hälfe durch eine ehrenvolle Einladung […]“1090

Sata selbst formulierte die Gründe seiner Deutschlandreise in einem seiner Freiburger Vorträge:

„Ich bin dieses Mal nach Deutschland gekommen, um mich über die Fortschritte nach dem Kriege zu unterrichten; aber der Hauptzweck meines Besuches ist doch ein anderer. Ich möchte Ihnen erstens persönlich und zweitens als ein Vertreter der japanischen Wissenschaft unseren Dank überbringen für all das, was wir Gutes von Ihnen empfangen haben. Ich halte diese Aufgabe, die zu erfüllen ich mir mit allen Kräften vorgenommen habe, für eine höchst wichtige. Nehmen Sie also meine Reise zu Ihnen als den Ausdruck dankbaren Empfindens, und betrachten Sie meinen Vortrag als Bemühung, den Dank abzutragen, den ich mit so vielen Hunderten, ja Tausenden von Japanern Ihrem Lande zu Schulden glaube. Es ist wohl das erste Mal, dass ein Japaner mit der ausgesprochenen Absicht nach Deutschland kommt, hier durch Vorträge für das Verständnis seines Landes zu wirken.“1091

Mitte Mai 1927 reiste Sata mit seiner Frau und seinem ältesten Sohn Naoyasu über Sibirien nach Deutschland, wo Sata an wissenschaftlichen Instituten, vor gelehrten Gesellschaften etc. Vorträge über fachwissenschaftliche und allgemeine Themata halten wollte.1092 Um seine „Deutschfreundlichkeit zu erhalten und zu bestärken“1093 wurde von deutscher Seite alles getan, um dem japanischen Gelehrten einen angemessenen Empfang in Deutschland zu bereiten: Ihm zu Ehren gab die Berliner Ärzteschaft ein Fest im Kaiserhof. Sowohl im Japaninstitut als auch in der ostasiatischen Gesellschaft sprach Sata über die deutsch- japanischen Kulturbeziehungen. Der preußische Unterrichtsminister veranstaltete ihm zu Ehren ein Frühstück, zu dem auch Gelehrte der Berliner Universität, der Akademie der

1090 UAF: B24/1921: Engelbert Krebs an den Rektor der Universität Freiburg vom 12.11.1926. 1091 Aihiko Sata: Über das Sportwesen des alten und neuen Japan, Freiburg i. Br. 1928, S. 22. 1092 Vgl. PAB: R65678: Brief des Generalkonsulats in Kobe an das Auswärtige Amt in Berlin vom 30.12.1926. 1093 PAB: R65678: Generalkonsulat in Kobe an das Auswärtige Amt in Berlin vom 30.12.1926. 258

Wissenschaft und der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft geladen waren. Eine besondere Station während seiner Deutschlandreise stellte für Sata der Besuch in seinem „geliebte[n] Freiburg“ dar.1094

Am 1. Juli war Sata am Freiburger Bahnhof von Ludwig Aschoff und seiner Ehefrau sowie Engelbert Krebs in Empfang genommen worden.1095 Krebs hatte dort am Tag zuvor schon Hans Überschaar abgeholt, der zum Auftakt für den japanischen Besuch von Aihiko Sata einen Vortrag an der Universität gehalten hatte.1096 Begeistert über Satas Freiburg-Besuch hatte Krebs in sein Tagebuch notiert: „Es ist das erste Mal, dass ein japanischer Gelehrter in dieser Weise Europa als Redner bereist und zwar mit so ausgesprochenem deutschfreundlichen Zweck.“1097 In der Aula der Universität wurde Sata auf Grund seiner zahlreichen Bemühungen um die wissenschaftlichen und kulturellen Verbindungen zwischen Deutschland und Japan zum Ehrensenator der Freiburger Universität ernannt. Diese Ehrung bedeutete insofern eine besondere Auszeichnung, da die Ehrensenatorenwürde einem ausländischen Gelehrten innerhalb von vierhundert Jahren seit der Gründung der Freiburger Universität erst zum dritten Mal zuerkannt worden war. Nach diesem Akt folgte sein Vortrag über Reform und moderne Entwicklung des japanischen Unterrichtswesens. In dessen Einleitung würdigte Sata Ludwig Aschoff und Engelbert Krebs, die Satas Aufenthalt in Freiburg organisiert hatten. Sata erinnerte auch an Krebs´ Besuch in Japan, wo er als „getreuer Interpret des modernen deutschen Geisteslebens“1098 aufgetreten war. Am Ende seines Vortrages betonte Sata noch einmal ausdrücklich, dass die japanischen Universitäten bloß der äußeren Gestalt nach Ähnlichkeit mit den amerikanischen Universitäten aufwiesen, während sie „im Geiste […] bestrebt“ seien, „nach dem deutschen Muster zu arbeiten“1099. An der Feierlichkeit selbst nahmen ungefähr dreitausend Personen teil, darunter waren sämtliche Professoren und Studierende der Universität, der Bürgermeister von Freiburg sowie Vertreter der badischen Regierung und der städtischen Verwaltung. Der Abend endete mit einem Festmahl im Zähringerhof, „bei dem Sata u. Überschaar interessante Mitteilungen über die mangelnden Verbindungen

1094 Sata Aihiko Sensei, in: Ostasiatische Rundschau, S. 85. 1095 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 01.07.1927. 1096 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 30.06.1927. 1097 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 04.07.1927. 1098 Aihiko Sata: Neue Reform und moderne Entwicklung des japanischen Unterrichtswesens, insbesondere des Universitätswesens (Vortrag vom 1. Juli 1927 in Freiburg im Breisgau), Freiburg im Breisgau 1928, S. 7-20, S. 7. 1099 Aihiko Sata: Neue Reform und moderne Entwicklung des japanischen Unterrichtswesens, S. 20. 259

zwischen Japan u. Dland machten“ 1100 . Am Tag danach sprach Sata im Auditorium Maximum über den kulturellen Wert der medizinischen Wissenschaft in Japan:

„Ich habe während langer Jahre meines Rektorats der medizinischen Akademie in Osaka, der jetzt größten Stadt Japans, Gelegenheit gehabt, unsere japanischen Studenten in die deutsche Medizin und Naturwissenschaft einzuführen; dieses ist mir aber immer nur als ein Hilfsmittel erschienen, um überhaupt den jungen studierenden Japaner in die Denkwege und Denkmethoden des deutschen Geistes zu geleiten. Im Besonderen ist es mir eine Freude gewesen, in unseren Studenten das Verständnis für die Art und Weise zu erwecken, in der der deutsche Geist mit Energie und Wahrheitsliebe seine Forschungen von jeher betrieben hat. Unsere japanischen Fortschritte, die wir in der Gesamtwissenschaft zum großen Teil, in den Naturwissenschaften und der Medizin besonders den Deutschen verdanken, sind, das darf ich getrost sagen, überall angesehen und dürften die Achtung der übrigen Welt sehr wohl in Anspruch nehmen, wie das ja auch auf internationalen Kongressen zum Ausdruck gekommen ist. Es wird Sie auch interessieren, zu hören, dass die Medizin in Japan etwa seit 100 Jahren die Vorkämpferin, nicht nur für die europäische Wissenschaft, sondern für die abendländische Kultur überhaupt gewesen ist. Die zahlreichen Japaner, welche sich in Deutschland aufhalten, werden auch von Ihnen wohl als die Vermittler der deutschen Wissenschaft und Kultur nach Japan angesehen werden.“1101

Am selben Tag folgte ein Ausflug nach Badenweiler, abends saß Krebs mit Sata und seiner Frau sowie Hans Überschaar in der Burse und sprach über sein Lieblingsthema der „Gemeinsamkeiten zwischen ostasiatischem und kathol. Geist“.1102 Am Tag darauf folgte eine Reise über den Schauinsland, Kirchzarten, das Höllental, Breitnau, Sankt Märgen und Sankt Peter, wo Krebs –wie Sata berichtet – „wie ein Heiliger aufgenommen wurde“1103. Am 4. Juli reisten Sata und seine Frau sowie Hans Überschaar weiter nach München, wo sie in der deutschen Akademie feierlich empfangen wurden. Sata sollte dort ebenfalls Vorträge über die deutsch-japanischen Kulturbeziehungen1104 halten. Die Kontakte nach München hatte ihm Krebs vermittelt, der eng mit dem dortigen Kirchenhistoriker und Gründer der deutschen Akademie sowie der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums, Georg Pfeilschifter (1870-1936), befreundet war.1105 Nach seiner Ankunft in der ersten Dezemberhälfte 1927 übermittelte das deutsche

1100 UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 02.07.1927. 1101 Aihiko Sata: Über das Sportwesen des alten und neuen Japan, Freiburg i. Br. 1928, S. 21-22. 1102 Vgl. UAF: C126/ 29: Tagebucheintrag vom 02.07.1927. 1103 PAB: R65678: Aihiko Sata. Meine Vortragsreise in Deutschland (Artikelserie in der Osaka-Mainichi). 1104 Vgl. Aihiko Sata: Über deutsch-japanische Kulturbeziehungen, Berlin 1927. 1105 Vgl. UAF: C126/29: Tagebucheintrag vom 04.07.1927. 260

Generalkonsulat in Kobe, dass Sata „von dem Erfolg seiner Reise in vollem Umfang befriedigt“ und „in seiner deutsch-freundlichen Gesinnung zweifellos bestärkt worden“1106 sei. In seinem Aufsatz für die „Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums“ wertete Krebs Satas Deutschlandreise wie folgt:

„Die Anwesenheit Professor Satas in Deutschland bedeutet mehr als die zufällige Studienreise eines Gelehrten, sie ist der bisher stärkste Ausdruck des Willens der japanischen Intelligenz und namentlich der Wissenschaft, die durch den Weltkrieg abgerissenen Fäden zu Deutschland neu zu knüpfen und die Annäherungsversuche der letzten Jahre, die sich vornehmlich durch Einladung deutscher Gelehrter von japanischer Seite aus kundgaben, auf eine breitere und dauerhafte Grundlage zu stellen. Bekanntlich ist unlängst ein deutsches Institut in Tokio und ein japanisches in Berlin eröffnet worden; die Voraussetzungen für ein engeres Zusammenarbeiten der beiden großen Kulturnationen Europas und Asiens sind also gegeben, und von Deutschland wird es im wesentlichen abhängen, ob die dargebotene Hand Japans mehr als eine freundliche Geste bleibt.“1107

7.3 Arbeit am Japan- und China-Lexikon des Herder-

Verlags

In der Zeit nach seiner Ankunft fungierte Krebs außerdem als die Hauptstütze der Herderschen Redaktion beim Zustandekommen der großen katholischen Enzyklopädien für Japan und China.1108 Gerade diese beiden Enzyklopädien verdeutlichen in besonderem Maße, dass das Selbstverständnis des Freiburger Verlagshauses auch durch die Zeit der Weltkriege hindurch nie auf nationale Grenzen beschränkt, sondern immer global angelegt war.1109 Die Initiative zu diesen beiden Werken ging jedoch von Papst Pius XI.1110(1857- 1939) aus, der sich während seiner Amtszeit den beiden Missionsländern China und Japan zugewandt hatte: Insbesondere von seiner im Jahr 1926 erschienenen Missionsenzyklika „Rerum Ecclesiae“ – „Über die Pflicht und Art der Förderung der heiligen Mission“1111

1106 PAB: R65678: Deutsches Generalkonsulat in Kobe an das Auswärtige Amt in Berlin vom 01.02.1928. 1107 Engelbert Krebs: Die kulturelle Sendung Professor Satas, S. 563-568. 1108 Vgl. Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker, S.182-192. 1109 Vgl. Verlagshaus Herder (Hg.): 175 Jahre Herder. Kleines Alphabet einer Verlagsarbeit (Jubiläumsschrift), Freiburg i. Br. 1976, S. 51. 1110 Zu Papst Pius XI. vgl.: Carlo Confalonieri: Pius XI. Aus der Nähe gesehen. Aschaffenburg, 1958; Martin Richter: Der erste Stellvertreter. Papst Pius XI. und der geheime Pakt mit dem Faschismus., Darmststadt 2016; Alfons Fitzek (Hrsg.): Pius XI. und Mussolini, Hitler, Stalin: seine Weltrundschreiben gegen Faschismus, Nationalsozialismus, Kommunismus, Eichstätt 1987. 1111 Enzyklika Rerum ecclesiae unseres Heiligen Vaters Pius XI. an unsere Ehrwürdigen Mitbrüder, Primaten, Erzbischöfe, Bischöfe sowie an die sonstigen Ordinarien, welche in Frieden und Gemeinschaft mit dem Apostolischen Stuhl stehen über die Förderung der Mission vom 28. Februar 1926, in: Päpstliche 261

waren starke Impulse für die katholische Mission in Fernost ausgegangen. Nun wollte Pius XI. „für den fernen Osten zwei große katholische Enzyklopädien erarbeiten lassen, aus denen die gebildeten Kreise das christliche Weltbild und die christliche Wertbeurteilung kennen lernen könnten. Es sollten Enzyklopädien geschaffen werden, in denen die katholische Theologie in großen Rahmen- und Einzelartikeln dargestellt würde und im Lichte dieser Gotteslehre die Geschichte der Menschheit, Moral und Recht, religiöse Kunst und Dichtung, Erziehung und Caritas, Gesellschafts- und Wirtschaftslehre behandelt würde“1112.

Mit den Vorarbeiten für das Japan-Lexikon, japanisch „Katorikku Daijiten“, wurde im Jahr 1935 begonnen. Träger des Werkes waren die deutschen Jesuiten der Sophia-Universität in Tokio, bei denen Krebs während seines Japanaufenthaltes Gast war. Die europäische Redaktion wurde vom Lexikographischen Institut des Freiburger Herder-Verlages unter Dr. Jakob Hommes1113 (1898-1966) geleitet, der später den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Regensburg bekleidete. Die einzelnen Aufsätze wurden von katholischen Theologen verschiedenster Nationalitäten verfasst, in der Freiburger Redaktion gesammelt und von dort aus zur Übersetzung nach Tokio versandt, wo sie von japanischen Gelehrten übersetzt wurden. Einträge in der „Klausenchronik“ zeigen, dass Krebs als Redakteur maßgeblich am Entstehungsprozess des Japan-Lexikons beteiligt war und für das Lexikon vor allem Beiträge aus dem dogmatischen Fachbereich verfasst hat.1114 In „Im Dienst am Buch“ schrieb Krebs über seine Arbeit am Japan-Lexikon:

„Es war ein Werk wahrer katholischer Einheit, die Arbeit von Hunderten in aller Welt zusammenfassend. Wenn ich als einzelner Teilarbeiter in meiner stillen Schwarzwaldklause bei St. Märgen, einsam auf grüner Wiesenbucht inmitten der großen Tannenwälder neben der kleinen Nikolauskapelle an meinen Artikeln schrieb, dann wusste ich mich trotz dieser Abgeschiedenheit in geistiger Verbindung mit Deutschen, Engländern, Franzosen, Italienern, Amerikanern und Japanern, wusste mich verbunden mit dem höchsten Auftraggeber, dem Heiligen Vater in Rom, und verbunden mit den Neuchristen im fernen Inselreich des Ostens, und die ganze Eingegliedertheit in den

