Hochwasserschutz Band 3

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz

Hochwasserschutzplan -Jümme

Hochwasserschutzplan Leda-Jümme

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung ...... 6

2. Vorgehen und Charakterisierung des Einzugsgebietes...... 8

2.1. Vorgehen und Abgrenzung...... 8

2.2. Politische Gliederung ...... 9

2.3. Gewässerstruktur...... 9

2.4. Tideeinfluss...... 12

2.5. Niederschläge ...... 14

2.6. Naturräumliche Gliederung...... 14

2.7. Geologie...... 15

2.8. Bodennutzung...... 15

2.9. Schutzgebiete ...... 15

2.9.1 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete...... 15

2.9.2 Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiete ...... 16

2.9.3 Wasserschutzgebiete ...... 17

2.10. Besonderheiten im Einzugsgebiet ...... 17

2.10.1 Ledasperrwerk ...... 17

2.10.2 Der Küstenkanal ...... 18

2.10.3 Schifffahrt...... 18

2.11. Retentionsräume...... 19

2.11.1 Talsperre Thülsfeld...... 19

2.11.2 Zwischenahner Meer ...... 20

2.11.3 Entlastungspolder, Rückhaltebecken, Gewässerstauraum...... 21

2.11.4 Bestehende Handlungsempfehlung im Hochwasserfall...... 22

3. Bestandsaufnahme ...... 24

3.1. Vorhandener Hochwasserschutz...... 24

3.1.1 Wasserrückhalt im Einzugsgebiet ...... 24

3.1.2 Deiche...... 25

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3.1.3 Siele, Schöpfwerke und Anwässerungspumpen ...... 26

3.2. Hochwasservorsorge ...... 27

3.3. Hochwasserschadenspotential ...... 27

3.3.1 Hochwasserschadenspotentiale im tidebeeinflussten Niederungsgebiet ...... 28

3.3.2 Hochwasserschadenspotentiale oberhalb des tidebeeinflussten Niederungsgebiet ...... 28

4. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen und ihre Wirkungen...... 30

4.1. Ausgangspunkt: Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses...... 30

4.1.1 Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses im Niederungsgebiet ...... 30

4.1.2 Auswirkungen eines 100-jährlichen Hochwasserereignisses oberhalb des Niederungsgebietes...... 32

4.2. Hochwasserschutzmaßnahmen ...... 34

4.2.1 Einzelmaßnahmen...... 34

4.2.1.1 Steuerung der Düker am Küstenkanal ...... 34

4.2.1.2 Steuerung des Langholter Meers...... 35

4.2.1.3 Hochwasserrückhaltebecken Jübberde ...... 37

4.2.1.4 Polder Holter Hammrich ...... 38

4.2.1.5 Deichrückverlegung bei Hengstforde ...... 38

4.2.1.6 Deichrückverlegung bei Vreschen-Bokel ...... 38

4.2.1.7 Deicherhöhungen, individueller Objektschutz und gezielter Deichüberlauf...... 39

4.2.2 Maßnahmenpakete...... 39

4.2.2.1 Maßnahmenpaket Niederungsgebiet I ...... 39

4.2.2.2 Maßnahmenpaket Niederungsgebiet II ...... 39

4.2.2.3 Maßnahmenpaket ...... 41

4.2.2.4 Maßnahmenpaket ...... 41

4.2.2.5 Maßnahmenpaket ...... 42

5. Zusammenfassung...... 43

6 Literaturverzeichnis ...... 45

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Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Gebietsanteile der Landkreise im Einzugsgebiet Leda-Jümme [2] ...... 9

Tab. 2: Teileinzugsgebiete der Leda...... 9

Tab. 3: Pegel /Leda, Hauptzahlen 1994 – 2003 zum Oberwasserabfluss gemäß DGJ 2003..... 13

Tab. 4: Beispiele von Hochwasserabflüssen am Ledasperrwerk ...... 13

Tab. 5: FFH-Gebiete im Einzugsgebiet von Leda und Jümme (aus [9])...... 16

Tab. 6: Wasserschutzgebiete im Leda-Jümme-Gebiet...... 17

Tab. 7: Gewässerkundliche Daten zur Talsperre Thülsfeld ...... 20

Tab. 8: Speicherkenndaten der Talsperre Thülsfeld (nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen 2006)...... 20

Tab. 9: Abfluss-Kennwerte Aue-Wehr...... 21

Tab. 10: Polder im Einzugsgebiet von Leda und Jümme ...... 22

Tab. 11: Bestehende Handlungsempfehlung im Hochwasserfall ...... 22

Tab. 12: Deichtypen und -längen [km] in den Kommunen im Niederungsgebiet...... 26

Tab. 13: Siele, Schöpfwerke und Anwässerungspumpen im Niederungsgebiet ...... 26

Tab. 14: Geschätzte Investitionskosten für Deicherhöhungen und Deichneubau ...... 40

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Übersichtskarte des Leda-Jümme-Gebietes ...... 7

Abb. 2: Prinzipskizze zur Abgrenzung des Untersuchungsgebietes...... 8

Abb. 3: Einer der Ortschaften im Niederungsgebiet: Ostrhauderfehn; hier: I. Süderwieke oberhalb der Schleuse „Ulferts“ mit Blick stromauf...... 9

Abb. 4: Gewässernetz und wasserwirtschaftliche Anlagen im Leda-Jümme-Gebiet...... 10

Abb. 5: Luftaufnahme der Einmündung der Jümme in die Leda bei Wiltshausen (Blick Leda flussabwärts; vorne Ledaschleife, danach rechtsseitige Einmündung der Jümme) ...... 10

Abb. 6: im Bereich des Dükers am Küstenkanal (Blick flussaufwärts) ...... 11

Abb. 7: Der Unterlauf der Ohe; Blick flussabwärts...... 12

Abb. 8: Nordgeorgsfehnkanal im Bereich der Schleuse 1; Blick nach Süd, rechts ist die Ortschaft Brückenfehn zu erkennen...... 12

Abb. 9: Gewässergütemessstation mit Durchfluss – Ultraschallmessanlage Leer...... 12

Abb. 10: Überflutete Fläche an der Hollener Ehe westlich der Ortschaft Klein Hollen im November 1998...... 13

Abb. 11: Statistische Niederschlagsverteilung in Niedersachsen aus dem KOSTRA-Atlas des DWD; hier exemplarisch für ein einmal im Jahr vorkommendes Niederschlagsereignis einer Dauer von 24 Stunden (gelb : < 30 mm/d, orange 30 bis 35 mm/d)...... 14

Abb. 12: Flächennutzung im Leda-Jümme-Gebiet...... 15

Abb. 13: Ledasperrwerk mit rechtsseitig angegliedertem Ledaschöpfwerk (Ansicht flussabwärts) ..... 17

Abb. 14: Einlauf zum Düker der Soeste unter den Küstenkanal...... 18

Abb. 15: Sportschifffahrt und Tourismus im Hafen Barßel...... 19

Abb. 16: Luftaufnahme der Talsperre Thülsfeld...... 20

Abb. 17: Luftaufnahme des Zwischenahner Meeres...... 20

Abb. 18: Luftaufnahme des Entlastungspolder bei Leer (gelber Umriss)...... 21

Abb. 19: Deich entlang des Hauptfehnkanals zwischen der Einmündung des Burlage-Langholter Tiefs und der „Tobias-Brücke“...... 25

Abb. 20: Holter Sieltief mit Schöpfwerk...... 26

Abb. 21: Überflutungsflächen beim Referenzhochwasser in Rhauderfehn und Westerstede...... 31

Abb. 22: Prozentuale Verteilung der beim Referenzhochwasser betroffenen Gebäude und des entstehenden Schadens...... 32

Abb. 23: Übersicht der Schadenserwartungswerte beim Referenzhochwasser...... 32

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Abb. 24: Gefährdete Objekte beim Referenzhochwasser in Rhauderfehn und Westerstede ...... 33

Abb. 25: Luftaufnahme des Burlage-Langholter Meeres ...... 36

Abb. 26: Überflutungen bei 30stündiger Schließung des Dükers Bockhorster Bäke...... 37

Abb. 27: Luftaufnahme mit Blick über das Holter Schöpfwerk nach Südost über Teile des Holter Hammrichs...... 38

Anlagenverzeichnis

Anlage 1: Wasserwirtschaftliche Anlagen im Niederungsgebiet

Anlage 2-2.9: Hochwassergefahrenkarten im Niederungsgebiet

Anlage 3-3.5: Hochwassergefahrenkarten im Obergebiet

Anlage 4-4.4: Gefährdungspotentiale im Untersuchungsgebiet

Anlage 5: Ergebnisse der Fragebogenaktion zur Hochwasservorsorge im Untersuchungsgebiet

Anlage 6: Darstellung der Maßnahmenpakete im Niederungsgebiet

Anlage 7: Ergebnisse des Maßnahmenpakets I

Anlage 8.1: Ergebnisse der Bestandserfassung vor Ort im Niederungsgebiet

Anlage 8.2: Ergebnisse der Bestandserfassung vor Ort außerhalb des Niederungsgebietes

Weitere Anlagen mit detaillierten Erläuterungen zur Hydrologie, Hydraulik und Schadenspotentialer- mittlung stehen auf einer CD zu Verfügung. Diese kann gegen eine Schutzgebühr bezogen werden bei:

Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Betriebsstelle Aurich Oldersumer Str. 48 26603 Aurich oder Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz Betriebsstelle Cloppenburg Drüdingstraße 25 49661 Cloppenburg

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1. Einleitung

Große Hochwasserereignisse gab es schon soskaligen Ansatz und bilden die Grundlage immer und wird es auch in Zukunft geben. Sie für regionale Hochwasserschutzpläne der zu- gehören zum Naturgeschehen und sind Teil ständigen Kommunen. des natürlichen Wasserkreislaufes. Im Leda- Jümme-Einzugsgebiet bleiben insbesondere Als Grundlage für diesen Plan dienten die die Hochwasser von 1954, 1979, 1983 und „Handlungsempfehlungen zur Erstellung von 1998 in Erinnerung. Sie brachten Deichüber- Hochwasser-Aktionsplänen“ (1999) und die strömungen und teilweise Deichbrüche mit „Leitlinien für einen zukunftsweisenden Hoch- sich. wasserschutz“ (1995) der Länderarbeitsge- Nach Auffassung vieler Experten werden meinschaft Wasser (LAWA). Hochwasser durch die zunehmende globale Mit der Aufstellung von Hochwasseraktions- Erwärmung der Erdoberfläche häufiger auftre- plänen nach den LAWA-Empfehlungen können ten. Vermutlich wird es in den Wintermonaten folgende Handlungsziele erreicht werden: zu vermehrten Niederschlägen kommen. Ü- berdies wird eine Zunahme von extremen Wet- • Minderung der Schadensrisiken terlagen prognostiziert. Schäden, die durch • Minderung der Hochwasserstände Hochwasser entstehen, sind zumindest teil- • Verstärkung des Hochwasserbewusst- weise auf menschliches Handeln zurückzufüh- seins ren. Durch wasserbauliche Eingriffe, eine in- • Verbesserung der Hochwasserinfor- tensive Bebauung und Nutzung in unmittelba- mationen für die Bevölkerung rer Nähe der Flüsse wurde die Hochwasser- bedrohung verschärft bzw. hat sich der Am 10. Mai 2005 ist das Gesetz zur Verbesse- Mensch dem Hochwasserrisiko ausgesetzt. rung des vorbeugenden Hochwasserschutzes Das gilt auch für das Einzuggebiet von Leda (BGBl. I. S.1224) in Kraft getreten. Es be- und Jümme. stimmt, dass Pläne für einen möglichst schad- Die großen Hochwasserereignisse der letzten losen Wasserabfluss, den technischen Hoch- Jahre an den deutschen Flüssen Rhein, Oder, wasserschutz und die Gewinnung, insbeson- Donau und Elbe haben zu der Erkenntnis ge- dere Rückgewinnung von Rückhalteflächen führt, dass der Hochwasserschutz verbessert sowie weitere dem Hochwasserschutz dienen- und das Hochwassermanagement optimiert de Maßnahmen (Hochwasserschutzpläne) werden muss. Die Umweltministerkonferenz aufzustellen sind, soweit dies erforderlich ist. der Länder hat auf ihrer 53. Sitzung am 16. Die Hochwasserschutzpläne dienen dem Ziel, und 17. September 1999 deshalb empfohlen, die Gefahren, die mindestens von einem sta- Aktionspläne für den Hochwasserschutz in den tistisch einmal in 100 Jahren zu erwartenden Einzugsgebieten der großen deutschen Flüs- Hochwasser ausgehen, soweit wie möglich zu se, aber auch in kleineren Flussgebieten auf- minimieren. zustellen. Das extreme Hochwasser im März 1979 sowie Der hier vorgelegte „Hochwasserschutzplan auch die Häufung der Hochwasser 2007 und Niedersachsen Leda-Jümme“ entspricht inhalt- 2008 haben gezeigt, dass es dringend erfor- lich den Anforderungen an einen Hochwasser- derlich ist, einen entsprechenden Plan für das schutzplan nach § 31 d Wasserhaushaltsge- Einzugsgebiet von Leda und Jümme auszuar- setz. Betrachtet wird das rd. 2.100 km² große beiten. In dem Plan werden auf der Grundlage Einzugsgebiet von Leda und Jümme. Inner- einer ausführlichen Bestandsaufnahme des halb dieses Gebietes werden rund 275.000 vorhandenen Hochwasserschutzniveaus im Menschen durch Deiche, Polder, Siele, Einzugsgebiet von Leda und Jümme Maß- Schöpf- und Sperrwerke vor Hochwasser ge- nahmen zur Verbesserung des Hochwasser- schützt. schutzes vorgeschlagen. Im Hochwasserschutzplan Leda-Jümme wird Der vorliegende Hochwasserschutzplan ist ei- zunächst eine Charakterisierung des Einzugs- ner der ersten dieser Art in Niedersachsen und gebietes vorgenommen. Besonders im tidebe- dient zeitgleich als Pilotprojekt für die weiteren einflussten Niederungsgebiet haben Hochwas- noch zu erstellenden Hochwasserschutzpläne. ser seit jeher große Auswirkungen, und es ist Die vom NLWKN landesweit aufgestellten ein komplexes System von Hochwasser- Hochwasserschutzpläne betrachten die über- schutzanlagen vorhanden. regionalen Flussgebiete und beinhalten i.d.R. keine detaillierten, kleinräumigen Aussagen. Nach der Darstellung des Einzugsgebiets von Sie verfolgen damit einen so genannten me- Leda und Jümme werden die Ergebnisse der

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Hochwasserschutzplan Leda-Jümme intensiven Bestandsaufnahme zum vorhande- Möglichkeiten des technischen Hochwasser- nen Hochwasserschutz dokumentiert. Darauf schutzes, der Wasserrückhaltung sowie ande- aufbauend werden in weiteren Schritten Ge- rer Schutzmaßnahmen aufgezeigt. fährdungspotentiale in den durch Hochwasser Der Plan bezieht sich hauptsächlich auf die gefährdeten Gebieten, Hochwasserschutzdefi- Minderung der Schadensrisiken durch techni- zite sowie Vorschläge für Hochwasserschutz- sche Hochwasserschutzmaßnahmen. Dies maßnahmen anhand von hydrologischen und folgt insbesondere aus der Charakteristik des hydraulischen Berechnungen entwickelt und Leda-Jümme-Gebietes.

Abb. 1: Übersichtskarte des Leda-Jümme-Gebietes

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2. Vorgehen und Charakterisierung des Einzugsgebietes

2.1. Vorgehen und Abgrenzung Innerhalb des potentiell hochwassergefährde- ten Gebietes befinden sich die Gebiete, die im Der Hochwasserschutzplan Leda-Jümme be- konkret untersuchten Hochwasserfall überflutet trachtet das gesamte rund 2.100 km² große werden und deren Abmessungen und Lage Einzugsgebiet der Hauptgewässer Leda und über die hydraulischen Berechnungen zu Jümme einschließlich ihrer Nebengewässer. bestimmen sind. Das potentiell hochwasserge- Dieses wird in der Übersichtskarte (Abb. 1) fährdete Gebiet ist nicht zu verwechseln mit dargestellt. Ein besonderes Augenmerk liegt dem deichgeschützten Gebiet nach Nieder- dabei auf dem rd. 400 km² großen bedeichten, sächsischem Deichgesetz. Die im betrachteten tidebeeinflussten Niederungsgebiet an insge- Einzugsgebiet liegenden Hauptdeiche der O- samt 142 km Fließgewässern. Das Niede- verledinger und der Moormerländer Deichacht rungsgebiet (in Abb. 1 nimmt aufgrund der sowie des Leda-Jümme-Verbandes entlang Komplexität eine gesonderte Stellung ein und von und Leda dienen dem Schutz der ist durch seine Lage seit jeher stark gefährdet. binnendeichs unterhalb von NN +5,00 m gele- Im Volksmund wird die Gestalt des Niede- genen Gebiete vor Sturmfluten. rungsgebietes auch als „Badewanne“ bezeich- net, die im Hochwasserfall vollläuft. Grundlage für die Bearbeitung von Hochwas- serschutzplänen sind hydrologische und hyd- Die Abgrenzung des Niederungsgebietes ori- raulische Berechnungen, wie sie auch bei der entiert sich an dem durch Schöpfwerke zu Ermittlung von Überschwemmungsgebieten entwässerndem Gebiet. Zudem gehen auch aufgestellt werden. In den vorliegenden Hoch- die höchsten aufgetretenen Wasserstände wasserschutzplan hat insbesondere das Vor- (HHW) im Niederungsgebiet in die Betrachtung hersagemodell Leda/Ems [1] Eingang gefun- ein. Im Mittel liegt das HHW bei NN +2,15 m. den. Es besteht aus einer Kombination eines Das Prinzip zur Abgrenzung des Niederungs- Niederschlags-Abfluss-Modells mit einem in- gebietes wird in der Prinzipskizze (Abb. 2) stationären eindimensionalen Hydraulik- deutlich. Modell. Während sich das hydraulische Modell auf das Niederungsgebiet beschränkt, ist das Zur Abgrenzung des Untersuchungsgebietes hydrologische Modell flächendeckend für das wurde festgelegt, dass die Bereiche des Nie- Einzugsgebiet von Leda und Jümme vorlie- derungsgebietes, die tiefer als NN +2,50 m lie- gend. gen, zu untersuchen sind. Hinzu kommen aus- gesuchte Bereiche außerhalb des Niede- Neben dem Vorhersagemodell Leda/Ems wur- rungsgebietes in Surwold, Cloppenburg, Frie- den aktuelle hydraulische Berechnungen aus soythe und Westerstede. Sie erweitern das po- den Bereichen Surwold und Westerstede so- tentiell hochwassergefährdete Gebiet. wie an der Soeste in Cloppenburg und Frie- soythe genutzt.

Abb. 2: Prinzipskizze zur Abgrenzung des Untersuchungsgebietes

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2.2. Politische Gliederung

Das Leda-Jümme Gebiet liegt im Nordwesten des Landes Niedersachsen östlich der Ems. Innerhalb dieses Gebiets liegen acht Landkrei- se, wovon vier einen Gebietsanteil ≤ 1% auf- weisen ( Tab. 1). Insgesamt leben ca. 275.000 Einwohner in den betroffenen Ge- meinden bzw. Samtgemeinden und Städten [2].

