Im Spannungsfeld Von Katholizismus, Welfentum Und Preußisch-Bismarckschem Machtstreben
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Im Spannungsfeld von Katholizismus, Welfentum und preußisch-bismarckschem Machtstreben. Die Entwicklung Ludwig Windthorsts zum Gegenspieler Bismarcks vor dem Hintergrund des Aufstiegs Preußens zur Großmacht bis zum Beginn des Kulturkampfes Inaugural-Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Philosophie (Dr. phil.) durch die Philosophische Fakultät der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf Vorgelegt von Georg Arnold aus Mönchengladbach Erstgutachter: Prof. em. Dr. Karl-Egon Lönne Zweitgutachter: Prof. Dr. Hans Hecker Drittgutachter: Prof. Dr. Gerd Krumeich Tag der Disputation: 24. Januar 2006 D 61 Düsseldorfer Philosophische Dissertation 2 Danksagung und zugleich Widmung Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle jenen Menschen zu danken, die mich und diese Arbeit begleitet und in vielfältiger Weise unterstützt haben. Mein besonders tief empfundener Dank gilt meinem Doktorvater Herrn Prof. em. Dr. Karl-Egon Lönne, der mir nicht nur bei fachlichen Problemen sehr geholfen hat, sondern mir durch seine persönliche Begleitung eine wertvolle Stütze war. Leider ist Herr Prof. Lönne kurz vor meiner Disputation erkrankt. Ich danke Herrn Prof. Dr. Hans Hecker, dass er an seiner Stelle die Prüfung geleitet hat. Danken möchte ich denjenigen Mitarbeitern in den Bibliotheken und Archiven, die mich freundlich aufgenommen haben und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Namentlich hervorheben möchte ich Herrn Krischanitz aus dem Hauptstaatsarchiv Hannover. Bedanken möchte ich mich ferner bei SKH Prinz Ernst August von Hannover für die Erlaubnis, im privaten Hausarchiv der Welfenfamilie zu arbeiten, und bei Generaloberin Schwester Wiltrudis für den Zugang zum Klosterarchiv des Augustinerinnenklosters in Neuss. Gerne würde ich an dieser Stelle alle erwähnen, die mir in der zurückliegenden Zeit halfen, aber diese Liste wäre zu lang. Da ich dem wissenschaftlichen Betrieb nicht treu bleiben durfte und beruflich und familiär eingebunden war, waren es oft Arbeitskollegen und Freunde, die mir weiterhalfen. Ich danke den Herren Markus Dreist, Senad Hadzic und Roland Schmitz für ihr Interesse, die Gespräche, Anregungen und Ermutigungen. Ganz besonderer Dank gilt meiner Familie. Meiner Frau Anja, die mir Mut gemacht und mir beigestanden hat. Meinem Sohn Lorenz, dass ich mich an seiner Entwicklung erfreuen durfte. Meiner Tante Angelina, für das Aufzeigen neuer Perspektiven. Schließlich danke ich meinen Eltern für die Unterstützung und Hilfe, die sie mir all die Jahre gewährt haben. Gewidmet all jenen, ohne die ich die Arbeit an dieser Dissertation nicht hätte durchhalten und beenden können. Georg Arnold Mönchengladbach, Februar 2006 3 4 Einleitung 11 1. Werden und Wandel von Identitäten 1. Die Frage der Grenzen 1. Wege der katholischen Kirche in die Neuzeit 19 2. Der Welfenstaat Hannover 25 2. Windthorst zwischen Tradition und Moderne 1. Kindheit und frühe Jugend 29 2. Die Studienzeit 33 3. Windthorsts Weltbild in Briefen 38 3. Neue Dimensionen des Katholizismus 1. Die Kölner Wirren 45 2. Die konservative Koalition 52 4. Windthorsts