Rundschreiben über die Mission von Leo XIII. bis Johannes XXIII, Missionswissenschaftliches Seminar der Universität Würzburg, herausgegeben von Josef Glazik MSC, Abtei Münsterschwarzach 1961, S. 42-69. 1112 Albert M. Weiß OP und Engelbert Krebs: Im Dienst am Buch. Bartholmä Herder-Benjamin Herder- Hermann Herder, Freiburg im Breisgau 1951, S. 413. 1113 Walter M. Neidl, Friedrich Hartl (Hrsg.): Person und Funktion. Festschrift zum Gedenken an den hundertsten Geburtstag von Jakob Hommes, Regensburg 1998; Friedrich J. Bassermann: Eine junge Universität und ein bejahrter Student. Dem Philosophen Prof. Dr. Jakob Hommes (1898–1966) in dankbarer Erinnerung, in: Regensburger Almanach 1990 (1989), S. 196–204. 1114 Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker S. 182-183. 262

fortlebenden und fortwirkenden Leib Christi auf Erden wurde mir in dem kleinen Waldbruderhaus auf einsamer Bergeshöhe zur fühlbaren Wirklichkeit.“1115

Die Leitung der japanischen Redaktion übernahm der deutsche Jesuitenpater Johannes Baptist Kraus von der katholischen Sophia-Universität in Tokio, wobei ihm auch der Franziskanerpater Titus Ziegler von der Mission in Sapporo, den Krebs ebenfalls während seiner Japanreise kennengelernt hatte, zur Seite stand. Das Japan-Lexikon sollte ursprünglich bei dem kulturell bedeutenden Verlag namens „Iwanami“ publiziert werden, aus finanziellen Gründen scheiterte jedoch die Zusammenarbeit. Stattdessen wurde der japanische Verlag „Fusambo“ in Tokio mit der Publikation der katholischen Enzyklopädien betraut, deren ersten beiden Bände im Jahr 1940 und 1942 herausgebracht werden konnten. Die Arbeit an den folgenden Bänden musste auf Grund des im Juli 1937 beginnenden Pazifikkrieges und der Bombenangriffe eingestellt werden. Die folgenden Bände erschienen erst nach Krebs´ Tod in den Jahren 1952,1954 und 1960.1116

Aus den gleichen Gründen wie „Katorikku Daijiten“ begannen im Jahr 1939 die Vorarbeiten zu einem ebenfalls von Papst Pius XI. angeregten China-Lexikon.1117 Träger des Projektes war dieses Mal die Fu-Jen-Universität in Peking1118, die von den Steyler Missionaren geleitet wurde. Dem Freiburger Lexikographen Dr. Jakob Hommes dabei eine ähnliche Aufgabe zu wie beim japanischen Lexikon, jedoch sollte das China-Lexikon stärker an die chinesische Eigenart angepasst werden. Der Jesuitenpater von Hee, der lange in China als Wissenschaftler gewirkt hatte, sowie europäische Sinologen und chinesische Wissenschaftler sollten dabei helfen, die Darstellung der christlichen Religion und Philosophie an die chinesische Geistesart anzupassen.1119 In seiner Funktion als Redakteur war Krebs vor allem mit der Korrektur diverser Artikel zu den Themenbereichen der Allgemeinen Theologie, der Propädeutik, der Fundamentaltheologie, der Apologetik, der biblischen Theologie und der Dogmatik beauftragt worden. Auf Grund der Kriegs- und Nachkriegszeit konnte die europäische Redaktion des China-Lexikons ihre Arbeiten erst

1115Albert M. Weiß OP und Engelbert Krebs: Im Dienst am Buch, S. 416 f. 1116Vgl Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker, S: 184-185. 1117 Vgl. Albert M. Weiß OP und Engelbert Krebs: Im Dienst am Buch, S. 413. 1118 Vgl. Karl Josef Rivinius: Wissenschaft im Dienst der Evangelisierung. Der Beitrag der Katholischen Fu-Jen-Universität in Peking, in: Transnationale Dimensionen wissenschaftlicher Theologie (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz Beiheft 101), hg. v. Claus Arnold/Johannes Wischmeyer, Göttingen 2013, S. 195-235. 1119 Vgl. Hermann Sacher: Der Katholizismus in Deutschland und der Verlag Herder: 1801-1951, Freiburg i. Br. 1951, S. 271-272. 263

im Jahr 1949 abschließen. Durch die gesellschaftlichen und geistigen Umbrüche im Zuge des chinesischen Bürgerkriegs konnten die deutschen Manuskripte ohne eine erneute Überarbeitung nicht verwendet werden und so entschied man sich, das Projekt der China- Enzyklopädie fallen zu lassen.1120

7.4 Pflege internationaler Kontakte – die Klausenhütte

in Sankt Märgen als Ort der „Weltverbundenheit“

Die Arbeit am China- und Japan-Lexikon hatte Krebs auf die Zeit verlegt, in der er in seiner Klausenhütte in Sankt Märgen im Schwarzwald weilte. Durch die zunehmende Bespitzelung durch die nationalsozialistischen Machthaber zu Beginn der 1930er Jahre zog er sich häufiger dorthin zurück. Dort suchte er jedoch nicht nur die Einsamkeit, vielmehr betonte Krebs auch immer die „Weltverbundenheit“1121 seiner Klause. So schrieb er im April 1937: „So ist unsere liebe Klause ein Plätzlein der Stille u. Einsamkeit u. doch auch der Weltverbundenheit – weil sie eine winzige Zelle im weltumspannenden katholischen Gottesreich ist.“1122 Über seine Arbeit am China- und Japan-Lexikon hinaus dokumentieren seine „Klausenchroniken“ aber auch den regen Kontakt mit Personen, die Krebs während seiner Weltreise kennen gelernt hatte und die ihn auf seine Klausenhütte in Sankt Märgen über mehrere Tage hinweg besuchten: Zu Krebs´ Gästen gehörte die Industriellenfamilie Fröhlicher aus Zürich in der Schweiz, die in die Vereinigten Staaten ausgewandert war und die Krebs während seines Aufenthalts in New York jedes zweite Wochenende in ihrem Landhaus in Ridgewood in New Jersey besuchte. 1123 Auch die Familie seines Vetters Heinrich Goossens, die Krebs während seines Japan-Aufenthalts das erste Mal in seinem Leben getroffen und mit der er mehrere Tage in Kamakura verbracht hatte, verbrachte Zeit auf der Klausenhütte. 1124 Des Weiteren besuchte die Familie seines nach Asien ausgewanderten Schulfreundes Gustav Amann den Klausner: Amann war gemeinsam mit Krebs Sextaner am Freiburger Bertholdgymnasium gewesen und hatte als Ingenieur England, Nordamerika und Mexiko bereist. Seit 1909 arbeitete er als Siemens-Ingenieur in Shanghai und wurde nach dem Krieg Freund des chinesischen Revolutionärs Sun

1120 Vgl. Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker, S. 186; 191-192. 1121 Albert Junghanns: Der Freiburger Dogmatiker, S. 192. 1122 UAF: C126/634: Ebd. 1123 Vgl. UAF: C126/634: Ebd. 1124 Vgl. UAF: C126/635: Tagebucheintrag vom 06.11.1928. 264

Yatsen 1125 (1866-1925). Dieser war im Jahr 1912 erster provisorischer Präsident der Republik China geworden, mit deren Installation das zweitausendjährige Kaiserreich endete. Nach Sun Yatsens Tod wurde Amann im März 1925 Rat im Kabinett von T.U. Sung, Eugen Chen und Chian Kaisek. Seit Ende 1928 arbeitete Amann wieder in China mit einem halbjährigen Arbeitsaufenthalt in Europa im Herbst 1929. 1126 Für ihn schrieb Engelbert Krebs auch das Vorwort zu seinem Buch „Sun-Yatsens Vermächtnis“1127. Bis zum Tod von Gertrud Amann in China im Frühjahr 1933 blieb Krebs mit Familie Amann in brieflicher Verbindung.1128

Ein besonderes Ereignis war der Besuch des Abtbischofs Joseph Sauer von Wonsan in Korea, dem Krebs die erste Anregung für seine Weltreise verdankte. Von Beuron aus besuchte dieser im Februar 1928 Krebs in Freiburg. Gemeinsam fuhren sie in das Priesterseminar nach Sankt Peter, wo der Bischof vor den Alumnen einen Vortrag hielt, die Rückfahrt erfolgte über Sankt Blasien und Sankt Märgen.1129 Gemeinsam besuchten die beiden auch den Erzbischof und den Weihbischof von Freiburg und die Benediktiner im Stift Neuburg bei Heidelberg.1130 Als sich die politischen Verhältnisse in Deutschland für Krebs verschlechterten, bot Bonifatius Sauer Krebs „Arbeit und Quartier in Wonsan an […]“ an, Krebs lehnte dieses Angebot ab, in der Hoffnung, dass „im Interesse Europas […] die Verhältnisse nicht so schlimm werden möchten“1131. Wie viele andere Missionare wurde auch Sauer ein Opfer der Christenverfolgung: Mit der Proklamation der Republik Korea im Süden im August 1948 und der Gründung der koreanischen demokratischen Volksrepublik im Norden einen Monat später, brach der kommunistische Sturm über Nordkorea herein und das erfolgreiche missionarische Apostolat der Benediktiner kam zum Erliegen. Im Mai 1949 drangen die kommunistischen Soldaten in die Abtei ein und verhafteten die Ordensoberen, das gesamte europäische Personal und die koreanischen Priester. In einem anschließenden Scheinprozess wurden sie wegen angeblich antikommunistischer Sabotage angeklagt und verurteilt. Acht Patres und drei Brüder wurden im Oktober 1950 in Pyengyang hingerichtet. Die übrigen kamen zusammen mit

1125 Zu Sun Yat-sen vgl.: Gottfried-Karl Kindermann (Hrsg.): Sun Yat-sen. Founder and symbol of China's revolutionary nationbuilding, München 1982; Audrey Wells: The political thought of Sun Yat-sen. Development and impact, Hampshire 2001; Weyrauch, Thomas: Chinas unbeachtete Republik. 100 Jahre im Schatten der Weltgeschichte. Band 1 (1911–1949), Longtai 2009. 1126 Vgl. UAF: C126/ 636: Tagebucheintrag vom 27.11.1929. 1127 Gustav Amann: Sun Yatsens Vermächtnis (Geschichte Chinas in neuester Zeit), Berlin 1928. 1128 Vgl. UAF: C126/ 636: Tagebucheintrag vom 20.02.1930; 26.11.1930. 1129 Vgl. UAF: C126/ 31: Tagebucheintrag vom 19.02.1928. 1130 Vgl. UAF: C126/ 31: Tagebucheintrag vom 01.03.1928. 1131 UAF: C126/445: Tagebucheintrag vom 12.10.1934. 265

den Schwestern in ein Arbeitslager, wo neunzehn von ihnen starben. Die Überlebenden wurden nach vier Jahren Haft frei gelassen und kehrten in ihre Heimat zurück. Der schwer kranke Abtbischof Sauer verbrachte ein halbes Jahr lang in Einzelhaft in Pyengyang, wo er am 7. Februar 1950 an Entkräftung und Unterernährung starb.1132

Doch nicht nur mit Bonifatius Sauer, auch mit Friedrich Schlatter, der an der Planung und Organisation seiner Reise durch die Vereinigten Staaten maßgeblich beteiligt war, blieb Krebs in engem Kontakt: Gemeinsam mit ihm plante er sogar eine zweite Amerika-Reise „im Interesse einer engeren Verbindung Deutschlands mit diesem Lande, vor allem der engeren Verbindung der Theologen“1133. Zudem plante Schlatter, in seinem Office eine Agentur als Anlaufstelle für amerikanische Akademiker und Geschäftsleute zu schaffen, die Interesse an der Einstellung deutscher katholischer Akademiker hätten. Bestärkt durch die Gespräche mit zahlreichen katholischen Theologen entwickelte Krebs zusammen mit Friedrich Schlatter auch die Idee eines deutsch-amerikanischen Studentenaustausches. Ein Interesse von amerikanischer Seite war durchaus sichtbar, denn dem Freiburger Prälaten Benedikt Kreutz war bei seinem Besuch in Washington von der Zentrale der „Catholic Walfare Conference“ der Vorschlag unterbreitet worden, eine Schülerin seiner Caritasschule könne im Austausch mit einer amerikanischen Schülerin die Caritasschule in Washington besuchen. 1134 Eine Weiterentwicklung dieser anfänglichen Idee eines Studierenden- bzw. Akademikeraustausch wurde jedoch von der schweren Erkrankung Friedrich Schlatters und seinem Tod im Juni 1927 zunichte gemacht und von Engelbert Krebs nicht mehr weitergeführt.1135 Der Plan, ein zweites Mal in die Vereinigten Staaten zu reisen, verlief damit ebenfalls im Sand.

1132 Godfrey Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950). Abt und Bischof in Korea (1921-1950), S. 351-354, hier: S. 356. 1133 UAF: C126/575: Schlatter an Krebs vom 27.09.1926. 1134 Vgl. UAF: C126/575: Schlatter an Krebs vom 30.07.1926. 1135 Vgl. UAF: C126/26: Tagebucheinträge vom 19.05.1927; 23.05.1927; 04.06.1927. 266

Abb. 57: Friedrich Schlatter (links) und Engelbert Krebs (rechts)

7.5 Krebs´ Weltreise – Theologische

Gelehrtenmobilität entlang theologisch-

wissenschaftlicher und katholisch-kirchlicher

Netzwerke

Insgesamt betrachtet zeigt sich, dass Krebs´ Weltreise entlang nationaler, theologisch- wissenschaftlicher und religiös-katholischer Netzwerke verlief, die sich miteinander verschränkten bzw. in vielen Fällen auch deckungsgleich waren.

Krebs´ weltweites Geflecht persönlicher Beziehungen war vor allem durch landmannschaftliche Loyalitäten geprägt, denn viele der katholischen Würdenträger, insbesondere in den Vereinigten Staaten, hatten badische Wurzeln. Auf seinen Reisestationen traf Krebs aber auch immer wieder auf gebürtige Freiburger oder weitläufige Bekannte, zu denen sich Kontakte über katholische und badische Netzwerke ergeben 267

hatten. Dass Krebs bei der Durchführung seiner Weltreise wichtige Unterstützung von dem Protestanten und DDP-nahen Virchow-Schüler Ludwig Aschoff erhalten hatte, zeigt im Besonderen, dass persönliche Sympathien landmannschaftliche Loyalitäten, religiöse Überzeugungen und politische Haltungen dominieren konnten.

Frappierend ist hier die Weite der Kreise, die die Netzwerke ehemaliger Freiburger Alumni und Wissenschaftler bildeten und die sich nicht hinter denen von großen Universitäten wie Berlin oder Handelsstädten wie Hamburg verstecken mussten. Insbesondere während seiner Vortragstour durch die Vereinigten Staaten fällt die Zahl der katholischen Würdenträger und Theologen auf, die im Zuge ihrer Kriegsanstrengungen und karitativen Tätigkeiten Ehrendoktorwürden der Freiburger Universität erhalten hatten. Durch seine Gelehrtenbesuche belebte Krebs die wissenschafts- und kulturpolitischen Beziehungen zwischen ihnen und der Freiburger Universität. Gerade diese Kontaktpflege trug mit dazu bei, dass Freiburg nicht „Provinzuniversität“ blieb, sondern sich auch nach dem Ersten Weltkrieg weiter zu einer „Weltuniversität“ hin entwickeln konnte.

Krebs´ Weltreise beruhte aber auch auf religiös-caritativen Auslandsbeziehungen, was insbesondere seine Beziehungen zur Industriellenfamilie Fröhlicher in Ridgewood zeigt. Diese hatte Krebs´ Predigt- und Vortragsreisen durch die Schweiz, auf denen er Geld für die durch den Ersten Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogene Freiburger Universität sammelte, finanziell unterstützt. Aber auch die Touren mit dem Prälaten Friedrich Schlatter durch den mittleren Westen der USA dienten in erster Linie dazu, Gelder für die Missionsstätten in Fernost zu sammeln, die Krebs anschließend besuchen wollte.