Landkreis Gebietsanteil [%] Oldenburg <1 Abb. 3: Einer der Ortschaften im Niederungsgebiet: Aurich 1 Ostrhauderfehn; hier: I. Süderwieke oberhalb der Wittmund <1 Schleuse „Ulferts“ mit Blick stromauf Friesland <1 Leer 22 2.3. Gewässerstruktur Ammerland 23 Emsland 14 Das etwa 2.100 km² große Niederschlagsein- Cloppenburg 39 zugsgebiet von Leda und Jümme entwässert von Osten kommend bei Leer in die Ems. Das Tab. 1: Gebietsanteile der Landkreise im Einzugs- Gewässernetz kann der Abb. 4 auf der nächs- gebiet Leda-Jümme [2] ten Seite entnommen werden. Das Einzugsge- biet wird im Süden durch den Küstenkanal Die Grenzen des Gebiets verlaufen im Osten durchschnitten, in den rund 74 km² permanent rund 5 km westlich von Oldenburg, im Süden entwässern. Die Einzugsgebiete der Neben- etwa in Höhe von Cloppenburg und im Westen flüsse und der Flussabschnitte der Leda wer- rund 10 km östlich von der Stadt Papenburg. den als Teileinzugsgebiete bezeichnet. Aus Von Leer aus verläuft die Grenze in nordöstli- hydrografischer Sicht zählen diese Nebenflüs- cher Richtung bzw. von aus in nord- se zur dritten Ebene im Gewässernetz (Ebene westlicher Richtung bis zum nördlichsten Punkt 1: Ems, Ebene 2: Leda). Das Einzugsgebiet des Gebietes, der etwa 15 km südöstlich der Leda/Jümme wird in neun Teileinzugsgebiete Stadt Aurich liegt. (TEG) der dritten Ebene untergliedert ( Tab. 2).

Fläche TEG-Nr. Name [km²]

381 Ohe 181,3 382 Marka 141,6

383 103,1 384 Elisabethfehn Kanal 23,0 385 Leda, von Zusammenfluss von Sagter Ems und Elisabethfehn Kanal, einschl. Dreyschloot bis einschl. Schöpfwerk 27,6 Roggenberg, bis Hauptfehnkanal 386 Burlage-Langholter Tief 187,2 387 Leda, von Hauptfehnkanal bis Jümme 43,8 388 Jümme, im Oberlauf Soeste und Nordloher-Barßeler Tief, von 1352,5 Beginn bis Leda 389 Leda, von Jümme bis zur Ems 37,6 Gesamtfläche: 2097,7 Tab. 2: Teileinzugsgebiete der Leda

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Abb. 4: Gewässernetz und wasserwirtschaftliche Anlagen im Leda-Jümme-Gebiet

Die wichtigsten Gewässer im Einzugsgebiet wie der Ollenbäke und das Godensholter Tief, sind die Leda und die Jümme. Sie sind im O- das sich im Oberlauf in der Zwischenahner berlauf durch den Kanal Dreyschloot miteinan- Aue und der Vehne fortsetzt. der verbunden. Der Oberlauf der Leda ab dem Dreyschloot wird bis zur Dükerung, d.h. bis zur Unterquerung des Küstenkanals bei Sedels- berg Sagter Ems genannt, wo diese das Was- ser ihrer Quellflüsse Marka und Ohe aufnimmt.

Wichtigstes Nebengewässer der Leda ist der von Süden kommende Hauptfehnkanal, der das Wasser aus der Rajenwieke, aus dem Ost- rhauderfehnkanal und aus dem Burlage- Langholter Tief, dessen Quellbäche die Ge- wässer Bruchwasser und Bockhorster Beeke sind, aufnimmt. Die Jümme mündet bei Wilts- hausen in die Leda und setzt sich nach ober- halb in dem Nordloher-Barßeler Tief und der Soeste fort. Abb. 5: Luftaufnahme der Einmündung der Jümme in die Leda bei Wiltshausen (Blick Leda flussab- Die wichtigsten Nebenflüsse bzw. -kanäle der wärts; vorne Ledaschleife, danach rechtsseitige Einmündung der Jümme) Jümme sind von Norden kommend das Holt- lander Ehetief, der Nordgeorgsfehnkanal mit Das Gewässersystem wird zum Stand Anfang dem Südgeorgsfehnkanal und von Osten 2005 durch eine Vielzahl von Wanderungshin- kommend das mit dem Augustfehn- dernissen unterbrochen. Als wesentliche Hin- kanal, der Großen Norder- und Süderbäke so- Seite 10

Hochwasserschutzplan Leda-Jümme dernisse in Hinblick auf die biologische Durch- Molberger Dosekanal und die Igelriede. Die gängigkeit sind insbesondere mehr als 240 Quellbäche der Soeste liegen im Emsteker Sohlbauwerke mit einer Absturzhöhe ≥ 30 cm Feld und setzen sich aus Emsteker Brake und zu nennen. Als signifikante Durchlassbauwer- Soeste zusammen. Der Quelllauf der Soeste ke wurden im Bearbeitungsgebiet Leda- ist ein ausgebauter Graben. Die Soeste wird Jümme die fünf Dükerungen unter dem Küs- auf ihrem Lauf zum Küstenkanal von zwei tenkanal mit aufgeführt (Abb. 4). Durch das Stadtdurchgängen eingeengt. Im Abschnitt ab leistungsfähige Entwässerungssystem wird Cloppenburg bis zur Thülsfelder Talsperre lie- das Wohnen und Wirtschaften im tidebeein- gen naturnahe Bereiche. flussten Gebiet ermöglicht, es ist unverzichtba- rer Bestandteil der Infrastruktur. Feuchtflächen mit extensiver oder ohne Nutzung, Röhrichtbe- reiche und sonstige entsprechende Struktur- elemente der Landschaft sind selten gewor- den.

Bei den nördlichen Zuflüssen der Jümme han- delt es sich im überwiegenden Teil um künstli- che Gewässer, die Ufer sind weitgehend un- verbaut. Sie sind durch Wehr, Schleuse, Siel oder Schöpfwerk mit dem Tidegebiet verbun- den. Die Zuflüsse zum Aper Tief sind mäßig von Wanderungshindernissen unterbrochen. Ufersicherungen sind meist nur vereinzelt vor- handen, einige Strecken sind mit Faschinen Abb. 6: Soeste im Bereich des Dükers am Küsten- gesichert. Die ursprünglich gewundenen bis kanal (Blick flussaufwärts) mäandrierenden Verläufe sind überwiegend gerade ausgebaut. Als Folge neigen einige Strecken zur Tiefenerosion. Das Gebiet der Vehne ist stark durch landwirt- schaftliche Nutzung geprägt. Das Rückent- Die Aue und ihre zufließenden Gewässer glie- wicklungspotential zur Verbesserung der dern sich in die kiesgeprägten Zuflüsse des Strukturgüte wird als gering angesehen, die Zwischenahner Meeres und die sandgeprägten Gewässer sind durchweg erheblich verändert Abschnitte unterhalb. Die Zuflüsse des Zwi- oder künstlich. schenahner Meeres sind kaum von Wande- rungshindernissen unterbrochen. Die Sagter Ems entsteht aus dem Zusammen- fluss von Marka und Ohe . Die Ohe ist zu- Die südlichen Zuflüsse der Leda sind bis auf nächst grabenartig, mit einem schnurgeraden das Burlage-Langholter Tief mit Esterweger Verlauf und stark eingetieft. Die ersten Kilome- Beeke künstliche Gewässer. Sie sind durch ter fallen zeitweise trocken. Im Bereich der Schleuse, Siel oder Schöpfwerk mit dem Tide- Börgermühle mäandriert die Ohe naturnah gebiet verbunden. Die Fehnkanäle mit den sich durch ein kleines Waldstück. Im weiteren Ver- anschließenden Hochmoorentwässerungsgrä- lauf verbreitert sich das Gewässer bei leicht ben sind gerade, weisen kaum direkten Ufer- gewundener Linienführung kontinuierlich, bis verbau auf und sind aufgrund ihrer Entste- es schließlich zu einem ca. 10 m breiten Ge- hungsgeschichte oft beidseitig von Straßen wässer mit einheitlichem trapezförmigem Profil und Besiedlung begleitet. Die Sieltiefe sind ausgebaut ist. Die Durchgängigkeit wird unter- künstliche Marschgewässer mit grabenartigen brochen durch eine Reihe von Sohlabstürzen Oberläufen in der Geest. Querbauwerke finden und auch durch Sohlgleiten, die zu hohe Gefäl- sich vor allem am Geestrand. Uferverbau ist lesprünge aufweisen. Die Marka ist bis auf die selten. Das Burlage-Langholter Tief ist im mitt- Strecke im Naturschutzgebiet Markatal bei leren Abschnitt noch relativ unbeeinträchtigt Markhausen anthropogen (d.h. durch den und nur durch temporäre Stauanlagen unter- Menschen) beeinflusst, weist aber über weite brochen. Der Oberlauf ist begradigt und mit Strecken auch vergleichsweise gute Struktur- Uferverbau versehen. Der Unterlauf ist beider- merkmale auf. Abstürze auf dem Weg zum seits verwallt und im letzten Abschnitt künst- Küstenkanal sind weitgehend in Sohlgleiten lich. unterschiedlichen Typs umgebaut.

Zum Gebiet der Soeste gehören die Große Aue, Lahe, Böseler Kanal, Streek, Bergaue, Seite 11

Hochwasserschutzplan Leda-Jümme

können der Abb. 4 entnommen werden. Im Be- reich Strücklingen-Barßel-Augustfehn liegt der mittlere Tidehub noch bei 55 bis 75 cm. Der Tideeinfluss endet teils an Schleusen und Wehren (Nord- und Südgeorgsfehnkanal, Eli-

sabethfehnkanal und die in den Hauptfehnka- nal einmündenden Gewässer). In den Ge- wässern Augustfehnkanal, Norder- und Süder- bäke, Ollenbäke, Godensholter Tief, Soeste

und Sagter Ems reicht der Tideeinfluss bis an den Geestrand, der teils nahe dem Küstenka- nal liegt. Abhängig von den Oberwasserzuflüs- sen ist die Lage der natürlichen Tidegrenzen

nicht ortsfest und wandert beispielsweise bei geringen Abflüssen nach oberstrom.

Die Durchflüsse wurden über Jahrzehnte an 13 Abb. 7: Der Unterlauf der Ohe; Blick flussabwärts Pegeln gemessen. Heute existieren noch 9 Pegel, an denen vom Wasserstand auf den Die Tidegewässer (Tidegrenzen siehe Abb. 4) Abfluss geschlossen werden kann. Die Aus- sind nicht von Wanderungshindernissen unter- wertung der Abflussmesswerte an einzelnen brochen. Die Ufer sind durch Steinschüttungen Pegeln ist bezüglich der Hochwassergefähr- und emsnah z. T. auch durch Buhnen festge- dung von untergeordneter Bedeutung und legt. Zu den Oberläufen hin nimmt der Ufer- nicht zielführend, da die Hochwassergefahr verbau ab. Eine Rückverlegung von Deichen sich in dem vernetzten Gewässersystem aus könnte es örtlich ermöglichen, die Struktur dem Zusammenwirken der Abflussspenden al- deutlich zu verbessern. ler Gewässer ergibt.

Künstliche Gewässer wie der Elisabethfehn- kanal und der Küstenkanal dienen vorwiegend der Schifffahrt und sind entsprechend ihrer je- weiligen Nutzungsintensität ausgebaut.

Abb. 9: Gewässergütemessstation mit Durchfluss – Abb. 8: Nordgeorgsfehnkanal im Bereich der Ultraschallmessanlage Leer Schleuse 1; Blick nach Süd, rechts ist die Ortschaft Brückenfehn zu erkennen Am Ledasperrwerk wird der Abfluss aus dem Leda-Jümme Gebiet durch Differenzbildung von Flut- und Ebbewasservolumen für jede Ti- 2.4. Tideeinfluss de ermittelt und monatsweise (bzw. anschlie- ßend für Jahresreihen) ausgewertet. Einen Das gesamte Niederungsgebiet ist tidebeein- Auszug aus der Haupttabelle der Jahre 1994- flusst und damit dem täglichen Wechsel von 2003 zeigt Tab. 3. Dabei handelt es sich um Ebbe und Flut unterworfen. Die Tidegrenzen Monatsmittelwerte des Abflusses.

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Winter Sommer Jahr 3 N-QtM m /s 6,0 3,5 15,0 3 M-QtM m /s 34,5 14,5 24,5 3 H-QtM m /s 80,5 49,3 33,5 Mq l/(s*km 2) 16,5 7,0 11,5

Gebietsniederschlag (h N) mm 395 460 855

Abflusshöhe (h A) mm 260 110 370

N-QtM = niedrigster Mittelwert in Betrachtungszeitraum M-QtM = Mittelwert im Betrachtungszeitraum

H-QtM = höchster Mittelwert in Betrachtungszeitraum Mq = mittlere Abflussspende

Tab. 3: Pegel LEER/Leda, Hauptzahlen 1994 – 2003 zum Oberwasserabfluss gemäß DGJ 2003

Für zwei Hochwasserereignisse werden in Tab.

4 Vergleichswerte zum Hochwasserabfluss beispielhaft genannt. Diese ausgesuchten Hochwasserdaten sollen verdeutlichen, dass der Hochwasserablauf und damit die Über- schwemmungsgefahr von vielen Randbedin- gungen abhängt: So wäre das Hochwasser 1979 mit wesentlich höheren Schäden verbun- den gewesen, wenn zusätzlich erhöhte Tide- niedrigwasser eingetreten wären. Andererseits hätte das Hochwasser 1998 in der Niederung möglicherweise ohne Flutung von Poldern ab- geführt werden können, wenn die Tideniedrig- wasser nicht um rd. 2 m erhöht eingetreten wä- ren. Abb. 10: Überflutete Fläche an der Hollener Ehe westlich der Ortschaft Klein Hollen im November 1998

Zeitraum Situation / Ursache H-Qt bzw. q t M-Qt bzw. q t Tauwetter nach erheblichem Schneefall, mit Nieder- März 1979 schlägen; 1 Tide: 5 Tiden: Tideniedrigwasser im Außenwasser nicht erhöht; 435 m³/s 320 m³/s alle Hochwasserspeicherräume (Flusssystem, Polder, bzw. 210 l/(s*km²) bzw. 154 l/(s*km²) Hochwasserrückhaltebecken) gefüllt hoher Vorregen, hohe Grundwasserstände  hoher November 1998 Abflussbeiwert; 2 Stunden: 15 Tiden: hohe Niederschläge, insbesondere im südlichen Ein- 280 m³/s 100 m³/s zugsgebiet bis 70 mm; bzw. 135 l/(s*km²) bzw. 48 l/(s*km²) stark erhöhte Tideniedrigwasserstände am Leda- sperrwerk (Abflussbehinderung) (Q = Abfluss in m³/s, q = Abflussspende in l/(s*km²))

Tab. 4: Beispiele von Hochwasserabflüssen am Ledasperrwerk

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2.5. Niederschläge

Zur Charakterisierung der Niederschlagsver- hältnisse im Leda-Jümme-Gebiet wird hier der Gebietsniederschlag beschrieben, der aus den Niederschlagsaufzeichnungen von auf dem Einzugsgebiet von Leda und Jümme verteilten Messstationen gebildet wird. Dabei handelt es sich um die hauptsächlich vom Deutschen Wetterdienst betriebenen Stationen Leer, He- sel-Hasselt, Uplengen-Stapelermoor, Ostrhau- derfehn-Potshausen, Godensholt (Barßel-Lo- her Ostmark), , Papenburg, Ramsloh, Surwold, Friesoythe-Edewechter- damm, Friesoythe-Augustendorf und Clop- penburg.

In den Jahren 1984 bis 1993 fielen durch- schnittlich rd. 800 mm Niederschlag und in den Jahren 1994 bis 2003 im Mittel rd. 855 mm. In den Jahren 1984 bis 2003 fielen im Mittel 46 % des Niederschlags in den Monaten November Abb. 11: Statistische Niederschlagsverteilung in bis April und 54 % in den Monaten Mai bis Ok- Niedersachsen aus dem KOSTRA-Atlas des DWD; tober. Von Februar bis Mai fällt am wenigsten hier exemplarisch für ein einmal im Jahr vorkom- Niederschlag. Die Monatssumme beträgt hier mendes Niederschlagsereignis einer Dauer von 24 im Mittel unter 70 mm. In den Monaten April Stunden (gelb : < 30 mm/d, orange 30 bis 35 mm/d). und Mai ist im Mittel eine Monatssumme von unter 60 mm zu verzeichnen gewesen. Die aktuellen Prognosen der Klimaforschung sagen grundsätzlich eine starke Zunahme der Extremwetterlagen und damit auch der Stark- In den letzten 20 Jahren fielen die auf das Jahr niederschlagsereignisse voraus. Konkrete und bezogenen maximalen Tagesniederschläge damit hier verwertbare Ergebnisse liegen je- schwerpunktmäßig in den Monaten August und doch noch nicht vor. September. Vielfach sind dabei die Starknie- derschlagsereignisse räumlich begrenzt. So fielen an der Messstelle Saterland-Ramsloh am 5. August 2002 innerhalb eines Tages 89,1 2.6. Naturräumliche Gliederung mm. Der Gebietsniederschlag hingegen betrug an diesem Tag lediglich 14,3 mm. Das Einzugsgebiet von Leda und Jümme ge- hört zur naturräumlichen Großlandschaft der Hervorzuheben ist auch das Starknieder- Westniedersächsischen Geestplatten und Nie- schlagsereignis vom 27. Oktober 1998. Als derungen [3]. Rund 50 % des Einzugsgebiets Maximum waren hier in Cloppenburg 65,7 mm sind dem Teilraum der Hunte-Leda- innerhalb von 24 Stunden zu messen. Das Moorniederung zuzuordnen, die sich in ost- entspricht der mittleren Monatssumme für den westlicher Richtung zwischen der Oldenbur- Monat Oktober (Zeitreihe 1984 bis 2003). Der gisch-Ostfriesischen Geest im Norden sowie Gebietsniederschlag am 27.10.1998 betrug 42 der Sögeler und Cloppenburger Geest im Sü- mm. Der Schwerpunkt des Niederschlags lag den erstreckt [2] [4]. im südlichen Leda-Jümme-Gebiet. Dort fiel fast doppelt soviel Regen wie im Nordwesten und Das Niederungsgebiet von Leda und Jümme rd. 50 % mehr als im Nordosten. liegt im landschaftlichen Raum der Flussmar- schen mit Höhenlagen zwischen NN -0,5 m Der KOSTRA-Atlas des Deutschen Wetter- und NN +1,0 m und steigt nach Nordosten und dienstes (Koordinierte Starkniederschlags-Re- Osten auf Höhenlagen bis NN +20 m an [4]. gionalisierungs-Auswertungen) gibt für das Le- da-Jümme-Gebiet eine Starkniederschlags- Im Südteil, im Hümmling, ist das Gebiet im Mit- höhe von 30 bis 35 mm für 24 Stunden an und tel 35 bis 40 m hoch. Die höchste Erhebung ordnet diesem Ereignis eine Wiederkehr von liegt am südwestlichen Rand des Einzugsge- einem Jahr zu. biets; es ist der Windberg südlich von Börger mit einer Höhe von 73 m.