Etablierung 1. Die Opportunität des Handelns 56 2. Der Aufstieg 63 2. Katholik und Staatsdiener 1. Die Revolution und die Katholiken 1. Die Frankfurter Paulskirche 69 2. Vereinsbewegungen und Nationalkirche 73 2. Windthorst im Zeichen der neuen Zeit 1. Einstieg in die Politik 77 2. Nationale Frage und Reformpolitik 80 3. Schul- und Kirchenpolitik 85 4. Berufung zum Justizminister 91 3. Im Blickwinkel Bismarcks 1. Der politische Druck auf Hannover 94 2. Der Katholizismus als Politikum 105 5 4. Konfliktpotentiale 1. Österreich und Preußen 113 2. Großdeutsch und Kleindeutsch 118 3. Der anwachsende Ultramontanismus 123 5. Versuche zum Erhalt Hannovers 1. Windthorst als Justizminister 127 2. Das Ende des Königreichs 136 3. Musspreuße und Realpolitiker 1. Die Katholiken und der Umbruch 1. Die politische Ausgangslage 143 2. Antipreußische Tendenzen 146 3. Die Pragmatiker 150 2. Windthorsts parlamentarische Opposition 1. Die Verfassungsfrage 155 2. Im Abgeordnetenhaus 159 3. Das Zollparlament 163 3. Verschwörungstheorien 1. Die Welfenlegion 168 2. Unfehlbarkeitsdogma und Katholiken 172 4. Gründungsphase des Deutschen Reiches 1. Außenpolitik und römische Frage 179 2. Kaiserkrönung und Verfassung 185 4. Antagonist des bismarckschen Reiches 1. Eine unvollendete Volkspartei 1. Die Gründungsphase 193 2. Windthorsts Positionierung 196 3. Die klerikale Partei 199 4. Gründungsmotivationen 206 6 2. Der Kulturkampf 1. Erste Maßnahmen 210 2. Politische Isolierung 218 3. Gesetzgebung und ziviler Ungehorsam 223 4. Windthorsts politische Strategie 231 3. Gründe für den Beginn des Kulturkampfes 1. Real- und machtpolitische Motive 235 2. Persönliche Aspekte 241 Zusammenfassung 245 Archivalien 253 Quellen und Literatur 255 Erklärung und Lebenslauf 277 7 8 "Denn aus der unendlichen Fülle des überlieferten Stoffes muß die Gegenwart eine Auswahl treffen, wenn sie nicht immer wieder in der Masse versinken will: wir suchen nur jene Erscheinungen der Vergangenheit, die in irgendeiner Weise vom Leben und von der Gegenwart postuliert sind. Und andererseits: alle jene historischen Phänomene, die zu unseren eigenen Werteideen irgendeine Beziehung besitzen, haben einen geistigen Gehalt, um dessentwillen das Leben und die Gegenwart sie zu suchen verpflichtet sind."1 1 Franz Schnabel, Vom Sinn des geschichtlichen Studiums in der Gegenwart. Rede gehalten am 18. Januar 1923 in der Aula der Technischen Hochschule Karlsruhe vor der Studentenschaft; in: Franz Schnabel, Abhandlungen und Vorträge 1914-1945. Mit einer Bibliographie der Veröffentlichungen von Karl Egon Lönne, Freiburg/Basel/Wien 1970, S. 49. 9 10 Einleitung Ludwig Windthorst (1812-1891), der zweimal hannoverscher Justizminister und fast vier Jahrzehnte in den hannoverschen, preußischen, norddeutschen und reichsdeutschen Parlamenten vertreten war, zählt zu den bedeutenden Parlamentariern Deutsch- lands im 19. Jahrhundert. Während er vor 1871 nur im Mittelstaat Hannover in Erscheinung trat, erlangte er nationale Bedeutung während des sogenannten Kulturkampfes, als er das Zentrum gegen Bismarck und die Liberalen führte, die die katholische Kirche der Aufsicht des Staates unterordnen wollten. Windthorst verstand es in gefühlsmäßig aufgeladenen Auseinander- setzungen Sachlichkeit