Ferner lässt sich feststellen, dass Krebs´ Weltreise nicht nur ausschließlich entlang einseitig nationaler und konfessioneller Grenzen verlief: Gleich nach seiner Ankunft in den USA nahm Krebs Beziehungen zum New Yorker Judentum auf und verkehrte unter anderem im Haus des bekannten deutschen Gelehrten Franz Boas. Dies verdeutlicht, dass Krebs´ Reise auch einem interreligiösen Dialog auf internationaler Ebene diente. Ferner pflegte Krebs während seiner USA-Reise auch Beziehungen zu nicht deutschstämmigen Katholiken wie dem irischen Studentenseelsorger der Pennsylvania-University, Pater Keogh. In Fernost besuchte Krebs auch die Missionsstationen französischer Ordensleute und war zu Gast bei dem französischen Bischof und Leiter des Apostolischen Vikariats in Süd-Korea in Taeku, Floran Demange. Auch zu einheimischen Katholiken pflegte Krebs Kontakt. Unter ihnen befanden sich beispielsweise der japanische Vize-Admiral Yamamoto, der chinesische Christ Lo Pa Hong oder der Psychologe Dr. Sata. Krebs´ Weltreise stand demnach auch im

268

Zeichen einer nationalen und kulturellen Vermittlung. Die Weltreise macht deutlich, dass insbesondere die christlichen Ordensgemeinschaften, Missionsstätten und Bildungseinrichtungen eine grundlegende Infrastruktur boten, wichtige Faktoren für den wechselseitigen Wissenstransfer und die kulturelle Begegnung darstellten und in dem beginnenden Prozess der Verdichtung von Raum und Zeit als nicht zu unterschätzende „Global Player“ eine wichtige Rolle spielten.

8 Krebs´ Weltreise – ein Beitrag zur Entstehung einer

Weltgemeinschaft auf katholischer Grundlage?

Die zentralen Ergebnisse der Studie sollen nun über die drei in der Einleitung skizzierten Analyseebenen gebündelt dargestellt werden. Anschließend soll der in der Einleitung aufgeworfenen Leitfrage nachgegangen werden, wie Krebs mit seiner Weltreise zur „Versöhnung der Völker“ bzw. zum „Völkerfrieden vom katholischen Standpunkte“1136 beitragen konnte. Im Anschluss daran soll Krebs´ Weltreise in seiner Biografie verortet und er als „katholischer Internationaler“ vorgestellt werden.

8.1 Kulturpolitische Ebene: Von der deutschen Nation

zur deutschen katholischen Kulturgemeinschaft

Krebs´ Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten und Japan lässt sich in erster Linie vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit als Mitglied des Kulturbeirats des Auswärtigen Amts betrachten, in den er im November 1923 von Außenminister Gustav Stresemann als einziger katholischer Theologe auf Grund seiner kulturell-nationalen Kriegsarbeit berufen wurde.1137 Dies führte dazu, dass er sich selbst „im Auftrag“ des Auswärtigen Amtes zur Weltreise gesandt sah, um an der „Förderung einer innerlichen Verbindung zwischen den im Inland und im Ausland wirkenden geistigen Kräften“1138 praktisch mitzuwirken. So sollte es bei seiner Vortragsreise durch Nordamerika und Japan darum gehen, die

1136 UAF: C126/575: Friedrich Schlatter an Engelbert Krebs vom 27.09.2916. 1137 UAF: R64674: Engelbert Krebs an das Auswärtige Amt vom 18.11.1924. 1138 UAF: C126/30: Auswärtiges Amt an Engelbert Krebs vom 30.11.1922. 269

„Entwicklung der deutschen Kultur“ 1139 und die Lage des Auslandsdeutschtums aufzuzeigen. Fragen, die Krebs während seines Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten und Japan deswegen beschäftigten waren beispielsweise, warum die beiden Länder auf gegnerischer Seite in den Krieg eingetreten waren, ob die von den europäischen Großmächten verbreitete „Kriegsschuldlüge“ geglaubt wurde und inwiefern man wieder bereit war, auf internationaler Ebene mit Deutschland zusammenzuarbeiten.

In den Vereinigten Staaten kam Krebs dabei zum Ergebnis, dass der Kriegseintritt Nordamerikas auf gegnerischer Seite hauptsächlich durch die Wallstreet verursacht und nicht mehrheitlich von der amerikanischen Gesellschaft befürwortet worden war.1140 Die durch die europäischen Großmächte erfundenen Lügen, seien „den meisten heute als Lügen bekannt“ und insbesondere die jungen Leute, die als Besatzungstruppen in den deutschen besetzten Gebieten stationiert waren, seien als „Freunde der Deutschen“1141 heimgekehrt. Während seines Aufenthaltes in Amerika verwies Krebs auch darauf, dass „die deutschen Katholiken in Amerika, je treuer sie mit der Kirche verbunden sind, um so treuer auch an der deutschen Sprache und Sitte festhalten, ohne deshalb irgendwie weniger treue Amerikaner zu sein“1142. Gerade angesichts der durch wirtschaftliche und soziale Miseren sowie religiöse Verfolgungen mehr oder weniger erzwungenen Auswanderungen solle man nicht von den Deutschstämmigen in Amerika erwarten, „dass sie die europäische Heimat über die neue stellen, sondern solle verstehen, dass der Amerikaner deutschen Blutes, zumal wenn er schon drüben geboren ist, in erster Linie Amerikaner ist und danach Deutscher“1143. Gerade die „Treue und opferwillige Hilfsbereitschaft, mit der nach dem Kriege die Deutschamerikaner der alten Heimat gedachten“, verdiene „Bewunderung und Dankbarkeit“ 1144 . Diese Schilderungen zeigen, dass es Krebs nicht darum ging, eine Assimilierung zu verhindern, vielmehr betrachtete er das Auslandsdeutschtum als eine Brücke zwischen den Vereinigten Staaten und der deutschen Heimat, die zu einem friedlichen Völkerverkehr beitragen sollte.

Parallel zu diesen globalen Tendenzen versuchte Krebs speziell jedoch die in den Vereinigten Staaten wirkende Kulturkraft des deutschen Katholizismus hervorzuheben: Seiner Auffassung nach hätten insbesondere die deutschstämmigen Katholiken in

1139 UAF: C126/30: Auswärtiges Amt an Engelbert Krebs vom 04.12.1922. 1140 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 174. 1141 Ehd., S. 113-114. 1142 Ebd., S. 31-32. 1143 Ebd., S.33. 1144 Ebd., S.33. 270

Nordamerika „treulich mitgewirkt, die Blüte des kirchlichen und geistigen Lebens in den Vereinigten Staaten herbeizuführen“ 1145 . Neben den kulturellen Leistungen der verschiedenen deutschen Ordensgemeinschaften und der deutschen Missionsvereine seit Beginn der Pionierzeit bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts1146 betonte Krebs auch die Arbeit der deutschstämmigen Bischöfe und Priester. Dazu lobte Krebs auch die amerikanischen katholischen Laien, die sich im Deutschen Römisch-Katholischen Zentralverein 1147 zusammengetan hatten mit dem Ziel, „liebevolle Hilfe“ 1148 für die bedürftigen Deutschen zu leisten. Dabei hob Krebs den Erfolg der deutschen Katholiken an der Presse, der Literatur, dem Verlagswesen und der katholischen Wissenschaft Amerikas hervor. 1149 Letzten Endes betonte Krebs vor allem die große Glaubenstreue der deutschstämmigen amerikanischen Katholiken, denn gerade „die große Mehrzahl der deutschen Katholiken, die ihrem Glauben in der alten Heimat treu geblieben waren“1150, hätten diese auch in den Vereinigten Staaten bewahren können, was allein schon die große Anzahl von deutschen Kirchen, Klöstern und caritativen Einrichtungen zeige.

In den japanischen Gelehrtenkreisen hatte Krebs ebenfalls „ehrliche Freunde Deutschlands“1151 kennen gelernt, die den Eintritt in den Ersten Weltkrieg auf gegnerischer Seite Deutschlands als Reaktion auf Deutschlands Stellung im chinesisch-japanischen Krieg betrachteten, in dem Deutschland, Russland und Frankreich Japan zur Herausgabe des Kriegshafens „Port Arthur“ und der ganzen Liatunghalbinsel gezwungen hatten. Krebs gelangte dadurch zur Erkenntnis, dass, „wenn also politische Vorwürfe zu erheben sind“, man sie gegenseitig erheben müsse und dass Deutsche und Japaner sich nun wieder „auf neutralem Boden in friedlich kulturellem Wettbewerb“ 1152 befinden würden. In Japan würden immer noch viele Gelehrte und Offiziere des Heeres „die Deutschen als Meister der Wissenschaft und als Lehrmeister des Heeres, das den chinesischen und russischen Krieg gewonnen habe“ 1153 bewundern. So kam Krebs zu dem Ergebnis, dass „bei aufmerksamer Betrachtung aller […] Möglichkeiten und Schwierigkeiten ein großes Stück

1145 Engelbert Krebs: Um die Erde, 267. 1146 Vgl. Ebd., S. 196-240. 1147 Vgl. Ebd., S. 250-258. 1148 Ebd., S. 252. 1149 Ebd., S. 259-263. 1150 Ebd., S. 266. 1151 Ebd., S. 386. 1152 Ebd., S. 266. 1153 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten, S. 562. 271

friedlichen Zusammenwirkens für uns Deutsche mit den Völkern des Fernen Ostens“1154 winke.

Entwicklungspotential sah Krebs hierbei vor allem auf der Ebene der Industrie- und des Verlagswesens: Obwohl Krebs gerade in Osaka und Tokio Buchhandlungen für europäische Literatur besichtigt hatte, in deren Sortiment sowohl „deutsche Literatur, deutsche wissenschaftliche und schöngeistige Werke“ zu finden waren, hätte die deutsche Literaturlandschaft immer noch nicht den Einfluss der englischen, noch immer fehlten von deutscher Seite „die große Menge von Büchern, die in englischer Sprache ausdrücklich dem Problem morgenländisch-abendländischer Verständigung“ 1155 gewidmet seien. Hierbei betonte Krebs vor allem die literarischen Leistungen der christlichen Missionare Johannes Überschaar 1156 , Joseph Dahlmann 1157 und Georg Otto Schurhammer 1158 . 1159 Krebs verkehrte außerdem in Industriellenkreisen in Tokio, Kamakura, Okamoto, Osaka und Uchide und konnte sich daher ein Bild über die „deutsche Arbeit auf dem Gebiet des Handels und der Industrie“ 1160 machen: Gegenüber der amerikanischen Konkurrenz - beispielsweise in der Automobilindustrie - käme gerade die deutsche Facharbeit kaum auf, während die deutsche photographische und Elektrizitätsindustrie allgemein besser dastehe. Deswegen forderte Krebs eine Änderung des Importwesens: Da die japanische Regierung dazu überging, die heimische Industrie mit Staatsmitteln zu fördern, so dass der Import auf Dauer nicht mehr notwendig wäre, riet Krebs den Export nach Japan nur auf wenige hochwertige Erzeugnisse mit Monopolstellung zu beschränken und stattdessen Tochterunternehmen in Japan unter Beteiligung des japanischen Kapitals mit Beschäftigung japanischer Arbeiter zu gründen.1161

Träger deutscher Kultur und Sitte in Japan waren für Krebs in erster Linie die katholischen Missionen der Thüringer Franziskaner in Sapporo, der Steyler Missionare in Niigata und

1154 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im Fernen Osten, S. 562. 1155 Ebd., S. 556. 1156 Zu Johannes Überschaar vgl.: Die Eigenart der Völker, Leipzig 1923; Ders.: Die deutsch-japanischen Kulturbeziehungen der jüngsten Vergangenheit und Gegenwart, Deutsche Akademie München 1937. 1157 Vgl. Joseph Dahlmann: Die Sprachkunde und die Missionen: ein Beitrag zur Charakteristik der ältern katholischen Missionsthätigkeit (1500-1800) (Stimmen aus Maria Laach 50), Freiburg i. Br. 1891; Ders.: Japans älteste Beziehungen zum Westen 1542-1614 in zeitgenössischen Denkmälern seiner Kunst (Stimmen der Zeit 9), Freiburg i. Br. 1923. 1158 Zu Georg Otto Schurhammer vgl.: Georg Otto Schurmacher: Das kirchliche Sprachprobem in den japanischen Jesuitenmissionen des 16 und 17. Jahrhunderts: ein Stück Ritenfrage in Japan, Deutsche Gesellschaft für Natur und Völkerkunde Ostasiens), Leipzig 1928; Ders.: Die Geschichte Japans (1545- 1978), Leipzig 1926; Ders.: Shin-to. Der Weg der Götter in Japan, Bonn 1923. 1159 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten, S. 556. 1160 Ebd., S. 556. 1161 Vgl. Ebd., S. 556-557. 272

Nagoya und der Jesuiten in Tokio und Hiroshyma.1162 Während seiner Reise durch China und Korea war Krebs Gast bei dem Steyler Missionsbischof Augustin Henninghaus in Südschantung, bei Franziskanerbischof Adalbert Schmücker in Tsingtau in Nordschantung und Abtbischof Bonifatius Sauer von Wonsan in Korea gewesen. Dort hatte er gut ausgebaute Missionsstationen besucht, zu denen neben den Provinzialhäusern und katholischen Gemeinden auch Werkstätten, Landwirtschaft, Gärten, Waisen- und Altenheime sowie Exerzitienhäuser und Schulen gehörten. Wichtig war es Krebs hierbei zu betonen, dass gerade das Schulwesen der deutschen katholischen Missionen „von den amerikanischen protestantischen Missionären als innerlich überlegen anerkannt“ werde, obwohl es „an Zahl und Kraft weit hinter den Amerikanern“1163 zurückstehe. Als einen weiteren Träger des „deutschen Gedankens“ in Fernost machte Krebs die auf Verlangen Papst Pius X. von dem deutschen Jesuiten Dahlmann gegründete katholische Sophia- Universität in Tokio ausfindig, die während des Krieges zwar weitergeführt werden konnte, aber in der Nachkriegszeit unter vielfachen Schwierigkeiten litt: Zum einen kam die deutsche Jesuitenprovinz als Träger der Hochschule durch die Inflation und die allgemeine Verarmung und durch die gleichzeitige Übernahme neuer Aufgaben in finanzielle Bedrängnis gegenüber den Anforderungen der Tokioter Hochschule, zum anderen hatte das Erdbeben vom 1. September 1923 das Kollegienhaus zerstört, wodurch ein Neubau fällig wurde.1164 Trotz dieser Verhältnisse wirke die Schule der deutschen Jesuiten – so Krebs – „weithin ausstrahlend“ 1165 , denn gerade auch nichtchristliche Studierende, die an den kaiserlichen Universitäten und Stiftungsuniversitäten in Tokio nicht angenommen werden konnten, studierten an der katholischen Sophia-Universität und wurden so zu „Freunde[n] der Deutschen“ 1166 . Nicht nur die „Jochi Daigaku“ in Tokio, auch die katholische Universität in Peking, die eigentlich von nordamerikanischen Benediktinern auf Wunsch des Papstes im Jahr 1925 errichtet worden war, bewertete Krebs als „Träger deutscher Kultur“ in Fernost, da das Mutterkloster der Universität in St. Vincent in Pennsylvania ein amerikanisches Tochterkloster der Benediktinerabtei in Metten in Bayern war.1167

1162 Vgl. Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im Fernen Osten, S. 553. 1163 Ebd., S. 553. 1164 Vgl. Ebd., S. 550. 1165 Ebd., S. 551. 1166 Ebd., S. 551. 1167 Vgl. Ebd., S. 560-561. 273

Durch seine Tätigkeit als Vortragsredner an amerikanischen und japanischen Universitäten und Bildungseinrichtungen wollte Krebs an der „Wiederherstellung des deutschen Ansehens in der Welt“ praktisch mitarbeiten. Insbesondere mit seinen Vorträgen zum Thema der Wende im deutschen und europäischen Geistesleben versuchte Krebs eine „Vertiefung des ausländischen Verständnisses“ für die politischen, kulturellen und wissenschaftlichen Entwicklungen herzustellen. Anders herum wollte Krebs bei den Deutschen Verständnis für die ausländischen Entwicklungen herbeiführen. Um dieses Ziel zu erreichen, unternahm er zahlreiche Vortragsreisen und publizierte – neben seinem Reisebuch– auch zahlreiche Aufsätze und Beiträge. Auch mit seiner Teilnahme an informellen und privaten Treffen wollte Krebs „zur Schaffung und Festigung des allgemeinen Vertrauens in die deutsche Aufrichtigkeit“ beitragen und seinen ausländischen Kollegen zeigen, dass diese auch „zur maßvolle[n] Einsicht“ und Leistung einer allgemeinen „Friedfertigkeit“ im Stande waren. Dabei ging es ihm vor allem auch darum, nationale und kriegsbedingte Vorurteile sowie „gegnerische Verdächtigungen ad adsurdum zu führen und selbst die geistige Elite der ehemals feindlichen Länder durch eine versöhnlichere Haltung zu gewinnen“.