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lich in der Sögeler und Cloppenburger Geest anzutreffen (siehe auch [2]). 2.7. Geologie

Feuchtflächen Im Einzugsgebiet von Leda und Jümme stehen 5% Wald oberflächennah ausschließlich quartäre Abla- 8% gerungen an. Ältestes im Niederungsgebiet Siedlung oberflächennah anstehendes Sediment ist der 4% „Lauenburger Ton“, ein in elsterzeitlichen Glet- Acker scherstaubecken (vor etwa 330.000 bis 49% 425.000 Jahren [5]) entstandener Komplex von Tonen, Schluffen und Feinsanden. Er tritt im Einzugsgebiet lediglich in der Leda- Grünland 34% Moorniederung stellenweise zutage. Grünland

Der „Lauenburger Ton“ wurde von Schmelz- wassersanden überlagert, die vor dem heran- Abb. 12: Flächennutzung im Leda-Jümme-Gebiet nahenden Gletscher der Saale-Eiszeit, der zweiten pleistozänen Kaltzeit, geschüttet wur- den; sie sind oberflächennah nur noch in der 2.9. Schutzgebiete Sögeler und Cloppenburger Geest anzutreffen. Die Schmelzwassersande wurden vom mit- Nachfolgend werden die Schutzgebiete im transportierten Geschiebelehm der Saale- Einzugsgebiet von Leda und Jümme beschrie- Gletscher (vor etwa 128.000 bis 300.000 Jah- ben. Die für Hochwasserschutzmaßnahmen ren [5]) überdeckt, die in den Geestgebieten daraus zu beachtenden Einschränkungen wer- zutage treten (Grundmoränen). In großen Be- den erläutert. Hierbei handelt es sich um Flora- reichen im ganzen Einzugsgebiet stehen ober- Fauna-Habitat-Gebiete (FFH), Naturschutzge- flächennah spätglaziale Flugsande an, die den biete (NSG), Wasserschutzgebiete (WSG) und Geschiebelehm in meist weniger als 2 m Landschaftsschutzgebiete (LSG). In den nach- Mächtigkeit überlagern. Größere Mächtigkeiten folgenden Tabellen sind die Schutzgebietsflä- erreicht der Flugsand in den Dünen der Söge- chen mit ihrer Ausdehnung innerhalb des Ein- ler und Cloppenburger Geest, die aber größ- zugsgebietes von Leda und Jümme erfasst. tenteils erst nacheiszeitlich und in historischer Die prozentualen Anteile, die im Niederungs- Zeit entstanden sind [4] [6]. gebiet liegen, beziehen sich auf die 2,50 m Höhenlinie (siehe Kap. 2.1). Die Leda-Jümme-Niederung wird durch mehre- re Meter mächtige fluviatile Sande der letzten Kaltzeit (Weichsel-Eiszeit, vor 12.000 bis 2.9.1 Flora-Fauna-Habitat-Gebiete 117.000 Jahren [5]) aufgebaut. Im Unterlauf der beiden Flüsse verzahnen sich diese Talse- Die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie des Europä- dimente mit den über die Ems vordringenden ischen Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung Marschablagerungen (Klei) [4][6]. In den Nie- der natürlichen Lebensräume sowie der wildle- derungen, aber auch in der Oldenburgisch- benden Tiere und Pflanzen (FFH-Richtlinie [8]) Ostfriesischen Geest bildeten sich im Holozän verfolgt das Ziel, die biologische Vielfalt in Eu- (vor 12.000 Jahren bis heute [5]) weit verbrei- ropa zu erhalten. Dies soll durch den Aufbau tet Nieder- und Hochmoore [4] [6]. eines europaweit vernetzten Schutzgebietssys- tems mit der Bezeichnung „Natura 2000” ge- schehen. Bis zur Unterschutzstellung eines po- 2.8. Bodennutzung tentiellen FFH-Gebietes sind nach § 34b Abs. 5 Niedersächsischen Naturschutzgesetz- tes (NNatG) [11] „… Vorhaben, Maßnahmen, Eine Statistik der Bodennutzungsstrukturen Veränderungen oder Störungen, die zu erheb- zeigt, dass das gering besiedelte Einzugsge- lichen Beeinträchtigungen des Gebietes in sei- biet von Leda und Jümme intensiv landwirt- nen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Be- schaftlich genutzt wird. Während im Landkreis standteilen führen können, verboten“ . Leer die Viehwirtschaft vorherrscht, dominiert südlich des Küstenkanals der Ackerbau. Im Landkreis prägen Grün- und A- ckerland das Landschaftsbild zu etwa gleichen Anteilen. Ausgedehnte Waldgebiete sind ledig-

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FFH-Nr. Gebietsname Gemeinde(n) Landkreis(e) Fläche [ha]

2611-331 Heseler Wald Hesel Leer 14,58 2613-301 Lengener Meer, Stapeler Friedeburg, Zetel, Up- Friesland, Wittmund, 1235,15 Moor, Baasenmeers-Moor lengen, Westerstede Leer, Ammerland 2711-331 Magerwiese bei Potshau- Ostrhauderfehn Leer 3,26 sen 2712-331 Holtgast Ammerland 35,55 2713-331 Wittenheim und Silstro Westerstede Ammerland 94,22 2713-332 Garnholt Bad Zwischenahn Ammerland 31,58 2714-331 Mansholter Holz, Schipp- Ammerland 279,50 stroht 2714-332 Elmendorfer Holz Bad Zwischenahn Ammerland 28,18 2811-331 Barger Meer Leer 7,00 2812-331 Godensholter Tief Apen, Barßel Ammerland, Clop- 85,26 penburg 2812-332 Glittenberger Moor Barßel Cloppenburg 28,61 2813-331 Fintlandsmoor und Dänik- Westerstede, Bad Zwi- Ammerland 240,05 horster Moor schenahn, 2911-301 Leegmoor Esterwegen, Surwold Emsland 315,82 2911-302 Esterweger Dose Rhauderfehn, Ostrhau- Leer, Cloppenburg, 701,03 derfehn, Saterland, Emsland Bockhorst, Esterwegen 2912-331 Lahe Friesoythe, Bösel Cloppenburg 34,34 2912-332 Ohe Friesoythe, Esterwegen, Cloppenburg. Ems- 22,68 Hilkenbrook, Lorup, land Breddenberg 2913-331 Sandgrube Pirgo Friesoythe Cloppenburg 1,73 3012-301 Markatal mit Bockholter Friesoythe, Vrees, Mol- Cloppenburg. Ems- 177,23 Dose bergen, Werlte, Lindern land (Oldenburg) 3012-331 Langelt Vrees Emsland 50,10 3013-301 Heiden und Moore an der Friesoythe, Garrel, Mol- Cloppenburg 434,21 Talsperre Thülsfeld bergen 3014-302 NSG Baumweg Cloppenburg 38,38 Summe 3858,43 Tab. 5: FFH-Gebiete im Einzugsgebiet von Leda und Jümme (aus [9])

Der Schutz der Gebiete kann hoheitlich (z. B. Im Einzugsgebiet von Leda und Jümme befin- durch NSG, LSG), freiwillig (z. B. durch Ver- den sich Naturschutzgebiete mit einer Fläche tragsnaturschutz) oder administrativ (z. B. von 5282 ha. Davon liegen 3,3% (174 ha) im durch Verwaltungsvorschriften) erfolgen. In o- Niederungsgebiet. biger Tabelle sind die FFH-Gebiete im Ein- zugsgebiet von Leda und Jümme zusammen- Auch in den Landschaftsschutzgebieten sind gestellt [12]. bei der Planung von Hochwasserschutzmaß- nahmen Nutzungseinschränkungen zu beach- 2.9.2 Naturschutz- und Landschafts- ten. Nach § 26 Abs. 2 NNatG untersagt die je- schutzgebiete weilige Schutzgebietsverordnung „… bestimm- te Handlungen innerhalb des Landschafts- schutzgebietes, die den Charakter des Gebie- Nach § 24, Abs. 2 NNatG sind in Naturschutz- tes verändern oder dem besonderen Schutz- gebieten „… alle Handlungen verboten, die das zweck zuwiderlaufen, insbesondere das Land- Naturschutzgebiet oder einzelne seiner Be- schaftsbild oder den Naturgenuss beeinträchti- standteile zerstören“ . Ausnahmen werden gen.“ durch die Schutzgebietsverordnung geregelt.

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Im Einzugsgebiet von Leda und Jümme befin- den sich im LK Leer 4, im LK Ammerland 33 und im LK Cloppenburg 11 Landschafts- schutzgebiete

2.9.3 Wasserschutzgebiete

Nach § 19 Abs. 2 WHG [10] können in Was- serschutzgebieten (WSG) „ … bestimmte

Handlungen verboten oder für nur beschränkt zulässig erklärt werden ...“. Diese sind der je- weiligen Schutzgebietsverordnung zu entneh- men.

Im Einzugsgebiet von Leda und Jümme befin- den sich zwölf WSG, wovon 12% auf das Nie- Abb. 13: Ledasperrwerk mit rechtsseitig angeglie- derungsgebiet entfallen. dertem Ledaschöpfwerk (Ansicht flussabwärts)

Name des WSG Landkreis Fläche [ha] Die Betriebsordnung beschreibt die Hand- lungsweise im Einzelnen: prinzipiell wird ge- Bad Zwischenahn Ammerland 752 sperrt, wenn ein um 50 cm (Sommer) bzw. 20 Collinghorst Leer 5.312 cm (Winter) erhöhtes Tidehochwasser zu er- Großenkneten Cloppenburg 1.536 Hesel - Hasselt Leer 4.911 warten ist. In den letzen zwei Jahrzehnten ist Klein Horsten Friesland, Wittmund 73 das Mittlere Tidehochwasser (MThw) deutlich Leer-Heisfelde Leer 600 auf NN +1,83 m (Jahresreihe 01/05) gestiegen. Schatteburg Leer 69 Das Mittlere Tideniedrigwasser (MTnw) liegt Nethen Ammerland 1.370 bei NN –1,40 m und der Mittlere Tidehub Surwold Emsland 2.061 (MThb) beträgt 3,12 m. Thülsfelde Cloppenburg 7.356 Westerstede Ammerland 7.833 Aufgrund des o.g. Anstiegs der Thw in den Werlte Emsland 986 letzten Jahrzehnten führt dieses dazu, dass Summe 32.859 heute doppelt so viele Tiden gesperrt werden Tab. 6: Wasserschutzgebiete im Leda-Jümme- müssen (ca. 120 pro Jahr) als zu Anfang der Gebiet Betriebszeit des Ledasperrwerks in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Die Prognose der Höhe des bevorstehenden 2.10. Besonderheiten im Einzugsgebiet Thw erfolgt zunächst über den Wasserstand am Pegel Borkum Fischerbalje und dessen Steiggeschwindigkeit zum Zeitpunkt des Tnw 2.10.1 Ledasperrwerk am Ledasperrwerk. Tritt am Pegel Borkum Fi- scherbalje das Thw ein, so ist eine weitere, Das Ledasperrwerk schützt das Niederungs- und genauere Vorhersage möglich, in die e- gebiet von Leda und Jümme seit 50 Jahren vor benfalls das Oberwasser der Ems sowie die Sturmfluten. Dazu wird das Sperrwerk bei Windrichtung und -geschwindigkeit eingeht. rechtzeitiger Prognose des zu erwartenden er- höhten Tidehochwassers (Thw) zum Kenter- Am Ledasperrwerk tritt statistisch einmal jähr- punkt der Ebbe geschlossen. Ist erst nach dem lich ein Thw von NN +3,40 m ein, und alle Ebbekenterpunkt die Höhe des bevorstehen- 10 Jahre ist ein Thw von NN +4,50 m zu er- den Thw bekannt, so erfolgt nachträglich, in warten. Das höchste Thw (HHThw) trat am den laufenden Flutstrom, eine Sperrung. Zu- 16.02.1962 mit NN +5,12 m ein, gefolgt von dem finden Sperrungen zur Ebbekenterung bei der Sturmflut am 28.01.1994 mit NN +5,02 m. hohem Oberwasser statt, um die Vorflut durch das Aussperren des normalerweise in das Im September 2002 wurde das vom NLWKN Flusssystem einschwingenden Flutwasservo- betriebene Emssperrwerk zwischen Nendorp lumens zu begünstigen. und Gandersum (Unterems-Kilometer 32,2) in Betrieb genommen. Das Emssperrwerk kehrt

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Sturmfluten, deren Thw mehr als 2 m über dem MThw (NN +3,70 m) in Gandersum lie- gen. In diesem Fall ist das Ledasperrwerk be- reits mehrere Stunden geschlossen.

Nach Modellberechnungen der Bundesanstalt für Wasserbau in Hamburg wird die Sperrzeit des Emssperrwerkes maximal sieben Stunden und somit in jedem Fall weniger als die Sperr- zeit des Ledasperrwerkes betragen. Aus dem

Sperrbetrieb des Emssperrwerkes folgt somit keine zusätzliche Beeinträchtigung des Leda- Jümme Gebietes.

Neben dem Ledasperrwerk wurde das Leda- Schöpfwerk für die Wasserbewirtschaftung der Abb. 14: Einlauf zum Düker der Soeste unter den Ems bei Schiffsüberführungen und zur Ver- Küstenkanal besserung der Hochwassersicherheit im Leda- Jümme Gebiet errichtet. Mit dem Schöpfwerk, das auf eine mittlere Pumpenleistung von Bei den Dükern der Vehne, der Soeste und der 40 m³/s ausgelegt ist, können bei längerer Sagter Ems besteht zusätzlich die Möglichkeit Schließzeit des Ledasperrwerks täglich bis zu 52 m³/s in den Küstenkanal abzuschla- 3,5 Mio. m³ in die Ems entlastet werden. gen. Im Bedarfsfall kann Wasser aus dem Küs- tenkanal am Wehr Goldfischdever in Richtung Ems (53 m³/s) und in Oldenburg über das Ver- 2.10.2 Der Küstenkanal bindungsbauwerk Hunte und über das mit Schützenwehren ausgerüstete Kraftwerk Ol- Der Küstenkanal hat seit seiner Inbetriebnah- denburg in die Hunte bzw. Weser (23 m³/s) me 1935 sowohl verkehrliche wie wasserwirt- abgeleitet werden. schaftliche Aufgaben. Der Küstenkanal verläuft zwischen Oldenburg und dem Dortmund-Ems- Kanal und ist für Schiffe mit 1.000 t Tragfähig- 2.10.3 Schifffahrt keit zugelassen. Die Scheitelhaltung des Küs- tenkanals hat eine Länge von 62,86 km. Zu- Die Gewässer des Niederungsgebietes im Le- ständig für den Betrieb des Küstenkanals ist da-Jümme-Gebiet waren Schifffahrts- und da- die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des mit Verkehrswege, insbesondere Leda, Jüm- Bundes (WSA Meppen und WSA Bremen mit me, Sagter Ems, Barßeler Tief und Aper Tief. Außenbezirken). Auf dem Oberlauf der Sagter Ems, der Ohe, wurde beispielsweise die Schifffahrt bis zur Der das Einzugsgebiet im Süden durchschnei- Ortschaft Breddenberg ausgeführt; in dende Küstenkanal wird an mehreren Stellen Strücklingen gab es 16 Schiffswerften. von Dükern gequert (siehe Abb. 4 auf Seite 10). Dieses sind namentlich die Düker der Der Fehnort Westrhauderfehn wurde 1769 ge- Vehne, der Soeste, der Sagter Ems, der Bock- gründet und war mit Werften und Steuer- horster Beeke und Bruchwasser. Die Düker mannsschule der wichtigste Schifffahrtsort im haben aufgrund ihrer Abmessungen eine be- ostfriesischen Teil des Leda-Jümme-Gebietes. grenzte Leistungsfähigkeit. Während eines Bedeutend für die Schifffahrt waren auch Bar- 100-jährlichen Ereignisses ergibt sich daraus ßel (ab dem 16. Jahrhundert), Augustfehn und ein Rückstau südlich des Küstenkanals von ca. Apen. 3 Mio. m³ Wasser. Zudem sind die Düker dros- selbar. In ungedrosseltem Zustand können In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ver- während eines 100-jährlichen Ereignisses über lor die gewerbliche Schifffahrt gänzlich an Be- die Düker ca. 16 Mio. m³ Wasser in das Niede- deutung. Derzeit ist auf den meisten Gewäs- rungsgebiet weitergeleitet werden. Dabei wird sern des Leda-Jümme-Gebietes der unmotori- der größte Anteil durch die Düker der Soeste sierte Wassersport möglich. und der Sagter Ems abgeführt (jeweils ca. 16 m³/s), gefolgt von den Dükern der Bockhorster Im tidebeeinflussten Niederungsgebiet bis Beeke und Bruchwasser (zusammen ca. 7 Strücklingen, Barßel und Augustfehn ist das m³/s) und dem Düker der Vehne (ca. 3 m³/s). motorisierte Wasserwandern, auch mit größe- ren Kajütbooten verbreitet. Von auswärtigen Seite 18

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Bootsfahrern wird insbesondere die Verbin- Aper Tief, Nordloher Kanal, dung Küstenkanal-Elisabethfehnkanal-Leda- Nordloher Tief oberhalb Ems zur Durchreise benutzt. Bucksande, Soeste und Sag- 1,5 m ter Ems oberhalb Strücklin- gen:

2.11. Retentionsräume

Aufgrund der in der Vergangenheit immer wie- der aufgetretenen Überschwemmungen wur- den im Einzugsgebiet von Leda und Jümme neben Deichen und dem Ledasperrwerk auch

Hochwasserschutzanlagen zum Rückhalt von Wasser errichtet (siehe Abb. 4 auf Seite 10). Neben der Talsperre Thülsfeld tragen vor al- lem die Polder des Niederungsgebiets ent-

scheidend zum Hochwasserschutz im Niede- rungsgebiet bei. Grundsätzliche hydrologische Abb. 15: Sportschifffahrt und Tourismus im Hafen und hydraulische Rahmenbedingungen hierzu Barßel werden in Kapitel 3 erläutert. An dieser Stelle folgt eine Beschreibung der einzelnen Retenti- Die Binnenschifffahrtsstraßen Leda (oberstrom onsräume mit der abschließender Zusammen- der Seeschleuse Leer, von km 23) einschl. stellung ihrer technischen Daten in tabellari- Sagter Ems (bis km 0) und der Elisabethfehn- scher Form. kanal sind Bundeswasserstraßen der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV). 2.11.1 Talsperre Thülsfeld Die Jümme ist ein Gewässer 1. Ordnung des Landes Niedersachsen, d.h. nach Niedersäch- Das zwischen 1924 und 1927 entstandene sischen Wassergesetz (NWG) ein Gewässer Bauwerk in der Talaue der Soeste zählt zu den mit erheblicher Bedeutung für die Wasserwirt- ältesten seiner Art in Niedersachsen. Die lan- schaft. Die Jümme ist eigentlich kein schiffba- deseigene Anlage zwischen Cloppenburg und res Gewässer. Die Nutzung ist aber in einer Friesoythe liegt in der Zuständigkeit des Verordnung geregelt, die als Regelung des NLWKN. Gemeingebrauchs von der Landesverwaltung verordnet wurde. Die zulässigen Fahrzeugab- Die Hauptfunktion der Anlage ist neben der messungen betragen Länge: 20 m, Breite: 4,5 Naherholung die Sicherstellung des Hochwas- m und Abladetiefe: 1,20 m (Elisabethfehnkanal serschutzes für die Unterlieger bis in die Nie- 0,9 m). derung. Im Hochwasserfall fasst die Talsperre bis zu 10,8 Mio. m³ Wasser (außergewöhnli- Aufgrund fester Brücken ergeben sich folgende ches Stauziel). Darüber hinaus dient sie der Höhenbegrenzungen im Revier: Aufhöhung der Soeste bei Niedrigwasser so- wie der zeit- wie mengenmäßig begrenzten Barßeler Tief und Jümme bis Speisung des Küstenkanals. unbegrenzt Detern: Die Talsperre Thülsfeld wurde auf Grund ihres Leda, Hauptfehnkanal, Sagter Alters und des Zustandes der Dämme und Ems und Elisabethfehnkanal 4 m Bauwerke in den Jahren 2002 bis 2006 saniert. bis zum Küstenkanal: Wichtigste Sanierungsmaßnahmen waren da- bei die Errichtung des neuen Auslaufbauwerks Jümme (Brücke Detern): tideabhängig und die Verbreiterung des Hauptdammes so- maximal 3 m wie dessen Verlängerung um 1,5 Kilometer am Ostufer. Nordgeorgsfehnkanal, Aper 2,20 m Tief bis Augustfehn:

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.