zu bewahren. Die Reaktionen seiner Gegner wie auch seiner Bewunderer waren oft von Emotionalität geprägt. Von seinen extremen Gegnern wurde er als Staatsfeind betrachtet. Im katholischen, zentrumsfreundlichen Deutschland wurde er über seinen Tod hinaus lange verehrt.1 Die nach ihm benannten Windthorstbunde, die das Erbe seiner Politik weitertragen sollten, wurden erst unter Hitler aufgelöst. Höchste Aufmerksamkeit wurde Windthorst von Bismarck zuteil. Während des Kulturkampfes erhielt Windthorst für ihn einen fast familiären Stellenwert.2 Auf der einen Seite war Bismarck der Überzeugung, dass Zentrum und Windthorst plane die "Zerstörung des [...] Deutschen Reiches mit evangelischem Kaiserthum"3 und arbeite aus diesem Grund mit anderen reichsfeindlichen Elementen zusammen. Auf der anderen Seite hielt Bismarck Windthorst für 1 Windthorst hatte eine so große Bedeutung für das Zentrum, dass man seine Unterschrift noch Monate nach seinem Tode in das Gratulationsschreiben der Zentrumsfraktion aus Anlass des 50-jährigen Priesterjubiläums des Kölner Erzbischofs Melchers hineinklebte. Vgl. Gratulationsschreiben der Zentrums- fraktion aus Anlass von Melchers 50-jährigen Priesterjubiläums, Berlin, Juni 1891; in: Nachlass Paul Melchers, 1190d, Zug. 919/97 (Vorläufige Signatur). Historisches Archiv des Erzbistums Köln. 2 "Haß ist aber ein ebenso großer Sporn zum Leben, wie Liebe. Mein Leben erhalten und verschönern zwei Dinge: meine Frau und - Windthorst. Die eine ist für die Liebe da, der andere für den Haß." Bismarck in einem Gespräch mit dem Abgeordneten von Tiedemann und Prof. Heinrich von Sybel in Berlin, 25. Januar 1875; in: Fürst Otto von Bismarck, Die gesammelten Werke, hrsg. und bearb. von Willy Andreas, Werner Frauendienst, Hermann von Petersdorff u.a., 15 Bde., Berlin 1923-1935. (im folgenden angegeben als: GW), Bd. 8 , S. 138. 3 Otto von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe, 3 Bde., Stuttgart/Berlin 1921, Bd. 2, S. 353. 11 "religiös ungläubig", für einen der fähigsten Männer der Zentrums- fraktion und für einen Politiker, der nur durch "Zufall und bürokrati- sches Ungeschick"4 sein Gegner war. Windthorst war aber weder ungläubig noch durch Zufall ein Gegner der bismarckschen Politik. Der Antagonismus war über die Jahrzehn- te gewachsen und erfuhr im Kulturkampf seinen Höhepunkt und erklärt sich auch aus der persönlichen Biographie der Kontrahenten. Windthorsts Werdegang spielte sich vor dem Hintergrund einer sich rasch verändernden Welt im politischen Koordinatensystem zwi- schen Welfentum und Katholizismus vor dem Aufstieg Preußens zur deutschen Vormacht ab. Wie der Katholizismus insgesamt, der sich nach den großen Umbrüchen des 18. und 19. Jahrhunderts erneuern musste, nahm Windthorst die Suche nach einer neuen Identität auf. Als Bürger und Politiker eines Mittelstaates war seine Heimat durch Preußen gefährdet. Tatsächlich erschien Windthorst als zentrale Figur des politischen Katholizismus ab 1871 und Anhänger des 1866 annektierten Welfenstaates im Hinblick auf ein Zeitalter geistiger und geopolitischer Veränderungen als rückschrittlich. Bei näherer Betrachtung fällt aber auf, dass er durch seine rechtsstaatliche, föderale und parlamentarisch orientierte Politik aus heutiger