Mit der Weltreise trat Krebs als Künder eines neuen nationalen Programms auf, das nicht minder offensiv war als seine frühere Kriegspropaganda, nach 1918/19 aber ganz auf Friedenssicherung und Völkerversöhnung hin angelegt war. Daher versuchte Krebs auch alles während der Reise „Erlebte“ und „Beobachtete“ in diesem Sinne zu deuten: In der sich nach dem Ersten Weltkrieg forciert entfaltenden neuen Weltgemeinschaft war Deutschland wieder als nahezu gleichberechtigter Partner eingebunden und befand sich mit Großmächten wie den Vereinigten Staaten und Japan wieder in einem friedlich-kulturellen Wettbewerb.1168 In seinem Reisebuch versuchte Krebs seine Leserschaft auch dahingehend zu überzeugen, dass kriegsbedingte nationale Vorurteile sowie die von den europäischen Großmächten verbreitete „Kriegsschuldlüge“ über die Jahre abgebaut werden konnten und Deutschland nun wieder zahlreiche „Freunde“ hätte. Mit seiner Weltreise stellte sich Krebs in den Dienst einer kulturellen Vermittlung und trat nicht –wie es bei den deutschen Gelehrten vor 1914 üblich war– als „Missionar“ einer überlegenen deutschen Kultur auf. Vielmehr trug Krebs durch seine persönlichen Netzwerke an der Herausbildung einer deutschen katholischen Kulturgemeinschaft bei, die innerhalb der globalen Kulturgemeinschaft wieder eine angemessene Rolle spielen sollte.

1168 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 386. 274

8.2 Wissenschaftspolitische Ebene: Von der deutschen

katholischen Universitätstheologie zur christlichen

Weltwissenschaft

Auf wissenschaftspolitischer Ebene lässt sich Krebs´ Reise als Versuch einer Internationalisierung der katholisch-theologischen Wissenschaft begreifen: Auch die deutsche katholische Universitätstheologie, die im Zuge des Reformkatholizismus bzw. Modernismus um 1900 von internationalen theologischen Netzwerken profitierte, war vom Abbruch wissenschaftspolitischer Beziehungen im Zuge des Ersten Weltkriegs betroffen gewesen. In der Weltreise erblickte Krebs nun die Möglichkeit, diese wissenschaftspolitische Isolierung der deutschen katholischen Theologen aufzubrechen. In diesem Kontext schrieb Krebs der katholisch-theologischen Wissenschaft eine entscheidende Rolle für die internationale Völkerverständigung zu, die er von der Wesensbeschreibung der katholischen Kirche als erdumspannende und völkerverbindende Glaubensgemeinschaft ableitete. Hierbei wollte man den Geist der Versöhnung und der gegenseitigen Hochachtung folgen, welche sich die katholische Lehre zur Pflicht gemacht hatte, und einen Beitrag zur Wiederherstellung und Pflege jener geistigen Beziehungen und Bande zwischen den Katholiken und theologischen Wissenschaftlern aller Länder erreichen.

Dieser Einstellung entsprechend erkannte Krebs im Ausland ausschließlich Anzeichen dafür, dass die wissenschaftlichen Leistungen der deutschen Gelehrten wieder Anerkennung fanden, die deutschen Wissenschaftler als herausragende Persönlichkeiten geehrt würden und ein Wille zur wissenschaftspolitischen Zusammenarbeit bei amerikanischen und japanischen Gelehrten vorhanden war. In den Vereinigten Staaten konnte Krebs auch außerhalb katholischer Theologenkreise bei Naturwissenschaftlern und vor allem aber Medizinern Tendenzen einer wissenschaftspolitischen Annäherung beobachten: Diese würden – so Krebs – Deutschland ehren und seien froh, die Verbindung allmählich wieder fester gestalten zu können. Gerade aus wissenschaftlichen Gründen würden auch viele Amerikaner englischen, irischen und slawischen Ursprungs die deutsche Sprache wieder erlernen.1169 In den japanischen Gelehrtenkreisen hatte Krebs ebenfalls „ehrliche Freunde Deutschlands“1170 kennen gelernt, die „die Deutschen als Meister der Wissenschaft und als Lehrmeister des Heeres, das den chinesischen und russischen Krieg

1169 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 114. 1170 Ebd., S. 386. 275

gewonnen habe“1171 bewundern. So kam Krebs zu dem Ergebnis, dass „bei aufmerksamer Betrachtung aller […] Möglichkeiten und Schwierigkeiten ein großes Stück friedlichen Zusammenwirkens für uns Deutsche mit den Völkern des Fernen Ostens“ 1172 winke. Hierbei vergaß Krebs nicht zu betonen, dass vor allem die deutschen katholischen Theologen einen erheblichen Teil zur wissenschaftspolitischen Annäherungen beigetragen hatten. Krebs erinnerte beispielsweise an die deutschen Missionare, die an der katholischen Sophia-Universität in Tokio und an der katholischen Universität in Peking lehrten.

In den Vereinigten Staaten und Japan war Krebs oft auf Ludwig Aschoff angesprochen worden, was Krebs vor Augen führte, dass seine allzu oft als reine „Vergnügungsfahrt“ diffamierte Weltreise keine „unnütze Sache“ sei, sondern – im Gegenteil – „Fäden knüpfen“ und einer „kommenden Zeit“1173 dienen würde. Diese „kommende Zeit“ sollte im Wesentlichen von deutschen Katholiken bestimmt werden. Deswegen versuchte Krebs auch nach seiner Ankunft in Deutschland bei einem Vortrag im Münchner Freundeskreis der katholischen Akademie, deutsche Gelehrte zu ermuntern, für eine absehbare Zeit an japanischen Universitäten zu arbeiten und somit indirekt zur Völkerverständigung beizutragen.1174. Die deutschen Gelehrten sollten dabei versuchen, „in taktvoller Weise die Eigenart der japanischen, auf Ehrfurcht vor Kaiser, Vater und Lehrer gründenden Moral zu verstehen und so zu einer Brücke […] gedeihliche[n] Zusammenwirken[s]“1175 werden. Gerade die Verbindung mit diesen Freunden zu pflegen, sei deswegen „eine schöne Friedensaufgabe deutscher Hochschulen“1176.

Krebs versuchte die wissenschaftlichen Verbindungen zwischen der Freiburger Universität und Japan dadurch zu stärken, indem er zusammen mit dem Pathologen Ludwig Aschoff, japanische Wissenschaftler in Freiburg betreute und befreundete ausländische Gelehrte auf seine Klausenhütte in Sankt Märgen einlud. Der wichtigste Gast war wohl der japanische Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko Sata, den er während seiner Deutschlandreise zu sich nach Freiburg einlud, wo ihm die Ehrensenatorenwürde der Freiburger Universität verliehen wurde.1177 Er bewertete die Deutschlandreise des japanischen Mediziners als den „bisher stärkste[n] Ausdruck des Willens der japanischen Intelligenz und namentlich der

1171 Engelbert Krebs: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten, S. 562. 1172 Ebd., S. 562. 1173 Ebd., S. 113-114. 1174 Ebd., S. 553. 1175 Ebd., S. 554. 1176 Ebd., S. 386. 1177 UAF, B24/1921: Engelbert Krebs an den Rektor der Freiburger Universität vom 12.11.1926. 276

Wissenschaft, die durch den Weltkrieg abgerissenen Fäden zu Deutschland neu zu knüpfen“1178. Gemeinsam mit dem Prälaten Friedrich Schlatter plante Krebs sogar eine zweite Amerika-Reise „im Interesse einer engeren Verbindung Deutschlands mit diesem Lande, vor allem der engeren Verbindung der Theologen“ 1179 . Mit dem Versuch des Aufbaus eines deutsch-amerikanischen Studierenden bzw. Akademikeraustauschs, lassen sich sogar Ansätze der Institutionalisierung der Wissenschaftsbeziehungen erkennen. Insgesamt betrachtet trugen Krebs´ Netzweke zur Entstehung einer internationalen „scientific community“ bei, in der die wissenschaftlichen Leistungen der deutschen katholischen Gelehrten wieder eine angemessene Rolle spielen sollten.

Innerhalb der internationalen Gelehrtengemeinschaft sollte auch Krebs´ Alma Mater eine herausragende Rolle annehmen. So war es Krebs ein besonderes Anliegen, deren weltweite Beziehungen durch Besuche bei Ehrendoktoren der Freiburger theologischen Fakultät und ehemaligen Studierenden und Dozierenden in den USA und Japan zu stärken und für das Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten, besonders an der Freiburger katholischen Fakultät, zu werben. Um den Studierenden und Dozierenden Einblick in das deutsche Universitäts- und Wissenschaftssystem zu geben und ihnen die Lage der katholischen Universitätstheologie und anderer geisteswissenschaftlicher Fächer vor Augen zu führen, hielt er auch Vorträge über die Wende im deutschen und europäischen Geistesleben. In seinem Reisebuch stellte er die weltweite Reputation der Freiburger Universität und ihrer Gelehrten heraus. Zudem gab sich Krebs alle Mühe zu betonen, dass für die Stärkung der wissenschaftspolitischen Beziehungen zwischen Deutschland und Amerika bzw. dem Fernen Osten seine Freiburger Alma Mater „ebenso viel getan hat wie das handelsmächtige Hamburg und das politisch mächtige Berlin“1180.

1178 Engelbert Krebs: Die kulturelle Sendung Professor Satas. Besuch des japanischen Gelehrten bei der Deutschen Akademie, in: Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums 15 (1927), S. 563-568. 1179 UAF, C126/575: Schlatter an Krebs vom 27.09.1926. 1180 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 378. 277

8.3 Kirchliche Ebene: Von der deutschen und

europäischen zur globalen Kulturkraft der

katholischen Kirche

Auf kirchlicher Ebene stand die Weltreise ganz im Zeichen des von Krebs postulierten „ver sacrum catholicum“, des „heiligen katholischen Frühlings“ in der Weimarer Republik: In seiner im Jahr 1924 publizierten Vortragsreihe „Die Kirche und das neue Europa“ hatte Krebs die katholische Kirche als die einzig verbliebene Großmacht nach dem Ersten Weltkrieg charakterisiert, die allein die Kraft habe, einheitsbildend und friedenstiftend in die Gesellschaft einzuwirken. Damit verbunden war für Krebs die Hoffnung, dass die katholische Kirche „eine Neugestaltung der gesamteuropäischen Öffentlichkeit herbeiführen“1181 werde, wie es „in der römischen Antike von Tiberius bis Justinian, und im Mittelalter von der Zeit der frühen germanischen Synoden und Konzilien bis herauf zur Zeit des mittelalterlichen Imperiums“ 1182 geschehen war. Anzeichen für die sich ausbreitende kulturelle Kraft des Katholizismus sah Krebs in nahezu allen europäischen Ländern. Er erblickte diese vor allem in der Zurückdrängung bolschewistischer bzw. religionsfeindlicher Tendenzen, in der caritativen Tätigkeit der Katholiken, in dem immer noch hohen Stellenwert der katholischen Bildung und Erziehung, christlichen katholischen Arbeiterschaft, Politiker sowie der abnehmenden Feindlichkeit gegenüber Katholiken an den Universitäten. Wichtig war Krebs hierbei auch zu betonen, dass es innerhalb der christlichen Kirchen und Gemeinschaften Einigungsbewegungen gab: Hierzu zählte Krebs die diversen Friedensbewegungen der Katholiken, aber auch die von ihm beobachtete Annäherung zwischen Protestanten und katholischer Kirche.1183 In der publizierten Version seines Reisebuchs versuchte Krebs nun, diese Anzeichen der „siegreichen Kulturkraft“ des Katholizismus in den Vereinigten Staaten und in Asien sichtbar zu machen.

Obwohl in den Vereinigten Staaten eine Trennung von Kirche und Staat vorherrschte, hatte Krebs im öffentlichen Leben „eine augenfällige Hochschätzung der Religion“ 1184 bewundern können: Dies machte Krebs u.a. an der „erstaunliche[n] Zahl der Kirchen“1185 fest, die Krebs auch auf den Hauptgeschäftsstraßen von New York wie auf dem Broadway oder der „Fifth Avenue“ gesehen hatte, aber auch am „erfreulichen Fehlen aller

1181 Engelbert Krebs: Die Kirche und das neue Europa, S. 67. 1182 Ebd., S. 36. 1183 Ebd., S. 29-59. 1184 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 181. 1185 Ebd., S. 181. 278

organisierten Feindschaft gegen Religion und Kirche“1186. Im Danksagungstag, an dem der amerikanische Präsident in einer Botschaft an das Volk der großen Wohltaten gedenkt, die Gott dem Lande im abgelaufenen Jahre erwiesen hat, und alle Bürger auffordert, einen Ruhetag einzulegen, an dem jeder Gott seinen Dank darbringt, sah Krebs das Vorhandensein eines „frommen Geistes“1187. Diesen „fromme[n] Geist“ führte Krebs auf die Unabhängigkeitserklärung zurück, in der von den „Gesetze[n] der Natur und des Gottes der Natur“ 1188 die Rede ist, atme den Geist […] einer gottgläubigen Aufklärung, ein humanitärer, sittlich ernster und in seiner Art frommer Geist, der nichts unternimmt, ohne es vor dem Antlitz Gottes und aller Rechtdenkenden zu prüfen und zu rechtfertigen“1189. Hingegen betrachtete Krebs es als „beschämendes Denkmal“, dass der Name Gottes nicht in die Weimarer Reichsverfassung aufgenommen war und lediglich Politiker des politischen Katholizismus „dem Vertrauen auf Gott offen Ausdruck gegeben“ und in den „Parlamentsverhandlungen ähnliche Zeugnisse der Gottesfurcht für die Geschichte hinterlassen haben“1190.