Flussgebiet Leda-Jümme

Gewässer Soeste Oberirdisches Einzugsgebiet bis 133 km² Auslaufbauwerk Höchstabgabe bei Normalbetrieb 2,50 m³/s Höchstabgabe bei Maximalbetrieb 4,00 m³/s

Mindestabgabe 0,25 m³/s

Tab. 7: Gewässerkundliche Daten zur Talsperre Abb. 16: Luftaufnahme der Talsperre Thülsfeld Thülsfeld

Stauziel Stauhöhe Inhalt Wasserfläche Max. Wassertiefe [NN+ m] [Mio. m³] [km²] [m]

Winterstau 21,50 1,7 1,1 2,50 Sommerstau 22,50 3,1 1,7 3,50

Stauziel HQ100 24,10 7,0 3,3 5,10 Außergewöhnliches Stauziel 25,05 10,8 4,1 6,00

Tab. 8: Speicherkenndaten der Talsperre Thülsfeld (nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen 2006)

2.11.2 Zwischenahner Meer

Das Einzugsgebiet des Zwischenahner Meeres hat im Bereich des Aue-Wehres eine Größe von rd. 98 km². Stellvertretend für die Position des Aue-Wehres, für die keine Pegeldaten zur Verfügung stehen, werden die Daten des Pe- gels Aschwege genannt, der bis 1989 unter- halb des Aue-Wehres betrieben wurde. Zu be- achten ist, dass insbesondere die Höchst- und

Niedrigstabflüsse durch das regelbare Aue- Wehr beeinflusst werden. Richtwerte für die

Hochwasserbemessungswerte sowie die Mit- tel- und Niedrigabflüsse wurden aus den Be- messungskurven für die Hydrologischen Land- schaften des Niedersächsischen Landesamts für Ökologie [15] entnommen. Abb. 17: Luftaufnahme des Zwischenahner Meeres

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Abfluss über Aue-Wehr Zwischenspeicherung Zwischenahner Meer [m³/s] [m³/s]

HQ 100 4,0 12,2

HQ 10 4,0 7,8 MQ Sommer (Pegel Aschwege) 0,57 MQ Winter (Pegel Aschwege) 1,54 MNQ Winter (Pegel Aschwege) 0,24

HQ 100 = 100-jährlicher Abfluss; MQ = mittlerer Abfluss; MNQ = mittlerer niedrigster Abfluss

Tab. 9: Abfluss-Kennwerte Aue-Wehr

Das Aue-Wehr wurde mit einer 8,00 m breiten beweglichen Fischbauchklappe ausgerüstet. Die Steuerung der Wasserstände im Zwische- nahner Meer ist vorausschauend erforderlich, um im Hochwasserfall tatsächlich den erforder- lichen Speicherraum von maximal 3,30 Mio. m³ nutzen zu können.

2.11.3 Entlastungspolder, Rückhalte- becken, Gewässerstauraum

Der Flussstauraum hinter dem Sperrwerk wirkt als natürlicher Hochwasserspeicher. Das akti- vierbare Volumen beträgt vom mittleren Tide- niedrigwasser ausgehend bis zum Bemes- sungswasserstand im Tidebereich (NN +2,15 m) etwa 13 Mio. m³.

Neben dem Flussstauraum können auch die Volumina der Gräben und Siele in den Ein- zugsgebieten der Schöpfwerke als Hochwas- serspeicher verwendet werden. Das aktivierba- re Volumen beträgt ca. 1,7 Mio. m3. Bei Sper- rungen über mehrere Tiden und gleichzeitig höheren Niederschlägen reicht der vorhandene Flussstauraum nicht aus. Es werden dann Hochwasserentlastungspolder mit einem nutz- baren Gesamtvolumen von rd. 10 Mio. m³ ge- flutet.

Die Abb. 18 zeigt ein Beispiel eines Entlas- tungspolders bei Leer. Am oberen Bildrand der Luftaufnahme ist das Ledasperrwerk zu erken- Abb. 18: Luftaufnahme des Entlastungspolder bei nen. Der Zulauf zum Polder erfolgt über ein Leer (gelber Umriss). oberhalb des Ledasperrwerks befindliches Ent- lastungsbauwerk, einem Altarm und dem süd- lich daran anschließenden Polderkanal.

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Poldername Gewässer nutzbares Vol umen Überlauf/ Schwe lle [hm³] [ m NN]

Leer (Entlastungspo lder) Leda 3,160 steuerbar Langholter Meer Hauptfehnkanal 0,830 (1,224 Gesamtvolumen steuerbar nicht ganz verfügbar)

Detern -Übertiefland Aper T ief 3,000 steuerbar Weißes Moor Barßeler Tief 0,481 1,80 Lieneweg Leda 0,270 1,80 Detern Brook Jümme 0,416 1,80 Franzosenweg Jümme 0,354 1,80 Scharrel Barßeler Tief 0,078 1,80 Bucksande Nordloher Tief 0,150 1,80 Utende Sagter Ems 0,179 1,80 Bokeles ch Sagter Ems 0,305 1,80 Aperfeld Große Norderbäke 0,455 steuerbar

Selverde (HWR) Holtlander Ehetief 0,550 steuerbar ∑ 9,678 (ohne Osterhausen und Selverde)

Tab. 10: Polder im Einzugsgebiet von Leda und Jümme

2.11.4 Bestehende Handlungsempfeh- lung im Hochwasserfall Für den Hochwasserfall besteht im Leda- Jümme Gebiet [7] wurde ein Betriebsplan er- Jümme-Gebiet eine Vielzahl von Steuerungs- stellt (nicht verbindlich eingeführt), der zur möglichkeiten der diversen technischen Anla- Steuerung dieser Anlagen angewendet wird. gen. Im Rahmen des seinerzeit vom Wasser- Die Handlungsempfehlungen in Abhängigkeit wirtschaftsamt Aurich aufgestellten General- der Abflussspende werden in Tab. 11 darge- plans für den Hochwasserschutz im Leda- stellt.

Hoch- Abfluss- Beschreibung wasser- spende stufen [l/(s km 2)]

0 ≤ 80 Sperrwerksbetrieb nach Betriebsplan, binnenseits Regelbetrieb aller Anlagen (ohne Hoch- wassergefahr)

1 ≤ 100 Vorentlastung des Flussstauraumes durch Sperrwerksbetrieb im Sielbetrieb

2 ≤ 120 Weitere Vorentlastung durch Einsatz einiger regelbarer Rückhaltebecken oder Entlastungs- polder; Weiterführung des normalen Schöpfwerksbetriebes

3 ≤ 150 Küstenkanal zur Hunte und zur Ems vorentlasten, Drosselung der Düker, Einsatz des Ent- lastungspolders am Sperrwerk und weiterer regelbarer Entlastungspolder bzw. Hochwas- serrückhaltebecken, Schöpfbetrieb einschränken

4 ≤ 200 Schöpfbetrieb untersagt, Verteilung der Hochwasserwelle durch Einsatz aller regelbaren Entlastungspolder und Hochwasserrückhaltebecken sowie – bei Wasserständen über der jeweiligen Einlaufschwelle – Einsatz einiger nicht regelbarer Entlastungspolder; verstärkte Entlastung des Obergebietes durch Abschläge in den Küstenkanal, Drosselung bzw. Schließen der Düker

5 > 200 Verteilung des Katastrophenhochwassers durch Einstau aller nicht regelbaren Entlastungs- polder, volle Entlastung des Obergebietes über den Küstenkanal zur Hunte bzw. Ems, da- bei Einstau von Ländereien südlich des Küstenkanals und Einstau von Schöpfwerkspoldern in der Niederung

Tab. 11: Bestehende Handlungsempfehlung im Hochwasserfall

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Hochwasserschutzplan Leda-Jümme

Die konkrete Anpassung der diversen beste- Seit Fertigstellung des Ledaschöpfwerkes am henden bzw. die Erarbeitung neuer Betriebs- Ledasperrwerk kann auch dessen Einsatz im pläne für die sich im Untersuchungsgebiet be- Hochwasserfall empfohlen werden. Ist die Flu- findlichen technischen Hochwasserschutzein- tung des Entlastungspolders am Ledasperr- richtungen sind nicht Bestandteile eines me- werk erforderlich, so ist ebenfalls der Einsatz soskaligen Hochwasserschutzplanes. Hier sind des Ledaschöpfwerkes in Erwägung zu ziehen. die zuständigen Institutionen gefordert, etwai- gen Anpassungen oder Neuerstellungen auf Im Rahmen des Betriebsplans spielt der zent- Grundlage der vorliegenden Ergebnisse zu ini- ral gelegene Pegel Dreyschloot eine beson- tiieren. ders wichtige Rolle. Der Wasserstand an die- sem Pegel soll NN +2,15 m nicht übersteigen, dabei stellt diese Obergrenze den Bemes- sungswasserstand im Tidebereich dar.

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Hochwasserschutzplan Leda-Jümme

3. Bestandsaufnahme

on) des Hochwassers vom März 1979 ge- In der nachfolgenden Bestandsaufnahme wird nannt: dargestellt, welcher natürliche Wasserrückhalt im Einzugsgebiet besteht, welchen Hochwas- (a) im tidebeeinflussten Gebiet: 11 Mio. m³ serschutz die im Leda-Jümme Gebiet installier- ten technischen Einrichtungen darstellen, wel- che Hochwasservorsorge und welches Scha- (b) in den tidefreien Obergebieten: 10 Mio. m³ denspotential bestehen. (c) aufgrund unbeherrschter Überflutungen: 21 Mio. m³

3.1. Vorhandener Hochwasserschutz Um die Bemessungsabflussspende von 160 l/(s*km²) beherrschen zu können, sind gemäß Generalplan für den Hochwasser- 3.1.1 Wasserrückhalt im Einzugsge- schutz im Leda-Jümme Gebiet [7] (Stufenplan biet vom 18.7.1980) weitere Retentionsräume er- forderlich. Durch die Unterläufe von Leda und Unter Kapitel 2.11.3 wurden vorhandene Re- Jümme lässt sich maximal eine Abflussspende tentionsräume beschrieben, und es wurde auf von rd. 85 l/(s*km²) abführen, bei Eintritt höhe- die örtliche Steuerung und Wirkung von ein- rer Abflussspenden ist zur Beherrschung von zelnen Anlagen eingegangen. Im Niederungs- Hochwasserereignissen die Nutzung von Re- gebiet wird die Retentionswirkung durch Tide- tentionsräumen erforderlich. Da eine Vergrö- einflüsse überlagert, im Sielzugrhythmus (Ge- ßerung der Abflussquerschnitte nicht möglich zeitenrhythmus) füllen und entleeren sich hier ist und wegen der Abhängigkeit von der jewei- die Stauräume. Diese tidebeeinflusste Retenti- ligen Außentide auch keinen gesicherten Er- on tritt ein im Flussstauraum, den regelbaren folg versprechen würde, ist man prinzipiell auf Entlastungspoldern Leer, Aperfeld, Detern und eine Hochwasserentlastung im Niederungsge- Langholt, in den nicht regelbaren Entlastungs- biet und Hochwasserrückhaltung oberhalb der poldern, in Sieleinzugsgebieten (Holtlander Tidegrenzen angewiesen, um die Hochwas- und Hollener Ehe) und abhängig von den örtli- serspitzenabflüsse zu kappen und die Abfluss- chen Betriebsentscheidungen auch in schöpf- dauer zu verlängern. werksabhängigen Einzugsgebieten. Für die Durch den Bau der Polder Detern-Übertiefland Entwässerung zur Ems wird das Ledasperr- und Aperfeld sowie des Schöpfwerkes am Le- werk bei Hochwasser im Sielzugbetrieb gefah- dasperrwerk ist der nach dem Generalplan Le- ren (kein Schöpfwerksbetrieb). da-Jümme [7] benötigte Gesamtbedarf an Stauvolumen des Niederungsgebietes in Höhe Oberhalb der Tidegrenze wird der Abfluss von 30 Mio. m³ zwischenzeitlich bis auf rd. durch Ableitung in den Küstenkanal und durch 12 Mio. m³ gedeckt. Das aktuell vorhandene den Einsatz (Rückstau) des Zwischenahner Stauvolumen setzt sich wie folgt zusammen: Meeres, der Thülsfelder Talsperre und des Hochwasserrückhaltebeckens Selverde beein- • Polder im Niederungsgebiet: flusst. 9,7 Mio. m³ • Rückdeichungen Hengstforde: Eine weitere Dämpfung der Hochwasserstän- rd. 1 Mio. m³ de ergibt sich ggf. aufgrund von Überflutungen • Flussstauraum (oberhalb Mthw): (planmäßige oder ungeplante), die als unbe- ca. 4 Mio. m³ herrschte Retention zu werten sind. Die Gren- • Ledaschöpfwerk: zen von überschwemmten Flächen können ca. 3 Mio. m³ z. B. über Luftbildaufnahmen oder die Einmes- sung von Hochwassermarken (Treibselgren- In der Vergangenheit wurde davon ausgegan- zen) beschrieben werden. In Abhängigkeit von gen, dass in den Gräben ein zusätzlicher Stau- den Geländehöhen sind ggf. die Stauvolumina raum von ca. 1,7 Mio. m³ zur Verfügung steht. zu errechnen. Durch das veränderte Abflussverhalten auf- grund fortschreitender Versiegelung steht die- Beispielhaft werden einige Werte zu den ma- ser Stauraum heute jedoch nicht mehr in dem ximal eingestauten Wasservolumina (Retenti- ursprünglichem Maß zur Verfügung und sollte nur noch als zusätzliche Sicherheit betrachtet

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werden. Das noch fehlende Stauvolumen kann Schäden durch Ausuferungen gerechnet wer- zukünftig durch den geplanten bzw. im Bau be- den. Im Zuge der anstehenden detaillierten findlichen Polder Holter Hammrich (rd. 3,7 Ermittlung und anschließenden Ausweisung Mio. m³) auf rd. 9 Mio. m³ reduziert werden. von Überschwemmungsgebieten in Westers- tede und Cloppenburg ist mit genaueren Wer- Eine ausreichende Vorflut am Ledasperrwerk ten für den Schutzgrad der Ortschaften zu ist dann nicht gegeben, wenn das Tnw der rechnen. Die mesoskalige Herangehensweise Ems und damit auch der Leda hoch eintritt im Rahmen dieses Hochwasserschutzplanes bzw. dieses in einer Phase erhöhter Tnw ermöglicht lediglich grobe Näherungen. mehrmalig in Folge der Fall ist. Tritt ein Tnw höher auf als der Binnenwasserstand bei einer Sperrung, so kann das Ledasperrwerk über die 3.1.2 Deiche Zeit einer Tide nicht geöffnet werden und es kommt zu einer so genannten Kettensperrung. Im tidebeeinflussten Niederungsgebiet werden zahlreiche Gebiete durch Deiche und Dämme Einzelsperrungen werden schwerpunktmäßig entlang der Gewässer vor Überflutungen ge- bei einem erhöhten Tnw im Dezember bis Feb- schützt (siehe Anlage 1). Den größten Anteil ruar durchgeführt, da in dieser Zeit das erhöh- machen dabei die Deiche entlang der Haupt- te Oberwasser zu einem schnellen Ansteigen gewässer aus. Da diese Deiche sich im tide- des Binnenwasserstandes führt und somit ein beeinflussten Gebiet im Schutz des Ems- Öffnen des Sperrwerkes nach jedem Hoch- sperrwerks befinden, werden sie nach dem wasser erfordert. Kettensperrungen werden Niedersächsischen Deichgesetz (NDG) am häufigsten im November durchgeführt da „Schutzdeiche“ genannt. zu diesem Zeitpunkt der Abfluss noch nicht sein Jahresmaximum erreicht hat und der Bin- Des Weiteren tragen Polderdeiche sowie Stra- nenwasserstand oftmals einem (aus der ßendämme dazu bei, die Ausuferungen der Sturmhäufigkeit dieser Jahreszeit bedingten) natürlichen Gewässer und Kanäle zu begren- höherem Tnw gegenübersteht. zen.