So habe sich die katholische Kirche in Amerika „als die größte und geschlossenste Geistesmacht innerhalb eines Jahrhunderts ein Reich der religiösen Innerlichkeit, der Liebe und der Erziehungskunst errichtet, das als ein entscheidender Faktor sich einordnet in die erdumspannende Gesamtkirche“ 1191 , so Krebs. Als Charakteristikum der katholischen Kirche in den Vereinigten Staaten bezeichnete Krebs die Errichtung katholischer Schulen, Hochschulen und Universitäten 1192 – einen Erfolg, den Krebs auf die „Frucht der bemerkenswerten Karitas“ 1193 der amerikanischen Katholiken zurückführte. Außer den regelmäßigen Sonntagskollekten erwähnte Krebs die Sonderkollekten und brieflichen Sammlungen, ohne die eine Unterhaltung von Kirchen, Schulen und weiteren karitativen Einrichtungen während der Inflation nicht möglich gewesen wäre. Dieses friedensstiftende Potential schrieb Krebs jedoch nicht nur dem Katholizismus, sondern der Religion an sich zu, denn während seines Aufenthalts in New York bemerkte Krebs auch die hohe Spendenbereitschaft der Quäker, und der amerikanischen Juden. Schon vor seiner Weltreise war es ein besonderer Wunsch Krebs´ gewesen mit dem New-Yorker Judentum in Kontakt

1186 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 181. 1187Ebd., S. 181. 1188 Ebd., S. 39. 1189 Ebd., S. 39. 1190 Ebd., S. 44. 1191 Ebd., S. 523. 1192 Vgl. Ebd., S. 182-183. 1193 Ebd., S. 187. 279

zu kommen und somit zur Verbesserung der jüdisch-christlichen Beziehungen beizutragen. Tatsächlich wurde Krebs´ Amerikareise von der „Jewish Tribune“ auch als persönlicher Beitrag zur Annäherung der beiden Religionen verstanden.1194

Jedoch hatte Krebs bei der Mehrheit des amerikanischen Klerus nicht jenes Interesse für theologische Fragestellungen finden können wie beim europäischen. Dem entsprechend sah Krebs die „Hauptaufgabe der amerikanischen Katholiken in der Umschulung des Klerus für die Vertiefung seiner theologisch-wissenschaftlichen Interessen“ 1195 . Die zweite Aufgabe des katholischen Klerus bestehe in der inneramerikanischen Missionierung1196 und in der seelsorgerischen Betreuung der amerikanischen Katholiken, die trotz des Bestehens der katholischen Universitäten im Land akatholische Hochschulen besuchten und „dort vielfach dem katholischen Glauben entfremdet“ 1197 würden. Außerdem bezeichnete es Krebs als wichtige Aufgabe, „mehr und mehr praktische Katholiken in die Lehrkörper der weltlichen Universitäten hineinzubringen“1198, wie es in Deutschland durch die Görresgesellschaft gefördert wurde.

Auch in den Vereinigten Staaten konnte Krebs Anzeichen einer innerkirchlichen Annäherung beobachten: So war es vor allem der Eucharistische Weltkongress, der durch den deutschstämmigen Erzbischof Kardinal George Mundelein von Chicago zum ersten Mal in die Vereinigten Staaten geholt wurde und der unter dem Leitthema „Der Frieden Christi in seinem Reich“ stattfand. Krebs bewertete diesen Weltkongress in seinem Reisebuch als eine „wirksame Sichtbarmachung der übernatürlichen Königsherrschaft Jesu Christi über die Seelen aller Nationen und Erdteile“. Aber auch die anschließende Tagung des deutsch-römisch-katholischen Zentralvereins in Springfield in Ohio, auf der die deutschen Katholiken zum Thema „Arbeit an der Versöhnung der Völker“ arbeiteten, wertete Krebs als Zeichen für den innerkirchlichen Zusammenschluss der Katholiken nach dem Ersten Weltkrieg.1199

Während die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten für Krebs ihre Kulturkraft vorbildlich entfalten konnte, befand sich die katholische Kirche in Asien noch „im Kampf um die Seele Ostasiens“ 1200 . Die wichtigsten Akteure, die sich in diesem „Kampf“

1194 Vgl. UAF: C126/30: Tagebuch vom 15.03.1926; beiliegend Interview vom 03.04.1926. 1195 Ebd., S. 190. 1196 Vgl. Ebd., S. 191. 1197 Ebd., 191. 1198 Ebd., S. 192. 1199 Vgl. UAF: C126/30: Tagebucheintrag vom 27.06.1926. 1200 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 436. 280

befanden, waren für Krebs der durch die südchinesische Revolution unter Führung Sun Yat-sens (1866-1925) offen zu Tage tretende Einfluss des russischen Bolschewismus1201 sowie die drohende Amerikanisierung, in deren Zentrum Krebs eine „Freiheits- und Gleichheitslehre“ sowie eine gewisse „Fortschrittsbegeisterung“ erblickte, die einem „naturwissenschaftlichen Materialismus“1202 in die Hände spiele. Als weiteren Akteur um die „Seele Ostasiens“ bezeichnete Krebs die fernöstliche Religiosität, die aus Buddhismus, Shintoismus und der konfuzianischen Moral bestehe, wobei Krebs die ostasiatische Frömmigkeit eher als ein „Gottsuchen“, als ein „Gotterkennen“1203 kennzeichnete. Die protestantische Mission kritisierte Krebs vor allem auf Grund ihrer Gespaltenheit und des „Subjektivismus, der jede stärkere religiöse Persönlichkeit in kirchenlose Einsamkeit treibt oder zum Sektenstifter macht“ und demnach „kirchenauflösend“1204 wirke. Insbesondere die amerikanische protestantische Mission würde ein „dogmenloses, auf Demokratie und Freiheit hinauslaufendes Christentum“1205 predigen. Als „stiller Beobachter der Vorgänge im Weltprotestantismus“ sah Krebs auch bei den protestantischen Missionaren in Fernost „die Beschämung über die vielen Spaltungen im Protestantismus“ und das „Verlangen nach kirchlicher Einheit“ 1206 , wie sie in der katholischen Kirche verwirklicht war. Als katholischer Theologe war Krebs der Auffassung, dass die katholische Kirche mit ihrer „überzeitlichen“ und „überstaatlichen Gestaltungskraft“ die geistige Unruhe des Fernen Ostens beilegen und somit der europäisch dominierten Weltkultur eine „gesunde und einheitliche Seele“ 1207 geben könne. Gerade während seiner Rundreise durch die christlichen Missionsstätten in China und Korea waren Krebs ebenfalls Anzeichen einer innerkirchlichen Annäherung aufgefallen: Während in Europa Frankreich und Deutschland durch Sprache und politische Gegensätze über Jahrhunderte hinweg getrennt waren, fand Krebs deutsche und französische Missionare hier „von einem gemeinsamen Bewusstsein abendländischer Kulturtradition und römisch-katholischer Kirchengemeinschaft“ 1208 umschlossen. Dieses Erlebnis stärkte in Krebs die Hoffnung, dass Frankreich und Deutschland „in den Vereinigten Staaten Europas mit treuer Wahrung ihrer nationalen Eigenart, aber ebenso treuer Wahrung ihrer gemeinsamen Kulturgüter ein zukunftsreiches

1201 Vgl. Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 482-492. 1202 Ebd., S. 464. 1203 Ebd., S. 440. 1204 Ebd., S. 474. 1205 Ebd., S. 502. 1206 Ebd., S. 477. 1207 Ebd., S. 502. 1208 Ebd., S. 375. 281

neues Leben beginnen werden“1209. Nicht nur in den Vereinigten Staaten, auch im Fernen Osten hatte Krebs Anzeichen einer Wiedervereinigung der europäischen Staaten in einem großen Staatenbund und in einer weltumspannenden Kirche beobachten können.

Bei der christlichen Missionierung Asiens ging es ihm aber nicht um eine Verwestlichung des Ostens, vielmehr verfolgte Krebs die Auffassung, dass die katholische Kirche sich in ihrer europäisch-kulturellen Ausprägung an die fernöstliche Kultur anpassen und sich auf die Gemeinsamkeiten zwischen fernöstlichem-religiösem und europäisch-katholischem Geist besinnen müsse. Krebs erkannte diese im Bereich des Gemeinschaftsbewusstseins, der Stellung des Individuums in gesellschaftlichen Kontexten, in der religiösen Zeremonie, in der Pflege des sogenannten „Ahnenkults“, in ästhetischen Vorstellungen, beispielsweise im Bau von Kirchen und Klöstern, aber auch Universitäten. 1210 Gerade hierbei wird deutlich, dass es Krebs nicht um einen nationalistischen Kolonialismus bzw. Imperialismus ging, sondern um eine „Inkulturation“1211 des Christentums in Fernost.

Die Weltreise bot Krebs die einmalige Möglichkeit, die Botschaft von einer einheitsbildenden und friedenstiftenden Kulturkraft des Katholizismus, der auch außerhalb des europäischen Binnenraums wirkte, zu verkünden und somit ein antimodernistisches und zugleich auch antiprotestantisches Programm global anschlussfähig zu machen. Der europäische Katholizismus, der Krebs´ Ansicht zur Folge eine internationale Vorrangstellung einnahm, hatte einzig und allein die kulturelle Kraft, sich gegen die Tendenzen des Amerikanismus und Bolschewismus durchzusetzen. Krebs zeichnete in seinem Reisebuch das Bild einer friedlichen und einheitlichen Weltgemeinschaft, die ohne Integration bzw. Unterordnung unter die katholische Kirche in ihrer kulturell geprägten europäischen Gestalt, nicht zu haben war.

8.4 Engelbert Krebs als katholischer Internationaler -

Die Weltreise im Kontext seiner Biografie

Krebs´ Engagment für eine neue, solidarische Weltgemeinschaft lässt sich als Erweiterung und Höhepunkt seines nationalen Engagements nach 1918/1919 betrachten, bei dem

1209 Engelbert Krebs: Um die Erde, S. 375. 1210 Vgl. Ebd., S. 525. 1211 Zur Inkulturation im christlichen Kontext vgl.: Fritz Frei (Hg.): Inkulturation zwishcen Tradition und Modernität. Kontext-Begriffe-Modelle, Fribourg 2000; Konrad Hilpert/Karl-Heinz Ohlig (Hg.): Der eine gott in vielen Kulturen. Inkulturation und christliche Gottesvorstellung, Zürich 1993. 282

(wissenschafts-) politische und katholisch-religiöse Motivationen miteinander verbunden waren. Schon auf der Tagung der internationalen katholischen Union in Zürich hatte Krebs als Vertreter des deutschen Zentrums die Aufgaben künftiger Friedensarbeit mit führenden Vertretern des internationalen Katholizismus besprochen. Krebs´ Weltreise kann daher als persönlicher Beitrag gedeutet werden, im Sinne des deutschen politischen Katholizismus an der Wiederaufnahme und Festigung einer weltweiten Gesellschaftsordnung auf kultureller, wissenschaftlicher, wirtschaftlicher und sozialer Ebene beizutragen. Krebs´ Friedensbemühungen lassen sich als Ausdruck einer kosmopolitischen Grundhaltung verstehen, die aber keinesfalls mit einer Abwendung von seiner deutschnationalen Einstellung gleichgesetzt werden kann. Vielmehr zeigen sich die verschiedenen Schattierungen seiner politischen Identität: Krebs war nicht nur Deutschnationaler, sondern auch überzeugter Paneuropäer und katholischer Internationaler.

9 Widersprüchlichkeit und Facettenreichtum der Krebschen

Vita

Zum Schluss der Promotionsarbeit soll die Biographie des katholischen Theologen noch einmal als Ganzes in den Blick genommen und vor allem der Facettenreichtum und die Widersprüchlichkeit der Krebschen Vita analog zu den drei Untersuchungsebenen herausgearbeitet werden.

9.1 Engelbert Krebs als katholischer Theologe und

Zentrumsmann – Zwischen Ultramontanismus und

progressivem Liberalismus

Auf (wissenschafts-) politischer Ebene lässt sich Krebs in keine eindeutigen Kategorien einordnen, vielmehr oszillierte er in seiner theologischen Verortung zwischen Modernismus und Antimodernismus sowie zwischen Ultramontanismus und Nationalismus. Analog dazu verhält es sich auch mit Krebs´ Rolle im politischen

283

Katholizismus: Auch auf dieser Ebene lassen sich in Krebs´ Lebensgeschichte Zwischenstufen finden, die einer rein dichotomen Betrachtung seiner Vita entgegenstehen und ihn sowohl als national-konservativen als auch als liberal-progressiven Zentrumsmann identifizieren lassen.

Als junger katholischer Theologe stand Krebs zu Beginn seines Studiums in engen Kontakt mit eher liberaleren katholischen Theologen wie Franz Xaver Kraus oder Odilo Rottmanner, innerhalb der katholischen Fakultät trat Krebs gemeinsam mit seinem Kollegen Josef Sauer als Unterstützer nonkonformer Jungtheologen wie Alfons Maria Schneider, Hubert Schiel und Eugen Walter auf und pflegte Kontakt zu Freunden der Modernisten Baron von Hügel und Henri Bremond.

Als Wissenschaftler wollte Krebs immer „auf der Höhe der Zeit“1212 sein: Ansatzpunkte für die Verbindung der Scholastik mit modernen Gedankengängen fand Krebs in erster Linie bei der aus der geistigen Strömung des Neuidealismus und Neukantianismus hervorgegangenen Wertphilosophie, insbesondere unter dem Freiburger Philosophen Heinrich Rickert. Krebs war schon unter Zeitgenossen dafür bekannt, eine für die Anliegen seiner Zeit offene Theologie vertreten zu wollen.

Später entfernte er sich mit seinem Programm des Lebenswerts des katholischen Dogmas von jedem modernistischen Verdacht: Krebs wandte sich in „Dogma und Leben“ gegen den modernen Subjektivismus, dem die katholische Kirche in ihrer Objektivität und ihrer kirchlichen Hierarchie entgegenstand und wurde zum Verkünder des „ver sacrum catholicum“, des heiligen katholischen Frühlings in der Weimarer Republik. Insgesamt galt Krebs der katholischen Obrigkeit als „verlässlicher Theologe“, was sich auch darin zeigt, dass er als Gutachter gegen den Breslauer Patrologen Josef Wittig herangezogen wurde und sich in dem innerkirchlichen Verfahren als „neuscholastischer Kathederfürst“ hervortat. In seinen letzten Lebensjahren beklagte Krebs die oft zu vorschnelle Beurteilung bestimmter Personen, Programme und Reformvorschläge als „modernistisch“, was zu einem Klima des gegenseitigen Misstrauens unter den Katholiken führte.1213

Die Nähe zum politischen Katholizismus war Krebs faktisch in die Wiege gelegt worden: In den siebziger und achtziger Jahren verkehrte Krebs Vater mit führenden Leuten des politischen Katholizismus, nach dem Kulturkampf verband ihn eine jahrelange

1212 Claus Arnold: Zwischen Modernismus und Nationalsozialismus, S. 18. 1213 Vgl. Ebd., S. 18. 284

Freundschaft mit dem badischen Zentrumsführer Theodor Wacker. Um seine Karriere innerhalb der Freiburger Theologischen Fakultät voranzutreiben, scheute sich Krebs nicht, seine Kontakte zum politischen Katholizismus spielen zu lassen – dieses Verhalten Krebs´ lässt sich in den inneruniversitären Konflikten rund um die Besetzung des Lehrstuhls für christliche Philosophie und den zweiten Lehrstuhl für Dogmatik und theologische Propädeutik beobachten. Krebs politisches Engagement - wie die Zentrumspolitik als Ganzes - hatte weniger mit dem Kulturkampf der Liberalen zu tun, sondern stand vielmehr unter dem Leitbild der vollen Integration der Katholiken in das Wilhelminische Kaiserreich unter nationalem Vorzeichen. Auch Krebs Engagement innerhalb des „katholischen Akademikerverbandes“ und der Görresgesellschaft lassen sich ebenfalls als Versuche verstehen, die protestantisch dominierte deutsche Kultur und Nation mit der katholischen Kirche zu versöhnen.

Gleich zu Beginn des Ersten Weltkriegs war Krebs als national denkender Kriegstheologe aufgetreten, der das Kriegsgeschehen theologisch legitimierte und überhöhte. Auch von dem nationalen Zusammenbruch 1918/19 ließ sich Krebs nicht in seinem politischen Engagement behindern, vielmehr entfaltete er ein neues politisches Programm, das ganz auf nationale Befriedung und internationale Völkerversöhnung ausgerichtet war. Als Zentrumsmann reiste Krebs nach Karlsruhe, um den badischen Regenten dazu zu bringen, die badischen Beamten vom Treueeid zu entbinden, um in der Nationalversammlung für eine demokratische Regierung stimmen zu können. Krebs setzte sich – als Vernunftsrepublikaner– nicht nur für ein demokratisches Staatswesen ein, sondern auch für ein solidarisches und christliches Europa: So nahm Krebs als Vertretung für den späteren Reichskanzler Constantin Fehrenbach an der Tagung der Internationalen katholischen Union in Zürich teil, auf der pazifistische Katholiken ein politisches Konzept für eine neue europäische Staatenordnung ausarbeiteten. Krebs selbst war Sympathisant der Paneuropa- Bewegung Coudenhove-Calergis, trat selbst jedoch für das Konzept einer „Helvetisierung“ Europas ein. Dies zeigt, dass Krebs neben seiner konservativen Grundhaltung auch progressive und linksgerichtete Ideale teilte und auch Kontakte mit eher liberal denkenden Politikern und Theologen. Krebs trat somit als Akteur einer von katholischen Intellektuellen getragenen Europa-Bewegung, deren Ideale er Völkerversöhnung auch global anschlussfähig machte und auf die ganze Weltgemeinschaft ausdehnte. Diese forciert sich entfaltende Menschheitsgesellschaft sollte sich ebenfalls unter dem Firmament einer weltweiten katholischen Kulturgemeinschaft entfalten. Diese Konzeptionen fanden jedoch im Zuge der Weltwirtschaftskrise und des Erstarkens des nationalistischen 285

Gedankens ihren vorzeitigen Untergang. In der Endphase der Weimarer Republik trat Krebs´ konservativ-nationales Profil wieder stärker zum Vorschein: Als „Vertrauensmann rechtsgerichteter Kreise in der Zentrumspartei“ hatte Krebs versucht, Privatzusammenkünfte von Zentrumspolitikern und eher rechtsstehenden Katholiken zu organisieren, um Lösungen für die politische Krise zu finden.

Seine parteipolitischen Aktivitäten schufen Krebs keine Freunde an der Freiburger Universität, insbesondere die Professoren der älteren Generation nahmen eine dezidiert kritische Haltung zum politischen Katholizismus ein und werteten Krebs nationalen Einsatz als „unpriesterlich“ und „unwissenschaftlich“. Gerade Krebs´ Agieren in der Rest-Affäre zeigt, dass er im Zweifelfall eher zu der in Karlsruhe regierenden Zentrumspartei hielt als zur national - liberalen antirepublikanischen Senatsmehrheit und deswegen auch nicht Rektor der Alberto-Ludoviciana wurde.

Nach anfänglichen Sympathien für die nationalsozialistischen Machthaber im Zuge des Reichskonkordats wurde Krebs zum kompromisslosen Widerständler, wobei sein Prozess von 1936, was der katholische Theologe Claus Arnold erstmals analysiert hatte - auch mit Spannungen innerhalb der theologischen Fakultät zu tun hatte. Krebs Vita widerlegt die These, dass vor allem „modernistische“ Theologen besonders anfällig für die nationale Kriegsbegeisterung und den Nationalsozialismus gewesen seien. 1214 Insgesamt veranschaulicht das Kapitel auf besondere Weise, wie Krebs „in seiner Agilität die Widersprüchlichkeit und Komplexität der Geschichte des deutschen Katholizismus und der deutschen katholischen Theologie zwischen 1900 und 1945 widerspiegelt“1215.

9.2 Von der „Glokalisierung“ seiner Biografie –

Engelbert Krebs als Freiburger, Badener,

Deutschnationaler, (Pan-) Europäer und

katholischer Internationaler

In der bisherigen Forschung wird der katholische Theologe und Zentrumsmann Krebs als ausschließlich lokal bzw. regionale bedeutsame Persönlichkeit dargestellt. Die Studie zeigt

1214 Claus Arnold: Zwischen Modernismus und Nationalsozialismus, S. 18. 1215 Ebd., S. 18. 286

jedoch, dass sich in seiner Vita verschiedene lokale Ebenen überlagern und Krebs daher nicht nur als heimatbewusster Freiburger und Südbadener, sondern auch als katholischer Europäer und Internationaler in Erscheinung trat.

Zeit seines Lebens lag Krebs´ biographischer Mittelpunkt in Freiburg bzw. Südbaden: Am 4. September 1881 kam er als Sohn einer Freiburger Bankiersfamilie auf die Welt. Im Schatten des Freiburger Münsters, in dem er vier Tage nach der Priesterweihe am 4. Juli 1906 in Sankt Peter seine Primiz feierte, verbrachte Krebs seine Kindheit und Jugendzeit. Das Vikariat absolvierte Krebs im nicht weit entfernt liegenden Oberkirch. Geistige Heimat war Krebs stets die Freiburger Universität: Nach dem Studium der katholischen Theologie und der Philosophie an der Freiburger Universität wurde er 1910 promoviert, im Jahre 191 erfolgte seine Habilitation. Auch seine weitere akademische Karriere konnte Krebs an seiner „Alma Mater“ fortführen: 1915 wurde er außerordentlicher, 1919 ordentlicher Professor für Dogmatik in Freiburg. Wie Krebs über seine Fakultät hinaus in der Universität verwurzelt war, so beschränkte sich sein Wirken nicht nur auf diese allein. Im politischen Leben der Stadt war Krebs Zentrumsmann und in dieser Funktion als Stadtverordneter Freiburgs aktiv und mit höherstehenden Freiburger Katholiken und Zentrumspolitikern, wie dem Oberbürgermeister Kurt Bender, gut vernetzt. Im Geistesleben der Stadt war Krebs ebenso eine Größe: Er war wirkte als Priester am Freiburger Münster und der Universitätskirche und wurde 1920 sogar als Nachfolger von Erzbischof Thomas Nörber gehandelt. Auch nach der 1937 erfolgten Zwangspensionierung und dem 1943 hinzukommenden Predigtverbot blieb Krebs in Freiburg wohnhaft und zog sich in sein Refugium in Sankt Märgen zurück.

Der biographische Mittelpunkt in Südbaden bedeutete keineswegs eine Eingrenzung. Größere Reisen waren selbstverständlicher Bestandteil des Krebsschen Familienlebens und können als Ausdruck einer Zugehörigkeit zum höheren Bildungsbürgertum betrachtet werden. Prägend für Krebs´ wissenschaftliche Karriere waren sicherlich seine Aufenthalte am Campo Santo in Rom. Sein Vortrag über seine Doktorarbeit, den Krebs im Auftrag der päpstlichen Akademie im Frühjahr 1910 in Rom hielt, stellte den Auftakt unzähliger Vorträge und Predigten dar, die Krebs Zeit seines Lebens in den verschiedensten Gegenden Deutschlands hielt, und die ihn außerdem in die Nordschweiz und nach Österreich führten. Diese Mobilität hatte ihre Höhepunkte vor allem während des Ersten Weltkriegs: Seine Arbeit als Verwundetentransporter des Deutschen Roten Kreuzes führte Krebs nach

287

Straßburg, Zabern, ins Saarland und nach Metz sowie in den Sundgau. Im Rahmen seiner Arbeit im Arbeitsausschuss deutscher Katholiken unternahm Krebs im Jahr 1916 eine erste Studienreise ins besetzte Luxemburg, Namur, Lüttich, Löwen und Brüssel. Weitere Reisen in das Generalgouvernement Warschau folgten. Im Zeichen seiner Friedensarbeit stand seine Teilnahme an der Tagung der Internationalen katholischen Union im Brüssel im Frühjahr 1918, in der Schweiz hielt sich Krebs auch dem Ersten Weltkrieg verstärkt auf, um für die Nöte der Freiburger Universität und der Studierenden durch Vorträge und Predigten Spenden zu sammeln. Diese geographisch beständige Horizonterweiterung fand ihren Höhepunkt schließlich in seiner Weltreise, die Krebs 1926 durch die Vereinigten Staaten, Fernost auch nach Ägypten und Israel führte. Die Reisen und die damit verbundenen Erfahrungen und Erlebnisse inspirierten Krebs immer wieder zu neuen literarischen Arbeiten und fanden ihren Ausdruck auch in seinen Konzeptionen eines neuen, solidarischen Europa und einer friedlichen Weltgemeinschaft sowie einer neuen Rolle der katholischen Kirche in der modernen Zeit. So lässt sich Krebs eben nicht nur als heimatverbundener Freiburger und Südbadener sowie Deutschnationaler, sondern gleichzeitig auch als katholischer Europäer und Internationaler begreifen.

Krebs´ Vita dient jedoch auch als Beispiel für eine „Glokalisierung“1216 der Lebensläufe d.h. in seiner Biografie wird der Prozess der Globalisierung mitsamt seiner lokalen Auswirkungen und Zusammenhänge sichtbar. Die Rekonstruktion und Analyse der Weltreise verdeutlicht dabei in besonderer Weise, dass die Globalisierungprozesse für Krebs an jedem Ort der Welt verständlich und erlebbar wurden. In den Vereinigten Staaten und Japan traf Krebs auf zahlreiche Alumni, ehemalige Dozenten, Ehrendoktoren und Freunde der Freiburger Universität. In Freiburg betreute Krebs zahlreiche Wissenschaftler aus dem fernen Japan, darunter den Senator Aihiko Sata, an den die Ehrensenatorenwürde der Freiburger Universität verliehen worden war. Auf Grund dieser globalen und gleichzeitig auch lokalen Verbindungen entstanden Netzwerke, die für die Bildung transnationaler Universitäts- und Wissenschaftsstrukturen verantwortlich waren. Die Weltreise verdeutlicht außerdem, dass Krebs über ein weites Netzwerk im internationalen (deutschsprachigen) Katholizismus verfügte: So war Krebs Gast bei Ordensleuten, deren Klöster Niederlassungen deutscher Ordensgemeinschaften waren, in Fernost begegnete

1216 vgl. Roland Robertson: Glokalisieurng: Homogenität und Heterogenität in Raum und Zeit, in: Perspektiven der Weltgesellschaft, hg. v. Ulrich Beck, Frankfurt am Main 1998, S. 192-220; Barbara Seibert: Glokalisierung. Ein Begriff reflektiert gesellschaftliche Realitäten. Einstieg und Debattenbeiträge, Münster 2016. 288

Krebs zahlreichen deutschen Missionaren und befreundeten Katholiken. Einige dieser neu gewonnenen Freunde, darunter beispielsweise der Abtbischof Bonifacius Sauer, waren später zu Gast auf Krebs´ Klausenhütte in Sankt Märgen im Schwarzwald. Gerade diese Netzwerke unterstreichen den Charakter der katholischen Kirche als weltweite Glaubensgemeinschaft. Mit dem Konzept der „Glokalisierung“ steht zudem das Prinzip der Weltoffenheit in Verbindung, nach dem andere Kulturen anerkennt und respektiert werden. So trat Krebs während seiner Weltreise auch weniger als Missionar einer scheinbar weltweit überlegenen deutschen Kultur auf, sondern nahm die Rolle eines „Kulturvermittlers“ ein. Durch zahlreiche Gespräche mit Personen anderer nationaler und religiöser Identitäten gelang es Krebs sogar, andere Sichtweisen einzunehmen und viele seiner kriegsbedingten, nationalen Vorurteile abzubauen. Diese Beobachtung schließt aber keinesfalls eine vollkommende Verneinung eigener regionaler Verwurzelungen mitein. Vor dem Hintergrund der Weltreise lässt sich so auch beobachten, wie Krebs sich auf seine Identität als katholischer Nationaler und Europäer zurückbesann. Krebs zeigt sich also auch in politischer Hinsicht als vielschichtige sowie komplexe Persönlichkeit, kann er doch gleichzeitig als Deutschnationaler, katholischer Europäer und Internationaler begriffen werden. Dem entsprechend werden über seine verschiedenen Lebensphasen hinweg Prozesse einer zunehmenden Europäisierung und Globalisierung sichtbar.

9.3 Engelbert Krebs als moderner katholischer

Seelsorger – Frauenförderer, Judenfreund,

Kulturvermittler zwischen westlicher und östlicher

Welt

Auch auf der letzten Ebene zeigt sich, dass die Krebsche Persönlichkeit in seiner Gesamtheit die verschiedensten Schattierungen aufweist.

Dem deutschen Episkopat galt Krebs als „verlässlicher Theologe“, was sich auch darin zeigt, dass er als Gutachter gegen den Breslauer Patrologen Josef Wittig herangezogen wurde und sich in dem innerkirchlichen Verfahren als „neuscholastischer Kathederfürst“ hervortat. Für manch nonkonformer Jungtheologe galt Krebs als „Idealbild einer

289

priesterlichen Persönlichkeit“, an dem man „Katholizität im wahrsten und umfassendsten Sinn erfahren“ konnte, da „sein unermüdlich forschender und nach allen Seiten offener Geist“ alles „Begrenzte“ überwand.

Auch innerhalb des badischen Zentrums wollte Krebs christliche und sittliche Ideale verfolgen, insbesondere in Fragen der christlichen Erziehung und Bildung. Auch seine Studierenden wollte Krebs zu „politischen Aposteln“ erziehen und für eine genuin christliche Politik gewinnen. Seiner Auffassung nach habe jeder Christ vor seinem Gewissen die Pflicht, christliche Grundsätze in das gesellschaftliche und staatliche Leben hineinzutragen. Die Mitarbeit an der Ausbreitung und Festigung des von Christus begründeten Gottesreiches war für ihn zugleich Mitarbeit am Wiederaufbau Deutschlands auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Verfassung.

Sein konservatives katholisches Profil zeigt jedoch auch liberale bzw. progressive Züge, die insbesondere im Kontext der Frauenbildung deutlich hervortreten: Im Jahr 1914 hatte Krebs die Errichtung einer besonderen Seelsorge für weibliche Studierende angeregt und in seiner Funktion als Studentinnenseelsorger in dieser Funktion hielt Krebs in regelmäßigen Abständen Abendpredigten und Exerzitien. Krebs hatte sich auch um die religiöse Weiterbildung der katholischen Frauen Verdienste erworben: In der Freiburger Sozialen Frauenschule hatte Krebs von der Eröffnung im Oktober 1919 an Unterricht gegeben, außerdem unterstützte Krebs die Caritasschule des Deutschen Caritasverbandes, an der hauptamtliche Seelsorgehelferinnen ausgebildet werden sollten und unterstützte Margarete Ruckmich in ihrem Ansinnen, mit dem Beruf der Gemeindereferentin einen neuen kirchlichen Beruf speziell für Frauen ins Leben zu rufen. So verwundert es nicht, dass auch während seiner Weltreise das Thema der Frauenbildung eine besondere Rolle spielte: In den Vereinigten Staaten besuchte Krebs das Frauen-College „Bryn-Mawr“, das er als eine „der schönsten Verwirklichungen der Zukunftsträume“ für Akademikerinnen bezeichnete. In Japan war Krebs nicht nur in männlich dominierten Universitäten und Bildungseinrichtungen als Gastredner aktiv, vielmehr hielt er auch an japanischen Frauenschulen und Damenzirkeln in Kobe, Mikage und Tokio Vorträge.