Bei nicht ausreichender Vorflut wird zum Flussstauraum zusätzlicher Speicherraum be- nötigt, so dass die Entlastungspolder geflutet werden. Der Entlastungspolder bei Leer z.B. wird statistisch alle 2,2 Jahre geflutet. Bei Ein- zelsperrungen erfolgt eine Flutung statistisch alle 2,5 Jahre. In Kombination mit einer Ket- tensperrung ist statistisch alle 19 Jahre eine Flutung zu erwarten (Jährlichkeiten n = rd. 0,05). Der Stauraum wird von Ende Oktober bis Mitte März benötigt, und zwar schwer- punktmäßig von Dezember bis Februar. Die mittlere Flutungsdauer beträgt 3 Tage und die längste 8 Tage (15. Januar 1968) Abb. 19: Deich entlang des Hauptfehnkanals zwi- schen der Einmündung des Burlage-Langholter Bezüglich der außerhalb des Niederungsge- Tiefs und der „Tobias-Brücke“ bietes untersuchten Siedlungsbereiche können Aussagen zum Schutzgrad aus hydraulischen Einen Überblick über die Verteilung der ver- Untersuchungen abgeleitet werden. So ist an schiedenen Deichtypen und –längen in den der Soeste in Friesoythe derzeit der Schutz vor Kommunen im Niederungsgebiet ergibt sich aus der nachfolgenden Tabelle (Stand 2005). einem 100-jährlichen Hochwasser (HQ 100 ) ge- geben, während in Cloppenburg der Schutz- grad derzeit bei etwa einem HQ 50 liegt. Im Be- bauungsbereich von Westerstede liegt der Schutzgrad etwa bei einem HQ 40 . Am Zusam- menfluss von Großer Süderbäke und Kleiner Norderbäke, der außerhalb des Siedlungsbe- reiches liegt, muss schon ab einem HQ 10 mit

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Gemeinde Schutzdeich Wegedamm Trenndamm Straßen- damm Polderdeich natürliche Gelände- er- höhungen Sonst. Deiche Deichlänge

Apen 40,3 0,4 - 10,6 3,4 - - 54,7

Barßel 38,7 - - 3,5 1,8 - - 44,0

Detern 47,0 - - 4,9 4,5 0,6 - 57,1

Filsum 6,8 ------6,8

Leer 9,8 ------9,8

Nortmoor 5,6 ------5,6

Ostrhauderfehn 18,7 - 0,5 4,7 6,5 - 0,1 30,5

Rhauderfehn 5,1 - 0,7 0,6 0,2 - 0,2 6,9

Saterland 19,8 - - 2,2 2,5 1,1 - 25,7

Uplengen 13,0 0,5 - 3,9 - 7,5 - 25,0

Westerstede 1,4 ------1,4

Summe 206,3 0,9 1,3 30,5 18,9 9,2 0,4 267,5

Tab. 12: Deichtypen und -längen [km] in den Kommunen im Niederungsgebiet

liegenden Flächen. Die Wasserstände werden 3.1.3 Siele, Schöpfwerke und An- entsprechend den landwirtschaftlichen Anfor- wässerungspumpen derungen und der Interessenslage in den Sied- lungen durch die Bauwerke reguliert. Betreiber der Anlagen sind die Wasser- und Bodenver- Im tidebeeinflussten Niederungsgebiet gibt es bände (Sielachten). für die Regulierung des Wasserhaushaltes ei- ne große Anzahl von Sielen, Schöpfwerken sowie so genannter Anwässerungspumpen (siehe Anlage 1). Einen Überblick gibt die nachfolgende Tabelle.

Bezeichnung Anzahl

Siele 8

Schöpfwerke 28 Siele und Schöpfwerke 21

Anwässerungspumpen 72 Tab. 13: Siele, Schöpfwerke und Anwässerungs- pumpen im Niederungsgebiet Abb. 20: Holter Sieltief mit Schöpfwerk

Die Siel- und Schöpfwerke dienen der Entwäs- Die Anwässerungspumpen sind mit Rohr- serung der hinter den Deichen (Binnenland) durchlässen in den Deichen mit Rückstauklap- pen und Schiebern als zweite Sicherung ver-

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sehen. Sie dienen der Anwässerung des Bin- der Gemeinde Saterland (LK Cloppenburg) nenlandes mit Wasser aus dem Flusssystem genannt. bei Trockenheit im Sommer sowie für Tränke- zwecke während der Weideperiode. Betreiber Zu 2: dieser Anlagen sind sowohl die Wasser- und Bodenverbände als auch private Landwirte. Im Hinsichtlich der Bauvorsorge kann aus den Winter sind die Anwässerungspumpen in der Beobachtungen der Gebietsbereisung ge- Regel geschlossen. Für Entwässerungszwe- schlossen werden, dass nahezu alle Bauher- cke werden die Bauwerke nicht eingesetzt. ren in hochwassergefährdeten Gebieten auf die Errichtung eines Kellers verzichtet haben. Vielfach liegen die Erdgeschosse im Vergleich zum Straßenniveau etwas erhöht (ein bis drei 3.2. Hochwasservorsorge Stufen bis zum Eingang). Die Bauherren und Architekten waren sich vermutlich der mögli- Zur Erfassung der Hochwasservorsorge wurde chen Hochwassergefahren bewusst und haben ein Fragebogen erstellt und den anliegenden die Bauweise entsprechend ausgerichtet. Inso- Gebietskörperschaften (Kreise sowie Städte fern kann teilweise von einer dem Hochwasser und Gemeinden), den zuständigen Verbänden, angepassten Bauweise gesprochen werden. der Landwirtschaftskammer Weser-Ems sowie Konkrete Informationen zu dem Hochwasser dem THW mit der Bitte um Beantwortung zu- angepassten Bauweisen stellen nur sehr weni- gesandt. Von den 26 verschickten Fragebögen ge der Kommunen ihren Bürgern zur Verfü- wurden 25 zurückgesendet (Rücklaufquote von gung. 96%). Die Fragebogenaktion konzentrierte sich hierbei auf das im Vergleich mit den oberhalb Zu 3: der Tidegrenze liegenden Bereichen stärker gefährdete Niederungsgebiet. Hochwasserschutzübungen auf Kreisebene werden nur vereinzelt durchgeführt. Kommuna- Die Hochwasservorsorge beinhaltet die vier le Hochwassereinsatzpläne gibt es in keiner Teilbereiche der Kommunen. Beim Wasser- und Schiff- fahrtsamt Emden sowie den Betriebsstellen 1. Flächenvorsorge (Rückhalt im Einzugsge- des NLWKN existieren Melde- und Alarmord- biet, Reaktivierung und Ausweisung von nungen, die jährlich aktualisiert werden. Die Überschwemmungsgebieten), Verfügbarkeit von Booten, watfähigen LKW und Sandsäcken ist bei den jeweils befragten 2. Bauvorsorge (Anpassung der Bauweise Institutionen sehr unterschiedlich. Mehrfach und Nutzung an Hochwasserrisiken), wurde ein Defizit an Booten und Sandsäcken benannt. 3. Verhaltensvorsorge (Hochwassergefah- renkarten, Alarmpläne, Vorhalten von Ret- Zu 4. tungsfahrzeugen und –geräten, Übungen der Einsatzkräfte), Für alle Kommunen im Untersuchungsraum kann generell festgehalten werden, dass keine 4. Risikovorsorge (finanzielle Vorsorge wie Risikovorsorge betrieben wird. Inwieweit die Rücklagen, Versicherungen) Bürger private Versicherungen abgeschlossen haben, die auch Schäden durch Hochwasser Zu 1: mit einschließen, wurde im Rahmen der Fra- gebogenaktion nicht ermittelt. In den drei Landkreisen des Niederungsgebie- tes werden keine festgesetzten Überschwem- Nähere Informationen zu den Ergebnissen der mungsgebiete ausgewiesen, so dass dort die Fragebogenaktion können der Anlage 5 aus Strategie der Flächenvorsorge nicht optimal dem Anhang entnommen werden. umgesetzt wird. Eine Ausnahme bildet die Gemeinde Ostrhauderfehn im Landkreis Leer. Hier gibt es 5 Gebäude in festgesetzten Über- schwemmungsgebieten, Neubauten werden in 3.3. Hochwasserschadenspotential diesem Gebiet jedoch nicht genehmigt. Ge- bäude, die sich in bekannten hochwasserge- Um den potentiellen Hochwasserschaden ab- fährdeten Gebieten befinden, werden nur von schätzen zu können, bedarf es umfassender den Gemeinden Ostrhauderfehn (LK Leer) und Informationen über:

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1. Geografie und Topografie 3.3.1 Hochwasserschadenspotentia- le im tidebeeinflussten Niede- 2. Hydrologische und hydraulische Situation rungsgebiet 3. Werte in der Fläche Sollten bei einem hohen Binnenhochwasser die bestehenden Hochwasserschutzeinrich- 4. Wertverluste bei Einstau mit Wasser tungen im Untersuchungsgebiet nicht ausrei- chen, sind Bereiche hinter diesen Schutzein- des Untersuchungsgebietes. Durch Ortsbege- richtungen hochwassergefährdet. Es handelt hungen wurden die zur Ermittlung der Scha- sich dabei nicht um ein Gebiet, in dem bei ei- denspotentiale erforderlichen Informationen in nem Hochwasserereignis alle Bereiche gleich- hochwassergefährdeten Bereichen erhoben. zeitig überschwemmt wären. Vielmehr ist die- Hierzu zählen u.a. Alter und Zustand der ses Gebiet als ein Bereich zu verstehen, in hochwassergefährdeten Objekte. Diese lassen dem bei lokalem Versagen von Hochwasser- einen Rückschluss auf deren statistischen schutzeinrichtungen Überflutungen partiell zu Wert zu. Hierfür ist auch das Vorhandensein erwarten sind. Nach der Definition in Kapitel eines (eventuell als Wohnung genutzten) Kel- 2.1 ist das gesamte Niederungsgebiet als ein lers von Interesse. Für die Schadensabschät- potentiell hochwassergefährdetes Gebiet zu zung ist auch relevant, über wie viele Stufen verstehen. das Erdgeschoss eines Objektes zu erreichen ist. Das „Hochlegen“ der Erdgeschosslage Das tidebeeinflusste Niederungsgebiet ist ins- sorgt dafür, dass ein größerer Schaden erst gesamt relativ dünn besiedelt. Die Bebauung bei einem höheren Wasserstand eintritt. Auch ist durch Wohnbebauung und landwirtschaftli- von Interesse ist das Vorhandensein von che Betriebe gekennzeichnet (siehe Anlage landwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese 8.1). Die Klassifikation der Land- und Gebäu- werden bei Überflutungen mit einem aus ver- denutzung im Untersuchungsgebiet orientiert schiedensten statistischen Untersuchungen sich an den Hauptwirtschaftszweigen gemäß ermittelten Schaden je m² belegt. den amtlichen Wirtschaftsstatistiken. Von den im hochwassergefährdeten Gebiet insgesamt Auf Basis der erhobenen Informationen der rd. 8.400 vorhandenen Gebäuden gehören rd. Ortsbegehung ist es nach der hydrologischen 1.250 zum landwirtschaftlichen Erwerbszweig. und hydraulischen Berechnung möglich, die Rd. 6.200 Gebäude dienen als reine Wohnge- ökonomischen Auswirkungen eines Hochwas- bäude und rd. 600 sind dem Handel- und serereignisses pro Zeiteinheit abzuschätzen. Dienstleistungszweig zuzuordnen. Hierbei wird der so genannte Schadenserwar- tungswert ermittelt. Er beschreibt den mittle- Auffällig ist, dass der größte Teil (> 80%) der ren jährlichen Schaden in € / Jahr. In die Be- potentiell hochwassergefährdeten Gebäude rechnung des Schadenserwartungswertes flie- ebenerdige oder gering erhöhte Erdgeschoss- ßen häufige auftretende Ereignisse mit einer lagen hat. Mit knapp 99% sind die meisten po- größeren Bedeutung ein als seltene auftreten- tentiell hochwassergefährdeten Wohngebäude de Ereignisse, da die Ereignisse mit der Wahr- nicht unterkellert. Die meisten Wohngebäude scheinlichkeit ihres Eintretens berücksichtigt im Niederungsgebiet sind jünger als 60 Jahre (multipliziert) werden. Daraus ergibt sich als (rd. 95%). Die Hälfte dieser Gebäude ist wie- Konsequenz, dass ein Herstellen z.B. eines derum jünger als 40 Jahre. HQ 100 -Schutzes den Schadenserwartungswert deutlich verringern, aber nicht zu Null setzen Zur Bebauung im Niederungsgebiet kann ge- kann. In diesem Falle würde ab einem 101- sagt werden, dass im Hinblick auf die Stand- jährlichen Ereignis weiterhin ein Schaden ein- ortwahl und – falls vorhanden – die Unterkelle- treten, der zwar bei der Berechnung des rung eine dem Hochwasser angepasste Be- Schadenserwartungswertes mit einer kleinen bauungsstruktur vorliegt. Wahrscheinlichkeit berücksichtigt wird, aber durchaus vorhanden ist. In diesem Zusam- menhang kann man von einem Restrisiko 3.3.2 Hochwasserschadenspotentia- sprechen. le oberhalb des tidebeeinfluss- Die Ergebnisse der Schadenspotentialermitt- ten Niederungsgebiet lung finden sich in den nachfolgenden Ab- schnitten. In Abstimmung mit den örtlich zuständigen Un- teren Wasserbehörden und den Wasser- und Bodenverbänden wurden die oberhalb des ti-

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debeeinflussten Niederungsgebietes hochwas- die hochwassergefährdeten Wohngebäude sergefährdeten Bereiche Surwold, Cloppen- nicht unterkellert. 95% der Wohngebäude sind burg, Friesoythe und Westerstede für die nä- jünger als 60 Jahre, hiervon sogar mehr als here Betrachtung im Hochwasserschutzplan 50% jünger als 40 Jahre. ausgewählt. Der Besiedlungsgrad südlich des Küstenkanals Oberhalb der Tidegrenze setzt sich ein Groß- in Surwold ist gering. Es kann von einer dem teil der Bebauung aus Wohngebäuden sowie Hochwasser angepassten Bebauungsstruktur Handel- und Dienstleistung zusammen (siehe gesprochen werden. Keines der Gebäude ist Anlage 8.2). Von den im hochwassergefährde- unterkellert, die Eingänge sind durchweg über ten Gebiet rd. 160 vorhandenen Gebäuden mindestens eine Stufe zu erreichen. werden ca. 90 als Wohngebäude genutzt. Et- wa 60 Gebäude gehören zum Handel- und In den Siedlungsbereichen von Cloppenburg, Dienstleistungsgewerbe. Nur ein Gebäude ist Friesoythe und Westerstede sind häufig keine der Landwirtschaft zuzuordnen. Unterkellerungen vorhanden, die Eingänge sind jedoch oft ebenerdig. Hier kann man nur Die meisten Eingänge sind ebenerdig bzw. ü- bedingt von einer dem Hochwasser angepass- ber eine Stufe zu erreichen. In der Regel sind ten Bauweise sprechen.

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4. Technische Hochwasserschutzmaßnahmen und ihre Wirkungen 4.1. Ausgangspunkt: Auswirkungen Aufstau oberhalb des geschlossenen Sperr- eines 100-jährlichen Hochwas- werkes. Fällt der Wasserstand nach dem er- höhten Thw wieder ab, wird das Sperrwerk bei serereignisses Gleichstand der Wasserstände wieder geöff- net. Danach setzt die Entwässerung des ober- Im Rahmen des Hochwasserschutzplanes Le- halb des Sperrwerkes aufgestauten Wasser da-Jümme wird zunächst durch hydrologische ein. und hydraulische (eindimensional, teilweise zweidimensional) Berechnungen betrachtet, Ungünstig ist, wenn ein oder mehrere Tide- welche Auswirkung ein seltenes Hochwasser- niedrigwasser (Tnw) ebenfalls derart erhöht ereignis auf das Untersuchungsgebiet hat. eintreten, dass aufgrund der geringen Diffe- renz zum Wasserstand im Flusssystem keine Bei den maßgebenden Belastungen muss da- ausreichende Entwässerung stattfinden kann. bei unterschieden werden, ob das tidebeein- In Rahmen des vorliegenden Hochwasser- flusste Niederungsgebiet oder der oberhalb schutzplanes wird mit einem stark erhöhten der Tidegrenze liegende Bereich betrachtet Tnw unmittelbar vor der Sperrung gerechnet, wird. woraus ein entsprechend hoher Ausgangs- wasserstand für die Sperrung resultiert. Dies Anschließend wird die Betrachtung der Aus- wirkt sich negativ auf die Entwässerung aus. wirkungen unter Berücksichtigung zusätzlicher Dabei wird der Aufstau binnenseitig durch das Hochwasserschutzmaßnahmen wiederholt. Betreiben des Schöpfwerks, welches Wasser Anhand der Schaden reduzierenden Wirkung aus dem Ledagebiet herauspumpt, und das zusätzlicher Hochwasserschutzmaßnahmen Fluten des Polder Leer deutlich verringert. können diese anschließend bewertet werden. Das Ledaschöpfwerk besitzt eine Leistungsfä- 4.1.1 Auswirkungen eines 100- higkeit von 40 m³/s. Der Polder Leer umfasst ein Volumen von 3,16 Mio. m³ bei einer Ein- jährlichen Hochwasserereignis- stauhöhe von NN +1,85 m. ses im Niederungsgebiet Im untersuchten Fall wird das Ledasperrwerk Im Niederungsgebiet ist das maßgebende Ab- für 6 Stunden und 50 Minuten geschlossen flussereignis das Resultat einer Kombination und das Wasser aus der Leda kann während aus einem extremen Niederschlagsereignis dieses Zeitraumes nicht abfließen. Der durch und hohen Tidewasserständen. Statistisch tritt das Regenereignis bereits erhöhte Wasser- die gewählte Konstellation aus Tide und Nie- stand im Untersuchungsgebiet erhöht sich da- derschlag einmal in 100 Jahren auf. Für dieses durch noch weiter. Auf sicherer Seite liegend Ereignis (Referenzhochwasser) ergeben sich wird angenommen, dass Tide- und Hochwas- im Niederungsgebiet ohne Umsetzung der in serwelle ungünstig zusammen wirken. den folgenden Kapiteln beschriebenen Maß- nahmen in einigen Bereichen Überflutungen. Die Deiche des Niederungsgebietes weisen teilweise keine für das Referenzhochwasser Den Referenzzustand für das Niederungsge- erforderlichen Höhen auf. Der untere Bereich biet bildet der Ist-Zustand zum Zeitpunkt An- des Niederungsgebietes ist im Wesentlichen fang 2005 ab. Er enthält alle vorhandenen weit und flach. Dort fließt das Wasser über die Polder, das Ledasperrwerk und das Leda- nicht ausreichend dimensionierten Deichab- schöpfwerk. schnitte ins Hinterland. Bei der Betrachtung wird begünstigend davon ausgegangen, dass Das Ledasperrwerk liefert im Zusammenspiel vollständig eingestaute Deiche überströmen, mit dem Ledaschöpfwerk und dem Polder Leer ohne dass es zu einem Deichbruch kommt. einen großen Beitrag zum Hochwasserschutz im Niederungsgebiet. Das Sperrwerk der Leda In der Hydraulik wurden diese Verhältnisse bei Leer wird vor dem Eintritt zu hoher Tide- durch Berücksichtigung von imaginären „Spei- hochwasser (Thw) geschlossen, um das Nie- cherbecken“ hinter den Deichen erfasst. Diese derungsgebiet vor den zu großen Wasser- füllen sich beim Referenzereignis gemäß ihrer mengen zu schützen. Bei geschlossenem Speicherkennlinie und ergeben somit die Über- Sperrwerk kann jedoch auch das Ledawasser flutungsflächen. Im Ergebnis sind diese flä- nicht weiter abfließen und es kommt zu einem

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chen in den Gefahrenkarten blau hinterlegt. werden keine Überflutungsflächen in den Ge- Sie werden als „indirekt überflutet“ bezeichnet. fahrenkarten dargestellt, sondern lediglich die Außerhalb des Niederungsgebietes (relativ Überflutungshöhe an den betroffenen Gebäu- ausgeprägte „Flusstäler“ und deutlich geringe- de durch farbliche Markierung er Objektpunkte. re Retentionswirkung) kann dagegen verein- facht davon ausgegangen werden, dass sich In der Abb. 21 sind am Beispiel Rhauderfehn hinter den Deichen langfristig der gleiche und Westerstede die Überflutungsflächen beim Wasserstand wie im Gewässer einstellt. In Referenzhochwasser (HQ 100 ) dargestellt. diesen Bereichen des Niederungsgebietes