Wie kein anderer setzte sich Krebs auch für die christlich-jüdischen Beziehungen ein: Als einer der wenigen katholischen Theologen hatte sich Krebs schon im Dezember 1918 gegen das „Aufstacheln antisemitischer Instinkte“ im Wahlkampf ausgesprochen; Mitte der 1920er Jahre hatte sich Krebs gegen den aufkommenden Antisemitismus unter Studierenden an der Freiburger Universität ausgesprochen und auf die Unvereinbarkeit von

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Katholizismus und antisemitischem Gedankengut hingewiesen. In seiner Schrift „Urkunde und Judentum“ hatte Krebs das Judentum als Heimat der Kirche bezeichnet. Im deutschen Episkopat hatte Krebs selbst den einzigen Pfeiler gegen den grassierenden Antisemitismus in Deutschland betrachtet und im Namen der deutschen Juden eine Denkschrift an den Freiburger Erzbischof überreicht. Auch während seiner Vortragsreise durch die Vereinigten Staaten war der jüdisch-christliche Dialog Krebs ein besonderes Anliegen: In einem Interview mit der „Jewish Tribune“ sprach Krebs u.a. über seine ablehnende Einstellung zum Antisemitismus. Die Veröffentlichung des Artikels, aber auch die Empfehlungen seines Freiburger Kollegen Ludwig Aschoff, öffneten Krebs tatsächlich Türen bei einflussreichen amerikanischen Juden. Krebs Judenfreundlichkeit war auch ein wesentlicher Grund für seine Verfolgung durch die Nationalsozialisten.

Außerhalb seines theologischen Programms der Lebenswelt der Dogmen, widmete sich Krebs im Zuge seiner Weltreise auch um das Thema der christlichen Mission, obwohl er während seines Auslandsaufenthaltes nie selbst missionarisch tätig war. Bei der christlichen Missionierung Asiens ging es ihm aber nicht um eine vollkommene „Verwestlichung des Ostens“, vielmehr verfolgte Krebs die Auffassung, dass die katholische Kirche sich in ihrer europäisch-kulturellen Ausprägung an die fernöstliche Kultur anpassen und sich auf die Gemeinsamkeiten zwischen fernöstlichem-religiösem und europäisch-katholischem Geist besinnen müsse. Gerade hierbei wird deutlich, dass es Krebs nicht um einen von konservativen Eliten verfolgten nationalistischen Kolonialismus bzw. Imperialismus ging, sondern um eine „Inkulturation“ des Christentums in Fernost. Auch im privaten und informellen Bereich zeigt sich, dass der Kontakt zu Personen fremder Nationalität, Religion und Konfessionen sowie unterschiedlichen kulturellen Hintergrunds stets von Respekt und einem Bedürfnis des gegenseitigen Verstehens geprägt war. Die Weltreise verdeutlicht an dieser Stelle umso mehr, dass Krebs – trotz seiner nationalen Grundhaltung– eine Form der Weltoffenheit lebte, bei der er alle fremden Kulturen anerkannte und respektierte.

In diesem Kontext steht auch Krebs´ Rolle als Kulturvermitter zwischen West und Ost, die er auch nach Beendigung seiner Vortragstour noch wahrnahm, indem er beispielsweise als Vortragsredner durch Deutschland reiste und von seinen Erfahrungen und Erlebnissen in den Vereinigten Staaten und Asien berichtete. Nicht zu vergessen ist hier auch die Betreuung zahlreicher japanischer Wissenschaftler, die während ihrer Deutschlandreisen die Freiburger Universität besuchten, und sein Engagement bei der Verleihung der Ehrensenatorenwürde an den japanischen Mediziner und Wissenschaftspolitiker Aihiko

291

Sata, die Krebs als wichtigen Akteur im Aufbau der ausländischen Kultur- und Wissenschaftsbeziehungen der Freiburger Universität in der Zwischenkriegszeit auszeichnen.

Krebs lässt sich daher nicht nur als vielfältig interessierter Seelsorger, sondern auch als Brückenbauer zwischen den verschiedenen Religionen und Kulturen verstehen. Krebs´ Umgang mit Vertretern anderer Religionen und Kulturen war hierbei stets geprägt von Respekt und Toleranz, der interkulturelle und interreligiöse Kommunikation und Austausch nicht ausschloss, sondern Krebs eher dazu diente, Gemeinsamkeiten zwischen den religiösen Auffassungen und Klarheit über die eigenen Standpunkte zu finden.

9.4 Engelbert Krebs als Grenzgänger zwischen den

Welten

Als ein zentrales Ergebnis dieser Studie lässt sich festhalten, dass in Krebs Lebensgeschichte die vereinfachten Schemata von liberal und ultramontan, von liberal- national und politisch-katholisch sowie von antimodernistisch und progressiv-konservativ mehrfach durchbrochen werden und sich eine eindeutige kategorische Einordnung der Krebschen Vita nicht verwirklichen lässt.1217 Wie Krebs in seiner theologischen Verortung zwischen Modernismus und Antimodernismus oszillierte, verhält es sich mit seiner politischen Verortung und priesterlichen Identität: Zwar klar dem politischen Katholizismus verpflichtet und nationalkonserverativ eingestellt, machte sich der progressive Krebs für ein vereinigtes Europa und eine solidarische Weltgemeinschaft auf christlicher Grundlage stark; er verteidigte traditionelle Familienwerte, setzte sich als Seelsorger aber auch für die Emanzipation und Förderung von Frauen ein und betätigte sich als „Brückenbauer“ zwischen Judentum und Christentum und als „Kulturvermittler“ zwischen westlicher und östlicher Welt. Krebs war mit Leib und Seele Freiburger und regional in Südbaden verwurzelt, verstand sich gleichzeitig aber auch als Paneuropäer und katholischer Internationaler. Dies verdeutlicht, dass diese dargelegten biographischen Kategorien keinesfalls als dichotome Kategorien zu verstehen sind, sondern Schnittmengen bilden, an deren Grenzen sich Krebs Zeit seines Lebens problemlos bewegte. So tritt am Ende der Arbeit Krebs´ Anpassungsfähigkeit und geistige Wendigkeit als eine der

1217 vgl. Claus Arnold: Zwischen Modernismus und Nationalsozialismus, S. 18. 292

wichtigsten Charakteigenschaftenhervor, die ihn zu einem Grenzgänger zwischen den Welten machte.1218

1218 vgl. Claus Arnold: Zwischen Modernismus und Nationalsozialismus, S. 19. 293

10 Verzeichnis

10.1 Ungedruckte Quellen

1. UNIVERSITÄTSARCHIV FREIBURG (UAF)

1.1 Nachlass Engelbert Krebs (C 126)

UAF: C126/7: Tagebuch Stichwörter P-R (1913-1916)

UAF: C126/8: Tagebuch Stichwörter G-L (1913-1924)

UAF: C126/9: Tagebuch Stichwörter A-F (1912-1915)

UAF: C126/21: Kriegstagebuch (1914-1925)

UAF: C126/22: Kriegstagebuch (1914-1917)

UAF: C126/23: Kriegstagebuch (1918)

UAF: C126/25: Kriegstagebuch (1918-1920)

UAF: C126/26: Tagebuch (1923-1924)

UAF: C126/27: Tagebuch (1920)

UAF: C126/29: Tagebuch (1925-1927)

UAF: C126/30: Reisetagebuch „Um die Erde“ (1926-1927)

UAF: C126/31: Tagebuch (1928-1932)

UAF: C126/300: Korrespondenz mit dem Auswärtigen Amt

UAF: C126/445: Klausenchronik Band IV (1933-1935)

UAF: C126/479: Vortragsentwurf „The conversion moment“. UAF: C126/482: Vom Studium der katholischen Theologie an deutschen Universitäten. UAF: C126/489: Vortragsentwurf „Wendungen im europäischen Geistesleben“ UAF: C126/490: Vortragsentwurf “The tourningpoint of European Thought” UAF: C126/478: Vortragsentwurf “The tourningpoint of European Thought” UAF: C126/480: Vortragsentwurf “The tourningpoint of European Thought”

294

UAF: C126/496: Korrespondenzen mit dem Auswärtigen Amt

UAF: C126/498: Korrespondenzen mit dem Badischen Ministerium

UAF: C126/508: Verschiedene Korrespondenzen betreffend der Reise um die Erde

UAF: C126/510: Korrespondenzen mit Breig

UAF: C126/515: T. Miyajima an Engelbert Krebs vom 18.11.1926.

UAF: C126/519: Korrespondenzen mit Jakob Overmans JS

UAF: C126/523: Korrespondenzen mit Bonifacius Sauer OSB

UAF: C126/575: Korrespondenzen mit Friedrich Schlatter

UAF: C126/634: Klausenchronik Band V (1935-1940)

UAF: C126/636: Klausenchronik Band II (1929-1931)

1.2 Personalakte Engelbert Krebs (B24/1921) ▪ Akademischer Senat der Universität Freiburg an das großherzogliche Unterrichtsministerium vom 16.02.1911. ▪ Ministerium der Justiz, Kultus- und Unterrichts an den Senat der Universität Freiburg vom 27.02.1911. ▪ Badisches Kultusministerium an die Freiburger Universität vom 21. Juli 1919. ▪ Freiburger Universität an den Minister des Kultus und des Unterrichts vom 23.05.1936. ▪ Der Minister des Kultus und des Unterrichts an die Freiburger Universität vom 10. Mai 1926. ▪ Rektors der Universität Freiburg an das Ministerium für Kultus und Unterricht vom 07.07.1945. ▪ Akademisches Rektorat an das Badische Kultus- und Unterrichtsministerium vom 30.11.1950. ▪ Krebs an das Badische Kultusministerium vom 03.07.1925. ▪ Krebs an das Badische Kultusministerium vom 09.11.1925. ▪ Krebs an den Rektor der Freiburger Universität vom 12.11.1926. ▪ Krebs an den Rektor der Universität Freiburg vom 12.11.1926. ▪ Traueranzeige der theologischen Fakultät Freiburg vom 29.11.1950. 295

1.3 Fakultätsakten der katholischen Theologie (B 35) ▪ UAF: B35/470: Auswärtiges Amt an die deutschen Universitäten vom 22.02.1923. ▪ UAF: B35/472: Krebs an die Theologische Fakultät vom 02. 07. 1925. ▪ UAF: B35/470: Krebs an Hilling vom 10.07.1925. ▪ UAF: B35/472: Pfeil an Krebs vom 22. 08.1925. ▪ UAF: B35/473: Krebs an die Theologische Fakultät vom 28.06.1926.

1.4 Protokollbücher der theologischen Fakultät (B 59) ▪ UAF: B59/162: Eintrag vom 14. Juni 1933.

1.5 Nachlass Joseph Sauer (C67) ▪ C126/523: Sauer an Krebs vom 13.02.1925. ▪ C67/30: Tagebucheintrag vom 17.05. 1930. ▪ C67/32: Tagebucheintrag vom 24.03.1934. ▪ C67/34: Tagebucheintrag vom 31.07.1934. ▪ C67/33: Krebs an Sauer vom 27. 09.1936. ▪ C67/33: Tagebucheintrag vom 02.11.1936.

1.6 Nachlass Ludwig Aschoff (E10) ▪ E10/105: Deutsche Botschaft in Tokio an das Auswärtige Amt vom 30.10.1924. ▪ E10/105: Deutsche Botschaft in Tokio an das Auswärtige Amt vom 30.10.1924. ▪ E10/183: Ludwig Aschoff: Medizin und Mission im Fernen Osten, Berlin 1926. ▪ E10/201: H.E. Robertson, Clinic in Rochester an Ludwig Aschoff vom 07.02.1925. ▪ E10/202: Leone McGregor, National Research Council in Ottawa, an Ludwig Aschoff vom 07.01. 1929. ▪ E10/202: Schreiben von Wayne Gatwell, University of Baffalo, School of Medicine an Ludwig Aschoff vom 05.03.1928. ▪ E10/220: Ludwig Aschoff. Meine Vortragsreise um die Welt, in: Der Alemannen- Zeitung, Bonn/Münster, April 1925, sechster Jahrgang, Nr.2, S. 20-29; hier: S. 25- 28. ▪ E10/94: Ludwig Aschoff: Über die internationalen Beziehungen der deutschen Wissenschaft seitdem Weltkriege [Manuskript, o. D.]. 296

2. ERZBISCHÖFLICHES ARCHIV (Personalakte Engelbert Krebs)

▪ Aktennotiz vom 25.10.1943. ▪ Anonymes Schreiben an den Freiburger Erzbischof vom 27. 01. 1945. ▪ August Müller an den Freiburger Erzbischof vom 8.03. 1934. - darin: Bericht eines „Anonymus“ ▪ Engelbert Krebs an das erzbischöfliche Ordinariat vom 27. 01. 1945. ▪ Freiburger Erzbischofs an die französische Besatzungsmacht vom 17. 06.1945. ▪ Krebs an das erzbischöfliche Ordinariat mit dem Titel „Gedanken zur Kleruspredigt am 09.02.1943“ vom 09.02.1943. ▪ Staatsanwalt J. Zimmermann an das Amtsgericht C1 Schöffengericht in Freiburg i. Br. betreffend Erklärung und Anträge in der Strafsache gegen Engelbert Krebs wegen Beleidigung vom 08.10.1936.

3. STADTARCHIV FREIBURG (SAF)

▪ AF C4/XI/21/5.

4. POLITISCHES ARCHIV DES AUSWÄRTIGEN AMTS BERLIN (PAAA)

▪ R64674: Auswärtigen Amt an Engelbert Krebs vom 14.01.1925. ▪ R64674: Auswärtigen Amts an Krebs vom 31.08.1923. ▪ R64674: Krebs an das Auswärtige Amt vom 18.11.1924. ▪ R64674: Solf an das Auswärtige Amt in Berlin vom 07.01.1925. ▪ R65678: Aihiko Sata. Meine Vortragsreise in Deutschland (Artikelserie in der Osaka-Mainichi). ▪ R65678: Generalkonsulat in Kobe an das Auswärtige Amt in Berlin vom 30.12.1926.

5. PRIVATES QUELLENMATERIAL (PQM)

▪ Krebs an seine Familie vom 20.03.1926. ▪ Krebs an seine Familie vom 21.03.1926. ▪ Krebs an seine Familie vom 30. 03.1926. ▪ Krebs an seine Familie vom 13.05.1926.

297

▪ Krebs an seine Familie vom 06.06.1926. ▪ Krebs an seine Familie vom 03.07.1926. ▪ Krebs an seine Familie vom 02.01.1927.

10.2 Gedruckte Quellen

Bloem, Walter: Weltbrand. Deutschlands Tragödie 1914-1918. Mit Zeichnungen von Ludwig Dettmann, Berlin 1922. Ders.: Das verlorene Vaterland, Leipzig 1914. Ders.: Dreiklang des Krieges: Szenen aus der Zeit, Leipzig 1928. Ders.: Sturmsignal, Leipzig 1918. Ders.: Vormarsch, Leipzig 1916. Ders.: Weltgesicht. Ein Buch von heutiger und kommender Menschheit, Leipzig 1928. Aschoff, Ludwig: Die Stellung der Naturwissenschaft zur Religion, in: Zeitenwende 3 (1927), S.114-131. Ders.: Ludwig Aschoff. Ein Gelehrtenleben in Briefen an die Familie, Freiburg i. Br. 1966. Ders.: Über internationale Kultur- und Wissenschaftsbestrebungen (Sonderdruck aus: Vorträge über Pathologie, gehalten an den Universitäten und Akademien Japans im Jahre 1924), Jena 1925. Ders.: Medizin und Mission im Fernen Osten, Berlin 1926. Ders.: Meine Vortragsreise um die Welt, in: Die Alemannen-Zeitung 6 (1925), S. 20- 29. Bankhaus J.A. Krebs (Hg.): Im Wandel der Generation: 1721-1971, Darmstadt 1971. De Baudrillart, Alfred: La Guerre Allemande et le Catholicisme, Paris 1915. Driesch, Hans u. Margarete: Fern-Ost. Als Gäste Jungchinas (mit 61 bunten und einfarbigen Abbildungen, einem Plane und einer Karte), Leipzig 1925. Driesch, Hans: Lebenserinnerungen. Aufzeichnungen eines Forschers und Denkers in entscheidender Zeit, München/Basel 1951. Einstein, Albert: Vier Vorlesungen über Relativitätstheorie: gehalten im Mai 1921 an der Universität Princeton, Braunschweig 1922. Gesetz vom 8. Februar 1890 über die Wehrpflicht der Geistlichen, in: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Münster 24 (1890), S. 28-29.