Abb. 21: Überflutungsflächen beim Referenzhochwasser in Rhauderfehn und Westerstede. vielmehr als Identifikation der Hochwasserge- Die Überflutungsflächen des gesamten Unter- fährdung bzw. des Hochwasserschutzdefizits suchungsraumes sind den Detailkarten der An- und als Richtungsweisung für Maßnahmeaus- lagen 2 bis 2.9 (Niederungsgebiet) bzw. 3 bis arbeitungen und -empfehlungen zu interpretie- 3.5 (Obergebiet) zu entnehmen. ren. Die in diesem überregionalen Hochwasser- Insgesamt sammelt sich beim Referenzhoch- schutzplan verwendete Hydraulik kann nur wasser ein Volumen von 3 Mio. m³ Wasser in Hochwassergefährdungsbrennpunkte aufzei- den tiefsten Bereichen an. Bei den oberen Be- gen. Die Berechnungsergebnisse wie z.B. Ü- reichen des Untersuchungsgebietes handelt es berflutungsbereiche oder Wasserstände im sich im wesentlichen um einige relativ schmale Gelände hingegen genügen nicht den Anforde- Flussauen an den Flüssen Sagter Ems, Aue rungen von Überschwemmungsgebieten oder bzw. Godensholter Tief, Ollenbäke, Große Sü- von Planungsaufgaben für den Hochwasser- derbäke, Norderbäke, Nordgeorgsfehnkanal schutz. Z.B. ist die Dichte der Querprofile ge- und Hollener Ehe sowie der Bereich des Aper rade in den hochwassergefährdeten Oberläu- Tiefs östlich des Augustfehnkanals. Dort wer- fen zu gering, um eine parzellenscharfe Ermitt- den viele Gebäude direkt von den Wasser- lung und höhenmäßig auf weniger als 10 cm ständen in den Gewässern bedroht. Die genaue Berechnung der Überflutungsgebiete Hochwassergefahr in Rhauderfehn resultiert durchzuführen. Die Berechnungsergebnisse aus einer Überflutung des Langholter Meers; und damit auch die Kartendarstellungen sind

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diese Zusammenhänge konnten im Rahmen daran, dass in diesem Bereich aufgrund der des mesoskaligen Hochwasserschutzplanes relativ geringen Überflutungsmenge vom nur hydrologisch und somit überschlägig ab- Langholter Meer nur recht niedrige Überflu- gebildet werden. tungshöhen zu erwarten sind und aufgrund dessen der Schaden je Gebäude nicht be- Im Referenzzustand entsteht bei einem 100- trächtlich sein wird. jährlichen Hochwasserereignis im Niederungs- Die errechneten jährlichen Schadenserwar- gebiet an mehr als 1000 Gebäuden ein Scha- tungswerte (siehe Abb. 23) stehen unter der den von insgesamt rd. 11,5 Mio. €. Dieses ent- günstigen Annahme, dass trotz der Überströ- spricht einem jährlichen Schadenserwar- mung von Deichen kein Deichbruch erfolgt. tungswert (Begriffserklärung siehe 3.3) von rd. Die bezifferten Schäden sind somit als Unter- 158.000 €. Die prozentuale Verteilung der grenze des möglichen Schadens zu verstehen. Schäden und der betroffenen Gebäude auf die Gemeinden im Niederungsgebiet sind den nachfolgenden Abbildungen zu entnehmen. 500 50.000

400 40.000 /a]

Verteilung des Schadens eines HQ 100 im €

Niederungsgebiet [%] 300 30.000 1 1 200 20.000 2 8 24 Filsum 100 10.000 Anzahl gefährdeter Gebäude Ostrhauderfehn 0 0 Schadenserwartungswert [ Uplengen Apen Filsum 28 Saterland Barßel Uplengen Saterland

Barßel Rhauderfehn Ostrhauderfehn Apen Schadenserwartungswert [ €/a] gefährdete Gebäude [n] 35 Rhauderfehn

Abb. 23: Übersicht der Schadenserwartungswerte gefährdete Gebäude im beim Referenzhochwasser Niederungsgebiet [%]

1 1 4.1.2 Auswirkungen eines 100- 2 7 jährlichen Hochwasserereignis- Filsum ses oberhalb des Niederungs- Ostrhauderfehn gebietes 43 22 Uplengen In diesem Bereich hängen die maßgebenden Saterland Belastungen in der Regel ausschließlich vom Barßel Niederschlag bzw. den Niederschlag- Apen Abflussprozessen ab. Ein Tideeinfluss ist nicht vorhanden. Das Referenzhochwasser ist daher 23 Rhauderfehn ein einmal in 100 Jahren auftretendes Hoch- wasser (HQ 100 ).

Abb. 22: Prozentuale Verteilung der beim Refe- Die Ergebnisse des Hochwasserschutzplans renzhochwasser betroffenen Gebäude und des ent- Leda-Jümme für den Einzugsbereich der stehenden Schadens Soeste basieren auf ersten Daten der Ermitt- lung des Soeste-Überschwemmungsgebietes. So befinden sich 43 % der Schaden nehmen- Dem mesoskaligen Ansatz des Hochwasser- den Gebäude in Rhauderfehn. Der Schaden schutzplans folgend, liegen diese auf der si- € beträgt dort 2,8 Mio. mit einem jährlichen cheren Seite. Es wurden die durch das Refe- € Schadenserwartungswert von rd. 43.000 . renzhochwasser betroffenen Siedlungsberei- Der dortige Hochwasserschaden hat am Ge- che von Friesoythe und Cloppenburg betrach- samtschaden des Niederungsgebietes jedoch tet. nur einen Anteil von lediglich 24%. Das liegt

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Friesoythe ist durch die Thülsfelder Talsperre auf Handel- und Dienstleistungsobjekte (bzw. vor Schäden durch Überflutungen bis zu einem Objekte im Museumsdorf), 13% auf staatliche HQ 100 geschützt. Abweichend von den grund- Einrichtungen und die verbleibenden 4% des sätzlichen Zielen dieses Hochwasserschutz- Schadens entfallen auf Wohngebäude. Der planes wurden daher auch die Auswirkungen jährliche Schadenserwartungswert je Objekt eines HQ 200 untersucht. In diesem Fall sind in beträgt 200 €. Friesoythe 96 Objekte hochwassergefährdet. 55% der Objekte sind Wohngebäude, 42% ge- Im Zuge der anstehenden detaillierten Ermitt- hören zum Wirtschaftszweig Handel- und lung und anschließenden Ausweisung des Dienstleistung. Der Rest verteilt sich auf verar- Überschwemmungsgebiets in Cloppenburg ist beitendes Gewerbe und staatliche Einrichtun- mit genaueren Werten für den Schutzgrad der gen. Der Schaden bei einem HQ 200 beläuft sich Ortschaften zu rechnen. Erste Ergebnisse der auf ca. 1,3 Mio. €. Der jährliche Schadenser- Detailberechnungen zeigen eine geringere wartungswert beträgt für Friesoythe rd. Hochwassergefährdung für Cloppenburg ins- 10.000 €. 76 % des Schadens entfallen hierbei besondere im Bereich des Museumsdorfes auf Objekte des Handels- und Dienstleistungs- und damit auch geringere Hochwasserschä- sektors, 19 % auf Wohngebäude. Der Rest den beim Referenzhochwasser. verteilt sich auf verarbeitendes Gewerbe und staatliche Einrichtungen. Der jährliche Scha- In der denserwartungswert je Objekt liegt bei 100 €. In Cloppenburg sind bei einem 100-jährlichen Abb. 24 sind wiederum am Beispiel Rhauder- Ereignis 18 Objekte hochwassergefährdet. Es fehn und Westerstede die beim Referenz- handelt sich größtenteils um Objekte im Muse- hochwasser (HQ 100 ) gefährdeten Objekte dar- umsdorf Cloppenburg bzw. staatliche Einrich- gestellt. Die gefährdeten Objekte des gesam- tungen nordöstlich des Museumsdorfes. ten Untersuchungsraumes sind den Detailkar- ten der Anlagen 4 bis 4.4 zu entnehmen. Der Schaden bei einem HQ 100 beträgt etwa 300.000 €, der jährliche Schadenserwartungs- wert rd. 5.000 €. 83% des Schadens entfallen

Abb. 24: Gefährdete Objekte beim Referenzhochwasser in Rhauderfehn und Westerstede

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sich ein höherer Hochwasserschutz realisie- Auch der Bereich um Westerstede ist bei ei- ren. Die geografische Zuordnung der Maß- nem HQ durch Überflutung von Großer Sü- 100 nahmenpakete ist den Karten 6.1 und 6.2 im derbäke und kleiner Norderbäke hochwasser- Anhang zu entnehmen. gefährdet. Beim Referenzhochwasser sind in Westerstede 10 Objekte betroffen. Der Scha- den beläuft sich auf rd. 61.000 €, der jährliche 4.2.1.1 Steuerung der Düker am Küs- Schadenserwartungswert beträgt für Westers- tenkanal tede rd. 8.000 €. 59% des Schadens entfallen auf Wohngebäude, 39% auf staatliche Einrich- Der das Einzugsgebiet im Süden durchschnei- tungen und die restlichen 2% des auf Objekte dende Küstenkanal wird an mehreren Stellen des Handel- und Dienstleistungssektors. Der von Dükern (Unterführung eines Rohres) ge- jährliche Schadenserwartungswert je Objekt quert. Die Durchflüsse in den Dükern werden € beträgt 460 . gemäß ihrer hydraulischen Leistungsfähigkeit beschränkt. Bei einigen Dükern besteht die Möglichkeit, Wasser in den Küstenkanal abzu- 4.2. Hochwasserschutzmaßnahmen schlagen. Ist diese Möglichkeit ebenfalls er- schöpft, kommt es zwangsweise zum Rück- stau oberhalb des Küstenkanals. Im Folgenden werden die für das Untersu- chungsgebiet durchgeführten Betrachtungen Alle Düker sind drossel- und verschließbar. der Auswirkungen eines Referenzhochwassers Durch die Drosselung bis hin zur kompletten unter Berücksichtigung zusätzlicher Hochwas- Schließung eines Dükers kann das Hochwas- serschutzmaßnahmen wie z.B. Deicherhöhun- ser bewusst oberhalb des Küstenkanals zu- gen oder individuellem Objektschutz wiederholt rückgehalten und das unterhalb des Küstenka- und bewertet. nals gelegene Gebiet damit entlastet werden. Dabei gilt es die Entlastung der Unterlieger Die Bewertung der Hochwasserschutzmaß- und die Belastung der Gebiete oberhalb des nahmen findet anhand monetärer Kriterien Küstenkanals abzuwägen. Die eventuelle statt. Dem Schutz von Menschenleben durch Hochwasser mindernde Wirkung der Düker den Hochwasserschutz als oberstes Schutzziel folgender Fließgewässer wurde untersucht: kann durch diesen Bewertungsansatz nicht Vehne, Soeste, Sagter Ems, Bockhorster Bee- Rechnung getragen werden. Auch gezielte ke und Bruchwasser. mehrdimensionale Zielsysteme (Vernässung als Naturschutzziel und Polderrückhalt als 1. Vehne Der Düker der Vehne quert wasserwirtschaftliches Ziel) werden mit der Be- nahe Jeddeloh II den Küstenkanal. Die hydrau- trachtung nicht abschließend bewertet. Die lischen Untersuchungen ergeben, dass auch monetär abschätzende Bewertung bietet inso- bei einem komplett geschlossenen Düker eine fern einen Anhalt und keine abschließende Überschwemmung des unmittelbar unterhalb Prioritätensetzung. gelegenen Gebietes nicht ganz verhindert werden kann. Es ergibt sich zwar in nahezu Nachfolgend werden die betrachteten Hoch- unbesiedelten Bereichen eine Wasserspiegel- wasserschutzmaßnahmen vorgestellt und im lagensenkung um bis zu 20 cm gegenüber Hinblick auf ihre Hochwassergefahren min- dem Fall der kompletten Öffnung des Dükers, dernde Wirkung diskutiert. es stellt sich aber auch ein Rückstauvolumen von rd. 1,5 Mio. m³ südlich des Küstenkanals 4.2.1 Einzelmaßnahmen ein. Bei komplett geöffnetem Düker und voll ausgenutztem Abschlag in den Küstenkanal Die Maßnahmen werden in ihrer Wirkung zu- beträgt das Rückstauvolumen rd. 0,8 Mio. m³. nächst einzeln analysiert. Jede Einzelmaß- nahme für sich bewirkt dabei jedoch keinen Die maximale Wasserspiegelabsenkung im ausreichenden Hochwasserschutz. Da sich die Niederungsgebiet im Gewässer Aue- Wirkungen der Einzelmaßnahmen im Untersu- Godensholter Tief erstreckt sich auf einen kur- chungsgebiet aufgrund der hohen Komplexität zen Abschnitt in der Nähe der Mündung der jedoch nicht einfach überlagern lassen, werden Vehne. Die Wirkung auf die Überflutungsge- die Einzelmaßnahmen in einer zweiten Be- fahr in der rund 11 km entfernten Ortschaft trachtung in Paketen zusammengefasst und Godensholt ist jedoch vernachlässigbar. Folg- deren Gesamtwirkung untersucht. Durch die- lich ist eine Minderung der Hochwasserschä- ses Zusammenwirken aller Maßnahmen lässt den im Niederungsgebiet durch Steuerung des Dükers der Vehne nicht möglich.

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2. Soeste Der Düker der Soeste quert In den Bereichen bei Sedelsberg, Fermesand bei Kampe den Küstenkanal. Mittels verschie- und den tideunbeeinflussten Teilen von Schar- dener Absperrorgane kann Wasser in den Küs- rel macht sich das Schließen des Dükers nur tenkanal abgeleitet werden. Hierbei handelt es noch leicht bemerkbar. Die im vorherigen Ab- sich um den Ableiter aus der Lahe und den schnitt genannten 35 cm Wasserspiegelab- Friesoyther Kanal. senkungen stellen sich im Bereich des Niede- rungsgebietes bei Scharrel ein. Dennoch ist Das unterhalb des Dükers liegende Niede- aufgrund der geringen Bebauung – in diesem rungsgebiet wird beim Referenzhochwasser Bereich befinden sich rund 32 Gebäude, davon auch bei komplett offenem Düker nicht über- 23 Wohngebäude – die Minderung der Hoch- schwemmt. Das komplette Schließen des Dü- wasserschäden durch die Steuerung des Dü- kers bewirkt eine Wasserspiegellagensenkung kers Sagter Ems vernachlässigbar. Bei Rams- unterhalb des Küstenkanals um bis zu 70 cm. loh – 6,5 km unterhalb – sind die Wasserspie- Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein gelabsenkungen geringer. Aufgrund der vor- Schließen des Dükers im Hochwasserfall einen handenen Schutzdeiche ist die Wirkung der massiven Rückstau oberhalb des Küstenka- Steuerung des Dükers Sagter Ems auf die nals verursacht, nämlich ein Rückstauvolumen Hochwassergefährdung der Bebauung in von rd. 9 Mio. m³. Bei geöffnetem Düker be- Ramsloh gering. trägt das Rückstauvolumen rd. 1,3 Mio. m³.

Die maximale Wasserspiegelabsenkung im 4. Bockhorster Beeke und Bruchwasser Der Niederungsgebiet in der Soeste macht sich im Düker der Bockhorster Beeke quert bei Bock- Bereich der Ortschaft Harkebrügge etwas be- horst und der Düker der Bruchwasser östlich merkbar. Die Wirkungen auf die Hochwasser- von Börgermoor den Küstenkanal. Durch ein schadenspotentiale wurden nicht näher be- komplettes Schließen der beiden Düker wird trachtet, da sich die Ortschaft oberhalb von NN eine Senkung der Wasserspiegellage unter- +2,50 m befindet. Die Wirkung auf die Überflu- halb des Küstenkanals um bis zu 10 cm er- tungsgefahr der weiter unterhalb gelegenen reicht. Damit kann eine Überschwemmung des Ortschaft Barßel ist vernachlässigbar. Hier sind unmittelbar unterhalb liegenden Niederungs- die Rückstauwirkungen aus dem Nordloher- gebietes nicht verhindert werden. Auf der an- Barßeler Tief erheblich stärker. Eine sehr ge- deren Seite verursacht man mit einer komplet- ringfügige Minderung der Hochwasserschäden ten Schließung der Düker ein Rückstauvolu- im Niederungsgebiet durch Steuerung des Dü- men von rd. 3,6 Mio. m³ südlich des Küstenka- kers der Soeste ist also möglich. Dabei ist je- nals. Bei geöffneten Dükern beträgt das Rück- doch zu beachten, dass für diese vergleichbar stauvolumen rd. 0,8 Mio. m³. geringen positiven Auswirkungen unterhalb Die maximale Wasserspiegelabsenkung im des Küstenkanals ein erheblicher Rückstau Niederungsgebiet im Gewässer Hauptfehnka- von rd. 9 Mio. m³ in der Soeste oberhalb des nal ist gering. Die Wirkung einer ausschließli- Küstenkanals (bei Kampe) in Kauf genommen chen Steuerung der Düker Bockhorster Beeke werden müsste. Be- und Entlastung durch und Bruchwasser ohne Einbeziehung einer Steuerung des Soeste-Dükers stehen damit in Steuerung des Langholter Meers hat keine keinem Verhältnis. nennenswerte Minderung der Hochwasser- schadenspotentiale in Rhauderfehn und Ost- 3. Sagter Ems Der Düker der Sagter Ems rhauderfehn zur Folge. quert bei Sedelsberg den Küstenkanal. Der Düker wird von der Marka und der Ohe ge- Erst eine Kopplung der Steuerung der Düker speist. Über zwei Ableiter kann Wasser in den und des Langholter Meers kann zu nennens- Küstenkanal abgeschlagen werden. werten Minderungen von Hochwasserscha- denspotentialen in den genannten Ortschaften Das unterhalb des Dükers liegende Niede- führen, wodurch die Schließung der beiden rungsgebiet wird auch bei komplett offenem Düker Sinn ergibt. Düker nicht überschwemmt. Das komplette Schließen des Dükers bewirkt eine Wasser- spiegellagensenkung unterhalb des Küstenka- 4.2.1.2 Steuerung des Langholter nals um bis zu 35 cm. Ein komplett geschlos- Meers sener Düker verursacht ein Rückstauvolumen von rd. 2,3 Mio. m³ südlich des Küstenkanals. Das Langholter Meer hat ein maximales Volu- Bei einer Öffnung des Dükers beträgt das men von 1,2 Mio. m³ - das nutzbare Rückhal- Rückstauvolumen noch rd. 0,4 Mio. m³. tevolumen beträgt rd. 0,8 Mio. m³. Die Zuläufe

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in das Langholter Meer kommen von einem Schließung der oberhalb gelegenen zwei Dü- natürlichen Einzugsgebiet (inkl. Schöpfwerk ker Bockhorster Beeke und Bruchwasser zeigt, Sandkamp [Q = 0,29 m³/s] zur Entwässerung dass bei extremen Hochwasserereignissen des Gewerbegebietes Ostrhauderfehn) und das Langholter Meer überläuft und es zu Über- von zwei Abschlagsbauwerken. Das erste flutungen in der Größenordnung von Bauwerk ist das Entlastungsbauwerk Langholt 430.000 m³ kommt. Zudem werden im Bereich am Burlage-Langholter Tief. Es liegt am süd- der Einmündung des Burlage-Langholter Tiefs westlichen Ende des Langholter Meers. Die in den Hauptfehnkanal Wasserspiegellagen Abflusskapazität des Gewässers Burlage- zwischen NN +2,08 m und NN +2,37 m er- Langholter Tief beträgt rund 22 m³/s. Das zwei- reicht. te Bauwerk – Abschlagsbauwerk Ostrhauder- fehn / 1. Südwieke – liegt an der östlichen Sei- Schließt man die beiden oben genannten Dü- te des Langholter Meeres. Hier kann die 1. ker bei gleicher Variation der Steuerung, Südwieke bei Bedarf bis zu 5,8 m³ pro Sekun- kommt es je nach Steuerungsvariante zu Was- de ins Langholter Meer abschlagen. Aus- serspiegellagen zwischen NN +1,95 m und NN schlaggebend sind hier der Füllwasserstand im +2,05 m im Bereich der Einmündung des Bur- Langholter Meer sowie der maximale Wasser- lage-Langholter Tiefs in den Hauptfehnkanal. stand in der 1. Südwieke. Dies entspricht einer Wasserspiegelabsenkung um bis zu 32 Zentimeter.