298

Grösser, M.: Bedeutende deutsche Bischofsreden auf der 70. Generalversammlung des amerikanischen Zentralvereins, in: ThGl, 18 (1926), S. 473-477. Kellermann, Hermann: Der Krieg der Geister. Eine Auslese deutscher und ausländischer Stimmen zum Weltkriege 1914. Weimar 1915. Krebs, Engelbert: Alban Stolz: Ein Gedenkblatt zu seinem 50. Todestag, in: St. Konradsblatt 42 (1933). Ders.: Geschichte des Bankhauses J.A. Krebs in Freiburg im Breisgau 1721-1921: Aus Anlass des 200-jährigen Bestehens des Hauses Krebs, Freiburg i. Br. 1921. Ders.: Völkergeschicke und Gerechtigkeit Gottes, Freiburg i. Br. 1919. Ders.: "Ihr sollt mir Zeugen sein" (Joh 15, 17): Gedanken über die Aufgaben der deutschen Katholiken beim Wiederaufbau der Friedenskultur, in: Bonifatiuskorrespondenz 13 (1919), S. 25-29. Ders.: „Dass sie in uns Eins seien“. Tatsachen, Fragen und Aufgaben gegenüber der Wiedervereinigung, in: Schönere Zukunft 16 (1940), S. 193-195. Ders.: Albert der Große in Freiburg, in: Zeitschrift des Freiburger Geschichtsvereins 46 (1935), S. 23-32. Ders.: Am Bau der Zukunft (Gedanken über den großen Krieg Bd. 2), Freiburg. i. Br. 1915. Ders.: Atheismus und geistiges Wertstreben, in: Kölnische Volkszeitung 733 (1920); Ders.: Catholic Germany, in: Columbia (1926). Ders.: Changes in German thought, in: Anglican theological review 10 (1928), S. 230-237. Ders.: Christliche Pionierarbeit in Korea, in: Kölnische Volkszeitung Nr. 30/31 (13.1.1927). Ders.: Dante als Philosoph und Theolog, in: Dante, Köln 1921, S. 27-47. Ders.: Das Apostolat der Politik, in: Freiburger Tagespost 190 (1921). Ders.: Das kommende Dantejubiläum und die deutschen Katholiken, in: Kölnische Volkszeitung 652 (1914). Ders.: Der Kardinal von New York ehrt einen badischen Priester, in: St. Konradsblatt 24 (1926), S. 5-6. Ders.: Der Lebenswert des Dogmenglaubens, in: Akademische Bonifatiuskorrespondenz 30 (1914/15), S. 37-47. Ders.: Der Weltkrieg und die Grundlagen unserer geistig- sittlichen Kultur, in: Deutschland und der Katholizismus. Gedanken zur Neugestaltung des deutschen Geistes- und Gesellschaftslebens, hg. v. M. Meinertz u. H. Sacher (Das Geistesleben Bd. 1), Freiburg i. Br. 1918, S. 1–28.

299

Ders.: Deutsche Kulturarbeit im fernen Osten. Reiseerinnerungen vom Herbst 1926, in: Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und Pflege des Deutschtums, München 1927, S. 549-562. Ders.: Deutsche Mystik in Adelhausen, in: Alemannische Heimat 1 (1934), S.1-4. Ders.: Deutsche Mystik in Adelhausen, in: Alemannische Heimat, Beilage zur Freiburger Tagespost 1 und 2 (1934), S. 1-4. Ders.: Deutschland und das katholische Amerika, in: Jahrbuch des Reichsverbands für die katholischen Auslandsdeutschen 4 (1927/28), S. 169-180. Ders.: Die „Hosanna“ des Freiburger Münsters als älteste Angelusglocke, in: Freiburger Münsterblätter 2 (1906), S. 74. Ders.: Die Bedeutung der Caritas im Aufbau der christlichen Persönlichkeit und im Aufbau der katholischen Pfarrgemeinde, in: Caritas 42 (1937), S. 193-199. Ders.: Die Behandlung der Kriegsgefangenen in Deutschland, Freiburg i. Br. 1917. Ders.: Die drei Formen des christlichen Frauenlebens, in: Die katholische Studentin 7 (1920), S. 8-15. Ders.: Die Freiburger Dantewoche. Ein Rückblick, in: Kölnische Volkszeitung 449 (1921). Ders.: Die katholische Kirche und die neue Wirtschaftsordnung, in: Deutsche Arbeit 4 (1919), S. 496-128. Ders.: Die kulturelle Sendung Professor Satas. Besuch des japanischen Gelehrten bei der Deutschen Akademie, in: Mitteilungen der Akademie zur wissenschaftlichen Erforschung und zur Pflege des Deutschtums 15 (1927), S. 563-568. Ders.: Die Mystik in Adelhausen. Eine vergleichende Studie über die Chronik der Anna von Munzingen und die thaumatographische Literatur des 13. Und 14. Jh. Als Beitrag zur Geschichte der Mystik im Predigerorden, in: Festgabe für Heinrich Finke, Münster 1904, S. 41-105. Ders.: Die Protestanten und Wir: Einigendes und Trennendes, München 1922. Ders.: Die religiöse Unruhe der Gegenwart und die katholische Kirche, Augsburg 1921. Ders.: Die religiöse Unruhe der Gegenwart und die katholische Kirche, Augsburg 1920/21, S. 7. Ders.: Die Schulfrage in Deutschland, in: Volkswohl Wien 11 (1920), S. 158-162. Ders.: Die Selbstbesinnung des Schismas und des Weltprotestantismus, in: Literarischer Handweiser 61 (1925), Sp. 737-750. Ders.: Die Stockholmer Kirchenversammlung, in: Feuerreiter 1 (1925), S. 8-9. Ders.: Die Welt und wir: Eine Besinnung auf die gegenwärtige Weltlage und unsere Aufgaben, Freiburg i. Br. 1917.

300

Ders.: Die Weltgeschichte im Lichte des Dogmenglaubens, in: Schönere Zukunft 11 (1935/36), S. 344. Ders.: Die Wertprobleme und ihre Behandlung in der katholischen Dogmatik, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 19 (1917), S. 215-225. Ders.: Dogma und Leben. Die kirchliche Glaubensquelle als Wertquelle für das Glaubensleben dargestellt (2 Bde.), Paderborn 1921. Ders.: Dogma und Sterben, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 52 (1951), S. 88-98. Ders.: Ein neuer religiöser Frauenberuf, in: Caritas 25 (1918/20), S. 84-85. Ders.: Eine badische Schwesterniederlassung in Nordamerika, in: St. Konradsblatt 10 (1926), S. 341. Ders.: Eine Pfarrhausbibliothek in einer amerikanischen Großstadt, in: Oberrheinisches Pastoralblatt 28 (1926), S. 198-199. Ders.: Engelbert Krebs: Die Wertprobleme und ihre Behandlung in der kath. Dogmatik, in. Oberrheinisches Pastoralblatt 19 (1917), S. 215-225. Ders.: Engelbert Krebs: Urkirche und Judentum (Die Morgenreihe 2), Berlin 1926. Ders.: Erlebnis und Allegorie in Dantes Commedia, in: Ehrengabe deutscher Wissenschaft, hg. v. Fessler, Freiburg 1920, S. 537-549. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 12 (1912), S. 45-48. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 13 (1912), 49-52. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 14 (1912), 53-56. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 15 (1912), 57-60. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 17 (1912), 65-68. Ders.: Eugen Krebs (1848-1912). Bilder aus dem Leben eines Alt-Freiburger Bürgers, in: Breisgauer Chronik 18 (1912), 69-71. Ders.: Eugen Krebs, in: Breisgauer Chronik (1912), S. 45. Ders.: Faust und Dante, zwei Wegweiser an der Straße des Lebens, in: Kraft aus der Höhe, Kempten 1915, S. 159-173. Ders.: Frauenleben und Frauenfragen in Fernasien. Erinnerungen von einer Reise in China und Japan im Jahre 1926, in: Die christliche Frau 6 (1928), S. 169-177. Ders.: Gedanken über den großen Krieg (4 Bde.), Freiburg i. Br. 1915-1917. Ders.: Gedanken zum Reichskonkordat, in: Freiburger Tagespost 172 (1933).

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10.4 Fotografien1219

Abb.1: Portraitaufnahme von Engelbert Krebs, in: UAF/ D13/ 870. Abb.2: Blick auf die Klausenmatte in St. Märgen im Schwarzwald, in: UAF/C126/445: Tagebucheintrag vom 20.01.1935, S. 159. Abb. 3: Engelbert Krebs vor der Nikolauskapelle in St. Märgen im Schwarzwald, in: UAF/C126/634: Tagebucheintrag vom 01.01.1938, S. 187. Abb. 4: Ein etwas anderes Portrait - Engelbert Krebs als Klausner, in: UAF: C126/634: Tagebucheintrag vom 27.12.1937, S. 184. Abb. 5: Portraitaufnahme Bonifacius Sauer OSB von Wonsan in Korea, in: Abt Godfrey Sieber: Bonifaz Sauer (1877-1950). Abt und Bischof in Korea (1921- 1950), in: Beständigkeit und Sendung, St. Ottilien 2003, S. 351-356; hier: S. 353. Abb. 6: Portraitaufnahme Friedrich Schlatter in New-York, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 7: Krebs´ Reisepass, in: UAF/C126/29. Abb. 8: Krebs Reisestationen durch Nordamerika, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 9: In der Pose des Entdeckers - Engelbert Krebs an Bord der „Berlin“, in: UAF/B24/1921. Abb. 10: Engelbert Krebs an Bord der „Berlin“ kurz vor New-York, in: UAF/B24/1921. Abb. 11: Blick von Krebs Unterkunft in der Park Row 15 in New-York auf den Woolworthturm,in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928.

1219 Die Urheber der Fotografien konnten nach ausgiebiger Recherche nicht ausfindig gemacht werden. 332

Abb. 12.: Interview mit Engelbert Krebs in der „Jewish Tribune“, in: UAF: C126/30: Interview vom 03.04.1926, beiliegend dem Tagebucheintrag vom 15.03.1926. Abb. 13: Frauen-Universität in Bryn-Mawr, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 14: Jesuitenkolleg in Boston, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 15: Blick auf das Hudsontal mit der Militärschule Westpoint im Hintergrund, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 16: Franziskanerkloster Graymoor, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 17: Engelbert Krebs mit Pater Francis Paul III. OFM in Graymoor, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 18: Bischof Joseph Schrembs von Cleveland in Ohio an Bord der „C and B“, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 19: Ein Chor von 62 000 Kindern singt beim eucharistischen Kongress das Hochamt, in: Der 28. Internationale Eucharistische Kongress zu Chicago, hg. v. Bonifatiusverein, Chicago 1927. Abb. 20: Das Sanktarium der Kathedrale während der Eröffnungsfeier, in: Der 28. Internationale Eucharistische Kongress zu Chicago, hg. v. Bonifatiusverein, Chicago 1927. Abb. 21: Einzug zur Eröffnungsfeier in die Kathedrale, in: Der 28. Internationale Eucharistische Kongress zu Chicago, hg. v. Bonifatiusverein, Chicago 1927. Abb. 22: Gruppe der am Weltkongress teilnehmenden Inuits, in: Der 28. Internationale Eucharistische Kongress zu Chicago, hg. v. Bonifatiusverein, Chicago 1927. Abb. 23: Krebs Reisestationen in Asien, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 24: Auf dem Fudji-Krater, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 25: Denkmal des Generals Meckel in Tokio, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 26: General Nogi mit seinen Eltern, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 27: Zwerggarten in Tokio, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 28: Japanerhaus in Tokio (Kojimachi,) in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928.

333

Abb. 29: Zentrum des Wohnviertels in Tokio (Kojimachi), in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 30: Vor dem Heiratstempel im Ueno-Park in Tokio, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 31: Shintoheiligtum mit heiligen Füchsen, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 32: Auf Zwischenstation in Shanghai, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 33: Am Yangtsekiang gegenüber Pucko, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 34: Lo Pa Hong mit seinem Sohn, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 35: Flußübergang bei Yenchowfu in Süd-Schantung, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 36: Katholische Universität in Peking, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 37: Kaiserpalast in Peking, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 38: Abtbischof Bonifacius Sauer (rechts) und der Prior der Benediktiner von Peking, Ildefons Brandstätter mit den ersten koreanischen Postulantinnen, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 39: Auf dem Kongfutse-Friedhof in Djüfü, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 40: Kongfutse-Grab in Djüfu, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 41: Stadttor in Djüfu, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 42: Japanerinnen vor dem Buddhistentempel von Tsurumi bei Tokio in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 43: Krebs (Mitte vordere Reihe) mit den Professoren der Kansai-Universität in Osaka, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 44: Zeitungsartikel der Asahi.Shimbun: Krebs als Vortragsredner im Zeitungseigenen Auditorium, in: UAF/C126/491. Abb. 45: Abendessen bei Professor Arima in Udschide, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 46: Shinto-Priester und Tempelmädchen in Nara, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 47: In Nara, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. 334

Abb. 48: Engelbert Krebs an Bord der „Coblenz“, in: B24/1921. Abb. 49: Ramesseum (Theben) mit dem Hatchepsut-Tempel im Hintergrund, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 50: Totentempel am Fuß der Stufenpyramide bei Sakkara in Memphis, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 51: Stufenpyramide des Zoser bei Sakkara (Memphis), in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 52: Der Tempelberg, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 53: Aufstieg nach Golgotha, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 54: Der See Genezaret, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 55: Die Synagoge in Karphanau, in: Engelbert Krebs: Um die Erde. Eine Pilgerreise, Paderborn 1928. Abb. 56: Portraitaufnahme Aihiko Sata, in: Sata Aihiko Sensei, in: Ostasiatische Rundschau, S. 85. Abb. 57: Friedrich Schlatter und Engelbert Krebs, in: Engelbert Krebs: Eine badische Schwesterniederlassung in Nordamerika, in: St. Konradsblatt 25 (1926), S. 8.

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11 Kurzbiogramm Engelbert Krebs1220

Krebs, Engelbert, katholischer Theologe Geboren am 04.09.1881 Gestorben am 29.11.1950 Beigesetzt am 02.12.1950 auf dem Freiburger Hauptfriedhof Vater: Eugen Krebs (1848-1912) Mutter: Johanna Krebs (1854-1910), geb. Komp Geschwister: neun

1888 Städtische Volksschule in Freiburg 1891 Großherzogliches Gymnasium in Freiburg 1900 Studium der katholischen Theologie, Philosophie, Geschichte, Physik und Volkswirtschaft in Freiburg, München und Rom 1903 Promotion in Philosophie 1906 Priesterweihe in Sankt Peter 1908 Als Kaplan am Campo Santo Teutonico in Rom 1910 Promotion in katholischer Theologie 1911 Habilitation in katholischer Theologie 1915 Ernennung zum außerordentlichen Professor für Dogmatik 1919 Ernennung zum ordentlichen Professor für Dogmatik 1936 Von der nationalsozialistischen Regierung aus dem Lehramt entfernt 1937 Versetzung in den Zwangsruhestand 1937 Ernennung zum Geistlichen Rat 1941 Ernennung zum Päpstlichen Hausprälaten 1943 Geplante Einlieferung in das Konzentrationslager Dachau 1944 Verbot jeder öffentlichen und seelsorgerischen Betätigung 1945 Wiedereinsetzung in das Lehramt 1946 Emeritierung

1220 Die Daten ergeben sich aus der biographischen Darstellung im zweiten Kapitel dieser Arbeit. 336