Eine optimale Steuerung ergibt sich – bei ge- schlossenen Dükern der Bockhorster Beeke und der Bruchwasser – bei einem Abschlag vom Burlage-Langholter Tief bei Überschrei- tung von 8 m³/s und einem Abschlag von der 1. Südwieke bei Überschreitung von 3 m³/s. Bei dieser Konstellation läuft das Langholter Meer nicht über und es wird eine Wasserspie- gelabsenkung im Bereich der Einmündung des Burlage-Langholter Tiefs in den Hauptfehnka- nal von 17 cm erreicht.

Wie bereits erläutert, beträgt der Schaden bei einem 100-jährlichen Hochwasserereignis im Niederungsgebiet rd. 11,5 Mio. €. Mit der opti- malen Steuerung des Langholter Meers wird ein Schaden von 2,8 Mio. € an insgesamt 473 Gebäuden in Rhauderfehn verhindert. Das entspricht einer Schadensminderung von 24 % Die Größenordnung für Ostrhauderfehn ist vergleichbar. Im Mittel kann von einer Scha- densminderung bei einem HQ 100 in Rhauder- fehn und Ostrhauderfehn an insgesamt 837 Gebäuden ausgegangen werden. Die mittlere

jährliche Schadensminderung beträgt rd. € Abb. 25 : Luftaufnahme des Burlage-Langholter 19.000 , das sind 12 % vom jährlichen Scha- Meeres denserwartungswert im Ist-Zustand.

Die Abb. 25 zeigt eine Luftaufnahme des Bur- Die Schließung der Düker der Bockhorster lage-Langholter Tiefs mit den Teilen der Ort- Beeke und der Bruchwasser als Teil der o.g. schaften Westrhauderfehn (linker Bildrand) optimalen Steuerungsvariante für das Langhol- und Ostrhauderfehn (rechter Bildrand). Am o- ter Meer verursacht einen Rückstau oberhalb beren Bildrand ist der Anfang des Hauptfehn- des Küstenkanals von rd. 3,6 Mio. m³ (rd. kanals mit der Einmündung der I. Süderwieke 2,8 Mio. m³ mehr als bei maximaler Leistung (aus Ostrhauderfehn kommend) und des Bur- der Düker). Dadurch bedingt kommt es bei lage-Langholter Tiefs zu erkennen. Bockhorst und Börgermoor zu Überflutungen. Die Überflutungsflächen bei einer 30stündigen Eine Variation der Steuerung der zwei Ab- Schließung sind der nachfolgenden Abbildung schlagsbauwerke in das Langholter Meer ohne zu entnehmen.

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Abb. 26 : Überflutungen bei 30stündiger Schließung des Dükers Bockhorster Bäke

Hiermit verbunden ist ein maximaler Hochwas- 40 m³/s am Leda-Schöpfwerk) sind jedoch ge- serschaden von rd. 185.000 €, wovon rd. ring und auch die Pumphöhen sind relativ 115.000 € auf Schäden an landwirtschaftlichen klein. Daher können die Pumpkosten im Rah- Flächen zurückgehen. men dieser Untersuchung vernachlässigt wer- den. Entlastungsschöpfwerk Ostrhauderfehn Gemäß überschlägiger Modellierung kann es Eine Verbesserung der Hochwassersituation in aber im Bereich des Schöpfwerkes Marinesse einem extremen Hochwasserfall in der 1. Süd- (Rhauderfehn) weiterhin zu Überflutungen wieke der Ortslage Ostrhauderfehn – einschl. kommen. Ein genauer Nachweis ist vor Um- Unterschöpfwerk – ist durch den Bau des Ent- setzung der Maßnahme zu führen, indem die lastungspolders Holter Hammrich zu erreichen, Modellierung im Bereich des Langholter Mee- durch dessen Betrieb sich eine signifikante res nicht wie in diesem mesoskaligen Hoch- Wasserstandsabsenkung im Hauptfehnkanal wasserschutzplan hydrologisch, sondern hyd- ergeben wird. Bei Zunahme des Schadenspo- raulisch erfolgt. tentials im gefährdeten Bereich ist der Bau ei- nes Entlastungsschöpfwerkes im Bereich der Schleuse Ostrhauderfehn in Erwägung zu zie- 4.2.1.3 Hochwasserrückhaltebecken hen. Dieses Schöpfwerk entlastet im Hoch- Jübberde wasserfall die 1. Südwieke in den Hauptfehn- kanal. Das geplante Hochwasserrückhaltebecken Jübberde liegt südlich der Ortschaft Jübberde Die Herstellungskosten für das Schöpfwerk an der Hollener Ehe. Es hat ein Stauvolumen Ostrhauderfehn wurden vom NLWKN bei einer von 715.000 m³. Ohne die Wirkung des Hoch- € Leistung von ca. 5,3 m³/s auf 1,5 Mio. ge- wasserrückhaltebeckens Jübberde käme es schätzt. Des Weiteren müssten noch die bei bei einem HQ 100 zu einem maximalen Abfluss einem Einsatz anfallenden Pumpkosten ange- von rund 21 m³/s in der Hollener Ehe in Höhe setzt werden. Bei einem HQ 100 laufen die der Ortschaft Jübberde. Das Hochwasserrück- Pumpen ca. 24 Stunden mit einer Leistung von haltebecken bewirkt bei einem HQ 100 eine 5,3 m³/s. Die Pumpmengen (im Vergleich zu Minderung der Abflussspitze auf ca. 10 m³/s.

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Die Abflussminderung macht sich bis zum um 18 %. Die Wirkung ist in der Nähe des Pol- 5 km unterhalb gelegenen Niederungsgebiet in ders am größten. Zudem lassen sich die Form einer Wasserspiegelabsenkung von bis Hochwasserschäden in Barßel, der Gemeinde zu 20 cm bemerkbar. Saterland und Rhauderfehn durch den Holter Hammrich spürbar reduzieren. Insgesamt wird In diesem Bereich bei Uplengen befinden sich bei einem HQ 100 eine Schadensminderung im auf einer Fließlänge von 2 km lediglich 28 Ge- Untersuchungsgebiet von rd. 0,6 Mio. € er- bäude, davon 20 Wohn- und 3 gewerbliche reicht. Das entspricht einer Minderung des Ge- Gebäude. Die Auswirkung des Hochwasser- samtschadens um 5 %. Die mittlere jährliche rückhaltebeckens Jübberde auf Hochwasser- Schadensminderung beträgt ca. 2.700 €, das schadensminderungen in Uplengen ist gering, sind 2 % vom jährlichen Schadenserwar- da sich die meisten Gebäude auf einer Gelän- tungswert im Ist-Zustand. dehöhe von rund NN +2,50 m befinden. Die Kosten für den Polder werden bei einem Im Mündungsbereich der Hollener Ehe in den Füllvolumen von 3,7 Mio. m³ und einer Deich- € Nordgeorgsfehnkanal ist bei einem HQ 100 auf- länge von 3,9 km auf rd. 5,0 Mio. geschätzt. grund der Zuflüsse von rund 34 m³/s aus wei- teren Einzugsgebieten und des Tideeinflusses 4.2.1.5 Deichrückverlegung bei die Minderung der Abflussspitze vernachläs- sigbar. Hengstforde

In 2006 wurde im Bereich von Hengstforde am 4.2.1.4 Polder Holter Hammrich Aper Tief eine Deichrückverlegung realisiert. Durch die Rückdeichung entstand südlich des Im Bereich der Mündung des Hauptfehnkanals Aper Tiefs ein Bereich mit regelmäßig überflu- in die Leda ist der Neubau des linken Ledadei- teten und damit naturschutzfachlich hochwerti- ches mit Ausweisung eines Polders mit einem gen Flächen von insgesamt ca. 0,7 km². Volumen von ca. 3,7 Mio. m³ und einer Fläche von ca. 2,3 km² geplant. Die Untersuchung der hydraulischen Wirkung dieser Maßnahme zeigt, dass die Ausdeichung Durch diesen Polder Holter Hammrich wird die bei einem extremen Hochwasserereignis nur Spitze der Hochwasserwelle abgeflacht. Dies vernachlässigbare Auswirkungen auf den führt dazu, dass die Wasserstände an der Sag- Wasserstand in den benachbarten Gewässern ter Ems im Saterland sinken, so dass die Be- hat. Es kann jedoch davon ausgegangen wer- lastungen an den dort direkt durch den Was- den, dass die Rückdeichung bei häufigeren serstand im Gewässer beeinflussten Objekten Hochwasserereignissen mit geringeren Was- reduziert werden können und außerdem etwas serständen lokale Auswirkungen im Bereich weniger Wasser über die vorhandenen Deiche des Aper Tiefs hat, die im Rahmen dieses me- entlang der Sagter Ems ins Deichhinterland soskaligen Hochwasserschutzplans nicht ge- fließt. nauer untersucht wurden.

Eine Reduktion des Gesamtschadens durch diese Maßnahme bewegt sich bei einem HQ 100 im Bereich von 2% und ist damit vernachläs- sigbar.

Die Kosten für die Deichrückverlegung beliefen sich bei einer Deichlänge von 3 km und 0,85 Mio. m³ Volumen auf 1,3 Mio. €. Die na- turschutzfachliche Aufwertung der Flächen wird bei einer rein monetären Bewertung nicht berücksichtigt.

Abb. 27: Luftaufnahme mit Blick über das Holter 4.2.1.6 Deichrückverlegung bei Vre- Schöpfwerk nach Südost über Teile des Holter schen-Bokel Hammrichs. Bei Vreschen-Bokel ist am Aper Tief eine Das überlaufende Volumen reduziert sich um Deichrückverlegung analog Hengstforde ge- rd. 0,5 Mio. m³. Das entspricht einer Reduktion plant. Hier soll ein Bereich mit einer Gesamt-

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fläche von ca. 0,4 km² entstehen. Die Deich- rückverlegungen bei Hengstforde und Vre- länge wird ca. 3 km betragen, und es wird ein schen-Bokel (siehe Anlage 6.1). Die Einzel- Volumen von rd. 0,67 Mio. m³ geschaffen. maßnahmen wurden bereits unter 4.2.1 näher erläutert. Die Einschätzung der hydraulischen Wirkung entspricht der der Rückdeichung bei Dieses Maßnahmenpaket reduziert die Was- Hengstforde. Die Schadensminderung durch serspiegellagen vor allem in der Nähe des diese Maßnahme ist jedoch etwas geringer Polder Holter Hammrich um teilweise über 30 und bewegt sich im Bereich von 1%. cm. Das ins Deichhinterland überlaufende Ge- samtvolumen reduziert sich dadurch um rd. Die Kosten für diese Deichrückverlegung wer- 1,2 Mio. m³, das entspricht einer Reduktion um den auf rd. 1,0 Mio. € geschätzt. Wie auch bei 41 %. Die Ergebnisse des Maßnahmenpakets I der Deichrückverlegung bei Hengstforde muss sind der Anlage 7 zu entnehmen. bei einer monetären Bewertung dieses Bau- vorhabens der nicht zu kalkulierende Natur- Es lassen sich durch dieses Maßnahmenpaket schutzwert mit betrachtet werden. Schäden vor allem in Rhauderfehn, Barßel, der Gemeinde Saterland, Apen und Ostrhauder- fehn spürbar minimieren. Insgesamt reduzie- 4.2.1.7 Deicherhöhungen, individueller ren sich die Schäden im Untersuchungsgebiet Objektschutz und gezielter beim Referenzhochwasser um rd. 4,3 Mio. €. Deichüberlauf Das entspricht einer Schadensminderung um 37 %. Die mittlere jährliche Schadensminde- Im Rahmen des Hochwasserschutzplanes rung beträgt ca. 25.000 €, das sind 16 % vom werden auch Deicherhöhungen, individueller jährlichen Schadenserwartungswert im Refe- Objektschutz und gezielte Deichüberlaufstre- renzzustand. cken in Bereichen geringen Schadenpotentials untersucht. Diese Maßnahmen sollen die Werden die beiden Deichrückverlegungen bei Schäden vermeiden bzw. minimieren, die auch einer Bewertung des Maßnahmenpaketes I nach der Umsetzung der untersuchten Einzel- einbezogen, so belaufen sich die Gesamtkos- maßnahmen auftreten. Sie werden daher im ten für dieses Maßnahmenpaket auf rd. Rahmen der Maßnahmenpakete untersucht 7,9 Mio. €. Die beiden Deichrückverlegungs- und dort näher erläutert. maßnahmen in diesem Maßnahmenpaket sind primär auf eine ökologische Wirkung ausge- 4.2.2 Maßnahmenpakete richtet. Insofern dürfen die damit verbundenen Kosten nur bedingt bei der Kostenbetrachtung Die in Kapitel 4.2.1 beschriebenen Einzelmaß- des Hochwasserschutzes einbezogen werden. nahmen wirken ausschließlich auf das tidebe- Bei Ausschluss der beiden Deichrückverle- einflusste Niederungsgebiet. Die Einzelmaß- gungskosten betragen die Gesamtkosten für € nahmen haben für sich gesehen teilweise nur dieses Maßnahmenpaket 5,4 Mio. . geringe positive bzw. lokal begrenzt positive Auswirkungen auf den Hochwasserschutz. Mit 4.2.2.2 Maßnahmenpaket Niede- der Kombination mehrerer Einzelmaßnahmen rungsgebiet II lassen sich jedoch größere Auswirkungen auf den Hochwasserschutz realisieren. Es werden Zusätzlich zu den im Maßnahmenpa- daher in diesem Hochwasserschutzplan meh- ket Niederungsgebiet I angesetzten Maßnah- rere Maßnahmenpakete für das Niederungs- men werden in diesem Maßnahmenpaket II die gebiet und das Obergebiet zusammengestellt, durch das Referenzhochwasser betroffenen deren Wirkung im Folgenden näher beschrie- Deichabschnitte erhöht, so dass sie in den kri- ben wird (siehe Anlagen 6.1 und 6.2). tischen Bereichen nicht mehr überlaufen (siehe Anlage 6.2). Teilweise sind auch Deichneubau- 4.2.2.1 Maßnahmenpa- ten zum Schutz von Objekten berücksichtigt. ket Niederungsgebiet I Alle durch diese Maßnahmen noch nicht ge- schützten einzelnen Objekte wurden durch in- Dieses Maßnahmenpaket beinhaltet die Steue- dividuellen Objektschutz gesichert. In Berei- rung der Düker der Bruchwasser und der chen mit geringem Schadenpotential ist ein Bockhorster Beeke am Küstenkanal, die Steu- gezielter Deichüberlauf möglich. erung des Langholter Meers, den optimierten Polder Holter Hammrich und die beiden Deich- Die im Maßnahmenpaket II berücksichtigten Deicherhöhungen führen zu höheren Wasser-

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ständen in den Flüssen, da in den entspre- Somit wird der Schadenserwartungswert ver- chenden Deichabschnitten mit hohem Scha- ringert, aber der mittlere jährliche Schaden denspotential kein Wasser mehr in die Berei- nicht komplett verhindert. che hinter den Deichen abfließen kann. Zur Ermittlung der Kosten für Deicherhöhung Insgesamt müssen in diesem Maßnahmenpa- und Deichneubau wurden mittlere Werte für ket die Deiche auf einer Länge von ca. 20 km die einzelnen Deichabschnitte an den Flüssen um im Mittel ungefähr 35 cm gegenüber dem ermittelt. Es ist darauf hinzuweisen, dass je Niveau Anfang 2005 erhöht werden. Des Wei- nach Bodenverhältnissen und – falls bereits teren müssen ca. 4,5 km Deiche vor allem an vorhanden – Zustand des bestehenden Dei- der Sagter Ems und der Aue bzw. des Go- ches die Kosten stark variieren können. Für densholter Tiefs neu gebaut werden. Die mit Deicherhöhungen wurden dabei Objektschutz versehenen Gebäude befinden sich insbesondere am Nordgeorgsfehnkanal, 1. mittlere erforderliche neue Höhe, der Hollener Ehe, der Großen Süderbäke und 2. vorhandene Gesamtlänge, der Ollenbäke. Mit diesem Maßnahmenpaket II werden alle Schäden eines 100-jährlichen 3. vorhandene mittlere Höhe, Hochwasserereignisses vermieden. Eine zeichnerische Darstellung der Ergebnisse des 4. vorhandene mittlere Breite und Maßnahmenpakets II ist demzufolge verzicht- 5. vorhandene Kronenbreite bar. für die betroffenen Deichabschnitte ermittelt. Die mittlere jährliche Schadensminderung be- Es wird bei der Betrachtung angenommen, trägt ca. 72.000 €. Das entspricht 46 % vom dass die Kronenbreite bei der Deicherhöhung jährlichen Schadenserwartungswert im Ist- erhalten bleibt und sowohl die alte als auch die Zustand. Eine Minderung um 100% ist nicht neue mittlere Böschungsneigung 1:3 beträgt. möglich, da durch das Maßnahmenpaket II nur ein Schutz bis zu einem 100-jährlichen Ereig- Aus diesen Annahmen ergeben sich folgende nis gesichert wird und so ein selteneres und geschätzte Investitionskosten für Deicherhö- somit höheres Extremereignis weiterhin einen hungen und Deichneubau. Schaden verursachen würde.

Deicherhöhung mittl. Erhö- Länge Investitionskosten Investitionskosten hung [km] [m] [Mio. €] [1000 €/km] Augustfehnkanal 0,16 0,20 0,01 76 Gr. Süderbäke 1,75 0,40 0,22 124 Godensholter Tief 7,30 0,52 1,18 162 Sagter Ems 1,20 0,40 0,15 124 Barßeler Tief 3,00 0,20 0,31 103 Soeste 3,40 0,15 0,30 88 Nordloher Tief 3,00 0,15 0,26 88 Gesamt 19,81 0,33 2,43 123 Deichneubau Länge mittl. Höhe Investitionskosten Investitionskosten [km] [m] [Mio. €] [1000 €/km] Augustfehnkanal 0,13 0,20 0,002 17 Nordloher Kanal 0,09 0,10 0,001 9 Godensholter Tief 2,00 1,40 0,463 231 Sagter Ems 2,14 0,43 0,095 44 Gesamt 4,36 0,86 0,561 129

Tab. 14: Geschätzte Investitionskosten für Deicherhöhungen und Deichneubau

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und in der Krone 50 Zentimeter breit. Im östli- Individueller temporärer Objektschutz ist an 77 chen Bereich ist aufgrund eines der Soeste zu- Objekten mit einer mittleren Höhe von 40 cm fließenden Grabens eine Unterbrechung des nötig. Dieser verursacht Investitionskosten in Walls nötig. Hier wird rechnerisch ein zweiter Höhe von rd. 72.000 €, d.h. je Objekt sind im 50 Meter langer Wall von 15 Zentimetern Höhe Mittel Investitionen unter 1.000 € erforderlich. und einer Kronenbreite von 50 Zentimetern be- Durch Anbringung von Überlaufstrecken an rücksichtigt. Die weiter oberhalb gelegenen den Deichen zur gezielten Überflutung des staatlichen Einrichtungen werden durch einen Deichhinterlandes in Bereichen mit geringem weiteren Wall mit einer Länge von ca. 330 Me- Schadenspotential können Hochwasserschä- tern, einer Höhe von 60 Zentimetern und einer den bei extremen Ereignissen verringert wer- Kronenbreite von einem Meter eingefasst. Des den. Es wurden vier solche Gebiete identifi- Weiteren erhält ein Einzelobjekt im Bereich der ziert, in denen durch gezielte Überflutung Blexener Straße einen individuellen Objekt- Wasser zurückgehalten werden kann, ohne schutz. dass Gebäude betroffen werden. Die in ihrer Länge begrenzten Überlaufstrecken befinden Die Investitionskosten für die rechnerisch vor- sich an folgenden Gewässern: gesehenen Maßnahmen betragen ca. € • 34.000 . Die jährlich anfallenden Unterhal- Südlicher Deich des Aper Tiefs nahe tungskosten für Kontrollen und Inspektionen Hengstforde, belaufen sich auf etwa 2.700 € / Jahr. Damit • Nördlicher Deich des Aper Tiefs östlich ergeben sich die rechnerischen jährlichen Ge- vom Ort Detern, samtkosten bei einem Zinssatz von 4% zu rd. 4.200 €. Die Festlegung der tatsächlichen Ab- • Südlicher Deich des Mündungsberei- messungen der Hochwasserschutzmaßnah- ches des Südgeorgsfehnkanals in den men bleibt der konkreten Maßnahmenplanung Nordgeorgsfehnkanal, überlassen. • Nordgeorgsfehnkanal nahe Brücken- fehn. Im Falle der Umsetzung des Maßnahmenpake- tes Cloppenburg mit den o.g. minimalen Ab- Es fallen im Maßnahmenpaket II für die Deiche messungen tritt bei einem HQ 100 kein Schaden und den Objektschutz zusätzlich zu den Kos- mehr auf. Aus diesem Grund ist auch hier die ten aus dem Maßnahmenpaket I insgesamt In- zeichnerische Darstellung der Ergebnisse des vestitionskosten in Höhe von rd. 3,1 Mio. € und Maßnahmenpakets Cloppenburg entbehrlich. jährlich für zusätzliche Unterhaltungskosten ca. 12.000 € an. Der Schaden beim HQ 200 bleibt bei rd. 420.000 €. Schäden bei selteneren Ereignis- Für die Maßnahmenpakete I und II zusammen sen bleiben ebenfalls unverändert. Der Scha- belaufen sich die Investitionskosten auf rd. denserwartungswert verringert sich um 37% € € 11 Mio. €. Bei Ausschluss der Kosten für die von 5.100 / Jahr auf 3.200 / Jahr. Es ergibt beiden Deichrückverlegungen bei Hengstforde sich durch die Maßnahmen somit ein Nutzen € und Vreschen-Bokel wegen der primär ökolo- von 1.900 / Jahr. Das Nutzen-Kosten- gischen Ausrichtung betragen die Investitions- Verhältnis beträgt 0,5, die Maßnahmen sind kosten rd. 8,5 Mio. €. somit aus rein ökonomischer Sicht unrentabel. Die Entscheidung, ob die Maßnahmen zur Er- Die Kosten für die gezielten Überlaufstrecken reichung eines HQ 100 -Schutzes umgesetzt sind hierbei nicht berücksichtigt. werden, sollte jedoch auch unter Berücksichti- gung anderer Gesichtspunkten gefällt werden. Die Detailergebnisse der Überschwemmungs- 4.2.2.3 Maßnahmenpaket Cloppen- gebietsberechnung für Cloppenburg sind in burg diese Entscheidung einzubeziehen.

Das Maßnahmenpaket umfasst einen aus 4.2.2.4 Maßnahmenpaket Friesoythe mehreren Einzelmaßnahmen zusammenge- setzten Vorschlag zur Realisierung eines Die hydraulischen Betrachtungen haben für HQ 100 -Schutzes für Cloppenburg. den Bereich Friesoythe insbesondere aufgrund der Retentionswirkung der vollständig sanier- Das Museumsdorf wird dabei rechnerisch mit ten Thülsfelder Talsperre einen bereits beste- einer ca. 600 Meter langen Verwallung einge- henden HQ100 -Schutz ergeben. Mit relativ klei- fasst. Sie wird im Mittel ca. 20 Zentimeter hoch nen Maßnahmen ist es im Ergebnis sogar

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möglich, für Friesoythe einen HQ 200 -Schutz zu gegenüber, so ergibt sich ein Nutzen-Kosten- realisieren. Abweichend von den grundsätzli- Verhältnis von 1,5. Aus ökonomischer Sicht ist chen Zielen dieses Hochwasserschutzplanes die Umsetzung der Maßnahme daher sinnvoll. wurden die erforderlichen Maßnahmen für die- sen HQ 200 -Schutz untersucht. 4.2.2.5 Maßnahmenpaket Westerste- de Das Maßnahmenpaket für diesen HQ 200 - Schutz umfasst drei neu zu errichtende Ver- wallungen an der Soeste mit folgenden Mini- Das Maßnahmenpaket umfasst mehrere Ein- malabmessungen: Die erste Verwallung mit ei- zelmaßnahmen zur Realisierung eines HQ 100 - ner Länge von etwa 180 m liegt linksseitig o- Schutzes für Westerstede. berhalb der B72. Sie wird 20 Zentimeter hoch und hat in der Krone eine Breite von 50 Zenti- Der empfohlene HQ 100 -Schutz wird mit zwei metern. Die zweite Verwallung liegt linksseitig Verwallungen im Bereich der Goethestraße unterhalb der B72. Die erforderliche Länge be- und drei Objektschutzmaßnahmen im Bereich trägt etwa 240 Meter. Sie ist ebenfalls 20 Zen- des Zusammenflusses der Kleinen Norderbäke timeter hoch und in der Krone 50 Zentimeter und der Großen Süderbäke gewährleistet. breit. Die dritte Verwallung liegt rechtsseitig Auch hier sind wieder rechnerisch die minimal oberhalb der Ringstraße. Sie ist 220 Meter erforderlichen Abmessungen der Hochwasser- lang, 10 Zentimeter hoch und hat eine Kronen- schutzanlagen berücksichtigt. Die erste Ver- breite von 50 Zentimetern. wallung liegt linksseitig gegenüber dem Kreis- haus, ist 85 Meter lang, 10 Zentimeter hoch Die Investitionskosten für die rechnerisch vor- und in der Krone 50 Zentimeter breit. Die zwei- gesehenen Minimal-Maßnahmen betragen te Verwallung liegt ebenfalls linksseitig unter- ca. 9.200 €. Die jährlich anfallenden Unterhal- halb des Finanzamtes und wird mit einer Län- tungskosten für Kontrollen und Inspektionen ge von 130 Metern berücksichtigt. Sie ist im belaufen sich auf ca. 1.800 €. Die rechneri- Mittel 40 Zentimeter hoch und in der Krone 50 schen jährlichen Kosten betragen damit bei ei- Zentimeter breit. nen angenommenen Zinssatz von 4% rd. 2.200 €. Die Investitionskosten für die rechnerisch vor- gesehenen Minimal-Maßnahmen betragen Durch die Umsetzung des Maßnahmenpakets ca. 5.600 €. Die jährlich anfallenden Unterhal- € Friesoythe fällt bei einem HQ 200 kein Schaden tungskosten belaufen sich auf ca. 600 . Es mehr an, bei größeren Jährlichkeiten treten je- ergeben sich damit rechnerisch jährliche Kos- doch noch Schäden auf. Auch hier wird daher ten von rd. 1.200 € (Zinssatz 4%). auf die zeichnerische Darstellung der Ergeb- nisse des Maßnahmenpakets Friesoythe ver- Durch die Umsetzung der beschriebenen zichtet. Maßnahme verringert sich der Schadenserwar- tungswert um 89% von 7.800 € / Jahr auf Der Schadenserwartungswert verringert sich 900 € / Jahr, es ergibt sich somit ein Nutzen bei Umsetzung der Maßnahme um 33% von durch die Maßnahme von 6.900 € / Jahr. Das 9.900 € / Jahr auf 6.600 € / Jahr, es ergibt sich Nutzen-Kosten-Verhältnis beträgt 5,7 und ist somit ein Nutzen durch die Maßnahme von aus rein ökonomischer Sicht als sinnvoll ein- 3.300 € / Jahr. Stellt man Nutzen und Kosten zuordnen.

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5. Zusammenfassung

und Bruchwasser sowie den Neubau des Durch eine intensive Bestandsaufnahme sowie Schöpfwerkes Ostrhauderfehn lassen sich hydrologische und hydraulische Berechnungen im Gebiet Rhauderfehn die Hochwasser- werden im vorliegenden Hochwasserschutz- schäden bei einem HQ vermeiden. Ins- plan Leda-Jümme Hochwassergefährdungs- 100 gesamt reduziert sich der jährliche Scha- punkte und Hochwasserschutzdefizite im Ein- denerwartungswert um 43.000 €. zugsgebiet von Leda und Jümme für ein Refe- renzhochwasser (HQ 100 ) aufgezeigt. Im Ergeb- 2. Der Polder Holter Hammrich bewirkt eine nis liegen Gefahrenkarten für die betroffenen Abflachung der Hochwasserwelle und re- Bereiche vor. duziert damit vor allem Schäden in Ost- rhauderfehn, der Gemeinde Saterland und Die Schadenspotentiale der hochwasserge- Barßel. Insgesamt reduziert sich der jährli- fährdeten Flächen werden über erfasste Sach- che Schadenerwartungswert um 2.700 €. güter (Gebäude und landwirtschaftliche Flä- 3. In den Bereichen Hengstforde und Vre- chen) monetär abgeschätzt. Der Schutz des schen-Bokel sind am Aper Tief Rückdei- Menschen als höchstes Ziel und auch Neben- chungen umgesetzt bzw. geplant. Diese ziele von Hochwasserschutzmaßnahmen wie Rückdeichungen haben eine verhältnis- naturschatzfachliche Aspekte gehen in eine mäßig geringe Wirkung auf die Reduzie- rein monetäre Abschätzung nicht ein. rung des Gesamtschadens im Niede- rungsgebiet. Nach der Ermittlung der von dem Referenz- hochwasser gefährdeten Bereiche werden im 4. Deicherhöhungen und individueller Objekt- vorliegenden Hochwasserschutzplan Leda- schutz ergeben nur in Kombination mit den Jümme mögliche Maßnahmen zur Verbesse- anderen Maßnahmen Sinn, um die von rung des Hochwasserschutzes aufgezeigt. Die diesen Maßnahmen noch nicht geschütz- Maßnahmen werden durch Betrachtung der ten Objekte zu schützen. Schadensverringerung (Verringerung der Schadenserwartungswerte) im Vergleich zu Eine rein monetäre Kosten-Nutzen-Abwägung den Maßnahmenkosten in ihrer Effizienz ab- der einzelnen Maßnahmen ist nicht belastbar, geschätzt. da Hochwasserschutzmaßnahmen (z.B. Deichrückverlegungen) zwar hohe Kosten ver-

ursachen, doch zusätzlich ein nicht-monetärer Unter der Berücksichtigung der Kriterien „Defi- Nutzen durch naturschutzfachliche Flächen- zite im Ist-Zustand“ und „Effizienz von Einzel- aufwertung entsteht. In diesem Zusammen- maßnahmen und Maßnahmenpaketen auf die hang ist auch der Polder Holter Hammrich zu Schadenminderung“ lassen sich die Ergebnis- nennen, der nicht nur den noch im Niede- se – unterteilt nach Niederungs- und restli- rungsgebiet erforderlichen Retentionsraum von chem Untersuchungsgebiet – wie folgt zu- ca. 12 Mio. m³ wesentlich reduziert, sondern sammenfassen: auch naturschutzfachliche Ziele verfolgt. Im Ist-Zustand sind im Niederungsgebiet vor allem in drei Bereichen Defizite im Hochwas- Im Rahmen der Erstellung dieses Hochwas- serschutz vorhanden: serschutzplans werden auch Maßnahmen un- tersucht, die bei extremen Hochwässern teil- 1. Rhauderfehn und Ostrhauderfehn durch weise nur geringe Wirkung zeigen. Das ge- Einfluss des Langholter Meeres, plante Hochwasserrückhaltebecken Jübberde hat beispielsweise nur lokale Auswirkungen, 2. obere Flussbereiche durch direkten Ein- die nur in Uplengen zu vernachlässigbaren fluss der Gewässer und Hochwasserschadensminderungen führen. 3. niedrige Gebiete im Deichhinterland, die durch über die Deiche strömendes Wasser Der das Einzugsgebiet im Süden durchschnei- belastet werden. dende Küstenkanal wird an mehreren Stellen von Dükern gequert. Eine eventuelle Hoch- Insgesamt kristallisieren sich für das Niede- wasser mindernde Wirkung der Düker folgen- rungsgebiet folgende Maßnahmen zur Erhö- der Fließgewässer wird untersucht: Vehne, hung des Hochwasserschutzes heraus: Soeste, Sagter Ems, Bockhorster Beeke und Bruchwasser. Es zeigt sich, dass durch 1. Durch die Steuerung des Langholter Mee- Schließung der Düker nur teilweise nennens- res und der Düker von Bockhorster Beeke werte Schutzwirkungen im Niederungsgebiet

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erreicht werden können. Dagegen müssen der sperre bereits ein HQ 100 -Schutz. Im 200- durch die Schließung der Düker entstehende jährlichen Belastungsfall entstehen jedoch Rückstau (bei einer kompletten Schließung al- erhebliche Schäden. Der jährliche Scha- ler Düker würde sich das Rückstauvolumen denserwartungswert beträgt 9.900 €. um 13,3 Mio. m³ auf 16,4 Mio. m³ erhöhen) Durch den Bau dreier Verwallungen mit und die daraus resultierenden höheren Was- geschätzten Kosten i.H.v. rd. 10.000 € serstände im Gebiet südlich des Küstenkanals kann ein HQ 200 -Schutz realisiert und der abgewogen werden. jährliche Schadenserwartungswert um 3.300 € gesenkt werden. Im Ergebnis überwiegen die positiven Auswir- kungen unterhalb des Küstenkanals lediglich 2. In Cloppenburg an der Soeste beträgt der bei der Schließung der Düker von Bockhorster jährliche Schadenserwartungswert rd. Beeke und Bruchwasser. In Zusammenhang 5.100 €. Durch den Bau dreier Verwallun- mit dem untersuchten Maßnahmenpaket Nie- gen und einen Objektschutz an einem Ein- derungsgebiet I wurde die Schließung der Dü- zelobjekt kann der jährliche Schadenser- ker von Bockhorster Beeke und Bruchwasser wartungswert um 1.900 € gesenkt werden. in Kombination mit einer optimalen Steuerung des Langholter Meers betrachtet. Aufgrund ih- 3. In Westerstede am Zusammenschluss von rer Leistungsfähigkeit verursachen die beiden Großer Süderbäke und Kleiner Norderbä- Düker im geöffneten Zustand ein Rückstauvo- ke beträgt der jährliche Schadenserwar- lumen von 0,8 Mio. m³. Bei kompletter Schlie- tungswert 7.800 €. Durch den Bau von ßung erhöht sich der Rückstau auf 3,6 Mio. m³. zwei Verwallungen und drei Objekt- Der maximale Abfluss und Wasserstand un- schutzmaßnahmen kann der jährliche terhalb des Langholter Meeres wird durch das Schadenserwartungswert um 6.900 € ge- Maßnahmenpaket deutlich verringert. Ein Ü- senkt werden. berlaufen des Langholter Meeres mit den da- mit verbundenen Schäden in Rhauderfehn und Ostrhauderfehn wird abgewendet. Die genannten Maßnahmen sowohl im als Bei der Schließung der Düker entstehen ober- auch außerhalb des tidebeeinflussten Bereichs halb des Küstenkanals für die Oberlieger erreichen ihre optimale Wirkung nur auf der Schäden in Höhe von bis zu 185.000 €. Für die Grundlage einer zuverlässigen und rechtzeiti- Unterlieger ergibt sich auf der anderen Seite gen Hochwasservorhersage. Dieses ist inso- eine Schadensminderung von 2,8 Mio. € durch fern erforderlich, als eine optimale Steue- das Schließen der Düker und die gleichzeitige rungsstrategie nur funktioniert, wenn zukünfti- optimierte Steuerung des Langholter Meeres. ge Zustände und Prozesse verlässlich vorher- gesagt werden. Somit geht mit der Empfehlung Ein Schutz vor einem 100-jährlichen Ereignis der oben genannten technischen Hochwasser- ist im Niederungsgebiet mit der besten Kos- schutzmaßnahmen eine Empfehlung für die teneffizienz zu erreichen, wenn mehrere Maß- Implementierung eines Hochwasservorhersa- nahmen zusammen wirken. Im Wesentlichen gesystems einher. sind dieses:

Dem mesoskaligen Ansatz der vom NLWKN 1. Steuerung Langholter Meer (inkl. Schöpf- flussgebietsbezogen aufgestellten Hochwas- werk Ostrhauderfehn), serschutzpläne folgend, zeigt der Hochwas- 2. Polder Holter Hammrich und serschutzplan Leda-Jümme mögliche Maß- nahmen zur Verbesserung der Hochwasser- 3. ergänzend für die verbleibenden defizitä- schutzsituation im Einzugsgebiet von Leda und ren Bereiche Deicherhöhungen, individuel- Jümme auf. Er ist damit Grundlage für detail- ler Objektschutz und gezielte Überlaufstre- lierte regionale Hochwasserschutzpläne und cken konkrete Maßnahmenplanungen der für den Hochwasserschutz zuständigen Kommunen. Außerhalb des tidebeeinflussten Bereiches Das Land Niedersachsen unterstützt die werden zusätzlich drei Siedlungsbereiche be- Kommunen durch finanzielle Hilfe in Form von trachtet: Zuwendungen aus den Bau- und Finanzie- rungsprogrammen „Hochwasserschutz im Bin- 1. In Friesoythe an der Soeste besteht insbe- nenland“ und „Küstenschutz“. sondere aufgrund der Retentionswirkung der oberhalb liegenden Thülsfelder Tal-

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6 Literaturverzeichnis

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